Landgericht Düsseldorf Urteil, 08. Mai 2014 - 14c O 41/14
Tenor
Die einstweilige Verfügung vom 11.03.2014 wird bestätigt.
Die B trägt die weiteren Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Nebenintervenientin, die diese selbst trägt.
1
T a t b e s t a n d
3Die Parteien streiten über die angebliche Nachahmung zweier Schuhmodelle.
4Der Antragsteller vertreibt in Deutschland hochwertige Damensneaker. Er ist einerseits Inhaber des am 21.11.2007 angemeldeten und am 25.01.2008 eingetragenen Designs 40705766-0019, welches am 22.02.2008 veröffentlicht wurde. Das Design steht in Kraft und zeigt einen Schuh wie nachfolgend abgebildet:
50019.1
6 70019.2
8 9Darüber hinaus ist er Inhaber des am 13.06.2008 angemeldeten und am 08.08.2008 eingetragenen Designs 402008002843-0002, welches am 05.09.2008 veröffentlicht wurde. Das Design steht in Kraft und zeigt einen Schuh wie nachfolgend abgebildet:
100002.1
11 120002.2
13 14Unter der Bezeichnung „Candice Cooper“ vertreibt der Antragsteller seit 2008 auf Basis der beiden Designs Damen-Sneaker unter der Modellbezeichnung „Plus“ und „Rock“, welche er je nach aktueller Saison in verschiedenen Farben/Farbkombinationen und Schaftmaterialausgestaltungen vertreibt (vgl. im Einzelnen die Abbildungen in den Anlagen AST 1, 3, 4, 15, 21 und 23). Die Schuhe werden von sämtlichen führenden deutschen Schuheinzelhändlern im Hochpreissegment - wie Prange und Zumnorde -, dem Designanbieter Pro Idee, Luxuskaufhäusern wie der Firma C sowie über „Amazon“ und „Zalando“ vertrieben. Überdies sind sie bereits Gegenstand umfangreicher Berichterstattungen der einschlägigen Fachpresse, nämlich dem „Schuh Kurier“ und ähnlichen Publikationen gewesen (Anlage AST 4).
15Die B betreibt insbesondere unter den Webseiten „www.schuhe-lueke.de“, „www.geox-shop.de“ sowie „www.paulgreen-shop.de“ einen Online-Handel mit Schuhen und vertrieb u. a. die im Verfügungstenor bildlich wiedergegebenen Geox-Sneaker der Nebenintervenientin mit der Modellbezeichnung „New Moena“. Mit Schreiben vom 17.02.2014 (Anlage AST 16) mahnte der Antragsteller die B ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Die B antwortete mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 21.02.2014 ablehnend (Anlage AST 17).
16Nachdem der Antragsteller zunächst in erster Linie Unterlassung aus zwei eingetragenen Designs und lediglich hilfsweise aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz begehrt und entsprechend beantragt hat, B zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr Sneaker herzustellen und/oder herstellen zu lassen, in die Bundesrepublik Deutschland zu importieren, anzubieten, zu bewerben, feilzuhalten oder sonst in den geschäftlichen Verkehr zu bringen und/oder derartige Handlungen durch Dritte vornehmen zu lassen, hat er auf entsprechenden Hinweis der Kammer den Antrag zum einen teilweise zurückgenommen und zum anderen nunmehr in erster Linie auf ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz gestützt.
17Auf den geänderten Antrag des Antragstellers vom 11.03.2014 hat die Kammer B durch einstweilige Beschlussverfügung vom selben Tag bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel unter Ziffer I. untersagt,
18im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Sneaker wie nachstehend wiedergegeben anzubieten, zu bewerben, feilzuhalten, oder sonst in den geschäftlichen Verkehr zu bringen und/oder derartige Handlungen durch Dritte vornehmen zu lassen:
19r
20 21und/oder
22 23 24 25Gegen die einstweilige Verfügung hat die B mit Schriftsatz vom 24.03.2014 Widerspruch eingelegt (Bl. 38 f. GA) und mit Schriftsatz vom 04.04.2014 (Bl. 50 ff. GA) begründet.
26Der Antragsteller behauptet, er stelle die Schuhmodelle „Plus“ und „Rock“ in eigener Verantwortung und auf seine alleinige Veranlassung hin her, wobei er sich hierfür dreier Lohnfertiger in Italien bediene. Er ist der Ansicht, seine Modelle „Rock“ und „Plus“ verfügten über wettbewerbliche Eigenart, die insbesondere durch den vierteilig zusammengesetzten umlaufenden Lederrahmen begründet sei, der zuvor im Sneakerbereich vollkommen unbekannt gewesen sei. Seit Markteinführung in 2008 seien von beiden Modellen „Plus“ und „Rock“ in Deutschland insgesamt 336.690 Paar abgesetzt und ein Umsatz von über 58 Mio. € gemacht worden. Der Vertrieb der angegriffenen Schuhe führe bei den Abnehmern die Gefahr einer vermeidbaren Täuschung über die betriebliche Herkunft herbei und nutze die Wertschätzung der Schuhe des Antragstellers aus.
27Jedenfalls aber erweckten die verfahrensgegenständlichen Schuhe den gleichen Gesamteindruck wie die durch die eingetragenen Designs geschützten Schuhe.
28Weiter trägt er vor, er sei erst im Februar 2014 auf das Angebot der verfahrensgegenständlichen Sneaker im Online-Shop B aufmerksam geworden. Eine ständige Marktbeobachtung in dem Sinne, dass im Internet gezielt nach Verletzungsprodukten gesucht werde, finde weder durch ihn noch durch sonstige Personen statt.
29Der Antragsteller beantragt,
30die einstweilige Verfügung zu bestätigen und den Widerspruch zurückzuweisen.
31Die B beantragt,
32die einstweilige Verfügung des Landgerichts Düsseldorf vom 11.03.2014 (Az. 14c O 41/14) aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung kostenpflichtig zurückzuweisen.
33Die Nebenintervenientin, die dem Verfahren mit Schriftsatz vom 04.04.2014 beigetreten ist, schließt sich dem Antrag B an.
34Die B ist der Auffassung, den Modellen „Plus“ und „Rock“ fehle es an wettbewerblicher Eigenart, da sie keine Merkmale aufwiesen, die sie vom wettbewerblichen Umfeld abhebten. Zudem fehle es angesichts der zahlreichen Unterschiede an einer Nachahmung. Eine Herkunftstäuschung scheide auch deshalb aus, weil die von ihr vertriebenen Schuhe mit einer deutlichen Herkunftsangabe versehen seien.
35Schließlich fehle es am Verfügungsgrund. Sie habe das verfahrensgegenständliche Schuhmodell „New Moena“ sowohl in niedrigschaftiger als auch in hochschaftiger Ausführung seit dem 22.08.2013 unter www.schuhe-lueke.de ununterbrochen angeboten. Da in dem ebenfalls von ihr unter www.paul-green-shop.de betriebenen Shop ein Schuh der Marke Q erworben worden sei, der Ende 2013 - was unstreitig ist - Gegenstand einer weiteren Abmahnung des Antragstellers gegenüber Q gewesen sei, sei der Schluss gerechtfertigt, dass der Antragsteller bereits zu diesem Zeitpunkt ihre übrigen Webseiten untersucht und die verfahrensgegenständlichen Schuhe zur Kenntnis genommen habe. Überdies habe der Antragsteller unstreitig am 26.03.2012 das Geox-Modell „Moena“ (Anlage LSG 2) gegenüber der Firma L GmbH in Köln abgemahnt, welches ihrer Ansicht nach bereits die nunmehr angegriffene Gestaltung aufgewiesen habe. Da der Antragsteller die Abmahnung nicht weiter verfolgt habe, habe er gezeigt, dass ihm die Verfolgung des hier angegriffenen Schuhdesigns nicht so eilig sei.
36Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die tatsächlichen Feststellungen in den nachfolgenden Entscheidungsgründen Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
37Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 11.03.2014 ist zu bestätigen, weil weiterhin glaubhaft ist, dass dem Antragsteller ein Verfügungsanspruch zusteht und ein Verfügungsgrund besteht.
38I.
39Der Antragsteller hat gegen die B einen Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 3, 4 Nr. 9 lit. a UWG.
401.
41Der Antragsteller ist aktivlegitimiert. Anspruchsberechtigt für die Geltendmachung von Ansprüchen nach § 1 UWG in Verbindung mit den Grundsätzen des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes ist der Hersteller des Originals, also derjenige, der das Produkt in eigener Verantwortung herstellt oder von einem Dritten herstellen lässt und über das Inverkehrbringen entscheidet (OLG München, GRUR-RR 2004, 85; Köhler/Bornkamm-Köhler, Wettbewerbsrecht, 31. Aufl. 2013, § 4 Rz. 9.85). Der Antragsteller hat durch anwaltliche Versicherung seines Verfahrensbevollmächtigten ausreichend glaubhaft gemacht im Sinne von § 294 ZPO, dass er in eigener Verantwortung über die Herstellung und das Inverkehrbringen der verfahrensgegenständlichen Schuhmodelle „Rock“ und „Plus“ entscheidet. So hat der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 08.04.2014 anwaltlich versichert, der Antragsteller lasse die Schuhe durch drei Lohnfertiger in Italien, die Firmen Faber, Dover und Orchidea, fertigen, die ihrerseits keine Design- oder Markenrechte an den Schuhen hätten und die Schuhe auch nicht selbst vertrieben. Der Vertrieb werde allein durch den Antragsteller organisiert.
422.
43Der Vertrieb eines nachahmenden Erzeugnisses kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wettbewerbswidrig sein, wenn das nachgeahmte Produkt über wettbewerbliche Eigenart verfügt und besondere Umstände hinzutreten, die die Nachahmung unlauter erscheinen lassen. So verhält es sich, wenn die Nachahmung geeignet ist, eine Herkunftstäuschung hervorzurufen und der Nachahmer geeignete und zumutbare Maßnahmen zur Vermeidung der Herkunftstäuschung unterlässt (§ 4 Nr. 9 lit. a UWG). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen, so dass bei einer größeren wettbewerblichen Eigenart und einem höheren Grad der Übernahme geringere Anforderungen an die besonderen Umstände zu stellen sind, die die Wettbewerbswidrigkeit der Nachahmung begründen und umgekehrt (st. Rspr.: vgl. nur BGH, GRUR 2010, 80 – LIKEaBIKE; BGH, GRUR 2009, 79 Rn. 27 - Gebäckpresse).
44a) Die von dem Antragsteller hergestellten Schuhe besitzen wettbewerbliche Eigenart. Ein Erzeugnis besitzt bei gewisser Bekanntheit wettbewerbliche Eigenart, wenn die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale des Erzeugnisses geeignet sind, die angesprochenen Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (BGH, GRUR 2007, 795, 797 - Handtasche). Die wettbewerbliche Eigenart eines Produktes kann sich sowohl aus ästhetischen, wie auch aus technischen Merkmalen ergeben. Auf die Neuheit oder schöpferische Eigentümlichkeit der Gestaltung kommt es dabei ebenso wenig an wie darauf, ob die zur Gestaltung eines Produktes verwendeten Einzelmerkmale originell sind. Entscheidend ist vielmehr, ob sie in ihrer Kombination dem Produkt ein Gepräge geben, das dem Verkehr einen Rückschluss auf die betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten ermöglicht (BGH, Urteil vom 17.07.2013, I ZR 21/12 - Einkaufswagen III, Rn. 19, zitiert nach juris; Köhler/Bornkamm-Köhler, a.a.O., § 4 Rz. 9.27). Die Bekanntheit eines Produktes im Verkehr ist hierfür nicht Voraussetzung, sie kann aber zur Steigerung der wettbewerblichen Eigenart beitragen (BGH, GRUR 2010, 1125, Rn. 24 - Femur-Teil).
45Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist davon auszugehen, dass die Schuhe mit den Modellbezeichnungen „Plus“ und „Rock“ des Antragstellers über wettbewerbliche Eigenart verfügen. Die Schuhe weisen folgende Gestaltungsmerkmale auf:
46(1) auf die Sohle aufgesetzter und in den Schaft hochgezogener, umlaufender Rahmen aus Glattleder,
47(2) der umlaufende Rahmen besteht aus insgesamt vier Teilen: einem rundumlaufendem Rahmen, auf den im Frontbereich ein weiteres Lederelement aufgesetzt ist und der im Frontbereich zudem über eine Lederkappe verfügt, im Fersenbereich ist ein weiteres Lederelement aufgesetzt und bis zum Schaftabschluss nach oben gezogen,
48(3) der rundumlaufende Rahmen steigt vom Frontbereich bis zur Ferse leicht an,
49(4) im Bereich der Ferse wird die Gummisohle auf das weitere aufgesetzte Lederteil nach oben gezogen,
50(5) der Schuh zeigt eine runde Frontform.
51Diese markante Ausgestaltung findet sich unabhängig von der konkreten farblichen Ausgestaltung der Schuhmodelle bei jedem Schuh mit der Modellbezeichnung „Plus“ und „Rock“, und hebt die Schuhe aus der Menge vergleichbarer Produkte ab. Soweit in der Anlage AST 4 zwei Schuhe mit einem anders gestalteten Rahmen abgebildet sind, hat der Antragsteller ausgeführt, es handele sich hierbei um ein gänzlich anderes Modell, nämlich das mit der Bezeichnung „Bike“. Dem ist die B nicht beachtlich entgegen getreten. Trotz unterschiedlicher Modellbezeichnungen ist desweiteren von einer einheitlichen wettbewerblichen Eigenart der Modelle „Plus“ und „Rock“ auszugehen, da die konkrete Ausführung als niedrigschaftiger oder hochschaftiger Schuh kein die wettbewerbliche Eigenart begründendes Gestaltungsmerkmal ist. Dies zeigt auch der Umstand, dass die B die niedrigschaftigen und die hochschaftigen Schuhe unter einer einheitlichen Modellbezeichnung, nämlich „New Moena“, vertreibt.
52Die Schuhmodelle „Rock“ und „Plus“ haben mit ihrer Markteinführung wettbewerbliche Eigenart erlangt. Dass bei ihrer Markteinführung im Jahre 2008 ein Schuhmodell bekannt gewesen wäre, welches eine identische Merkmalskombination vorweggenommen hätte, hat die B nicht darzulegen vermocht. So weist der im Zeitpunkt der Markteinführung der Schuhe des Antragstellers im Sneakerbereich bekannte „Chuck Taylor All Star“ (Anlage LSG 2a) zwar einen umlaufenden Rahmen auf, der indes erkennbar aus einem anderen Material (nämlich Gummi) gefertigt ist und nicht nach hinten leicht ansteigt. Zudem fehlt bei diesem Schuh die markant hochgezogene Sohle im Fersenbereich. Auch dem aus den Anlagen AST 13 und 14 ersichtlichen F Sneaker fehlt der leicht nach hinten ansteigende Rahmen. Zudem wirkt dessen Rahmen in der Seitenansicht dadurch gestuft, dass auf einen umlaufenden Lederrahmen ein weiterer – nicht gleich hoher – Lederrahmen aufgesetzt ist. Schließlich zeigt dieser Schuh aufgrund des Trapezleistens eine erkennbar andere Kappenausgestaltung. Hinsichtlich der weiteren mit den Anlagen LSG 2, 3 bis 21 angeführten Erzeugnisse hat die B schon nicht dargetan, dass diese Schuhe bereits zum Zeitpunkt der Markteinführung der Schuhe des Antragstellers in Deutschland vertrieben worden sind. Ein Teil dieser Produkte (beispielsweise Anlagen LSG 2 bis 4) ist nach dem eigenen Vorbringen B überhaupt erst nach 2008 auf den Markt gekommen. Hinsichtlich der weiteren Erzeugnisse ist ein Vertrieb auf dem deutschen Markt nicht dargetan. Die wettbewerbliche Eigenart durch Produkte anderer Hersteller kann indes nur eingeschränkt werden, wenn sie Bestandteil des deutschen Marktes sind (OLG Köln, GRUR-RR 2004, 21 ff.). Die in den Anlagen LSG 2, 3 bis 21 gezeigten Schuhe stehen der wettbewerblichen Eigenart deshalb nicht entgegen. Dass möglicherweise einzelne Merkmale der Schuhmodelle des Antragstellers für sich genommen vorbekannt waren, ist unschädlich, da die wettbewerbliche Eigenart - wie bereits ausgeführt - nicht Neuheit voraussetzt.
53Die durch die besondere Ausgestaltung des Rahmens geschaffene Möglichkeit des Rückschlusses auf die betriebliche Herkunft der Schuhmodelle ist auch nicht durch die zwischenzeitliche Entwicklung verlorengegangen. Die B, die für die tatsächlichen Voraussetzungen des nachträglichen Entfallens einer einmal begründeten wettbewerblichen Eigenart darlegungs- und beweisbelastet ist (BGH, GRUR 1998, 477 - Trachtenjanker), hat zwar eine Vielzahl von Schuhen angeführt (Anlagen LSG 2 bis 21), die ihrer Ansicht nach die die wettbewerbliche Eigenart begründenden Merkmale der Schuhmodelle des Antragstellers nahezu identisch oder jedenfalls ähnlich aufweisen würden. Diese Annahme trifft indes in Teilen erkennbar schon nicht zu. So zeigt keiner der in den Anlagen LSG 20 und 21 (dort Seiten 1 bis 4) abgelichteten Schuhe den markanten vierteiligen Glattlederrahmen. Die auf den ersten beiden Seiten der Anlage LSG 4 abgebildeten Schuhe der Marke F zeigen einen in der Seitenansicht gestuften Rahmen, beim ersten Schuh fehlt darüber hinaus die Lederkappe; überdies weichen diese Schuhe auch in der Schaftausgestaltung (kein Schnürteil) deutlich von den Modellen „Plus“ und „Rock“ ab. Dem in der Anlage LSG 6 gezeigten Schuh des Designers Dries van Noten fehlt die Lederkappe, zudem sind der Fersenbereich und der Schaft erkennbar anders gestaltet. Der in Anlage LSG 15 abgebildete Schuh der Marke U zeigt erkennbar einen umlaufenden Gummirahmen, der mit dem umlaufenden Glattlederrahmen der Schuhmodelle des Antragstellers nichts gemein hat. Ob hinsichtlich der weiteren angeführten Schuhe angenommen werden kann, dass diese - zumindest überwiegend - die prägenden Merkmale der Schuhmodelle „Rock“ und „Plus“ übernehmen, kann dahinstehen. Allein der Umstand, dass ein Modell vielfach nachgeahmt wird, lässt die wettbewerbliche Eigenart jedenfalls dann nicht entfallen, sofern die prägenden Gestaltungsmerkmale infolge der Vielzahl oder des großen Umfangs von Nachahmungen noch nicht Allgemeingut geworden sind und der Verkehr noch zwischen dem Original und den Nachahmungen unterscheidet (vgl. BGH, GRUR 2005, 600 – Handtuchklemmen; BGH, GRUR 2007, 795 Rn. 28 - Handtaschen). Der Antragsteller hat durch Verweis auf Unterlassungserklärungen (Anlage AST 22 bezüglich des Schuhs Anlage LSG 3 „Dockers“; gerichtlich protokolliert bezüglich der Schuhe Anlage LSG 8 und 9 „Marc O´Polo“ im Verfahren vor der Kammer 14c O 46/13) und gerichtliche Auseinandersetzungen (bezüglich der Schuhe LSG 10 „Tamaris“ Verfahren vor der Kammer unter 14c O 176/13) hinreichend glaubhaft gemacht, dass er Nachahmungen ernsthaft und umfangreich verfolgt. Anhaltspunkte dafür, dass die die Schuhmodelle des Antragstellers prägende Merkmalskombination trotzdem bereits Allgemeingut wäre, bestehen nicht. Es fehlt hinsichtlich sämtlicher entgegengehaltener Schuhe an jedwedem Sachvortrag der insoweit darlegungspflichtigen B dazu, welche Verbreitung die Schuhe in der Bundesrepublik Deutschland gefunden haben könnten. Bei dem auf der letzten Seite der Anlage LSG 4 gezeigten Schuh der Marke F heißt es nur „derzeit nicht verfügbar“. Einen Vertrieb der in den Anlagen LSG 5 („Louis Vuitton“), LSG 11 („Bugatti“), LSG 12 („Louis Vuitton“) und LSG 13 („Hogan“) sowie LSG 16 bis 19 abgebildeten Schuhen in Deutschland hat die Antragstellerin nicht dargetan. Allein der Hinweis auf einen Vertrieb in einem bestimmten Jahr (zum Beispiel des Schuhs „Moena“, Anlage LSG 2, in 2012 oder des Schuhs „Bugatti J08151“, Anlage LSG 7, in 2014, des Schuhs „Pantofola D´Oro“, Anlage LSG 14, seit Oktober 2013 und des Schuhs „TOSCA BLU SHOES“, letzte Seite der Anlage LSG 21, in 2014) reicht schließlich ebenfalls nicht aus. So fehlen Angaben zu den Absatzzahlen gänzlich. Überdies sind die genannten Vertriebszeiträume zu kurz, um eine Schwächung der wettbewerblichen Eigenart der beiden Schuhmodelle des Antragstellers bewirken zu können. Der Antragsteller hat durch eidesstattliche Versicherung (Anlage AST 2) ausreichend glaubhaft gemacht, dass er von den hier verfahrensgegenständlichen Modellen „Plus“ und „Rock“ seit der Markteinführung im Jahr 2008 bereits 227.690 Paar verkauft hat. Dass sich die angegebenen Verkaufszahlen auf die hier verfahrensgegenständlichen Schuhmodelle beziehen, ergibt sich auch ohne deren ausdrücklichen Erwähnung bereits aus der Formulierung, bis zum heutigen Tage habe er, der Antragsteller, von dem hohen und flachen Sneaker, der durch den vierteiligen Glattlederrahmen gekennzeichnet sei, diese Anzahl veräußert. Weiter hat der Antragsteller - von B unbestritten - vorgetragen, dass seine Modelle bei sämtlichen deutschen Schuheinzelhändlern im Hochpreissegment sowie sehr erfolgreich im Online-Schuhportal „Zalando“ (Anlage AST 23) sowie bei „Amazon“ vertrieben werden. Das Entfallen der wettbewerblichen Eigenart hätte somit erst bei einem besonders intensiven Vertrieb von Nachahmungen angenommen werden können. Das Vorbringen B allein zu den Vertriebszeiten rechtfertigt diese Annahme nicht.
54b) Die von B angebotenen Schuhe stellen eine Nachahmung der Schuhmodelle des Antragstellers dar.
55Bei der Beurteilung des Grades der Nachahmung kommt es weniger auf die Unterschiede und mehr auf die Übereinstimmungen der Produkte an. Dies folgt aus dem Erfahrungssatz, dass der Verkehr die in Rede stehenden Produkte regelmäßig nicht gleichzeitig wahrnimmt und miteinander vergleicht, sondern seine Auffassung auf Grund eines Erinnerungseindrucks gewinnt, in dem die übereinstimmenden Merkmale stärker hervortreten als die unterscheidenden (str. Rspr.; vgl. nur BGH, GRUR 2010, 80, Rn. 41 - LIKEaBIKE; BGH, GRUR 2007, 795, Rn. 34 - Handtaschen; Köhler/Bornkamm-Köhler, a.a.O., § 4 Rz. 9.34).
56Vorliegend ist von einer fast identischen Leistungsübernahme auszugehen. Eine solche ist anzunehmen, wenn die Nachahmung im Gesamteindruck nur unerhebliche Abweichungen zum Original aufweist (vgl. BGH, GRUR 2000, 521, 524 – Modulgerüst I). Die von B vertriebenen Schuhe entsprechen den wesentlichen Merkmalen der Schuhmodelle „Plus“ und „Rock“ des Antragstellers. Der Rahmen der angegriffenen Schuhe ist nahezu identisch mit dem der Modelle „Plus“ und „Rock“ des Antragstellers gestaltet. So zeigen die angegriffenen Erzeugnisse ebenfalls einen umlaufenden Lederrahmen. Im vorderen Bereich ist ein abgesetzter weiterer Lederaufsatz vorhanden und eine aufgesetzte Kappe. Schließlich befindet sich im Fersenbereich ein aufgesetztes Lederteil, auf das die Gummisohle hochgezogen ist. Die angegriffenen Schuhe entsprechen auch in den Proportionen der Einzelelemente Schaft, Rahmen, Kappe und Schnürteil zueinander den Modellen des Antragstellers.
57Die von B zergliedernd herausgearbeiteten Unterschiede in den Details der Ausführung fallen angesichts der Übereinstimmung in den grundlegenden Gestaltungsmerkmalen nicht ins Gewicht. Für die Frage der Nachahmung ist, wie bereits ausgeführt, das unvollkommene Erinnerungsbild des Verbrauchers maßgeblich. Eine zergliedernde Gesamtanalyse stellt der Verbraucher dabei nicht an. Hinzukommt, dass der Antragsteller die verfahrensgegenständlichen Schuhe - wie insbesondere aus der Anlage AST 21 ersichtlich - in verschiedenen Farben/Farbkombinationen und Schaftmaterialausgestaltungen vertreibt. Der Verbraucher misst der konkreten Farbwahl und Schaftmaterialwahl daher keine maßgebliche Bedeutung zu. Der Umstand, dass die Kappe eine andere Farbe als der umlaufende Rahmen aufweist, ist daher für den optischen Gesamteindruck genausowenig maßgeblich, wie die konkrete farbliche Ausgestaltung der Sohle, der Einfassungen der Schnürsenkellöcher und der Schnürsenkel selbst. Dass bei den angegriffenen Modellen die Schnittkanten kaschiert bzw. gefärbt sind und das hochschaftige Modell eine Paspelung des Schaftmaterials im Bereich der Schnürung und an der Oberkante aufweist, sind ebenfalls unerhebliche Abweichungen vom Original. Die Schuhe des Antragstellers wirken zwar – auch durch die unkaschierten Schnittflächen – lässig und für den Alltagsgebrauch geeignet, erzeugen aber schon aufgrund des verarbeiteten Materials einen wertigen Eindruck. Auch die Schuhe B wirken wertig aber zugleich (sportlich) lässig. Das Kaschieren der Schnittflächen bei den angegriffenen Schuhen vermag insoweit keinen anderen Gesamteindruck zu erzeugen. Insbesondere wird dem angegriffenen niedrigschaftigen Schuh hierdurch kein in Richtung eleganter Abendgarderobe gehender Appeal verliehen. Er bleibt seinem Gesamteindruck nach ein Schuh für jeden Tag. Das gilt auch für den angegriffenen hochschaftigen Schuh, der trotz der Paspelung des Schaftmaterials und der konkreten Farbausgestaltung der einzelnen Elemente weiterhin einen wertigen, zugleich aber sportlichen Eindruck vermittelt. Soweit der rundumlaufende Rahmen bei den angegriffenen Schuhen nicht nach hinten ansteigt, ist dies im Ergebnis für den Gesamteindruck deshalb nur von sehr geringer Bedeutung, weil dafür das auf den rundumlaufenden Rahmen im Bereich der Ferse aufgesetzte Lederelement wesentlich weiter nach vorne in Richtung Schuhmitte reicht und den Rand des rundumlaufenden Lederrahmens bereits unterhalb des Knöchels übersteigt. In der Seitenansicht wird damit ebenfalls der Eindruck eines Anstiegs des Rahmens zur Ferse hin erzeugt. Die weiteren vorhandenen Unterschiede in Form des Innenfutters, der geringfügig anders verlaufenden Nähte sowie des runden gezackten silber- bzw. goldfarben Lederelements in Höhe des Schaftsabschlusses in der Ferse stellen ebenfalls bloße Abwandlungen in für das Erscheinungsbild nachgeordneten und letztlich bedeutungslosen Details dar.
58c) Die nahezu identische Nachahmung ist auch geeignet, eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeizuführen. Die B hat zumutbare und geeignete Maßnahmen zur Vermeidung der Herkunftstäuschung unterlassen.
59Aufgrund der vom Antragsteller glaubhaft gemachten Verkaufszahlen sowie des unstreitigen Vertriebs der Schuhmodelle bei "Zalando" und "Amazon" sowie allen namhaften Schuheinzelhändlern im Hochpreissegment besteht kein Zweifel an der Bekanntheit dieser Erzeugnisse. Zudem ist von einer nahezu identischen Leistungsübernahme auszugehen. Die wesentlichen prägenden Merkmale wurden übernommen. Deshalb sind keine allzu hohen Anforderungen an die besonderen Umstände zu stellen.
60Eine Herkunftstäuschung liegt vor, wenn die angesprochenen Verkehrskreise den Eindruck gewinnen, die Nachahmung stamme vom Hersteller des Originals oder einem mit ihm geschäftlich oder organisatorisch verbundenen Unternehmen. Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.
61Selbst wenn einem besonders aufmerksamen Verbraucher die vorhandenen Unterschiede in der Rahmen- und Schaftgestaltung auffielen, würde er sie zwanglos als Produktvariante oder Weiterentwicklung der Modelle „Plus“ und „Rock“ einordnen. So vertreibt der Antragsteller - wie ausgeführt - seine Schuhe in unterschiedlichen Farben/Farbkombinationen und Schaftmaterialausgestaltungen. Die angesprochenen Verkehrskreise gewinnen mithin den Eindruck, die vom Antragsteller hergestellten Schuhe und die angegriffenen Schuhe stammten vom selben Hersteller.
62Diese Täuschung des Verkehrs wird nicht dadurch verhindert, dass beim niedrigschaftigen Schuh auf dessen Schaft und bei beiden angegriffenen Schuhen auf den Abschluss der im Fersenbereich nach oben gezogenen Sohle die Herstellerbezeichnung „GEOX“ eingeprägt ist. Diese Herstellerbezeichnungen werden bereits deshalb kaum auffallen, da sie aufgrund ihrer Platzierung, ihrer Größe und mangelnden farblichen Kontrastierung zum Untergrund jedenfalls bei einem ersten Blick auf den Schuh, sei es, dass er in einem Schaufenster oder Geschäft ausgestellt ist oder auf einer Abbildung oder einem ihn tragender Benutzer gesehen wird, nicht wahrgenommen werden. Sollten sie dennoch wahrgenommen werden, dem Verkehr indes die Person des Antragstellers als Hersteller der Modelle „Plus“ und „Rock“ nicht bekannt sein, käme es ebenfalls zu einer Herkunftstäuschung, da der Verkehr annähme, auch die Modelle „Plus“ und „Rock“ stammten vom Hersteller der Geox-Schuhe. Sollte dem Verkehr die Person des Antragstellers bekannt sein, wäre eine Herkunftstäuschung ebenfalls zu bejahen, da durch die Herstellerangabe jedenfalls nicht die durchaus mögliche Annahme der angesprochenen Verkehrskreise, bei dem mit „Geox“ gekennzeichnetem Schuh handele es sich um ein vom Antragsteller lizenziertes Erzeugnis, ausgeräumt würde.
63II.
64Der gemäß §§ 935, 940 ZPO erforderliche Verfügungsgrund ist gegeben. § 12 Abs. 2 UWG begründet eine tatsächliche Vermutung der Dringlichkeit. B ist es nicht gelungen, die für die Widerlegung der Dringlichkeitsvermutung erforderlichen Umstände darzulegen und glaubhaft zu machen.
65Zunächst lässt der Umstand der Abmahnung eines im Paul-Green-Onlineshop B erworbenen Schuhs der Marke Q nicht den Schluss zu, der Antragsteller habe in diesem Zusammenhang auch die anderen Online-Shops B inspiziert und sei bereits in diesem Zusammenhang auf die nunmehr angegriffenen Schuhe aufmerksam geworden. Im Gegenteil hat der Antragsteller substantiiert ausgeführt, dass er im Zuge eines gegen einen Dritten geführten Rechtsstreits durch diesen im Februar 2014 auf die angegriffenen Schuhe hingewiesen worden sei. Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller - entgegen einer bestehenden Verpflichtung - eine ständige Marktbeobachtung durchgeführt hat und deshalb auch frühzeitiger auf die angegriffenen Schuhe aufmerksam geworden ist, sind weder dargetan noch sonst ersichtlich. Insbesondere hat der Antragsteller nicht mit seinem Vorbringen, er habe das Modell „Moena“ im Anschluss an die im März 2012 erfolgte Abmahnung gegenüber der Firma L GmbH nicht mehr gesehen, eine umfängliche Marktbeobachtung eingeräumt. So hat er diesbezüglich klargestellt, dass er regelmäßig Modejournale lese und ihm das Modell „Moena“ in einer solchen Modezeitschrift aufgefallen sei, nach der Abmahnung indes nicht mehr. Eine umfassende Marktbeobachtung liegt hierin nicht.
66Die gegenüber der Firma L GmbH bezüglich des Modells „Moena“ der Nebenintervenientin erfolgte Abmahnung lässt auch darüber hinaus keinen Rückschluss auf ein irgendwie geartetes dringlichkeitsschädliches Verhalten des Antragstellers im Verhältnis zur B zu. Weder hat die B konkret eine frühzeitigere Kenntnis des Antragstellers von dem Vertrieb der hier angegriffenen Schuhen durch sie darzulegen vermocht, noch lässt der Umstand, dass der Antragsteller trotz Kenntnis von dem Modell „Moena“ im Folgenden keine Marktbeobachtung speziell der Schuhmodelle der Nebenintervenientin unternommen haben will, den Schluss zu, die Sache sei ihm nicht eilig gewesen. So betraf die Abmahnung gegenüber der Firma L unstreitig ein anderes Modell und zudem den Vertrieb durch einen einzelnen Händler. Der Antragsteller hat darüberhinaus dargetan, er habe das Modell „Moena“ nach der Abmahnung nicht mehr gesehen. Es bestand demzufolge auch keine Veranlassung für den Antragsteller, eine weitere Kontrolle des Schuhsortiments der Nebenintervenientin durchzuführen, geschweige denn alle in Betracht kommenden Vertriebsberechtigten zu beobachten.
67Auch der Einwand B, die Sache sei für das Verfügungsverfahren ungeeignet, geht fehl. Welche Merkmale den Schuhmodellen „Rock“ und „Plus“ des Antragstellers wettbewerbliche Eigenart verleihen und damit einen Rückschluss auf die betriebliche Herkunft der Schuhe ermöglichen, kann die Kammer selbst feststellen, ohne sachverständige Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen. Denn das Warenangebot des Antragstellers richtet sich an einen unbeschränkten Interessentenkreis, der Empfänger- und Bewertungshorizont der von dem Antragsteller und damit auch dem Antragsgegner Umworbenen ist nicht durch irgendeine besondere Sachkunde bestimmt (vgl. Köhler/Bornkamm-Köhler, a.a.O., § 4 Rz. 9.33).
68Schließlich ist nicht zu beanstanden, dass der Antragsteller bislang nicht gerichtlich gegen die Nebenintervenientin vorgegangen ist, sondern mit B eine „bloße“ Vertreiberin der Produkte in Anspruch nimmt. Die Dringlichkeitsvermutung wird nicht schon dadurch widerlegt, dass der Antragsteller gegen ihm bekannte gleichwertige Verstöße Dritter nicht vorgegangen ist, denn es steht ihm frei, ob und gegen welchen Verletzer er vorgeht (vgl. Köhler/Bornkamm-Köhler, a.a.O., § 12 Rz. 3.19). Überdies ist unstreitig, dass die im Ausland ansässige Nebenintervenientin zumindest außergerichtlich abgemahnt ist.
69III.
70Die Ordnungsmittelandrohung hat ihre Grundlage in § 890 Abs. 2 ZPO.
71IV.
72Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO. Eines Ausspruchs über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedurfte es nicht.
73Streitwert:
74bis zum 10.03.2014: 100.000,- €
75danach: 80.000,- €
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(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.
(2) Vorschriften zur Regelung besonderer Aspekte unlauterer geschäftlicher Handlungen gehen bei der Beurteilung, ob eine unlautere geschäftliche Handlung vorliegt, den Regelungen dieses Gesetzes vor.
Tenor
I.
Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,- € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft, oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr
(1) gegenüber in Deutschland ansässigen gewerblichen Kunden der Klägerin zu behaupten, dass die in der unten eingeblendeten Unterlassungserklärung abgebildeten Schuhmodelle der Marke U unabhängig von ihrer Farbgebung Schutzrechte des Beklagten verletzen
und/oder
(2) von in Deutschland ansässigen gewerblichen Kunden der Klägerin eine Unterlassungserklärung wie unten eingeblendet im Rahmen einer Abmahnung zu fordern.
II.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.039,20 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 27.11.2013 zu zahlen.
III.
Die Widerklage wird abgewiesen.
IV.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
V.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 170.000,- €.
1
T a t b e s t a n d
3Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Unterlassung unberechtigter Abmahnungen und der Behauptung von Schutzrechtsverletzungen sowie auf Zahlung von Schadensersatz (Kosten einer Schutzschrift, Abmahnkosten, Kosten eines Abschlussschreibens) in Anspruch. Der Beklagte nimmt die Klägerin widerklagend auf Unterlassung, Schadenersatzfeststellung und Auskunftserteilung aus ergänzendem wettbewerblichen Leistungsschutz, hilfsweise aus zwei eingetragenen Designs in Anspruch.
4Die Klägerin gehört zur Wortmann-Gruppe, einem der größten europäischen Hersteller von Schuhen. Zu den Marken der Klägerin gehören u. a. U, s.Oliver Shoes, Caprice, Jana und Marco Tozzi. Unter der Marke U vertreibt sie die im Widerklageantrag zu I. sowie in der zum Gegenstand der Klage gemachten Unterlassungserklärung bildlich wiedergegebenen Schuhe. Dabei bietet sie die Schuhmodelle in unterschiedlichen Farben an, wie beispielsweise den Schuh gemäß Widerklageantrag zu I a. in den Farben türkis und rot, den Schuh gemäß Widerklageantrag zu I c. in den Farben „Sky/Truffle“, „Chili/truffle“, „L. Gold truffle“ und „coral truffle“ und zum Teil mit Pailletten sowie den Schuh gemäß Widerklageantrag zu I d. in den Farben „Antel/Quartz“ und „Peppermint/Truffle“.
5Der Beklagte vertreibt in Deutschland im höheren Preissegment angesiedelte Schuhe. Er ist einerseits Inhaber des am 21.11.2007 angemeldeten und am 25.01.2008 eingetragenen Designs 40705766-0019 (im Folgenden: Widerklagedesign I), welches am 22.02.2008 veröffentlicht wurde. Das Design steht in Kraft und zeigt einen Schuh wie nachfolgend abgebildet:
60019.1
7 80019.2
9 10Darüber hinaus ist er Inhaber des am 13.06.2008 angemeldeten und am 08.08.2008 eingetragenen Designs 402008002843-0002 (im Folgenden: Widerklagedesign II), welches am 05.09.2008 veröffentlicht wurde. Das Design steht in Kraft und zeigt einen Schuh wie nachfolgend abgebildet:
110002.1
12 130002.2
14 15Unter der Bezeichnung „Candice Cooper“ vertreibt der Beklagte seit 2008 auf Basis der beiden Designs Damen-Sneaker unter der Modellbezeichnung „Plus“ (hoher Schaft) und „Rock“ (flacher Sneaker), welche er je nach aktueller Saison in verschiedenen Farben/Farbkombinationen und Schaftmaterialausgestaltungen vertreibt (vgl. im Einzelnen die Abbildungen in den Anlagen B 3 und 8 sowie SSM 29). Die Schuhe werden von nahezu sämtlichen namhaften deutschen Schuheinzelhändlern im Hochpreissegment - wie Prange, Juppen, Zumnorde, Dielmann und Tretter -, von Luxuskaufhäusern wie der Firma C sowie online über „Y“ und im Versandhandel beim Designversender Pro Idee vertrieben. Überdies sind sie bereits Gegenstand von Berichterstattungen der einschlägigen Fachpresse, z. B. der „Textilwirtschaft“, gewesen (Anlage B 8).
16Mit Schreiben vom 12.04.2013 und 16.04.2013 mahnte der Beklagte zwei gewerbliche Kunden der Klägerin ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf (Anlagen SSM 2 und 3). Mit Schreiben vom 11.04.2013 forderte der Beklagte die Y GmbH auf, die Modelle gemäß Widerklageantrag zu I b. aus ihrem Angebot zu entfernen (Anlage SSM 4).
17Mit Schreiben vom 17.04.2013 (Anlage SSM 5) ließ die Klägerin den Beklagten abmahnen und auffordern, weitere Abmahnungen unverzüglich zu unterlassen. Der Beklagte reagierte mit Schreiben vom 19.04.2013 (Anlage SSM 6) ablehnend und forderte im Gegenzug die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Daraufhin hinterlegte die Klägerin u. a. beim Landgericht Düsseldorf am 23.04.2013 eine Schutzschrift (Anlage SSM 7). Zudem beantragte die Klägerin am 22.04.2013 den Erlass einer einstweiligen Verfügung, die am 24.04.2013 erlassen wurde (14c O 65/13, Anlage SSM 1). Nachdem die einstweilige Verfügung im Wege der Amtshilfe in der Schweiz am 22.07.2013 am Geschäftssitz des Beklagten zugestellt worden war, ließ die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 20.08.2013 (Anlage SSM 8) zur Abgabe einer Abschlusserklärung und zur Anerkennung seiner Schadensersatzverpflichtung dem Grunde nach auffordern. Die Frist ließ der Beklagte fruchtlos verstreichen.
18Die Klägerin ist der Ansicht, die Widerklagedesigns des Beklagten seien nicht rechtsbeständig. Schuhmodelle der Marke „Emma Hope“ sowie des Herstellers Converse nähmen den Designs als vorbekannter Formenschatz die Neuheit und Eigenart. Jedenfalls aber stellten die von ihr vertriebenen Schuhmodelle keine Verletzung der Widerklagedesigns dar, da sie einen anderen Gesamteindruck erzeugten. Aufgrund der vorhandenen Unterschiede sei auch ein Anspruch aus § 4 Nr. 9 UWG nicht begründet, abgesehen davon, dass ihre Modelle mit der bekannten Marke U gekennzeichnet seien. Aus alledem folge, dass die seitens des Beklagten ausgesprochenen Abmahnungen zu Unrecht erfolgt seien und deshalb einen Eingriff in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellten.
19Die Klägerin beantragt,
20zu erkennen, wie geschehen.
21Der Beklagte beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Widerklagend beantragt er, nachdem er zunächst zum Gegenstand seines Unterlassungsantrags zu Ziffer I d. die auf Seite 4 des Schriftsatzes vom 23.12.2013 (Bl. 50 GA) wiedergegebenen Lichtbilder gemacht hat, zuletzt,
24I.
25die Klägerin zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die nachstehend abgebildeten Schuhe anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen und/oder zu bewerben:
26a.
2728
und/oder
29b.
3031
und/oder
32c.
3334
und/oder
35d.
36 37 38II.
39die Klägerin zu verurteilen, ihm sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihm durch das Angebot und/oder das Inverkehrbringen und/oder die Werbung der unter Ziffer I. des Widerklageantrages abgebildeten Schuhe entstanden ist und/oder zukünftig noch entstehen wird;
40III.
41die Klägerin zu verurteilen, darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer II. des Widerklageantrages bezeichneten Handlungen begangen hat, und zwar unter Angabe
42- 43
der Menge der erhaltenen und bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und andere Vorbesitzer, einschließlich der Angaben über die Gestehungskosten und die Einkaufspreise;
- 45
der einzelnen Liefermengen,- zeiten,- preise und Typenbezeichnung, des erzielten Gewinns sowie Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer;
- 47
der erzielten Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen,
- 49
-zeiten, -preise und Typenbezeichnung sowie der Namen und Anschriften der jeweiligen Angebotsempfänger;
- 51
der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeit und Verbreitungsgebiet.
Die Klägerin beantragt,
53die Widerklage abzuweisen.
54Der Beklagte ist der Ansicht, seine Modelle „Rock“ und „Plus“ verfügten über wettbewerbliche Eigenart, die insbesondere durch den vierteilig zusammengesetzten umlaufenden Lederrahmen begründet sei, der zuvor im Sneakerbereich vollkommen unbekannt gewesen sei. Seit der erstmaligen Präsentation der Schuhmodelle auf der GDS in Düsseldorf im Herbst 2007 habe er bislang insgesamt 225.508 Paar des Modells „Rock“ und 108.128 Paar des Modells „Plus“ abgesetzt. Der Vertrieb der mit der Widerklage angegriffenen Schuhe führe bei den Abnehmern die Gefahr einer vermeidbaren Täuschung über die betriebliche Herkunft herbei und nutze die Wertschätzung der Schuhe des Beklagten aus.
55Jedenfalls aber erweckten die mit der Widerklage zu I a. und c. angegriffenen Schuhe den gleichen Gesamteindruck wie der durch das Widerklagedesign I geschützte Schuh und die mit der Widerklage zu I b. und d. angegriffenen Schuhe den gleichen Gesamteindruck wie der durch das Widerklagedesign II geschützte Schuh.
56Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die tatsächlichen Feststellungen in den nachfolgenden Entscheidungsgründen Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
57Die Klage hat Erfolg, während die Widerklage vollumfänglich abzuweisen ist.
58A.
59Die Klage ist insgesamt begründet.
60I.
61Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Unterlassung im tenorierten Umfang aus § 823 Abs. 1 BGB i. V. m. § 1004 BGB analog zu.
621.
63Die unberechtigte Verwarnung aus einem Schutzrecht, zu der neben der herkömmlichen Abmahnung verbunden mit der Forderung nach Abgabe einer Unterlassungserklärung auch der an keine unmittelbaren Konsequenzen geknüpfte Hinweis auf die angebliche Verletzung von Schutzrechten zählt, stellt einen rechtswidrigen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb sowohl des Verwarnten als auch - wie hier - desjenigen Gewerbetreibenden dar, dessen Kundenbeziehungen durch die unberechtigte Abmahnung eines Ausschließlichkeitsrechts gegenüber dem verwarnten Abnehmer schwerwiegend beeinträchtigt werden (BGH Großer Senat für Zivilsachen, GRUR 2005, 882 ff. - Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung; Köhler/Bornkamm-Köhler, Wettbewerbsrecht, 31. Aufl. 2013, § 4 Rz. 10.175 und 10.180, 10.189a). Der von der unberechtigten Schutzverwarnung betroffene Mitbewerber hat gegen den Schutzrechtsinhaber zwar keinen (vorbeugenden) Anspruch auf Unterlassung einer gerichtlichen Geltendmachung der vermeintlichen Ansprüche gegenüber seinen Abnehmern. Denn die gerichtliche Prüfung eines auch nur vermeintlich bestehenden Anspruchs kann nicht unterbunden werden (prozessuales Privileg). Wohl aber hat er einen Anspruch auf Unterlassung einer Verwarnung (Köhler/Bornkamm-Köhler, a.a.O.), wobei dieser Anspruch nicht erst subsidiär auf § 823 Abs. 1 BGB gestützt werden kann (Köhler/Bornkamm-Köhler, a.a.O., § 4 Rz. 10.176 a unter Hinweis auf die bereits zitierte Entscheidung des BGH, Großer Senat für Zivilsachen).
642.
65Die vom Beklagten ausgesprochenen Verwarnungen sind unberechtigt, weil die zu deren Gegenstand gemachten Schuhmodelle der Klägerin - unabhängig von ihrer Farbgebung und unabhängig von der Gestaltung mit Pailletten - weder Design- noch Leistungsschutzrechte des Beklagten verletzen.
66a) Die niedrigschaftigen Schuhmodelle der Klägerin verletzen nicht das Widerklagedesign I.
67aa)
68Zwar ist davon auszugehen, dass das Widerklagedesign I rechtsbeständig ist. Denn nach § 39 DesignG wird zugunsten des Rechtsinhabers vermutet, dass die an die Rechtsgültigkeit eines eingetragenen Designs zu stellenden Anforderungen erfüllt sind. Die grundsätzlich im vorliegenden Verfahren mögliche Widerlegung der Vermutung - § 52 a DesignG findet gemäߠ § 74 Abs. 2 DesignG für das vorliegende Verfahren noch keine Anwendung – ist der Klägerin nicht gelungen, da keine der möglichen Entgegenhaltungen den Gesamteindruck des Widerklagedesigns I vorwegnimmt.
69Das Widerklagedesign I zeigt einen Sneaker, der durch folgende Merkmale geprägt wird:
70(1) auf die Sohle aufgesetzter und in den Schaft hochgezogener, umlaufender Rahmen aus einem Material in Glattlederoptik,
71(2) der umlaufende Rahmen besteht aus insgesamt vier Teilen: ein rundumlaufender Rahmen, im vorderen Bereich dieses Rahmens ist ein abgesetzter weiterer Aufsatz aus gleichem Material vorhanden („Frontflügel“), im Fersenbereich ist ein Teil aus wiederum gleichem Material aufgesetzt, oberhalb des eigentlichen Rahmens ist eine Kappe aus gleichem Material aufgesetzt und über eine umlaufende Naht vom eigentlichen Rahmen abgesetzt,
72(3) der Rahmen steigt vom Frontbereich bis zur Ferse leicht an,
73(4) Schuh zeigt eine runde Frontform,
74(5) Schaft und Rahmen sind farblich kontrastierend gestaltet, wobei der Schaft in moosgrünem velourähnlichem, weichem Leder gehalten ist und der helle Rahmen einen „used look“ aufweist.
75Insgesamt vermittelt das Widerklagedesign I einen sportlich-schicken, ein jüngeres Publikum ansprechenden Eindruck. Seine Gestaltung in moosgrün kombiniert mit dem „used look“ des hellen Rahmens weckt die Assoziation, dass man mit diesem Schuh bequem durch die Natur laufen kann, ohne dass man befürchten muss, dass das Erscheinungsbild des Schuhs Schaden nimmt. Dies verleiht dem Modell eine gewisse Lässigkeit und Jugendlichkeit.
76Das Widerklagedesign I ist neu und eigenartig, weil es einen anderen Gesamteindruck als die vorbekannten Muster hervorruft.
77Die von der Klägerin entgegengehaltenen Sneaker des Herstellers Converse (Bl. 83 GA) haben erkennbar einen aus einem anderen Material (nämlich Gummi) gestalteten umlaufenden Rahmen, der zudem nicht zur Ferse hin ansteigt. Auch dem beispielsweise auf Bl. 9 GA abgebildeten Emma Hope Sneaker fehlt der leicht nach hinten ansteigende Rahmen. Zudem wirkt dessen Rahmen in der Seitenansicht dadurch gestuft, dass auf den umlaufenden Velourlederrahmen ein weiterer – nicht gleich hoher – Glattlederrahmen aufgesetzt ist. Schließlich zeigt dieser Schuh aufgrund des Trapezleistens eine erkennbar andere Kappenausgestaltung. Keiner der entgegengehaltenen Schuhe weist den für Schuhe eher ungewöhnlichen moosgrünen Schaft in Kombination mit einem zur Ferse hin leicht ansteigenden hellen Rahmen im „used look“ auf.
78bb)
79Gemäß § 38 Abs. 2 S. 1 DesignG erstreckt sich der Schutz aus einem Design auf jedes Muster, das beim informierten Benutzer keinen anderen Gesamteindruck erweckt. Dabei sind nicht nur die Übereinstimmungen, sondern auch die Unterschiede von Bedeutung (vgl. BGH, GRUR 2013, 285, Rz. 30 – Kinderwagen II). Bei der Beurteilung des Schutzumfangs wird der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung seines Designs berücksichtigt, § 38 Abs. 2 S. 2 DesignG. Zwischen dem Gestaltungspielraum des Entwerfers und dem Schutzumfang des Designs besteht eine Wechselwirkung. Eine hohe Musterdichte und ein kleiner Gestaltungsspielraum des Entwerfers können zu einem engen Schutzumfang des Designs mit der Folge führen, dass bereits geringe Gestaltungsunterschiede beim informierten Benutzer einen anderen Gesamteindruck hervorrufen, während umgekehrt eine geringe Musterdichte und damit ein großer Gestaltungsspielraum des Entwerfers einen weiten Schutzumfang des Designs zur Folge haben können, so dass selbst größere Gestaltungsunterschiede beim informierten Benutzer möglicherweise keinen anderen Gesamteindruck erwecken (vgl. BGH a.a.O., Rz. 31 m.w.Nw.). Darüber hinaus wird der Schutzumfang des Widerklagedesigns I auch durch seinen Abstand zum vorbekannten Formenschatz bestimmt. Je größer der Abstand des Widerklagedesigns I zum vorbekannten Formenschatz ist, desto größer ist sein Schutzumfang bemessen (vgl. BGH a.a.O., Rz. 32).
80Der Schutzumfang des Widerklagedesigns I ist im Hinblick auf die Vielzahl verschiedener Sneaker als allenfalls durchschnittlich zu bezeichnen.
81Vor diesem Hintergrund ist festzustellen, dass die von der Klägerin vertriebenen Sneaker einen anderen Gesamteindruck als das Widerklagedesign I erzeugen.
82(1)
83Der im Widerklageantrag zu I a. bildlich wiedergegebene Schuh der Klägerin zeigt zwar ebenfalls eine runde Frontform sowie den auf die Sohle aufgesetzten und in den Schaft hochgezogenen, umlaufenden Rahmen aus einem Material in Glattlederoptik. Auch ist im vorderen Bereich des Rahmens ein abgesetzter weiterer Teil aus wiederum gleichem Material aufgesetzt („Frontflügel“). Hinzu kommt die farblich zum Rahmen kontrastierende Schaftgestaltung, die den Schuh durchaus sportlich erscheinen lässt. Indes fehlen der nach hinten ansteigende Rahmen im „used look“ und hiermit einhergehend der im Verhältnis zur Rahmenhöhe deutlich niedrigere Schaft. Stattdessen erinnern die Schaft-Rahmen-Proportionen an die der klassischen Converse Chucks. Auch fehlt dem Schuh durch das feste Material des Schafts die Lässigkeit. Der Schuh wirkt deutlich braver und ordentlicher als das Widerklagedesign I.
84(2)
85Der im Widerklageantrag zu I c. bildlich wiedergegebene Schuh der Klägerin zeigt wie das Widerklagedesign I eine runde Frontform sowie den auf die Sohle aufgesetzten und in den Schaft hochgezogenen, umlaufenden Rahmen aus Glattleder. Im Fersenbereich ist ein weiteres Lederteil aufgesetzt. Allerdings fehlt zum einen das weitere Lederteil im Frontbereich. Der Rahmen steigt zum anderen nicht nach hinten an und ist im Verhältnis zum darüber liegenden Schaft deutlich niedriger. Schließlich ist der Schaft aus festem, starrem Leder gefertigt. Der Schuh wirkt in seiner Ausgestaltung zwar ebenfalls sportlich, durch das feste Material sowie ohne den zusätzlichen „Frontflügel“ und den Anstieg des Rahmens indes nicht jugendlich lässig und deutlich weniger robust. Anders als im Falle des Widerklagedesigns I kann man sich diese Schuhe – unabhängig von der Farbgestaltung und erst recht bei der Verzierung mit Pailletten – durchaus am Fuß einer älteren Dame und eher beim Gang durch die Stadt als beim Spaziergang durch die Natur vorstellen. Die Bodengruppe dieses Schuhs erinnert eher an die eines sportlich-schicken Collegeschuhs als an die eines Sneakers.
86b) Die hochschaftigen Schuhmodelle der Klägerin verletzen nicht das Widerklagedesign II.
87aa)
88Zwar ist davon auszugehen, dass das Widerklagedesign II rechtsbeständig ist. Denn nach § 39 DesignG wird zugunsten des Rechtsinhabers vermutet, dass die an die Rechtsgültigkeit eines eingetragenen Designs zu stellenden Anforderungen erfüllt sind. Diese Vermutung ist nicht durch den in das Verfahren eingeführten Formenschatz widerlegt, da die Klägerin keine Entgegenhaltung vorgelegt hat, die den Gesamteindruck des Widerklagedesigns II vorwegnimmt.
89Das Widerklagedesign II zeigt einen Sneaker, der durch folgende Merkmale geprägt wird:
90(1) auf die Sohle aufgesetzter und in den Schaft hochgezogener, umlaufender Rahmen aus einem Material in Glattlederoptik,
91(2) der umlaufende Rahmen besteht aus insgesamt vier Teilen: ein rundumlaufender Rahmen, im vorderen Bereich dieses Rahmens ist ein abgesetzter weiterer Aufsatz aus gleichem Material vorhanden („Frontflügel“), im Fersenbereich ist ein Teil aus wiederum gleichem Material aufgesetzt, oberhalb des eigentlichen Rahmens ist eine Kappe aus gleichem Material aufgesetzt und über eine umlaufende Naht vom eigentlichen Rahmen abgesetzt,
92(3) der Rahmen steigt vom Frontbereich bis zur Ferse leicht an,
93(4) Schuh zeigt eine runde Frontform,
94(5) im Bereich der Ferse wird die Gummisohle auf das weitere aufgesetzte Lederteil nach oben gezogen,
95(6) Schaft und Rahmen sind farblich kontrastierend gestaltet, wobei der Schaft in mattgelbem lederähnlichem Material gehalten ist und der helle Rahmen einen „used look“ aufweist.
96Insgesamt vermittelt auch das Widerklagedesign II einen sportlich-schicken, ein jüngeres Publikum ansprechenden Eindruck. Seine Gestaltung in mattgelb kombiniert mit dem „used look“ des hellen Rahmens erzeugt einen lässigen, fröhlich-frechen Eindruck.
97Das Widerklagedesign II ist neu und eigenartig, weil es einen anderen Gesamteindruck als die vorbekannten Muster hervorruft.
98Die von der Klägerin entgegengehaltenen Sneaker des Herstellers Converse haben erkennbar einen aus einem anderen Material (nämlich Gummi) gestalteten umlaufenden Rahmen, der zudem nicht zur Ferse hin ansteigt. Überdies fehlt bei diesem Schuhmodell die markant hochgezogene Sohle im Fersenbereich. Auch dem Emma Hope Sneaker (beispielsweise Bl. 11 GA) fehlen der leicht nach hinten ansteigende Rahmen und die hochgezogene Sohle im Fersenbereich. Auch wirkt der Rahmen, wie bereits unter I 2 a) aa) ausgeführt, in der Seitenansicht gestuft. Keiner der Schuhe weist somit den nach hinten ansteigenden umlaufenden Rahmen mitsamt der markant im Fersenbereich hochgezogenen Sohle auf.
99Das Widerklagedesign I des Beklagten ist nicht als vorbekannter Formenschatz zu berücksichtigen. Dies folgt aus § 6 S. 1 DesignG, wonach eine Offenbarung bei der Anwendung des § 2 Abs. 2 und 3 DesignG dann unberücksichtigt bleibt, wenn ein Design während der zwölf Monate vor dem Anmeldetag durch den Entwerfer der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Voraussetzung ist somit, dass Entgegenhaltung und eingetragenes Design von demselben Entwerfer stammen. Eine Identität der beiden Designs ist darüber hinaus nicht erforderlich (vgl. zu Art. 7 GGV Ruhl, Gemeinschaftsgeschmacksmuster, 2. Aufl. 2010, Art. 7 Rz. 53).
100bb)
101Auch der Schutzumfang des Widerklagedesigns II ist im Hinblick auf die Vielzahl verschiedener Sneaker als allenfalls durchschnittlich zu bezeichnen.
102Vor diesem Hintergrund ist festzustellen, dass die von der Klägerin vertriebenen Sneaker einen anderen Gesamteindruck als das Widerklagedesign II erzeugen, § 38 Abs. 2 S. 1 DesignG.
103(1)
104Der im Widerklageantrag zu I b. bildlich wiedergegebene Sneaker der Klägerin weist zwar eine runde Frontform sowie den auf die Sohle aufgesetzten und in den Schaft hochgezogenen, umlaufenden Rahmen aus einem Material in Glattlederoptik auf. Auch ist im vorderen Bereich des Rahmens ein abgesetzter weiterer Teil aus wiederum gleichem Material aufgesetzt („Frontflügel“) und die Gummisohle ist im Fersenbereich nach oben auf den umlaufenden Rahmen gezogen. Indes fehlen zum einen die Frontkappe und zum anderen das im Fersenbereich zusätzlich aufgesetzte Teil. Insbesondere aber fehlt der leicht nach hinten hin ansteigende Rahmen im „used look“ und ist das gewählte Schaftmaterial ein deutlich festeres als das des Widerklagedesigns II. Hierdurch wirkt der Schuh brav und ordentlich und nicht frech und lässig wie das Widerklagedesign II.
105(2)
106Der im Widerklageantrag zu I d. bildlich wiedergegebene Schuh der Klägerin zeigt wie das Widerklagedesign II eine runde Frontform sowie den auf die Sohle aufgesetzten und in den Schaft hochgezogenen, umlaufenden Rahmen aus Glattleder. Im Fersenbereich ist ein weiteres Lederteil aufgesetzt, auf das die Gummisohle hochgezogen ist. Allerdings fehlt – wie auch beim niedrigschaftigen Modell – zum einen der sog. „Frontflügel“, zum anderen steigt der Rahmen nicht nach hinten an. Der Rahmen wirkt hierdurch deutlich feiner und weniger robust als der des Widerklagedesigns II. Er wird weit weniger ins Blickfeld gerückt, tritt hinter der Gestaltung des Schafts vielmehr zurück. Überdies ist der Schaft aus festem, starrem Leder gefertigt. Hierdurch wirkt auch dieser Schuh brav, nicht lässig und frech wie das Widerklagedesign II.
107c) Die Schuhmodelle der Klägerin verletzen auch keine Leistungsschutzrechte des Beklagten aus § 4 Nr. 9 lit. a und b UWG.
108Der Vertrieb eines nachahmenden Erzeugnisses kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wettbewerbswidrig sein, wenn das nachgeahmte Produkt über wettbewerbliche Eigenart verfügt und besondere Umstände hinzutreten, die die Nachahmung unlauter erscheinen lassen. So verhält es sich, wenn die Nachahmung geeignet ist, eine Herkunftstäuschung hervorzurufen und der Nachahmer geeignete und zumutbare Maßnahmen zur Vermeidung der Herkunftstäuschung unterlässt (§ 4 Nr. 9 lit. a UWG) oder wenn ein Nachahmer die Wertschätzung der nachgeahmten Ware unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt (§ 4 Nr. 9 lit. b UWG). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen, so dass bei einer größeren wettbewerblichen Eigenart und einem höheren Grad der Übernahme geringere Anforderungen an die besonderen Umstände zu stellen sind, die die Wettbewerbswidrigkeit der Nachahmung begründen und umgekehrt (st. Rspr.: vgl. nur BGH, GRUR 2010, 80 – LIKEaBIKE; BGH, GRUR 2009, 79 Rn. 27 - Gebäckpresse).
109aa) Die von dem Beklagten hergestellten Schuhe besitzen wettbewerbliche Eigenart. Ein Erzeugnis besitzt bei gewisser Bekanntheit wettbewerbliche Eigenart, wenn die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale des Erzeugnisses geeignet sind, die angesprochenen Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (BGH, GRUR 2007, 795, 797 - Handtasche). Die wettbewerbliche Eigenart eines Produktes kann sich sowohl aus ästhetischen, wie auch aus technischen Merkmalen ergeben. Auf die Neuheit oder schöpferische Eigentümlichkeit der Gestaltung kommt es dabei ebenso wenig an wie darauf, ob die zur Gestaltung eines Produktes verwendeten Einzelmerkmale originell sind. Entscheidend ist vielmehr, ob sie in ihrer Kombination dem Produkt ein Gepräge geben, das dem Verkehr einen Rückschluss auf die betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten ermöglicht (BGH, Urteil vom 17.07.2013, I ZR 21/12 - Einkaufswagen III, Rn. 19, zitiert nach juris; Köhler/Bornkamm-Köhler, a.a.O., § 4 Rz. 9.27). Die Bekanntheit eines Produktes im Verkehr ist hierfür nicht Voraussetzung, sie kann aber zur Steigerung der wettbewerblichen Eigenart beitragen (BGH, GRUR 2010, 1125, Rn. 24 - Femur-Teil). Überdies muss sich die wettbewerbliche Eigenart nicht notwendigerweise auf ein bestimmtes Produkt beziehen, sondern kann auch aus den übereinstimmenden Merkmalen verschiedener Exemplare einer Modellreihe hergeleitet werden, solange nicht nur Schutz für einzelne Stilmittel oder eine dem Sonderschutz nicht zugängliche Grundidee begehrt wird, sondern für konkrete Gestaltungsmerkmale, die jeweils allen Modellen der Reihe eigen sind und deren wettbewerbliche Eigenart begründen (BGH, GRUR 2007, 795 – Handtaschen; OLG Köln, GRUR-RR 2014, 25, 27 – Kinderhochstuh „Sit up“).
110Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist davon auszugehen, dass die Schuhe mit den Modellbezeichnungen „Plus“ und „Rock“ des Beklagten über wettbewerbliche Eigenart verfügen. Es handelt sich um Sneaker, die folgende Gestaltungsmerkmale aufweisen:
111(1) auf die Sohle aufgesetzter und in den Schaft hochgezogener, umlaufender Rahmen aus Glattleder,
112(2) der umlaufende Rahmen besteht aus insgesamt vier Teilen: einem rundumlaufendem Rahmen, auf den im Frontbereich ein weiteres Lederelement („Frontflügel“) aufgesetzt ist und der im Frontbereich zudem über eine Lederkappe verfügt, im Fersenbereich ist ein weiteres Lederelement aufgesetzt und bis zum Schaftabschluss nach oben gezogen,
113(3) der rundumlaufende Rahmen steigt vom Frontbereich bis zur Ferse leicht an,
114(4) im Bereich der Ferse wird die Gummisohle auf das weitere aufgesetzte Lederteil nach oben gezogen,
115(5) der Schuh zeigt eine runde Frontform.
116Diese markante Ausgestaltung findet sich unabhängig von der konkreten farblichen Ausgestaltung der Schuhmodelle bei jedem Schuh mit der Modellbezeichnung „Plus“ und „Rock“, und hebt die Schuhe aus der Menge vergleichbarer Produkte ab. Trotz unterschiedlicher Modellbezeichnungen ist des Weiteren von einer einheitlichen wettbewerblichen Eigenart der Modelle „Plus“ und „Rock“ auszugehen, da die konkrete Ausführung als niedrigschaftiger oder hochschaftiger Schuh kein die wettbewerbliche Eigenart begründendes Gestaltungsmerkmal ist.
117Die Schuhmodelle „Rock“ und „Plus“ haben mit ihrer Markteinführung wettbewerbliche Eigenart erlangt. Dass bei ihrer Markteinführung im Jahre 2008 ein Schuhmodell bekannt gewesen wäre, welches eine identische Merkmalskombination vorweggenommen hätte, hat die Klägerin nicht darzulegen vermocht. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen zum vorbekannten Formenschatz verwiesen, die hier entsprechend gelten. Dass möglicherweise einzelne Merkmale der Schuhmodelle des Beklagten für sich genommen vorbekannt waren, ist unschädlich, da die wettbewerbliche Eigenart - wie bereits ausgeführt - nicht Neuheit voraussetzt.
118Die durch die besondere Ausgestaltung des Rahmens geschaffene Möglichkeit des Rückschlusses auf die betriebliche Herkunft der Schuhmodelle ist auch nicht durch die zwischenzeitliche Entwicklung verlorengegangen. Diesbezüglicher Vortrag seitens der Klägerin, die für die tatsächlichen Voraussetzungen des nachträglichen Entfallens einer einmal begründeten wettbewerblichen Eigenart darlegungs- und beweisbelastet ist (BGH, GRUR 1998, 477 - Trachtenjanker), fehlt.
119bb) Die von der Klägerin angebotenen Schuhe stellen jedoch keine Nachahmung der Schuhmodelle des Beklagten dar.
120Bei der Beurteilung des Grades der Nachahmung kommt es weniger auf die Unterschiede und mehr auf die Übereinstimmungen der Produkte an. Dies folgt aus dem Erfahrungssatz, dass der Verkehr die in Rede stehenden Produkte regelmäßig nicht gleichzeitig wahrnimmt und miteinander vergleicht, sondern seine Auffassung auf Grund eines Erinnerungseindrucks gewinnt, in dem die übereinstimmenden Merkmale stärker hervortreten als die unterscheidenden (str. Rspr.; vgl. nur BGH, GRUR 2010, 80, Rn. 41 - LIKEaBIKE; BGH, GRUR 2007, 795, Rn. 34 - Handtaschen; Köhler/Bornkamm-Köhler, a.a.O., § 4 Rz. 9.34).
121Hiervon ausgehend liegt nicht einmal eine nachschaffende Leistungsübernahme vor. Eine solche ist gegeben, wenn die Nachahmung wiedererkennbare wesentliche Elemente des Originals aufweist und sich nicht deutlich davon absetzt. Geringfügige Abweichungen vom Original sind unerheblich, solange das Original als Vorbild erkennbar bleibt (KG Berlin, GRUR-RR 2003, 84, 84 – Tatty Teddy; Köhler/Bornkamm-Köhler, a.a.O., § 4 Rz. 9.37). Die Schuhmodelle der Klägerin setzen sich indes deutlich von den Schuhmodellen des Beklagten ab.
122(1)
123Auch wenn für die Frage der Nachahmung das unvollkommene Erinnerungsbild des Verbrauchers maßgeblich ist und dieser eine zergliedernde Gesamtanalyse regelmäßig nicht anstellt und auch wenn berücksichtigt wird, dass der Beklagte seine Schuhmodelle in verschiedenen Farben/Farbkombinationen und Schaftmaterialausgestaltungen vertreibt, der Verbraucher der konkreten Farbwahl und Schaftmaterialwahl mithin keine maßgebliche Bedeutung beimessen wird, so zeigen die Schuhe gemäß Widerklageantrag I a. eine für den Verbraucher erkennbar andere Rahmengestaltung, die nicht an die der Schuhmodelle des Beklagten erinnert. Zwar zeigt dieses Schuhmodell ebenfalls eine runde Frontform sowie den auf die Sohle aufgesetzten und in den Schaft hochgezogenen, umlaufenden Rahmen aus einem Material in Glattlederoptik mitsamt Frontkappe und „Frontflügel“. Diese Merkmale sind indes bereits von dem klassischen Converse Chuck, wenn auch bei diesem in anderem Material (nämlich Gummi) ausgeführt, bekannt. Auch wird die Sohle im Fersenbereich auf den Rahmen hochgezogen. Hierzu ist – anders als bei den Schuhen des Beklagten – indes kein weiteres Lederteil im Fersenbereich auf den Rahmen aufgesetzt. Vor allem aber fehlt der die Schuhmodelle des Beklagten besonders prägende, nach hinten hin ansteigende Rahmen, durch den der Schaft stärker „eingebettet“ erscheint. Dieses Merkmal wird auch nicht in vergleichbarer Art und Weise verwirklicht. Im Verhältnis zum Schaft ist der umlaufende Rahmen eher schmal.
124(2)
125Der Schuh gemäß Widerklageantrag zu I b. zeigt zwar eine runde Frontform sowie den auf die Sohle aufgesetzten und in den Schaft hochgezogenen, umlaufenden Rahmen aus einem Material in Glattlederoptik nebst „Frontflügel“. Auch ist im Fersenbereich die Gummisohle auf den umlaufenden Rahmen gezogen. Allerdings fehlt die Frontkappe im Material des umlaufenden Rahmens, wodurch die Frontpartie weniger betont wird. Insbesondere aber fehlt auch hier der die Schuhmodelle des Beklagten besonders prägende nach hinten hin ansteigende Rahmen, durch den der Schaft stärker „eingebettet“ erscheint. Dieses Merkmal wird auch nicht in vergleichbarer Art und Weise verwirklicht. Im Verhältnis zum Schaft ist der umlaufende Rahmen eher schmal.
126(3)
127Auch die Schuhe gemäß Widerklageantrag zu I c. und d. haben eine für den Verbraucher erkennbar andere Rahmengestaltung, die nicht an die der Schuhmodelle des Beklagten erinnert. Zwar ist der Rahmen der Schuhmodelle ebenfalls aus Leder gefertigt und im Fersenbereich ist ein Teil wiederum aus Leder aufgesetzt, auf das die Gummisohle nach oben gezogen wird. Der Schuh zeigt überdies eine Frontkappe aus Leder. Jedoch ist er im Frontbereich nicht durch ein zusätzliches Lederteil („Frontflügel“) verstärkt und steigt überdies nicht nach hinten an. Weiter ist er deutlich schmaler ausgestaltet und tritt daher optisch im Verhältnis zum Schaft kaum in Erscheinung. Dies ist bei dem Rahmen der Schuhmodelle des Beklagten gänzlich anders, der bereits aufgrund seiner Breite und der Verstärkung im Frontbereich deutlich ins Auge springt. Aufgrund des schmaleren Rahmens und ohne „Frontflügel“ wirken die Schuhe gemäß Widerklageantrag zu I c. und d. weniger robust und bequem.
128II.
129Der Klägerin steht überdies ein Anspruch auf Schadenersatz in Höhe von insgesamt 3.039,20 € gemäß § 823 Abs. 1 BGB zu.
130Wie ausgeführt, liegt in den unberechtigten Verwarnungen ein rechtswidriger Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin. Dieser Eingriff erfolgte auch schuldhaft. Bei der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte der Beklagte mit einer unberechtigten Verwarnung rechnen müssen, § 276 BGB. So wie der Wettbewerber das Risiko tragen muss, dass er fahrlässig den Schutzbereich eines gewerblichen Schutzrechts zu eng bemisst, so ist es umgekehrt angemessen, den aus einem Schutzrecht Verwarnenden dafür einstehen zu lassen, dass er fahrlässig Schutz beansprucht hat, der ihm in dieser Form nicht zustand (BGH Großer Senat für Zivilsachen, a.a.O.).
131Die somit dem Grunde nach gegebene Schadensersatzverpflichtung besteht auch der Höhe nach. So hat der Beklagte sowohl die Kosten der Schutzschrift vom 23.04.2013 i. H. v. 1.780,20 € zu erstatten (vgl. OLG Düsseldorf JurBüro 2007, 36 f., Köhler/Bornkamm-Köhler, a.a.O., § 12 Rz. 3.41), als auch die Abmahnkosten über 1.030,25 € und die Kosten für das Abschlussschreiben i. H. v. 228,75 €.
132Der insoweit geltend gemachte Zinsanspruch ist begründet aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
133B.
134Die Widerklage ist zulässig, indes unbegründet.
135I.
136Soweit der Beklagte mit Schriftsatz vom 27.03.2014 den Widerklageantrag zu I d. neu formuliert hat, handelte es sich nicht um eine Widerklageänderung, deren Zulässigkeit an § 263 ZPO zu messen ist. Vielmehr liegt hierin eine bloß redaktionelle Klarstellung. Zwar hatte der Beklagte zunächst die auf Seite 4 des Schriftsatzes vom 23.12.2013 (Bl. 50 GA) wiedergegebenen Lichtbilder zum Gegenstand seines Unterlassungsantrags zu Ziffer I d. gemacht. Aus dem zur Auslegung des Antrags heranzuziehenden Vortrag im Schriftsatz vom 23.12.2013 (dort insbesondere Seite 22, Bl. 68 GA) ergab sich indes zweifelsfrei, dass der Beklagte neben der flachen Variante des Schuhs gemäß Antrag zu Ziffer I c. auch dessen hohe Variante angreifen wollte.
137II.
138Die Widerklage ist indes unbegründet.
139Aus den oben genannten Gründen verletzen die Schuhmodelle der Klägerin weder die Widerklagedesigns I und II des Beklagten noch dessen Leistungsschutzrechte.
140Entsprechend sind der im Wege der Widerklage geltend gemachte Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadenersatzfeststellungsanspruch weder aus §§ 38, 42 Abs. 1 und 2, 43, 46 Abs. 1 und 2 DesignG, § 242 BGB noch aus § 8 Abs. 1 i. V. m. §§ 3, 4 Nr. 9 UWG, § 9 Abs. 1 UWG, § 242 BGB gegeben.
141C.
142Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 ZPO.
143Streitwert:
144Insgesamt: 305.000,- €
145Klage: bis 155.000,- €
146Widerklage: insgesamt 150.000,- € (Antrag zu I.: 120.000,- €; Antrag zu II.:
14725.000,- € und Antrag zu III.: 5.000,- €)
Einstweilige Verfügungen in Bezug auf den Streitgegenstand sind zulässig, wenn zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.
Einstweilige Verfügungen sind auch zum Zwecke der Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, sofern diese Regelung, insbesondere bei dauernden Rechtsverhältnissen zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(1) Zur Sicherung der in diesem Gesetz bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in den §§ 935 und 940 der Zivilprozessordnung bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden.
(2) Ist auf Grund dieses Gesetzes Klage auf Unterlassung erhoben worden, so kann das Gericht der obsiegenden Partei die Befugnis zusprechen, das Urteil auf Kosten der unterliegenden Partei öffentlich bekannt zu machen, wenn sie ein berechtigtes Interesse dartut. Art und Umfang der Bekanntmachung werden im Urteil bestimmt. Die Befugnis erlischt, wenn von ihr nicht innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft Gebrauch gemacht worden ist. Der Ausspruch nach Satz 1 ist nicht vorläufig vollstreckbar.
(3) Macht eine Partei in Rechtsstreitigkeiten, in denen durch Klage ein Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird, glaubhaft, dass die Belastung mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde, so kann das Gericht auf ihren Antrag anordnen, dass die Verpflichtung dieser Partei zur Zahlung von Gerichtskosten sich nach einem ihrer Wirtschaftslage angepassten Teil des Streitwerts bemisst. Die Anordnung hat zur Folge, dass
- 1.
die begünstigte Partei die Gebühren ihres Rechtsanwalts ebenfalls nur nach diesem Teil des Streitwerts zu entrichten hat, - 2.
die begünstigte Partei, soweit ihr Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden oder soweit sie diese übernimmt, die von dem Gegner entrichteten Gerichtsgebühren und die Gebühren seines Rechtsanwalts nur nach dem Teil des Streitwerts zu erstatten hat und - 3.
der Rechtsanwalt der begünstigten Partei, soweit die außergerichtlichen Kosten dem Gegner auferlegt oder von ihm übernommen werden, seine Gebühren von dem Gegner nach dem für diesen geltenden Streitwert beitreiben kann.
(4) Der Antrag nach Absatz 3 kann vor der Geschäftsstelle des Gerichts zur Niederschrift erklärt werden. Er ist vor der Verhandlung zur Hauptsache anzubringen. Danach ist er nur zulässig, wenn der angenommene oder festgesetzte Streitwert später durch das Gericht heraufgesetzt wird. Vor der Entscheidung über den Antrag ist der Gegner zu hören.
(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 250.000 Euro, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen.
(2) Der Verurteilung muss eine entsprechende Androhung vorausgehen, die, wenn sie in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteil nicht enthalten ist, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges erlassen wird.
(3) Auch kann der Schuldner auf Antrag des Gläubigers zur Bestellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlungen entstehenden Schaden auf bestimmte Zeit verurteilt werden.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.