Oberlandesgericht München Beschluss, 27. Feb. 2018 - 2 Ws 185/18

bei uns veröffentlicht am27.02.2018

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

I. Die Beschwerde des Angeklagten K. gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 26.01.2018 wird als unbegründet verworfen.

II. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

I.

Gegen den Angeklagten findet seit 08.01.2018 vor der x. Strafkammer des Landgerichts München I als Hilfsschwurgerichtskammer die Hauptverhandlung wegen des Verdachts des versuchten Totschlags statt. Die Verhandlung wird fortgesetzt am 02.03.2018.

Im Fortsetzungstermin vom 26.01.2018 beantragte der Verteidiger die Aufhebung des Haftbefehls, hilfsweise die Außervollzugsetzung des Haftbefehls unter Auflagen.

Nach Stellungnahmen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklage wurde die Sitzung um 16.30 Uhr unterbrochen und am selben Tag um 16.41 Uhr fortgesetzt. Sodann verkündete der Vorsitzende den Beschluss, mit dem der Antrag auf Aufhebung, hilfsweise Außervollzugsetzung des Haftbefehls abgelehnt wurde.

Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 01.02.2018 legte der Angeklagte gegen den Beschluss vom 26.01.2018 Beschwerde ein. Die Beschwerde wurde damit begründet, dass die Entscheidung in der Besetzung außerhalb der Hauptverhandlung und damit ohne Mitwirkung der Schöffen hätte erfolgen müssen.

Das Landgericht München I hat mit Beschluss vom 05.02.2018 der Beschwerde nicht abgeholfen.

Wegen der Einzelheiten nimmt der Senat Bezug auf den Auszug aus dem Protokoll vom Fortsetzungstermin am 26.01.2018 und die genannten Schriftsätze und Entscheidungen.

II.

Die Beschwerde des Angeklagten ist zulässig (§§ 304, 305 S. 2, 306 StPO), hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung entspricht im Ergebnis der Sach- und Rechtslage.

1. Die Kammer hat in der zutreffenden Besetzung, wie sie für in der Hauptverhandlungen getroffene Entscheidungen gilt, entschieden, § 76 Abs. 1 S. 1 GVG.

Über die richtige Besetzung der Kammer bei Haftentscheidungen während laufender Hauptverhandlungen besteht Streit. Nach einer Meinung ist stets in der Besetzung innerhalb der Hauptverhandlung - also mit ein bis drei Berufsrichtern und zwei Schöffen - zu entscheiden (dazu nachfolgend Ziff. 1.1), nach anderer Ansicht stets in der Besetzung außerhalb der Hauptverhandlung durch drei Berufsrichter (dazu nachfolgend Ziff. 1.2). Nach einer vermittelnden Ansicht kommt es für die Besetzung auf den Zeitpunkt der Entscheidung an (dazu nachfolgend Ziff. 1.3; zum Streitstand vgl. Schultheis im Karlsruher Kommentar, StPO, 7. Aufl. 2013, § 126 StPO, Rn 10).

Der Streit wurde maßgeblich durch die gesetzliche Änderung der Unterbrechungsfristen (§ 229 StPO) beflügelt. Während nach einem ursprünglichen Verständnis „während einer Hauptverhandlung“ alles erfasste, was in dem Zeitraum zwischen Beginn und Ende einer Hauptverhandlung geschah, waren Entscheidungen „außerhalb der Hauptverhandlung“ nur solche, die vor Beginn und nach Ende der Hauptverhandlung zu treffen waren. Dies war auch praktikabel, weil eine unterbrochene Hauptverhandlung nach früherer Rechtslage (§ 228 StPO idF. v. 01.02.1877, RGBl. 253) ohne jede Ausnahme spätestens am vierten Tag, später am 11. Tag (§ 229 StPO idF. v. 12.09.1950, BGBl. 455) fortzusetzen war (vgl. zum Ganzen und mwN: Gittermann in Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2010, § 30 GVG, Rn. 13 ff., 14).

Nach nunmehr einhelliger Ansicht wird der Begriff „außerhalb“ als Gegensatz zur Hauptverhandlung verstanden. Einigkeit besteht auch darin, dass dem Begriff „Hauptverhandlung“ in §§ 30, 76 GVG die gleiche Bedeutung zukommt wie in den §§ 226 ff. StPO. Dort wiederum wird sie als die umfassende mündliche Verhandlung des Gegenstands der Anklage vor dem erkennenden Gericht definiert mit dem Ziel festzustellen, ob der angeklagte Sachverhalt sich so zugetragen hat. Bereits jede - beliebige - Unterbrechung führt danach zu einem Verfahrensstadium „außerhalb der Hauptverhandlung“ (Gittermann in Löwe-Rosenberg, aaO, Rn. 15).

1.1 Anders als die Kammer in ihrer Nichtabhilfeentscheidung vom 05.02.2018 annimmt, ist der Ansicht des Kammergerichts Berlin (B. v. 18.04.2016 - 4 Ws 40/16 - 141 AR 165/16, BeckRS 2016, 09295; anders dagegen noch KG B. v. 27.01.2015 - 3 Ws 656/14 - 141 AR 662/14, BeckRS 2015, 03311; ebenso auch OLG Koblenz, B. v. 20.01.2009 - 2 Ws 2/09, BeckRS 2010, 00266; OLG Köln B. v. 13.02.1998 - 2 Ws 93/98, NStZ 1998, 419), wonach Haftentscheidungen während einer laufenden - auch unterbrochenen - Hauptverhandlung stets unter Mitwirkung der an der Hautverhandlung beteiligten Richter einschließlich der Schöffen zu treffen sind, nicht zu folgen. Diese Ansicht ist mit der klaren Wertung des Gesetzes zur Gerichtsbesetzung (§§ 76 Abs. 1, 30 GVG) nicht vereinbar und im Hinblick auf das in Haftsachen geltende Beschleunigungsgebot kaum praktikabel, worauf das OLG Köln mit Beschluss vom 07.01.2009 (2 Ws 640-641/08, NStZ 2009, 589; unter Aufgabe seiner früheren Ansicht im B. v. 13.02.1998 -2 Ws 93/98, NStZ 1998, 419) zutreffend hinweist. Der Bundesgerichtshof hat diese Frage nur für die Gerichtsbesetzung bei erstinstanzlichen Verhandlungen vor Oberlandesgerichten in diesem Sinne entschieden, wobei hier die Besonderheit des § 122 Abs. 2 S. 1 GVG inmitten stand, und die Entscheidung für die Gerichtsbesetzung bei Schöffenbeteiligung ausdrücklich keine Gültigkeit für sich in Anspruch nimmt (BGH B. v. 30.04.1997 - StB 4/97, NJW 1997, 2531f.).

Aus dem verfassungsrechtlich verankerten Beschleunigungsgebot in Haftsachen ist eine jederzeitige Entscheidung des gem. § 126 Abs. 2 StPO zuständigen Haftgerichts auch außerhalb der Hauptverhandlung sicherzustellen, notfalls unter Hinzuziehung der geschäftsplanmäßigen Vertreter. Die im Gesetz dem Vorsitzenden eingeräumten Eilbefugnisse (§§ 125 Abs. 2 S. 2, 126 Abs. 2 S. 4 StPO) betreffen nicht den Fall einer regelmäßig während einer längeren Unterbrechung der Hauptverhandlung (§ 229 StPO) eintretenden Nichterreichbarkeit der daran beteiligten Richter und Schöffen (vgl. OLG Hamm B. v. 22.04.1998 - 3 Ws 182/98, StV 1998, 388).

Das einzig für diese Ansicht streitende Argument, dass die an der Hauptverhandlung beteiligten Richter und Schöffen gegenüber den nicht beteiligten weiteren Kammermitgliedern und ggf. den geschäftsplanmäßigen Vertretern einen persönlichen Eindruck aus der Hauptverhandlung gewinnen konnten und ihnen daher eine größere Kenntnis und erhöhte Entscheidungskompetenz zukommt, kann nicht durchgehend überzeugen. Denn je nach dem Stand der Hauptverhandlung im Zeitpunkt der Haftentscheidung kann die Kenntnis vom Prozessstoff der nicht beteiligten Berufsrichter aus dem Studium des in den Akten befindlichen Ermittlungsergebnisses größer sein, als die der Schöffen am ersten Verhandlungstag. Selbst wenn den Schöffen nach nunmehr vordringender Ansicht ein jedenfalls beschränktes Recht auf Akteneinsicht eingeräumt würde (BeckOK StPO/Goers GVG § 30 Rn. 3, beck-online; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl. 2017, § 30 GVG, Rn 2), könnte diese in Verhandlungsund Beratungspausen gewonnene Aktenkenntnis nicht den Stand der Aktenkenntnis der Berufsrichter erreichen (vgl. auch OLG Schleswig, B. v. 22.12.1989 - 2 Ws 675/89, BeckRS 9998, 34370).

Damit trägt die vom Kammergericht in dem Beschluss vom 18.04.2016 gegebenen Begründung nicht die dort vollzogene Kehrtwende in der eigenen Rechtsprechung (von „stets außerhalb“ im Beschluss vom 27.01.2015 zu „stets innerhalb“). Diese dürfte vielmehr dem Umstand geschuldet gewesen sein, dass im dort zu entscheidenden Ausnahmefall zufälligerweise keiner der entscheidenden Richter an der bereits laufenden Hauptverhandlung beteiligt war. Diese sich daraus ergebenden Fragen sind jedoch solche der Begründungstiefe (z.B. zu den Erkenntnisquellen hinsichtlich des dringenden Tatverdachts), nicht jedoch der Gerichtsbesetzung.

1.2 Der Gegenansicht, nach der die Strafkammer Haftentscheidungen während laufender Hauptverhandlung stets in der Besetzung außerhalb der Hauptverhandlung zu treffen hat, (OLG Hamburg B. v. 02.10.1997 - 2 Ws 220-97, NJW 1998, 2988; verfassungsrechtlich gebilligt BVerfG B.v. 28.03.1998 - 2 BvR 2037-97, NJW 1998, 2962; BGH B.v. 11.01.2011 - 1 StR 648/10, BeckRS 2011, 03085), und der sich der Senat bislang grundsätzlich angeschlossen hat (OLG München B. 21.06.2010 - 2 Ws 503/10, BeckRS 2010, 16217; B. v.18.04.2007 - 2 Ws 347, 348/07, BeckRS 2007, 07922), kann nicht uneingeschränkt gefolgt werden. Zutreffend ist allerdings, dass in der Besetzung außerhalb der Hauptverhandlung zu befinden ist, wenn die Entscheidung auch dort getroffen wird. Denn hier sieht das Gesetz eine Gerichtsbesetzung ohne Beteiligung der Schöffen vor, §§ 76 Abs. 1 S. 2, 30 Abs. 2 GVG.

Das Haftprüfungsverfahren ist nach der gesetzlichen Wertung in §§ 117, 118 StPO ein Verfahren neben der Hauptverhandlung. Demnach stehen Haftentscheidungen auch in keinem untrennbaren Zusammenhang zur Hauptverhandlung; insbesondere sind sie keine das Urteil unmittelbar vorbereitenden Entscheidungen und damit auch gesondert anfechtbar, § 305 S. 2 StPO. Auch aus § 118 Abs. 4 StPO ergibt sich insoweit nichts anderes. Vielmehr erkennt das Gesetz hier lediglich an, dass das Gericht in der Regel aus der laufenden Hauptverhandlung einen genügenden persönlichen Eindruck gewonnen hat; sollte dies im Einzelfall anders sein, ist das Gericht nicht gehindert, eine mündliche Haftprüfung durchzuführen (Graf in KK-StPO, 7. Aufl. 2013, § 118, Rn 4). Insofern wäre eine in der Besetzung außerhalb der Hauptverhandlung getroffene Entscheidung - etwa durch die Berufsrichter des Schwurgerichts - als eine solche „anlässlich“ der Hauptverhandlung interpretierbar und wäre daher mit § 76 Abs. 1 GVG in Einklang zu bringen.

Allerdings erschwert diese Ansicht eine gebotene, unverzügliche Haftentscheidung innerhalb der Hauptverhandlung, wenn die Kammer in der Besetzung mit zwei Berufsrichtern oder als kleine Strafkammer tagt und die Besetzung der Kammer außerhalb der (Berufungs-)Hauptverhandlung nicht unverzüglich erreicht werden kann. Sie begibt sich auch ohne Not der Mitwirkung der die Endentscheidung mitverantwortenden Schöffen, deren Zuständigkeit für diese Entscheidungen nach §§ 76 Abs. 1 S. 1, 30 Abs. 1 GVG außer Frage steht. Eine Notzuständigkeit nach §§ 125 Abs. 2 S. 2, 126 Abs. 2 S. 4 StPO, könnte nach dieser Ansicht auch nur angenommen werden, wenn das Gericht ausreichende Versuche unternommen hat, in der Besetzung außerhalb der Hauptverhandlung zusammenzutreten, um dem Prinzip des gesetzlichen Richters Genüge zu tun.

1.3 Die vorstehenden Ausführungen zeigen erhebliche Schwächen der um eine stets gleiche Besetzung der Kammer bei Haftentscheidungen bemühten Ansichten auf. Der Senat schließt sich in Fortentwickelung seiner bisherigen Rechtsprechung der bereits früher vielfach vertretenen, vermittelnden Auffassung (OLG Düsseldorf, B.v. 28.11.1983 - 2 Ws 643/83, MDR 1984, 424f.; Gittermann in Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2010, § 30 GVG, Rn. 22-26; vgl. auch BGH zur Rechtsprechungspraxis der Oberlandesgerichte im B.v. 30.04.1997 - StB 4/97, NJW 1997, 2531) an, dass sich die Gerichtsbesetzung in Anwendung der Bestimmungen des GVG richtigerweise danach bestimmt, ob die Entscheidung innerhalb (§§ 76 Abs. 1 S. 1, 30 Abs. 1 GVG) oder außerhalb (§§ 76 Abs. 1 S. 2, 30 Abs. 2 GVG) der Hauptverhandlung getroffen wird. Dabei ergibt sich aus § 30 Abs. 1 GVG, dessen Rechtsgedanke auch auf die Strafkammer-Besetzung entsprechend anzuwenden ist, dass die Schöffen in der Hauptverhandlung auch an Entscheidungen mitwirken, die in keiner Beziehung zur Urteilsfällung stehen, wie es Haftentscheidungen sind. Diese Ansicht dürfte auch der überwiegenden Entscheidungspraxis der Amts- und Landgerichte entsprechen (vgl. Gittermann in Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2010, § 30 GVG, Rn. 22).

Die unterschiedliche Zusammensetzung des zur Entscheidung berufenen Gerichts ist dabei ausdrücklich im Gesetz so vorgesehen. Die im Gesetz so angelegte - jedenfalls theoretische -Gefahr divergierender Entscheidungen unterschiedlich besetzter Spruchgremien ist hinzunehmen. Denn diese Gefahr besteht nicht nur auch bei der o. unter Ziff. 1.2 dargestellten Lösung (vgl. OLG Hamburg, B.v. 02.10.1997 - 2 Ws 220-97, NJW 1998, 2988), wenn (stets) in Besetzung außerhalb der Hauptverhandlung entschieden wird, im Fall des § 268b StPO aber von Gesetzes wegen zwingend unter Beteiligung der Schöffen, sondern ebenfalls bei allen (Haft-)Entscheidungen vor Beginn und nach Ende der Hauptverhandlung, an denen die Schöffen - unstreitig - niemals mitwirken, so dass auch in diesem Fall die unterschiedliche Besetzung zu einem anderen Ergebnis z.B. bzgl. der nach § 268b StPO getroffenen Entscheidung führen kann.

Anders als etwa im Fall der Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens gem. § 199 StPO, die bis auf den Ausnahmefall des § 266 StPO vor der Hauptverhandlung und damit außerhalb derselben zu erfolgen hat (vgl. BGH B.v. 15.08.2017 - 4 StR 250/17, BeckRS 2017, 130280), wird die Frage, wann eine Haftentscheidung innerhalb oder außerhalb der Hauptverhandlung zu treffen ist, im Gesetz nicht näher beantwortet. Auch aus der Zuständigkeitszuweisung für die Haftkontrolle in § 126 Abs. 2 StPO ergibt sich hierzu nichts. Den deswegen gegen die hier vertretene Auffassung angemeldeten Bedenken im Hinblick auf den gesetzlichen Richter und die dabei eröffneten Manipulationsmöglichkeiten (OLG Hamburg B.v. 02.10.1997 - 2 Ws 220-97, NJW 1998, 2988; BGH B.v. 11.01.2011 - 1 StR 648/10, BeckRS 2011, 03085; vgl. auch Gittermann in Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2010, § 30 GVG, Rn. 17) ist jedoch das aus dem Grundrecht der Freiheit der Person in Art. 2 Abs. 2 GG folgende Beschleunigungsgebot in Haftentscheidungen entgegenzuhalten. Beide Verfassungsprinzipien haben großes Gewicht und sind zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen (Gittermann in Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2010, § 30 GVG, Rn. 22). Soweit das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 28.03.1998 (2 BvR 2037-97, NJW 1998, 2962) die vom OLG Hamburg im B. v. 02.10.1997 vertretene Ansicht verfassungsrechtlich nicht beanstandet hat, hat es zugleich ausgeführt, dass die Auslegung unklarer, daher auslegungsbedürftiger Regelungen über den gesetzlichen Richter durch die Spruchkörper vom Verfassungsgericht hingenommen werden muss.

Die Feststellung der nach §§ 76 Abs. 1, 30 GVG zutreffenden Gerichtsbesetzung ist daher unter Anwendung des bei Haftsachen geltenden Beschleunigungsgebots danach zu treffen, wann das Gericht zum ehestmöglichen Zeitpunkt eine sachgerechte Entscheidung treffen kann. Es entscheidet über einen innerhalb oder außerhalb der Hauptverhandlung gestellten Haftprüfungsantrag (vgl. BGH B.v. 30.04.1997, NJW 1997, 2531f., 2532), ebenso über einen Antrag der Staatsanwaltschaft auf Erlass eines Haftbefehls oder von Amts wegen gem. § 120 Abs. 1 S. 1 StPO in der Zusammensetzung der Hauptverhandlung, wenn während der Hauptverhandlung am zügigsten eine sachgerechte Entscheidung getroffen werden kann, im Übrigen in der Besetzung außerhalb der Hauptverhandlung.

Danach sind etwa in der Hauptverhandlung gestellte Haftprüfungsanträge in derselben zu entscheiden, wenn sich die für die Haftentscheidung wesentlichen Informationen aus dem Ergebnis dieser Verhandlung ergeben und keine zusätzlichen Ermittlungen von Amts wegen (z.B. zu den Voraussetzungen einer Außervollzugsetzung) erforderlich werden oder die Frage keiner weiteren - etwa rechtlichen - Prüfung bedarf. Dies wird häufig bei den dringenden Tatverdacht betreffenden Erwägungen der Fall sein, oder, betreffend den Erlass eines Haftbefehls, wenn durch eine Zeugenvernehmung der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr im Raum steht und eine sofortige Entscheidung erfordert.

Der Grund für die Annahme seiner Zuständigkeit für die Entscheidung innerhalb oder außerhalb der Hauptverhandlung hat das Gericht in der Entscheidungsbegründung - spätestens auf entsprechende Rüge in der Abhilfeentscheidung - darzulegen, um den Anschein einer Manipulation auszuschließen. Dabei spricht eine Vermutung dafür, dass das Gericht in der Besetzung innerhalb der Hauptverhandlung zur Entscheidung in der Lage und damit berufen war, wenn der Antrag in der Hauptverhandlung gestellt wurde und das Gericht über diesen Antrag in der Hauptverhandlung in zeitlicher Nähe entschieden hat, wie dies vorliegend der Fall ist. Ebenso wird eine nähere Begründung entbehrlich sein, wenn ein während einer längeren Unterbrechung gestellter Antrag in dieser Zeit durch die Kammer in der Besetzung außerhalb der Hauptverhandlung entschieden wird. Eine nähere Begründung wäre in Fällen erforderlich, in denen sich die zutreffende Gerichtsbesetzung nicht derart offensichtlich erschließt.

Nach Ansicht des Senats ist durch das Begründungserfordernis - und der damit jederzeit möglichen Überprüfung - der Vorwurf einer willkürlichen Gerichtsbesetzung auszuschließen. Sollte die hier nach den Regelungen des Gerichtsverfassungsgesetzes vertretene Ansicht verfassungsrechtliche Bedenken hervorrufen, wovon der Senat jedoch - wie dargestellt - nicht ausgeht, so wäre der Gesetzgeber berufen, eine eindeutige gesetzliche Regelung zu finden.

2. In der Sache ist die Entscheidung nicht zu beanstanden und wird in der Beschwerdebegründung auch nicht angegriffen, auch wenn sich die Verteidigung „für den Fall einer neuerlich zu ergehenden Entscheidung die Abgabe einer ausführlichen schriftlichen Begründung zum dringenden Tatverdacht“ vorbehalten hat.

Die Kammer hat ihre im Fortsetzungstermin vom 26.01.2018 getroffene Entscheidung dahingehend begründet, dass nach vorläufiger Würdigung der Einlassung des Angeklagten und der Beweisaufnahme nach wie vor der dringende Verdacht eines versuchten Totschlags, einer gefährlichen Körperverletzung und einer vorsätzlichen Körperverletzung bestehe. Damit hat die Kammer zum Ausdruck gebracht, dass das bisherige Ergebnis der Beweisaufnahme nicht von dem wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen, wie es in der Anklageschrift vom 20.10.2017 zusammengefasst und vom Senat in seiner Haftfortdauerentscheidung vom 23.11.2017 (Gz. 2 Ws 1471/17 H) gewürdigt worden ist, derart abweicht, dass eine andere Entscheidung veranlasst wäre.

Es gilt der Grundsatz, dass das Beschwerdegericht die vorläufige Bewertung des bisherigen Ergebnisses der Beweisaufnahme durch das Tatgericht nicht auf ihre Richtigkeit überprüfen (vgl. BVerfG Beschluss vom 23.1.2008 - 2 BvR 2652/07, BeckRS 2008, 31928; BGH B.v. 08.10.2012 -StB 9/12, NStZ-RR 2013, 16; KG StV 2001, 689) und folgerichtig in die - auf dieser Grundlage vorgenommene - Beurteilung des dringenden Tatverdachts durch das Tatgericht nur dann eingreifen und diese durch eine abweichende eigene Entscheidung ersetzen kann, wenn der Inhalt der angefochtenen Haftentscheidung offensichtlich fehlerhaft ist, weil der dringende Tatverdacht aus tatsächlich oder rechtlich nicht vertretbaren Gründen bejaht oder verneint wird (KG Beschluss vom 01.03.2016 - 4 Ws 6/16, BeckRS 2016, 09292, beck-online).

Dies entbindet das Tatgericht jedoch nicht davon, seine Haftfortdauerentscheidung zu begründen und auf konkrete Einwendungen einer Beschwerde spätestens in der Abhilfeentscheidung substantiiert einzugehen, um so dem Beschwerdegericht eine ausreichende Grundlage für die Überprüfung der angegriffenen Entscheidung zu geben (vgl. BGH NStZ-RR 2013, 16ff., 17).

Nachdem die Beschwerde keine näheren Einwendungen erhoben hat, war die Begründung der angegriffenen Entscheidung ausreichend und die Einschätzung zur Beweislage vom Beschwerdegericht nicht in Zweifel zu ziehen.

3. Es bestand keine Veranlassung, dem Angeklagten erneut rechtliches Gehör zu gewähren, weil sein Verteidiger offensichtlich - zu Unrecht - der Entscheidung aus formellen Gründen bereits keinen Bestand eingeräumt hat.

Im Beschwerdeverfahren sind vielmehr alle Gesichtspunkte vorzutragen, die den Bestand der Entscheidung berühren können. Beschränkt sich der Beschwerdeführer auf wenige Gesichtspunkte, so kann er nicht damit gehört werden, dass diese anders beurteilt werden als von ihm gedacht und er sonst weitere Gründe nachgeschoben hätte.

Letztlich entstehen dem Angeklagten dadurch auch keine Nachteile, weil er mit einem erneuten Haftprüfungsantrag nicht ausgeschlossen wäre und ein Anspruch auf mündlichen Verhandlung gem. § 118 Abs. 4 StPO ohnehin nicht besteht. Zudem wäre dem erkennenden Gericht der neue Vortrag - gerade soweit er den dringenden Tatverdacht berühren sollte - erneut mit der Gelegenheit zur Abhilfe und erforderlichenfalls Ergänzung seiner Begründung zuzuleiten, so dass eine Beschleunigung der Entscheidung durch die nachträgliche Gewährung rechtlichen Gehörs nicht zu erwarten ist.

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 473 Abs. 1 StPO.

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4.
die Akteneinsicht betreffen oder
5.
den Widerruf der Strafaussetzung, den Widerruf des Straferlasses und die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe (§ 453 Abs. 2 Satz 3), die Anordnung vorläufiger Maßnahmen zur Sicherung des Widerrufs (§ 453c), die Aussetzung des Strafrestes und deren Widerruf (§ 454 Abs. 3 und 4), die Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 372 Satz 1) oder die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung nach den §§ 435, 436 Absatz 2 in Verbindung mit § 434 Absatz 2 und § 439 betreffen;
§ 138d Abs. 6 bleibt unberührt.

(5) Gegen Verfügungen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes und des Oberlandesgerichts (§ 169 Abs. 1) ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen.

Entscheidungen der erkennenden Gerichte, die der Urteilsfällung vorausgehen, unterliegen nicht der Beschwerde. Ausgenommen sind Entscheidungen über Verhaftungen, die einstweilige Unterbringung, Beschlagnahmen, die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis, das vorläufige Berufsverbot oder die Festsetzung von Ordnungs- oder Zwangsmitteln sowie alle Entscheidungen, durch die dritte Personen betroffen werden.

(1) Die Strafkammern sind mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen (große Strafkammer), in Verfahren über Berufungen gegen ein Urteil des Strafrichters oder des Schöffengerichts mit dem Vorsitzenden und zwei Schöffen (kleine Strafkammer) besetzt. Bei Entscheidungen außerhalb der Hauptverhandlung wirken die Schöffen nicht mit.

(2) Bei der Eröffnung des Hauptverfahrens beschließt die große Strafkammer über ihre Besetzung in der Hauptverhandlung. Ist das Hauptverfahren bereits eröffnet, beschließt sie hierüber bei der Anberaumung des Termins zur Hauptverhandlung. Sie beschließt eine Besetzung mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen, wenn

1.
sie als Schwurgericht zuständig ist,
2.
die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung, deren Vorbehalt oder die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zu erwarten ist oder
3.
nach dem Umfang oder der Schwierigkeit der Sache die Mitwirkung eines dritten Richters notwendig erscheint.
Im Übrigen beschließt die große Strafkammer eine Besetzung mit zwei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen.

(3) Die Mitwirkung eines dritten Richters nach Absatz 2 Satz 3 Nummer 3 ist in der Regel notwendig, wenn die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird oder die große Strafkammer als Wirtschaftsstrafkammer zuständig ist.

(4) Hat die Strafkammer eine Besetzung mit zwei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen beschlossen und ergeben sich vor Beginn der Hauptverhandlung neue Umstände, die nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 eine Besetzung mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen erforderlich machen, beschließt sie eine solche Besetzung.

(5) Ist eine Sache vom Revisionsgericht zurückverwiesen oder ist die Hauptverhandlung ausgesetzt worden, kann die jeweils zuständige Strafkammer erneut nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 über ihre Besetzung beschließen.

(6) In Verfahren über Berufungen gegen ein Urteil des erweiterten Schöffengerichts (§ 29 Abs. 2) ist ein zweiter Richter hinzuzuziehen. Außerhalb der Hauptverhandlung entscheidet der Vorsitzende allein.

(1) Eine Hauptverhandlung darf bis zu drei Wochen unterbrochen werden.

(2) Eine Hauptverhandlung darf auch bis zu einem Monat unterbrochen werden, wenn sie davor jeweils an mindestens zehn Tagen stattgefunden hat.

(3) Hat eine Hauptverhandlung bereits an mindestens zehn Tagen stattgefunden, so ist der Lauf der in den Absätzen 1 und 2 genannten Fristen gehemmt, solange

1.
ein Angeklagter oder eine zur Urteilsfindung berufene Person wegen Krankheit oder
2.
eine zur Urteilsfindung berufene Person wegen gesetzlichen Mutterschutzes oder der Inanspruchnahme von Elternzeit
nicht zu der Hauptverhandlung erscheinen kann, längstens jedoch für zwei Monate. Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Fristen enden frühestens zehn Tage nach Ablauf der Hemmung. Beginn und Ende der Hemmung stellt das Gericht durch unanfechtbaren Beschluß fest.

(4) Wird die Hauptverhandlung nicht spätestens am Tage nach Ablauf der in den vorstehenden Absätzen bezeichneten Frist fortgesetzt, so ist mit ihr von neuem zu beginnen. Ist der Tag nach Ablauf der Frist ein Sonntag, ein allgemeiner Feiertag oder ein Sonnabend, so kann die Hauptverhandlung am nächsten Werktag fortgesetzt werden.

(5) Ist dem Gericht wegen einer vorübergehenden technischen Störung die Fortsetzung der Hauptverhandlung am Tag nach Ablauf der in den vorstehenden Absätzen bezeichneten Frist oder im Fall des Absatzes 4 Satz 2 am nächsten Werktag unmöglich, ist es abweichend von Absatz 4 Satz 1 zulässig, die Hauptverhandlung unverzüglich nach der Beseitigung der technischen Störung, spätestens aber innerhalb von zehn Tagen nach Fristablauf fortzusetzen. Das Vorliegen einer technischen Störung im Sinne des Satzes 1 stellt das Gericht durch unanfechtbaren Beschluss fest.

(1) Über die Aussetzung einer Hauptverhandlung oder deren Unterbrechung nach § 229 Abs. 2 entscheidet das Gericht. Kürzere Unterbrechungen ordnet der Vorsitzende an.

(2) Eine Verhinderung des Verteidigers gibt, unbeschadet der Vorschrift des § 145, dem Angeklagten kein Recht, die Aussetzung der Verhandlung zu verlangen.

(3) Ist die Frist des § 217 Abs. 1 nicht eingehalten worden, so soll der Vorsitzende den Angeklagten mit der Befugnis, Aussetzung der Verhandlung zu verlangen, bekanntmachen.

(1) Eine Hauptverhandlung darf bis zu drei Wochen unterbrochen werden.

(2) Eine Hauptverhandlung darf auch bis zu einem Monat unterbrochen werden, wenn sie davor jeweils an mindestens zehn Tagen stattgefunden hat.

(3) Hat eine Hauptverhandlung bereits an mindestens zehn Tagen stattgefunden, so ist der Lauf der in den Absätzen 1 und 2 genannten Fristen gehemmt, solange

1.
ein Angeklagter oder eine zur Urteilsfindung berufene Person wegen Krankheit oder
2.
eine zur Urteilsfindung berufene Person wegen gesetzlichen Mutterschutzes oder der Inanspruchnahme von Elternzeit
nicht zu der Hauptverhandlung erscheinen kann, längstens jedoch für zwei Monate. Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Fristen enden frühestens zehn Tage nach Ablauf der Hemmung. Beginn und Ende der Hemmung stellt das Gericht durch unanfechtbaren Beschluß fest.

(4) Wird die Hauptverhandlung nicht spätestens am Tage nach Ablauf der in den vorstehenden Absätzen bezeichneten Frist fortgesetzt, so ist mit ihr von neuem zu beginnen. Ist der Tag nach Ablauf der Frist ein Sonntag, ein allgemeiner Feiertag oder ein Sonnabend, so kann die Hauptverhandlung am nächsten Werktag fortgesetzt werden.

(5) Ist dem Gericht wegen einer vorübergehenden technischen Störung die Fortsetzung der Hauptverhandlung am Tag nach Ablauf der in den vorstehenden Absätzen bezeichneten Frist oder im Fall des Absatzes 4 Satz 2 am nächsten Werktag unmöglich, ist es abweichend von Absatz 4 Satz 1 zulässig, die Hauptverhandlung unverzüglich nach der Beseitigung der technischen Störung, spätestens aber innerhalb von zehn Tagen nach Fristablauf fortzusetzen. Das Vorliegen einer technischen Störung im Sinne des Satzes 1 stellt das Gericht durch unanfechtbaren Beschluss fest.

(1) Insoweit das Gesetz nicht Ausnahmen bestimmt, üben die Schöffen während der Hauptverhandlung das Richteramt in vollem Umfang und mit gleichem Stimmrecht wie die Richter beim Amtsgericht aus und nehmen auch an den im Laufe einer Hauptverhandlung zu erlassenden Entscheidungen teil, die in keiner Beziehung zu der Urteilsfällung stehen und die auch ohne mündliche Verhandlung erlassen werden können.

(2) Die außerhalb der Hauptverhandlung erforderlichen Entscheidungen werden von dem Richter beim Amtsgericht erlassen.

(1) Die Strafkammern sind mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen (große Strafkammer), in Verfahren über Berufungen gegen ein Urteil des Strafrichters oder des Schöffengerichts mit dem Vorsitzenden und zwei Schöffen (kleine Strafkammer) besetzt. Bei Entscheidungen außerhalb der Hauptverhandlung wirken die Schöffen nicht mit.

(2) Bei der Eröffnung des Hauptverfahrens beschließt die große Strafkammer über ihre Besetzung in der Hauptverhandlung. Ist das Hauptverfahren bereits eröffnet, beschließt sie hierüber bei der Anberaumung des Termins zur Hauptverhandlung. Sie beschließt eine Besetzung mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen, wenn

1.
sie als Schwurgericht zuständig ist,
2.
die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung, deren Vorbehalt oder die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zu erwarten ist oder
3.
nach dem Umfang oder der Schwierigkeit der Sache die Mitwirkung eines dritten Richters notwendig erscheint.
Im Übrigen beschließt die große Strafkammer eine Besetzung mit zwei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen.

(3) Die Mitwirkung eines dritten Richters nach Absatz 2 Satz 3 Nummer 3 ist in der Regel notwendig, wenn die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird oder die große Strafkammer als Wirtschaftsstrafkammer zuständig ist.

(4) Hat die Strafkammer eine Besetzung mit zwei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen beschlossen und ergeben sich vor Beginn der Hauptverhandlung neue Umstände, die nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 eine Besetzung mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen erforderlich machen, beschließt sie eine solche Besetzung.

(5) Ist eine Sache vom Revisionsgericht zurückverwiesen oder ist die Hauptverhandlung ausgesetzt worden, kann die jeweils zuständige Strafkammer erneut nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 über ihre Besetzung beschließen.

(6) In Verfahren über Berufungen gegen ein Urteil des erweiterten Schöffengerichts (§ 29 Abs. 2) ist ein zweiter Richter hinzuzuziehen. Außerhalb der Hauptverhandlung entscheidet der Vorsitzende allein.

(1) Die Senate der Oberlandesgerichte entscheiden, soweit nicht nach den Vorschriften der Prozeßgesetze an Stelle des Senats der Einzelrichter zu entscheiden hat, in der Besetzung von drei Mitgliedern mit Einschluß des Vorsitzenden.

(2) Die Strafsenate entscheiden über die Eröffnung des Hauptverfahrens des ersten Rechtszuges mit einer Besetzung von fünf Richtern einschließlich des Vorsitzenden. Bei der Eröffnung des Hauptverfahrens beschließt der Strafsenat, daß er in der Hauptverhandlung mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden besetzt ist, wenn nicht nach dem Umfang oder der Schwierigkeit der Sache die Mitwirkung zweier weiterer Richter notwendig erscheint. Über die Einstellung des Hauptverfahrens wegen eines Verfahrenshindernisses entscheidet der Strafsenat in der für die Hauptverhandlung bestimmten Besetzung. Ist eine Sache vom Revisionsgericht zurückverwiesen worden, kann der nunmehr zuständige Strafsenat erneut nach Satz 2 über seine Besetzung beschließen.

(1) Vor Erhebung der öffentlichen Klage ist für die weiteren gerichtlichen Entscheidungen und Maßnahmen, die sich auf die Untersuchungshaft, die Aussetzung ihres Vollzugs (§ 116), ihre Vollstreckung (§ 116b) sowie auf Anträge nach § 119a beziehen, das Gericht zuständig, das den Haftbefehl erlassen hat. Hat das Beschwerdegericht den Haftbefehl erlassen, so ist das Gericht zuständig, das die vorangegangene Entscheidung getroffen hat. Wird das vorbereitende Verfahren an einem anderen Ort geführt oder die Untersuchungshaft an einem anderen Ort vollzogen, so kann das Gericht seine Zuständigkeit auf Antrag der Staatsanwaltschaft auf das für diesen Ort zuständige Amtsgericht übertragen. Ist der Ort in mehrere Gerichtsbezirke geteilt, so bestimmt die Landesregierung durch Rechtsverordnung das zuständige Amtsgericht. Die Landesregierung kann diese Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltung übertragen.

(2) Nach Erhebung der öffentlichen Klage ist das Gericht zuständig, das mit der Sache befaßt ist. Während des Revisionsverfahrens ist das Gericht zuständig, dessen Urteil angefochten ist. Einzelne Maßnahmen, insbesondere nach § 119, ordnet der Vorsitzende an. In dringenden Fällen kann er auch den Haftbefehl aufheben oder den Vollzug aussetzen (§ 116), wenn die Staatsanwaltschaft zustimmt; andernfalls ist unverzüglich die Entscheidung des Gerichts herbeizuführen.

(3) Das Revisionsgericht kann den Haftbefehl aufheben, wenn es das angefochtene Urteil aufhebt und sich bei dieser Entscheidung ohne weiteres ergibt, daß die Voraussetzungen des § 120 Abs. 1 vorliegen.

(4) Die §§ 121 und 122 bleiben unberührt.

(5) Soweit nach den Gesetzen der Länder über den Vollzug der Untersuchungshaft eine Maßnahme der vorherigen gerichtlichen Anordnung oder der gerichtlichen Genehmigung bedarf, ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Maßnahme durchgeführt wird. Unterhält ein Land für den Vollzug der Untersuchungshaft eine Einrichtung auf dem Gebiet eines anderen Landes, können die beteiligten Länder vereinbaren, dass das Amtsgericht zuständig ist, in dessen Bezirk die für die Einrichtung zuständige Aufsichtsbehörde ihren Sitz hat. Für das Verfahren gilt § 121b des Strafvollzugsgesetzes entsprechend.

(1) Vor Erhebung der öffentlichen Klage erläßt der Richter bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk ein Gerichtsstand begründet ist oder der Beschuldigte sich aufhält, auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder, wenn ein Staatsanwalt nicht erreichbar und Gefahr im Verzug ist, von Amts wegen den Haftbefehl.

(2) Nach Erhebung der öffentlichen Klage erläßt den Haftbefehl das Gericht, das mit der Sache befaßt ist, und, wenn Revision eingelegt ist, das Gericht, dessen Urteil angefochten ist. In dringenden Fällen kann auch der Vorsitzende den Haftbefehl erlassen.

(1) Eine Hauptverhandlung darf bis zu drei Wochen unterbrochen werden.

(2) Eine Hauptverhandlung darf auch bis zu einem Monat unterbrochen werden, wenn sie davor jeweils an mindestens zehn Tagen stattgefunden hat.

(3) Hat eine Hauptverhandlung bereits an mindestens zehn Tagen stattgefunden, so ist der Lauf der in den Absätzen 1 und 2 genannten Fristen gehemmt, solange

1.
ein Angeklagter oder eine zur Urteilsfindung berufene Person wegen Krankheit oder
2.
eine zur Urteilsfindung berufene Person wegen gesetzlichen Mutterschutzes oder der Inanspruchnahme von Elternzeit
nicht zu der Hauptverhandlung erscheinen kann, längstens jedoch für zwei Monate. Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Fristen enden frühestens zehn Tage nach Ablauf der Hemmung. Beginn und Ende der Hemmung stellt das Gericht durch unanfechtbaren Beschluß fest.

(4) Wird die Hauptverhandlung nicht spätestens am Tage nach Ablauf der in den vorstehenden Absätzen bezeichneten Frist fortgesetzt, so ist mit ihr von neuem zu beginnen. Ist der Tag nach Ablauf der Frist ein Sonntag, ein allgemeiner Feiertag oder ein Sonnabend, so kann die Hauptverhandlung am nächsten Werktag fortgesetzt werden.

(5) Ist dem Gericht wegen einer vorübergehenden technischen Störung die Fortsetzung der Hauptverhandlung am Tag nach Ablauf der in den vorstehenden Absätzen bezeichneten Frist oder im Fall des Absatzes 4 Satz 2 am nächsten Werktag unmöglich, ist es abweichend von Absatz 4 Satz 1 zulässig, die Hauptverhandlung unverzüglich nach der Beseitigung der technischen Störung, spätestens aber innerhalb von zehn Tagen nach Fristablauf fortzusetzen. Das Vorliegen einer technischen Störung im Sinne des Satzes 1 stellt das Gericht durch unanfechtbaren Beschluss fest.

(1) Insoweit das Gesetz nicht Ausnahmen bestimmt, üben die Schöffen während der Hauptverhandlung das Richteramt in vollem Umfang und mit gleichem Stimmrecht wie die Richter beim Amtsgericht aus und nehmen auch an den im Laufe einer Hauptverhandlung zu erlassenden Entscheidungen teil, die in keiner Beziehung zu der Urteilsfällung stehen und die auch ohne mündliche Verhandlung erlassen werden können.

(2) Die außerhalb der Hauptverhandlung erforderlichen Entscheidungen werden von dem Richter beim Amtsgericht erlassen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 648/10
vom
11. Januar 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Januar 2011 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
München I vom 8. Juli 2010 wird als unbegründet verworfen, da
die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§
349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat im Hinblick auf das Revisionsvorbringen vom
14. Dezember 2010:
Es kann dahinstehen, ob das angefochtene Urteil überhaupt darauf beruhen
kann, dass über einen in der Hauptverhandlung gestellten Antrag auf Aufhebung
des Haftbefehls die zuständige Kammer in einer nicht zutreffenden Besetzung
entschieden hätte, weil insoweit weder Schuld- noch Strafausspruch betroffen
sein können.
Jedoch liegt insoweit keine fehlerhafte Beschlussfassung vor; denn die Kammer
hat über den Aufhebungsantrag in der zutreffenden Besetzung durch die drei
Berufsrichter außerhalb der mündlichen Verhandlung entschieden (vgl. hierzu
KK-StPO/Schultheis, 6. Aufl., § 126 Rn. 10; ebenso Graf/Krauß, StPO, § 126
StPO Rn. 7 mwN). Der teilweise vertretenen Gegenauffassung, wonach es vom
Zeitpunkt der jeweiligen Beschlussfassung abhängen soll, ob die Kammer in der
Hauptverhandlungsbesetzung mit den Schöffen oder außerhalb der Hauptver-
handlung in der Besetzung nur mit drei Berufsrichtern entscheiden soll (OLG
Naumburg NStZ-RR 2001, 347), kann nicht gefolgt werden, weil es ansonsten
von Zufälligkeiten abhängen würde, welche Besetzung über einen entsprechenden
Antrag zu entscheiden hätte. Darüber hinaus würde dann auch die
Gefahr unterschiedlicher Mehrheitsverhältnisse für die Entscheidung ein- und
derselben Haftfrage bestehen. Die hierdurch herbeigeführte Abhängigkeit vom
Zeitpunkt der Antragstellung würde auch dem Gebot des gesetzlichen Richters
zuwiderlaufen.
Auch der Ansicht, dass während einer laufenden Hauptverhandlung, selbst
wenn diese nicht nur kurzfristig unterbrochen ist, immer die Strafkammer in der
Hauptverhandlungsbesetzung zu entscheiden hat (vgl. Meyer-Goßner, StPO,
53. Aufl., § 126 Rn. 8), kann nicht gefolgt werden, weil gerade bei Entscheidungen
außerhalb der Hauptverhandlung die beteiligten Schöffen vielmals nicht
erreichbar sind und im Gegensatz zu den Berufsrichtern nicht vertreten werden
können, so dass in solchen Fällen die Gefahr erheblicher Verzögerungen gerade
bei beschleunigt zu treffenden Haftentscheidungen bestünde. Daher ist über
Haftfragen auch während einer laufenden Hauptverhandlung eines Amts- oder
Landgerichts immer in der Besetzung der Strafkammer außerhalb der Hauptverhandlung
zu entscheiden.
Dem steht nicht die Entscheidung BGH, Beschluss vom 30. April 1997 - 2 StB
4/97, BGHSt 43, 91 entgegen, weil diese nur die Entscheidungen der erstinstanzlich
verhandelnden Strafsenate eines Oberlandesgerichts betrifft, welche
auch in der Hauptverhandlung nur in der Besetzung mit Berufsrichtern entscheiden.
Das weitere Revisionsvorbringen ist offensichtlich unbegründet im Sinne von
Nack Wahl Graf
Jäger Sander

(1) Die Strafkammern sind mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen (große Strafkammer), in Verfahren über Berufungen gegen ein Urteil des Strafrichters oder des Schöffengerichts mit dem Vorsitzenden und zwei Schöffen (kleine Strafkammer) besetzt. Bei Entscheidungen außerhalb der Hauptverhandlung wirken die Schöffen nicht mit.

(2) Bei der Eröffnung des Hauptverfahrens beschließt die große Strafkammer über ihre Besetzung in der Hauptverhandlung. Ist das Hauptverfahren bereits eröffnet, beschließt sie hierüber bei der Anberaumung des Termins zur Hauptverhandlung. Sie beschließt eine Besetzung mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen, wenn

1.
sie als Schwurgericht zuständig ist,
2.
die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung, deren Vorbehalt oder die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zu erwarten ist oder
3.
nach dem Umfang oder der Schwierigkeit der Sache die Mitwirkung eines dritten Richters notwendig erscheint.
Im Übrigen beschließt die große Strafkammer eine Besetzung mit zwei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen.

(3) Die Mitwirkung eines dritten Richters nach Absatz 2 Satz 3 Nummer 3 ist in der Regel notwendig, wenn die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird oder die große Strafkammer als Wirtschaftsstrafkammer zuständig ist.

(4) Hat die Strafkammer eine Besetzung mit zwei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen beschlossen und ergeben sich vor Beginn der Hauptverhandlung neue Umstände, die nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 eine Besetzung mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen erforderlich machen, beschließt sie eine solche Besetzung.

(5) Ist eine Sache vom Revisionsgericht zurückverwiesen oder ist die Hauptverhandlung ausgesetzt worden, kann die jeweils zuständige Strafkammer erneut nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 über ihre Besetzung beschließen.

(6) In Verfahren über Berufungen gegen ein Urteil des erweiterten Schöffengerichts (§ 29 Abs. 2) ist ein zweiter Richter hinzuzuziehen. Außerhalb der Hauptverhandlung entscheidet der Vorsitzende allein.

(1) Solange der Beschuldigte in Untersuchungshaft ist, kann er jederzeit die gerichtliche Prüfung beantragen, ob der Haftbefehl aufzuheben oder dessen Vollzug nach § 116 auszusetzen ist (Haftprüfung).

(2) Neben dem Antrag auf Haftprüfung ist die Beschwerde unzulässig. Das Recht der Beschwerde gegen die Entscheidung, die auf den Antrag ergeht, wird dadurch nicht berührt.

(3) Der Richter kann einzelne Ermittlungen anordnen, die für die künftige Entscheidung über die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft von Bedeutung sind, und nach Durchführung dieser Ermittlungen eine neue Prüfung vornehmen.

(4) (weggefallen)

(5) (weggefallen)

(1) Bei der Haftprüfung wird auf Antrag des Beschuldigten oder nach dem Ermessen des Gerichts von Amts wegen nach mündlicher Verhandlung entschieden.

(2) Ist gegen den Haftbefehl Beschwerde eingelegt, so kann auch im Beschwerdeverfahren auf Antrag des Beschuldigten oder von Amts wegen nach mündlicher Verhandlung entschieden werden.

(3) Ist die Untersuchungshaft nach mündlicher Verhandlung aufrechterhalten worden, so hat der Beschuldigte einen Anspruch auf eine weitere mündliche Verhandlung nur, wenn die Untersuchungshaft mindestens drei Monate und seit der letzten mündlichen Verhandlung mindestens zwei Monate gedauert hat.

(4) Ein Anspruch auf mündliche Verhandlung besteht nicht, solange die Hauptverhandlung andauert oder wenn ein Urteil ergangen ist, das auf eine Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt.

(5) Die mündliche Verhandlung ist unverzüglich durchzuführen; sie darf ohne Zustimmung des Beschuldigten nicht über zwei Wochen nach dem Eingang des Antrags anberaumt werden.

Entscheidungen der erkennenden Gerichte, die der Urteilsfällung vorausgehen, unterliegen nicht der Beschwerde. Ausgenommen sind Entscheidungen über Verhaftungen, die einstweilige Unterbringung, Beschlagnahmen, die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis, das vorläufige Berufsverbot oder die Festsetzung von Ordnungs- oder Zwangsmitteln sowie alle Entscheidungen, durch die dritte Personen betroffen werden.

(1) Bei der Haftprüfung wird auf Antrag des Beschuldigten oder nach dem Ermessen des Gerichts von Amts wegen nach mündlicher Verhandlung entschieden.

(2) Ist gegen den Haftbefehl Beschwerde eingelegt, so kann auch im Beschwerdeverfahren auf Antrag des Beschuldigten oder von Amts wegen nach mündlicher Verhandlung entschieden werden.

(3) Ist die Untersuchungshaft nach mündlicher Verhandlung aufrechterhalten worden, so hat der Beschuldigte einen Anspruch auf eine weitere mündliche Verhandlung nur, wenn die Untersuchungshaft mindestens drei Monate und seit der letzten mündlichen Verhandlung mindestens zwei Monate gedauert hat.

(4) Ein Anspruch auf mündliche Verhandlung besteht nicht, solange die Hauptverhandlung andauert oder wenn ein Urteil ergangen ist, das auf eine Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt.

(5) Die mündliche Verhandlung ist unverzüglich durchzuführen; sie darf ohne Zustimmung des Beschuldigten nicht über zwei Wochen nach dem Eingang des Antrags anberaumt werden.

(1) Die Strafkammern sind mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen (große Strafkammer), in Verfahren über Berufungen gegen ein Urteil des Strafrichters oder des Schöffengerichts mit dem Vorsitzenden und zwei Schöffen (kleine Strafkammer) besetzt. Bei Entscheidungen außerhalb der Hauptverhandlung wirken die Schöffen nicht mit.

(2) Bei der Eröffnung des Hauptverfahrens beschließt die große Strafkammer über ihre Besetzung in der Hauptverhandlung. Ist das Hauptverfahren bereits eröffnet, beschließt sie hierüber bei der Anberaumung des Termins zur Hauptverhandlung. Sie beschließt eine Besetzung mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen, wenn

1.
sie als Schwurgericht zuständig ist,
2.
die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung, deren Vorbehalt oder die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zu erwarten ist oder
3.
nach dem Umfang oder der Schwierigkeit der Sache die Mitwirkung eines dritten Richters notwendig erscheint.
Im Übrigen beschließt die große Strafkammer eine Besetzung mit zwei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen.

(3) Die Mitwirkung eines dritten Richters nach Absatz 2 Satz 3 Nummer 3 ist in der Regel notwendig, wenn die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird oder die große Strafkammer als Wirtschaftsstrafkammer zuständig ist.

(4) Hat die Strafkammer eine Besetzung mit zwei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen beschlossen und ergeben sich vor Beginn der Hauptverhandlung neue Umstände, die nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 eine Besetzung mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen erforderlich machen, beschließt sie eine solche Besetzung.

(5) Ist eine Sache vom Revisionsgericht zurückverwiesen oder ist die Hauptverhandlung ausgesetzt worden, kann die jeweils zuständige Strafkammer erneut nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 über ihre Besetzung beschließen.

(6) In Verfahren über Berufungen gegen ein Urteil des erweiterten Schöffengerichts (§ 29 Abs. 2) ist ein zweiter Richter hinzuzuziehen. Außerhalb der Hauptverhandlung entscheidet der Vorsitzende allein.

(1) Vor Erhebung der öffentlichen Klage erläßt der Richter bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk ein Gerichtsstand begründet ist oder der Beschuldigte sich aufhält, auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder, wenn ein Staatsanwalt nicht erreichbar und Gefahr im Verzug ist, von Amts wegen den Haftbefehl.

(2) Nach Erhebung der öffentlichen Klage erläßt den Haftbefehl das Gericht, das mit der Sache befaßt ist, und, wenn Revision eingelegt ist, das Gericht, dessen Urteil angefochten ist. In dringenden Fällen kann auch der Vorsitzende den Haftbefehl erlassen.

(1) Die Strafkammern sind mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen (große Strafkammer), in Verfahren über Berufungen gegen ein Urteil des Strafrichters oder des Schöffengerichts mit dem Vorsitzenden und zwei Schöffen (kleine Strafkammer) besetzt. Bei Entscheidungen außerhalb der Hauptverhandlung wirken die Schöffen nicht mit.

(2) Bei der Eröffnung des Hauptverfahrens beschließt die große Strafkammer über ihre Besetzung in der Hauptverhandlung. Ist das Hauptverfahren bereits eröffnet, beschließt sie hierüber bei der Anberaumung des Termins zur Hauptverhandlung. Sie beschließt eine Besetzung mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen, wenn

1.
sie als Schwurgericht zuständig ist,
2.
die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung, deren Vorbehalt oder die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zu erwarten ist oder
3.
nach dem Umfang oder der Schwierigkeit der Sache die Mitwirkung eines dritten Richters notwendig erscheint.
Im Übrigen beschließt die große Strafkammer eine Besetzung mit zwei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen.

(3) Die Mitwirkung eines dritten Richters nach Absatz 2 Satz 3 Nummer 3 ist in der Regel notwendig, wenn die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird oder die große Strafkammer als Wirtschaftsstrafkammer zuständig ist.

(4) Hat die Strafkammer eine Besetzung mit zwei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen beschlossen und ergeben sich vor Beginn der Hauptverhandlung neue Umstände, die nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 eine Besetzung mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen erforderlich machen, beschließt sie eine solche Besetzung.

(5) Ist eine Sache vom Revisionsgericht zurückverwiesen oder ist die Hauptverhandlung ausgesetzt worden, kann die jeweils zuständige Strafkammer erneut nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 über ihre Besetzung beschließen.

(6) In Verfahren über Berufungen gegen ein Urteil des erweiterten Schöffengerichts (§ 29 Abs. 2) ist ein zweiter Richter hinzuzuziehen. Außerhalb der Hauptverhandlung entscheidet der Vorsitzende allein.

(1) Insoweit das Gesetz nicht Ausnahmen bestimmt, üben die Schöffen während der Hauptverhandlung das Richteramt in vollem Umfang und mit gleichem Stimmrecht wie die Richter beim Amtsgericht aus und nehmen auch an den im Laufe einer Hauptverhandlung zu erlassenden Entscheidungen teil, die in keiner Beziehung zu der Urteilsfällung stehen und die auch ohne mündliche Verhandlung erlassen werden können.

(2) Die außerhalb der Hauptverhandlung erforderlichen Entscheidungen werden von dem Richter beim Amtsgericht erlassen.

Bei der Urteilsfällung ist zugleich von Amts wegen über die Fortdauer der Untersuchungshaft oder einstweiligen Unterbringung zu entscheiden. Der Beschluß ist mit dem Urteil zu verkünden.

(1) Das für die Hauptverhandlung zuständige Gericht entscheidet darüber, ob das Hauptverfahren zu eröffnen oder das Verfahren vorläufig einzustellen ist.

(2) Die Anklageschrift enthält den Antrag, das Hauptverfahren zu eröffnen. Mit ihr werden die Akten dem Gericht vorgelegt.

(1) Erstreckt der Staatsanwalt in der Hauptverhandlung die Anklage auf weitere Straftaten des Angeklagten, so kann das Gericht sie durch Beschluß in das Verfahren einbeziehen, wenn es für sie zuständig ist und der Angeklagte zustimmt.

(2) Die Nachtragsanklage kann mündlich erhoben werden. Ihr Inhalt entspricht dem § 200 Abs. 1. Sie wird in das Sitzungsprotokoll aufgenommen. Der Vorsitzende gibt dem Angeklagten Gelegenheit, sich zu verteidigen.

(3) Die Verhandlung wird unterbrochen, wenn es der Vorsitzende für erforderlich hält oder wenn der Angeklagte es beantragt und sein Antrag nicht offenbar mutwillig oder nur zur Verzögerung des Verfahrens gestellt ist. Auf das Recht, die Unterbrechung zu beantragen, wird der Angeklagte hingewiesen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 250/17
vom
15. August 2017
in der Strafsache
gegen
wegen Freiheitsberaubung u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:150817B4STR250.17.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 15. August 2017 gemäß § 206a Abs. 1, § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO analog beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bremen vom 1. Februar 2017, soweit es ihn betrifft,
a) dahin geändert, dass der Angeklagte wegen Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt ist;
b) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, aa) soweit der Angeklagte in den Fällen II.2.a) bis c) der Urteilsgründe verurteilt worden ist; insoweit wird das Verfahren eingestellt; im Umfang der Einstellung trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen; bb) im Gesamtstrafen- und Maßregelausspruch; diese entfallen; cc) soweit eine Strafaussetzung zur Bewährung versagt worden ist.
2. In dem nach der Einstellung verbleibenden Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die weiteren Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Freiheitsberaubung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung, vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in drei Fällen, fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis sowie wegen Verschaffens von falschen amtlichen Ausweisen in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten verurteilt und die Fahrerlaubnisbehörde angewiesen, ihm vor Ablauf einer Frist von einem Jahr keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Seine Revision hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Schuldspruch im Fall II.1. der Urteilsgründe war dahingehend zu ändern, dass der Angeklagte wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung schuldig ist.
3
Nach den Feststellungen hielt der Angeklagte die Fesselung des von den Mitangeklagten in das Hinterzimmer seines Büros verschleppten Geschädigten nur so lange aufrecht, bis dieser seine Fragen nach dem Verbleib ihm entwendeter Gegenstände und des bei deren Verkauf erzielten Erlöses beantwortet hatte. Zuvor hatte er ihn mehrfach geschlagen. Danach hat sich der Angeklagte wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung und nicht wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung schuldig gemacht. Ist eine Freiheitsberaubung, die hier in der Aufrechterhaltung der Fesselung liegt, nur das tatbestandliche Mittel zur Begehung eines anderen Delikts, hier der Abnötigung der Antworten, tritt sie als das allgemeinere Delikt im Wege der Gesetzeseinheit hinter dieses zurück (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Januar 2003 – 4 StR 414/02, NStZ-RR 2003, 168; Beschluss vom 12. Oktober 1998 – 4 StR 347/98, NStZ 1999, 83: Schluckebier in SSW-StGB, 3. Aufl., § 239 Rn. 16 mwN).
4
Der Senat kann ausschließen, dass die Strafkammer bei einer anderen konkurrenzrechtlichen Beurteilung auf eine niedrigere Strafe als sieben Monate Freiheitsstrafe erkannt hätte.
5
2. Soweit der Angeklagte in den Fällen II.2.a) bis c) der Urteilsgründe wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in drei Fällen, fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis sowie wegen Verschaffens von falschen amtlichen Ausweisen in zwei Fällen verurteilt worden ist, ist das Urteil aufzuheben und das Verfahren einzustellen, weil es hinsichtlich der zugrunde liegenden Anklagen der Staatsanwaltschaft Bremen vom 8. April 2016 sowie vom 4. und 29. August 2016 an der Verfahrensvoraussetzung eines wirksamen Eröffnungsbeschlusses fehlt.
6
Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Zuschrift vom 6. Juni 2017 das Folgende ausgeführt: „Bezüglich der dem Angeklagten in den Anklageschriften vom 8. April, 4. und 29. August 2016 zur Last gelegten Taten (Fälle II. 2. a) bis c) der Urteilsgründe) fehlt es an der Verfahrensvoraussetzung eines wirksamen Eröffnungsbeschlusses. Die angefochtene Entscheidung ist insoweit aufzuheben und das Verfahren einzustellen.
Wegen der Tat zu II. 1. der Urteilsgründe hatte die Staatsanwaltschaft am 14. Dezember 2015 Anklage erhoben, die das Landgericht mit Beschluss vom 11. Februar 2016 zum Hauptverfahren zuließ; zugleich beschloss es, die Hauptverhandlung in einer gemäß § 76 Abs. 2 Satz 1 GVG reduzierten Besetzung mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen durchzuführen.
Die Anklageschriften vom 8. April, 4. und 29. August 2016 (Fälle II. 2. a) bis c) der Urteilsgründe) hatte die Staatsanwaltschaft dahingegen ursprünglich beim Amtsgericht Bremen erhoben, das die Verfahren – ohne vorherige Eröffnungsentscheidung – dem Landgericht Bremen am 25. Mai, 5. September und 7. Oktober 2016, mithin nach Zulassung der dort am 14. Dezember 2015 erhobenen Anklage, zur Prüfung der Übernahme vorlegte.
Das Landgericht hat über die Zulassung dieser Anklageschriften, die diesbezügliche Eröffnung des Hauptverfahrens und die Verbindung dieser Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung mit dem bereits auf Grund der Anklageschrift vom 14. Dezember 2015 rechtshängigen Verfahren erst im dortigen Termin zur Hauptverhandlung am 3. Januar 2017 entschieden (SA Bd. V Bl. 186 f.).
Damit hat die große Strafkammer über die Eröffnung des Hauptverfahrens wegen der in den Anklageschriften vom 8. April, 4. und 29. August 2016 niedergelegten Taten (Fälle II. 2. a) bis c) der Urteilsgründe) nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Besetzung mit drei Berufsrichtern unter Ausschluss der Schöffen entschieden, sondern in der gemäß § 76 Abs. 2 Satz 1 GVG reduzierten Besetzung mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen. Diese Verfahrensweise war rechtsfehlerhaft, weshalb ein von Amts wegen zu beachtendes Verfahrenshindernis besteht, das zur Aufhebung des Urteils in den Fällen II. 2. a) bis c) der Urteilsgründe und insoweit zur Einstellung des Verfahrens führt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. Juni 2010 – 4 StR 216/10, juris Rn. 3; vom 13. Juni 2008 – 2 StR 142/08, NStZ 2009, 52; Urteil vom 21. Januar 2010 – 4 StR 518/09, juris jeweils mwN).
Die Einbeziehung der weiteren Anklagen in die fortdauernde Hauptverhandlung war auf dem vom Landgericht gewählten Weg auch nicht gemäß § 266 StPO zulässig. Dessen Voraussetzungen lagen nicht vor. Zwar hat der Angeklagte seine ausdrückliche Zustimmung zur Einbeziehung der Verfahren erteilt (Sitzungsprotokoll vom 3. Januar 2017, S. 2 = SA Bd. V Bl. 186). Die Anklagen sind indes nicht in der Hauptverhandlung erhoben, sondern außerhalb der Hauptverhandlung durch ein Gericht niederer Ordnung zur Übernahme vorgelegt worden.“
7
Dem schließt sich der Senat an (vgl. zusätzlich BGH, Beschluss vom 1. März 2017 – 4 StR 405/16, NStZ-RR 2017, 181; Beschluss vom 28. Juli 2015 – 4 StR 598/14, BGHR StPO § 199 Abs. 1 Eröffnungsbeschluss 2).
8
3. Die Einstellung des Verfahrens führt zur Aufhebung und zum Wegfall der Maßregelanordnung und der Gesamtstrafe. Damit verbleibt es bei der im Fall II.1. der Urteilsgründe verhängten Strafe von sieben Monaten Freiheitsstrafe als einziger Strafe.
9
4. Ob diese Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden kann, bedarf neuer Beurteilung.
10
Die Strafkammer hat ihre Entscheidung, die Vollstreckung der von ihr erkannten Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten nicht zur Bewährung auszusetzen , maßgeblich darauf gestützt, dass dem Angeklagten gerade auch mit Rücksicht auf die hohe Rückfallgeschwindigkeit bei den Straßenverkehrsdelikten keine positive Legalprognose im Sinne des § 56 Abs. 1 StGB gestellt werden könne und seine hierauf bezogene Uneinsichtigkeit unter dem Gesichtspunkt der Verteidigung der Rechtsordnung (§ 56 Abs. 3 StGB) nochmals betont. Diesen Erwägungen fehlt nach der Teileinstellung des Verfahrens nunmehr die Grundlage. Der Senat vermag daher, trotz der gewichtigen gegen eine Straf- aussetzung sprechenden Umstände, nicht auszuschließen, dass die Strafkammer ohne die mitabgeurteilten Straßenverkehrsdelikte zu einer anderen Entscheidung gelangt wäre.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Quentin Paul

(1) Vor Erhebung der öffentlichen Klage ist für die weiteren gerichtlichen Entscheidungen und Maßnahmen, die sich auf die Untersuchungshaft, die Aussetzung ihres Vollzugs (§ 116), ihre Vollstreckung (§ 116b) sowie auf Anträge nach § 119a beziehen, das Gericht zuständig, das den Haftbefehl erlassen hat. Hat das Beschwerdegericht den Haftbefehl erlassen, so ist das Gericht zuständig, das die vorangegangene Entscheidung getroffen hat. Wird das vorbereitende Verfahren an einem anderen Ort geführt oder die Untersuchungshaft an einem anderen Ort vollzogen, so kann das Gericht seine Zuständigkeit auf Antrag der Staatsanwaltschaft auf das für diesen Ort zuständige Amtsgericht übertragen. Ist der Ort in mehrere Gerichtsbezirke geteilt, so bestimmt die Landesregierung durch Rechtsverordnung das zuständige Amtsgericht. Die Landesregierung kann diese Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltung übertragen.

(2) Nach Erhebung der öffentlichen Klage ist das Gericht zuständig, das mit der Sache befaßt ist. Während des Revisionsverfahrens ist das Gericht zuständig, dessen Urteil angefochten ist. Einzelne Maßnahmen, insbesondere nach § 119, ordnet der Vorsitzende an. In dringenden Fällen kann er auch den Haftbefehl aufheben oder den Vollzug aussetzen (§ 116), wenn die Staatsanwaltschaft zustimmt; andernfalls ist unverzüglich die Entscheidung des Gerichts herbeizuführen.

(3) Das Revisionsgericht kann den Haftbefehl aufheben, wenn es das angefochtene Urteil aufhebt und sich bei dieser Entscheidung ohne weiteres ergibt, daß die Voraussetzungen des § 120 Abs. 1 vorliegen.

(4) Die §§ 121 und 122 bleiben unberührt.

(5) Soweit nach den Gesetzen der Länder über den Vollzug der Untersuchungshaft eine Maßnahme der vorherigen gerichtlichen Anordnung oder der gerichtlichen Genehmigung bedarf, ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Maßnahme durchgeführt wird. Unterhält ein Land für den Vollzug der Untersuchungshaft eine Einrichtung auf dem Gebiet eines anderen Landes, können die beteiligten Länder vereinbaren, dass das Amtsgericht zuständig ist, in dessen Bezirk die für die Einrichtung zuständige Aufsichtsbehörde ihren Sitz hat. Für das Verfahren gilt § 121b des Strafvollzugsgesetzes entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 648/10
vom
11. Januar 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Januar 2011 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
München I vom 8. Juli 2010 wird als unbegründet verworfen, da
die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§
349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat im Hinblick auf das Revisionsvorbringen vom
14. Dezember 2010:
Es kann dahinstehen, ob das angefochtene Urteil überhaupt darauf beruhen
kann, dass über einen in der Hauptverhandlung gestellten Antrag auf Aufhebung
des Haftbefehls die zuständige Kammer in einer nicht zutreffenden Besetzung
entschieden hätte, weil insoweit weder Schuld- noch Strafausspruch betroffen
sein können.
Jedoch liegt insoweit keine fehlerhafte Beschlussfassung vor; denn die Kammer
hat über den Aufhebungsantrag in der zutreffenden Besetzung durch die drei
Berufsrichter außerhalb der mündlichen Verhandlung entschieden (vgl. hierzu
KK-StPO/Schultheis, 6. Aufl., § 126 Rn. 10; ebenso Graf/Krauß, StPO, § 126
StPO Rn. 7 mwN). Der teilweise vertretenen Gegenauffassung, wonach es vom
Zeitpunkt der jeweiligen Beschlussfassung abhängen soll, ob die Kammer in der
Hauptverhandlungsbesetzung mit den Schöffen oder außerhalb der Hauptver-
handlung in der Besetzung nur mit drei Berufsrichtern entscheiden soll (OLG
Naumburg NStZ-RR 2001, 347), kann nicht gefolgt werden, weil es ansonsten
von Zufälligkeiten abhängen würde, welche Besetzung über einen entsprechenden
Antrag zu entscheiden hätte. Darüber hinaus würde dann auch die
Gefahr unterschiedlicher Mehrheitsverhältnisse für die Entscheidung ein- und
derselben Haftfrage bestehen. Die hierdurch herbeigeführte Abhängigkeit vom
Zeitpunkt der Antragstellung würde auch dem Gebot des gesetzlichen Richters
zuwiderlaufen.
Auch der Ansicht, dass während einer laufenden Hauptverhandlung, selbst
wenn diese nicht nur kurzfristig unterbrochen ist, immer die Strafkammer in der
Hauptverhandlungsbesetzung zu entscheiden hat (vgl. Meyer-Goßner, StPO,
53. Aufl., § 126 Rn. 8), kann nicht gefolgt werden, weil gerade bei Entscheidungen
außerhalb der Hauptverhandlung die beteiligten Schöffen vielmals nicht
erreichbar sind und im Gegensatz zu den Berufsrichtern nicht vertreten werden
können, so dass in solchen Fällen die Gefahr erheblicher Verzögerungen gerade
bei beschleunigt zu treffenden Haftentscheidungen bestünde. Daher ist über
Haftfragen auch während einer laufenden Hauptverhandlung eines Amts- oder
Landgerichts immer in der Besetzung der Strafkammer außerhalb der Hauptverhandlung
zu entscheiden.
Dem steht nicht die Entscheidung BGH, Beschluss vom 30. April 1997 - 2 StB
4/97, BGHSt 43, 91 entgegen, weil diese nur die Entscheidungen der erstinstanzlich
verhandelnden Strafsenate eines Oberlandesgerichts betrifft, welche
auch in der Hauptverhandlung nur in der Besetzung mit Berufsrichtern entscheiden.
Das weitere Revisionsvorbringen ist offensichtlich unbegründet im Sinne von
Nack Wahl Graf
Jäger Sander

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Strafkammern sind mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen (große Strafkammer), in Verfahren über Berufungen gegen ein Urteil des Strafrichters oder des Schöffengerichts mit dem Vorsitzenden und zwei Schöffen (kleine Strafkammer) besetzt. Bei Entscheidungen außerhalb der Hauptverhandlung wirken die Schöffen nicht mit.

(2) Bei der Eröffnung des Hauptverfahrens beschließt die große Strafkammer über ihre Besetzung in der Hauptverhandlung. Ist das Hauptverfahren bereits eröffnet, beschließt sie hierüber bei der Anberaumung des Termins zur Hauptverhandlung. Sie beschließt eine Besetzung mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen, wenn

1.
sie als Schwurgericht zuständig ist,
2.
die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung, deren Vorbehalt oder die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zu erwarten ist oder
3.
nach dem Umfang oder der Schwierigkeit der Sache die Mitwirkung eines dritten Richters notwendig erscheint.
Im Übrigen beschließt die große Strafkammer eine Besetzung mit zwei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen.

(3) Die Mitwirkung eines dritten Richters nach Absatz 2 Satz 3 Nummer 3 ist in der Regel notwendig, wenn die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird oder die große Strafkammer als Wirtschaftsstrafkammer zuständig ist.

(4) Hat die Strafkammer eine Besetzung mit zwei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen beschlossen und ergeben sich vor Beginn der Hauptverhandlung neue Umstände, die nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 eine Besetzung mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen erforderlich machen, beschließt sie eine solche Besetzung.

(5) Ist eine Sache vom Revisionsgericht zurückverwiesen oder ist die Hauptverhandlung ausgesetzt worden, kann die jeweils zuständige Strafkammer erneut nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 über ihre Besetzung beschließen.

(6) In Verfahren über Berufungen gegen ein Urteil des erweiterten Schöffengerichts (§ 29 Abs. 2) ist ein zweiter Richter hinzuzuziehen. Außerhalb der Hauptverhandlung entscheidet der Vorsitzende allein.

(1) Der Haftbefehl ist aufzuheben, sobald die Voraussetzungen der Untersuchungshaft nicht mehr vorliegen oder sich ergibt, daß die weitere Untersuchungshaft zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis stehen würde. Er ist namentlich aufzuheben, wenn der Beschuldigte freigesprochen oder die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt oder das Verfahren nicht bloß vorläufig eingestellt wird.

(2) Durch die Einlegung eines Rechtsmittels darf die Freilassung des Beschuldigten nicht aufgehalten werden.

(3) Der Haftbefehl ist auch aufzuheben, wenn die Staatsanwaltschaft es vor Erhebung der öffentlichen Klage beantragt. Gleichzeitig mit dem Antrag kann die Staatsanwaltschaft die Freilassung des Beschuldigten anordnen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
__________
StB 9/12
vom
8. Oktober 2012
in dem Strafverfahren
gegen
wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
sowie des Angeklagten und seiner Verteidiger am 8. Oktober 2012
gemäß § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 Nr. 1 StPO beschlossen:
Auf die Beschwerde des Angeklagten wird der Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 29. Juni 2012 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Gründe:

1
I. Der Angeklagte befindet sich seit dem 17. November 2009 in Untersuchungshaft , zunächst aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 16. November 2009 (4 BGs 31/09), sodann aufgrund des diesen ersetzenden Haftbefehls des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 4. Januar 2011. Danach liegt dem Angeklagten zur Last, in 26 Fällen Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie in 39 Fällen Kriegsverbrechen, jeweils in Tateinheit mit Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland, begangen zu haben. Er soll seit Juni 2004 1. Vizepräsident der "Forces Démocratiques de Libération du Rwanda" (im Folgenden: FDLR), einer vor allem im Osten der Demokratischen Republik Kongo (im Folgenden: DRC) operierenden paramilitärischen Milizenorganisation, gewesen sein und es von Januar 2008 bis zu seiner Festnahme als militärischer Befehlshaber unterlassen ha- ben, seine Untergebenen daran zu hindern, Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch zu begehen. Wegen dieser Tatvorwürfe hat der Generalbundesanwalt unter dem 7. Dezember 2010 Anklage zum Oberlandesgericht Stuttgart erhoben. Das Oberlandesgericht hat mit Beschluss vom 1. März 2011 die Anklage zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet. Die Hauptverhandlung hat am 4. Mai 2011 begonnen. Mit Beschluss vom 21. Dezember 2011 hat das Oberlandesgericht Anträge der Verteidigung, den Haftbefehl aufzuheben, zurückgewiesen.
2
Der Senat hatte zuvor im Haftprüfungsverfahren nach §§ 121 f. StPO mit Beschlüssen vom 17. Juni 2010 (AK 4/10), 28. Oktober 2010 (AK 14/10) und 8. Februar 2011 (AK 3/11) jeweils die Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet. Er hatte dabei auf den Vorwurf der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland abgestellt und offen gelassen, ob der Angeklagte darüber hinaus dringend verdächtig ist, Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch begangen zu haben.
3
Die Verteidigung des Angeklagten hat mit Schriftsatz vom 19. Juni 2012 erneut die Aufhebung des Haftbefehls, hilfsweise dessen Außervollzugsetzung, beantragt. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, die bisherige Hauptverhandlung genüge nicht dem Beschleunigungsgebot; zudem stützten die in die Hauptverhandlung eingeführten Beweismittel den Anklagevorwurf nicht. Das Oberlandesgericht hat diesen Antrag mit Beschluss vom 29. Juni 2012 zurückgewiesen. Es hat den Gang der Hauptverhandlung näher dargelegt und ausgeführt, der Angeklagte sei weiterhin dringend verdächtig, die ihm im Haftbefehl und in der Anklage zur Last gelegten Taten begangen zu haben. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Angeklagten, der weiterhin einen Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot geltend macht und vorträgt, ein dringender Tatverdacht bestehe nicht. Das Oberlandesgericht hat dem Rechtsmittel gemäß Vermerk vom 10. August 2012 nicht abgeholfen. Der Generalbundesanwalt beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Die bisher durchgeführte Beweisaufnahme habe das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen ganz überwiegend bestätigt. Es bestehe weiterhin der dringende Verdacht, dass der Angeklagte der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung schuldig sei sowie die ihm vorgeworfenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen ungeachtet einer bestehenden Verantwortlichkeit nach § 4 VStGB - insoweit über die rechtliche Würdigung in Haftbefehl und Anklageschrift hinaus - in mittelbarer Täterschaft durch Unterlassen begangen habe.
4
II. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung der Sache zu neuer Bescheidung durch das Oberlandesgericht ; denn die dem Senat bislang unterbreiteten tatsächlichen Grundlagen reichen für eine abschließende Beurteilung des dringenden Tatverdachts bezüglich der dem Angeklagten vorgeworfenen Verbrechen nach dem Völkerstrafgesetzbuch und damit der Verhältnismäßigkeit der Fortdauer der Untersuchungshaft nicht aus.
5
1. Gegen den Angeklagten besteht weiterhin der dringende Tatverdacht der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 StGB). Demgegenüber kann der Senat derzeit nicht abschließend bewerten, ob der Angeklagte mit hoher Wahrscheinlichkeit die ihm vorgeworfenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie Kriegsverbrechen (§ 7 Abs. 1 Nr. 1, 3, 6, 8, 9, Abs. 3, § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 5, Abs. 4 Satz 1, § 9 Abs. 1, § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VStGB), sei es in Verbindung mit der Verantwortlichkeit militärischer Befehlshaber oder anderer Vorgesetzter (§ 4 VStGB), sei es in mittelbarer Täterschaft durch Unterlassen (§ 25 Abs. 1 Alt. 2, § 13 Abs. 1 StGB), begangen hat.
6
a) Nach der Rechtsprechung des Senats unterliegt die Beurteilung des dringenden Tatverdachts, die das erkennende Gericht während laufender Hauptverhandlung vornimmt, im Haftbeschwerdeverfahren nur in eingeschränktem Umfang der Nachprüfung durch das Beschwerdegericht (BGH, Beschlüsse vom 7. August 2007 - StB 17/07, juris Rn. 5; vom 19. Dezember 2003 - StB 21/03, BGHR StPO § 112 Tatverdacht 3 mwN). Allein das Gericht, vor dem die Beweisaufnahme stattfindet, ist in der Lage, deren Ergebnisse aus eigener Anschauung festzustellen und zu würdigen sowie auf dieser Grundlage zu bewerten, ob der dringende Tatverdacht nach dem erreichten Verfahrensstand noch fortbesteht oder dies nicht der Fall ist. Das Beschwerdegericht hat demgegenüber keine eigenen unmittelbaren Erkenntnisse über den Verlauf der Beweisaufnahme.
7
b) Bei Anwendung dieses Prüfungsmaßstabs hat das Oberlandesgericht vor dem Hintergrund des wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen, wie es in der Anklageschrift zusammengefasst ist, ausreichend dargelegt, dass die Ergebnisse der bisherigen Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung das Vorliegen eines dringenden Tatverdachts der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung nicht in Frage stellen, den der Senat auf der Grundlage des jeweiligen Ermittlungsergebnisses in seinen Haftprüfungsentscheidungen ebenfalls bejaht hatte. Es besteht auch bei sachgerechter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens kein Anlass anzunehmen, eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass die FDLR eine auf die Begehung der in § 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB bezeichneten Verbrechen gerichtete ausländische Vereinigung ist und der Angeklagte sich an dieser als 1. Vizepräsident und damit als hochrangiges Mitglied beteiligte, liege nicht mehr vor.
8
c) Demgegenüber kann der Senat auf der Grundlage der bisherigen Ausführungen des Oberlandesgerichts auch mit Blick auf den Inhalt der Anklageschrift und den Beschluss vom 21. Dezember 2011 nicht abschließend beurteilen , ob der Angeklagte dringend verdächtig ist, sich wegen der ihm vorgeworfenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen strafbar gemacht zu haben. Die Zurechnung der in der DRC begangenen Verbrechen über § 4 VStGB setzt u.a. voraus, dass der Angeklagte die Möglichkeit hatte, das Verhalten seiner Untergebenen faktisch zu bestimmen, insbesondere Straftaten wirksam zu unterbinden (vgl. im Einzelnen, BGH, Beschluss vom 17. Juni 2010 - AK 3/10, BGHSt 55, 157, 168). Damit der Senat diese - in seinen Haftprüfungsentscheidungen offen gelassene - Frage in einer die Entscheidung über die Beschwerde des Angeklagten tragenden Weise bewerten kann, bedarf es einer substantiierteren Darlegung des Ergebnisses der Beweisaufnahme durch das Oberlandesgericht, als dies bislang geschehen ist. Von besonderem Belang sind dabei Ausmaß und Inhalt der Kontakte des Angeklagten zu den vor Ort in der DRC agierenden Einheiten der FDLR sowie das Maß der Verbindlichkeit eventueller Vorgaben bzw. Anweisungen. Zu der - soweit für den Senat ersichtlich vom Generalbundesanwalt in seiner Erwiderung auf die Beschwerde erstmals aufgeworfenen - Frage, ob der Angeklagte mit großer Wahrscheinlichkeit sogar darüber hinaus als mittelbarer Täter für die vor Ort begangenen Verbrechen strafrechtlich verantwortlich ist, verhält sich die angegriffene Entscheidung des Oberlandesgerichts naturgemäß ebenfalls nicht.
9
Der Senat weist zur Klarstellung darauf hin, dass er als Beschwerdegericht ohne eigene Erkenntnismöglichkeiten bezüglich des Inhalts der Hauptver- handlung zwar in die Lage versetzt werden muss, seine Entscheidung über das Rechtsmittel des Angeklagten auf einer hinreichend tragfähigen tatsächlichen Grundlage zu treffen, damit den nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erhöhten Anforderungen an die Begründungstiefe von Haftfortdauerentscheidungen (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 24. August 2010 - 2 BvR 1113/10, juris Rn. 23) ausreichend Rechnung getragen werden kann. Dies bedeutet indes nicht, dass das verhandelnde Tatgericht in Fallkonstellationen wie der vorliegenden zu einer umfassenden Darstellung der Würdigung aller bislang erhobenen Beweise verpflichtet ist. Die abschließende Bewertung der Beweise durch das Oberlandesgericht und ihre entsprechende Darlegung sind den Urteilsgründen vorbehalten. Das Haftbeschwerdeverfahren führt insoweit nicht zu einem über die Nachprüfung des dringenden Tatverdachts hinausgehenden Zwischenverfahren, in dem sich das Tatgericht zu Inhalt und Ergebnis aller Beweiserhebungen erklären müsste (vgl. BGH, Beschluss vom 2. September 2003 - StB 11/03, NStZ-RR 2003, 368). Weiter entspricht es der Natur der Sache, dass die vom Tatgericht vorzunehmende Würdigung vorläufigen Charakter hat und für sich genommen nicht geeignet ist, etwa den Vorwurf der Voreingenommenheit der beteiligten Richter zu begründen.
10
2. Da der Senat den dringenden Tatverdacht hinsichtlich der Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch nicht abschließend zu beurteilen vermag, ist derzeit auch eine endgültige Entscheidung darüber nicht möglich, ob die Fortdauer der Untersuchungshaft mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (§ 112 Abs. 1 Satz 2 StPO) zu vereinbaren ist.
11
a) Entgegen der Ansicht der Beschwerde liegt allerdings ein Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot als spezielle Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht vor.
12
aa) Bei der Anordnung und Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft ist das Spannungsverhältnis zwischen dem in Art. 2 Abs. 2 GG gewährleisteten Recht des Einzelnen auf persönliche Freiheit und den unabweisbaren Bedürfnissen einer wirksamen Strafverfolgung zu beachten. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist dabei nicht nur für die Anordnung, sondern auch für die Dauer der Untersuchungshaft von Bedeutung. Nach dem verfassungsrechtlich ebenfalls in Art. 2 Abs. 2 GG verankerten Beschleunigungsgebot in Haftsachen haben die Strafverfolgungsbehörden und -gerichte alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um die notwendigen Ermittlungen mit der gebotenen Schnelligkeit abzuschließen und eine gerichtliche Entscheidung über die einem Beschuldigten vorgeworfenen Taten herbeizuführen (BVerfG aaO, juris Rn. 19 ff.). Bei der danach gebotenen auf den Einzelfall bezogenen Prüfung des Verfahrensablaufs sind etwa der Umfang und die Komplexität der Rechtssache, die Anzahl der beteiligten Personen und das Verhalten der Verteidigung zu beachten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Januar 2008 - 2 BvR 2652/07, StV 2008, 198 f.).
13
bb) Bei Anwendung dieser Grundsätze ist - im Gegensatz zur Auffassung der Verteidigung - die Planung und Durchführung der Hauptverhandlung nicht zu beanstanden. Vielmehr ist angesichts der maßgebenden konkreten Umstände die Verfahrensweise des Oberlandesgerichts als angemessen zu bewerten.
14
Das Oberlandesgericht hat die (ohne Anlage) 189 Seiten umfassende Anklageschrift vom 7. Dezember 2010 mit Beschluss vom 1. März 2011 zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet. Der Vorsitzende hat bereits am 17. März 2011 Termine zur Hauptverhandlung ab dem 4. Mai 2011 bestimmt, und zwar regelmäßig auf montags sowie mittwochs. Insgesamt sind bis zum 29. Juni 2012 84 Hauptverhandlungstage durchgeführt worden, die im Wesentlichen mehr als fünf, teilweise auch mehr als acht Stunden andauerten. Somit sah nicht nur die Planung der Hauptverhandlung mehr als einen Verhandlungstag pro Woche vor, sondern es ist durchschnittlich auch an mehr als einem Tag pro Woche verhandelt worden (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 19. September 2007 - 2 BvR 1847/07, BVerfGK 12, 166). Es widerspricht dem Beschleunigungsgebot nicht, dass in der ersten Aprilhälfte 2012 und Ende Mai/Anfang Juni 2012 im Hinblick auf die Ostertage bzw. das Pfingstfest keine Verhandlungen stattfanden; denn dieses lässt Unterbrechungen für eine angemessene Zeit bei einer ansonsten hinreichenden Terminsdichte zu (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Januar 2008 - 2 BvR 2652/07, StV 2008, 198).
15
In Bedacht zu nehmen ist daneben, dass das Verfahren sich gegen zwei Angeklagte richtet und u.a. die Aufklärung der sich über mehrere Jahre erstreckenden Tätigkeit des Angeklagten für die FDLR sowie von 15 verschiedenen Überfällen in der DRC erfordert. Das Oberlandesgericht hat bis zum Zeitpunkt seiner angegriffenen Entscheidung u.a. 27 Zeugen und Sachverständige vernommen , wovon 15 aus dem Ausland, vornehmlich Ruanda angereist waren. Daneben wurden zahlreiche SMS, E-Mails und sonstige Urkunden verlesen sowie Telefonate und Videoaufzeichnungen von teilweise erheblicher Dauer in Augenschein genommen. Da ein Großteil der Beweismittel nur mit Hilfe eines Übersetzers für die Sprache Kinyarwanda in die Hauptverhandlung eingeführt werden konnte, musste bei der Bestimmung der Verhandlungszeiten auf des- sen Belange angemessen Rücksicht genommen werden. Es bedarf keiner näheren Darlegung, dass diese Komplexität des Verfahrensstoffs insbesondere eine umfangreiche Vor- und Nachbereitung der jeweiligen Hauptverhandlungstage notwendig macht.
16
Vor diesem Hintergrund lässt eine vorausschauende Verhandlungsplanung es zudem gerade sinnvoll erscheinen, jeweils Freiräume zwischen den einzelnen Verhandlungstagen auch deshalb einzuplanen, damit diese für notwendige Zwischenberatungen etwa über zu bescheidende Anträge zur Verfügung stehen und auf diese Weise das geplante Hauptverhandlungsprogramm ohne Änderung im zeitlichen Ablauf durchgeführt werden kann. Die Zweckmäßigkeit eines solchen Vorgehens zeigt sich beispielsweise daran, dass das Oberlandesgericht - abgesehen von sonstigen Anträgen - bisher über wenigstens acht Ablehnungsgesuche wegen der Besorgnis der Befangenheit zu befinden hatte.
17
b) Die Frage, ob der weitere Vollzug der Untersuchungshaft im Übrigen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt, kann der Senat derzeit nicht abschließend beurteilen. Dies hängt - wenn auch nicht ausschließlich, so doch - wesentlich von der für den Fall einer Verurteilung konkret im Raum stehenden Straferwartung und - unter Berücksichtigung einer etwaigen Aussetzung der Vollstreckung des Strafrests zur Bewährung gemäß § 57 StGB - vom hypothetischen Strafende ab (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Juni 2012 - 2 BvR 644/12, juris Rn. 25). Hierfür ist von maßgeblicher Bedeutung, ob der Angeklagte - möglicherweise auch - wegen der ihm zur Last liegenden Verbrechen nach dem Völkerstrafgesetzbuch zu verurteilen sein wird. Die Prüfung des diesbezüglichen dringenden Tatverdachts ist dem Senat jedoch - wie dargelegt - zurzeit nicht möglich.
18
III. Bei dieser Sach- und Rechtslage scheidet eine abschließende Sachentscheidung des Senats ausnahmsweise aus. Die vorliegende Fallkonstellation entspricht derjenigen, bei der ein Verfahrensmangel vorliegt, den das Beschwerdegericht nicht beheben kann (vgl. hierzu Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 309 Rn. 8 mwN). Das Begehren des Angeklagten bedarf deshalb insgesamt neuer Befassung und Entscheidung durch das Oberlandesgericht, das dabei ebenfalls über die Kosten des Rechtsmittels zu befinden haben wird.
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(1) Bei der Haftprüfung wird auf Antrag des Beschuldigten oder nach dem Ermessen des Gerichts von Amts wegen nach mündlicher Verhandlung entschieden.

(2) Ist gegen den Haftbefehl Beschwerde eingelegt, so kann auch im Beschwerdeverfahren auf Antrag des Beschuldigten oder von Amts wegen nach mündlicher Verhandlung entschieden werden.

(3) Ist die Untersuchungshaft nach mündlicher Verhandlung aufrechterhalten worden, so hat der Beschuldigte einen Anspruch auf eine weitere mündliche Verhandlung nur, wenn die Untersuchungshaft mindestens drei Monate und seit der letzten mündlichen Verhandlung mindestens zwei Monate gedauert hat.

(4) Ein Anspruch auf mündliche Verhandlung besteht nicht, solange die Hauptverhandlung andauert oder wenn ein Urteil ergangen ist, das auf eine Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt.

(5) Die mündliche Verhandlung ist unverzüglich durchzuführen; sie darf ohne Zustimmung des Beschuldigten nicht über zwei Wochen nach dem Eingang des Antrags anberaumt werden.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.