Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 09. Aug. 2012 - L 1 R 31/11
Gericht
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 10. September 2007 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Klägerin begehrt von der Beklagten, Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) mit den dabei erzielten Entgelten festzustellen.
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Die am ... 1950 geborene Klägerin besuchte die Technische Hochschule für Chemie "C. Sch." in L.-M. und schloss am 31. August 1973 das Fachstudium "Sozialistische Betriebswirtschaft" mit der Berechtigung zur Führung der Berufsbezeichnung Hochschulingenieurökonom ab. Am 19. Oktober 1973 wurde ihr der akademische Grad Diplom-Ingenieurökonom (Dipl.-Ing. oec.) verliehen. Für die Klägerin ergibt sich folgender berufliche Werdegang:
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von September 1973 bis April 1978 wissenschaftliche Mitarbeiterin beim VEB K. Ch. Werke B.,
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von Juni 1978 bis März 1980 Mitarbeiterin der wissenschaftlichen Arbeitsorganisation (WAO) bei der Bezirksdirektion des volkseigenen Einzelhandels HO, Bezirk H.,
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von April 1980 bis 30. Juni 1990: Mitarbeiterin WAO im Arbeitswissenschaftlichen Zentrum (AWZ)/Ch.
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Von 01. April 1976 bis zum 30. Juni 1990 zahlte die Klägerin Beiträge zur Freiwilligen Zusatzversorgung (FZR). Zu DDR-Zeiten erhielt sie keine Urkunde über eine Versorgungszusage zu einem Zusatzversorgungssystem.
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Die Klägerin beantragte am 16. Januar 2004 die Feststellung von Beschäftigungszeiten als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem gemäß Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG). Die Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 24. Februar 2004 ab, da die Beschäftigung am 30. Juni 1990 in der Chemieberatungsstelle des Ministeriums für Chemische Industrie nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder gleichgestellten Betrieb ausgeübt worden sei. Eine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 AAÜG sei nicht entstanden. Mit dem am 17. März 2004 eingelegten Widerspruch trug die Klägerin vor, im AWZ des Ministeriums der Chemischen Industrie beschäftigt und damit entsprechend ihres Dienstausweises auch direkt beim Ministerium angestellt gewesen zu sein. Dies könne auch ihrer Leistungseinschätzung vom 04. Mai 1983 entnommen werden. Die Ministerien seien volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellt gewesen. Im Übrigen sei die Chemieberatungsstelle für das AWZ zuständig gewesen. Die Lohnzahlung für AWZ-Mitarbeiter sei durch den VEB K. A. P. erfolgt. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10. Mai 2004 zurück, da das AWZ des Ministeriums der Chemischen Industrie kein volkseigener Produktionsbetrieb gewesen und einem solchen auch nicht gleichgestellt sei.
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Die Klägerin hat am 02. Juni 2004 unter Wiederholung ihres bisherigen Vortrages Klage beim Sozialgericht Halle (SG) erhoben. Auf gerichtliche Nachfrage hat die Klägerin erklärt, ihr liege ein Arbeitsvertrag nicht mehr vor. Ihre Beschäftigung im AWZ beim Ministerium beruhe auf einem Arbeitsvertrag mit dem VEB K. A. P. Sie sei daher bei diesem VEB angestellt gewesen, bei dem es sich um einen volkseigenen Produktionsbetrieb im Sinne der 2. Durchführungsbestimmung (DB) handle. Auch das Ministerium für Chemische Industrie selbst sei nach § 1 Abs. 1 der 2. DB von der Versorgungsverordnung erfasst gewesen; überdies sei ein Ausschluss der dem Ministerium nachgeordneten Stellen der Verordnung nicht zu entnehmen.
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Die Beklagte hat vorgetragen, es sei unklar, mit welcher Einrichtung ein Arbeitsverhältnis bestanden habe, da ein Arbeitsvertrag und Funktionsplan zum Stichtag nicht vorgelegen hätten. Noch im Vorverfahren habe die Klägerin betont, sie sei direkt beim Ministerium angestellt gewesen, während im Klageverfahren behauptet werde, es habe ein Arbeitsvertrag mit dem VEB K. A. P. bestanden. Die Klägerin habe in einer nachgeordneten Stelle des Ministeriums ihre Arbeitsaufgaben zu erfüllen gehabt. Nachgeordnete Einrichtungen seien indes keine gleichgestellten Einrichtungen im Sinne der 2. DB und deshalb sei die betriebliche Voraussetzung für den geltend gemachten Anspruch nicht gegeben.
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Im Erörterungstermin des SG am 04. April 2007 hat die Klägerin erklärt, die Urlaubsgewährung habe beim AWZ gelegen, während die Kündigungen nach dem 01. Juli 1990 vom Kombinat A. ausgesprochen worden seien. Der ehemalige Leiter für Arbeit und Löhne im VEB K. A. in P., Dr. P. Z., hat in diesem Erörterungstermin als Zeuge ausgesagt, die Klägerin habe in der Chemieberatungsstelle im AWZ gearbeitet. Die Stellen des AWZ seien planmäßig und finanziell dem Kombinat zugeordnet gewesen, da das Ministerium nicht übermäßig mit Arbeitsaufgaben habe belastet werden sollen. Daher seien die Arbeitsverträge mit dem Kombinat abgeschlossen worden. Allerdings habe das Ministerium für Chemie deren Arbeitsaufgaben festgelegt. Die Arbeitsergebnisse des AWZ seien dem Kombinat eröffnet worden, um diese gegebenenfalls in die Praxis umzusetzen. Auch andere Kombinate seien hier eingebunden gewesen und hätten Anleitungen im Bereich Arbeitsorganisation durch das AWZ erfahren. Für Personalprobleme sei der Leiter des AWZ verantwortlich gewesen. Ergänzend wird auf den Inhalt des Protokolls der nichtöffentlichen Sitzung vom 04. April 2007 Bezug genommen.
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Die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben, das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit und die I. M. D. GmbH haben erklärt, über keine Personalunterlagen der Klägerin zu verfügen. Letztgenannte hat aber die Lohnzahlung durch den VEB K. S. P. bestätigt, wenngleich für das Jahr 1990 kein Lohnkonto vorläge.
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Das SG hat mit Urteil vom 10. September 2007 die Klage abgewiesen, weil die Klägerin am 30. Juni 1990 keine Versorgungsanwartschaft erworben habe. Sie sei nicht in einem volkseigenen oder gleichgestellten Produktionsbetrieb beschäftigt gewesen. Das AWZ sei im sozialversicherungsrechtlichen Sinne als Arbeitgeber der Klägerin anzusehen, wobei diese Einrichtung weder ein volkseigener Produktionsbetrieb noch eine gleichgestellte Einrichtung nach § 1 Abs. 2 der 2. DB gewesen sei. Die Arbeitgeberfunktion ergebe sich aus den Eintragungen im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung (SVA), dem Dienstausweis des Ministeriums und der Mitteilung über den Gehaltszuschlag. Der VEB K. A. P. habe dagegen keinen Einfluss auf die Vergütungshöhe gehabt, sondern sei nur Zahlstelle gewesen. Aufgabenstellung und Personalfragen seien Sache des Ministeriums gewesen. Die wesentlichen Inhalte des Beschäftigungsverhältnisses hätten aber beim AWZ gelegen, deshalb sei diese Einrichtung auch als Arbeitgeber zu qualifizieren. In der abschließenden Aufzählung des § 1 Abs. 2 der 2. DB sei das AWZ nicht aufgeführt, deshalb könne das AAÜG auf die Klägerin auch keine Anwendung finden.
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Gegen das am 19. September 2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11. Oktober 2007 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Das AWZ und die Chemieberatungsstelle seien Abteilungen der VVB (Vereinigung Volkseigener Betriebe) Agrochemie und Zwischenprodukte H. gewesen. Sie sei beim VEB K. A. P. beschäftigt gewesen und damit in einem volkseigenen Produktionsbetrieb. Auch bei einer Beschäftigung im Ministerium oder einer nachgeordneten Stelle sei von einem gleichgestellten Betrieb gemäß § 1 Abs. 1 der 2. DB auszugehen. Die Beklagte hätte in einem ähnlich gelagerten Fall anerkannt, dass das AWZ und die Chemieberatungsstelle Abteilungen des VVB Agrochemie und Zwischenprodukte gewesen seien, und es sich um einen Produktionsbetrieb gehandelt habe. In diesem Parallelverfahren seien die Beschäftigungszeiten als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem anerkannt worden. Das AWZ sei gemäß § 1 Abs. 4 der Verfügung 14/76 verwaltungsmäßig und arbeitsrechtlich der VVB Agrochemie und Zwischenprodukte H. zugeordnet gewesen. Die Klägerin hat den Funktionsplan und dessen Ergänzung des AWZ für die Funktion Mitarbeiter für WAO/Arbeitsklassifizierung vorgelegt.
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Die Klägerin beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 10. September 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 24. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Zeiten vom 01. September 1973 bis zum 31. Mai 1978 und vom 01. April 1980 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech mit den dabei erzielten Entgelten festzustellen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom
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10. September 2007 zurückzuweisen.
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Sie hält ihre Entscheidungen und das sie bestätigende Urteil des SG für zutreffend. Das AWZ sei eine nachgeordnete Institution des Ministeriums für Chemische Industrie gewesen und somit nicht als gleichgestellter Betreib im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB anzusehen. Auch der Umstand der Feststellung von Zusatzversorgungszeiten für Kollegen der Klägerin könne keinen Anspruch auf Gleichbehandlung begründen. Das S. P. unterfalle ebenfalls nicht dem AAÜG.
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Das Gericht hat darauf hingewiesen, dass eine Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem nach der Rechtsprechung des Senats nur möglich sei, wenn zu DDR-Zeiten eine entsprechende schriftliche Versorgungszusage erteilt worden ist.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats.
Entscheidungsgründe
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Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet, denn der Bescheid der Beklagten vom 24. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2004 und das bestätigende Urteil des SG sind nicht zu beanstanden und verletzten die Klägerin daher nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG in ihren Rechten.
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Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass gem. § 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 und § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG Zugehörigkeitszeiten zu einem Zusatzversorgungssystem festgestellt werden. Sie unterfällt nicht dem Geltungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, weil sie weder tatsächlich noch im Wege der Unterstellung der AVItech (Zusatzvorsorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) angehörte.
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Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt dieses Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Der Kreis der potentiell vom AAÜG erfassten Personen umfasst diejenigen Personen, die entweder (1.) durch einen nach Art. 19 Einigungsvertrag (EVertr) bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder (2.) später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder (3.) nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen waren (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R –, SozR 3-8570 § 1 AAÜG, Nr. 2, S. 11).
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Die Klägerin erfüllt keine dieser Voraussetzungen. Weder ist ihr von Organen der DDR eine Versorgung zugesagt worden, noch ist sie aufgrund einer Rehabilitierungsentscheidung in ein Versorgungssystem einbezogen worden. Auch ein rechtsstaatswidriger Entzug einer Versorgungsanwartschaft hat in ihrem Fall nicht stattgefunden.
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Der Senat folgt nicht der Rechtsprechung des früheren 4. Senats und des jetzigen 5. Senats des BSG, wonach die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem auch im Wege der Unterstellung (bzw. Auslegung von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG) vorliegen kann (siehe nachfolgend unter 1.). Aber auch nach dieser Rechtsprechung wären die Voraussetzungen für eine fiktive Einbeziehung nicht erfüllt (nachfolgend 2.).
1.
a)
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Der Senat ist nicht der Auffassung, dass das AAÜG den Kreis der "potenziell vom AAÜG ab 01. August 1991 erfassten" Personen erweitert und das Neueinbeziehungsverbot modifiziert hat (so aber BSG, Urteil vom 09. April 2002 – B 4 RA 31/01 R –, a. a. O., S. 12; nunmehr BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 5 RS 3/09 R – juris, Rdnr. 22, 23). Die vom BSG vorgenommene Rechtsfortbildung überschreitet nach Auffassung des erkennenden Senats die sich aus Art. 20 Abs. 2 und 3 Grundgesetz (GG) ergebenden Grenzen der richterlichen Entscheidungsbefugnis, weil der Wortlaut des § 1 Abs. 1 AAÜG die erweiternde Auslegung des BSG nicht hergibt. Es ist deshalb auch nicht angezeigt, die bei einem unklaren oder nicht eindeutigen Wortlaut heranzuziehenden einschlägigen Auslegungskriterien anzuwenden (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 10 EG 1/08 R – juris, Rdnr. 19). Im Übrigen waren dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 AAÜG auch nach der Auffassung des früheren 4. Senats des BSG nur zwei Tatbestände zu entnehmen, die zu einer Anwendbarkeit des AAÜG führen. Entweder war der Betreffende tatsächlich Inhaber einer Versorgungsanwartschaft oder er hatte diese durch Ausscheiden vor dem Leistungsfall wieder verloren (BSG, Urteil vom 23. August 2007 – B 4 RS 3/06 R – juris, Rdnr. 17, 16).
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Selbst wenn man wegen des verwendeten Begriffs "Zugehörigkeit" zu einem Verständnis der Norm gelangen würde, welches nicht allein auf die tatsächliche Einbeziehung abstellt, sondern auch eine fiktive Einbeziehung erfasst (so nunmehr der 5. Senat des BSG, siehe Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 5 RS 3/09 R – juris, Rdnr. 23, 24, 27), verbietet sich dieses Ergebnis bei Berücksichtigung der weiteren Auslegungskriterien (Sinn und Zweck, Entstehungsgeschichte und Systematik, siehe zu den Auslegungskriterien z. B. BVerfG, Beschluss vom 08. Februar 1999 – 1 BvL 25/97 – juris). In den Gesetzesmaterialien findet sich kein Hinweis dafür, dass durch das AAÜG außer den Personen, die durch einen nach Art. 19 EVertr bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen worden waren (BSG, Urteil vom 09. April 2002 – B 4 RA 31/01 R –, a. a. O., S. 11), weitere Personen einbezogen werden sollten (siehe BTDrs. 12/405, S. 113, 146; BTDrs. 12/786, S. 139; II A, IV A; BTDrs. 12/826, S. 4, 5, 10, 11, 21). Vielmehr wird in den Gesetzesmaterialien immer auf den EVertr Bezug genommen. Zwar wird dann ausgeführt, dass die Einhaltung der Vorgaben des EVertr zu nicht sachgerechten und zu nicht nur sozialpolitisch unvertretbaren Ergebnissen führen müsste und sich deshalb die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung ergebe (BTDrs. 12/405, S. 113). Aus der weiteren Gesetzesbegründung ist jedoch ohne Schwierigkeiten ablesbar, dass sich diese Regelungen auf die Bereiche der Rentenberechnung, Leistungsbegrenzung, Abschmelzung laufender Leistungen, des Besitzschutzes bei der Neufeststellung von Leistungen, der Auszahlungen von Leistungen, eines Vorbehaltes der Einzelüberprüfung und der Kostenerstattung durch den Bund beziehen (a. a. O., S. 113, 114). Nicht angesprochen ist hingegen eine Ausweitung des erfassten Personenkreises. Auch bei der Begründung des § 1 AAÜG wird ausgeführt, dass diese Vorschrift den Geltungsbereich der nach dem EVertr vorgeschriebenen Überführung (und gerade keine darüber hinausgehende) festlegt (BTDrs. 12/405, S. 146).
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Es trifft auch nicht zu, dass bereits durch den EVertr das Neueinbeziehungsverbot modifiziert worden ist (so aber BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 5 RS 3/09 R – juris, Rdnr. 22). In Art. 17 EVertr wurde die Absicht bekräftigt, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, um Personen, die Opfer einer politisch motivierten Strafverfolgungsmaßnahme oder sonst einer rechtsstaats- und verfassungswidrigen gerichtlichen Entscheidung geworden sind, rehabilitieren zu können. Hier ist schon fraglich, ob einer bloßen Absichtserklärung überhaupt ein Regelungsinhalt entnommen werden kann. Darüber hinaus ist dem Wortlaut von Art. 17 EVertr nicht zu entnehmen, wie die Rehabilitierung im Einzelfall erfolgen sollte und insbesondere auch nicht, dass diese unter Durchbrechung des Neueinbeziehungsverbotes durch Einbeziehung in ein Versorgungssystem möglich sein sollte. Dementsprechend ergeben sich aus dem Rehabilitierungsgesetz vom 06. September 1990 (RehabG, GBl. I S. 1459) Hinweise, dass das Neueinbeziehungsverbot auch bei Rehabilitierungsmaßnahmen zu berücksichtigen war (zur Heranziehung des RehabG zum Verständnis des Art. 17 EVertr siehe Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 21. Januar 1999 – 3 C 5/98 – juris, dort Rdnr. 21). Nach § 9 Nr. 2 RehabG waren nämlich Zeiten des Freiheitsentzuges bei einem Rehabilitierten nur dann als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem anzurechnen, wenn er vor Beginn des Freiheitsentzuges dem Zusatzversorgungssystem angehörte. Es geht also nicht um eine Neueinbeziehung, sondern um die Feststellung weiterer Zeiten, vergleichbar der Regelung des § 5 Abs. 2 AAÜG. Auch dem Wortlaut von Art. 19 Satz 2 EVertr ist eine Modifizierung des Neueinbeziehungsverbots nicht zu entnehmen. Darüber hinaus behandelt er, soweit danach untergegangene Versorgungszusagen wieder aufleben können (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 5 RS 3/09 R – a. a. O.), keine Fälle der Neu-, sondern der Wiedereinbeziehung. Art. 17 EVertr und Art. 19 EVertr lassen damit nur Schlussfolgerungen für die Fälle zu, in denen bereits, im Gegensatz zu der fiktiven Einbeziehung nach der Rechtsprechung des BSG, eine durch Zusage oder dergleichen dokumentierte Beziehung zu einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem vorlag.
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Den Senat überzeugt auch nicht, dass aus § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auf eine Modifizierung des Verbots der Neueinbeziehung zu schließen sei. In den Gesetzesmaterialien findet sich nämlich kein Anhaltspunkt für die vom BSG vorgenommene Unterscheidung zwischen "Einbeziehung in ein Versorgungssystem" und der "Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem". Der Gesetzgeber benutzt im Gegenteil auch zur Beschreibung des Personenkreises des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, der auch nach Ansicht des BSG konkret einbezogen war (BSG, a. a. O., S. 12), den Terminus "Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem" (BTDrs. 12/826, S. 21) und nicht etwa "Einbeziehung in ein Versorgungssystem".
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Der Gesetzgeber ging auch nicht davon aus, dass die in § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG angesprochene Personengruppe eine Erweiterung der "potenziell vom AAÜG ab 1. August 1991 erfassten" Personen darstellt. Ursprünglich war Satz 2 in der Gesetzesvorlage nicht enthalten (BTDrs. 12/405, S. 77). Erst in den Ausschussberatungen wurde dann die Anfügung des Satzes 2 empfohlen (BTDrs. 12/786, S. 139). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass diese Anfügung nur eine Klarstellung bedeute (BTDrs. 12/826, S. 21). Der Gesetzgeber nahm also an, dass diese Personengruppe ohnehin von Satz 1 und vom Überführungsauftrag des EVertr umfasst ist.
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Im Übrigen hat auch die Bundesregierung mehrfach betont, dass das AAÜG nach dem ursprünglichen Willen des Gesetzgebers nur anwendbar sein sollte, wenn eine ausdrückliche Versorgungszusage vorliegt (Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage, BTDrs. 16/11127 vom 28. November 2008; Antwort des Staatssekretärs im Bundesministerium für Arbeit und Soziales Franz-Josef Lersch-Mense auf eine Frage der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, BTDrs. 16/13916 vom 21. August 2009).
b)
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Außerdem überzeugt den erkennenden Senat im Rahmen der fiktiven Einbeziehung nicht die Stichtagsregelung des 30. Juni 1990, an der der nunmehr für Streitigkeiten aus dem Bereich der Zusatzversorgung zuständige 5. Senat des BSG ebenfalls festhält (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 – B 5 RS 7/10 R – juris). Die Stichtagsregelung erscheint insbesondere deshalb problematisch, weil der 5. Senat § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG aus sich heraus weit auslegt und – insofern in der Begründung anders als der 4. Senat – nicht § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG heranzieht (BSG, a.a.O., Rdnr. 20). Denn es stellt sich angesichts Art. 3 Abs. 1 GG die Frage, warum eine weite Auslegung nicht auch für den Personenkreis, den das BSG von der fiktiven Einbeziehung ausschließt, gelten müsste.
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Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist jedoch nicht jede Differenzierung ausgeschlossen. Das Grundrecht wird aber verletzt, wenn eine Gruppe anders als eine andere behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (z. B. BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – 1 BvR 1921/04 u. a. – juris, Rdnr. 36). Aus Sicht des erkennenden Senats sind hier entsprechend gewichtige Unterschiede nicht vorhanden. Vielmehr handelt es sich hinsichtlich der rechtlich entscheidenden Gesichtspunkte um wesentlich gleiche Sachverhalte, die deshalb eine Gleichbehandlung erfordern. Diejenigen, die nach der Rechtsprechung des BSG vom fiktiven Anspruch profitieren sollen, hatten zu Zeiten der DDR aufgrund der fehlenden Versorgungszusage keine Rechtsposition inne, die ihnen eine zusätzliche Altersversorgung aus einem Zusatzversorgungssystem eröffnete. Allerdings erfüllten sie – zumindest zeitweise – die notwendigen Voraussetzungen für eine Einbeziehung. Es fehlte jedoch unter den gegebenen Voraussetzungen während des Bestehens der DDR die Möglichkeit, den an sich vorhandenen Anspruch auch durchzusetzen. Die gleichen Überlegungen gelten aber auch für den Personenkreis, den das BSG von der fiktiven Einbeziehung ausschließt. Das sind diejenigen, die keine Versorgungszusage hatten, jedoch irgendwann vor dem – nicht aber am – 30. Juni 1990 alle Voraussetzungen für die Einbeziehung erfüllt hatten. Dies legt nahe, im Rahmen der (vom erkennenden Senat abgelehnten) fiktiven Einbeziehung die genannten Personenkreise im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG gleich zu behandeln. Die Schließung der Versorgungssysteme am 30. Juni 1990 rechtfertigt nach Auffassung des erkennenden Senats nicht die unterschiedliche Behandlung der genannten Personenkreise, zumal wenn § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG aus sich heraus weit ausgelegt und zur Begründung nicht § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG herangezogen wird.
2.
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Aber auch wenn man der Rechtsprechung des BSG folgen würde, hätte das Begehren der Klägerin keinen Erfolg. Danach hängt der Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung im hier allein in Frage kommenden Fall gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. der DDR I, Nr. 93 S. 844 – im Folgenden: VO-AVItech) i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur VO-AVItech (GBl. der DDR I, Nr. 62 S. 487 – im Folgenden: 2. DB) von drei Voraussetzungen ab, die alle zugleich vorliegen müssen. Generell war dieses Versorgungssystem eingerichtet für
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Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und
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die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben (sachliche Voraussetzung), und zwar
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in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).
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Nach der Rechtsprechung des BSG müssen diese drei Voraussetzungen, damit das AAÜG überhaupt anwendbar ist, am 30. Juni 1990 vorgelegen haben.
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Bei Beachtung dieser Voraussetzungen hatte die Klägerin in den umstrittenen Zeiträumen vom 01. September 1973 bis zum 31. Mai 1978 und 01. April 1980 bis zum 30. Juni 1990 keinen Anspruch auf Einbeziehung in das Versorgungssystem der AVItech. Die Klägerin erfüllte nicht die abstrakt-generellen und zwingenden Voraussetzungen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 09. April 2002 – B 4 RA 41/01 R –, SozR 3-8570 § 1 Nr. 6) des hier betroffenen Versorgungssystems der AVItech.
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Die Klägerin war berechtigt, den akademischen Grad einer Diplom-Ingenieurökonomin zu führen (persönliche Voraussetzung) und sie hat in den streitigen Zeiträumen auch eine entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt (sachliche Voraussetzung). Insoweit das SG Zweifel hegt, ob ein betriebswirtschaftliches Studium die Voraussetzungen für eine Einbeziehung nach der AVItech erfüllen könne, hat das BSG klargestellt, dass es einer "ingenieurtechnischen" Beschäftigung nicht bedürfe. Für Ingenieurökonomen reiche es danach aus, nicht berufsfremd, sondern im Rahmen ihres Berufsbildes tätig gewesen zu sein (BSG, Urteil vom 07. September 2006 – B 4 RA 47/05 R – juris). Da die Klägerin in der Chemieberatungsstelle/dem AWZ laut Funktionsplan entsprechend ihrer Ausbildung beschäftigt war, ist auch die sachliche Voraussetzung als gegeben anzusehen.
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Ob die betriebliche Voraussetzung im Sinne der VO-AVItech in Verbindung mit der 2. DB erfüllt ist, bestimmt sich danach, wer auf Grund der tatsächlichen Gegebenheiten am 30. Juni 1990 Arbeitgeber im rechtlichen Sinne war und welchen Zweck dessen Betrieb tatsächlich verfolgte.
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Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Senat davon überzeugt (§ 128 Abs. 1 SGG), dass Arbeitgeber der Klägerin am 30. Juni 1990 die Chemieberatungsstelle/das AWZ war.
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Im SVA war zuletzt bis zum 30. Juni 1990 die Chemieberatungsstelle des Ministeriums für Chemische Industrie eingetragen, nicht aber das Ministerium selbst als unmittelbare Beschäftigungsstelle. Dem SVA kommt hinsichtlich seiner Eintragungen eine Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit zu (§§ 286c, 286e Viertes Buch Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB VI)). Die Beklagte durfte insoweit darauf vertrauen, dass der Betrieb bzw. die Einrichtung, in der die Klägerin versicherungs- und beitragspflichtig beschäftigt war, die jeweilige Eintragung vorgenommen hat. Der eintragende Betrieb hat in der letzten Spalte der entsprechenden Seite des SVA mit Stempel und Unterschrift die Richtigkeit der Eintragung bestätigt (vgl. §§ 94, 95 VO zur Sozialpflichtversicherung der Arbeiter und Angestellten vom 17. November 1977, GBl. DDR I 1977, 373). Aus dem Funktionsplan für die Klägerin ergibt sich deren disziplinarische Weisungsunterworfenheit gegenüber dem Leiter des AWZ. Auch sachlich war die Klägerin dem Fachgebietsverantwortlichen (FGV) des AWZ unterstellt. Diese Einordnung des Beschäftigungsverhältnisses der Klägerin wird auch durch die Aussage des Zeugen Dr. Z. bestätigt, der erklärt, die Klägerin habe in der Chemieberatungsstelle im AWZ gearbeitet, wobei die Personalverantwortung bei dem Leiter des AWZ gelegen habe. Nach dem Ausweis des Ministeriums für Chemische Industrie wurde die Klägerin als "Fachkader für WAO des AWZ" benannt, so dass sich auch hieraus ihre Zugehörigkeit zum AWZ und nicht die unmittelbare Beschäftigung beim Ministerium ergibt. Die Chemieberatungsstelle und das AWZ waren zum maßgeblichen Zeitpunkt am 30. Juni 1990 keine volkseigenen Produktionsbetriebe im Bereich der Industrie oder des Bauwesens entsprechend der Rechtsprechung des BSG, denn es fehlte bereits an der Eigenschaft als VEB. Es handelte sich hierbei aber auch nicht um gleichgestellte Betriebe im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB. Weder die Chemieberatungsstelle noch das AWZ sind unmittelbar Abteilungen des Ministeriums gewesen noch sind sie in der 2. DB explizit genannt. Es handelt sich vielmehr um dem Ministerium der Chemischen Industrie nachgeordnete eigenständige Einrichtungen.
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Für die Eigenständigkeit der Chemieberatungsstelle spricht deren Berechtigung, Eintragungen im SVA der Klägerin als Arbeitgeberin und zuständige Einrichtung vornehmen zu können. Auch die Verwendung eines eigenen Stempels deutet darauf hin, dass es sich nicht nur um eine Abteilung des Ministeriums gehandelt hat. Laut Anordnung über die Beratungsstelle für die Anwendung chemischer Erzeugnisse in der Volkswirtschaft der DDR – Chemieberatungsstelle – vom 15. Dezember 1978 (GBl. DDR I 1979, 15 ff.) war nach deren § 2 Abs. 2 die Chemieberatungsstelle ein nachgeordnetes Organ des Ministeriums für Chemische Industrie. Die Eigenständigkeit der Chemieberatungsstelle ergibt sich auch aus § 3 Abs. 2 und § 5 der genannten Anordnung, wo die Kompetenzen gegenüber wirtschaftsleitenden und bilanzierenden Organen geregelt sind. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit hat in seiner schriftlichen Auskunft vom 17. August 2005 ebenfalls mitgeteilt, die Chemieberatungsstelle sei eine nachgeordnete Einrichtung des Ministeriums für Chemische Industrie gewesen.
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Auch das AWZ ist wie die Chemieberatungsstelle eine dem Ministerium nachgeordnete eigenständige Institution und nicht nur "Abteilung" innerhalb des Ministeriums für Chemische Industrie. Nach § 1 Abs. 1 der Verfügung 14/76 des Ministers für Chemische Industrie vom 25. August 1976 war das AWZ das zentrale arbeitswissenschaftliche Fachorgan des Ministeriums für Chemische Industrie und nach Abs. 3 dem Fachminister unterstellt, der dessen Leiter bestätigt. Der stellvertretende Minister war für die fachliche Anleitung und Aufgabenübertragung sowie für deren Kontrolle und Erfüllung verantwortlich. Nach Abs. 4 war das AWZ lediglich verwaltungsmäßig und arbeitsrechtlich der VVB Agrochemie und Zwischenprodukte H. zugeordnet, die die technische und finanzielle Ausstattung sicherzustellen hatte. Der Stellenplan wurde vom Minister bestätigt. Nach § 2 übte das AWZ gegenüber den VVB, Kombinaten und Betrieben eine anleitende, koordinierende und kontrollierende Funktion zur Durchsetzung der wissenschaftlichen Arbeitsorganisation und Entwicklung sozialistischer Arbeits- und Lebensbedingungen aus. Demzufolge war das AWZ auch nicht der VVB unterstellt, sondern dieser gegenüber anleitungsbefugt. Schließlich hat die Klägerin selbst im Erörterungstermin vor dem SG am 04. April 2007 erklärt, das AWZ sei dem Ministerium der Chemischen Industrie als nachgeordnete Behörde unterstellt gewesen.
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Alternativ hierzu ist auch eine Beschäftigung der Klägerin in einem VVB oder VEB nicht gegeben, etwa weil die Lohnzahlungen dem VEB K. A. in P. zugewiesen waren. Dem Funktionsplan der Klägerin und dessen Ergänzungen sind keine Anhaltspunkte für eine Eingliederung in einen VVB oder VEB erkennbar – im Gegenteil hatten die Mitarbeiter der Chemieberatungsstelle/AWZ innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs die jeweiligen Betriebe "anzuleiten". Die Klägerin erfüllte als so genannter Fachkader mit ihrem Aufgabengebiet der "Arbeitsklassifizierung und Qualitätsmerkmale" eine betriebsübergeordnete Tätigkeit. Nach der Zeugenaussage von Dr. Z. waren zur Lohnzahlung zur Entlastung des Ministeriums für Chemische Industrie dem Kombinat zugewiesen, die Personalverantwortung lag aber bei dem Leiter des AWZ.
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Die Entscheidung kann auch nicht deshalb zu Gunsten der Klägerin ausfallen, weil die Beklagte möglicherweise in gleichgelagerten Fällen Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech festgestellt hat. Darauf kann sich die Klägerin – selbst bei gleicher Sachlage – nicht berufen. Denn auf einen rechtwidrige Verwaltungsentscheidung kann ein Dritter wegen der vorrangigen Bindung der Verwaltung an Recht und Gesetz (Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG) kein schutzwürdiges Vertrauen in dem Sinne gründen, dass bei gleicher Sachlage wiederum in gleicher (rechtswidriger) Weise entschieden werden müsste. Einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht kennt die deutsche Rechtsordnung nicht (BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 1979 – 1 BvL 25/77 –, BVerfGE 50, 142, 166).
3.
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Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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Insbesondere weicht der Senat nicht in entscheidungserheblicher Weise von der Rechtsprechung des BSG ab.
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(1) Dieses Gesetz gilt für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen (Versorgungssysteme) im Beitrittsgebiet (§ 18 Abs. 3 Viertes Buch Sozialgesetzbuch) erworben worden sind. Soweit die Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaften bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Verlust als nicht eingetreten.
(2) Zusatzversorgungssysteme sind die in Anlage 1 genannten Systeme.
(3) Sonderversorgungssysteme sind die in Anlage 2 genannten Systeme.
Das Landessozialgericht prüft den Streitfall im gleichen Umfang wie das Sozialgericht. Es hat auch neu vorgebrachte Tatsachen und Beweismittel zu berücksichtigen.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
(1) Dieses Gesetz gilt für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen (Versorgungssysteme) im Beitrittsgebiet (§ 18 Abs. 3 Viertes Buch Sozialgesetzbuch) erworben worden sind. Soweit die Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaften bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Verlust als nicht eingetreten.
(2) Zusatzversorgungssysteme sind die in Anlage 1 genannten Systeme.
(3) Sonderversorgungssysteme sind die in Anlage 2 genannten Systeme.
Vor dem Wirksamwerden des Beitritts ergangene Verwaltungsakte der Deutschen Demokratischen Republik bleiben wirksam. Sie können aufgehoben werden, wenn sie mit rechtsstaatlichen Grundsätzen oder mit den Regelungen dieses Vertrags unvereinbar sind. Im übrigen bleiben die Vorschriften über die Bestandskraft von Verwaltungsakten unberührt.
(1) Dieses Gesetz gilt für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen (Versorgungssysteme) im Beitrittsgebiet (§ 18 Abs. 3 Viertes Buch Sozialgesetzbuch) erworben worden sind. Soweit die Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaften bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Verlust als nicht eingetreten.
(2) Zusatzversorgungssysteme sind die in Anlage 1 genannten Systeme.
(3) Sonderversorgungssysteme sind die in Anlage 2 genannten Systeme.
(1) Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, gelten als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung. Auf diese Zeiten sind vom 1. Januar 1992 an die Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch anzuwenden, soweit in diesem Gesetz nicht etwas anderes bestimmt ist. Zeiten der Zugehörigkeit zu dem Versorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 17 sind Zeiten der Ausübung eines Tänzerberufes, für die nach dem Ausscheiden aus dem Tänzerberuf eine berufsbezogene Zuwendung an Ballettmitglieder in staatlichen Einrichtungen geleistet werden konnte.
(2) Als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem gelten auch Zeiten, die vor Einführung eines Versorgungssystems in der Sozialpflichtversicherung oder in der freiwilligen Zusatzrentenversicherung zurückgelegt worden sind, wenn diese Zeiten, hätte das Versorgungssystem bereits bestanden, in dem Versorgungssystem zurückgelegt worden wären.
(2a) Als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem gelten auch Anwartschaftszeiten für eine Wiedereinbeziehung in das Versorgungssystem.
(3) Bei Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem, für die eine Beitragserstattung erfolgt ist, wird der in der Sozialpflichtversicherung versicherte Verdienst (§ 256a Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch) zugrunde gelegt; §§ 6 und 7 sind anzuwenden.
(4) Eine Beitragserstattung liegt nicht vor, wenn sie vom Berechtigten nicht beantragt wurde und die Beiträge unter treuhänderische Verwaltung gestellt worden sind. Ist über die Auszahlung des treuhänderisch verwalteten Vermögens noch nicht entschieden, ist der Betrag, der der Summe der verwalteten und im Verhältnis zwei zu eins auf Deutsche Mark umgestellten Beträge entspricht, dem Bundesamt für Soziale Sicherung zur Verfügung zu stellen. Das Bundesamt für Soziale Sicherung berücksichtigt diesen Betrag bei der Abrechnung nach § 15 Abs. 4.
(1) Dieses Gesetz gilt für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen (Versorgungssysteme) im Beitrittsgebiet (§ 18 Abs. 3 Viertes Buch Sozialgesetzbuch) erworben worden sind. Soweit die Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaften bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Verlust als nicht eingetreten.
(2) Zusatzversorgungssysteme sind die in Anlage 1 genannten Systeme.
(3) Sonderversorgungssysteme sind die in Anlage 2 genannten Systeme.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Dieses Gesetz gilt für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen (Versorgungssysteme) im Beitrittsgebiet (§ 18 Abs. 3 Viertes Buch Sozialgesetzbuch) erworben worden sind. Soweit die Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaften bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Verlust als nicht eingetreten.
(2) Zusatzversorgungssysteme sind die in Anlage 1 genannten Systeme.
(3) Sonderversorgungssysteme sind die in Anlage 2 genannten Systeme.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.
(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.
(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.