Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 19. Feb. 2014 - 8 UF 105/12
Tenor
Auf die Beschwerden der Antragstellerin vom 17.04.2012 und des Antragsgegners vom 23.04.2012 wird der am 08.03.2012 verkündete Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Lüdinghausen im Ausspruch zum nachehelichen Unterhalt (Ziff. 4 der angefochtenen Entscheidung) teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin ab Januar 2014 nachehelichen Unterhalt in folgender monatlicher Höhe zu zahlen:
a)bis einschließlich Dezember 2015: 888,00 €,
b) ab Januar 2016: 425,00 €.
Der Unterhalt ist monatlich im Voraus zu zahlen und zum Ersten eines jeden Monats fällig.
Der weitergehende Antrag und die weitergehenden Beschwerden werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens und des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Die sofortige Wirksamkeit dieses Beschlusses wird angeordnet.
Der Verfahrenswert für die Beschwerde der Antragstellerin wird auf 8.685,84 €, für die Beschwerde des Antragsgegners auf 13.485,84 € und insgesamt auf 22.171,68 € festgesetzt.
1
Gründe:
2I.
3Die Beteiligten streiten zweitinstanzlich noch um nachehelichen Unterhalt ab Rechtskraft der Scheidung.
4Die am ##.##.1962 geborene Antragstellerin und der am ##.##.1957 geborene Antragsgegner heirateten am ##.##.1986. Aus ihrer Ehe gingen zwei Söhne, der am ##.##.1987 geborene D und der am ##.##.1992 geborene V, hervor.
5Die Beteiligten trennten sich im August 2007. Der Scheidungsantrag wurde am 13.12.2010 zugestellt. Die Ehe der Beteiligten wurde durch den – nur hinsichtlich des nachehelichen Unterhalts angefochtenen - Beschluss des Amtsgerichts Lüdinghausen vom 08.03.2012 geschieden. Die Ehescheidung ist seit dem 26.06.2012 rechtskräftig.
6Die Beteiligten sind zu je ½ Miteigentümer der Immobilie X, die der Antragsgegner seit der Trennung bewohnt. Den Wohnvorteil für die vom Antragsgegner bewohnte Wohnung haben die Beteiligten im Senatstermin am 14.01.2013 in Höhe von 734,00 € monatlich unstreitig gestellt. Das Obergeschoss der 1995 erbauten Immobilie ist für eine Kaltmiete in Höhe von 411,00 € monatlich vermietet. Der Antragsgegner zahlt die Zins- und Tilgungsleistungen für die zur Finanzierung aufgenommenen drei Darlehen bei der LBS und für ein Darlehen bei der NRW-Bank.
7Die Antragstellerin verließ die Hauptschule im Juni 1977 mit Abschluss nach der Klasse 9. Sie begann eine Lehre als Fleischereifachverkäuferin, die sie jedoch nicht abschloss, weil sie nach zwei Jahren einen Unfall erlitt und dabei ihr Knie schwer verletzt wurde. Im weiteren Verlauf erlernte sie keinen neuen Beruf, sondern arbeitete als Servicekraft in einem Gaststättenbetrieb bis Ende 1986. Während der Ehe ging die Antragstellerin zeitweilig einer geringfügigen Beschäftigung nach. So war sie vom 01.04.1999 bis 31.12.2000 beim Gut F und vom 01.02.2003 bis 31.10.2003 in einer Bäckerei (bis zu deren Insolvenz) tätig. Seit dem 12.03.2008 arbeitet die Antragstellerin als Taxifahrerin bei der Firma U in M, und zwar bis Juni 2012 als geringfügig Beschäftigte mit 390,00 € monatlich und seit Juli 2012 versicherungspflichtig als Teilzeitkraft. Die Antragstellerin war vom 17.04.2013 bis 31.07.2013 arbeitsunfähig erkrankt. Sie wurde am 18.04.2013 im St. E-Krankenhaus in X operiert. Es wurde eine Sequesterotomie LWK 5/SWK 1 links intraforaminimal und eine Neurolyse L 5 links durchgeführt. Vom 15.05.2013 bis 11.06.2013 befand sich die Antragstellerin in einer von der DRV Westfalen finanzierten Anschlussheilbehandlung in der reha Z, aus der sie arbeitsunfähig entlassen wurde. Die Antragstellerin bezog vom 29.05.2013 bis zum 11.06.2013 Übergangsgeld in Höhe von 11,01 € täglich netto und vom 12.06.2013 bis 31.07.2013 Krankengeld in Höhe von täglich 11,49 € netto. Seit dem 07.11.2013 ist die Antragstellerin erneut arbeitsunfähig.
8Der Antragsgegner ist Zimmerermeister. Die Meisterschule besuchte er von September 1987 bis April 1988. Der Antragsgegner arbeitet seit dem 01.08.1988 bei der Firma Q in G. Seit dem 31.12.2012 ist der Antragsgegner in zweiter Ehe verheiratet. Seine zweite Ehefrau, W, bezieht seit 2009 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung und ist aufgrund ihrer Erkrankungen (drei Operationen an der Lendenwirbelsäule mit Protheseneinsatz / Knieteilschlittenprothese rechts) nicht in der Lage, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.
9Der gemeinsame Sohn der Beteiligten, D, studiert in den Niederlanden Psychologie. Er musste sein Studium wegen einer psychischen Erkrankung unterbrechen, befindet sich derzeit noch in Behandlung und ist nicht voll belastbar. Derzeit macht er seinen Master. Voraussichtliches Studienende ist in 2015.
10Der Antragsgegner zahlte von Juli 2012 bis einschließlich Dezember 2013 auf den nachehelichen Unterhalt monatlich 1.000,00 €.
11Die Antragstellerin hat nachehelichen Unterhalt (Krankenvorsorge- und Elementarunterhalt) gem. §§ 1572, 1573 Abs. 1 und 2 BGB geltend gemacht und behauptet, dass sie aufgrund verschiedener Leiden (psychische Erkrankung (Depressionen seit 1984, Angstsymptomatik), Wirbelsäulenleiden (Hals- und Lendenwirbelbereich, mehrfach operiert)) nicht in der Lage sei, vollschichtig erwerbstätig zu sein, sondern allenfalls acht bis zehn Stunden wöchentlich arbeiten könne. Ihr sei durch Urteil des Sozialgerichts Münster (S 11 SB 68/07) vom 06.11.2009 ein GdB von 40 zuerkannt worden. Sie sei nur eingeschränkt arbeitsfähig. Sie könne lediglich für kurze Zeit sitzen, könne aber auch nicht längere Zeit laufen und nicht schwer tragen. Sie könne keine Überkopfarbeiten durchführen und nicht häufig knien oder hocken.
12Die Antragstellerin hat behauptet, dass sie ehebedingte Nachteile erlitten habe. Ohne Ehe und Kinder hätte sie die mittlere Reife nachgeholt und eine dreijährige Ausbildung zur Bürofachkraft absolviert. Ein entsprechendes Angebot habe ihr das Arbeitsamt im Dezember 1985 gemacht. Sie sei damals schon mit dem Antragsgegner verlobt gewesen. Dieser sei von den Plänen „nicht erbaut“ gewesen, da die lange Ausbildungsdauer seine Pläne (Eheschließung, Kinder) durchkreuzt hätte. Sie, die Antragstellerin, habe sich daraufhin entschlossen, die Ausbildung nicht zu absolvieren. Ohne Ehe und Kinder wäre sie jetzt als Bürokraft tätig und würde monatliche Einkünfte in Höhe von 1.500,00 € brutto = 1.086,30 € netto erzielen. Diese Bürotätigkeit könnte sie auch heute noch ausüben. Sie habe ihre Berufstätigkeit zurückgestellt, weil der Antragsgegner die Meisterschule besuchen wollte.
13Die Antragstellerin hat die Ansicht vertreten, der Antragsgegner könne die Zinsen für die Immobiliendarlehen in Höhe von insgesamt 316,42 € monatlich sowie die Tilgung nur in Höhe von 155,97 € monatlich als sekundäre Altersvorsorge (4 % seines Bruttoeinkommens) einkommensmindernd berücksichtigen.
14Die Antragstellerin hat beantragt,
15dem Antragsgegner aufzugeben, an sie beginnend mit dem Tag der Rechtskraft der Scheidung nachehelichen Unterhalt in Höhe von 1.366,00 € zu zahlen, darin enthalten 187,72 € Krankenversicherung und 24,57 € Pflegeversicherung.
16Der Antragsgegner hat beantragt,
17den Antrag zurückzuweisen, hilfsweise den Unterhalt herabzusetzen und zeitlich zu befristen.
18Der Antragsgegner hat die behauptete eingeschränkte Arbeitsfähigkeit bestritten. Die Antragstellerin habe keine ehebedingten Nachteile erlitten, so dass ihr schon aus diesem Grund kein Unterhalt zustehe. Der Antragstellerin sei fiktiv ein Einkommen aus vollschichtiger Tätigkeit in Höhe von mindestens 1.100,00 € netto zuzurechnen.
19Der Antragsgegner hat ferner bestritten, dass sich die Antragstellerin ohne Ehe und Kinder zur Bürofachkraft hätte ausbilden lassen. Die Antragstellerin habe von Anfang an keinerlei Interesse an einer beruflichen Ausbildung gehabt und hätte lieber Einkünfte aus einer vollschichtigen Tätigkeit als ungelernte Kraft erzielen wollen, als die mit einer mehrjährigen Ausbildung verbundenen finanziellen Nachteile in Kauf zu nehmen. Sie habe auch nach der Trennung keine Veranlassung gesehen, an ihrer beruflichen Situation etwas zu verändern. Aus dem Reha-Bericht aus 2009 ergebe sich, dass der Antragstellerin eine Umschulung zur Bürokauffrau bewilligt worden sei, die Antragstellerin daran jedoch aus finanziellen Gründen und weil sie davon ausgegangen sei, dass sie aufgrund ihres Alters als Bürokauffrau keine Arbeit finden würde, nicht interessiert gewesen sei. Mit den monatlich 1.000,00 € Trennungsunterhalt, die er ab 2007 gezahlt habe, hätte die Antragstellerin ihren Lebensunterhalt während der Umschulung finanzieren können. Die Antragstellerin habe sich weder vor der Eheschließung noch nach der Trennung um eine berufliche Aus- oder Weiterbildung bemüht.
20Solange die Beteiligten noch gemeinsam Eigentümer der Immobilie seien, seien sowohl die Zins- als auch die kompletten Tilgungsleistungen (534,58 € monatlich auf die Darlehen bei der LBS sowie 220,46 € monatlich auf das Darlehen bei der NRW-Bank) einkommensmindernd zu berücksichtigen. Auch die verbrauchsunabhängigen Kosten des Hauses (jährlich jeweils Grundsteuer 76,70 €, Grundbesitzabgaben 685,54 € und Wohngebäudeversicherung 406,81 €) seien einkommensmindernd zu berücksichtigen. Für notwendige Reparaturen und Instandsetzungsarbeiten (Eingangstreppe, Außenfassade, Fenster, Treppenhaus) seien monatlich 200,00 € anzusetzen.
21Ein etwaiger Unterhaltsanspruch der Antragstellerin sei zeitlich zu befristen oder herabzusetzen, da ehebedingte Nachteile nicht entstanden seien.
22Die Antragstellerin hat erwidert, dass die Umschulung in 2009 nicht bewilligt worden sei. Während der Umschulung hätte sie keinerlei Leistungen vom Arbeitsamt bekommen und auch nicht berufstätig sein können, so dass sie über keinerlei Einkünfte verfügt hätte. Darüber hinaus hätte sie wegen ihrer Erkrankung und wegen ihres Alters mit hoher Wahrscheinlichkeit als Bürokauffrau keine Anstellung gefunden. In den 1.000,00 €, die der Antragsgegner nach der Trennung gezahlt habe, seien 350,00 € Kindesunterhalt enthalten gewesen.
23Das Amtsgericht hat den Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin von dem auf die Rechtskraft der Scheidung folgenden Monat bis zum 31.12.2014 monatlichen Unterhalt in Höhe von 1.123,82 € (hiervon 166,82 € Vorsorgeunterhalt für Kranken- und Pflegeversicherung) sowie ab 01.01.2015 monatlich 400,00 € Unterhalt zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Antragstellerin stehe ein Anspruch auf Krankenunterhalt gem. § 1572 BGB zu. Auf Seiten der Antragstellerin sei von einem (teilfiktiven) Einkommen von 400,00 € auszugehen. Angesichts der über etliche Jahre hinweg plausibel dokumentierten multiplen Erkrankung (leichte Depression, Wirbelsäulenleiden mit diversen Operationen, Karpaltunnelsyndrom) sei davon auszugehen, dass die fast 50jährige Antragstellerin bei ihrem Status als ungelernte Kraft nicht mehr als eine geringfügige Beschäftigung erreichen könne.
24Auf Seiten des Antragsgegners sei von einem Erwerbseinkommen von 2.309,77 € auszugehen. Daneben verfüge der Antragsgegner über Nichterwerbseinkommen in Höhe von 434,71 €, weil von den 413,00 € Miete und 733,99 € Wohnvorteil für die LBS 136,67 €, 336,55 €, 61,36 € sowie für die NRW-Bank 168,70 € in Abzug zu bringen seien. Da die Tilgung des NRW-Darlehens nicht belegt sei, sondern eine vorzeitige Umschuldung angekündigt worden sei, könne insofern nur der unstreitige Zins in Ansatz gebracht werden. Die verbrauchsunabhängigen Kosten habe der Antragsgegner aus dem Selbstbehalt zu tragen. Auf Seiten der Antragstellerin sei von einem Krankheitsvorsorgebedarf in Höhe von 14,9 % von 990,00 € und einem Pflegevorsorgebedarf von 1,95 % von 990,00 € auszugehen. Insgesamt seien für die freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung der Antragstellerin 166,82 € monatlich anzusetzen. Nach Abzug von je 1/7 Erwerbstätigenbonus auf beiden Seiten, wobei auf Seiten des Antragsgegners Erwerbseinkünfte in Höhe von 2.310,00 € zugrunde gelegt wurden, hat das Amtsgericht einen Elementarunterhaltsanspruch der Antragstellerin in Höhe von 957,00 € und einen Gesamtunterhaltsanspruch – einschließlich Krankheitsvorsorgeunterhalt – von 1.123,82 € errechnet.
25Der Unterhalt sei gem. § 1578b BGB herabzusetzen. Es sei davon auszugehen, dass ehebedingte Nachteile auf Seiten der Antragstellerin nicht vorlägen. Die Krankheiten seien nicht ehebedingt. Auch einen ehebedingten Nachteil im Rahmen ihrer Erwerbsbiographie habe die Antragstellerin nicht dargelegt. Sie sei vor der Eheschließung ungelernte Kraft gewesen und jetzt auch. Dass die Antragstellerin ohne die Ehe eine Ausbildung abgeschlossen hätte, habe diese nicht in substantiierter Weise dargelegt. Das Weiterbildungsangebot habe bereits vor Beendigung der Ehe vorgelegen. Es sei nicht erkennbar, dass die Antragstellerin nicht nur willens, sondern auch in der Lage gewesen wäre, die mittlere Reife nachzuholen. Insofern hätte die Antragstellerin deutlich überdurchschnittliche Noten in ihrem Hauptschulabschluss oder andere Anhaltspunkte vortragen müssen. Im Rahmen der Entscheidung nach § 1578b BGB sei jedoch nicht nur auf das Fehlen ehebedingter Nachteile abzustellen. Daneben sei insbesondere die Dauer der Ehe, die eheliche Arbeitsteilung, Dauer der Kindererziehung und damit verbundene Nachwirkungen der ehelichen Solidarität sowie insbesondere die Einhaltung des Existenzminimums zu berücksichtigen. Das Amtsgericht hat insbesondere auf die lange Ehe, die Prägung der wirtschaftlichen Verhältnisse durch den Verdienst des Antragstellers, die Kinderbetreuung durch die Antragsgegnerin und den Umstand, dass es sich um Krankheitsunterhalt handelt, berücksichtigt. Es sei angemessen, die Antragstellerin auch noch nach Rechtskraft der Scheidung für einen erheblichen Zeitraum an den ehelichen Lebensverhältnissen partizipieren zu lassen. Bis Ende 2014 sei der nach den ehelichen Lebensverhältnissen geschuldete Unterhalt zu zahlen. Danach sei der Unterhalt auf den Bedarf nach den eigenen Lebensverhältnissen der Antragstellerin herabzusetzen. Da die Antragstellerin nur über ein geringfügiges Einkommen verfüge, sei auf das Existenzminimum abzustellen, das mit 800,00 € zu bemessen sei. Abzüglich des eigenen Einkommens der Antragstellerin verbleibe noch ein ungedeckter Bedarf in Höhe von 400,00 €.
26Gegen diese Entscheidung wenden sich beide Beteiligte mit ihren Beschwerden.
27Die Antragstellerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Herabsetzung ab 01.01.2015 auf 400,00 €. Sie habe ihren Anspruch in erster Linie auf § 1573 Abs. 2 BGB gestützt und als weitere Anspruchsgrundlage § 1572 BGB angeführt. Sie habe nach dem Abbruch der Ausbildung zur Fleischereifachverkäuferin keine neue Ausbildung begonnen, weil sie dazu infolge der Trennung ihrer Eltern nicht in der Lage gewesen sei. Als Servicekraft im Gaststättenbereich habe sie im Jahr 1983 in acht Monaten 17.285,00 DM und 1986 in acht Monaten 19.609,00 DM erzielt. Von Dezember bis Februar sei sie jeweils saisonbedingt nicht beschäftigt worden. 1985 habe sie das Arbeitsverhältnis nicht aufgenommen, da sie am „mutmaßlichen“ Beginn des Arbeitsverhältnisses arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei. Das Amtsgericht habe nicht berücksichtigt, dass sie die beiden gemeinsamen Kinder D und V betreut und versorgt habe. Sie habe bis zur Geburt von D einen gesicherten Arbeitsplatz gehabt. Seit der Geburt von D sei sie wegen der Kinderbetreuung nicht mehr beruflich tätig gewesen. Sie sei bereits mit dem Antragsgegner verlobt gewesen, als sie das Angebot zur Ausbildung als Bürofachkraft abgelehnt habe. Der Antragsgegner habe schon damals die Meisterschule besuchen wollen und sei deshalb „nicht erbaut“ gewesen, als das Angebot an sie herangetragen worden sei. Das Amtsgericht habe sie, die Antragstellerin, nicht darauf hingewiesen, dass weiterer Vortrag dazu erforderlich gewesen wäre, dass sie die mittlere Reife geschafft hätte. Wenn das Arbeitsamt eine entsprechende Maßnahme anbiete, habe dieses auch zuvor geprüft, ob die Voraussetzungen vorliegen, dass sie den Abschluss tatsächlich schaffe. Es seien dazu keine überdurchschnittlichen Noten erforderlich. Sie sei in der Lage gewesen, einen über den Hauptschulabschluss hinausgehenden Schulabschluss zu erreichen. Sie habe mit Rücksicht auf die bevorstehende Eheschließung und den Kinderwunsch die eigene Ausbildung zurückgestellt. Sie habe auch dadurch einen ehebedingten Nachteil erlitten, dass sie infolge der Aufgabe ihrer Erwerbstätigkeit nicht mehr in der Lage gewesen sei, in die Rentenversicherung einzuzahlen. Sie habe deshalb die erforderliche Anzahl von 180 Beitragsmonaten nicht erreicht, um einen eigenen Anspruch auf Altersrente und ggf. Erwerbsminderungsrente zu erwerben. Ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen seien ausweislich des Bescheides des Kreises H vom 06.11.2009 seit Mai 2007 in relevantem Umfang festgestellt worden. Ihre Leistungsfähigkeit sei durch die Erkrankung erheblich eingeschränkt. Sie sei nicht in der Lage, mehr als 20 Stunden wöchentlich zu arbeiten.
28Wegen der ehebedingten Nachteile scheide eine Befristung aus. Auch eine Herabsetzung sei nur bei Unbilligkeit möglich, woran es vorliegend jedoch fehle. Ihre Chancen, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine Stelle zu finden, durch die sie ihren eigenen angemessenen Lebensbedarf sichern könne, seien schlecht.
29Sie habe dem Antragsgegner während der Ehe den Rücken für seine berufliche Tätigkeit und die Fachschulausbildung freigehalten. Auch bei Zahlung des beantragten Unterhalts verbleibe dem Antragsgegner monatlich ein Betrag, der seinen Lebensunterhalt nicht unbillig einschränke.
30Der Antragsgegner weigere sich, die gemeinsame Immobilie zu verkaufen, und verhindere dadurch, dass sie das vorhandene Vermögen angemessen verwerten könne (z.B. durch Ankauf einer Eigentumswohnung). Das eigene Verhalten des Antragsgegners entspreche nicht der Billigkeit. Sie könne zwar die Teilungsversteigerung betreiben. Mit dem Antrag auf Teilungsversteigerung gefährde sie jedoch in ganz erheblichem Maß die wirtschaftlichen Interessen beider Beteiligten, da die Eintragung des Teilungsvermerks den Verkauf zu einem marktgerechten Kaufpreis verhindere.
31Selbst wenn der Unterhalt herabzusetzen sei, seien zur Kompensation der ehebedingten Nachteile mehr als 400,00 € Unterhalt erforderlich. Als Bürofachkraft könne sie monatlich rund 1.500,00 € brutto = 1.086,30 € netto erzielen. Gleiches Einkommen würde sie erzielen, wenn sie ihre Tätigkeit als Servicekraft fortgesetzt hätte. Das Amtsgericht habe insofern fehlerhaft auf das Existenzminimum abgestellt. Maßgebend sei jedoch nicht das Existenzminimum, sondern ihr Anspruch auf den vollen Unterhalt im Sinne des § 1578 BGB.
32Die Entscheidung des Amtsgerichts basiere auf den Einkünften des Antragsgegners aus 2010. Diese hätten sich geändert. Der Antragsgegner beziehe Leistungen aus einer Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung wegen Erwerbsunfähigkeit, gleichzeitig aber unverändert auch sein Arbeitseinkommen.
33Die Antragstellerin beantragt,
34die angefochtene Entscheidung abzuändern und dem Antragsgegner aufzugeben, an sie beginnend mit dem Tage der Rechtskraft der Scheidung nachehelichen Barunterhalt in Höhe von 1.123,82 € zu zahlen,
35hilfsweise befristet bis zu ihrem Eintritt ins Rentenalter (09.03.2027).
36Der Antragsgegner beantragt,
37die Beschwerde der Antragstellerin zurückzuweisen und den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Lüdinghausen vom 08.03.2012 abzuändern und den Antrag auf Zahlung von nachehelichem Unterhalt zurückzuweisen.
38Die Antragstellerin beantragt,
39die Beschwerde des Antragsgegners zurückzuweisen.
40Der Antragsgegner wendet mit seiner Beschwerde ein, das Amtsgericht habe zu Unrecht die Tilgung des NRW-Bank-Darlehens nicht einkommensmindernd berücksichtigt. Zu einer Umschuldung dieses Darlehens sei es nicht gekommen, da sich die Beteiligten bezüglich der Immobilie immer noch nicht auseinandergesetzt hätten. Für die Zeit ab 30.06.2012 belaufe sich die Jahresleistung auf insgesamt 2.647,22 €, was einer monatlichen Rate von 220,60 € entspreche. Es seien auch die verbrauchsunabhängigen Kosten für das Haus (jährlich jeweils Grundsteuer 76,70 €, Grundbesitzabgaben 685,54 € und Wohngebäudeversicherung 406,81 €) in Abzug zu bringen, weil er diese Beiträge aufbringen müsse und der hälftige Anteil ohnehin auf das Miteigentum der Antragstellerin entfalle. Darüber hinaus seien für notwendige Reparaturen und Instandsetzungsarbeiten Rücklagen in Höhe von 200,00 € monatlich einkommensmindernd anzusetzen.
41Das Amtsgericht sei zu Unrecht ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens von einer gesundheitlich bedingten Einschränkung der Erwerbsfähigkeit der Antragsgegnerin ausgegangen. Eine dauerhafte Erwerbsunfähigkeit ergebe sich nicht aus den vorgelegten Attesten. Aus unterhaltsrechtlicher Sicht sei die Antragstellerin verpflichtet, sich intensiv und nachhaltig um eine Behandlung ihrer Krankheit zu kümmern und ggf. auch Operationen in Kauf zu nehmen, um ihre Erwerbsfähigkeit wieder herzustellen. Er bestreite nach wie vor, dass die Antragstellerin nicht in der Lage sei, eine versicherungspflichtige Tätigkeit auszuüben.
42Das Amtsgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass die Antragstellerin keine ehebedingten Nachteile erlitten habe. Die Antragstellerin sei vor und nach der Eheschließung als ungelernte Kraft tätig gewesen. Die aus ihrer Erwerbsunterbrechung resultierenden Nachteile in der Altersversorgung seien durch den Versorgungsausgleich ausgeglichen worden. Die Antragstellerin sei überhaupt nicht daran interessiert gewesen, einen über den Hauptschulabschluss hinausgehenden Schulabschluss zu erreichen oder eine Lehre zu beginnen. Auch als die Kinder nicht mehr betreuungsbedürftig gewesen seien, habe die Antragstellerin nicht an eine Weiterbildung oder an den Wiedereinstieg in das Berufsleben gedacht. Die Antragstellerin habe nicht mit Rücksicht auf die bevorstehende Ehe eigene Ausbildungswünsche zurückstellen müssen. Sie sei lediglich in den Jahren 1982, 1983, 1984 und 1986 einer rentenversicherungspflichtigen Tätigkeit als Saisonkraft nachgegangen. Bei der Eheschließung sei sie bereits 24 Jahre alt gewesen. Ihr Vorbringen, in diesem Alter noch die mittlere Reife nachholen und sich als Bürofachkraft ausbilden lassen zu wollen, sei durch die von ihr ausgeübten vollschichtigen Tätigkeiten als ungelernte Beschäftigte widerlegt.
43Das Amtsgericht habe den Unterhaltsanspruch der Antragstellerin jedoch zu Unrecht nicht befristet. Es bestehe kein Grund, die Antragstellerin auch noch nach Rechtskraft der Scheidung einen erheblichen Zeitraum an den ehelichen Lebensverhältnissen partizipieren zu lassen. Er zahle bereits seit dem Jahr 2007 Trennungsunterhalt. Während der Trennungszeit sei die Antragstellerin nicht gehindert gewesen, eine Vollzeittätigkeit aufzunehmen bzw. ihre jetzige Tätigkeit auszuweiten. Die Antragstellerin hätte auch im Rahmen ihrer geringfügigen Beschäftigung freiwillig Beiträge zur Rentenversicherung erbringen und so für den Fall der Erwerbsunfähigkeit Vorsorge treffen können, so dass sie die für die Erwerbsminderungsrente erforderliche Beitragszeit erfüllt hätte. Ein etwaiger Krankheitsunterhaltanspruch sei daher auf die für den Erwerb einer Erwerbsminderungsrente erforderliche Beitragszeit zu befristen. Bei der Billigkeitsabwägung sei auch zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin noch Miteigentümerin des Zweifamilienhauses sei, dessen Wert die Beteiligten im Zugewinnausgleichsverfahren übereinstimmend mit 300.000,00 € angesetzt hätten. Nach Abzug der noch valutierenden Hauskredite belaufe sich der Wert auf 230.000,00 €, so dass der Antragstellerin 115.000,00 € zuzurechnen seien. Über diesen – durch den Verkauf des Miteigentumsanteils realisierbaren – Sachwert hinaus könnte die Antragstellerin selbst bei Wegfall ihres Unterhaltsanspruchs noch die hälftigen Mieteinnahmen aus der Einliegerwohnung und den Wohnwertanteil für die von ihm bewohnte Erdgeschosswohnung beanspruchen. Die Antragstellerin sei daher – sowohl im Falle des Verkaufs als auch im Falle der Fortführung der bestehenden Eigentumsverhältnisse – finanziell abgesichert. Ohne die Ehe hätte die Antragstellerin mit großer Wahrscheinlichkeit kein Vermögen erwerben können. Der Gesichtspunkt der nachehelichen Solidarität könne nicht zu einem dauerhaften Unterhaltsanspruch der Antragstellerin führen.
44Bei der Billigkeitsabwägung sei auch zu berücksichtigen, dass er noch freiwillig Unterhalt für den gemeinschaftlichen Sohn D in Höhe von 305,00 € monatlich zahle, der sein Studium in Holland noch nicht beendet habe. Diese Zahlungen habe er nur erbringen können, weil er auf Kosten seiner Gesundheit zahlreiche Überstunden in Kauf genommen habe. Durch die ständige Überbeanspruchung habe er schwere Bandscheibenschäden davongetragen, die dringend behandelt werden müssten. Es sei unklar, ob er seinen Beruf als Zimmerer zukünftig noch ausüben könne oder überhaupt noch in der Lage sein werde, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Er habe sich bislang noch nicht operieren lassen, da die Erfolgschancen der Operation nur mit 50 % bewertet würden. Er sei nicht mehr in der Lage, Arbeiten eines Zimmerermeisters auszuführen, sondern werde seit einiger Zeit in seiner Firma ausschließlich mit Büroarbeiten betraut.
45Die Einkommensverhältnisse der Antragstellerin seien ungeklärt. Die Korrekturabrechnungen seien nicht nachvollziehbar. Die Unterhaltsbedürftigkeit der Antragstellerin müsse vor diesem Hintergrund in Frage gestellt werden. Neben ihren Einkünften seien der Antragstellerin noch Trinkgelder in Höhe von mindestens 100,00 € monatlich zuzurechnen.
46Er beziehe kein Einkommen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. Der Versicherer weigere sich bisher, seinen Rentenanspruch anzuerkennen und Zahlungen zu erbringen. Sein Einkommen habe sich im Grunde nicht verändert. Es habe sich aufgrund seiner zweiten Eheschließung lediglich die Steuerklasse geändert. Der Steuervorteil müsse der neuen Ehe vorbehalten bleiben. Auch die Steuererstattung für 2012 sei nicht zu berücksichtigen, da sie allein auf der Wiederverheiratung beruhe. Die Antragstellerin habe grundlos die Anlage U ab 2011 widerrufen, so dass die gesamten Unterhaltsleistungen steuerlich nicht hätten berücksichtigt werden können. Die Antragstellerin weigere sich auch, eine Regelung wegen der Vermögensauseinandersetzung zu treffen, obwohl er ihr angeboten habe, gegen Übertragung des Miteigentumsanteils die Restschulden zu übernehmen und einen Ausgleichsbetrag von 115.000,00 € zu zahlen. Die Antragstellerin zeige auch keine Bereitschaft, an einer Reduzierung der Belastungen durch Umfinanzierung mitzuwirken. Die Missachtung seiner Vermögensinteressen sei in keiner Weise gerechtfertigt und müsse im Rahmen der Billigkeitsabwägung bei § 1578b BGB berücksichtigt werden. Die Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner neuen Ehefrau sei ebenfalls zu berücksichtigen.
47Die Antragstellerin erwidert, dass sie sich bemüht habe, ihre Arbeitsfähigkeit wieder herzustellen. Die Empfehlungen der Ärzte seien unterschiedlich. Sie befürchte, dass eine Operation keine Heilung bringe, sondern nur mit erheblichen Risiken verbunden sei. Sie befinde sich wegen einer somatisierten Depression einhergehend mit massiven Schmerzen im Bereich der HWS und LWS in Gesprächstherapie und werde mit Psychopharmaka behandelt. Angesichts ihrer derzeitigen Erkrankung sei sie nicht in der Lage, eine versicherungspflichtige Tätigkeit auszuüben. Sie müsse einem potentiellen Arbeitgeber die Erkrankung der Wirbelsäule und die psychischen Probleme darlegen. Niemand würde sie dann noch mit Rücksicht auf etwa geschuldete Lohnfortzahlung und den zu befürchtenden Arbeitsausfall beschäftigen. Sie erhalte durchschnittlich 8,00 € Trinkgeld pro Woche, weil sie hauptsächlich Krankenfahrten absolviere, die von der Krankenkasse bezahlt würden. Diese Patienten gäben normalerweise kein Trinkgeld. Am Wochenende fahre sie größtenteils Taxibus, welcher in der Regel mit Fahrkarten und nicht mit Bargeld bezahlt werde. Am Wochenende absolviere sie maximal zwei bis sechs Privatfahrten. Gelegentlich erhalte sie an einem Wochenende 15,00 € Trinkgeld, im Durchschnitt liege das Trinkgeld jedoch bei 8,00 €. Unterhaltszahlungen des Antragsgegners an D bestreite sie. Sie habe bei dem Realsplitting nicht mitgewirkt, weil der Antragsgegner für das Jahr 2011 12.000,00 € an Ehegattenunterhaltszahlungen geltend gemacht habe. In dem monatlichem Betrag von 1.000,00 € seien jedoch 355,00 € Kindesunterhalt enthalten gewesen. Der Antragsgegner habe ihr nur 112.000,00 € für die Übertragung des Miteigentumsanteils angeboten und zudem einen Unterhaltsverzicht verlangt. Der Unterhaltsanspruch der zweiten Ehefrau des Antragsgegners sei nachrangig. Der Antragsgegner müsse sich 160,00 € monatlich an fiktivem Steuervorteil aus Realsplitting zurechnen lassen. Der Antragsgegner sei als Meister eingestellt und habe immer leitende Tätigkeiten ausgeübt. Seine Arbeit habe sich immer auf Büroarbeit beschränkt und er werde nur ausnahmsweise auf Baustellen und nur zu Kontrollen eingesetzt. Sie habe im Jahr 1986 ein durchschnittliches Bruttoeinkommen von 16.609,00 DM in acht Monaten erzielt. Das seien durchschnittlich 2.450,00 DM pro Monat. Dies entspreche unter Berücksichtigung des vom statistischen Bundesamt festgestellten Index heute einem Bruttoeinkommen von 4.932,80 DM = 2.552,10 €. Selbst wenn man davon ausgehe, dass sie nicht die von ihr vorgetragene berufliche Entwicklung genommen hätte, ergebe sich aus der allgemeinen Steigerung der Löhne und Gehälter, dass sie 2.552,10 € brutto auch ohne zusätzliche Qualifikation hätte erzielen können. Es stelle sich die Frage, ob der Abzug für die sekundäre Altersvorsorge neben der Tilgung für die Immobilie berücksichtigt werden könne und ob ihre Erwerbstätigkeit im Hinblick auf die bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen überobligatorisch sei.
48Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
49Der Senat hat gemäß Beschluss vom 14.01.2013 Beweis erhoben über die Behauptung der Antragstellerin, sie sei aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, mehr als 20 Stunden wöchentlich zu arbeiten, durch Einholung eines arbeitsmedizinischen Sachverständigengutachtens von Dr. X2 und eines neurologisch-psychiatrischen Sachverständigengutachtens von Dr. S. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten von Dr. X2 vom 17.07.2013 und auf die schriftlichen Gutachten von Dr. S vom 20.04.2013 und 15.12.2013 Bezug genommen. Beide Sachverständige haben im Senatstermin am 16.12.2013 ihre Gutachten mündlich erläutert und ergänzt. Insofern wird auf das Protokoll sowie den Berichterstattervermerk vom 16.12.2013 Bezug genommen.
50II.
51Die gem. §§ 58 ff., 117 FamFG für den Unterhaltszeitraum ab 01.07.2012 zulässigen Beschwerden der Beteiligten sind teilweise, nämlich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang, begründet, im Übrigen unbegründet.
521.Auf das Verfahren ist das seit dem 01.09.2009 geltende Verfahrensrecht anzuwenden, da das Verfahren im Oktober 2010 eingeleitet wurde (Art. 111 FGG-RG).
532. Der Antragstellerin steht im streitgegenständlichen Zeitraum ab 01.07.2012 gegen den Antragsgegner ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt (Teilkranken- und Teilaufstockungsunterhalt) gem. §§ 1572, 1573 Abs. 2 BGB zu. Ein Anspruch auf Vorsorgeunterhalt für Kranken- und Pflegeversicherung, wie ihn noch das Amtsgericht angenommen hat, besteht nicht, da die Antragstellerin seit dem 01.07.2012 versicherungspflichtig beschäftigt ist und daher aus eigenem Recht kranken- und pflegeversichert ist. Bei der Berechnung des Unterhaltsanspruchs der Antragstellerin ist auf die aktuellen Einkünfte der Beteiligten abzustellen. Auf Seiten des Antragsgegners sind einkommensmindernd auch die Unterhaltszahlungen an den gemeinsamen Sohn der Beteiligten, D, sowie die Tilgungsleistungen gegenüber der NRW-Bank zu berücksichtigen.
54Der Unterhaltsanspruch ist ab dem 01.01.2016 – und nicht bereits ab dem 01.01.2015 - auf 425,00 € monatlich herabzusetzen. Eine Befristung des Unterhaltsanspruchs kommt jedenfalls derzeit nicht in Betracht. Der Unterhaltsanspruch ist auch nicht verwirkt. Bis einschließlich Dezember 2013 ist der Unterhaltsanspruch erfüllt.
55a)Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Antragstellerin wegen ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht in der Lage ist, einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachzugehen, sondern maximal halbschichtig erwerbstätig sein kann.
56Nach den Ausführungen der Sachverständigen Dr. S und Dr. X2, denen sich der Senat anschließt, ist bei der Antragstellerin von einer chronifizierten depressiven Störung – aktuell mindestens mittelgradig - und einer chronischen Schmerzstörung mit psychischen und somatischen Faktoren sowie einem Zustand nach osteoligamentärer Dekompressionen in Höhe L3/L4 rechts und L4/L5 beidseits am 14.04.2009 sowie Sequesterotomie L5/S1 links intraforaminal mit Neuroloyse L5 links in mikrochirurgischer Technik am 18.04.2013 und Zustand nach ventraler Diskektomie und Cage-Fusion in Höhe C5/C6 sowie C6/C7 links am 23.03.2007 sowie Zustand nach beidseitigen Karpaltunneloperationen auszugehen. Daneben bestehen im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule zusätzliche degenerative Veränderungen unter Tangierung nervaler Strukturen sowie beidseits Kniegelenksverschleißerscheinungen, die bereits als stärkergradig zu bezeichnen sind. Der Degenerationsprozess führt zu einer erheblichen Minderbelastbarkeit des Bewegungsapparates im Bereich der Wirbelsäule und der beiden Kniegelenke. Darüber hinaus bestehen Bewegungseinschränkungen, die sich insbesondere auch unter körperlicher Belastung verstärken und schnell zu einer Dekompensationsreaktion führen können. Es bestehen keine Hinweise für Aggravationstendenzen, sondern eher eine Tendenz zur Dissimulation der bestehenden Symptomatik.
57Soweit der Antragsgegner Einwendungen gegen die schriftlichen Gutachten von Dr. S 20.04.2013 und Dr. X vom 17.07.2013 im Hinblick auf die sozialmedizinische Leistungsbeurteilung im Entlassungsbericht der reha Z vom 10.06.2013 erhoben hat, wonach die Antragstellerin durchaus noch einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachgehen kann, ist zu berücksichtigen, dass die sozialmedizinische Beurteilung ausdrücklich auf Bl. 2.10 des Ärztlichen Entlassungsberichts (Bl. 365 d.A.) nur aus orthopädischer Sicht erfolgt ist und die neurologisch-psychiatrischen Beeinträchtigungen der Antragstellerin vollständig außer Betracht gelassen wurden. Darauf hat auch der Sachverständige Dr. S in seinem schriftlichen Zusatzgutachten vom 15.12.2013 hingewiesen und deutlich gemacht, dass die Einschätzung im Reha-Bericht, dass die Antragstellerin psychisch unauffällig sei, aufgrund seiner eigenen Untersuchungen der Antragstellerin am 08.04.2013 und 02.12.2013 nicht nachvollziehbar sei. Beide Sachverständige, Dr. S und Dr. X2, sind im Senatstermin am 16.12.2013 im Rahmen der Erläuterung und Ergänzung ihrer schriftlichen Gutachten bei der Einschätzung geblieben, dass die Antragstellerin aufgrund der massiven chronischen Erkrankungen (schwere chronische depressive Störung und chronische Schmerzstörung) jedenfalls nicht mehr als 20 Stunden wöchentlich arbeiten könne. Diesen nachvollziehbar und detailliert begründeten Einschätzungen der als besonders sachkundig und erfahren bekannten Sachverständigen schließt sich der Senat an. Die Antragstellerin kann daher nur einer maximal halbschichtigen Tätigkeit nachgehen und genügt mit ihrer aktuellen Tätigkeit als Taxifahrerin, die wohl noch als leidensgerecht einzustufen ist, ihrer Erwerbsobliegenheit. Ihr steht ein Anspruch auf Teilkrankenunterhalt gem. § 1572 Nr. 1 BGB zu.
58b) Bei einer krankheitsbedingten Teilerwerbstätigkeit erfasst der Anspruch nach § 1572 BGB nach Maßgabe der Rechtsprechung des BGH den Unterhalt bis zur Höhe des Mehreinkommens, das der Berechtigte durch eine Vollerwerbstätigkeit hätte erzielen können. Daneben kann ein Anspruch nach § 1573 Abs. 2 BGB bestehen, wenn der Anspruch nach § 1572 BGB zusammen mit den Teilerwerbseinkünften nicht zur Deckung des vollen Unterhalts (§ 1578 Abs. 1 S. 1 BGB) ausreicht (vgl. Wendl/Dose-Bömelburg, Unterhaltsrecht, 8. Aufl., § 4 Rz. 258).
59c) Das Maß des Unterhalts bestimmt sich gem. § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Der Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen bestimmt sich im Grundsatz nach den bis zur Rechtskraft der Ehescheidung eingetretenen Umständen (Stichtagsprinzip), wobei auch nacheheliche Entwicklungen einzubeziehen sind, sofern sie einen Bezug zur Ehe haben (vgl. Palandt-Brudermüller, BGB, 73. Aufl., § 1578 Rz. 1). Die erneute, am 31.12.2012 erfolgte Eheschließung des Antragsgegners mit Frau W ist – da sie keinen Bezug zur Ehe der Beteiligten hat – nach der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BVerfG, FamRZ 2011, S. 437 ff.; BGH, FamRZ 2012, S. 281 ff. und S. 288 ff.) nicht zu berücksichtigen. Daher sind weder der Steuerklassenwechsel noch die Unterhaltspflicht des Antragsgegners gegenüber seiner zweiten Ehefrau bei der Bedarfsberechnung der Antragstellerin von Bedeutung. Das Einkommen des Antragsgegners ist daher fiktiv auf der Basis der Steuerklasse 1 zu ermitteln (vgl. auch Ziff. 15.1 HLL) und bei der Steuererstattung ist eine fiktive Berechnung unter Zugrundelegung der Grundtabelle vorzunehmen.
60d) Auf Seiten des Antragsgegners kann nicht ohne weiteres von dem vom Amtsgericht zugrunde gelegten Einkommen des Antragsgegners in Höhe von 2.309,77 € monatlich ausgegangen werden, weil die Antragstellerin die Einkünfte des Antragsgegners im weiteren Verlauf des Beschwerdeverfahrens bestritten hat.
61aa)Soweit die Antragstellerin behauptet, der Antragsgegner erziele Einkünfte aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, ist dies vom Antragsgegner bestritten worden. Der Antragsgegner macht zwar – anwaltlich vertreten - Ansprüche gegen die C AG geltend. Bislang ist es jedoch zu keinen Zahlungen gekommen, was der Antragsgegner durch Vorlage einer anwaltlichen Bescheinigung vom 13.11.2013 auch belegt hat. Die Anforderung einer schriftlichen Auskunft der Versicherungsgesellschaft über die an den Antragsgegner geleisteten Zahlungen war daher nach Auffassung des Senats nicht erforderlich. Es sind auf Seiten des Antragsgegners die tatsächlich erzielten Einkünfte aus seiner nichtselbständigen Tätigkeit, die Steuererstattungen/-nachzahlungen sowie der Wohnwert und die Mieteinkünfte zu berücksichtigen.
62(1)2012
63(a) An Einkünften aus seiner nichtselbständigen Tätigkeit hat der Antragsgegner ausweislich der Verdienstabrechnungen in 2012 49.375,17 € brutto erzielt, wovon 9.717,00 € Lohnsteuer (durchgehend nach Steuerklasse I), 760,41 € Kirchensteuer, 464,69 € Solidaritätszuschlag, 3.763,80 € Krankenversicherung, 4.838,80 € Rentenversicherung, 740,61 € Arbeitslosenversicherung und 447,48 € Pflegeversicherung in Abzug zu bringen sind, so dass netto 28.642,38 € verbleiben, das sind monatsdurchschnittlich 2.386,87 €. In Abzug zu bringen ist der Arbeitgeberanteil an den vermögenswirksamen Leistungen mit dem Nettobetrag (23,52 € brutto, Brutto-Netto-Quote 58,01 %, Nettoanteil 58,01 % von 23,52 € = 13,64 €).
64Das Amtsgericht hat darüber hinaus 67,00 € monatlich für zusätzliche Altersvorsorge in Abzug gebracht. Dabei handelt es sich um die Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung bei der C AG handeln. Da der Antragsgegner bislang keine Leistungen auf der Berufsunfähigkeitsversicherung bezieht, ist die Beitragspflicht bislang nicht entfallen, so dass die 67,00 € Beitrag für die sekundäre Altersvorsorge einkommensmindernd zu berücksichtigen sind. Der für die sekundäre Altersvorsorge zulässige Höchstbetrag von 4 % des Gesamtbruttoeinkommens des Vorjahres ist vorliegend auch nicht überschritten. In 2011 erzielte der Antragsgegner ein Gesamtbruttoeinkommen von 48.291,00 €. 4 % hiervon sind 1.931,64 €, monatsanteilig 160,97 €. Die sekundäre Altersvorsorge kann auch neben den Tilgungsleistungen für die Immobilie berücksichtigt werden, weil es sich um eine gemeinsame Immobilie der Beteiligten handelt und die Tilgungsleistungen, die der Antragsgegner erbringt, auch der Antragstellerin zugutekommen und insofern die sekundäre Altersvorsorge nicht aufgebraucht wird.
65In 2012 musste der Antragsgegner für 2011 Steuern in Höhe von 1.536,22 € nachzahlen, das sind monatsdurchschnittlich 128,02 €. Im geänderten Steuerbescheid für 2011 vom 31.08.2012 wurden die Trennungsunterhaltszahlungen des Antragsgegners an die Antragstellerin in Höhe von 7.740,00 €, und damit genau in dem von der Antragstellerin geltend gemachten Umfang von monatlich 645,00 €, als unbeschränkt abziehbare Sonderausgaben gem. § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG berücksichtigt, so dass keine fiktive Steuerberechnung erforderlich ist. Ein Nachteilsausgleich für die Antragstellerin war ebenfalls nicht zu berücksichtigen, da diese nach dem Steuerbescheid vom 24.08.2012 für 2011 nur die Einnahmen aus Unterhaltsleistungen hatte und keine Steuern zahlen musste.
66In 2012 ist daher von einem bereinigten Einkommen des Antragsgegners in Höhe von 2.178,21 € (2.386,87 € - 13,64 € Netto VL – 67,00 € sekundäre AV – 128,02 € Steuernachzahlung) auszugehen.
67(b) Der Vorteil des mietfreien Wohnens im eigenen Haus ist als wirtschaftliche Nutzung des Vermögens wie Einkommen zu behandeln (Ziff. 5.1 HLL). Den Wohnwert für die ehemalige Ehewohnung in der Immobilie X haben die Beteiligten im Senatstermin am 14.01.2013 mit 734,00 € monatlich unstreitig gestellt.
68Zutreffend hat das Amtsgericht keine verbrauchsunabhängigen Grundstückskosten berücksichtigt. Grundsätzlich sind nach Ziff. 5.2 HLL die gem. § 556 BGB auf den Mieter umlegbaren sog. verbrauchsunabhängigen Nebenkosten nicht wohnwertmindernd zu berücksichtigen. Dies gilt auch bei einer im Miteigentum der Eheleute stehenden Immobilie (vgl. Gerhardt in: Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 8 Aufl., § 1 Rz. 501). Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats hat der Ehegatte, der die Immobilie bewohnt, auch die dafür anfallenden Nebenkosten zu tragen.
69Es ist auch nicht einkommensmindernd eine Instandhaltungsrücklage zu berücksichtigen. Nach Ziff. 5.2 HLL mindern nur die erforderlichen – konkreten – Instandhaltungskosten den Wohnwert. Darunter fallen auch nur die Kosten zur Erhaltung des Wohnraums (§§ 535 Abs. 1 S. 2, 554 Abs. 1 BGB), die konkret anfallen (vgl.
70Gerhardt, a.a.O., § 1 Rz. 502). Diese sind abzugrenzen von Kosten für Ausbauten und Modernisierungsaufwendungen (vgl. § 554 Abs. 2 und 3 BGB), die als vermögensbildende Ausgaben anzusehen sind. Diese sind nur Abzugsposten, wenn es sich um Miteigentum handelt und beide Eheleute mit der Wertverbesserung einverstanden sind (vgl. Gerhardt, a.a.O.). Zur Finanzierung von Instandhaltungskosten können Rücklagen gebildet werden, wenn es sich um konkrete unaufschiebbare Maßnahmen handelt, die zur ordnungsgemäßen Bewohnbarkeit der Immobilie erforderlich sind (vgl. Gerhardt, a.a.O., § 1 Rz. 503 mit Verweis auf BGH, FamRZ 2000, S. 351 (354)). Nach Auffassung des Senats sind die vom Antragsgegner vorgetragenen, aus seiner Sicht notwendigen Reparaturen und Instandsetzungsarbeiten (Fertigstellung des Eingangsbereichs und der Eingangstreppe, Anstricharbeiten an der Außenfassade, den Fenstern und im Treppenhaus) keine unaufschiebbaren Maßnahmen, die zur ordnungsgemäßen Bewohnbarkeit der Immobilie erforderlich sind, so dass keine Instandhaltungsrücklage zu berücksichtigen ist.
71Ferner sind die Einkünfte des Antragsgegners, die dieser aus der Vermietung der Obergeschoss-Wohnung erzielt, zu berücksichtigen. Nachdem die Höhe der Mieteinkünfte im Senatstermin am 14.01.2013 streitig geworden ist, hat der Antragsgegner nachgewiesen, dass die Kaltmiete für die Einliegerwohnung 411,00 € monatlich beträgt, was die Antragstellerin nicht bestritten hat. Für die Nebenkosten werden gesonderte Abrechnungen erstellt und monatliche Vorauszahlungen geleistet.
72Von den Gesamteinkünften von 1.145,00 € (Wohnwert und Miete) sind die Darlehensbelastungen in Abzug zu bringen. Einmal sind dies die unstreitigen drei LBS-Darlehen mit 136,67 €, 336,55 € und 61,36 € monatlich. Ferner sind die Zahlungen auf das Darlehen bei der NRW-Bank in Abzug zu bringen und zwar mit Zins und Tilgung. Denn eine Umschuldung des Darlehens ist bislang nicht erfolgt. In 2012 waren ausweislich der Leistungsanforderungen der NRW-Bank vom 31.05.2012 und 30.11.2012 halbjährlich jeweils 1.323,61 € zu zahlen, das sind monatlich 220,60 €.
73Es verbleiben nach Abzug der Belastungen Resteinkünfte von 389,82 € (1.145,00 € - 136,67 € - 336,55 € - 61,36 € - 220,60 €), die – ohne Abzug eines Erwerbsbonus - in die Unterhaltsberechnung einzustellen sind.
74(c)Auch der vom Antragsgegner an den gemeinsamen Sohn D gezahlte Unterhalt ist einkommensmindernd zu berücksichtigen. Dass D als Student einen Unterhaltsanspruch hat, hat die Antragstellerin nicht bestritten. Sie hat lediglich die Zahlungen bestritten. Die Unterhaltspflicht ist im Rahmen der Bedarfsberechnung mindernd zu berücksichtigen, da Unterhaltsleistungen auch während der Ehe erbracht worden sind (vgl. Ziff. 15.1 HLL), auch wenn – im Mangelfall – der Unterhaltsanspruch von D nachrangig wäre. Auch den Unterhaltsbedarf von D in Höhe von 305,00 € monatlich hat die Antragstellerin nicht bestritten. Der Senat hält die vom Antragsgegner geltend gemachten 305,00 € monatlich für gerechtfertigt, da D als auswärtig Studierender grundsätzlich einen Bedarf von 670,00 € (vgl. Ziff. 13.1.2 HLL) hat, auf den u.a. das Kindergeld als Einkommen anzurechnen ist. Dass D über weitere eigene Einkünfte verfügt, die auf seinen Bedarf anzurechnen wären und zu einem Bedarf unter 305,00 € monatlich führen würden, ist weder spezifiziert vorgetragen noch ersichtlich.
75Ausweislich der vom Antragsgegner vorgelegten Kontoauszüge hat dieser von Juli 2012 bis November 2013 monatlich 305,00 € an D gezahlt, so dass diese durchgehend einkommensmindernd zu berücksichtigen sind.
76(2) 2013
77In 2013 hat der Antragsgegner bislang ausweislich der Verdienstabrechnung für November 2013 46.710,64 € brutto erzielt, das sind monatsdurchschnittlich 4.246,42 € brutto. Da der Antragsgegner im Dezember 2012 keine Sonderzahlungen erhalten hat, kann dieses monatsdurchschnittliche Einkommen zugrunde gelegt werden. Es ist keine weitere Hochrechnung des Jahreseinkommens für 2013 erforderlich. Unter Zugrundelegung von Steuerklasse I ohne Kinderfreibetrag errechnet sich ein Nettoeinkommen des Antragsgegners von monatlich 2.448,58 €:
78Steuerjahr 2013
79Bruttolohn: . . . . . . . . . . . 4.246,42 Euro
80LSt-Klasse 1
81Lohnsteuer: . . . . . . . . . . . -846,83 Euro
82Solidaritätszuschlag . . . . . . . . . . -46,57 Euro
83Kirchensteuer 9 % . . . . . . . . . . -76,21 Euro
84Rentenversicherung (18,9 % / 2) . . . . . . -401,29 Euro
85Arbeitslosenversicherung (3,0 % / 2) . . . . . -63,70 Euro
86Krankenversicherung: (14,6 % /2 + 0,9 %)*3.937,50 Euro -322,88 Euro
87Pflegeversicherung (AN-Anteil 1,025 %) . . . . -40,36 Euro
88––––––––––––––––––
89Nettolohn: . . . . . . . . . . . 2.448,58 Euro
90In Abzug zu bringen ist der Arbeitgeberanteil an den vermögenswirksamen Leistungen mit dem Nettobetrag (23,52 € brutto, Brutto-Netto-Quote 57,66 %, Nettoanteil 57,66 % von 23,52 € = 13,56 €) sowie die 67,00 € sekundäre Altersvorsorge.
91Die auf den Antragsgegner bei einer Versteuerung nach der Grundtabelle entfallende Steuererstattung ist fiktiv unter Zugrundelegung der übrigen für den Antragsgegner maßgeblichen, nicht seine zweite Ehefrau betreffenden Parameter des Steuerbescheides für 2012 zu errechnen. Dabei sind auch die unstreitig von Januar bis Juni 2012 monatlich gezahlten 645,00 € Trennungsunterhalt als unbeschränkt abzugsfähige Sonderausgaben zu berücksichtigen. Denn unterhaltsrechtlich trifft den Antragsgegner die Obliegenheit, mögliche Steuervorteile – wie das begrenzte Realsplitting - in Anspruch zu nehmen (vgl. Ziff. 1.7 HLL). Die Antragstellerin ist, soweit der korrekte Unterhaltsbetrag angegeben wird, auch verpflichtet, ihre Zustimmung zum begrenzten Realsplitting zu erteilen. Für die Zahlungen auf den nachehelichen Unterhalt (1.000,00 € monatlich ab Juli 2012) trifft den Antragsgegner jedoch keine Obliegenheit zur Inanspruchnahme des steuerlichen Realsplittings. Denn die Unterhaltsverpflichtung ist in vollem Umfang zwischen den Beteiligten streitig, beruht also nicht auf einem Anerkenntnis oder rechtskräftiger Verurteilung, und wurde auch nicht freiwillig erfüllt (vgl. Ziff. 1.7 HLL).
92Für die fiktive Steuerberechnung für 2012 ist von dem tatsächlich erzielten Gesamteinkommen des Antragsgegners von 49.616,00 € auszugehen. Aus dem Steuerbescheid ergeben sich Altersvorsorgeaufwendungen in Höhe von 9.678,00 €, die insgesamt den Antragsgegner betreffen, da dieser bereits in 2011 9.612,00 € bei der Steuer geltend gemacht hat, so dass die aus dem Steuerbescheid 2012 ersichtlichen bereinigten 2.323,00 € als abzugsfähige Vorsorgeaufwendung beim Antragsgegner zu berücksichtigen sind. Auf den Antragsgegner entfallen ferner Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 3.764,00 €, von denen gem. § 10 Abs. 1 Nr. 3 lit. a S. 4 EStG 150,00 € in Abzug zu bringen sind, so dass 3.614,00 € verbleiben. Hinzuzurechnen sind ferner 448,00 € Beiträge zur Pflegeversicherung, so dass insgesamt Beiträge nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG in Höhe von 4.062,00 € zu berücksichtigen sind. Im Hinblick darauf, dass für das Jahr 2011 auf Seiten des Antragsgegners keine Beitragsrückerstattung angesetzt worden ist, ist der Senat davon ausgegangen, dass die im Steuerbescheid aufgeführte Beitragsrückerstattung auf die zweite Ehefrau des Antragsgegners entfällt und daher bei der fiktiven Steuerberechnung für den Antragsgegner nach der Grundtabelle nicht zu berücksichtigen ist. Zusammen mit den bereinigten Altersvorsorgeaufwendungen (2.323,00 €) sind insgesamt 6.385,00 € (2.323,00 € + 4.062,00 €) an abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen zu berücksichtigen. Ferner sind unbeschränkt abziehbare Sonderausgaben zu berücksichtigen, nämlich 238,00 € gezahlte abzüglich erstattete Kirchensteuer sowie 3.870,00 € Trennungsunterhaltszahlungen von Januar bis Juni 2012 (6 x 645,00 €), also insgesamt 4.108,00 € (238,00 € + 3.870,00 €). Zur Inanspruchnahme des Realsplittingvorteils ist der Antragsgegner entsprechend den obigen Ausführungen verpflichtet. Die Ausbildungskosten, die in Höhe von 231,00 € als außergewöhnliche Belastungen anerkannt worden sind, entfallen nach Auffassung des Senats auch auf den Antragsgegner, da dessen zweite Ehefrau Rentnerin ist und für 2011 bei dem Antragsgegner allein auch Ausbildungskosten in Höhe von 924,00 € anerkannt wurden. Der Behinderten-Pauschbetrag in Höhe von 570,00 € entfällt auf die zweite Ehefrau des Antragsgegners und ist daher nicht in Abzug zu bringen. Das zu versteuernde Einkommen des Antragsgegners beträgt damit
9349.616,00 €
94- 6.385,00 € abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen
95- 4.108,00 € unbeschränkt abzugsfähige Sonderausgaben
96- 231,00 € außergewöhnliche Belastungen
9738.892,00 €.
98Nach der Grundtabelle 2012 fallen bei 38.892,00 € zu versteuerndem Einkommen 8.610,00 € Einkommensteuer an, von denen für Handwerkerleistungen 626,00 € entsprechend dem Steuerbescheid für 2012 in Abzug zu bringen sind, so dass 7.984,00 € Einkommensteuer verbleiben. Die Kirchensteuer und der Solidaritätszuschlag errechnen sich von der Einkommensteuer, die unter Berücksichtigung von Freibeträgen für 2 Kinder in Höhe von 7.008,00 € zu zahlen wäre. Bei einem zu versteuernden Einkommen von 31.884,00 € (38.892,00 € - 7.008,00 €) ergäbe sich nach der Grundtabelle 2012 eine Einkommensteuer von 6.227,00 €. 9% hiervon sind 560,43 €, die an Kirchensteuer zu zahlen wären. 5,5 % hiervon sind 342,49 €, die an Solidaritätszuschlag zu zahlen wären.
99Abgezogen vom Lohn wurden ausweislich des Steuerbescheids 9.717,00 € Lohnsteuer, so dass der Antragsgegner hier eine Erstattung von 1.733,00 € erwarten könnte (9.717,00 € - 7.984,00 €). Abgezogen wurden ferner 760,41 € Kirchensteuer, so dass der Antragsgegner hier eine Erstattung von 199,98 € (760,41 € - 560,43 €) erwarten könnte. Abgezogen wurden schließlich 464,69 € Solidaritätszuschlag, so dass der Antragsgegner insofern eine Erstattung von 342,49 € (464,69 € - 122,20 €) erwarten könnte. Die Steuererstattung insgesamt beläuft sich auf 2.055,18 € (1.733,00 € + 199,98 € + 122,20 €) , das sind monatsdurchschnittlich 171,27 €.
100Ein Nachteilsausgleich für 2012 ist an die Antragstellerin nicht zu zahlen. Aus ihrer Verdienstabrechnung für Dezember 2012 ergeben sich Gesamtbruttoeinkünfte in Höhe von 5.468,41 €. Zusammen mit dem Trennungsunterhalt in Höhe von 3.870,00 € ist von Gesamteinkünften in Höhe von 9.338,41 € auszugehen. Nach Abzug von 1.000,00 € Arbeitnehmerpauschbetrag und Fortschreibung der aus dem Steuerbescheid für 2011 ersichtlichen 36,00 € Sonderausgabenpauschbetrag und 430,00 € Behindertenpauschbetrag verbleibt ein zu versteuerndes Einkommen von 7.872,41 €. Nach der Grundtabelle 2012 unterliegen jedoch erst Einkünfte ab 8.000,00 € der Versteuerung.
101Für 2013 ist von einem bereinigten Nettoeinkommen des Antragsgegners von 2.539,29 € (2.448,58 € - 13,56 € Arbeitgeberanteil VL netto - 67,00 € sekundäre Altersvorsorge + 171,27 € anteilige fiktive Steuererstattung) auszugehen.
102Da sich an dem Wohnwert und den Mieteinkünften sowie den Belastungen nichts geändert hat (die Verpflichtungen in Höhe von halbjährlich 1.323,61 € = 220,61 € monatlich auch in 2013 hat der Antragsgegner durch die Leistungsanforderungen der NRW-Bank vom 31.05.2013 und 29.11.2013 belegt), sind diesbezüglich Resteinkünfte von 389,82 € monatlich (1.145,00 € - 136,67 € - 336,55 € - 61,36 € - 220,60 €) – ohne Abzug eines Erwerbsbonus - in die Unterhaltsberechnung einzustellen.
103Ferner sind die 305,00 € Kindesunterhalt für D einkommensmindernd zu berücksichtigen.
104(3) 2014
105Für 2014 sind die in 2013 erzielten Einkünfte des Antragsgegners aus seiner nichtselbständigen Tätigkeit in Höhe von 2.448,58 € netto fortzuschreiben. In Abzug zu bringen sind ebenfalls 13,56 € VL netto und 67,00 € sekundäre Altersvorsorge.
106Der teilfiktive Steuererstattungsbetrag, der für 2012 in 2013 zu berücksichtigen war, kann allerdings nicht fortgeschrieben werden, weil den Antragsgegner aufgrund der in vollem Umfang bestrittenen nachehelichen Unterhaltsverpflichtung keine Verpflichtung traf, das begrenzte Realsplitting für den nachehelichen Unterhalt in Anspruch zu nehmen.
107Für die fiktive Steuerberechnung für 2013 ist von dem zu versteuernden Gesamtbruttoeinkommen des Antragsgegners von 50.846,44 € auszugehen (nämlich dem bis November 2013 tatsächlich erzielten Steuer-Brutto von 46.626,64 € zuzüglich 4.219,80 € aus November 2013 fortgeschriebenes Brutto-Einkommen für Dezember 2013). Die Vorsorgeaufwendungen in einer Gesamthöhe von 6.385,00 € für 2012 sind für 2013 fortzuschreiben. Ferner sind die unbeschränkt abziehbaren Sonderausgaben in Höhe von 238,00 € und als außergewöhnliche Belastungen 231,00 € fortzuschreiben. Das zu versteuernde Einkommen des Antragsgegners beträgt damit
10850.846,44 €
109- 6.385,00 € abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen
110- 238,00 € unbeschränkt abzugsfähige Sonderausgaben
111- 231,00 € außergewöhnliche Belastungen
11243.992,44 €.
113Nach der Grundtabelle 2013 fallen bei 43.992,00 € zu versteuerndem Einkommen 10.461,00 € Einkommensteuer an, von denen – ebenfalls in Fortschreibung der Beträge aus 2012 für 2013 - für Handwerkerleistungen 626,00 € in Abzug zu bringen sind, so dass 9.835,00 € Einkommensteuer verbleiben. Die Kirchensteuer und der Solidaritätszuschlag errechnen sich von der Einkommensteuer, die unter Berücksichtigung von Freibeträgen für 2 Kinder in Höhe von 7.008,00 € zu zahlen wäre. Bei einem zu versteuernden Einkommen von 36.984,00 € (43.992,00 € - 7.008,00 €) ergäbe sich nach der Grundtabelle 2013 eine Einkommensteuer von 7.915,00 €. 9% hiervon sind 712,35 €, die an Kirchensteuer zu zahlen wären. 5,5 % hiervon sind 435,33 €, die an Solidaritätszuschlag zu zahlen wären.
114Bei den für 2013 maßgeblichen Abzügen vom Lohn können nicht die tatsächlichen Abzüge nach Steuerklasse III berücksichtigt werden, sondern es ist fiktiv auf die Abzüge nach Steuerklasse I abzustellen. Ausweislich der obigen Brutto-Netto-Berechnung wären für Lohnsteuer bei Steuerklasse I 10.161,96 € (12 x 846,83 €) abgezogen worden, so dass der Antragsgegner hier eine Erstattung von 326,96 € erwarten könnte (10.161,96 € - 9.835,00 €). Für Kirchensteuer wären 914,52 € (12 x 76,21 €) abgezogen worden, so dass der Antragsgegner hier eine Erstattung von 202,17 € (914,52 € - 712,35 €) erwarten könnte. Für Solidaritätszuschlag wären 558,84 € (12 x 46,57 €) abgezogen worden, so dass der Antragsgegner insofern eine Erstattung von 123,51 € (558,84 € - 435,33 €) erwarten könnte. Die auf den Antragsgegner entfallende Steuererstattung insgesamt beliefe sich auf 652,64 € (326,96 € + 202,17 € + 123,51 €), das sind monatsdurchschnittlich 54,39 €.
115Für 2014 ist von einem bereinigten Nettoeinkommen des Antragsgegners von 2.422,41 € (2.448,58 € - 13,56 € Arbeitgeberanteil VL netto - 67,00 € sekundäre Altersvorsorge + 54,39 € anteilige fiktive Steuererstattung) auszugehen.
116Die Resteinkünfte (Wohnwert und Mieteinkünfte abzüglich Belastungen) in Höhe von 389,82 € sind fortzuschreiben und – ohne Abzug eines Erwerbsbonus - in die Unterhaltsberechnung einzustellen. Ferner sind die 305,00 € Kindesunterhalt für D auch in 2014 einkommensmindernd zu berücksichtigen, da die Beteiligten übereinstimmend davon ausgehen, dass D voraussichtlich erst Ende 2014 sein Studium beendet haben wird.
117e) Auf Seiten der Antragstellerin ist von den tatsächlich erzielten Einkünften als Taxifahrerin auszugehen. Die Antragstellerin kann sich im Hinblick auf das trotz der gesundheitlichen Beeinträchtigungen tatsächlich erzielte Einkommen nicht darauf berufen, dass diese Einkünfte überobligatorisch sind (vgl. auch Gerhardt, a.a.O., § 1 Rz. 820; FA-FamR/Maier, Kap. 6 Rz. 511 jeweils mit Verweis auf BGH, NJW 1998, S. 2821 (2822)).
118In 2012 ist nicht auf das Jahresnettoeinkommen der Antragstellerin abzustellen, da sie bis Juni 2012 nur geringfügig beschäftigt und im streitgegenständlichen Zeitraum ab Juli 2012 jedoch versicherungspflichtig beschäftigt war. Aus den vorgelegten Verdienstabrechnungen ergibt sich ab Juli 2012 ein durchschnittliches Nettoeinkommen von 429,43 €, wie nachfolgende Berechnung zeigt:
119Juli 2012: 449,91 €
120August 2012: 471,58 €
121September 2012: 381,77 €
122Oktober 2012: 344,25 €
123November 2012: 440,72 €
124Dezember 2012: 488,35 €
1252.576,58 € : 6 = 429,43 € monatsdurchschnittlich.
126In 2013 ist von durchschnittlichen Nettoeinkünften in Höhe von 443,02 € auszugehen, wie nachfolgende Berechnung zeigt:
127Januar 2013: 421,88 €
128Februar 2013: 467,60 €
129März 2013: 442,92 €
130April 2013: 434,99 €
131Mai 2013: 360,94 €
13233,03 € Übergangsgeld (ab 29.05.13: 3 Tage x 11,01 €)
133Juni 2013: 0 € Lohnfortzahlung
134121,11 € Übergangsgeld (bis 11.06.13: 11 Tage x 11,01 €)
135218,31 € Krankengeld (ab 12.06.13: 19 Tage x 11,49 €)
136Juli 2013: 344,70 € Krankengeld (30 Tage x 11,49 €)
137August 2013: 561,77 €
138September 2013: 476,34 €
139Oktober 2013: 546,57 €
1404.430,16 € : 10 = 443,02 €,
141davon aus Erwerbstätigkeit (Januar bis April sowie August bis Oktober 2013): 3.352,07 €.
142Hinzuzurechnen sind die Trinkgelder. Diese sind Einkommen (vgl. Ziff. 1.8 HLL). Der Senat schätzt das monatliche Trinkgeld auf rund 60,00 € und geht dabei von wöchentlichen Trinkgeldern in Höhe von jedenfalls 10,00 € (x 4,33 Wochen) und zumindest einmal monatlichen Wochenendtrinkgeldern aus, die sich nach den eigenen Angaben der Antragstellerin auf 15,00 € belaufen.
143Für das Jahr 2013 sind die längeren Arbeitsunfähigkeitszeiten (17.04.2013 bis 31.07.2013 sowie seit 07.11.2013) zu berücksichtigen, so dass nur für die Zeit von Januar bis April 2013 sowie von August bis Oktober 2013 Trinkgelder berücksichtigt werden können. Für die sieben Monate sind daher insgesamt 420,00 € (7 x 60,00 €) an Trinkgeldern zu berücksichtigen, das sind monatsanteilig auf das gesamte Jahr verteilt 35,00 € (420,00 € : 12).
144In 2012 ist von Gesamteinkünften der Antragstellerin in Höhe von 489,43 € monatlich (429,43 € + 60,00 €) und in 2013 in Höhe von 478,02 € monatlich (443,02 € + 35,00 €) auszugehen.
145Für 2014 schreibt der Senat die in 2013 erzielten durchschnittlichen 478,02 € fort, da angesichts der chronischen Erkrankungen der Antragstellerin und unter Berücksichtigung der Ausführungen der Sachverständigen im Senatstermin am 16.12.2013 auch in 2014 mit längeren Arbeitsunfähigkeitszeiträumen zu rechnen ist.
146f) Für die Zeit ab Juli 2012 ergibt sich der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin aus den nachfolgenden Berechnungen. Soweit die Antragstellerin mit ihrem Beschwerdeantrag nachehelichen Unterhalt auch für die Zeit ab Rechtskraft der Scheidung (26.06.2012) begehrt, fehlt es diesbezüglich an jeglichen Ausführungen in der Beschwerdebegründung, so dass der Beschwerdeantrag, bezogen auf die Zeit vom 26.06.2012 bis 30.06.2012, unzulässig ist (§ 117 Abs. 1 S. 1 FamFG).
147aa)Juli bis Dezember 2012
148Auf Seiten des Antragsgegners sind 1.995,43 € in die Unterhaltsberechnung einzustellen:
1492.178,21 € bereinigtes Nettoeinkommen Antragsgegner
150- 305,00 € Unterhalt D
1511.873,21 €
152- 267,60 € 1/7 Erwerbsbonus
1531.605,61 €
154+ 389,82 € Resteinkommen Wohnwert + Miete - Belastungen
1551.995,43 €.
156Auf Seiten der Antragstellerin sind
157429,43 € Nettoeinkommen Antragstellerin
158+60,00 € Trinkgeld
159489,43 €
160- 69,92 € 1/7 Erwerbsbonus
161419,51 €
162einzustellen.
163Es errechnet sich ein Unterhaltsanspruch der Antragstellerin von
1641.995,43 €
165- 419,51 €
1661.575,92 € : 2 = 787,96 €, gerundet 788,00 €.
167bb) 2013
168Auf Seiten des Antragsgegners sind 2.304,93 € in die Unterhaltsberechnung einzustellen:
1692.539,29 € bereinigtes Nettoeinkommen Antragsgegner
170- 305,00 € Unterhalt D
1712.234,29 €
172- 319,18 € 1/7 Erwerbsbonus
1731.915,11 €
174+ 389,82 € Resteinkommen Wohnvorteil + Miete - Belastungen
1752.304,93 €.
176Auf Seiten der Antragstellerin sind
177443,02 € Nettoeinkommen Antragstellerin
178+35,00 € Trinkgeld
179478,02 €
180- 47,89 € 1/7 Erwerbsbonus aus 335,21 € (3.352,07 € : 10)
181430,13 €
182einzustellen.
183Es errechnet sich ein Unterhaltsanspruch der Antragstellerin von
1842.304,93 €
185- 430,13 €
1861.874,80 € : 2 = 937,40 €, gerundet 938,00 €.
187cc) 2014
188Auf Seiten des Antragsgegners sind 2.204,74 € in die Unterhaltsberechnung einzustellen:
1892.422,41 € bereinigtes Nettoeinkommen Antragsgegner
190- 305,00 € Unterhalt D
1912.117,41 €
192- 302,49 € 1/7 Erwerbsbonus
1931.814,92 €
194+ 389,82 € Resteinkommen Wohnvorteil + Miete
1952.204,74 €
196Auf Seiten der Antragstellerin sind
197443,02 € Nettoeinkommen Antragstellerin
198+35,00 € Trinkgeld
199478,02 €
200- 47,89 € 1/7 Erwerbsbonus aus 335,21 € (3.352,07 € : 10)
201430,13 €
202einzustellen.
203Es errechnet sich ein Unterhaltsanspruch der Antragstellerin von
2042.204,74 €
205- 430,13 €
2061.774,61 € : 2 = 887,31 €, gerundet 888,00 €.
207g) Zur Zahlung dieser Unterhaltsbeträge ist der Antragsgegner auch unter Berücksichtigung seines eheangemessenen Selbstbehalts von 1.050,00 € in 2012 bzw. 1.100,00 € ab 2013 in der Lage.
208Da die 2. Ehe erst am 31.12.2012 geschlossen wurde, spielt die Unterhaltspflicht gegenüber der zweiten Ehefrau in 2012 keine Rolle.
209Der Abzug für den Erwerbstätigenbonus ist im Rahmen der Leistungsfähigkeit nicht zu berücksichtigen. Der Unterhaltsanspruch von D ist nachrangig (vgl. § 1609 Nr. 4 BGB).
210In 2012 ist auf Seiten des Antragsgegners ist von einem Gesamteinkommen von 2.568,03 € auszugehen:
2112.178,21 € bereinigtes Nettoeinkommen Antragsgegner
212+ 389,82 € Resteinkommen Wohnvorteil + Miete - Belastungen
2132.568,03 €.
214Selbst wenn man die – an sich nachrangige – Unterhaltsverpflichtung gegenüber D mit berücksichtigt, verbleiben dem Antragsgegner nach Abzug des Unterhalts für die Antragstellerin (788,00 €) und D (305,00 €) noch 1.475,03 €.
215In 2013 ist zunächst zu berücksichtigen, dass im Rahmen der Leistungsfähigkeit das Einkommen nach Steuerklasse III und die höhere Steuerrückerstattung maßgeblich sind. Es ist also für 2013 auf Seiten des Antragsgegners von Einkünften in Höhe von 2.827,10 € (vgl. Verdienstabrechnung November 2013: 46.710,64 € Gesamtbrutto – 5.686,81 € Lohnsteuer – 511,76 € Kirchensteuer – 312,74 € Solidaritätszuschlag – 3.551,68 € Krankenversicherung – 4406,19 € Rentenversicherung – 699,42 € Arbeitslosenversicherung – 443,96 € Pflegeversicherung = 31.098,08 € : 11 = 2.827,10 €) netto auszugehen. In Abzug zu bringen sind 15,65 € Nettoanteil Arbeitgeberanteil VL (66,55 % von 23,52 €) sowie 67,00 € sekundäre Altersvorsorge. Hinzuzurechnen ist die volle Steuererstattung für 2012 in Höhe von 322,75 € monatsanteilig (3.873,05 € : 12). Das bereinigte Nettoeinkommen des Antragsgegners nach Steuerklasse III beläuft sich auf 3.067,20 € (2.827,10 € - 15,65 € - 67,00 € + 322,75 €). Unter Berücksichtigung des Resteinkommens von Wohnwert und Miete abzüglich Darlehensbelastungen ergibt sich ein Gesamteinkommen von
2163.067,20 € bereinigtes Nettoeinkommen Antragsgegner
217+ 389,82 € Resteinkommen Wohnwert + Miete - Belastungen
2183.457,02 €.
219Nach Abzug des Unterhalts der Antragstellerin für 2013 (938,00 €) verbleiben dem Antragsgegner noch 2.519,02 €, das sind oberhalb des Selbstbehalts von 1.100,00 € noch 1.419,02 €. Diesen Betrag kann der Antragsgegner für den Unterhalt für seine zweite Ehefrau und den Sohn D verwenden, wobei bei der zweiten Ehefrau des Antragsgegners die Eigeneinkünfte in Höhe von 527,23 € (bis Juni 2013) bzw. 528,85 € (ab Juli 2013) zu berücksichtigen sind.
220Vorliegend ist jedoch nach Auffassung des Senats die Unterhaltspflicht gegenüber der zweiten Ehefrau des Antragsgegners im Rahmen der Leistungsfähigkeit nicht von Bedeutung. Denn in den Fällen, in denen der neue Ehegatte nachrangig ist, ist dessen Unterhaltsanspruch im Rahmen der Leistungsfähigkeit gegenüber dem geschiedenen Ehegatten nicht als sonstige Verpflichtung (§ 1581 BGB) zu berücksichtigen (vgl. Ziff. 24.3.3 HLL, BGH, Urteile vom 07.12.2011, XII ZR 151/09, und vom 25.01.2012, XII ZR 139/09).
221Der Unterhaltsanspruch der zweiten Ehefrau des Antragsgegners ist gem. § 1609 Nr. 3 BGB gegenüber dem Unterhaltsanspruch der Antragstellerin nachrangig.
222Bei der Ehe der Beteiligten handelt es sich um eine Ehe von langer Dauer im Sinne von § 1609 Nr. 2 BGB. Wann eine Ehe von langer Dauer vorliegt, wird nicht absolut definiert. § 1609 Nr. 2 2. HS BGB ermöglicht insbesondere auch die Berücksichtigung ehebedingter Nachteile im Sinne von § 1578b Abs. 1 S. 2 und 3 BGB.
223Allgemein wird von einer langen Ehedauer nach den individuellen Verhältnissen vor allem des Berechtigten ausgegangen, wenn er schon gar nicht die Möglichkeit hat, seine wirtschaftliche Lage zu verändern, oder er auch mit ihm (noch) zumutbaren Veränderungen nicht in der Lage ist, seinen Lebensbedarf selbst zu decken (vgl. Maurer in Münchener Kommentar, BGB, 6. Aufl., § 1582 Rz. 15). Wann eine Ehe von langer Dauer konkret vorliegt, ist aufgrund der Umstände des Einzelfalles festzustellen, wobei insbesondere die tatsächliche Ehedauer, das Lebensalter der Ehegatten im Zeitpunkt der Scheidung, die Dauer der Betreuung eines gemeinsamen Kindes, das Ausmaß gegenseitiger wirtschaftlicher Verflechtungen und Abhängigkeiten wegen der Ausrichtung auf ein gemeinsames Lebensziel einbezogen werden können, aber auch die Aufgabenverteilung in der Ehe und eine sich daraus ergebende wirtschaftliche Abhängigkeit, die berufliche Qualifikation und die Möglichkeit des Berechtigten, diese noch zu verbessen, die Lage auf dem Arbeitsmarkt und die konkreten Vermittlungschancen für den Berechtigten, sein Gesundheitszustand und sein Vermögen (vgl. Maurer, a.a.O.) einbezogen werden können.
224Die Ehe dauerte vorliegend 24 Jahre. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 30.07.2008 (XII ZR 177/06, FamRZ 2008, S. 1911 ff.) zum neuen Recht - im Anschluss an seine Rechtsprechung zu § 1572 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. - die ausschlaggebende Ehezeit mit mehr als 15 Jahren beziffert. Die Antragstellerin war während der Ehe nach der Geburt der Kinder knapp 12 Jahre nicht erwerbstätig und hat die beiden Kinder betreut und versorgt. Sie hat dem Antragsgegner während des Besuchs der Meisterschule den Rücken freigehalten. Es ist von einer wirtschaftlichen Verflechtung der Eheleute – allein schon durch die gemeinsame Immobilie - auszugehen. Aufgrund ihres Gesundheitszustandes hat die Antragstellerin kaum die Möglichkeit, ihre wirtschaftliche Lage zu verändern.
225Die Antragstellerin hat auch einen ehebedingten Nachteil erlitten. Die Antragstellerin ist, da sie nach den Feststellungen der Sachverständigen Dr. S und Dr. X2 nicht mehr als 20 Stunden wöchentlich, d.h. nicht mehr als 4 Stunden täglich, arbeiten kann, teilerwerbsgemindert. Denn gem. § 43 Abs. 1 S. 2 SGB VI ist teilweise erwerbsgemindert, wer wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Die Antragstellerin erfüllt jedoch die Voraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht, weil sie nicht die nach § 43 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI erforderlichen Pflichtbeiträge (drei Jahre Pflichtbeiträge innerhalb der letzten fünf Jahre vor Eintritt der Erwerbsminderung) geleistet hat. Aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen Dr. S ist davon auszugehen, dass die durch die chronische depressive Erkrankung und das chronische Schmerzsyndrom bedingte Einschränkung der Erwerbsfähigkeit jedenfalls seit dem Jahr 2009 vorliegt. In den letzten fünf Jahren vor 2009 war die Antragstellerin nicht versicherungspflichtig beschäftigt. Soweit der Antragsgegner im Beschwerdeverfahren darauf abstellt, dass die Antragstellerin nach der Trennung die Voraussetzungen für den Erwerb einer (Teil-)Erwerbsminderungs-
226rente hätte schaffen können, trifft dies nicht zu. Denn im ersten Trennungsjahr war die Antragstellerin, die seit November 2003 gar keiner, auch keiner geringfügigen Beschäftigung mehr nachging, nicht verpflichtet, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Zwischen der Trennung im August 2007 und dem Eintritt der Einschränkung der Erwerbsfähigkeit im Jahr 2009 hätte die Antragstellerin aber auch ohnehin die vollen drei Pflichtbeitragsjahre nicht mehr erfüllen können. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH, der sich der Senat anschließt, liegt in den Fällen, in denen ein Anspruch auf (Teil-)Erwerbsminderungsrente wegen Aufgabe der Erwerbstätigkeit infolge der Kindererziehung und der Haushaltsführung ausscheidet, ein ehebedingter Nachteil vor (vgl. BGH, FamRZ 2011, S. 713). Die Antragstellerin hat daher vorliegend einen ehebedingten Nachteil erlitten.
227Vor diesem Hintergrund bedarf es vorliegend keiner Entscheidung, ob – wie es der BGH in der Entscheidung vom 30.07.2008 für einen Unterhaltsanspruch nach § 1573 Abs. 2 BGB fordert - eine Ehe von langer Dauer nur dann zu bejahen ist, wenn ein ehebedingter Nachteil vorliegt (vgl. zum Streitstand Palandt-Brudermüller, BGB, 73. Aufl., § 1609 Rz. 20 m.w.N.; Borth: in Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, 7. Aufl., Kap. IV Rz. 1318 m.w.N.).
228Die Ehe der Beteiligten ist unter Berücksichtigung aller vorstehenden Umstände als Ehe von langer Dauer im Sinne von § 1609 Nr. 2 BGB anzusehen. Der Unterhaltsanspruch der zweiten Ehefrau des Antragsgegners ist daher nachrangig.
229h) Eine Herabsetzung des Unterhalts gem. § 1578b Abs. 1 BGB kommt vorliegend erst ab Januar 2016 in Betracht. Eine Befristung des Unterhalts gem. § 1578b Abs. 2 BGB scheidet jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt aus.
230aa) Nach § 1578b Abs. 1 BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt auf den angemessenen Bedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.
231Nach § 1578b Abs. 2 BGB ist der Unterhaltsanspruch zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, oder ob eine Befristung des Unterhaltsanspruchs unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe unbillig wäre. Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes sowie aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe ergeben.
232Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist die Möglichkeit der Herabsetzung und Befristung des Ehegattenunterhalts nach § 1578b BGB als rechtsvernichtende bzw. rechtsbeschränkende Einwendung bei entsprechendem Vortrag des Pflichtigen von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. Ziff. 15.7 HLL). Die dem Pflichtigen obliegende Beweislast wird entsprechend den BGH-Entscheidungen vom 24.03.2010 (FamRZ 2010, S. 875), 20.10.2010 (FamRZ 2010, S. 2059 (2061)) und 26.10.2011 (FamRZ 2012, S. 93) im Falle eines zu erbringenden Negativbeweises (Fehlen ehebedingter Nachteile) dadurch erleichtert, dass der Berechtigte substantiiert zu den Umständen vorzutragen hat, die in seiner Sphäre liegen. Bei der Beurteilung der mutmaßlichen beruflichen Entwicklung des Berechtigten können nur solche Entwicklungen berücksichtigt werden, deren Eintreten hinreichend wahrscheinlich war und plausibel dargelegt worden ist (Vorbildung, Weiterbildung, berufliche Aktivitäten vor und nach der Trennung). Hierbei ist regelmäßig eine hypothetische Betrachtung anzustellen, die gerade dann auf unsicherer Tatsachengrundlage steht, wenn der Unterhaltsberechtigte bei Eheschließung noch am Beginn seiner beruflichen Entwicklung stand und die Ehe lange gedauert hat. Diesbezügliche Schwierigkeiten sind – so der BGH im Urteil vom 26.10.2011 (FamRZ 2012, S. 93) – im Rahmen der an die sekundäre Darlegungslast zu stellenden Anforderungen zu bewältigen, welche nicht überspannt werden dürfen und den Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung tragen sollen.
233§ 1578b BGB ist jedoch nicht auf den Ausgleich ehebedingter Nachteile beschränkt. Im Rahmen der umfassenden Billigkeitsabwägung sind sämtliche Umstände (wie z.B. beiderseitige Einkommens- und Vermögensverhältnisse, Vermögenserwerb während der Ehe, Beitrag zur Berufsausbildung des anderen Ehegatten) zu berücksichtigen. Der Ehedauer kommt in diesem Rahmen eine besondere Bedeutung zu. Dies ist durch die Neuregelung des § 1578b Abs. 1 S. 2 BGB zum 01.03.2013 noch einmal besonders hervorgehoben worden, wonach insbesondere zu berücksichtigen ist, ob eine Herabsetzung/Befristung des Unterhaltsanspruchs unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe unbillig wäre. Der Ehedauer kommt auch im Rahmen der Bemessung der Übergangsfrist eine besondere Bedeutung zu.
234bb) Vorliegend ist – entsprechend den obigen Ausführungen – von ehebedingten Nachteilen der Antragstellerin im Hinblick auf die Erfüllung der Voraussetzungen für den Bezug einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auszugehen.
235Weitergehende ehebedingte Nachteile hat die Antragstellerin vorliegend jedoch nicht hinreichend spezifiziert dargelegt.
236Dass sie ohne Ehe und Kinder den Realschulabschluss nachgeholt hätte und
237voraussichtlich erfolgreich eine Ausbildung zur Bürofachkraft absolviert und in diesem Beruf gearbeitet hätte, ist nach Auffassung des Senats nicht hinreichend wahrscheinlich und plausibel von der insofern sekundär darlegungspflichtigen Antragstellerin dargetan worden.
238Im Hinblick auf die Vorbildung der Antragstellerin hat diese nur das Abschlusszeugnis der Hauptschule nach der Klasse 9 vom 20.06.1977 vorgelegt, wonach sie mit einer Durchschnittsnote von 3,7 eher als mäßige Schülerin anzusehen ist (einmal die Note gut (Religion), drei Mal die Note befriedigend (Erdkunde, Englisch, Wirtschaftslehre), neun Mal die Note ausreichend (Deutsch, Geschichte/Politik, Mathematik Grundkurs, Biologie, Physik, Chemie, Kunst, Schrift und Leichtathletik) sowie einmal die Note mangelhaft (Sport)). Zu etwaigen Weiterbildungen fehlt jeglicher Vortrag.
239Zu ihren beruflichen Aktivitäten vor und nach der Trennung ist der Vortrag der Antragstellerin auch unzureichend.
240Aus dem bisherigen Vortrag, dem Fragebogen zum Versorgungsausgleich und dem Versicherungsverlauf der Antragstellerin lässt sich Folgendes rekonstruieren:
241Die Ausbildung zur Fleischereifachverkäuferin hat die Antragstellerin wohl vom 01.08.1977 bis zum 08.10.1978 absolviert. Vom 09.10.1978 bis 08.07.1979 war sie krank. Vom 07.01. bis 31.03.1980 war sie arbeitslos. Vom 01.04.1980 bis 30.11.1980 hat sie – als Servicekraft in einer Gaststätte (Gut F) - 14.420,00 DM = 7.372,83 € (monatsdurchschnittlich (: 8 Monate) 921,60 €) erzielt. Vom 01.12.1980 bis 31.03.1981 war sie arbeitslos. Vom 01.04.1981 bis 08.11.1981 hat sie – wiederum als Servicekraft in einer Gaststätte - 13.868,00 DM = 7.090,60 € (monatsdurchschnittlich (: 7,33 Monate) 967,34 €) erzielt. Vom 09.11.1981 bis 05.04.1982 war sie arbeitslos. Vom 06.04.1982 bis 30.11.1982 hat sie – erneut als Servicekraft in einer Gaststätte - 16.809,00 DM = 8.594,31 € (monatsdurchschnittlich (: 8 Monate) 1.074,29 €) erzielt. Vom 01.12.1982 bis 31.03.1983 war sie arbeitslos. Vom 01.04.1983 bis 30.11.1983 hat sie – auch als Servicekraft in einer Gaststätte - 17.285,00 DM = 8.837,68 € (monatsdurchschnittlich (: 8 Monate) 1.104,71 €) erzielt. Vom 01.12.1983 bis 31.03.1984 war sie arbeitslos. Vom 01.04.1984 bis 30.11.1984 hat sie – wiederum als Servicekraft in einer Gaststätte - 17.893,00 DM = 9.148,55 € (monatsdurchschnittlich (: 8 Monate) 1.143, 57 €) erzielt. Vom 01.12.1984 bis 31.03.1986 war sie für 16 Monate arbeitslos. Im Senatstermin am 14.01.2013 hat die Antragstellerin insofern angegeben, dass sie damals ein Jahr krankgeschrieben gewesen sei. Sie sei am Karpaltunnelsyndrom operiert worden. Es sei auch noch eine zweite Operation erforderlich geworden. Vom 01.04.1986 bis 30.11.1986 hat sie – wieder als Servicekraft in der Gaststätte - 19.609,00 DM = 10.025,92 € (monatsdurchschnittlich (: 8 Monate) 1.253,24 €) erzielt. Am 12.12.1986 heirateten die Beteiligten. Zu diesem Zeitpunkt war die Antragstellerin schon mit dem Sohn D (geb. am ##.##.1987) schwanger. Vom 01.12.1986 bis 31.03.1999 war die Antragstellerin wohl nicht berufstätig. Vom 01.04.1999 bis 31.12.2000 war sie – wieder als Servicekraft auf Gut F - geringfügig beschäftigt, danach erst wieder - ebenfalls geringfügig - vom 01.02.2003 bis 31.10.2003 in einer Bäckerei. Seit dem 12.03.2008 ist sie bei dem Taxiunternehmen U beschäftigt, und zwar bis Juni 2012 als geringfügig Beschäftigte und ab Juli 2012 als Teilzeitkraft.
242Hinsichtlich ihrer Bereitschaft und ihrer Eignung für berufliche Entwicklungsmöglichkeiten hin zur Bürofachkraft (mit vorherigem Nachholen des Realschulabschlusses) ist der Vortrag der Antragstellerin nach Auffassung des Senats nicht ausreichend spezifiziert (vgl. zu diesem Erfordernis vgl. BGH, FamRZ 2012, S. 93 ff.). Soweit der BGH auf einen Spielraum durch die Anwendung von Erfahrungssätzen in dem jeweiligen Berufsfeld sowie die Berücksichtigung tariflicher Regelungen abstellt, sind dennoch Darlegungen zur Bereitschaft und Eignung des Unterhaltsberechtigten erforderlich. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Antragstellerin eine besondere Affinität zum Lernen und zu Bürotätigkeiten hatte. Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin in diesem Bereich Erfahrungen durch Praktika o.ä. gemacht hat, sind ebenfalls weder vorgetragen noch ersichtlich. Im Senatstermin am 14.01.2013 hat die Antragstellerin angegeben, dass sie nie einen Computerkurs absolviert habe. Sie beherrsche den Computer oder z.B. das Computerprogramm Word nicht richtig. Sie könne mit ihrem Laptop lediglich einen kleinen Brief schreiben, mehr aber nicht. Von Bedeutung ist für den Senat in diesem Zusammenhang insbesondere, dass die Antragstellerin in der Zeit der langen Arbeitslosigkeit (von Dezember 1984 bis März 1986), in der sie wohl nicht durchgehend wegen der Karpaltunneloperationen arbeitsunfähig gewesen sein dürfte (im Versicherungsverlauf ist nämlich keine Erkrankung - anders als 1978/1979 – verzeichnet), keine Praktika o.ä. absolviert hat. Die Schulnoten deuten darauf hin, dass sie eher als schlechtere Schülerin einzustufen ist und an einer weiteren Schulausbildung und einem Lehrberuf kein Interesse gehabt hat, so dass sie wohl nicht (nur) im Vorgriff auf die erst ein Jahr später geschlossene Ehe von der vom Arbeitsamt im Dezember 1985 angebotenen Möglichkeit (Realschulabschluss und Lehre zur Bürofachkraft) keinen Gebrauch gemacht hat. Vor diesem Hintergrund ist das Eintreten der von der Antragstellerin behaupteten Entwicklung nicht hinreichend wahrscheinlich und ebenso wenig plausibel dargelegt, so dass insofern kein ehebedingter Nachteil vorliegt.
243cc) Im Rahmen der vorzunehmenden umfassenden Billigkeitsabwägung sind sämtliche Umstände zu berücksichtigen, wobei der BGH (FamRZ 2012, S. 93 ff.) ausdrücklich auf die über die Kompensation ehebedingter Nachteile hinausgehende nacheheliche Solidarität, die Ehedauer (jetzt auch ausdrücklich in der ab 01.03.2013 geltenden Fassung des § 1578b Abs. 1 S. 2 BGB betont), die wirtschaftliche Verflechtung (die durch Aufgabe einer eigenen Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder oder der Haushaltsführung eingetreten ist) und nicht zuletzt auch auf die von der Unterhaltsberechtigten erbrachte Lebensleistung, die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten sowie die Dauer und Höhe des geleisteten Unterhalts abstellt.
244Vorliegend dauerte die Ehe der Beteiligten bis zur Zustellung des Scheidungsantrags 24 Jahre, wovon die Eheleute 20 Jahre und acht Monate zusammen lebten. Auch wenn die Ehe im Rahmen der Prüfung der Rangfolge des § 1609 Nr. 2 BGB als lange Ehe qualifiziert worden ist, führt dies allein nicht dazu, dass der Unterhaltsanspruch nicht herabgesetzt oder befristet werden kann (vgl. Palandt-Brudermüller, BGB, § 1578b Rz. 12). Aus der Ehe der Parteien gingen zwei Kinder hervor, die die Antragstellerin betreut und versorgt hat; sie war knapp 12 Jahre wegen Kinderbetreuung (von der Geburt ##.##.1987 bis 01.04.1999) überhaupt nicht beruflich tätig und danach nur – und dann auch nur zeitweilig - geringfügig beschäftigt . V lebte nach der Trennung bei der Kindesmutter, D musste sein Studium wegen psychischer Probleme unterbrechen und lebte zeitweilig wohl auch im Haushalt der Antragstellerin. Der Antragsgegner hat während der Ehe die Meisterschule besucht und erfolgreich abgeschlossen, die Antragstellerin hat ihm insofern den Rücken freigehalten. Die Beteiligten sind gemeinsam Eigentümer einer – vom Antragsgegner teilweise in Eigenarbeit errichteten - Immobilie, die noch nicht auseinandergesetzt ist. Insofern ist von einer fortdauernden wirtschaftlichen Verflechtung der Eheleute auszugehen. Neben der noch nicht auseinandergesetzten Immobilie verfügen die Beteiligten über kein nennenswertes Vermögen.
245Die Antragstellerin war bei der Trennung knapp 45 ½ Jahre und bei Rechtskraft der Ehescheidung 50 1/4 Jahre alt. Die Antragstellerin ist jetzt knapp 52 Jahre alt, gesundheitlich deutlich beeinträchtigt und kann deshalb nur maximal 20 Stunden wöchentlich als Taxifahrerin arbeiten.
246Der Antragsgegner war bei der Trennung 50 1/2 Jahre und bei Rechtskraft der Ehescheidung knapp 55 1/2 Jahre alt und ist vollschichtig erwerbstätig. Er ist jetzt 57 Jahre alt und auch gesundheitlich beeinträchtigt (Schulter-OP am 16.01.2012 und zahlreiche weitere orthopädische Erkrankungen, Bandscheibenvorwölbung).
247Der Antragsteller hat seit 2007 freiwillig Trennungsunterhalt in Höhe von 645,00 € monatlich gezahlt. Er zahlt seit Juli 2012 auf den nachehelichen Unterhalt 1.000,00 € monatlich.
248Bei Abwägung aller Billigkeitsgesichtspunkte ist der Senat – auch unter Berücksichtigung der nachehelichen Solidarität – der Ansicht, dass der Unterhalt zwar noch nicht – wie das Amtsgericht es angenommen hat – ab Januar 2015, jedoch ab Januar 2016 auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen ist. Der angemessene Lebensbedarf im Sinne von § 1578b Abs. 1 S. 1 BGB, der die Grenze für die Herabsetzung bildet, bemisst sich nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte (vgl. Palandt-Brudermüller, BGB, 73. Aufl., § 1578b Rz. 13). Dieses Einkommen ist vorliegend nicht – wie das Amtsgericht gemeint hat - mit dem Existenzminimum von 800,00 € anzusetzen. Vielmehr ist auf die tatsächlichen Erwerbseinkünfte der Antragstellerin (in 2014: 443,02 € Nettoeinkommen + 35,00 € Trinkgeld = 478,02 €) sowie auf die Teilerwerbsminderungsrente abzustellen, die die Antragstellerin beziehen würde, wenn sie – ohne Ehe und Kinder – gearbeitet hätte. Der Senat geht insofern davon aus, dass die Antragstellerin ohne Ehe und Kinder weiter als ungelernte Kraft tätig gewesen wäre, wobei aufgrund der gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht durchgehend eine Tätigkeit im Gaststättengewerbe unterstellt werden kann. Auch kann realistischer Weise - anders als die Antragstellerin meint – gerade im ungelernten Bereich nicht von einer Einkommenssteigerung von zuletzt vor der Eheschließung in 1986 erzielten monatsdurchschnittlichen 1.253,24 € auf – wie die Antragstellerin anhand des vom statistischen Bundesamt erstellten Indexes behauptet - 2.552,10 € ausgegangen werden. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin von 1980 bis 1984 und auch im Jahr 1986 in den Wintermonaten überhaupt nicht beschäftigt war und insofern der Verdienst von zuletzt 10.025,92 € eher nicht auf acht Monate, sondern auf zwölf Monate aufzuteilen ist und sich dann nur durchschnittliche Einkünfte von 835,49 € ergeben.
249Bei der Höhe einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ist ferner zu beachten, dass der Rentenartfaktor nur 0,5 (§ 67 Nr. 2 SGB VI) beträgt – statt 1,0 – und der Zugangsfaktor (1,0) für jeden Monat vor Vollendung des 65. Lebensjahres – jedoch nur bis Vollendung des 62. Lebensjahres - um 0,003 zu mindern ist, hier also um 0,003 x 36 = 0,108 auf 0,892 (vgl. § 77 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, S. 2, 3 SGB VI). Hinzuzurechnen wären gem. § 59 SGB VI die Zurechnungszeiten bis zum 60. Lebensjahr, die gem. § 59 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI mit dem Eintritt der Erwerbsminderung, hier bei der Antragstellerin nach den Ausführungen von Dr. S jedenfalls im Jahr 2009, beginnen.
250Der Senat schätzt die Höhe der Rente der Antragstellerin wegen teilweiser Erwerbsminderung vorliegend auf etwa 425,00 € (was einer vollen Erwerbsminderungsrente von 850,00 € entspräche).
251Zusammen mit den 478,00 € tatsächlich erzielten Einkünften aus ihrer halbschichtigen Beschäftigung ergibt sich ein angemessener Lebensbedarf der Antragstellerin von rund 900,00 € (425,00 € + 478,00 €).
252Diesen angemessenen Lebensbedarf kann die Antragstellerin in Höhe von 478,00 € selbst durch ihre halbschichtige Erwerbstätigkeit decken, so dass ein ungedeckter Bedarf von rund 425,00 € (900,00 € - 478,00 €) verbleibt. Auf diesen Betrag ist der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin 3 ½ Jahre nach Rechtskraft der Scheidung, also ab Januar 2016, herabzusetzen. Eine weitere Teilhabe an den ehelichen Lebensverhältnissen erscheint ab diesem Zeitpunkt nicht mehr gerechtfertigt.
253Eine Befristung des Unterhaltsanspruchs gem. § 1578b BGB scheidet zum gegenwärtigen Zeitpunkt aus. Denn es kann derzeit nicht sicher beurteilt werden, ob und wenn ja wie lange die ehebedingten Nachteile (hier die Nichterfüllung der Voraussetzungen für den Bezug einer Rente wegen (Teil-)Erwerbsminderung) noch fortwirken. Solange ehebedingte Nachteile bestehen, scheidet eine Befristung regelmäßig aus (vgl. Wönne in: Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 8. Aufl., § 4 Rz. 1009 m.w.N.). Sie scheidet ferner aus, wenn über die dafür maßgeblichen Umstände eine hinreichend klare Prognose noch nicht gestellt werden kann, weil diese Umstände noch nicht zuverlässig vorhersehbar sind (Wönne a.a.O. m.w.N.). Vorliegend ist eine solche hinreichend klare Prognose nicht möglich. Es kommt sowohl eine – nach den Ausführungen der Sachverständigen jedoch eher fragliche - Verbesserung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Antragstellerin als auch die Erfüllung der Voraussetzungen für den Bezug einer Rente wegen (Teil-) Erwerbsminderung in Betracht. Dann könnte sich die Frage der Befristung zu einem späteren Zeitpunkt neu stellen.
254i)Der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin ist auch nicht gem. § 1579 BGB zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen. Es liegen bereits die Voraussetzungen eines der Härtegründe nach § 1579 Nr. 1 bis Nr. 8 BGB nicht vor.
255aa)Die Antragstellerin hat ihre Bedürftigkeit nicht mutwillig herbeigeführt. Eine unterhaltsbezogene Mutwilligkeit liegt dann vor, wenn sich der Bedürftige unter grober Missachtung dessen, was jedem einleuchten muss, oder in Verantwortungs- und Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Unterhaltsverpflichteten über die erkannten möglichen nachteiligen Folgen seines Verhaltens für seine Bedürftigkeit hinwegsetzt und dabei zumindest leichtfertig handelt (BGH, FamRZ 2003, S. 848 (853)). Ein einfaches Verschulden reicht zur Bejahung der Mutwilligkeit nicht aus. Der Verpflichtete muss darlegen und beweisen, dass der Unterhaltsgläubiger seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat. Dazu gehört, dass er ein Vorbringen der Gegenseite, welches im Falle seiner Richtigkeit gegen die Annahme einer Mutwilligkeit sprechen würde, zu widerlegen hat (BGH, FamRZ 1989, S. 1054).
256Die Antragstellerin befand sich wegen ihrer Erkrankungen durchgehend in Behandlung (psychiatrisch, verhaltenstherapeutisch von Januar 2010 bis Anfang 2013, schmerztherapeutisch seit 19.11.2013, psychotherapeutische Behandlung ab Januar 2014). Sie hat sich im April 2013 einer Operation im St. E-Krankenhaus in X unterzogen und vom 15.05. bis 11.06.2013 eine ambulante Rehabilitationsmaßnahme durchgeführt. Das Gutachten von Dr. S vom 20.04.2013, in dem auch Empfehlungen in therapeutischer Hinsicht ausgesprochen wurden, hat sie ihrem behandelnden Psychiater vorgelegt, der jedoch weder eine Medikationsänderung vorgenommen noch mit ihr über eine stationäre psychotherapeutische Behandlung gesprochen hat. Um eine ambulante psychotherapeutische Behandlung hat sie sich bemüht, jedoch – aufgrund der langen Wartezeiten – erst für Januar 2014 einen Termin bei der Diplom-Psychologin C2 in M erhalten. Von einer unterhaltsbezogenen Leichtfertigkeit der Antragstellerin kann vor diesem Hintergrund nicht ausgegangen werden.
257bb) Die Antragstellerin hat sich auch nicht, wie § 1579 Nr. 5 BGB voraussetzt, über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt.
258Sinn dieser Regelung ist es, dass der Berechtigte trotz Trennung oder Scheidung alles zu unterlassen hat, was dem Verpflichteten die Erfüllung seiner Unterhaltspflicht erschwert oder unmöglich macht (Wendl/Staudigl-Gerhardt, a.a.O., § 4 Rz. 703).
259Voraussetzung ist, dass der Bedürftige durch sein Verhalten die Einkünfte des Ehegatten mindert, wobei eine Gefährdung ausreichend ist (Palandt-Brudermüller, a.a.O., § 1579 Rz. 25 mit Verweis auf BGH, FamRZ 2009, S. 1124 (1128)).
260Grund für die Sanktion ist, dass der Unterhaltsberechtigte unter Verletzung des Gegenseitigkeits- und Loyalitätsprinzips durch sein Verhalten die Einkünfte beeinträchtigt, aus denen er Unterhalt begehrt (Brudermüller, a.a.O.).
261Der Senat hat bereits entschieden, dass die Weigerung der Unterhaltsberechtigten, ihren Miteigentumsanteil an den Unterhaltspflichtigen gegen Haftungsfreistellung zu übertragen, keinen Verstoß gegen das Gegenseitigkeits- und Loyalitätsprinzip darstellt, auch wenn die Gefahr besteht, dass ein Teilungsversteigerungsverfahren durchgeführt werden muss (Senatsurteil vom 2. März 2011, 8 UF 131/10).
262Der Antragsgegner hat auch im vorliegenden Fall unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Übertragung des Miteigentumsanteils gegen die Antragstellerin. Es besteht lediglich nach den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften ein Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft (§ 749 Abs. 1 BGB). Sofern die Teilung in Natur ausgeschlossen ist, erfolgt die Aufhebung der Gemeinschaft gem. § 753 Abs. 1 BGB bei Grundstücken durch Zwangsversteigerung und Teilung des Erlöses.
263Es ist zwar anerkannt, dass das aus § 1353 BGB hergeleitete Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme dazu führen kann, dass ein Ehegatte eine Teilungsversteigerung zurückzustellen hat (vgl. Palandt-Brudermüller, a.a.O., § 1353 Rz. 11; Brudermüller, FamRZ 1996, S. 1516 (1521); AG Hannover, FamRZ 2003, S. 938 allerdings nur bezogen auf die Zeit, solange die Ehe besteht).
264Der Senat hat jedoch mit Verweis auf Brudermüller (FamRZ 1996, S. 1516 (1521)) entschieden, dass ein Ehepartner indes keinen absoluten Anspruch auf Beibehaltung des Familienheims hat und aus § 1353 BGB auch keine Pflicht eines Ehepartners folgt, die Mitberechtigung des anderen Miteigentümer-Ehepartners zu erhalten. Vielmehr muss – nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit – auch auf die Belange des die Teilungsversteigerung fordernden Ehepartners Rücksicht genommen werden (Senatsurteil vom 02.03.2011, 8 UF 131/10).
265Dass ein etwaiges jetzt eingeleitetes Teilungsversteigerungsverfahren zur Unzeit erfolgt, trägt selbst der Antragsgegner nicht vor.
266Selbst wenn man die Weigerung der Übertragung des Miteigentumsanteils als Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme ansehen würde, führt dies nicht zwangsläufig dazu, dass die Einkünfte des Antragsgegners, aus denen die Antragstellerin Unterhalt begehrt, beeinträchtigt werden. Zwar ist ein Teilungsversteigerungsverfahren mit Kosten verbunden, jedoch sind gem. § 109 Abs. 1 ZVG die Kosten des Verfahrens aus dem Versteigerungserlös vorweg zu entnehmen. Insofern wird der Erlös für beide Parteien gemindert (vgl. auch Senatsurteil vom 02.03.2011, 8 UF 131/10).
267Vor diesem Hintergrund liegen die Voraussetzungen des § 1579 Nr. 5 BGB nach Auffassung des Senats im konkreten Fall nicht vor. Darüber hinaus ist zweifelhaft, ob die Weigerung der Antragstellerin als gravierender Verstoß des Unterhaltsberechtigten anzusehen ist, denn dies ist nach der Rechtsprechung des BGH (FamRZ 2009, S. 1124 (1127)) erforderlich, die sich insbesondere auf die Wortwahl von § 1579 Nr. 5 BGB „schwerwiegende“ und „hinwegsetzen“ stützt.
268Für 2011 ist das Realsplitting in Höhe der tatsächlichen Trennungsunterhaltszahlungen (12 x 645,00 €) mit Zustimmung der Antragstellerin durchgeführt worden. Soweit die Antragstellerin wegen der in 2011 zunächst überhöhten Angaben zum Trennungsunterhalt (12 x 1.000,00 € (645,00 € + 355,00 € Kindesunterhalt)) die Zustimmung zum Realsplitting für 2012 verweigert hat, liegt jedenfalls kein mutwilliges Verhalten der Antragstellerin vor. Im Hinblick darauf, dass der nacheheliche Unterhalt für 2012 bislang für die Zeit ab Rechtskraft der Scheidung noch nicht endgültig feststand, sondern erst im vorliegenden Verfahren festgelegt worden ist, bestand bezüglich des nachehelichen Unterhalts für das Jahr 2012 keine Verpflichtung zur Zustimmung zum Realsplitting. Hinsichtlich des in 2012 bis einschließlich Juni 2012 gezahlten Trennungsunterhalts (6 x 645,00 €) ist die Antragstellerin zur Zustimmung verpflichtet gewesen. Es ist jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Antragsgegner die Antragstellerin konkret wegen dieser 3.870,00 € zur Zustimmung / zur Unterzeichnung der Anlage U erfolglos aufgefordert hat. Vor diesem Hintergrund kann von der für § 1579 Nr. 5 BGB erforderlichen Mutwilligkeit nicht ausgegangen werden.
269j)Im Hinblick darauf, dass der Antragsgegner für die Zeit von Juli 2012 bis einschließlich Dezember 2013 monatlich 1.000,00 € an nachehelichem Unterhalt an die Antragstellerin gezahlt hat, ist der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin bis einschließlich Dezember 2013 erfüllt. Es war daher nur noch der laufende Unterhalt ab Januar 2014 zu titulieren.
2703. Die Kostenentscheidung folgt für die Kosten der ersten Instanz aus § 150 Abs. 1 FamFG, für die Kosten der zweiten Instanz aus § 150 Abs. 4 S. 1 FamFG unter dem Gesichtspunkt des Obsiegens bzw. Unterliegens (vgl. Keidel-Weber, FamFG, 18. Aufl., § 150 Rz. 8) und unter Berücksichtigung des Umstands, dass sich der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin infolge der Zahlungen des Antragsgegners bis einschließlich Dezember 2013 erledigt hat. Die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit folgt aus § 116 Abs. 3 FamFG.
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Referenzen - Gesetze
Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 43 Rente wegen Erwerbsminderung
Einkommensteuergesetz - EStG | § 10
Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 535 Inhalt und Hauptpflichten des Mietvertrags
FGG-Reformgesetz - FGG-RG | Art 111 Übergangsvorschrift
Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 556 Vereinbarungen über Betriebskosten
Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1573 Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit und Aufstockungsunterhalt
Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1578 Maß des Unterhalts
Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 117 Rechtsmittel in Ehe- und Familienstreitsachen
Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 77 Zugangsfaktor
Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1579 Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit
Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 150 Kosten in Scheidungssachen und Folgesachen
Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1353 Eheliche Lebensgemeinschaft
Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1609 Rangfolge mehrerer Unterhaltsberechtigter
Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 554 Barrierereduzierung, E-Mobilität und Einbruchsschutz
Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1572 Unterhalt wegen Krankheit oder Gebrechen
Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 749 Aufhebungsanspruch
Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 116 Entscheidung durch Beschluss; Wirksamkeit
Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1578b Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhalts wegen Unbilligkeit
Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1581 Leistungsfähigkeit
Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 753 Teilung durch Verkauf
Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 67 Rentenartfaktor
Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 59 Zurechnungszeit
Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung - ZVG | § 109
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Urteil einreichenOberlandesgericht Hamm Beschluss, 19. Feb. 2014 - 8 UF 105/12 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
Bundesgerichtshof Urteil, 25. Jan. 2012 - XII ZR 139/09
Bundesgerichtshof Urteil, 07. Dez. 2011 - XII ZR 151/09
Oberlandesgericht Köln Beschluss, 10. Nov. 2015 - 4 UF 257/13
Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, solange und soweit von ihm vom Zeitpunkt
- 1.
der Scheidung, - 2.
der Beendigung der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, - 3.
der Beendigung der Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung oder - 4.
des Wegfalls der Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch nach § 1573
(1) Soweit ein geschiedener Ehegatte keinen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, kann er gleichwohl Unterhalt verlangen, solange und soweit er nach der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag.
(2) Reichen die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zum vollen Unterhalt (§ 1578) nicht aus, kann er, soweit er nicht bereits einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, den Unterschiedsbetrag zwischen den Einkünften und dem vollen Unterhalt verlangen.
(3) Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1572, 1575 zu gewähren war, die Voraussetzungen dieser Vorschriften aber entfallen sind.
(4) Der geschiedene Ehegatte kann auch dann Unterhalt verlangen, wenn die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit wegfallen, weil es ihm trotz seiner Bemühungen nicht gelungen war, den Unterhalt durch die Erwerbstätigkeit nach der Scheidung nachhaltig zu sichern. War es ihm gelungen, den Unterhalt teilweise nachhaltig zu sichern, so kann er den Unterschiedsbetrag zwischen dem nachhaltig gesicherten und dem vollen Unterhalt verlangen.
(5) (weggefallen)
Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, solange und soweit von ihm vom Zeitpunkt
- 1.
der Scheidung, - 2.
der Beendigung der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, - 3.
der Beendigung der Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung oder - 4.
des Wegfalls der Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch nach § 1573
(1) Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ist auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, oder eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe unbillig wäre. Nachteile im Sinne des Satzes 2 können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes sowie aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe ergeben.
(2) Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ist zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(3) Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs können miteinander verbunden werden.
(1) Soweit ein geschiedener Ehegatte keinen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, kann er gleichwohl Unterhalt verlangen, solange und soweit er nach der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag.
(2) Reichen die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zum vollen Unterhalt (§ 1578) nicht aus, kann er, soweit er nicht bereits einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, den Unterschiedsbetrag zwischen den Einkünften und dem vollen Unterhalt verlangen.
(3) Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1572, 1575 zu gewähren war, die Voraussetzungen dieser Vorschriften aber entfallen sind.
(4) Der geschiedene Ehegatte kann auch dann Unterhalt verlangen, wenn die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit wegfallen, weil es ihm trotz seiner Bemühungen nicht gelungen war, den Unterhalt durch die Erwerbstätigkeit nach der Scheidung nachhaltig zu sichern. War es ihm gelungen, den Unterhalt teilweise nachhaltig zu sichern, so kann er den Unterschiedsbetrag zwischen dem nachhaltig gesicherten und dem vollen Unterhalt verlangen.
(5) (weggefallen)
Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, solange und soweit von ihm vom Zeitpunkt
- 1.
der Scheidung, - 2.
der Beendigung der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, - 3.
der Beendigung der Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung oder - 4.
des Wegfalls der Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch nach § 1573
(1) Das Maß des Unterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf.
(2) Zum Lebensbedarf gehören auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall der Krankheit und der Pflegebedürftigkeit sowie die Kosten einer Schul- oder Berufsausbildung, einer Fortbildung oder einer Umschulung nach den §§ 1574, 1575.
(3) Hat der geschiedene Ehegatte einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1573 oder § 1576, so gehören zum Lebensbedarf auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderten Erwerbsfähigkeit.
(1) Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ist auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, oder eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe unbillig wäre. Nachteile im Sinne des Satzes 2 können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes sowie aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe ergeben.
(2) Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ist zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(3) Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs können miteinander verbunden werden.
(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde, sind weiter die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Auf Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren finden die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften Anwendung, wenn die Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde.
(2) Jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, ist ein selbständiges Verfahren im Sinne des Absatzes 1 Satz 1.
(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren in Familiensachen, die am 1. September 2009 ausgesetzt sind oder nach dem 1. September 2009 ausgesetzt werden oder deren Ruhen am 1. September 2009 angeordnet ist oder nach dem 1. September 2009 angeordnet wird, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.
(4) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, die am 1. September 2009 vom Verbund abgetrennt sind oder nach dem 1. September 2009 abgetrennt werden, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Alle vom Verbund abgetrennten Folgesachen werden im Fall des Satzes 1 als selbständige Familiensachen fortgeführt.
(5) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, in denen am 31. August 2010 im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung erlassen wurde, sowie auf die mit solchen Verfahren im Verbund stehenden Scheidungs- und Folgesachen ab dem 1. September 2010 die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.
Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, solange und soweit von ihm vom Zeitpunkt
- 1.
der Scheidung, - 2.
der Beendigung der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, - 3.
der Beendigung der Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung oder - 4.
des Wegfalls der Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch nach § 1573
(1) Soweit ein geschiedener Ehegatte keinen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, kann er gleichwohl Unterhalt verlangen, solange und soweit er nach der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag.
(2) Reichen die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zum vollen Unterhalt (§ 1578) nicht aus, kann er, soweit er nicht bereits einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, den Unterschiedsbetrag zwischen den Einkünften und dem vollen Unterhalt verlangen.
(3) Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1572, 1575 zu gewähren war, die Voraussetzungen dieser Vorschriften aber entfallen sind.
(4) Der geschiedene Ehegatte kann auch dann Unterhalt verlangen, wenn die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit wegfallen, weil es ihm trotz seiner Bemühungen nicht gelungen war, den Unterhalt durch die Erwerbstätigkeit nach der Scheidung nachhaltig zu sichern. War es ihm gelungen, den Unterhalt teilweise nachhaltig zu sichern, so kann er den Unterschiedsbetrag zwischen dem nachhaltig gesicherten und dem vollen Unterhalt verlangen.
(5) (weggefallen)
Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, solange und soweit von ihm vom Zeitpunkt
- 1.
der Scheidung, - 2.
der Beendigung der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, - 3.
der Beendigung der Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung oder - 4.
des Wegfalls der Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch nach § 1573
(1) Soweit ein geschiedener Ehegatte keinen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, kann er gleichwohl Unterhalt verlangen, solange und soweit er nach der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag.
(2) Reichen die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zum vollen Unterhalt (§ 1578) nicht aus, kann er, soweit er nicht bereits einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, den Unterschiedsbetrag zwischen den Einkünften und dem vollen Unterhalt verlangen.
(3) Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1572, 1575 zu gewähren war, die Voraussetzungen dieser Vorschriften aber entfallen sind.
(4) Der geschiedene Ehegatte kann auch dann Unterhalt verlangen, wenn die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit wegfallen, weil es ihm trotz seiner Bemühungen nicht gelungen war, den Unterhalt durch die Erwerbstätigkeit nach der Scheidung nachhaltig zu sichern. War es ihm gelungen, den Unterhalt teilweise nachhaltig zu sichern, so kann er den Unterschiedsbetrag zwischen dem nachhaltig gesicherten und dem vollen Unterhalt verlangen.
(5) (weggefallen)
Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, solange und soweit von ihm vom Zeitpunkt
- 1.
der Scheidung, - 2.
der Beendigung der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, - 3.
der Beendigung der Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung oder - 4.
des Wegfalls der Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch nach § 1573
(1) Das Maß des Unterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf.
(2) Zum Lebensbedarf gehören auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall der Krankheit und der Pflegebedürftigkeit sowie die Kosten einer Schul- oder Berufsausbildung, einer Fortbildung oder einer Umschulung nach den §§ 1574, 1575.
(3) Hat der geschiedene Ehegatte einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1573 oder § 1576, so gehören zum Lebensbedarf auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderten Erwerbsfähigkeit.
(1) Sonderausgaben sind die folgenden Aufwendungen, wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind oder wie Betriebsausgaben oder Werbungskosten behandelt werden:
- 1.
(weggefallen) - 1a.
(weggefallen) - 1b.
(weggefallen) - 2.
- a)
Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen oder zur landwirtschaftlichen Alterskasse sowie zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen erbringen; - b)
Beiträge des Steuerpflichtigen - aa)
zum Aufbau einer eigenen kapitalgedeckten Altersversorgung, wenn der Vertrag nur die Zahlung einer monatlichen, auf das Leben des Steuerpflichtigen bezogenen lebenslangen Leibrente nicht vor Vollendung des 62. Lebensjahres oder zusätzlich die ergänzende Absicherung des Eintritts der Berufsunfähigkeit (Berufsunfähigkeitsrente), der verminderten Erwerbsfähigkeit (Erwerbsminderungsrente) oder von Hinterbliebenen (Hinterbliebenenrente) vorsieht.2Hinterbliebene in diesem Sinne sind der Ehegatte des Steuerpflichtigen und die Kinder, für die er Anspruch auf Kindergeld oder auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 hat.3Der Anspruch auf Waisenrente darf längstens für den Zeitraum bestehen, in dem der Rentenberechtigte die Voraussetzungen für die Berücksichtigung als Kind im Sinne des § 32 erfüllt; - bb)
für seine Absicherung gegen den Eintritt der Berufsunfähigkeit oder der verminderten Erwerbsfähigkeit (Versicherungsfall), wenn der Vertrag nur die Zahlung einer monatlichen, auf das Leben des Steuerpflichtigen bezogenen lebenslangen Leibrente für einen Versicherungsfall vorsieht, der bis zur Vollendung des 67. Lebensjahres eingetreten ist.2Der Vertrag kann die Beendigung der Rentenzahlung wegen eines medizinisch begründeten Wegfalls der Berufsunfähigkeit oder der verminderten Erwerbsfähigkeit vorsehen.3Die Höhe der zugesagten Rente kann vom Alter des Steuerpflichtigen bei Eintritt des Versicherungsfalls abhängig gemacht werden, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat.
- 3.
Beiträge zu - a)
Krankenversicherungen, soweit diese zur Erlangung eines durch das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch bestimmten sozialhilfegleichen Versorgungsniveaus erforderlich sind und sofern auf die Leistungen ein Anspruch besteht.2Für Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung sind dies die nach dem Dritten Titel des Ersten Abschnitts des Achten Kapitels des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder die nach dem Sechsten Abschnitt des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte festgesetzten Beiträge.3Für Beiträge zu einer privaten Krankenversicherung sind dies die Beitragsanteile, die auf Vertragsleistungen entfallen, die, mit Ausnahme der auf das Krankengeld entfallenden Beitragsanteile, in Art, Umfang und Höhe den Leistungen nach dem Dritten Kapitel des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vergleichbar sind; § 158 Absatz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes gilt entsprechend.4Wenn sich aus den Krankenversicherungsbeiträgen nach Satz 2 ein Anspruch auf Krankengeld oder ein Anspruch auf eine Leistung, die anstelle von Krankengeld gewährt wird, ergeben kann, ist der jeweilige Beitrag um 4 Prozent zu vermindern; - b)
gesetzlichen Pflegeversicherungen (soziale Pflegeversicherung und private Pflege-Pflichtversicherung).
- 3a.
Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherungen, soweit diese nicht nach Nummer 3 zu berücksichtigen sind; Beiträge zu Versicherungen gegen Arbeitslosigkeit, zu Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsversicherungen, die nicht unter Nummer 2 Satz 1 Buchstabe b fallen, zu Unfall- und Haftpflichtversicherungen sowie zu Risikoversicherungen, die nur für den Todesfall eine Leistung vorsehen; Beiträge zu Versicherungen im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb bis dd in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung, wenn die Laufzeit dieser Versicherungen vor dem 1. Januar 2005 begonnen hat und ein Versicherungsbeitrag bis zum 31. Dezember 2004 entrichtet wurde; § 10 Absatz 1 Nummer 2 Satz 2 bis 6 und Absatz 2 Satz 2 in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung ist in diesen Fällen weiter anzuwenden; - 4.
gezahlte Kirchensteuer; dies gilt nicht, soweit die Kirchensteuer als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer oder als Zuschlag auf die nach dem gesonderten Tarif des § 32d Absatz 1 ermittelte Einkommensteuer gezahlt wurde; - 5.
zwei Drittel der Aufwendungen, höchstens 4 000 Euro je Kind, für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehörenden Kindes im Sinne des § 32 Absatz 1, welches das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten.2Dies gilt nicht für Aufwendungen für Unterricht, die Vermittlung besonderer Fähigkeiten sowie für sportliche und andere Freizeitbetätigungen.3Ist das zu betreuende Kind nicht nach § 1 Absatz 1 oder Absatz 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, ist der in Satz 1 genannte Betrag zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Kindes notwendig und angemessen ist.4Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen nach Satz 1 ist, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist; - 6.
(weggefallen) - 7.
Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung bis zu 6 000 Euro im Kalenderjahr.2Bei Ehegatten, die die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 erfüllen, gilt Satz 1 für jeden Ehegatten.3Zu den Aufwendungen im Sinne des Satzes 1 gehören auch Aufwendungen für eine auswärtige Unterbringung.4§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6b und 6c sowie § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 und 5, Absatz 2, 4 Satz 8 und Absatz 4a sind bei der Ermittlung der Aufwendungen anzuwenden. - 8.
(weggefallen) - 9.
30 Prozent des Entgelts, höchstens 5 000 Euro, das der Steuerpflichtige für ein Kind, für das er Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 oder auf Kindergeld hat, für dessen Besuch einer Schule in freier Trägerschaft oder einer überwiegend privat finanzierten Schule entrichtet, mit Ausnahme des Entgelts für Beherbergung, Betreuung und Verpflegung.2Voraussetzung ist, dass die Schule in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, und die Schule zu einem von dem zuständigen inländischen Ministerium eines Landes, von der Kultusministerkonferenz der Länder oder von einer inländischen Zeugnisanerkennungsstelle anerkannten oder einem inländischen Abschluss an einer öffentlichen Schule als gleichwertig anerkannten allgemein bildenden oder berufsbildenden Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschluss führt.3Der Besuch einer anderen Einrichtung, die auf einen Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschluss im Sinne des Satzes 2 ordnungsgemäß vorbereitet, steht einem Schulbesuch im Sinne des Satzes 1 gleich.4Der Besuch einer Deutschen Schule im Ausland steht dem Besuch einer solchen Schule gleich, unabhängig von ihrer Belegenheit.5Der Höchstbetrag nach Satz 1 wird für jedes Kind, bei dem die Voraussetzungen vorliegen, je Elternpaar nur einmal gewährt.
(1a)1Sonderausgaben sind auch die folgenden Aufwendungen:
- 1.
Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten, wenn der Geber dies mit Zustimmung des Empfängers beantragt, bis zu 13 805 Euro im Kalenderjahr.2Der Höchstbetrag nach Satz 1 erhöht sich um den Betrag der im jeweiligen Veranlagungszeitraum nach Absatz 1 Nummer 3 für die Absicherung des geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten aufgewandten Beiträge.3Der Antrag kann jeweils nur für ein Kalenderjahr gestellt und nicht zurückgenommen werden.4Die Zustimmung ist mit Ausnahme der nach § 894 der Zivilprozessordnung als erteilt geltenden bis auf Widerruf wirksam.5Der Widerruf ist vor Beginn des Kalenderjahres, für das die Zustimmung erstmals nicht gelten soll, gegenüber dem Finanzamt zu erklären.6Die Sätze 1 bis 5 gelten für Fälle der Nichtigkeit oder der Aufhebung der Ehe entsprechend.7Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) der unterhaltenen Person in der Steuererklärung des Unterhaltsleistenden, wenn die unterhaltene Person der unbeschränkten oder beschränkten Steuerpflicht unterliegt.8Die unterhaltene Person ist für diese Zwecke verpflichtet, dem Unterhaltsleistenden ihre erteilte Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) mitzuteilen.9Kommt die unterhaltene Person dieser Verpflichtung nicht nach, ist der Unterhaltsleistende berechtigt, bei der für ihn zuständigen Finanzbehörde die Identifikationsnummer der unterhaltenen Person zu erfragen; - 2.
auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende, lebenslange und wiederkehrende Versorgungsleistungen, die nicht mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben, wenn der Empfänger unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.2Dies gilt nur für - a)
Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung eines Mitunternehmeranteils an einer Personengesellschaft, die eine Tätigkeit im Sinne der §§ 13, 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder des § 18 Absatz 1 ausübt, - b)
Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung eines Betriebs oder Teilbetriebs, sowie - c)
Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung eines mindestens 50 Prozent betragenden Anteils an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, wenn der Übergeber als Geschäftsführer tätig war und der Übernehmer diese Tätigkeit nach der Übertragung übernimmt.
- 3.
Ausgleichsleistungen zur Vermeidung eines Versorgungsausgleichs nach § 6 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 und § 23 des Versorgungsausgleichsgesetzes sowie § 1408 Absatz 2 und § 1587 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, soweit der Verpflichtete dies mit Zustimmung des Berechtigten beantragt und der Berechtigte unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.2Nummer 1 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.3Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) des Berechtigten in der Steuererklärung des Verpflichteten; Nummer 1 Satz 8 und 9 gilt entsprechend; - 4.
Ausgleichszahlungen im Rahmen des Versorgungsausgleichs nach den §§ 20 bis 22 und 26 des Versorgungsausgleichsgesetzes und nach den §§ 1587f, 1587g und 1587i des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der bis zum 31. August 2009 geltenden Fassung sowie nach § 3a des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich, soweit die ihnen zu Grunde liegenden Einnahmen bei der ausgleichspflichtigen Person der Besteuerung unterliegen, wenn die ausgleichsberechtigte Person unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.2Nummer 3 Satz 3 gilt entsprechend.
(2)1Voraussetzung für den Abzug der in Absatz 1 Nummer 2, 3 und 3a bezeichneten Beträge (Vorsorgeaufwendungen) ist, dass sie
- 1.
nicht in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen; ungeachtet dessen sind Vorsorgeaufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2, 3 und 3a zu berücksichtigen, soweit - a)
sie in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweizerischen Eidgenossenschaft erzielten Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit stehen, - b)
diese Einnahmen nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung im Inland steuerfrei sind und - c)
der Beschäftigungsstaat keinerlei steuerliche Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen im Rahmen der Besteuerung dieser Einnahmen zulässt;
- 2.
geleistet werden an - a)
1Versicherungsunternehmen, - aa)
die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben und das Versicherungsgeschäft im Inland betreiben dürfen, oder - bb)
denen die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Inland erteilt ist.
- b)
berufsständische Versorgungseinrichtungen, - c)
einen Sozialversicherungsträger oder - d)
einen Anbieter im Sinne des § 80.
(2a)1Bei Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b hat der Anbieter als mitteilungspflichtige Stelle nach Maßgabe des § 93c der Abgabenordnung und unter Angabe der Vertrags- oder der Versicherungsdaten die Höhe der im jeweiligen Beitragsjahr geleisteten Beiträge und die Zertifizierungsnummer an die zentrale Stelle (§ 81) zu übermitteln.2§ 22a Absatz 2 gilt entsprechend.3§ 72a Absatz 4 und § 93c Absatz 4 der Abgabenordnung finden keine Anwendung.
(2b)1Bei Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 3 hat das Versicherungsunternehmen, der Träger der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, die Künstlersozialkasse oder eine Einrichtung im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a Satz 2 als mitteilungspflichtige Stelle nach Maßgabe des § 93c der Abgabenordnung und unter Angabe der Vertrags- oder der Versicherungsdaten die Höhe der im jeweiligen Beitragsjahr geleisteten und erstatteten Beiträge sowie die in § 93c Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe c der Abgabenordnung genannten Daten mit der Maßgabe, dass insoweit als Steuerpflichtiger die versicherte Person gilt, an die zentrale Stelle (§ 81) zu übermitteln; sind Versicherungsnehmer und versicherte Person nicht identisch, sind zusätzlich die Identifikationsnummer und der Tag der Geburt des Versicherungsnehmers anzugeben.2Satz 1 gilt nicht, soweit diese Daten mit der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung (§ 41b Absatz 1 Satz 2) oder der Rentenbezugsmitteilung (§ 22a Absatz 1 Satz 1 Nummer 4) zu übermitteln sind.3§ 22a Absatz 2 gilt entsprechend.4Zuständige Finanzbehörde im Sinne des § 72a Absatz 4 und des § 93c Absatz 4 der Abgabenordnung ist das Bundeszentralamt für Steuern.5Wird in den Fällen des § 72a Absatz 4 der Abgabenordnung eine unzutreffende Höhe der Beiträge übermittelt, ist die entgangene Steuer mit 30 Prozent des zu hoch ausgewiesenen Betrags anzusetzen.
(3)1Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 sind bis zu dem Höchstbeitrag zur knappschaftlichen Rentenversicherung, aufgerundet auf einen vollen Betrag in Euro, zu berücksichtigen.2Bei zusammenveranlagten Ehegatten verdoppelt sich der Höchstbetrag.3Der Höchstbetrag nach Satz 1 oder 2 ist bei Steuerpflichtigen, die
- 1.
Arbeitnehmer sind und die während des ganzen oder eines Teils des Kalenderjahres - a)
in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfrei oder auf Antrag des Arbeitgebers von der Versicherungspflicht befreit waren und denen für den Fall ihres Ausscheidens aus der Beschäftigung auf Grund des Beschäftigungsverhältnisses eine lebenslängliche Versorgung oder an deren Stelle eine Abfindung zusteht oder die in der gesetzlichen Rentenversicherung nachzuversichern sind oder - b)
nicht der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unterliegen, eine Berufstätigkeit ausgeübt und im Zusammenhang damit auf Grund vertraglicher Vereinbarungen Anwartschaftsrechte auf eine Altersversorgung erworben haben, oder
- 2.
Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 4 erzielen und die ganz oder teilweise ohne eigene Beitragsleistung einen Anspruch auf Altersversorgung erwerben,
(4)1Vorsorgeaufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 und 3a können je Kalenderjahr insgesamt bis 2 800 Euro abgezogen werden.2Der Höchstbetrag beträgt 1 900 Euro bei Steuerpflichtigen, die ganz oder teilweise ohne eigene Aufwendungen einen Anspruch auf vollständige oder teilweise Erstattung oder Übernahme von Krankheitskosten haben oder für deren Krankenversicherung Leistungen im Sinne des § 3 Nummer 9, 14, 57 oder 62 erbracht werden.3Bei zusammen veranlagten Ehegatten bestimmt sich der gemeinsame Höchstbetrag aus der Summe der jedem Ehegatten unter den Voraussetzungen von Satz 1 und 2 zustehenden Höchstbeträge.4Übersteigen die Vorsorgeaufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 die nach den Sätzen 1 bis 3 zu berücksichtigenden Vorsorgeaufwendungen, sind diese abzuziehen und ein Abzug von Vorsorgeaufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3a scheidet aus.
(4a)1Ist in den Kalenderjahren 2013 bis 2019 der Abzug der Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a, Absatz 1 Nummer 3 und Nummer 3a in der für das Kalenderjahr 2004 geltenden Fassung des § 10 Absatz 3 mit folgenden Höchstbeträgen für den Vorwegabzug
Kalenderjahr | Vorwegabzug für den Steuerpflichtigen | Vorwegabzug im Fall der Zusammen- veranlagung von Ehegatten |
---|---|---|
2013 | 2 100 | 4 200 |
2014 | 1 800 | 3 600 |
2015 | 1 500 | 3 000 |
2016 | 1 200 | 2 400 |
2017 | 900 | 1 800 |
2018 | 600 | 1 200 |
2019 | 300 | 600 |
zuzüglich des Erhöhungsbetrags nach Satz 3 günstiger, ist der sich danach ergebende Betrag anstelle des Abzugs nach Absatz 3 und 4 anzusetzen.2Mindestens ist bei Anwendung des Satzes 1 der Betrag anzusetzen, der sich ergeben würde, wenn zusätzlich noch die Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b in die Günstigerprüfung einbezogen werden würden; der Erhöhungsbetrag nach Satz 3 ist nicht hinzuzurechnen.3Erhöhungsbetrag sind die Beiträge nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b, soweit sie nicht den um die Beiträge nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a und den nach § 3 Nummer 62 steuerfreien Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und einen diesem gleichgestellten steuerfreien Zuschuss verminderten Höchstbetrag nach Absatz 3 Satz 1 bis 3 überschreiten; Absatz 3 Satz 4 und 6 gilt entsprechend.
(4b)1Erhält der Steuerpflichtige für die von ihm für einen anderen Veranlagungszeitraum geleisteten Aufwendungen im Sinne des Satzes 2 einen steuerfreien Zuschuss, ist dieser den erstatteten Aufwendungen gleichzustellen.2Übersteigen bei den Sonderausgaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 3a die im Veranlagungszeitraum erstatteten Aufwendungen die geleisteten Aufwendungen (Erstattungsüberhang), ist der Erstattungsüberhang mit anderen im Rahmen der jeweiligen Nummer anzusetzenden Aufwendungen zu verrechnen.3Ein verbleibender Betrag des sich bei den Aufwendungen nach Absatz 1 Nummer 3 und 4 ergebenden Erstattungsüberhangs ist dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen.4Nach Maßgabe des § 93c der Abgabenordnung haben Behörden im Sinne des § 6 Absatz 1 der Abgabenordnung und andere öffentliche Stellen, die einem Steuerpflichtigen für die von ihm geleisteten Beiträge im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2, 3 und 3a steuerfreie Zuschüsse gewähren oder Vorsorgeaufwendungen im Sinne dieser Vorschrift erstatten als mitteilungspflichtige Stellen, neben den nach § 93c Absatz 1 der Abgabenordnung erforderlichen Angaben, die zur Gewährung und Prüfung des Sonderausgabenabzugs nach § 10 erforderlichen Daten an die zentrale Stelle zu übermitteln.5§ 22a Absatz 2 gilt entsprechend.6§ 72a Absatz 4 und § 93c Absatz 4 der Abgabenordnung finden keine Anwendung.
(5) Durch Rechtsverordnung wird bezogen auf den Versicherungstarif bestimmt, wie der nicht abziehbare Teil der Beiträge zum Erwerb eines Krankenversicherungsschutzes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 Buchstabe a Satz 3 durch einheitliche prozentuale Abschläge auf die zugunsten des jeweiligen Tarifs gezahlte Prämie zu ermitteln ist, soweit der nicht abziehbare Beitragsteil nicht bereits als gesonderter Tarif oder Tarifbaustein ausgewiesen wird.
(6) Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b Doppelbuchstabe aa ist für Vertragsabschlüsse vor dem 1. Januar 2012 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Vertrag die Zahlung der Leibrente nicht vor der Vollendung des 60. Lebensjahres vorsehen darf.
(1) Die Vertragsparteien können vereinbaren, dass der Mieter Betriebskosten trägt. Betriebskosten sind die Kosten, die dem Eigentümer oder Erbbauberechtigten durch das Eigentum oder das Erbbaurecht am Grundstück oder durch den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen. Für die Aufstellung der Betriebskosten gilt die Betriebskostenverordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2346, 2347) fort. Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über die Aufstellung der Betriebskosten zu erlassen.
(2) Die Vertragsparteien können vorbehaltlich anderweitiger Vorschriften vereinbaren, dass Betriebskosten als Pauschale oder als Vorauszahlung ausgewiesen werden. Vorauszahlungen für Betriebskosten dürfen nur in angemessener Höhe vereinbart werden.
(3) Über die Vorauszahlungen für Betriebskosten ist jährlich abzurechnen; dabei ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten. Die Abrechnung ist dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. Der Vermieter ist zu Teilabrechnungen nicht verpflichtet. Einwendungen gegen die Abrechnung hat der Mieter dem Vermieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Zugang der Abrechnung mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist kann der Mieter Einwendungen nicht mehr geltend machen, es sei denn, der Mieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten.
(3a) Ein Glasfaserbereitstellungsentgelt nach § 72 Absatz 1 des Telekommunikationsgesetzes hat der Mieter nur bei wirtschaftlicher Umsetzung der Maßnahme zu tragen. Handelt es sich um eine aufwändige Maßnahme im Sinne von § 72 Absatz 2 Satz 4 des Telekommunikationsgesetzes, hat der Mieter die Kosten nur dann zu tragen, wenn der Vermieter vor Vereinbarung der Glasfaserbereitstellung soweit möglich drei Angebote eingeholt und das wirtschaftlichste ausgewählt hat.
(4) Eine zum Nachteil des Mieters von Absatz 1, Absatz 2 Satz 2, Absatz 3 oder Absatz 3a abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Er hat die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen.
(2) Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten.
(1) Der Mieter kann verlangen, dass ihm der Vermieter bauliche Veränderungen der Mietsache erlaubt, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen, dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge oder dem Einbruchsschutz dienen. Der Anspruch besteht nicht, wenn die bauliche Veränderung dem Vermieter auch unter Würdigung der Interessen des Mieters nicht zugemutet werden kann. Der Mieter kann sich im Zusammenhang mit der baulichen Veränderung zur Leistung einer besonderen Sicherheit verpflichten; § 551 Absatz 3 gilt entsprechend.
(2) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
(1) Sonderausgaben sind die folgenden Aufwendungen, wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind oder wie Betriebsausgaben oder Werbungskosten behandelt werden:
- 1.
(weggefallen) - 1a.
(weggefallen) - 1b.
(weggefallen) - 2.
- a)
Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen oder zur landwirtschaftlichen Alterskasse sowie zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen erbringen; - b)
Beiträge des Steuerpflichtigen - aa)
zum Aufbau einer eigenen kapitalgedeckten Altersversorgung, wenn der Vertrag nur die Zahlung einer monatlichen, auf das Leben des Steuerpflichtigen bezogenen lebenslangen Leibrente nicht vor Vollendung des 62. Lebensjahres oder zusätzlich die ergänzende Absicherung des Eintritts der Berufsunfähigkeit (Berufsunfähigkeitsrente), der verminderten Erwerbsfähigkeit (Erwerbsminderungsrente) oder von Hinterbliebenen (Hinterbliebenenrente) vorsieht.2Hinterbliebene in diesem Sinne sind der Ehegatte des Steuerpflichtigen und die Kinder, für die er Anspruch auf Kindergeld oder auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 hat.3Der Anspruch auf Waisenrente darf längstens für den Zeitraum bestehen, in dem der Rentenberechtigte die Voraussetzungen für die Berücksichtigung als Kind im Sinne des § 32 erfüllt; - bb)
für seine Absicherung gegen den Eintritt der Berufsunfähigkeit oder der verminderten Erwerbsfähigkeit (Versicherungsfall), wenn der Vertrag nur die Zahlung einer monatlichen, auf das Leben des Steuerpflichtigen bezogenen lebenslangen Leibrente für einen Versicherungsfall vorsieht, der bis zur Vollendung des 67. Lebensjahres eingetreten ist.2Der Vertrag kann die Beendigung der Rentenzahlung wegen eines medizinisch begründeten Wegfalls der Berufsunfähigkeit oder der verminderten Erwerbsfähigkeit vorsehen.3Die Höhe der zugesagten Rente kann vom Alter des Steuerpflichtigen bei Eintritt des Versicherungsfalls abhängig gemacht werden, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat.
- 3.
Beiträge zu - a)
Krankenversicherungen, soweit diese zur Erlangung eines durch das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch bestimmten sozialhilfegleichen Versorgungsniveaus erforderlich sind und sofern auf die Leistungen ein Anspruch besteht.2Für Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung sind dies die nach dem Dritten Titel des Ersten Abschnitts des Achten Kapitels des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder die nach dem Sechsten Abschnitt des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte festgesetzten Beiträge.3Für Beiträge zu einer privaten Krankenversicherung sind dies die Beitragsanteile, die auf Vertragsleistungen entfallen, die, mit Ausnahme der auf das Krankengeld entfallenden Beitragsanteile, in Art, Umfang und Höhe den Leistungen nach dem Dritten Kapitel des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vergleichbar sind; § 158 Absatz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes gilt entsprechend.4Wenn sich aus den Krankenversicherungsbeiträgen nach Satz 2 ein Anspruch auf Krankengeld oder ein Anspruch auf eine Leistung, die anstelle von Krankengeld gewährt wird, ergeben kann, ist der jeweilige Beitrag um 4 Prozent zu vermindern; - b)
gesetzlichen Pflegeversicherungen (soziale Pflegeversicherung und private Pflege-Pflichtversicherung).
- 3a.
Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherungen, soweit diese nicht nach Nummer 3 zu berücksichtigen sind; Beiträge zu Versicherungen gegen Arbeitslosigkeit, zu Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsversicherungen, die nicht unter Nummer 2 Satz 1 Buchstabe b fallen, zu Unfall- und Haftpflichtversicherungen sowie zu Risikoversicherungen, die nur für den Todesfall eine Leistung vorsehen; Beiträge zu Versicherungen im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb bis dd in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung, wenn die Laufzeit dieser Versicherungen vor dem 1. Januar 2005 begonnen hat und ein Versicherungsbeitrag bis zum 31. Dezember 2004 entrichtet wurde; § 10 Absatz 1 Nummer 2 Satz 2 bis 6 und Absatz 2 Satz 2 in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung ist in diesen Fällen weiter anzuwenden; - 4.
gezahlte Kirchensteuer; dies gilt nicht, soweit die Kirchensteuer als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer oder als Zuschlag auf die nach dem gesonderten Tarif des § 32d Absatz 1 ermittelte Einkommensteuer gezahlt wurde; - 5.
zwei Drittel der Aufwendungen, höchstens 4 000 Euro je Kind, für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehörenden Kindes im Sinne des § 32 Absatz 1, welches das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten.2Dies gilt nicht für Aufwendungen für Unterricht, die Vermittlung besonderer Fähigkeiten sowie für sportliche und andere Freizeitbetätigungen.3Ist das zu betreuende Kind nicht nach § 1 Absatz 1 oder Absatz 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, ist der in Satz 1 genannte Betrag zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Kindes notwendig und angemessen ist.4Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen nach Satz 1 ist, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist; - 6.
(weggefallen) - 7.
Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung bis zu 6 000 Euro im Kalenderjahr.2Bei Ehegatten, die die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 erfüllen, gilt Satz 1 für jeden Ehegatten.3Zu den Aufwendungen im Sinne des Satzes 1 gehören auch Aufwendungen für eine auswärtige Unterbringung.4§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6b und 6c sowie § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 und 5, Absatz 2, 4 Satz 8 und Absatz 4a sind bei der Ermittlung der Aufwendungen anzuwenden. - 8.
(weggefallen) - 9.
30 Prozent des Entgelts, höchstens 5 000 Euro, das der Steuerpflichtige für ein Kind, für das er Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 oder auf Kindergeld hat, für dessen Besuch einer Schule in freier Trägerschaft oder einer überwiegend privat finanzierten Schule entrichtet, mit Ausnahme des Entgelts für Beherbergung, Betreuung und Verpflegung.2Voraussetzung ist, dass die Schule in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, und die Schule zu einem von dem zuständigen inländischen Ministerium eines Landes, von der Kultusministerkonferenz der Länder oder von einer inländischen Zeugnisanerkennungsstelle anerkannten oder einem inländischen Abschluss an einer öffentlichen Schule als gleichwertig anerkannten allgemein bildenden oder berufsbildenden Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschluss führt.3Der Besuch einer anderen Einrichtung, die auf einen Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschluss im Sinne des Satzes 2 ordnungsgemäß vorbereitet, steht einem Schulbesuch im Sinne des Satzes 1 gleich.4Der Besuch einer Deutschen Schule im Ausland steht dem Besuch einer solchen Schule gleich, unabhängig von ihrer Belegenheit.5Der Höchstbetrag nach Satz 1 wird für jedes Kind, bei dem die Voraussetzungen vorliegen, je Elternpaar nur einmal gewährt.
(1a)1Sonderausgaben sind auch die folgenden Aufwendungen:
- 1.
Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten, wenn der Geber dies mit Zustimmung des Empfängers beantragt, bis zu 13 805 Euro im Kalenderjahr.2Der Höchstbetrag nach Satz 1 erhöht sich um den Betrag der im jeweiligen Veranlagungszeitraum nach Absatz 1 Nummer 3 für die Absicherung des geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten aufgewandten Beiträge.3Der Antrag kann jeweils nur für ein Kalenderjahr gestellt und nicht zurückgenommen werden.4Die Zustimmung ist mit Ausnahme der nach § 894 der Zivilprozessordnung als erteilt geltenden bis auf Widerruf wirksam.5Der Widerruf ist vor Beginn des Kalenderjahres, für das die Zustimmung erstmals nicht gelten soll, gegenüber dem Finanzamt zu erklären.6Die Sätze 1 bis 5 gelten für Fälle der Nichtigkeit oder der Aufhebung der Ehe entsprechend.7Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) der unterhaltenen Person in der Steuererklärung des Unterhaltsleistenden, wenn die unterhaltene Person der unbeschränkten oder beschränkten Steuerpflicht unterliegt.8Die unterhaltene Person ist für diese Zwecke verpflichtet, dem Unterhaltsleistenden ihre erteilte Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) mitzuteilen.9Kommt die unterhaltene Person dieser Verpflichtung nicht nach, ist der Unterhaltsleistende berechtigt, bei der für ihn zuständigen Finanzbehörde die Identifikationsnummer der unterhaltenen Person zu erfragen; - 2.
auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende, lebenslange und wiederkehrende Versorgungsleistungen, die nicht mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben, wenn der Empfänger unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.2Dies gilt nur für - a)
Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung eines Mitunternehmeranteils an einer Personengesellschaft, die eine Tätigkeit im Sinne der §§ 13, 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder des § 18 Absatz 1 ausübt, - b)
Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung eines Betriebs oder Teilbetriebs, sowie - c)
Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung eines mindestens 50 Prozent betragenden Anteils an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, wenn der Übergeber als Geschäftsführer tätig war und der Übernehmer diese Tätigkeit nach der Übertragung übernimmt.
- 3.
Ausgleichsleistungen zur Vermeidung eines Versorgungsausgleichs nach § 6 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 und § 23 des Versorgungsausgleichsgesetzes sowie § 1408 Absatz 2 und § 1587 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, soweit der Verpflichtete dies mit Zustimmung des Berechtigten beantragt und der Berechtigte unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.2Nummer 1 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.3Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) des Berechtigten in der Steuererklärung des Verpflichteten; Nummer 1 Satz 8 und 9 gilt entsprechend; - 4.
Ausgleichszahlungen im Rahmen des Versorgungsausgleichs nach den §§ 20 bis 22 und 26 des Versorgungsausgleichsgesetzes und nach den §§ 1587f, 1587g und 1587i des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der bis zum 31. August 2009 geltenden Fassung sowie nach § 3a des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich, soweit die ihnen zu Grunde liegenden Einnahmen bei der ausgleichspflichtigen Person der Besteuerung unterliegen, wenn die ausgleichsberechtigte Person unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.2Nummer 3 Satz 3 gilt entsprechend.
(2)1Voraussetzung für den Abzug der in Absatz 1 Nummer 2, 3 und 3a bezeichneten Beträge (Vorsorgeaufwendungen) ist, dass sie
- 1.
nicht in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen; ungeachtet dessen sind Vorsorgeaufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2, 3 und 3a zu berücksichtigen, soweit - a)
sie in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweizerischen Eidgenossenschaft erzielten Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit stehen, - b)
diese Einnahmen nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung im Inland steuerfrei sind und - c)
der Beschäftigungsstaat keinerlei steuerliche Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen im Rahmen der Besteuerung dieser Einnahmen zulässt;
- 2.
geleistet werden an - a)
1Versicherungsunternehmen, - aa)
die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben und das Versicherungsgeschäft im Inland betreiben dürfen, oder - bb)
denen die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Inland erteilt ist.
- b)
berufsständische Versorgungseinrichtungen, - c)
einen Sozialversicherungsträger oder - d)
einen Anbieter im Sinne des § 80.
(2a)1Bei Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b hat der Anbieter als mitteilungspflichtige Stelle nach Maßgabe des § 93c der Abgabenordnung und unter Angabe der Vertrags- oder der Versicherungsdaten die Höhe der im jeweiligen Beitragsjahr geleisteten Beiträge und die Zertifizierungsnummer an die zentrale Stelle (§ 81) zu übermitteln.2§ 22a Absatz 2 gilt entsprechend.3§ 72a Absatz 4 und § 93c Absatz 4 der Abgabenordnung finden keine Anwendung.
(2b)1Bei Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 3 hat das Versicherungsunternehmen, der Träger der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, die Künstlersozialkasse oder eine Einrichtung im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a Satz 2 als mitteilungspflichtige Stelle nach Maßgabe des § 93c der Abgabenordnung und unter Angabe der Vertrags- oder der Versicherungsdaten die Höhe der im jeweiligen Beitragsjahr geleisteten und erstatteten Beiträge sowie die in § 93c Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe c der Abgabenordnung genannten Daten mit der Maßgabe, dass insoweit als Steuerpflichtiger die versicherte Person gilt, an die zentrale Stelle (§ 81) zu übermitteln; sind Versicherungsnehmer und versicherte Person nicht identisch, sind zusätzlich die Identifikationsnummer und der Tag der Geburt des Versicherungsnehmers anzugeben.2Satz 1 gilt nicht, soweit diese Daten mit der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung (§ 41b Absatz 1 Satz 2) oder der Rentenbezugsmitteilung (§ 22a Absatz 1 Satz 1 Nummer 4) zu übermitteln sind.3§ 22a Absatz 2 gilt entsprechend.4Zuständige Finanzbehörde im Sinne des § 72a Absatz 4 und des § 93c Absatz 4 der Abgabenordnung ist das Bundeszentralamt für Steuern.5Wird in den Fällen des § 72a Absatz 4 der Abgabenordnung eine unzutreffende Höhe der Beiträge übermittelt, ist die entgangene Steuer mit 30 Prozent des zu hoch ausgewiesenen Betrags anzusetzen.
(3)1Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 sind bis zu dem Höchstbeitrag zur knappschaftlichen Rentenversicherung, aufgerundet auf einen vollen Betrag in Euro, zu berücksichtigen.2Bei zusammenveranlagten Ehegatten verdoppelt sich der Höchstbetrag.3Der Höchstbetrag nach Satz 1 oder 2 ist bei Steuerpflichtigen, die
- 1.
Arbeitnehmer sind und die während des ganzen oder eines Teils des Kalenderjahres - a)
in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfrei oder auf Antrag des Arbeitgebers von der Versicherungspflicht befreit waren und denen für den Fall ihres Ausscheidens aus der Beschäftigung auf Grund des Beschäftigungsverhältnisses eine lebenslängliche Versorgung oder an deren Stelle eine Abfindung zusteht oder die in der gesetzlichen Rentenversicherung nachzuversichern sind oder - b)
nicht der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unterliegen, eine Berufstätigkeit ausgeübt und im Zusammenhang damit auf Grund vertraglicher Vereinbarungen Anwartschaftsrechte auf eine Altersversorgung erworben haben, oder
- 2.
Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 4 erzielen und die ganz oder teilweise ohne eigene Beitragsleistung einen Anspruch auf Altersversorgung erwerben,
(4)1Vorsorgeaufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 und 3a können je Kalenderjahr insgesamt bis 2 800 Euro abgezogen werden.2Der Höchstbetrag beträgt 1 900 Euro bei Steuerpflichtigen, die ganz oder teilweise ohne eigene Aufwendungen einen Anspruch auf vollständige oder teilweise Erstattung oder Übernahme von Krankheitskosten haben oder für deren Krankenversicherung Leistungen im Sinne des § 3 Nummer 9, 14, 57 oder 62 erbracht werden.3Bei zusammen veranlagten Ehegatten bestimmt sich der gemeinsame Höchstbetrag aus der Summe der jedem Ehegatten unter den Voraussetzungen von Satz 1 und 2 zustehenden Höchstbeträge.4Übersteigen die Vorsorgeaufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 die nach den Sätzen 1 bis 3 zu berücksichtigenden Vorsorgeaufwendungen, sind diese abzuziehen und ein Abzug von Vorsorgeaufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3a scheidet aus.
(4a)1Ist in den Kalenderjahren 2013 bis 2019 der Abzug der Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a, Absatz 1 Nummer 3 und Nummer 3a in der für das Kalenderjahr 2004 geltenden Fassung des § 10 Absatz 3 mit folgenden Höchstbeträgen für den Vorwegabzug
Kalenderjahr | Vorwegabzug für den Steuerpflichtigen | Vorwegabzug im Fall der Zusammen- veranlagung von Ehegatten |
---|---|---|
2013 | 2 100 | 4 200 |
2014 | 1 800 | 3 600 |
2015 | 1 500 | 3 000 |
2016 | 1 200 | 2 400 |
2017 | 900 | 1 800 |
2018 | 600 | 1 200 |
2019 | 300 | 600 |
zuzüglich des Erhöhungsbetrags nach Satz 3 günstiger, ist der sich danach ergebende Betrag anstelle des Abzugs nach Absatz 3 und 4 anzusetzen.2Mindestens ist bei Anwendung des Satzes 1 der Betrag anzusetzen, der sich ergeben würde, wenn zusätzlich noch die Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b in die Günstigerprüfung einbezogen werden würden; der Erhöhungsbetrag nach Satz 3 ist nicht hinzuzurechnen.3Erhöhungsbetrag sind die Beiträge nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b, soweit sie nicht den um die Beiträge nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a und den nach § 3 Nummer 62 steuerfreien Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und einen diesem gleichgestellten steuerfreien Zuschuss verminderten Höchstbetrag nach Absatz 3 Satz 1 bis 3 überschreiten; Absatz 3 Satz 4 und 6 gilt entsprechend.
(4b)1Erhält der Steuerpflichtige für die von ihm für einen anderen Veranlagungszeitraum geleisteten Aufwendungen im Sinne des Satzes 2 einen steuerfreien Zuschuss, ist dieser den erstatteten Aufwendungen gleichzustellen.2Übersteigen bei den Sonderausgaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 3a die im Veranlagungszeitraum erstatteten Aufwendungen die geleisteten Aufwendungen (Erstattungsüberhang), ist der Erstattungsüberhang mit anderen im Rahmen der jeweiligen Nummer anzusetzenden Aufwendungen zu verrechnen.3Ein verbleibender Betrag des sich bei den Aufwendungen nach Absatz 1 Nummer 3 und 4 ergebenden Erstattungsüberhangs ist dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen.4Nach Maßgabe des § 93c der Abgabenordnung haben Behörden im Sinne des § 6 Absatz 1 der Abgabenordnung und andere öffentliche Stellen, die einem Steuerpflichtigen für die von ihm geleisteten Beiträge im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2, 3 und 3a steuerfreie Zuschüsse gewähren oder Vorsorgeaufwendungen im Sinne dieser Vorschrift erstatten als mitteilungspflichtige Stellen, neben den nach § 93c Absatz 1 der Abgabenordnung erforderlichen Angaben, die zur Gewährung und Prüfung des Sonderausgabenabzugs nach § 10 erforderlichen Daten an die zentrale Stelle zu übermitteln.5§ 22a Absatz 2 gilt entsprechend.6§ 72a Absatz 4 und § 93c Absatz 4 der Abgabenordnung finden keine Anwendung.
(5) Durch Rechtsverordnung wird bezogen auf den Versicherungstarif bestimmt, wie der nicht abziehbare Teil der Beiträge zum Erwerb eines Krankenversicherungsschutzes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 Buchstabe a Satz 3 durch einheitliche prozentuale Abschläge auf die zugunsten des jeweiligen Tarifs gezahlte Prämie zu ermitteln ist, soweit der nicht abziehbare Beitragsteil nicht bereits als gesonderter Tarif oder Tarifbaustein ausgewiesen wird.
(6) Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b Doppelbuchstabe aa ist für Vertragsabschlüsse vor dem 1. Januar 2012 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Vertrag die Zahlung der Leibrente nicht vor der Vollendung des 60. Lebensjahres vorsehen darf.
(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen hat der Beschwerdeführer zur Begründung der Beschwerde einen bestimmten Sachantrag zu stellen und diesen zu begründen. Die Begründung ist beim Beschwerdegericht einzureichen. Die Frist zur Begründung der Beschwerde beträgt zwei Monate und beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. § 520 Abs. 2 Satz 2 und 3 sowie § 522 Abs. 1 Satz 1, 2 und 4 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.
(2) Die §§ 514, 516 Abs. 3, § 521 Abs. 2, § 524 Abs. 2 Satz 2 und 3, die §§ 527, 528, 538 Abs. 2 und § 539 der Zivilprozessordnung gelten im Beschwerdeverfahren entsprechend. Einer Güteverhandlung bedarf es im Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren nicht.
(3) Beabsichtigt das Beschwerdegericht von einzelnen Verfahrensschritten nach § 68 Abs. 3 Satz 2 abzusehen, hat das Gericht die Beteiligten zuvor darauf hinzuweisen.
(4) Wird die Endentscheidung in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wurde, verkündet, kann die Begründung auch in die Niederschrift aufgenommen werden.
(5) Für die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Fristen zur Begründung der Beschwerde und Rechtsbeschwerde gelten die §§ 233 und 234 Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung entsprechend.
Sind mehrere Unterhaltsberechtigte vorhanden und ist der Unterhaltspflichtige außerstande, allen Unterhalt zu gewähren, gilt folgende Rangfolge:
- 1.
minderjährige Kinder und Kinder im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 2, - 2.
Elternteile, die wegen der Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt sind oder im Fall einer Scheidung wären, sowie Ehegatten und geschiedene Ehegatten bei einer Ehe von langer Dauer; bei der Feststellung einer Ehe von langer Dauer sind auch Nachteile im Sinne des § 1578b Abs. 1 Satz 2 und 3 zu berücksichtigen, - 3.
Ehegatten und geschiedene Ehegatten, die nicht unter Nummer 2 fallen, - 4.
Kinder, die nicht unter Nummer 1 fallen, - 5.
Enkelkinder und weitere Abkömmlinge, - 6.
Eltern, - 7.
weitere Verwandte der aufsteigenden Linie; unter ihnen gehen die Näheren den Entfernteren vor.
Ist der Verpflichtete nach seinen Erwerbs- und Vermögensverhältnissen unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande, ohne Gefährdung des eigenen angemessenen Unterhalts dem Berechtigten Unterhalt zu gewähren, so braucht er nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und die Erwerbs- und Vermögensverhältnisse der geschiedenen Ehegatten der Billigkeit entspricht. Den Stamm des Vermögens braucht er nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien, die türkische Staatsangehörige sind, streiten um Abänderung eines Urteils über nachehelichen Unterhalt. Sie hatten im August 1989 die Ehe geschlossen; im August 1996 wurde der gemeinsame Sohn geboren. Nach der Trennung im Oktober 2002 wurde die Ehe im März 2004 rechtskräftig nach türkischem Recht geschieden.
- 2
- Der Kläger ist Vater eines im März 2005 geborenen weiteren Kindes; seit Juli 2006 ist er mit der Mutter dieses Kindes verheiratet.
- 3
- Am 1. März 2006 wurde der Kläger durch das Amtsgericht - Familiengericht - O. unter Anwendung deutschen Rechts zur Zahlung nachehelichen Unterhalts in Höhe von monatlich 299 € verurteilt. Mit Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Aschaffenburg vom 25. April 2007 wurde die Unterhaltspflicht abgeändert und der Anspruch der Beklagten auf nachehelichen Unterhalt auf monatlich 221 € herabgesetzt. Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt der Kläger den Wegfall seiner Unterhaltspflicht wegen des zum 1. Januar 2008 eingetretenen Gleichrangs seiner neuen Ehefrau mit der Beklagten und des inzwischen erhöhten Selbstbehalts.
- 4
- Das Amtsgericht hat das Urteil vom 25. April 2007 dahingehend abgeändert , dass der Kläger für die Zeit ab dem 23. Juli 2008 keinen nachehelichen Unterhalt mehr schuldet. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten , mit der sie weiterhin nachehelichen Unterhalt in Höhe von monatlich 167 € verlangt hat, zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie ihr zweitinstanzliches Begehren weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2010 - XII ZB 179/10 - FamRZ 2011, 100 Rn. 10).
- 6
- Die Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
I.
- 7
- Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, weil das Amtsgericht ihr zu Recht weiteren nachehelichen Unterhalt versagt habe. Im Abänderungsverfahren sei deutsches Unterhaltsrecht anwendbar, weil auch das abzuändernde Urteil auf deutschem Unterhaltsrecht beruhe. Danach stehe der Beklagten zwar dem Grunde nach ein Unterhaltsanspruch zu, sie könne ihren Bedarf jedoch mit den ihr fiktiv zuzurechnenden Einkünften selbst decken.
- 8
- Die Beklagte habe einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB und auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB. Der von ihr betreute gemeinsame Sohn sei zwar bereits dreizehn Jahre alt. Die Beklagte habe jedoch nachvollziehbar dargelegt, dass der Sohn unter der Trennung seiner Eltern leide und sehr verhaltensauffällig sei und dass seine Betreuung mit einer erheblichen Belastung der Mutter verbunden sei. Der Sohn besuche bis 14 Uhr die Schule. Wegen des Bedarfs nach ergänzender persönlicher Betreuung und der sich daraus für die Beklagte ergebenden psychischen Belastung sei ihr zwar keine Vollzeiterwerbstätigkeit zumutbar. Auch unter Berücksichtigung der erheblichen Verhaltensauffälligkeiten des gemeinsamen Sohnes sei aber keine ständige Betreuung erforderlich. Die Beklagte könne neben der persönlichen Betreuung täglich sechs Stunden arbeiten und bei einem Stundenlohn von 7 € ein monatliches Nettoeinkommen erzielen, das sich nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen auf 682,63 € belaufe.
- 9
- Ein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt stehe der Beklagten schon deswegen nicht zu, weil sie gegenwärtig keine Ausbildung absolviere. Auch unmittelbar nach der Trennung im Jahre 2002 habe sie keine Ausbildung aufgenommen ; bis zur Fortsetzung ihrer Schulausbildung seien vier Jahre vergangen. Der Entschluss zur Weiterbildung sei erst nach der Kündigung eines zwischenzeitlich eingegangenen Arbeitsverhältnisses gefallen, um die Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern.
- 10
- Der Anspruch der Beklagten auf Betreuungsunterhalt sei nach § 1609 Nr. 2 BGB gleichrangig mit dem Unterhaltsanspruch der neuen Ehefrau des Klägers. Ihr Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen sei deswegen im Wege der Dreiteilung des Gesamteinkommens des Unterhaltspflichtigen und der Unterhaltsberechtigten zu ermitteln. Dabei sei der auf der neuen Ehe beruhende Splittingvorteil einzubeziehen. Die jetzige Ehefrau des Klägers sei nicht berufstätig und verfüge über kein Einkommen. Trotz des Alters ihres Kindes und der zeitweisen Betreuung im Kindergarten sei ihr kein fiktives Einkommen zuzurechnen. Den Ehegatten stehe es grundsätzlich frei, ihre Ehe so zu führen, dass ein Ehegatte allein einer Berufstätigkeit nachgehe und der andere sich der Familienarbeit widme. Eine Erwerbspflicht innerhalb der neuen Ehe und die sich daraus ergebende Möglichkeit der fiktiven Zurechnung eines Erwerbseinkommens kämen allenfalls im Verhältnis zu unterhaltsberechtigten minderjährigen Kindern in Betracht.
- 11
- Der Kläger habe im Jahre 2008 ein Nettoeinkommen erzielt, das sich nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen auf 1.762,43 € belaufe. Für die Zeit ab 2009 sei das Einkommen bei nur geringen Veränderungen der Steuerlast fortzuschreiben. Lebe der Unterhaltspflichtige mit einem neuen Partner zusammen , sei im Rahmen der Unterhaltsberechnung grundsätzlich die Ersparnis durch dieses Zusammenleben zu berücksichtigen. Eine Berücksichtigung allein durch Kürzung des Selbstbehalts des Unterhaltspflichtigen sei hingegen nicht möglich, weil sie sonst sowohl dem geschiedenen Ehegatten als auch dem gleichrangigen neuen Ehegatten in gleicher Weise zugutekomme. Der Synergieeffekt könne daher nur in der Weise berücksichtigt werden, dass einerseits der Eigenbedarf des Unterhaltspflichtigen und der Bedarf des mit ihm zusammenlebenden zweiten Ehegatten um einen Prozentsatz gekürzt und der Bedarf des ersten Ehegatten um diesen Prozentsatz angehoben werde. Dies führe zu einer Erhöhung des Bedarfs des ersten Ehegatten um 10 %. Von einer Ersparnis durch das Zusammenleben könne aber nur dann die Rede sein, wenn der gemeinsame Selbstbehalt der Partner gewahrt sei. Dieser betrage 1.800 € und sei allein durch das Einkommen des Klägers nach Abzug des vorrangigen Kindesunterhalts nicht gesichert. In solchen Fällen sei eine Reduzierung des Eigenbedarfs des Unterhaltspflichtigen und des Bedarfs eines mit ihm zusammenlebenden Ehegatten nicht zulässig. Ohne Berücksichtigung eines Synergieeffekts ergebe sich somit ein Unterhaltsbedarf der Beklagten in Höhe von 586,54 €, der durch die von ihr erzielbaren Einkünfte voll gedeckt sei.
II.
- 12
- Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.
- 13
- 1. Zu Recht hat das Oberlandesgericht den Unterhaltsanspruch der Beklagten im Rahmen des vorliegenden Abänderungsverfahrens nach deutschem materiellem Recht beurteilt.
- 14
- Für den hier relevanten nachehelichen Unterhalt ab dem 23. Juli 2008 richtet sich das anwendbare materielle Recht nach den Vorschriften des Haager Übereinkommens über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 2. Oktober 1973 (HUÜ 73; vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 9 Rn. 5). Nach dessen Art. 8 ist in einem Vertragsstaat , in dem eine Ehescheidung ausgesprochen oder anerkannt worden ist, für den nachehelichen Unterhalt zwar das auf die Ehescheidung angewandte Recht maßgebend (vgl. jetzt Art. 5 HUP 2007). Das wäre hier das türkische Recht, weil die Parteien auf der Grundlage ihrer türkischen Staatsangehörigkeit nach diesem Recht geschieden worden sind. Im Ausgangsverfahren hätten die Instanzgerichte den nachehelichen Unterhalt deswegen nach türkischem Recht beurteilen müssen (vgl. Wendl/Dose aaO § 9 Rn. 477 ff.).
- 15
- Hier begehrt der Kläger allerdings Abänderung der früheren Entscheidungen zum nachehelichen Unterhalt vom 1. März 2006 und vom 25. April 2007, die auf der Grundlage des deutschen Unterhaltsrechts ergangen sind. Auch wenn im Ausgangsverfahren über den nachehelichen Unterhalt ein unzutreffendes Unterhaltsstatut angewandt wurde, hat dies im Rahmen der späteren Abänderung dieses Unterhaltstitels Bestand. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ermöglicht § 323 ZPO weder eine von der bisherigen Unterhaltsbemessung unabhängige Neufestsetzung des Unterhalts noch eine abweichende Beurteilung der Verhältnisse, die bereits in dem abzuändernden Titel eine Bewertung erfahren haben. Die Abänderungsentscheidung kann vielmehr nur zu einer den veränderten Verhältnissen entsprechenden Anpassung des Unterhaltstitels führen (Senatsurteil BGHZ 185, 322 = FamRZ 2010, 1150 Rn. 10 ff., 19 ff. und BGH Urteil vom 16. Mai 1979 - IV ZR 57/78 - FamRZ 1979, 694, 695). Entsprechend ist im Rahmen einer Abänderungsklage nach § 323 ZPO auch das dem abzuändernden Titel zugrunde liegende materielle Recht - sei es das inländische oder ein ausländisches - nicht austauschbar, sondern bleibt auch für Art und Höhe der anzupassenden Unterhaltsleistung weiterhin maßgeblich. Die Abänderung vollzieht sich mithin im Rahmen dieses Sachrechts entsprechend der Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse (Senatsurteile vom 1. Juni 1983 - IV b ZR 386/81 - FamRZ 1983, 806, 808 und vom 29. April 1992 - XII ZR 40/91 - FamRZ 1992, 1060, 1062). Das führt hier zur Anwendbarkeit des deutschen Unterhaltsrechts.
- 16
- 2. Im Ansatz zutreffend hat das Berufungsgericht den Unterhaltsbedarf der Beklagten gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemessen. Dabei ist es allerdings der Rechtsprechung des Senats gefolgt und hat den Unterhaltsbedarf unter Berücksichtigung aller nachehelich eingetretenen tatsächlichen Umstände bestimmt. Diese auf dem Wegfall des Stichtagsprinzips basierende Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht für nicht mit dem geltenden Recht vereinbar erklärt (BVerfG FamRZ 2011, 437, 441 ff.). Im Anschluss an diese Entscheidung gibt der Senat diese Rechtsprechung zur Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen (vgl. Senatsurteile BGHZ 175, 182 = FamRZ 2008, 968 Rn. 42 ff. und BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911 Rn. 30 ff.) auf und kehrt für die Bedarfsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu dem seiner früheren Rechtsprechung zugrunde liegenden Stichtagsprinzip zurück.
- 17
- a) Danach werden die ehelichen Lebensverhältnisse im Sinne von § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB grundsätzlich jedenfalls durch die Umstände bestimmt , die bis zur Rechtskraft der Ehescheidung eintreten (vgl. BT-Drucks. 7/650 S. 136; BVerfGE 108, 351, 366 = FamRZ 2003, 1821, 1823 f.; BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 69; Senatsurteile BGHZ 148, 105 = FamRZ 2001, 986, 989 ff.; vom 19. Juli 2000 - XII ZR 161/98 - FamRZ 2000, 1492, 1493; vom 25. November 1998 - XII ZR 98/97 - FamRZ 1999, 367, 368 f.; vom 20. Oktober 1993 - XII ZR 89/92 - FamRZ 1994, 87, 88 f.; vom 18. März 1992 - XII ZR 23/91 - FamRZ 1992, 1045, 1056; vom 13. Juli 1988 - IV b ZR 39/87 - FamRZ 1988, 1031, 1032; vom 11. Mai 1988 - IV b ZR 42/87 - FamRZ 1988, 817, 818 und vom 25. Februar 1987 - IV b ZR 36/86 - FamRZ 1987, 456, 458 f.; vgl. auch Wendl/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 8 Rn. 426 ff.).
- 18
- Bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen sind somit grundsätzlich die Umstände zu berücksichtigen, die das für Unterhaltszwecke verfügbare Einkommen auch schon vor Rechtskraft der Ehescheidung beeinflusst haben (Senatsurteil vom 10. Dezember 1980 - IV b ZR 534/80 - FamRZ 1981, 241 f.). Ebenso ist grundsätzlich auch das Hinzutreten weiterer Unterhaltsberechtigter bis zur rechtskräftigen Ehescheidung zu berücksichtigen. Denn die Unterhaltspflicht gegenüber solchen, vor Rechtskraft der Ehescheidung geborenen weiteren Unterhaltsberechtigten beeinflusst in gleicher Weise die ehelichen Lebensverhältnisse, weil sie auch schon während der später geschiedenen Ehe bestand (vgl. BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 69).
- 19
- aa) Das gilt nach ständiger Rechtsprechung des Senats sowohl für gemeinsame Kinder als auch für Kinder des Unterhaltspflichtigen aus einer neuen Beziehung, die bereits vor Rechtskraft der Ehescheidung geboren sind (Senatsurteile vom 19. Juli 2000 - XII ZR 161/98 - FamRZ 2000, 1492, 1493; vom 25. November 1998 - XII ZR 98/97 - FamRZ 1999, 367, 368 f.; vom 20. Oktober 1993 - XII ZR 89/92 - FamRZ 1994, 87, 88 f.; vom 13. Juli 1988 - IV b ZR 39/87 - FamRZ 1988, 1031, 1032; vom 11. Mai 1988 - IV b ZR 42/87 - FamRZ 1988, 817, 818 und vom 25. Februar 1987 - IV b ZR 36/86 - FamRZ 1987, 456, 458 f.). Dies gilt selbst dann, wenn die Kinder inzwischen volljährig und nach § 1609 Nr. 4 BGB gegenüber dem geschiedenen Ehegatten nachrangig sind (Senatsurteil vom 25. Februar 1987 - IV b ZR 36/86 - FamRZ 1987, 456, 458 f.). Ihr Nachrang wirkt sich dann erst bei Vorliegen eines absoluten Mangelfalles im Rahmen der Leistungsfähigkeit aus (zum Begriff des Mangelfalls vgl. Wendl/Gutdeutsch Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 5 Rn. 1). Die Auswirkungen auf den Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten nach den ehelichen Lebensverhältnissen entfallen erst dann, wenn das Kind selbst nicht mehr unterhaltsberechtigt ist (Senatsurteil vom 20. Juli 1990 - XII ZR 73/89 - FamRZ 1990, 1085, 1087 f.).
- 20
- bb) Nichts anderes gilt für den Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB, den die Mutter eines vor Rechtskraft der Ehescheidung geborenen nichtehelichen Kindes schon während der Ehezeit von dem unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehegatten verlangen kann (so auch Gutdeutsch FamRZ 2011, 523, 524; Maier FuR 2011, 182, 184). Auch diese Unterhaltspflicht hat die ehelichen Lebensverhältnisse der Ehegatten bereits beeinflusst. Weil der geschiedene Ehegatte nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB Anspruch auf einen den ehelichen Lebensverhältnissen entsprechenden Unterhalt hat, ist es in solchen Fällen gerechtfertigt und sogar geboten, bei der Unterhaltsbemessung den Unterhaltsanspruch nach § 1615 l BGB in der geschuldeten Höhe vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen vorab abzuziehen (vgl. Senatsurteile vom 20. Oktober 1993 - XII ZR 89/92 - FamRZ 1994, 87, 88 f. und vom 25. Februar 1987 - IV b ZR 36/86 - FamRZ 1987, 456, 458 f.). Der abweichenden Auffassung (Götz/Brudermüller NJW 2011, 2609, 2610; Maurer FamRZ 2011, 849, 856), wonach Unterhaltsansprüche nach § 1615 l BGB die ehelichen Lebensverhältnisse nicht beeinflussen, auch wenn sie bereits vor Rechtskraft der Ehescheidung entstanden sind, vermag der Senat nicht zu folgen. Soweit Maurer darauf hinweist, dass der Unterhaltsberechtigte von den erst während der Ehe hinzugekommenen Unterhaltspflichten seines Ehegatten im Zeitpunkt der Heirat noch nichts wusste, während er über die Unterhaltspflicht gegenüber vorehelich geborenen Kindern grundsätzlich informiert sei, überzeugt dies nicht. Nach dem genannten Verständnis des Begriffs der ehelichen Lebensverhältnisse in § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB, das auch der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 69 f.) zugrunde liegt, kommt es nicht auf die Kenntnis des unterhaltsberechtigten Ehegatten im Zeitpunkt der Heirat, sondern nur darauf an, dass die Unterhaltspflicht noch während der Ehe entstanden ist und somit das in dieser Zeit für den Lebensbedarf der Ehegatten verfügbare Einkommen beeinflusst hat. Auch das weitere Gegenargument, welches darauf abstellt, dass sich der Bedarf der Mutter eines während der Ehezeit nichtehelich geborenen Kindes gemäß §§ 1615 l Abs. 3 Satz 1, 1610 Abs. 1 BGB nach ihrer eigenen Lebensstellung richtet und somit den Bedarf der geschiedenen Ehefrau nach den ehelichen Lebensverhältnissen übersteigen könne , überzeugt nicht. Denn ob die Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes tatsächlich höheren Unterhalt als die geschiedene Ehefrau bekommt, lässt sich erst unter Berücksichtigung des Halbteilungsgrundsatzes beantworten, der nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats bereits im Rahmen der Bemessung ihres Unterhaltsbedarfs zu berücksichtigen ist (Senatsurteil vom 15. Dezember 2004 - XII ZR 121/03 - FamRZ 2005, 442 Rn. 13 ff.). Selbst wenn die Wahrung der Halbteilung auch insoweit erst ein Umstand der Leistungsfähigkeit nach § 1603 Abs. 1 BGB wäre, könnten unbillige Ergebnisse auf dieser Stufe vermieden werden.
- 21
- cc) Danach hatte die noch fortbestehende Unterhaltspflicht des Klägers gegenüber dem ehegemeinsamen Kind bereits die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien bestimmt. Das Oberlandesgericht hat den insoweit nach § 1610 Abs. 1 BGB angemessenen Unterhalt deswegen zu Recht vorab vom Einkommen des Klägers abgezogen, bevor es den Unterhaltsbedarf der Beklagten ermittelt hat.
- 22
- b) Die ehelichen Lebensverhältnisse im Sinne von § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB können aber auch durch solche Umstände beeinflusst werden, die erst nach Rechtskraft der Ehescheidung entstanden sind und mit der Ehe in Zusammenhang stehen.
- 23
- aa) Dies setzt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zumindest einen gewissen Bezug zu den ehelichen Lebensverhältnissen voraus , damit die Auslegung noch vom Wortlaut des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB gedeckt ist (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 70). Solches ist bei Entwicklungen der Fall, die einen Anknüpfungspunkt in der Ehe finden, also gleichsam in ihr angelegt waren, oder die bei Fortbestand der Ehe auch deren Verhältnisse geprägt hätten (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 70; Senatsurteile BGHZ 153, 358 = FamRZ 2003, 590, 591 f.; vom 18. März 1992 - XII ZR 23/91 - FamRZ 1992 - 1045, 1046 f. und vom 16. März 1988 - IV b ZR 40/87 - FamRZ 1988, 701, 703). An dieser Rechtsprechung zur Berücksichtigung der bereits in der Ehe angelegten nachehelichen Veränderungen bei der Bemessung der ehelichen Lebensverhältnisse nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 hält der Senat fest (vgl. auch Borth FamRZ 2011, 445, 446; Graba FF 2011, 102, 103 und Born FF 2011, 136, 138 f., 142).
- 24
- bb) Einfluss auf die Unterhaltsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen können nach Rechtskraft der Ehescheidung eingetretene Umstände also insbesondere dann haben, wenn sie auch bei fortbestehender Ehe eingetreten wären (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 64, 70; Senatsurteil vom 27. November 1985 - IV b ZR 87/84 - FamRZ 1986, 148, 149). Gleiches gilt, wenn die späteren Umstände bereits in anderer Weise in der Ehe angelegt und mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten waren (Senatsurteil vom 16. März 1988 - IV b ZR 40/87 - FamRZ 1988, 701, 703). Nacheheliche Einkommensänderungen bestimmen somit insbesondere dann die ehelichen Lebensverhältnisse , wenn es sich um bereits während der Ehezeit absehbare Entwicklungen handelt. Das gilt sowohl für einen nicht vorwerfbaren nachehelichen Einkommensrückgang (Senatsurteil BGHZ 153, 358 = FamRZ 2003, 590, 591 f.) als auch für eine nicht vorwerfbare nacheheliche Arbeitslosigkeit oder den Beginn der Regelaltersrente (Senatsurteil BGHZ 163, 187 = FamRZ 2005, 1479, 1480).
- 25
- Die Einkünfte aus einer nachehelich aufgenommenen Erwerbstätigkeit des Unterhaltsberechtigten sind als Surrogat der Haushaltstätigkeit und Kindererziehung während der Ehe zu behandeln und somit ebenfalls bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu berücksichtigen (Senatsurteil BGHZ 148, 105 = FamRZ 2001, 986, 988 ff.; BVerfGE 105, 1 = FamRZ 2002, 527). Ein hinreichender Bezug zur Ehe ist in dem erst nachehelich erzielten Erwerbseinkommen deswegen zu erblicken, weil die Erwerbstätigkeit mit zunehmendem Alter der gemeinsamen Kinder auch bei fortbestehender Ehe zu erwarten gewesen wäre.
- 26
- c) Ohne Auswirkung auf den Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen bleibt hingegen eine nacheheliche Entwicklung, die keinen Anknüpfungspunkt in der Ehe findet. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts insbesondere für die Unterhaltspflicht gegenüber einem neuen Ehegatten, die erst durch die Scheidung der ersten Ehe eintreten kann (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 70). Gleiches gilt für die aus der neuen Ehe hervorgehenden finanziellen Vorteile, wie den Splittingvorteil (BVerfGE 108, 351 = FamRZ 2003, 1821, 823 f. und Senatsurteile BGHZ 163, 84 = FamRZ 2005, 1817, 1819 und vom 23. Mai 2007 - XII ZR 245/04 - FamRZ 2007, 1232 Rn. 15 ff.) oder sonstige, von der neuen Ehe abhängige Einkommenszuschläge (Senatsurteil BGHZ 171, 206 = FamRZ 2007, 793 Rn. 44 ff.). Der Splittingvorteil des geschiedenen Ehegatten aus seiner neuen Ehe muss bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs der geschiedenen Unterhaltsberechtigten unberücksichtigt bleiben, weil dieser auf seiner neuen Ehe beruht und nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dieser neuen Ehe verbleiben muss (BVerfGE 108, 351 = FamRZ 2003, 1821, 1823 f.; Senatsbeschluss BGHZ 163, 84 = FamRZ 2005, 1817, 1819). Auch der Vorteil des Zusammenlebens des Klägers in seiner neuen Ehe kann sich nur im Rahmen der Konkurrenz des Unterhaltsanspruchs seiner neuen Ehefrau mit dem Unterhaltsanspruch der Beklagten im Rahmen der Leistungsfähigkeit auswirken, nicht hingegen auf die gebotene Bedarfsbemessung im Wege der Halbteilung der ehelichen Lebensverhältnisse (Schwamb FamRB 2011, 120, 122; a.A. wohl Maurer FamRZ 2011, 849, 860).
- 27
- Auch die Unterhaltspflicht für ein nachehelich geborenes Kind und der Betreuungsunterhalt für dessen nicht mit dem Vater verheiratete Mutter nach § 1615 l BGB sind bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs eines geschiedenen Ehegatten nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht zu berücksichtigen. Insoweit fehlt es für die erst nachehelich entstandenen Umstände an der erforderlichen Anknüpfung an die geschiedene Ehe. Solche Unterhaltsansprüche sind weder in der Ehe angelegt noch bei fortbestehender Ehe mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten (so auch Götz/Brudermüller NJW 2011, 801, 805; Borth FamRZ 2011, 445, 446 f.; Maurer FamRZ 2011, 849, 855; Born FF 2011, 136, 142 und Maier FuR 2011, 182, 184). Der abweichenden Auffassung von Gutdeutsch (FamRZ 2011, 523, 524 und Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597) vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Soweit darauf abgestellt wird, dass solche von einer Wiederheirat unabhängige Unterhaltspflichten auch bei fortbestehender Ehe möglich sind, überzeugt dies nicht. Denn bei fortbestehender Ehe besteht jedenfalls nicht die vom Bundesverfassungsgericht (FamRZ 2011, 437 Rn. 64) geforderte hohe Wahrscheinlichkeit der Geburt weiterer Kinder aus einer anderen Verbindung. Das Gebot der Gleichbehandlung aller ehelich oder nachehelich geborenen minderjährigen Kinder (Art. 6 Abs. 5 GG) kann eine Berücksichtigung nachehelich geborener Kinder bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen ebenfalls nicht begründen. Denn nach § 1609 Nr. 1 BGB stehen die Unterhaltsansprüche minderjähriger und privilegiert volljähriger Kinder ohnehin stets im ersten Rang. Unabhängig davon, ob sie den Unterhaltsbedarf eines geschiedenen Ehegatten beeinflussen oder nicht, sind ihre Ansprüche im Rahmen der Leistungsfähigkeit stets vorab zu befriedigen, was die von der Verfassung gebotene Gleichbehandlung sicherstellt (vgl. auch Maurer FamRZ 2011, 849, 856).
- 28
- d) Soweit die Umstände der geschiedenen Ehegatten bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu berücksichtigen sind, ist schon insoweit der Halbteilungsgrundsatz zu beachten. Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung darauf hingewiesen, dass Unterschiede im Einkommen der geschiedenen Ehegatten nicht zu einer unterschiedlichen Beurteilung ihrer ehelichen Lebensverhältnisse führen. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die von beiden erwerbstätigen Ehegatten erzielten Einkünfte ihnen gleichmäßig zugutekommen, soweit nicht jedem für erhöhte berufsbedingte Aufwendungen ein Anteil seines Einkommens vorab allein zugerechnet wird (Senatsurteile vom 31. März 1982 - IV b ZR 652/80 - FamRZ 1982, 575 f. und vom 10. Dezember 1980 - IV b ZR 534/80 - FamRZ 1981, 241). Entsprechend ist den geschiedenen Ehegatten bei der Unterhaltsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen das Einkommen, das den Lebensstandard ihrer Ehe geprägt hat, grundsätzlich hälftig zuzuordnen, unabhängig davon, ob es nur von einem oder von beiden Ehegatten erzielt wird (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 46; BVerfGE 105, 1, 12 = FamRZ 2002, 527 und BVerfGE 63, 88, 109 = FamRZ 1983, 342; so auch Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597 und Graba FF 2011, 102, 105).
- 29
- Ausnahmen von dieser Halbteilung im Rahmen der Bedarfsbemessung sind nur dann geboten, wenn im Einzelfall nach der Rechtsprechung des Senats ein Mindestbedarf geschuldet ist (Senatsurteile BGHZ 184, 13 = FamRZ 2010, 357 Rn. 25 ff. und vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Rn. 32 f.) oder wegen besonders hoher Einkünfte bei nur eingeschränkter Verwendung für den Lebensunterhalt eine konkrete Bedarfsbemessung erforderlich ist (vgl. Senatsurteile vom 10. November 2010 - XII ZR 197/08 - FamRZ 2011, 192 Rn. 21 ff. und vom 11. August 2010 - XII ZR 102/09 - FamRZ 2010, 1637 Rn. 26 ff.). In allen anderen Fällen wird durch die pauschale Bedarfsbemessung im Wege der Quotenmethode hinsichtlich aller im Rahmen des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB zu berücksichtigenden Umstände der Halbteilungsgrundsatz gewahrt.
- 30
- e) Danach hat die Beklagte als geschiedene Ehefrau einen Unterhaltsbedarf , der sich auf der Grundlage ihres Einkommens und des Einkommens des Klägers ohne den Splittingvorteil aus der neuen Ehe und unabhängig von dem Unterhaltsbedarf seiner neuen Ehefrau und des nachehelich geborenen Kindes bemisst.
- 31
- Auf dieser rechtlichen Grundlage kann bereits der Bedarf der Beklagten nicht abschließend ermittelt werden. Denn das Oberlandesgericht hat lediglich das Einkommen des Klägers in seiner neuen Ehe festgestellt und in konsequenter Anwendung der früheren Rechtsprechung zur Dreiteilung bei der Bedarfsbemessung den Splittingvorteil nicht eliminiert. Der Unterhaltsbedarf ergibt sich jedoch aus der Hälfte der nach Abzug des jeweiligen Erwerbstätigenbonus errechneten Differenz der Einkünfte des Klägers ohne Splittingvorteil nach Abzug des Kindesunterhalts (vgl. Senatsurteil vom 23. Mai 2007 - XII ZR 245/04 - FamRZ 2007, 1232 Rn. 29 ff.) mit dem fiktiven Einkommen der Beklagten. Auf der Grundlage der Feststellungen des Oberlandesgerichts ist eine solche Bedarfsermittlung nicht möglich.
- 32
- 3. Bei der Bemessung der Leistungsfähigkeit des Klägers nach § 1581 BGB sind hingegen auch weitere Umstände zu berücksichtigen, die nicht bereits Einfluss auf die Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen gehabt haben.
- 33
- a) Auch im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ist der Grundsatz zu beachten, dass die Unterhaltspflicht im Hinblick auf seine allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG nicht unverhältnismäßig und unzumutbar sein darf. Soweit dieser Grundsatz nicht bereits bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen berücksichtigt wurde, ist er jedenfalls bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit im Rahmen des § 1581 BGB zu beachten, da der eigene angemessene Unterhalt nicht geringer sein darf als der an den Unterhaltsberechtigten zu leistende Betrag (Senatsurteil BGHZ 109, 72 = FamRZ 1990, 260, 264; so auch Wellenhofer FF 2011, 144, 147; Borth FamRZ 2011, 445, 448 f.; Graba FF 2011, 102, 105; Gutdeutsch FamRZ 2011, 523, 524 f.; Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597, 598 f. und Maier FuR 2011, 182; aA Maurer FamRZ 2011, 849, 856 f.).
- 34
- Übersteigt der Bedarf des Unterhaltsberechtigten den Betrag, der dem Unterhaltspflichtigen für den eigenen Unterhalt verbleibt, liegt somit zwischen ihnen ein relativer Mangelfall vor, der zugleich zur Kürzung des Unterhalts des Berechtigten und des individuellen Selbstbehalts des Unterhaltspflichtigen führt. Entsprechend hat der Senat schon in der Vergangenheit den individuellen Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen als "Kehrseite" des Unterhaltsbedarfs des Berechtigten behandelt und den angemessenen Unterhalt im Sinne von § 1581 BGB, bei dessen Gefährdung die Billigkeitsabwägung einzusetzen hat, mit dem Unterhaltsbedarf des Berechtigten nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB gleichgesetzt (Senatsurteil BGHZ 109, 72 = FamRZ 1990, 260, 264). Soweit der Senat in seiner Rechtsprechung zur Dreiteilung bei der Bedarfsbemessung davon abgewichen war, weil es dessen nach dieser Systematik nicht mehr bedurfte (Senatsurteil BGHZ 166, 351 = FamRZ 2006, 683 Rn. 20 ff.), hält er daran nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht fest. Diese Änderung der früheren Rechtsprechung hatte der Senat ausdrücklich darauf zurückgeführt, dass er zur Wahrung des Halbteilungsgrundsatzes auch nacheheliche Änderungen bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB berücksichtigt hatte. Nachdem das Bundesverfassungsgericht diese Rechtsprechung für nicht mit dem Gesetz vereinbar erklärt hat und der Senat deswegen zu seiner früheren Rechtsprechung zur Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen zurückkehrt, bedarf es auch des Rückgriffs auf die frühere Rechtsprechung zur Wahrung der Halbteilung im Rahmen des § 1581 BGB.
- 35
- Erst wenn für den Unterhaltspflichtigen die Untergrenze seines eigenen angemessenen Selbstbehalts erreicht ist (Senatsurteil BGHZ 166, 351 = FamRZ 2006, 683 Rn. 16 ff.) und somit ein absoluter Mangelfall vorliegt, wirkt sich dies allein auf den Unterhalt der Berechtigten aus (vgl. Wendl/Gutdeutsch Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 5 Rn. 1). Dann sind die Ansprüche der Unterhaltsberechtigten entsprechend der in § 1609 BGB geregelten Rangfolge und bei Gleichrang anteilig zu kürzen.
- 36
- Diese Rechtsprechung führt dazu, dass im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nach § 1581 BGB auch nachehelich geborene minderjährige oder privilegiert volljährige Kinder vorrangig zu berücksichtigen sind, weil deren Unterhalt nach § 1609 Nr. 1 BGB stets im ersten Rang geschuldet ist. Dass die Unterhaltspflicht für diese Kinder erst nachehelich entstanden ist, ist im Rahmen der Leistungsfähigkeit unerheblich, weil insoweit für die weiteren Unterhaltsberechtigten kein Vertrauensschutz dahingehend besteht , dass sich durch Wiederheirat und Gründung einer Zweitfamilie des Unterhaltspflichtigen der Kreis der unterhaltsberechtigten Personen nicht vergrößert und seine Unterhaltsquote nicht gekürzt wird (BT-Drucks. 16/1830 S. 24).
- 37
- b) Schließlich muss der Unterhaltspflichtige nach § 1581 BGB nur insoweit Unterhalt leisten, als es mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und Erwerbsund Vermögensverhältnisse der geschiedenen Ehegatten der Billigkeit entspricht , wenn er nach seinen Erwerbs- und Vermögensverhältnissen unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung des eigenen angemessenen Unterhalts den vollen Unterhalt der Unterhaltsberechtigten zu zahlen. Die Leistungsfähigkeit gegenüber einzelnen Unterhaltsberechtigten hängt mithin grundsätzlich auch von weiteren Unterhaltsverpflichtungen als sonstigen Verpflichtungen im Sinne des § 1581 Satz 1 BGB ab.
- 38
- Insoweit kann allerdings der Rang der verschiedenen Unterhaltspflichten nicht unberücksichtigt bleiben. Dafür spricht bereits die gesetzliche Systematik, derzufolge Kapitel 3 mit den §§ 1581 ff. BGB als "Leistungsfähigkeit und Rangfolge" bezeichnet ist. Hinzu kommt, dass die frühere gesetzliche Regelung in § 1582 BGB einen ausdrücklichen Bezug auf § 1581 BGB enthielt. Im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen war mithin der Rang eines geschiedenen und eines neuen Ehegatten zu berücksichtigen. Durch die Änderung der Rangvorschrift ist zwar der ausdrückliche Bezug auf § 1581 BGB entfallen. Dabei ist der Gesetzgeber allerdings davon ausgegangen, dass die Ursache für die Entstehung von Mangelfällen vielfach in der Heirat und der Grün- dung einer neuen Familie nach Ehescheidung begründet liegt. Insoweit hat er nicht mehr auf die zeitliche Priorität der Eheschließung, sondern allein auf die Schutzbedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten abgestellt, der sich im Rang nach § 1609 niederschlägt (BT-Drucks. 16/830 S. 22 f.). Aus der Gesetzesbegründung geht mithin hervor, dass im Rahmen der nach § 1581 BGB gebotenen Billigkeitsabwägung nach wie vor der Rang verschiedener Unterhaltsberechtigter zu berücksichtigen ist (so auch Maurer FamRZ 2011, 849, 857; Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597, 601 und 2011, 772, 773, 775; Schwamb FamRB 2011, 120, 121).
- 39
- c) Die Darlegungs- und Beweislast für seine nur eingeschränkte Leistungsfähigkeit trägt grundsätzlich der Unterhaltspflichtige (Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 6 Rn. 721 ff.). Damit trifft den Unterhaltspflichtigen auch die Darlegungs- und Beweislast für seine "sonstigen Verpflichtungen", insbesondere für den Unterhaltsbedarf nachehelich hinzugekommener weiterer Unterhaltsberechtigter (so auch Gerhardt/ Gutdeutsch FamRZ 2011, 597 f.). Im Ergebnis hatte der Senat dies bereits auf der Grundlage seiner früheren Rechtsprechung ausgesprochen (Senatsurteil vom 14. April 2010 - XII ZR 89/08 - FamRZ 2010, 869 Rn. 36 mwN).
- 40
- d) Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen gegenüber einem geschiedenen Ehegatten wird somit auch durch sonstige vor- oder gleichrangige Unterhaltspflichten beeinflusst. Das gilt insbesondere bei nachehelich hinzugekommenen Unterhaltspflichten für einen neuen Ehegatten oder die Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes nach § 1615 l BGB.
- 41
- aa) Ist die geschiedene Ehefrau wegen langer Ehedauer oder der Betreuung eines gemeinsamen Kindes gegenüber dem hinzugetretenen Anspruch auf Betreuungsunterhalt der Mutter des nachehelich geborenen Kindes nach § 1609 Nr. 2 BGB gleichrangig, sind im Rahmen der Billigkeitsprüfung des § 1581 BGB grundsätzlich auch die neu hinzugekommenen Unterhaltsverpflichtungen zu berücksichtigen.
- 42
- (1) Der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte kann dann nicht mehr den vollen Unterhalt im Wege der Halbteilung verlangen, weil dem Unterhaltspflichtigen nur ein gleich hoher Betrag seines Einkommens verbliebe, der für seinen eigenen Unterhalt und den hinzugetretenen gleichrangigen Betreuungsunterhalt zu verwenden wäre. Sowohl dem Unterhaltspflichtigen als auch dem gleichrangig hinzugetretenen Unterhaltsberechtigten verbliebe dann deutlich weniger als dem geschiedenen Ehegatten zustünde. Dies führt zu einem relativen Mangelfall zwischen dem Unterhaltspflichtigen und dem geschiedenen Ehegatten, der zu einer Kürzung des Unterhaltsanspruchs nach Billigkeit führen muss. Dem Unterhaltspflichtigen muss im Verhältnis zum geschiedenen Ehegatten somit mehr als die Hälfte des Einkommens verbleiben, um auch den hinzugekommenen Betreuungsunterhalt seines neuen Ehegatten oder einen nachehelich entstandenen Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB erfüllen zu können. Wenn die Instanzgerichte diese wechselseitige Beeinflussung im Rahmen der nach § 1581 BGB gebotenen Billigkeit bei gleichrangigen Unterhaltsberechtigten grundsätzlich im Wege der Dreiteilung des vorhandenen Gesamteinkommens lösen, ist dies aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden (so auch Borth FamRZ 2011, 445, 449; Schwamb FamRB 2011, 120, 122; Gutdeutsch FamRZ 2011, 523, 525; Wohlgemuth FuR 2011, 311, 312; Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597, 598; Wendl/Gutdeutsch Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 5 Rn. 107 ff.; aA Maurer, 2011, 849, 858 f.; Götz/Brudermüller NJW 2011, 2609 f. und NJW 2011, 801,
806).
- 43
- Einer solchen Berücksichtigung eines gleichrangigen Unterhaltsberechtigten im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach § 1581 BGB steht die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht entgegen. Der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (FamRZ 2011, 437) lag der Fall einer nachrangigen zweiten Ehefrau zugrunde, während die Unterhaltsansprüche der Beklagten und der neuen Ehefrau des Klägers hier nach § 1609 Nr. 2 BGB im gleichen Rang stehen. Das Bundesverfassungsgericht hat die Rechtsprechung des Senats auch nur insoweit für nicht mit dem Gesetz vereinbar erachtet, als bereits der Unterhaltsbedarf durch nachehelich hinzugetretene weitere Unterhaltspflichten beeinflusst werden sollte. Dabei hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich auf die im Gesetz vorgegebene Trennung zwischen Bedarfsbemessung einerseits sowie Leistungsfähigkeit und Rang andererseits abgestellt (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 55). Ergänzend hat das Bundesverfassungsgericht aber auch darauf hingewiesen, dass einander nachfolgende Ehen durch Art. 6 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG gleichrangig und gleichwertig geschützt werden (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 46; BVerfGE 108, 351, 364 und 66, 84, 94 f.). Selbst wenn dadurch Modifikationen des Grundsatzes gleicher Teilhabe nicht ausgeschlossen sind, ist der gleichrangige und gleichwertige Schutz verschiedener Ehen jedoch grundsätzlich im Rahmen der nach § 1581 BGB gebotenen Billigkeit zu berücksichtigen (vgl. auch Wendl/ Gutdeutsch aaO § 5 Rn. 105 ff.; Gutdeutsch/Gerhardt FamRZ 2011, 597, 598; Maurer FamRZ 2011, 849, 851 f.). Die aus dem zeitlichen Ablauf folgende Privilegierung des Unterhaltsanspruchs eines geschiedenen Ehegatten gegenüber einem nachfolgenden Ehegatten ist für die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen und die Rangfolge der Unterhaltsberechtigten durch das zum 1. Januar 2008 in Kraft getretene Unterhaltsrechtsänderungsgesetz ausdrücklich abgeändert worden (BT-Drucks. 16/1830 S. 23).
- 44
- (2) Soweit im Rahmen der Leistungsfähigkeit gegenüber einem geschiedenen und einem gleichrangigen neuen Ehegatten bei der Billigkeitsabwägung eine Dreiteilung des vorhandenen Einkommens erfolgt, ist nach den Grundsätzen der bisherigen Senatsrechtsprechung das gesamte Einkommen aller Beteiligten zu berücksichtigen (vgl. insoweit Senatsurteile BGHZ 179, 196 = FamRZ 2009, 411 Rn. 39 f. und BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911 Rn. 40 ff.).
- 45
- Der im Rahmen der Billigkeitsabwägung zu berücksichtigende Unterhaltsbedarf eines konkurrierenden neuen Ehegatten ist auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den ehelichen Lebensverhältnissen wegen des insoweit zu beachtenden Prioritätsgrundsatzes abhängig vom Unterhalt einer geschiedenen Ehefrau zu bemessen (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 48, 69 f., 72; Gutdeutsch FamRZ 2011, 523, 524; Gerhardt/ Gutdeutsch FamRZ 2011, 772, 773; Borth FamRZ 2011, 445, 447 f.; Graba FamRZ 2010, 1131, 1135; Maurer FamRZ 2011, 849, 852; Wohlgemuth FuR 2011, 311, 312; Wendl/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 4 Rn. 428; Wendl/Gutdeutsch aaO § 5 Rn. 807 und § 5 Rn. 107). Gegen die abweichende Auffassung (Götz/Brudermüller NJW 2011, 801, 806 und NJW 2011, 2609; Maier FuR 2011, 182 und Wendl/Scholz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 3 Rn. 83) spricht schon, dass die Annahme, dass einem nachfolgenden Ehegatten sonst lediglich ¼ des verfügbaren Einkommens verbleibe, wenn der geschiedene Ehegatte bei der Bedarfsbemessung vorab berücksichtigt werde, so nicht zutrifft. Denn der endgültige Unterhaltsbedarf des neuen Ehegatten lässt sich erst im Zusammenspiel mit der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen gegenüber seinem geschiedenen Ehegatten bemessen. Verbleibt dem Unterhaltspflichtigen gegenüber dem geschiedenen Ehegatten ein höherer Betrag, wirkt sich dies zugleich auf den im Wege der Halbteilung zu ermittelnden Bedarf seines mit ihm zusammenlebenden neuen Ehegatten aus.
- 46
- Synergieeffekte durch das Zusammenleben des Unterhaltspflichtigen in einer neuen Ehe können auch in diesem Zusammenhang nicht allein durch eine Absenkung des angemessenen Selbstbehalts berücksichtigt werden, weil dies nur den beiden Unterhaltsberechtigten in gleicher Weise zugutekäme. Statt dessen kann dem Vorteil des Zusammenwohnens, der für jeden Ehegatten der neuen Ehe mit 10 % in Ansatz zu bringen ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 186, 350 = FamRZ 2010, 1535 Rn. 45), dadurch Rechnung getragen werden, dass die den zusammenlebenden Ehegatten zur Verfügung stehenden Mittel entsprechend gekürzt werden und der Unterhalt des geschiedenen Ehegatten entsprechend erhöht wird (vgl. Graba FF 2011, 102, 104 und Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597, 599). Im absoluten Mangelfall kann der Selbstbehalt aus diesen Gründen gekürzt und bis auf sein Existenzminimum herabgesetzt werden (Senatsurteil vom 9. Januar 2008 - XII ZR 170/05 - FamRZ 2008, 594 Rn. 34 ff.).
- 47
- Im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 1581 BGB ist in die bei gleichrangigen Unterhaltsberechtigten mögliche Dreiteilung das gesamte unterhaltsrelevante Einkommen des Unterhaltspflichtigen und der Unterhaltsberechtigten einzubeziehen. Das schließt auch Einkünfte aus einem nachehelichen Karrieresprung ein, die lediglich die nachehelich hinzu getretene Unterhaltspflicht auffangen (Senatsurteil BGHZ 179, 196 = FamRZ 2009, 411 Rn. 32 ff.). Auch der Splittingvorteil einer neuen Ehe muss im Rahmen der Dreiteilung der vorhandenen Einkommen bei der Leistungsfähigkeit nicht eliminiert werden, weil eine gleichrangige Unterhaltspflicht aus einer neuen Ehe regelmäßig zu einer Kürzung der Unterhaltsansprüche des geschiedenen Ehegatten führt (vgl. Senatsurteile vom 14. April 2010 - XII ZR 89/08 - FamRZ 2010, 869 Rn. 33; BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911 Rn. 47 und vom 1. Oktober 2008 - XII ZR 62/07 - FamRZ 2009, 23 Rn. 32).
- 48
- bb) Ist der Unterhaltsanspruch des neuen Ehegatten gegenüber dem Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten vorrangig, ist es im Rahmen des § 1581 Satz 1 BGB erst recht geboten, diesen Unterhaltsanspruch im Rahmen der Leistungsfähigkeit gegenüber dem geschiedenen Ehegatten zu berücksichtigen. Allerdings führt der bei gleichrangigen Ehegatten gewählte Weg der Dreiteilung aller vorhandenen Einkünfte zunächst lediglich zu einer annähernden Angleichung der Lebensumstände der geschiedenen und der neuen Ehefrau.
- 49
- cc) Ist ein neuer Ehegatte hingegen gegenüber dem geschiedenen Ehegatten nachrangig, ist dessen Unterhaltsanspruch im Rahmen der Leistungsfähigkeit gegenüber dem geschiedenen Ehegatten nicht als sonstige Verpflichtung zu berücksichtigen. In solchen Fällen ist der Unterhaltspflichtige deswegen regelmäßig in Höhe des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen leistungsfähig. Allerdings ist ein neuer Ehegatte nur dann nach § 1609 Nr. 3 BGB nachrangig, wenn aus der neuen Beziehung kein weiteres minderjähriges Kind hervorgegangen ist, das noch betreut werden muss. Weil sein Unterhaltsanspruch im Rahmen der Unterhaltskonkurrenz mit dem geschiedenen Ehegatten nach den §§ 1581, 1609 Nr. 2 BGB als hypothetischer nachehelicher Unterhalt zu bemessen ist, ist dann ein von ihm erzielbares Einkommen zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteil BGHZ 183, 197 = FamRZ 2010, 111 Rn. 46 ff.).
- 50
- dd) Im Einzelfall erlaubt die nach § 1581 BGB gebotene Billigkeitserwägung allerdings auch davon abweichende Ergebnisse, die neben dem Rang auf weitere individuelle Umstände gestützt werden können (vgl. insoweit Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 772, 773 f.; Gutdeutsch FamRZ 2011, 523, 525; Schwamb FamRB 2011, 120, 123 und Maier FuR 2011, 182, 184). Als weiteres Billigkeitskriterium ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Min- destbedarf eines Unterhaltsberechtigten gedeckt wird (vgl. BT-Drucks. 16/1830 S. 24; Götz/Brudermüller NJW 2011, 801, 807).
- 51
- e) Auch auf der Grundlage dieser Rechtsprechung zur Leistungsfähigkeit des Klägers lässt sich der Rechtsstreit nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht abschließend entscheiden.
- 52
- Zwar kann im Rahmen der Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Klägers gegenüber der Beklagten und seiner neuen Ehefrau, deren Unterhaltsansprüche wegen Betreuung gemeinsamer minderjähriger Kinder nach § 1609 Nr. 2 BGB gleichrangig sind, auf das gesamte vorhandene Einkommen einschließlich des Splittingvorteils aus der neuen Ehe zurückgegriffen werden (vgl. Senatsurteil BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911 Rn. 46 ff.). Gleichwohl lässt sich auch die Leistungsfähigkeit des Klägers gegenüber der Beklagten nicht abschließend beurteilen, weil das Berufungsgericht entgegen der nach seiner Entscheidung ergangenen Rechtsprechung des Senats nicht festgestellt hat, in welchem Umfang ein Erwerbseinkommen der neuen Ehefrau des Klägers zurechenbar ist, obwohl diese im Hinblick auf das Alter des gemeinsamen Kindes und den Kindergartenbesuch jedenfalls zu einer teilschichtigen Erwerbstätigkeit in der Lage wäre.
- 53
- 4. Das angefochtene Urteil ist deswegen aufzuheben und der Rechtsstreit ist zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen.
- 54
- Das Oberlandesgericht wird zunächst klären müssen, in welchem Umfang der neuen Ehefrau des Klägers ein eigenes Einkommen zuzurechnen ist. Auf die Leistungsfähigkeit des Klägers gegenüber der Beklagten als seiner geschiedenen Ehefrau wirkt sich dies wegen des Gleichrangs der beiden Unterhaltsberechtigten im Rahmen der Dreiteilung des gesamten Einkommens aus.
Hahne Dose Klinkhammer Günter Nedden-Boeger Vorinstanzen:
AG Aschaffenburg, Entscheidung vom 30.09.2008 - 4 F 619/08 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 14.05.2009 - 2 UF 238/08 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Der 1949 geborene Kläger begehrt mit seiner Klage Abänderung eines zugunsten seiner 1956 geborenen geschiedenen Ehefrau, der Beklagten, mit Urteil aus dem Jahr 2005 titulierten Unterhaltsanspruchs.
- 2
- Der Kläger ist Zahnarzt. Aus der 1977 geschlossenen Ehe sind die 1979 und 1981 geborenen Söhne hervorgegangen. Die Ehe wurde im Jahr 1999 geschieden.
- 3
- Nach ihrer Trennung im Jahr 1991 schlossen die Parteien am 19. September 1996 einen notariellen Vertrag (im Folgenden: EV), in dem sie neben einer umfassenden Vermögens- und güterrechtlichen Auseinandersetzung den Unterhalt der Beklagten regelten.
- 4
- In Ziffer VII. EV vereinbarten die Parteien eine Unterhaltsregelung, wonach die Beklagte 50 % der - nach einem von den Parteien vereinbarten Modus bereinigten - Einnahmen aus der Zahnarztpraxis des Klägers erhalten sollte. Mit Wegfall der Unterhaltsverpflichtung den Kindern gegenüber sollte sich die Quote auf 40 % verringern.
- 5
- In Ziffer VII. EV (Seite 9 f. EV) heißt es weiter: "3. Die Unterhaltszahlung an die Erschienene zu 2 (die Beklagte) erfolgt lebenslänglich. Renteneinkommen der Erschienenen zu 2 werden angerechnet (…). 4. Eigenes Einkommen der Erschienenen zu 2 durch Erwerbstätigkeit wird auf die Unterhaltsleistung nicht angerechnet."
- 6
- Der Kläger verpflichtete sich in dem Vertrag, monatlich mindestens 5.000 DM (nach einer ergänzenden Vereinbarung später 5.200 DM) an die Beklagte zu zahlen, wobei der tatsächlich geschuldete Unterhalt im Folgejahr nach Vorlage der Gewinn- und Verlustrechnung abgerechnet werden sollte. Hierzu heißt es in dem notariellen Vertrag (Seite 10 f. EV): "Ergibt die Abrechnung eine Überzahlung, so ist der Erschienene zu 1 (Kläger) befugt, den überzahlten Betrag mit den künftig monatlich fällig werdenden Abschlagszahlungen zu verrechnen. Sollte die Abrechnung ergeben, dass ein Zwölftel der der Erschienenen zu 2 (Beklagte) zustehenden Quote weniger als 5.000 DM beträgt , soll gleichwohl zunächst weiterhin unbeschadet der vorstehend vereinbarten Aufrechnungsmöglichkeit eine Abschlagszahlung in Höhe von monatlich 5.000 DM erfolgen, bis rechtskräftig durch Urteil oder Vergleich festgestellt wurde, dass die gesetzliche Ehegattenunterhaltsverpflichtung des Erschienenen zu 1 gegenüber der Erschienenen zu 2 unterhalb von 5.000 DM liegt. In diesem Fall kann der Erschienene zu 1 Abänderung der vorstehenden Unterhaltsverpflichtung verlangen, wenn er unverschuldet Einkommenseinbußen erleidet".
- 7
- Das Oberlandesgericht verurteilte den Kläger auf der Grundlage des vorgenannten Vertrages mit Urteil vom 9. März 2005 - 2 UF 114/01 - (in der Fassung der Beschlüsse vom 12. August 2005 und des Urteils vom 14. Dezember 2005), an die Beklagte ab Januar 2004 monatlich 2.810,83 € zu zahlen.
- 8
- Auf die streitgegenständliche Abänderungsklage, mit der der Kläger eine Herabsetzung und Befristung begehrt hatte, hat das Amtsgericht den Kläger in Anbetracht des weggefallenen Kindesunterhalts verurteilt, ab 1. April 2008 an die Beklagte fortlaufend 2.248,66 € nachehelichen Unterhalt zu zahlen. Auf die hiergegen von den Parteien jeweils eingelegten Berufungen und den vom Kläger in der Berufungsinstanz hilfsweise gestellten Feststellungsantrag hat das Oberlandesgericht das amtsgerichtliche Urteil geringfügig zugunsten der Beklagten geändert und im Übrigen die Berufungen zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.
Entscheidungsgründe:
- 9
- Die Revision ist im Wesentlichen begründet. Sie führt zur teilweisen Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
A.
- 10
- Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet.
- 11
- Mit dem erneut erhobenen Einwand der anfänglichen Unwirksamkeit der vertraglichen Regelung des Unterhaltes in dem notariellen Vertrag sei der Kläger nach § 323 Abs. 2 ZPO aF ausgeschlossen, da sich das abzuändernde Urteil vom 9. März 2005 ausführlich mit der Frage der Sittenwidrigkeit der Vereinbarung auseinandergesetzt habe und zu dem Ergebnis gekommen sei, dass dem Vertrag die rechtliche Anerkennung nicht zu versagen sei.
- 12
- Die - durch das abzuändernde Urteil - titulierte Verpflichtung des Klägers sei im Hinblick auf die ab 1. Januar 2008 geänderte Rechtslage mit der neugeschaffenen Möglichkeit der Befristung und/oder Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts nach § 1578 b BGB einer Abänderung nach § 323 ZPO nicht zugänglich. Nach dem Vertragsinhalt habe zwar der gesetzliche Unterhaltsanspruch der Beklagten nach §§ 1570 ff. BGB geregelt werden sollen; hiermit sei jedoch ein eigener Schuldgrund geschaffen worden, so dass sich ein Rückgriff auf die gesetzlichen Bestimmungen zum nachehelichen Ehegattenunterhalt und damit auf die Neuregelung des § 1578 b BGB verbiete. Der Unterhaltsanspruch nach dem Vertrag sei ausdrücklich "lebenslänglich" und ohne Anrechnung von eigenem Erwerbseinkommen und dies auch unbefristet versprochen worden, was eine deutliche Abweichung von der gesetzlichen Unterhaltsvorschrift des hier einschlägigen § 1573 BGB bedeute. Weiter habe der nach dem Vertrag geschuldete Pauschalbetrag von 5.000 DM bzw. 5.200 DM auch nur unter bestimmten , sehr eingeschränkten Voraussetzungen herabgesetzt werden können , und zwar aufgrund "unverschuldeter Einkommenseinbußen", die auch ihrerseits auf bestimmte Fälle beschränkt worden seien. Dies spreche eindeutig dafür, dass es sich um ein eigenständiges Leistungsversprechen handele und der gesetzliche Unterhaltsanspruch losgelöst von den gesetzlichen Voraussetzungen in der Form eines Leibrentenversprechens (§ 759 BGB) habe ausgestaltet werden sollen.
- 13
- Dass der Kläger nach der Rechtslage bis zum 31. Dezember 2007 mit einem lebenslangen Unterhaltsanspruch der Beklagten habe rechnen müssen, entkräfte nicht die Bedeutung der ausdrücklichen Lebenslänglichkeit dieses Versprechens, da es bei Unterhaltskonstellationen der vorliegenden Art auch nach altem Recht nicht üblich gewesen sei, die lebenslange Wirksamkeit des Unterhaltsversprechens ausdrücklich in eine Urkunde aufzunehmen.
- 14
- Zu vermuten sei, dass das Unterhaltsversprechen im Gegenseitigkeitsverhältnis mit der übrigen güter- und vermögensrechtlichen Auseinandersetzung gestanden habe und unter Umständen eine Kompensation für den Verzicht der Beklagten auf vermögensrechtlichen Ausgleich und Zugewinnausgleich dargestellt habe. Dass nach dem jetzigen Vortrag des Klägers die Vermögenssituation im Zeitpunkt des Vertragsschlusses einen Ausgleichsanspruch der Beklagten nicht gerechtfertigt hätte, entkräfte dies nicht, zumal die Beklagte auf erhebliches Vermögen des Klägers verwiesen habe.
- 15
- Auch die atypische salvatorische Klausel in dem Vertrag, die zwar einen Fortbestand der anderen Vertragspunkte bei Unwirksamkeit von Einzelpunkten bestimme, jedoch eine Verpflichtung der Parteien feststelle, über die unwirksamen Einzelpunkte neu zu verhandeln und eine wirtschaftlich entsprechende Regelung zu schaffen, spreche für ein in sich abgestimmtes Gegenseitigkeitsverhältnis des Leistungsversprechens mit anderen Regelungen der Vereinbarung.
- 16
- Allerdings könne der Kläger grundsätzlich nach der vertraglichen Vereinbarung eine Abänderung des durch das Senatsurteil titulierten vertraglichen Unterhaltsanspruchs verlangen, wenn und soweit eine Abrechnung nach Ziffer VII. 4. des Vertrages ergebe, dass die der Beklagten zustehende Quote unter 5.000 DM bzw. 2.556,46 € (später 5.200 DM = 2.658,72 €) liege. Jedenfalls habe der Kläger nicht, wie ihm dies oblegen hätte, den der Beklagten zustehenden Unterhalt nach dem System des Vertrages abgerechnet. Sein Vortrag sei insoweit nicht nachvollziehbar.
- 17
- Der im Wege der Klageerweiterung im Berufungsrechtszug hilfsweise gestellte Feststellungsantrag, gegen dessen Zulässigkeit mangels hinreichender Bestimmtheit durchgreifende Bedenken bestünden, sei unbegründet.
B.
- 18
- Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung in wesentlichen Teilen nicht stand.
- 19
- Die im vorliegenden Verfahren vom Kläger begehrte Abänderung richtet sich gemäß Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG noch nach dem bis zum 31. August 2009 geltenden Verfahrensrecht und ist mithin nach § 323 ZPO aF zu beurtei- len (vgl. Senatsurteil vom 8. Juni 2011 - XII ZR 17/09 - FamRZ 2011, 1381 Rn. 15 mwN).
- 20
- 1. Gegenstand der Abänderungsklage ist das Urteil des Berufungssenats vom 9. März 2005 in der Fassung der Beschlüsse vom 12. August 2005 und des Urteils vom 14. Dezember 2005. Mit dieser Entscheidung hat das Gericht die - bis dahin nicht vollstreckbare - Verpflichtung aus dem notariellen Vertrag vom 19. September 1996 für die Zukunft tituliert.
- 21
- 2. Die Abänderungsklage ist im Sinne des § 323 Abs. 2 ZPO aF zulässig.
- 22
- a) Allerdings hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht ausgeführt, dass sich der Kläger zur Darlegung einer wesentlichen Änderung nicht auf eine etwaige Unwirksamkeit des Ehevertrages nach § 138 BGB berufen könne, die bereits in dem abzuändernden Urteil überprüft worden ist. Denn es ist weder dargetan noch ersichtlich, dass sich die Verhältnisse, namentlich die rechtliche Beurteilung der Wirksamkeit des Ehevertrages seit der abzuändernden Entscheidung aus dem Jahr 2005 maßgeblich geändert hätten.
- 23
- b) Jedoch hat sich der Kläger hinsichtlich der Möglichkeit, den nachehelichen Unterhalt zu befristen, in zulässiger Weise auf eine Änderung der Rechtslage berufen.
- 24
- Zwar ist bezogen auf den hier im Streit stehenden Aufstockungsunterhalt die maßgebliche Änderung der Rechtslage entgegen der Auffassung der Revision und des Berufungsgerichts nicht erst durch das Unterhaltsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007, sondern bereits durch die Änderung der Senats- rechtsprechung aufgrund seines Urteils vom 12. April 2006 (XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006) eingetreten (Senatsurteile vom 29. September 2010 - XII ZR 205/08 - FamRZ 2010, 1884 Rn. 18 und vom 8. Juni 2011 - XII ZR 17/09 - FamRZ 2011, 1381 Rn. 18). Denn der Senat hat bereits mit diesem Urteil seine zunächst nach dem Unterhaltsänderungsgesetz vom 20. Februar 1986 (BGBl. I S. 301) ergangene Rechtsprechung geändert. Nach ihr war eine mit Einführung des § 1573 Abs. 5 BGB aF erstmals mögliche Befristung des Aufstockungsunterhaltsanspruchs ab einer bestimmten Dauer der Ehe regelmäßig ausgeschlossen und allenfalls unter außergewöhnlichen Umständen zulässig. Von dieser Rechtsprechung ist der Senat in seinem Urteil vom 12. April 2006 in Bezug auf die grundsätzliche Gewichtung des Merkmals der Ehedauer abgerückt und hat für die Entscheidung über die Befristung nach § 1573 Abs. 5 BGB aF das hauptsächliche Gewicht auf die mit der Ehe verbundenen (Erwerbs-)Nachteile für den Unterhaltsberechtigten gelegt (Senatsurteil vom 29. September 2010 - XII ZR 205/08 - FamRZ 2010, 1884 Rn. 20).
- 25
- Die Abänderung wegen wesentlicher Änderungen der rechtlichen Verhältnisse kann indes sowohl auf eine Gesetzesänderung als auch auf eine Änderung der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung gestützt werden (Senatsurteile vom 8. Juni 2011 - XII ZR 17/09 - FamRZ 2011, 1381 Rn. 18 und vom 29. September 2010 - XII ZR 205/08 - FamRZ 2010, 1884 Rn. 16). Zudem ist § 1578 b BGB, auf den sich der Kläger beruft, letztlich eine Ausformung der Senatsrechtsprechung aus dem Jahr 2006 (Senatsurteil vom 27. Januar 2010 - XII ZR 100/08 - FamRZ 2010, 538 Rn. 33 f.). Da diese ebenfalls erst nach Erlass des abzuändernden Urteils aus dem Jahr 2005 ergangen ist, ist die Abänderungsklage im Sinne von § 323 Abs. 2 ZPO aF in jedem Fall zulässig.
- 26
- 3. Jedoch vermögen die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen die Zurückweisung der Berufung und die Ablehnung einer - über das Amts- gerichtsurteil hinausgehenden - Abänderung in der Sache nicht zu rechtfertigen. Gegen die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung des notariellen Vertrages vom 19. September 1996 bestehen vielmehr durchgreifende revisionsrechtliche Bedenken.
- 27
- a) Gemäß § 323 Abs. 1 ZPO aF ist jeder Teil berechtigt, im Wege der Klage eine entsprechende Abänderung des Urteils zu verlangen, wenn im Falle der Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen eine wesentliche Änderung derjenigen Verhältnisse eintritt, die für die Verurteilung zur Entrichtung der Leistungen, für die Bestimmung der Höhe der Leistungen oder der Dauer ihrer Entrichtung maßgebend waren. Ist Gegenstand der abzuändernden Entscheidung ein Prozessvergleich, ist im Rahmen der Abänderung für eine zeitlich nachfolgende Neubemessung des Unterhalts der ursprüngliche Parteiwille im Verständnis und in Ausgestaltung des vorausgegangenen rechtskräftigen (Abänderungs-)Urteils maßgebend (Senatsurteile vom 8. Dezember 1982 - IVb ZR 338/81 - FamRZ 1983, 260, 261 und vom 9. Oktober 1991 - XII ZR 170/90 - FamRZ 1992, 162, 163; Zöller/Vollkommer ZPO 27. Aufl. § 323 Rn. 41 aE; Graba Die Abänderung von Unterhaltstiteln 4. Aufl. Rn. 503). Dies gilt gleichermaßen, wenn - wie hier - die abzuändernde Entscheidung auf einem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag beruht (vgl. Graba aaO Rn. 507).
- 28
- Wenn das abzuändernde Urteil eine bis dahin nicht vollstreckbare ehevertragliche Unterhaltsregelung auf eine entsprechende Leistungsklage hin (vgl. MünchKommZPO/Gottwald 3. Aufl. § 323 Rn. 13) einer Titulierung zuführt und keine Abänderung der vertraglichen Grundlagen zum Gegenstand hat, ist im Rahmen des hier an sich einschlägigen § 323 Abs. 1 ZPO aF auch § 313 BGB zu beachten, der die Störung der Geschäftsgrundlage regelt (vgl. Graba aaO Rn. 511 u.a. zu § 238 FamFG). Dabei ist - vorrangig gegenüber einer Störung der Geschäftsgrundlage - durch Auslegung zu ermitteln, ob die Parteien eine bindende Regelung zur Möglichkeit einer Abänderung getroffen haben (vgl. Senatsurteile BGHZ 186, 1 = FamRZ 2010, 1238 Rn. 13 mwN und vom 23. November 2011 - XII ZR 47/10 - juris Rn. 15).
- 29
- b) Gemessen hieran kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben.
- 30
- aa) Zwar ist die Auslegung von Verträgen grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten. Seine Auslegung kann vom Revisionsgericht grundsätzlich nur darauf überprüft werden, ob der Auslegungsstoff vollständig berücksichtigt worden ist, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind oder ob die Auslegung auf im Revisionsverfahren gerügten Verfahrensfehlern beruht, wobei die Auslegung auch ohne entsprechende Rüge vom Revisionsgericht zu überprüfen ist (Senatsurteil BGHZ 186, 1 = FamRZ 2010, 1238 Rn. 15 mwN; s. auch Senatsurteil vom 10. Mai 2006 - XII ZR 23/04 - NJW-RR 2006, 1158, 1159).
- 31
- bb) Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung wird den vorgenannten Anforderungen indes nicht gerecht.
- 32
- (1) Die Ausführungen des Berufungsgerichts, wonach die ehevertragliche Unterhaltsregelung einen vom gesetzlichen Unterhaltsrecht losgelösten selbständigen Schuldgrund darstelle, der einer Abänderung im Hinblick auf die durch das Unterhaltsänderungsgesetz eingetretenen Änderungen nicht zugänglich sein soll, beruhen auf einem revisionsrechtlich zu beachtenden Auslegungsfehler.
- 33
- (a) Das Berufungsgericht geht nach dem Vertragsinhalt selbst davon aus, dass der gesetzliche Unterhaltsanspruch der Beklagten nach §§ 1570 ff. BGB habe geregelt werden sollen. Allein der Umstand, dass der Unterhalt teil- weise abweichend von den gesetzlichen Vorgaben vereinbart worden ist, wie dies etwa durch die Anrechnungsfreiheit eigener Erwerbseinkünfte auf Seiten der Beklagten geschehen ist, hat nicht zwingend zur Konsequenz, dass der Unterhaltsanspruch losgelöst von sämtlichen gesetzlichen Voraussetzungen ausgestaltet werden sollte. Dies zeigt sich auch daran, dass die vertragliche Regelung im Übrigen an unterhaltsrechtliche Grundsätze angelehnt ist. So haben die Parteien in Ziffer VII. 3. des Vertrages (Seite 9 EV) im zweiten Satz geregelt, dass das Renteneinkommen der Beklagten im Ergebnis bedarfsmindernd zu berücksichtigen ist. Daneben haben die Parteien vereinbart, dass sich bei unverschuldeten Einkommenseinbußen auf Seiten des Klägers eine Abänderung der bestehenden Unterhaltsverpflichtung ergeben kann (Ziffer VII, Seite 10 EV), und zwar wenn die "gesetzliche Ehegattenunterhaltsverpflichtung" unterhalb von 5.000 DM (bzw. 5.200 DM) liegt. Zu Recht weist die Revision in diesem Kontext darauf hin, dass damit auch nach dem Vertrag das gesetzliche Unterhaltsrecht nicht ohne Einfluss auf die vertraglichen Ansprüche bleiben soll.
- 34
- Die Begründung des Berufungsgerichts, bei Unterhaltskonstellationen der vorliegenden Art sei es nach altem Recht nicht üblich gewesen, die lebenslange Wirksamkeit des Unterhaltsversprechens ausdrücklich in eine Urkunde aufzunehmen, überzeugt nicht. Allerdings ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Unterhaltsvereinbarung 1996 jedenfalls bei der vorliegenden Fallkonstellation (Heirat September 1977 - Scheidung Oktober 1999; Hausfrauenehe bei Betreuung zweier Kinder) zu einer lebenslangen Unterhaltsleistung verpflichtet gewesen sein dürfte. Nachvollziehbare Gründe, warum vor diesem Hintergrund die Vereinbarung einer lebenslangen Unterhaltsrente den Charakter eines vom gesetzlichen Unterhalt losgelösten Anspruchs haben sollte, hat das Berufungsgericht nicht benannt.
- 35
- (b) Ebenso wenig hält die Begründung des Berufungsurteils einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand, soweit das Berufungsgericht eine Abänderung der Unterhaltsverpflichtung im Hinblick auf das Gesamtgefüge des Ehevertrages ablehnt. Es fehlt schon an den hierfür erforderlichen Feststellungen. Nach den Ausführungen des Berufungsgerichts ist lediglich "zu vermuten (…), dass das Unterhaltsversprechen im Gegenseitigkeitsverhältnis mit der übrigen güter- und vermögensrechtlichen Auseinandersetzung stand und unter Umständen eine Kompensation für den Verzicht der Beklagten auf vermögensrechtlichen Ausgleich und Zugewinnausgleich darstellt". Im Übrigen spricht die Begründung des abzuändernden Urteils eher gegen eine ausgewogene vertragliche Regelung, die ein solches Gegenseitigkeitsverhältnis begründen könnte. Danach hat sich der Kläger (damaliger Beklagter) seinerzeit "auf eine für ihn insgesamt recht nachteilige Unterhaltsregelung eingelassen" (Urteil des Oberlandesgerichts vom 9. März 2005, Seite 11).
- 36
- Nach alledem lässt sich nicht feststellen, dass die "lebenslange" Unterhaltsverpflichtung so mit den übrigen Regelungen des Vertrages verzahnt ist, dass sie unumstößlich ist.
- 37
- (c) Schließlich steht auch die salvatorische Klausel des notariellen Ehevertrages einer Abänderung der Unterhaltsverpflichtung schon deshalb nicht entgegen, weil sie sich ausschließlich auf eine Unwirksamkeit vertraglicher Regelungen bezieht, die vorliegend aber nicht gegeben ist. Im Übrigen bedeutet die Klausel nach Ziffer XI. Satz 1 EV, dass es im Zweifel auch bei Fortfall einer vertraglichen Regelung bei der Wirksamkeit des Ehevertrages verbleiben kann (vgl. Senatsurteil vom 17. Dezember 2008 - XII ZR 57/07 - NZM 2009, 198 Rn. 20; s. auch Senatsurteil vom 25. Mai 2005 - XII ZR 296/01 - FamRZ 2005, 1444, 1447). Soweit Satz 2 der vorgenannten Klausel die Parteien verpflichtet, anstelle der unwirksamen Regelung eine neue Vereinbarung zu treffen, die die- ser wirtschaftlich am nächsten kommt, dürfte diese Klausel im Ergebnis mit der Regelung des § 313 Abs. 1 BGB übereinstimmen, wonach eine Anpassung des Vertrages verlangt werden kann.
- 38
- (2) Da die getroffenen Feststellungen und die mit ihnen einhergehende Auslegung des Vertrages eine Abänderbarkeit der Unterhaltsregelung mithin nicht ausschließen, hätte sich das Berufungsgericht mit der Frage befassen müssen, ob der Vertrag gemäß § 323 Abs. 1 ZPO aF iVm § 313 BGB abzuändern war.
- 39
- (a) Soweit das Berufungsgericht ebenso wie die Revision eine Überprüfung des Ehevertrages am Maßstab der so genannten Ausübungskontrolle nach § 242 BGB erwogen und nicht auf § 313 BGB abgestellt haben, bestehen gegen diesen Ansatz Bedenken, mag er unter Umständen auch zum selben Ergebnis wie die Regeln über die Störung der Geschäftsgrundlage führen (vgl. dazu Senatsurteil vom 2. Februar 2011 - XII ZR 11/09 - FamRZ 2011, 1377 Rn. 16). Wenn ein Ehevertrag nach § 138 BGB Bestand hat, muss der Richter im Rahmen der Ausübungskontrolle prüfen, ob und inwieweit ein Ehegatte die ihm durch den Vertrag eingeräumte Rechtsmacht missbraucht, wenn er sich im Scheidungsfall gegenüber einer vom anderen Ehegatten begehrten gesetzlichen Scheidungsfolge darauf beruft, dass diese durch den Vertrag wirksam abbedungen sei (Senatsurteile vom 11. Februar 2004 - XII ZR 265/02 - FamRZ 2004, 601, 606 und vom 2. Februar 2011 - XII ZR 11/09 - FamRZ 2011, 1377 Rn. 16). So liegt der Fall hier aber nicht. Es geht nicht um den Ausschluss einer Scheidungsfolge; vielmehr begehrt der Kläger die Abänderung der durch den Vertrag modifizierten Unterhaltsregelung unter dem Gesichtspunkt der Störung der Geschäftsgrundlage.
- 41
- c) Unbegründet ist die Revision allerdings, soweit sie mit ihren Anträgen eine Abänderung des Urteils bereits für die Zeit vor dem 8. April 2008 begehrt. Denn nach den von der Revision unbeanstandeten Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Abänderungsklage der Beklagten erst am 8. April 2008 zugestellt und damit gemäß § 253 Abs. 1 ZPO erhoben worden. Erst ab diesem Zeitpunkt konnte das Urteil gemäß § 323 Abs. 3 Satz 1 ZPO aF abgeändert werden.
- 42
- Die Revision ist zudem erfolgreich, soweit das Berufungsgericht die vom Kläger in der Berufungsinstanz hilfsweise erhobene Feststellungsklage abgewiesen hat. Die Abweisung der Klage ergibt sich zwar nicht aus dem Tenor, aber aus den Gründen des Berufungsurteils.
- 43
- Revisionsrechtlich ist dabei zu beanstanden, dass das Berufungsurteil offengelassen hat, ob die Feststellungsklage zulässig ist.
- 44
- Es ist grundsätzlich rechtsfehlerhaft, die Frage der Zulässigkeit einer Klage nicht zu beantworten und diese wegen feststehender Unbegründetheit abzuweisen. Schon wegen der Auswirkung auf die Rechtskraft ergibt sich insoweit ein absoluter Vorrang der Zulässigkeits- vor der Begründetheitsprüfung (BGH Urteil vom 19. Juni 2000 - II ZR 319/98 - NJW 2000, 3718, 3719 f.).
- 45
- Zwar werden hiervon im Fall der Feststellungsklage Ausnahmen zugelassen. Diese betreffen aber ausschließlich das etwaige Fehlen des Feststellungsinteresses , das in § 256 Abs. 1 ZPO als besondere Voraussetzung geregelt ist (BGH Urteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 404/02 - NJW 2004, 766 und vom 14. März 1978 - VI ZR 68/76 - NJW 1978, 2031, 2032; krit. Thomas/Putzo ZPO 32. Aufl. § 256 Rn. 4).
- 46
- Nach Auffassung des Berufungsgerichts bestanden gegen die Zulässigkeit mangels hinreichender Bestimmtheit durchgreifende Bedenken. Damit hat es nicht das Feststellungsinteresse, sondern eine allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzung angesprochen, die es nicht ungeprüft hätte lassen dürfen.
III.
- 47
- Nach alledem ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
C.
- 48
- Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin.
I.
- 49
- Das Berufungsgericht hat eine Abänderung der Entscheidung im Hinblick auf eine mögliche Befristung von vornherein nicht in Betracht gezogen. Deshalb hat es - aus seiner Sicht folgerichtig - die weitere Prüfung, ob die Voraussetzungen für eine Befristung vorliegen, nicht durchgeführt. Die Aufhebung und Zurückverweisung wird dem Berufungsgericht Gelegenheit geben, die erforderlichen Feststellungen nachzuholen.
- 50
- Ob der Aufstockungsunterhaltsanspruch nach Änderung der Senatsrechtsprechung im Jahr 2006 zu befristen ist, richtet sich im Wesentlichen danach , ob der Unterhaltsberechtigte ehebedingte Nachteile erlitten hat. Nach § 1578 b Abs. 1 Satz 2, 3 BGB, der der Rechtsprechung des Senats zu § 1573 Abs. 5 BGB aF entspricht (Senatsurteil vom 27. Januar 2010 - XII ZR 100/08 - FamRZ 2010, 538 Rn. 33 f.), ist bei der Billigkeitsabwägung für eine Herabsetzung oder Befristung des nachehelichen Unterhalts vorrangig zu berücksichtigen , inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Liegen ehebedingte Nachteile vor, scheidet eine Befristung des Unterhalts daher regelmäßig aus (Senatsurteil vom 27. Januar 2010 - XII ZR 100/08 - FamRZ 2010, 538 Rn. 36). Allerdings kann auch bei Fehlen ehebedingter Nachteile aus Gründen der nachehelichen Solidarität eine Befristung ausscheiden (Senatsurteil vom 2. März 2011 - XII ZR 44/09 - FamRZ 2011, 713 Rn. 20 ff.); für die Ermittlung der konkreten Ehedauer bedarf es noch der Feststellung, wann der Scheidungsantrag zugestellt worden ist (vgl. Senatsurteil vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 30).
- 51
- Im Rahmen der Prüfung des § 1578 b BGB wird das Berufungsgericht schließlich die Regelungen des notariellen Vertrages zu berücksichtigen und eine etwaige Abänderung hieran anzupassen haben.
II.
- 52
- § 36 Nr. 1 EGZPO ist entgegen der Auffassung des Amtsgerichts hier nicht einschlägig. § 36 Nr. 1 EGZPO findet nur für den Fall Anwendung, dass im Rahmen der Abänderung von Unterhaltstiteln oder -vereinbarungen Umstände "durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts erheblich geworden sind" (Senatsurteile BGHZ 186, 1 = FamRZ 2010, 1238 Rn. 41 und vom 8. Juni 2011 - XII ZR 17/09 - FamRZ 2011, 1381 Rn. 20 ff.). § 36 Nr. 1, 2 EGZPO stellt in diesem Fall die Abänderung unter die einschränkende weitere Voraussetzung der Zumutbarkeit und enthält im Übrigen lediglich die Klarstellung, dass die Gesetzesänderung , soweit sie zu einer Änderung der wesentlichen Verhältnisse führt, einen Abänderungsgrund im Sinne von § 323 Abs. 1 ZPO darstellt. Im vorliegenden Fall hat sich indessen durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 keine Änderung ergeben. Im Hinblick auf den Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB war eine Befristung - nach der Änderung der Rechtsprechung zum Stellenwert der Ehedauer bei der Unterhaltsbefristung (Senatsurteil vom 12. April 2006 - XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006) - schon nach der zuvor bestehenden Gesetzeslage gemäß § 1573 Abs. 5 BGB aF zulässig. Auf die Änderung der Rechtsprechung findet § 36 Nr. 1 EGZPO indes keine Anwendung (Senatsurteil BGHZ 186, 1 = FamRZ 2010, 1238 Rn. 41).
III.
- 53
- Hinsichtlich einer etwaigen Unterhaltsverpflichtung des Klägers gegenüber seiner jetzigen Ehefrau weist der Senat auf seine geänderte Rechtsprechung hin. Danach hat der Unterhaltsanspruch der nachfolgenden Ehefrau keine Auswirkung auf den Unterhaltsbedarf der früheren Ehefrau nach § 1578 BGB; dieser Anspruch ist allein im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nach § 1581 BGB zu berücksichtigen, wobei es maßgeblich auf die Rangverhältnisse ankommt (Senatsurteil vom 7. Dezember 2011 - XII ZR 151/09 - zur Veröffentlichung bestimmt - Rn. 38).
- 54
- Insoweit wird das Berufungsgericht gegebenenfalls Feststellungen zu den Rangverhältnissen der hier beteiligten Ehefrauen zu treffen haben (vgl. zum Rang Senatsurteil vom 30. Juli 2008 - XII ZR 177/06 - FamRZ 2008, 1911 Rn. 65 f. iVm Rn. 58). Sollte das Berufungsgericht zu dem - nach den bisher getroffenen Feststellungen naheliegenden - Ergebnis gelangen, dass die jetzige Ehefrau nachrangig ist, dürfte eine etwaig ihr gegenüber bestehende Unterhaltsverpflichtung den Unterhaltsanspruch der Beklagten nicht berühren (vgl. Senatsurteile vom 7. Dezember 2011 - XII ZR 151/09 - Rn. 49 und XII ZR 159/09 - Rn. 41 - jeweils zur Veröffentlichung bestimmt). Hahne Weber-Monecke Klinkhammer Schilling Nedden-Boeger
AG Kassel, Entscheidung vom 02.07.2008 - 511 F 938/08-UE- -
OLG Frankfurt am Main in Kassel, Entscheidung vom 29.07.2009 - 2 UF 208/08 -
Sind mehrere Unterhaltsberechtigte vorhanden und ist der Unterhaltspflichtige außerstande, allen Unterhalt zu gewähren, gilt folgende Rangfolge:
- 1.
minderjährige Kinder und Kinder im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 2, - 2.
Elternteile, die wegen der Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt sind oder im Fall einer Scheidung wären, sowie Ehegatten und geschiedene Ehegatten bei einer Ehe von langer Dauer; bei der Feststellung einer Ehe von langer Dauer sind auch Nachteile im Sinne des § 1578b Abs. 1 Satz 2 und 3 zu berücksichtigen, - 3.
Ehegatten und geschiedene Ehegatten, die nicht unter Nummer 2 fallen, - 4.
Kinder, die nicht unter Nummer 1 fallen, - 5.
Enkelkinder und weitere Abkömmlinge, - 6.
Eltern, - 7.
weitere Verwandte der aufsteigenden Linie; unter ihnen gehen die Näheren den Entfernteren vor.
(1) Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ist auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, oder eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe unbillig wäre. Nachteile im Sinne des Satzes 2 können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes sowie aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe ergeben.
(2) Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ist zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(3) Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs können miteinander verbunden werden.
Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, solange und soweit von ihm vom Zeitpunkt
- 1.
der Scheidung, - 2.
der Beendigung der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, - 3.
der Beendigung der Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung oder - 4.
des Wegfalls der Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch nach § 1573
(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie
- 1.
teilweise erwerbsgemindert sind, - 2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und - 3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
(2) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie
- 1.
voll erwerbsgemindert sind, - 2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und - 3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
- 1.
Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und - 2.
Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.
(3) Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
(4) Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind:
- 1.
Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, - 2.
Berücksichtigungszeiten, - 3.
Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nummer 1 oder 2 liegt, - 4.
Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.
(5) Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.
(6) Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren und seitdem ununterbrochen voll erwerbsgemindert sind, haben Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie die Wartezeit von 20 Jahren erfüllt haben.
(1) Soweit ein geschiedener Ehegatte keinen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, kann er gleichwohl Unterhalt verlangen, solange und soweit er nach der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag.
(2) Reichen die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zum vollen Unterhalt (§ 1578) nicht aus, kann er, soweit er nicht bereits einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, den Unterschiedsbetrag zwischen den Einkünften und dem vollen Unterhalt verlangen.
(3) Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1572, 1575 zu gewähren war, die Voraussetzungen dieser Vorschriften aber entfallen sind.
(4) Der geschiedene Ehegatte kann auch dann Unterhalt verlangen, wenn die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit wegfallen, weil es ihm trotz seiner Bemühungen nicht gelungen war, den Unterhalt durch die Erwerbstätigkeit nach der Scheidung nachhaltig zu sichern. War es ihm gelungen, den Unterhalt teilweise nachhaltig zu sichern, so kann er den Unterschiedsbetrag zwischen dem nachhaltig gesicherten und dem vollen Unterhalt verlangen.
(5) (weggefallen)
Sind mehrere Unterhaltsberechtigte vorhanden und ist der Unterhaltspflichtige außerstande, allen Unterhalt zu gewähren, gilt folgende Rangfolge:
- 1.
minderjährige Kinder und Kinder im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 2, - 2.
Elternteile, die wegen der Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt sind oder im Fall einer Scheidung wären, sowie Ehegatten und geschiedene Ehegatten bei einer Ehe von langer Dauer; bei der Feststellung einer Ehe von langer Dauer sind auch Nachteile im Sinne des § 1578b Abs. 1 Satz 2 und 3 zu berücksichtigen, - 3.
Ehegatten und geschiedene Ehegatten, die nicht unter Nummer 2 fallen, - 4.
Kinder, die nicht unter Nummer 1 fallen, - 5.
Enkelkinder und weitere Abkömmlinge, - 6.
Eltern, - 7.
weitere Verwandte der aufsteigenden Linie; unter ihnen gehen die Näheren den Entfernteren vor.
(1) Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ist auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, oder eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe unbillig wäre. Nachteile im Sinne des Satzes 2 können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes sowie aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe ergeben.
(2) Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ist zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(3) Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs können miteinander verbunden werden.
Sind mehrere Unterhaltsberechtigte vorhanden und ist der Unterhaltspflichtige außerstande, allen Unterhalt zu gewähren, gilt folgende Rangfolge:
- 1.
minderjährige Kinder und Kinder im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 2, - 2.
Elternteile, die wegen der Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt sind oder im Fall einer Scheidung wären, sowie Ehegatten und geschiedene Ehegatten bei einer Ehe von langer Dauer; bei der Feststellung einer Ehe von langer Dauer sind auch Nachteile im Sinne des § 1578b Abs. 1 Satz 2 und 3 zu berücksichtigen, - 3.
Ehegatten und geschiedene Ehegatten, die nicht unter Nummer 2 fallen, - 4.
Kinder, die nicht unter Nummer 1 fallen, - 5.
Enkelkinder und weitere Abkömmlinge, - 6.
Eltern, - 7.
weitere Verwandte der aufsteigenden Linie; unter ihnen gehen die Näheren den Entfernteren vor.
(1) Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ist auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, oder eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe unbillig wäre. Nachteile im Sinne des Satzes 2 können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes sowie aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe ergeben.
(2) Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ist zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(3) Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs können miteinander verbunden werden.
Der Rentenartfaktor beträgt für persönliche Entgeltpunkte bei
1. | Renten wegen Alters | 1,0 |
2. | Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung | 0,5 |
3. | Renten wegen voller Erwerbsminderung | 1,0 |
4. | Erziehungsrenten | 1,0 |
5. | kleinen Witwenrenten und kleinen Witwerrenten bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats, in dem der Ehegatte verstorben ist, | 1,0 |
anschließend | 0,25 | |
6. | großen Witwenrenten und großen Witwerrenten bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats, in dem der Ehegatte verstorben ist, | 1,0 |
anschließend | 0,55 | |
7. | Halbwaisenrenten | 0,1 |
8. | Vollwaisenrenten | 0,2. |
(1) Der Zugangsfaktor richtet sich nach dem Alter der Versicherten bei Rentenbeginn oder bei Tod und bestimmt, in welchem Umfang Entgeltpunkte bei der Ermittlung des Monatsbetrags der Rente als persönliche Entgeltpunkte zu berücksichtigen sind.
(2) Der Zugangsfaktor ist für Entgeltpunkte, die noch nicht Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer Rente waren,
- 1.
bei Renten wegen Alters, die mit Ablauf des Kalendermonats des Erreichens der Regelaltersgrenze oder eines für den Versicherten maßgebenden niedrigeren Rentenalters beginnen, 1,0, - 2.
bei Renten wegen Alters, die - a)
vorzeitig in Anspruch genommen werden, für jeden Kalendermonat um 0,003 niedriger als 1,0 und - b)
nach Erreichen der Regelaltersgrenze trotz erfüllter Wartezeit nicht in Anspruch genommen werden, für jeden Kalendermonat um 0,005 höher als 1,0,
- 3.
bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und bei Erziehungsrenten für jeden Kalendermonat, für den eine Rente vor Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch genommen wird, um 0,003 niedriger als 1,0, - 4.
bei Hinterbliebenenrenten für jeden Kalendermonat, - a)
der sich vom Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist, bis zum Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 65. Lebensjahres des Versicherten ergibt, um 0,003 niedriger als 1,0 und - b)
für den Versicherte trotz erfüllter Wartezeit eine Rente wegen Alters nach Erreichen der Regelaltersgrenze nicht in Anspruch genommen haben, um 0,005 höher als 1,0.
(3) Für diejenigen Entgeltpunkte, die bereits Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer früheren Rente waren, bleibt der frühere Zugangsfaktor maßgebend. Dies gilt nicht für die Hälfte der Entgeltpunkte, die Grundlage einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung waren. Der Zugangsfaktor wird für Entgeltpunkte, die Versicherte bei
- 1.
einer Rente wegen Alters nicht mehr vorzeitig in Anspruch genommen haben, um 0,003 oder - 2.
einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder einer Erziehungsrente mit einem Zugangsfaktor kleiner als 1,0 nach Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 62. Lebensjahres bis zum Ende des Kalendermonats der Vollendung des 65. Lebensjahres nicht in Anspruch genommen haben, um 0,003, - 3.
einer Rente nach Erreichen der Regelaltersgrenze nicht in Anspruch genommen haben, um 0,005
(4) Bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und bei Hinterbliebenenrenten, deren Berechnung 40 Jahre mit den in § 51 Abs. 3a und 4 und mit den in § 52 Abs. 2 genannten Zeiten zugrunde liegen, sind die Absätze 2 und 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle der Vollendung des 65. Lebensjahres die Vollendung des 63. Lebensjahres und an die Stelle der Vollendung des 62. Lebensjahres die Vollendung des 60. Lebensjahres tritt.
(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Ermittlung des Zugangsfaktors für die nach § 66 Absatz 1 Satz 2 gesondert zu bestimmenden persönlichen Entgeltpunkte aus dem Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung.
(1) Zurechnungszeit ist die Zeit, die bei einer Rente wegen Erwerbsminderung oder einer Rente wegen Todes hinzugerechnet wird, wenn die versicherte Person das 67. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.
(2) Die Zurechnungszeit beginnt
- 1.
bei einer Rente wegen Erwerbsminderung mit dem Eintritt der hierfür maßgebenden Erwerbsminderung, - 2.
bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, auf die erst nach Erfüllung einer Wartezeit von 20 Jahren ein Anspruch besteht, mit Beginn dieser Rente, - 3.
bei einer Witwenrente, Witwerrente oder Waisenrente mit dem Tod der versicherten Person und - 4.
bei einer Erziehungsrente mit Beginn dieser Rente.
(3) Hat die verstorbene versicherte Person eine Altersrente bezogen, ist bei einer nachfolgenden Hinterbliebenenrente eine Zurechnungszeit nicht zu berücksichtigen.
(1) Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ist auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, oder eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe unbillig wäre. Nachteile im Sinne des Satzes 2 können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes sowie aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe ergeben.
(2) Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ist zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(3) Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs können miteinander verbunden werden.
Ein Unterhaltsanspruch ist zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil
- 1.
die Ehe von kurzer Dauer war; dabei ist die Zeit zu berücksichtigen, in welcher der Berechtigte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 Unterhalt verlangen kann, - 2.
der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt, - 3.
der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht hat, - 4.
der Berechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat, - 5.
der Berechtigte sich über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat, - 6.
der Berechtigte vor der Trennung längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat, - 7.
dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt oder - 8.
ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in den Nummern 1 bis 7 aufgeführten Gründe.
(1) Jeder Teilhaber kann jederzeit die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen.
(2) Wird das Recht, die Aufhebung zu verlangen, durch Vereinbarung für immer oder auf Zeit ausgeschlossen, so kann die Aufhebung gleichwohl verlangt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Unter der gleichen Voraussetzung kann, wenn eine Kündigungsfrist bestimmt wird, die Aufhebung ohne Einhaltung der Frist verlangt werden.
(3) Eine Vereinbarung, durch welche das Recht, die Aufhebung zu verlangen, diesen Vorschriften zuwider ausgeschlossen oder beschränkt wird, ist nichtig.
(1) Ist die Teilung in Natur ausgeschlossen, so erfolgt die Aufhebung der Gemeinschaft durch Verkauf des gemeinschaftlichen Gegenstands nach den Vorschriften über den Pfandverkauf, bei Grundstücken durch Zwangsversteigerung und durch Teilung des Erlöses. Ist die Veräußerung an einen Dritten unstatthaft, so ist der Gegenstand unter den Teilhabern zu versteigern.
(2) Hat der Versuch, den Gegenstand zu verkaufen, keinen Erfolg, so kann jeder Teilhaber die Wiederholung verlangen; er hat jedoch die Kosten zu tragen, wenn der wiederholte Versuch misslingt.
(1) Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen. Die Ehegatten sind einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet; sie tragen füreinander Verantwortung.
(2) Ein Ehegatte ist nicht verpflichtet, dem Verlangen des anderen Ehegatten nach Herstellung der Gemeinschaft Folge zu leisten, wenn sich das Verlangen als Missbrauch seines Rechts darstellt oder wenn die Ehe gescheitert ist.
(1) Aus dem Versteigerungserlös sind die Kosten des Verfahrens vorweg zu entnehmen, mit Ausnahme der durch die Anordnung des Verfahrens oder den Beitritt eines Gläubigers, durch den Zuschlag oder durch nachträgliche Verteilungsverhandlungen entstehenden Kosten.
(2) Der Überschuß wird auf die Rechte, welche durch Zahlung zu decken sind, verteilt.
Ein Unterhaltsanspruch ist zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil
- 1.
die Ehe von kurzer Dauer war; dabei ist die Zeit zu berücksichtigen, in welcher der Berechtigte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 Unterhalt verlangen kann, - 2.
der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt, - 3.
der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht hat, - 4.
der Berechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat, - 5.
der Berechtigte sich über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat, - 6.
der Berechtigte vor der Trennung längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat, - 7.
dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt oder - 8.
ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in den Nummern 1 bis 7 aufgeführten Gründe.
(1) Wird die Scheidung der Ehe ausgesprochen, sind die Kosten der Scheidungssache und der Folgesachen gegeneinander aufzuheben.
(2) Wird der Scheidungsantrag abgewiesen oder zurückgenommen, trägt der Antragsteller die Kosten der Scheidungssache und der Folgesachen. Werden Scheidungsanträge beider Ehegatten zurückgenommen oder abgewiesen oder ist das Verfahren in der Hauptsache erledigt, sind die Kosten der Scheidungssache und der Folgesachen gegeneinander aufzuheben.
(3) Sind in einer Folgesache, die nicht nach § 140 Abs. 1 abzutrennen ist, außer den Ehegatten weitere Beteiligte vorhanden, tragen diese ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
(4) Erscheint in den Fällen der Absätze 1 bis 3 die Kostenverteilung insbesondere im Hinblick auf eine Versöhnung der Ehegatten oder auf das Ergebnis einer als Folgesache geführten Unterhaltssache oder Güterrechtssache als unbillig, kann das Gericht die Kosten nach billigem Ermessen anderweitig verteilen. Es kann dabei auch berücksichtigen, ob ein Beteiligter einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem Informationsgespräch nach § 135 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat. Haben die Beteiligten eine Vereinbarung über die Kosten getroffen, soll das Gericht sie ganz oder teilweise der Entscheidung zugrunde legen.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 4 gelten auch hinsichtlich der Folgesachen, über die infolge einer Abtrennung gesondert zu entscheiden ist. Werden Folgesachen als selbständige Familiensachen fortgeführt, sind die hierfür jeweils geltenden Kostenvorschriften anzuwenden.
(1) Das Gericht entscheidet in Familiensachen durch Beschluss.
(2) Endentscheidungen in Ehesachen werden mit Rechtskraft wirksam.
(3) Endentscheidungen in Familienstreitsachen werden mit Rechtskraft wirksam. Das Gericht kann die sofortige Wirksamkeit anordnen. Soweit die Endentscheidung eine Verpflichtung zur Leistung von Unterhalt enthält, soll das Gericht die sofortige Wirksamkeit anordnen.