Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 27. Jan. 2015 - I-20 U 192/13
Tenor
Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das am 8. August 2013 verkündete Urteil der 14c. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf abgeändert.
I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr den nachstehend abgebildeten Schuh anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen und/oder zu bewerben:
und/oder
II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 1.379,80 Euro zuzüglich fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 9. Juni 2012 zu zahlen.
III. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger sämtlichen Schaden zu ersetzen, der diesem durch das Angebot und/oder das in den Verkehrbringen und/oder die Werbung der unter Ziffer I. des Tenors abgebildeten Schuhe entstanden ist und/oder zukünftig noch entstehen wird.
IV. Die Beklagte wird verurteilt, darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer III. bezeichneten Handlungen begangen hat, und zwar unter Angabe
- der Menge der erhaltenen und bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und andere Vorbesitzer, einschließlich der Angaben über die Gestehungskosten und die Einkaufspreise;
- der einzelnen Liefermengen,- zeiten,- preise und Typenbezeichnung, des erzielten Gewinns sowie Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer;
- der erzielten Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen,- zeiten,- preise und Typenbezeichnung sowie der Namen und Anschriften der jeweiligen Angebotsempfänger;
- der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeit und Verbreitungsgebiet.
V. Die weitergehende Anschlussberufung wird zurückgewiesen.
VI. Die Berufung der Beklagten ist gegenstandslos.
VII. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
VIII. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 35.000,00 Euro abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
G r ü n d e :
2I.
3Der Kläger ist Inhaber des am 21. November 2007 angemeldeten und am 25. Januar 2008 für „Schuhe“ eingetragenen, nachstehend wiedergegebenen deutschen Designs mit der Nummer DE 4…:
4 5 6Der Kläger vertreibt unter der Marke „X“ das nachstehend wiedergegebene Damenschuhmodell „X1“ und zwar nach seinem eigenen Vortrag seit 2008:
7Die Beklagte ist eine Schuhherstellerin, die von ihr als „Bequemschuhe“ bezeichnete Damenschuhe vertreibt. Zu ihrem Sortiment gehören die nachstehend sowie im Tenor wiedergegebenen Schuhmodelle „Y1“ und „Y1-G“.
9Modell „Y1“:
10Modell „Y1-G“:
12Der Kläger sieht hierin eine Verletzung seines eingetragenen Designs, hilfsweise eine unter dem Gesichtspunkt ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes unlautere Nachahmung seines Modells „X1“.
14Das Landgericht hat designrechtliche Ansprüche verneint und den Beklagten wegen Herbeiführung einer vermeidbaren Herkunftstäuschung nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UWG zur Unterlassung, Schadensersatz, Auskunft sowie zur Erstattung der anteiligen Abmahnkosten verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Modelle „Y1“ und „Y1-G“ fielen nicht in den Schutzbereich des Klagedesigns, der in Anbetracht der Vielzahl verschiedener Sneaker eher eng sei. Im Gegensatz zum zweifarbigen Design seien die angegriffenen Modelle einfarbig, auch weise ihr Rahmen keinen „used look“ auf. Erfolg habe die Klage jedoch mit dem Hilfsantrag, die Modelle „Y1“ und „Y1-G“ stellten sich als unter dem Gesichtspunkt vermeidbarer Herkunftstäuschung wettbewerbsrechtlich unlautere Nachahmung des klägerischen Modells „X1“ dar. Die Beklagte habe dieses seit 2008 vertriebene Modell, dem aufgrund des vierteiligen, nach hinten ansteigenden Glattlederrahmens zusammen mit dem hochgezogenen Fersenteil wettbewerbliche Eigenart zukomme, nahezu identisch nachgeahmt. Dass das Modell „X1“ bereits vor 2012, dem Jahr der Markteinführung der Modelle „Y1“ und „Y1-G“, in größerem Umfang vertrieben worden sei, stehe aufgrund der Aussage der Zeugin Z. zur Überzeugung des Gerichts fest.
15Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Sie trägt vor, es fehle bereits an der erforderlichen wettbewerblichen Eigenart. Der umlaufende Glattlederrahmen sei von jeher ein klassisches Merkmal des Sneakers. Er finde sich so auch bei den vorbekannten Sneaker-Modellen von Gerli, Energie und Emma Hope. Zudem seien Sneaker wie der klägerische jedenfalls in den letzten Jahren durch eine Vielzahl von Nachahmungen Allgemeingut geworden. Gegen viele der Nachahmungen, insbesondere gegen die Modelle von Branchenriesen wie Tamaris, sei der Kläger nicht vorgegangen. Auch sei eine Bekanntheit des klägerischen Modells jedenfalls nicht für die Zeit vor 2012 festzustellen. Die Zeugin Z., die Ehefrau des Klägers, habe schon nach ihren eigenen Angaben die Zahlen nicht selbst ermittelt, sondern lediglich anhand der vorliegenden Unterlagen überprüft. Im Übrigen sei die Marktbedeutung des Klägers selbst heute verschwindend gering, unter den Top 99 sei er nicht zu finden. Ihre eigene Marke „A“ sei hingegen eine bekannte Marke, weshalb bereits ihr Vorhandensein auf den Schuhmodellen einer Herkunftstäuschung entgegenstehe. Auch habe sie ihr Schuhmodell „Y1“ weit vor 2012 gestaltet, es werde von ihr seit Juli 2009 vertrieben. Ihr Modell sei im Übrigen durch ein am 15. Oktober 2009 angemeldetes deutsches Design, Nummer DE 4…, geschützt; ihre aus dem Designrecht resultierende Berechtigung stehe einem auf bloßes Wettbewerbsrecht gestützten Anspruch entgegen. Für die Annahme eines einen Schadensersatzanspruch begründenden Verschuldens sei vor diesem Hintergrund erst Recht kein Raum, der Auskunftsanspruch sei mangels zeitlicher Begrenzung für die Vergangenheit zu unbestimmt.
16Die Beklagte beantragt,
17unter Abänderung des am 08.08.2013 verkündeten Urteils des Landgerichts Düsseldorf, Az 14c O 124/12, die Klage vollumfänglich abzuweisen.
18Der Kläger beantragt,
19die Berufung zurückzuweisen;
20im Wege der Anschlussberufung,
21- 22
I. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr den nachstehend abgebildeten Schuh anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen und/oder zu bewerben:
Es folgen die im Tenor wiedergegebenen Lichtbilder der Modelle „Y1“ und „Y1-G“
24- 25
II. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 1.379,80 Euro zzgl. 8% Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
- 26
III. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger sämtlichen Schaden zu ersetzen, der diesem durch das Angebot und/oder das in den Verkehrbringen und/oder die Werbung des unter Ziff. I. des Klageantrages abgebildeten Schuhe entstanden ist und/ oder zukünftig noch entstehen wird;
- 27
IV. die Beklagte zu verurteilen, darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die unter Ziff. III. bezeichneten Handlungen begangen hat, und zwar unter Angabe
- der Menge der erhaltenen und bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und andere Vorbesitzer, einschließlich der Angaben über die Gestehungskosten und die Einkaufspreise;
29- der einzelnen Liefermengen,- zeiten,- preise und Typenbezeichnung, des erzielten Gewinns sowie Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer;
30- der erzielten Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen,- zeiten,- preise und Typenbezeichnung sowie der Namen und Anschriften der jeweiligen Angebotsempfänger;
31- der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeit und Verbreitungsgebiet.
32Die Beklagte beantragt,
33die Anschlussberufung zurückzuweisen.
34Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil, soweit dieses die Beklagte wegen einer vermeidbaren Herkunftstäuschung nach Wettbewerbsrecht verurteilt hat. Zu Recht habe das Landgericht eine wettbewerbliche Eigenart des Schuhmodells „X1“, das modebewussten Käufern im höheren Preissegment sehr wohl bekannt sei, bejaht; der konisch ansteigende Rahmen, die hochgezogene Sohle sowie das markante Fersenteil fehle auch dem Gerli-Sneaker. Gleiches gelte für den Sneaker von Emma Hope, der zudem auf dem deutschen Schuhmarkt nie verkauft worden sei. Gegen die seit 2012 auftretenden Nachahmungen gehe er konsequent vor, gegen das Design der Beklagten habe er Löschungsklage eingereicht.
35Allerdings habe das Landgericht in rechtsfehlerhafter Weise nicht schon aus dem vorrangig geltend gemachten Design verurteilt, die designrechtlichen Ansprüche seien begründet. Schuhe würden in einer Vielzahl farblicher Ausgestaltungen angeboten, der Farbgebung komme daher für die Bestimmung des Schutzumfangs keine wesentliche Bedeutung zu. Entscheidend seien die identische Schnittführung und die identischen Proportionen, die einen übereinstimmenden Gesamteindruck begründeten.
36Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung den Offenbarungsgehalt des eingetragenen Designs anhand der im Onlineregister eingestellten Abbildungen mit den Parteien erörtert. Dieses lasse den kontinuierlich ansteigenden Rahmen und den Aufsatz im Fersenbereich klar erkennen, während die hochgezogene Sohle nur angedeutet sei. Ein kontinuierlich ansteigender Rahmen finde sich im vorbekannten Formenschatz nicht, gerade hier bestünden große Ähnlichkeiten mit dem angegriffenen Erzeugnis. Das Designrecht kenne allerdings keinen Teilschutz, entscheidend sei der Gesamteindruck. So fehle beim angegriffenen Erzeugnis der farbliche Kontrast zwischen Rahmen und Schaft; allerdings wisse der informierte Benutzer, dass Schuhmodelle in verschiedenen Farben angeboten würden. Unterschiede bestünden auch bei der Ausprägung der Schnurleiste, die dem angegriffenen Design einen keilförmigen Eindruck vermittelten. Dies gelte auch für die lauterkeitsrechtlichen Ansprüche. Hinsichtlich dieser bestehe zudem ein ungeklärtes Spannungsverhältnis mit dem aus dem eingetragenen Design der Beklagten resultierenden positiven Benutzungsrecht.
37Die Parteien haben demgegenüber ihre Auffassungen bekräftigt. Der Beklagte hat mit nachterminlichem Schriftsatz vom 15. Januar 2015 dem klägerischen Design Neuheit und Eigenart abgesprochen, dieses stelle sich als Nachahmung des Schuhmodells von Emma Hope dar. Zudem lasse die Eintragung weder das konische Ansteigen des Lederrahmens, noch das Fersenteil erkennen; der Schuh erscheine als gewöhnlicher Sportschuh. Ihr Schuh erwecke demgegenüber einen bequemen Eindruck.
38Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil, Bl. 190 ff. d. GA., wegen des Parteivorbringens im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
39II.
40Die zulässige Anschlussberufung des Klägers hat - mit Ausnahme eines Teils der auf die Abmahnkosten bezogenen Zinsforderung - in der Sache Erfolg; die Klage ist bereits mit dem auf das eingetragene Design gestützten Hauptantrag begründet.
41Der Kläger hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Unterlassung des Angebots, Vertriebs und der Bewerbung der streitgegenständlichen Schuhe aus § 42 Abs. 1 in Verbindung mit § 38 Abs. 1 DesignG, der Vertrieb der Schuhmodelle „Y1“ und „Y1-G“ verletzt das Recht des Klägers aus seinem am 25. Januar 2008 eingetragenen Design für einen „Schuh“, Registernummer DE 40705766-0019. Mit der angegriffenen Gestaltung hat die Beklagte das Klagedesign entgegen § 38 Abs. 1 Satz 1 DesignG benutzt.
42Das Klagedesign, dessen nach § 39 DesignG vermutete Rechtsgültigkeit gemäß § 52a DesignG nur durch Erhebung einer Widerklage auf Feststellung oder Erklärung der Nichtigkeit oder durch Stellung eines Antrags nach § 34 DesignG in Zweifel gezogen werden kann, weist folgende Merkmale auf:
43(1) Sneaker,
44(2) mit einen auf die Sohle aufgesetzten und in den Schaft hochgezogenen Rahmen in Glattlederoptik;
45(3) der umlaufende Rahmen besteht aus vier Teilen,
46(a) einem durchgehenden umlaufenden Rahmen;
47(b) einer von diesem umschlossenen Vorderkappe;
48(c) auf dem umlaufenden Rahmen befindet sich im vorderen Bereich ein weich (bogenförmig) auslaufender Aufsatz, der die Höhe des umlaufenden Rahmens nicht ganz erreicht;
49(d) im Fersenbereich befindet sich ein weiterer Aufsatz, der sich nach oben verjüngt und sich nach einer Stufe im Bereich der Oberkante des umlaufenden Rahmens bis zur Oberkante des Schuhs erstreckt;
50(4) der umlaufende Rahmen steigt von der Vorderkappe bis zur Ferse kontinuierlich leicht an;
51(5) die Sohle ist im Fersenbereich hochgezogen;
52(6) der Rahmen ist in beiger Farbe gehalten und weist einen „used look“ auf, während der Schaft in einem moosgrünen velourähnlichen Leder gehalten ist.
53Insoweit ist auf das Verständnis des „informierten Benutzers” abzustellen, einer Person, die das Produkt, welches das Geschmacksmuster verkörpert, zu dem für dieses Produkt vorgesehenen Zweck benutzt (EuG, GRUR Int 2011, 746 Rn. 51 - Sphere Time). Dabei setzt die Bezeichnung „informiert“ voraus, dass der Benutzer, ohne dass er ein Entwerfer oder technischer Sachverständiger wäre, verschiedene Geschmacksmuster kennt, die es in dem betroffenen Wirtschaftsbereich gibt, dass er gewisse Kenntnisse in Bezug auf die Elemente besitzt, die diese Geschmacksmuster für gewöhnlich aufweisen, und dass er diese Produkte aufgrund seines Interesses an ihnen mit vergleichsweise großer Aufmerksamkeit benutzt (EuGH, GRURInt 2012, 43 Rn. 59 - PepsiCo; BGH, GRUR 2013, 285 Rn. 55 - Kinderwagen II). Der Begriff des informierten Benutzers steht zwischen dem im Markenbereich anwendbaren Begriff des Durchschnittsverbrauchers, von dem keine speziellen Kenntnisse erwartet werden und der im Allgemeinen keinen direkten Vergleich zwischen den einander gegenüberstehenden Marken anstellt, und dem im Patenrecht anwendbaren Begriff des Fachmanns als Sachkundigen mit profunden technischen Fertigkeiten (EuGH, GRUR 2013, 178 Rn. 53 - Banea Grupo).
54Die vorgenannten Merkmale (1) bis (3.c), aber auch (4) - das kontinuierliche Ansteigen des Rahmens - sind für jeden aufmerksamen Betrachter ohne weiteres ersichtlich. Der informierte Benutzer entnimmt dem eingetragenen Design zudem die Gestaltung des Fersenbereichs (Merkmal 3.d), obwohl dieses lediglich in der Seitenansicht zu erkennen ist. Der informierte Benutzer weiß, dass derartige Gestaltungsmerkmale von Schuhen symmetrisch aufgebaut sind und geht folglich davon aus, dass die rückwärtige Ansicht der gezeigten entspricht. Der informierte Benutzer entnimmt der Seitenansicht auch das Hochziehen der Sohle im Fersenbereich (Merkmal 5). Die allein maßgebliche Abbildung im Online-Register des Deutschen Patent- und Markenamtes, die Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung war, lässt ein weiteres, mittig auf die Fersenkappe aufgesetztes Element erkennen, dass von der Sohle bis etwa zur Mitte des umlaufenden Rahmens aufsteigt und dessen karamellfarbener Ton mit dem der Sohle korrespondiert; das im Tatbestand wiedergegebene Bild gibt dieses nur unzureichend wieder. Der informierte Benutzer erkennt es deshalb als Teil dieser, sich bis zur halben Höhe des umlaufenden Rahmens erstreckenden Sohle.
55Der ästhetische Gesamteindruck des Designs wird dabei maßgeblich durch das Zusammenspiel der Merkmale (1) bis (5) geprägt, die dem Schuh einen sportlich eleganten Eindruck vermitteln.
56Demgegenüber kommt dem Merkmal (6) keine für den Gesamteindruck wesentliche Bedeutung zu. Der informierte Benutzer weiß, dass sportive Schuhe wie Sneakers in allen erdenklichen Farben und Farbkombinationen angeboten werden, wobei auch eine Nachfrage nach künstlich auf gebraucht gestylten Erzeugnissen, ein sogenannter „used look“, befriedigt werden will. Dabei gehört zum Sortiment in der Regel zumindest eine unifarbene Variante. Auch wenn die beim eingetragenen Design durch den Farbkontrast gegebene Betonung des Rahmens bei einer einfarbigen Ausgestaltung nicht in gleicher Weise hervortritt, wird der informierte Benutzer diesem Merkmal aufgrund seiner Kenntnisse von den Marktgegebenheiten folglich nur eine geringe Bedeutung zumessen.
57Dem Klagedesign kommt ein durchschnittlicher (normaler) Schutzumfang zu. Bei der Beurteilung des Schutzumfangs eines Klagedesigns ist der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung seines Designs zu berücksichtigen, § 38 Abs. 2 Satz 2 DesignG. Zwischen dem Gestaltungsspielraum des Entwerfers und dem Schutzumfang des Designs besteht eine Wechselwirkung. Eine hohe Designdichte und ein kleiner Gestaltungsspielraum des Entwerfers können zu einem engen Schutzumfang des Designs mit der Folge führen, dass bereits geringe Gestaltungsunterschiede beim informierten Benutzer einen anderen Gesamteindruck hervorrufen, während umgekehrt eine geringe Designdichte und damit ein großer Gestaltungsspielraum des Entwerfers einen weiten Schutzumfang des Designs zur Folge haben können, so dass selbst größere Gestaltungsunterschiede beim informierten Benutzer möglicherweise keinen anderen Gesamteindruck erwecken (BGH, GRUR 2013, 285 Rn. 31 - Kinderwagen II).
58Der Schutzumfang des Klagedesigns wird auch durch seinen Abstand zum vorbekannten Formenschatz bestimmt. Je größer der Abstand des Klagedesigns zum vorbekannten Formenschatz ist, desto größer ist der Schutzumfang des Klagedesigns zu bemessen. Der bereits vor der Umsetzung der Richtlinie 98/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 1998 über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen durch das Geschmackmusterreformgesetz anerkannte Grundsatz, dass der Schutzumfang eines Designs von dessen Abstand zum vorbekannten Formenschatz abhängt, gilt nach wie vor. Der Schutzumfang wird daher durch die Designdichte einerseits und die Ausnutzung des Gestaltungsspielraums durch den Entwerfer und den dadurch erreichten Abstand vom Formenschatz andererseits bestimmt (BGH, GRUR 2013, 285 Rn. 32 - Kinderwagen II).
59Für die Frage, welchen Abstand das Klagedesign zum vorbekannten Formenschatz einhält, kommt es nicht auf einen Vergleich einzelner Merkmale des Klagedesigns mit einzelnen Merkmalen vorbekannter Design an. Maßgeblich ist vielmehr der jeweilige Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Design, der darüber entscheidet, wie groß die Ähnlichkeit des Klagedesigns mit dem vorbekannten Formenschatz ist (BGH, GRUR 2013, 285 Rn. 34 - Kinderwagen II).
60Vorliegend ist zwar die Musterdichte im Bereich der Sneakers hoch. Das Klagedesign hält jedoch einen deutlich Abstand vom vorbekannten Formenschatz. Es unterscheidet sich klar von dem Modell „Jerry“ der Schuh-Import und Export Gerli GmbH, Anlage 1 zur Klageerwiderung, dem Converse-Sneaker, dem nicht näher bezeichneten Schuhmodell der Firma Energie, Bl. 79 d. GA., und vom Modell „Joe“ der britischen Designerin Emma Hope, Anlage 1 zur Berufungsbegründung, dem nach Auffassung der Beklagten nächstliegenden Formenschatz, auf dessen Prüfung der Senat vor dem Hintergrund des Beibringungsgrundsatzes beschränkt ist.
61Der vorstehend rechts wiedergegebene Schuh „Jerry“ verfügt zwar über eine Vorderkappe und einen umlaufenden Rahmen in Glattlederoptik, schon dieser unterscheidet jedoch aufgrund der optischen Zweiteilung durch den farbigen Streifen deutlich von dem des Klagemusters. Der Aufsatz im vorderen Bereich endet gradlinig und verharrt somit im bekannten Formenschatz kappenverstärkter Sportschuhe, während der Aufsatz beim Klagedesign weich ausläuft. Ein Aufsatz im Fersenbereich und eine hochgezogene Sohle sind nicht vorhanden. Vor allem fehlt aber das für den sportlich eleganten Eindruck des Klagedesigns wesentliche Merkmal (4), das kontinuierliche Ansteigen des Rahmens. Für den vorstehend rechts wiedergegebenen Converse-Sneaker gilt selbiges, zusätzlich weist der Rahmen keine Glattlederoptik auf.
63 64Beim nicht näher bezeichneten Modell der Fima Energie ist der umlaufende Glattlederrahmen zwar optisch ungeteilt, im Übrigen gilt aber auch hier das zuvor Gesagte. Soweit der hintere Schuh zweifarbig ausgestaltet ist, mit einem grünen Schaft und einem hellbraunen Rahmen, kommt diesem Merkmal - wie ausgeführt - kein besonders Gewicht zu.
65Der Schuh der Firma Energie ist allerdings ein gutes Beispiel dafür, dass neben einer zweifarbigen, den Kontrast betonenden Ausgestaltung auch eine unifarbene Variante angeboten wird. Gleiches gilt im Übrigen für das Schuhmodell „Jerry“, von dem ausweislich der Anlage 1 zur Klageerwiderung neben fünf zweifarbigen auch eine einfarbige Variante existiert.
66Am nächsten kommt dem Klagegeschmacksmuster noch das Modell „Joe“ der Designerin Emma Hope. Die von der Beklagten als Anlage 1 zur Berufungsbegründung vorgelegte, nachstehend links wiedergegebene Abbildung ist von schlechter Qualität. Die Gestaltung des Emma Hope Sneakers ist dem Senat aber aus dem vom Kläger in der Anschlussberufungsbegründung in Bezug genommenen Parallelverfahren (14c O 41/14 / I - 20 U 93/13) bekannt, aus dem die nachstehend rechts wiedergegebene, der Verdeutlichung der Einzelheiten der Rahmengestaltung dienende Abbildung stammt.
67Auch das Modell „Joe“ erweckt beim informierten Benutzer einen völlig anderen Gesamteindruck als das Klagedesign. Zwar verfügt das Modell „Joe“ über eine vom umlaufenden Rahmen umschlossene Vorderkappe und einen Aufsatz im vorderen Bereich, der weich ausläuft. Auch besteht ein Farbkontrast zwischen Schaft und Rahmen. Ein Aufsatz im Fersenbereich (Merkmal 3.d), eine hochgezogene Sohle (Merkmal 5) und ein Ansteigen des Rahmens (Merkmal 4) fehlen jedoch völlig.
69Gerade das Merkmal (4) vermittelt dem Klagedesign seinen Eindruck sportlicher Eleganz. Die Keilform, die aufgrund ihrer Aerodynamik die Frontpartie von Hochgeschwindigkeitsfahrzeugen prägt, steht für Schnelligkeit und sportlichen Anspruch. Die Übertragung dieses Formgedankens auf den Schuhbereich, die im vorgelegten Formenschatz nicht angelegt war, stellt eine erhebliche gestalterische Leistung dar, die vom informierten Benutzer als solche erkannt wird und die seinen Eindruck vom Design maßgeblich prägt.
70In den so bestimmten Schutzbereich des Klagedesigns fallen die angegriffenen Erzeugnisse „Y1“ und „Y1-G“. Der Schutz aus einem eingetragenen Design erstreckt sich gemäß § 38 Abs. 2 Satz 1 DesignG auf jedes Design, das beim informierten Benutzer keinen anderen Gesamteindruck erweckt. Das eingetragene Design ist so, wie es eingetragen ist, dem angegriffenen Design gegenüberzustellen. Bei der Bestimmung des Gesamteindrucks sind nicht nur die Übereinstimmungen, sondern auch die Unterschiede der Designs zu berücksichtigen (BGH, GRUR 2011, 142 Rn. 20 - Untersetzer; GRUR 2013, 285 Rn. 30 - Kinderwagen II).
71Die Modelle „Y1“ und „Y1-G“ verfügen beide über einen umlaufenden, kontinuierlich ansteigenden Rahmen in Glattlederoptik, der eine Vorderkappe umschließt und mit einen weich auslaufenden Aufsatz vorne und einen sich bis zur Oberkante erstreckenden Aufsatz im Fersenbereich versehen ist, sowie eine hinten hochgezogene Sohle und verwirklichen folglich die Merkmale (1) bis (3.c), (4) und (5) in identischer und das Merkmal (3.d.) in nahezu identischer Form. Die Modelle unterscheiden sich hier nur insoweit vom Klagedesign, als der Aufsatz im Fersenbereich nicht über eine Stufe verfügt, sondern sich weiter kontinuierlich auf den mittleren Bereich zu verjüngt. Dieser Unterschied ist ebenso wenig geeignet, beim informierten Benutzer einen abweichenden Gesamteindruck zu erwecken, wie das Fehlen des Merkmals (6), dem der informierte Benutzer vor dem Hintergrund seiner Kenntnis zur Vielfalt farblicher Gestaltungen nur geringe Bedeutung zumisst. Dies zumal die Perforation des Schaftleders beim Modell „Y1“ beziehungsweise die Verwendung von Stoff beim Modell „Y1-G“ für eine - trotz der Einfarbigkeit - deutliche optische Abgrenzung zwischen Rahmen und Schaft sorgt.
72Den einzigen Unterschied von einem gewissen Gewicht stellt die Schnürleiste dar, die die Glanzlederoptik des Rahmens aufnimmt. Diese und der Rahmen bilden bei den Modellen „Y1“ und „Y1-G“ in der Seitenansicht ein offenes Dreieck, ein Gestaltungselement, das beim Klagedesign fehlt. Ein abweichender Gesamteindruck wird hierdurch - auch im Zusammenspiel mit den vorgenannten Unterschieden - jedoch nicht begründet. Das von Schnürleiste und Rahmen gebildete, hinten offene Dreieck nimmt die Keilform des von vorne nach hinten ansteigenden Rahmens auf und verharrt demzufolge in der Formensprache des Klagedesigns. Unterschiede, die mit der Formensprache des Designs in Einklang stehen, sind jedoch weit weniger geeignet, einen abweichenden Gesamteindruck zu begründen, als solche, die mit einem stilistischen Bruch einhergehen. Die sportliche Eleganz des Klagedesigns findet sich in einem zur Begründung eines Eingriffs in den Schutzbereich hinreichendem Maße.
73Die Klage ist auch hinsichtlich des Anspruches auf Feststellung der Schadensersatzpflicht zulässig und begründet. Der Kläger kann seine Schadensersatzansprüche erst nach Auskunftserteilung durch den Beklagten beziffern, so dass er ein berechtigtes Interesse an der Feststellung des Bestehens eines Schadensersatzanspruches hat, § 256 ZPO. Der Schadensersatzanspruch ergibt sich aus § 42 Abs. 2 in Verbindung mit § 38 Abs. 1 DesignG. Die Beklagte handelte bei der Verletzung des klägerischen Designrechts zumindest fahrlässig, denn sie ist entweder schon ihrer Obliegenheit zur Überwachung der Schutzrechtslage nicht nachgekommen (vgl. Eichmann in: Eichmann/von Falckenstein, Geschmackmustergesetz, 3. Aufl., § 42 Rn. 10) oder sie hat sich jedenfalls nicht hinreichend sorgfältig mit der klägerischen Gestaltung auseinandergesetzt. Wer ein in besonderer Weise gestaltetes Erzeugnis vertreiben will, muss sich gewissenhaft davon überzeugen, dass er kein besseres Recht eines anderen verletzt (BGH, GRUR 1974, 735, 737 - Pharmamedan, zum Markenrecht).
74Der Auskunftsanspruch des Klägers ergibt sich aus § 46 Abs. 1, Abs. 3 in Verbindung mit § 38 Abs. 1 DesignG, soweit er Angaben über die Herkunft und Vertriebsweg, Namen und Anschriften des Herstellers, der Lieferanten und anderer Vorbesitzer, der gewerblichen Abnehmer sowie die Menge, der Zeiten und der Preise der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse begehrt. Der weitergehende Anspruch ergibt sich aus § 242 BGB. Steht die Verpflichtung der Beklagten zum Schadensersatz fest, so sind sie nach Treu und Glauben auch zur Auskunft verpflichtet, damit der Kläger in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Der Kläger ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die er ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, die Beklagte wird durch die von ihr verlangte Auskunft nicht unzumutbar belastet; anderes macht sie auch nicht geltend. Der Antrag ist auch hinreichend bestimmt, designrechtliche Ansprüche bestehen ihrem Wesen nach erst ab der Eintragung des Designs, § 27 Abs. 1 DesignG.
75Daneben hat der Kläger gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten in Höhe von 1.379,80 Euro unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag, §§ 677, 683 Satz 1 in Verbindung mit § 670 BGB, allerdings nur nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz. Soweit der Kläger Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz begehrt hat, unterliegt seine Anschlussberufung der Zurückweisung.
76Der Abmahnende hat einen Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag, wenn ihm gegenüber dem Abgemahnten zum Zeitpunkt der Abmahnung ein Unterlassungsanspruch zustand und die Abmahnung dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Abgemahnten entsprach (BGH, GRUR 2008, 996 Tz. 11 - Clone-CD). Diese Voraussetzung ist regelmäßig erfüllt, wenn der Abmahnende den Abgemahnten wegen dessen Rechtsverstoß auch gerichtlich hätte auf Unterlassung in Anspruch nehmen können (BGH, GRUR 2008, 996 Tz. 34 - Clone-CD; GRUR 1973, 384, 385 - Goldene Armbänder).
77Der der Abmahnung zugrunde gelegte Streitwert von 50.000,00 Euro ist nicht zu beanstanden. Bei dem geltend gemachten Anspruch handelt es sich um einen in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch. Der Umfang des Interesses hängt folglich von der Gefährlichkeit der zu verbietenden Handlung, also der Wahrscheinlichkeit und dem Ausmaß einer künftigen Beeinträchtigung dieses Interesses ab (Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 32. Aufl., § 12 Rz. 5.5). Aus diesem Grund ist unerheblich, welchen konkreten Vorteil der Beklagte aus seinem Verstoß tatsächlich gezogen oder welchen Schaden der Kläger bereits erlitten hat; Relevanz kommt allein dem durch den begehrten Unterlassungstitel verhinderten Schaden zu. Die fortgesetzte Verwendung seines Designs war geeignet, dem Kläger erheblichen Schaden zuzufügen. Der durch den Vertrieb nachgeahmter Ware drohende Schaden erschöpft sich nicht im entgangenen Gewinn, sondern gefährdet die Exklusivität des Designs, das dem Verkehr infolge der Verwendung durch einen anderen Anbieter als gewöhnlich erscheint. Die von den Rechtsanwälten des Klägers verlangte 1,3 Geschäftsgebühr ist als gesetzlich vorgegebene Mittelgebühr gerechtfertigt. Besondere Umstände, die ein Unterschreiten der Mittelgebühr gebieten würden, sind nicht ersichtlich.
78Die Zinsforderung ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB. Dem Kläger stehen Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu. Die Voraussetzungen des § 288 Abs. 2 BGB sind nicht erfüllt, bei dem Aufwendungsersatzanspruch des Beauftragten handelt es sich nicht um eine Entgeltforderung. Unter Entgeltforderungen im Sinne von § 288 Abs. 2 BGB sind nur solche Forderungen zu verstehen, die auf Zahlung eines Entgelts als Gegenleistung für die vom Gläubiger erbrachte oder zu erbringende Leistung gerichtet sind. Nicht als Entgeltforderungen anzusehen sind danach Ansprüche aus einem Vertragsstrafeversprechen und Ansprüche auf Erstattung von Abmahnkosten (BGH, Urt. 17. Nov. 2014, I ZR 97/13, Rn. 27, BeckRS 2014, 23587; Köhler/ Bornkamm, UWG, 32. Aufl., § 12 Rn. 1.100a).
79Mit dem Erfolg des Hauptantrags ist die Verurteilung der Beklagten auf den in erster Instanz gestellten, auf ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz gestützten Hilfsantrag aufzuheben. Dies geschieht von Amts wegen. Da die Entscheidung insoweit unter der auflösenden Bedingung stand, dass dem Hauptantrag nicht stattgegeben wird, fehlt es ihr nunmehr an einer verfahrensrechtlichen Grundlage (BGH, NJW 2001, 1127, 1130; Rimmelspacher in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Aufl., § 528 Rn. 43). Damit ist die Berufung der Beklagten gegenstandslos.
80Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
81Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen. Die hierfür in § 543 Abs. 2 ZPO niedergelegten Voraussetzungen sind nicht gegeben. Die relevanten Rechtsfragen sind durch die zitierten höchstrichterlichen Entscheidungen beantwortet. Im Übrigen erschöpft sich der Rechtsstreit im Tatsächlichen. Als reine Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine revisionsgerichtliche Entscheidung i.S. des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
82Der Streitwert für wird in Abänderung der erstinstanzlichen Festsetzung einheitlich für beide Instanzen auf 65.000,00 Euro festgesetzt.
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Urteil einreichenOberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 27. Jan. 2015 - I-20 U 192/13 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Das eingetragene Design gewährt seinem Rechtsinhaber das ausschließliche Recht, es zu benutzen und Dritten zu verbieten, es ohne seine Zustimmung zu benutzen. Eine Benutzung schließt insbesondere die Herstellung, das Anbieten, das Inverkehrbringen, die Einfuhr, die Ausfuhr, den Gebrauch eines Erzeugnisses, in das das eingetragene Design aufgenommen oder bei dem es verwendet wird, und den Besitz eines solchen Erzeugnisses zu den genannten Zwecken ein.
(2) Der Schutz aus einem eingetragenen Design erstreckt sich auf jedes Design, das beim informierten Benutzer keinen anderen Gesamteindruck erweckt. Bei der Beurteilung des Schutzumfangs wird der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung seines Designs berücksichtigt.
(3) Während der Dauer der Aufschiebung der Bekanntmachung (§ 21 Absatz 1 Satz 1) setzt der Schutz nach den Absätzen 1 und 2 voraus, dass das Design das Ergebnis einer Nachahmung des eingetragenen Designs ist.
Zugunsten des Rechtsinhabers wird vermutet, dass die an die Rechtsgültigkeit eines eingetragenen Designs zu stellenden Anforderungen erfüllt sind.
Eine Partei kann sich auf die fehlende Rechtsgültigkeit eines eingetragenen Designs nur durch Erhebung einer Widerklage auf Feststellung oder Erklärung der Nichtigkeit oder durch Stellung eines Antrags nach § 34 berufen. Satz 1 gilt nicht für die Geltendmachung der Nichtigkeit eines eingetragenen Designs in einstweiligen Verfügungsverfahren nach den §§ 935 bis 945 der Zivilprozessordnung.
Zur Stellung des Antrags auf Feststellung der Nichtigkeit nach § 33 Absatz 1 ist jedermann befugt. Zur Stellung des Antrags auf Erklärung der Nichtigkeit nach § 33 Absatz 2 ist nur der Inhaber des betroffenen Rechts befugt. Den Nichtigkeitsgrund gemäß § 33 Absatz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 3 Absatz 1 Nummer 4 kann nur derjenige geltend machen, der von der Benutzung betroffen ist; eine Geltendmachung von Amts wegen durch die zuständige Behörde bleibt unberührt.
(1) Das eingetragene Design gewährt seinem Rechtsinhaber das ausschließliche Recht, es zu benutzen und Dritten zu verbieten, es ohne seine Zustimmung zu benutzen. Eine Benutzung schließt insbesondere die Herstellung, das Anbieten, das Inverkehrbringen, die Einfuhr, die Ausfuhr, den Gebrauch eines Erzeugnisses, in das das eingetragene Design aufgenommen oder bei dem es verwendet wird, und den Besitz eines solchen Erzeugnisses zu den genannten Zwecken ein.
(2) Der Schutz aus einem eingetragenen Design erstreckt sich auf jedes Design, das beim informierten Benutzer keinen anderen Gesamteindruck erweckt. Bei der Beurteilung des Schutzumfangs wird der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung seines Designs berücksichtigt.
(3) Während der Dauer der Aufschiebung der Bekanntmachung (§ 21 Absatz 1 Satz 1) setzt der Schutz nach den Absätzen 1 und 2 voraus, dass das Design das Ergebnis einer Nachahmung des eingetragenen Designs ist.
Tenor
Die einstweilige Verfügung vom 11.03.2014 wird bestätigt.
Die B trägt die weiteren Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Nebenintervenientin, die diese selbst trägt.
1
T a t b e s t a n d
3Die Parteien streiten über die angebliche Nachahmung zweier Schuhmodelle.
4Der Antragsteller vertreibt in Deutschland hochwertige Damensneaker. Er ist einerseits Inhaber des am 21.11.2007 angemeldeten und am 25.01.2008 eingetragenen Designs 40705766-0019, welches am 22.02.2008 veröffentlicht wurde. Das Design steht in Kraft und zeigt einen Schuh wie nachfolgend abgebildet:
50019.1
6 70019.2
8 9Darüber hinaus ist er Inhaber des am 13.06.2008 angemeldeten und am 08.08.2008 eingetragenen Designs 402008002843-0002, welches am 05.09.2008 veröffentlicht wurde. Das Design steht in Kraft und zeigt einen Schuh wie nachfolgend abgebildet:
100002.1
11 120002.2
13 14Unter der Bezeichnung „Candice Cooper“ vertreibt der Antragsteller seit 2008 auf Basis der beiden Designs Damen-Sneaker unter der Modellbezeichnung „Plus“ und „Rock“, welche er je nach aktueller Saison in verschiedenen Farben/Farbkombinationen und Schaftmaterialausgestaltungen vertreibt (vgl. im Einzelnen die Abbildungen in den Anlagen AST 1, 3, 4, 15, 21 und 23). Die Schuhe werden von sämtlichen führenden deutschen Schuheinzelhändlern im Hochpreissegment - wie Prange und Zumnorde -, dem Designanbieter Pro Idee, Luxuskaufhäusern wie der Firma C sowie über „Amazon“ und „Zalando“ vertrieben. Überdies sind sie bereits Gegenstand umfangreicher Berichterstattungen der einschlägigen Fachpresse, nämlich dem „Schuh Kurier“ und ähnlichen Publikationen gewesen (Anlage AST 4).
15Die B betreibt insbesondere unter den Webseiten „www.schuhe-lueke.de“, „www.geox-shop.de“ sowie „www.paulgreen-shop.de“ einen Online-Handel mit Schuhen und vertrieb u. a. die im Verfügungstenor bildlich wiedergegebenen Geox-Sneaker der Nebenintervenientin mit der Modellbezeichnung „New Moena“. Mit Schreiben vom 17.02.2014 (Anlage AST 16) mahnte der Antragsteller die B ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Die B antwortete mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 21.02.2014 ablehnend (Anlage AST 17).
16Nachdem der Antragsteller zunächst in erster Linie Unterlassung aus zwei eingetragenen Designs und lediglich hilfsweise aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz begehrt und entsprechend beantragt hat, B zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr Sneaker herzustellen und/oder herstellen zu lassen, in die Bundesrepublik Deutschland zu importieren, anzubieten, zu bewerben, feilzuhalten oder sonst in den geschäftlichen Verkehr zu bringen und/oder derartige Handlungen durch Dritte vornehmen zu lassen, hat er auf entsprechenden Hinweis der Kammer den Antrag zum einen teilweise zurückgenommen und zum anderen nunmehr in erster Linie auf ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz gestützt.
17Auf den geänderten Antrag des Antragstellers vom 11.03.2014 hat die Kammer B durch einstweilige Beschlussverfügung vom selben Tag bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel unter Ziffer I. untersagt,
18im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Sneaker wie nachstehend wiedergegeben anzubieten, zu bewerben, feilzuhalten, oder sonst in den geschäftlichen Verkehr zu bringen und/oder derartige Handlungen durch Dritte vornehmen zu lassen:
19r
20 21und/oder
22 23 24 25Gegen die einstweilige Verfügung hat die B mit Schriftsatz vom 24.03.2014 Widerspruch eingelegt (Bl. 38 f. GA) und mit Schriftsatz vom 04.04.2014 (Bl. 50 ff. GA) begründet.
26Der Antragsteller behauptet, er stelle die Schuhmodelle „Plus“ und „Rock“ in eigener Verantwortung und auf seine alleinige Veranlassung hin her, wobei er sich hierfür dreier Lohnfertiger in Italien bediene. Er ist der Ansicht, seine Modelle „Rock“ und „Plus“ verfügten über wettbewerbliche Eigenart, die insbesondere durch den vierteilig zusammengesetzten umlaufenden Lederrahmen begründet sei, der zuvor im Sneakerbereich vollkommen unbekannt gewesen sei. Seit Markteinführung in 2008 seien von beiden Modellen „Plus“ und „Rock“ in Deutschland insgesamt 336.690 Paar abgesetzt und ein Umsatz von über 58 Mio. € gemacht worden. Der Vertrieb der angegriffenen Schuhe führe bei den Abnehmern die Gefahr einer vermeidbaren Täuschung über die betriebliche Herkunft herbei und nutze die Wertschätzung der Schuhe des Antragstellers aus.
27Jedenfalls aber erweckten die verfahrensgegenständlichen Schuhe den gleichen Gesamteindruck wie die durch die eingetragenen Designs geschützten Schuhe.
28Weiter trägt er vor, er sei erst im Februar 2014 auf das Angebot der verfahrensgegenständlichen Sneaker im Online-Shop B aufmerksam geworden. Eine ständige Marktbeobachtung in dem Sinne, dass im Internet gezielt nach Verletzungsprodukten gesucht werde, finde weder durch ihn noch durch sonstige Personen statt.
29Der Antragsteller beantragt,
30die einstweilige Verfügung zu bestätigen und den Widerspruch zurückzuweisen.
31Die B beantragt,
32die einstweilige Verfügung des Landgerichts Düsseldorf vom 11.03.2014 (Az. 14c O 41/14) aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung kostenpflichtig zurückzuweisen.
33Die Nebenintervenientin, die dem Verfahren mit Schriftsatz vom 04.04.2014 beigetreten ist, schließt sich dem Antrag B an.
34Die B ist der Auffassung, den Modellen „Plus“ und „Rock“ fehle es an wettbewerblicher Eigenart, da sie keine Merkmale aufwiesen, die sie vom wettbewerblichen Umfeld abhebten. Zudem fehle es angesichts der zahlreichen Unterschiede an einer Nachahmung. Eine Herkunftstäuschung scheide auch deshalb aus, weil die von ihr vertriebenen Schuhe mit einer deutlichen Herkunftsangabe versehen seien.
35Schließlich fehle es am Verfügungsgrund. Sie habe das verfahrensgegenständliche Schuhmodell „New Moena“ sowohl in niedrigschaftiger als auch in hochschaftiger Ausführung seit dem 22.08.2013 unter www.schuhe-lueke.de ununterbrochen angeboten. Da in dem ebenfalls von ihr unter www.paul-green-shop.de betriebenen Shop ein Schuh der Marke Q erworben worden sei, der Ende 2013 - was unstreitig ist - Gegenstand einer weiteren Abmahnung des Antragstellers gegenüber Q gewesen sei, sei der Schluss gerechtfertigt, dass der Antragsteller bereits zu diesem Zeitpunkt ihre übrigen Webseiten untersucht und die verfahrensgegenständlichen Schuhe zur Kenntnis genommen habe. Überdies habe der Antragsteller unstreitig am 26.03.2012 das Geox-Modell „Moena“ (Anlage LSG 2) gegenüber der Firma L GmbH in Köln abgemahnt, welches ihrer Ansicht nach bereits die nunmehr angegriffene Gestaltung aufgewiesen habe. Da der Antragsteller die Abmahnung nicht weiter verfolgt habe, habe er gezeigt, dass ihm die Verfolgung des hier angegriffenen Schuhdesigns nicht so eilig sei.
36Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die tatsächlichen Feststellungen in den nachfolgenden Entscheidungsgründen Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
37Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 11.03.2014 ist zu bestätigen, weil weiterhin glaubhaft ist, dass dem Antragsteller ein Verfügungsanspruch zusteht und ein Verfügungsgrund besteht.
38I.
39Der Antragsteller hat gegen die B einen Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 3, 4 Nr. 9 lit. a UWG.
401.
41Der Antragsteller ist aktivlegitimiert. Anspruchsberechtigt für die Geltendmachung von Ansprüchen nach § 1 UWG in Verbindung mit den Grundsätzen des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes ist der Hersteller des Originals, also derjenige, der das Produkt in eigener Verantwortung herstellt oder von einem Dritten herstellen lässt und über das Inverkehrbringen entscheidet (OLG München, GRUR-RR 2004, 85; Köhler/Bornkamm-Köhler, Wettbewerbsrecht, 31. Aufl. 2013, § 4 Rz. 9.85). Der Antragsteller hat durch anwaltliche Versicherung seines Verfahrensbevollmächtigten ausreichend glaubhaft gemacht im Sinne von § 294 ZPO, dass er in eigener Verantwortung über die Herstellung und das Inverkehrbringen der verfahrensgegenständlichen Schuhmodelle „Rock“ und „Plus“ entscheidet. So hat der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 08.04.2014 anwaltlich versichert, der Antragsteller lasse die Schuhe durch drei Lohnfertiger in Italien, die Firmen Faber, Dover und Orchidea, fertigen, die ihrerseits keine Design- oder Markenrechte an den Schuhen hätten und die Schuhe auch nicht selbst vertrieben. Der Vertrieb werde allein durch den Antragsteller organisiert.
422.
43Der Vertrieb eines nachahmenden Erzeugnisses kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wettbewerbswidrig sein, wenn das nachgeahmte Produkt über wettbewerbliche Eigenart verfügt und besondere Umstände hinzutreten, die die Nachahmung unlauter erscheinen lassen. So verhält es sich, wenn die Nachahmung geeignet ist, eine Herkunftstäuschung hervorzurufen und der Nachahmer geeignete und zumutbare Maßnahmen zur Vermeidung der Herkunftstäuschung unterlässt (§ 4 Nr. 9 lit. a UWG). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen, so dass bei einer größeren wettbewerblichen Eigenart und einem höheren Grad der Übernahme geringere Anforderungen an die besonderen Umstände zu stellen sind, die die Wettbewerbswidrigkeit der Nachahmung begründen und umgekehrt (st. Rspr.: vgl. nur BGH, GRUR 2010, 80 – LIKEaBIKE; BGH, GRUR 2009, 79 Rn. 27 - Gebäckpresse).
44a) Die von dem Antragsteller hergestellten Schuhe besitzen wettbewerbliche Eigenart. Ein Erzeugnis besitzt bei gewisser Bekanntheit wettbewerbliche Eigenart, wenn die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale des Erzeugnisses geeignet sind, die angesprochenen Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (BGH, GRUR 2007, 795, 797 - Handtasche). Die wettbewerbliche Eigenart eines Produktes kann sich sowohl aus ästhetischen, wie auch aus technischen Merkmalen ergeben. Auf die Neuheit oder schöpferische Eigentümlichkeit der Gestaltung kommt es dabei ebenso wenig an wie darauf, ob die zur Gestaltung eines Produktes verwendeten Einzelmerkmale originell sind. Entscheidend ist vielmehr, ob sie in ihrer Kombination dem Produkt ein Gepräge geben, das dem Verkehr einen Rückschluss auf die betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten ermöglicht (BGH, Urteil vom 17.07.2013, I ZR 21/12 - Einkaufswagen III, Rn. 19, zitiert nach juris; Köhler/Bornkamm-Köhler, a.a.O., § 4 Rz. 9.27). Die Bekanntheit eines Produktes im Verkehr ist hierfür nicht Voraussetzung, sie kann aber zur Steigerung der wettbewerblichen Eigenart beitragen (BGH, GRUR 2010, 1125, Rn. 24 - Femur-Teil).
45Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist davon auszugehen, dass die Schuhe mit den Modellbezeichnungen „Plus“ und „Rock“ des Antragstellers über wettbewerbliche Eigenart verfügen. Die Schuhe weisen folgende Gestaltungsmerkmale auf:
46(1) auf die Sohle aufgesetzter und in den Schaft hochgezogener, umlaufender Rahmen aus Glattleder,
47(2) der umlaufende Rahmen besteht aus insgesamt vier Teilen: einem rundumlaufendem Rahmen, auf den im Frontbereich ein weiteres Lederelement aufgesetzt ist und der im Frontbereich zudem über eine Lederkappe verfügt, im Fersenbereich ist ein weiteres Lederelement aufgesetzt und bis zum Schaftabschluss nach oben gezogen,
48(3) der rundumlaufende Rahmen steigt vom Frontbereich bis zur Ferse leicht an,
49(4) im Bereich der Ferse wird die Gummisohle auf das weitere aufgesetzte Lederteil nach oben gezogen,
50(5) der Schuh zeigt eine runde Frontform.
51Diese markante Ausgestaltung findet sich unabhängig von der konkreten farblichen Ausgestaltung der Schuhmodelle bei jedem Schuh mit der Modellbezeichnung „Plus“ und „Rock“, und hebt die Schuhe aus der Menge vergleichbarer Produkte ab. Soweit in der Anlage AST 4 zwei Schuhe mit einem anders gestalteten Rahmen abgebildet sind, hat der Antragsteller ausgeführt, es handele sich hierbei um ein gänzlich anderes Modell, nämlich das mit der Bezeichnung „Bike“. Dem ist die B nicht beachtlich entgegen getreten. Trotz unterschiedlicher Modellbezeichnungen ist desweiteren von einer einheitlichen wettbewerblichen Eigenart der Modelle „Plus“ und „Rock“ auszugehen, da die konkrete Ausführung als niedrigschaftiger oder hochschaftiger Schuh kein die wettbewerbliche Eigenart begründendes Gestaltungsmerkmal ist. Dies zeigt auch der Umstand, dass die B die niedrigschaftigen und die hochschaftigen Schuhe unter einer einheitlichen Modellbezeichnung, nämlich „New Moena“, vertreibt.
52Die Schuhmodelle „Rock“ und „Plus“ haben mit ihrer Markteinführung wettbewerbliche Eigenart erlangt. Dass bei ihrer Markteinführung im Jahre 2008 ein Schuhmodell bekannt gewesen wäre, welches eine identische Merkmalskombination vorweggenommen hätte, hat die B nicht darzulegen vermocht. So weist der im Zeitpunkt der Markteinführung der Schuhe des Antragstellers im Sneakerbereich bekannte „Chuck Taylor All Star“ (Anlage LSG 2a) zwar einen umlaufenden Rahmen auf, der indes erkennbar aus einem anderen Material (nämlich Gummi) gefertigt ist und nicht nach hinten leicht ansteigt. Zudem fehlt bei diesem Schuh die markant hochgezogene Sohle im Fersenbereich. Auch dem aus den Anlagen AST 13 und 14 ersichtlichen F Sneaker fehlt der leicht nach hinten ansteigende Rahmen. Zudem wirkt dessen Rahmen in der Seitenansicht dadurch gestuft, dass auf einen umlaufenden Lederrahmen ein weiterer – nicht gleich hoher – Lederrahmen aufgesetzt ist. Schließlich zeigt dieser Schuh aufgrund des Trapezleistens eine erkennbar andere Kappenausgestaltung. Hinsichtlich der weiteren mit den Anlagen LSG 2, 3 bis 21 angeführten Erzeugnisse hat die B schon nicht dargetan, dass diese Schuhe bereits zum Zeitpunkt der Markteinführung der Schuhe des Antragstellers in Deutschland vertrieben worden sind. Ein Teil dieser Produkte (beispielsweise Anlagen LSG 2 bis 4) ist nach dem eigenen Vorbringen B überhaupt erst nach 2008 auf den Markt gekommen. Hinsichtlich der weiteren Erzeugnisse ist ein Vertrieb auf dem deutschen Markt nicht dargetan. Die wettbewerbliche Eigenart durch Produkte anderer Hersteller kann indes nur eingeschränkt werden, wenn sie Bestandteil des deutschen Marktes sind (OLG Köln, GRUR-RR 2004, 21 ff.). Die in den Anlagen LSG 2, 3 bis 21 gezeigten Schuhe stehen der wettbewerblichen Eigenart deshalb nicht entgegen. Dass möglicherweise einzelne Merkmale der Schuhmodelle des Antragstellers für sich genommen vorbekannt waren, ist unschädlich, da die wettbewerbliche Eigenart - wie bereits ausgeführt - nicht Neuheit voraussetzt.
53Die durch die besondere Ausgestaltung des Rahmens geschaffene Möglichkeit des Rückschlusses auf die betriebliche Herkunft der Schuhmodelle ist auch nicht durch die zwischenzeitliche Entwicklung verlorengegangen. Die B, die für die tatsächlichen Voraussetzungen des nachträglichen Entfallens einer einmal begründeten wettbewerblichen Eigenart darlegungs- und beweisbelastet ist (BGH, GRUR 1998, 477 - Trachtenjanker), hat zwar eine Vielzahl von Schuhen angeführt (Anlagen LSG 2 bis 21), die ihrer Ansicht nach die die wettbewerbliche Eigenart begründenden Merkmale der Schuhmodelle des Antragstellers nahezu identisch oder jedenfalls ähnlich aufweisen würden. Diese Annahme trifft indes in Teilen erkennbar schon nicht zu. So zeigt keiner der in den Anlagen LSG 20 und 21 (dort Seiten 1 bis 4) abgelichteten Schuhe den markanten vierteiligen Glattlederrahmen. Die auf den ersten beiden Seiten der Anlage LSG 4 abgebildeten Schuhe der Marke F zeigen einen in der Seitenansicht gestuften Rahmen, beim ersten Schuh fehlt darüber hinaus die Lederkappe; überdies weichen diese Schuhe auch in der Schaftausgestaltung (kein Schnürteil) deutlich von den Modellen „Plus“ und „Rock“ ab. Dem in der Anlage LSG 6 gezeigten Schuh des Designers Dries van Noten fehlt die Lederkappe, zudem sind der Fersenbereich und der Schaft erkennbar anders gestaltet. Der in Anlage LSG 15 abgebildete Schuh der Marke U zeigt erkennbar einen umlaufenden Gummirahmen, der mit dem umlaufenden Glattlederrahmen der Schuhmodelle des Antragstellers nichts gemein hat. Ob hinsichtlich der weiteren angeführten Schuhe angenommen werden kann, dass diese - zumindest überwiegend - die prägenden Merkmale der Schuhmodelle „Rock“ und „Plus“ übernehmen, kann dahinstehen. Allein der Umstand, dass ein Modell vielfach nachgeahmt wird, lässt die wettbewerbliche Eigenart jedenfalls dann nicht entfallen, sofern die prägenden Gestaltungsmerkmale infolge der Vielzahl oder des großen Umfangs von Nachahmungen noch nicht Allgemeingut geworden sind und der Verkehr noch zwischen dem Original und den Nachahmungen unterscheidet (vgl. BGH, GRUR 2005, 600 – Handtuchklemmen; BGH, GRUR 2007, 795 Rn. 28 - Handtaschen). Der Antragsteller hat durch Verweis auf Unterlassungserklärungen (Anlage AST 22 bezüglich des Schuhs Anlage LSG 3 „Dockers“; gerichtlich protokolliert bezüglich der Schuhe Anlage LSG 8 und 9 „Marc O´Polo“ im Verfahren vor der Kammer 14c O 46/13) und gerichtliche Auseinandersetzungen (bezüglich der Schuhe LSG 10 „Tamaris“ Verfahren vor der Kammer unter 14c O 176/13) hinreichend glaubhaft gemacht, dass er Nachahmungen ernsthaft und umfangreich verfolgt. Anhaltspunkte dafür, dass die die Schuhmodelle des Antragstellers prägende Merkmalskombination trotzdem bereits Allgemeingut wäre, bestehen nicht. Es fehlt hinsichtlich sämtlicher entgegengehaltener Schuhe an jedwedem Sachvortrag der insoweit darlegungspflichtigen B dazu, welche Verbreitung die Schuhe in der Bundesrepublik Deutschland gefunden haben könnten. Bei dem auf der letzten Seite der Anlage LSG 4 gezeigten Schuh der Marke F heißt es nur „derzeit nicht verfügbar“. Einen Vertrieb der in den Anlagen LSG 5 („Louis Vuitton“), LSG 11 („Bugatti“), LSG 12 („Louis Vuitton“) und LSG 13 („Hogan“) sowie LSG 16 bis 19 abgebildeten Schuhen in Deutschland hat die Antragstellerin nicht dargetan. Allein der Hinweis auf einen Vertrieb in einem bestimmten Jahr (zum Beispiel des Schuhs „Moena“, Anlage LSG 2, in 2012 oder des Schuhs „Bugatti J08151“, Anlage LSG 7, in 2014, des Schuhs „Pantofola D´Oro“, Anlage LSG 14, seit Oktober 2013 und des Schuhs „TOSCA BLU SHOES“, letzte Seite der Anlage LSG 21, in 2014) reicht schließlich ebenfalls nicht aus. So fehlen Angaben zu den Absatzzahlen gänzlich. Überdies sind die genannten Vertriebszeiträume zu kurz, um eine Schwächung der wettbewerblichen Eigenart der beiden Schuhmodelle des Antragstellers bewirken zu können. Der Antragsteller hat durch eidesstattliche Versicherung (Anlage AST 2) ausreichend glaubhaft gemacht, dass er von den hier verfahrensgegenständlichen Modellen „Plus“ und „Rock“ seit der Markteinführung im Jahr 2008 bereits 227.690 Paar verkauft hat. Dass sich die angegebenen Verkaufszahlen auf die hier verfahrensgegenständlichen Schuhmodelle beziehen, ergibt sich auch ohne deren ausdrücklichen Erwähnung bereits aus der Formulierung, bis zum heutigen Tage habe er, der Antragsteller, von dem hohen und flachen Sneaker, der durch den vierteiligen Glattlederrahmen gekennzeichnet sei, diese Anzahl veräußert. Weiter hat der Antragsteller - von B unbestritten - vorgetragen, dass seine Modelle bei sämtlichen deutschen Schuheinzelhändlern im Hochpreissegment sowie sehr erfolgreich im Online-Schuhportal „Zalando“ (Anlage AST 23) sowie bei „Amazon“ vertrieben werden. Das Entfallen der wettbewerblichen Eigenart hätte somit erst bei einem besonders intensiven Vertrieb von Nachahmungen angenommen werden können. Das Vorbringen B allein zu den Vertriebszeiten rechtfertigt diese Annahme nicht.
54b) Die von B angebotenen Schuhe stellen eine Nachahmung der Schuhmodelle des Antragstellers dar.
55Bei der Beurteilung des Grades der Nachahmung kommt es weniger auf die Unterschiede und mehr auf die Übereinstimmungen der Produkte an. Dies folgt aus dem Erfahrungssatz, dass der Verkehr die in Rede stehenden Produkte regelmäßig nicht gleichzeitig wahrnimmt und miteinander vergleicht, sondern seine Auffassung auf Grund eines Erinnerungseindrucks gewinnt, in dem die übereinstimmenden Merkmale stärker hervortreten als die unterscheidenden (str. Rspr.; vgl. nur BGH, GRUR 2010, 80, Rn. 41 - LIKEaBIKE; BGH, GRUR 2007, 795, Rn. 34 - Handtaschen; Köhler/Bornkamm-Köhler, a.a.O., § 4 Rz. 9.34).
56Vorliegend ist von einer fast identischen Leistungsübernahme auszugehen. Eine solche ist anzunehmen, wenn die Nachahmung im Gesamteindruck nur unerhebliche Abweichungen zum Original aufweist (vgl. BGH, GRUR 2000, 521, 524 – Modulgerüst I). Die von B vertriebenen Schuhe entsprechen den wesentlichen Merkmalen der Schuhmodelle „Plus“ und „Rock“ des Antragstellers. Der Rahmen der angegriffenen Schuhe ist nahezu identisch mit dem der Modelle „Plus“ und „Rock“ des Antragstellers gestaltet. So zeigen die angegriffenen Erzeugnisse ebenfalls einen umlaufenden Lederrahmen. Im vorderen Bereich ist ein abgesetzter weiterer Lederaufsatz vorhanden und eine aufgesetzte Kappe. Schließlich befindet sich im Fersenbereich ein aufgesetztes Lederteil, auf das die Gummisohle hochgezogen ist. Die angegriffenen Schuhe entsprechen auch in den Proportionen der Einzelelemente Schaft, Rahmen, Kappe und Schnürteil zueinander den Modellen des Antragstellers.
57Die von B zergliedernd herausgearbeiteten Unterschiede in den Details der Ausführung fallen angesichts der Übereinstimmung in den grundlegenden Gestaltungsmerkmalen nicht ins Gewicht. Für die Frage der Nachahmung ist, wie bereits ausgeführt, das unvollkommene Erinnerungsbild des Verbrauchers maßgeblich. Eine zergliedernde Gesamtanalyse stellt der Verbraucher dabei nicht an. Hinzukommt, dass der Antragsteller die verfahrensgegenständlichen Schuhe - wie insbesondere aus der Anlage AST 21 ersichtlich - in verschiedenen Farben/Farbkombinationen und Schaftmaterialausgestaltungen vertreibt. Der Verbraucher misst der konkreten Farbwahl und Schaftmaterialwahl daher keine maßgebliche Bedeutung zu. Der Umstand, dass die Kappe eine andere Farbe als der umlaufende Rahmen aufweist, ist daher für den optischen Gesamteindruck genausowenig maßgeblich, wie die konkrete farbliche Ausgestaltung der Sohle, der Einfassungen der Schnürsenkellöcher und der Schnürsenkel selbst. Dass bei den angegriffenen Modellen die Schnittkanten kaschiert bzw. gefärbt sind und das hochschaftige Modell eine Paspelung des Schaftmaterials im Bereich der Schnürung und an der Oberkante aufweist, sind ebenfalls unerhebliche Abweichungen vom Original. Die Schuhe des Antragstellers wirken zwar – auch durch die unkaschierten Schnittflächen – lässig und für den Alltagsgebrauch geeignet, erzeugen aber schon aufgrund des verarbeiteten Materials einen wertigen Eindruck. Auch die Schuhe B wirken wertig aber zugleich (sportlich) lässig. Das Kaschieren der Schnittflächen bei den angegriffenen Schuhen vermag insoweit keinen anderen Gesamteindruck zu erzeugen. Insbesondere wird dem angegriffenen niedrigschaftigen Schuh hierdurch kein in Richtung eleganter Abendgarderobe gehender Appeal verliehen. Er bleibt seinem Gesamteindruck nach ein Schuh für jeden Tag. Das gilt auch für den angegriffenen hochschaftigen Schuh, der trotz der Paspelung des Schaftmaterials und der konkreten Farbausgestaltung der einzelnen Elemente weiterhin einen wertigen, zugleich aber sportlichen Eindruck vermittelt. Soweit der rundumlaufende Rahmen bei den angegriffenen Schuhen nicht nach hinten ansteigt, ist dies im Ergebnis für den Gesamteindruck deshalb nur von sehr geringer Bedeutung, weil dafür das auf den rundumlaufenden Rahmen im Bereich der Ferse aufgesetzte Lederelement wesentlich weiter nach vorne in Richtung Schuhmitte reicht und den Rand des rundumlaufenden Lederrahmens bereits unterhalb des Knöchels übersteigt. In der Seitenansicht wird damit ebenfalls der Eindruck eines Anstiegs des Rahmens zur Ferse hin erzeugt. Die weiteren vorhandenen Unterschiede in Form des Innenfutters, der geringfügig anders verlaufenden Nähte sowie des runden gezackten silber- bzw. goldfarben Lederelements in Höhe des Schaftsabschlusses in der Ferse stellen ebenfalls bloße Abwandlungen in für das Erscheinungsbild nachgeordneten und letztlich bedeutungslosen Details dar.
58c) Die nahezu identische Nachahmung ist auch geeignet, eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeizuführen. Die B hat zumutbare und geeignete Maßnahmen zur Vermeidung der Herkunftstäuschung unterlassen.
59Aufgrund der vom Antragsteller glaubhaft gemachten Verkaufszahlen sowie des unstreitigen Vertriebs der Schuhmodelle bei "Zalando" und "Amazon" sowie allen namhaften Schuheinzelhändlern im Hochpreissegment besteht kein Zweifel an der Bekanntheit dieser Erzeugnisse. Zudem ist von einer nahezu identischen Leistungsübernahme auszugehen. Die wesentlichen prägenden Merkmale wurden übernommen. Deshalb sind keine allzu hohen Anforderungen an die besonderen Umstände zu stellen.
60Eine Herkunftstäuschung liegt vor, wenn die angesprochenen Verkehrskreise den Eindruck gewinnen, die Nachahmung stamme vom Hersteller des Originals oder einem mit ihm geschäftlich oder organisatorisch verbundenen Unternehmen. Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.
61Selbst wenn einem besonders aufmerksamen Verbraucher die vorhandenen Unterschiede in der Rahmen- und Schaftgestaltung auffielen, würde er sie zwanglos als Produktvariante oder Weiterentwicklung der Modelle „Plus“ und „Rock“ einordnen. So vertreibt der Antragsteller - wie ausgeführt - seine Schuhe in unterschiedlichen Farben/Farbkombinationen und Schaftmaterialausgestaltungen. Die angesprochenen Verkehrskreise gewinnen mithin den Eindruck, die vom Antragsteller hergestellten Schuhe und die angegriffenen Schuhe stammten vom selben Hersteller.
62Diese Täuschung des Verkehrs wird nicht dadurch verhindert, dass beim niedrigschaftigen Schuh auf dessen Schaft und bei beiden angegriffenen Schuhen auf den Abschluss der im Fersenbereich nach oben gezogenen Sohle die Herstellerbezeichnung „GEOX“ eingeprägt ist. Diese Herstellerbezeichnungen werden bereits deshalb kaum auffallen, da sie aufgrund ihrer Platzierung, ihrer Größe und mangelnden farblichen Kontrastierung zum Untergrund jedenfalls bei einem ersten Blick auf den Schuh, sei es, dass er in einem Schaufenster oder Geschäft ausgestellt ist oder auf einer Abbildung oder einem ihn tragender Benutzer gesehen wird, nicht wahrgenommen werden. Sollten sie dennoch wahrgenommen werden, dem Verkehr indes die Person des Antragstellers als Hersteller der Modelle „Plus“ und „Rock“ nicht bekannt sein, käme es ebenfalls zu einer Herkunftstäuschung, da der Verkehr annähme, auch die Modelle „Plus“ und „Rock“ stammten vom Hersteller der Geox-Schuhe. Sollte dem Verkehr die Person des Antragstellers bekannt sein, wäre eine Herkunftstäuschung ebenfalls zu bejahen, da durch die Herstellerangabe jedenfalls nicht die durchaus mögliche Annahme der angesprochenen Verkehrskreise, bei dem mit „Geox“ gekennzeichnetem Schuh handele es sich um ein vom Antragsteller lizenziertes Erzeugnis, ausgeräumt würde.
63II.
64Der gemäß §§ 935, 940 ZPO erforderliche Verfügungsgrund ist gegeben. § 12 Abs. 2 UWG begründet eine tatsächliche Vermutung der Dringlichkeit. B ist es nicht gelungen, die für die Widerlegung der Dringlichkeitsvermutung erforderlichen Umstände darzulegen und glaubhaft zu machen.
65Zunächst lässt der Umstand der Abmahnung eines im Paul-Green-Onlineshop B erworbenen Schuhs der Marke Q nicht den Schluss zu, der Antragsteller habe in diesem Zusammenhang auch die anderen Online-Shops B inspiziert und sei bereits in diesem Zusammenhang auf die nunmehr angegriffenen Schuhe aufmerksam geworden. Im Gegenteil hat der Antragsteller substantiiert ausgeführt, dass er im Zuge eines gegen einen Dritten geführten Rechtsstreits durch diesen im Februar 2014 auf die angegriffenen Schuhe hingewiesen worden sei. Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller - entgegen einer bestehenden Verpflichtung - eine ständige Marktbeobachtung durchgeführt hat und deshalb auch frühzeitiger auf die angegriffenen Schuhe aufmerksam geworden ist, sind weder dargetan noch sonst ersichtlich. Insbesondere hat der Antragsteller nicht mit seinem Vorbringen, er habe das Modell „Moena“ im Anschluss an die im März 2012 erfolgte Abmahnung gegenüber der Firma L GmbH nicht mehr gesehen, eine umfängliche Marktbeobachtung eingeräumt. So hat er diesbezüglich klargestellt, dass er regelmäßig Modejournale lese und ihm das Modell „Moena“ in einer solchen Modezeitschrift aufgefallen sei, nach der Abmahnung indes nicht mehr. Eine umfassende Marktbeobachtung liegt hierin nicht.
66Die gegenüber der Firma L GmbH bezüglich des Modells „Moena“ der Nebenintervenientin erfolgte Abmahnung lässt auch darüber hinaus keinen Rückschluss auf ein irgendwie geartetes dringlichkeitsschädliches Verhalten des Antragstellers im Verhältnis zur B zu. Weder hat die B konkret eine frühzeitigere Kenntnis des Antragstellers von dem Vertrieb der hier angegriffenen Schuhen durch sie darzulegen vermocht, noch lässt der Umstand, dass der Antragsteller trotz Kenntnis von dem Modell „Moena“ im Folgenden keine Marktbeobachtung speziell der Schuhmodelle der Nebenintervenientin unternommen haben will, den Schluss zu, die Sache sei ihm nicht eilig gewesen. So betraf die Abmahnung gegenüber der Firma L unstreitig ein anderes Modell und zudem den Vertrieb durch einen einzelnen Händler. Der Antragsteller hat darüberhinaus dargetan, er habe das Modell „Moena“ nach der Abmahnung nicht mehr gesehen. Es bestand demzufolge auch keine Veranlassung für den Antragsteller, eine weitere Kontrolle des Schuhsortiments der Nebenintervenientin durchzuführen, geschweige denn alle in Betracht kommenden Vertriebsberechtigten zu beobachten.
67Auch der Einwand B, die Sache sei für das Verfügungsverfahren ungeeignet, geht fehl. Welche Merkmale den Schuhmodellen „Rock“ und „Plus“ des Antragstellers wettbewerbliche Eigenart verleihen und damit einen Rückschluss auf die betriebliche Herkunft der Schuhe ermöglichen, kann die Kammer selbst feststellen, ohne sachverständige Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen. Denn das Warenangebot des Antragstellers richtet sich an einen unbeschränkten Interessentenkreis, der Empfänger- und Bewertungshorizont der von dem Antragsteller und damit auch dem Antragsgegner Umworbenen ist nicht durch irgendeine besondere Sachkunde bestimmt (vgl. Köhler/Bornkamm-Köhler, a.a.O., § 4 Rz. 9.33).
68Schließlich ist nicht zu beanstanden, dass der Antragsteller bislang nicht gerichtlich gegen die Nebenintervenientin vorgegangen ist, sondern mit B eine „bloße“ Vertreiberin der Produkte in Anspruch nimmt. Die Dringlichkeitsvermutung wird nicht schon dadurch widerlegt, dass der Antragsteller gegen ihm bekannte gleichwertige Verstöße Dritter nicht vorgegangen ist, denn es steht ihm frei, ob und gegen welchen Verletzer er vorgeht (vgl. Köhler/Bornkamm-Köhler, a.a.O., § 12 Rz. 3.19). Überdies ist unstreitig, dass die im Ausland ansässige Nebenintervenientin zumindest außergerichtlich abgemahnt ist.
69III.
70Die Ordnungsmittelandrohung hat ihre Grundlage in § 890 Abs. 2 ZPO.
71IV.
72Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO. Eines Ausspruchs über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedurfte es nicht.
73Streitwert:
74bis zum 10.03.2014: 100.000,- €
75danach: 80.000,- €
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 24. April 2013 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Bonn ‑ 9 O 445/12 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Gründe
2I.
3Der Kläger unterhielt bei der Beklagten eine Berufsunfähigkeitsversicherung mit Kapitalversicherung auf den Todes- und Erlebensfall; Versicherungsbeginn war der 1. November 1996. Mit Anwaltsschreiben vom 30. Dezember 2011 erklärte der Kläger den Widerspruch nach § 5a VVG. Die Beklagte wertete das Schreiben als Kündigung zahlte zum Abrechnungsstichtag 1. März 2012 einen Rückkaufswert von 2.253,07 € aus.
4Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten die verzinsliche Rückerstattung der geleisteten Prämien (6.961,32 €) abzüglich des ausgekehrten Rückkaufswerts.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er sei berechtigt gewesen, dem Vertragsschluss noch im Jahr 2011 gemäß § 5 a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. zu widersprechen. Er hat in Abrede gestellt, über sein Widerspruchsrecht ordnungsgemäß belehrt worden zu sein. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, das in § 5 a VVG a.F. normierte Policenmodell, insbesondere die Jahresfrist des § 5 a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F., verstoße gegen europäisches Gemeinschaftsrecht. Ferner hat der Kläger die Klageforderung auf ein Widerrufsrecht wegen unterjähriger Zahlung der Beiträge gegen einen Zuschlag gestützt; hierin liege ein unentgeltlicher Zahlungsaufschub.
5Der Kläger hat beantragt,
6die Beklagte zu verurteilen, an ihn 10.189,08 € € zuzüglich weiterer Zinsen in Höhe von 5% Zinsen über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 1. September 2012 sowie außergerichtliche Kosten in Höhe von 871,68 € nebst 5% Zinsen über dem jeweils gültigen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
7Die Beklagte hat beantragt,
8die Klage abzuweisen.
9Sie hat die Widerspruchsbelehrung für rechtswirksam gehalten. Europarechtliche Bedenken gegen das Policenmodell bestünden nicht.
10Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 24. April 2013, auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, abgewiesen.
11Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seinen erstinstanzlich gestellten Antrag in vollem Umfang weiterverfolgt. Er hält die Widerspruchsbelehrung für fehlerhaft. Das Policenmodell hält er für europarechtswidrig.
12Die Beklagte, die die Zurückweisung der Berufung beantragt, verteidigt das angefochtene Urteil.
13Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
14II.
15Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
16Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen in vollem Umfang Bezug auf die Ausführungen im Hinweisbeschluss vom 17. Juli 2013, an denen festgehalten wird.
17Ergänzend ist unter Berücksichtigung des Schriftsatzes des Klägers vom 15. August 2013 lediglich folgendes auszuführen:
18Die Widerspruchsbelehrung ist weder formal noch inhaltlich zu beanstanden. Es muss nicht darauf hingewiesen werden, dass der Widerspruch ohne Angabe von Gründen erfolgen kann. Das sieht § 5 a Abs. 2 VVG a.F. nicht vor (im Gegensatz etwa zu § 360 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB oder zu § 8 Abs. 2 Nr. 2 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 2 VVG n.F.). Zu belehren ist nach § 5 a Abs. 2 „über das Widerspruchsrecht, den Fristbeginn und die Dauer“. Danach reicht es aus, wenn der Versicherungsnehmer allgemein darüber belehrt wird, dass er ein Widerspruchsrecht hat.
19Es bedarf auch keiner Belehrung über die Jahresfrist des § 5 a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. Auch das lässt sich aus § 5 a Abs. 2 VVG nicht herleiten, wie der Senat bereits im Hinweisbeschluss vom 17. Juli 2013 ausgeführt hat.
20Die Ausführungen der Generalanwältin T in ihren Schlussanträgen vom 11. Juli 2013 in der Rechtssache C-209/12, die sich ‑ über die Frage des Vorlagebeschlusses des Bundesgerichtshofs vom 28. März 2012 (IV ZR 76/11, VersR 2012, 608) hinaus – in der Sache auch mit der Europarechtskonformität des Policenmodells als solchem beschäftigen, geben dem Senat keinen Anlass, von seiner bisherigen Auffassung, wonach das Policenmodell als solches mit europäischem Recht in Einklang steht, abzuweichen.
21Soweit es eine mögliche Europarechtswidrigkeit in Bezug auf Art. 31 der Dritten Lebensversicherungsrichtlinie (Richtlinie 92/96/EWG vom 10. November 1992) angeht, bleibt es bei den im vorgenannten Hinweisbeschluss angeführten Erwägungen. Die Generalanwältin dürfte zwar (anders als die Europäische Kommission in ihrer Stellungnahme vom 12. Oktober 2006 im Vertragsverletzungsverfahren 2007/5046) die Konstruktion einer schwebenden Vertragsunwirksamkeit bis zum Ablauf der wirksam in Gang gesetzten Widerspruchsfrist, die dem Policenmodell des § 5a Abs. 1 VVG a.F. zugrunde liegt, erkannt haben (Schlussanträge Ziff. 28). Sie argumentiert indes, die nach der Richtlinie erforderlichen Informationen müssten vor der Wahl eines bestimmten Versicherers und eines bestimmten Vertrags erfolgen (Ziff. 59), also letztlich vor der Abgabe eines konkreten Angebots des Versicherungsnehmers auf Abschluss eines Lebensversicherungsvertrags (vgl. Ziff. 62). Hergeleitet wird dies aus dem Zweck der Mitteilungspflicht, den Versicherungsnehmer in die Lage zu versetzen, den seinen Bedürfnissen am ehesten entsprechenden Vertrag auszuwählen (Ziff. 59). Dies wird gestützt auf den 23. Erwägungsgrund der Dritten Lebensversicherungsrichtlinie, der lautet:
22Im Rahmen eines einheitlichen Versicherungsmarkts wird dem Verbraucher eine größere und weiter gefächerte Auswahl von Verträgen zur Verfügung stehen. Um diese Vielfalt und den verstärkten Wettbewerb voll zu nutzen, muß er im Besitz der notwendigen Informationen sein, um den seinen Bedürfnissen am ehesten entsprechenden Vertrag auszuwählen. Da die Dauer der Verpflichtungen sehr lang sein kann, ist diese Information für den Verbraucher noch wichtiger. Folglich sind die Mindestvorschriften zu koordinieren, damit er klare und genaue Angaben über die wesentlichen Merkmale der ihm angebotenen Produkte und über die Stellen erhält, an die etwaige Beschwerden der Versicherungsnehmer, Versicherten oder Begünstigten des Vertrages zu richten sind.
23Aus der Formulierung in Satz 2 des 23. Erwägungsgrundes („…Vertrag auszuwählen“) kann aber nicht zwingend hergeleitet werden, dass die notwendigen Informationen erfolgen müssen, bevor der Versicherungsnehmer eine ihn wegen des Widerspruchsrechts gemäß § 5a Abs. 1 VVG a.F. noch nicht bindende Vertragserklärung abgegeben hat. Demgemäß heißt es in Art. 31 Absatz 1 der Dritten Lebensversicherungsrichtlinie auch nicht, dass die erforderlichen Informationen vor Abgabe einer auf Vertragsschluss gerichteten Willenserklärung, sondern „vor Abschluss des Versicherungsvertrags“ zu erfolgen haben. Daraus muss gefolgert werden, dass dem Zweck der Informationspflicht auch dann genügt ist, wenn die Informationen erfolgen, bevor für den Versicherungsnehmer eine vertragliche Bindung eingetreten ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des EFTA-Gerichtshofs vom 13. Juni 2013 in der Rechtssache E-11/12. Dort ist lediglich ausgeführt, Ziel der Dritten Lebensversicherungsrichtline sei es, den Verbraucher dadurch zu schützen, dass dieser im Besitz der notwendigen Informationen ist, wenn er seine Wahl trifft (Ziff. 62 der Entscheidungsgründe). Diese Wahl kann der Versicherungsnehmer beim Vertragsschluss nach dem Policenmodell durch die Ausübung des Widerspruchsrechts, das keiner näheren Begründung bedarf, ausüben.
24Das Policenmodell steht auch im Einklang mit Art. 15 der Zweiten Lebensversicherungsrichtlinie (Richtlinie 90/619/EWG vom 8. November 1990). Nach Abs. 1 des Art. 15 der Zweiten Lebensversicherungsrichtlinie muss einem Versicherungsnehmer bei einem Lebensversicherungsvertrag von dem Zeitpunkt an, zu dem er davon in Kenntnis gesetzt wird, dass der Vertrag geschlossen ist, eine Frist zwischen 14 und 30 Tagen eingeräumt werden, um vom Vertrag zurücktreten zu können. Den Ausführungen der Generalanwältin dürfte zu entnehmen sein, dass sie die Auffassung vertritt, Art. 15 Absatz 1 verlange, dass das Rücktrittsrecht zu einem Zeitpunkt zu gewähren ist, zu dem der Vertrag bereits für beide Teile bindend geschlossen worden ist (s. Ziff. 60 der Schlussanträge: „Es liegt auf der Hand, dass ein Rücktritt von einem Vertrag, der noch nicht geschlossen ist, weil kein Angebot und keine Annahme vorliegen, die zu einer Vereinbarung der Parteien mit bindenden Vertragsbedingungen führen, nicht möglich ist.“).
25Nach nationalem Recht hat der Versicherungsnehmer bei einem Vertragsabschluss nach dem Policenmodell kein Rücktrittsrecht. Dieses wird nach der ausdrücklichen Regelung in § 8 Abs. 6 VVG a.F. durch das Widerspruchsrecht nach § 5a VVG a.F. ersetzt. Die Generalanwältin scheint demgegenüber verlangen zu wollen, dass dem Versicherungsnehmer bei der Konstruktion des Vertragsabschlusses nach dem Policenmodell ein Rücktrittsrecht einzuräumen ist, wenn der Vertrag mit Ablauf der Widerspruchsfrist bindend geworden ist (so Ziff. 63 und 64).
26Art. 15 Absatz 1 Zweite Richtlinie Leben geht davon aus, dass die Rücktrittsfrist beginnt, wenn der Versicherungsnehmer davon in Kenntnis gesetzt wird, „dass der Vertrag geschlossen ist“. Damit muss aber nicht zwingend ein für beide Seiten uneingeschränkt bindender Vertrag gemeint sein Die vom deutschen Gesetzgeber gewählte Konstruktion der schwebenden Unwirksamkeit des Vertrags bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist bei Abschluss nach dem Policenmodell bedeutet nicht, dass der Vertrag bis zum Ablauf der Frist ohne jegliche Bindung ist. Auch ein schwebend unwirksamer Vertrag entfaltet eine Bindungswirkung: Insbesondere kann sich der andere Vertragspartner (vorliegend die Versicherung) nicht einseitig vom Vertrag lösen (vgl. zur Bindungswirkung bei schwebender Unwirksamkeit: Staudinger-Knothe, Neubearbeitung 2011, § 108 BGB, Rn. 3). Wenn die Versicherung beim Vertragsschluss nach dem Policenmodell den Versicherungsschein nebst den erforderlichen Unterlagen und der Belehrung über das Widerspruchsrecht übersendet, dann lässt sich das durchaus als Mitteilung, dass damit der Vertrag geschlossen ist, deuten (so auch OLG München, Urt. v. 10. Oktober 2013 – 14 U 1804/13 -, juris-Rz. 40). Aus Art. 15 Abs. 1 der Zweiten Lebensversicherungsrichtlinie lässt sich nicht herleiten, dass dem Versicherungsnehmer bei Abschluss nach dem Policenmodell zwei Lösungsrechte zugebilligt werden müssen (nämlich ein Widerspruchsrecht und anschließend noch ein Rücktrittsrecht). Auch bei Vertragsschluss nach dem Policenmodell hat der Versicherungsnehmer die Möglichkeit, sich innerhalb der Frist, die Art. 15 Absatz 1 der Zweiten Lebensversicherungsrichtlinie vorschreibt, vom Versicherungsvertrag zu lösen, indem er den Widerspruch erklärt. Dass diese Erklärung nach der Konstruktion des Policenmodells bewirkt, dass der Vertrag als von vornherein nicht zustande gekommen anzusehen ist, begünstigt den Versicherungsnehmer sogar, weil das europarechtliche Rücktrittsrecht eine solche Rückwirkung nicht notwendig entfalten muss, denn die Rechtswirkungen des Rücktritts beschreibt Art. 15 Abs. 1 Satz 2 der Zweiten Lebensversicherungsrichtlinie dahin, dass der Versicherungsnehmer für die Zukunft von allen aus dem Vertrag resultierenden Verpflichtungen befreit ist.
27Nach allem hält der Senat das Policenmodell als solches weiterhin für europarechtskonform. Welche Folgen sich aus einer etwaigen Europarechtswidrigkeit des Policenmodells bzw. der Regelung über die Jahresfrist des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. für die Anwendung des nationalen Rechts ergeben würden, bedarf keiner Erörterung (vgl. dazu OLG München, aaO).
28Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
29Der Senat lässt die Revision zu. Ob das Policenmodell als solches europarechtskonform ist, dürfte sich unter Berücksichtigung der Äußerungen der Generalanwältin T nunmehr als eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung darstellen. Mit Blick auf die Revisionszulassung sieht der Senat von einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof ab (vgl. Art. 267 AEUV).
30Berufungsstreitwert: 10.189,08 €
(1) Das eingetragene Design gewährt seinem Rechtsinhaber das ausschließliche Recht, es zu benutzen und Dritten zu verbieten, es ohne seine Zustimmung zu benutzen. Eine Benutzung schließt insbesondere die Herstellung, das Anbieten, das Inverkehrbringen, die Einfuhr, die Ausfuhr, den Gebrauch eines Erzeugnisses, in das das eingetragene Design aufgenommen oder bei dem es verwendet wird, und den Besitz eines solchen Erzeugnisses zu den genannten Zwecken ein.
(2) Der Schutz aus einem eingetragenen Design erstreckt sich auf jedes Design, das beim informierten Benutzer keinen anderen Gesamteindruck erweckt. Bei der Beurteilung des Schutzumfangs wird der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung seines Designs berücksichtigt.
(3) Während der Dauer der Aufschiebung der Bekanntmachung (§ 21 Absatz 1 Satz 1) setzt der Schutz nach den Absätzen 1 und 2 voraus, dass das Design das Ergebnis einer Nachahmung des eingetragenen Designs ist.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
(1) Das eingetragene Design gewährt seinem Rechtsinhaber das ausschließliche Recht, es zu benutzen und Dritten zu verbieten, es ohne seine Zustimmung zu benutzen. Eine Benutzung schließt insbesondere die Herstellung, das Anbieten, das Inverkehrbringen, die Einfuhr, die Ausfuhr, den Gebrauch eines Erzeugnisses, in das das eingetragene Design aufgenommen oder bei dem es verwendet wird, und den Besitz eines solchen Erzeugnisses zu den genannten Zwecken ein.
(2) Der Schutz aus einem eingetragenen Design erstreckt sich auf jedes Design, das beim informierten Benutzer keinen anderen Gesamteindruck erweckt. Bei der Beurteilung des Schutzumfangs wird der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung seines Designs berücksichtigt.
(3) Während der Dauer der Aufschiebung der Bekanntmachung (§ 21 Absatz 1 Satz 1) setzt der Schutz nach den Absätzen 1 und 2 voraus, dass das Design das Ergebnis einer Nachahmung des eingetragenen Designs ist.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.
Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.