vorgehend
Landgericht München I, 21 O 22243/15, 20.05.2016

Gericht

Landgericht München I

Tenor

I. Die einstweilige Verfügung des Landgerichts München I, Az. 22243/15, vom 10. Dezember 2015 wird aufgehoben.

II. Die Aufhebungsbeklagte trägt die Kosten des Aufhebungsverfahrens.

III. Der Antrag der Aufhebungsklägerin auf Kostentragung auch des Anordnungsverfahrens durch die Aufhebungsbeklagte wird zurückgewiesen.

IV. Das Urteil ist in Ziffer II. vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Aufhebungsklägerin wehrt sich mit einem Aufhebungsantrag gegen die gegen sie erlassene einstweilige Verfügung vom 10.12.2015 der erkennenden Kammer. Sie begründet das mit einem Urteil des Bundespatentgerichts vom 17.07.2018, welches die Nichtigkeit des der einstweiligen Verfügung zugrunde liegenden Patents feststellt.

Die Aufhebungsklägerin ist einer der großen Generikaanbieter in Deutschland. Sie gehört zur Sandoz-Unternehmensgruppe.

Die Aufhebungsbeklagte ist ein US amerikanisches forschendes Pharmaunternehmen mit Sitz in Sie vertreibt unter anderem durch ihre deutsche Tochtergesellschaft Deutschland GmbH in der Bundesrepublik Deutschland das Krebsmedikament A… Dieses enthält den Wirkstoff Pemetrexed in der Form von Pemetrexeddinatri um.

Die Aufhebungsbeklagte hat gegen die Aufhebungsklägerin aufgrund Antrags vom 09.12.2015 (Bl. 1/1/24) am 10.12.2015 folgende einstweilige Verfügung erwirkt:

1. Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu zweihundertfünfzigtausend Euro oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten - Ordnungshaft auch für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann -, zu vollziehen an den jeweiligen gesetzlichen Vertretern der Antragsgegnerin,

untersagt,

Pemetrexeddinatrium, sinnfällig hergerichtet für die Verwendung bei der Herstellung eines Arzneimittels zur Verwendung in einer Kombinationstherapie zur Hemmung eines Tumorwachstums bei Säugern, worin das Arzneimittel in Kombination mit Vitamin B12 und Folsäure verabreicht werden soll, wobei Vitamin B12 als intramuskuläre Injektion und Folsäure oral als Tablette verabreicht werden soll,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen (Anspruch 11 von EP 1 313 508 B1/DE 60 127 970).

2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Der Streitwert wird auf € 2.000.000,00 festgesetzt.

4. Mit dem Beschluss ist zuzustellen: Antragsschrift vom 09.12.2015 mit Anlagen.

(Bl. 25/28 d.A.).

Diese wurde der Aufhebungsklägerin am 11.12.2015 zugestellt (Bl. 31 d.A. mit Anlage).

Auf den Widerspruch der Aufhebungsklägerin vom 15.02.2016 (Bl. 32/70 d.A.) hat die erkennende Kammer die einstweilige Verfügung mit Urteil vom 20.05.2016 bestätigt (Bl. 169/193 d.A.). Auf dieses Urteil wird insbesondere hinsichtlich der Darstellung der patentgemäßen Erfindung, der angegriffenen Ausführungsform sowie der Rechtsansichten der Parteien Bezug genommen.

Am 17.07.2018 hat das Bundespatentgericht (BPatG) aufgrund einer von der Aufhebungsklägerin am 05.02.2016 eingereichten Nichtigkeitsklage (Az. 3 Ni 23/16) das streitgegenständliche Patent (im Folgenden: Verfügungspatent) der Aufhebungsbeklagten für nichtig erklärt (Az. 3 Ni 23/16 und Az. 3 Ni 19/17; Anlage TW4). Die Aufhebungsbeklagte hat hiergegen Berufung eingelegt.

Die Aufhebungsklägerin hat die Aufhebungsbeklagte unter Bezugnahme auf das bundespatentgerichtliche Urteil mit Schriftsatz vom 03.09.2018 erfolglos aufgefordert, auf ihre Rechte aus der einstweiligen Verfügung vom 10.12.2015 zu verzichten, den Titel herauszugeben und die Übernahme der Kosten des Verfügungsverfahrens zu erklären (Anlage TW3).

Mit Schriftsatz vom 12.09.2018 hat die Aufhebungsklägerin bei Gericht beantragt, die einstweilige Verfügung vom 10.12.2015 aufzuheben und die Zwangsvollstreckung aus der einstweiligen Verfügung vom 10.12.2015 unverzüglich durch einstweilige Anordnung bis zur Entscheidung des Aufhebungsverfahrens ohne, hilfsweise gegen, Sicherheitsleistung einzustellen (Bl. 195/202 d.A.).

Die erkennende Kammer hat zunächst mit Beschluss vom 04.10.2018 den Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus der einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Nach Vorlage der Entscheidungsgründe des bundespatentgerichtlichen Urteils hat die Kammer dem Antrag mit Beschluss vom 13.11.2018 ohne Sicherheitsleistung stattgegeben (Bl. 263/266 d.A.).

Die Aufhebungsklägerin trägt vor, angesichts des bundespatentgerichtlichen Urteils sei der Rechtsbestand des Verfügungspatents nicht mehr hinreichend gesichert. Dem Anspruch der Aufhebungsbeklagten fehle mithin der Verfügungsgrund.

Die von der Aufhebungsklägerin beantragte Aufhebung der einstweiligen Verfügung gemäß § 927 ZPO sei begründet, da wegen des bundespatentgerichtlichen Urteils eine Voraussetzung der Eilmaßnahme, nämlich der Verfügungsgrund in Form der Glaubhaftmachung des Rechtsbestands des Schutzrechts, nachträglich entfallen sei. Bei Vorliegen des BPatG-Urteils im Zeitpunkt der Antragstellung auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hätte diese nicht erlassen werden dürfen.

Wenn die den Rechtsbestand des Verfügungspatents verneinende Entscheidung - wie hier - noch nicht rechtskräftig sei und der Ausgang des Rechtsmittelverfahrens zudem offen, sei eine auf Unterlassung gerichtete Verfügung ausnahmsweise aufzuheben. Denn ansonsten würde der Aufhebungskläger zu Unrecht gegenüber denjenigen benachteiligt, gegen die die Antragstellerin/Aufhebungsbeklagte aufgrund des nachträglich eingetretenen Umstands keine einstweilige Verfügung mehr durchsetzen könne.

Ausnahmsweise sei die Aufrechterhaltung der einstweiligen Verfügung gerechtfertigt, wenn die Nichtigkeitsentscheidung evident unrichtig sei, das Verletzungsgericht die Aufhebung dieser Entscheidung sicher prognostizieren könne und die Interessen der Antragstellerin/Aufhebungsbeklagten überwiegten. Diese Voraussetzungen seien vorliegend nicht erfüllt.

Die Entscheidung des Bundespatentgerichts sei entgegen der Auffassung der Aufhebungsbeklagten in der Begründung, jedenfalls aber im Ergebnis zutreffend.

Die Aufhebungsklägerin führt hierzu aus:

Das BPatG habe überzeugend dargelegt, warum die Verwendung von Vitamin B12 für den von Kapitel 8 der NIK15 ausgehenden Fachmann nahegelegen habe. Zudem stehe die Behauptung der Aufhebungsbeklagten, aus der NIK15 ergebe sich, dass Nebenwirkungen bei Pemetrexedverabreichung nicht schwerwiegend seien, im eklatanten Widerspruch zu den Aussagen der streitgegenständlichen Patentschrift. Im Übrigen sei die Problematik der Nebenwirkungen bei Pemetrexedverabreichung ein zentrales Thema in Kapitel 8 der NIK15. Andernfalls wäre nicht nachvollziehbar, warum die Mausstudie, die die Vermeidung von Nebenwirkungen zum Gegenstand gehabt habe, so ausführlich referiert und als erwähnenswerter Erfolg gewürdigt worden sei.

Das BPatG habe in der mündlichen Verhandlung dargelegt, den Offenbarungsgehalt der Entgegenhaltungen NIK8 und NIK16 anders zu beurteilen, als die Aufhebungsbeklagte. Letztere habe hierzu nicht mehr vorgetragen.

Die Aussage des Aufhebungsbeklagten, wonach die Supplementierung mit Folsäure nicht als erfolgversprechend habe angesehen werden können, sei unrichtig, da eben das, ausweislich der von der Aufhebungsbeklagten selbst vorgelegten Dokumente HLNK3 und HLNK4, eindeutig als Erfolg gewertet werde.

Der Vorwurf der Aufhebungsbeklagten, Kapitel 12 der NIK15 sei zu Unrecht als Motivation für die Verabreichung von Vitamin B12 herangezogen worden, gehe fehl. Das BPatG stütze sich in seinem Hauptargument gerade nicht auf Kapitel

12. Die Ansicht der Aufhebungsbeklagten, es sei vom BPatG verfehlt, eine Supplementierung mit Vitamin B12 anzunehmen, da der „DNA-Zyklus“ auch unabhängig von der Vitamin B12-abhängigen Methioninsynthase ablaufe, wenn man Folsäure verabreiche, da diese ohne Mitwirkung der Methioninsynthase zu Tetrahydrofolat umgewandelt werde, das dann in den „DNA-Zyklus“ gelange, so dass dieser weiter laufen könne, sei ihrerseits verfehlt. Wie vom BPatG richtigerweise festgestellt, bestehe für den Fachmann eindeutig Anlass zur Supplementierung von Vitamin B12, um die Bildung von Tetrahydrofolat sicherzustellen. Das BPatG führe dazu auf Seite 20 seines Urteils zutreffend aus, der Fachmann wolle den Nebenwirkungen von Pemetrexed entgegenwirken, indem er sicherstelle, dass ausreichend für die DNS-Synthese erforderliches Tetrahydrofolat gebildet werde. Ein Weg zur Bildung von Tetrahydrofolat sei die Verabreichung von Folsäure, die zunächst in Dihydrofolat und anschließend in Tetrahydrofolat umgewandelt werde. Dieses werde sodann in 5,10-Methylen-Tetrahydrofolat und anschließend teilweise wieder in Dihydrofolat umgewandelt. Ein weiterer Weg zur Bildung von Tetrahydrofolat sei der über die Vitamin B12-abhängige Methionin-Synthase. Auf diesem Weg werde der Teil des 5,10-Methylen-Tetrahydrofolats, der nicht zu Dihydrofolat umgewandelt werde, durch 5,10-Methylen-Tetrahydrofolat-Reduktase zu 5-Methyl-Tetrahydrofolat und anschließend durch die Methionin-Synthase in Tetrahydrofolat umgewandelt. Dieser Weg habe nach Auffassung des BPatG zwei Vorteile gegenüber dem von der Aufhebungsbeklagten aufgeführten Weg zur Bildung von Tetrahydrofolat. So würden die diesen Weg regulierenden Enzyme durch Pemetrexed nicht inhibiert und das 5-Methyl-Tetrahydrofolat werde aus dem Plasma nachgeliefert. Daher biete sich dieser Weg zur Bildung von Tetrahydrofolat für den Fachmann besonders an. Das veranlasse ihn dazu, durch die Supplementierung mit Vitamin B12 sicherzustellen, dass dieser Weg zur Bildung von Tetrahydrofolat funktioniert. Ferner spreche dafür, dass die sogenannte Methylfalle solange nicht bestehe, wie ausreichend Vitamin B12 vorhanden sei.

Wenn das BPatG in diesem Zusammenhang von einer „Blockerierung“ des Methylierungszyklus durch Pemetrexed spreche, sei damit ersichtlich eine nur indirekte gemeint.

Zu Recht gehe das BPatG davon aus, dass zwischen seiner Entscheidung und der der Einspruchsabteilung des EPA bzw. der des LG München I und der des OLG München kein Widerspruch bestehe. Denn es wären jeweils unterschiedliche Entgegenhaltungen herangezogen worden. Das BPatG habe die NIK22 in Verbindung mit der NIK15, dort Kapitel 8, sowie der NIK8 und NIK16 berücksichtigt. Diese Kombination sei nicht Gegenstand der anderen Entscheidungen gewesen. Weiter hätten das LG München I und das OLG München Kapitel 12 der NIK15 beurteilt.

Die von der Aufhebungsbeklagten weiter herangezogenen ausländischen Entscheidungen seien schon nicht aussagekräftig, da sie andere Patente beträfen. Die Entscheidung des Bezirksgerichts in Den Haag stelle die Richtigkeit des bundespatentgerichtlichen Urteils ebenfalls nicht in Frage. Die Entscheidung des niederländischen Gerichts gehe zu Unrecht davon aus, die Supplementierung mit Folsäure sei nicht Stand der Technik im Prioritätszeitpunkt gewesen.

Bei der Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass mittlerweile mindestens drei Generikahersteller auf dem Pemetrexed-Markt vertreten seien. Die mit dem Eintritt von Nachahmermedikamenten allgemein assoziierten Folgen seien daher bereits eingetreten.

Die Aufhebungsklägerin beantragt,

Die einstweilige Verfügung vom 10. Dezember 2015 wird aufgehoben.

Die Aufhebungsbeklagte trägt die Kosten des Anordnungsund des Aufhebungsverfahrens.

Die Aufhebungsbeklagte beantragt,

den Antrag auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung vom 10. Dezember 2015 zurückzuweisen mit der Maßgabe, die Verfügung wieder in Vollzug zu setzen.

Die Aufhebungsbeklagte trägt vor, das Urteil des Bundespatentgerichts sei offensichtlich unrichtig. Es werde daher in der Berufungsinstanz vor dem BGH keinen Bestand haben. Es könne demnach auch nicht als Grundlage für die Aufhebung der bereits erlassenen einstweiligen Verfügung dienen.

Im Einzelnen führt Aufhebungsbeklagte aus:

Das BPatG behaupte auf Seite 19 seines Urteils, Homocystein sei ein Substrat im Methylierungszyklus, der indirekt durch den Angriff des Antifolats beeinflusst werde, wodurch auch der Homocysteinspiegel beeinflusst werde.

Dabei ignoriere das Gericht, dass der Fachmann bei Kenntnis der Dokumente NIK8 und NIK16 von der Relevanz einer Verabreichung von B12 weggeführt werde. Diese offenbarten nämlich, dass bei dem für Vitamin B12 spezifischen Methylmalonsäurespiegel (MMA) keine Korrelation mit den Toxizitäten von Pemetrexed bestünde. In der NIK8 hieße es:

„Heys and albumin levels did not appear to change from baseline during treatment with MTA“.

Das Dokument NIK16 teile mit:

„Maximum homoeystein levels did not appear to change from baseline during treamtent with MTA.“

Für die vom BPatG angenommene Motivation zur Gabe von B12 fehle es daher offensichtlich an der Grundlage.

Das hätten auch die Einspruchsabteilung des EPA und ihm folgend das Landgericht München I sowie das OLG München so gesehen. Das BPatG habe in einem qualifizierten Hinweis selbst noch eben darauf hingewiesen. Die Einspruchsabteilung sei unter Zugrundlegung derselben wissenschaftlichen und technischen Grundlagen wie das BPatG, nämlich D27 (=NIK8), D9 (=NIK16), D12 (=NIK3) sowie D28 (=NIK2) zu dem Ergebnis gelangt, dass die Verabreichung von B12 nicht naheliegend war.

Das BPatG habe sich mit dieser Auffassung gar nicht auseinandersetzt - anders als das nach der Entscheidung des BGH (GRUR 2010, 950 - Walzenformgebungsmaschine) jedoch erforderlich sei. Stattdessen habe es ausgeführt:

„In der Entscheidung NIK18 ist aber nicht die erfinderische Tätigkeit ausgehend von NIK15 in Kombination mit der NIK8 bzw. NIK16 in Verbindung mit dem in NIK22 dokumentierten Fachwissen diskutiert worden. Die Berücksichtigung der Entscheidungen HLNK18 und HLNK36 in Verbindung mit NIK18 führt daher nicht zu einer anderen Beurteilung der Sachlage.“

Entgegen der Ansicht im angegriffenen Urteil gingen jedoch das BPatG wie auch die Einspruchsabteilung sowie das LG München I und das OLG von identischen Tatsachen aus, auch wenn sie dabei formal unterschiedliche Dokumente zugrunde legten.

Offensichtlich fehlerhaft sei das Urteil des BPatG auch deswegen, weil es die im hiesigen Zusammenhang relevante, oben bereits zitierte Kernaussagen der Entgegenhaltungen NIK8 und NIK16 vollkommen außer Acht lasse. Erschwerend komme hinzu, dass die Einspruchsabteilung und ihm folgend das LG München I und das OLG München sich gerade auf die Aussage berufen hätten, um eine erfinderische Tätigkeit zu bejahen. Den Ausführungen des BPatG sei nicht zu entnehmen, warum es ausgehend von der NIK15 in Verbindung mit dem Stand der Technik in der NIK22 im Offenbarungsgehalt der Entgegenhaltungen NIK8 bzw. NIK16 anders als das EPA kein Wegführen von der Zugabe von Vitamin B12 erblicke. Da deren Offenbarungsgehalt aber - wie aufgezeigt - keine Korrelation von MMA, d.h. einem Vitamin B12-Mangel und einem erhöhten Homocysteinspiegel herstelle, fehle der Annahme eines nahegelegten erfinderischen Tuns die Begründung.

Weiterhin fehlten dem bundespatengerichtlichen Urteil auch in Bezug auf die vom BGH bereits entschiedene Aufgabe des Patents, nämlich die Toxizität von Pemetrexed und gleichzeitiger Aufrechterhaltung seiner Wirksamkeit zu verringern, entsprechende Ausführungen.

Das BPatG argumentiere zudem widersprüchlich, wenn es einerseits in unzutreffender Weise behaupte, die Verabreichung von Pemetrexed blockiere den Methylierungszyklus (S. 18/19 des Urteils), weshalb eine Motivation bestehe, Vitamin B12 zuzugeben:

„Bei näherer Betrachtung des in der Fig. 1 der NIK22 gezeigten Folathaushalts erkennt der Fachmann, dass über das Tetrahydrofolat und dessen Vorstufe 5-Methyltetrahydrofolat der untere, in dieser Druckschrift als

„DNA-Zyklus“ bezeichnete Kreislauf, mit dem oberen als „Methylierungszyklus“ benannten Kreislauf verbunden ist, wobei die Überführung von 5-Methyltetrahydrofolat in Tetrahydrofolat durch das Vitamin B12 abhängige Enzym Methioninsynthase reguliert wird (vgl. NIK22 S. 444 li. Sp. Abs. 3 Z. 6 bis 9).

Aufgrund dieses Zusammenhangs der beiden Zyklen ist dem Fachmann somit aus dem Folathaushalt bekannt, dass bei einer Pemetrexedgabe durch die Blockierung der drei Schlüsselenzyme Thymidylatsynthase (= TS), Dihydrofolatreduktase (= DHFR) und Glycinamidribonukleotidformyltransferase (= GARFT) im „DNAZyklus“ nicht nur dieser Zyklus sondern auch der „Methylierungszyklus“ blockiert wird (vgl. NIK1 Abs. [0002] le. Satz, NIK15 S. 184 Abs. 1 vorle. Satz).“

Andererseits führe das Gericht aus, der Methylierungszyklus werde „durch die Pemetrexedgabe weder gehemmt noch abgeschaltet“ (S. 20 des Urteils).

Bereits aus der Figur 1 in der NIK22 sei indes erkennbar, dass die Inhibierung der Enzyme durch Pemetrexed keinen Einfluss auf den Methylierungszyklus oder die Umwandlung von 5-Methyltretrahydrofolat zu Tetrahydrofolat habe. Daher könne das Urteil auch aus diesem offensichtlichen Grund keinen Bestand haben.

Der Ausgangspunkt des Nichtigkeitssenats, wonach der Fachmann ausgehend von Kapitel 8 der NIK15 sich dem Folat-Zyklus in der NIK22 zugewendet hätte, sei evident fehlerhaft. Es sei zu auch berücksichtigen, dass Kapitel 8 der NIK15 keinerlei Hinweis zu Vitamin B12 enthalte, sondern die Kombination mit den Stoffen Cisplatin und Gemcitabin diskutiere. Zwar sei ein Hinweis zu Vitamin B12 in Kapitel 12 der NIK15 enthalten. Diese Druckschrift beschäftige sich jedoch nicht mit dem Wirkstoff Pemetrexed, sondern dem Wirkstoff Lometrexol und stehe im Übrigen in keinem Zusammenhang mit den Ausführungen in Kapitel 8.

Auch eine Kombinationstherapie von Pemetrexed und Folsäure sei entgegen der Auffassung des Nichtigkeitssenats der Entgegenhaltung NIK15, Kapitel 8 nicht zu entnehmen. Eine solche Kombination sei nicht Stand der Technik gewesen.

Selbst ausgehend von der Fig. 1 in der NIK22 habe für den Fachmann aufgrund der auch dort ersichtlichen fehlenden Verbindung von DNS-Zyklus und Methylierungszyklus keine Anregung bestanden, Vitamin B12 zu verabreichen.

Im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass die Aufhebungsbeklagte durch den Markteintritt der Generikahersteller aufgrund des dadurch bedingten Preisverfalls einen erheblichen finanziellen Schaden erleiden werde. Ebenso könne nicht unbeachtet bleiben, dass das Verfügungspatent am 15.06.2021 auslaufe und die Gefahr bestehe, dass bis zu diesem Zeitpunkt keine wiederherstellende Entscheidung des BGH ergehe. Selbst wenn dies doch der Fall sei, hätte die Aufhebungsbeklagte nur noch wenige Monate, um ihr Patent durchzusetzen. Angesichts der dann bestehenden Vorräte der Abnehmer an den entsprechenden Nachahmermedikamenten, wäre der faktische bzw. finanzielle Nutzen äußerst gering.

Mit Urteil vom 16.01.2019 hat das Bezirksgericht Den Haag die auf die Feststellung der Nichtigkeit des niederländischen Teils des Verfügungspatents gerichtete Klage der … abgewiesen und folglich das Patent aufrechterhalten (Anlage HL27b = deutsche Übersetzung). Zuvor hatten der United States District Court Southern District of Indiana Circuit am 31.03.2014 (Anlage HL15), der United States Court of Appeal for the Federal Circuit am 12.01.2017 (Anlage HL23), das US Patent Trial and Appeal Board am 05.10.2017 (Anlage HL24) und das japanische Patentamt am 10.11.2015 (Anlage HL16/25/25a) die Patentierbarkeit von Mitgliedern der Patentfamilie des Verfügungspatents bejaht und entsprechende Nichtigkeitsangriffe zurückgewiesen.

Das Verfügungspatent war ebenfalls bereits Gegenstand eines Einspruchsverfahrens vor dem Europäischen Patentamt. Mit Entscheidung vom 27.12.2010 (Anlage HL14/NIK18) wies die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts den Einspruch zurück. Die von der Einspruchsführerin mit Schriftsatz vom 03.03.2011 eingelegte Beschwerde nahm diese mit Schriftsatz vom 28.10.2015 einseitig zurück, so dass das Beschwerdeverfahren am 06.11.2015 ohne Sachentscheidung beendet wurde.

Eine in einem Parallelverfahren eingelegte Berufung gegen eine durch Urteil erlassene Unterlassungsverfügung des hiesigen Kammer zugunsten der Aufhebungsbeklagten aufgrund des Verfügungspatents war erfolglos (OLG München, Az. 6 U 3039/16, Anlage HLNK36).

Im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13.03.2019 (Bl. 290/292 d.A.) verwiesen.

Gründe

Die einstweilige Verfügung war antragsgemäß aufzuheben, da der Rechtsbestand des Verfügungspatents aufgrund der bundespatentgerichtlichen Entscheidung vom 17.07.2018 nicht mehr ausreichend gesichert erscheint (nachfolgend unter A.). Das Vorliegen eines Verfügungsgrundes ist daher nicht mehr glaubhaft gemacht (vgl. OLG München, Urt. v. 25.10.2018, 6 U 2314/18).

Die Kosten des Anordnungsverfahrens waren der Aufhebungsbeklagten dennoch nicht aufzuerlegen (hierzu nachfolgend unter B. I.).

A.

Die einstweilige Verfügung hätte nur dann aufrechterhalten bleiben und wieder in Vollzug gesetzt werden können, wenn die Voraussetzungen für ihren Erlass fortbestanden hätten.

Der Erlass einer auf eine Patentverletzung gestützten einstweiligen Unterlassungsverfügung erfordert die Feststellung des Verletzungsgerichts, dass der Rechtsbestand des Verfügungspatents hinreichend gesichert erscheint. Nur dann kann davon ausgegangen werden, dass die begehrte Verfügung zur Abwendung wesentlicher Nachteile für den Patentinhaber im Sinne eines Verfügungsgrundes gemäß § 940 ZPO notwendig ist (OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2008, 329, 330 -Olanzapin).

Vom Vorliegen eines Verfügungsgrundes kann daher grundsätzlich nicht ausgegangen werden, wenn das Verfügungspatent in erster Instanz für nichtig erklärt wurde. Das gilt auch, wenn - wie hier - die Aufhebung einer einstweiligen Unterlassungsverfügung gemäß § 927 ZPO begehrt wird. Zwar ist eine Aufhebung nach § 927 ZPO auf die Beseitigung der Verfügungsmaßnahmen in der Zukunft gerichtet, so dass sie bei Zweifeln über den Bestand des Patents aufrechtzuerhalten ist. Wenn die Verfügung jedoch auf eine Unterlassung gerichtet ist, reichen auch Zweifel am Bestand des Patents für eine Aufhebung der Verfügung aus (Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 11. Auflage, 2019, Kapitel G, Rn. 223 f. sowie Rn. 234 - 239).

Etwas anders kann ausnahmsweise wiederum dann gelten, wenn die Nichtigkeitsentscheidung offensichtlich fehlerhaft ist (II.), das Verletzungsgericht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Bestand des Verfügungspatents prognostizieren kann (III.) und die gebotene Interessenabwägung für die Aufhebungsbeklagte ausfällt (IV.) (Kühnen, a.a.O, Rn. 69).

All das ist nach der gebotenen eingehenden Prüfung (I.) durch das Verletzungsgericht nicht der Fall (V.).

I.

1. Eine Offensichtlichkeitsprüfung des Urteils der Bestandsgerichtsbarkeit bedeutet nicht, dass sich das Verletzungsgericht grundsätzlich mit einer oberflächlichen Prüfung begnügen darf. Das gilt auch und gerade für die in Bestandsverfahren regelmäßig streitentscheidenden technischen Fragen der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit. Denn die Frage der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit ist naturgemäß komplex. Daher wäre eine Offensichtlichkeitsprüfung ohne vertiefte Auseinandersetzung mit der zugrunde liegenden Technik und dem Verweis auf die hierfür zuständige Fachgerichtsbarkeit unzureichend (vgl. Kühnen, a.a.O., Rn. 48).

Das Verletzungsgericht hat mithin die Pflicht, auch nach erstinstanzlichem Abschluss eines Rechtsbestandsverfahrens selbst ernsthaft die Erfolgsaussichten der dagegen gerichteten Angriffe zu prüfen, um sich in eigener Verantwortung ein Bild von der Schutzfähigkeit der Erfindung zu machen (OLG Düsseldorf Urt. v. 19.02.2016 - 2 U 54/15, BeckRS 2016, 6344 Rn. 12). Eine bloß kursorische Prüfung des zugrundliegenden naturwissenschaftlichen Sachverhalts würde dem Anspruch auf rechtliches Gehör der Antragstellerin/Aufhebungsbeklagten sowie dem Rechtsgewährungsanspruch widersprechen.

Umgekehrt kann es bei der Prüfung nicht darum gehen, die Meinung des Verletzungsgerichts zur Patentfähigkeit an Stelle des Fachgerichts zu setzen. Dies wiederspräche dem Trennungsprinzip. Außerdem muss das Verletzungsgericht anerkennen, dass seine Beurteilungsmöglichkeiten als technisch nicht vorgebildetem Spruchkörper von vornherein limitiert sind. Dies gilt umso mehr, wenn streitgegenständlich ist, welche technische Information einem im Bestandsverfahren gewürdigten Text aus fachmännischer Sicht zu entnehmen und welche Schlussfolgerungen der Durchschnittsfachmann hieraus aufgrund seines allgemeinen Wissens zu ziehen imstande gewesen ist (OLG Düsseldorf, ebd.).

Grund, die Rechtsbestandsentscheidung in Zweifel zu ziehen, besteht daher nur dann, wenn das Verletzungsgericht die Argumentation der Einspruchs- oder Nichtigkeitsinstanz für eindeutig unvertretbar hält. Das kann der Fall sein, wenn Passagen einer Entgegenhaltung von der Fachinstanz übersehen und deshalb bei ihrer Entscheidungsfindung überhaupt nicht in Erwägung gezogen wurden (OLG Düsseldorf, ebd.).

2. Erforderlich ist somit, dass das Verletzungsgericht sich unter Beachtung seiner eigenen technisch beschränkten Erkenntnisfähigkeit eingehend mit den tragenden Entscheidungsgründen der Einspruchs- oder Nichtigkeitsinstanz - egal ob technisch oder nicht - auseinandersetzt und diese auf ihre Schlüssigkeit hin prüft. Der Grad der Befassung hängt dabei vom Einzelfall ab. Je mehr die Parteien Gelegenheit zum Vortrag hatten und je mehr behördliche und/oder gerichtliche Entscheidungen zu der zu beurteilenden Thematik dem Verletzungsgericht als Basis für eine Überzeugungsbildung und die Bildung einer eigenen technischen Expertise zur Verfügung stehen, desto genauer muss die Offensichtlichkeitsprüfung ausfallen (vgl. Kühnen, a.a.O, Rn. 74).

3. Im vorliegenden Fall war eine eingehende Befassung mit dem bundespatentgerichtlichen Urteil aufgrund der Verfahrenssituation und der Prozessgeschichte möglich und somit geboten.

Denn das Verfügungspatent war nicht nur Gegenstand der Entscheidung des BPatG. Vielmehr hatten bereits die Einspruchsabteilung des EPA (Anlage HL14/NIK18) sowie daran anknüpfend das LG München I sowie das OLG München (vgl. Anlage HLNK36) einem Verletzungsstreit Ausführungen zur Patentfähigkeit der streitgegenständlichen Erfindung gemacht. Zudem hatte bereits das Bezirksgericht Den Haag am 19.01.2019 (Anlage HL27b) über die Patentierbarkeit des niederländischen Teils der patentgemäßen Erfindung und dabei insbesondere die erfinderische Tätigkeit entschieden. Ferner lagen die Entscheidungen des United States District Court Southern District of Indiana Circuit vom 31.03.2014 (Anlage HL15), des United States Court of Appeal for the Federal Circuit vom 12.01.2017 (Anlage HL23), des US Patent Trial and Appeal Board vom 05.10.2017 (Anlage HL24) und des japanische Patentamts am 10.11.2015 (Anlage HL16/25/25a) vor.

Das erkennende Verletzungsgericht konnte daher zur Beurteilung der Vertretbarkeit der patentgerichtlichen Entscheidung aus einer Vielzahl anderer Entscheidungen zu derselben oder ähnlichen Thematik schöpfen und somit seine Erkenntnismöglichkeiten und Fachkenntnis zum Streitgegenstand erweitern.

II.

Eine offensichtliche Unrichtigkeit des bundespatentgerichtlichen Urteils kann die Kammer nicht erkennen (1.). Unabhängig davon vermag das erkennende Gericht nicht zu prognostizieren, dass das vom BPatG gefundene Ergebnis der fehlenden erfinderischen Tätigkeit des Verfügungspatents offensichtlich unrichtig ist (2.).

1. a) Das BPatG stützt seine Entscheidung des Naheliegens der patentgemäßen Erfindung auf folgende Überlegungen:

Das Streitpatent betreffe die Verwendung des Wirkstoffs Pemetrexeddinatrium in Kombination mit Vitamin B 12 zur Hemmung des Wachstums von Tumoren bei Säugern sowie ein Produkt, welches diese Komponenten enthalte.

Problematisch seien nach den Angaben in der Patentschrift, dass die Verabreichung von Pemetrexed nicht nur das Wachstum der bösartigen Zellen störe, sondern auch das der normalen Körperzellen. Deswegen führe die Behandlung mit Pemetrexed allein oft zu erheblichen Nebenwirkungen bei den Patienten. Deswegen würden nach den Aussagen der Patentschrift weitere Stoffe, wie zum Beispiel Steroide, Folsäure, Retinoidverbindungen wie zum Beispiel Vitamin A zusätzlich verabreicht, um die ungewollten Nebenwirkungen zu verringern. Schließlich hätten sich Effekte von Vitamin B12, Folat und Vitamin B6 Supplementen bei älteren Personen mit normalen Serumvitaminkonzentrationen und Homocysteinspiegel als Vorhersage von cytotoxischen Ereignissen herausgestellt, die mit der Verwendung von bestimmten Antifolaten in Zusammenhang stünden. Dennoch gebe die zytotoxische Aktivität von Antifolaten weiterhin Anlass zu ernsthafter Besorgnis bei der Entwicklung solcher Arzneimittel (BPatG, BeckRs 2018, 27337, Rn. 37).

Als Aufgabe stelle sich das Streitpatent daher, den therapeutischen Einsatz von Pemetrexed(dinatrium) zur Tumorbehandlung unter Verringerung von dessen toxischen Effekten, jedoch unter Beibehaltung seiner therapeutischen Wirkungen zu verbessern. Hierzu bezieht sich das BPatG auf die Aufgabenbestimmung des BGH zum selben Patent (GRUR 2016, 921 Rn. 10 ff. - Pemetrexed).

Die Lösung erfolge durch den Patentanspruch 1 bzw. 12, die folgende Merkmale enthielten:

Patentanspruch 1:

A.

Verwendung von Pemetrexeddinatrium

B.

zur Herstellung eines Arzneimittels zur Verwendung in einer Kombinationstherapie zur Hemmung von Tumorwachstum bei Säugern,

C.

worin das Arzneimittel in Kombination mit Vitamin B12 oder einem pharmazeutischen Derivat hiervon verabreicht werden soll,

D.

wobei das pharmazeutische Derivat von Vitamin B12 Hydroxocobalamin, Cyano-10-chlorcobalamin, Aquocobalaminperchlorat, Aquo-10-chlorcobalaminperchlorat, Azidocobalamin, Chlorcobalamin oder Cobalamin ist.

Patentanspruch 12:

A.

Produkt, das Pemetrexeddinatrium, Vitamin B12 oder ein pharmazeutisches Derivat hiervon enthält

B.

wobei das pharmazeutische Derivat von Vitamin B12 Hydroxocobalamin, Cyano-10-chlorcobalamin, Aquocobalaminperchlorat, Aquo-10-chlorcobalaminperchlorat, Azidocobalamin, Chlorcobalamin oder Cobalamin ist und das optional ein Folsäurebindeproteinbindemittel enthält, das aus der Gruppe ausgewählt ist, die besteht aus Folsäure, (6R)-5-Methyl-5,6,7,8-tetrahydrofolsäure oder (6R)-5-Formyl-5,6,7,8-tetrahydrofolsäure oder einem physiologisch verfügbaren Salz oder Ester hiervon,

D.

als ein Kombinationspräparat zur simultanen, separaten oder sequenziellen Verwendung bei der Hemmung eines Tumorwachstums (BPatG, BeckRs 2018, 27337, Rn. 39).

Zur Beurteilung der Patentfähigkeit stellt das BPatG unter Berufung auf den BGH (GRUR 2016, 921 Rn. 22 - Pemetrexed) auf einen Fachmann ab, der sich aus einem Team aus einem Pharmakologen mit Spezialisierung auf dem Gebiet der Wirkmechanismen von Antifolaten und langjähriger Berufserfahrung in der Erforschung von Antifolaten bei der Behandlung von Krebs sowie einem Mediziner mit Spezialisierung auf dem Gebiet der Onkologie und langjähriger Erfahrung in der chemotherapeutischen Behandlung von Krebspatienten mit Antikrebswirkstoffen wie Antifolaten zusammensetze (BPatG, BeckRs 2018, 27337, Rn. 40).

Erfinderische Tätigkeit sei zu verneinen, wenn die Lösung am Prioritätstag dem Fachmann vom Stand der Technik nahegelegt sei. Dafür sei erforderlich, dass der Fachmann mit seinen durch die Ausbildung und berufliche Erfahrung erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten in der Lage gewesen sei, die erfindungsgemäße Lösung des technischen Problems aus dem Vorhandenen zu entwickeln. Hinzukommen müsse, dass der Fachmann Grund gehabt habe, den Weg der Erfindung zu beschreiten. Dazu bedürfe es in der Regel über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinausreichender Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstiger Anlässe. Bei der Prüfung, ob der Stand der Technik ausgehend von einer Entgegenhaltung dem Fachmann die erfinderische Lösung nahelege, sei nicht nur zu berücksichtigen, was sich für den Fachmann unmittelbar und eindeutig aus dieser Entgegenhaltung ergebe, sondern gleichermaßen, was der Fachmann kraft seines Fachwissen aus ihr ableiten könne (BPatG, BeckRs 2018, 27337, Rn. 43 m.w.N.).

Davon ausgehend und unter Zugrundelegung der Entgegenhaltung NIK15 in Verbindung mit NIK8 bzw. NIK16 und dem Stand der Technik gemäß der Entgegenhaltung NIK22 sei das Streitpatent als nicht erfinderisch anzusehen.

Denn der Fachmann werde sich zur Lösung der patentgemäßen Aufgabe und in dem Wissen, dass die Verabreichung von Folsäure zur Verringerung von antifolatbedingten schädlichen Nebenwirkungen sinnvoll sei, mit dem Zusammenhang von Folatverabreichung und Pemetrexedgabe beschäftigen. Hierzu werde er die Entgegenhaltung NIK15 heranziehen, die sich im Kapitel 8 mit den Erkenntnissen im Jahr 1999 aus präklinischen Studien und ersten klinischen Studien zu Pemetrexed auseinandersetze. Der Fachmann entnehme dabei insbesondere den Angaben auf Seite 190/191 den positiven Einfluss einer Folsäuresupplementierung bei einer Antitumorbehandlung mit Pemetrexed (BPatG, BeckRs 2018, 27337, Rn. 45).

Daher werde sich der Fachmann in dem Wissen um den positiven Einfluss von Folat dem Folathaushalt näher zuwenden und hierbei auf die Entgegenhaltung NIK22 stoßen. Bei näherer Betrachtung der Fig.1 in der NIK22 werde er erkennen, dass über das Tetrahydrofolat, das aus Folsäure gebildet werde, sowie dessen Vorstufe 5-Methyltetrahydrofolat der DNS-Zyklus mit dem Methylierungszyklus verbunden sei. Das 5-Methyltetrahydrofolat werde - wie aus NIK22 erkennbar - über das Vitamin B12 abhängige Enzym Methioninsynthase reguliert (BPatG, BeckRs 2018, 27337, Rn. 46).

Aufgrund des Zusammenhangs der beiden Zyklen sei dem Fachmann somit aus dem Folathaushalt bekannt, dass bei einer Pemetrexedgabe durch die Blockierung der drei Schlüsselenzyme Thymidylatsynthase, Dihydrofolatreduktase und Glycinamidribonukleotidformyltransferase im DNS-Zyklus nicht nur dieser Zyklus, sondern auch der Methylierungszyklus blockiert werde. Diesen biochemischen Zusammenhang finde er durch die in NIK8 bzw. NIK16 beschriebene Korrelation zwischen dem Homocysteinspiegel vor Behandlungsbeginn und den beobachteten Toxizitäten bei der Pemetrexedbehandlung bestätigt. Denn Homocystein sei ein Substrat im Methylierungszyklus, der indirekt durch den Angriff des Antifolats auf den DNS-Zyklus ebenfalls beeinflusst werde und damit auch der Homocysteinspiegel (BPatG, BeckRs 2018, 27337, Rn. 47).

Ferner sei dem Fachmann über den Folathaushalt bekannt, dass das Enzym Methioninsynthase und damit auch der Homocysteinspiegel sowohl durch Folsäure als auch durch Vitamin B12 reguliert würden. Die Verabreichung eines oder beider Vitamine führe über die Methioninsynthase zur Senkung des Homocysteinspiegels. In Kenntnis der Ergebnisse der NIK8 bzw. NIK16, nach denen eine starke Korrelation zwischen dem Homocysteinspiegel und den Nebenwirkungen bei der Pemetrexedbehandlung bestehe, und im Bewusstsein der physiologischen Zusammenhänge des Folathaushalts werde der Fachmann motiviert, sich neben der schon positiv getesteten Folsäure auch dem Vitamin B12 als wichtigem Regulator des Folathaushalts zuzuwenden, um den toxischen Nebenwirkungen bei der Pemetrexedbehandlung entgegenwirken zu können. Somit ergebe sich die im Patentanspruch 1 beanspruchte Verwendung mit allen Merkmalen aus der Lehre der NIK15 und der NIK8 bzw. NIK16 in Verbindung mit dem Fachwissen gemäß NIK22 ohne erfinderisches Zutun (BPatG, BeckRs 2018, 27337, Rn. 48).

Die Argumentation der Beklagten, dass durch eine Folsäuregabe nur der DNS-Zyklus ohne Beteiligung der Methioninsynthase aktiviert werde, verwirft das BPatG. Denn durch die Folsäuresupplementierung könne die Tetrahydrofolatproduktion in der Zelle insoweit aktiviert werden, dass sich die Nebenwirkungen durch eine gezielte Förderung der DNS-Biosynthese abmildern ließen. Dabei werde der Zyklus aus Tetrahydrofolat, 5,10-Methylentetrahydrofolat und Dihydrofolat angestoßen, wodurch die für die Nebenwirkungen bei der Pemetrexedbehandlung verantwortliche Blockierung des DNS-Zyklus aufgehoben werde. Durch diese Aktivierung des Nachschubwegs werde aber auch vermehrt 5,10-Methylentetrahydrofolat gebildet. Dieses reagiere im Folathaushalt aber nicht nur zu Dihydrofolat weiter, sondern werde in einem zweiten, alternativen Weg mittels 5,10-Methylentetrahydrofolatreduktase zu 5-Methyltetrahydrofolat umgesetzt, das dann mittels Vitamin B12 regulierter Methioninsynthase zu Tetrahydrofolat umgewandelt werde. Dies sei aus der Fig. 1 der NIK22 ersichtlich. Dieser zweite Reaktionsweg werde durch die Pemetrexedgabe weder gehemmt noch abgeschaltet, da Pemetrexed die beiden regulierenden Enzyme 5,10-Methylentetrahydrofolatreductase und Methioninsynthase nicht inhibiere. Zudem könne 5-Methyltetrahydrofolat aus dem Plasma nachgeliefert werden, was ebenfalls aus der Fig. 1 der NIK22 ersichtlich sei. Für den Fachmann bestehe daher keine Veranlassung, anzunehmen, dass der zweite Reaktionsweg über 5-Methyltetrahydrofolat nach einer Folsäuregabe keine Rolle mehr spiele. Vielmehr werde er diesen Weg sogar bewusst ins Auge fassen, da er von der hemmenden Wirkung des Pemetrexeds auf die Schlüsselenzyme des „DNA-Zyklus“ unabhängig sei (BPatG, BeckRs 2018, 27337, Rn. 50).

Gegen die These, dass der DNS-Zyklus bei einer Folsäuregabe unabhängig vom Methylierungszyklus durchlaufe, spreche auch die Beobachtung, dass die Toxizität bei der Pemetrexedbehandlung mit dem Homocysteinspiegel im Blutserum korreliere, wie die Entgegenhaltungen NIK8, NIK16, HLNK31 jeweils gesamtes Abstract, HLNK2 S. 106 re. Sp. Z. 17 bis 12 von unten, zeigten. Dies erkläre sich damit, dass Homocystein Bestandteil des Methylierungszyklus sei, der wiederum über die Methioninsynthase mit dem DNS-Zyklus verbunden sei. Aufgrund der Korrelation des Homocysteinspiegels mit den schwerwiegenden Nebenwirkungen bei der Pemetrexedbehandlung erkenne der Fachmann, dass der Folathaushalt in seiner Gesamtheit gemäß Fig. 1 der NIK22 bei der Pemetrexedbehandlung beeinflusst werde und er daher die beiden Kreisläufe nicht unabhängig voneinander steuern könne (BPatG, BeckRs 2018, 27337, Rn. 51).

Zudem würde den Fachmann sein Wissen um die sogenannte Methylfalle darin bestärken, den zweiten Reaktionsweg über 5-Methyltetrahydrofolat nicht zu vernachlässigen. Denn zur ihrer Überwindung sei die intramuskuläre Verabreichung Vitamin B12 bekannt, wie die Seite 445 der NIK22 zeige. Zwar bestehe als weiterer Weg aus der Methylfalle auch eine Folsäuresupplementierung. Kämen jedoch für den Fachmann mehrere Alternativen zur Lösung eines Problems in Betracht, könne das Beschreiten unterschiedlicher Wege naheliegend sein (BPatG, BeckRs 2018, 27337, Rn. 52 m.w.N.).

Der Fachmann werde sich entgegen der Auffassung der Beklagten auch dann mit den biochemischen Wirkmechanismen von Pemetrexed und Folsäure beschäftigen, wenn er die Entgegenhaltung HLNK17, dort S. 8801 re. Sp. Abs. 2, zur Kenntnis nehme, wonach trotz der möglichen Verdeckung eines Vitamin B12-Mangels bei einer Folsäuregabe, die USamerikanische FDA keine Empfehlung einer zusätzlichen Vitamin B12-Supplementierung bei mit Folsäure ergänzten Nahrungsmitteln selbst für Patienten mit perniziöser Anämie gegeben habe (BPatG, BeckRs 2018, 27337, Rn. 53).

Auch den Entgegenhaltungen HLNK3 und HLNK4 entnehme der Fachmann keine Hinweise, die gegen eine gemeinsame Gabe von Folsäure und Pemetrexed bei der Tumorbehandlung sprächen. Vielmehr motiviere ihn das Fazit in beiden Berichten, sich weiter mit der Folsäure zur Verminderung der Nebenwirkungen bei der Pemetrexedbehandlung zu beschäftigen, was die Fachwelt in der Folgezeit auch so gesehen hat (BPatG, BeckRs 2018, 27337, Rn. 54).

Zudem sei davon auszugehen, dass auch hinsichtlich Pemetrexed trotz fehlender veröffentlichter Phase II-Studien eine Folsäuresupplementierung nahegelegt gewesen sei, da dies bereits für andere Antifolate bekannt gewesen sei (BPatG, BeckRs 2018, 27337, Rn. 55 - 58).

Eine tumorfördernde Wirkung von Vitamin B12 könne den Entgegenhaltungen HLNK8, HLNK9 du HLNK33 nicht entnommen werden, da sie nicht spezifisch auf Antifolate gerichtet seien bzw. sich mit der Blockade der DNS-Synthese durch Vitamin B12-Entzug beschäftigten (BPatG, BeckRs 2018, 27337, Rn. 59).

Zwar hätten möglicherweise zahlreiche Wege bestanden, die gestellte Aufgabe des Streitpatents zu lösen. Das bedeute indes nicht, dass der vom Patent beschrittene Weg nicht nahegelegt sei (BPatG, BeckRs 2018, 27337, Rn. 60).

Die Entscheidung der Einspruchsabteilung sowie des LG München und des OLG München stünden der hiesigen Entscheidung nicht entgegen, da sie die erfinderische Tätigkeit nicht ausgehend von den Entgegenhaltungen NIK15 in Verbindung mit NIK8 und NIK16 in Verbindung mit dem Stand der Technik gemäß NIK22 beurteilten (BPatG, BeckRs 2018, 27337, Rn. 61).

b) Eine offensichtliche Unrichtigkeit ist dem aus Sicht der Kammer nicht zu entnehmen.

aa) Die wesentliche Argumentation des BPatG ist aus Sicht des Verletzungsgerichts, dass Patentanspruch 1 durch die Entgegenhaltungen in NIK15 in Verbindung mit NIK8 bzw. NIK16 und dem beispielsweise durch NIK22 repräsentierten Fachwissen nahegelegt ist (BPatG, BeckRs 2018, 27337, Rn. 44).

Dass es sich hierbei um die wesentlichen Erwägungen des BPatG handelt, zeigt sich auch darin, dass das Gericht zur Begründung, warum die Entscheidung der Einspruchsabteilung nicht entgegenstehe, auf diese Argumentations- bzw. Entgegenhaltungskette verweist (BPatG, BeckRs 2018, 27337, Rn. 61).

bb) Tatsächlich gelangt das BPatG jedoch ausgehend von der NIK15 unmittelbar zur NIK22. Aus der NIK22 - dem Stand der Technik zum Folathaushalt - werden dann im Ergebnis alle Schlüsse gezogen, die nach der Auffassung des BPatG die patentgemäße Erfindung nahegelegt haben. Die wesentlichen, aus der NIK15 in Verbindung mit der NIK22 gewonnenen Erkenntnisse werden nach Ansicht des BPatG lediglich von der NIK8 bzw. der NIK16 „bestätigt“. Diesen Entgegenhaltungen kommt demnach lediglich eine untergeordnete Rolle zu. Das Naheliegen folgt demnach aus der NIK15 in Verbindung mit der NIK22 und wird nur bestätigt durch die NIK8 bzw. NIK16.

cc) Für das Verletzungsgericht erscheint gleichwohl die Begründung des BPatG, der Fachmann werde ausgehend von den vorgenannten Entgegenhaltungen und den dort festgestellten Korrelationen einen Zusammenhang zwischen Methylierungszyklus und DNS-Zyklus sehen, nicht unvertretbar.

Dennoch ist der Aufhebungsbeklagten zuzugeben, dass auch die Ansicht vertretbar ist, die Entgegenhaltungen NIK8 bzw. NIK16 bestärkten den Zusammenhang des DNS-Zyklus und des Methylierungszyklus gerade nicht.

Man könnte argumentieren, wenn die Annahme des BPatG zuträfe, dass durch die Hemmung der für den DNS-Zyklus relevanten Enzyme durch Pemetrexed auch eine Blockierung des Methylierungszyklus eintritt, müsste sich dadurch eine Erhöhung des Homocysteinspiegels während der Pemetrexedzuführung einstellen. Denn das BPatG führt aus „Homocystein ist ein Substrat im Methylierungszyklus, der indirekt durch den Angriff des Antifolats auf den „DNS-Zyklus“ ebenfalls beeinflusst wird und damit auch der Homocysteinspiegel“ (BPatG, BeckRS 2018, 27337, Rn. 47).

Indes berichten weder die NIK8 noch die NIK16 von einer Erhöhung des Homocysteinspiegels während der Verabreichung von Pemetrexed. Die Entgegenhaltung NIK8 führt aus:

„Hcys and albumin levels did not appear to change from baseline during treatment with MTA. (…)

Elevated baseline homocysteine levels (…) highly correlate with severe hematologic and nonhematologic toxicities following treatment with MTA.“

Die Entgegenhaltung NIK16 berichtet im letzten Satz:

„Maximum homocysteine levels did not appear to change from baseline during treatment with MTA.“

Das Urteil des BPatG verhält sich hierzu nicht. Dass das bundespatentgerichtliche Urteil deswegen offensichtlich fehlerhaft wäre, vermag die erkennende Kammer indes nicht zu konstatieren.

dd) Zwar ist auch nicht ersichtlich, warum das BPatG beiden Entgegenhaltungen trotz ihres - auch für das Verletzungsgericht erkennbaren - unterschiedlichen Offenbarungsgehalts dennoch denselben Inhalt beimisst.

Die NIK16 führt in Bezug auf den im vorliegenden Zusammenhang wesentlichen Vitamin B12-Mangel-Marker, nämlich die Methylmalonsäure aus:

„No correlation between toxicity (CTC Grades as defined above) and the remaining prespecified predictors was seen.“

Dem könnte man - wie das EPA sowie das LG München I in der Entscheidung 21 O 22243/15, dort Seite 20 ff., sowie das OLG München in der Entscheidung 6 O 3039/16, dort Seite 55 ff. - die Aussage entnehmen, zwischen einer Toxizität und einem Mangel an Vitamin B12 bestehe kein Zusammenhang.

Die Entgegenhaltung NIK8 enthält sich demgegenüber jeglicher Aussage zu einer bestehenden oder nicht bestehenden Korrelation zwischen Methylmalonsäure und Toxizität von Pemetrexed (MTA). Insofern enthalten die Dokumente NIK8 und NIK16 wohl offensichtlich nicht gleichlautende Aussagen. Das Urteil des BPatG verhält sich auch hierzu nicht.

Ob das dem Umstand geschuldet ist, dass das BPatG, wie von der Aufhebungsklägerin behauptet und von der Aufhebungsbeklagten nicht bestritten, in der mündlichen Verhandlung dargelegt hatte, den Offenbarungsgehalt der Entgegenhaltungen NIK8 und NIK16 anders zu beurteilen als die Aufhebungsbeklagte, vermag das Verletzungsgericht letztlich nicht zu beurteilen. Das Verletzungsgericht muss von den Urteilsgründen ausgehen und diese enthalten keine expliziten Gründe für den vom BPatG festgestellten Offenbarungsgehalt.

Allerdings vermag auch dieser Umstand eine offensichtliche Unrichtigkeit nicht zu begründen.

ee) Gleichfalls ist im Hinblick auf die Entgegenhaltung NIK16 fraglich, ob der Fachmann, wenn er - wie das Bundespatentgericht annimmt - ausgehend von NIK15 und NIK22 zu der NIK16 gelangt, diese als Bestärkung der aus der NIK22 gewonnenen Annahmen ansähe. Denn während die NIK22 auch nach der Auffassung des BPatG allgemeines Fachwissen zum Folathaushalt darstellt, handelt es sich bei der NIK16 um spezifische Informationen zur Korrelation von durch Pemetrexed induzierter Toxizität und erhöhtem Homocysteinspiegel. Die aus der NIK22 möglicherweise gewonnene Annahme eines Zusammenhangs zwischen DNS-Zyklus und Methylierungszyklus könnte er durch die Entgegenhaltung NIK16 nicht bestärkt finden. Indes reicht auch das nicht für die Feststellung einer offensichtlichen Unrichtigkeit.

Der vom BPatG als wesentliches Argument für das Naheliegen postulierte Zusammenhang zwischen DNS-Zyklus und Methylierungszyklus anhand der Fig. 1 in der Anlage NIK22 verleitet die Kammer nicht dazu, von einer offensichtlichen Unrichtigkeit des Urteils auszugehen.

(1.) Der Methylierungszyklus ist notwendig zur Synthese von S-Adenosyl-Methionin (SAM), welches der Haupt-Methylgeber im menschlichen Körper ist. Die Transmethylierung, also die Weitergabe von Methylgruppen ( -CH3) von einem Molekül auf ein anderes, ist notwendig für eine Reihe lebenswichtiger Stoffwechselprozesse im Körper. Dazu gehören beispielsweise die Neubildung von DNA und RNA, die Immunfunktion oder die Synthese und Steuerung von Neurotransmittern und Hormonen. Der Methylierungszyklus besteht aus vier Substanzen, nämlich Methionin, S-Adenosyl-Methionin, S-Adenosyl-Homocystein (SAH) und Homocystein. Neben der Synthese von SAM kommt dem Methylierungszyklus die Aufgabe zu, das zytotoxische Homocystein abzubauen. Das geschieht dergestalt, dass Homocystein über das Enzym Methioninsynthase in Methionin umgewandelt wird und dieses wiederum mit Hilfe des universellen Energiegebers ATP zu S-Adenosyl-Methionin. Das Enzym Methioninsynthase bedarf hierzu des 5-Methyltetrahydrofolats einerseits und andererseits des Vitamin B12 als Co-Faktoren. Es finden somit zwei Reaktionen statt: (1.) das 5-Methyltetrahydrofolat gibt seine Methylgruppe an Vitamin B12 ab und wird dadurch wieder zu Tetrahydrofolat. (2.) das Vitamin B12 gibt die vom 5-Methyltetrahydrofolat übernommene Methylgruppe an das Homocystein ab, welches dadurch zu Methionin umgewandelt wird. Das Vitamin B12 ist dann wieder frei für die Aufnahme einer neuen CH3-Gruppe.

Über den Co-Faktor der für den Methylierungszyklus notwendigen Methioninsynthase, das 5-Methyltetrahydrofolat, sind der Methylierungszyklus und Folat-Zyklus miteinander verbunden.

Der Folatzyklus wiederum ist in zwei Zyklen unterteilt: Der eine wandelt das von Vitamin B12 von der Methylgruppe befreite Tetrahydrofolat zunächst mit Hilfe von Vitamin B6 und Serin in 5,10-Methylentetrahydrafolat und schließlich durch das Enzym 5,10-Methylentetrahydrafolat-Reduktase in 5-Methyltetrahydrofolat um, das sodann die Methylgruppe wieder an Vitamin B12 im Rahmen der Reaktion der Methioninsynthase abgibt. Dieser Weg wird vom BPatG als „zweiter Reaktionsweg“ bezeichnet (BPatG, BeckRs 2018, 27337, Rn. 50). Der andere Zyklus, in der Fig. 1 der NIK22 als „DNA-CYCLE“ bezeichnet, geht von 5,10-Methylentetrahydrofolat über Dihydrofolat zu Tetrahydrofolat. Dieser Kreislauf wird durch Andocken von Pemtrexed an die drei für den Kreislauf notwendigen Schlüsselenzyme Thymidylatsynthase, Dihydrofolatreduktase und Glycinamidribonukleotidformyltransferase gehemmt. Wird Pemetrexed verabreicht, kann Tetrahydrofolat über diesen Kreislauf nicht mehr zur Verfügung gestellt werden.

(2.) Wie jedoch ebenfalls aus der Fig. 1 der NIK22 ersichtlich ist, wird das für den hier als erstes beschriebenen Folatzyklus notwendige 5-Methyltetrahydrofolat nicht nur über Tetrahydrofolat und 5,10-Methylentetrahydrofolat gebildet, sondern gelangt unmittelbar aus dem Plasma als Monoglutamat in den Folatzyklus (so auch das BPatG, BeckRs 2018, 27337, Rn. 50). Da diejenigen Enzyme, die Tetrahydrofolat in 5,10-Methylentetrahydrofolat und letzteres in 5-Methyltetrahydrofolat umwandeln durch Pemetrexed nicht inhibiert werden, bleibt der Methylierungszyklus trotz Pemetrexedgabe jedenfalls dann intakt, wenn nicht eines der beiden Vitamine (B12 oder Folat) fehlt und der Methylierungszyklus dadurch gestört ist.

Dies steht in Einklang mit den Beobachtungen in der NIK8 und NIK16, wonach der Homocysteinspiegel trotz Antifolats unverändert geblieben ist (vgl. oben cc).

Eine automatische „Blockierung“ des Methylierungszyklus durch eine Hemmung des „DNS-Zyklus“ (so BPatG, BeckRs 2018, 27337, Rn. 47) erscheint somit fraglich, ohne jedoch eine offensichtliche Fehlerhaftigkeit zu begründen.

gg) Ob daneben die Annahme des BPatG evident unrichtig ist, der Fachmann werde sich ausgehend von der NIK15 dem Folthaushalt im Allgemeinen zuwenden und sodann auf die NIK22 stoßen, vermag das Verletzungsgericht nicht mit der erforderlichen Sicherheit zu beurteilen. Die Behauptung der Aufhebungsbeklagten, das BPatG kombiniere unzulässigerweise die Information aus Kapitel 12 der Entgegenhaltung NIK15 mit der NIK22 ist jedoch nicht zutreffend, da das BPatG im relevanten Abschnitt (Rn. 45) explizit auf das Kapitel 8 der NIK15 verweist und das Kapitel 12 überhaupt nicht erwähnt.

Selbst wenn man der Argumentation des BPatG nicht folgte und sie sogar für offensichtlich falsch hielte, würde das der Aufhebungsbeklagten nicht zum Erfolg verhelfen. Denn das erkennende Gericht gelangt nicht zu der Überzeugung, die Entscheidung des BPatG sei im Ergebnis offensichtlich unbegründet.

a) Die Beantwortung der Frage, ob erfinderische Tätigkeit zu bejahen ist, bedarf einer wertenden Entscheidung (BGH GRUR 1995, 330 - Elektrische Steckverbindung) unter Berücksichtigung des Standes der Technik sowie des Fachwissens des Durchschnittsfachmanns. Die Beurteilung stützt sich auf tatsächliche Umstände, nämlich die Feststellung der Erfindung, des Standes der Technik sowie des dem maßgeblichen Fachmann eigenen Wissens und Könnens. Eine erfinderische Tätigkeit liegt erst in derjenigen Leistung, die sich über die Norm dessen erhebt, was ein Fachmann mit durchschnittlicher Ausbildung, Kenntnissen und Fähigkeiten bei herkömmlicher Arbeitsweise erreichen kann (OLG Düsseldorf Urt. v. 19.2.2016 - 2 U 54/15, BeckRS 2016, 6344 Rn. 57).

b) Ob das streitgegenständliche Patent diesen Anforderungen genügt, vermag die Kammer nicht mit der erforderlichen Sicherheit festzuzustellen.

aa) Denn es ist ebenso zu konstatieren, dass die Ansicht des BPatG, die erfindungsgemäße Verwendung von Pemetrexeddinatrium mit Vitamin B12 zur Bekämpfung bestimmter Krebsformen unter Reduzierung der unerwünschten Nebenwirkungen und Beibehaltung der therapeutischen Wirkung sei nahegelegt, aus der laienhaften Sicht des Verletzungsgerichts nicht unvertretbar ist.

So streiten insbesondere folgende Aussagen in der NIK8 für ein Naheliegen:

"Historical data on other antifolates have suggested that a patient's nutritional status may play a role in the likelihood of experiencing severe toxicity (…).

Methods: Homocysteine (Hcys), cystathionine and methylmalonic acid were measured in 189 phase II patients (…)

Toxicities resulting from treatment with MTA appear to be predictable from pretreatment homocysteine levels.“

Demnach könnte sich der Fachmann veranlasst gesehen haben, unter Berücksichtigung des allgemeinen Wissens um den Methylkreislauf zur Senkung des als schädlich anerkannten Homocysteins, Vitamin B12 vor der Anwendung von Pemetrexed zu verabreichen. Denn sowohl aus der allgemeinen Entgegenhaltung in NIK22, bei der es sich zugegebenermaßen um eine Veröffentlichung der Ernährungswissenschaft und nicht der Onkologie handelt (dort insbesondere Fig. 1), aber auch aus der NIK2 (dort S. 8 f.), die eine Veröffentlichung aus der Onkologie darstellt, war ersichtlich, dass Vitamin B12 eine entscheidende, wenn auch nicht alleinige Rolle bei der Senkung des Homocysteins spielt. Hierauf stellt auch das BPatG als weitere Begründung für seine Rechtsauffassung ab (BPatG, BeckRs 2018, 27337, Rn. 58, allerdings bezogen auf S. 270 der NIK15).

bb) Die Auffassung der Einspruchsabteilung und ihr folgend der hiesigen Kammer in der Sache 21 O 22243/15 und des OLG München in der Sache 6 U 3039/16, wonach die NIK16 (=D9) von dem Bestreben, Vitamin B12 zu verabreichen, weggeführt hätte, da keine Korrelation zwischen dem Vitamin B12-Defizit-Marker Methylmalonsäure und einem erhöhten Homocysteinspiegel festgestellt worden sei, beruht auch auf der Einschätzung des Offenbarungsgehalts der dortigen Entgegenhaltung D29. Diese besagt, dass ein Mangel an Vitamin B12 nicht nur zu einen erhöhten Homocystein-Spiegel führt, da es - wie oben beschrieben -die Methylgruppe des 5-Methltetrahydrofolats aufnimmt und sodann an das Homocystein abgibt, welches dadurch zu Methionin methyliert wird, sondern auch zu einem erhöhten Methylmalonsäure-Spiegel. Ob diese Einschätzung zutreffend ist und daher die Schlussfolgerung des EPA rechtfertigt, die NIK16 habe - da keine Korrelation von Nebenwirkungen und einem Methylmalonsäure-Spiegel berichtend - von Vitamin B12 weggeführt, vermag die Kammer mit der erforderlichen Sicherheit nicht zu beurteilen.

Dagegen könnte sprechen, dass die im Vergleich zur NIK16 jüngere und damit aktuellere Entgegenhaltung NIK8 (=D27) - trotz der angeblich von Vitamin B12 wegführenden Studien in NIK16 - neben Homocystein und Cystathionin dennoch erneut MMA untersucht. Die NIK8 könnte daher geeignet sein, den - nach der Auffassung des EPA - von der Verabreichung von Vitamin B12 wegführenden Weg in der NIK16 wieder rückgängig zu machen und den Fachmann zu veranlassen, den Lösungsweg über Vitamin B12 zu suchen. Die Einspruchsabteilung des EPA verhält sich hierzu nicht. Sie führt nur aus, D27 (=NIK8) schildere ebenso die Korrelation zwischen Homocysteinspiegel und Nebenwirkungen des Pemetrexeds.

Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Erfindung der Aufhebungsbeklagten auf einer Kombination vorbekannter Stoffe und deren vorbekannter therapeutischer Wirkung beruht. Der Stoff Pemetrexed sowie dessen pharmazeutische Wirkungen waren vorbekannt. Ebenso war Vitamin B12 und dessen positive Wirkung zur Senkung des als allgemein schädlich anerkannten Homocysteinspiegels vorbekannt:

„Thus, any functional deficiency either in B12 or folate will result in reduction in the flux through methionine synthase and a consequent increase in the plasma level of homocysteine.“

(Anlage NIK2, Seite 8 rechte Spalte).

Der Gegenstand des Patents beruht mithin auf einer Kombination bekannter Stoffe zum Erreichen eines therapeutischen Effekts, nämlich die therapeutische Wirksamkeit von Pemetrexeddinatrium als Antifolat zu erhalten unter gleichzeitiger Reduzierung seiner nachteiligen (toxischen) Nebenwirkungen (vgl. Patentschrift [0005]; BGH, GRUR 2016, 921 Rn. 17 - Pemetrexed). Vor dem Hintergrund der geschilderten Bekanntheit der Wirkungen der Einzelbestandteile könnte fraglich sein, worin der überraschende therapeutische Effekt liegt, wenn man -entgegen der Aufhebungsbeklagten - nicht davon ausgeht, die Anlage NIK16 führe von der Verwendung von Vitamin B 12 Weg.

Dagegen könnte zwar die Nebenwirkungsangabe der HLNK8 sprechen, wonach bei Verabreichung von Vitamin B12 damit gerechnet werden muss, dass aufgrund der das Zellwachstum fördernden Wirkung von Vitamin B12 mit einer Zunahme des Wachstums von malignen Krebszellen zu rechnen ist. Da der Fachmann aber um die hemmende Wirkung des Pemetrexeds wusste, hätte er sich davon möglicherweise nicht abhalten lassen. Ebenso wäre die Entgegenhaltung in HLNK9 sowie der HLNK33 möglicherweise nicht geeignet gewesen, ein Vorurteil gegen die Verabreichung von Vitamin B12 im Zusammenspiel mit der Verabreichung von Pemetrexed zu begründen. Denn durch die von Pemetrexed verursachte Inhibierung aller drei Schlüsselenzyme der DNS-Synthese, die von den Entgegenhaltungen HLNK9 und HLNK33 nicht beschrieben ist, besteht kein Anlass, zusätzlich Vitamin B12 zu blockieren. Im Gegenteil, im Wissen um die positiven Wirkungen der Verabreichung von Folsäure bei der Behandlung mit Pemetrexed sowie in Kenntnis der Verknüpfung von Methylierungszyklus und Folatkreislauf (Fig. 1 NIK22) und der Korrelation von erhöhtem Homocysteinspiegel vor Pemetrexedverabreichung und dessen Nebenwirkungen, könnte eine Motivation zur Verabreichung von Vitamin B12 bestanden haben.

dd) Dass der Fachmann in Kenntnis des Standes der Technik, wie durch NIK15 (Kapitel 8), NIK2 (Seite 8 f.) oder NIK22 (Fig. 1) sowie von NIK16 und der im Vergleich dazu jüngeren Veröffentlichung NIK8, dazu angehalten wurde, Vitamin B12 zur Reduzierung des Homocysteinspiegels und damit zur Reduzierung der Nebenwirkungen der Behandlung von Pemetrexed zu verabreichen ohne dessen Wirksamkeit negativ zu beeinflussen, ist daher eine nicht abwegige, vertretbare Rechtsauffassung, die das Verletzungsgericht eingedenk seiner beschränkten fachlichen Kompetenz nicht abschließend beurteilen kann und deren endgültige Beantwortung somit dem Rechtsmittelgericht in der Nichtigkeitsinstanz vorbehalten bleiben muss.

Selbst wenn die vom BPatG hierfür herangezogene Argumentation als nicht überzeugend und offensichtlich fehlerhaft anzusehen wäre, ist das gefundene Ergebnis jedenfalls nicht unvertretbar.

ee) Die von der Aufhebungsbeklagten weiter vorgebrachten Entscheidungen anderer Gerichte, nämlich des Bezirksgerichts Den Haag vom 16.01.2019, des United States District Court Southern District of Indiana vom 31.03.2014, des United States Court of Appeal for the Federal Circuit vom 12.01.2017, des US Patent Trial and Appeal Boards vom 05.10.2017 und des japanischen Patentamts vom 10.11.2015, welche die Kammer sämtlich zur Kenntnis genommen hat, vermögen daran nichts zu ändern (vgl. hierzu Kühnen, a.a.O., Kapitel G, Rn. 67).

Da es - wie oben bereits ausgeführt - bei der vorliegenden Prüfung nicht darum geht, die eigene Ansicht an die Stelle des BPatG zu setzen, ist die nicht offensichtlich unvertretbare Entscheidung vom Verletzungsgericht zu akzeptieren.

c) Sofern die Aufhebungsbeklagte darauf verweist, das bundespatentgerichtliche Urteil sei fehlerhaft, weil es die anderslautenden Entscheidungen der Einspruchsabteilung des EPA sowie des LG München I und des OLG München nicht ausreichend berücksichtigt habe, ist dies unbehelflich.

Der Aufhebungsbeklagten ist zuzugeben, dass das bundespatentgerichtliche Urteil nicht explizit darlegt, warum der Fachmann ausgehend von NIK15 und NIK22 insbesondere die NIK16 offensichtlich anders auslegt, als das EPA. Denn nach der Auffassung des BPatG liegt die Bedeutung der NIK16 - zusammen mit der NIK8 - darin, den aus der NIK22 entnommenen biochemischen Zusammenhang zwischen Blockierung des DNS-Zyklus und Methylierungszyklus „zu bestärken“. Demgegenüber hatten das EPA und ihm folgend das LG München I und das OLG München angenommen, die NIK16 führe den Fachmann gerade von der Verabreichung von Vitamin B12 Weg (vgl. NIK18, Seite 14 ff.). Zwar mag der Fachmann ausgehend von NIK15 und NIK22 zu der Erkenntnis gelangt sein, dass Vitamin B12 für die Nebenwirkungen vom Pemetrexed eine Rolle spielen könnte. Durch die Kenntnisnahme der Informationen in der NIK16 könnte er davon aber dennoch wieder abgebracht worden sein. Hierzu verhält sich die Entscheidung des BPatG nicht (vgl. bereits oben 1. b).

Daraus resultiert indes auch nach der Rechtsprechung des BGH keine (offensichtliche) Fehlerhaftigkeit der Nichtigkeitsentscheidung. Zwar hat der BGH in der Entscheidung „Walzenformgebungsmaschine“ ausgeführt, „es erscheine unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit als auch im Interesse einer Harmonisierung der Rechtsprechung im Geltungsbereich des EPÜ erforderlich, Entscheidungen, die durch die Instanzen des EPA oder andere nationale Gerichte ergangen sind, zu beachten und sich gegebenenfalls mit den Gründen auseinanderzusetzen, die bei der vorangegangenen Entscheidung zu einem Ergebnis geführt haben, das von dem später zur Entscheidung berufenen Gericht nicht oder nicht ohne Weiteres geteilt wird“ (BGH, GRUR 2010, 950, Rn. 14). Zugleich hat der BGH betont, nicht jede Verletzung der Verpflichtung zur (gedanklichen) Auseinandersetzung mit vorausgegangenen abweichenden Entscheidungen verletze notwendigerweise den Anspruch der betroffenen Partei auf rechtliches Gehör. Es komme insoweit auf die Tatsachen und rechtlichen Gesichtspunkte an, die von der Partei geltend gemacht worden sind. Eine Gehörsverletzung sei eher fernliegend, wenn das Bundespatentgericht einen Begründungsweg gewählt habe, der von der Parallel-Instanz nicht gewählt worden sei (BGH, a.a.O., Rn. 15). In seinem Beschluss vom 02.12.2014, Az. X ZB 1/13 (BPatG), hat der BGH diese Leitlinien dahingehend konkretisiert, dass eine Befassung mit einer abweichenden Entscheidung des EPA auch dadurch erfolgen kann, dass derselbe Gesichtspunkt in Kenntnis der abweichenden Entscheidung rechtlich anders gewürdigt wird (BGH, GRUR 2015, 199 Rn. 15).

Vorliegend hat das BPatG in der Kenntnis der abweichenden Entscheidung des EPA teilweise andere Entgegenhaltungen herangezogen, um zu seiner Entscheidung zu gelangen. Deren Offenbarungsgehalt ist entgegen der Auffassung der Aufhebungsbeklagten nicht identisch, da insbesondere die Anlage NIK2 von ihrem Offenbarungsgehalt offensichtlich nicht identisch mit demjenigen der NIK22 ist. So findet sich in der gesamten NIK2 nicht die Fig. 1 der NIK22. Die in der NIK2 enthaltenen Abbildungen zeigen die vom BPatG angenommene Verbindung von Methylierungszyklus und DNS-Zyklus nicht wie die Fig. 1 aus NIK22. Die Abbildung in Fig. 8 der NIK2 zeigt zwar einen Folatzyklus, nicht jedoch den zweiten, den DNS-Zyklus.

Es kann daher als bedauerlich angesehen werden, dass das BPatG sich nicht eingehender mit den Ausführungen insbesondere der Einspruchsabteilung des EPA in seinem Urteil auseinandergesetzt hat. Zu einer offensichtlichen Unrichtigkeit des Urteils führt dies gleichwohl nicht.

III.

Aufgrund der vorstehend unter II. dargestellten Überlegungen kann eine Prognose zugunsten des Bestands des Verfügungspatents nicht mit der erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit abgegeben werden.

Die eigentlich vorrangige Frage der Neuheit konnte unbeantwortet gelassen werden, da für die erforderliche Prognose nicht zu überwindende Zweifel hinsichtlich der erfinderischen Tätigkeit bestehen.

IV.

Schließlich spricht auch die stets gebotene Interessenabwägung gegen ein Aufrechterhalten der einstweiligen Verfügung.

1. Insbesondere in einstweiligen Verfügungsverfahren zwischen forschenden Arzneimittelherstellern (sog. Originatoren) und den Herstellern von Nachahmermedikamenten (sog. Generika-Hersteller) kommt einer Interessenabwägung der sich aus dem Erlass oder Nichterlass einer einstweiligen Verfügung ergebenden Folgen eine besondere Bedeutung zu. Der - sich nachträglich als unberechtigt herausstellende - Markteintritt der Nachahmermedikamente hat dabei eine große Relevanz. Die forschenden Arzneimittelhersteller wenden in aller Regel hohe Millionenbeträge auf, um einen Wirkstoffkandidaten zum zugelassenen Arzneimittel mit Patentschutz zu entwickeln. Viele Ansätze erweisen sich im Verlaufe der durchzuführenden Studien als ungeeignet mit der Folge hoher frustrierter Aufwendungen. Da die Anmeldung zum Patent weit vor der Zulassung zum Arzneimittel erfolgt, ist im Zeitpunkt der Patenterteilung bereits ein nicht unerheblicher Zeitraum der Patentlaufzeit verstrichen. Den Patentinhabern ist es daher ein notwendigerweise besonderes Anliegen, in dem relativ kurzen zur Verfügung stehenden Zeitraum ihr Patent ungestört vom Preiswettbewerb mit Drittanbietern zu verwerten. Die mit der Verwertung generierten Einnahmen sollen auch dazu verwendet werden, neue Forschungen mit dem Ziel neuer Medikamente anzustrengen.

Die von den Originatoren getragenen Forschungs- und Entwicklungskosten fallen bei den Generika-Herstellern nicht an. Denn die wesentlichen Kosten sind eben die Forschungs- und Entwicklungskosten. Die Herstellungskosten sind demgegenüber marginal. Da die Nachahmer aufgrund der offen gelegten Patentschrift die Zusammensetzung des patentierten Arzneimittels kennen, ist es für sie ohne großen Kostenaufwand möglich, gleichwertige Medikamente herzustellen und zuzulassen, da sie auch insoweit auf die Unterlagen des Originals zurückgreifen können. Sie sind daher in der Lage, die von den Originatoren aufgerufenen Preise für ihre Medikamente deutlich zu unterbieten. Da die Wirksamkeit der Medikamente in der Regel gleich ist, können die Patentinhaber auch nicht - wie bei anderen Produkten etwa in der (Unterhaltungs-)Elektronik - auf die besondere Qualität oder Verlässlichkeit ihrer Produkte im Gegensatz zu denen der Nachahmer verweisen. Eine Preisdurchsetzung aufgrund des Rufs der Marke oder des besonderen Designs des Produkts ist in der Pharmabranche ebenfalls unüblich.

Wird demnach den Nachahmerunternehmen der Marktzutritt für ein patentgeschütztes Medikament erlaubt, kann dies einen unwiederbringlichen finanziellen Schaden für den Patentinhaber bedeuten (OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2008, 328, 331 f. - Olanzapin; GRUR-RR 2013, 236, 239 f. - Flurpitin-Maleat). Dies muss jede gerichtliche Interessenabwägung stets im Auge haben.

Der geschilderten besonderen Situation der forschenden Arzneimittelhersteller verschließt sich auch die hiesige Kammer nicht. Gleichwohl führt die Interessenabwägung vorliegend nicht dazu, die einstweilige Verfügung aufrecht zu erhalten.

a) Wie bereits unter Ziffer II. gezeigt, konnte sich das Verletzungsgericht trotz eingehender Beschäftigung nicht von der offenkundigen Fehlerhaftigkeit des Ergebnisses der patentgerichtlichen Entscheidung überzeugen.

b) Die Aufhebungsklägerin hat ferner mittels der Anlage TW2 zur Überzeugung der Kammer glaubhaft gemacht, dass seit dem 20.07.2018 ein Generikaprodukt bezüglich des Verfügungspatents auf dem Markt ist. Nach dem weiteren unbestrittenen Vortrag der Aufhebungsklägerin sind mittlerweile mindestens drei Generikahersteller mit ihren Produkten auf dem Markt vertreten (Schriftsatz vom 18.02.2019, Seite 13, Bl. 286 d.A.). Der Preisverfall infolge der Konkurrenz durch Generikahersteller dürfte mithin bereits eingetreten sein. Gegenteiliges hat die Aufhebungsbeklagte nicht vorgetragen.

c) Die Aufhebungsbeklagte hatte infolge der erlassenen einstweiligen Verfügung auch bereits die Möglichkeit, ihre Investitionen ungestört vom Wettbewerb mit den Generikaanbietern über einen Zeitraum von mehreren Jahren zu amortisieren.

d) Ferner ist zu berücksichtigen, dass gegen das Nichtigkeitsurteil umgehend Berufung im Jahr 2018 eingelegt wurde und das Verfügungspatent am 15.06.2021 ausläuft (Schriftsatz der Aufhebungsbeklagten vom 25.09.2018, Seite 4 / Bl. 72 d.A.). Es kann daher davon ausgegangen werden, dass eine Entscheidung des BGH über den Rechtbestand des Verfügungspatents zeitlich deutlich vor dem Ablauf des Verfügungspatents, nämlich in der ersten Jahreshälfte 2020 ergehen wird. Daher kann unterstellt werden, dass im Falle eines die Nichtigkeitsentscheidung abändernden Urteils für die Aufhebungsbeklagte noch Gelegenheit bestehen wird, gegen die auf dem Markt befindlichen Generikahersteller erneut durch einstweilige Verfügung vorzugehen. Die in der Sache „Olanzapin“ geschilderte Situation, dass Nachahmer motiviert sein könnten, auf den Markt zu kommen, weil sie damit rechnen könnten, dass das Verfügungspatent vor einer abändernden Entscheidung bereits abgelaufen ist (OLG Düsseldorf, a.a.O., 331, 332), ist hier nicht gegeben.

e) Die Aufhebungsbeklagte kann daher die berechtigte Hoffnung hegen, nach einem den Bestand des Verfügungspatents wiederherstellen Urteils erneut von ihrem Monopol auf den Wirkstoff Pemetrexed unter Zugabe von Vitamin B12 Gebrauch machen zu können. Dass die Preise zu diesem Zeitpunkt unter demjenigen Niveau sein werden, das vor dem Markteintritt der Generikaunternehmen bestand, ist offenkundig. Allerdings führt das allein nicht zu einem überwiegenden Interesse der Aufhebungsbeklagten.

Das gilt auch wenn man berücksichtigt, dass - jedenfalls nach einem Beschluss des OLG Düsseldorf (GRUR 2018, 855 - Rasierklingeneinheiten) und entgegen der befestigten Rechtsprechung des I. Zivilsenats des BGH (vgl. GRUR 2018, 292 - Produkte zur Wundversorgung; GRUR 2017, 823 - Luftentfeuchter; GRUR 2017, 208 - Rückruf von RESCUE-Produkten; GRUR 2016, 720 - Hot Sox) - die Generikahersteller im Falle einer erneuten Unterlassungsverfügung nicht verpflichtet wären, ihre bereits bei den Apotheken befindlichen Nachahmerprodukte von diesen zurückzurufen. Denn gleichwohl wären deren Vorräte beschränkt und ihre Versorgung mit den Nachahmerprodukten somit zeitlich sehr befristet.

3. Aufgrund der Vertretbarkeit der patentgerichtlichen Entscheidung und der damit zusammenhängenden fehlenden Prognosesicherheit hinsichtlich ihrer Aufhebung sowie der dargestellten Interessenlage war auch der Weg über eine Wiederherstellung der einstweiligen Verfügung unter gleichzeitiger Festlegung einer sehr hohen Sicherheitsleistung für die Vollziehung nicht gangbar.

V.

Im Ergebnis führt dies dazu, dass sich das Verletzungsgericht nach eingehender Prüfung insbesondere der Frage der erfinderischen Tätigkeit außerstande sieht, die sichere Prognose zu stellen, das vom BPatG ausgeurteilte Ergebnis werde keinen Bestand vor dem BGH haben. Ferner spricht auch die durchgeführte Interessenabwägung nicht für ein Aufrechterhalten der einstweiligen Verfügung.

B.

I.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Der Aufhebungsbeklagten auch die Kosten für das Anordnungsverfahren aufzuerlegen, war nicht angezeigt. Das wäre nur dann gerechtfertigt gewesen, wenn bei Hinzudenken des erstinstanzlichen, nicht rechtskräftigen Nichtigkeitsurteils rückblickend der Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung nicht in Betracht gekommen wäre (Kühnen, a.a.O., Rn. 244). Das ist vorliegend nicht der Fall.

Denn es ist jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass die erkennende Kammer auch in Anbetracht des bundespatentgerichtlichen Urteils eine einstweilige Verfügung - wenn auch mit erheblicher Sicherheitsleistung - erlassen hätte. Dabei hätte die Kammer insbesondere die die Patentfähigkeit bejahende Entscheidung des EPA sowie die unter IV.1. geschilderte besondere Situation der Originatoren in Erwägung gezogen. Weiter hätte sie den Umstand berücksichtigt, dass im Nichtigkeitsverfahren der Nichtigkeitskläger beweisbelastet ist, so dass verbleibende Zweifel zugunsten des Patentinhabers gehen (vgl. OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2008, 329, 331 - Olanzapin).

Insoweit unterscheidet sich der hier vorliegende Sachverhalt von demjenigen, der der Entscheidung des OLG Karlsruhe (BeckRs 2017, 151252) zugrunde lag. Dort hatten nämlich sowohl das EPA wie auch das BPatG übereinstimmend die Patentfähigkeit der Verfügungspatents verneint (vgl. OLG Karlsruhe, a.a.O., Rn. 5 -7). Zudem hatte sich die dortige Patentinhaberin gegen die Aufhebung der einstweiligen Verfügung des OLG Düsseldorf nicht mit der Berufung zur Wehr gesetzt, weswegen das OLG Karlsruhe feststellen konnte, zwischen den Parteien stehe deren Aufhebung wegen veränderter Umstände rechtskräftig fest (OLG Karlsruhe, a.a.O., Rn. 27).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 708 Nr. 6 ZPO.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Zivilprozessordnung - ZPO | § 940 Einstweilige Verfügung zur Regelung eines einstweiligen Zustandes


Einstweilige Verfügungen sind auch zum Zwecke der Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, sofern diese Regelung, insbesondere bei dauernden Rechtsverhältnissen zur Abwendung wesentlicher Nachteile

Zivilprozessordnung - ZPO | § 927 Aufhebung wegen veränderter Umstände


(1) Auch nach der Bestätigung des Arrestes kann wegen veränderter Umstände, insbesondere wegen Erledigung des Arrestgrundes oder auf Grund des Erbietens zur Sicherheitsleistung die Aufhebung des Arrestes beantragt werden. (2) Die Entscheidung ist

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Tenor I. Die einstweilige Verfügung vom 06.04.2016 wird bestätigt. II. Die Antragsgegnerin trägt die weiteren Kosten des Rechtsstreits. Tatbestand Die Parteien streiten im Rahmen einer einstweiligen Ve

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(1) Auch nach der Bestätigung des Arrestes kann wegen veränderter Umstände, insbesondere wegen Erledigung des Arrestgrundes oder auf Grund des Erbietens zur Sicherheitsleistung die Aufhebung des Arrestes beantragt werden.

(2) Die Entscheidung ist durch Endurteil zu erlassen; sie ergeht durch das Gericht, das den Arrest angeordnet hat, und wenn die Hauptsache anhängig ist, durch das Gericht der Hauptsache.

Tenor

I. Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 24.06.2016, Az. 21 O 5583/16, wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Die Antragstellerin macht im einstweiligen Verfügungsverfahren gegenüber der Antragsgegnerin einen patentrechtlichen Unterlassungsanspruch geltend.

Die Antragstellerin ist ein in I. in den Vereinigten Staaten ansässiges forschendes Arzneimittelunternehmen. Die Antragsgegnerin ist eine weitgehend auf den Vertrieb von Generika spezialisierte Gesellschaft der i. T.-Unternehmensgruppe mit Sitz in U..

Die Antragstellerin ist ausschließliche und allein verfügungsberechtige Inhaberin des europäischen Patents EP 1 313 508 B1 (Anlagen HL3, HL 3 a, nachfolgend: Verfügungspatent), welches am 15.06.2001 unter Inanspruchnahme mehrerer Prioritäten vom 30.06.2000, 27.09.2000 und 18.04.2001 angemeldet wurde. Die Veröffentlichung und Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung erfolgte am 18.04.2007. Das Verfügungspatent ist mit Wirkung für Deutschland erteilt und steht in Kraft (Anlage HL 4). Patentansprüche 1 bis 5 sowie 10 und 11 lauten in der Verfahrenssprache

  • 1.Use of pemetrexed disodium in the manufacture of a medicament for use in combination ther-apy for inhibiting tumor growth in mammals wherein said medicament is to be administered in combination with vitamin B12 or a pharmaceutical derivative thereof, said pharmaceutical derivative of vitamin B12 being hydroxocobalamin, cyanochlorocobalamin, aquocobalamin perchlorate, aquochlorocobalamin perchlorate, azidocobalamin, chlorocobalamin or co-balamin.

  • 2.Use according to claim 1 wherein said medicament is to be administered with vitamin B12 or a pharmaceutical derivative thereof, said pharmaceutical derivative of vitamin B12 being hy-droxocobalamin, cyanochlorocobalamin, aquocobalamin perchlorate, aquochlorocobalamin perchlorate, azidocobalamin, chlorocobalamin or cobalamin, and a folic bind-ing protein binding agent selected from folic acid, (6R)methyl-5,6,7,8-tetrahydrofolic acid and (6R)forinyl-5,6,7,8-tetrahydrofohc acid or a physiologically available salt or ester thereof.

  • 3.Use according to claim 2 wherin the folic binding protein binding agent is folic acid.

  • 4.Use according to any of claims 1 to 3 wherein the vitamin B12 or pharmaceutical derivative thereof is vitamin B12, cobalamin or chlorocobalamin.

  • 5.Use according to any one of claims 1 to 3 wherein the vitamin B 12 or pharmaceutical derivative thereof is selected from vitamin B12 or hydroxocobalamin.

  • 10.Use according to any one of claims 1 to 9 wherein vitamin B12 or pharmaceutical derivative thereof is to be administered as an intramuscular injection.

  • 11.Use according to any one of claims 2 to 10 wherin the folic binding protein binding agent is to be administered orally as a tablet.

sowie in deutscher Übersetzung:

  • 1.Verwendung von Pemetrexeddinatrium zur Herstellung eines Arzneimittels zur Verwendung in einer Kombinationstherapie zur Hemmung eines Tumorwachstums bei Säugern, worin das Arzneimittel in Kombination mit Vitamin B12 oder einem pharmazeutischen Derivat hiervon verabreicht werden soll, wobei das pharmazeutische Derivat von Vitamin B12 Hydroxocobalamin, Cya-nochlorcobalamin, Aquocobalaminperchlorat, Aquochlorcobalaminperchlorat, Azidocoba-lamin, Chlorcobalamin oder Cobalamin ist.

  • 2.Verwendung nach Anspruch 1, worin das Arzneimittel verabreicht werden soll in Kombination mit Vitamin B12 oder einem pharmazeutischen Derivat hiervon, wobei das pharmazeutische Derivat von Vitamin B12 Hydroxocobalamin, Cyanochlorcobalamin, Aquocobalaminperchlorat, Aquochlorcobalaminperchlorat, Azidocobalamin, Chlorcobalamin oder Cobalamin ist, und mit einem Folsäurebindeproteinbindemittel, das ausgewählt ist aus Folsäure, (6R)Methyl-5,6,7,8-tetrahydrofolsäure und (6R)Formyl-5,6,7,8-tetrahydrofolsäure oder einem physiologisch annehmbaren Salz oder Ester hiervon.

  • 3.Verwendung nach Anspruch 2, worin das Folsäurebindeproteinbindemittel Folsäure ist.

  • 4.Verwendung nach einem der Ansprüche 1 – 3, worin das Vitamin B12 oder das pharmazeutische Derivat hiervon Vitamin B12, Cobalamin oder Chlorcobalamin ist.

  • 5.Verwendung nach einem der Ansprüche 1 – 3, worin das Vitamin B12 oder das pharmazeutische Derivat hiervon aus Vitamin B 12 oder Hydroxocobalamin ausgewählt ist.

  • 10.Verwendung nach einem der Ansprüche 1 – 9, worin das Vitamin B12 oder ein pharmazeutisches Derivat hiervon als eine intramuskuläre Injektion verabreicht werden soll.

  • 11.Verwendung nach einem der Ansprüche 2 – 10, worin das Folsäurebindeproteinbindemittel oral als eine Tablette verabreicht werden soll.

Das Verfügungspatent war Gegenstand eines Einspruchsverfahrens vor dem Europäischen Patentamt, das von der T. P. I. Ltd. angestrengt worden war. Mit Entscheidung vom 27.12.2010 wies die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts den Einspruch zurück (Anlagen HL20, HL 20a). Die von der Einspruchsführerin mit Schriftsatz vom 03.03.2011 eingelegte Beschwerde nahm diese mit Schriftsatz vom 28.10.2015 einseitig zurück, so dass das Beschwerdeverfahren am 06.11.2015 ohne Sachentscheidung eingestellt wurde. Am 05.02.2016 erhob die H. AG Nichtigkeitsklage gegen das Verfügungspatent vor dem Bundespatentgericht (Az. 3 Ni 23/16, Anlage AG 32 mit Anlagen NiK 1 bis 20).

Das Verfügungspatent sieht vor, dass Pemetrexed in einer Kombinationstherapie mit Vitamin B12 oder Derivaten davon und optional Folsäure zur Therapie bei Krebserkrankungen des Brustfells bzw. bei fortgeschrittenem nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom verabreicht wird. Dadurch sollen die durch die Behandlung mit Pemetrexed verursachten potentiell lebensbedrohlichen Toxizitäten verringert werden, ohne dass gleichzeitig die tumorhemmende Wirkung des Antifolats Pemetrexed reduziert wird. Bei dem Wirkstoff Pemetrexed, der von der Antragstellerin unter dem Namen A.® vertrieben wird, handelt es sich um ein sogenanntes Antifolat. Antifolate sind anti-neoplastische Mittel, mit denen im Rahmen der Chemotherapie auf die Teilungsfähigkeit der Zellen eingewirkt wird. Der chemische Stoff Pemetrexed war als solcher bis zum 10.12.2010 durch das zugrundeliegende Stoffpatent EP 0 432 677 B1 (Anlage AG 21) geschützt. Auf dessen Grundlage war der Antragstellerin ein ergänzendes Schutzzertifikat (DE12 2005 000 012.4) erteilt worden, das am 10.12.2015 ablief.

Am 03.03.2016 erhielt die Antragsgegnerin eine nationale deutsche Zulassung für ihr Produkt A.® 25 mg/ml Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform), das seit dem 01.04.2016 in der Lauer-Taxe gelistet ist. Wie aus der Fachinformation der angegriffenen Ausführungsform gemäß Anlage HL 7 hervorgeht, enthält jede Durchstechflasche A.® den Wirkstoff Pemetrexed in Form von Pemetrexeddisäure in Lösung als Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung, die der Behandlung menschlicher Patienten mit Krankheiten wie dem malignen Pleuramesotheliom oder dem nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom, die sich durch Tumorwachstum auszeichnen, dient. Das Konzentrat enthält das Pemetrexed-Anion in vollständig dissoziierter Form sowie verschiedene andere Bestandteile, darunter Tromethamin auch TRIS oder Trometamol genannt (Seite 21, Ziffer 6.1 von Anlage HL 7, dort Trometamol genannt). Entsprechend dem Abschnitt „Prämedikation“ auf Seite 2 von Anlage HL 7 müssen Patienten, die mit A.® behandelt werden, zur Reduktion der Toxizität täglich orale Gaben von Folsäure oder Multivitaminen mit Folsäure erhalten, wobei die Folsäuregabe sieben Tage vor der ersten Dosis Pemetrexed begonnen und während der Therapie sowie weitere 21 Tage nach der letzten Pemetrexed-Dosis fortgesetzt werden soll. Zudem müssen die Patienten hiernach eine intramuskuläre Injektion Vitamin B12 in der Woche vor der ersten Pemetrexed-Dosis sowie nach jedem dritten Behandlungszyklus erhalten. Weitere Vitamin-B12-Injektionen können am selben Tag wie Pemetrexed gegeben werden.

Das Landgericht München I hat auf Antrag der Antragstellerin vom 05.04.2016 mit Beschluss vom 06.04.2016, Az. 21 O 5583/16 (Bl. 44 /47 d. A.), eine einstweilige Verfügung erlassen, durch die der Antragsgegnerin bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt wurde, Pemetrexed als Pemetrexeddisäure, sinnfällig hergerichtet für die Verwendung bei der Herstellung eines Arzneimittels zur Verwendung in einer Kombinationstherapie zur Hemmung eines Tumorwachstums bei Säugern, worin das Arzneimittel in Kombination mit Vitamin B12 und Folsäure verabreicht werden soll, wobei Vitamin B12 als intramuskuläre Injektion und Folsäure oral als Tablette verabreicht werden soll, in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder in Verkehr zu bringen.

Diese Beschlussverfügung hat das Landgericht auf den Widerspruch der Antragsgegnerin hin mit Urteil vom 24.06.2016 (Bl. 187/217 d. A.) bestätigt.

Zur Begründung hat das Erstgericht, auf dessen tatsächlichen Feststellungen gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, ausgeführt:

Der Antragstellerin stehe gegen die Antragsgegnerin ein Verfügungsanspruch auf Unterlassung des Anbietens und Inverkehrbringens der sinnfällig hergerichteten angegriffenen Ausführungsform aus §§ 9 Satz 2 Nr. 1, 139 Abs. 1 Satz 1 PatG i. V. m. Art. 53 lit. c), 54 Abs. 5, 64 EPÜ zu. Die angegriffene Ausführungsform verwirkliche die Merkmale des geltend gemachten Anspruchs 11 des deutschen Teils des Europäischen Patents EP 1 313 508 B1 äquivalent.

Die durch das Verfügungspatent unter Schutz gestellte technische Lehre sei aus der maßgeblichen Sicht des Durchschnittsfachmanns, nämlich eines Teams aus einem Pharmakologen oder Pharmazeuten mit Spezialisierung auf dem Gebiet der Wirkmechanismen von Antifolaten und langjähriger Berufserfahrung in der Erforschung von Antifolaten bei der Behandlung von Krebs sowie einem Mediziner mit Spezialisierung auf dem Gebiet der Onkologie und langjähriger Erfahrung in der chemotherapeutischen Behandlung von Krebspatienten mit Antikrebswirkstoffen wie Antifolaten zu ermitteln. Der Gegenstand der Erfindung des Verfügungspatents betreffe im Sinne einer zweiten medizinischen Indikation die Verwendung des Wirkstoffs Pemetrexed in einer Kombinationsbehandlung mit Folsäure und einem Methylmalonsäure verringernden Mittel wie Vitamin B12, durch die die potentiell lebensbedrohlichen Toxizitä-ten dieses Antifolats verringert werden sollen, ohne dass die tumorhemmende Wirkung des Chemotherapeutikums beeinträchtigt werde. Aufgabe der verfügungspa-tentgemäßen Erfindung sei es, die durch die potentiell lebensbedrohlichen Toxizitä-ten verbliebene Limitierung bei der optimalen Verabreichung von Antifolaten zu überwinden und bestimmte toxische Effekte signifikant zu reduzieren, ohne die therapeutische Wirksamkeit des Antifolats nachteilig zu beeinflussen. Das Antifolat Pemetrexed werde in der Salzform als Pemetrexeddinatrium verwandt. Insoweit lasse sich nicht argumentieren, dass unter Anspruch 11 im Sinne einer funktionsorien-tierten Auslegung alle sonstigen Formen von Pemetrexed fielen, die z.B. aufgrund ihrer Dissoziation bei der Verabreichung nur noch als Pemetrexed-Ion vorlägen und in gleicher Weise wie Pemetrexeddinatrium im Ergebnis die Hemmung des Tumorwachstums bewirken würden sowie ohne Wirkungsverlust zur Nebenwirkungsreduktion mit Vitamin B12 und Folsäure kombinierbar seien. Bei dem in Anspruch 11 genannten Pemetrexeddinatrium handele es sich um eine klar definierte chemische Substanz mit einer für den Fachmann klaren Struktur- und Summenformel, also um ein im patentrechtlichen Sinne räumlich-körperlich definiertes Merkmal. Eine funktionale Betrachtung dürfe aber bei räumlich-körperlich definierten Merkmalen nicht dazu führen, dass ihr Inhalt auf die bloße Funktion reduziert und das Merkmal in einem Sinne interpretiert werde, der mit der räumlich-körperlichen Ausgestaltung, wie sie dem Merkmal eigen sei, nicht mehr in Übereinstimmung stehe. Anderenfalls würde die Grenze zwischen wortsinngemäßer und äquivalenter Benutzung aufgelöst, was insbesondere wegen des nur bei Letzterer zulässigen Formstein-Einwands proble matisch sei. Maßgeblich den Gegenstand der Erfindung bestimme im Ergebnis die Erkenntnis, dass die Kombination von Pemetrexeddinatrium mit einem Methylmalon-säure verringernden Mittel wie Vitamin B12 oder einem pharmazeutischen Derivat davon in Kombination mit Folsäure die aus dem Stand der Technik bekannten Toxizi-täten verringere, ohne die Wirksamkeit des Arzneimittels im Hinblick auf die Hemmung des Tumorwachstums zu beeinträchtigen.

Die Merkmale des geltend gemachten Anspruchs 11 würden durch die angegriffene Ausführungsform zwar nicht wortsinngemäß, jedoch äquivalent verwirklicht. Eine wortsinngemäße Verletzung von Anspruch 11 scheide aus, da das Merkmal 11.1 die Verwendung der konkreten Salzform Pemetrexeddinatrium zur Herstellung eines Arzneimittels betreffe. Die angegriffene Ausführungsform enthalte jedoch Pemetrexeddisäure, nicht Pemetrexeddinatrium.

Der geltend gemachte Anspruch 11, insbesondere das hier maßgebliche Merkmal 11.1 (vgl. Merkmalsanalyse Seite 19, 3. Abs. LGU) sei jedoch äquivalent verwirklicht. Die angegriffene Ausführungsform der Antragsgegnerin löse die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe mit abgewandelten, aber objektiv gleichwirkenden Mitteln. Zur Lösung der Aufgabe der verfügungspatentgemäßen Erfindung würden die Merkmale von Anspruch 11 in ihrer Gesamtheit und Merkmal 11.1 im Einzelnen dazu beitragen, dass mit Pemetrexeddinatrium ein wirksames Antifolat zur Verfügung gestellt werde, dessen potentiell schwerwiegenden Nebenwirkungen durch die Kombinationstherapie mit intramuskulär injiziertem Vitamin B12 und oral verabreichter Fol-säure signifikant und ohne therapeutischen Wirkungsverlust reduziert würden. Diese Gesamtwirkung der Erfindung und insbesondere die Wirkung des in Merkmal 11.1 vorgesehenen Pemetrexeddinatriums erziele die bei der angegriffenen Ausführungsform verwandte Pemetrexeddisäure mit Tromethamin ebenfalls. Es sei unstreitig, dass sowohl bei Pemetrexeddinatrium als auch bei der mit Tromethamin verwendeten Pemetrexeddisäure bei der Herstellung des Arzneimittels, also nach Auflösung bzw. in der als Konzentrat vertriebenen Lösung, eine Dissoziierung erfolge und jeweils das Pemetrexed-Anion vorliege, das für die therapeutische Wirkung verantwortlich und mit Nebenwirkungen verbunden sei, die erfindungsgemäß in der Kombinationstherapie reduziert würden. Die Gleichwirkung werde dadurch erreicht, dass das therapeutisch wirksame Pemetrexed-Anion bei der Herstellung unabhängig von der Ausgangsform des Präparats immer gleich vorliege, im Rahmen der technischen Lehre die tumorhemmende Wirkung entfalte und der wirkungsverlustfreien Nebenwirkungsreduktion mit Folsäure und Vitamin B12 zugänglich sei. Da die Gleichwir-kungsfrage die konkret definierte Erfindungswirkung in Bezug auf die Aufgabe betreffe, würden sich weitergehende allgemeine pharmakologische Betrachtungen zu Arzneimitteleigenschaften wie Stabilität und Haltbarkeit, zur Zellaufnahme, deren Geschwindigkeit und Menge, zu Formulierungsfragen oder zu arzneimittelrechtlichen Problemen wie der Abgrenzung zwischen Generika- und Hybridzulassung und deren Voraussetzungen verbieten.

Der maßgebliche Durchschnittsfachmann habe die abgewandelte Ausführung mit ihren abweichenden Mitteln Pemetrexeddisäure und Tromethamin zum Prioritätszeitpunkt auch ohne erfinderische Überlegungen als gleichwirkend auffinden können. Da für die Lösung der Aufgabe erforderlich gewesen sei, ein Pemetrexed-Anion zur Verabreichung an den Patienten im Rahmen der Herstellung eines Arzneimittels zur Verfügung zu stellen, habe es nahe gelegen, Tromethamin als alternatives Gegenion zur Salzbildung von Pemetrexed vorzusehen. Wie sich aus dem von der Antragstellerin vorgelegten „Handbook of Pharmaceutical Salts“ von Stahl et al. (Anlage HL 18, Seite 324 f.) ergebe, seien zum Prioritätszeitpunkt bereits Tromethaminsalze zugelassen gewesen, wobei es sich um eines der zehn am häufigsten eingesetzten Salzbildner gehandelt habe. Gleichzeitig sei es als Puffer bekannt gewesen, der nahe des physiologischen pH-Wertes verwendet worden sei (Anlage HL 19), so dass es sich bei der Bereitstellung einer Darreichungsform, die nur in verträglicher Weise zur Verabreichung des dissoziierten Pemetrexed-Anions führen sollte, um eine routinemäßige Formulierungstätigkeit gehandelt habe.

Schließlich seien die Überlegungen, die der Fachmann anzustellen gehabt habe, um zu der gleichwirkenden Abwandlung einer Verwendung von Pemetrexeddisäure mit Tromethamin zu gelangen, derart am Sinngehalt der im Patentanspruch 11 unter Schutz gestellten Lehre orientiert, dass er die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als der gegenständlichen Lehre gleichwertige Lösung in Betracht gezogen habe. Die Überlegungen, die der Fachmann anstellen würde, um Pemetrexeddisäure mit Tromethamin für die ansonsten unveränderte Verwendung bereitzustellen, seien derart an der Lehre des Verfügungspatents orientiert, dass sich die Gesamtheit der Lösung mit Pemetrexeddisäure und Tromethamin als gleichwertig darstelle, weil sie zur Verabreichung eines Pemetrexed-Anions nach Dissoziierung an den Patienten in einer Weise führe, die die Wirksamkeit der Therapie bei ihrem Einsatz in der Vitamin-Kombinationsbehandlung nicht infrage stelle, während die massiven Toxizitäten - so wie es die technische Lehre des Patents erfordere -unverändert reduziert würden.

Der Annahme einer Orientierung am Patentanspruch könne nicht entgegengehalten werden, dass die Patentinhaberin durch ihre Beschränkung auf Pemetrexeddinatrium im Anspruch bei gleichzeitig weiter gefasster Beschreibung, die von Antifolaten als Klasse spreche, im Erteilungsverfahren eine bewusste Auswahlentscheidung getroffen habe, die eine Äquivalenzbetrachtung verbiete. Für derartige Überlegungen dürfe aus Rechtssicherheitsgründen nicht auf Unterlagen aus dem Erteilungsverfahren zurückgegriffen werden oder versucht werden, mitgeteilte Erkenntnisse über das Erteilungsverfahren so in die Ansprüche und die Beschreibung hineinzulesen, dass sich vermeintlich aus der Patentschrift selbst eine Einschränkung des Schutzbereichs ergebe. Der Inhalt der Ursprungsunterlagen oder der Veröffentlichung der Anmeldung bleibe bei der Auslegung außer Betracht. Weder dürfe der Patentanspruch nach Maßgabe des ursprünglich Offenbarten ausgelegt werden, noch dürfe umgekehrt sein Sinngehalt dadurch ermittelt werden, dass dem Wortlaut des Patentanspruchs abweichende Formulierungen der Anmeldung gegenübergestellt würden. Allenfalls dann, wenn - wie vorliegend nicht - zweifelhaft bleibe, ob sich Patentanspruch und Beschreibung sinnvoll zueinander in Beziehung setzen ließen, dürfe die Anspruchsgeschichte zur weiteren Klärung der Frage herangezogen werden, ob mit dem Anspruch ein Gegenstand unter Schutz gestellt worden sei, der von dem in der Beschreibung offenbarten abweiche oder hinter diesem zurückbleibe. Die Prüfung der Orientierung am Patentanspruch im Rahmen der Äquivalenz habe nicht zum Ziel, im Rahmen der Anspruchsauslegung Patentanspruch und Beschreibung sinnvoll zueinander in Beziehung zu setzen. Vielmehr gehe es darum, bei der Bestimmung des Schutzbereichs einen angemessenen Schutz für den Patentinhaber mit ausreichender Rechtssicherheit für Dritte zu verbinden. Soweit das OLG Düsseldorf (Anlage HL13) eine Auswahlentscheidung wegen der erwähnten Klasse der Antifolate angenommen habe, könne diese allenfalls alle anderen Antifolate ausschließen, nicht aber sämtliche Derivate des einen - vermeintlich ausgewählten - Antifolats Pemetrexed. Gegen eine Auswahlentscheidung sei des Weiteren ins Feld zu führen, dass Pemetrexeddisäure in der Beschreibung nicht thematisiert sei, so dass die Nennung von Pemetrexeddinatrium im Anspruch nicht als Verzicht auf Pemetrexed-disäure verstanden werden könne.

Es bestehe der Verfügungsgrund der Dringlichkeit im Sinne von §§ 936, 917 ZPO. Die zeitige Durchsetzung des Verfügungsanspruchs sei deshalb erforderlich, weil nicht davon auszugehen sei, dass das Verfügungspatent das Nichtigkeitsverfahren mangels erfinderischer Tätigkeit gemäß Art. 52 Abs. 1, 56 EPÜ voraussichtlich nicht überstehen werde und auch Dringlichkeit im engeren Sinne gegeben sei. Prüfungsmaßstab sei aufgrund der vorangegangenen Einspruchsentscheidung des Europäischen Patentamts vom 27.12.2010 (Anlage HL 20), durch die das Verfügungspatent unverändert aufrechterhalten worden sei, die Frage, ob sich diese Entscheidung als unvertretbar darstelle. Die Einspruchsabteilung komme in ihrer Entscheidung vom 27.12.2010 (Anlage HL 20) auf den Seiten 13 ff. zu dem Ergebnis, dass es dem Verfügungspatent nicht im Hinblick auf die dortigen Entgegenhaltungen D 28 (jetzige Anlage NiK 2) gegebenenfalls in Kombination mit D 9 (jetzige Anlage NiK 16) und dem allgemeinen Fachwissen an erfinderischer Tätigkeit mangele, da die Verabreichung von Vitamin B12 zur Verringerung der Toxizitäten der Pemetrexedbehandlung für den Fachmann zum Prioritätszeitpunkt nicht nahegelegen habe. Die nach Auffassung der Kammer keinesfalls unvertretbaren sachkundigen Äußerungen der Einspruchsabteilung rechtfertigten es auch im Lichte der hiesigen Argumentation der Antragsgegnerin nicht, von einer fehlenden erfinderischen Tätigkeit auszugehen und für das Nichtigkeitsverfahren eine Vernichtungsprognose zu stellen. Die von der Antragsgegnerin als Ausgangspunkt herangezogene Anlage NiK 8 allein oder in Kombination mit der - auch von der Einspruchsabteilung herangezogenen - Anlage NiK 2 lasse den aus Anlage NiK 16 allein oder in Kombination mit Anlage NiK 2 gezogenen Schluss der Einspruchsabteilung, dass es nicht an erfinderischer Tätigkeit fehle, nicht unvertretbar erscheinen. Die Kammer könne diesen Dokumenten zwei für den Fachmann zum Prioritätszeitpunkt zutage getretene Aussagen klar entnehmen: zum einen, dass eine starke Korrelation zwischen erhöhten Plasmawerten an Homocys-tein vor der Behandlung und den durch die Pemetrexed-Behandlung hervorgerufenen Toxizitäten bestehe, und zum anderen, dass ein Mangel von Folsäure und/oder Vitamin B12 zu erhöhten Plasmawerten an Homocystein führe. Der von der Antragsgegnerin in die Entgegenhaltungen hineingelesene „missing link“, dass nämlich zu einer Reduzierung der Toxizitäten von Pemetrexed auch das den Homocysteinspie-gel senkende Vitamin B12 zu verabreichen sei, lasse sich den Dokumenten nicht ohne weiteres entnehmen. Warum sich dies für den Fachmann aus einer Kombination mit seinem allgemeinen Fachwissen zum Prioritätszeitpunkt hätte ergeben sollen, erschließe sich ebenfalls nicht. Insofern sei der Aussagegehalt von NiK 8 und NiK 16 zu beachten, der den Fachmann zum Prioritätszeitpunkt gerade von diesem Rück-schluss abgehalten habe, da NiK 16 feststelle, dass die übrigen Prädikatoren, zu denen auch derjenige mit Vitamin-B12-Markerfunktion, die Methylmalonsäure, gehöre, keine Korrelation mit den Toxizitäten erkennen ließen. Dass allein aufgrund des einen fehlenden Satzes in der NiK 8 der Fachmann diesen Schluss doch gezogen hätte, erscheine nicht nachvollziehbar, zumal Abstracts, wie sie die beiden Entgegenhaltungen darstellten, keine umfassende Diskussion nicht zielführender Methoden, sondern nur eine knappe Darstellung wissenschaftlich weiterführender Erkenntnisse erwarten ließen. Diese bestünden bei NiK 8 in der Korrelation zwischen Homocystein-spiegel und Toxizitäten, nicht in potentiell hineinzulesenden Aussagen zur Methylma-lonsäure. Hieran änderten auch die Entgegenhaltungen NiK 9 und NiK 13 nichts, die die Senkung des Homocysteinspiegels durch Vitamine wie Vitamin B12 und Folsäure behandelten, um die Folgewirkungen des erhöhten Homocysteins zu vermeiden, wobei die Anlage NiK 9 im Rahmen eines Kolloquiums zum Zusammenhang zwischen Homocystein, Vitaminen und arteriellen Verschlusskrankheiten entstanden sei. Entsprechende Literatur hätte der Fachmann bereits nicht herangezogen, um zum Prioritätszeitpunkt die Frage der Reduzierung von Nebenwirkungen eines Zytostatikums zu prüfen. Selbst wenn er sie herangezogen hätte, hätte er den Dokumenten lediglich die Möglichkeit der Prävention und Behandlung von kardiovaskulären Erkrankungen, die mit einem erhöhten Homocysteinspiegel vergesellschaftet seien, entnommen, nicht aber auf das Potential von Vitamin B12 schließen können, die Toxizi-tät von Pemetrexed in den Griff zu bekommen. Ähnliches gelte für die ernährungsmedizinische Entgegenhaltung NiK 12, aus der sich die indizierte kombinierte Gabe von Folsäure und Vitamin B12 und das ansonsten drohende Maskierungsproblem eines Vitamin-B12-Mangels ergeben solle. Selbst wenn der - ernährungsmedizinisch wenig beschlagene - Fachmann entsprechende Literatur zum Prioritätszeitpunkt konsultiert hätte, hätte er ihr weder direkt noch in Kombination mit den vorgehenden Dokumenten den Hinweis entnommen, zur Reduzierung der Nebenwirkungen neben Folsäure auch Vitamin B12 zu verabreichen, weil die ernährungsmedizinisch anzugehenden Probleme eines möglichen Vitamin-B12-Mangels gegebenenfalls mit erhöhten Homocysteinwerten, wie sie die Anlage NiK 12 auf den Seiten 127 ff. beschreibe, für terminal kranke Lungenkrebspatienten keine Rolle mehr spielten. Soweit die Anlage NiK 14 für den Fachmann zum Prioritätszeitpunkt die Verbindung zwischen den Nebenwirkungen einer Therapie mit dem verwandten Antifolat Me-thotrexat und einer Supplementierung auch mit Vitamin B12 hergestellt haben solle, könne dem nicht gefolgt werden, da die Anlage NiK 14 auf Seite 4 lediglich diskutiere, dass der Vitamin-B12-Mangel selbst eine Nebenwirkung der Behandlung sein könne und es sinnvoll sein könne, diesen Mangel auszugleichen. Die Entgegenhaltung behandle also ein umgekehrtes Problem. Dass gerade die Vitamin-B12-Supplementierung geeignet sei, die Nebenwirkungen des Antifolats zu reduzieren, zeige das Dokument dagegen nicht auf. Auch solle der Vitamin-B12-Mangel keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Medikaments haben, was es als naheliegender erscheinen lasse, dass Vitamin B12 mit den Nebenwirkungen in keinem Zusammenhang stehe. Schließlich sei die Kammer auch davon überzeugt, dass es die Anlage NiK 15 (M et al., Seite 270, Abschnitt 9.), die der Einspruchsabteilung schon deswegen bekannt gewesen sei, weil sie in Teilziffer [0001] des Verfügungspatents erwähnt sei, dem Fachmann nicht ohne weiteres nahegelegt hätte, die Nebenwirkungen des dort behandelten Antifolats Lometrexol durch die Gabe von Vitamin B12 zusätzlich zur Folsäure zu reduzieren. Denn der Durchschnittsfachmann hätte zum Prioritätszeitpunkt erkannt, dass der Beitrag von M et al. nur allgemeine Überlegungen zur Vitamin-Supplementierung ohne Belege und experimentell gewonnene Daten enthalte, und hätte sich veranlasst gesehen, nach speziellerer Literatur mit empirisch gewonnenem Datenmaterial zu suchen. Diese spezielleren, experimentellen Ansätze hätte er bei N.et al. in den Anlagen NiK 8 und NiK 16 gefunden, wo bereits Phase-II-Untersuchungen beschrieben seien und die den Durchschnittsfachmann von einer Vitamin-B12-Gabe in Kombination mit Folsäure wieder weggeführt hätten.

Es bestehe auch Dringlichkeit im engeren Sinne. Die vorzunehmende Interessenabwägung gehe zugunsten der Antragstellerin aus, da es ihr nicht zuzumuten sei, den Markteintritt der Antragsgegnerin hinzunehmen und jedenfalls für einen Zwischenzeitraum auf die Geltendmachung von Schadensersatz verwiesen zu werden. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass selbst nach der von den Münchener Patentstreitkammern nicht vertretenen engen Rechtsauffassung, wonach einstweiliger Rechtsschutz nur im Falle eines weitgehend eindeutigen Rechtsbestandes zu gewähren sei, deshalb Ausnahmen gemacht würden, weil durch den Markteintritt bei Medikamenten ein Preisverfall drohen könne, während der mögliche Schaden des mit geringerem unternehmerischen Risiko tätigen Herstellers eines Hybridarzneimittels oder Generi-kums eher durch Ersatzleistungen ausgeglichen werden könne.

Gegen das der Antragsgegnerin am 30.06.2016 zugestellte Urteil hat diese mit am 20.07.2016 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz (Bl. 222/223 d. A.) Berufung eingelegt, welche sie - nach gewährter Fristverlängerung bis zum 28.10.2016 (Bl. 230 d. A.) - mit Schriftsatz vom 28.10.2016, eingegangen bei Gericht am selben Tag (Bl. 232/297 d. A.), begründet hat.

Die Antragsgegnerin macht unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag geltend:

Das Landgericht habe im Ergebnis die zu lösende Aufgabe und damit den Gegenstand der Erfindung nur teilweise erfasst und damit unzutreffend beurteilt. Die Kammer habe nicht berücksichtigt, dass der Patentanspruch (im Gegensatz zu Teilen der Patentbeschreibung) eben nicht auf Antifolate als Klasse gerichtet sei. Der Frage, aus welchem Grund die eindeutige Beschränkung in Anspruch 1 und 11 des Verfügungspatents auf Pemetrexeddinatrium aufgenommen worden sei, gehe die Kammer nicht nach. Kern der technischen Lehre sei entgegen den Feststellungen des Landgerichts nicht die durch die potentiell lebensbedrohlichen Toxizitäten verbliebene Limitierung bei der optimalen Verabreichung von Antifolaten zu überwinden und be stimmte toxische Effekte zu reduzieren, ohne die therapeutische Wirksamkeit des Antifolats jedweder Art zu beeinflussen, sondern gerade spezifisch von Pemetrexed-dinatrium. Das Landgericht lasse in seinen Entscheidungsgründen erkennen, dass es in der Sache zunächst auf Antifolate als Klasse abstelle. Dabei spiele der konkrete Wirkstoff, der für die Herstellung des Antifolatarzneimittels verwendet werde (einschließlich seiner Derivat- oder Salzform), für die technische Lehre des Klagepatents eine ebenso wichtige Rolle wie die Verabreichung von Vitamin B12 und Folsäure. Als Antifolatarzneimittel der Erfindung sei ausdrücklich Pemetrexeddinatrium ausgewählt worden. Daran müsse sich die Patentinhaberin nunmehr festhalten lassen. Der Schutzbereich des Klagepatents könne nicht auf die Kombination von Vitamin B12 und Folsäure mit einem beliebigen anderen Antifolatarzneimittel erstreckt werden. Der Schutzbereich des Verfügungspatents umfasse sowohl in wortsinngemäßer als auch in äquivalenter Hinsicht die Verwendung spezifisch von Pemetrexeddinatrium zur Herstellung eines Arzneimittels, das einer Kombinationstherapie mit Vitamin B12 und Folsäure diene. Dabei sei die vollständige beanspruchte Substanz maßgeblich. Ein Abstellen allein auf das Pemetrexed-Anion und die isolierte Betrachtung der davon ausgehenden Wirkung, wie sie offenbar das Landgericht vornehme, verbiete sich vor dem Hintergrund, dass mit Pemetrexeddinatrium ein eindeutiges und klares Merkmal Eingang in den Patentanspruch gefunden habe.

Entgegen der rechtsfehlerhaften Auffassung der Kammer sei das Klagepatent nicht verletzt. Die angegriffene Ausführungsform mit Pemetrexeddisäure und Tromethamin mache nicht in äquivalenter Weise von Anspruch 11 des Klagepatents Gebrauch. Folge der präzisen Definition des Merkmals „Pemetrexeddinatrium“ im Anspruch sei nach zutreffender Sichtweise, dass vorliegend kein anderer Maßstab angelegt werden könne, als er auch bei Zahlen- und Maßangaben in Patentansprüchen zugrunde gelegt werde. Im Hinblick auf die bewusste Entscheidung des Patentinhabers zugunsten allein des spezifisch beanspruchten Pemetrexeddinatriums dürfe nicht übersehen werden, dass Grund für die Annahme einer Patentverletzung bei (lediglich) äquivalenter Verwirklichung eines Merkmals bekanntlich die Erkenntnis sei, dass weder der Patentanmelder noch die Erteilungsbehörde in der Lage seien, sämtliche zahlreichen Möglichkeiten einer konkreten technischen Ausgestaltung einer beanspruchten Lehre zum technischen Handeln im Wortlaut des Patentanspruchs zu er fassen. Die mit der Anerkennung eines Schutzes wegen äquivalenter Patentbenutzung verbundene und in Kauf genommene Rechtsunsicherheit rechtfertige sich also durch die praktische Schwierigkeit, den Erfindungsgegenstand eindeutig und umfassend sprachlich zu umschreiben. Naturgemäß trage dieser Aspekt nicht, wenn ganz bewusst ein beschränkter Schutzumfang ausgewählt worden sei, wobei die Motive und Gründe hierfür nicht relevant seien. Genau hierfür sprächen vorliegend mehrere Anhaltspunkte, so etwa die Bezugnahme des Verfügungspatents auf Antifolate als Klasse, die sich nach der Patentbeschreibung auf die Gattung einer chemischen Verbindung beziehe, wobei die nach dem Verständnis des Fachmanns eindeutig darunterfallende angegriffene Ausführungsform aber - im Gegensatz zu Pemetrexeddi-natrium - gerade nicht beansprucht würde. Gemäß Absatz [0022] des Verfügungspatents werde zudem in Abgrenzung zu den Ausdrücken „Antifolat“ und „Antifolatarz-neimittel“ allgemein als beanspruchter Gegenstand gerade spezifisch auf Pemetrexeddinatrium abgestellt. Ferner deute auf ein solches Verständnis des Fachmanns, dass der Patentinhaber bewusst den Schutz allein auf Pemetrexeddi-natrium beschränkt habe, dass die anderen Bestandteile der Ansprüche (Vitamin B12, Folsäure) nicht auf einen einzigen Stoff beschränkt seien, sondern demgegenüber bestimmte weitere Derivate dieser Stoffe erlaubten. Hinzukomme, dass ein anderes Verständnis zu Lasten der Rechtssicherheit für Dritte ginge. Unterstelle man -mit dem Landgericht -, das Merkmal Pemetrexeddinatrium erfasse einen über seinen Wortlaut hinaus weitergehenden Schutzumfang, dränge sich die Frage auf, wofür es dann stehen solle und wie weit sich der Anwender von dem Wortlaut entfernen müsse, um das Patent nicht zu verletzen.

Die angegriffene Ausführungsform sei objektiv nicht gleichwirkend mit dem patentgemäßen Pemetrexeddinatrium. Letztlich habe das Landgericht nur deshalb zu einer Bejahung der Gleichwirkung von Pemetrexeddisäure mit dem patentgemäßen Merkmal Pemetrexeddinatrium gelangen können, weil es im Ergebnis die Aufgabe des Verfügungspatents fehlerhaft bestimme und vielmehr nur auf Teile der erfindungsgemäßen Wirkungen in diesem Zusammenhang abstelle. Das Landgericht weite für die Verwirklichung der technischen Lehre die Funktion von Pemetrexeddinatri-um auf die Antifolatwirkung des Stoffes Pemetrexed als solchen aus. Gleichzeitig beschränke es den Sinngehalt des Patents aber auch auf diesen Aspekt. Der Inhalt der technischen Lehre werde auf diese Weise nur unvollständig und damit fehlerhaft wiedergegeben. Dass gerade spezifisch Pemetrexeddinatrium, das Dinatriumsalz von Pemetrexed, und nicht Pemetrexed als solches beansprucht werde, ignoriere das Landgericht hierbei schlicht. Es gehe nicht an, die Beurteilung der objektiven Gleichwirkung nur auf einen Aspekt der Erfindung - hier allein die Antifolatwirkung -zu beschränken und einzig diese Wirkung als für die Erfindung relevant zu titulieren. Für die nach dem Gegenstand des Verfügungspatents vorgesehene Herstellung eines erfindungsgemäßen Antifolatarzneimittels seien nicht nur die Pemetrexed-Anionen entscheidend. Es seien vielmehr sämtliche Bestandteile des Arzneimittels maßgeblich, die allesamt relevante Eigenschaften einer pharmazeutischen Substanz trügen. Insbesondere sei auch bedeutend, welche Gegenionen in dem Antifolatarz-neimittel eingesetzt würden, denn diese hätten nicht nur erheblichen Einfluss auf die von der Arzneiform abhängigen Eigenschaften des Arzneimittels und dessen Verträglichkeit, sondern auch auf die Therapieeffizienz des eigentlichen Wirkstoffes. Vorliegend entfalte das in der angegriffenen Ausführungsform enthaltene Tromethamol ebenfalls Wirkungen, die in diesem Fall insbesondere auch therapieschädliche Aspekte betreffen könnten. So sei Tromethamol nicht kompatibel mit dem Zytostatikum Cisplatin (vgl. Anlage HL 7, S. 21 unter 6.2.). Auch habe sich für die abgeänderte Ausführungsform von Pemetrexed in Lösung allenfalls ein ähnlicher intrazellulärer Transportmechanismus gegenüber dem Produkt A. der Antragstellerin feststellen lassen (vgl. Anlage HL 40, Seite 13, 2. Absatz, vgl. Auch Anlage HL 11). Trometha-min sei darüber hinaus bereits vor dem Prioritätstag dafür bekannt gewesen, dass es bei Niereninsuffizienz nicht verwendet werden dürfe (vgl. Anlage AG 54), wobei Nierenfunktionsstörungen bereits eine sehr häufige Folge einer Pemetrexed-Behandlung darstellten. Das Landgericht ignoriere den entscheidenden Aspekt, dass es ausgehend vom streitgegenständlichen Patentanspruch als Bestandteil der Merkmale 1.1 und 11.1 der Erfindung gerade immanent sei, das spezifische Pemetrexedsalz Pemetrexeddinatrium zur Herstellung eines Antifolatarzneimittels zur Verwendung in einer Kombinationstherapie zu verwenden. Da auch diese Merkmale in dem Patentanspruch Eingang gefunden hätten, seien auch sämtliche von dem gesamten Antifolatarzneimittel zur Verwendung in einer Kombinationstherapie ausgehenden Wirkungen in diesem Zusammenhang erfindungsgemäß. Es bedürfe mithin eines für den Therapiezweck tauglichen Arzneimittels, so dass jegliche, und zwar alle, Wir kungen in dem Lichte relevant seien. Dies gelte insbesondere auch für die vom Landgericht ausdrücklich im Rahmen der Betrachtung deshalb ausgeschlossenen Punkte, weil sie offenbar nicht einzig und ausschließlich das Pemetrexed-Ion beträfen. Teil der erfindungsgemäßen Aufgabe sei es insbesondere auch, eine (neben der Tumorhemmung und der Reaktion toxischer Nebenwirkungen) gleichfalls effiziente, wirksame, haltbare und verträgliche Zusammensetzung zur Verfügung zu stellen. Die von der angegriffenen Ausführungsform als Arzneimittel ausgehenden Wirkungen unterschieden sich jedoch deutlich erkennbar von denen des Verfügungspatents. Die Antragstellerin verweise in ihrem älteren Stoffpatent EP '677 (Anlage AG 21) selbst auf die unterschiedliche Wirkung der Stoffe Pemetrexeddisäure und Pemetrexeddi-natrium, indem Pemetrexeddinatrium in Abgrenzung zu anderen Formen von Pemetrexed explizit als „vorteilhaft“ ausgewiesen werde. Die angegriffene Ausfü h-rungsform enthalte dieses vorteilhafte Dinatriumsalz von Pemetrexed aber eben gerade nicht. Im Hinblick auf die mögliche Verdünnung in 5%-iger Glukoselösung gelte dies auch nach entsprechender Dissoziierung. Vorliegend sei vielmehr Pemetrexed-disäure betroffen. Von einer Gleichwirkung könne auch schon deshalb nicht die Rede sein, weil nach den Ergebnissen des vorgelegten EPAR Assessment Report der EMA (Anlage HL 11) unterschiedliche Mengen des Wirkstoffs in die Zelle transportiert würden und damit am Wirkort nicht in gleicher Dosis vorlägen. Gegen eine Gleichwirkung spreche ferner der Umstand, dass es sich bei der in Bezug auf die angegriffene Ausführungsform erteilten Zulassung um keine Generikazulassung, sondern um eine Hybridzulassung handele. Zu beachten sei auch, dass die unterschiedliche Derivatform durchaus Auswirkungen auf die Eigenschaften des Arzneimittels haben könne, insbesondere das Nebenwirkungsprofil, die Toxizität, die Stabilität, Herstellbarkeit und Haltbarkeit sowie die Therapieeffizienz. Soweit das Landgericht die Einbeziehung der pharmakologischen Sichtweise bei der Auslegung der Gleichwertigkeit einer Lösung der patentgemäßen Aufgabe abgelehnt habe, gehe dies mit Blick auf das patentgemäße Merkmal „zur Herstellung eines Arzneimittels“ an der Sache vorbei. Richtigerweise sei die Gesamtheit aller Stoffe in der Zusammensetzung entscheidend. Insgesamt weise Pemetrexeddisäure in Kombination mit Tromethamin keine technisch gleiche Wirkung mit Pemetrexeddinatrium auf. Eine Patentverletzung wegen äquivalenten Gebrauchs hätte mithin allein schon aus dem Grunde nicht angenommen werden dürfen.

Desweiteren fehle es an einem Naheliegen von Pemetrexeddisäure mit Tromethamin als gleichwirkendes Ersatzmittel für Pemetrexeddinatrium. Das Landgericht habe es bei seiner Prüfung versäumt, den Weg, auf dem der Fachmann mit Hilfe seines Fachwissens zu der vermeintlich gleichwirkenden Ausführungsform gelangt sei, auszuführen. Tatsächlich habe der Austausch von Pemetrexeddinatrium durch die angegriffene Ausführungsform dem Fachmann nicht nahegelegen. Im Gegenteil sei der Fachmann aufgrund der klaren Handlungsanweisung (nur) Pemetrexeddinatrium zu verwenden, insbesondere im Rahmen des hier vorliegenden sensiblen Arzneimittelbereichs, eher dazu geneigt gewesen, davon auszugehen, dass das Dinatriumsalz von Pemetrexed bewusst und aus gutem Grund ausgewählt worden sei. Die Geeignetheit der angegriffenen Ausführungsform als Austauschmittel wäre nicht ohne weitere aufwendige wissenschaftliche Untersuchungen denkbar gewesen, hätte mithin vor Durchführung entsprechender Studien für den Fachmann nicht nahegelegen. Das Landgericht habe es versäumt, sich überhaupt mit der Frage der Auffindbarkeit von Pemetrexeddisäure mit Tromethamin als gleichwirkendes Austauschmittel für Pemetrexeddinatrium auseinanderzusetzen, sondern beziehe sich allein auf die Auffindbarkeit von Tromethamin als solches im Allgemeinen. Es übersehe auch, dass dem Fachmann zudem gerade nicht bekannt gewesen sei, dass (und wenn, wie) Pemetrexeddisäure mit Tromethamin zur Herstellung von Arzneimitteln verwendet werden könne. Im Übrigen sei bereits erstinstanzlich auf den Umstand hingewiesen worden, dass Tromethamin ein eben nicht bekanntes Austauschmittel gewesen sei. Der Stand der Technik lehre weg von Tromethamin, wie sich nicht nur aus Anlage HL 18 ergebe, sondern auch aus der Fachinformation zu A. (Anlage HL 1), wo ausdrücklich vor der gleichzeitigen Anwendung von Substanzen gewarnt werde, die über die Nieren ausgeschieden würden (Anlage HL 1, Seite 3, Punkt 4.5). Auch habe der Fachmann aus dem Stand der Technik gewusst, dass Tromethamin inkompatibel mit Cisplatin sei, welches für jede first-line Therapie aber notwendig sei (Anl. HL 7, Seite 21, 6.2.). Auch aus dem Stoffpatent (Anlage AG 21) habe der Fachmann die dort offenbarten verträglichen Salze erkennen können, wobei Tromethamin nicht genannt sei. Das Landgericht habe nicht erklärt, warum eine Fachperson angenommen hätte, dass Pemetrexeddisäure mit Tromethamin die gleiche Wirkung wie Pemetrexeddinat-rium haben würde. Es habe sich diesbezüglich auch nicht mit der Rechtsprechung aus dem Vereinigten Königreich auseinandergesetzt. Das Landgericht übergehe völlig den Umstand, dass es aufwendiger Studien bedurft hätte, um die Frage der technischen Gleichwirkung überhaupt beantworten zu können, da überhaupt nicht vorhersehbar gewesen sei, wie das Austauschmittel Pemetrexeddisäure mit Trometha-min wirken würde. Der Fachmann habe die vorliegend angegriffene Kombination aus Pemetrexeddisäure mit Tromethamin mithin nicht als gleichwirkendes Austauschmittel für Pemetrexeddinatrium auffinden können, insbesondere da er überhaupt nicht in der Lage gewesen sei, das Wirkungs- und Nebenwirkungsprofil vorherzusehen. Hätte das Landgericht richtigerweise berücksichtigt, dass eine pharmakologische Betrachtung nicht weniger bedeutend für die Wirkweise der Erfindung sei, wäre es - wie auch die britischen Gerichte - mit Blick auf etwaige Auswirkungen des Austauschmittels auf die Wirkweise der Erfindung, wie beispielsweise auch den Punkt der Löslichkeit, zu dem Schluss gelangt, dass jedenfalls die Bejahung eines Naheliegens des Austauschmittels als gleichwirkend ausgeschlossen sei.

Desweiteren stellten die verwendeten Bestandteile in der angegriffenen Ausführungsform auch keine gleichwertige Lösung zu dem patentgemäßen Pemetrexeddi-natrium dar, wie auch das Schweizer Bundesgericht mit Urteil vom 06.12.2016 (Anlage AG 40, insbes. Seiten 18, 19) zutreffend festgestellt habe. Der Grad der spezifischen Definition des Merkmals Pemetrexeddinatrium, welches als solches allein Eingang in den Anspruch gefunden habe, sei mit der konkreten Angabe einer Zahl oder eines Maßes vergleichbar. Diese präzise Angabe lasse ebenso wie die Nennung einer spezifischen chemischen Substanz, definierbar über die chemische Summenformel und CAS-Nummer, für jedermann erkennen, welcher Bereich von dem Merkmal erfasst sei und somit gleichzeitig auch, was nicht in die Eingrenzung dieses Bereichs falle. Soweit der Bundesgerichtshof ausgeführt habe, dass der Fachmann eine gewisse Unschärfe als mit dem technischen Sinngehalt einer Zahlenangabe vereinbar ansehe und daher eine derart präzise Angabe nicht ohne Weiteres den Schluss rechtfertige, dass der Einsatz einer gleichwirkenden und für den Fachmann auffindbaren Verbindung nicht am Sinngehalt des Patents orientiert sei (Urteil v. 14.06.2016, Az. X ZR 29/15, GRUR 2016, 921 Rn. 77 f. - Pemetrexed), könne dem in Bezug auf den vorliegenden Sachverhalt nicht zugestimmt werden. Gerade im sensiblen Arzneimittelbereich werde der Fachmann davon ausgehen, dass die Ein haltung der Angaben hoch relevant sei, da etwaige Veränderungen und Abweichungen nicht ohne weiteres vorhersehbar seien, aber weitreichende Folgen haben könnten. Es widerspreche dem Sinngehalt des Patents, sei zumindest aber jedenfalls nicht hieran orientiert, ohne weiteres die Verwendung eines Merkmals mit eigener CAS-Nummer und selbständiger chemischer Summenformel durch ein Ersatzmittel mit davon abweichender CAS-Nummer und anderer Summenformel auszutauschen. Dieser offensichtliche Unterschied stehe bereits der Annahme einer Gleichwertigkeit entgegen. Das Landgericht habe bei seiner Beurteilung rechtsirrig wesentliche Aspekte und Merkmale, die eindeutig in dem Verfügungspatentanspruch enthalten seien, ausgeklammert, indem es scheinbar den tatsächlichen Umstand ignoriert habe, dass das Pemetrexed-Anion nicht isoliert erscheine, sondern eine Quelle und damit Nebenionen habe, welche patentgemäß durch das Natriumsalz verkörpert würden. Allein aufgrund dieser unzulässigen selektiven Betrachtung könne das Landgericht zu einer Annahme der Gleichwertigkeit gelangen.

Im Übrigen sei auch die Auffassung des Landgerichts unzutreffend, dass in diesem Zusammenhang nicht auf Unterlagen aus dem Erteilungsverfahren zurückgegriffen werden dürfe. Weiterhin sei auch vor dem Hintergrund der Ausführungen des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil vom 14.06.2016 (Az.: X ZR 29/15 - Pemetrexed) die Annahme einer Auswahlentscheidung, die der erforderlichen Gleichwertigkeit eines Ersatzmittels für eine äquivalente Patentverletzung entgegenstehe, vorliegend nicht ausgeschlossen, nachdem das vormalige Grundpatent EP 0432677/DE 69025723 (Anlage AG 21) für den Fachmann ohne weiteres ersichtlich dem vorliegend einzig beanspruchten Pemetrexeddinatrium ausdrücklich eine „vorteilhafte“ Eigenschaft zugewiesen habe. Auch sei die Beschränkung von „Antifolat“ auf „Pemetrexed“ im Erteilungsverfahren beim EPA erfolgt, um den Einwand mangelnder Ausführbarkeit und mangelnder Neuheit zu begegnen (vgl. Anlage AG 42 = Anlage AG 15, 15a). Die weitergehende Beschränkung von „Pemetrexed“ auf „Pemetrexeddinatrium“ sei dann objektiv zusätzlich nötig gewesen, um den Einwand unzulässiger Erweiterung auszuräumen (Anlage AG 43= Anlage AG 15, 15a). Die Annahme einer Gleichwertigkeit müsse auch deshalb ausscheiden, weil die Erfindung spezifisch gerade Pemetrexeddinatrium als sehr gut verträgliches (besonders vorteilhaftes) Antifolat schütze, um eben risikolos die Wirkstoffmenge für den Patienten zu maximieren, während demgegenüber die Wahl eines vergleichsweise schlechter verträglichen oder in anderer Weise nachteilhafteren Pemetrexedderivats der Zielsetzung des Verfügungspatents widersprechen würde. Vor dem Hintergrund, dass Pemetrexeddisäu-re und Pemetrexedditromethamin insgesamt anders auf den Patienten, der das betreffende Arzneimittel verabreicht bekomme, einwirke, als Pemetrexeddinatrium, könnten die Unterschiede zwischen diesen Antifolaten betreffend ihrer Wirkungen auch im Rahmen der Gleichwertigkeitsprüfung nicht außer Acht gelassen werden.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts fehle es zudem an einem Verfügungsgrund. Es sei davon auszugehen, dass das Verfügungspatent in dem anhängigen Nichtigkeitsverfahren für nichtig erklärt werde. Dabei seien die Erfolgsaussichten der Nichtigkeitsklage losgelöst von dem Einspruchsverfahren zu ermitteln, nachdem aufgrund unterschiedlicher Prüfungsansätze das Bundespatentgericht bzw. der Bundesgerichtshof nicht notwendiger Weise zum gleichen Ergebnis kommen würden wie das Europäische Patentamt. Das Bundespatentgericht (und in zweiter Instanz der Bundesgerichtshof) würden das Verfügungspatent für nichtig erklären. Entgegen den Ausführungen des Landgerichts sei es naheliegend gewesen, dass die Nebenwirkungen von Pemetrexed durch die Zugabe von Folsäure und Vitamin B 12 verringert werden könnten. Aus der Anlage NiK 2 ergebe sich, dass im Stand der Technik bereits bekannt gewesen sei, die Nebenwirkungen von Pemetrexed mittels Folsäure zu reduzieren. Entgegen den Ausführungen des Landgerichts sei auch nahegelegt gewesen, zusätzlich zu Folsäure auch Vitamin B12 zur Reduktion der Toxizität zu verabreichen. Zusammengefasst ergebe sich aus der Anlage NiK 8, dass der Homocys-tein-Spiegel mit Nebenwirkungen assoziiere, und aus der Anlage NiK 2, dass eine Verringerung der Nebenwirkungen durch die Zugabe von Folaten erfolge und gleichzeitig in den relevanten Stoffwechselwegen nicht nur Folate, sondern auch Vitamin B 12 eine Rolle spiele, beispielsweise um gemeinsam den Homocystein-Spiegel zu verringern. Mithin sei schon aus der Kombination der Entgegenhaltungen NiK 8 und NiK 2 die Kombinationsbehandlung von Pemetrexeddinatriumfolaten und Vitamin B12 naheliegend gewesen. Auch die weiteren Entgegenhaltungen in Anlagen NiK 9, NiK 13, NiK 12, NiK 14 und NiK 15 bestätigten, dass die Kombinationstherapie von Pemetrexed mit Vitamin B12 und Folsäure naheliegend gewesen sei. Das Landgericht gehe bei einigen dieser Entgegenhaltungen rechtsfehlerhaft davon aus, dass sie vom Fachmann nicht berücksichtigt worden wären, da sie auf einem anderen technischen Gebiet lägen. Demgegenüber sei beispielsweise die Anlage NiK 12 als „Enzyklopädie der Nahrungsergänzungsmittel“ als allgemeines Fachwissen zu betrachten. Aus der Anlage NIK 8 ergebe sich zudem eine direkte Motivation für den Fachmann, auch einschlägige ernährungswissenschaftliche Dokumente zu Rate zu ziehen, die sich mit der Vitaminsupplementation beschäftigten. Auf der Suche nach ergänzender Bestätigung, dass die in der Anlage NiK 2 durch die Kombination von Fol-säure und Vitamin B 12 nahegelegte Reduktion von Homocystein möglich sein sollte, hätte der Fachmann auch die Anlage NiK 9 berücksichtigt, die ausweislich ihres Titels „Vitamine als Homocystein-erniedrigende Mittel“ beschreibe. Gleiches gelte für die Anlage NiK 13, die den Einfluss von Folsäure und Kombinationen von Folsäure und Vitamin B 12 auf die Plasma-Homocystein-Konzentration in gesunden jungen Frauen untersuche und die der Fachmann ausgehend von der Anlage NiK 8 ebenfalls berücksichtigt hätte. Dabei sei es vollkommen unerheblich, dass sich die Untersuchung der Anlage NiK 13 schwerpunktmäßig mit Gefäßerkrankungen beschäftige. Maßgeblich sei, dass der Fachmann ausgehend von der Anlage NiK 2 bzw. der Anlage NiK 8 jegliche Publikationen berücksichtigt hätte, die sich mit der Verabreichung von Folaten bzw. der Reduktion von Homocystein-Spiegeln beschäftigten. Schließlich rege auch die Anlage NiK 15 den Fachmann an, im Falle der Antifolate Folsäure und Vitamin B12 gemeinsam zu verabreichen und gebe außerdem einen Hinweis auf Homocystein als Parameter zur Bestimmung des Vitaminstatus. Die Einspruchsabteilung habe außerdem übersehen, dass Anlage NiK 3 neuheitsschädlich zumindest implizit auch die Verabreichung von Vitamin B12 mit offenbare, denn den Versuchstieren sei neben Folsäure und Pemetrexed auch noch Vitamin B12 verabreicht worden, dessen Menge in der Nahrung „P. C. 5001“ über die übliche im Tierfutter enthaltene hinausgehe. Aus NiK 3 ergebe sich weiter, dass Folsäure die Nebenwirkungen von Pemetrexed ohne Verlust der Anti-Tumor-Wirkung verringern könne. Gleiches werde auch durch Anlage NiK 23 (zu Anlage AG 46) bestätigt.

Das Landgericht habe im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung überdies fehlerhaft angenommen, dass diese zugunsten der Verfügungsklägerin ausgehe. Dabei habe es u.a. nicht den Umstand gewürdigt, dass die angegriffene Ausführungsform in der Lauer-Taxe gerade nicht als Generikum und mit einem erkennbar höheren Einkaufs- und Verkaufspreis als das Produkt der Verfügungsklägerin gelistet sei. Das vorliegende Verfahren der einstweiligen Verfügung sei für die Beurteilung der Äquivalenzfrage ungeeignet. Dies ergebe sich insbesondere aus dem Umstand, dass das OLG Düsseldorf nach der Zurückverweisung durch den Bundesgerichtshof einen Beweisbeschluss (vom 27.10.2016, Anlage AG 41) zur Einholung eines Sachverständigen-Gutachtens erlassen habe.

Die Antragsgegnerin beantragt,

  • 1.Das erstinstanzliche Urteil vom 24.06.2016 (Az.: 21 O 5583/16) vollumfänglich aufzuheben;

  • 2.den Antrag der Verfügungsklägerin und Berufungsbeklagten vom 05.04.2016 und 06.04.2016 auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 24.06.2016, Az.: 21 O 5583/16, zurückzuweisen und die einstweilige Verfügung des Landgerichts München I vom 06.04.2016 zu bestätigen.

Die Antragstellerin führt unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Folgendes aus:

Die vom Verfügungspatent gelöste Aufgabe bestehe nach der hierzu ergangenen Entscheidung des Bundesgerichtshofes darin, die nachteiligen toxischen Effekte des verwendeten Antifolats zu verringern, und dabei die angestrebten Wirkungen (d. h. die Tumorhemmung) aufrechtzuerhalten (BGH Urteil vom 14.06.2016, Az.: X ZR 29/15 Rn. 17 - Pemetrexed). Gegenstand des Verfügungspatents sei demzufolge, wie auch das Landgericht zutreffend ausführe, die Verwendung des Antifolats Pemetrexed - wortsinngemäß als Pemetrexeddinatrium - zur Tumorhemmung in einer Kombinationstherapie mit Vitamin B 12 (und optional Folsäure). Durch die erfindungsgemäße Kombinationstherapie würden die durch das Pemetrexed(ion) hervorgerufenen Toxizitäten vermindert und gleichzeitig die tumorhemmende Wirksamkeit aufrechterhalten. Der Bundesgerichtshof habe unmissverständlich klargestellt, dass es sich bei dem Verfügungspatent als „Schweizer Anspruch“ um einen zweckgebundenen Stoffschutz handele (Urteil vom 14.06.2016, Az.: X ZR 29/15 Rn. 83 ff. -Pemetrexed). Entgegen der verfehlten Auffassung der Antragsgegnerin werde nicht die Herstellung eines Arzneimittels mit einem bestimmten Wirkungs- und Nebenwirkungsprofil geschützt.

Unberechtigt sei auch die Kritik der Beklagten, das Landgericht habe sich nicht hinreichend mit den Urteilen aus dem Vereinigten Königreich auseinandergesetzt. Soweit die englischen Gerichte im Einklang mit der Entscheidung des OLG Düsseldorf eine äquivalente Verletzung des Verfügungspatents durch Pemetrexeddikalium bzw. Pemetrexeddisäure abgelehnt hätten, sei dies hinsichtlich der Beantwortung der Frage der Auswahlentscheidung durch den Bundesgerichtshof ohnehin überholt. Darüber hinaus habe das Landgericht die vorgelegten Entscheidungen aus dem Vereinigten Königreich zur Kenntnis genommen und bei seiner Entscheidung berücksichtigt, indem es - was ausreichend sei - auf die Erwägungen eingegangen sei, auf denen die abweichende Beurteilung beruhe. Insbesondere habe die Kammer die Aspekte zur angeblich fehlenden Auffindbarkeit, die auch der Entscheidung der englischen Gerichte zugrunde gelegen hätten, im Rahmen ihrer Entscheidung berücksichtigt.

Das Landgericht habe zutreffend einen Verfügungsanspruch bejaht, da die angegriffene Ausführungsform den geltend gemachten Anspruch des Verfügungspatents mit äquivalenten Mitteln verwirkliche. Ausgehend von der dem Verfügungspatent zugrunde liegenden Aufgabe, die nachteiligen toxischen Effekte des verwendeten Anti-folats zu verringern und dabei die angestrebten Wirkungen aufrechtzuerhalten, bestehe die Wirkung des Merkmals „Pemetrexeddinatrium“ darin, dass ein wirksames Antifolat zur Verfügung gestellt werde, dessen Nebenwirkungen durch die Kombina tionstherapie mit Vitamin B12 (und Folsäure) verringert würden, bei Beibehaltung der therapeutischen Wirksamkeit. Die Schlussfolgerung des Landgerichts, dass Pemetrexeddisäure mit Tromethamin gleichwirkend sei, lasse keine Fehler erkennen. Die Argumentation der Antragsgegnerin, wonach Aufgabe des Verfügungspatents die Herstellung eines Arzneimittels sei, so dass die Beurteilung der Gleichwirkung des Merkmals „Pemetrexeddinatrium“ nicht auf den Aspekt der Antifolatwirkung beschränkt werden könne, sondern auch die Wirkungen der Gegenionen auf Galenik, Verträglichkeit, Therapieeffizienz usw. von Bedeutung sein, stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Verfügungspatent (Urteil vom 14.06.2016, Az.: X ZR 29/15 Rn. 17, 84 - Pemetrexed), wonach dieses nicht die Herstellung eines Arzneimittels betreffe, sondern einen zweckgebundenen Stoffschutz begründe. Auch die Beschreibung des Verfügungspatents befasse sich an keiner Stelle mit der Herstellung eines Arzneimittels, dessen Nebenwirkungsprofil, Galenik oder den besonderen Wirkungen des Natriums. Bei der Betrachtung der Gleichwertigkeit seien nicht sämtliche denkbaren Wirkungen eines Merkmals relevant, sondern jeweils die Wirkungen, die das Merkmal für sich und im Gesamtkontext der Erfindung zur Lösung der patentgemäßen Aufgabe bereitstelle. Das Landgericht habe zutreffend die maßgebliche Wirkung des Merkmals 11.1 „Verwendung von Pemetrexeddinatrium zur Herstellung eines Arzneimittels“ im Kontext der Erfindung ermittelt. Dabei handele es sich nämlich um die Bereitstellung des für die tumorhemmende Wirkung (und das Hervorrufen der toxischen Nebenwirkungen) allein relevanten Pemetrexed(ions). Im vorliegenden Fall könnten an der Gleichwirkung der angegriffenen Ausführungsform aber im Übrigen überhaupt keine Zweifel bestehen. Denn diese sei - jedenfalls nach Aussagen der Antragsgegnerin bzw. der konzernangehörigen A. zum identischen Produkt gegenüber den Behörden - in jeder Hinsicht zum Referenzprodukt der Antragstellerin, das unstreitig in den Schutzbereich des Verfügungspatents falle, äquivalent. A. habe im englischen Verfahren sogar zugestanden, dass Pemetrexeddisäure gleichwirkend sei (vgl. Anlagen AG 16/AG 16 a, Rn. 118). So ergebe sich aus einem Vergleich der Fachinformationen der angegriffenen Ausführungsform (Anlage HL 7) mit der von A.® (Anlage HL 1), dass insbesondere die Indikation, Dosierung und Art der Anwendung identisch seien. Dass darüber hinaus nach den Fachinformationen z. B. das Nebenwirkungsprofil, die pharmakodynami-schen und pharmakokinetischen Eigenschaften und die Verabreichungsdauer iden tisch seien, sei zwar für die Frage der Gleichwirkung im Rahmen der Prüfung einer äquivalenten Verletzung nicht relevant, zeige aber, dass sich beide Produkte in ihren Wirkungen nicht unterschieden. Es sei daher nicht nachvollziehbar, wenn die Antragsgegnerin an verschiedenen Stellen andeute, das Landgericht habe außer Acht gelassen, dass das Gegenion „therapieschädliche Effekte“ habe, zumindest schlechter verträglich oder nachteilig für die „Therapieeffizienz“ sei und Herz-Kreislauf-Probleme verursache. Auch zur angeblich schlechteren Nierenverträglichkeit der angegriffenen Ausführungsform gegenüber dem Referenzprodukt A.® finde sich in der Fachinformation der angegriffenen Ausführungsform nichts. Zur weiteren Glaubhaft-machung hierzu würden eine Kopie des Public Assessment Reports der angegriffenen Ausführungsform (Anlage HL 39, dort insbes. S. 3, vorletzter Abs. und S. 5, vorletzter Abs.) sowie eine Kopie des von A. im Rahmen der zentralen europäischen Zulassung des in der angegriffenen Ausführungsform entsprechenden Produkts A./Pemetrexed A. im Zulassungsverfahren vorgelegten „Moduls 2.5“ (Anlage HL 40, dort insbes. S. 13, 2. Absatz und S. 14, 3. Abs.) vorgelegt. Demzufolge sei nicht nur sämtliches Vorbringen der Antragsgegnerin zu wie auch immer gelagerten nachteiligen Auswirkungen des Gegenions - unter rechtlichen Gesichtspunkten - irrelevant, sondern es bestehe dafür auch nach den eigenen Aussagen der Verfügungsbeklagten bzw. der konzernangehörigen A. schon gar keine Grundlage, weil die Verwendung des alternativen Gegenions ohnehin keine Auswirkungen habe.

Ebenso sei das Landgericht zutreffend zu der Entscheidung gelangt, dass Pemetrexeddisäure/Pemetrexedditromethamin als gleichwirkendes Austauschmittel für den Fachmann auffindbar gewesen sei. Die Voraussetzung der Auffindbarkeit sei erfüllt, wenn der Fachmann mit seinem Fachwissen und in Kenntnis der technischen Lehre des Verfügungspatents ohne erfinderische Überlegungen in der Lage gewesen sei, das Austauschmittel als funktionsgleiches Lösungsmittel aufzufinden. Zu beachten sei dabei - wie bei der Frage der Gleichwirkung - dass diese Analyse mit Blick auf die erfindungsgemäße Wirkung des Merkmals durchzuführen sei. Ein Naheliegen erfordere nicht, dass der Fachmann ausgehend vom Stand der Technik und dem Verfügungspatent bereits sicher wisse bzw. vorhersehen könne, dass das naheliegende Austauschmittel die erfindungsgemäße Wirkung haben werde, wie das im Patentanspruch genannte Merkmal. Vielmehr sei auch in Fällen, in denen die Gleich wirkung des als naheliegende Alternative identifizierenden Austauschmittels im Rahmen von Routineversuchen überprüft werden müsse, das Austauschmittel im Sinne der Äquivalenzrechtsprechung naheliegend. Solche Routineversuche seien im vorliegenden Fall nicht einmal für die maßgebliche Beurteilung relevant, weil Aspekte der Arzneimittelformulierung für die erfindungsgemäße Wirkung keine Rolle spielten. Irrelevant sei auch, ob - ausgehend von der technischen Lehre des Verfügungspatents oder seiner Beschreibung im Allgemeinen - ein Anlass dafür bestanden habe, nach einer Alternative zu suchen. Die Frage sei, ob der Fachmann die abgewandelte Lösung als gleichwirkend habe auffinden können, ohne erfinderisch tätig zu sein. Da sich die Vorgaben der deutschen Rechtsprechung von jenen der englischen Gerichte unterschieden, habe sich das Landgericht bei seiner Entscheidung nicht im Einzelnen mit der Entscheidung der englischen Gerichte auseinandersetzen müssen Der Bundesgerichtshof habe in der Entscheidung vom 14.06.2016 (Az.: X ZR 29/15 -Pemetrexed) keine Zweifel daran gelassen, dass der „Schweizer Anspruch“ einen zweckgebundenen Stoffschutz zum Gegenstand habe und nicht die Herstellung eines Arzneimittels betreffe. Es komme also nur auf die zweckgebundene Verwendung des Stoffes an, d. h. auf die Geeignetheit der alternativen Form von Pemetrexed zur Tumorhemmung in einer Kombinationstherapie mit Vitamin B12 (und Folsäure), bei der die verursachten Pemetrexed-Toxizitäten verringert werden könnten, bei Beibehaltung der Wirksamkeit. Es sei unstreitig, dass die Ionen bei den verschiedenen Pemetrexedformen in Lösung dissoziiert vorlägen und dass das einzig relevante Pemetrexed(ion) immer in identischer Form vorliege. Dies sei sogar ohne weiteres vorhersehbar gewesen, weil es sich dabei um einen üblichen Zustand bei gelösten Salzen handele. Aspekte der grundsätzlichen Verwendbarkeit als Arzneimittel, wie z. B. die Löslichkeit, könnten aber auch im Rahmen von Routineversuchen ohne weiteres bestätigt werden. Die Gleichwirkung von Pemetrexeddisäure mit Tromethamin bzw. Pemetrexedditromethamin im Kontext der Erfindung sei für den Fachmann offensichtlich gewesen, denn ihm sei bekannt gewesen, dass das für die Wirkung der technischen Lehre allein relevante Pemetrexed-Ion eines jeden Pemetrexedsalzes nach der erforderlichen Auflösung zur Infusion dissoziiert sei und damit in identischer Weise zur Tumorhemmung zur Verfügung stehen würde. Die Behauptung der Antragsgegnerin, Tromethamin sei nicht als gebräuchliches Gegenion bekannt gewesen, sei auch durch den als Anlage HL 40 vorgelegten Teil des Zulassungsantrags (dortige Ausführungen auf S. 60 ff.) zu dem mit der angegriffenen Ausführungsform identischen Produkt A./Pemetrexed A. und die darin enthaltenen Ausführungen der Anmelderin widerlegt, wonach Tromethamin im Pharmarecht weitgehend anerkannt sei, wobei die dort genannten Produkte mit Tromethamin-Gegenion bereits vor dem Prioritätsdatum des Verfügungspatents vermarktet worden seien (vgl. Anlagenkonvo-lut HL 41). Es spreche auch nicht gegen das Naheliegen, dass Tromethamin nicht das „nächste“ Gegenion nach Natrium in der Liste der meistgebräuchlichen salzbildenden Kationen sei, da es kein Erfordernis gebe, dass nur das „naheliegendste“ Austauschmittel auffindbar sei. Ein Austauschmittel könne vielmehr auch dann ohne erfinderische Tätigkeit als gleichwirkend aufgefunden werden, wenn es noch andere „naheliegendere“ Varianten gebe. Die von der Antragsgegnerin als Anlage AG 38 vorgelegte Liste zeige nur die 7 häufigsten salzbildenden Kationen und dies in weitgehender Übereinstimmung mit der Auflistung aus dem „Handbook of Pharmaceutical Salts“ (Anlage HL 18), so dass hierdurch nicht widerlegt sei, dass auch Trome-thamin ein gebräuchliches Gegenion darstelle. Aus Anlage HL 18 gehe hervor, dass Tromethamin zu den Top 10 der salzformenden Basen gehöre. Dass Tromethamin auch zum Prioritätszeitpunkt zu den gebräuchlichsten Puffersubstanzen gehörte, ergebe sich z.B. auch aus dem als Anlage HL 47 vorgelegten deutschen Patent DE 19648650 C2, wo Trometamol als gebräuchlicher Puffer genannt werde.

Das Landgericht habe auch fehlerfrei eine Gleichwertigkeit der angegriffenen Ausführungsform hinsichtlich des Sinngehalts des geltend gemachten Anspruchs des Verfügungspatents bejaht. Die diesbezüglichen Aussagen des Bundesgerichtshofs in seiner Entscheidung zum Verfügungspatent (Urteil vom 14.06.2016, Az.: X ZR 29/15 - Pemetrexed) ließen sich ohne Einschränkung auf den vorliegenden Fall übertragen. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin könne eine Auswahlentscheidung in Bezug auf „Pemetrexeddinatrium“ auch nicht aufgrund einer angeblichen „besonderen Eigenschaft“ des Natriumsalzes von Pemetrexed, welche aus dem Stoffpatent zu Pemetrexed abgeleitet werde, bejaht werden. Das Stoffpatent sei schon kein zulässiges Auslegungsmittel für das Verfügungspatent. Darüber hinaus sei die Antragsgegnerin nicht in der Lage zu erklären, welche besondere, für die Verwirklichung der erfindungsgemäßen Funktion relevante Eigenschaft das Natriumsalz des Antifolats Pemetrexed haben solle. Auch aus dem Stoffpatent ergebe sich nicht, dass das Nat riumsalz gegenüber anderen Salzen des Pemetrexed eine besondere Wirkung habe. Ebenso wenig, dass nur das Natriumsalz für die Verwirklichung der erfindungsgemäßen Funktion, nämlich in einer Kombinationstherapie mit Vitamin B12 (und Folsäure) zur Tumorhemmung eingesetzt werden zu können, geeignet wäre. Allein dies wäre aber im Kontext des Verfügungspatents von Relevanz. Die technische Lehre des Stoffpatents habe mit der technischen Lehre des Verfügungspatents schlicht nichts zu tun.

Das Landgericht sei auch zu Recht vom Vorliegen eines Verfügungsgrundes ausgegangen. Das Landgericht sei zutreffend zu dem Schluss gekommen, dass die Ausführungen in der Entscheidung des EPA keinesfalls unvertretbar seien. Die Antragsgegnerin gehe von der unzutreffenden Ansicht aus, aus dem von der in NiK 8/NiK 16 offenbarten Korrelation zwischen Homocysteinspiegel vor der Behandlung und im Rahmen der Behandlung auftretenden Toxizitäten der Chemotherapie hätte der Fachmann zur Lösung der Aufgabe Anlass gehabt, den Homocysteinspiegel zu senken und hätte dazu nicht nur Folsäure, sondern prophylaktisch immer auch Vitamin B12 verabreicht. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt habe, sei dies jedoch nicht richtig. Der Stand der Technik führe den Fachmann vielmehr in eine ganz andere Richtung. Aus den Anlagen NiK 8 und NiK 16 ergebe sich keine Anregung, dass Vitamin B12 für die Toxizitäten von Pemetrexed relevant sei. Unstreitig sei auch, dass eine Kombinationsbehandlung von Pemetrexed mit Folsäure und Vitamin B12 weder in NiK 8 noch in NiK 16 offenbart sei. Durch die Erkenntnisse der NiK 8/NiK 16 könne der Fachmann anhand des gemessenen Homocysteinspiegels eine Vorhersage treffen, ob es wahrscheinlich sei, dass bei einem Patienten während der Chemotherapie mit Pemetrexed schwere Toxizitäten auftreten würden. Der Homocystein-spiegel sei jedoch nicht kausal für die Toxizitäten, diese würden durch das Antifolat verursacht. Die berichtete Korrelation erlaube vielmehr, für einen bestimmten Patienten eine Prognose zu treffen und daraus Handlungsentscheidungen für die Therapie abzuleiten. Der Fachmann erhalte aus der NiK 8/NiK 16 auch keine Anregung, den Homocysteinspiegel ernährungsmedizinisch „zu behandeln“, d. h. durch Verabreichung von z. B. Folsäure zu senken. Bei dem dort angegebenen Homocysteinspiegel handele es sich nicht um pathologisch erhöhte Werte, die jedenfalls bei sonst gesunden Patienten behandlungsbedürftig wären, sondern um solche im Normalbereich.

Auch sonst hätte der Fachmann, wie das Landgericht zutreffend festgestellt habe, keinen Grund, bei Krebspatienten, die mit Antifolaten behandelt würden, unter ernährungsphysiologischen Erwägungen zur Vermeidung von durch einen pathologischen Homocysteinspiegel verursachten Schädigungen des Herz-Kreislauf-Systems Vitamine zu geben. Einerseits sei die Behandlung eines pathologisch erhöhten Ho-mocysteinspiegels angesichts der den Krebspatienten verbleibenden Lebensdauer irrelevant. Andererseits hätte der Fachmann bei mit Antifolaten behandelten Patienten aber grundsätzlich wegen der zu erwartenden Einschränkung der Wirksamkeit des Antifolats von der Verabreichung von Folsäure und erst recht von Vitamin B12 abgesehen. Ausgehend von NiK 8/NiK 16 hätte der Fachmann daher keinerlei Grund, Vitamin B12 in Kombinationstherapie mit Pemetrexed zu verabreichen. Vielmehr sei dort offenbart, dass Vitamin B12 mit den Toxizitäten nicht korreliert sei und daher schon überhaupt keine Rolle bei den Überlegungen des Fachmanns gespielt hätte. Ebenso wenig erhalte der Fachmann eine Anregung, Folsäure in Kombinationstherapie mit Pemetrexed zu verwenden. Zwar sei der von Folsäure beeinflusste Homocysteinspiegel mit den Toxizitäten korreliert, er sei für diese aber nicht kausal. Die Verabreichung von Folsäure hätte vielmehr den nachteiligen Effekt, dass die Eignung des Vitaminmetaboliten Homocystein als Vorhersagefaktor für im Rahmen der Pemetrexedbehandlung auftretende Toxizitäten beeinträchtigt würde und dadurch therapeutische Entscheidungen erschwert würden. Auch aus der NiK 2 ergebe sich nichts anderes. Zwar habe der Fachmann zum Prioritätszeitpunkt davon ausgehen können, dass eine Supplementierung mit Folsäure die Toxizitäten eines Antifolats herabsetzen könne, aber auch, dass dadurch die tumorhemmende Wirksamkeit des Antifolats zunichte gemacht werde, was durch verschiedene klinische Phase-I-Studien belegt sei (vgl. Anlagen HL 30, HL 31, HL 33). Gleichermaßen habe der Fachmann bei zusätzlicher Verabreichung von Vitamin B12 als Co-Faktor im Folathaushalt eine noch erheblichere Beeinträchtigung bis zur Neutralisierung der Wirkung von Pemetrexed befürchten müssen. Darüber hinaus sei zum Prioritätsdatum allgemein davon ausgegangen worden, dass Vitamin B12 das Tumorwachstum sogar fördere (vgl. Anlage HLNK 8 zu Anl. HL 42). Dass der Fachmann eine Supp-lementierung mit Vitamin B12 nicht einmal im Ansatz erwogen habe, werde auch dadurch belegt, dass im Stand der Technik zu keiner Zeit eine Kombinationsbehandlung mit Vitamin B12 - allein oder zusätzlich zur Folsäure - bei der Krebsbehandlung mit Antifolaten empfohlen oder auch nur untersucht worden wäre. Den weiterhin zutreffenden Ausführungen des Landgerichts zur Anlage NiK 15 sei noch hinzuzufügen, dass der von der Antragsgegnerin zitierte Abschnitt aus NiK 15 aus dem Abschnitt über Lometrexol für den Fachmann schon daher nicht relevant gewesen wäre, weil dieser im selben Buch einen speziell Pemetrexed betreffenden Abschnitt vorfinde, wo Vitamin B12 überhaupt nicht erwähnt werde. Für den Rechtsbestand des Verfügungspatents sprächen schließlich auch die zahlreichen ausländischen Verfahren, in denen die entsprechenden nationalen Schutzrechte für rechtsbeständig befunden worden seien.

Auch die vom Landgericht vorgenommene Interessenabwägung sei zutreffend und begegne keinen Bedenken. Zu berücksichtigen sei insbesondere auch, dass es bereits mit Listung eines Generikums/Hybridarzneimittels in der Lauer-Taxe zu einer veränderten Abrechnungssituation komme vor dem Hintergrund, dass die Apotheken bei nicht patentgeschützten Wirkstoffen bei der Abrechnung einen Abschlag in Höhe von 30% vom Apothekeneinkaufspreis abziehen müssten, wobei maßgeblich für das Eingreifen dieses Abschlagsmechanismus in der Praxis die Listung mindestens eines Generikums als in Vertrieb befindlich in der Lauer-Taxe sei. Bereits die Listung der rechtswidrigen generischen Produkte in der Lauer-Taxe beeinträchtige daher die Antragstellerin bzw. ihre deutsche Vertriebsgesellschaft und deren Abnehmer erheblich. Unabhängig davon, dass die deutsche Zulassungsbehörde davon ausgehe, dass es sich bei der angegriffenen Ausführungsform im Wesentlichen um ein Generikum handele (Anlage HL 39, Seite 8), gehe auch der Hersteller eines Hybridarzneimittels keine besonderen eigenen wirtschaftlichen Risiken ein, weil das Präparat dank des Patentinhabers medizinisch hinreichend erprobt und am Markt etabliert sei.

Die Antragsgegnerin erwidert hierauf, die Antwort auf die Frage der Gleichwirkung im patentrechtlichen Sinne folge nicht aus dem Ergebnis der Bewertung im Zulassungsverfahren. Soweit eine Vergleichbarkeit zu einem Referenzarzneimittel im Zulassungsverfahren für ein Hybridarzneimittel geltend gemacht werde, betreffe eine in diesem Zusammenhang geltend gemachte Äquivalenz oder Gleichwirkung in erster Linie sämtliche regulatorischen Aspekte, insbesondere die zur Erhaltung der Zulassung hinreichende Sicherheit und Wirksamkeit. Sie beantworte aber nicht umfassend die Frage der hiervon grundsätzlich zunächst losgelösten Gleichwirkung im patentrechtlichen Sinne als solche.

Anlage AG 18, die erst nach dem Prioritätstag des Verfügungspatents veröffentlicht worden sei (s. Anlage AG 50), belege nicht, dass bei intravenösen Arzneimitteln für die Behandlung im Menschen Tromethamin häufig verwendet worden sei. Der in Anlage HL 40 enthaltene Auszug aus den Unterlagen zu einem Zulassungsantrag könne eine naheliegende Auffindbarkeit von Tromethamin, welches nach Anlage HL 18 lediglich eine zweite Wahl dargestellt habe, für den Fachmann im vorliegenden Zusammenhang nicht überzeugend begründen und habe dem Durchschnittsfachmann am Prioritätstag nicht zur Verfügung gestanden. Auch Anlage HL 39 habe dem Fachmann zum Prioritätstag nicht zur Verfügung gestanden. Zusätzlich sei die von der Antragstellerin zitierte Aussage aus Anlage HL 39 erst nach experimentellen Anstrengungen möglich gewesen, mit denen ausgeschlossen worden sei, dass Trome-thamin negative Auswirkungen auf die Bioverfügbarkeit und Bioäquivalenz habe. Die Tatsache, dass bestimmte Arzneimittel Tromethamin enthielten, könne ein Naheliegen nicht begründen, die in Anlage HL 41 aufgeführten Präparate seien für andere Verabreichungsarten bzw. für Tiere zugelassen (vgl. Anlagen AG 52, AG 53). Das Nichtnaheliegen einer Auswahl von Tromethamin in einer Pemetrexeddisäurelösung werde auch durch die Erteilung des europäischen Patents EP 2 854 768 B1 bestätigt, dessen Patentanspruch 1 sich auf eine pharmazeutische Zusammensetzung mit Pemetrexeddisäure und Tromethamin richte (Anlage AG 55).

Hierauf entgegnet die Antragstellerin, die Darstellung in Anlage HL 18 gebe den Kenntnisstand des Fachmanns im Prioritätszeitpunkt wieder, unabhängig davon, wann sie publiziert worden sei. Die Erteilung eines Patents auf eine auf bestimmte Weise hergestellte, spezielle Arzneimittelformulierung mit Pemetrexedditromethamin ändere am patentrechtlichen Naheliegen nichts. Der Gegenstand des als Anlage AG 55 vorgelegten Patents sei ein ganz anderer, als jener des Verfügungspatents. Dies sei allenfalls ein Fall der sogenannten „abhängigen Erfindung“, welche als Unterfall der verbesserten Ausführungsform in den Schutzbereich des Patents falle.

Ergänzend wird auf die von den Prozessbevollmächtigten eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 13.04.2017 (Bl. 440/442 d. A.) verwiesen.

II.

Die nach § 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere gemäß §§ 519 Abs. 1, Abs. 2, 517 ZPO form- und fristgerecht eingelegte und gemäß § 520 Abs. 2, Abs. 3 ZPO begründete Berufung der Antragsgegnerin hat keinen Erfolg.

Die angegriffene Ausführungsform der Antragsgegnerin macht vom Gegenstand der geltend gemachten Ansprüche zwar nicht wortsinngemäß, aber äquivalent Gebrauch, so dass das Landgericht zutreffend einen Verfügungsanspruch aus §§ 9 Satz 2 Nr. 1, 139 Abs. 1 Satz 1 PatG i. V. m. Art. 53 lit. c), 54 Abs. 5, 64 EPÜ bejaht hat. Auch stehen - wie vom Landgericht zu Recht angenommen - weder das laufende Nichtigkeitsverfahren gegen das Verfügungspatent, noch die allgemeine Interessenlage der Annahme eines Verfügungsgrundes entgegen.

A. Das Verfügungspatent

1. Das Verfügungspatent EP 1 313 508 B1 (Anlage HL3, deutsche Übersetzung DE 601 27 970 T2 als Anlage HL 3a) bezieht sich auf die Verwendung des Antifolats ^Chemotherapeutikums) Pemetrexed als Pemetrexeddinatrium in einer Kombinationsbehandlung mit einem Methylmalonsäure verringernden Mittel wie Vitamin B12 und optional Folsäure, durch welche die potentiell lebensbedrohlichen Toxizitäten dieses Antifolats verringert werden sollen, ohne dass die tumorhemmende Wirkung des Chemotherapeutikums beeinträchtigt wird.

Der Schutzbereich der durch das Verfügungspatent unter Schutz gestellten technischen Lehre wird durch die Patentansprüche bestimmt, wobei die Beschreibung und die Zeichnungen zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen sind (Art. 69 Abs. 1 EPÜ). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist für die Auslegung eines Patents nicht die sprachliche oder logisch-wissenschaftliche Bedeutung der im Patentanspruch verwendeten Begriffe maßgeblich, sondern deren technischer Sinn, der unter Berücksichtigung von Aufgabe und Lösung, wie sie sich objektiv aus dem Patent ergeben, zu bestimmen ist (BGH GRUR 2016, 169 Rn. 16 m. w. N. - Luftkappensystem). Maßgeblich sind dabei der Sinngehalt eines Patentanspruchs in seiner Gesamtheit und der Beitrag, den die einzelnen Merkmale zum Leistungsergebnis der patentierten Erfindung beitragen; aus der Funktion der einzelnen Merkmale im Kontext des Patentanspruchs ist abzuleiten, welches technische Problem diese Merkmale für sich und in ihrer Gesamtheit tatsächlich lösen (BGH GRUR 2016, 169 Rn. 16 m. w. N. - Luftkappensystem). Abzustellen ist dabei auf die Sicht des Fachmanns, von dessen Verständnis bereits die Bestimmung des Inhalts der Patentansprüche einschließlich der dort verwendeten Begriff abhängt und das auch bei der Feststellung des über den Wortlaut hinausgehenden Umfangs des von den Patentansprüchen ausgehenden Schutzes maßgebend ist (BGH GRUR 2002, 516, 517 - Schneidmesser I).

2. Nach der Bestimmung des Landgerichts, der sich der Senat anschließt und die von den Parteien nicht beanstandet wird, ist der hier maßgebliche Durchschnittsfachmann ein Team aus einem Pharmakologen oder Pharmazeuten mit Spezialisierung auf dem Gebiet der Wirkmechanismen von Antifolaten und langjähriger Berufserfahrung in der Erforschung von Antifolaten bei der Behandlung von Krebs sowie einem Mediziner mit Spezialisierung auf dem Gebiet der Onkologie und langjähriger Erfahrung in der chemotherapeutischen Behandlung von Krebspatienten mit Antikrebs-wirkstoffen wie Antifolaten.

3. Ein Tumor entsteht durch die abnorme Neubildung von Körpergeweben (sogenannten Neoplasien), die aus Fehlregulierungen des Zellwachstums resultieren. Die Zellen bösartiger Tumoren teilen sich und vermehren sich in der Regel schnell. Diese Eigenschaft macht man sich bei der Chemotherapie mit antineoplastischen Mitteln zunutze, indem mit diesen auf die Teilungsfähigkeit der Zellen eingewirkt wird. Im Stand der Technik war die Behandlung von Tumorerkrankungen mit Antifolaten seit den 1940er Jahren bekannt, als der erste Wirkstoff dieser Klasse, Aminopterin, klinische Aktivität gezeigt hat. Sie sind seitdem eine der am besten untersuchten Klassen von antineoplastischen Mitteln, wobei ihre Wirkung darauf beruht, einen oder mehrere Folat-benötigende Schlüsselenzyme der Thymidin- und Purinbiosynthesewege zu hemmen, indem sie mit reduziertem Folat um die Bindung dieser Enzyme konkurrieren und damit in diejenigen Abschnitte des Zellstoffwechsels eingreifen, die für die Zellteilung von entscheidender Bedeutung sind. Der Folatstoffwechsel Weg ist insbesondere für die nachfolgenden biochemischen Prozesse der DNA- und RNA-Synthese sowie der Reparatur- und Proteinsynthese von Belang. Relevant sind in diesem Zusammenhang die Enzyme Glycinamidribonukleotidformyltransferase (GARFT), Thymidylatsynthase (TS) und Dihydrofolatreduktase (DHFR). Das streitgegenständliche Antifolat Pemetrexed hemmt sowohl GARFT als auch TS und DHFR. Durch die Hemmung der Enzyme mithilfe des Antifolats kommt es letztlich zum Tod der jeweiligen Zelle (vgl. Patentschrift, Anlage HL 3, HL 3a, [0002]).

Da Antifolate nicht zwischen Tumorzellen und gesunden Zellen unterscheiden, werden sowohl Tumorzellen als auch gesunde Zellen zerstört. Dadurch kommt es zu schwerwiegenden Nebenwirkungen beim Patienten, die bis zum Tod führen können und eine erhebliche Beschränkung bei der Entwicklung dieser Arzneimittel darstellen. Die Unfähigkeit, diese Toxizitäten trotz einiger bekannter Interventionsmöglichkeiten zu kontrollieren, führte zum Ausschluss der klinischen Entwicklung einiger Antifolate und hat die Entwicklung von anderen verkompliziert (Patentschrift, Anlage HL 3, HL 3a, [0003] und [0001]). Obwohl Antifolate bereits in den späten 1940er Jahren erstmals erforscht worden waren, existierte bis Ende der 1990er Jahre nur ein durch die US-amerikanische FDA zur Krebsbehandlung zugelassenes Antifolat, da die Nebenwirkungen dieser Wirkstoffgruppe zum Teil nicht unter Kontrolle zu bringen waren.

Davon ausgehend hat das Landgericht zutreffend die Aufgabe der verfügungspa-tentgemäßen Erfindung darin gesehen, die durch die potentiell lebensbedrohlichen Toxizitäten verbliebene Limitierung bei der optimalen Verabreichung von Antifolaten zu überwinden (Patentschrift, Anlage HL 3, HL 3a, [0001]) und bestimmte toxische Effekte, wie Mortalität und nicht-hämatologische Ereignisse, wie Hautausschläge und Müdigkeit, signifikant zu reduzieren, ohne die therapeutische Wirksamkeit des Anti-folats nachteilig zu beeinflussen (Patentschrift, Anlage HL 3, HL 3a, [0005]; vgl. auch BGH GRUR 2016, 921 Rn. 17 - Pemetrexed).

4. Zur Lösung dieses Problems schlägt das Verfügungspatent vor, dass das Antifolat Pemetrexed als Pemetrexeddinatrium zur Herstellung eines Arzneimittels zur Verbesserung der therapeutischen Brauchbarkeit durch die Verabreichung eines Me-thylmalonsäure verringernden Mittels wie Vitamin B12 verwendet wird. Es wurde festgestellt, dass erhöhte Spiegel von Methylmalonsäure bei Patienten, die ein Anti-folat bekommen, ein Indikator für das Auftreten von hierdurch hervorgerufenen toxischen Effekten wie erhöhter Mortalität und nicht-hämatologischen Ereignissen wie zum Beispiel Hautausschlägen und Müdigkeit sind. Die Verwendung von Methylma-lonsäure senkenden Mitteln, zu denen insbesondere Vitamin B12 gehört, in Kombination mit Folsäure soll es ermöglichen, die genannten toxischen Effekte signifikant zu reduzieren und dabei die therapeutische Wirksamkeit des Antifolats als Krebsmittel zu erhalten (Patentschrift, Anlage HL 3, HL 3a, [0005]). Neben Vitamin B12 können auch pharmazeutische Derivate davon als Methylmalonsäure verringernde Mittel ausgewählt werden (Patentschrift, Anlage HL 3, HL 3a, [0005] und [0010]). Zusätzlich hat die Erfindung die Kombination der Methylmalonsäure verringernden Mittel wie Vitamin B12 mit Folsäure zum Gegenstand, die synergistisch die toxischen Ereignisse verringert. Anders als bei der aus dem Stand der Technik bekannten Kombination dieser beiden Stoffe zur Prävention kardiovaskulärer Ereignisse bewirkt deren kombinierte Verwendung gemeinsam mit dem Antifolat erfindungsgemäß eine Behandlung der Toxizität, die bislang mit der Gabe des Antifolats Pemetrexed assoziiert war (Patentschrift, Anlage HL 3, HL 3a, [0006] und [0010]).

Pemetrexed wird in der Salzform als Pemetrexeddinatrium verwandt, wobei bei der Verabreichung in Lösung aufgrund der Dissoziation negativ geladene Pemetrexed-Anionen und positiv geladene Natrium-Kationen vorliegen.

5. Die geltend gemachten Patentansprüche 11, 10, 1, 2 und 3 des Verfügungspatents EP 1 313 508 B1 lassen sich entsprechend der Merkmalsanalyse des Erstgerichts, der sich der Senat anschließt, wie folgt aufgliedern (Anlage HL 4):

11.1 Verwendung von Pemetrexeddinatrium zur Herstellung eines Arzneimittels

11.2 zur Verwendung in einer Kombinationstherapie zur Hemmung eines Tumorwachstums bei Säugern,

11.3 worin das Arzneimittel in Kombination mit Vitamin B12 verabreicht werden soll

11.4 und mit Folsäure,

11.5 wobei Vitamin B12 als intramuskuläre Injektion verabreicht werden soll und 11.6 Folsäure oral als eine Tablette verabreicht werden soll.

B. Verletzung des Verfügungspatents

Die genannten Merkmale werden - wie das Landgericht zu Recht festgestellt hat -durch die angegriffene Ausführungsform, das sinnfällig hergerichtete Arzneimittel A. der Antragsgegnerin, zwar nicht wortsinngemäß, jedoch äquivalent verwirklicht, so dass der Antragstellerin der Verfügungsanspruch aus §§ 9 Satz 2 Nr. 1, 139 Abs. 1 Satz 1 PatG i. V. m. Art. 53 lit. c), 54 Abs. 5, 64 EPÜ zusteht.

1. Die angegriffene Ausführungsform A. enthält den Wirkstoff Pemetrexed in Form von Pemetrexeddisäure in Lösung als Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung zur Anwendung bei der Erkrankung von menschlichen Patienten mit dem malignen Pleuramesotheliom oder dem nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom, die sich durch Tumorwachstum auszeichnen (vgl. Fachinformation Anlage HL 7, Seite 1). Enthalten ist weiter Tromethamin (Anlage HL 7, Seite 21, Ziffer 6.1, dort Trometamol genannt). Entsprechend dem Abschnitt „Prämedikation“ auf Seite 2 von Anlage HL 7 müssen Patienten, die mit A. behandelt werden, zur Reduktion der Toxizität täglich orale Gaben von Folsäure oder Multivitaminen mit Folsäure erhalten, wobei die Folsäuregabe sieben Tage vor der ersten Dosis Pemetrexed begonnen und während der Therapie sowie weitere 21 Tage nach der letzten Pemetrexed-Dosis fortgesetzt werden soll. Zudem müssen die Patienten eine intramuskuläre Injektion Vitamin B12 in der Woche vor der ersten Pemetrexed-Dosis sowie nach jedem dritten Behandlungszyklus erhalten. Weitere Vitamin-B12-Injektionen können am selben Tag wie Pemetrexed gegeben werden.

2. Eine wortsinngemäße Verwirklichung der geltend gemachten Patentansprüche hat das Landgericht zutreffend mit der Begründung verneint, dass der in Merkmal 11.1 genannte Begriff „Pemetrexeddinatrium“ als klar definierte chemische Substanz mit einer für den Fachmann klaren Struktur- und Summenformel nicht als „Pemetrexed“ auszulegen ist (ebenso BGH GRUR 2016, 921 Rn. 30 - Pemetrexed), wogegen sich die Antragstellerin nicht mehr gewandt hat, so dass hierzu keine weiteren Ausführungen mehr veranlasst sind.

3. Die geltend gemachten Ansprüche werden jedoch - wie das Landgericht richtig festgestellt hat - äquivalent verwirklicht, wobei zwischen den Parteien streitig die Verwirklichung des Merkmals 11.1 ist.

a) Damit eine vom Wortsinn des Patentanspruchs abweichende Ausführung in dessen Schutzbereich fällt, muss regelmäßig Dreierlei erfüllt sein. Die Ausführung muss erstens das der Erfindung zugrunde liegende Problem mit zwar abgewandelten, aber objektiv gleichwirkenden Mitteln lösen. Zweitens müssen seine Fachkenntnisse den Fachmann befähigen, die abgewandelte Ausführung mit ihren abweichenden Mitteln als gleichwirkend aufzufinden. Die Überlegungen, die der Fachmann hierzu anstellen muss, müssen schließlich drittens am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten Lehre orientiert sein. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln aus fachmännischer Sicht als der wortsinngemäßen Lösung gleichwertige (äquivalente) Lösung in Betracht zu ziehen und damit nach dem Gebot des Artikels 2 des Protokolls über die Auslegung des Art. 69 EPÜ bei der Bestimmung des Schutzbereichs des Patents zu berücksichtigen (st. Rspr. vgl. BGH GRUR 2015, 361, Rn. 18 - Kochgefäß; BGH GRUR 2002, 515, 517 - Schneidmesser I; BGH GRUR 2007, 959, 961 - Pumpeinrichtung). Der Schutzbereich des Patents wird auf diese Weise nach Maßgabe dessen bestimmt, was der Fachmann auf der Grundlage der erfindungsgemäßen Lehre als äquivalent zu erkennen vermag, und damit an dem Gebot des Art. 1 des Protokolls über die Auslegung des Art. 69 EPÜ ausgerichtet, bei der Bestimmung des Schutzbereichs einen angemessenen Schutz für den Patentinhaber mit ausreichender Rechtssicherheit für Dritte zu verbinden (BGH GRUR 2015, 361, Rn. 18 - Kochgefäß; BGH GRUR 2011, 313 Rn. 35 - Crimpwerkzeug IV; BGH GRUR 2016, 921 Rn. 74 -Pemetrexed). Hintergrund der Erstreckung des Schutzbereichs auf äquivalente Benutzungsformen ist die Gefahr, dass dem Patentinhaber die gerechte Belohnung für die Bereicherung des Stands der Technik vorenthalten wird, wenn die angegriffene Ausführungsform gegenüber der Erfindung lediglich nahe liegende Veränderungen aufweist. Andererseits darf der Schutzbereich des Patents nicht so weit ausgedehnt werden, dass dies zu einer ungerechtfertigten „Übermonopolisierung“ führt (Göt-ting/Hetmank/Schwipps, Patentrecht, 1. Auflage 2014, § 7 IV. Rdnr. 366).

b) Die erforderliche Gleichwirkung hat das Erstgericht in Bezug auf die angegriffene Ausführungsform zu Recht angenommen.

aa) Für die Frage der Gleichwirkung ist entscheidend, welche einzelnen Wirkungen die patentgemäßen Merkmale - für sich und insgesamt - zur Lösung der den Patentansprüchen zugrunde liegenden Aufgabe bereitstellen und ob diese Wirkungen bei der angegriffenen Ausführungsform durch andere Mittel erzielt werden. Danach ist es erforderlich, die Patentansprüche darauf zu untersuchen, welche der Wirkungen, die mit ihren Merkmalen erzielt werden können, zur Lösung der zugrundeliegenden Auf gabe patentgemäß zusammenkommen müssen. Diese Gesamtheit repräsentiert die patentierte Lösung und stellt deshalb die für den anzustellenden Vergleich maßgebliche Wirkung dar (BGH GRUR 2015, 361 Rn. 19 - Kochgefäß; BGH GRUR 2000, 1005, 1006 - Bratgeschirr; BGH GRUR 2012, 1122 Rn. 19 - Palettenbehälter III). Nur so ist gewährleistet, dass trotz Abwandlung bei einem oder mehreren Merkmalen lediglich solche Ausgestaltungen vom Schutzbereich des Patentanspruchs umfasst werden, bei denen der mit der geschützten Erfindung verfolgte Sinn beibehalten ist. Als gleichwirkend kann eine Ausführungsform nur dann angesehen werden, wenn sie nicht nur im Wesentlichen die Gesamtwirkung der Erfindung erreicht, sondern gerade auch diejenige Wirkung erzielt, die das nicht wortsinngemäß verwirklichte Merkmal erzielen soll (BGH GRUR 2015, 361 Rn. 19 - Kochgefäß; BGH GRUR 2012, 1122 Rn. 26 - Palettenbehälter III; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 9. Auflage 2017, A.V.2. Rn. 107).

bb) Zur Lösung der Aufgabe der verfügungspatentgemäßen Erfindung, die potentiell lebensbedrohlichen Toxizitäten bei einer Antifolatbehandlung signifikant zu reduzieren, ohne die therapeutische Wirksamkeit des Antifolats nachteilig zu beeinflussen, tragen die Merkmale von Ansprüchen 1 bis 3, 10 und 11 bei, indem mit Pemetrexeddi-natrium ein wirksames Antifolat (das Natriumsalz von Pemetrexed) zur Verfügung gestellt wird, dessen potentiell schwerwiegenden Nebenwirkungen durch die Kombinationstherapie mit intramuskulär injiziertem Vitamin B12 und oral verabreichter Fol-säure signifikant und ohne therapeutischen Wirkungsverlust reduziert werden. Dabei muss das Pemetrexeddinatrium zunächst aufgelöst und eine Infusionslösung hergestellt werden, die dem Patienten parenteral (also am Verdauungstrakt vorbei) intravenös verabreicht wird. Im Zuge der Auflösung des Pemetrexeddinatriums dissoziiert die Pemetrexedverbindung, das negativ geladene Pemetrexed-Anion und das positiv geladene Natrium-Kation lösen sich voneinander. Für die therapeutische Wirkung der Tumorhemmung verantwortlich und mit den Nebenwirkungen verbunden, die erfindungsgemäß in der Kombinationstherapie reduziert werden, ist allein das Pemetrexed-Anion. Das Natrium-Kation spielt insoweit - wie dem Fachmann bekannt ist - keine Rolle.

cc) Diese Gesamtwirkung der Erfindung und insbesondere die Wirkung des in Merkmal 11.1 vorgesehenen Pemetrexeddinatriums erzielt die bei der angegriffenen Ausführungsform verwandte Pemetrexeddisäure mit Tromethamin ebenfalls. Auch hier erfolgt in der als Konzentrat vertriebenen Lösung eine Dissoziierung und liegt das Pemetrexed-Anion vor. Nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts wird die Gleichwirkung also dadurch erreicht, dass das therapeutisch wirksame Pemetrexed-Anion bei der Herstellung unabhängig von der Ausgangsform des Präparats immer gleich vorliegt, im Rahmen der technischen Lehre die tumorhemmende Wirkung entfaltet und der wirkungsverlustfreien Nebenwirkungsreduktion mit Folsäure und Vitamin B12 zugänglich ist. Für die Lösung der den Patentansprüchen zugrunde liegende Aufgabe ist es dabei unerheblich, welches Gegenion zum Einsatz kommt, denn dieses hat weder Einfluss auf die Tumorhemmung, noch auf die durch die tumorhemmende Wirkung von Pemetrexed verursachten Nebenwirkungen, noch auf die Wirkungen von Vitamin B 12 oder Folsäure, die diese Nebenwirkungen verringern, ohne die tumorhemmende Wirkung zu beeinflussen.

dd) Die von der Antragsgegnerin behaupteten Unterschiede bzw. Nachteile, die mit der Verwendung von Tromethamin verbunden sein sollen, vermögen an der Annahme der Gleichwirkung nichts zu ändern. Der Umstand, dass die angegriffene Ausführungsform wegen des dort enthaltenen Tromethamins nicht kompatibel mit dem Zytostatikum Cisplatin sein soll - was angesichts der Angaben in Ziffern 4.1 und 4.2 der Fachinformation „in Kombination mit Cisplatin“ (Anlage HL 7) schon wenig plausibel erscheint - könnte ein in der medizinischen Praxis zu beachtender Nachteil der angegriffenen Ausführungsform sein, würde aber nicht dazu führen, dass die patentgemäße Aufgabe einer signifikanten Reduktion der potentiell lebensbedrohlichen To-xizitäten der Antifolatbehandlung bei gleichbleibender therapeutischer Wirksamkeit des verwendeten Antifolats nicht ebenso gut gelöst würde. Denn eine Kompatibilität mit anderen Zytostatika wird von dem Verfügungspatent nicht beansprucht. Entsprechendes gilt für den angeführten Umstand, wonach Tromethamin nicht bei Patienten mit Niereninsuffizienz verwendet werden dürfe. Auch dies spielt im Rahmen der Gleichwirkungsprüfung keine Rolle, da dieser Aspekt nicht Teil der den Patentan sprüchen zugrunde liegenden Aufgabenstellung ist. Auch die weiter von Antragsgegnerseite angestellten pharmakologischen Betrachtungen zu verschiedenen Arzneimitteleigenschaften wie Galenik, Stabilität und Haltbarkeit, Zellaufnahme, deren Geschwindigkeit und Menge, sind - soweit sie sich überhaupt substantiiert mit dem hier verwendeten Tromethamin befassen - im Rahmen der Gleichwirkung unbeachtlich. Im Hinblick auf die Wirkungen, die nach der Lehre des Verfügungspatents erzielt werden sollen, sind insoweit keine maßgeblichen Unterschiede erkennbar, wie sich insbesondere aus einem Vergleich der Fachinformationen (Anlagen HL 1 und HL 7) sowie den als Anlagen HL 11, HL 39 und HL 40 vorgelegten Unterlagen zu der angegriffenen Ausführungsform bzw. zu dem entsprechenden Produkt „A./Pemetrexed A.“ ergibt. Zwar handelt es sich bei der Zulassung der angegriffenen Ausführungsform nicht um eine Generikazulassung, sondern um eine Hybridzulassung, bei der die Unbedenklichkeit und Wirksamkeit eines Arzneimittels nicht allein durch den Verweis auf die Daten des Referenzarzneimittels belegt werden können. Nach den Ausführungen des als Anlage HL 39 vorgelegten Public Assessment Reports wird aber aufgrund der bereitgestellten Daten davon ausgegangen, dass das Gegenion Trometamol keinen Einfluss auf die Bioverfügbarkeit und die Bioäquivalenz hat, dass das generische Produkt und das Referenzprodukt im Wesentlichen gleichartig sind und dass eine Bioäquivalenzstudie nicht erforderlich ist (Anlage HL 39, Seite 5 vorletzter Absatz). Auch neue Pharmakodynamische Untersuchungen waren ausweislich des als Anlage HL 11 vorgelegten European Public Assessment Reports (EPAR) zu dem entsprechenden Produkt „A.“ nicht erforderlich (Anlage HL 11, Seite 15 unten). Aus der Ähnlichkeit der Pharmakokinetik (Anlage HL 11, Seite 16; vgl. auch Anlage HL 40, Seite 13, 2. Abs.) wird gefolgert, dass die Konjugation mit einem anderen Salz keine Auswirkungen auf Sicherheit und Wirksamkeit hat (Anlage HL 11, Seite 26; vgl. auch Anlage HL 40 Seite 14, 3. Abs.). Wie der Bundesgerichtshof zu dem hiesigen Verfügungspatent festgestellt hat (Urteil vom 14.06.2016, GRUR 2016, 921 Rn. 83, 84 - Pemetrexed), ist Gegenstand der Patentansprüche nicht ein Herstel-lungs- oder Zubereitungsverfahren - auch wenn der Anspruch aufgrund der Formulierung im Schweizer Anspruchsformat („Swiss type claim“) dem Wortlaut nach auf die Herstellung gerichtet ist - sondern die Eignung des Stoffes für einen bestimmten medizinischen Einsatzzweck und damit letztlich eine dem Stoff innewohnende Eigenschaft. Demzufolge kommt es für die Gleichwirkung auch nicht auf etwaige Unter schiede in der Zubereitung, insbesondere der Löslichkeit oder der Haltbarkeit und Stabilität an.

ee) Im Ergebnis kann auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Antragsgegnerin nicht verneint werden, dass die angegriffene Ausführungsform unter Verwendung der Pemetrexeddisäure mit Tromethamin die nach den Patentansprüchen zur Lösung der zugrunde liegenden Aufgabe erforderlichen Wirkungen ebenso uneingeschränkt erzielt. Auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach es für eine Gleichwirkung auch genügen kann, dass eine nach dem Patentanspruch erforderliche Wirkung durch abgewandelte Mittel nur in eingeschränktem Umfang erzielt wird (BGH GRUR 2015, 361 Rn. 25 - Kochgefäß), kommt es demnach hier nicht an.

c) Der Fachmann konnte die abgewandelte Ausführung zum Prioritätszeitpunkt ohne erfinderische Überlegungen als gleichwirkend auffinden.

aa) Die für eine äquivalente Benutzung vorausgesetzte Auffindbarkeit für den Fachmann ist regelmäßig dann zu bejahen, wenn das durch die Erfindung gelöste Problem mit gleichwirkenden Mitteln gelöst wird, die der Durchschnittsfachmann mit Hilfe seiner Fachkenntnisse und aufgrund von Überlegungen auffinden konnte, die sich an der in den Patentansprüchen umschriebenen Erfindung orientieren (BGH GRUR 1991, 436 440 - Befestigungsvorrichtung II; BGH GRUR 1988, 896, 899 lonenanalyse). Voraussetzung ist also, dass der Fachmann gegenüber der Lehre des Verfügungspatents kein erfinderisches Bemühen einsetzen musste (BGH GRUR 1994, 597, 600 -Zerlegvorrichtung für Baumstämme).

bb) Das Auffinden der in der angegriffenen Ausführungsform verwendeten Pemetrexed-disäure mit Tromethamin kann - wie das Landgericht im Ergebnis zu Recht festgestellt hat - nach dem zugrunde liegenden Sachverhalt nicht als ein erfinderischer Schritt angesehen werden.

(1.) Vorliegend weisen zwar weder das Verfügungspatent, noch das ursprüngliche Stoffpatent EP 0 432 677 B1 (Anlage AG 21) auf eine Verwendung von Pemetrexed-disäure mit konkret Tromethamin hin. Für den angesprochenen Fachmann, nämlich einem Team aus einem Pharmakologen oder Pharmazeuten mit Spezialisierung auf dem Gebiet der Wirkmechanismen von Antifolaten und langjähriger Berufserfahrung in der Erforschung von Antifolaten bei der Behandlung von Krebs sowie einem Mediziner mit Spezialisierung auf dem Gebiet der Onkologie und langjähriger Erfahrung in der chemotherapeutischen Behandlung von Krebspatienten mit Antikrebswirkstoffen wie Antifolaten, war allerdings zum Prioritätszeitpunkt in Kenntnis des Verfügungspatents ersichtlich, dass für die Lösung der Aufgabe der Patentansprüche anstelle des Natriumions auch ein alternatives Gegenion zu dem Pemetrexed-Anion eingesetzt werden könnte, da die aufgabengemäßen Wirkungen des Patents allein durch das Pemetrexed-Anion hervorgerufen werden und die Wahl des Kations insoweit keine Rolle spielt.

(2.) Die Verwendung von Pemetrexeddisäure lag im Prioritätszeitpunkt aus Sicht des Fachmanns nahe. Seitens der Antragsgegnerin wurde nicht in Abrede gestellt, dass der Fachmann im Prioritätszeitpunkt Pemetrexeddisäure, die auch im Stoffpatent (Anlage AG 21) genannt ist, auffinden konnte. In dem parallelen Verfahren in England ist der High Court of Justice nach durchgeführter Beweisaufnahme mit Urteil vom 15.05.2014 zu dem Schluss gekommen, dass es aus Sicht des Onkologen nahe gelegen hätte, dass, vorausgesetzt, die Disäure ergäbe eine ausreichende Konzentration von Pemetrexedanionen in Lösung und würde keine zusätzlichen Nebenwirkungen oder andere Komplikationen verursachen, die Verwendung keine wesentliche Auswirkung auf die Erfindung habe, da dies weder die Wirksamkeit und Sicherheit von Pemetrexed als Zytostatikum noch den durch die gleichzeitige Verabreichung von Vitamin B12 (oder einem Derivat) und einem Folsäureproteinbindemittel zu erhaltenen Vorteil beeinflussen würde (Urteil vom 15.05.2014, Anlage AG 16, 16a Rn. 121). Nachdem der Onkologe, so das englische Gericht weiter, keine Vorstellung davon habe, worin die Auswirkung eines Ersatzes des Dinatriumsalzes durch die Disäure in Bezug auf die Löslichkeit oder pharmazeutische Verträglichkeit der Quelle für Pemetrexedanionen liege, würde er den Chemiker fragen und dessen Antwort laute: „Ich weiß es erst, nachdem ich es getestet habe“ (Urteil vom 15.05.2014, Anlage AG 16, 16 a Rn. 122). Auch die Entscheidung des Court of Appeal vom 25.05.2015 stellt darauf ab, dass der fachkundige Chemiker die Wirkung des Ersatzstoffes nicht vorhersagen könne, ohne zumindest die Löslichkeit des fraglichen Wirkstoffs zu prüfen (vgl. Anlage AG 17, 17a Rn. 65, 68, 71). Auch die englischen Entscheidungen gehen also davon aus, dass der Fachmann die Pemetrexeddisäure grundsätzlich als mögliches Mittel herangezogen hätte, wobei aber insbesondere die Frage der Löslichkeit weiterer Test bedurft hätte, weshalb im Ergebnis ein Naheliegen verneint wurde. Dabei unterstellen die englischen Gerichte allerdings, dass die patentierte Erfindung die Herstellung des Medikaments mit umfasse, bei der eine mangelnde Löslichkeit oder sonstige pharmazeutische Erwägungen eine Rolle spielen würden (vgl. Entscheidungen des High Court of Justice vom 15.05.2014, Anlage AG 16, 16a Rn. 127 und 128 und des Court of Appeal vom 25.06.2015, Anlage AG 17, 17a Rn. 71). Die Lehre des Verfügungspatents bezieht sich aber - wie der Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 14.06.2016 (GRUR 2016, 921 -Pemetrexed) klargestellt hat - nicht gegenständlich auf das Herstellungsverfahren, sondern es handelt sich um einen verwendungsbezogenen Stoffschutz, unabhängig davon, ob der Patentanspruch seinem Wortlaut nach auf zweckgebundenen Stoffschutz, auf die Verwendung des Medikaments oder auf dessen Herrichtung zu einem bestimmten Verwendungszweck gerichtet ist; der Sache nach ist die besondere Eigenschaft des Stoffs geschützt, die auch dem hergestellten Medikament inne-wohnt (BGH a.a.O. 83, 84 - Pemetrexed). Etwaig zu überwindende Schwierigkeiten bei der Herstellung können daher bei der Frage, ob der Durchschnittsfachmann mit Hilfe seiner Fachkenntnisse das Mittel zur Lösung der dem Patent zugrunde liegenden Aufgabe ohne erfinderisches Bemühen als gleichwirkendes Mitteln auffinden konnte, keine Rolle spielen. So ist auch das fachkundig besetzte Schweizer Bundes-patentgericht in seinen Entscheidungen vom 06.12.2016 (Anlage AG 40) und vom 09.03.2017 (Anlage HL 46) davon ausgegangen, dass für den Fachmann klar gewesen sei, dass bei physiologischem pH die Pemetrexeddisäure zumindest teilweise deprotoniere und somit als Dianion, wie es auch beim Pemetrexeddinatrium zu finden sei, vorliege; für den Fachmann sei weiter klar gewesen, dass deshalb die gleiche Wirkung (jeweils verursacht durch die Anionen) zu erwarten sei (Urteil vom 08.12.2016, Anlage AG 40, Seite 17; Urteil vom 09.03.2017, Anlage HL 46, Seite 26).

(3.) Die Antragstellerin hat auch hinreichend glaubhaft gemacht (§ 294 Abs. 1 ZPO), dass das in der angegriffenen Ausführungsform als Puffersubstanz enthalteneTro-methamin aus Sicht des Fachmanns im Prioritätszeitpunkt auffindbar war. Wie sich aus dem von der Antragstellerin vorgelegten „Handbook of Pharmaceutical Salts“ von Stahl et al. (Anlage HL18, Seite 324 f.) ergibt, waren Tromethaminsalze bereits seit den 1980er Jahren zugelassen und handelte es sich jedenfalls bei Erscheinen der Erstauflage dieses Werkes am 15.12.2001 (vgl. Anlage AG 50) um eines der zehn am häufigsten eingesetzten Salzbildner. Der Umstand, dass der Prioritätszeitpunkt des Verfügungspatents früher lag (30.06.2000), ist insoweit unschädlich, als Anlage HL 18 hier den bestehenden Kenntnisstand des Fachmanns wiedergibt (vgl. z. B. Hinweis auf „Rote Liste 1999“ auf Seite 330 der Anlage HL 18), es also nicht um neue Erkenntnisse geht, die erst vom Autor des Werkes in die Welt gesetzt wurden. Davon sind auch offensichtlich die in England angehörten Sachverständigen der Parteien ausgegangen. Tromethamin war als Mittel zur Herstellung von Pufferlösungen bekannt, ebenso dessen mögliche Verabreichung per Infusionslösung in den Körper (vgl. Anlage HL 19). Dies bestätigt auch die als Anlage HL 47 vorgelegte Patentschrift zu dem deutschen Patent „Puffersysteme und deren Verwendung zur Stabilisierung pharmazeutischer Zubereitung“ DE 19648650 C2, angemeldet am 15.11.1996, in der Trometamol als gebräuchlicher Puffer genannt wird (vgl. Beschreibung Seite 2, Zeile 50 ff. sowie Tabelle 1). Es gibt auch kein Erfordernis, wonach nur das „naheliegendste“ Austauschmittel im Rahmen der Äquivalenzprüfung als auffindbar zu werten ist. Ein Austauschmittel kann vielmehr auch dann ohne erfinderische Tätigkeit als gleichwirkend aufgefunden werden, wenn es noch andere „naheliegendere“ Varianten gibt. Auch die Ausführungen der Anmelderin in dem als Anlage HL 40 vorgelegten Teil des Zulassungsantrags (auf S. 60 ff.) zu dem mit der angegriffenen Ausführungsform identischen Produkt A./Pemetrexed A., wonach Tromethamin im Pharmarecht weitgehend anerkannt sei, vermögen den Vortrag der Antragsstellerin zu stützen. Denn dort werden auch Pharma-Produkte mit Trometha-min genannt, die bereits vor dem Prioritätsdatum des Verfügungspatents vermarktet worden sind (vgl. Anlagenkonvolut HL 41). Zwar handelt es sich bei den in Anlage HL 41 aufgeführten Produkten - wie die Antragsgegnerin zutreffend einwendet -überwiegend um solche, die für andere Verabreichungsarten, nämlich als Augentropfen (Lodoxamid-Trometamol und Ketorolac-Trometamol) bzw. zur oralen Einnahme (Fosfomycin-Trometamol) oder für Tiere (Dinoprost Tromethamine, vgl. HL 18 Seite 325) zugelassen waren. Darunter findet sich aber auch die Zulassung für eine intravenöse Verabreichung am Menschen (Anlage HL 41, Tris 36,34% Braun). Insgesamt zeigen diese Beispiele, dass Tromethamin im Prioritätszeitpunkt im Arzneimittelbereich bereits eine Rolle gespielt hat und auch dessen Verabreichung durch Infusion bekannt war. Dass dem Fachmann im Prioritätszeitpunkt die Möglichkeit bekannt war, Tromethaminsalze anstelle von Natriumsalz für die Herstellung eines Arzneimittels zu verwenden, bestätigen auch übereinstimmend die von der Antragstellerin vorgelegten Sachverständigengutachten des Professors für Lungenmedizin Egbert F. S. (Anlage HL 16a, Seite 5 unten), des Professors für Pharmazeutische Chemie Prof. Dr. D. S.(Anlage HL 27a, Seite 2) sowie des Prof. Dr. C. M., Internist mit Spezialisierung auf Hämatologie und Onkologie (Anlage HL 27 b, Seite 6). Demgegenüber finden sich in dem von Antragsgegnerseite als Anlage AG 18 vorgelegten Sachverständigengutachten von Prof. Dr. J. D. keine Aussagen dazu, wonach eine Auffindbarkeit des Salzes Tromethamin als solches im Prioritätszeitpunkt nicht nahe gelegen hätte. Vielmehr wird dort allein darauf abgestellt, dass im Hinblick auf Herstellbarkeit, Stabilität und Verträglichkeit mögliche Schwierigkeiten bei der Verwendung von Pemetrexeddisäure bzw. Pemetrexedditromethamin mit angeblich erheblichem experimentellem Aufwand hätten untersucht werden müssen. Diese Argumentation liegt auf der Linie der englischen Gerichte, welche aber davon ausgehen, dass die patentierte Erfindung die Herstellung des Medikaments mit umfasse, wobei eine mangelnde Löslichkeit oder sonstige pharmazeutische Erwägungen bei der Herstellung eine Rolle spielen würden (vgl. Entscheidungen des High Court of Justice vom 15.05.2014, Anlage AG 16, 16 a Rn. 127, 128 und des Court of Appeal vom 25.06.2014, Anlage AG 17, 17a Rn. 71). Die Lehre des Verfügungspatents geht aber - wie oben bereits ausgeführt - nicht dahin, dass Pemetrexed in gelöster Form hergestellt wird, sondern es handelt sich um einen verwendungsbezogenen Stoffschutz (BGH GRUR 2016, 921 Rn. 83, 84 - Pemetrexed). Auch das fachkundig besetzte Schweizer Bundespatentgericht ist in seinen Entscheidungen vom 06.12.2016 (Anla 25.06.2014, ge AG 40) und vom 09.03.2017 (Anlage HL 46) davon ausgegangen, dass dem Fachmann zum Zeitpunkt der Prioritätsanmeldung grundsätzlich Tromethamin oder Protonen als pharmazeutisch akzeptable und übliche Kationen für Wirkstoffe bekannt waren (Urteil vom 08.12.2016, Anlage AG 40, Seite 17; Urteil vom 09.03.2017, Anlage HL 46, Seite 26). Keine Rolle spielen im Hinblick auf den Gegenstand des Verfügungspatents auch die von Antragsgegnerseite angeführten Aspekte einer etwaigen Inkompatibilität von Tromethamin mit dem Zytostatikum Cisplatin oder unerwünschter Nebenwirkungen bei Patienten mit einer Niereninsuffizienz. Denn diese Aspekte sind - wie oben zur Gleichwirkungsprüfung bereits ausgeführt - nicht Teil der den Patentansprüchen zugrunde liegenden Aufgabenstellung.

(4.) Demnach kam für den Fachmann im Prioritätszeitpunkt der Rückgriff auf Pemetrexeddisäure mit Tromethamin als Puffersubstanz als mögliche Alternativen in Betracht, um die patentgemäße Aufgabe zu lösen, nämlich die mit der Verabreichung des verwendeten Antifolats verbundenen Nebenwirkungen signifikant zu reduzieren, ohne die therapeutische Wirksamkeit nachteilig zu beeinflussen. Die Frage, welche labortechnische Handhabungen für deren Einsatz erforderlich sind, hätte er gegebenenfalls durch Versuche feststellen können. Es ist nicht ersichtlich und seitens der Antragsgegnerin auch nicht substantiiert dargetan, dass diese einen das Erkenntnisvermögen des Durchschnittsfachmanns übersteigenden Aufwand (vgl. BGH GRUR 1999, 977, 982 - Räumschild) erfordert hätten, also über Routineversuche hinausgingen und ein erfinderisches Bemühen voraussetzten.

(5.) Auch die von der Antragsgegnerin angeführte Erteilung des europäischen Patents EP 2 854 768 B1, dessen Patentanspruch 1 sich auf eine pharmazeutische Zusammensetzung mit Pemetrexeddisäure und Tromethamin und zusätzliche weitere Verfahrensmerkmale richtet (Anl. AG 55), wobei es dort um eine verbesserte Lagerstabilität des Arzneimittels geht, vermag für sich genommen die Annahme der Auffindbarkeit für den Fachmann nicht zu entkräften. Denn auch bei Würdigung des Prüfberichts vom 02.12.2014 (Anlage AG 56) und der Stellungnahme vom 16.12.2016 (Anlage AG 57) vermag der Senat nicht festzustellen, dass die Erteilung des Patents maßgeblich auf der Auswahl von Tromethamin beruht. Denn nur wenn festgestellt werden könnte, dass im Rahmen des Erteilungsverfahrens exakt dieselben und keine weitergehenden Erwägungen angestellt worden sein können, als sie im Rahmen der Äquivalenzprüfung zu klären sind, spricht der sachkundige Erteilungsakt dagegen, dass die Verletzungsform ohne Überlegungen von erfinderischem Rang aufzufinden war (Rinken/Kühnen in Schulte, PatG, 9. Aufl., § 14 Rn. 71 unter c)). Dies ist jedoch nicht dargetan und auch nicht erkennbar. Denn das Patent EP 2 854 768 B1 betrifft eine pharmazeutische Zusammensetzung aus Pemetrexed, die nur in Kombination mit Tromethamin in einer bestimmten Menge, nämlich von 40 bis 90% des Gewichts von Pemetrexed sowie zusätzlichen weiteren Verfahrensmerkmalen geschützt ist. Unter Berücksichtigung auch der eigenen Angaben des Patentinhabers (Anlage AG 57) liegt der Schluss nahe, dass sich die Patentfähigkeit nur aus den konkreten Mengenangaben, sowie den zusätzlichen Verfahrensmerkmalen ergeben hat. Auch spielen Fragen der Lagerstabilität in dem Verfügungspatent keine ersichtlich maßgebliche Rolle.

d) Zu Recht hat das Landgericht auch die erforderliche Gleichwertigkeit bejaht.

aa) Die Annahme der für eine äquivalente Verletzung erforderlichen Gleichwertigkeit, setzt voraus, dass die Überlegungen, die der Fachmann anstellen muss, derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten Lehre orientiert sind, dass der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als eine gleichwertige Lösung in Betracht zieht (BGH GRUR 2016, 921 Rn. 49 - Pemetrexed; BGH GRUR 2002, 515, 517 - Schneidmesser I; BGH GRUR 2011, 313 Rn. 35 -Crimpwerkzeug IV). Es ist mithin nicht ausreichend, dass der Fachmann aufgrund seines Fachwissens eine Lehre als technisch sinnvoll und gleichwirkend zu der in den Patentansprüchen formulierten Lehre erkennt, sondern es müssen sich seine Überlegungen, die nicht allein für das abgewandelte Mittel festzustellen sind, an der Patentschrift orientieren. Die angegriffene Ausführungsform muss in ihrer für die Merkmalsverwirklichung relevanten Gesamtheit eine auffindbar gleichwertige Lösung darstellen (BGH GRUR 2007, 959 Rn. 21 - Pumpeinrichtung; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 9. Auflage 2017, A. V. 2. Rn. 111). Das bedeutet allerdings nicht, dass die Beschreibung des Klagepatents Ausführungen dazu enthalten muss, die den Fachmann zu der von der angegriffenen Ausführungsform verwirklichten abweichenden Ausgestaltung der technischen Lehre der Erfindung hinlenken; solche Ausführungen können zwar die Einbeziehung einer vom Wortsinn des Patentanspruchs abweichenden Ausgestaltung in den Schutzbereich des Patents stützen; sie sind hierfür jedoch keine notwendige Voraussetzung (BGH GRUR 2014, 852 Rn. 16 -Begrenzungsbeschlag; Kühnen a.a.O., A. V. 2. Rn. 111).

bb) Vorliegend ist wie das Landgericht zutreffend ausführt, Gegenstand der Lehre des Verfügungspatents, durch die Kombination von Pemetrexed (als Pemetrexeddinatri-um) mit Vitamin B12 und Folsäure die bekannten Toxizitäten der Antifolatbehandlung zu verringern, ohne die Wirksamkeit des Arzneimittels im Hinblick auf die Hemmung des Tumorwachstums zu beeinträchtigen. Die Überlegungen, die der Fachmann anstellen musste, um Pemetrexeddisäure mit Tromethamin für die ansonsten unveränderte Verwendung bereitzustellen, waren derart an dieser Lehre orientiert, dass sich die Gesamtheit der Lösung mit Pemetrexeddisäure und Tromethamin als gleichwertig darstellt, weil sie zur Verabreichung eines Pemetrexed-Anions nach Dissoziierung an den Patienten in einer Weise führt, die die Wirksamkeit der Therapie bei ihrem Einsatz in der Vitamin-Kombinationsbehandlung nicht infrage stellt, während die massiven Toxizitäten - so wie es die technische Lehre des Patents erfordert - unverändert reduziert werden.

cc) Wie der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 14.06.2016 (GRUR 2016, 921 Rn. 49 ff. -Pemetrexed) festgestellt hat, kann eine Verletzung des Verfügungspatents mit äquivalenten Mitteln vorliegend nicht unter Rückgriff auf die vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze zur Auswahlentscheidung verneint werden.

(1.) Danach ist eine Ausführungsform aus dem Schutzbereich des Patents ausgeschlossen, die zwar offenbart oder für den Fachmann jedenfalls auffindbar sein mag, von der der Leser der Patentschrift aber annehmen muss, dass sie - aus welchen Gründen auch immer - nicht unter Schutz gestellt werden sollte, weil sich das Patent bei objektiver Betrachtung auf eine engere Anspruchsfassung beschränkt, als dies vom technischen Gehalt der Erfindung und gegenüber dem Stand der Technik geboten wäre (BGH GRUR 2016, 921 Rn. 50 - Pemetrexed; BGH GRUR 2011, 701 Rn. 36 -Okklusionsvorrichtung; BGH, GRUR 2012, 45 Rn. 44 - Diglycidverbindung). Für Fallgestaltungen, in denen dem Patentanspruch eine Auswahlentscheidung zwischen verschiedenen Möglichkeiten zu Grunde liegt, wird das Erfordernis der Orientierung am Patentanspruch dahin konkretisiert, dass die fachmännischen Überlegungen zu möglichen Abwandlungen gerade auch mit dieser Auswahlentscheidung in Einklang stehen müssen (BGHZ GRUR 2011, 701 Rn. 35 - Okklusionsvorrichtung). Deshalb ist eine Patentverletzung mit äquivalenten Mitteln in der Regel zu verneinen, wenn die Beschreibung mehrere Möglichkeiten offenbart, wie eine bestimmte technische Wirkung erzielt werden kann, jedoch nur eine dieser Möglichkeiten in den Patentanspruch aufgenommen worden ist (BGHZ GRUR 2011, 701 Rn. 35 - Okklusi-onsvorrichtung; BGH, GRUR 2012, 45 Rn. 44 - Diglycidverbindung).

(2.) Vorliegend wird in der Patentschrift (Anlage HL 3, HL 3a) aber nur eine Ausführungsform offenbart. In der Beschreibung wird zwar ausgeführt, die Erfindung betreffe allgemein die Verwendung von Antifolatarzneimitteln durch Verabreichung eines Me-thylmalonsäure verringernden Mittels wie Vitamin B12. Als konkrete Ausführungsform dieser Erfindung wird aber nur die Verwendung von Pemetrexeddinatrium aufgezeigt (BGH GRUR 2016, 921 Rn. 55 ff. - Pemetrexed). Eine Erweiterung der Grundsätze zur Auswahlentscheidung auf Ausführungsformen, die aufgrund der Angaben in der Patentschrift zwar nicht offenbart, aber auffindbar waren, würde hingegen schon deshalb zu weit führen, weil die Auffindbarkeit eine Grundvoraussetzung für die Bejahung von Äquivalenz ist und der Einsatz abgewandelter Mittel dann folglich niemals zu einer Patentverletzung führen könnte (BGH GRUR 2016, 921 Rn. 61 -Pemetrexed).

(3.) Wie der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 14.06.2016 (GRUR 2016, 921 Rn. 63 ff. -Pemetrexed) weiter festgestellt hat, führt auch der Umstand, dass im Zuge des Patenterteilungsverfahrens eine Konkretisierung auf Pemetrexeddinatrium erfolgt ist, nicht dazu, dass alle übrigen Formen des Antifolats Pemetrexed vom Schutzbereich des Patent ausgenommen sind. Der Bundesgerichtshof hat insoweit im Ergebnis offen gelassen, ob bei der Auslegung der geltenden Fassung eines Patents grundsätzlich auf Unterlagen aus dem Erteilungsverfahren zurückgegriffen werden darf (BGH GRUR 2016, 921 Rn. 64 - Pemetrexed), was - wie das Erstgericht zu Recht ausführt - im Hinblick auf Rechtssicherheitserwägungen Bedenken begegnet. Vorliegend ergibt ein Vergleich der unterschiedlichen Anspruchsfassungen unter Berücksichtigung des übrigen Inhalts der zugehörigen Anmeldung bzw. Patentschrift jedenfalls nicht hinreichend deutlich, dass die Konkretisierung vorgenommen wurde, um den Gegenstand des Patents vom Stand der Technik abzugrenzen und so Zweifel hinsichtlich der Patentfähigkeit zu vermeiden. Vielmehr ist die Beschränkung von Pemetrexed auf Pemetrexeddinatrium erfolgt, da Pemetrexed als solches nicht als offenbart angesehen wurde (vgl. Bescheid vom 17.05.2005, Anlage AG 15, AG 15a), so dass dem keine bewusste Auswahl des Anmelders zugrunde lag, sondern dies auf formellen Zwängen beruhte (vgl. auch BGH GRUR 2016, 921 Rn. 72 -Pemetrexed). Die Erwähnung der Klasse der Antifolate in der Beschreibung der Patentschrift einerseits und die Beschränkung der Ansprüche auf das Antifolat Pemetrexed (als Pemetrexddinatrium) andererseits im Zuge des Erteilungsverfahrens vermag demgegenüber allenfalls andere Antifolate auszuschließen, nicht aber sämtliche Derivate des einen - vermeintlich ausgewählten - Antifolats Pemetrexed (vgl. auch BGH GRUR 2016, 921 Rn. 70 - Pemetrexed).

(4.) Schließlich kann die Orientierung am Patentanspruch nicht allein deshalb verneint werden, weil der Begriff „Pemetrexeddinatrium“ eine exakte Umschreibung für eine bestimmte chemische Verbindung darstellt, deren Detaillierungsgrad mit demjenigen einer Zahlenangabe vergleichbar ist (BGH GRUR 2016, 921 Rn. 77 ff. -Pemetrexed). Denn dies bedeutet nicht, dass der Einsatz einer gleichwirkenden für den Fachmann auffindbaren Verbindung nicht ebenfalls am Sinngehalt des Pa tentanspruchs orientiert sein kann, weil der Fachmann eine gewisse Unschärfe als mit dem technischen bzw. stofflichen Sinngehalt einer Zahlenangabe oder einer chemischen Formel vereinbar ansieht (BGH GRUR 2016, 921 Rn. 77, 78 -Pemetrexed). Auch dem Umstand, dass in der Beschreibung des Klagepatents (Anlage HL 3, HL 3 a [0022]) ausdrücklich ausgeführt wird, das Antifolat zur Verwendung in der Erfindung sei Pemetrexeddinatrium, kann eine darüber hinausgehende Festlegung ebenso wenig entnommen werden, wie dem mit der Definition näher charakterisierten Begriff im Patentanspruch selbst (BGH GRUR 2016, 921 Rn. 81 -Pemetrexed). Aus Sicht des Fachmanns ist hier vielmehr entscheidend, dass sowohl die patentgemäße chemische Verbindung Pemetrexeddinatrium als auch die in der angegriffenen Ausführungsform gewählte Verbindung Pemetrexeddisäure mit Trome-thamin zur Verabreichung eines Pemetrexed-Anions nach Dissoziierung führen; allein dieses Pemetrexed-Anion ist verantwortlich für den tumorhemmenden Effekt und die damit verbundenen Nebenwirkungen; das Gegenion ist dagegen hierfür nicht relevant. Den Ausführungen des Schweizer Bundespatentgerichts, wonach der Fachmann der Beschränkung auf Dinatrium Bedeutung zumessen würde und deshalb die freie Säure oder eine andere Form der Alternativformulierung nicht als gleichwertigen Ersatz für die Dinatriumform in Betracht ziehen würde (Urteil vom 08.12.2016, Anlage AG 40, Seite 19; Urteil vom 09.03.2017, Anlage HL 46, Seite 28), kann vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen nicht gefolgt werden.

C. Verfügungsgrund

Das Landgericht hat auch den Verfügungsgrund gem. §§ 936, 917 ZPO zu Recht bejaht.

1. Zweifel am Rechtsbestand des Verfügungspatents stehen der Annahme des Verfügungsgrunds - auch vor dem Hintergrund der anhängigen Nichtigkeitsklage (Az. 3 Ni 23/16, Anlage AG 32 mit Anlagen NiK 1 bis 20) - nicht entgegen.

a) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist es grundsätzlich nicht notwendig, dass das Verfügungspatent bereits ein erstinstanzliches Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren überstanden hat; ausreichend ist bereits ein mit hoher Wahrscheinlichkeit zu prognostizierender, d.h. hinreichend gesicherter Rechtsbestand des Verfügungspatents. Vorliegend wurde das Verfügungspatent in dem von der T. Pharmaceutical Industries Ltd. angestrengten Einspruchsverfahren mit Entscheidung des Europäischen Patentamts vom 27.12.2010 (Anlage HL 20, HL 20a) aufrechterhalten. Die von der Einspruchsführerin mit Schriftsatz vom 03.03.2011 eingelegte Beschwerde nahm diese mit Schriftsatz vom 28.10.2015 einseitig zurück, so dass das Beschwerdeverfahren am 06.11.2015 ohne Sachentscheidung eingestellt wurde. Diese - unter Beteiligung technischer Fachleute zustande gekommene - Entscheidung ist für den Senat als Verletzungsgericht grundsätzlich beachtlich, außer die Entscheidung beruht auf nachweislich unrichtigen Annahmen oder einer nicht mehr vertretbaren Argumentation oder wenn mit dem Rechtsmittelgegen die Bestandsentscheidung, ohne dass insoweit ein Nachlässigkeitsvorwurf angebracht ist, weiterer Stand der Technik präsentiert wird, der eine Vernichtung des Klagepatents erwarten lässt (Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 9. Aufl. 2017, G II. 1. Rn. 62, 63). Nach diesen Grundsätzen ist auch die Erfolgsaussicht der Nichtigkeitsklage vom Senat zu beurteilen.

b) Die Entscheidung des Europäischen Patentamts vom 27.12.2010 (Anlage HL 20, HL 20a) beruht nach Auffassung des Senats nicht auf einer unvertretbaren Argumentation.

(1.) Die Einspruchsabteilung kommt auf den Seiten 13 ff. zu dem Ergebnis, dass es dem Verfügungspatent nicht im Hinblick auf die dortigen Entgegenhaltungen D 28 (jetzige Anlage NiK 2) gegebenenfalls in Kombination mit D 9 (jetzige Anlage NiK 16) und dem allgemeinen Fachwissen an erfinderischer Tätigkeit mangele, da die Verabreichung von Vitamin B12 zur Verringerung der Toxizitäten der Pemetrexedbehandlung für den Fachmann zum Prioritätszeitpunkt nicht nahegelegen habe. Die Anlage NiK 16 zeige zwar eine starke Korrelation zwischen den Baseline-Homocysteinspiegeln und der Entwicklung einer Reihe von Toxizitäten wie Neutropenie, Thrombozytopenie, Mukositis oder Durchfall, so dass davon auszugehen sei, dass am Prioritätsdatum bekannt gewesen sei, dass die Toxizität von Pemetrexed mit einer Erhöhung der Homocysteinspiegel im Plasma korreliere. Neben Homocystein seien jedoch auch die Vitamin-Metaboliten Cystathionin und Methylmalonsäure gemessen worden, wobei letztere bekanntlich der Mangel-Marker für Vitamin B12 sei. Eine Korrelation zwischen den Toxizitäten von Pemetrexed und den restlichen vorgegebenen Prädikato-ren, nämlich Methylmalonsäure und Cystathionin, sei nicht beobachtet worden. Es sei deshalb davon auszugehen, dass NiK 16 lehre, dass es keine Korrelation zwischen Pemetrexed-Toxizität und Methylmalonsäure gebe, und der Fachmann daher zu dem Schluss gekommen wäre, dass Vitamin B12 nicht an der bei der Pemetrexed-Behandlung beobachteten Toxizität beteiligt sei. Es habe für ihn also keine Motivation bestanden, Vitamin B12 zu verwenden, angesichts dessen, dass der bekannte Marker für dessen Mangel nicht korreliert habe. Auch ausgehend von der NiK 2 hätte der mit dem Problem der Reduzierung der Pemetrexed-Toxizität konfrontierte Fachmann nach Auffassung der Einspruchsabteilung die Beteiligung von Vitamin B12 im Hinblick auf die Lehre der NiK 16 ausgeschlossen und hätte dieses Vitamin nicht verwendet, um die Toxizität zu reduzieren. Vielmehr hätte er eher nur Folsäure verwendet, da in Ermangelung einer Korrelation zwischen der Pemetrexed-Toxizität und Methylmalonsäure, wie in NiK 16 berichtet, der in dem Dokument beschriebene erhöhte Homocysteinspiegel als Marker für Folatmangel erkannt worden wäre.

(2.) Das Landgericht hat hierzu richtig festgestellt, dass die von der Antragsgegnerin herangezogenen Entgegenhaltungen und Argumente es nicht rechtfertigen, die Entscheidung der Einspruchsabteilung als unvertretbar anzusehen und für das anhängige Nichtigkeitsverfahren eine Vernichtungsprognose zu stellen. Auf die diesbezüglichen überzeugenden Ausführungen des Landgerichts wird insoweit zunächst Bezug genommen (Seite 25 ff. LGU).

a) Die Entgegenhaltung NiK 2 stellt eine Korrelation zwischen erhöhten Homocystein-werten und Toxizitäten fest, wobei ein Mangel an Folsäure und/oder Vitamin B12 zu erhöhten Werten an Homocystein führe. Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, führt aber die Anlage NiK 16 von N.et al., wonach eine Erhöhung des Vitamin-B12-Markers Methymalonsäure nicht festgestellt wurde, den Fachmann von dem Rückschluss weg, dass Vitamin B12 eine Korrelation mit der Pemetrexed-Toxizität erkennen lässt. Entsprechendes gilt für die im Nichtigkeitsverfahren als NiK 23 angeführte Entgegenhaltung. Auch daraus erhält der Fachmann die Information, dass hohe Homocystein-Werte einen sehr intensiven Indikator für einen Folatmangel darstellen würden und dass es möglich sei, dass die Toxizität von Pemetrexed in Kombination mit Folsäure ohne Beeinträchtigung der Wirksamkeit beseitigt werden könne. Insoweit gilt nichts anderes wie in Bezug auf NiK 2, nämlich dass der Fachmann -auch unter Berücksichtigung dessen, dass auch ein Vitamin-B12-Mangel erhöhtes Homocystein verursachen kann - vor dem Hintergrund der Aussagen in NiK 16 und NiK 8 davon abgehalten wird, darauf zu schließen, dass das Vitamin B12 mit den Toxizitäten von Pemetrexed korreliert, da laut NiK 16 die Methylmalonsäure als Vi-tamin-B12-Mangelmarker nicht erhöht war.

(b) Die Ausführungen in NiK 3 von W. et al., die Bestandteil des Einspruchsverfahrens war (dort D 12), beschäftigen sich mit der Erforschung der Auswirkungen von Folsäu-re auf die Anpassung der Toxizität und Antitumorwirksamkeit von Pemetrexed (=LY 231514) anhand eines Versuchs mit Mäusen. Die Verabreichung von Vitamin B12 wird damit entgegen dem Dafürhalten der Antragsgegnerin nicht neuheitsschädlich offenbart. Auch wenn den Tieren mit dem verwendeten Futter „P. C. 5001“ - auf das in NiK 3 verwiesen wird - neben der Folsäure auch Vitamin B12 in einem relevanten Umfang verabreicht worden ist, so wäre dies in NiK 3 nicht eindeutig offenbart. Denn die Information einer Zufütterung eines relevanten Anteils an Vitamin B12 ist für den Fachmann allein durch den Rückschluss über das genannte Futter erhältlich und daher aus seiner fachmännischen Sicht der Schrift nicht „unmittelbar und eindeutig“ zu entnehmen, weil sie für diesen nicht so selbstverständlich ist, dass sie quasi „mitgelesen“ wird (vgl. BGH GRUR 2009, 382 Tz. 25 - Olanzapin). So bezieht sich der Schluss der Studie auch nur auf die Verringerung der Toxizitäten durch Folsäurega

(c) NiK 9 und NiK 13 beziehen sich auf den Bereich der arteriellen Verschlusskrankheiten (vgl. Nik 13: „Wirkungen von Folsäure […] und Vitamin B 12 auf Homocystein-werte bei gesunden jungen Frauen“). Selbst wenn der Fachmann - ein Team aus einem medizinischen Chemiker oder Pharmakologen und einem Onkologen - entsprechende Literatur herangezogen hätte, um zum Prioritätszeitpunkt die Frage der Reduzierung von Nebenwirkungen eines Zytostatikums zu prüfen, so wäre aus seiner Sicht dadurch die Zugabe von Vitamin B 12 nach den zutreffenden Erwägungen des Landgerichts dadurch nicht nahe gelegen, um die Toxizitäten von Pemetrexed in den Griff zu bekommen, zumal die Antragstellerin dargelegt hat, dass zum Prioritätsdatum davon ausgegangen worden ist, dass Vitamin B 12 das Tumorwachstum sogar fördere (vgl. Anlage HLNK 8 zu Anl. HL 42).

(d) NiK 12 stellt ein allgemeines Lehrbuch zur Nahrungsergänzung dar. Vorliegend steht allerdings nicht die Frage der ernährungsmedizinischen Behandlung eines Folsäure-oder Vitamin-B12-Mangels inmitten, sondern die der Verringerung der Toxizität bei einer Pemetrexedbehandlung bei unveränderter Wirksamkeit. Hierzu vermag NiK 12 dem Fachmann aber keine speziellen Hinweis zu geben.

(e) NiK 14 beschäftigt sich mit den Nebenwirkungen einer Therapie mit dem Antifolat Methotrexat, wobei nicht dargetan ist, dass eine Übertragbarkeit der dortigen Erkenntnisse ohne weiteres auf Pemetrexed erfolgen kann. Wie das Landgericht außerdem zutreffend festgestellt hat, wird dort diskutiert, dass ein Vitamin-B12-Mangel eine Nebenwirkung der Behandlung sein kann, nicht aber aufgezeigt, dass eine Vi-tamin-B12-Supplementierung geeignet ist, die Nebenwirkungen des Antifolats zu reduzieren.

(f) NiK 15 behandelt in den maßgeblichen Passagen auf Seite 270 ebenfalls ein anderes Antifolat, nämlich Lometrexol. Wie das Landgericht überzeugend dargelegt hat, sind die dortigen allgemeine Überlegungen zu biochemischen Prozessen des Folat-stoffwechsels, welche durchgehend im Konjunktiv formuliert sind („may“), nicht auf analytische oder experimentelle Belege gestützt, sondern es wird darauf verwiesen, dass der Folsäurestatus von Krebspatienten nie systematisch untersucht worden sei. Gleichzeitig führen die spezielleren experimentellen Ansätze in NiK 8 und NiK 16 den Fachmann von Vitamin B12 Weg. Außerdem entnimmt der Fachmann dem Werk auf Seiten 185 ff. eigene Ausführungen zu Pemetrexed, wo Vitamin B12 aber keine Erwähnung findet und ausgeführt wird, dass die Toxizitäten von Pemetrexed handhabbar und tolerierbar seien und etwaig auftretenden (schweren) Toxizitäten mit Dosisreduktionen begegnet werden könne (NiK 15, Seite 196 f.)

2. Das Landgericht hat weiterhin die allgemeine Interessenabwägung zutreffend zugunsten der Antragstellerin vorgenommen.

Das Erstgericht hat zu Recht berücksichtigt, dass der Antragstellerin ein Abwarten der Durchführung des Hauptsacheverfahrens vor dem Hintergrund der mit den durch den Markteintritt des Hybridarzneimittels der Antragsgegnerin verbundenen drohenden hohen wirtschaftlichen Einbußen nicht zumutbar ist, so dass das Interesse der (mit geringerem unternehmerischem Risiko tätigen) Antragsgegnerin dahinter zurücktreten muss (vgl. auch Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 9. Auflage 2017, G. Rn. 58).

Grundsätzlich ist auch bei einer nur äquivalent begründeten Verletzung der Erlass einer einstweiligen Verfügung in Ansehung dessen, dass Art. 50 Abs. 1 TRIPS die gerichtliche Anordnung einstweiliger Maßnahmen ausdrücklich vorsieht, nicht ausgeschlossen, da nicht die Benutzungskategorie über den Zugang zum vorläufigen Rechtsschutz entscheidet, sondern vielmehr die Frage, ob unter Zuhilfenahme der zulässigen Erkenntnismittel eine hinreichende Gewissheit über das Vorliegen einer Schutzrechtsverletzung erhalten werden kann (Kühnen, a.a.O., G. II. 1. Rn. 47). Dies ist eine Frage der hinreichenden Glaubhaftmachung des Verfügungsanspruchs, die vorliegend - wie oben ausgeführt - zu bejahen ist.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Einstweilige Verfügungen sind auch zum Zwecke der Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, sofern diese Regelung, insbesondere bei dauernden Rechtsverhältnissen zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(1) Auch nach der Bestätigung des Arrestes kann wegen veränderter Umstände, insbesondere wegen Erledigung des Arrestgrundes oder auf Grund des Erbietens zur Sicherheitsleistung die Aufhebung des Arrestes beantragt werden.

(2) Die Entscheidung ist durch Endurteil zu erlassen; sie ergeht durch das Gericht, das den Arrest angeordnet hat, und wenn die Hauptsache anhängig ist, durch das Gericht der Hauptsache.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X Z B 1 / 1 3
vom
2. Dezember 2014
in dem Rechtsbeschwerdeverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Sitzplatznummerierungseinrichtung
Ein Gericht kann dem Erfordernis, sich mit einer von seiner Auffassung abweichenden
Entscheidung des Europäischen Patentamts oder eines Gerichts eines
anderen Mitgliedstaates des Europäischen Patentübereinkommens auseinanderzusetzen
(BGH, Beschluss vom 15. April 2010 - Xa ZB 10/09, GRUR 2010,
950 - Walzenformgebungsmaschine), im Einzelfall auch dadurch genügen, dass
es bei der Begründung seiner eigenen Entscheidung auf die Erwägungen eingeht
, auf denen die abweichende Beurteilung beruht.
BGH, Beschluss vom 2. Dezember 2014 - X ZB 1/13 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. Dezember 2014
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Gröning,
Dr. Bacher und Dr. Deichfuß sowie die Richterin Dr. Kober-Dehm

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den am 7. August 2012 verkündeten Beschluss des 35. Senats (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenats ) des Bundespatentgerichts wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen.

Gründe:


I. Die Antragsgegnerin ist Inhaberin des deutschen Gebrauchsmusters
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20 2007 012 877 (Streitgebrauchsmusters), das eine Einrichtung zur Sitzplatznummerierung der einzelnen Sitze von in Hallen, Sälen oder dergleichen aufgestellten Sitzreihen betrifft. Es wurde am 10. Juli 2007 im Wege der Abzweigung aus einer europäischen Patentanmeldung angemeldet, auf die das europäische Patent 2 040 581 erteilt worden ist. Einen gegen seine Erteilung gerichteten Einspruch hat die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts bestandskräftig zurückgewiesen. Die aus dem Streitgebrauchsmuster in Anspruch genommene Antragstel2 lerin hat im vorliegenden Löschungsverfahren unter anderem geltend gemacht, der Gegenstand des Streitgebrauchsmusters sei nicht schutzfähig. Die Antragsgegnerin hat das Schutzrecht in der erteilten Fassung und hilfsweise in mehreren beschränkten Fassungen verteidigt. Das Patentamt hat das Streitgebrauchsmuster gelöscht und das Patentgericht die dagegen gerichtete Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit der - nicht zugelasse3 nen - Rechtsbeschwerde. II. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil die Antragsgegnerin den
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Rechtsbeschwerdegrund nach § 18 Abs. 4 Satz 2 GebrMG in Verbindung mit § 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG geltend macht. Das Rechtsmittel ist jedoch unbegründet. 1. Das Patentgericht hat angenommen, der Gegenstand des Streitge5 brauchsmusters sei dem Fachmann durch die deutschen Offenlegungsschriften 10 2005 054 398 (D8 = E2) und 100 44 589 (D4 = E3) nahegelegt. Die Rechtsbeschwerde rügt, das Patentgericht habe sich bei seiner Ent6 scheidung nicht mit dem zu den Akten gereichten Zwischenbescheid der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts und ihrer Entscheidung über die Zurückweisung des Einspruchs gegen das parallele europäische Patent befasst , in denen die Schutzfähigkeit der vorgeschlagenen Einrichtung zur Sitzplatznummerierung auf der Grundlage derselben Entgegenhaltungen bejaht worden sei.
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2. Das rechtliche Gehör der Antragsgegnerin ist nicht verletzt.
a) Die deutschen Gerichte haben nach der Rechtsprechung des Bun8 desgerichtshofs, worauf die Rechtsbeschwerde zutreffend hinweist, Entscheidungen , die die Instanzen des Europäischen Patentamts oder Gerichte anderer Vertragsstaaten des Europäischen Patentübereinkommens getroffen haben und die eine im Wesentlichen gleiche Fragestellung betreffen, zu beachten und sich gegebenenfalls mit den Gründen auseinanderzusetzen, die bei der vorangegangenen Entscheidung zu einem abweichenden Ergebnis geführt haben. Dies gilt gerade auch für die Frage, ob der Stand der Technik den Gegenstand eines Schutzrechts nahegelegt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 15. April 2010 - Xa ZB 10/09, GRUR 2010, 950 - Walzenformgebungsmaschine). Unterlässt ein Gericht die hiernach gebotene Auseinandersetzung mit der Entscheidung eines anderen Gerichts, kann darin eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegen. Das ist hier aber nicht der Fall.
b) Das Patentgericht hat die vorläufige Stellungnahme und die Ent9 scheidung der Einspruchsabteilung über die Zurückweisung des Einspruchs ersichtlich zur Kenntnis genommen und ausweislich der Beschlussgründe in einem dem Anspruch der Antragsgegnerin auf Wahrung ihres rechtlichen Gehörs genügenden Umfang gedanklich verarbeitet.
c) Wie eingehend die schriftlichen Gründe das Ergebnis der gebotenen
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Auseinandersetzung mit einer anderen Entscheidung, welche die im Wesentlichen gleiche Fragestellung zum Gegenstand hat, widerspiegeln müssen, lässt sich nicht verallgemeinern, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Im Streitfall hat die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts
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im Zusammenhang mit der Frage, ob der Gegenstand des Streitgebrauchsmusters auf einem erfinderischen Schritt beruht, zwei technische Gesichtspunkte anders beurteilt als das Patentgericht. aa) Der erste Gesichtspunkt betrifft den Umstand, dass Schutzan12 spruch 1 des Streitgebrauchsmusters statt einer Funkschnittstelle, die eine Funk-Sende- und Empfangseinheit zum Kommunizieren beiderseits benachbarter Sitze aufweist, eine Kommunikation über Infrarot vorsieht, bei der die Elek- tronik der Sitze jeweils eine Sitznummer über eine Infrarot-Schnittstelle überträgt , die entgegengesetzt gerichtete Infrarot-Sender zum Kommunizieren beidseits benachbarter Sitze aufweist. Das Patentgericht hat die Verneinung eines erfinderischen Schritts damit begründet, der Fachmann habe für diese Maßnahme eine hinreichend konkrete Anregung durch D4 erhalten, aus der ein elektronisches Sitzplatzbezeichnungssystem bekannt sei, bei dem die drahtlose Kommunikation zwischen individuellen Sitzplätzen und einer Bedienvorrichtung wahlweise über Infrarot oder Funk erfolge. Die Divergenz zu der Auffassung der Einspruchsabteilung des Europäi13 schen Patentamts besteht darin, dass diese keine Veranlassung des Fachmanns dafür gesehen hat, D4 mit D8 zu kombinieren und das aus D8 bekannte System so zu ändern, dass er zum Gegenstand der technischen Lehre des dortigen Streitpatents und hiesigen Streitgebrauchsmusters gelangt. Das Patentgericht war sich insoweit des Umstands bewusst, dass sich die Kommunikation bei D4 auf die Datenübertragung zwischen der Bedienvorrichtung und dem Sitzplatz bezieht, und hat darin gleichwohl eine hinreichend konkrete Anregung für den Fachmann gesehen, im Anschluss hieran für die elektronische Kommunikation auch zwischen den Stühlen statt einer Funkübertragung auch die Übertragung mittels Infrarot vorzusehen. Beide Ansichten unterscheiden sich in der Sache allein in der unter14 schiedlichen Beurteilung, ob der Fachmann D4 die Anregung entnimmt, die dort vorgeschlagene Lösung mit dem sich in D8 stellenden Problem in Verbindung zu bringen und sie darauf zu übertragen. Da die Einspruchsabteilung ihredies verneinende Auffassung nicht weiter konkretisiert hat, konnte es das Patentgericht ohne Verstoß gegen die Pflicht zur Auseinandersetzung mit dieser abweichenden Beurteilung bei den im angefochtenen Beschluss niedergelegten Erwägungen bewenden lassen.
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bb) Die Einspruchsabteilung hat ergänzend als weiteren Gesichtspunkt angeführt, durch D8 und D4 sei jedenfalls nicht nahegelegt, dass die Elektronik der Sitze jeweils zwei entgegengesetzt gerichtete Infrarot-Sender aufweise. Demgegenüber hat das Patentgericht erwogen, bei D8 komme es zentral darauf an, dass die Stühle beim Auf- und Abbau wahllos entnommen bzw. gestapelt werden könnten und dass eine Datenübertragung durch die Stühle in beide Richtungen erforderlich sei. Dementsprechend werde der Fachmann die Infrarot -Schnittstelle so ausgestalten, dass sie nach links und nach rechts senden und empfangen könne, was den Fachmann wegen der ihm bekannten Richtungsabhängigkeit der Infrarot-Sender sofort zu einer Ausgestaltung der Schnittstelle mit zwei entgegengesetzt gerichteten Infrarot-Sendern bzw. -Empfängern führe. Mit dieser Würdigung hat sich das Patentgericht mit der abweichenden Sicht der Einspruchsabteilung befasst und seine Abweichung davon begründet.
d) Hinsichtlich der Hilfsanträge und der Unteransprüche sind eigen16 ständige Gehörsverletzungen nicht geltend gemacht. III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 18 Abs. 4 Satz 2 GebrMG und
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IV. Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich erachtet.
Meier-Beck Gröning Bacher
Deichfuß Kober-Dehm
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 07.08.2012 - 35 W(pat) 410/10 -

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.