Oberlandesgericht Köln Beschluss, 10. Nov. 2015 - 4 UF 257/13
Tenor
Auf die Beschwerden des Antragstellers und der Antragsgegnerin werden unter Zurückweisung der Beschwerden im Übrigen der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Bonn vom 08.11.2013 sowie der Ergänzungsbeschluss vom 14.02.2014 (jeweils 409 F 221/12) wie folgt abgeändert:
Das Teilanerkenntnis- und Schlussurteil des Amtsgerichts - Familiengericht – Bonn vom 25.11.2009 (47 F 198/08) wird dahingehend abgeändert, dass der Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin bis Ende Mai 2015 befristet und er ab Dezember 2011 auf 450,00 €/Monat, ab Juni 2013 auf 300,00 €/Monat und ab Juni 2014 auf 150,00 €/Monat reduziert wird.
Im Übrigen werden die Anträge zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in allen Instanzen werden dem Antragsteller zu 7/10 und der Antragsgegnerin zu 3/10 auferlegt.
Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 17.900,00 € festgesetzt.
1
Gründe:
2I.
3Die Beteiligten waren seit 1974 bis zur rechtskräftigen Scheidung im September 2001 verheiratet und lebten seit Februar 2000 getrennt. Die Antragsgegnerin war während der Ehezeit, aus der zwei Kinder hervorgegangen sind, überwiegend nicht erwerbstätig. Sie ist gelernte Arzthelferin, hat nach der Trennung jedoch keine Erwerbstätigkeit mehr aufgenommen. Der Antragsteller zahlte zunächst Trennungsunterhalt in Höhe von rund 3.000,00 DM. Nach der Scheidung zahlte er Unterhalt in Höhe von 1.850,00 € bis zum Jahr 2008. Nach Abänderung des Unterhaltstitels im Jahr 2009 (Urteil vom 25.11.2009 – 47 F 198/09 – BA Bl. 356 ff.) zahlte er ab April 2008 € 650,00, davon 593,81 € Krankenvorsorgeunterhalt. Der Antragsteller ist seit dem 01.04.2011 pensioniert. Er begehrt die Abänderung der Entscheidung vom 25.11.2009 dahin, ab Juni 2011 keinen Unterhalt mehr zahlen zu müssen. Er begehrt zudem die Herausgabe des Unterhaltstitels sowie für die Zeit Juni 2011 bis Juni 2012 Rückzahlung überzahlten Unterhalt in Höhe von 8.450,00 € (13 x 650,00 €).
4Das Amtsgericht hat durch Beschluss vom 08.11.2013 nebst Ergänzungsbeschluss vom 14.02.2014 den Krankenvorsorgeunterhalt auf 258,00 € ab Juni 2011 reduziert und den Antrag im Übrigen zurückgewiesen. Beide Beteiligten haben hiergegen Beschwerde eingelegt. Der Antragsteller begehrt weiterhin eine Reduzierung des Unterhalts auf Null ab Juni 2011, Rückzahlung von 8.450,00 € sowie Herausgabe des Titels. Die Antragsgegnerin begehrt die Zurückweisung der Anträge und damit ein Belassen der titulierten Unterhaltszahlung. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Beschluss des Senats vom 10.07.2014 verwiesen.
5Der Senat hat die Beschwerden des Antragstellers mit Beschluss vom 10.07.2014 zurückgewiesen und auf die Beschwerde der Antragsgegnerin den angefochtenen Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben und die Anträge des Antragstellers zurückgewiesen, zugleich die Rechtsbeschwerde zugelassen. Zur Begründung hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt, der Antragsteller sei damit präkludiert, die Antragsgegnerin auf einen Wechsel der Krankenversicherung in einen günstigerenTarif der privaten Krankenversicherung zu verweisen, da dies bereits in dem Abänderungsverfahren im Jahr 2009 hätte geltend gemacht werden können.
6Auf die hiergegen eingelegte Rechtsbeschwerde des Antragstellers hat der Bundesgerichtshof durch Beschluss vom 15.07.2015 (XII ZB 369/14) den vorgenannten Senatsbeschluss aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Der Antragsteller sei entgegen der Ansicht des Senats nicht damit präkludiert, die Antragsgegnerin auf die Möglichkeit der Wahl eines günstigeren Tarifs der privaten Krankenversicherung zu verweisen; mit dem Eintritt des Antragstellers in den Ruhestand sei ein wesentlicher Einkommensrückgang eingetreten, der durch den Versorgungsausgleich deutlich vergrößert sei. Einer erneuten Beurteilung nach § 1578 b BGB sei auch der Krankenvorsorgeunterhalt zu unterziehen.
7Nach Rückverweisung beantragt der Antragsteller weiterhin,
8unter Abänderung des Teilanerkenntnis- und Schussurteils des Familiengerichts Bonn vom 25.11.2009 (47 F 198/08), und der Beschlüsse vom 08.11.2013 und 14.02.2014 zu beschließen:
91. Der Antragsteller ist rückwirkend seit Juni 2011 nicht mehr zur Zahlung von Unterhalt an die Antragsgegnerin verpflichtet - auch nicht in Form des Krankenvorsorgeunterhalts.
102. Die Antragsgegnerin ist verpflichtet, an den Antragsteller den seit Juni 2011 überzahlten Unterhalt in Höhe von insgesamt 8.450,00 € nebst 5% Zinsen über dem Basiszins seit dem 30.08.2012 zu zahlen.
113. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, die vollstreckbare Ausfertigung des Unterhaltstitels des Amtsgerichts Bonn vom 25.11.2009 (47 F 198/09) an den Antragsteller herauszugeben.
12Die Antragsgegnerin beantragt,
13die Beschwerde des Antragstellers zurückzuweisen.
14Mit ihren Beschwerden beantragt sie,
15unter Aufhebung der Beschlüsse des Amtsgerichts Bonn vom 08.11.2013 und 14.02.2014, Az. 409 F 221/12, die Anträge des Antragstellers zurückzuweisen.
16Der Antragsteller beantragt,
17die Beschwerden der Antragsgegnerin zurückzuweisen.
18Die Antragsgegnerin führt nach Rückverweisung an das Oberlandesgericht aus, sie sei bereits vor der Ehe (seit 01.07.1968) im Rahmen eines sogenannten zusätzlichen „Krankenhauskostentarifes“ versichert gewesen. Ihre Lebensverhältnisse seien daher schon vor der Ehe von diesem Standard geprägt gewesen, und sie habe wegen ihres Gesundheitszustands einen über dem gesetzlichen Standard hinausgehenden Versicherungsschutz haben wollen. Durch die Eheschließung sei sie seit dem 01.07.1975 beihilfeberechtigt gewesen, habe ihren Versicherungsschutz bei der privaten Krankenversicherung jedoch aufrechterhalten. Bei Hinwegdenken der Ehe hätte sie folglich den Schutz der gesetzlichen Krankenversicherung sowie den zusätzlichen Schutz der privaten Krankenversicherung. Bei einem Wechsel in den Standardtarif könne die Antragsgegnerin indessen nicht mehr den zusätzlichen Schutz der privaten Krankenversicherung erhalten. Der Verlust dieses zusätzlichen Versicherungsschutzes sei als ehebedingter Nachteil zu beurteilen. Zudem biete der Standardtarif nicht denselben Schutz wie die gesetzliche Krankenversicherung. Der Antragsgegnerin sei allenfalls ein Wechsel in den Basistarif zuzumuten, was zu mit dem derzeitigen Tarif vergleichbaren Kosten von 713,21 €/Monat führe. Die Antragsgegnerin könne zudem Bonusleistungen durch einen bei der gesetzlichen Krankenversicherung möglichen Wechsel der Krankenkasse nicht erlangen. Es sei überdies bedenklich, als Maßstab für die Beurteilung ehebedingter Nachteile auf die Durchschnittsrente langjährig versicherter Frauen abzustellen. Denn in der Abänderungsentscheidung im Jahr 2009 seien die tatsächlichen Alterseinkünfte der Antragsgegnerin nach Durchführung des Versorgungsausgleichs bereits berücksichtigt und in etwa dem ohne Ehe erzielbaren Nettoeinkommen (Renteneinkommen) gleich gesetzt worden. Dies sei entscheidungserheblich gewesen, da andernfalls nicht der volle Beitrag zur privaten Krankenversicherung als Nachteil zuerkannt worden wäre. Es greife hier daher die Präklusion, da Fehler des Vorgerichts nicht im Abänderungsverfahren korrigiert werden dürften. Im Rahmen der Billigkeit falle schließlich die Belastung des Antragstellers durch den Unterhalt weniger stark ins Gewicht. Die Antragsgegnerin habe sich nach der Scheidung keine neuen Rücklagen bilden können. Der Wegfall des Unterhalts löse bei ihr lebensbedrohliche Existenzängste aus. Der Antragsteller habe die Einbußen durch den Versorgungsausgleich zumindest teilweise auffangen können und sei auch durch die neue Partnerin in materieller Hinsicht abgesichert. Jedenfalls dürfe sich eine Herabsetzung oder Befristung des Unterhalts nur für die Zukunft auswirken und sei der Antragsgegnerin eine ausreichende Übergangszeit zuzubilligen, um sich auf die geänderte finanzielle Lage einrichten zu können. Unzumutbar sei, der Antragsgegnerin nach mehrjähriger Prozessdauer rückwirkend erhebliche Einbußen aufzuerlegen. Ihre Rücklagen habe sie wegen des bereits seit Juli 2012 nicht mehr gezahlten Unterhalts bereits angreifen müssen.
19Der Antragsteller ist der Ansicht, im Rahmen der zu treffenden Billigkeitsentscheidung sei zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin einen Zugewinnausgleich in Höhe von 75.000,00 € sowie Unterhalt seit der Trennung im Jahr 2000 erhalten habe. Sie verfüge aufgrund des Versorgungsausgleichs zudem über Renteneinkünfte, die über denen bei Ausübung des erlernten Berufs bei ununterbrochener Berufstätigkeit lägen.
20II.
21Die Beschwerden der Beteiligten sind statthaft und zulässig, auch die gegen den Ergänzungsbeschluss vom 14.02.2014 gerichteten Rechtsmittel. Die Beschwerden sind allerdings nur zum Teil begründet.
221. Der Antragsteller hat Anspruch auf Abänderung des Unterhaltstitels im tenorierten, jedoch nicht im begehrten Umfang.
23Der Antragsteller ist erst nach dem Schluss der Tatsachenverhandlung im vorausgegangenen Verfahren pensioniert worden ist, so dass sich sein Einkommen auch erst hiernach verringert hat. Der Abänderungsantrag kann folglich in Ansehung von § 238 Abs. 2 FamFG auf diesen Umstand gestützt werden. Nach Maßgabe der Entscheidung des Bundesgerichtshofs über die Rechtsbeschwerde des Antragstellers ist dieser zudem nicht damit präkludiert, die Antragsgegnerin auf einen Wechsel der Krankenversicherung in einen günstigeren Tarif der privaten Krankenversicherung zu verweisen. Für die Beurteilung nach § 1587 b BGB ist daher die Möglichkeit der Wahl eines günstigeren Tarifs der privaten Krankenversicherung im Rahmen einer neu anzustellenden tatrichterlichen Gesamtschau mit zu berücksichtigen (s. BGH, Beschluss vom 15.07.2015 – XII ZB 369/14 – zitiert nach juris Rn. 30). Diese Entscheidung ist für den Senat bindend (§ 74 Abs. 6 Satz 4 FamFG), so dass es einer Auseinandersetzung mit der hieran im Schrifttum teilweise geübten Kritik (Hoppenz, FamRZ 2015, 1697), auf die die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin hingewiesen hat, an dieser Stelle nicht bedarf.
24Nach § 1578 b BGB ist der Unterhaltsanspruch herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, wenn ein unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinsamen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen oder eine Befristung des Unterhaltsanspruchs unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe unbillig wäre. Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes sowie aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe ergeben. Der Dauer der Ehe kommt auch im Rahmen der Bemessung der Übergangsfrist eine besondere Bedeutung zu. Eine Befristung scheidet jedoch regelmäßig aus, solange ehebedingte Nachteile bestehen (BGH, Versäumnisurteil vom 10.11.2010 – XII ZR 197/08, FamRZ 2011, 192, juris Rn. 38; OLG Hamm, Beschluss vom 19.2.2014 - 8 UF 105/12 – zitiert nach juris Rn. 141; Wönne in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Auflage, § 4 Rn. 1009). Ein ehebedingter Nachteil des Unterhaltsberechtigten ist nur dann gegeben, wenn er konkret aufgrund der Ehe berufliche Einschränkungen erlitten hat und daher durch eigene Erwerbstätigkeit nicht das Einkommen erzielen kann, dass er ohne Ehe erzielen könnte (BGH, Urteil vom 23.11.2011 – XII ZR 47/10, FamRZ 2012, 197, juris Rn. 25 m.w.N.).
25a) Gemessen an diesen Maßstäben liegen ehebedingte Nachteile seit der Verrentung der Antragsgegnerin nicht mehr vor.
26aa) Die Antragsgegnerin erzielte aufgrund der Durchführung des Versorgungsausgleichs bereits im Jahr 2012 eine Rente von 1.450,56 €, die sich im Jahr 2014 auf 1.581,19 € (s. Bl. 30 SH BGH) und im Jahr 2015 auf 1.610,90 € (Bl. 45 SH BGB) erhöht hat. Dies ist deutlich mehr als das, was sie an Rente beziehen würde, wenn sie nicht geheiratet und ihre Berufstätigkeit als Sprechstundenhilfe fortgesetzt hätte. Dies kann der Senat ohne weitere Aufklärung feststellen, weil die Durchschnittsrente von Frauen in Westdeutschland bei besonders langjähriger Erwerbstätigkeit nur bei 1.097,00 € liegt (s. Rentenversicherung in Zeitreihen, DRV-Schriften, Bd. 22, 2014, Seite 125) und die Vergütung von Arzthelferinnen jedenfalls nicht überdurchschnittlich hoch ist. Von einem beruflichen Aufstieg kann mangels ausreichend substantiierten Vortrags der Antragsgegnerin hierzu nicht ausgegangen werden. Hierauf hatte bereits das Amtsgericht Bonn in seiner Entscheidung vom 25.11.2009 (47 F 198/08) hingewiesen (S. 10, Bl. 372 R d. BA 47 F 198/09). An diesem Befund hat sich im Laufe dieses Verfahrens nichts geändert. Werden von 1.097,00 € die Krankenversicherungsbeiträge (7,3 %) in Abzug gebracht, verbliebe eine Rente in Höhe von 1.016,92 €. Nach Abzug der als Rentnerin zu zahlenden Beiträge zur Pflegeversicherung in voller Höhe von seinerzeit 1,95 %, sind weitere 21,39 € in Abzug zu bringen, so dass – ohne Berücksichtigung anfallender Steuern – eine Rente in Höhe von 995,53 € verbliebe. Demgegenüber erzielte die Antragsgegnerin bereits im Jahr 2012 eine Rente in Höhe von 1.450,56 €. Nach Abzug der Beiträge für eine Krankenversicherung im Standardtarif (398,31 €, dazu nachfolgend) verbleiben 1.052,25 € (unter Berücksichtigung der Pflegeversicherung: 997,05 €). Der Senat legt hierbei zugrunde, dass die Antragsgegnerin ausweislich des Vorschlags ihrer bisherigen privaten Krankenversicherung vom 26.08.2015 (Bl. 1145 GA) mit einer Monatsprämie in Höhe von 324,48 € in den Standardtarif wechseln kann. Selbst unter Berücksichtigung der dann zu zahlenden höchsten Eigenanteile von umgerechnet monatlich 73,83 € verbleibt der Antragsgegnerin eine Kostenlast in Höhe von 398,31 € bzw. 453,51 € Inkl. Pflegeversicherung. Dieser Vergleich verdeutlicht, dass die Antragsgegnerin bei einem Wechsel in den Standardtarif der privaten Krankenversicherung nicht schlechter steht, als sie ohne Ehe mit einem Rentenbezug von 1.097,00 € brutto stünde.
27bb) Der Senat ist nicht daran gehindert, die Beantwortung der Frage des Vorhandenseins ehebedingter Nachteile auf die vorstehende Vergleichsberechnung (Einkommen/Rente ohne Ehe) zu stützen. Der Antragsgegnerin ist zwar darin zuzustimmen, dass in der Ausgangsentscheidung aus dem Jahr 2009 ein derartiger Vergleich angestellt wurde (Seite 10 UA, Bl. 365 BA). Ist indes nunmehr eine Abänderung wegen veränderter Tatsachen- und Rechtslage eröffnet, kann eine sogenannte Alttatsache berücksichtigt werden, wenn sie nicht bereits im Ausgangsverfahren entscheidungserheblich war (s. BGH, Beschluss vom 15.07.2015 – XII ZB 369/14 – juris Rn. 24).
28So liegt der Fall hier. Denn entscheidungserheblich war der Vergleich der tatsächlichen mit der fiktiven Einkommenssituation im Ausgangsverfahren nicht. Vielmehr hatte sich das Gericht zutreffend auf das Petitum des Antragstellers beschränkt. Dieser hatte, und zwar in Anbetracht seiner damals noch erzielten Einnahmen aus Erwerbstätigkeit, lediglich eine Abänderung des Unterhalts auf 650,00 € begehrt; den Krankenvorsorgeunterhalt also nicht in Frage gestellt (dies verkennend: Anm. Hoppenz zur vorgenannten BGH-Entscheidung, FamRZ 2015, 1697). Die vom Gericht seinerzeit vorgenommene Abwägung erschöpfte sich sonach darin, dass die Antragsgegnerin mit ihren Renteneinnahmen und dem Unterhalt von 650,00 € über ein ausreichendes Einkommen verfügt, während es sich im Übrigen darauf beschränken konnte, dass es an einem ehebedingten Nachteil fehlt. Eine abweichende Beurteilung im Sinne der Antragsgegnerin wäre hier nur zu treffen, wenn der Antragsteller schon im seinerzeitigen Abänderungsverfahren eine Herabsetzung unterhalb der (zugestandenen) 650,00 € begehrt, und dabei die Argumentation, die Antragsgegnerin hätte ohne Ehe geringere Renteneinkünfte und könne in einen günstigeren Versicherungstarif wechseln, übersehen hätte.
29cc) Auch ist der Antragsgegnerin der Wechsel in den Standardtarif zumutbar. Ihre Einwendungen, sie habe bereits vor der Ehe einen zusätzlichen Krankenversicherungsschutz in der privaten Krankenversicherung gehabt, dieser stehe ihr bei einem Wechsel in den Standardtarif nicht mehr zu, zudem sei ihr ein Wechsel, wie dieser in der gesetzlichen Krankenversicherung möglich wäre und Bonusleistungen brächte, tragen zur Begründung einer Unzumutbarkeit nicht.
30(1) Die Leistungen im Standardtarif entsprechen denen der gesetzlichen Krankenversicherung (s. „Wichtige Informationen zum Standardtarif“, Bl. 1143). Dass die Antragsgegnerin indes als gesetzlich Versicherte bessere Leistungen durch einen Wechsel der Krankenkasse erlangen könnte, ist nicht substantiiert vorgetragen, dessen unbeschadet auch fernliegend. Denn etwaige „Bonusleistungen“ beim Versicherungswechsel werden allenfalls jungen (gesunden) Versicherten angeboten. Es liegt jedoch fern anzunehmen, dass die pensionierte Antragsgegnerin unter Berücksichtigung des von ihr geschilderten langjährigen Krankheitsverlaufs Boni durch einen Wechsel der gesetzlichen Versicherung erlangen könnte, während im Übrigen ohnehin wie ausgeführt die Leistungen im Standardtarif denen der gesetzlichen Krankenversicherung entsprechen.
31(2) Auch der Einwand des bestehenden Zusatzschutzes und daraus resultierender Unzumutbarkeit des Wechsels in den Standardtarif, greift nicht. Zwar trifft es nach dem vorzitierten Informationsblatt zu, dass Zusatztarife zum Standardtarif nicht bestehen dürfen. Eine Unzumutbarkeit der Verweisung auf den Standardtarif folgt aus der fehlenden Ergänzungsmöglichkeit indes nicht. Zum einen ist völlig unklar, welchen zusätzlichen Versicherungsschutz in der privaten Krankenversicherung die Antragsgegnerin tatsächlich im Zeitpunkt der Eheschließung hatte (sie bezieht sich auf einen „Krankenhauszusatztarif“). Zum anderen müsste die Antragsgegnerin auch bei Hinwegdenken der Ehe den zusätzlichen Versicherungsschutz in der privaten Krankenversicherung bezahlen, also hierauf Versicherungsprämien entrichten, so dass auch diese Versicherungskosten nicht ehebedingt wären. Unter Berücksichtigung der o.g. verbleibenden fiktiven Rente (bei Hinwegdenken der Ehe), würde die Zusatzversicherung zu einer weiteren Reduzierung des verbleibenden niedrigen Einkommens führen, die jedenfalls nicht weit von dem entfernt liegen dürfte, was der Antragsgegnerin aktuell nach Abzug der Krankenversicherungskosten verbleibt. So würden bereits Kosten von rund 150,00 € für die Zusatzversicherung zu einem Gleichlauf mit den tatsächlichen Verhältnissen (Zahlung des aktuellen Tarifs) führen (s. Berechnung des Senats im Beschluss vom 10.07.2014 für das Jahr 2012: Rente 1.456,56 € - 593,81 € KV = 856,75 € bzw. für das Jahr 2015 ausweislich der Schriftsätze des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin vom 03. und 10. 03.2015, Bl. 39, 45 SH BGH: Rente 263,71 € + 1.347,19 € = 1.610,90 € - 772,47 € KV = 838,43 € ). Dass eine Zusatzversicherung in der privaten Krankenversicherung die Antragsgegnerin weniger als 150,00 € kosten würde, ist indes in Anbetracht des Alters der Antragstellerin und des Krankheitsverlaufs fernliegend. Sonach wäre die Antragsgegnerin ohne Ehe entweder nicht schlechter gestellt, als sie tatsächlich steht, - es verbleibt auch dann kein ehebedingter Nachteil - oder sie hätte wegen der hohen finanziellen Last von den Zusatzleistungen abgesehen.
32b) Die nacheheliche Solidarität gebietet keine weiteren Unterhaltszahlungen über eine angemessene Übergangsfrist hinaus. Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung ist zu berücksichtigen, dass der Antragsteller seit der Trennung Unterhalt in Höhe von zunächst 3.000,00 DM, nach der Scheidung sodann in Höhe von 1.850,00 € bis April 2008 und sodann bis Mai 2011 650,00 € (ab Juni 2011 begehrt der Antragsteller Rückzahlung) zahlte. Dies entspricht einem Zeitraum von rund 11 Jahren. Die Antragsgegnerin hat ihrerseits nach der Scheidung keine Erwerbstätigkeit aufgenommen und auch auf keine andere Weise Altersvorsorge betrieben. Im Rahmen der Billigkeit ist zudem zu berücksichtigen, dass es der Antragsgegnerin nach vorstehenden Darlegungen zumutbar ist, sich im Standardtarif zu versichern, um ihre Kosten zu senken. Sie steht überdies wie ausgeführt nicht schlechter da, als bei Erzielung einer Rente als langjährig Erwerbstätige, und zwar auch unter Berücksichtigung eines zusätzlichen Versicherungsschutzes in der privaten Krankenversicherung. Sie wusste, dass der Antragsteller aufgrund des Versorgungsausgleichs eine erheblich niedrigere Pension und deswegen gegenüber seinem Erwerbseinkommen zuvor über erheblich geringere Geldmittel verfügen wird. Hierauf hatte sie sich im Rahmen der nachehelichen Solidarität ihrerseits einzustellen. Jedenfalls nachdem der Antragsteller mit anwaltlichem Schreiben vom 10.03.2011 (Bl. 15 GA) auf die geänderte Situation hingewiesen hat, bestand Anlass für die Antragsgegnerin, sich hiermit auseinanderzusetzen. Sie durfte jedenfalls von diesem Zeitpunkt an nicht darauf vertrauen, dass der Krankenvorsorgeunterhalt weiterhin unbefristet gezahlt wird. Gleichwohl bemühte sie sich nicht um eine Tarifänderung, die ihr schon seinerzeit möglich gewesen wäre. Rechtfertigt dies die Befristung des Unterhaltsanspruchs ist der Antragsgegnerin indes ein Zeitraum zuzugestehen, um sich auf die geänderten Verhältnisse einzustellen und kostenreduzierende Maßnahmen zu ergreifen. Es wäre unbillig, einerseits den Antragsteller weiterhin den Krankenvorsorgeunterhalt zahlen zu lassen, andererseits den Unterhalt ab Renteneintritt des Antragstellers sofort auf Null zu reduzieren. Im Rahmen der nachehelichen Solidarität dürfte es angemessen sein, den Unterhalt ab dem streitbefangenen Zeitpunkt Juni 2011 zeitlich gestaffelt herabzusetzen, damit der Antragsgegnerin eine Übergangsfrist zu gewähren, die es ihr ermöglichen soll, sich wirtschaftlich und persönlich auf den Wegfall der Unterhaltszahlungen einzustellen. Ausgehend von einer Ehezeit von 27 Jahren ist es in der Gesamtwürdigung vorgenannter Umstände angemessen und billig, den Unterhalt auf weitere 4 Jahre zu befristen, damit der Antragsgegnerin über einen Gesamtzeitraum von etwas mehr als der Hälfte der Ehezeit einen Unterhalt zu gewähren, den Unterhalt jedoch bis zur Befristung (30.05.2015) zeitlich gestaffelt herabzusetzen.
33Die Herabsetzung nimmt der Senat dahingehend vor, dass - ausgehend von der Berechnung im Senatsbeschluss vom 10.07.2014 - der Antragsgegnerin für weitere 6 Monate, sonach bis November 2011, der titulierte Unterhalt in voller Höhe (650,00 €) zu belassen ist. Der Unterhalt ist sodann für die folgenden 18 Monate auf 450,00 €, für ein Jahr auf 300,00 € und für ein weiteres Jahr auf 150,00 € zu reduzieren, so dass ab Juni 2015 kein Unterhalt mehr zu zahlen ist. Eine weiterreichende Befristung ist mangels seit der Verrentung nicht mehr bestehender ehebedingten Nachteile auch unter Berücksichtigung der langen Ehezeit nicht gerechtfertigt. Soweit die Antragsgegnerin der Ansicht ist, eine Herabsetzung dürfe erst für die Zukunft ausgesprochen werden, verkennt sie, dass sie bereits vor Klageerhebung damit konfrontiert war, geringeren oder keinen Unterhalt mehr zu erhalten und die abweichende Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch die verschiedenen Instanzen das typische Prozessrisiko darstellt. Die von der Antragsgegnerin angeführte Befristung/Herabsetzung erst für die Zukunft, um sich erst jetzt auf die geänderten Verhältnisse einstellen zu können, würde zu einer nicht gerechtfertigten Verlagerung des Prozessrisikos auf den Antragsteller führen, was auch unter Berücksichtigung, dass die Antragsgegnerin durch einen Tarifwechsel einen unumkehrbaren Weg beschritten hätte, gilt. Auch berücksichtigt der Senat, dass die Antragsgegnerin die durch die Nichtzahlung des Unterhalts entstandenen Deckungslücken bereits in der Vergangenheit (seit Juli 2012) durch Rückgriff auf Rücklagen ausgeglichen hat. Ist es bereits nicht unbillig, dass die Antragsgegnerin auf diesem Weg einen Teil ihrer Rücklagen für ihre Altersvorsorge verwendet hat, liegt eine existenzgefährdende Situation durch eine „Rückwirkung“ der Entscheidung des Senats jedenfalls nicht vor, während die Antragsgegnerin sich für die Zukunft - unbeschadet des Umstands, dass sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausgeführt hat, sie werde ihren bestehenden Versicherungsschutz ohnehin nicht ändern - auf den Wegfall des Unterhalts durch kostenreduzierende Maßnahmen (Tarifwechsel, günstigere Mietwohnung) einrichten kann und nicht schlechter dasteht, als ohne Ehe.
342. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Zahlung überzahlten Unterhalts. Aus vorstehenden Darlegungen erhellt, dass eine Überzahlung zwar zum Teil für den Zeitraum Juni 2011 bis Juni 2012 vorliegt, nämlich für die Monate Dezember 2011 bis Juni 2012 in Höhe von 7 Monaten x (650,00 € - 450,00 €) = 1.400,00 €. Dem steht indes nicht gezahlter Unterhalt für die Zeit ab Juli 2012 in Höhe von 11 x 450,00 € + 12 x 300,00 € + 12 x 150,00 € = 10.350,00 € gegenüber. Es verbleibt somit keine Überzahlung, sondern ein an die Antragsgegnerin zu zahlender Restunterhalt in Höhe von 8.950,00 €.
353. Der Antragsteller hat nach vorstehenden Darlegungen keinen Anspruch auf Herausgabe des Titels aus § 371 BGB analog (vgl. BGH, Urteil vom 09.10.2013 – XII ZR 59/12, zitiert nach juris, Rn. 19). Denn der Antragsgegnerin stehen aus dem Titel verbleibende Zahlungsansprüche in vorgenanntem Umfang zu.
36III.
37Die Ausführungen in den nicht nachgelassenen Schriftsätzen der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin vom 14.10.2015 und des Antragstellers vom 20.10.2015 sowie im Schreiben der Antragsgegnerin vom 11.10.2015 erschöpfen sich in rechtlichen bzw. nicht entscheidungsrelevanten tatsächlichen Ausführungen - überwiegend zum Verlauf der Ehe. Einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung bedurfte es hiernach nicht.
38IV.
391. Die Kostenentscheidung für alle Instanzen beruht auf § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 FamFG. Hierbei hat der Senat berücksichtigt, dass der Antragsteller mit der geltend gemachten Überzahlung sowie der Titelherausgabe unterliegt. Betreffend die Unterhaltszahlungen hat der Senat berücksichtigt, dass der Antragsteller durch die Befristung des Unterhaltsanspruchs bzw. dessen zeitlich gestaffelte Herabsetzung überwiegend obsiegt. Dies rechtfertigt es, bezogen auf diesen Streitteil von einem Unterliegen des Antragstellers in Höhe von 1/3 (entsprechend 2.600,00 €) auszugehen. Hieraus errechnet sich ein Unterliegen des Antragstellers im Verhältnis (2.600,00 € + 8.450,00 € + 1.650,00 € =) von 12.700,00 € zu 17.900,00 €, was der gerundeten Kostenquote von 7/10 zu Lasten des Antragstellers entspricht.
402. Abweichend vom Senatsbeschluss vom 10.07.2014 war der Verfahrenswert wegen der begehrten Titelherausgabe auf 17.900,00 € zu erhöhen. Der Wert der Herausgabe ist mit 1/5 des Jahreswerts der Zahlungen zu bewerten (OLG Köln, Beschluss vom 11.09.1996 – 19 W 46/96 – NJW-RR 1997, 381, juris Rn. 4).
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Köln Beschluss, 10. Nov. 2015 - 4 UF 257/13
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Köln Beschluss, 10. Nov. 2015 - 4 UF 257/13
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenOberlandesgericht Köln Beschluss, 10. Nov. 2015 - 4 UF 257/13 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
Tenor
Der Tatbestand des Beschlusses des Amtsgerichts Bonn – Familiengericht – vom 8.11.2013 - Az. 409 F 221/12 - wird dahingehend berichtigt, dass der Hauptantrag des Antragstellers wie folgt lautet:
das Teilanerkenntnis- und Schlussurteil des Familiengerichts Bonn vom 25.11.2009 – 47 F 198/08 – gemäß § 238 FamFG dahingehend abzuändern, dass er ab Juni 2011 an die Antragsgegnerin keinen Unterhalt zu zahlen hat.
Der so berichtigte Beschluss wird im Tenor sodann wie folgt ergänzt:
Das Teilanerkenntnis- und Schlussurteil des Familiengerichts Bonn vom 25.11.2009 – 47 F 198/08 – wird dahingehend abgeändert, dass der Antragsteller ab Juni 2011 verpflichtet ist, einen Unterhalt i.H.v. 258,00 EUR an die Antragsgegnerin zu zahlen.
Die weitergehenden Anträge des Antragstellers und der Antragsgegnerin werden zurückgewiesen.
Gerichtsgebühren werden für das vorliegende Berichtigungs- und Beschlussergänzungsverfahren nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
1
Gründe:
2I.
3Die Beteiligten haben sich ursprünglich über die Abänderung des im Tenor genannten Teilanerkenntnis- und Schlussurteils gestritten. Dabei hatte der Antragsteller ursprünglich beantragt, das Urteil wegen veränderter Umstände ab Rechtshängigkeit abzuändern. Im Laufe des Verfahrens hat er diesen Antrag dahingehend abgeändert, dass nunmehr auch eine Abänderung rückwirkend ab Juni 2011 begehrt wird. Diesen Antrag hat der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung vom 10.1.2013 gestellt. Im Anschluss hat das Gericht den Beschluss vom 8.11.2013 erlassen, dessen Berichtigung und Ergänzung der Antragsteller mit dem vorliegenden Antrag verfolgt. In dem Beschluss hat das Gericht die erfolgte Antragsänderung übersehen und lediglich über die Abänderung ab Rechtshängigkeit entschieden.
4Der Antragsteller beantragt nunmehr sinngemäß,
5die Berichtigung und Ergänzung des Beschlusses vom 8.11.2013. Wegen der gestellten Anträge wird auf das Protokoll der letzten mündlichen Verhandlung und die darin genannten Schriftsätze Bezug genommen.
6Die Antragsgegnerin beantragt,
7die Anträge abzuweisen und den Beschluss vom 8.11.2013 für sofort wirksam zu erklären.
8Der Antragsteller beantragt,
9den Antrag der Antragsgegnerin zurückzuweisen.
10II.
11Die zulässigen Anträge des Antragstellers sind teilweise begründet. Der Antrag der Antragsgegnerin ist unbegründet.
12Das Gericht hat davon Abstand genommen das Verfahren wieder zu öffnen und dem Antragsteller aufzugeben, in nachvollziehbarer Weise darzulegen, was er letztlich beantragt, nachdem die Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers in der letzten mündlichen Verhandlung erneut eine Vielzahl von Anträgen gestellt hat, die teils bereits abgehandelt waren durch die Ausgangsentscheidung und teilweise bereits abgeändert wurden, damit dem Verfahren endlich Fortgang gegeben und über die Beschwerden der Beteiligten entschieden werden kann. Das Gericht ist wohlwollend davon ausgegangen, dass der Antragsteller in dem Ergänzungsverfahren nicht die ursprünglichen Anträge erneut stellen wollte, sondern dass es ihm nur um die Berichtigung und Ergänzung der Entscheidung geht, wie aus den nach Erlass der Entscheidung eingegangenen Schriftsätzen ersichtlich ist. Allerdings mag man darüber nachdenken, ob man Ergänzung- und Berichtigungsverfahren wie das vorliegende demnächst dadurch begegnet, dass man in der mündlichen Verhandlung einen zusammen gefassten Antrag stellt, ohne wieder erneut auf Protokolle vorangegangener mündlicher Verhandlungen und Schriftsätze Bezug nimmt, die Anträge enthalten, die sich teils widersprechen bzw. bereits überholt sind.
13Das Gericht hat vorliegend über den Berichtigungsantrag und den Beschluss- Ergänzungsantrag im Rahmen eines Beschlusses entschieden, da die Berichtigung der übersehenden Antragserweiterung zwischen den Beteiligten unstreitig war.
141.
15Zunächst war der zu ergänzende Beschluss gemäß § 320 ZPO wie tenoriert zu berichtigen.
16Bei dem Berichtigungsantrag handelt es sich um einen Antrag nach § 320 ZPO, da die Unrichtigkeit nicht offensichtlich war. Offensichtlich ist eine Unrichtigkeit nur dann, wenn sie sich unmittelbar aus der Entscheidung selbst ergibt, woran es vorliegend fehlt. Die Unvollständigkeit der Entscheidung hinsichtlich des Antrages ergibt sich vielmehr nur aus der der Entscheidung zu Grunde liegenden Verfahrensakte.
17Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 10.1.2013 hatte der Antragsteller die Anträge aus dem Schriftsatz vom 22.8.2012 gestellt. In diesem Schriftsatz hatte der Antragsteller die rückwirkende Abänderung des streitgegenständlichen Urteils ab Juni 2011 beantragt. Dies hat das Gericht bei Erlass des Beschlusses offensichtlich übersehen.
182.
19Der so berichtigte Beschluss war nach § 321 ZPO zu ergänzen. Denn über eine Abänderung des Urteils zwischen Juni 2011 und Rechtshängigkeit hat das Gericht, entgegen des Antrages des Antragstellers, nicht entschieden. Insoweit enthält der erlassene Beschluss eine Entscheidungslücke.
20Das Teilanerkenntnis-und Schlussurteil war auch für den Zeitraum zwischen Juni 2011 und Rechtshängigkeit wie tenoriert abzuändern. Hinsichtlich des zu zahlenden Unterhaltes bleibt es auch für das Jahr 2011 bei einem Betrag von 258,00 €. Hinsichtlich der Berechnung wird Bezug genommen auf die Ausführungen in der Ausgangsentscheidung. Zwar war der Rentenbezug der Antragsgegnerin im Jahr 2011 etwas geringer. Der Unterschied zum nach Rechtshängigkeit errechneten Unterhalt bewegt sich jedoch im Bereich von Rundungsdifferenzen.
213.
22Im Übrigen waren die Anträge zurückzuweisen.
23Soweit der Antragsteller weitere angebliche Unrichtigkeiten, Unvollständigkeiten Auslassungen etc. rügt, vermochte das Gericht solche nicht zu erkennen. Die vorgebrachten Einwände mögen im Beschwerdeverfahren weiter verfolgt werden.
24Auch eine Ergänzung des Beschlusses hinsichtlich des geltend gemachten Rückzahlungsanspruchs kam nicht in Betracht. Insoweit enthält die zu ergänzende Entscheidung keine Entscheidungslücke. Vielmehr hat das Gericht in der angegangenen Entscheidung über diesen Anspruch entschieden. Insoweit müssen die Einwendungen des Antragstellers dem Beschwerdeverfahren vorbehalten bleiben. Gleiches gilt für die getroffene Kostenentscheidung. Die, hätte sie das Gericht vorliegend abgeändert, ohnehin nicht anders ausgefallen wäre, da der rückwirkenden Abänderung hier kein eigener Verfahrenswert zukommt, vgl. die Begründung zur Verfahrenswertfestsetzung. Eine Abänderung der Kostenentscheidung muss damit ebenfalls dem Beschwerdeverfahren vorbehalten bleiben.
25Hinsichtlich des Antrages der Antragsgegnerin, die Entscheidung für sofort wirksam zu erklären, fehlt es ebenfalls an einer Entscheidungslücke. Das Gericht hat bewusst davon abgesehen, die Entscheidung für sofort wirksam zu erklären. Nach dem Wortlaut des § 116 Abs. 3 S. 3 FamFG bezieht sich diese Regelung allein auf Verpflichtungen zur Zahlung laufenden Unterhaltes. Eine solche Entscheidung liegt indes nicht vor. Das Gericht hat auch davon abgesehen, eine sofortige Wirksamkeit nach § 116 Abs. 3 S. 2 FamFG anzuordnen. Ein irgendwie geartetes Interesse der Antragsgegnerin, die Abänderungsentscheidung für sofort wirksam zu erklären, ist nicht zu erkennen. Solange die Abänderungsentscheidung nicht wirksam ist, kann sie aus der Ausgangsentscheidung vollstrecken. Wie sich aus § 775 Nr. 1 ZPO ergibt, kann eine Zwangsvollstreckung aus einer Ausgangsentscheidung nur eingestellt werden, wenn die Ausfertigung einer vollstreckbaren Endentscheidung vorgelegt wird. Vor Ablauf der Rechtsmittelfrist gegen die Abänderungsentscheidung liegt eine Entscheidung im Sinne des § 775 Nr. 1 ZPO indes nicht vor.
264. Kosten
27Sowohl bzgl. des Berichtigungs- als auch des Ergänzungsverfahrens fallen keine zusätzlichen Gerichtsgebühren bzw. Rechtsanwaltskosten an (Zöllner/Vollkommer, § 321 ZPO, Rn. 12; § 320 ZPO, Rn. 15; § 319 ZPO, Rn. 30.), aus diesem Grund entsprach es der Billigkeit, dass die Beteiligten etwaige sonstige außergerichtliche Kosten selbst tragen, § 243 FamFG.
285. Verfahrenswert
29Das Ergänzungsverfahren hat nach Auffassung des Gerichts gegenüber dem Ausgangsverfahren keinen eigenständigen Verfahrenswert, da der Wert der Abänderung vor Rechtshängigkeit bereits in dem im Ausgangsverfahren festgesetzten Wert für den geltend gemachten Rückzahlungsantrag enthalten ist.
30Rechtsbehelfsbelehrung:
31Gegen diesen Beschluss ist, die Berichtigung der Gründe betreffend, ein ordentliches Rechtsmittel nicht gegeben.
32Gegen diesen Beschluss ist, die Ergänzung der Ausgangsentscheidung betreffend, das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder wenn das Gericht des ersten Rechtszugs die Beschwerde zugelassen hat. Beschwerdeberechtigt ist derjenige, dessen Rechte durch den Beschluss beeinträchtigt sind. Die Beschwerde ist bei dem Amtsgericht - Familiengericht - Bonn, Wilhelmstr. 21, 53111 Bonn schriftlich in deutscher Sprache durch einen Rechtsanwalt einzulegen.
33Die Beschwerde muss spätestens innerhalb eines Monats nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses bei dem Amtsgericht - Familiengericht - Bonn eingegangen sein. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. Fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.
34Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist zu unterzeichnen.
35Darüber hinaus muss der Beschwerdeführer einen bestimmten Sachantrag stellen und diesen begründen. Die Frist hierfür beträgt zwei Monate und beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. Innerhalb dieser Frist müssen der Sachantrag sowie die Begründung unmittelbar bei dem Beschwerdegericht - Oberlandesgericht Köln, Reichenspergerplatz 1, 50670 Köln - eingegangen sein.
36Dem Anwaltszwang unterliegen nicht Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie Beteiligte, die durch das Jugendamt als Beistand vertreten sind
(1) Enthält eine in der Hauptsache ergangene Endentscheidung des Gerichts eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen, kann jeder Teil die Abänderung beantragen. Der Antrag ist zulässig, sofern der Antragsteller Tatsachen vorträgt, aus denen sich eine wesentliche Veränderung der der Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ergibt.
(2) Der Antrag kann nur auf Gründe gestützt werden, die nach Schluss der Tatsachenverhandlung des vorausgegangenen Verfahrens entstanden sind und deren Geltendmachung durch Einspruch nicht möglich ist oder war.
(3) Die Abänderung ist zulässig für die Zeit ab Rechtshängigkeit des Antrags. Ist der Antrag auf Erhöhung des Unterhalts gerichtet, ist er auch zulässig für die Zeit, für die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts Unterhalt für die Vergangenheit verlangt werden kann. Ist der Antrag auf Herabsetzung des Unterhalts gerichtet, ist er auch zulässig für die Zeit ab dem Ersten des auf ein entsprechendes Auskunfts- oder Verzichtsverlangen des Antragstellers folgenden Monats. Für eine mehr als ein Jahr vor Rechtshängigkeit liegende Zeit kann eine Herabsetzung nicht verlangt werden.
(4) Liegt eine wesentliche Veränderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse vor, ist die Entscheidung unter Wahrung ihrer Grundlagen anzupassen.
(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.
(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.
(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.
(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.
Tenor
Auf die Beschwerden der Antragstellerin vom 17.04.2012 und des Antragsgegners vom 23.04.2012 wird der am 08.03.2012 verkündete Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Lüdinghausen im Ausspruch zum nachehelichen Unterhalt (Ziff. 4 der angefochtenen Entscheidung) teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin ab Januar 2014 nachehelichen Unterhalt in folgender monatlicher Höhe zu zahlen:
a)bis einschließlich Dezember 2015: 888,00 €,
b) ab Januar 2016: 425,00 €.
Der Unterhalt ist monatlich im Voraus zu zahlen und zum Ersten eines jeden Monats fällig.
Der weitergehende Antrag und die weitergehenden Beschwerden werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens und des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Die sofortige Wirksamkeit dieses Beschlusses wird angeordnet.
Der Verfahrenswert für die Beschwerde der Antragstellerin wird auf 8.685,84 €, für die Beschwerde des Antragsgegners auf 13.485,84 € und insgesamt auf 22.171,68 € festgesetzt.
1
Gründe:
2I.
3Die Beteiligten streiten zweitinstanzlich noch um nachehelichen Unterhalt ab Rechtskraft der Scheidung.
4Die am ##.##.1962 geborene Antragstellerin und der am ##.##.1957 geborene Antragsgegner heirateten am ##.##.1986. Aus ihrer Ehe gingen zwei Söhne, der am ##.##.1987 geborene D und der am ##.##.1992 geborene V, hervor.
5Die Beteiligten trennten sich im August 2007. Der Scheidungsantrag wurde am 13.12.2010 zugestellt. Die Ehe der Beteiligten wurde durch den – nur hinsichtlich des nachehelichen Unterhalts angefochtenen - Beschluss des Amtsgerichts Lüdinghausen vom 08.03.2012 geschieden. Die Ehescheidung ist seit dem 26.06.2012 rechtskräftig.
6Die Beteiligten sind zu je ½ Miteigentümer der Immobilie X, die der Antragsgegner seit der Trennung bewohnt. Den Wohnvorteil für die vom Antragsgegner bewohnte Wohnung haben die Beteiligten im Senatstermin am 14.01.2013 in Höhe von 734,00 € monatlich unstreitig gestellt. Das Obergeschoss der 1995 erbauten Immobilie ist für eine Kaltmiete in Höhe von 411,00 € monatlich vermietet. Der Antragsgegner zahlt die Zins- und Tilgungsleistungen für die zur Finanzierung aufgenommenen drei Darlehen bei der LBS und für ein Darlehen bei der NRW-Bank.
7Die Antragstellerin verließ die Hauptschule im Juni 1977 mit Abschluss nach der Klasse 9. Sie begann eine Lehre als Fleischereifachverkäuferin, die sie jedoch nicht abschloss, weil sie nach zwei Jahren einen Unfall erlitt und dabei ihr Knie schwer verletzt wurde. Im weiteren Verlauf erlernte sie keinen neuen Beruf, sondern arbeitete als Servicekraft in einem Gaststättenbetrieb bis Ende 1986. Während der Ehe ging die Antragstellerin zeitweilig einer geringfügigen Beschäftigung nach. So war sie vom 01.04.1999 bis 31.12.2000 beim Gut F und vom 01.02.2003 bis 31.10.2003 in einer Bäckerei (bis zu deren Insolvenz) tätig. Seit dem 12.03.2008 arbeitet die Antragstellerin als Taxifahrerin bei der Firma U in M, und zwar bis Juni 2012 als geringfügig Beschäftigte mit 390,00 € monatlich und seit Juli 2012 versicherungspflichtig als Teilzeitkraft. Die Antragstellerin war vom 17.04.2013 bis 31.07.2013 arbeitsunfähig erkrankt. Sie wurde am 18.04.2013 im St. E-Krankenhaus in X operiert. Es wurde eine Sequesterotomie LWK 5/SWK 1 links intraforaminimal und eine Neurolyse L 5 links durchgeführt. Vom 15.05.2013 bis 11.06.2013 befand sich die Antragstellerin in einer von der DRV Westfalen finanzierten Anschlussheilbehandlung in der reha Z, aus der sie arbeitsunfähig entlassen wurde. Die Antragstellerin bezog vom 29.05.2013 bis zum 11.06.2013 Übergangsgeld in Höhe von 11,01 € täglich netto und vom 12.06.2013 bis 31.07.2013 Krankengeld in Höhe von täglich 11,49 € netto. Seit dem 07.11.2013 ist die Antragstellerin erneut arbeitsunfähig.
8Der Antragsgegner ist Zimmerermeister. Die Meisterschule besuchte er von September 1987 bis April 1988. Der Antragsgegner arbeitet seit dem 01.08.1988 bei der Firma Q in G. Seit dem 31.12.2012 ist der Antragsgegner in zweiter Ehe verheiratet. Seine zweite Ehefrau, W, bezieht seit 2009 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung und ist aufgrund ihrer Erkrankungen (drei Operationen an der Lendenwirbelsäule mit Protheseneinsatz / Knieteilschlittenprothese rechts) nicht in der Lage, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.
9Der gemeinsame Sohn der Beteiligten, D, studiert in den Niederlanden Psychologie. Er musste sein Studium wegen einer psychischen Erkrankung unterbrechen, befindet sich derzeit noch in Behandlung und ist nicht voll belastbar. Derzeit macht er seinen Master. Voraussichtliches Studienende ist in 2015.
10Der Antragsgegner zahlte von Juli 2012 bis einschließlich Dezember 2013 auf den nachehelichen Unterhalt monatlich 1.000,00 €.
11Die Antragstellerin hat nachehelichen Unterhalt (Krankenvorsorge- und Elementarunterhalt) gem. §§ 1572, 1573 Abs. 1 und 2 BGB geltend gemacht und behauptet, dass sie aufgrund verschiedener Leiden (psychische Erkrankung (Depressionen seit 1984, Angstsymptomatik), Wirbelsäulenleiden (Hals- und Lendenwirbelbereich, mehrfach operiert)) nicht in der Lage sei, vollschichtig erwerbstätig zu sein, sondern allenfalls acht bis zehn Stunden wöchentlich arbeiten könne. Ihr sei durch Urteil des Sozialgerichts Münster (S 11 SB 68/07) vom 06.11.2009 ein GdB von 40 zuerkannt worden. Sie sei nur eingeschränkt arbeitsfähig. Sie könne lediglich für kurze Zeit sitzen, könne aber auch nicht längere Zeit laufen und nicht schwer tragen. Sie könne keine Überkopfarbeiten durchführen und nicht häufig knien oder hocken.
12Die Antragstellerin hat behauptet, dass sie ehebedingte Nachteile erlitten habe. Ohne Ehe und Kinder hätte sie die mittlere Reife nachgeholt und eine dreijährige Ausbildung zur Bürofachkraft absolviert. Ein entsprechendes Angebot habe ihr das Arbeitsamt im Dezember 1985 gemacht. Sie sei damals schon mit dem Antragsgegner verlobt gewesen. Dieser sei von den Plänen „nicht erbaut“ gewesen, da die lange Ausbildungsdauer seine Pläne (Eheschließung, Kinder) durchkreuzt hätte. Sie, die Antragstellerin, habe sich daraufhin entschlossen, die Ausbildung nicht zu absolvieren. Ohne Ehe und Kinder wäre sie jetzt als Bürokraft tätig und würde monatliche Einkünfte in Höhe von 1.500,00 € brutto = 1.086,30 € netto erzielen. Diese Bürotätigkeit könnte sie auch heute noch ausüben. Sie habe ihre Berufstätigkeit zurückgestellt, weil der Antragsgegner die Meisterschule besuchen wollte.
13Die Antragstellerin hat die Ansicht vertreten, der Antragsgegner könne die Zinsen für die Immobiliendarlehen in Höhe von insgesamt 316,42 € monatlich sowie die Tilgung nur in Höhe von 155,97 € monatlich als sekundäre Altersvorsorge (4 % seines Bruttoeinkommens) einkommensmindernd berücksichtigen.
14Die Antragstellerin hat beantragt,
15dem Antragsgegner aufzugeben, an sie beginnend mit dem Tag der Rechtskraft der Scheidung nachehelichen Unterhalt in Höhe von 1.366,00 € zu zahlen, darin enthalten 187,72 € Krankenversicherung und 24,57 € Pflegeversicherung.
16Der Antragsgegner hat beantragt,
17den Antrag zurückzuweisen, hilfsweise den Unterhalt herabzusetzen und zeitlich zu befristen.
18Der Antragsgegner hat die behauptete eingeschränkte Arbeitsfähigkeit bestritten. Die Antragstellerin habe keine ehebedingten Nachteile erlitten, so dass ihr schon aus diesem Grund kein Unterhalt zustehe. Der Antragstellerin sei fiktiv ein Einkommen aus vollschichtiger Tätigkeit in Höhe von mindestens 1.100,00 € netto zuzurechnen.
19Der Antragsgegner hat ferner bestritten, dass sich die Antragstellerin ohne Ehe und Kinder zur Bürofachkraft hätte ausbilden lassen. Die Antragstellerin habe von Anfang an keinerlei Interesse an einer beruflichen Ausbildung gehabt und hätte lieber Einkünfte aus einer vollschichtigen Tätigkeit als ungelernte Kraft erzielen wollen, als die mit einer mehrjährigen Ausbildung verbundenen finanziellen Nachteile in Kauf zu nehmen. Sie habe auch nach der Trennung keine Veranlassung gesehen, an ihrer beruflichen Situation etwas zu verändern. Aus dem Reha-Bericht aus 2009 ergebe sich, dass der Antragstellerin eine Umschulung zur Bürokauffrau bewilligt worden sei, die Antragstellerin daran jedoch aus finanziellen Gründen und weil sie davon ausgegangen sei, dass sie aufgrund ihres Alters als Bürokauffrau keine Arbeit finden würde, nicht interessiert gewesen sei. Mit den monatlich 1.000,00 € Trennungsunterhalt, die er ab 2007 gezahlt habe, hätte die Antragstellerin ihren Lebensunterhalt während der Umschulung finanzieren können. Die Antragstellerin habe sich weder vor der Eheschließung noch nach der Trennung um eine berufliche Aus- oder Weiterbildung bemüht.
20Solange die Beteiligten noch gemeinsam Eigentümer der Immobilie seien, seien sowohl die Zins- als auch die kompletten Tilgungsleistungen (534,58 € monatlich auf die Darlehen bei der LBS sowie 220,46 € monatlich auf das Darlehen bei der NRW-Bank) einkommensmindernd zu berücksichtigen. Auch die verbrauchsunabhängigen Kosten des Hauses (jährlich jeweils Grundsteuer 76,70 €, Grundbesitzabgaben 685,54 € und Wohngebäudeversicherung 406,81 €) seien einkommensmindernd zu berücksichtigen. Für notwendige Reparaturen und Instandsetzungsarbeiten (Eingangstreppe, Außenfassade, Fenster, Treppenhaus) seien monatlich 200,00 € anzusetzen.
21Ein etwaiger Unterhaltsanspruch der Antragstellerin sei zeitlich zu befristen oder herabzusetzen, da ehebedingte Nachteile nicht entstanden seien.
22Die Antragstellerin hat erwidert, dass die Umschulung in 2009 nicht bewilligt worden sei. Während der Umschulung hätte sie keinerlei Leistungen vom Arbeitsamt bekommen und auch nicht berufstätig sein können, so dass sie über keinerlei Einkünfte verfügt hätte. Darüber hinaus hätte sie wegen ihrer Erkrankung und wegen ihres Alters mit hoher Wahrscheinlichkeit als Bürokauffrau keine Anstellung gefunden. In den 1.000,00 €, die der Antragsgegner nach der Trennung gezahlt habe, seien 350,00 € Kindesunterhalt enthalten gewesen.
23Das Amtsgericht hat den Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin von dem auf die Rechtskraft der Scheidung folgenden Monat bis zum 31.12.2014 monatlichen Unterhalt in Höhe von 1.123,82 € (hiervon 166,82 € Vorsorgeunterhalt für Kranken- und Pflegeversicherung) sowie ab 01.01.2015 monatlich 400,00 € Unterhalt zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Antragstellerin stehe ein Anspruch auf Krankenunterhalt gem. § 1572 BGB zu. Auf Seiten der Antragstellerin sei von einem (teilfiktiven) Einkommen von 400,00 € auszugehen. Angesichts der über etliche Jahre hinweg plausibel dokumentierten multiplen Erkrankung (leichte Depression, Wirbelsäulenleiden mit diversen Operationen, Karpaltunnelsyndrom) sei davon auszugehen, dass die fast 50jährige Antragstellerin bei ihrem Status als ungelernte Kraft nicht mehr als eine geringfügige Beschäftigung erreichen könne.
24Auf Seiten des Antragsgegners sei von einem Erwerbseinkommen von 2.309,77 € auszugehen. Daneben verfüge der Antragsgegner über Nichterwerbseinkommen in Höhe von 434,71 €, weil von den 413,00 € Miete und 733,99 € Wohnvorteil für die LBS 136,67 €, 336,55 €, 61,36 € sowie für die NRW-Bank 168,70 € in Abzug zu bringen seien. Da die Tilgung des NRW-Darlehens nicht belegt sei, sondern eine vorzeitige Umschuldung angekündigt worden sei, könne insofern nur der unstreitige Zins in Ansatz gebracht werden. Die verbrauchsunabhängigen Kosten habe der Antragsgegner aus dem Selbstbehalt zu tragen. Auf Seiten der Antragstellerin sei von einem Krankheitsvorsorgebedarf in Höhe von 14,9 % von 990,00 € und einem Pflegevorsorgebedarf von 1,95 % von 990,00 € auszugehen. Insgesamt seien für die freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung der Antragstellerin 166,82 € monatlich anzusetzen. Nach Abzug von je 1/7 Erwerbstätigenbonus auf beiden Seiten, wobei auf Seiten des Antragsgegners Erwerbseinkünfte in Höhe von 2.310,00 € zugrunde gelegt wurden, hat das Amtsgericht einen Elementarunterhaltsanspruch der Antragstellerin in Höhe von 957,00 € und einen Gesamtunterhaltsanspruch – einschließlich Krankheitsvorsorgeunterhalt – von 1.123,82 € errechnet.
25Der Unterhalt sei gem. § 1578b BGB herabzusetzen. Es sei davon auszugehen, dass ehebedingte Nachteile auf Seiten der Antragstellerin nicht vorlägen. Die Krankheiten seien nicht ehebedingt. Auch einen ehebedingten Nachteil im Rahmen ihrer Erwerbsbiographie habe die Antragstellerin nicht dargelegt. Sie sei vor der Eheschließung ungelernte Kraft gewesen und jetzt auch. Dass die Antragstellerin ohne die Ehe eine Ausbildung abgeschlossen hätte, habe diese nicht in substantiierter Weise dargelegt. Das Weiterbildungsangebot habe bereits vor Beendigung der Ehe vorgelegen. Es sei nicht erkennbar, dass die Antragstellerin nicht nur willens, sondern auch in der Lage gewesen wäre, die mittlere Reife nachzuholen. Insofern hätte die Antragstellerin deutlich überdurchschnittliche Noten in ihrem Hauptschulabschluss oder andere Anhaltspunkte vortragen müssen. Im Rahmen der Entscheidung nach § 1578b BGB sei jedoch nicht nur auf das Fehlen ehebedingter Nachteile abzustellen. Daneben sei insbesondere die Dauer der Ehe, die eheliche Arbeitsteilung, Dauer der Kindererziehung und damit verbundene Nachwirkungen der ehelichen Solidarität sowie insbesondere die Einhaltung des Existenzminimums zu berücksichtigen. Das Amtsgericht hat insbesondere auf die lange Ehe, die Prägung der wirtschaftlichen Verhältnisse durch den Verdienst des Antragstellers, die Kinderbetreuung durch die Antragsgegnerin und den Umstand, dass es sich um Krankheitsunterhalt handelt, berücksichtigt. Es sei angemessen, die Antragstellerin auch noch nach Rechtskraft der Scheidung für einen erheblichen Zeitraum an den ehelichen Lebensverhältnissen partizipieren zu lassen. Bis Ende 2014 sei der nach den ehelichen Lebensverhältnissen geschuldete Unterhalt zu zahlen. Danach sei der Unterhalt auf den Bedarf nach den eigenen Lebensverhältnissen der Antragstellerin herabzusetzen. Da die Antragstellerin nur über ein geringfügiges Einkommen verfüge, sei auf das Existenzminimum abzustellen, das mit 800,00 € zu bemessen sei. Abzüglich des eigenen Einkommens der Antragstellerin verbleibe noch ein ungedeckter Bedarf in Höhe von 400,00 €.
26Gegen diese Entscheidung wenden sich beide Beteiligte mit ihren Beschwerden.
27Die Antragstellerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Herabsetzung ab 01.01.2015 auf 400,00 €. Sie habe ihren Anspruch in erster Linie auf § 1573 Abs. 2 BGB gestützt und als weitere Anspruchsgrundlage § 1572 BGB angeführt. Sie habe nach dem Abbruch der Ausbildung zur Fleischereifachverkäuferin keine neue Ausbildung begonnen, weil sie dazu infolge der Trennung ihrer Eltern nicht in der Lage gewesen sei. Als Servicekraft im Gaststättenbereich habe sie im Jahr 1983 in acht Monaten 17.285,00 DM und 1986 in acht Monaten 19.609,00 DM erzielt. Von Dezember bis Februar sei sie jeweils saisonbedingt nicht beschäftigt worden. 1985 habe sie das Arbeitsverhältnis nicht aufgenommen, da sie am „mutmaßlichen“ Beginn des Arbeitsverhältnisses arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei. Das Amtsgericht habe nicht berücksichtigt, dass sie die beiden gemeinsamen Kinder D und V betreut und versorgt habe. Sie habe bis zur Geburt von D einen gesicherten Arbeitsplatz gehabt. Seit der Geburt von D sei sie wegen der Kinderbetreuung nicht mehr beruflich tätig gewesen. Sie sei bereits mit dem Antragsgegner verlobt gewesen, als sie das Angebot zur Ausbildung als Bürofachkraft abgelehnt habe. Der Antragsgegner habe schon damals die Meisterschule besuchen wollen und sei deshalb „nicht erbaut“ gewesen, als das Angebot an sie herangetragen worden sei. Das Amtsgericht habe sie, die Antragstellerin, nicht darauf hingewiesen, dass weiterer Vortrag dazu erforderlich gewesen wäre, dass sie die mittlere Reife geschafft hätte. Wenn das Arbeitsamt eine entsprechende Maßnahme anbiete, habe dieses auch zuvor geprüft, ob die Voraussetzungen vorliegen, dass sie den Abschluss tatsächlich schaffe. Es seien dazu keine überdurchschnittlichen Noten erforderlich. Sie sei in der Lage gewesen, einen über den Hauptschulabschluss hinausgehenden Schulabschluss zu erreichen. Sie habe mit Rücksicht auf die bevorstehende Eheschließung und den Kinderwunsch die eigene Ausbildung zurückgestellt. Sie habe auch dadurch einen ehebedingten Nachteil erlitten, dass sie infolge der Aufgabe ihrer Erwerbstätigkeit nicht mehr in der Lage gewesen sei, in die Rentenversicherung einzuzahlen. Sie habe deshalb die erforderliche Anzahl von 180 Beitragsmonaten nicht erreicht, um einen eigenen Anspruch auf Altersrente und ggf. Erwerbsminderungsrente zu erwerben. Ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen seien ausweislich des Bescheides des Kreises H vom 06.11.2009 seit Mai 2007 in relevantem Umfang festgestellt worden. Ihre Leistungsfähigkeit sei durch die Erkrankung erheblich eingeschränkt. Sie sei nicht in der Lage, mehr als 20 Stunden wöchentlich zu arbeiten.
28Wegen der ehebedingten Nachteile scheide eine Befristung aus. Auch eine Herabsetzung sei nur bei Unbilligkeit möglich, woran es vorliegend jedoch fehle. Ihre Chancen, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine Stelle zu finden, durch die sie ihren eigenen angemessenen Lebensbedarf sichern könne, seien schlecht.
29Sie habe dem Antragsgegner während der Ehe den Rücken für seine berufliche Tätigkeit und die Fachschulausbildung freigehalten. Auch bei Zahlung des beantragten Unterhalts verbleibe dem Antragsgegner monatlich ein Betrag, der seinen Lebensunterhalt nicht unbillig einschränke.
30Der Antragsgegner weigere sich, die gemeinsame Immobilie zu verkaufen, und verhindere dadurch, dass sie das vorhandene Vermögen angemessen verwerten könne (z.B. durch Ankauf einer Eigentumswohnung). Das eigene Verhalten des Antragsgegners entspreche nicht der Billigkeit. Sie könne zwar die Teilungsversteigerung betreiben. Mit dem Antrag auf Teilungsversteigerung gefährde sie jedoch in ganz erheblichem Maß die wirtschaftlichen Interessen beider Beteiligten, da die Eintragung des Teilungsvermerks den Verkauf zu einem marktgerechten Kaufpreis verhindere.
31Selbst wenn der Unterhalt herabzusetzen sei, seien zur Kompensation der ehebedingten Nachteile mehr als 400,00 € Unterhalt erforderlich. Als Bürofachkraft könne sie monatlich rund 1.500,00 € brutto = 1.086,30 € netto erzielen. Gleiches Einkommen würde sie erzielen, wenn sie ihre Tätigkeit als Servicekraft fortgesetzt hätte. Das Amtsgericht habe insofern fehlerhaft auf das Existenzminimum abgestellt. Maßgebend sei jedoch nicht das Existenzminimum, sondern ihr Anspruch auf den vollen Unterhalt im Sinne des § 1578 BGB.
32Die Entscheidung des Amtsgerichts basiere auf den Einkünften des Antragsgegners aus 2010. Diese hätten sich geändert. Der Antragsgegner beziehe Leistungen aus einer Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung wegen Erwerbsunfähigkeit, gleichzeitig aber unverändert auch sein Arbeitseinkommen.
33Die Antragstellerin beantragt,
34die angefochtene Entscheidung abzuändern und dem Antragsgegner aufzugeben, an sie beginnend mit dem Tage der Rechtskraft der Scheidung nachehelichen Barunterhalt in Höhe von 1.123,82 € zu zahlen,
35hilfsweise befristet bis zu ihrem Eintritt ins Rentenalter (09.03.2027).
36Der Antragsgegner beantragt,
37die Beschwerde der Antragstellerin zurückzuweisen und den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Lüdinghausen vom 08.03.2012 abzuändern und den Antrag auf Zahlung von nachehelichem Unterhalt zurückzuweisen.
38Die Antragstellerin beantragt,
39die Beschwerde des Antragsgegners zurückzuweisen.
40Der Antragsgegner wendet mit seiner Beschwerde ein, das Amtsgericht habe zu Unrecht die Tilgung des NRW-Bank-Darlehens nicht einkommensmindernd berücksichtigt. Zu einer Umschuldung dieses Darlehens sei es nicht gekommen, da sich die Beteiligten bezüglich der Immobilie immer noch nicht auseinandergesetzt hätten. Für die Zeit ab 30.06.2012 belaufe sich die Jahresleistung auf insgesamt 2.647,22 €, was einer monatlichen Rate von 220,60 € entspreche. Es seien auch die verbrauchsunabhängigen Kosten für das Haus (jährlich jeweils Grundsteuer 76,70 €, Grundbesitzabgaben 685,54 € und Wohngebäudeversicherung 406,81 €) in Abzug zu bringen, weil er diese Beiträge aufbringen müsse und der hälftige Anteil ohnehin auf das Miteigentum der Antragstellerin entfalle. Darüber hinaus seien für notwendige Reparaturen und Instandsetzungsarbeiten Rücklagen in Höhe von 200,00 € monatlich einkommensmindernd anzusetzen.
41Das Amtsgericht sei zu Unrecht ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens von einer gesundheitlich bedingten Einschränkung der Erwerbsfähigkeit der Antragsgegnerin ausgegangen. Eine dauerhafte Erwerbsunfähigkeit ergebe sich nicht aus den vorgelegten Attesten. Aus unterhaltsrechtlicher Sicht sei die Antragstellerin verpflichtet, sich intensiv und nachhaltig um eine Behandlung ihrer Krankheit zu kümmern und ggf. auch Operationen in Kauf zu nehmen, um ihre Erwerbsfähigkeit wieder herzustellen. Er bestreite nach wie vor, dass die Antragstellerin nicht in der Lage sei, eine versicherungspflichtige Tätigkeit auszuüben.
42Das Amtsgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass die Antragstellerin keine ehebedingten Nachteile erlitten habe. Die Antragstellerin sei vor und nach der Eheschließung als ungelernte Kraft tätig gewesen. Die aus ihrer Erwerbsunterbrechung resultierenden Nachteile in der Altersversorgung seien durch den Versorgungsausgleich ausgeglichen worden. Die Antragstellerin sei überhaupt nicht daran interessiert gewesen, einen über den Hauptschulabschluss hinausgehenden Schulabschluss zu erreichen oder eine Lehre zu beginnen. Auch als die Kinder nicht mehr betreuungsbedürftig gewesen seien, habe die Antragstellerin nicht an eine Weiterbildung oder an den Wiedereinstieg in das Berufsleben gedacht. Die Antragstellerin habe nicht mit Rücksicht auf die bevorstehende Ehe eigene Ausbildungswünsche zurückstellen müssen. Sie sei lediglich in den Jahren 1982, 1983, 1984 und 1986 einer rentenversicherungspflichtigen Tätigkeit als Saisonkraft nachgegangen. Bei der Eheschließung sei sie bereits 24 Jahre alt gewesen. Ihr Vorbringen, in diesem Alter noch die mittlere Reife nachholen und sich als Bürofachkraft ausbilden lassen zu wollen, sei durch die von ihr ausgeübten vollschichtigen Tätigkeiten als ungelernte Beschäftigte widerlegt.
43Das Amtsgericht habe den Unterhaltsanspruch der Antragstellerin jedoch zu Unrecht nicht befristet. Es bestehe kein Grund, die Antragstellerin auch noch nach Rechtskraft der Scheidung einen erheblichen Zeitraum an den ehelichen Lebensverhältnissen partizipieren zu lassen. Er zahle bereits seit dem Jahr 2007 Trennungsunterhalt. Während der Trennungszeit sei die Antragstellerin nicht gehindert gewesen, eine Vollzeittätigkeit aufzunehmen bzw. ihre jetzige Tätigkeit auszuweiten. Die Antragstellerin hätte auch im Rahmen ihrer geringfügigen Beschäftigung freiwillig Beiträge zur Rentenversicherung erbringen und so für den Fall der Erwerbsunfähigkeit Vorsorge treffen können, so dass sie die für die Erwerbsminderungsrente erforderliche Beitragszeit erfüllt hätte. Ein etwaiger Krankheitsunterhaltanspruch sei daher auf die für den Erwerb einer Erwerbsminderungsrente erforderliche Beitragszeit zu befristen. Bei der Billigkeitsabwägung sei auch zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin noch Miteigentümerin des Zweifamilienhauses sei, dessen Wert die Beteiligten im Zugewinnausgleichsverfahren übereinstimmend mit 300.000,00 € angesetzt hätten. Nach Abzug der noch valutierenden Hauskredite belaufe sich der Wert auf 230.000,00 €, so dass der Antragstellerin 115.000,00 € zuzurechnen seien. Über diesen – durch den Verkauf des Miteigentumsanteils realisierbaren – Sachwert hinaus könnte die Antragstellerin selbst bei Wegfall ihres Unterhaltsanspruchs noch die hälftigen Mieteinnahmen aus der Einliegerwohnung und den Wohnwertanteil für die von ihm bewohnte Erdgeschosswohnung beanspruchen. Die Antragstellerin sei daher – sowohl im Falle des Verkaufs als auch im Falle der Fortführung der bestehenden Eigentumsverhältnisse – finanziell abgesichert. Ohne die Ehe hätte die Antragstellerin mit großer Wahrscheinlichkeit kein Vermögen erwerben können. Der Gesichtspunkt der nachehelichen Solidarität könne nicht zu einem dauerhaften Unterhaltsanspruch der Antragstellerin führen.
44Bei der Billigkeitsabwägung sei auch zu berücksichtigen, dass er noch freiwillig Unterhalt für den gemeinschaftlichen Sohn D in Höhe von 305,00 € monatlich zahle, der sein Studium in Holland noch nicht beendet habe. Diese Zahlungen habe er nur erbringen können, weil er auf Kosten seiner Gesundheit zahlreiche Überstunden in Kauf genommen habe. Durch die ständige Überbeanspruchung habe er schwere Bandscheibenschäden davongetragen, die dringend behandelt werden müssten. Es sei unklar, ob er seinen Beruf als Zimmerer zukünftig noch ausüben könne oder überhaupt noch in der Lage sein werde, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Er habe sich bislang noch nicht operieren lassen, da die Erfolgschancen der Operation nur mit 50 % bewertet würden. Er sei nicht mehr in der Lage, Arbeiten eines Zimmerermeisters auszuführen, sondern werde seit einiger Zeit in seiner Firma ausschließlich mit Büroarbeiten betraut.
45Die Einkommensverhältnisse der Antragstellerin seien ungeklärt. Die Korrekturabrechnungen seien nicht nachvollziehbar. Die Unterhaltsbedürftigkeit der Antragstellerin müsse vor diesem Hintergrund in Frage gestellt werden. Neben ihren Einkünften seien der Antragstellerin noch Trinkgelder in Höhe von mindestens 100,00 € monatlich zuzurechnen.
46Er beziehe kein Einkommen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. Der Versicherer weigere sich bisher, seinen Rentenanspruch anzuerkennen und Zahlungen zu erbringen. Sein Einkommen habe sich im Grunde nicht verändert. Es habe sich aufgrund seiner zweiten Eheschließung lediglich die Steuerklasse geändert. Der Steuervorteil müsse der neuen Ehe vorbehalten bleiben. Auch die Steuererstattung für 2012 sei nicht zu berücksichtigen, da sie allein auf der Wiederverheiratung beruhe. Die Antragstellerin habe grundlos die Anlage U ab 2011 widerrufen, so dass die gesamten Unterhaltsleistungen steuerlich nicht hätten berücksichtigt werden können. Die Antragstellerin weigere sich auch, eine Regelung wegen der Vermögensauseinandersetzung zu treffen, obwohl er ihr angeboten habe, gegen Übertragung des Miteigentumsanteils die Restschulden zu übernehmen und einen Ausgleichsbetrag von 115.000,00 € zu zahlen. Die Antragstellerin zeige auch keine Bereitschaft, an einer Reduzierung der Belastungen durch Umfinanzierung mitzuwirken. Die Missachtung seiner Vermögensinteressen sei in keiner Weise gerechtfertigt und müsse im Rahmen der Billigkeitsabwägung bei § 1578b BGB berücksichtigt werden. Die Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner neuen Ehefrau sei ebenfalls zu berücksichtigen.
47Die Antragstellerin erwidert, dass sie sich bemüht habe, ihre Arbeitsfähigkeit wieder herzustellen. Die Empfehlungen der Ärzte seien unterschiedlich. Sie befürchte, dass eine Operation keine Heilung bringe, sondern nur mit erheblichen Risiken verbunden sei. Sie befinde sich wegen einer somatisierten Depression einhergehend mit massiven Schmerzen im Bereich der HWS und LWS in Gesprächstherapie und werde mit Psychopharmaka behandelt. Angesichts ihrer derzeitigen Erkrankung sei sie nicht in der Lage, eine versicherungspflichtige Tätigkeit auszuüben. Sie müsse einem potentiellen Arbeitgeber die Erkrankung der Wirbelsäule und die psychischen Probleme darlegen. Niemand würde sie dann noch mit Rücksicht auf etwa geschuldete Lohnfortzahlung und den zu befürchtenden Arbeitsausfall beschäftigen. Sie erhalte durchschnittlich 8,00 € Trinkgeld pro Woche, weil sie hauptsächlich Krankenfahrten absolviere, die von der Krankenkasse bezahlt würden. Diese Patienten gäben normalerweise kein Trinkgeld. Am Wochenende fahre sie größtenteils Taxibus, welcher in der Regel mit Fahrkarten und nicht mit Bargeld bezahlt werde. Am Wochenende absolviere sie maximal zwei bis sechs Privatfahrten. Gelegentlich erhalte sie an einem Wochenende 15,00 € Trinkgeld, im Durchschnitt liege das Trinkgeld jedoch bei 8,00 €. Unterhaltszahlungen des Antragsgegners an D bestreite sie. Sie habe bei dem Realsplitting nicht mitgewirkt, weil der Antragsgegner für das Jahr 2011 12.000,00 € an Ehegattenunterhaltszahlungen geltend gemacht habe. In dem monatlichem Betrag von 1.000,00 € seien jedoch 355,00 € Kindesunterhalt enthalten gewesen. Der Antragsgegner habe ihr nur 112.000,00 € für die Übertragung des Miteigentumsanteils angeboten und zudem einen Unterhaltsverzicht verlangt. Der Unterhaltsanspruch der zweiten Ehefrau des Antragsgegners sei nachrangig. Der Antragsgegner müsse sich 160,00 € monatlich an fiktivem Steuervorteil aus Realsplitting zurechnen lassen. Der Antragsgegner sei als Meister eingestellt und habe immer leitende Tätigkeiten ausgeübt. Seine Arbeit habe sich immer auf Büroarbeit beschränkt und er werde nur ausnahmsweise auf Baustellen und nur zu Kontrollen eingesetzt. Sie habe im Jahr 1986 ein durchschnittliches Bruttoeinkommen von 16.609,00 DM in acht Monaten erzielt. Das seien durchschnittlich 2.450,00 DM pro Monat. Dies entspreche unter Berücksichtigung des vom statistischen Bundesamt festgestellten Index heute einem Bruttoeinkommen von 4.932,80 DM = 2.552,10 €. Selbst wenn man davon ausgehe, dass sie nicht die von ihr vorgetragene berufliche Entwicklung genommen hätte, ergebe sich aus der allgemeinen Steigerung der Löhne und Gehälter, dass sie 2.552,10 € brutto auch ohne zusätzliche Qualifikation hätte erzielen können. Es stelle sich die Frage, ob der Abzug für die sekundäre Altersvorsorge neben der Tilgung für die Immobilie berücksichtigt werden könne und ob ihre Erwerbstätigkeit im Hinblick auf die bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen überobligatorisch sei.
48Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
49Der Senat hat gemäß Beschluss vom 14.01.2013 Beweis erhoben über die Behauptung der Antragstellerin, sie sei aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, mehr als 20 Stunden wöchentlich zu arbeiten, durch Einholung eines arbeitsmedizinischen Sachverständigengutachtens von Dr. X2 und eines neurologisch-psychiatrischen Sachverständigengutachtens von Dr. S. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten von Dr. X2 vom 17.07.2013 und auf die schriftlichen Gutachten von Dr. S vom 20.04.2013 und 15.12.2013 Bezug genommen. Beide Sachverständige haben im Senatstermin am 16.12.2013 ihre Gutachten mündlich erläutert und ergänzt. Insofern wird auf das Protokoll sowie den Berichterstattervermerk vom 16.12.2013 Bezug genommen.
50II.
51Die gem. §§ 58 ff., 117 FamFG für den Unterhaltszeitraum ab 01.07.2012 zulässigen Beschwerden der Beteiligten sind teilweise, nämlich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang, begründet, im Übrigen unbegründet.
521.Auf das Verfahren ist das seit dem 01.09.2009 geltende Verfahrensrecht anzuwenden, da das Verfahren im Oktober 2010 eingeleitet wurde (Art. 111 FGG-RG).
532. Der Antragstellerin steht im streitgegenständlichen Zeitraum ab 01.07.2012 gegen den Antragsgegner ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt (Teilkranken- und Teilaufstockungsunterhalt) gem. §§ 1572, 1573 Abs. 2 BGB zu. Ein Anspruch auf Vorsorgeunterhalt für Kranken- und Pflegeversicherung, wie ihn noch das Amtsgericht angenommen hat, besteht nicht, da die Antragstellerin seit dem 01.07.2012 versicherungspflichtig beschäftigt ist und daher aus eigenem Recht kranken- und pflegeversichert ist. Bei der Berechnung des Unterhaltsanspruchs der Antragstellerin ist auf die aktuellen Einkünfte der Beteiligten abzustellen. Auf Seiten des Antragsgegners sind einkommensmindernd auch die Unterhaltszahlungen an den gemeinsamen Sohn der Beteiligten, D, sowie die Tilgungsleistungen gegenüber der NRW-Bank zu berücksichtigen.
54Der Unterhaltsanspruch ist ab dem 01.01.2016 – und nicht bereits ab dem 01.01.2015 - auf 425,00 € monatlich herabzusetzen. Eine Befristung des Unterhaltsanspruchs kommt jedenfalls derzeit nicht in Betracht. Der Unterhaltsanspruch ist auch nicht verwirkt. Bis einschließlich Dezember 2013 ist der Unterhaltsanspruch erfüllt.
55a)Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Antragstellerin wegen ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht in der Lage ist, einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachzugehen, sondern maximal halbschichtig erwerbstätig sein kann.
56Nach den Ausführungen der Sachverständigen Dr. S und Dr. X2, denen sich der Senat anschließt, ist bei der Antragstellerin von einer chronifizierten depressiven Störung – aktuell mindestens mittelgradig - und einer chronischen Schmerzstörung mit psychischen und somatischen Faktoren sowie einem Zustand nach osteoligamentärer Dekompressionen in Höhe L3/L4 rechts und L4/L5 beidseits am 14.04.2009 sowie Sequesterotomie L5/S1 links intraforaminal mit Neuroloyse L5 links in mikrochirurgischer Technik am 18.04.2013 und Zustand nach ventraler Diskektomie und Cage-Fusion in Höhe C5/C6 sowie C6/C7 links am 23.03.2007 sowie Zustand nach beidseitigen Karpaltunneloperationen auszugehen. Daneben bestehen im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule zusätzliche degenerative Veränderungen unter Tangierung nervaler Strukturen sowie beidseits Kniegelenksverschleißerscheinungen, die bereits als stärkergradig zu bezeichnen sind. Der Degenerationsprozess führt zu einer erheblichen Minderbelastbarkeit des Bewegungsapparates im Bereich der Wirbelsäule und der beiden Kniegelenke. Darüber hinaus bestehen Bewegungseinschränkungen, die sich insbesondere auch unter körperlicher Belastung verstärken und schnell zu einer Dekompensationsreaktion führen können. Es bestehen keine Hinweise für Aggravationstendenzen, sondern eher eine Tendenz zur Dissimulation der bestehenden Symptomatik.
57Soweit der Antragsgegner Einwendungen gegen die schriftlichen Gutachten von Dr. S 20.04.2013 und Dr. X vom 17.07.2013 im Hinblick auf die sozialmedizinische Leistungsbeurteilung im Entlassungsbericht der reha Z vom 10.06.2013 erhoben hat, wonach die Antragstellerin durchaus noch einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachgehen kann, ist zu berücksichtigen, dass die sozialmedizinische Beurteilung ausdrücklich auf Bl. 2.10 des Ärztlichen Entlassungsberichts (Bl. 365 d.A.) nur aus orthopädischer Sicht erfolgt ist und die neurologisch-psychiatrischen Beeinträchtigungen der Antragstellerin vollständig außer Betracht gelassen wurden. Darauf hat auch der Sachverständige Dr. S in seinem schriftlichen Zusatzgutachten vom 15.12.2013 hingewiesen und deutlich gemacht, dass die Einschätzung im Reha-Bericht, dass die Antragstellerin psychisch unauffällig sei, aufgrund seiner eigenen Untersuchungen der Antragstellerin am 08.04.2013 und 02.12.2013 nicht nachvollziehbar sei. Beide Sachverständige, Dr. S und Dr. X2, sind im Senatstermin am 16.12.2013 im Rahmen der Erläuterung und Ergänzung ihrer schriftlichen Gutachten bei der Einschätzung geblieben, dass die Antragstellerin aufgrund der massiven chronischen Erkrankungen (schwere chronische depressive Störung und chronische Schmerzstörung) jedenfalls nicht mehr als 20 Stunden wöchentlich arbeiten könne. Diesen nachvollziehbar und detailliert begründeten Einschätzungen der als besonders sachkundig und erfahren bekannten Sachverständigen schließt sich der Senat an. Die Antragstellerin kann daher nur einer maximal halbschichtigen Tätigkeit nachgehen und genügt mit ihrer aktuellen Tätigkeit als Taxifahrerin, die wohl noch als leidensgerecht einzustufen ist, ihrer Erwerbsobliegenheit. Ihr steht ein Anspruch auf Teilkrankenunterhalt gem. § 1572 Nr. 1 BGB zu.
58b) Bei einer krankheitsbedingten Teilerwerbstätigkeit erfasst der Anspruch nach § 1572 BGB nach Maßgabe der Rechtsprechung des BGH den Unterhalt bis zur Höhe des Mehreinkommens, das der Berechtigte durch eine Vollerwerbstätigkeit hätte erzielen können. Daneben kann ein Anspruch nach § 1573 Abs. 2 BGB bestehen, wenn der Anspruch nach § 1572 BGB zusammen mit den Teilerwerbseinkünften nicht zur Deckung des vollen Unterhalts (§ 1578 Abs. 1 S. 1 BGB) ausreicht (vgl. Wendl/Dose-Bömelburg, Unterhaltsrecht, 8. Aufl., § 4 Rz. 258).
59c) Das Maß des Unterhalts bestimmt sich gem. § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Der Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen bestimmt sich im Grundsatz nach den bis zur Rechtskraft der Ehescheidung eingetretenen Umständen (Stichtagsprinzip), wobei auch nacheheliche Entwicklungen einzubeziehen sind, sofern sie einen Bezug zur Ehe haben (vgl. Palandt-Brudermüller, BGB, 73. Aufl., § 1578 Rz. 1). Die erneute, am 31.12.2012 erfolgte Eheschließung des Antragsgegners mit Frau W ist – da sie keinen Bezug zur Ehe der Beteiligten hat – nach der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BVerfG, FamRZ 2011, S. 437 ff.; BGH, FamRZ 2012, S. 281 ff. und S. 288 ff.) nicht zu berücksichtigen. Daher sind weder der Steuerklassenwechsel noch die Unterhaltspflicht des Antragsgegners gegenüber seiner zweiten Ehefrau bei der Bedarfsberechnung der Antragstellerin von Bedeutung. Das Einkommen des Antragsgegners ist daher fiktiv auf der Basis der Steuerklasse 1 zu ermitteln (vgl. auch Ziff. 15.1 HLL) und bei der Steuererstattung ist eine fiktive Berechnung unter Zugrundelegung der Grundtabelle vorzunehmen.
60d) Auf Seiten des Antragsgegners kann nicht ohne weiteres von dem vom Amtsgericht zugrunde gelegten Einkommen des Antragsgegners in Höhe von 2.309,77 € monatlich ausgegangen werden, weil die Antragstellerin die Einkünfte des Antragsgegners im weiteren Verlauf des Beschwerdeverfahrens bestritten hat.
61aa)Soweit die Antragstellerin behauptet, der Antragsgegner erziele Einkünfte aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, ist dies vom Antragsgegner bestritten worden. Der Antragsgegner macht zwar – anwaltlich vertreten - Ansprüche gegen die C AG geltend. Bislang ist es jedoch zu keinen Zahlungen gekommen, was der Antragsgegner durch Vorlage einer anwaltlichen Bescheinigung vom 13.11.2013 auch belegt hat. Die Anforderung einer schriftlichen Auskunft der Versicherungsgesellschaft über die an den Antragsgegner geleisteten Zahlungen war daher nach Auffassung des Senats nicht erforderlich. Es sind auf Seiten des Antragsgegners die tatsächlich erzielten Einkünfte aus seiner nichtselbständigen Tätigkeit, die Steuererstattungen/-nachzahlungen sowie der Wohnwert und die Mieteinkünfte zu berücksichtigen.
62(1)2012
63(a) An Einkünften aus seiner nichtselbständigen Tätigkeit hat der Antragsgegner ausweislich der Verdienstabrechnungen in 2012 49.375,17 € brutto erzielt, wovon 9.717,00 € Lohnsteuer (durchgehend nach Steuerklasse I), 760,41 € Kirchensteuer, 464,69 € Solidaritätszuschlag, 3.763,80 € Krankenversicherung, 4.838,80 € Rentenversicherung, 740,61 € Arbeitslosenversicherung und 447,48 € Pflegeversicherung in Abzug zu bringen sind, so dass netto 28.642,38 € verbleiben, das sind monatsdurchschnittlich 2.386,87 €. In Abzug zu bringen ist der Arbeitgeberanteil an den vermögenswirksamen Leistungen mit dem Nettobetrag (23,52 € brutto, Brutto-Netto-Quote 58,01 %, Nettoanteil 58,01 % von 23,52 € = 13,64 €).
64Das Amtsgericht hat darüber hinaus 67,00 € monatlich für zusätzliche Altersvorsorge in Abzug gebracht. Dabei handelt es sich um die Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung bei der C AG handeln. Da der Antragsgegner bislang keine Leistungen auf der Berufsunfähigkeitsversicherung bezieht, ist die Beitragspflicht bislang nicht entfallen, so dass die 67,00 € Beitrag für die sekundäre Altersvorsorge einkommensmindernd zu berücksichtigen sind. Der für die sekundäre Altersvorsorge zulässige Höchstbetrag von 4 % des Gesamtbruttoeinkommens des Vorjahres ist vorliegend auch nicht überschritten. In 2011 erzielte der Antragsgegner ein Gesamtbruttoeinkommen von 48.291,00 €. 4 % hiervon sind 1.931,64 €, monatsanteilig 160,97 €. Die sekundäre Altersvorsorge kann auch neben den Tilgungsleistungen für die Immobilie berücksichtigt werden, weil es sich um eine gemeinsame Immobilie der Beteiligten handelt und die Tilgungsleistungen, die der Antragsgegner erbringt, auch der Antragstellerin zugutekommen und insofern die sekundäre Altersvorsorge nicht aufgebraucht wird.
65In 2012 musste der Antragsgegner für 2011 Steuern in Höhe von 1.536,22 € nachzahlen, das sind monatsdurchschnittlich 128,02 €. Im geänderten Steuerbescheid für 2011 vom 31.08.2012 wurden die Trennungsunterhaltszahlungen des Antragsgegners an die Antragstellerin in Höhe von 7.740,00 €, und damit genau in dem von der Antragstellerin geltend gemachten Umfang von monatlich 645,00 €, als unbeschränkt abziehbare Sonderausgaben gem. § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG berücksichtigt, so dass keine fiktive Steuerberechnung erforderlich ist. Ein Nachteilsausgleich für die Antragstellerin war ebenfalls nicht zu berücksichtigen, da diese nach dem Steuerbescheid vom 24.08.2012 für 2011 nur die Einnahmen aus Unterhaltsleistungen hatte und keine Steuern zahlen musste.
66In 2012 ist daher von einem bereinigten Einkommen des Antragsgegners in Höhe von 2.178,21 € (2.386,87 € - 13,64 € Netto VL – 67,00 € sekundäre AV – 128,02 € Steuernachzahlung) auszugehen.
67(b) Der Vorteil des mietfreien Wohnens im eigenen Haus ist als wirtschaftliche Nutzung des Vermögens wie Einkommen zu behandeln (Ziff. 5.1 HLL). Den Wohnwert für die ehemalige Ehewohnung in der Immobilie X haben die Beteiligten im Senatstermin am 14.01.2013 mit 734,00 € monatlich unstreitig gestellt.
68Zutreffend hat das Amtsgericht keine verbrauchsunabhängigen Grundstückskosten berücksichtigt. Grundsätzlich sind nach Ziff. 5.2 HLL die gem. § 556 BGB auf den Mieter umlegbaren sog. verbrauchsunabhängigen Nebenkosten nicht wohnwertmindernd zu berücksichtigen. Dies gilt auch bei einer im Miteigentum der Eheleute stehenden Immobilie (vgl. Gerhardt in: Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 8 Aufl., § 1 Rz. 501). Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats hat der Ehegatte, der die Immobilie bewohnt, auch die dafür anfallenden Nebenkosten zu tragen.
69Es ist auch nicht einkommensmindernd eine Instandhaltungsrücklage zu berücksichtigen. Nach Ziff. 5.2 HLL mindern nur die erforderlichen – konkreten – Instandhaltungskosten den Wohnwert. Darunter fallen auch nur die Kosten zur Erhaltung des Wohnraums (§§ 535 Abs. 1 S. 2, 554 Abs. 1 BGB), die konkret anfallen (vgl.
70Gerhardt, a.a.O., § 1 Rz. 502). Diese sind abzugrenzen von Kosten für Ausbauten und Modernisierungsaufwendungen (vgl. § 554 Abs. 2 und 3 BGB), die als vermögensbildende Ausgaben anzusehen sind. Diese sind nur Abzugsposten, wenn es sich um Miteigentum handelt und beide Eheleute mit der Wertverbesserung einverstanden sind (vgl. Gerhardt, a.a.O.). Zur Finanzierung von Instandhaltungskosten können Rücklagen gebildet werden, wenn es sich um konkrete unaufschiebbare Maßnahmen handelt, die zur ordnungsgemäßen Bewohnbarkeit der Immobilie erforderlich sind (vgl. Gerhardt, a.a.O., § 1 Rz. 503 mit Verweis auf BGH, FamRZ 2000, S. 351 (354)). Nach Auffassung des Senats sind die vom Antragsgegner vorgetragenen, aus seiner Sicht notwendigen Reparaturen und Instandsetzungsarbeiten (Fertigstellung des Eingangsbereichs und der Eingangstreppe, Anstricharbeiten an der Außenfassade, den Fenstern und im Treppenhaus) keine unaufschiebbaren Maßnahmen, die zur ordnungsgemäßen Bewohnbarkeit der Immobilie erforderlich sind, so dass keine Instandhaltungsrücklage zu berücksichtigen ist.
71Ferner sind die Einkünfte des Antragsgegners, die dieser aus der Vermietung der Obergeschoss-Wohnung erzielt, zu berücksichtigen. Nachdem die Höhe der Mieteinkünfte im Senatstermin am 14.01.2013 streitig geworden ist, hat der Antragsgegner nachgewiesen, dass die Kaltmiete für die Einliegerwohnung 411,00 € monatlich beträgt, was die Antragstellerin nicht bestritten hat. Für die Nebenkosten werden gesonderte Abrechnungen erstellt und monatliche Vorauszahlungen geleistet.
72Von den Gesamteinkünften von 1.145,00 € (Wohnwert und Miete) sind die Darlehensbelastungen in Abzug zu bringen. Einmal sind dies die unstreitigen drei LBS-Darlehen mit 136,67 €, 336,55 € und 61,36 € monatlich. Ferner sind die Zahlungen auf das Darlehen bei der NRW-Bank in Abzug zu bringen und zwar mit Zins und Tilgung. Denn eine Umschuldung des Darlehens ist bislang nicht erfolgt. In 2012 waren ausweislich der Leistungsanforderungen der NRW-Bank vom 31.05.2012 und 30.11.2012 halbjährlich jeweils 1.323,61 € zu zahlen, das sind monatlich 220,60 €.
73Es verbleiben nach Abzug der Belastungen Resteinkünfte von 389,82 € (1.145,00 € - 136,67 € - 336,55 € - 61,36 € - 220,60 €), die – ohne Abzug eines Erwerbsbonus - in die Unterhaltsberechnung einzustellen sind.
74(c)Auch der vom Antragsgegner an den gemeinsamen Sohn D gezahlte Unterhalt ist einkommensmindernd zu berücksichtigen. Dass D als Student einen Unterhaltsanspruch hat, hat die Antragstellerin nicht bestritten. Sie hat lediglich die Zahlungen bestritten. Die Unterhaltspflicht ist im Rahmen der Bedarfsberechnung mindernd zu berücksichtigen, da Unterhaltsleistungen auch während der Ehe erbracht worden sind (vgl. Ziff. 15.1 HLL), auch wenn – im Mangelfall – der Unterhaltsanspruch von D nachrangig wäre. Auch den Unterhaltsbedarf von D in Höhe von 305,00 € monatlich hat die Antragstellerin nicht bestritten. Der Senat hält die vom Antragsgegner geltend gemachten 305,00 € monatlich für gerechtfertigt, da D als auswärtig Studierender grundsätzlich einen Bedarf von 670,00 € (vgl. Ziff. 13.1.2 HLL) hat, auf den u.a. das Kindergeld als Einkommen anzurechnen ist. Dass D über weitere eigene Einkünfte verfügt, die auf seinen Bedarf anzurechnen wären und zu einem Bedarf unter 305,00 € monatlich führen würden, ist weder spezifiziert vorgetragen noch ersichtlich.
75Ausweislich der vom Antragsgegner vorgelegten Kontoauszüge hat dieser von Juli 2012 bis November 2013 monatlich 305,00 € an D gezahlt, so dass diese durchgehend einkommensmindernd zu berücksichtigen sind.
76(2) 2013
77In 2013 hat der Antragsgegner bislang ausweislich der Verdienstabrechnung für November 2013 46.710,64 € brutto erzielt, das sind monatsdurchschnittlich 4.246,42 € brutto. Da der Antragsgegner im Dezember 2012 keine Sonderzahlungen erhalten hat, kann dieses monatsdurchschnittliche Einkommen zugrunde gelegt werden. Es ist keine weitere Hochrechnung des Jahreseinkommens für 2013 erforderlich. Unter Zugrundelegung von Steuerklasse I ohne Kinderfreibetrag errechnet sich ein Nettoeinkommen des Antragsgegners von monatlich 2.448,58 €:
78Steuerjahr 2013
79Bruttolohn: . . . . . . . . . . . 4.246,42 Euro
80LSt-Klasse 1
81Lohnsteuer: . . . . . . . . . . . -846,83 Euro
82Solidaritätszuschlag . . . . . . . . . . -46,57 Euro
83Kirchensteuer 9 % . . . . . . . . . . -76,21 Euro
84Rentenversicherung (18,9 % / 2) . . . . . . -401,29 Euro
85Arbeitslosenversicherung (3,0 % / 2) . . . . . -63,70 Euro
86Krankenversicherung: (14,6 % /2 + 0,9 %)*3.937,50 Euro -322,88 Euro
87Pflegeversicherung (AN-Anteil 1,025 %) . . . . -40,36 Euro
88––––––––––––––––––
89Nettolohn: . . . . . . . . . . . 2.448,58 Euro
90In Abzug zu bringen ist der Arbeitgeberanteil an den vermögenswirksamen Leistungen mit dem Nettobetrag (23,52 € brutto, Brutto-Netto-Quote 57,66 %, Nettoanteil 57,66 % von 23,52 € = 13,56 €) sowie die 67,00 € sekundäre Altersvorsorge.
91Die auf den Antragsgegner bei einer Versteuerung nach der Grundtabelle entfallende Steuererstattung ist fiktiv unter Zugrundelegung der übrigen für den Antragsgegner maßgeblichen, nicht seine zweite Ehefrau betreffenden Parameter des Steuerbescheides für 2012 zu errechnen. Dabei sind auch die unstreitig von Januar bis Juni 2012 monatlich gezahlten 645,00 € Trennungsunterhalt als unbeschränkt abzugsfähige Sonderausgaben zu berücksichtigen. Denn unterhaltsrechtlich trifft den Antragsgegner die Obliegenheit, mögliche Steuervorteile – wie das begrenzte Realsplitting - in Anspruch zu nehmen (vgl. Ziff. 1.7 HLL). Die Antragstellerin ist, soweit der korrekte Unterhaltsbetrag angegeben wird, auch verpflichtet, ihre Zustimmung zum begrenzten Realsplitting zu erteilen. Für die Zahlungen auf den nachehelichen Unterhalt (1.000,00 € monatlich ab Juli 2012) trifft den Antragsgegner jedoch keine Obliegenheit zur Inanspruchnahme des steuerlichen Realsplittings. Denn die Unterhaltsverpflichtung ist in vollem Umfang zwischen den Beteiligten streitig, beruht also nicht auf einem Anerkenntnis oder rechtskräftiger Verurteilung, und wurde auch nicht freiwillig erfüllt (vgl. Ziff. 1.7 HLL).
92Für die fiktive Steuerberechnung für 2012 ist von dem tatsächlich erzielten Gesamteinkommen des Antragsgegners von 49.616,00 € auszugehen. Aus dem Steuerbescheid ergeben sich Altersvorsorgeaufwendungen in Höhe von 9.678,00 €, die insgesamt den Antragsgegner betreffen, da dieser bereits in 2011 9.612,00 € bei der Steuer geltend gemacht hat, so dass die aus dem Steuerbescheid 2012 ersichtlichen bereinigten 2.323,00 € als abzugsfähige Vorsorgeaufwendung beim Antragsgegner zu berücksichtigen sind. Auf den Antragsgegner entfallen ferner Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 3.764,00 €, von denen gem. § 10 Abs. 1 Nr. 3 lit. a S. 4 EStG 150,00 € in Abzug zu bringen sind, so dass 3.614,00 € verbleiben. Hinzuzurechnen sind ferner 448,00 € Beiträge zur Pflegeversicherung, so dass insgesamt Beiträge nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG in Höhe von 4.062,00 € zu berücksichtigen sind. Im Hinblick darauf, dass für das Jahr 2011 auf Seiten des Antragsgegners keine Beitragsrückerstattung angesetzt worden ist, ist der Senat davon ausgegangen, dass die im Steuerbescheid aufgeführte Beitragsrückerstattung auf die zweite Ehefrau des Antragsgegners entfällt und daher bei der fiktiven Steuerberechnung für den Antragsgegner nach der Grundtabelle nicht zu berücksichtigen ist. Zusammen mit den bereinigten Altersvorsorgeaufwendungen (2.323,00 €) sind insgesamt 6.385,00 € (2.323,00 € + 4.062,00 €) an abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen zu berücksichtigen. Ferner sind unbeschränkt abziehbare Sonderausgaben zu berücksichtigen, nämlich 238,00 € gezahlte abzüglich erstattete Kirchensteuer sowie 3.870,00 € Trennungsunterhaltszahlungen von Januar bis Juni 2012 (6 x 645,00 €), also insgesamt 4.108,00 € (238,00 € + 3.870,00 €). Zur Inanspruchnahme des Realsplittingvorteils ist der Antragsgegner entsprechend den obigen Ausführungen verpflichtet. Die Ausbildungskosten, die in Höhe von 231,00 € als außergewöhnliche Belastungen anerkannt worden sind, entfallen nach Auffassung des Senats auch auf den Antragsgegner, da dessen zweite Ehefrau Rentnerin ist und für 2011 bei dem Antragsgegner allein auch Ausbildungskosten in Höhe von 924,00 € anerkannt wurden. Der Behinderten-Pauschbetrag in Höhe von 570,00 € entfällt auf die zweite Ehefrau des Antragsgegners und ist daher nicht in Abzug zu bringen. Das zu versteuernde Einkommen des Antragsgegners beträgt damit
9349.616,00 €
94- 6.385,00 € abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen
95- 4.108,00 € unbeschränkt abzugsfähige Sonderausgaben
96- 231,00 € außergewöhnliche Belastungen
9738.892,00 €.
98Nach der Grundtabelle 2012 fallen bei 38.892,00 € zu versteuerndem Einkommen 8.610,00 € Einkommensteuer an, von denen für Handwerkerleistungen 626,00 € entsprechend dem Steuerbescheid für 2012 in Abzug zu bringen sind, so dass 7.984,00 € Einkommensteuer verbleiben. Die Kirchensteuer und der Solidaritätszuschlag errechnen sich von der Einkommensteuer, die unter Berücksichtigung von Freibeträgen für 2 Kinder in Höhe von 7.008,00 € zu zahlen wäre. Bei einem zu versteuernden Einkommen von 31.884,00 € (38.892,00 € - 7.008,00 €) ergäbe sich nach der Grundtabelle 2012 eine Einkommensteuer von 6.227,00 €. 9% hiervon sind 560,43 €, die an Kirchensteuer zu zahlen wären. 5,5 % hiervon sind 342,49 €, die an Solidaritätszuschlag zu zahlen wären.
99Abgezogen vom Lohn wurden ausweislich des Steuerbescheids 9.717,00 € Lohnsteuer, so dass der Antragsgegner hier eine Erstattung von 1.733,00 € erwarten könnte (9.717,00 € - 7.984,00 €). Abgezogen wurden ferner 760,41 € Kirchensteuer, so dass der Antragsgegner hier eine Erstattung von 199,98 € (760,41 € - 560,43 €) erwarten könnte. Abgezogen wurden schließlich 464,69 € Solidaritätszuschlag, so dass der Antragsgegner insofern eine Erstattung von 342,49 € (464,69 € - 122,20 €) erwarten könnte. Die Steuererstattung insgesamt beläuft sich auf 2.055,18 € (1.733,00 € + 199,98 € + 122,20 €) , das sind monatsdurchschnittlich 171,27 €.
100Ein Nachteilsausgleich für 2012 ist an die Antragstellerin nicht zu zahlen. Aus ihrer Verdienstabrechnung für Dezember 2012 ergeben sich Gesamtbruttoeinkünfte in Höhe von 5.468,41 €. Zusammen mit dem Trennungsunterhalt in Höhe von 3.870,00 € ist von Gesamteinkünften in Höhe von 9.338,41 € auszugehen. Nach Abzug von 1.000,00 € Arbeitnehmerpauschbetrag und Fortschreibung der aus dem Steuerbescheid für 2011 ersichtlichen 36,00 € Sonderausgabenpauschbetrag und 430,00 € Behindertenpauschbetrag verbleibt ein zu versteuerndes Einkommen von 7.872,41 €. Nach der Grundtabelle 2012 unterliegen jedoch erst Einkünfte ab 8.000,00 € der Versteuerung.
101Für 2013 ist von einem bereinigten Nettoeinkommen des Antragsgegners von 2.539,29 € (2.448,58 € - 13,56 € Arbeitgeberanteil VL netto - 67,00 € sekundäre Altersvorsorge + 171,27 € anteilige fiktive Steuererstattung) auszugehen.
102Da sich an dem Wohnwert und den Mieteinkünften sowie den Belastungen nichts geändert hat (die Verpflichtungen in Höhe von halbjährlich 1.323,61 € = 220,61 € monatlich auch in 2013 hat der Antragsgegner durch die Leistungsanforderungen der NRW-Bank vom 31.05.2013 und 29.11.2013 belegt), sind diesbezüglich Resteinkünfte von 389,82 € monatlich (1.145,00 € - 136,67 € - 336,55 € - 61,36 € - 220,60 €) – ohne Abzug eines Erwerbsbonus - in die Unterhaltsberechnung einzustellen.
103Ferner sind die 305,00 € Kindesunterhalt für D einkommensmindernd zu berücksichtigen.
104(3) 2014
105Für 2014 sind die in 2013 erzielten Einkünfte des Antragsgegners aus seiner nichtselbständigen Tätigkeit in Höhe von 2.448,58 € netto fortzuschreiben. In Abzug zu bringen sind ebenfalls 13,56 € VL netto und 67,00 € sekundäre Altersvorsorge.
106Der teilfiktive Steuererstattungsbetrag, der für 2012 in 2013 zu berücksichtigen war, kann allerdings nicht fortgeschrieben werden, weil den Antragsgegner aufgrund der in vollem Umfang bestrittenen nachehelichen Unterhaltsverpflichtung keine Verpflichtung traf, das begrenzte Realsplitting für den nachehelichen Unterhalt in Anspruch zu nehmen.
107Für die fiktive Steuerberechnung für 2013 ist von dem zu versteuernden Gesamtbruttoeinkommen des Antragsgegners von 50.846,44 € auszugehen (nämlich dem bis November 2013 tatsächlich erzielten Steuer-Brutto von 46.626,64 € zuzüglich 4.219,80 € aus November 2013 fortgeschriebenes Brutto-Einkommen für Dezember 2013). Die Vorsorgeaufwendungen in einer Gesamthöhe von 6.385,00 € für 2012 sind für 2013 fortzuschreiben. Ferner sind die unbeschränkt abziehbaren Sonderausgaben in Höhe von 238,00 € und als außergewöhnliche Belastungen 231,00 € fortzuschreiben. Das zu versteuernde Einkommen des Antragsgegners beträgt damit
10850.846,44 €
109- 6.385,00 € abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen
110- 238,00 € unbeschränkt abzugsfähige Sonderausgaben
111- 231,00 € außergewöhnliche Belastungen
11243.992,44 €.
113Nach der Grundtabelle 2013 fallen bei 43.992,00 € zu versteuerndem Einkommen 10.461,00 € Einkommensteuer an, von denen – ebenfalls in Fortschreibung der Beträge aus 2012 für 2013 - für Handwerkerleistungen 626,00 € in Abzug zu bringen sind, so dass 9.835,00 € Einkommensteuer verbleiben. Die Kirchensteuer und der Solidaritätszuschlag errechnen sich von der Einkommensteuer, die unter Berücksichtigung von Freibeträgen für 2 Kinder in Höhe von 7.008,00 € zu zahlen wäre. Bei einem zu versteuernden Einkommen von 36.984,00 € (43.992,00 € - 7.008,00 €) ergäbe sich nach der Grundtabelle 2013 eine Einkommensteuer von 7.915,00 €. 9% hiervon sind 712,35 €, die an Kirchensteuer zu zahlen wären. 5,5 % hiervon sind 435,33 €, die an Solidaritätszuschlag zu zahlen wären.
114Bei den für 2013 maßgeblichen Abzügen vom Lohn können nicht die tatsächlichen Abzüge nach Steuerklasse III berücksichtigt werden, sondern es ist fiktiv auf die Abzüge nach Steuerklasse I abzustellen. Ausweislich der obigen Brutto-Netto-Berechnung wären für Lohnsteuer bei Steuerklasse I 10.161,96 € (12 x 846,83 €) abgezogen worden, so dass der Antragsgegner hier eine Erstattung von 326,96 € erwarten könnte (10.161,96 € - 9.835,00 €). Für Kirchensteuer wären 914,52 € (12 x 76,21 €) abgezogen worden, so dass der Antragsgegner hier eine Erstattung von 202,17 € (914,52 € - 712,35 €) erwarten könnte. Für Solidaritätszuschlag wären 558,84 € (12 x 46,57 €) abgezogen worden, so dass der Antragsgegner insofern eine Erstattung von 123,51 € (558,84 € - 435,33 €) erwarten könnte. Die auf den Antragsgegner entfallende Steuererstattung insgesamt beliefe sich auf 652,64 € (326,96 € + 202,17 € + 123,51 €), das sind monatsdurchschnittlich 54,39 €.
115Für 2014 ist von einem bereinigten Nettoeinkommen des Antragsgegners von 2.422,41 € (2.448,58 € - 13,56 € Arbeitgeberanteil VL netto - 67,00 € sekundäre Altersvorsorge + 54,39 € anteilige fiktive Steuererstattung) auszugehen.
116Die Resteinkünfte (Wohnwert und Mieteinkünfte abzüglich Belastungen) in Höhe von 389,82 € sind fortzuschreiben und – ohne Abzug eines Erwerbsbonus - in die Unterhaltsberechnung einzustellen. Ferner sind die 305,00 € Kindesunterhalt für D auch in 2014 einkommensmindernd zu berücksichtigen, da die Beteiligten übereinstimmend davon ausgehen, dass D voraussichtlich erst Ende 2014 sein Studium beendet haben wird.
117e) Auf Seiten der Antragstellerin ist von den tatsächlich erzielten Einkünften als Taxifahrerin auszugehen. Die Antragstellerin kann sich im Hinblick auf das trotz der gesundheitlichen Beeinträchtigungen tatsächlich erzielte Einkommen nicht darauf berufen, dass diese Einkünfte überobligatorisch sind (vgl. auch Gerhardt, a.a.O., § 1 Rz. 820; FA-FamR/Maier, Kap. 6 Rz. 511 jeweils mit Verweis auf BGH, NJW 1998, S. 2821 (2822)).
118In 2012 ist nicht auf das Jahresnettoeinkommen der Antragstellerin abzustellen, da sie bis Juni 2012 nur geringfügig beschäftigt und im streitgegenständlichen Zeitraum ab Juli 2012 jedoch versicherungspflichtig beschäftigt war. Aus den vorgelegten Verdienstabrechnungen ergibt sich ab Juli 2012 ein durchschnittliches Nettoeinkommen von 429,43 €, wie nachfolgende Berechnung zeigt:
119Juli 2012: 449,91 €
120August 2012: 471,58 €
121September 2012: 381,77 €
122Oktober 2012: 344,25 €
123November 2012: 440,72 €
124Dezember 2012: 488,35 €
1252.576,58 € : 6 = 429,43 € monatsdurchschnittlich.
126In 2013 ist von durchschnittlichen Nettoeinkünften in Höhe von 443,02 € auszugehen, wie nachfolgende Berechnung zeigt:
127Januar 2013: 421,88 €
128Februar 2013: 467,60 €
129März 2013: 442,92 €
130April 2013: 434,99 €
131Mai 2013: 360,94 €
13233,03 € Übergangsgeld (ab 29.05.13: 3 Tage x 11,01 €)
133Juni 2013: 0 € Lohnfortzahlung
134121,11 € Übergangsgeld (bis 11.06.13: 11 Tage x 11,01 €)
135218,31 € Krankengeld (ab 12.06.13: 19 Tage x 11,49 €)
136Juli 2013: 344,70 € Krankengeld (30 Tage x 11,49 €)
137August 2013: 561,77 €
138September 2013: 476,34 €
139Oktober 2013: 546,57 €
1404.430,16 € : 10 = 443,02 €,
141davon aus Erwerbstätigkeit (Januar bis April sowie August bis Oktober 2013): 3.352,07 €.
142Hinzuzurechnen sind die Trinkgelder. Diese sind Einkommen (vgl. Ziff. 1.8 HLL). Der Senat schätzt das monatliche Trinkgeld auf rund 60,00 € und geht dabei von wöchentlichen Trinkgeldern in Höhe von jedenfalls 10,00 € (x 4,33 Wochen) und zumindest einmal monatlichen Wochenendtrinkgeldern aus, die sich nach den eigenen Angaben der Antragstellerin auf 15,00 € belaufen.
143Für das Jahr 2013 sind die längeren Arbeitsunfähigkeitszeiten (17.04.2013 bis 31.07.2013 sowie seit 07.11.2013) zu berücksichtigen, so dass nur für die Zeit von Januar bis April 2013 sowie von August bis Oktober 2013 Trinkgelder berücksichtigt werden können. Für die sieben Monate sind daher insgesamt 420,00 € (7 x 60,00 €) an Trinkgeldern zu berücksichtigen, das sind monatsanteilig auf das gesamte Jahr verteilt 35,00 € (420,00 € : 12).
144In 2012 ist von Gesamteinkünften der Antragstellerin in Höhe von 489,43 € monatlich (429,43 € + 60,00 €) und in 2013 in Höhe von 478,02 € monatlich (443,02 € + 35,00 €) auszugehen.
145Für 2014 schreibt der Senat die in 2013 erzielten durchschnittlichen 478,02 € fort, da angesichts der chronischen Erkrankungen der Antragstellerin und unter Berücksichtigung der Ausführungen der Sachverständigen im Senatstermin am 16.12.2013 auch in 2014 mit längeren Arbeitsunfähigkeitszeiträumen zu rechnen ist.
146f) Für die Zeit ab Juli 2012 ergibt sich der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin aus den nachfolgenden Berechnungen. Soweit die Antragstellerin mit ihrem Beschwerdeantrag nachehelichen Unterhalt auch für die Zeit ab Rechtskraft der Scheidung (26.06.2012) begehrt, fehlt es diesbezüglich an jeglichen Ausführungen in der Beschwerdebegründung, so dass der Beschwerdeantrag, bezogen auf die Zeit vom 26.06.2012 bis 30.06.2012, unzulässig ist (§ 117 Abs. 1 S. 1 FamFG).
147aa)Juli bis Dezember 2012
148Auf Seiten des Antragsgegners sind 1.995,43 € in die Unterhaltsberechnung einzustellen:
1492.178,21 € bereinigtes Nettoeinkommen Antragsgegner
150- 305,00 € Unterhalt D
1511.873,21 €
152- 267,60 € 1/7 Erwerbsbonus
1531.605,61 €
154+ 389,82 € Resteinkommen Wohnwert + Miete - Belastungen
1551.995,43 €.
156Auf Seiten der Antragstellerin sind
157429,43 € Nettoeinkommen Antragstellerin
158+60,00 € Trinkgeld
159489,43 €
160- 69,92 € 1/7 Erwerbsbonus
161419,51 €
162einzustellen.
163Es errechnet sich ein Unterhaltsanspruch der Antragstellerin von
1641.995,43 €
165- 419,51 €
1661.575,92 € : 2 = 787,96 €, gerundet 788,00 €.
167bb) 2013
168Auf Seiten des Antragsgegners sind 2.304,93 € in die Unterhaltsberechnung einzustellen:
1692.539,29 € bereinigtes Nettoeinkommen Antragsgegner
170- 305,00 € Unterhalt D
1712.234,29 €
172- 319,18 € 1/7 Erwerbsbonus
1731.915,11 €
174+ 389,82 € Resteinkommen Wohnvorteil + Miete - Belastungen
1752.304,93 €.
176Auf Seiten der Antragstellerin sind
177443,02 € Nettoeinkommen Antragstellerin
178+35,00 € Trinkgeld
179478,02 €
180- 47,89 € 1/7 Erwerbsbonus aus 335,21 € (3.352,07 € : 10)
181430,13 €
182einzustellen.
183Es errechnet sich ein Unterhaltsanspruch der Antragstellerin von
1842.304,93 €
185- 430,13 €
1861.874,80 € : 2 = 937,40 €, gerundet 938,00 €.
187cc) 2014
188Auf Seiten des Antragsgegners sind 2.204,74 € in die Unterhaltsberechnung einzustellen:
1892.422,41 € bereinigtes Nettoeinkommen Antragsgegner
190- 305,00 € Unterhalt D
1912.117,41 €
192- 302,49 € 1/7 Erwerbsbonus
1931.814,92 €
194+ 389,82 € Resteinkommen Wohnvorteil + Miete
1952.204,74 €
196Auf Seiten der Antragstellerin sind
197443,02 € Nettoeinkommen Antragstellerin
198+35,00 € Trinkgeld
199478,02 €
200- 47,89 € 1/7 Erwerbsbonus aus 335,21 € (3.352,07 € : 10)
201430,13 €
202einzustellen.
203Es errechnet sich ein Unterhaltsanspruch der Antragstellerin von
2042.204,74 €
205- 430,13 €
2061.774,61 € : 2 = 887,31 €, gerundet 888,00 €.
207g) Zur Zahlung dieser Unterhaltsbeträge ist der Antragsgegner auch unter Berücksichtigung seines eheangemessenen Selbstbehalts von 1.050,00 € in 2012 bzw. 1.100,00 € ab 2013 in der Lage.
208Da die 2. Ehe erst am 31.12.2012 geschlossen wurde, spielt die Unterhaltspflicht gegenüber der zweiten Ehefrau in 2012 keine Rolle.
209Der Abzug für den Erwerbstätigenbonus ist im Rahmen der Leistungsfähigkeit nicht zu berücksichtigen. Der Unterhaltsanspruch von D ist nachrangig (vgl. § 1609 Nr. 4 BGB).
210In 2012 ist auf Seiten des Antragsgegners ist von einem Gesamteinkommen von 2.568,03 € auszugehen:
2112.178,21 € bereinigtes Nettoeinkommen Antragsgegner
212+ 389,82 € Resteinkommen Wohnvorteil + Miete - Belastungen
2132.568,03 €.
214Selbst wenn man die – an sich nachrangige – Unterhaltsverpflichtung gegenüber D mit berücksichtigt, verbleiben dem Antragsgegner nach Abzug des Unterhalts für die Antragstellerin (788,00 €) und D (305,00 €) noch 1.475,03 €.
215In 2013 ist zunächst zu berücksichtigen, dass im Rahmen der Leistungsfähigkeit das Einkommen nach Steuerklasse III und die höhere Steuerrückerstattung maßgeblich sind. Es ist also für 2013 auf Seiten des Antragsgegners von Einkünften in Höhe von 2.827,10 € (vgl. Verdienstabrechnung November 2013: 46.710,64 € Gesamtbrutto – 5.686,81 € Lohnsteuer – 511,76 € Kirchensteuer – 312,74 € Solidaritätszuschlag – 3.551,68 € Krankenversicherung – 4406,19 € Rentenversicherung – 699,42 € Arbeitslosenversicherung – 443,96 € Pflegeversicherung = 31.098,08 € : 11 = 2.827,10 €) netto auszugehen. In Abzug zu bringen sind 15,65 € Nettoanteil Arbeitgeberanteil VL (66,55 % von 23,52 €) sowie 67,00 € sekundäre Altersvorsorge. Hinzuzurechnen ist die volle Steuererstattung für 2012 in Höhe von 322,75 € monatsanteilig (3.873,05 € : 12). Das bereinigte Nettoeinkommen des Antragsgegners nach Steuerklasse III beläuft sich auf 3.067,20 € (2.827,10 € - 15,65 € - 67,00 € + 322,75 €). Unter Berücksichtigung des Resteinkommens von Wohnwert und Miete abzüglich Darlehensbelastungen ergibt sich ein Gesamteinkommen von
2163.067,20 € bereinigtes Nettoeinkommen Antragsgegner
217+ 389,82 € Resteinkommen Wohnwert + Miete - Belastungen
2183.457,02 €.
219Nach Abzug des Unterhalts der Antragstellerin für 2013 (938,00 €) verbleiben dem Antragsgegner noch 2.519,02 €, das sind oberhalb des Selbstbehalts von 1.100,00 € noch 1.419,02 €. Diesen Betrag kann der Antragsgegner für den Unterhalt für seine zweite Ehefrau und den Sohn D verwenden, wobei bei der zweiten Ehefrau des Antragsgegners die Eigeneinkünfte in Höhe von 527,23 € (bis Juni 2013) bzw. 528,85 € (ab Juli 2013) zu berücksichtigen sind.
220Vorliegend ist jedoch nach Auffassung des Senats die Unterhaltspflicht gegenüber der zweiten Ehefrau des Antragsgegners im Rahmen der Leistungsfähigkeit nicht von Bedeutung. Denn in den Fällen, in denen der neue Ehegatte nachrangig ist, ist dessen Unterhaltsanspruch im Rahmen der Leistungsfähigkeit gegenüber dem geschiedenen Ehegatten nicht als sonstige Verpflichtung (§ 1581 BGB) zu berücksichtigen (vgl. Ziff. 24.3.3 HLL, BGH, Urteile vom 07.12.2011, XII ZR 151/09, und vom 25.01.2012, XII ZR 139/09).
221Der Unterhaltsanspruch der zweiten Ehefrau des Antragsgegners ist gem. § 1609 Nr. 3 BGB gegenüber dem Unterhaltsanspruch der Antragstellerin nachrangig.
222Bei der Ehe der Beteiligten handelt es sich um eine Ehe von langer Dauer im Sinne von § 1609 Nr. 2 BGB. Wann eine Ehe von langer Dauer vorliegt, wird nicht absolut definiert. § 1609 Nr. 2 2. HS BGB ermöglicht insbesondere auch die Berücksichtigung ehebedingter Nachteile im Sinne von § 1578b Abs. 1 S. 2 und 3 BGB.
223Allgemein wird von einer langen Ehedauer nach den individuellen Verhältnissen vor allem des Berechtigten ausgegangen, wenn er schon gar nicht die Möglichkeit hat, seine wirtschaftliche Lage zu verändern, oder er auch mit ihm (noch) zumutbaren Veränderungen nicht in der Lage ist, seinen Lebensbedarf selbst zu decken (vgl. Maurer in Münchener Kommentar, BGB, 6. Aufl., § 1582 Rz. 15). Wann eine Ehe von langer Dauer konkret vorliegt, ist aufgrund der Umstände des Einzelfalles festzustellen, wobei insbesondere die tatsächliche Ehedauer, das Lebensalter der Ehegatten im Zeitpunkt der Scheidung, die Dauer der Betreuung eines gemeinsamen Kindes, das Ausmaß gegenseitiger wirtschaftlicher Verflechtungen und Abhängigkeiten wegen der Ausrichtung auf ein gemeinsames Lebensziel einbezogen werden können, aber auch die Aufgabenverteilung in der Ehe und eine sich daraus ergebende wirtschaftliche Abhängigkeit, die berufliche Qualifikation und die Möglichkeit des Berechtigten, diese noch zu verbessen, die Lage auf dem Arbeitsmarkt und die konkreten Vermittlungschancen für den Berechtigten, sein Gesundheitszustand und sein Vermögen (vgl. Maurer, a.a.O.) einbezogen werden können.
224Die Ehe dauerte vorliegend 24 Jahre. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 30.07.2008 (XII ZR 177/06, FamRZ 2008, S. 1911 ff.) zum neuen Recht - im Anschluss an seine Rechtsprechung zu § 1572 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. - die ausschlaggebende Ehezeit mit mehr als 15 Jahren beziffert. Die Antragstellerin war während der Ehe nach der Geburt der Kinder knapp 12 Jahre nicht erwerbstätig und hat die beiden Kinder betreut und versorgt. Sie hat dem Antragsgegner während des Besuchs der Meisterschule den Rücken freigehalten. Es ist von einer wirtschaftlichen Verflechtung der Eheleute – allein schon durch die gemeinsame Immobilie - auszugehen. Aufgrund ihres Gesundheitszustandes hat die Antragstellerin kaum die Möglichkeit, ihre wirtschaftliche Lage zu verändern.
225Die Antragstellerin hat auch einen ehebedingten Nachteil erlitten. Die Antragstellerin ist, da sie nach den Feststellungen der Sachverständigen Dr. S und Dr. X2 nicht mehr als 20 Stunden wöchentlich, d.h. nicht mehr als 4 Stunden täglich, arbeiten kann, teilerwerbsgemindert. Denn gem. § 43 Abs. 1 S. 2 SGB VI ist teilweise erwerbsgemindert, wer wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Die Antragstellerin erfüllt jedoch die Voraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht, weil sie nicht die nach § 43 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI erforderlichen Pflichtbeiträge (drei Jahre Pflichtbeiträge innerhalb der letzten fünf Jahre vor Eintritt der Erwerbsminderung) geleistet hat. Aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen Dr. S ist davon auszugehen, dass die durch die chronische depressive Erkrankung und das chronische Schmerzsyndrom bedingte Einschränkung der Erwerbsfähigkeit jedenfalls seit dem Jahr 2009 vorliegt. In den letzten fünf Jahren vor 2009 war die Antragstellerin nicht versicherungspflichtig beschäftigt. Soweit der Antragsgegner im Beschwerdeverfahren darauf abstellt, dass die Antragstellerin nach der Trennung die Voraussetzungen für den Erwerb einer (Teil-)Erwerbsminderungs-
226rente hätte schaffen können, trifft dies nicht zu. Denn im ersten Trennungsjahr war die Antragstellerin, die seit November 2003 gar keiner, auch keiner geringfügigen Beschäftigung mehr nachging, nicht verpflichtet, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Zwischen der Trennung im August 2007 und dem Eintritt der Einschränkung der Erwerbsfähigkeit im Jahr 2009 hätte die Antragstellerin aber auch ohnehin die vollen drei Pflichtbeitragsjahre nicht mehr erfüllen können. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH, der sich der Senat anschließt, liegt in den Fällen, in denen ein Anspruch auf (Teil-)Erwerbsminderungsrente wegen Aufgabe der Erwerbstätigkeit infolge der Kindererziehung und der Haushaltsführung ausscheidet, ein ehebedingter Nachteil vor (vgl. BGH, FamRZ 2011, S. 713). Die Antragstellerin hat daher vorliegend einen ehebedingten Nachteil erlitten.
227Vor diesem Hintergrund bedarf es vorliegend keiner Entscheidung, ob – wie es der BGH in der Entscheidung vom 30.07.2008 für einen Unterhaltsanspruch nach § 1573 Abs. 2 BGB fordert - eine Ehe von langer Dauer nur dann zu bejahen ist, wenn ein ehebedingter Nachteil vorliegt (vgl. zum Streitstand Palandt-Brudermüller, BGB, 73. Aufl., § 1609 Rz. 20 m.w.N.; Borth: in Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, 7. Aufl., Kap. IV Rz. 1318 m.w.N.).
228Die Ehe der Beteiligten ist unter Berücksichtigung aller vorstehenden Umstände als Ehe von langer Dauer im Sinne von § 1609 Nr. 2 BGB anzusehen. Der Unterhaltsanspruch der zweiten Ehefrau des Antragsgegners ist daher nachrangig.
229h) Eine Herabsetzung des Unterhalts gem. § 1578b Abs. 1 BGB kommt vorliegend erst ab Januar 2016 in Betracht. Eine Befristung des Unterhalts gem. § 1578b Abs. 2 BGB scheidet jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt aus.
230aa) Nach § 1578b Abs. 1 BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt auf den angemessenen Bedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.
231Nach § 1578b Abs. 2 BGB ist der Unterhaltsanspruch zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, oder ob eine Befristung des Unterhaltsanspruchs unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe unbillig wäre. Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes sowie aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe ergeben.
232Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist die Möglichkeit der Herabsetzung und Befristung des Ehegattenunterhalts nach § 1578b BGB als rechtsvernichtende bzw. rechtsbeschränkende Einwendung bei entsprechendem Vortrag des Pflichtigen von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. Ziff. 15.7 HLL). Die dem Pflichtigen obliegende Beweislast wird entsprechend den BGH-Entscheidungen vom 24.03.2010 (FamRZ 2010, S. 875), 20.10.2010 (FamRZ 2010, S. 2059 (2061)) und 26.10.2011 (FamRZ 2012, S. 93) im Falle eines zu erbringenden Negativbeweises (Fehlen ehebedingter Nachteile) dadurch erleichtert, dass der Berechtigte substantiiert zu den Umständen vorzutragen hat, die in seiner Sphäre liegen. Bei der Beurteilung der mutmaßlichen beruflichen Entwicklung des Berechtigten können nur solche Entwicklungen berücksichtigt werden, deren Eintreten hinreichend wahrscheinlich war und plausibel dargelegt worden ist (Vorbildung, Weiterbildung, berufliche Aktivitäten vor und nach der Trennung). Hierbei ist regelmäßig eine hypothetische Betrachtung anzustellen, die gerade dann auf unsicherer Tatsachengrundlage steht, wenn der Unterhaltsberechtigte bei Eheschließung noch am Beginn seiner beruflichen Entwicklung stand und die Ehe lange gedauert hat. Diesbezügliche Schwierigkeiten sind – so der BGH im Urteil vom 26.10.2011 (FamRZ 2012, S. 93) – im Rahmen der an die sekundäre Darlegungslast zu stellenden Anforderungen zu bewältigen, welche nicht überspannt werden dürfen und den Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung tragen sollen.
233§ 1578b BGB ist jedoch nicht auf den Ausgleich ehebedingter Nachteile beschränkt. Im Rahmen der umfassenden Billigkeitsabwägung sind sämtliche Umstände (wie z.B. beiderseitige Einkommens- und Vermögensverhältnisse, Vermögenserwerb während der Ehe, Beitrag zur Berufsausbildung des anderen Ehegatten) zu berücksichtigen. Der Ehedauer kommt in diesem Rahmen eine besondere Bedeutung zu. Dies ist durch die Neuregelung des § 1578b Abs. 1 S. 2 BGB zum 01.03.2013 noch einmal besonders hervorgehoben worden, wonach insbesondere zu berücksichtigen ist, ob eine Herabsetzung/Befristung des Unterhaltsanspruchs unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe unbillig wäre. Der Ehedauer kommt auch im Rahmen der Bemessung der Übergangsfrist eine besondere Bedeutung zu.
234bb) Vorliegend ist – entsprechend den obigen Ausführungen – von ehebedingten Nachteilen der Antragstellerin im Hinblick auf die Erfüllung der Voraussetzungen für den Bezug einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auszugehen.
235Weitergehende ehebedingte Nachteile hat die Antragstellerin vorliegend jedoch nicht hinreichend spezifiziert dargelegt.
236Dass sie ohne Ehe und Kinder den Realschulabschluss nachgeholt hätte und
237voraussichtlich erfolgreich eine Ausbildung zur Bürofachkraft absolviert und in diesem Beruf gearbeitet hätte, ist nach Auffassung des Senats nicht hinreichend wahrscheinlich und plausibel von der insofern sekundär darlegungspflichtigen Antragstellerin dargetan worden.
238Im Hinblick auf die Vorbildung der Antragstellerin hat diese nur das Abschlusszeugnis der Hauptschule nach der Klasse 9 vom 20.06.1977 vorgelegt, wonach sie mit einer Durchschnittsnote von 3,7 eher als mäßige Schülerin anzusehen ist (einmal die Note gut (Religion), drei Mal die Note befriedigend (Erdkunde, Englisch, Wirtschaftslehre), neun Mal die Note ausreichend (Deutsch, Geschichte/Politik, Mathematik Grundkurs, Biologie, Physik, Chemie, Kunst, Schrift und Leichtathletik) sowie einmal die Note mangelhaft (Sport)). Zu etwaigen Weiterbildungen fehlt jeglicher Vortrag.
239Zu ihren beruflichen Aktivitäten vor und nach der Trennung ist der Vortrag der Antragstellerin auch unzureichend.
240Aus dem bisherigen Vortrag, dem Fragebogen zum Versorgungsausgleich und dem Versicherungsverlauf der Antragstellerin lässt sich Folgendes rekonstruieren:
241Die Ausbildung zur Fleischereifachverkäuferin hat die Antragstellerin wohl vom 01.08.1977 bis zum 08.10.1978 absolviert. Vom 09.10.1978 bis 08.07.1979 war sie krank. Vom 07.01. bis 31.03.1980 war sie arbeitslos. Vom 01.04.1980 bis 30.11.1980 hat sie – als Servicekraft in einer Gaststätte (Gut F) - 14.420,00 DM = 7.372,83 € (monatsdurchschnittlich (: 8 Monate) 921,60 €) erzielt. Vom 01.12.1980 bis 31.03.1981 war sie arbeitslos. Vom 01.04.1981 bis 08.11.1981 hat sie – wiederum als Servicekraft in einer Gaststätte - 13.868,00 DM = 7.090,60 € (monatsdurchschnittlich (: 7,33 Monate) 967,34 €) erzielt. Vom 09.11.1981 bis 05.04.1982 war sie arbeitslos. Vom 06.04.1982 bis 30.11.1982 hat sie – erneut als Servicekraft in einer Gaststätte - 16.809,00 DM = 8.594,31 € (monatsdurchschnittlich (: 8 Monate) 1.074,29 €) erzielt. Vom 01.12.1982 bis 31.03.1983 war sie arbeitslos. Vom 01.04.1983 bis 30.11.1983 hat sie – auch als Servicekraft in einer Gaststätte - 17.285,00 DM = 8.837,68 € (monatsdurchschnittlich (: 8 Monate) 1.104,71 €) erzielt. Vom 01.12.1983 bis 31.03.1984 war sie arbeitslos. Vom 01.04.1984 bis 30.11.1984 hat sie – wiederum als Servicekraft in einer Gaststätte - 17.893,00 DM = 9.148,55 € (monatsdurchschnittlich (: 8 Monate) 1.143, 57 €) erzielt. Vom 01.12.1984 bis 31.03.1986 war sie für 16 Monate arbeitslos. Im Senatstermin am 14.01.2013 hat die Antragstellerin insofern angegeben, dass sie damals ein Jahr krankgeschrieben gewesen sei. Sie sei am Karpaltunnelsyndrom operiert worden. Es sei auch noch eine zweite Operation erforderlich geworden. Vom 01.04.1986 bis 30.11.1986 hat sie – wieder als Servicekraft in der Gaststätte - 19.609,00 DM = 10.025,92 € (monatsdurchschnittlich (: 8 Monate) 1.253,24 €) erzielt. Am 12.12.1986 heirateten die Beteiligten. Zu diesem Zeitpunkt war die Antragstellerin schon mit dem Sohn D (geb. am ##.##.1987) schwanger. Vom 01.12.1986 bis 31.03.1999 war die Antragstellerin wohl nicht berufstätig. Vom 01.04.1999 bis 31.12.2000 war sie – wieder als Servicekraft auf Gut F - geringfügig beschäftigt, danach erst wieder - ebenfalls geringfügig - vom 01.02.2003 bis 31.10.2003 in einer Bäckerei. Seit dem 12.03.2008 ist sie bei dem Taxiunternehmen U beschäftigt, und zwar bis Juni 2012 als geringfügig Beschäftigte und ab Juli 2012 als Teilzeitkraft.
242Hinsichtlich ihrer Bereitschaft und ihrer Eignung für berufliche Entwicklungsmöglichkeiten hin zur Bürofachkraft (mit vorherigem Nachholen des Realschulabschlusses) ist der Vortrag der Antragstellerin nach Auffassung des Senats nicht ausreichend spezifiziert (vgl. zu diesem Erfordernis vgl. BGH, FamRZ 2012, S. 93 ff.). Soweit der BGH auf einen Spielraum durch die Anwendung von Erfahrungssätzen in dem jeweiligen Berufsfeld sowie die Berücksichtigung tariflicher Regelungen abstellt, sind dennoch Darlegungen zur Bereitschaft und Eignung des Unterhaltsberechtigten erforderlich. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Antragstellerin eine besondere Affinität zum Lernen und zu Bürotätigkeiten hatte. Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin in diesem Bereich Erfahrungen durch Praktika o.ä. gemacht hat, sind ebenfalls weder vorgetragen noch ersichtlich. Im Senatstermin am 14.01.2013 hat die Antragstellerin angegeben, dass sie nie einen Computerkurs absolviert habe. Sie beherrsche den Computer oder z.B. das Computerprogramm Word nicht richtig. Sie könne mit ihrem Laptop lediglich einen kleinen Brief schreiben, mehr aber nicht. Von Bedeutung ist für den Senat in diesem Zusammenhang insbesondere, dass die Antragstellerin in der Zeit der langen Arbeitslosigkeit (von Dezember 1984 bis März 1986), in der sie wohl nicht durchgehend wegen der Karpaltunneloperationen arbeitsunfähig gewesen sein dürfte (im Versicherungsverlauf ist nämlich keine Erkrankung - anders als 1978/1979 – verzeichnet), keine Praktika o.ä. absolviert hat. Die Schulnoten deuten darauf hin, dass sie eher als schlechtere Schülerin einzustufen ist und an einer weiteren Schulausbildung und einem Lehrberuf kein Interesse gehabt hat, so dass sie wohl nicht (nur) im Vorgriff auf die erst ein Jahr später geschlossene Ehe von der vom Arbeitsamt im Dezember 1985 angebotenen Möglichkeit (Realschulabschluss und Lehre zur Bürofachkraft) keinen Gebrauch gemacht hat. Vor diesem Hintergrund ist das Eintreten der von der Antragstellerin behaupteten Entwicklung nicht hinreichend wahrscheinlich und ebenso wenig plausibel dargelegt, so dass insofern kein ehebedingter Nachteil vorliegt.
243cc) Im Rahmen der vorzunehmenden umfassenden Billigkeitsabwägung sind sämtliche Umstände zu berücksichtigen, wobei der BGH (FamRZ 2012, S. 93 ff.) ausdrücklich auf die über die Kompensation ehebedingter Nachteile hinausgehende nacheheliche Solidarität, die Ehedauer (jetzt auch ausdrücklich in der ab 01.03.2013 geltenden Fassung des § 1578b Abs. 1 S. 2 BGB betont), die wirtschaftliche Verflechtung (die durch Aufgabe einer eigenen Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder oder der Haushaltsführung eingetreten ist) und nicht zuletzt auch auf die von der Unterhaltsberechtigten erbrachte Lebensleistung, die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten sowie die Dauer und Höhe des geleisteten Unterhalts abstellt.
244Vorliegend dauerte die Ehe der Beteiligten bis zur Zustellung des Scheidungsantrags 24 Jahre, wovon die Eheleute 20 Jahre und acht Monate zusammen lebten. Auch wenn die Ehe im Rahmen der Prüfung der Rangfolge des § 1609 Nr. 2 BGB als lange Ehe qualifiziert worden ist, führt dies allein nicht dazu, dass der Unterhaltsanspruch nicht herabgesetzt oder befristet werden kann (vgl. Palandt-Brudermüller, BGB, § 1578b Rz. 12). Aus der Ehe der Parteien gingen zwei Kinder hervor, die die Antragstellerin betreut und versorgt hat; sie war knapp 12 Jahre wegen Kinderbetreuung (von der Geburt ##.##.1987 bis 01.04.1999) überhaupt nicht beruflich tätig und danach nur – und dann auch nur zeitweilig - geringfügig beschäftigt . V lebte nach der Trennung bei der Kindesmutter, D musste sein Studium wegen psychischer Probleme unterbrechen und lebte zeitweilig wohl auch im Haushalt der Antragstellerin. Der Antragsgegner hat während der Ehe die Meisterschule besucht und erfolgreich abgeschlossen, die Antragstellerin hat ihm insofern den Rücken freigehalten. Die Beteiligten sind gemeinsam Eigentümer einer – vom Antragsgegner teilweise in Eigenarbeit errichteten - Immobilie, die noch nicht auseinandergesetzt ist. Insofern ist von einer fortdauernden wirtschaftlichen Verflechtung der Eheleute auszugehen. Neben der noch nicht auseinandergesetzten Immobilie verfügen die Beteiligten über kein nennenswertes Vermögen.
245Die Antragstellerin war bei der Trennung knapp 45 ½ Jahre und bei Rechtskraft der Ehescheidung 50 1/4 Jahre alt. Die Antragstellerin ist jetzt knapp 52 Jahre alt, gesundheitlich deutlich beeinträchtigt und kann deshalb nur maximal 20 Stunden wöchentlich als Taxifahrerin arbeiten.
246Der Antragsgegner war bei der Trennung 50 1/2 Jahre und bei Rechtskraft der Ehescheidung knapp 55 1/2 Jahre alt und ist vollschichtig erwerbstätig. Er ist jetzt 57 Jahre alt und auch gesundheitlich beeinträchtigt (Schulter-OP am 16.01.2012 und zahlreiche weitere orthopädische Erkrankungen, Bandscheibenvorwölbung).
247Der Antragsteller hat seit 2007 freiwillig Trennungsunterhalt in Höhe von 645,00 € monatlich gezahlt. Er zahlt seit Juli 2012 auf den nachehelichen Unterhalt 1.000,00 € monatlich.
248Bei Abwägung aller Billigkeitsgesichtspunkte ist der Senat – auch unter Berücksichtigung der nachehelichen Solidarität – der Ansicht, dass der Unterhalt zwar noch nicht – wie das Amtsgericht es angenommen hat – ab Januar 2015, jedoch ab Januar 2016 auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen ist. Der angemessene Lebensbedarf im Sinne von § 1578b Abs. 1 S. 1 BGB, der die Grenze für die Herabsetzung bildet, bemisst sich nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte (vgl. Palandt-Brudermüller, BGB, 73. Aufl., § 1578b Rz. 13). Dieses Einkommen ist vorliegend nicht – wie das Amtsgericht gemeint hat - mit dem Existenzminimum von 800,00 € anzusetzen. Vielmehr ist auf die tatsächlichen Erwerbseinkünfte der Antragstellerin (in 2014: 443,02 € Nettoeinkommen + 35,00 € Trinkgeld = 478,02 €) sowie auf die Teilerwerbsminderungsrente abzustellen, die die Antragstellerin beziehen würde, wenn sie – ohne Ehe und Kinder – gearbeitet hätte. Der Senat geht insofern davon aus, dass die Antragstellerin ohne Ehe und Kinder weiter als ungelernte Kraft tätig gewesen wäre, wobei aufgrund der gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht durchgehend eine Tätigkeit im Gaststättengewerbe unterstellt werden kann. Auch kann realistischer Weise - anders als die Antragstellerin meint – gerade im ungelernten Bereich nicht von einer Einkommenssteigerung von zuletzt vor der Eheschließung in 1986 erzielten monatsdurchschnittlichen 1.253,24 € auf – wie die Antragstellerin anhand des vom statistischen Bundesamt erstellten Indexes behauptet - 2.552,10 € ausgegangen werden. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin von 1980 bis 1984 und auch im Jahr 1986 in den Wintermonaten überhaupt nicht beschäftigt war und insofern der Verdienst von zuletzt 10.025,92 € eher nicht auf acht Monate, sondern auf zwölf Monate aufzuteilen ist und sich dann nur durchschnittliche Einkünfte von 835,49 € ergeben.
249Bei der Höhe einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ist ferner zu beachten, dass der Rentenartfaktor nur 0,5 (§ 67 Nr. 2 SGB VI) beträgt – statt 1,0 – und der Zugangsfaktor (1,0) für jeden Monat vor Vollendung des 65. Lebensjahres – jedoch nur bis Vollendung des 62. Lebensjahres - um 0,003 zu mindern ist, hier also um 0,003 x 36 = 0,108 auf 0,892 (vgl. § 77 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, S. 2, 3 SGB VI). Hinzuzurechnen wären gem. § 59 SGB VI die Zurechnungszeiten bis zum 60. Lebensjahr, die gem. § 59 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI mit dem Eintritt der Erwerbsminderung, hier bei der Antragstellerin nach den Ausführungen von Dr. S jedenfalls im Jahr 2009, beginnen.
250Der Senat schätzt die Höhe der Rente der Antragstellerin wegen teilweiser Erwerbsminderung vorliegend auf etwa 425,00 € (was einer vollen Erwerbsminderungsrente von 850,00 € entspräche).
251Zusammen mit den 478,00 € tatsächlich erzielten Einkünften aus ihrer halbschichtigen Beschäftigung ergibt sich ein angemessener Lebensbedarf der Antragstellerin von rund 900,00 € (425,00 € + 478,00 €).
252Diesen angemessenen Lebensbedarf kann die Antragstellerin in Höhe von 478,00 € selbst durch ihre halbschichtige Erwerbstätigkeit decken, so dass ein ungedeckter Bedarf von rund 425,00 € (900,00 € - 478,00 €) verbleibt. Auf diesen Betrag ist der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin 3 ½ Jahre nach Rechtskraft der Scheidung, also ab Januar 2016, herabzusetzen. Eine weitere Teilhabe an den ehelichen Lebensverhältnissen erscheint ab diesem Zeitpunkt nicht mehr gerechtfertigt.
253Eine Befristung des Unterhaltsanspruchs gem. § 1578b BGB scheidet zum gegenwärtigen Zeitpunkt aus. Denn es kann derzeit nicht sicher beurteilt werden, ob und wenn ja wie lange die ehebedingten Nachteile (hier die Nichterfüllung der Voraussetzungen für den Bezug einer Rente wegen (Teil-)Erwerbsminderung) noch fortwirken. Solange ehebedingte Nachteile bestehen, scheidet eine Befristung regelmäßig aus (vgl. Wönne in: Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 8. Aufl., § 4 Rz. 1009 m.w.N.). Sie scheidet ferner aus, wenn über die dafür maßgeblichen Umstände eine hinreichend klare Prognose noch nicht gestellt werden kann, weil diese Umstände noch nicht zuverlässig vorhersehbar sind (Wönne a.a.O. m.w.N.). Vorliegend ist eine solche hinreichend klare Prognose nicht möglich. Es kommt sowohl eine – nach den Ausführungen der Sachverständigen jedoch eher fragliche - Verbesserung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Antragstellerin als auch die Erfüllung der Voraussetzungen für den Bezug einer Rente wegen (Teil-) Erwerbsminderung in Betracht. Dann könnte sich die Frage der Befristung zu einem späteren Zeitpunkt neu stellen.
254i)Der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin ist auch nicht gem. § 1579 BGB zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen. Es liegen bereits die Voraussetzungen eines der Härtegründe nach § 1579 Nr. 1 bis Nr. 8 BGB nicht vor.
255aa)Die Antragstellerin hat ihre Bedürftigkeit nicht mutwillig herbeigeführt. Eine unterhaltsbezogene Mutwilligkeit liegt dann vor, wenn sich der Bedürftige unter grober Missachtung dessen, was jedem einleuchten muss, oder in Verantwortungs- und Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Unterhaltsverpflichteten über die erkannten möglichen nachteiligen Folgen seines Verhaltens für seine Bedürftigkeit hinwegsetzt und dabei zumindest leichtfertig handelt (BGH, FamRZ 2003, S. 848 (853)). Ein einfaches Verschulden reicht zur Bejahung der Mutwilligkeit nicht aus. Der Verpflichtete muss darlegen und beweisen, dass der Unterhaltsgläubiger seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat. Dazu gehört, dass er ein Vorbringen der Gegenseite, welches im Falle seiner Richtigkeit gegen die Annahme einer Mutwilligkeit sprechen würde, zu widerlegen hat (BGH, FamRZ 1989, S. 1054).
256Die Antragstellerin befand sich wegen ihrer Erkrankungen durchgehend in Behandlung (psychiatrisch, verhaltenstherapeutisch von Januar 2010 bis Anfang 2013, schmerztherapeutisch seit 19.11.2013, psychotherapeutische Behandlung ab Januar 2014). Sie hat sich im April 2013 einer Operation im St. E-Krankenhaus in X unterzogen und vom 15.05. bis 11.06.2013 eine ambulante Rehabilitationsmaßnahme durchgeführt. Das Gutachten von Dr. S vom 20.04.2013, in dem auch Empfehlungen in therapeutischer Hinsicht ausgesprochen wurden, hat sie ihrem behandelnden Psychiater vorgelegt, der jedoch weder eine Medikationsänderung vorgenommen noch mit ihr über eine stationäre psychotherapeutische Behandlung gesprochen hat. Um eine ambulante psychotherapeutische Behandlung hat sie sich bemüht, jedoch – aufgrund der langen Wartezeiten – erst für Januar 2014 einen Termin bei der Diplom-Psychologin C2 in M erhalten. Von einer unterhaltsbezogenen Leichtfertigkeit der Antragstellerin kann vor diesem Hintergrund nicht ausgegangen werden.
257bb) Die Antragstellerin hat sich auch nicht, wie § 1579 Nr. 5 BGB voraussetzt, über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt.
258Sinn dieser Regelung ist es, dass der Berechtigte trotz Trennung oder Scheidung alles zu unterlassen hat, was dem Verpflichteten die Erfüllung seiner Unterhaltspflicht erschwert oder unmöglich macht (Wendl/Staudigl-Gerhardt, a.a.O., § 4 Rz. 703).
259Voraussetzung ist, dass der Bedürftige durch sein Verhalten die Einkünfte des Ehegatten mindert, wobei eine Gefährdung ausreichend ist (Palandt-Brudermüller, a.a.O., § 1579 Rz. 25 mit Verweis auf BGH, FamRZ 2009, S. 1124 (1128)).
260Grund für die Sanktion ist, dass der Unterhaltsberechtigte unter Verletzung des Gegenseitigkeits- und Loyalitätsprinzips durch sein Verhalten die Einkünfte beeinträchtigt, aus denen er Unterhalt begehrt (Brudermüller, a.a.O.).
261Der Senat hat bereits entschieden, dass die Weigerung der Unterhaltsberechtigten, ihren Miteigentumsanteil an den Unterhaltspflichtigen gegen Haftungsfreistellung zu übertragen, keinen Verstoß gegen das Gegenseitigkeits- und Loyalitätsprinzip darstellt, auch wenn die Gefahr besteht, dass ein Teilungsversteigerungsverfahren durchgeführt werden muss (Senatsurteil vom 2. März 2011, 8 UF 131/10).
262Der Antragsgegner hat auch im vorliegenden Fall unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Übertragung des Miteigentumsanteils gegen die Antragstellerin. Es besteht lediglich nach den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften ein Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft (§ 749 Abs. 1 BGB). Sofern die Teilung in Natur ausgeschlossen ist, erfolgt die Aufhebung der Gemeinschaft gem. § 753 Abs. 1 BGB bei Grundstücken durch Zwangsversteigerung und Teilung des Erlöses.
263Es ist zwar anerkannt, dass das aus § 1353 BGB hergeleitete Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme dazu führen kann, dass ein Ehegatte eine Teilungsversteigerung zurückzustellen hat (vgl. Palandt-Brudermüller, a.a.O., § 1353 Rz. 11; Brudermüller, FamRZ 1996, S. 1516 (1521); AG Hannover, FamRZ 2003, S. 938 allerdings nur bezogen auf die Zeit, solange die Ehe besteht).
264Der Senat hat jedoch mit Verweis auf Brudermüller (FamRZ 1996, S. 1516 (1521)) entschieden, dass ein Ehepartner indes keinen absoluten Anspruch auf Beibehaltung des Familienheims hat und aus § 1353 BGB auch keine Pflicht eines Ehepartners folgt, die Mitberechtigung des anderen Miteigentümer-Ehepartners zu erhalten. Vielmehr muss – nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit – auch auf die Belange des die Teilungsversteigerung fordernden Ehepartners Rücksicht genommen werden (Senatsurteil vom 02.03.2011, 8 UF 131/10).
265Dass ein etwaiges jetzt eingeleitetes Teilungsversteigerungsverfahren zur Unzeit erfolgt, trägt selbst der Antragsgegner nicht vor.
266Selbst wenn man die Weigerung der Übertragung des Miteigentumsanteils als Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme ansehen würde, führt dies nicht zwangsläufig dazu, dass die Einkünfte des Antragsgegners, aus denen die Antragstellerin Unterhalt begehrt, beeinträchtigt werden. Zwar ist ein Teilungsversteigerungsverfahren mit Kosten verbunden, jedoch sind gem. § 109 Abs. 1 ZVG die Kosten des Verfahrens aus dem Versteigerungserlös vorweg zu entnehmen. Insofern wird der Erlös für beide Parteien gemindert (vgl. auch Senatsurteil vom 02.03.2011, 8 UF 131/10).
267Vor diesem Hintergrund liegen die Voraussetzungen des § 1579 Nr. 5 BGB nach Auffassung des Senats im konkreten Fall nicht vor. Darüber hinaus ist zweifelhaft, ob die Weigerung der Antragstellerin als gravierender Verstoß des Unterhaltsberechtigten anzusehen ist, denn dies ist nach der Rechtsprechung des BGH (FamRZ 2009, S. 1124 (1127)) erforderlich, die sich insbesondere auf die Wortwahl von § 1579 Nr. 5 BGB „schwerwiegende“ und „hinwegsetzen“ stützt.
268Für 2011 ist das Realsplitting in Höhe der tatsächlichen Trennungsunterhaltszahlungen (12 x 645,00 €) mit Zustimmung der Antragstellerin durchgeführt worden. Soweit die Antragstellerin wegen der in 2011 zunächst überhöhten Angaben zum Trennungsunterhalt (12 x 1.000,00 € (645,00 € + 355,00 € Kindesunterhalt)) die Zustimmung zum Realsplitting für 2012 verweigert hat, liegt jedenfalls kein mutwilliges Verhalten der Antragstellerin vor. Im Hinblick darauf, dass der nacheheliche Unterhalt für 2012 bislang für die Zeit ab Rechtskraft der Scheidung noch nicht endgültig feststand, sondern erst im vorliegenden Verfahren festgelegt worden ist, bestand bezüglich des nachehelichen Unterhalts für das Jahr 2012 keine Verpflichtung zur Zustimmung zum Realsplitting. Hinsichtlich des in 2012 bis einschließlich Juni 2012 gezahlten Trennungsunterhalts (6 x 645,00 €) ist die Antragstellerin zur Zustimmung verpflichtet gewesen. Es ist jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Antragsgegner die Antragstellerin konkret wegen dieser 3.870,00 € zur Zustimmung / zur Unterzeichnung der Anlage U erfolglos aufgefordert hat. Vor diesem Hintergrund kann von der für § 1579 Nr. 5 BGB erforderlichen Mutwilligkeit nicht ausgegangen werden.
269j)Im Hinblick darauf, dass der Antragsgegner für die Zeit von Juli 2012 bis einschließlich Dezember 2013 monatlich 1.000,00 € an nachehelichem Unterhalt an die Antragstellerin gezahlt hat, ist der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin bis einschließlich Dezember 2013 erfüllt. Es war daher nur noch der laufende Unterhalt ab Januar 2014 zu titulieren.
2703. Die Kostenentscheidung folgt für die Kosten der ersten Instanz aus § 150 Abs. 1 FamFG, für die Kosten der zweiten Instanz aus § 150 Abs. 4 S. 1 FamFG unter dem Gesichtspunkt des Obsiegens bzw. Unterliegens (vgl. Keidel-Weber, FamFG, 18. Aufl., § 150 Rz. 8) und unter Berücksichtigung des Umstands, dass sich der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin infolge der Zahlungen des Antragsgegners bis einschließlich Dezember 2013 erledigt hat. Die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit folgt aus § 116 Abs. 3 FamFG.
Ist über die Forderung ein Schuldschein ausgestellt worden, so kann der Schuldner neben der Quittung Rückgabe des Schuldscheins verlangen. Behauptet der Gläubiger, zur Rückgabe außerstande zu sein, so kann der Schuldner das öffentlich beglaubigte Anerkenntnis verlangen, dass die Schuld erloschen sei.
Abweichend von den Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Kostenverteilung entscheidet das Gericht in Unterhaltssachen nach billigem Ermessen über die Verteilung der Kosten des Verfahrens auf die Beteiligten. Es hat hierbei insbesondere zu berücksichtigen:
- 1.
das Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen der Beteiligten, einschließlich der Dauer der Unterhaltsverpflichtung, - 2.
den Umstand, dass ein Beteiligter vor Beginn des Verfahrens einer Aufforderung des Gegners zur Erteilung der Auskunft und Vorlage von Belegen über das Einkommen nicht oder nicht vollständig nachgekommen ist, es sei denn, dass eine Verpflichtung hierzu nicht bestand, - 3.
den Umstand, dass ein Beteiligter einer Aufforderung des Gerichts nach § 235 Abs. 1 innerhalb der gesetzten Frist nicht oder nicht vollständig nachgekommen ist, sowie - 4.
ein sofortiges Anerkenntnis nach § 93 der Zivilprozessordnung.