Landessozialgericht NRW Beschluss, 09. März 2016 - L 19 AS 374/16 B

ECLI:ECLI:DE:LSGNRW:2016:0309.L19AS374.16B.00
bei uns veröffentlicht am09.03.2016

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 04.02.2016 wird zurückgewiesen.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26

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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 177


Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 73a


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 14 Rahmengebühren


(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermöge

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 60 Angabe von Tatsachen


(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat 1. alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,2. Änderungen

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 63 Erstattung von Kosten im Vorverfahren


(1) Soweit der Widerspruch erfolgreich ist, hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 21 Beweismittel


(1) Die Behörde bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Sie kann insbesondere 1. Auskünfte jeder Art, auch elektronisch und als elektronisches Dokument, einholen,2. Be

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 3 Gebühren in sozialrechtlichen Angelegenheiten


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden ist, entstehen Betragsrahmengebühren. In sonstigen Verfahren werden die Gebühren nach dem Gegenstandswert berechnet, wenn der Auftraggebe

Bundesrechtsanwaltsordnung - BRAO | § 50 Handakten


(1) Der Rechtsanwalt muss durch das Führen von Handakten ein geordnetes und zutreffendes Bild über die Bearbeitung seiner Aufträge geben können. Er hat die Handakten für die Dauer von sechs Jahren aufzubewahren. Die Frist beginnt mit Ablauf des Kalen

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Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 5. Mai 2009 geändert.

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(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Soweit der Widerspruch erfolgreich ist, hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Dies gilt auch, wenn der Widerspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 41 unbeachtlich ist. Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen; das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren sind erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war.

(3) Die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest; hat ein Ausschuss oder Beirat die Kostenentscheidung getroffen, obliegt die Kostenfestsetzung der Behörde, bei der der Ausschuss oder Beirat gebildet ist. Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten notwendig war.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

Tenor

Auf die Beschwerde der Kläger wird der Beschluss des Thüringer Landessozialgerichts vom 17. August 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Die beklagte Arbeitsgemeinschaft bewilligte den eine Bedarfsgemeinschaft bildenden Klägern für die Zeit vom 1.9.2007 bis zum 29.2.2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 555,73 Euro monatlich (Bescheid vom 14.8.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.3.2008). Das Sozialgericht (SG) hat die Klage, mit der die Bewilligung höherer Leistungen begehrt wurde, abgewiesen (Urteil vom 10.8.2009). Im Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht (LSG) haben die Kläger ebenfalls - ohne weitere Konkretisierung - "höhere Grundsicherungsleistungen" beantragt. In der Berufungsbegründung haben sie ausgeführt, die Beklagte habe ihrer Berechnung der Leistungen fälschlicherweise ein monatliches Nettoeinkommen des Klägers zu 2 von 1091,59 Euro zugrunde gelegt, nach dem zwischenzeitlich vorliegenden Steuerbescheid sei nur ein Einkommen in Höhe von 216,58 Euro pro Monat zu berücksichtigen. Im Weiteren werden für die einzelnen Monate die den Klägern zustehenden Leistungen unter Einbeziehung von Einkünften der Klägerin zu 1 in folgender Höhe berechnet: September: 645,60 Euro, Oktober: 987,30 Euro, November: 183,40 Euro, Dezember: 183,40 Euro, Januar: 398,20 Euro, Februar: 535,12 Euro. Außerdem seien der Beitrag des Klägers zu 2 zur Künstlersozialversicherung (KSV) in Höhe von 100 Euro pro Monat und Beiträge zur privaten Riester- und Lebensversicherung nicht einkommensmindernd sowie - leistungserhöhend - die Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung nach § 26 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) berücksichtigt worden. Auf die Anfrage des LSG, worin die Beschwer der Kläger liege, da ihnen für den streitigen Zeitraum (6 x 555,73 =) 3334,38 Euro bewilligt worden seien, ihnen aber nach der Berufungsbegründung nur insgesamt 2933,02 Euro zugestanden hätten, haben die Kläger mitgeteilt, nach dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem SG sei Streitgegenstand lediglich die Anrechnung des Einkommens des Klägers zu 2, das in Höhe von 789,27 Euro monatlich angerechnet worden sei, so dass sich eine Beschwer in Höhe von 4735,63 Euro ergebe. Zudem sei der Zuschuss nach § 26 SGB II für die Pflichtversicherung des Klägers zu 2 in der KSV in Höhe von 100 Euro pro Monat nicht berücksichtigt worden.

2

Mit Beschluss vom 17.8.2010 hat das LSG die Berufung der Kläger als unzulässig verworfen, weil keine Leistungen für mehr als ein Jahr umstritten seien und der Wert des Beschwerdegegenstandes 750 Euro nicht übersteige (§ 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz). Denn den Klägern seien für den streitigen Zeitraum 3334,38 Euro bewilligt worden und mit ihrer Berufung machten sie nur insgesamt 2933,02 Euro für diesen Zeitraum geltend. Soweit die Kläger sich gegen einzelne Berechnungselemente wenden würden, führe dies nicht zu einem höheren Beschwerdewert, weil diese nicht Gegenstand des Verfahrens seien, sondern nur der Leistungsanspruch als solcher.

3

In ihrer am 8.10.2010 beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangenen Nichtzulassungsbeschwerde gegen diesen ihnen am 14.9.2010 nach ihren Angaben zugegangenen Beschluss rügen die Kläger ua als Verfahrensmangel nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG die Verwerfung ihrer Berufung als unzulässig. Der Beschwerdewert habe über 750 Euro gelegen, weil die Anrechnung des Einkommens des Klägers zu 2 umstritten gewesen sei. Es hätten nicht 789,29 Euro, sondern nur 216,58 Euro angerechnet werden dürfen, so dass sich ein Beschwerdewert von (789,29 - 216,58 = 572,69 pro Monat x 6 =) 3436,14 Euro ergebe. Auch sei der Zuschuss nach § 26 SGB II für die Pflichtversicherung des Klägers zu 2 in der KSV in Höhe von 100 Euro pro Monat nicht berücksichtigt worden. Außerdem wird die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG gerügt hinsichtlich der Berechnung des zu berücksichtigenden Einkommens des Klägers zu 2.

4

II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Der angefochtene Beschluss des Thüringer LSG vom 17.8.2010 ist aufzuheben und die Sache an das LSG gemäß § 160a Abs 5 SGG zurückzuverweisen. Denn die Entscheidung des LSG beruht auf einem Verfahrensmangel nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG.

5

Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist ua begründet, wenn ein Verfahrensfehler geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§§ 160a, 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, weil die angefochtene Entscheidung des LSG unter Verletzung des § 158 SGG ergangen ist und das Ergehen eines Prozessurteils, wie die vorliegend erfolgte Verwerfung der Berufung der Kläger als unzulässig, statt des eigentlich angezeigten Sachurteils ein Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist(vgl nur BSG vom 8.11.2005 - B 1 KR 76/05 B - SozR 4-1500 § 158 Nr 2; P. Becker, SGb 2007, 328, 329 mwN).

6

Nach § 158 Satz 1 Alt 1 SGG ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen, wenn sie nicht statthaft ist. Eine Berufung ist nicht zulässig, sondern bedarf der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt (§ 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG) und nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen sind (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG).

7

Diese zum Ausschluss der Statthaftigkeit der Berufung führenden Voraussetzungen sind entgegen der Auffassung des LSG nicht erfüllt, wie die Kläger in der Beschwerdebegründung zu Recht gerügt haben.

8

Denn der Antrag der Kläger in ihrer Berufungsschrift vom 1.12.2009 lautete in der Sache ohne Einschränkung, "den Klägern höhere Grundsicherungsleistungen zu bewilligen". Auch der Berufungsbegründung kann keine Einschränkung des Berufungsgegenstandes auf 750 Euro oder weniger entnommen werden. Zwar war in der Berufungsbegründung eine Neuberechnung der Leistungen der Kläger mit bestimmten Monatsbeträgen insbesondere aufgrund der Einkommen der Klägerin zu 1 enthalten, auf die sich auch das LSG in seiner Anfrage bezog, dies war aber nur ein Teil der Berufungsbegründung. Denn außerdem wurden einkommensmindernd und damit mittelbar leistungserhöhend Beiträge zur KSV in Höhe von 100 Euro pro Monat und Beiträge zur privaten Riester- und Lebensversicherung, die der Altersvorsorge dienten, sowie Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung nach § 26 SGB II geltend gemacht.

9

Auf die Anfrage des LSG, worin die Beschwer der Kläger liege, haben die Kläger nichts von ihrem Vorbringen zurückgenommen, sondern auf die umstrittene Berücksichtigung des Einkommens des Klägers zu 2, die zu einer Beschwer von über 4000 Euro führe, und die Beiträge nach § 26 SGB II nochmals ausdrücklich hingewiesen. Diese Punkte hat das LSG in seinem Beschluss nicht beachtet, sondern nur die den Klägern bewilligten Leistungen von insgesamt 3334,38 Euro den sich aus der Berechnung der Kläger für die einzelnen Monate unter Berücksichtigung nur des Einkommens der Klägerin zu 1 ergebenden Beträgen von insgesamt 2933,02 Euro gegenübergestellt.

10

Da jedoch, wie das LSG zu Recht ausführt, nicht einzelne Berechnungselemente des Anspruchs der Kläger auf Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II Gegenstand des Berufungsverfahrens sein können, sondern der Anspruch insgesamt bzw mehrere Ansprüche, ist der Beschwerdewert von 750 Euro deutlich überschritten, wie den von den Klägern in ihrer Berufungsbegründung vorgetragenen Punkten entnommen werden kann (Höhe des zu berücksichtigenden Einkommens der Klägerin zu 1 und des Klägers zu 2, Beiträge zur KSV in Höhe von 100 Euro pro Monat, Beiträge zur privaten Riester- und Lebensversicherung, die der Altersvorsorge dienten, Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung nach § 26 SGB II in der damals geltenden Fassung).

11

Angesichts dessen kann eine Entscheidung über die von den Klägern außerdem erhobene Grundsatzrüge dahingestellt bleiben.

12

Der Senat macht von der durch § 160a Abs 5 SGG eröffneten Möglichkeit Gebrauch, den angefochtenen Beschluss des LSG wegen des festgestellten Verfahrensfehlers aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen, weil für eine abschließende Entscheidung in der Sache weitere Tatsachenfeststellungen notwendig sind.

13

Das LSG wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, nicht Gebrauch, wird auf Antrag des Beteiligten der beizuordnende Rechtsanwalt vom Gericht ausgewählt. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rentenberater beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Prozeßkostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 vertreten ist.

(3) § 109 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(4) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(5) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(6) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 4 und 5 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(7) § 155 Absatz 4 gilt entsprechend.

(8) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 4 und 5 kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.

(9) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 4 bis 8 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 14.6.2012 geändert. Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 15.3.2011 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte dem Kläger nur weitere 285,60 Euro zu zahlen hat. Im Übrigen wird die Revision des Klägers zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger 85 vom Hundert der Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe der von der Beklagten dem Kläger zu erstattenden Aufwendungen für die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren.

2

Die Beklagte, die über das zuständige Hauptzollamt von Ermittlungen gegen den Kläger wegen des Verdachts auf Leistungsmissbrauch erfahren hatte, erließ dem Kläger gegenüber einen Bescheid vom 11.9.2006, mit dem sie unter Hinweis auf eine angeblich nicht angezeigte selbständige Tätigkeit die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit ab 2.7.2003 aufhob und Erstattung von Alg und von Beiträgen in der Gesamthöhe von 9132,32 Euro verlangte.

3

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger durch seinen bevollmächtigten Rechtsanwalt Widerspruch. Nach Akteneinsicht teilte der Bevollmächtigte des Klägers der Beklagten mit, es sei unzutreffend, dass der Kläger im streitigen Zeitraum eine selbständige Tätigkeit ausgeübt habe; da die Entscheidung im Widerspruchsverfahren nicht unabhängig von dem noch laufenden Strafverfahren, in dem der Kläger durch einen anderen Rechtsanwalt vertreten werde, getroffen werden könne, werde angeregt, das Verfahren bis zum Ausgang des Strafverfahrens ruhend zu stellen. Die Beklagte ließ daraufhin das Widerspruchsverfahren ruhen. Nachdem der Bevollmächtigte der Beklagten im Oktober 2007 das vollständige Urteil des Amtsgerichts (AG) K. vorgelegt hatte, aus dem sich ergab, dass der Kläger freigesprochen worden war, nahm die Beklagte mit Abhilfebescheid vom 19.10.2007 den Bescheid vom 11.9.2006 zurück und erklärte sich bereit, die Kosten im notwendigen Umfang zu erstatten. Außerdem teilte die Beklagte dem Bevollmächtigten mit, es sei notwendig gewesen, dass er als Rechtsanwalt bevollmächtigt worden sei.

4

Von den in Rechnung gestellten Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von insgesamt 706,27 Euro, in denen auch eine Erledigungsgebühr von 280 Euro zuzüglich 19 % Umsatzsteuer, insgesamt 333,20 Euro, nach Nr 1002, 1005 des Vergütungsverzeichnisses (VV) zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) enthalten war, erstattete die Beklagte lediglich einen Betrag in Höhe von 373,07 Euro (706,27 abzüglich 333,20 Euro). Der von der Beklagten anerkannte Betrag setzte sich zusammen aus der Geschäftsgebühr nach Nr 2400 VV in Höhe von 280 Euro, der Postpauschale von 20 Euro nach Nr 7002 VV, der Dokumentenpauschale von 13,50 Euro nach Nr 7000 VV und der Umsatzsteuer von 53,97 Euro nach Nr 7008 VV (Bescheid vom 30.11.2007). Der Widerspruch des Klägers, mit dem dieser die Erstattung weiterer 333,20 Euro begehrte, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 12.12.2007).

5

Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte unter Abänderung der ergangenen Bescheide verurteilt, an den Kläger weitere 333,20 Euro zu zahlen (Gerichtsbescheid vom 15.3.2011).

6

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) die Berufung gemäß § 144 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zugelassen(Beschluss vom 9.3.2012). Es hat das Beschwerdeverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt.

7

Mit Urteil vom 14.6.2012 hat das LSG den Gerichtsbescheid des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. In den Gründen des Urteils hat das LSG ua ausgeführt: Eine qualifizierte, die Erledigungsgebühr begründende Tätigkeit liege nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zB vor, wenn der Rechtsanwalt zum Zwecke des Beweises entscheidungserheblicher Tatsachen unaufgefordert bisher noch nicht bekannte Beweismittel beibringe; vorliegend fehle es aber an entsprechenden besonderen Bemühungen. Durch die Anregung, das Widerspruchsverfahren ruhen zu lassen, habe der Bevollmächtigte keine zusätzlichen Bemühungen entfaltet; er habe vielmehr im Gegenteil die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass er im Widerspruchsverfahren von allen weiteren zur Erfüllung des Auftrags erforderlichen Tätigkeiten habe absehen können. Der Kläger habe auch unter anderen Gesichtspunkten keinen Anspruch auf Erstattung weiterer Auslagen.

8

Mit der vom LSG zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er trägt ua vor, der Bevollmächtigte habe das Ruhen des Widerspruchsverfahrens zur Vermeidung eines Gerichtsverfahrens vorgeschlagen; hierzu sei er nicht verpflichtet gewesen. Das Ruhen habe der Beklagten weitere Ermittlungen erspart.

9

Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG vom 14.6.2012 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 15.3.2011 zurückzuweisen.

10

Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.

11

Sie hält das angefochtene Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Klägers ist teilweise begründet (§ 170 Abs 2 S 1 SGG). Der Kläger hat Anspruch auf Erstattung einer Erledigungsgebühr im geltend gemachten Umfang; Anspruch auf eine Geschäftsgebühr besteht allerdings nur in Höhe von 240 Euro. Dem Kläger stehen deshalb noch weitere 285,60 Euro zu; das angefochtene Urteil ist entsprechend zu ändern.

13

1. Von Amts wegen zu beachtende Verfahrensfehler stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen. Die Revision und die Berufung sind jeweils zugelassen, woran der Senat gebunden ist. Die genannten Rechtsmittel sind auch nicht nach § 144 Abs 4 SGG iVm § 165 S 1 SGG ausgeschlossen, weil in der Hauptsache über die Kosten eines isolierten Vorverfahrens gestritten wird(stRspr, ua BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2; Urteile des Senats vom 25.2.2010 - B 11 AL 24/08 R - BSGE 106, 21 = SozR 4-1300 § 63 Nr 12, und vom 5.5.2010 - B 11 AL 14/09 R - Juris). Der Kläger verfolgt sein Begehren zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage; der Erhebung einer Verpflichtungsklage auf Bestimmung der Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwalts nach § 63 Abs 3 S 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) bedarf es nicht, weil die Beklagte diese Notwendigkeit ausdrücklich anerkannt hat.

14

2. Die Beklagte hat in den angefochtenen Bescheiden zu Unrecht die Erstattung einer Erledigungsgebühr nach Nr 1005 VV iVm Nr 1002 VV abgelehnt. Unter den Umständen des vorliegenden Falls, die den tatsächlichen Feststellungen des LSG zu entnehmen sind, hat der Kläger Anspruch auf Erstattung einer Erledigungsgebühr.

15

a) Rechtsgrundlage für die geltend gemachte Erledigungsgebühr ist Nr 1005 VV iVm Nr 1002 VV (Anl 1 zum RVG). Danach erhält der Rechtsanwalt eine Gebühr für die Erledigung in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG); die Gebühr umfasst einen Rahmen von 40 bis 520 Euro. Die Gebühr entsteht, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt (vgl Erläuterungen zu Nr 1002 VV).

16

Nach der Rechtsprechung des BSG zu Nr 1005 bzw 1002 VV kann eine Gebühr für die Mitwirkung an der Erledigung eines isolierten Vorverfahrens nur beansprucht werden, wenn der Rechtsanwalt eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit entfaltet hat (ua BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 8 RdNr 20 ff; Urteile des Senats vom 21.3.2007 - B 11a AL 53/06 R - RdNr 16, und vom 5.5.2010 - B 11 AL 14/09 R, RdNr 22). Erforderlich ist eine qualifizierte erledigungsgerichtete Mitwirkung, die über das Maß hinausgeht, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im Widerspruchsverfahren abgegolten wird (vgl BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 8 RdNr 22). Eine solche qualifizierte, eine Erledigungsgebühr begründende Tätigkeit liegt beispielsweise vor, wenn der Rechtsanwalt zum Zwecke des Beweises entscheidungserheblicher Tatsachen unaufgefordert neue Beweismittel, etwa während des Vorverfahrens neu erstattete Befundberichte oder fachliche Stellungnahmen, beibringt (BSG SozR 4-1935 VV Nr 1002 Nr 1 RdNr 15; BSG Urteil vom 9.12.2010 - B 13 R 63/09 R, RdNr 28).

17

b) Entgegen der Auffassung des LSG liegt unter den Umständen des vorliegenden Falles eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit des Rechtsanwalts vor, die ursächlich für die (unstreitige) Erledigung des Vorverfahrens durch Abhilfebescheid gewesen ist. Denn der Bevollmächtigte des Klägers hat den Widerspruch nicht nur eingelegt und begründet, sondern darüber hinaus weitere Tätigkeiten entfaltet, die zur Erledigung beigetragen haben. Er hat zunächst von sich auf das laufende Strafverfahren verwiesen, was die Beklagte veranlasst hat, das Widerspruchsverfahren ruhen zu lassen. In der Folgezeit hat der Bevollmächtigte des Klägers die Beklagte über den Stand des Strafverfahrens informiert und er hat der Beklagten schließlich das vollständige Strafurteil mit Gründen vorgelegt, das die Beklagte im Wege des Urkundenbeweises verwertet und dem es entnommen hat, dass der angefochtene Bescheid nicht aufrechterhalten bleiben kann. Das Beibringen entscheidungserheblicher Informationen über den Ablauf des Strafverfahrens ist vergleichbar mit der Vorlage von Befundberichten oder fachlichen Stellungnahmen (vgl BSG Urteil vom 9.12.2010 - B 13 R 63/09 R, RdNr 28). Die Tätigkeit des Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren geht somit über das Maß hinaus, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im Widerspruchsverfahren abgegolten ist.

18

Die vorstehend beschriebene Bewertung der Tätigkeit des Bevollmächtigten des Klägers steht nicht im Widerspruch zum Urteil des Senats vom 5.5.2010 - B 11 AL 14/09 R -, in dem die Übersendung des Protokolls eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs als nicht ausreichend angesehen worden ist. In dem der Entscheidung vom 5.5.2010 zugrunde liegenden Fall war der Bevollmächtigte selbst als Rechtsanwalt im arbeitsgerichtlichen Prozess tätig, weshalb der Senat angenommen hat, dass sich seine besonderen Bemühungen nicht auf das konkret zu beurteilende Widerspruchsverfahren bezogen und deshalb der Übersendung des Vergleichstextes im Widerspruchsverfahren nur untergeordnete Bedeutung zukam (vgl Urteil vom 5.5.2010 - B 11 AL 14/09 R - RdNr 23, 24). Im vorliegenden Fall war der Bevollmächtigte im Strafprozess nicht tätig, weshalb auch nicht die Rede davon sein kann, seine Bemühungen hätten sich auf ein anderes Verfahren als das Widerspruchsverfahren bezogen.

19

c) Die Höhe der Erledigungsgebühr von 280 Euro ist nicht zu beanstanden. Sie entspricht der Mittelgebühr gemäß Nr 1005 VV (Rahmengebühr zwischen 40 und 520 Euro; zur Berechnung vgl BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, RdNr 23).

20

3. Der vom Kläger geltend gemachte Gesamtbetrag von 706,27 Euro, der sich aus der Geschäftsgebühr und der Erledigungsgebühr in Höhe von jeweils von 280 Euro, der Postpauschale, der Dokumentenpauschale sowie der Umsatzsteuer zusammensetzt, ist allerdings noch zu reduzieren, weil die Geschäftsgebühr gemäß Nr 2400 VV nur in Höhe von 240 Euro beansprucht werden kann. Die Überprüfung des Kostenbescheids der Beklagten beschränkt sich nicht nur auf die Höhe der Erledigungsgebühr (vgl BSG Urteil vom 9.12.2010 - B 13 R 63/09 R, RdNr 20 mwN).

21

Voraussetzung für eine den Betrag von 240 Euro übersteigende Geschäftsgebühr ist nach ausdrücklicher Regelung in Nr 2400 VV, dass die Tätigkeit des Bevollmächtigten umfangreich oder schwierig war. Dies wird vom Kläger bzw seinem Bevollmächtigten selbst nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich. Insgesamt sind somit im Widerspruchsverfahren Gebühren in Höhe von 658,67 Euro angefallen (240 + 280 + 20 + 13,50 + Mehrwertsteuer 105,17). Es besteht Anspruch auf weitere 285,60 Euro (658,67 abzüglich gezahlte 373,07 Euro).

22

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Sozialgerichts Trier vom 24. Juli 2007 und des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 15. Juli 2009 geändert. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger lediglich weitere 185,60 Euro an Rechtsanwaltsgebühren zu erstatten; die darüber hinausgehende Klage wird abgewiesen.

Im Übrigen wird die Revision der Beklagten zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger 3/5 der außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits in allen Rechtszügen zu erstatten.

Tatbestand

1

Im Streit steht, in welcher Höhe die Beklagte Rechtsanwaltsgebühren im Rahmen eines isolierten Vorverfahrens zu erstatten hat.

2

Der Kläger beantragte im Dezember 2005 mit Schreiben seines bevollmächtigten Rechtsanwalts die Übernahme von Kosten für eine berufsbedingte Hörgeräteversorgung über die Festbetragsgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung hinaus. Diesem Antrag war ua eine Schilderung über hörbedingte Probleme des Klägers am Arbeitsplatz beigefügt. Der Antrag blieb zunächst erfolglos, weil die Hörgeräteversorgung nicht ausschließlich zur Ausübung seiner Berufstätigkeit erforderlich sei (Bescheid vom 12.1.2006). Mit dem Widerspruch trug der Bevollmächtigte vor, dass das beantragte Hörgerät nicht zur Herstellung der Kommunikationsfähigkeit im Alltag bestimmt sei und fügte eine weitere - inhaltlich identische - Stellungnahme des Klägers über "Hörprobleme am Arbeitsplatz" vom 9.2.2006 bei. Die Richtigkeit dieser Angaben bestätigte der Arbeitgeber im ebenfalls beigefügten Schreiben vom 10.2.2006. Die von der Beklagten eingeholte beratungsärztliche Stellungnahme vom 23.2.2006 empfahl die Abhilfe des Widerspruchs, weil ein höherwertiges Hörgerät zur Erhöhung der Sicherheit am Arbeitsplatz erforderlich sei.

3

Den Ablehnungsbescheid vom 12.1.2006 nahm die Beklagte daraufhin zurück. Sie half dem Widerspruch in vollem Umfang ab und erklärte sich bereit, die beantragten Kosten für die Beschaffung des Hörgeräts antragsgemäß zu übernehmen und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Widerspruchsverfahren notwendigen Aufwendungen voll zu erstatten (Bescheid vom 3.3.2006).

4

Mit Schriftsatz vom 10.3.2006 stellte der Bevollmächtigte Rechtsanwaltsgebühren iHv insgesamt 626,40 Euro der Beklagten in Rechnung. Hierin war ua eine Erledigungsgebühr (280 Euro) zzgl Umsatzsteuer von 16 % (= 324,80 Euro) nach Nr 1002, 1005, 7008 Vergütungsverzeichnis (VV) gemäß Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) enthalten, deren Erstattung die Beklagte ablehnte, weil ein Erhöhungstatbestand nach § 3 Abs 2 RVG iVm Nr 1005 VV RVG bei voller Abhilfe nicht vorliege. Sie erstattete daher lediglich einen Betrag iHv 301,60 Euro (626,40 Euro abzüglich 324,80 Euro). Im Erstattungsbetrag waren eine Geschäftsgebühr nach Nr 2500 (jetzt Nr 2400) VV RVG aF (240 Euro), die Postpauschale nach Nr 7002 VV RVG (20 Euro) und die Umsatzsteuer nach Nr 7008 VV RVG (41,60 Euro) enthalten (Bescheid vom 21.3.2006). Der auf die Erstattung auch der Erledigungsgebühr zzgl Umsatzsteuer (324,80 Euro) gerichtete Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 22.6.2006).

5

Im Klageverfahren hat das SG die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Bescheids verurteilt, dem Kläger antragsgemäß den Betrag iHv 324,80 Euro zu erstatten (Urteil SG Trier vom 24.7.2007).

6

Auf die vom LSG zugelassene Berufung hat es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 15.7.2009). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Eine Erledigungsgebühr entstehe, wenn eine anwaltliche Tätigkeit erbracht werde, die über das Maß hinausgehe, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren abgegolten sei. Es schließe sich der Auffassung des 2. Senats des LSG im Urteil vom 27.10.2008 - L 2 R 49/08 - (nachgehend Senatsurteil vom 5.5.2009 - B 13 R 137/08 R) und des BSG vom 7.11.2006 (SozR 4-1300 § 63 Nr 8)an. Eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit des Rechtsanwalts des Klägers liege hier vor. Der Bevollmächtigte habe sich im Widerspruchsverfahren mit den Gründen des Ablehnungsbescheids auseinandergesetzt und im Einzelnen dargelegt, warum der Kläger unter Berücksichtigung der vorgelegten Arbeitsplatzbeschreibung einen Anspruch auf Kostenübernahme für die begehrte Hörgeräteversorgung habe. Als weiteres Beweismittel sei eine Bestätigung des Arbeitgebers vorgelegt worden. Der qualifizierte Vortrag und das weitere Beweismittel hätten zur Erledigung des Widerspruchsverfahrens beigetragen. Insoweit könne auf das Urteil des BSG vom 2.10.2008 (SozR 4-1935 VV Nr 1002 Nr 1) verwiesen werden, wo eine Erledigungsgebühr nach Vorlage neuer (medizinischer) Beweismittel im Widerspruchsverfahren zugesprochen worden sei. Unschädlich für das Entstehen der Erledigungsgebühr sei, dass das Widerspruchsverfahren durch Widerspruchs- und nicht durch Abhilfebescheid erledigt worden sei.

7

Mit der Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 2.10.2008 und 5.5.2009) sei davon auszugehen, dass für das Entstehen der Erledigungsgebühr kein beiderseitiges Nachgeben erforderlich sei. Für eine solche einengende Auslegung ließen sich weder Wortlaut noch Sinn und Zweck von Nr 1002 VV RVG heranziehen. Auch der Vorläuferregelung von § 24 Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) lasse sich dies dem Wortlaut nach nicht entnehmen. Die Zielsetzung von Nr 1002 VV RVG, namentlich die anwaltliche Mitwirkung an einer insbesondere die Gerichte entlastenden Erledigung von Streitigkeiten besonders zu honorieren, liefe nach der von der Beklagten vertretenen Ansicht leer. Die Erledigungsgebühr falle selbst dann an, wenn sich der mit einem Rechtsbehelf angefochtene Verwaltungsakt teilweise erledige, zB durch Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts.

8

Die parallele Regelung zur Einigungsgebühr in Nr 1000 VV RVG honoriere jegliche vertragliche Beilegung des Rechtsstreits und fordere auch nicht mehr das für die Vergleichsgebühr seinerzeit noch erforderliche Nachgeben (§ 23 BRAGO iVm § 779 BGB). Nach den Gesetzesmaterialien sollte Streit darüber vermieden werden, welche Abreden als Nachgeben zu bewerten seien. Für das Entstehen der Erledigungsgebühr komme es allein darauf an, ob eine qualifizierte anwaltliche Mitwirkung vorgelegen habe.

9

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung von § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X iVm § 63 Abs 2 SGB X und § 2 Abs 2 Satz 1 RVG iVm Nr 1002 VV RVG. Zwar stimme sie dem LSG insofern zu, als der Bevollmächtigte des Klägers eine anwaltliche Tätigkeit erbracht habe, die über das Maß hinausgehe, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Verfahren abgegolten sei. Dies entspreche den Vorgaben des BSG (SozR 4-1935 VV Nr 1002 Nr 1 und Senatsurteil vom 5.5.2009 - B 13 R 137/08 R). Darüber hinaus müsse ein gegenseitiges Nachgeben der Beteiligten zur Erledigung des Widerspruchsverfahrens geführt haben. Nach der og Rechtsprechung werde nicht deutlich, weshalb die frühere Rechtsprechung zu § 116 Abs 3 Satz 2 und § 24 BRAGO, die auf ein beiderseitiges Nachgeben als Voraussetzung des Entstehens einer Erledigungsgebühr abstellte, nunmehr überholt sei. Schließlich sei der Wortlaut der Nr 1002 Satz 1 VV RVG nahezu identisch mit dem des § 24 BRAGO. Der Wortlaut der neuen Nr 1002 Satz 2 VV RVG sei jedoch nicht eindeutig. Für ihre Meinung spreche, dass der Gesetzgeber eine Gleichbehandlung von Anfechtungs- und Verpflichtungswiderspruch beabsichtigt habe. Hierfür sei auch der enge systematische Zusammenhang zur Nr 1000 VV RVG anzuführen, wonach die Einigungsgebühr nur bei gegenseitigem Nachgeben entstehe. Unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien (BT-Drucks 15/1971, S 204) spreche auch der Regelungszweck von Nr 1002 VV RVG für diese Auffassung. Danach solle eine verfahrensvermeidende bzw -beendende Tätigkeit des Bevollmächtigten als Anreiz für die Erledigung gefördert werden. Hierfür reiche eine bloße Abhilfeentscheidung der Behörde nicht aus. Dem entspreche die Entstehungsgeschichte. Nr 1002 VV RVG sei die Nachfolgevorschrift zu § 24 BRAGO. Letztere habe ein gegenseitiges Nachgeben der Beteiligten vorausgesetzt, um die Erledigungsgebühr entstehen zu lassen. Hingegen könne diese bei voller Abhilfe bzw Stattgabe des Widerspruchs nicht beansprucht werden.

10

Die Beklagte trägt ferner vor, dass dem Kläger auch kein Anspruch auf eine Regelgeschäftsgebühr nach Nr 2500 (jetzt Nr 2400) VV RVG aF, sondern nur ein Anspruch auf eine verminderte Geschäftsgebühr nach Nr 2501 (jetzt Nr 2401) VV RVG aF zustehe, weil der Bevollmächtigte bereits bei Antragstellung im Verwaltungsverfahren tätig geworden sei. Hierfür beruft sie sich auf das Urteil des BSG vom 25.2.2010 (BSGE 106, 21 = SozR 4-1300 § 63 Nr 12). Die reduzierte Geschäftsgebühr sei iHv 120 Euro nebst Umsatzsteuer in Höhe von 16 % angefallen. Selbst unter Zugrundelegung der streitigen Erledigungsgebühr iHv 280 Euro plus 16 % Umsatzsteuer verbleibe lediglich noch ein Betrag von 185,60 Euro, der allenfalls an den Kläger zu erstatten sei.

11

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des LSG Rheinland-Pfalz vom 15. Juli 2009 und des SG Trier vom 24. Juli 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

12

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

13

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Beklagte habe eingeräumt, dass der Bevollmächtigte eine anwaltliche Tätigkeit erbracht habe, die über das Maß hinausgehe, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren abgegolten sei. Dass darüber hinaus ein gegenseitiges Nachgeben erforderlich sei, stehe im Widerspruch zu den Entscheidungen des BSG vom 7.11.2006 (SozR 4-1300 § 63 Nr 8; B 1 KR 13/06 R; B 1 KR 22/06 R). Eine Korrektur des Ansatzes für die Geschäftsgebühr sei im Revisionsverfahren nicht mehr möglich.

14

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 165 Satz 1, § 153 Abs 1, § 124 Abs 2 SGG).

Entscheidungsgründe

15

Die Revision der Beklagten ist teilweise begründet, soweit die Vorinstanzen dem Kläger zu Unrecht einen Kostenerstattungsanspruch von mehr als 185,60 Euro zuerkannt haben. Die Urteile des SG und des LSG waren daher abzuändern und die Klage insoweit abzuweisen. Die weitergehende Revision war zurückzuweisen.

16

1. Von Amts wegen zu beachtende Verfahrensmängel stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen. Revision und Berufung sind durch ausdrückliche Zulassung der Vorinstanz statthaft. Das Rechtsmittel ist nicht ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache über die Kosten eines isolierten Vorverfahrens gestritten wird. Es handelt sich dann nicht um Kosten des sozialgerichtlichen Verfahren iS von § 144 Abs 4, § 165 Satz 1 SGG(stRspr, vgl BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 13 S 30; BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 1 RdNr 6; BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 8 RdNr 11; BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, RdNr 9; BSGE 106, 21 = SozR 4-1300 § 63 Nr 12, RdNr 11; BSG vom 5.5.2010 - B 11 AL 14/09 R - Juris RdNr 12).

17

2. Der Kläger verfolgt sein Begehren zutreffend mit der Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG).

18

a) Gegenstand des Rechtsstreits ist allein die Entscheidung der Beklagten, in welcher Höhe der Betrag der zu erstattenden Aufwendungen für das Widerspruchsverfahren festzusetzen ist (§ 63 Abs 3 Satz 1 Halbs 1 SGB X). Sie hat entschieden, dass dem Kläger die Kosten des Vorverfahrens dem Grunde nach zu erstatten sind (Bescheid vom 3.3.2006, § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X). Zwar hat das LSG nicht festgestellt, ob die Beklagte die Zuziehung eines Rechtsanwalts für notwendig erklärt hat (§ 63 Abs 2, Abs 3 Satz 2 SGB X); allerdings liegt eine solche Feststellung konkludent in der Festsetzung des Erstattungsbetrags iHv 301,60 Euro (Bescheid vom 21.3.2006; Widerspruchsbescheid vom 22.6.2006). Einer weitergehenden Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG) bedurfte es daher nicht (vgl Senatsurteil vom 5.5.2009 - B 13 R 137/08 R - Juris RdNr 12; BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, RdNr 12; BSG vom 5.5.2010 - B 11 AL 14/09 R - Juris RdNr 12).

19

b) Die angefochtene Kostenentscheidung hat den Erstattungsbetrag auf 301,60 Euro festgesetzt. Im Streit steht die Frage, ob die Beklagte verpflichtet ist, weitere 324,80 Euro an Rechtsanwaltsgebühren des isolierten Vorverfahrens zu erstatten.

20

Anders als der Kläger meint, kann die Anfechtung des Kostenfestsetzungsbescheids nicht auf die Höhe der Erledigungsgebühr wirksam begrenzt werden. Vielmehr steht die Höhe der Geschäftsgebühr ebenfalls zur Überprüfung; dies gälte auch dann, wenn sie nicht - erstmals im Revisionsverfahren - von der Beklagten gerügt worden wäre. Die Erledigungs- und die Geschäftsgebühr sind lediglich einzelne Berechnungsfaktoren der Kostenfestsetzung, aus denen sich die Höhe des Kostenerstattungsanspruchs neben anderen Faktoren insgesamt zusammensetzt. Die isolierte Festsetzung einer Erledigungsgebühr sieht das Gesetz hingegen nicht vor; sie enthielte auch keine Regelung, die Bindungswirkung entfalten könnte. Obwohl die Beklagte die Geschäftsgebühr antragsgemäß in voller Höhe erstattet hat, haben die Gerichte eigenständig nach Maßgabe des Gesetzes unter Berücksichtigung der Berechnungsfaktoren zu entscheiden, ob dem Kläger insgesamt ein Anspruch auf höhere Kostenerstattung zusteht, als die Behörde bislang festgesetzt hat. Der Kläger ist insofern allerdings durch das prozessuale Verböserungsverbot vor einer im Ergebnis niedrigeren Kostenerstattung geschützt (vgl zur Höhe der Bestimmung der Rahmengebühr bzw des Gegenstandswerts als Berechnungsfaktor der Kostenfestsetzung: BSG vom 9.4.2008 - B 6 KA 3/07 B - Juris RdNr 12; BSG SozR 1300 § 63 Nr 8 S 25 ff, jeweils mwN; zustimmend Roos in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 63 RdNr 45).

21

3. Der Kläger hat gemäß § 63 Abs 1 Satz 1, Abs 2 und Abs 3 Satz 1 Halbs 1 SGB X Anspruch auf Erstattung seiner Aufwendungen auf der Grundlage der Erledigungsgebühr gemäß § 2 Abs 2 Satz 1 iVm Nr 1005 und Nr 1002 VV RVG.

22

a) Nach § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X hat bei einem erfolgreichen (isolierten) Vorverfahren der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, dem Widerspruchsführer die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Dabei sind nach § 63 Abs 2 SGB X die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Gemäß § 63 Abs 3 Satz 1 Halbs 1 SGB X setzt die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest.

23

b) Die Vergütung (Gebühren und Auslagen) für anwaltliche Tätigkeiten der Rechtsanwälte richtet seit dem 1.7.2004 nach dem RVG in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (KostRMoG) vom 5.5.2004 (BGBl I 2004, 718; vgl § 1 Abs 1 Satz 1 RVG). Der Auftrag zur Erledigung der Angelegenheit ist dem Bevollmächtigten nach dem 30.6.2004 erteilt worden.

24

aa) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich gemäß § 2 Abs 2 Satz 1 RVG nach dem VV der Anlage 1 zum RVG. Eine Erledigungsgebühr nach Nr 1005 VV RVG kommt bei einer "Einigung oder Erledigung in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen," in Betracht. Betragsrahmengebühren sind in sozialgerichtlichen Verfahren vorgesehen, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist (§ 3 Abs 1 Satz 1 RVG). Abs 1 gilt entsprechend für eine Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens (§ 3 Abs 2 RVG). Ginge es hier um ein gerichtliches Verfahren, wäre gemäß § 3 Abs 1 Satz 1 RVG eine Betragsrahmengebühr entstanden. Der Kläger hat einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Versorgung mit einem Hörgerät als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben behauptet. Hierfür wäre im Fall der Klageerhebung gemäß § 51 Abs 1 Nr 1 SGG der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet. Dann entstünden auch Betragsrahmengebühren, da der Kläger den Anspruch als Versicherter geltend macht (§ 3 Abs 1 Satz 1 RVG, § 183 Satz 1 SGG).

25

bb) Zutreffend hat das LSG festgestellt, dass auch die weiteren Voraussetzungen für das Entstehen einer Erledigungsgebühr nach Nr 1005 iVm Nr 1002 VV RVG erfüllt sind. Nach den amtlichen, vom Gesetzestext umfassten Erläuterungen zu Nr 1002 Satz 1 VV RVG setzt diese Vorschrift voraus, dass "sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt". Dem steht nach Satz 2 gleich, dass "sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts erledigt". Das LSG hat zutreffend festgestellt, dass sich das isolierte Vorverfahren "durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt" hat.

26

Nach gefestigter Rechtsprechung des BSG kann eine Erledigungsgebühr für die Mitwirkung an der Erledigung eines isolierten Vorverfahrens durch Abhilfebescheid nur beansprucht werden, wenn der Anwalt eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit entfaltet hat. Nach dem Wortlaut der Erläuterungen zu Nr 1002 (Satz 2) VV RVG kommt es hiernach für das Entstehen einer Erledigungsgebühr sowohl in einer Anfechtungssituation als auch bei einem Verpflichtungsrechtsbehelf auf die auf Erledigung gerichtete Mithilfe des Anwalts an. Auch die Regelungssystematik, der Sinn und Zweck der Regelung sowie ihre Entstehungsgeschichte erfordern eine qualifizierte erledigungsgerichtete Mitwirkung des Rechtsanwalts, die über das Maß desjenigen hinausgeht, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren abgegolten wird (vgl Senatsurteil vom 5.5.2009 - B 13 R 137/08 R - Juris RdNr 16; BSG vom 5.5.2010 - B 11 AL 14/09 R - Juris RdNr 22; BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, RdNr 42; BSG SozR 4-1935 VV Nr 1002 Nr 1 RdNr 14; BSG vom 2.10.2008 - B 9/9a SB 3/07 R - Juris RdNr 15; BSG vom 21.3.2007 - B 11a AL 53/06 R - Juris RdNr 16; BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 8 RdNr 20 ff; BSG vom 7.11.2006 - B 1 KR 22/06 R - und B 1 KR B 1 KR 13/06 R, jeweils RdNr 20 ff; für die Literatur zustimmend: Roos in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, Anhang zu § 63 RdNr 43b; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl 2010, Nr 1002 VV RdNr 38; Straßfeld, NZS 2010, 253, 259; dieselbe, Brennpunkte des Sozialrechts 2009, 219, 247; dieselbe, SGb 2008, 635, 641; Köhler, ZFSH/SGB 2009, 67, 76; Becker in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB X, Stand 2010, K § 63 RdNr 98; Curkovic in Bischof, RVG-Kompaktkommentar, 2. Aufl 2007, Nr 1002 VV RdNr 9 f, Nr 1005 VV RdNr 3; Mayer in Mayer/Kroiß , RVG-HK, 2. Aufl 2006, Nr 1002 VV RdNr 18).

27

Eine solche qualifizierte, eine Erledigungsgebühr begründende Tätigkeit liegt zB vor, wenn der Rechtsanwalt zum Zwecke des Beweises entscheidungserheblicher Tatsachen unaufgefordert neue, bisher noch nicht bekannte Beweismittel im Widerspruchsverfahren beibringt (zB neu erstattete Befundberichte, vgl BSG SozR 4-1935 VV Nr 1002 Nr 1 RdNr 15). Anders verhält es sich bei der Vorlage schon präsenter Beweismittel im Rahmen der dem Widerspruchsführer ohnehin obliegenden Mitwirkung (§ 21 Abs 2 Satz 1 und 2 SGB X), deren unaufgeforderte Vorlage bereits mit der Geschäftsgebühr bzw der Auslagenpauschale abgegolten ist (vgl BSG vom 2.10.2008 - B 9/9a SB 3/07 R - Juris RdNr 16 f; vgl auch BSG vom 5.5.2010 - B 11 AL 14/09 R - Juris RdNr 22).

28

cc) Wie die Beklagte selbst einräumt, liegt im vorliegenden Fall eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit im Sinne einer qualifizierten erledigungsgerichteten Mitwirkung des Rechtsanwalts vor, die ursächlich für die (unstreitige) Erledigung des Vorverfahrens durch Abhilfebescheid war. Ungeachtet dessen tragen die für den Senat bindenden (§ 163 SGG) tatsächlichen Feststellungen des LSG dieses Ergebnis unter Zugrundelegung der aufgezeigten Maßstäbe. Der Bevollmächtigte des Klägers hat den Widerspruch nicht nur eingelegt und begründet, sondern darüber hinaus zum Zwecke des Beweises entscheidungserheblicher Tatsachen unaufgefordert die Bestätigung des Arbeitgebers vom 10.2.2006 beigebracht, in der dieser die Richtigkeit der vom Kläger gemachten Angaben vom 9.2.2006 zu den "Hörprobleme(n) am Arbeitsplatz" bestätigte. Das während des laufenden Widerspruchsverfahrens zur Glaubhaftmachung der Angaben des Klägers erstellte Schreiben hat die Beklagte im Wege des Urkundsbeweises (§ 21 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 Nr 3 SGB X iVm § 416 ZPO)verwertet. Unerheblich ist, dass der Kläger eine inhaltlich identische Schilderung bereits bei Antragstellung im Dezember 2005 übersandt hatte. Denn erst die vom Kläger unaufgefordert vorgelegte Arbeitgeberbestätigung machte weitere Sachverhaltsermittlungen der Beklagten, zB durch Nachfragen beim Arbeitgeber, entbehrlich. Deshalb kommt es auch nicht auf den Umfang der Bestätigung (1,5 Zeilen) an. Entscheidend ist vielmehr der dem Anwalt entstandene Aufwand, der ua durch das Bemühen entstanden ist, an den Arbeitgeber im aufgezeigten Sinne heranzutreten. Mit der Vorlage dieser selbst beschafften Urkunde hat der Bevollmächtigte des Klägers den Rahmen der seinem Mandanten obliegenden Mitwirkung (§ 21 Abs 2 Satz 1 und 2 SGB X; § 60 Abs 1 Satz 1 Nr 1 und Nr 3 SGB I)überobligatorisch erfüllt (§ 21 Abs 2 Satz 3 SGB X).

29

Die Vorlage der Arbeitgeberbestätigung vom 10.2.2006 war im vorliegenden Fall auch ursächlich für die (unstreitige) Erledigung des Vorverfahrens durch Abhilfebescheid. Denn die Beklagte hat unter Berücksichtigung der vom Kläger geschilderten berufsbedingten Anforderungen an sein Hörvermögen und der Bestätigung der Richtigkeit dieser Angaben durch den Arbeitgeber dem Widerspruch abgeholfen. Entgegen den Feststellungen des LSG erfolgte die Erledigung nicht durch (stattgebenden) Widerspruchsbescheid.

30

dd) Entgegen der Ansicht der Beklagten bedurfte es für das Entstehen der Erledigungsgebühr auch keines zusätzlichen "beiderseitigen Nachgebens" der Beteiligten. Hierfür ergeben sich unter Geltung des RVG keine tragfähigen rechtlichen Gesichtspunkte.

31

Der 9. Senat des BSG hat seine Rechtsprechung insoweit aufgegeben, als er vor dem Inkrafttreten des RVG die Auffassung vertreten hatte, dass eine gebührenrechtlich erhebliche Mitwirkungshandlung eines Bevollmächtigten nach § 116 Abs 3 Satz 2 BRAGO(idF des Gesetzes vom 20.8.1990, ) nur dann vorlag, wenn sich die Rechtssache durch beiderseitiges Nachgeben erledigt hatte (vgl BSG SozR 3-1930 § 116 Nr 7 S 23 f; BSGE 97, 153 = SozR 4-1500 § 183 Nr 4, RdNr 19). Diese Rechtsprechung ist aufgrund des Wortlauts der inhaltlich neuen Erläuterung zu Nr 1002 (Satz 2) VV RVG überholt, mit welcher die teilweise und die vollständige Abhilfe gleichgestellt werden (so BSG SozR 4-1935 VV Nr 1002 Nr 1 RdNr 14; BSG vom 2.10.2008 - B 9/9a SB 3/07 R - Juris RdNr 15). Dieser Rechtsprechung hat sich der erkennende Senat bereits angeschlossen und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der geänderte Wortlaut von Nr 1002 Satz 2 VV RVG nicht mehr auf ein beiderseitiges Nachgeben abstellt, sondern teilweise und vollständige Abhilfe gleichstellt (vgl Senatsurteil vom 5.5.2009 - B 13 R 137/08 R - Juris RdNr 16).

32

Der Revisionsvortrag - auch im Vergleich zur Revisionserwiderung der identischen Beklagten im entschiedenen Verfahren B 13 R 137/08 R - enthält insofern keine neuen Argumente, die Anlass geben könnten, von dieser gefestigten Rechtsprechung abzuweichen. Deshalb kann auf die vom 1. Senat des BSG getroffene Auslegung unter Zugrundelegung des Wortlauts, der systematischen Zusammenhänge mit vergleichbaren Gebührenpositionen, Sinn und Zweck der Regelung und der Entstehungsgeschichte von Nr 1005 iVm Nr 1002 VV RVG verwiesen werden, wonach die Erledigungsgebühr "ein besonderes Bemühen" um eine Erledigung (nicht "Einigung") des Rechtsanwalts im Widerspruchsverfahren voraussetzt. Nur insofern ist die zu § 24 BRAGO iVm § 116 Abs 4 Satz 2 BRAGO(idF des Gesetzes vom 17.8.2001 ) bzw § 116 Abs 3 Satz 2 BRAGO(idF des Gesetzes vom 20.8.1990 ) ergangene Rechtsprechung auf Nr 1005 VV RVG noch übertragbar (BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 8 RdNr 25 mwN). Für ein beiderseitiges Nachgeben als Voraussetzung des Entstehens der Erledigungsgebühr lassen die genannten neuen Vorschriften und mit ihnen die hierzu ergangene Rechtsprechung keinen Raum mehr. Allein entscheidend ist vielmehr, ob eine Mitwirkung des Rechtsanwalts an der Erledigung des (isolierten) Widerspruchsverfahrens durch Abhilfebescheid vorliegt, die über das Maß desjenigen hinausgeht, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren abgegolten wird (BSG aaO; zustimmend Straßfeld, NZS 2010, 253, 258 f; dieselbe, Brennpunkte des Sozialrechts 2009, 219, 248; Mayer in Mayer/Kroiß , RVG-HK, 2. Aufl 2006, Nr 1002 VV RdNr 12).

33

Auch auf den weiteren Revisionsvortrag, der danach differenziert, ob sich die Rechtssache erst nach Aufhebung bzw Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts oder durch Verwaltungsakt erledige, kommt es nach der vorliegenden Rechtsprechung für das Entstehen einer Erledigungsgebühr nicht an; ebenso wenig darauf, ob die Nr 1002 VV RVG eine teilweise und vollständige Abhilfe oder eine teilweise und vollständige Erledigung gleichstelle. Unerheblich ist schließlich, ob eine verfahrensvermeidende oder -beendende Funktion der anwaltlichen Tätigkeit feststellbar sein muss oder ob es "zufälliger" Erfolg einer eigentlich "verfahrensgewinnenden" Funktion der anwaltlichen Tätigkeit ist, dass die Beklagte dem Widerspruch abgeholfen hat (vgl Senatsurteil vom 5.5.2009 - B 13 R 137/08 R - Juris RdNr 20).

34

ee) Die Höhe der Erledigungsgebühr als solche ist von der Beklagten nicht angegriffen worden. Sie entspricht der Mittelgebühr von 280 Euro nach § 14 Abs 1 Satz 1 iVm Nr 1005 VV RVG(Rahmengebühr zwischen 40 und 520 Euro). Die Mittelgebühr errechnet sich aus der Mindestgebühr zuzüglich der Hälfte des Unterschieds zwischen Mindest- und Höchstgebühr. Sie kann auch ermittelt werden, indem man Mindest- und Höchstgebühr addiert und das Ergebnis durch zwei dividiert (hier: 40 plus 520, geteilt durch 2 = 280 Euro; vgl allgemein zur Berechnung, BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, RdNr 23 mwN).

35

Innerhalb des Gebührenrahmens bestimmt der Rechtsanwalt nach § 14 Abs 1 Satz 1 RVG die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs 1 Satz 4 RVG). Die Mittelgebühr ist auch unter Geltung des RVG im Grundsatz in Fällen zugrunde zu legen, in denen sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts nicht nach oben oder unten vom Durchschnitt abhebt; sie gilt in "Normalfällen" als billige Gebühr (BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, RdNr 24 f mwN; BSG vom 5.5.2010 - B 11 AL 14/09 R - Juris RdNr 16 ff). Dass die anwaltliche Tätigkeit insbesondere weder umfangreich noch schwierig, mithin durchschnittlicher Art gewesen ist, folgt aus den bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG.

36

4. Der Kläger hat jedoch nur Anspruch auf Erstattung der reduzierten Geschäftsgebühr gemäß § 2 Abs 2 Satz 1 RVG iVm Nr 2500, 2501 VV RVG aF(als Nr 2400, 2401 VV RVG in der ab 1.7.2006 geltenden Fassung von Art 5 Abs 1 Nr 4 Buchst b KostRMoG fortgeführt). Nach der amtlichen Vorbemerkung zu Nr 2500 VV RVG aF entsteht die Geschäftsgebühr ua für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information; sie beträgt in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG), 40 bis 520 Euro, wobei eine Gebühr von mehr als 240 Euro nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Zusätzlich bestimmt Nr 2501 VV RVG aF für den Fall des Vorausgehens einer Tätigkeit im Verwaltungsverfahren, dass die Gebühr für das weitere, der Nachprüfung des Verwaltungsakts dienende Verwaltungsverfahren 40 bis 260 Euro beträgt, wobei eine Gebühr von mehr als 120 Euro nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich und schwierig war (sog Schwellengebühr). Der durch die Vorbefassung der Angelegenheit im Verwaltungsverfahren ersparte Aufwand soll durch einen geringeren Gebührenrahmen abgegolten werden (vgl BSGE 106, 21 = SozR 4-1300 § 63 Nr 12, RdNr 20 unter Hinweis auf BT-Drucks 15/1971 S 208).

37

a) Die Beklagte hat dem Kläger gemäß § 63 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 und Abs 3 Satz 1 Halbs 1 SGB X lediglich die geminderte Geschäftsgebühr nach Nr 2501 VV RVG aF iVm § 14 RVG zu erstatten. Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) war der Bevollmächtigte des Klägers bereits im (selben) vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mit der Angelegenheit befasst, als er die Kostenübernahme für das digitale Hörgerät durch Anwaltsschreiben im Dezember 2005 bei der Beklagten beantragt hat. Damit war das hierauf gerichtete Verwaltungsverfahren eröffnet (§ 116 Abs 2 Nr 1 SGB VI; § 18 Satz 2 Nr 1 SGB X).

38

Für die anwaltliche Tätigkeit im Verwaltungsverfahren besteht kein Erstattungsanspruch gegenüber der Beklagten. Im Hinblick auf das Gebührenrecht handelt es sich beim Verwaltungs- und beim Widerspruchsverfahren um unterschiedliche Angelegenheiten. Für eine Kostenerstattung von Aufwendungen für das dem Widerspruchsverfahren vorausgegangene Verwaltungsverfahren bietet § 63 SGB X keine Rechtsgrundlage(vgl BSGE 106, 21 = SozR 4-1300 § 63 Nr 12, RdNr 14 ff, 19; BSGE 55, 92, 94 = SozR 1300 § 63 Nr 1 S 3; zustimmend Roos in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 63 RdNr 6).

39

b) Die Geschäftsgebühr nach Nr 2500 VV RVG aF iHv 240 Euro zzgl darauf entfallende Umsatzsteuer war daher im angefochtenen Kostenbescheid unzutreffend festgesetzt. Dem Kläger stand nur die verminderte Geschäftsgebühr nach Nr 2501 VV RVG aF zzgl Umsatzsteuer zu. Es handelt sich hierbei um die ausgehend von der Mittelgebühr (150 Euro) um den Schwellenwert (30 Euro) gekappte Schwellengebühr (120 Euro). Die Einführung der Schwellengebühr hat zur Folge, dass die in einem ersten Schritt ausgehend von der Mittelgebühr bestimmte Gebühr in einem zweiten Schritt in Höhe des Schwellenwertes gekappt wird, wenn weder der Umfang noch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit mehr als durchschnittlich ist (zur Berechnung vgl BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, RdNr 22; BSG vom 5.5.2010 - B 11 AL 14/09 R - Juris RdNr 15 f; BSG vom 29.3.2007- B 9a SB 4/06 R - Juris RdNr 16).

40

Wie bereits zur Erledigungsgebühr ausgeführt, bieten die bindenden Feststellungen des LSG keine greifbaren Anhaltspunkte für das Vorliegen einer überdurchschnittlich umfangreichen oder schwierigen Tätigkeit des Bevollmächtigten, die Anlass geben könnten, eine höhere Geschäftsgebühr als 120 Euro anzunehmen. Dies hat auch der Kläger weder behauptet, noch ergibt sich dies aus der vom Bevollmächtigten vorgelegten Kostennote. Umstände, die die Öffnung des Gebührenrahmens über die Schwellengebühr hinaus rechtfertigten (vgl dazu ausführlich BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, RdNr 22 ff), sind daher nicht ersichtlich.

41

5. Der Kostenfestsetzungsbescheid vom 21.3.2006 ist unter Berücksichtigung der entstandenen Erledigungsgebühr einerseits und der reduzierten Geschäftsgebühr in Höhe der Schwellengebühr andererseits zu korrigieren. Es verbleibt ein noch an den Kläger zu erstattender Betrag von 185,60 Euro. Hierin enthalten ist die auf die Gebührenansätze anfallende Umsatzsteuer (67,20 Euro) nach Nr 7008 VV RVG (iHv 16 %, § 12 Abs 1 Umsatzsteuergesetz idF vom 21.2.2005 ) und der Gebührenansatz für die Postpauschale nach Nr 7002 VV RVG (20 Euro).

42

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt das anteilsmäßige Unterliegen bzw Obsiegen der Beteiligen.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 5. Mai 2009 geändert.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 18. Mai 2007 wird insgesamt zurückgewiesen.

Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Höhe der von der Beklagten zu erstattenden Aufwendungen des Klägers für die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren.

2

Dem Kläger wurde von seinem Arbeitgeber im Juli 2004 fristlos mit der Begründung gekündigt, er habe während der Arbeitszeit in alkoholisiertem Zustand einen Unfall verursacht. Der Kläger erhob daraufhin Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht und beantragte bei der Beklagten Arbeitslosengeld (Alg). Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 5.11.2004 den Eintritt einer Sperrzeit von zwölf Wochen mit der Begründung fest, der Kläger habe durch arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch grob fahrlässig seine Arbeitslosigkeit herbeigeführt.

3

Gegen den Bescheid vom 5.11.2004 erhob der Kläger, vertreten durch seinen bevollmächtigten Rechtsanwalt, Widerspruch. Mit Schreiben vom 8.3.2005 übersandte der Bevollmächtigte des Klägers der Beklagten das Protokoll eines am 4.3.2005 vor dem Arbeitsgericht geschlossenen Vergleichs, aus dem hervorging, dass das Arbeitsverhältnis durch ordentliche arbeitgeberseitige Kündigung endete und der Arbeitgeber den Vorwurf der Schadensverursachung durch den Kläger im alkoholisierten Zustand während der Arbeitszeit fallen ließ.

4

Mit Abhilfebescheid vom 20.4.2004 hob die Beklagte den Sperrzeitbescheid vom 5.11.2004 auf und erklärte sich bereit, die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Kosten auf Antrag zu erstatten.

5

Mit seiner bei der Beklagten eingereichten Kostennote machte der Bevollmächtigte des Klägers eine Geschäftsgebühr von 318,50 Euro, eine Erledigungsgebühr von 367,50 Euro, eine Auslagenpauschale von 20 Euro sowie 112,96 Euro Umsatzsteuer geltend, insgesamt 818,96 Euro. Die Beklagte erkannte als im Widerspruchsverfahren entstandene notwendige Aufwendungen jedoch nur 301,60 Euro an und lehnte im Übrigen eine Kostenerstattung ab (Bescheid vom 1.7.2005). Der anerkannte Betrag setzte sich wie folgt zusammen: 240 Euro Geschäftsgebühr gemäß Nr 2500 des Vergütungsverzeichnisses (VV) zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) in der bis 30.6.2006 geltenden Fassung, 20 Euro Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsleistungen sowie 41,60 Euro Umsatzsteuer. Auf den Widerspruch des Klägers erkannte die Beklagte zusätzlich noch Kopierkosten in Höhe von 8,70 Euro an (Bescheid vom 4.8.2005), wies jedoch im Übrigen den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 22.9.2005).

6

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 18.5.2007). Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG geändert, die Beklagte unter Abänderung der streitgegenständlichen Bescheide verurteilt, die erstattungsfähigen Kosten des Widerspruchsverfahrens auf 726,16 Euro festzusetzen und an den Kläger weitere 415,86 Euro zu zahlen; im Übrigen hat das LSG die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 5.5.2009). In den Entscheidungsgründen hat das LSG ua ausgeführt: Die auf der Grundlage der Nr 2500 VV RVG geltend gemachte Geschäftsgebühr von 318,50 Euro sei nicht unbillig. Die Tätigkeit des Anwalts sei schwierig gewesen. Es habe sich um ein sozialrechtliches Spezialproblem aus dem Arbeitsförderungsrecht gehandelt, in das sich der Bevollmächtigte habe einarbeiten müssen. Das Arbeitsförderungsrecht sei ein Rechtsgebiet, für das ein Rechtsanwalt Spezialwissen benötige. Der Schwierigkeitsgrad sei aus der Sicht des Allgemeinanwalts zu beurteilen; für ihn seien Fälle aus dem Sozialrecht jedenfalls dann schwierig, wenn sie von einem sozialrechtlichen Standard- und Routinefall abwichen. Auch spreche die Bildung von Kammern und Senaten mit Spezialzuständigkeiten sowie die Einführung einer Fachanwaltschaft in einem Rechtsgebiet für dessen Schwierigkeit. Diese rechtfertige im vorliegenden Fall den Ansatz einer um 40 Euro oberhalb der Schwellengebühr (240 Euro) liegenden Gebühr, also der Mittelgebühr in Höhe von 280 Euro; diese habe der Bevollmächtigte um 13,75 % auf 318,50 Euro erhöhen dürfen. Darüber hinaus sei auch eine Erledigungsgebühr gemäß Nr 1005 VV RVG angefallen. Das nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) erforderliche besondere Tätigwerden des Rechtsanwaltes liege darin, dass er im arbeitsgerichtlichen Verfahren erkennbar darauf hingewirkt habe, den Wahrheitsgehalt der vom Arbeitgeber zur Begründung der außerordentlichen Kündigung angeführten, für die Entscheidung der Beklagten maßgeblichen Tatsachen in Frage zu stellen, und dass er das Ergebnis seiner Bemühungen im Kündigungsschutzprozess unverzüglich in das Widerspruchsverfahren eingeführt habe. Als Erledigungsgebühr angemessen sei aber nur die Mittelgebühr von 280 Euro; der vom Kläger angesetzte Wert von 367,50 Euro weiche um 31,25 % von der Mittelgebühr ab und sei nicht mehr vom anwaltlichen Beurteilungsspielraum gedeckt.

7

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte Verletzungen formellen und materiellen Rechts. Sie macht ua geltend, es bestehe kein Anspruch auf Zubilligung einer 240 Euro übersteigenden Geschäftsgebühr, weil die Tätigkeit des Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren weder umfangreich noch schwierig gewesen sei. Zur Subsumtion des Sachverhalts unter die einschlägige Rechtsnorm des § 144 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) habe es nur eines flüchtigen Blickes in das Gesetz bedurft, nicht aber einer weitreichenden rechtlichen Detailprüfung. Auch eine Erledigungsgebühr sei mangels besonderer anwaltlicher Mitwirkung nicht angefallen. Das Übersenden des arbeitsgerichtlichen Vergleichs sei lediglich als logische Fortsetzung und Beendigung der ursprünglichen Widerspruchsbegründung anzusehen, nicht aber als weitere, auf gütliche Einigung gerichtete und gesondert zu vergütende Tätigkeit. Soweit ein besonderes Bemühen im Prozess vor dem Arbeitsgericht vorgelegen habe, könne dies nur im dortigen Verfahren eine Einigungsgebühr rechtfertigen.

8

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG vom 5.5.2009 zu ändern und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 18.5.2007 insgesamt zurückzuweisen.

9

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

10

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Beklagten ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz). Die Beklagte hat die dem Kläger zu erstattenden notwendigen Aufwendungen zutreffend festgesetzt, so dass auf die Revision das Urteil des LSG zu ändern und die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des SG insgesamt zurückzuweisen ist.

12

1. Von Amts wegen zu beachtende Verfahrensfehler stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen. Die Revision und die Berufung sind nicht nach § 144 Abs 4 SGG iVm § 165 Satz 1 SGG ausgeschlossen, da in der Hauptsache über die Kosten eines isolierten Vorverfahrens(§§ 78 ff SGG, § 63 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch) gestritten wird (BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 13 S 30; BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, jeweils RdNr 9; Urteil des Senats vom 25.2.2010, B 11 AL 24/08 R, zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 11 mwN). Der Kläger verfolgt sein Begehren zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage; der Erhebung einer Verpflichtungsklage auf Bestimmung der Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwalts nach § 63 Abs 3 Satz 2 SGB X bedarf es nicht, da die Beklagte diese Notwendigkeit zumindest konkludent anerkannt hat(vgl ua BSG, Urteile vom 5.5.2009, B 13 R 137/08 R, RdNr 12, und vom 21.12.2009, B 14 AS 83/08 R, zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 13).

13

2. Die angefochtenen Bescheide vom 1.7.2005 und 4.8.2005, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.9.2005, sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Insbesondere besteht kein Anspruch auf Erstattung einer den Betrag von 240 Euro übersteigenden Geschäftsgebühr (dazu im Folgenden unter b) und auch kein Anspruch auf Erstattung einer Erledigungsgebühr (dazu unter c).

14

a) Nach § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X ist, soweit der Widerspruch erfolgreich ist, der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, verpflichtet, dem Widerspruchsführer die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Nach § 63 Abs 2 SGB X sind die Gebühren und Auslagen ua eines Rechtsanwalts im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Gebühren und Auslagen iS des § 63 Abs 2 SGB X sind nur die gesetzlichen Gebühren und Auslagen(BSGE 78, 159, 161 f = SozR 3-1300 § 63 Nr 7 S 25 f; SozR 4-1300 § 63 Nr 8 RdNr 16). Diese sind bei Beauftragung eines Rechtsanwalts seit dem 1.7.2004 nach Maßgabe des RVG sowie des VV der Anlage 1 zum RVG zu bestimmen (vgl § 1 Abs 1 und § 2 Abs 2 Satz 1 RVG, jeweils idF des Art 3 des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom 5.5.2004, BGBl I 718; zum Inkrafttreten Art 8 KostRMoG, zum Übergangsrecht §§ 60, 61 RVG).

15

b) Rechtsgrundlage für die geltend gemachte Geschäftsgebühr ist Nr 2500 des VV zum RVG in der vorbezeichneten Fassung (aF; gleichlautend inzwischen Nr 2400 in der ab 1.7.2006 geltenden Fassung , vgl Art 5 Abs 1 Nr 4 Buchst b KostRMoG). Danach erhält der Rechtsanwalt in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen (vgl § 3 RVG) ua für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information (vgl Vorbemerkung 2 zu Nr 2500 VV RVG aF) eine Geschäftsgebühr (zur Anwendbarkeit bei Leistungsempfängern iS des § 183 Satz 1 SGG vgl BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, jeweils RdNr 18). Die Geschäftsgebühr nach Nr 2500 VV RVG aF umfasst einen Betragsrahmen von 40 bis 520 Euro, wobei eine Gebühr von mehr als 240 Euro nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war (so genannte Schwellengebühr).

16

Nach der Rechtsprechung des BSG zu Nr 2500 VV RVG aF (= Nr 2400 VV RVG nF) hat die Schwellengebühr von 240 Euro die so genannte Mittelgebühr, die sich aus der Mindestgebühr zuzüglich der Hälfte des Unterschieds zwischen Mindest- und Höchstgebühr errechnet (bei Nr 2500 aF also 280 Euro), nicht ersetzt (BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, jeweils RdNr 22 ff). Die Einführung der Schwellengebühr hat aber zur Folge, dass die in einem ersten Schritt ausgehend von der Mittelgebühr bestimmte Gebühr in einem zweiten Schritt in Höhe des Schwellenwertes gekappt wird, wenn weder der Umfang noch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit mehr als durchschnittlich sind (BSGE aaO RdNr 22; vgl auch BSG SozR 4-1935 § 14 Nr 1 RdNr 16). Umfang oder Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit müssen also über dem Durchschnitt liegen, um im Ergebnis eine höhere Gebühr als die Schwellengebühr zu rechtfertigen. Von einer umfangreichen oder schwierigen Tätigkeit in diesem Sinne kann aber unter den konkreten Umständen des vorliegenden Falles nicht die Rede sein, weshalb der von der Beklagten anerkannte und festgesetzte Betrag von 240 Euro nicht weiter zu erhöhen ist.

17

Dass die anwaltliche Tätigkeit weder umfangreich noch schwierig iS der Nr 2500 VV RVG aF war, ist den vom LSG festgestellten, das Revisionsgericht bindenden Tatsachen (§ 163 SGG) zu entnehmen. Das LSG hat zunächst zum Umfang der Tätigkeit des Bevollmächtigten des Klägers nach Hinweis auf die Erhebung des Widerspruchs und das Schreiben vom 8.3.2005 ausgeführt, die Tätigkeit sei nicht umfangreich gewesen. Ein überdurchschnittlicher Umfang der Tätigkeit wird auch vom Kläger selbst nicht behauptet. Das LSG hat im Übrigen tatsächliche Feststellungen zum Inhalt und zur Intensität der Tätigkeit des Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren getroffen. Danach hat der Bevollmächtigte als Allgemeinanwalt die rechtliche Prüfung vorgenommen, ob der Kläger durch arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch den Arbeitgeber gegeben und dadurch seine Arbeitslosigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, ob also eine Sperrzeit gemäß § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB III eingetreten ist. Im Rahmen und in der Folge dieser Prüfung hat der Bevollmächtigte das Protokoll über den vor dem Arbeitsgericht geschlossenen Vergleich vorgelegt. Diese Feststellungen des LSG sind maßgebend für die rechtliche Beurteilung des Senats, ob die Tätigkeit schwierig iS der Nr 2500 VV RVG aF war.

18

Eine überdurchschnittlich schwierige Tätigkeit kommt in Betracht, wenn erhebliche, sich üblicherweise nicht stellende Probleme auftreten, die sowohl im tatsächlichen als auch im juristischen Bereich liegen können (BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, jeweils RdNr 33; vgl hierzu auch Schafhausen in jurisPR-SozR 10/2010 Anm 6). Abzustellen ist auf einen Rechtsanwalt, der sich bei Wahrnehmung des Mandats darauf beschränken kann und darf, den Fall mit den einschlägigen Rechtsvorschriften, gegebenenfalls unter Heranziehung von Rechtsprechung und Literatur, zu bearbeiten (BSGE aaO RdNr 32 mwN). Ausgehend von diesen Maßstäben ist im vorliegenden Fall eine über dem Durchschnitt liegende Schwierigkeit zu verneinen. Denn die rechtliche Überprüfung der Frage des Eintritts einer Sperrzeit gemäß § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB III war nicht mit besonderen, sich üblicherweise nicht stellenden Problemen verbunden. Die einschlägige Norm ist weder schwer verständlich noch bedurfte es bei der Subsumtion des konkreten Sachverhalts unter die Norm der Auswertung umfangreicher Rechtsprechung oder spezieller Literatur. Auch in tatsächlicher Hinsicht ergeben die Feststellungen des LSG keine Anhaltspunkte für das Vorliegen besonderer Schwierigkeiten. Der Sachverhalt war überschaubar und nicht ungewöhnlich; die konkrete Verteidigungsstrategie konnte nur darauf hinauslaufen, den Vorwurf der Veranlassung der Kündigung durch arbeitsvertragswidriges Verhalten zu widerlegen oder zu entkräften. Insgesamt handelte es sich somit um einen Normal- oder Routinefall (vgl BSGE aaO RdNr 35).

19

Der Auffassung des LSG, die Schwierigkeit ergebe sich bereits aus der Einführung einer Fachanwaltschaft für das Sozialrecht sowie aus der Bildung von Fachkammern und Fachsenaten im Arbeitsförderungsrecht, folgt der Senat nicht. Das BSG hat bereits entschieden, dass es bei der Einordnung, ob die rechtliche Schwierigkeit durchschnittlich bzw über- oder unterdurchschnittlich ist, nicht angebracht ist, nach einzelnen Rechtsgebieten bzw Teilrechtsgebieten zu differenzieren (BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, jeweils RdNr 35; aA etwa Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 18. Aufl 2008, § 14 RdNr 16). Abzustellen ist also in jedem Rechtsgebiet auf den konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände (vgl auch § 14 Abs 1 Satz 1 RVG).

20

Dass der Bevollmächtigte des Klägers zunächst selbst davon ausging, seine Tätigkeit im Widerspruchsverfahren sei nicht schwierig gewesen, ergibt sich im Übrigen aus seiner der Beklagten vorgelegten Kostennote. Die geforderte Geschäftsgebühr von 318,50 Euro war nämlich auf der Grundlage der Nr 2400 VV RVG aF (= Nr 2300 VV RVG nF) berechnet, wobei der Bevollmächtigte rechtsirrig annahm, die Gebühr richte sich nach dem Gegenstandswert. Der Betrag von 318,50 Euro ergab sich aus einem unterstellten Streitwert von 3.731,28 Euro (Alg für zwölf Wochen) und einer Gebühr von 1,3 gemäß Nr 2400 VV RVG aF (vgl § 13 Abs 1 RVG iVm der Anlage 2 zum RVG: volle Gebühr 245 Euro, Gebühr von 1,3 also 318,50 Euro). Bei Annahme einer überdurchschnittlichen Schwierigkeit wäre die Berechnung einer höheren Geschäftsgebühr zu erwarten gewesen, da nach Nr 2400 VV RVG aF (= Nr 2300 VV RVG nF) eine Gebühr von mehr als 1,3 gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war.

21

c) Rechtsgrundlage für die geltend gemachte Erledigungsgebühr ist Nr 1005 VV RVG iVm Nr 1002 VV RVG (jeweils idF des KostRMoG). Danach erhält der Rechtsanwalt eine Gebühr für die Erledigung in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG); die Gebühr umfasst einen Rahmen von 40 bis 520 Euro. Die Gebühr entsteht, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt (vgl Erläuterungen zu Nr 1002 VV RVG). Entgegen der Auffassung des LSG sind die Voraussetzungen für das Entstehen einer Erledigungsgebühr nicht erfüllt.

22

Nach der Rechtsprechung des BSG zu Nr 1005 bzw 1002 VV RVG kann eine Gebühr für die Mitwirkung an der Erledigung eines isolierten Vorverfahrens nur beansprucht werden, wenn der Rechtsanwalt eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit entfaltet hat (ua BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 8 RdNr 20 ff; Urteil vom 21.3.2007, B 11a AL 53/06 R, RdNr 16; SozR 4-1935 VV Nr 1002 Nr 1, RdNr 14 mwN; zustimmend ua Roos in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, Anhang zu § 63 RdNr 43b). Erforderlich ist eine qualifizierte erledigungsgerichtete Mitwirkung, die über das Maß hinausgeht, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im Widerspruchsverfahren abgegolten wird (vgl BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 8 RdNr 22). Eine solche qualifizierte, eine Erledigungsgebühr begründende Tätigkeit liegt beispielsweise vor, wenn der Rechtsanwalt zum Zwecke des Beweises entscheidungserheblicher Tatsachen unaufgefordert neue Beweismittel, etwa während des Vorverfahrens neu erstattete Befundberichte, beibringt (BSG SozR 4-1935 VV Nr 1002 Nr 1 RdNr 15). Dagegen bewegt sich die Vorlage präsenter Beweismittel noch im Rahmen der dem Widerspruchsführer ohnehin obliegenden Mitwirkung (§ 21 Abs 2 SGB X) und ist bereits mit der Geschäftsgebühr bzw der Auslagenpauschale abgegolten (BSG, Urteil vom 2.10.2008, B 9/9a SB 3/07 R, RdNr 16, 17).

23

Unter Zugrundelegung dieser in der Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe kann in der durch den Bevollmächtigten des Klägers vorgenommenen Übersendung des vor dem Arbeitsgericht geschlossenen Vergleichs keine die Gebühr nach Nr 1005 VV RVG rechtfertigende besondere Tätigkeit gesehen werden. Das LSG hat nicht hinreichend berücksichtigt, dass die für den Vergleichsabschluss ausschlaggebende Tätigkeit nicht im Widerspruchsverfahren, sondern in einem anderen, vom Kläger gesondert anhängig gemachten Verfahren entfaltet worden ist. Denn die Gebühr nach Nr 1005 iVm Nr 1002 VV RVG entsteht bei Erledigung einer Rechtssache nach Aufhebung oder Änderung eines angefochtenen Verwaltungsakts (vgl Erläuterungen zu Nr 1002 VV RVG), woraus deutlich wird, dass die anwaltliche Mitwirkung im konkreten Verfahren stattfinden muss und dass ein Tätigwerden in einem anderen Verfahren regelmäßig nicht ausreicht (vgl Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl 2008, Nr 1002 VV RVG RdNr 12 mwN).

24

Nach den getroffenen Feststellungen hat der Bevollmächtigte im arbeitsgerichtlichen Prozess darauf hingewirkt, den Wahrheitsgehalt der vom Arbeitgeber zur Begründung der außerordentlichen Kündigung angeführten Tatsachen in Frage zu stellen. Aufgrund dieser besonderen Bemühungen des Bevollmächtigten ist auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren eine Einigungsgebühr gemäß Nr 1000 VV RVG angefallen. Demgegenüber kommt der anschließenden Übersendung des Vergleichstextes an die Beklagte nur untergeordnete Bedeutung zu; sie kann nicht etwa der Beibringung neuer im Vorverfahren beschaffter Beweismittel (BSG SozR 4-1935 VV Nr 1002 Nr 1) gleichgesetzt werden.

25

Der Senat folgt in diesem Zusammenhang nicht der Auffassung des LSG, die Bemühungen des Bevollmächtigten vor dem Arbeitsgericht seien "hauptsächlich" für das Widerspruchsverfahren bedeutsam gewesen. Auszugehen ist vielmehr davon, dass der Bevollmächtigte des Klägers auch und gerade aus arbeitsrechtlichen Gründen verpflichtet war, die Kündigungsgründe in Frage zu stellen und auf die Feststellung der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung hinzuwirken. Die Vorlage des Vergleichs im Widerspruchsverfahren ist deshalb lediglich im Rahmen der Verpflichtung des Rechtsanwalts, das Verfahren gewissenhaft und sorgfältig zu betreiben, erfolgt und durch die Geschäftsgebühr nach Nr 2500 VV RVG aF (= Nr 2400 VV RVG nF) abgedeckt.

26

d) Die angefochtenen Kostenfestsetzungsbescheide sind auch im Übrigen zutreffend. Dies gilt für die anerkannten Kosten für Ablichtungen, die Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen und für die Umsatzsteuer (Nr 7000, 7002 und 7008 VV RVG).

27

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Sozialgerichts Trier vom 24. Juli 2007 und des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 15. Juli 2009 geändert. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger lediglich weitere 185,60 Euro an Rechtsanwaltsgebühren zu erstatten; die darüber hinausgehende Klage wird abgewiesen.

Im Übrigen wird die Revision der Beklagten zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger 3/5 der außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits in allen Rechtszügen zu erstatten.

Tatbestand

1

Im Streit steht, in welcher Höhe die Beklagte Rechtsanwaltsgebühren im Rahmen eines isolierten Vorverfahrens zu erstatten hat.

2

Der Kläger beantragte im Dezember 2005 mit Schreiben seines bevollmächtigten Rechtsanwalts die Übernahme von Kosten für eine berufsbedingte Hörgeräteversorgung über die Festbetragsgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung hinaus. Diesem Antrag war ua eine Schilderung über hörbedingte Probleme des Klägers am Arbeitsplatz beigefügt. Der Antrag blieb zunächst erfolglos, weil die Hörgeräteversorgung nicht ausschließlich zur Ausübung seiner Berufstätigkeit erforderlich sei (Bescheid vom 12.1.2006). Mit dem Widerspruch trug der Bevollmächtigte vor, dass das beantragte Hörgerät nicht zur Herstellung der Kommunikationsfähigkeit im Alltag bestimmt sei und fügte eine weitere - inhaltlich identische - Stellungnahme des Klägers über "Hörprobleme am Arbeitsplatz" vom 9.2.2006 bei. Die Richtigkeit dieser Angaben bestätigte der Arbeitgeber im ebenfalls beigefügten Schreiben vom 10.2.2006. Die von der Beklagten eingeholte beratungsärztliche Stellungnahme vom 23.2.2006 empfahl die Abhilfe des Widerspruchs, weil ein höherwertiges Hörgerät zur Erhöhung der Sicherheit am Arbeitsplatz erforderlich sei.

3

Den Ablehnungsbescheid vom 12.1.2006 nahm die Beklagte daraufhin zurück. Sie half dem Widerspruch in vollem Umfang ab und erklärte sich bereit, die beantragten Kosten für die Beschaffung des Hörgeräts antragsgemäß zu übernehmen und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Widerspruchsverfahren notwendigen Aufwendungen voll zu erstatten (Bescheid vom 3.3.2006).

4

Mit Schriftsatz vom 10.3.2006 stellte der Bevollmächtigte Rechtsanwaltsgebühren iHv insgesamt 626,40 Euro der Beklagten in Rechnung. Hierin war ua eine Erledigungsgebühr (280 Euro) zzgl Umsatzsteuer von 16 % (= 324,80 Euro) nach Nr 1002, 1005, 7008 Vergütungsverzeichnis (VV) gemäß Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) enthalten, deren Erstattung die Beklagte ablehnte, weil ein Erhöhungstatbestand nach § 3 Abs 2 RVG iVm Nr 1005 VV RVG bei voller Abhilfe nicht vorliege. Sie erstattete daher lediglich einen Betrag iHv 301,60 Euro (626,40 Euro abzüglich 324,80 Euro). Im Erstattungsbetrag waren eine Geschäftsgebühr nach Nr 2500 (jetzt Nr 2400) VV RVG aF (240 Euro), die Postpauschale nach Nr 7002 VV RVG (20 Euro) und die Umsatzsteuer nach Nr 7008 VV RVG (41,60 Euro) enthalten (Bescheid vom 21.3.2006). Der auf die Erstattung auch der Erledigungsgebühr zzgl Umsatzsteuer (324,80 Euro) gerichtete Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 22.6.2006).

5

Im Klageverfahren hat das SG die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Bescheids verurteilt, dem Kläger antragsgemäß den Betrag iHv 324,80 Euro zu erstatten (Urteil SG Trier vom 24.7.2007).

6

Auf die vom LSG zugelassene Berufung hat es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 15.7.2009). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Eine Erledigungsgebühr entstehe, wenn eine anwaltliche Tätigkeit erbracht werde, die über das Maß hinausgehe, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren abgegolten sei. Es schließe sich der Auffassung des 2. Senats des LSG im Urteil vom 27.10.2008 - L 2 R 49/08 - (nachgehend Senatsurteil vom 5.5.2009 - B 13 R 137/08 R) und des BSG vom 7.11.2006 (SozR 4-1300 § 63 Nr 8)an. Eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit des Rechtsanwalts des Klägers liege hier vor. Der Bevollmächtigte habe sich im Widerspruchsverfahren mit den Gründen des Ablehnungsbescheids auseinandergesetzt und im Einzelnen dargelegt, warum der Kläger unter Berücksichtigung der vorgelegten Arbeitsplatzbeschreibung einen Anspruch auf Kostenübernahme für die begehrte Hörgeräteversorgung habe. Als weiteres Beweismittel sei eine Bestätigung des Arbeitgebers vorgelegt worden. Der qualifizierte Vortrag und das weitere Beweismittel hätten zur Erledigung des Widerspruchsverfahrens beigetragen. Insoweit könne auf das Urteil des BSG vom 2.10.2008 (SozR 4-1935 VV Nr 1002 Nr 1) verwiesen werden, wo eine Erledigungsgebühr nach Vorlage neuer (medizinischer) Beweismittel im Widerspruchsverfahren zugesprochen worden sei. Unschädlich für das Entstehen der Erledigungsgebühr sei, dass das Widerspruchsverfahren durch Widerspruchs- und nicht durch Abhilfebescheid erledigt worden sei.

7

Mit der Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 2.10.2008 und 5.5.2009) sei davon auszugehen, dass für das Entstehen der Erledigungsgebühr kein beiderseitiges Nachgeben erforderlich sei. Für eine solche einengende Auslegung ließen sich weder Wortlaut noch Sinn und Zweck von Nr 1002 VV RVG heranziehen. Auch der Vorläuferregelung von § 24 Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) lasse sich dies dem Wortlaut nach nicht entnehmen. Die Zielsetzung von Nr 1002 VV RVG, namentlich die anwaltliche Mitwirkung an einer insbesondere die Gerichte entlastenden Erledigung von Streitigkeiten besonders zu honorieren, liefe nach der von der Beklagten vertretenen Ansicht leer. Die Erledigungsgebühr falle selbst dann an, wenn sich der mit einem Rechtsbehelf angefochtene Verwaltungsakt teilweise erledige, zB durch Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts.

8

Die parallele Regelung zur Einigungsgebühr in Nr 1000 VV RVG honoriere jegliche vertragliche Beilegung des Rechtsstreits und fordere auch nicht mehr das für die Vergleichsgebühr seinerzeit noch erforderliche Nachgeben (§ 23 BRAGO iVm § 779 BGB). Nach den Gesetzesmaterialien sollte Streit darüber vermieden werden, welche Abreden als Nachgeben zu bewerten seien. Für das Entstehen der Erledigungsgebühr komme es allein darauf an, ob eine qualifizierte anwaltliche Mitwirkung vorgelegen habe.

9

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung von § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X iVm § 63 Abs 2 SGB X und § 2 Abs 2 Satz 1 RVG iVm Nr 1002 VV RVG. Zwar stimme sie dem LSG insofern zu, als der Bevollmächtigte des Klägers eine anwaltliche Tätigkeit erbracht habe, die über das Maß hinausgehe, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Verfahren abgegolten sei. Dies entspreche den Vorgaben des BSG (SozR 4-1935 VV Nr 1002 Nr 1 und Senatsurteil vom 5.5.2009 - B 13 R 137/08 R). Darüber hinaus müsse ein gegenseitiges Nachgeben der Beteiligten zur Erledigung des Widerspruchsverfahrens geführt haben. Nach der og Rechtsprechung werde nicht deutlich, weshalb die frühere Rechtsprechung zu § 116 Abs 3 Satz 2 und § 24 BRAGO, die auf ein beiderseitiges Nachgeben als Voraussetzung des Entstehens einer Erledigungsgebühr abstellte, nunmehr überholt sei. Schließlich sei der Wortlaut der Nr 1002 Satz 1 VV RVG nahezu identisch mit dem des § 24 BRAGO. Der Wortlaut der neuen Nr 1002 Satz 2 VV RVG sei jedoch nicht eindeutig. Für ihre Meinung spreche, dass der Gesetzgeber eine Gleichbehandlung von Anfechtungs- und Verpflichtungswiderspruch beabsichtigt habe. Hierfür sei auch der enge systematische Zusammenhang zur Nr 1000 VV RVG anzuführen, wonach die Einigungsgebühr nur bei gegenseitigem Nachgeben entstehe. Unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien (BT-Drucks 15/1971, S 204) spreche auch der Regelungszweck von Nr 1002 VV RVG für diese Auffassung. Danach solle eine verfahrensvermeidende bzw -beendende Tätigkeit des Bevollmächtigten als Anreiz für die Erledigung gefördert werden. Hierfür reiche eine bloße Abhilfeentscheidung der Behörde nicht aus. Dem entspreche die Entstehungsgeschichte. Nr 1002 VV RVG sei die Nachfolgevorschrift zu § 24 BRAGO. Letztere habe ein gegenseitiges Nachgeben der Beteiligten vorausgesetzt, um die Erledigungsgebühr entstehen zu lassen. Hingegen könne diese bei voller Abhilfe bzw Stattgabe des Widerspruchs nicht beansprucht werden.

10

Die Beklagte trägt ferner vor, dass dem Kläger auch kein Anspruch auf eine Regelgeschäftsgebühr nach Nr 2500 (jetzt Nr 2400) VV RVG aF, sondern nur ein Anspruch auf eine verminderte Geschäftsgebühr nach Nr 2501 (jetzt Nr 2401) VV RVG aF zustehe, weil der Bevollmächtigte bereits bei Antragstellung im Verwaltungsverfahren tätig geworden sei. Hierfür beruft sie sich auf das Urteil des BSG vom 25.2.2010 (BSGE 106, 21 = SozR 4-1300 § 63 Nr 12). Die reduzierte Geschäftsgebühr sei iHv 120 Euro nebst Umsatzsteuer in Höhe von 16 % angefallen. Selbst unter Zugrundelegung der streitigen Erledigungsgebühr iHv 280 Euro plus 16 % Umsatzsteuer verbleibe lediglich noch ein Betrag von 185,60 Euro, der allenfalls an den Kläger zu erstatten sei.

11

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des LSG Rheinland-Pfalz vom 15. Juli 2009 und des SG Trier vom 24. Juli 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

12

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

13

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Beklagte habe eingeräumt, dass der Bevollmächtigte eine anwaltliche Tätigkeit erbracht habe, die über das Maß hinausgehe, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren abgegolten sei. Dass darüber hinaus ein gegenseitiges Nachgeben erforderlich sei, stehe im Widerspruch zu den Entscheidungen des BSG vom 7.11.2006 (SozR 4-1300 § 63 Nr 8; B 1 KR 13/06 R; B 1 KR 22/06 R). Eine Korrektur des Ansatzes für die Geschäftsgebühr sei im Revisionsverfahren nicht mehr möglich.

14

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 165 Satz 1, § 153 Abs 1, § 124 Abs 2 SGG).

Entscheidungsgründe

15

Die Revision der Beklagten ist teilweise begründet, soweit die Vorinstanzen dem Kläger zu Unrecht einen Kostenerstattungsanspruch von mehr als 185,60 Euro zuerkannt haben. Die Urteile des SG und des LSG waren daher abzuändern und die Klage insoweit abzuweisen. Die weitergehende Revision war zurückzuweisen.

16

1. Von Amts wegen zu beachtende Verfahrensmängel stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen. Revision und Berufung sind durch ausdrückliche Zulassung der Vorinstanz statthaft. Das Rechtsmittel ist nicht ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache über die Kosten eines isolierten Vorverfahrens gestritten wird. Es handelt sich dann nicht um Kosten des sozialgerichtlichen Verfahren iS von § 144 Abs 4, § 165 Satz 1 SGG(stRspr, vgl BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 13 S 30; BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 1 RdNr 6; BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 8 RdNr 11; BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, RdNr 9; BSGE 106, 21 = SozR 4-1300 § 63 Nr 12, RdNr 11; BSG vom 5.5.2010 - B 11 AL 14/09 R - Juris RdNr 12).

17

2. Der Kläger verfolgt sein Begehren zutreffend mit der Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG).

18

a) Gegenstand des Rechtsstreits ist allein die Entscheidung der Beklagten, in welcher Höhe der Betrag der zu erstattenden Aufwendungen für das Widerspruchsverfahren festzusetzen ist (§ 63 Abs 3 Satz 1 Halbs 1 SGB X). Sie hat entschieden, dass dem Kläger die Kosten des Vorverfahrens dem Grunde nach zu erstatten sind (Bescheid vom 3.3.2006, § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X). Zwar hat das LSG nicht festgestellt, ob die Beklagte die Zuziehung eines Rechtsanwalts für notwendig erklärt hat (§ 63 Abs 2, Abs 3 Satz 2 SGB X); allerdings liegt eine solche Feststellung konkludent in der Festsetzung des Erstattungsbetrags iHv 301,60 Euro (Bescheid vom 21.3.2006; Widerspruchsbescheid vom 22.6.2006). Einer weitergehenden Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG) bedurfte es daher nicht (vgl Senatsurteil vom 5.5.2009 - B 13 R 137/08 R - Juris RdNr 12; BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, RdNr 12; BSG vom 5.5.2010 - B 11 AL 14/09 R - Juris RdNr 12).

19

b) Die angefochtene Kostenentscheidung hat den Erstattungsbetrag auf 301,60 Euro festgesetzt. Im Streit steht die Frage, ob die Beklagte verpflichtet ist, weitere 324,80 Euro an Rechtsanwaltsgebühren des isolierten Vorverfahrens zu erstatten.

20

Anders als der Kläger meint, kann die Anfechtung des Kostenfestsetzungsbescheids nicht auf die Höhe der Erledigungsgebühr wirksam begrenzt werden. Vielmehr steht die Höhe der Geschäftsgebühr ebenfalls zur Überprüfung; dies gälte auch dann, wenn sie nicht - erstmals im Revisionsverfahren - von der Beklagten gerügt worden wäre. Die Erledigungs- und die Geschäftsgebühr sind lediglich einzelne Berechnungsfaktoren der Kostenfestsetzung, aus denen sich die Höhe des Kostenerstattungsanspruchs neben anderen Faktoren insgesamt zusammensetzt. Die isolierte Festsetzung einer Erledigungsgebühr sieht das Gesetz hingegen nicht vor; sie enthielte auch keine Regelung, die Bindungswirkung entfalten könnte. Obwohl die Beklagte die Geschäftsgebühr antragsgemäß in voller Höhe erstattet hat, haben die Gerichte eigenständig nach Maßgabe des Gesetzes unter Berücksichtigung der Berechnungsfaktoren zu entscheiden, ob dem Kläger insgesamt ein Anspruch auf höhere Kostenerstattung zusteht, als die Behörde bislang festgesetzt hat. Der Kläger ist insofern allerdings durch das prozessuale Verböserungsverbot vor einer im Ergebnis niedrigeren Kostenerstattung geschützt (vgl zur Höhe der Bestimmung der Rahmengebühr bzw des Gegenstandswerts als Berechnungsfaktor der Kostenfestsetzung: BSG vom 9.4.2008 - B 6 KA 3/07 B - Juris RdNr 12; BSG SozR 1300 § 63 Nr 8 S 25 ff, jeweils mwN; zustimmend Roos in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 63 RdNr 45).

21

3. Der Kläger hat gemäß § 63 Abs 1 Satz 1, Abs 2 und Abs 3 Satz 1 Halbs 1 SGB X Anspruch auf Erstattung seiner Aufwendungen auf der Grundlage der Erledigungsgebühr gemäß § 2 Abs 2 Satz 1 iVm Nr 1005 und Nr 1002 VV RVG.

22

a) Nach § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X hat bei einem erfolgreichen (isolierten) Vorverfahren der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, dem Widerspruchsführer die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Dabei sind nach § 63 Abs 2 SGB X die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Gemäß § 63 Abs 3 Satz 1 Halbs 1 SGB X setzt die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest.

23

b) Die Vergütung (Gebühren und Auslagen) für anwaltliche Tätigkeiten der Rechtsanwälte richtet seit dem 1.7.2004 nach dem RVG in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (KostRMoG) vom 5.5.2004 (BGBl I 2004, 718; vgl § 1 Abs 1 Satz 1 RVG). Der Auftrag zur Erledigung der Angelegenheit ist dem Bevollmächtigten nach dem 30.6.2004 erteilt worden.

24

aa) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich gemäß § 2 Abs 2 Satz 1 RVG nach dem VV der Anlage 1 zum RVG. Eine Erledigungsgebühr nach Nr 1005 VV RVG kommt bei einer "Einigung oder Erledigung in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen," in Betracht. Betragsrahmengebühren sind in sozialgerichtlichen Verfahren vorgesehen, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist (§ 3 Abs 1 Satz 1 RVG). Abs 1 gilt entsprechend für eine Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens (§ 3 Abs 2 RVG). Ginge es hier um ein gerichtliches Verfahren, wäre gemäß § 3 Abs 1 Satz 1 RVG eine Betragsrahmengebühr entstanden. Der Kläger hat einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Versorgung mit einem Hörgerät als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben behauptet. Hierfür wäre im Fall der Klageerhebung gemäß § 51 Abs 1 Nr 1 SGG der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet. Dann entstünden auch Betragsrahmengebühren, da der Kläger den Anspruch als Versicherter geltend macht (§ 3 Abs 1 Satz 1 RVG, § 183 Satz 1 SGG).

25

bb) Zutreffend hat das LSG festgestellt, dass auch die weiteren Voraussetzungen für das Entstehen einer Erledigungsgebühr nach Nr 1005 iVm Nr 1002 VV RVG erfüllt sind. Nach den amtlichen, vom Gesetzestext umfassten Erläuterungen zu Nr 1002 Satz 1 VV RVG setzt diese Vorschrift voraus, dass "sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt". Dem steht nach Satz 2 gleich, dass "sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts erledigt". Das LSG hat zutreffend festgestellt, dass sich das isolierte Vorverfahren "durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt" hat.

26

Nach gefestigter Rechtsprechung des BSG kann eine Erledigungsgebühr für die Mitwirkung an der Erledigung eines isolierten Vorverfahrens durch Abhilfebescheid nur beansprucht werden, wenn der Anwalt eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit entfaltet hat. Nach dem Wortlaut der Erläuterungen zu Nr 1002 (Satz 2) VV RVG kommt es hiernach für das Entstehen einer Erledigungsgebühr sowohl in einer Anfechtungssituation als auch bei einem Verpflichtungsrechtsbehelf auf die auf Erledigung gerichtete Mithilfe des Anwalts an. Auch die Regelungssystematik, der Sinn und Zweck der Regelung sowie ihre Entstehungsgeschichte erfordern eine qualifizierte erledigungsgerichtete Mitwirkung des Rechtsanwalts, die über das Maß desjenigen hinausgeht, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren abgegolten wird (vgl Senatsurteil vom 5.5.2009 - B 13 R 137/08 R - Juris RdNr 16; BSG vom 5.5.2010 - B 11 AL 14/09 R - Juris RdNr 22; BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, RdNr 42; BSG SozR 4-1935 VV Nr 1002 Nr 1 RdNr 14; BSG vom 2.10.2008 - B 9/9a SB 3/07 R - Juris RdNr 15; BSG vom 21.3.2007 - B 11a AL 53/06 R - Juris RdNr 16; BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 8 RdNr 20 ff; BSG vom 7.11.2006 - B 1 KR 22/06 R - und B 1 KR B 1 KR 13/06 R, jeweils RdNr 20 ff; für die Literatur zustimmend: Roos in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, Anhang zu § 63 RdNr 43b; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl 2010, Nr 1002 VV RdNr 38; Straßfeld, NZS 2010, 253, 259; dieselbe, Brennpunkte des Sozialrechts 2009, 219, 247; dieselbe, SGb 2008, 635, 641; Köhler, ZFSH/SGB 2009, 67, 76; Becker in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB X, Stand 2010, K § 63 RdNr 98; Curkovic in Bischof, RVG-Kompaktkommentar, 2. Aufl 2007, Nr 1002 VV RdNr 9 f, Nr 1005 VV RdNr 3; Mayer in Mayer/Kroiß , RVG-HK, 2. Aufl 2006, Nr 1002 VV RdNr 18).

27

Eine solche qualifizierte, eine Erledigungsgebühr begründende Tätigkeit liegt zB vor, wenn der Rechtsanwalt zum Zwecke des Beweises entscheidungserheblicher Tatsachen unaufgefordert neue, bisher noch nicht bekannte Beweismittel im Widerspruchsverfahren beibringt (zB neu erstattete Befundberichte, vgl BSG SozR 4-1935 VV Nr 1002 Nr 1 RdNr 15). Anders verhält es sich bei der Vorlage schon präsenter Beweismittel im Rahmen der dem Widerspruchsführer ohnehin obliegenden Mitwirkung (§ 21 Abs 2 Satz 1 und 2 SGB X), deren unaufgeforderte Vorlage bereits mit der Geschäftsgebühr bzw der Auslagenpauschale abgegolten ist (vgl BSG vom 2.10.2008 - B 9/9a SB 3/07 R - Juris RdNr 16 f; vgl auch BSG vom 5.5.2010 - B 11 AL 14/09 R - Juris RdNr 22).

28

cc) Wie die Beklagte selbst einräumt, liegt im vorliegenden Fall eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit im Sinne einer qualifizierten erledigungsgerichteten Mitwirkung des Rechtsanwalts vor, die ursächlich für die (unstreitige) Erledigung des Vorverfahrens durch Abhilfebescheid war. Ungeachtet dessen tragen die für den Senat bindenden (§ 163 SGG) tatsächlichen Feststellungen des LSG dieses Ergebnis unter Zugrundelegung der aufgezeigten Maßstäbe. Der Bevollmächtigte des Klägers hat den Widerspruch nicht nur eingelegt und begründet, sondern darüber hinaus zum Zwecke des Beweises entscheidungserheblicher Tatsachen unaufgefordert die Bestätigung des Arbeitgebers vom 10.2.2006 beigebracht, in der dieser die Richtigkeit der vom Kläger gemachten Angaben vom 9.2.2006 zu den "Hörprobleme(n) am Arbeitsplatz" bestätigte. Das während des laufenden Widerspruchsverfahrens zur Glaubhaftmachung der Angaben des Klägers erstellte Schreiben hat die Beklagte im Wege des Urkundsbeweises (§ 21 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 Nr 3 SGB X iVm § 416 ZPO)verwertet. Unerheblich ist, dass der Kläger eine inhaltlich identische Schilderung bereits bei Antragstellung im Dezember 2005 übersandt hatte. Denn erst die vom Kläger unaufgefordert vorgelegte Arbeitgeberbestätigung machte weitere Sachverhaltsermittlungen der Beklagten, zB durch Nachfragen beim Arbeitgeber, entbehrlich. Deshalb kommt es auch nicht auf den Umfang der Bestätigung (1,5 Zeilen) an. Entscheidend ist vielmehr der dem Anwalt entstandene Aufwand, der ua durch das Bemühen entstanden ist, an den Arbeitgeber im aufgezeigten Sinne heranzutreten. Mit der Vorlage dieser selbst beschafften Urkunde hat der Bevollmächtigte des Klägers den Rahmen der seinem Mandanten obliegenden Mitwirkung (§ 21 Abs 2 Satz 1 und 2 SGB X; § 60 Abs 1 Satz 1 Nr 1 und Nr 3 SGB I)überobligatorisch erfüllt (§ 21 Abs 2 Satz 3 SGB X).

29

Die Vorlage der Arbeitgeberbestätigung vom 10.2.2006 war im vorliegenden Fall auch ursächlich für die (unstreitige) Erledigung des Vorverfahrens durch Abhilfebescheid. Denn die Beklagte hat unter Berücksichtigung der vom Kläger geschilderten berufsbedingten Anforderungen an sein Hörvermögen und der Bestätigung der Richtigkeit dieser Angaben durch den Arbeitgeber dem Widerspruch abgeholfen. Entgegen den Feststellungen des LSG erfolgte die Erledigung nicht durch (stattgebenden) Widerspruchsbescheid.

30

dd) Entgegen der Ansicht der Beklagten bedurfte es für das Entstehen der Erledigungsgebühr auch keines zusätzlichen "beiderseitigen Nachgebens" der Beteiligten. Hierfür ergeben sich unter Geltung des RVG keine tragfähigen rechtlichen Gesichtspunkte.

31

Der 9. Senat des BSG hat seine Rechtsprechung insoweit aufgegeben, als er vor dem Inkrafttreten des RVG die Auffassung vertreten hatte, dass eine gebührenrechtlich erhebliche Mitwirkungshandlung eines Bevollmächtigten nach § 116 Abs 3 Satz 2 BRAGO(idF des Gesetzes vom 20.8.1990, ) nur dann vorlag, wenn sich die Rechtssache durch beiderseitiges Nachgeben erledigt hatte (vgl BSG SozR 3-1930 § 116 Nr 7 S 23 f; BSGE 97, 153 = SozR 4-1500 § 183 Nr 4, RdNr 19). Diese Rechtsprechung ist aufgrund des Wortlauts der inhaltlich neuen Erläuterung zu Nr 1002 (Satz 2) VV RVG überholt, mit welcher die teilweise und die vollständige Abhilfe gleichgestellt werden (so BSG SozR 4-1935 VV Nr 1002 Nr 1 RdNr 14; BSG vom 2.10.2008 - B 9/9a SB 3/07 R - Juris RdNr 15). Dieser Rechtsprechung hat sich der erkennende Senat bereits angeschlossen und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der geänderte Wortlaut von Nr 1002 Satz 2 VV RVG nicht mehr auf ein beiderseitiges Nachgeben abstellt, sondern teilweise und vollständige Abhilfe gleichstellt (vgl Senatsurteil vom 5.5.2009 - B 13 R 137/08 R - Juris RdNr 16).

32

Der Revisionsvortrag - auch im Vergleich zur Revisionserwiderung der identischen Beklagten im entschiedenen Verfahren B 13 R 137/08 R - enthält insofern keine neuen Argumente, die Anlass geben könnten, von dieser gefestigten Rechtsprechung abzuweichen. Deshalb kann auf die vom 1. Senat des BSG getroffene Auslegung unter Zugrundelegung des Wortlauts, der systematischen Zusammenhänge mit vergleichbaren Gebührenpositionen, Sinn und Zweck der Regelung und der Entstehungsgeschichte von Nr 1005 iVm Nr 1002 VV RVG verwiesen werden, wonach die Erledigungsgebühr "ein besonderes Bemühen" um eine Erledigung (nicht "Einigung") des Rechtsanwalts im Widerspruchsverfahren voraussetzt. Nur insofern ist die zu § 24 BRAGO iVm § 116 Abs 4 Satz 2 BRAGO(idF des Gesetzes vom 17.8.2001 ) bzw § 116 Abs 3 Satz 2 BRAGO(idF des Gesetzes vom 20.8.1990 ) ergangene Rechtsprechung auf Nr 1005 VV RVG noch übertragbar (BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 8 RdNr 25 mwN). Für ein beiderseitiges Nachgeben als Voraussetzung des Entstehens der Erledigungsgebühr lassen die genannten neuen Vorschriften und mit ihnen die hierzu ergangene Rechtsprechung keinen Raum mehr. Allein entscheidend ist vielmehr, ob eine Mitwirkung des Rechtsanwalts an der Erledigung des (isolierten) Widerspruchsverfahrens durch Abhilfebescheid vorliegt, die über das Maß desjenigen hinausgeht, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren abgegolten wird (BSG aaO; zustimmend Straßfeld, NZS 2010, 253, 258 f; dieselbe, Brennpunkte des Sozialrechts 2009, 219, 248; Mayer in Mayer/Kroiß , RVG-HK, 2. Aufl 2006, Nr 1002 VV RdNr 12).

33

Auch auf den weiteren Revisionsvortrag, der danach differenziert, ob sich die Rechtssache erst nach Aufhebung bzw Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts oder durch Verwaltungsakt erledige, kommt es nach der vorliegenden Rechtsprechung für das Entstehen einer Erledigungsgebühr nicht an; ebenso wenig darauf, ob die Nr 1002 VV RVG eine teilweise und vollständige Abhilfe oder eine teilweise und vollständige Erledigung gleichstelle. Unerheblich ist schließlich, ob eine verfahrensvermeidende oder -beendende Funktion der anwaltlichen Tätigkeit feststellbar sein muss oder ob es "zufälliger" Erfolg einer eigentlich "verfahrensgewinnenden" Funktion der anwaltlichen Tätigkeit ist, dass die Beklagte dem Widerspruch abgeholfen hat (vgl Senatsurteil vom 5.5.2009 - B 13 R 137/08 R - Juris RdNr 20).

34

ee) Die Höhe der Erledigungsgebühr als solche ist von der Beklagten nicht angegriffen worden. Sie entspricht der Mittelgebühr von 280 Euro nach § 14 Abs 1 Satz 1 iVm Nr 1005 VV RVG(Rahmengebühr zwischen 40 und 520 Euro). Die Mittelgebühr errechnet sich aus der Mindestgebühr zuzüglich der Hälfte des Unterschieds zwischen Mindest- und Höchstgebühr. Sie kann auch ermittelt werden, indem man Mindest- und Höchstgebühr addiert und das Ergebnis durch zwei dividiert (hier: 40 plus 520, geteilt durch 2 = 280 Euro; vgl allgemein zur Berechnung, BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, RdNr 23 mwN).

35

Innerhalb des Gebührenrahmens bestimmt der Rechtsanwalt nach § 14 Abs 1 Satz 1 RVG die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs 1 Satz 4 RVG). Die Mittelgebühr ist auch unter Geltung des RVG im Grundsatz in Fällen zugrunde zu legen, in denen sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts nicht nach oben oder unten vom Durchschnitt abhebt; sie gilt in "Normalfällen" als billige Gebühr (BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, RdNr 24 f mwN; BSG vom 5.5.2010 - B 11 AL 14/09 R - Juris RdNr 16 ff). Dass die anwaltliche Tätigkeit insbesondere weder umfangreich noch schwierig, mithin durchschnittlicher Art gewesen ist, folgt aus den bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG.

36

4. Der Kläger hat jedoch nur Anspruch auf Erstattung der reduzierten Geschäftsgebühr gemäß § 2 Abs 2 Satz 1 RVG iVm Nr 2500, 2501 VV RVG aF(als Nr 2400, 2401 VV RVG in der ab 1.7.2006 geltenden Fassung von Art 5 Abs 1 Nr 4 Buchst b KostRMoG fortgeführt). Nach der amtlichen Vorbemerkung zu Nr 2500 VV RVG aF entsteht die Geschäftsgebühr ua für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information; sie beträgt in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG), 40 bis 520 Euro, wobei eine Gebühr von mehr als 240 Euro nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Zusätzlich bestimmt Nr 2501 VV RVG aF für den Fall des Vorausgehens einer Tätigkeit im Verwaltungsverfahren, dass die Gebühr für das weitere, der Nachprüfung des Verwaltungsakts dienende Verwaltungsverfahren 40 bis 260 Euro beträgt, wobei eine Gebühr von mehr als 120 Euro nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich und schwierig war (sog Schwellengebühr). Der durch die Vorbefassung der Angelegenheit im Verwaltungsverfahren ersparte Aufwand soll durch einen geringeren Gebührenrahmen abgegolten werden (vgl BSGE 106, 21 = SozR 4-1300 § 63 Nr 12, RdNr 20 unter Hinweis auf BT-Drucks 15/1971 S 208).

37

a) Die Beklagte hat dem Kläger gemäß § 63 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 und Abs 3 Satz 1 Halbs 1 SGB X lediglich die geminderte Geschäftsgebühr nach Nr 2501 VV RVG aF iVm § 14 RVG zu erstatten. Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) war der Bevollmächtigte des Klägers bereits im (selben) vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mit der Angelegenheit befasst, als er die Kostenübernahme für das digitale Hörgerät durch Anwaltsschreiben im Dezember 2005 bei der Beklagten beantragt hat. Damit war das hierauf gerichtete Verwaltungsverfahren eröffnet (§ 116 Abs 2 Nr 1 SGB VI; § 18 Satz 2 Nr 1 SGB X).

38

Für die anwaltliche Tätigkeit im Verwaltungsverfahren besteht kein Erstattungsanspruch gegenüber der Beklagten. Im Hinblick auf das Gebührenrecht handelt es sich beim Verwaltungs- und beim Widerspruchsverfahren um unterschiedliche Angelegenheiten. Für eine Kostenerstattung von Aufwendungen für das dem Widerspruchsverfahren vorausgegangene Verwaltungsverfahren bietet § 63 SGB X keine Rechtsgrundlage(vgl BSGE 106, 21 = SozR 4-1300 § 63 Nr 12, RdNr 14 ff, 19; BSGE 55, 92, 94 = SozR 1300 § 63 Nr 1 S 3; zustimmend Roos in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 63 RdNr 6).

39

b) Die Geschäftsgebühr nach Nr 2500 VV RVG aF iHv 240 Euro zzgl darauf entfallende Umsatzsteuer war daher im angefochtenen Kostenbescheid unzutreffend festgesetzt. Dem Kläger stand nur die verminderte Geschäftsgebühr nach Nr 2501 VV RVG aF zzgl Umsatzsteuer zu. Es handelt sich hierbei um die ausgehend von der Mittelgebühr (150 Euro) um den Schwellenwert (30 Euro) gekappte Schwellengebühr (120 Euro). Die Einführung der Schwellengebühr hat zur Folge, dass die in einem ersten Schritt ausgehend von der Mittelgebühr bestimmte Gebühr in einem zweiten Schritt in Höhe des Schwellenwertes gekappt wird, wenn weder der Umfang noch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit mehr als durchschnittlich ist (zur Berechnung vgl BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, RdNr 22; BSG vom 5.5.2010 - B 11 AL 14/09 R - Juris RdNr 15 f; BSG vom 29.3.2007- B 9a SB 4/06 R - Juris RdNr 16).

40

Wie bereits zur Erledigungsgebühr ausgeführt, bieten die bindenden Feststellungen des LSG keine greifbaren Anhaltspunkte für das Vorliegen einer überdurchschnittlich umfangreichen oder schwierigen Tätigkeit des Bevollmächtigten, die Anlass geben könnten, eine höhere Geschäftsgebühr als 120 Euro anzunehmen. Dies hat auch der Kläger weder behauptet, noch ergibt sich dies aus der vom Bevollmächtigten vorgelegten Kostennote. Umstände, die die Öffnung des Gebührenrahmens über die Schwellengebühr hinaus rechtfertigten (vgl dazu ausführlich BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, RdNr 22 ff), sind daher nicht ersichtlich.

41

5. Der Kostenfestsetzungsbescheid vom 21.3.2006 ist unter Berücksichtigung der entstandenen Erledigungsgebühr einerseits und der reduzierten Geschäftsgebühr in Höhe der Schwellengebühr andererseits zu korrigieren. Es verbleibt ein noch an den Kläger zu erstattender Betrag von 185,60 Euro. Hierin enthalten ist die auf die Gebührenansätze anfallende Umsatzsteuer (67,20 Euro) nach Nr 7008 VV RVG (iHv 16 %, § 12 Abs 1 Umsatzsteuergesetz idF vom 21.2.2005 ) und der Gebührenansatz für die Postpauschale nach Nr 7002 VV RVG (20 Euro).

42

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt das anteilsmäßige Unterliegen bzw Obsiegen der Beteiligen.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 5. Mai 2009 geändert.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 18. Mai 2007 wird insgesamt zurückgewiesen.

Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Höhe der von der Beklagten zu erstattenden Aufwendungen des Klägers für die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren.

2

Dem Kläger wurde von seinem Arbeitgeber im Juli 2004 fristlos mit der Begründung gekündigt, er habe während der Arbeitszeit in alkoholisiertem Zustand einen Unfall verursacht. Der Kläger erhob daraufhin Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht und beantragte bei der Beklagten Arbeitslosengeld (Alg). Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 5.11.2004 den Eintritt einer Sperrzeit von zwölf Wochen mit der Begründung fest, der Kläger habe durch arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch grob fahrlässig seine Arbeitslosigkeit herbeigeführt.

3

Gegen den Bescheid vom 5.11.2004 erhob der Kläger, vertreten durch seinen bevollmächtigten Rechtsanwalt, Widerspruch. Mit Schreiben vom 8.3.2005 übersandte der Bevollmächtigte des Klägers der Beklagten das Protokoll eines am 4.3.2005 vor dem Arbeitsgericht geschlossenen Vergleichs, aus dem hervorging, dass das Arbeitsverhältnis durch ordentliche arbeitgeberseitige Kündigung endete und der Arbeitgeber den Vorwurf der Schadensverursachung durch den Kläger im alkoholisierten Zustand während der Arbeitszeit fallen ließ.

4

Mit Abhilfebescheid vom 20.4.2004 hob die Beklagte den Sperrzeitbescheid vom 5.11.2004 auf und erklärte sich bereit, die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Kosten auf Antrag zu erstatten.

5

Mit seiner bei der Beklagten eingereichten Kostennote machte der Bevollmächtigte des Klägers eine Geschäftsgebühr von 318,50 Euro, eine Erledigungsgebühr von 367,50 Euro, eine Auslagenpauschale von 20 Euro sowie 112,96 Euro Umsatzsteuer geltend, insgesamt 818,96 Euro. Die Beklagte erkannte als im Widerspruchsverfahren entstandene notwendige Aufwendungen jedoch nur 301,60 Euro an und lehnte im Übrigen eine Kostenerstattung ab (Bescheid vom 1.7.2005). Der anerkannte Betrag setzte sich wie folgt zusammen: 240 Euro Geschäftsgebühr gemäß Nr 2500 des Vergütungsverzeichnisses (VV) zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) in der bis 30.6.2006 geltenden Fassung, 20 Euro Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsleistungen sowie 41,60 Euro Umsatzsteuer. Auf den Widerspruch des Klägers erkannte die Beklagte zusätzlich noch Kopierkosten in Höhe von 8,70 Euro an (Bescheid vom 4.8.2005), wies jedoch im Übrigen den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 22.9.2005).

6

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 18.5.2007). Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG geändert, die Beklagte unter Abänderung der streitgegenständlichen Bescheide verurteilt, die erstattungsfähigen Kosten des Widerspruchsverfahrens auf 726,16 Euro festzusetzen und an den Kläger weitere 415,86 Euro zu zahlen; im Übrigen hat das LSG die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 5.5.2009). In den Entscheidungsgründen hat das LSG ua ausgeführt: Die auf der Grundlage der Nr 2500 VV RVG geltend gemachte Geschäftsgebühr von 318,50 Euro sei nicht unbillig. Die Tätigkeit des Anwalts sei schwierig gewesen. Es habe sich um ein sozialrechtliches Spezialproblem aus dem Arbeitsförderungsrecht gehandelt, in das sich der Bevollmächtigte habe einarbeiten müssen. Das Arbeitsförderungsrecht sei ein Rechtsgebiet, für das ein Rechtsanwalt Spezialwissen benötige. Der Schwierigkeitsgrad sei aus der Sicht des Allgemeinanwalts zu beurteilen; für ihn seien Fälle aus dem Sozialrecht jedenfalls dann schwierig, wenn sie von einem sozialrechtlichen Standard- und Routinefall abwichen. Auch spreche die Bildung von Kammern und Senaten mit Spezialzuständigkeiten sowie die Einführung einer Fachanwaltschaft in einem Rechtsgebiet für dessen Schwierigkeit. Diese rechtfertige im vorliegenden Fall den Ansatz einer um 40 Euro oberhalb der Schwellengebühr (240 Euro) liegenden Gebühr, also der Mittelgebühr in Höhe von 280 Euro; diese habe der Bevollmächtigte um 13,75 % auf 318,50 Euro erhöhen dürfen. Darüber hinaus sei auch eine Erledigungsgebühr gemäß Nr 1005 VV RVG angefallen. Das nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) erforderliche besondere Tätigwerden des Rechtsanwaltes liege darin, dass er im arbeitsgerichtlichen Verfahren erkennbar darauf hingewirkt habe, den Wahrheitsgehalt der vom Arbeitgeber zur Begründung der außerordentlichen Kündigung angeführten, für die Entscheidung der Beklagten maßgeblichen Tatsachen in Frage zu stellen, und dass er das Ergebnis seiner Bemühungen im Kündigungsschutzprozess unverzüglich in das Widerspruchsverfahren eingeführt habe. Als Erledigungsgebühr angemessen sei aber nur die Mittelgebühr von 280 Euro; der vom Kläger angesetzte Wert von 367,50 Euro weiche um 31,25 % von der Mittelgebühr ab und sei nicht mehr vom anwaltlichen Beurteilungsspielraum gedeckt.

7

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte Verletzungen formellen und materiellen Rechts. Sie macht ua geltend, es bestehe kein Anspruch auf Zubilligung einer 240 Euro übersteigenden Geschäftsgebühr, weil die Tätigkeit des Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren weder umfangreich noch schwierig gewesen sei. Zur Subsumtion des Sachverhalts unter die einschlägige Rechtsnorm des § 144 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) habe es nur eines flüchtigen Blickes in das Gesetz bedurft, nicht aber einer weitreichenden rechtlichen Detailprüfung. Auch eine Erledigungsgebühr sei mangels besonderer anwaltlicher Mitwirkung nicht angefallen. Das Übersenden des arbeitsgerichtlichen Vergleichs sei lediglich als logische Fortsetzung und Beendigung der ursprünglichen Widerspruchsbegründung anzusehen, nicht aber als weitere, auf gütliche Einigung gerichtete und gesondert zu vergütende Tätigkeit. Soweit ein besonderes Bemühen im Prozess vor dem Arbeitsgericht vorgelegen habe, könne dies nur im dortigen Verfahren eine Einigungsgebühr rechtfertigen.

8

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG vom 5.5.2009 zu ändern und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 18.5.2007 insgesamt zurückzuweisen.

9

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

10

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Beklagten ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz). Die Beklagte hat die dem Kläger zu erstattenden notwendigen Aufwendungen zutreffend festgesetzt, so dass auf die Revision das Urteil des LSG zu ändern und die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des SG insgesamt zurückzuweisen ist.

12

1. Von Amts wegen zu beachtende Verfahrensfehler stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen. Die Revision und die Berufung sind nicht nach § 144 Abs 4 SGG iVm § 165 Satz 1 SGG ausgeschlossen, da in der Hauptsache über die Kosten eines isolierten Vorverfahrens(§§ 78 ff SGG, § 63 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch) gestritten wird (BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 13 S 30; BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, jeweils RdNr 9; Urteil des Senats vom 25.2.2010, B 11 AL 24/08 R, zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 11 mwN). Der Kläger verfolgt sein Begehren zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage; der Erhebung einer Verpflichtungsklage auf Bestimmung der Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwalts nach § 63 Abs 3 Satz 2 SGB X bedarf es nicht, da die Beklagte diese Notwendigkeit zumindest konkludent anerkannt hat(vgl ua BSG, Urteile vom 5.5.2009, B 13 R 137/08 R, RdNr 12, und vom 21.12.2009, B 14 AS 83/08 R, zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 13).

13

2. Die angefochtenen Bescheide vom 1.7.2005 und 4.8.2005, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.9.2005, sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Insbesondere besteht kein Anspruch auf Erstattung einer den Betrag von 240 Euro übersteigenden Geschäftsgebühr (dazu im Folgenden unter b) und auch kein Anspruch auf Erstattung einer Erledigungsgebühr (dazu unter c).

14

a) Nach § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X ist, soweit der Widerspruch erfolgreich ist, der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, verpflichtet, dem Widerspruchsführer die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Nach § 63 Abs 2 SGB X sind die Gebühren und Auslagen ua eines Rechtsanwalts im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Gebühren und Auslagen iS des § 63 Abs 2 SGB X sind nur die gesetzlichen Gebühren und Auslagen(BSGE 78, 159, 161 f = SozR 3-1300 § 63 Nr 7 S 25 f; SozR 4-1300 § 63 Nr 8 RdNr 16). Diese sind bei Beauftragung eines Rechtsanwalts seit dem 1.7.2004 nach Maßgabe des RVG sowie des VV der Anlage 1 zum RVG zu bestimmen (vgl § 1 Abs 1 und § 2 Abs 2 Satz 1 RVG, jeweils idF des Art 3 des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom 5.5.2004, BGBl I 718; zum Inkrafttreten Art 8 KostRMoG, zum Übergangsrecht §§ 60, 61 RVG).

15

b) Rechtsgrundlage für die geltend gemachte Geschäftsgebühr ist Nr 2500 des VV zum RVG in der vorbezeichneten Fassung (aF; gleichlautend inzwischen Nr 2400 in der ab 1.7.2006 geltenden Fassung , vgl Art 5 Abs 1 Nr 4 Buchst b KostRMoG). Danach erhält der Rechtsanwalt in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen (vgl § 3 RVG) ua für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information (vgl Vorbemerkung 2 zu Nr 2500 VV RVG aF) eine Geschäftsgebühr (zur Anwendbarkeit bei Leistungsempfängern iS des § 183 Satz 1 SGG vgl BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, jeweils RdNr 18). Die Geschäftsgebühr nach Nr 2500 VV RVG aF umfasst einen Betragsrahmen von 40 bis 520 Euro, wobei eine Gebühr von mehr als 240 Euro nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war (so genannte Schwellengebühr).

16

Nach der Rechtsprechung des BSG zu Nr 2500 VV RVG aF (= Nr 2400 VV RVG nF) hat die Schwellengebühr von 240 Euro die so genannte Mittelgebühr, die sich aus der Mindestgebühr zuzüglich der Hälfte des Unterschieds zwischen Mindest- und Höchstgebühr errechnet (bei Nr 2500 aF also 280 Euro), nicht ersetzt (BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, jeweils RdNr 22 ff). Die Einführung der Schwellengebühr hat aber zur Folge, dass die in einem ersten Schritt ausgehend von der Mittelgebühr bestimmte Gebühr in einem zweiten Schritt in Höhe des Schwellenwertes gekappt wird, wenn weder der Umfang noch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit mehr als durchschnittlich sind (BSGE aaO RdNr 22; vgl auch BSG SozR 4-1935 § 14 Nr 1 RdNr 16). Umfang oder Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit müssen also über dem Durchschnitt liegen, um im Ergebnis eine höhere Gebühr als die Schwellengebühr zu rechtfertigen. Von einer umfangreichen oder schwierigen Tätigkeit in diesem Sinne kann aber unter den konkreten Umständen des vorliegenden Falles nicht die Rede sein, weshalb der von der Beklagten anerkannte und festgesetzte Betrag von 240 Euro nicht weiter zu erhöhen ist.

17

Dass die anwaltliche Tätigkeit weder umfangreich noch schwierig iS der Nr 2500 VV RVG aF war, ist den vom LSG festgestellten, das Revisionsgericht bindenden Tatsachen (§ 163 SGG) zu entnehmen. Das LSG hat zunächst zum Umfang der Tätigkeit des Bevollmächtigten des Klägers nach Hinweis auf die Erhebung des Widerspruchs und das Schreiben vom 8.3.2005 ausgeführt, die Tätigkeit sei nicht umfangreich gewesen. Ein überdurchschnittlicher Umfang der Tätigkeit wird auch vom Kläger selbst nicht behauptet. Das LSG hat im Übrigen tatsächliche Feststellungen zum Inhalt und zur Intensität der Tätigkeit des Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren getroffen. Danach hat der Bevollmächtigte als Allgemeinanwalt die rechtliche Prüfung vorgenommen, ob der Kläger durch arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch den Arbeitgeber gegeben und dadurch seine Arbeitslosigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, ob also eine Sperrzeit gemäß § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB III eingetreten ist. Im Rahmen und in der Folge dieser Prüfung hat der Bevollmächtigte das Protokoll über den vor dem Arbeitsgericht geschlossenen Vergleich vorgelegt. Diese Feststellungen des LSG sind maßgebend für die rechtliche Beurteilung des Senats, ob die Tätigkeit schwierig iS der Nr 2500 VV RVG aF war.

18

Eine überdurchschnittlich schwierige Tätigkeit kommt in Betracht, wenn erhebliche, sich üblicherweise nicht stellende Probleme auftreten, die sowohl im tatsächlichen als auch im juristischen Bereich liegen können (BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, jeweils RdNr 33; vgl hierzu auch Schafhausen in jurisPR-SozR 10/2010 Anm 6). Abzustellen ist auf einen Rechtsanwalt, der sich bei Wahrnehmung des Mandats darauf beschränken kann und darf, den Fall mit den einschlägigen Rechtsvorschriften, gegebenenfalls unter Heranziehung von Rechtsprechung und Literatur, zu bearbeiten (BSGE aaO RdNr 32 mwN). Ausgehend von diesen Maßstäben ist im vorliegenden Fall eine über dem Durchschnitt liegende Schwierigkeit zu verneinen. Denn die rechtliche Überprüfung der Frage des Eintritts einer Sperrzeit gemäß § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB III war nicht mit besonderen, sich üblicherweise nicht stellenden Problemen verbunden. Die einschlägige Norm ist weder schwer verständlich noch bedurfte es bei der Subsumtion des konkreten Sachverhalts unter die Norm der Auswertung umfangreicher Rechtsprechung oder spezieller Literatur. Auch in tatsächlicher Hinsicht ergeben die Feststellungen des LSG keine Anhaltspunkte für das Vorliegen besonderer Schwierigkeiten. Der Sachverhalt war überschaubar und nicht ungewöhnlich; die konkrete Verteidigungsstrategie konnte nur darauf hinauslaufen, den Vorwurf der Veranlassung der Kündigung durch arbeitsvertragswidriges Verhalten zu widerlegen oder zu entkräften. Insgesamt handelte es sich somit um einen Normal- oder Routinefall (vgl BSGE aaO RdNr 35).

19

Der Auffassung des LSG, die Schwierigkeit ergebe sich bereits aus der Einführung einer Fachanwaltschaft für das Sozialrecht sowie aus der Bildung von Fachkammern und Fachsenaten im Arbeitsförderungsrecht, folgt der Senat nicht. Das BSG hat bereits entschieden, dass es bei der Einordnung, ob die rechtliche Schwierigkeit durchschnittlich bzw über- oder unterdurchschnittlich ist, nicht angebracht ist, nach einzelnen Rechtsgebieten bzw Teilrechtsgebieten zu differenzieren (BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, jeweils RdNr 35; aA etwa Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 18. Aufl 2008, § 14 RdNr 16). Abzustellen ist also in jedem Rechtsgebiet auf den konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände (vgl auch § 14 Abs 1 Satz 1 RVG).

20

Dass der Bevollmächtigte des Klägers zunächst selbst davon ausging, seine Tätigkeit im Widerspruchsverfahren sei nicht schwierig gewesen, ergibt sich im Übrigen aus seiner der Beklagten vorgelegten Kostennote. Die geforderte Geschäftsgebühr von 318,50 Euro war nämlich auf der Grundlage der Nr 2400 VV RVG aF (= Nr 2300 VV RVG nF) berechnet, wobei der Bevollmächtigte rechtsirrig annahm, die Gebühr richte sich nach dem Gegenstandswert. Der Betrag von 318,50 Euro ergab sich aus einem unterstellten Streitwert von 3.731,28 Euro (Alg für zwölf Wochen) und einer Gebühr von 1,3 gemäß Nr 2400 VV RVG aF (vgl § 13 Abs 1 RVG iVm der Anlage 2 zum RVG: volle Gebühr 245 Euro, Gebühr von 1,3 also 318,50 Euro). Bei Annahme einer überdurchschnittlichen Schwierigkeit wäre die Berechnung einer höheren Geschäftsgebühr zu erwarten gewesen, da nach Nr 2400 VV RVG aF (= Nr 2300 VV RVG nF) eine Gebühr von mehr als 1,3 gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war.

21

c) Rechtsgrundlage für die geltend gemachte Erledigungsgebühr ist Nr 1005 VV RVG iVm Nr 1002 VV RVG (jeweils idF des KostRMoG). Danach erhält der Rechtsanwalt eine Gebühr für die Erledigung in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG); die Gebühr umfasst einen Rahmen von 40 bis 520 Euro. Die Gebühr entsteht, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt (vgl Erläuterungen zu Nr 1002 VV RVG). Entgegen der Auffassung des LSG sind die Voraussetzungen für das Entstehen einer Erledigungsgebühr nicht erfüllt.

22

Nach der Rechtsprechung des BSG zu Nr 1005 bzw 1002 VV RVG kann eine Gebühr für die Mitwirkung an der Erledigung eines isolierten Vorverfahrens nur beansprucht werden, wenn der Rechtsanwalt eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit entfaltet hat (ua BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 8 RdNr 20 ff; Urteil vom 21.3.2007, B 11a AL 53/06 R, RdNr 16; SozR 4-1935 VV Nr 1002 Nr 1, RdNr 14 mwN; zustimmend ua Roos in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, Anhang zu § 63 RdNr 43b). Erforderlich ist eine qualifizierte erledigungsgerichtete Mitwirkung, die über das Maß hinausgeht, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im Widerspruchsverfahren abgegolten wird (vgl BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 8 RdNr 22). Eine solche qualifizierte, eine Erledigungsgebühr begründende Tätigkeit liegt beispielsweise vor, wenn der Rechtsanwalt zum Zwecke des Beweises entscheidungserheblicher Tatsachen unaufgefordert neue Beweismittel, etwa während des Vorverfahrens neu erstattete Befundberichte, beibringt (BSG SozR 4-1935 VV Nr 1002 Nr 1 RdNr 15). Dagegen bewegt sich die Vorlage präsenter Beweismittel noch im Rahmen der dem Widerspruchsführer ohnehin obliegenden Mitwirkung (§ 21 Abs 2 SGB X) und ist bereits mit der Geschäftsgebühr bzw der Auslagenpauschale abgegolten (BSG, Urteil vom 2.10.2008, B 9/9a SB 3/07 R, RdNr 16, 17).

23

Unter Zugrundelegung dieser in der Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe kann in der durch den Bevollmächtigten des Klägers vorgenommenen Übersendung des vor dem Arbeitsgericht geschlossenen Vergleichs keine die Gebühr nach Nr 1005 VV RVG rechtfertigende besondere Tätigkeit gesehen werden. Das LSG hat nicht hinreichend berücksichtigt, dass die für den Vergleichsabschluss ausschlaggebende Tätigkeit nicht im Widerspruchsverfahren, sondern in einem anderen, vom Kläger gesondert anhängig gemachten Verfahren entfaltet worden ist. Denn die Gebühr nach Nr 1005 iVm Nr 1002 VV RVG entsteht bei Erledigung einer Rechtssache nach Aufhebung oder Änderung eines angefochtenen Verwaltungsakts (vgl Erläuterungen zu Nr 1002 VV RVG), woraus deutlich wird, dass die anwaltliche Mitwirkung im konkreten Verfahren stattfinden muss und dass ein Tätigwerden in einem anderen Verfahren regelmäßig nicht ausreicht (vgl Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl 2008, Nr 1002 VV RVG RdNr 12 mwN).

24

Nach den getroffenen Feststellungen hat der Bevollmächtigte im arbeitsgerichtlichen Prozess darauf hingewirkt, den Wahrheitsgehalt der vom Arbeitgeber zur Begründung der außerordentlichen Kündigung angeführten Tatsachen in Frage zu stellen. Aufgrund dieser besonderen Bemühungen des Bevollmächtigten ist auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren eine Einigungsgebühr gemäß Nr 1000 VV RVG angefallen. Demgegenüber kommt der anschließenden Übersendung des Vergleichstextes an die Beklagte nur untergeordnete Bedeutung zu; sie kann nicht etwa der Beibringung neuer im Vorverfahren beschaffter Beweismittel (BSG SozR 4-1935 VV Nr 1002 Nr 1) gleichgesetzt werden.

25

Der Senat folgt in diesem Zusammenhang nicht der Auffassung des LSG, die Bemühungen des Bevollmächtigten vor dem Arbeitsgericht seien "hauptsächlich" für das Widerspruchsverfahren bedeutsam gewesen. Auszugehen ist vielmehr davon, dass der Bevollmächtigte des Klägers auch und gerade aus arbeitsrechtlichen Gründen verpflichtet war, die Kündigungsgründe in Frage zu stellen und auf die Feststellung der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung hinzuwirken. Die Vorlage des Vergleichs im Widerspruchsverfahren ist deshalb lediglich im Rahmen der Verpflichtung des Rechtsanwalts, das Verfahren gewissenhaft und sorgfältig zu betreiben, erfolgt und durch die Geschäftsgebühr nach Nr 2500 VV RVG aF (= Nr 2400 VV RVG nF) abgedeckt.

26

d) Die angefochtenen Kostenfestsetzungsbescheide sind auch im Übrigen zutreffend. Dies gilt für die anerkannten Kosten für Ablichtungen, die Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen und für die Umsatzsteuer (Nr 7000, 7002 und 7008 VV RVG).

27

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe

1

Die auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 75 Satz 1 und 2 ZDG, § 135 Satz 3 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

Grundsätzliche Bedeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt die Bezeichnung einer konkreten Rechtsfrage, die für die Revisionsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten Rechtsfrage mit einer über den Einzelfall hinausweisenden Bedeutung führen kann. Den Darlegungen des Klägers lässt sich nicht entnehmen, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind.

3

Der Kläger wirft die Frage auf, "ob die Einholung eines (z.B. medizinischen) Gutachtens zur Widerlegung der von der Behörde getroffenen Feststellungen im isolierten Vorverfahren eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende Tätigkeit des Rechtsanwalts i.S. Nr. 1002 VV RVG darstellt, die eine Erledigungsgebühr auslöst." Dieser Fragestellung kommt die grundsätzliche Bedeutung, die ihr der Kläger beimisst, nicht zu.

4

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 4. Oktober 1985 - BVerwG 8 C 68.83 - Buchholz 362 § 24 BRAGO Nr. 3 S. 4 und vom 23. April 1993 - BVerwG 8 C 16.92 - Buchholz 360 § 13 GKG Nr. 74 S. 58) sind die Voraussetzungen geklärt, unter denen wegen der rechtsanwaltlichen Mitwirkung an einer Erledigung eines Widerspruchsverfahrens eine Erledigungsgebühr entsteht und nach § 80 Abs. 1 Satz 1 Abs. 2 VwVfG erstattet werden kann. Erforderlich ist danach eine besondere, über die bereits mit der Geschäftsgebühr abgegoltene Einlegung und Begründung des Rechtsbehelfs hinausgehende, auf die Beilegung des Rechtsstreits ohne streitige Widerspruchsentscheidung "auf sonstige Weise" gerichtete Tätigkeit des Rechtsanwalts. Diese noch zu § 24 BRAGO a.F. entwickelten Grundsätze sind auch auf die in ihrem wesentlichen Regelungsgehalt unveränderte Nachfolgevorschrift der Nr. 1002 des Vergütungsverzeichnisses in Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG (VV-RVG) anwendbar (vgl. Müller-Rabe, in: Gerold/ Schmidt, RVG, 19. Aufl. 2010, VV 1002 Rn. 6). Ob nach diesen Grundsätzen in der Einholung und Vorlage einer ärztlichen Stellungnahme eine mit einer Erledigungsgebühr abzugeltende rechtsanwaltliche Tätigkeit gefunden werden kann, ist hiernach eine der grundsätzlichen Klärung nicht zugängliche Frage des jeweiligen Einzelfalls.

5

Der Kläger beruft sich für eine Grundsatzbedeutung der von ihm bezeichneten Frage vergeblich auf die Urteile des Bundessozialgerichts vom 2. Oktober 2008 - B 9/9a SB 3/07 R - (juris) und - B 9/9a SB 5/07 R - (NJW 2009, 3804), wonach eine Erledigungsgebühr nach Nr. 1002 (i.V.m. Nr. 1005) VV-RVG anfalle, wenn ein Widerspruchsführer von seinem Rechtsanwalt dazu veranlasst werde, sich ärztliche Befundberichte erstellen zu lassen, und deren Vorlage im Widerspruchsverfahren dazu führe, dass die Behörde dem Begehren des Widerspruchsführers ganz oder teilweise entspreche. Es führt nicht auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, dass der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht sei von diesen Entscheidungen abgewichen, und deswegen ein Bedürfnis nach einer einheitlichen Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte annimmt. Denn eine Grundsatzrüge kann zwar auch auf eine Abweichung des Urteils eines Instanzgerichts von der Entscheidung eines in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht aufgeführten obersten Bundesgerichts gestützt werden. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die auf diese Weise als vermeintlich rechtsgrundsätzlich aufgeworfene Frage in einem Revisionsverfahren geklärt werden kann (vgl. Beschlüsse vom 22. Juni 1984 - BVerwG 8 B 121.83 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 225 S. 15 f. und vom 4. Dezember 2006 - BVerwG 2 B 57.06 - juris Rn. 3). Dies ist hier nicht der Fall.

6

Das Bundessozialgericht geht wie das Bundesverwaltungsgericht und das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil davon aus, dass sich der Rechtsanwalt eine Erledigungsgebühr dann verdient hat, wenn er im Widerspruchsverfahren eine Tätigkeit entfaltet hat, die über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgeht, die bereits mit der Geschäftsgebühr abgegolten sind. Die übliche Tätigkeit, die ein gewissenhaft arbeitender Rechtsanwalt seinem Mandanten in einem Widerspruchsverfahren schuldet, wird danach von der Geschäftsgebühr abgegolten. Welche Tätigkeiten hierzu gehören, hängt aber wiederum von der je anderen Eigenart des Widerspruchsverfahren und den unterschiedlichen verwaltungsverfahrensrechtlichen Normen ab, die Pflichten und Obliegenheiten des Widerspruchsführers zur Mitwirkung im Verwaltungsverfahren begründen. Hierauf stellt das Bundessozialgericht entscheidungstragend ab, wenn es feststellt, dass nach den insoweit einschlägigen Normen des SGB I und SGB II keine Obliegenheit des Widerspruchsführers besteht, unaufgefordert selbst beschaffte ärztliche Befundberichte vorzulegen. Hieraus folgert das Bundessozialgericht, dass auch der Rechtsanwalt im Rahmen seiner durch die Geschäftsgebühr abgegoltenen Tätigkeit die Vorlage solcher ärztlichen Befundberichte nicht zu veranlassen braucht, sondern eine nicht schon durch die Geschäftsgebühr abgegoltene Tätigkeit entfaltet, wenn er den Widerspruchsführer veranlasst, sich zusätzliche ärztliche Befundberichte zu verschaffen und sie vorzulegen. Das Bundessozialgericht stellt mithin entscheidend auf Normen des sozialrechtlichen Verwaltungsverfahrens ab, die im allgemeinen Verwaltungsverfahren und im wehr- und zivildienstrechtlichen Musterungsverfahren keine Entsprechung finden. Zu der hier in Mitten stehenden Norm der Nr. 1002 VV-RVG bestehen keine Unterschiede zwischen dem Urteil des Verwaltungsgerichts und der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, die Anlass zu einem klärenden Wort im Revisionsverfahren geben könnten.

(1) Die Behörde bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Sie kann insbesondere

1.
Auskünfte jeder Art, auch elektronisch und als elektronisches Dokument, einholen,
2.
Beteiligte anhören, Zeugen und Sachverständige vernehmen oder die schriftliche oder elektronische Äußerung von Beteiligten, Sachverständigen und Zeugen einholen,
3.
Urkunden und Akten beiziehen,
4.
den Augenschein einnehmen.
Urkunden und Akten können auch in elektronischer Form beigezogen werden, es sei denn, durch Rechtsvorschrift ist etwas anderes bestimmt.

(2) Die Beteiligten sollen bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken. Sie sollen insbesondere ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel angeben. Eine weitergehende Pflicht, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere eine Pflicht zum persönlichen Erscheinen oder zur Aussage, besteht nur, soweit sie durch Rechtsvorschrift besonders vorgesehen ist.

(3) Für Zeugen und Sachverständige besteht eine Pflicht zur Aussage oder zur Erstattung von Gutachten, wenn sie durch Rechtsvorschrift vorgesehen ist. Eine solche Pflicht besteht auch dann, wenn die Aussage oder die Erstattung von Gutachten im Rahmen von § 407 der Zivilprozessordnung zur Entscheidung über die Entstehung, Erbringung, Fortsetzung, das Ruhen, die Entziehung oder den Wegfall einer Sozialleistung sowie deren Höhe unabweisbar ist. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Recht, ein Zeugnis oder ein Gutachten zu verweigern, über die Ablehnung von Sachverständigen sowie über die Vernehmung von Angehörigen des öffentlichen Dienstes als Zeugen oder Sachverständige gelten entsprechend. Falls die Behörde Zeugen, Sachverständige und Dritte herangezogen hat, erhalten sie auf Antrag in entsprechender Anwendung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes eine Entschädigung oder Vergütung; mit Sachverständigen kann die Behörde eine Vergütung vereinbaren.

(4) Die Finanzbehörden haben, soweit es im Verfahren nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist, Auskunft über die ihnen bekannten Einkommens- oder Vermögensverhältnisse des Antragstellers, Leistungsempfängers, Erstattungspflichtigen, Unterhaltsverpflichteten, Unterhaltsberechtigten oder der zum Haushalt rechnenden Familienmitglieder zu erteilen.

(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Sozialgerichts Trier vom 24. Juli 2007 und des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 15. Juli 2009 geändert. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger lediglich weitere 185,60 Euro an Rechtsanwaltsgebühren zu erstatten; die darüber hinausgehende Klage wird abgewiesen.

Im Übrigen wird die Revision der Beklagten zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger 3/5 der außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits in allen Rechtszügen zu erstatten.

Tatbestand

1

Im Streit steht, in welcher Höhe die Beklagte Rechtsanwaltsgebühren im Rahmen eines isolierten Vorverfahrens zu erstatten hat.

2

Der Kläger beantragte im Dezember 2005 mit Schreiben seines bevollmächtigten Rechtsanwalts die Übernahme von Kosten für eine berufsbedingte Hörgeräteversorgung über die Festbetragsgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung hinaus. Diesem Antrag war ua eine Schilderung über hörbedingte Probleme des Klägers am Arbeitsplatz beigefügt. Der Antrag blieb zunächst erfolglos, weil die Hörgeräteversorgung nicht ausschließlich zur Ausübung seiner Berufstätigkeit erforderlich sei (Bescheid vom 12.1.2006). Mit dem Widerspruch trug der Bevollmächtigte vor, dass das beantragte Hörgerät nicht zur Herstellung der Kommunikationsfähigkeit im Alltag bestimmt sei und fügte eine weitere - inhaltlich identische - Stellungnahme des Klägers über "Hörprobleme am Arbeitsplatz" vom 9.2.2006 bei. Die Richtigkeit dieser Angaben bestätigte der Arbeitgeber im ebenfalls beigefügten Schreiben vom 10.2.2006. Die von der Beklagten eingeholte beratungsärztliche Stellungnahme vom 23.2.2006 empfahl die Abhilfe des Widerspruchs, weil ein höherwertiges Hörgerät zur Erhöhung der Sicherheit am Arbeitsplatz erforderlich sei.

3

Den Ablehnungsbescheid vom 12.1.2006 nahm die Beklagte daraufhin zurück. Sie half dem Widerspruch in vollem Umfang ab und erklärte sich bereit, die beantragten Kosten für die Beschaffung des Hörgeräts antragsgemäß zu übernehmen und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Widerspruchsverfahren notwendigen Aufwendungen voll zu erstatten (Bescheid vom 3.3.2006).

4

Mit Schriftsatz vom 10.3.2006 stellte der Bevollmächtigte Rechtsanwaltsgebühren iHv insgesamt 626,40 Euro der Beklagten in Rechnung. Hierin war ua eine Erledigungsgebühr (280 Euro) zzgl Umsatzsteuer von 16 % (= 324,80 Euro) nach Nr 1002, 1005, 7008 Vergütungsverzeichnis (VV) gemäß Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) enthalten, deren Erstattung die Beklagte ablehnte, weil ein Erhöhungstatbestand nach § 3 Abs 2 RVG iVm Nr 1005 VV RVG bei voller Abhilfe nicht vorliege. Sie erstattete daher lediglich einen Betrag iHv 301,60 Euro (626,40 Euro abzüglich 324,80 Euro). Im Erstattungsbetrag waren eine Geschäftsgebühr nach Nr 2500 (jetzt Nr 2400) VV RVG aF (240 Euro), die Postpauschale nach Nr 7002 VV RVG (20 Euro) und die Umsatzsteuer nach Nr 7008 VV RVG (41,60 Euro) enthalten (Bescheid vom 21.3.2006). Der auf die Erstattung auch der Erledigungsgebühr zzgl Umsatzsteuer (324,80 Euro) gerichtete Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 22.6.2006).

5

Im Klageverfahren hat das SG die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Bescheids verurteilt, dem Kläger antragsgemäß den Betrag iHv 324,80 Euro zu erstatten (Urteil SG Trier vom 24.7.2007).

6

Auf die vom LSG zugelassene Berufung hat es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 15.7.2009). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Eine Erledigungsgebühr entstehe, wenn eine anwaltliche Tätigkeit erbracht werde, die über das Maß hinausgehe, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren abgegolten sei. Es schließe sich der Auffassung des 2. Senats des LSG im Urteil vom 27.10.2008 - L 2 R 49/08 - (nachgehend Senatsurteil vom 5.5.2009 - B 13 R 137/08 R) und des BSG vom 7.11.2006 (SozR 4-1300 § 63 Nr 8)an. Eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit des Rechtsanwalts des Klägers liege hier vor. Der Bevollmächtigte habe sich im Widerspruchsverfahren mit den Gründen des Ablehnungsbescheids auseinandergesetzt und im Einzelnen dargelegt, warum der Kläger unter Berücksichtigung der vorgelegten Arbeitsplatzbeschreibung einen Anspruch auf Kostenübernahme für die begehrte Hörgeräteversorgung habe. Als weiteres Beweismittel sei eine Bestätigung des Arbeitgebers vorgelegt worden. Der qualifizierte Vortrag und das weitere Beweismittel hätten zur Erledigung des Widerspruchsverfahrens beigetragen. Insoweit könne auf das Urteil des BSG vom 2.10.2008 (SozR 4-1935 VV Nr 1002 Nr 1) verwiesen werden, wo eine Erledigungsgebühr nach Vorlage neuer (medizinischer) Beweismittel im Widerspruchsverfahren zugesprochen worden sei. Unschädlich für das Entstehen der Erledigungsgebühr sei, dass das Widerspruchsverfahren durch Widerspruchs- und nicht durch Abhilfebescheid erledigt worden sei.

7

Mit der Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 2.10.2008 und 5.5.2009) sei davon auszugehen, dass für das Entstehen der Erledigungsgebühr kein beiderseitiges Nachgeben erforderlich sei. Für eine solche einengende Auslegung ließen sich weder Wortlaut noch Sinn und Zweck von Nr 1002 VV RVG heranziehen. Auch der Vorläuferregelung von § 24 Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) lasse sich dies dem Wortlaut nach nicht entnehmen. Die Zielsetzung von Nr 1002 VV RVG, namentlich die anwaltliche Mitwirkung an einer insbesondere die Gerichte entlastenden Erledigung von Streitigkeiten besonders zu honorieren, liefe nach der von der Beklagten vertretenen Ansicht leer. Die Erledigungsgebühr falle selbst dann an, wenn sich der mit einem Rechtsbehelf angefochtene Verwaltungsakt teilweise erledige, zB durch Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts.

8

Die parallele Regelung zur Einigungsgebühr in Nr 1000 VV RVG honoriere jegliche vertragliche Beilegung des Rechtsstreits und fordere auch nicht mehr das für die Vergleichsgebühr seinerzeit noch erforderliche Nachgeben (§ 23 BRAGO iVm § 779 BGB). Nach den Gesetzesmaterialien sollte Streit darüber vermieden werden, welche Abreden als Nachgeben zu bewerten seien. Für das Entstehen der Erledigungsgebühr komme es allein darauf an, ob eine qualifizierte anwaltliche Mitwirkung vorgelegen habe.

9

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung von § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X iVm § 63 Abs 2 SGB X und § 2 Abs 2 Satz 1 RVG iVm Nr 1002 VV RVG. Zwar stimme sie dem LSG insofern zu, als der Bevollmächtigte des Klägers eine anwaltliche Tätigkeit erbracht habe, die über das Maß hinausgehe, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Verfahren abgegolten sei. Dies entspreche den Vorgaben des BSG (SozR 4-1935 VV Nr 1002 Nr 1 und Senatsurteil vom 5.5.2009 - B 13 R 137/08 R). Darüber hinaus müsse ein gegenseitiges Nachgeben der Beteiligten zur Erledigung des Widerspruchsverfahrens geführt haben. Nach der og Rechtsprechung werde nicht deutlich, weshalb die frühere Rechtsprechung zu § 116 Abs 3 Satz 2 und § 24 BRAGO, die auf ein beiderseitiges Nachgeben als Voraussetzung des Entstehens einer Erledigungsgebühr abstellte, nunmehr überholt sei. Schließlich sei der Wortlaut der Nr 1002 Satz 1 VV RVG nahezu identisch mit dem des § 24 BRAGO. Der Wortlaut der neuen Nr 1002 Satz 2 VV RVG sei jedoch nicht eindeutig. Für ihre Meinung spreche, dass der Gesetzgeber eine Gleichbehandlung von Anfechtungs- und Verpflichtungswiderspruch beabsichtigt habe. Hierfür sei auch der enge systematische Zusammenhang zur Nr 1000 VV RVG anzuführen, wonach die Einigungsgebühr nur bei gegenseitigem Nachgeben entstehe. Unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien (BT-Drucks 15/1971, S 204) spreche auch der Regelungszweck von Nr 1002 VV RVG für diese Auffassung. Danach solle eine verfahrensvermeidende bzw -beendende Tätigkeit des Bevollmächtigten als Anreiz für die Erledigung gefördert werden. Hierfür reiche eine bloße Abhilfeentscheidung der Behörde nicht aus. Dem entspreche die Entstehungsgeschichte. Nr 1002 VV RVG sei die Nachfolgevorschrift zu § 24 BRAGO. Letztere habe ein gegenseitiges Nachgeben der Beteiligten vorausgesetzt, um die Erledigungsgebühr entstehen zu lassen. Hingegen könne diese bei voller Abhilfe bzw Stattgabe des Widerspruchs nicht beansprucht werden.

10

Die Beklagte trägt ferner vor, dass dem Kläger auch kein Anspruch auf eine Regelgeschäftsgebühr nach Nr 2500 (jetzt Nr 2400) VV RVG aF, sondern nur ein Anspruch auf eine verminderte Geschäftsgebühr nach Nr 2501 (jetzt Nr 2401) VV RVG aF zustehe, weil der Bevollmächtigte bereits bei Antragstellung im Verwaltungsverfahren tätig geworden sei. Hierfür beruft sie sich auf das Urteil des BSG vom 25.2.2010 (BSGE 106, 21 = SozR 4-1300 § 63 Nr 12). Die reduzierte Geschäftsgebühr sei iHv 120 Euro nebst Umsatzsteuer in Höhe von 16 % angefallen. Selbst unter Zugrundelegung der streitigen Erledigungsgebühr iHv 280 Euro plus 16 % Umsatzsteuer verbleibe lediglich noch ein Betrag von 185,60 Euro, der allenfalls an den Kläger zu erstatten sei.

11

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des LSG Rheinland-Pfalz vom 15. Juli 2009 und des SG Trier vom 24. Juli 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

12

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

13

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Beklagte habe eingeräumt, dass der Bevollmächtigte eine anwaltliche Tätigkeit erbracht habe, die über das Maß hinausgehe, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren abgegolten sei. Dass darüber hinaus ein gegenseitiges Nachgeben erforderlich sei, stehe im Widerspruch zu den Entscheidungen des BSG vom 7.11.2006 (SozR 4-1300 § 63 Nr 8; B 1 KR 13/06 R; B 1 KR 22/06 R). Eine Korrektur des Ansatzes für die Geschäftsgebühr sei im Revisionsverfahren nicht mehr möglich.

14

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 165 Satz 1, § 153 Abs 1, § 124 Abs 2 SGG).

Entscheidungsgründe

15

Die Revision der Beklagten ist teilweise begründet, soweit die Vorinstanzen dem Kläger zu Unrecht einen Kostenerstattungsanspruch von mehr als 185,60 Euro zuerkannt haben. Die Urteile des SG und des LSG waren daher abzuändern und die Klage insoweit abzuweisen. Die weitergehende Revision war zurückzuweisen.

16

1. Von Amts wegen zu beachtende Verfahrensmängel stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen. Revision und Berufung sind durch ausdrückliche Zulassung der Vorinstanz statthaft. Das Rechtsmittel ist nicht ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache über die Kosten eines isolierten Vorverfahrens gestritten wird. Es handelt sich dann nicht um Kosten des sozialgerichtlichen Verfahren iS von § 144 Abs 4, § 165 Satz 1 SGG(stRspr, vgl BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 13 S 30; BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 1 RdNr 6; BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 8 RdNr 11; BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, RdNr 9; BSGE 106, 21 = SozR 4-1300 § 63 Nr 12, RdNr 11; BSG vom 5.5.2010 - B 11 AL 14/09 R - Juris RdNr 12).

17

2. Der Kläger verfolgt sein Begehren zutreffend mit der Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG).

18

a) Gegenstand des Rechtsstreits ist allein die Entscheidung der Beklagten, in welcher Höhe der Betrag der zu erstattenden Aufwendungen für das Widerspruchsverfahren festzusetzen ist (§ 63 Abs 3 Satz 1 Halbs 1 SGB X). Sie hat entschieden, dass dem Kläger die Kosten des Vorverfahrens dem Grunde nach zu erstatten sind (Bescheid vom 3.3.2006, § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X). Zwar hat das LSG nicht festgestellt, ob die Beklagte die Zuziehung eines Rechtsanwalts für notwendig erklärt hat (§ 63 Abs 2, Abs 3 Satz 2 SGB X); allerdings liegt eine solche Feststellung konkludent in der Festsetzung des Erstattungsbetrags iHv 301,60 Euro (Bescheid vom 21.3.2006; Widerspruchsbescheid vom 22.6.2006). Einer weitergehenden Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG) bedurfte es daher nicht (vgl Senatsurteil vom 5.5.2009 - B 13 R 137/08 R - Juris RdNr 12; BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, RdNr 12; BSG vom 5.5.2010 - B 11 AL 14/09 R - Juris RdNr 12).

19

b) Die angefochtene Kostenentscheidung hat den Erstattungsbetrag auf 301,60 Euro festgesetzt. Im Streit steht die Frage, ob die Beklagte verpflichtet ist, weitere 324,80 Euro an Rechtsanwaltsgebühren des isolierten Vorverfahrens zu erstatten.

20

Anders als der Kläger meint, kann die Anfechtung des Kostenfestsetzungsbescheids nicht auf die Höhe der Erledigungsgebühr wirksam begrenzt werden. Vielmehr steht die Höhe der Geschäftsgebühr ebenfalls zur Überprüfung; dies gälte auch dann, wenn sie nicht - erstmals im Revisionsverfahren - von der Beklagten gerügt worden wäre. Die Erledigungs- und die Geschäftsgebühr sind lediglich einzelne Berechnungsfaktoren der Kostenfestsetzung, aus denen sich die Höhe des Kostenerstattungsanspruchs neben anderen Faktoren insgesamt zusammensetzt. Die isolierte Festsetzung einer Erledigungsgebühr sieht das Gesetz hingegen nicht vor; sie enthielte auch keine Regelung, die Bindungswirkung entfalten könnte. Obwohl die Beklagte die Geschäftsgebühr antragsgemäß in voller Höhe erstattet hat, haben die Gerichte eigenständig nach Maßgabe des Gesetzes unter Berücksichtigung der Berechnungsfaktoren zu entscheiden, ob dem Kläger insgesamt ein Anspruch auf höhere Kostenerstattung zusteht, als die Behörde bislang festgesetzt hat. Der Kläger ist insofern allerdings durch das prozessuale Verböserungsverbot vor einer im Ergebnis niedrigeren Kostenerstattung geschützt (vgl zur Höhe der Bestimmung der Rahmengebühr bzw des Gegenstandswerts als Berechnungsfaktor der Kostenfestsetzung: BSG vom 9.4.2008 - B 6 KA 3/07 B - Juris RdNr 12; BSG SozR 1300 § 63 Nr 8 S 25 ff, jeweils mwN; zustimmend Roos in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 63 RdNr 45).

21

3. Der Kläger hat gemäß § 63 Abs 1 Satz 1, Abs 2 und Abs 3 Satz 1 Halbs 1 SGB X Anspruch auf Erstattung seiner Aufwendungen auf der Grundlage der Erledigungsgebühr gemäß § 2 Abs 2 Satz 1 iVm Nr 1005 und Nr 1002 VV RVG.

22

a) Nach § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X hat bei einem erfolgreichen (isolierten) Vorverfahren der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, dem Widerspruchsführer die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Dabei sind nach § 63 Abs 2 SGB X die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Gemäß § 63 Abs 3 Satz 1 Halbs 1 SGB X setzt die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest.

23

b) Die Vergütung (Gebühren und Auslagen) für anwaltliche Tätigkeiten der Rechtsanwälte richtet seit dem 1.7.2004 nach dem RVG in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (KostRMoG) vom 5.5.2004 (BGBl I 2004, 718; vgl § 1 Abs 1 Satz 1 RVG). Der Auftrag zur Erledigung der Angelegenheit ist dem Bevollmächtigten nach dem 30.6.2004 erteilt worden.

24

aa) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich gemäß § 2 Abs 2 Satz 1 RVG nach dem VV der Anlage 1 zum RVG. Eine Erledigungsgebühr nach Nr 1005 VV RVG kommt bei einer "Einigung oder Erledigung in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen," in Betracht. Betragsrahmengebühren sind in sozialgerichtlichen Verfahren vorgesehen, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist (§ 3 Abs 1 Satz 1 RVG). Abs 1 gilt entsprechend für eine Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens (§ 3 Abs 2 RVG). Ginge es hier um ein gerichtliches Verfahren, wäre gemäß § 3 Abs 1 Satz 1 RVG eine Betragsrahmengebühr entstanden. Der Kläger hat einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Versorgung mit einem Hörgerät als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben behauptet. Hierfür wäre im Fall der Klageerhebung gemäß § 51 Abs 1 Nr 1 SGG der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet. Dann entstünden auch Betragsrahmengebühren, da der Kläger den Anspruch als Versicherter geltend macht (§ 3 Abs 1 Satz 1 RVG, § 183 Satz 1 SGG).

25

bb) Zutreffend hat das LSG festgestellt, dass auch die weiteren Voraussetzungen für das Entstehen einer Erledigungsgebühr nach Nr 1005 iVm Nr 1002 VV RVG erfüllt sind. Nach den amtlichen, vom Gesetzestext umfassten Erläuterungen zu Nr 1002 Satz 1 VV RVG setzt diese Vorschrift voraus, dass "sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt". Dem steht nach Satz 2 gleich, dass "sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts erledigt". Das LSG hat zutreffend festgestellt, dass sich das isolierte Vorverfahren "durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt" hat.

26

Nach gefestigter Rechtsprechung des BSG kann eine Erledigungsgebühr für die Mitwirkung an der Erledigung eines isolierten Vorverfahrens durch Abhilfebescheid nur beansprucht werden, wenn der Anwalt eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit entfaltet hat. Nach dem Wortlaut der Erläuterungen zu Nr 1002 (Satz 2) VV RVG kommt es hiernach für das Entstehen einer Erledigungsgebühr sowohl in einer Anfechtungssituation als auch bei einem Verpflichtungsrechtsbehelf auf die auf Erledigung gerichtete Mithilfe des Anwalts an. Auch die Regelungssystematik, der Sinn und Zweck der Regelung sowie ihre Entstehungsgeschichte erfordern eine qualifizierte erledigungsgerichtete Mitwirkung des Rechtsanwalts, die über das Maß desjenigen hinausgeht, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren abgegolten wird (vgl Senatsurteil vom 5.5.2009 - B 13 R 137/08 R - Juris RdNr 16; BSG vom 5.5.2010 - B 11 AL 14/09 R - Juris RdNr 22; BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, RdNr 42; BSG SozR 4-1935 VV Nr 1002 Nr 1 RdNr 14; BSG vom 2.10.2008 - B 9/9a SB 3/07 R - Juris RdNr 15; BSG vom 21.3.2007 - B 11a AL 53/06 R - Juris RdNr 16; BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 8 RdNr 20 ff; BSG vom 7.11.2006 - B 1 KR 22/06 R - und B 1 KR B 1 KR 13/06 R, jeweils RdNr 20 ff; für die Literatur zustimmend: Roos in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, Anhang zu § 63 RdNr 43b; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl 2010, Nr 1002 VV RdNr 38; Straßfeld, NZS 2010, 253, 259; dieselbe, Brennpunkte des Sozialrechts 2009, 219, 247; dieselbe, SGb 2008, 635, 641; Köhler, ZFSH/SGB 2009, 67, 76; Becker in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB X, Stand 2010, K § 63 RdNr 98; Curkovic in Bischof, RVG-Kompaktkommentar, 2. Aufl 2007, Nr 1002 VV RdNr 9 f, Nr 1005 VV RdNr 3; Mayer in Mayer/Kroiß , RVG-HK, 2. Aufl 2006, Nr 1002 VV RdNr 18).

27

Eine solche qualifizierte, eine Erledigungsgebühr begründende Tätigkeit liegt zB vor, wenn der Rechtsanwalt zum Zwecke des Beweises entscheidungserheblicher Tatsachen unaufgefordert neue, bisher noch nicht bekannte Beweismittel im Widerspruchsverfahren beibringt (zB neu erstattete Befundberichte, vgl BSG SozR 4-1935 VV Nr 1002 Nr 1 RdNr 15). Anders verhält es sich bei der Vorlage schon präsenter Beweismittel im Rahmen der dem Widerspruchsführer ohnehin obliegenden Mitwirkung (§ 21 Abs 2 Satz 1 und 2 SGB X), deren unaufgeforderte Vorlage bereits mit der Geschäftsgebühr bzw der Auslagenpauschale abgegolten ist (vgl BSG vom 2.10.2008 - B 9/9a SB 3/07 R - Juris RdNr 16 f; vgl auch BSG vom 5.5.2010 - B 11 AL 14/09 R - Juris RdNr 22).

28

cc) Wie die Beklagte selbst einräumt, liegt im vorliegenden Fall eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit im Sinne einer qualifizierten erledigungsgerichteten Mitwirkung des Rechtsanwalts vor, die ursächlich für die (unstreitige) Erledigung des Vorverfahrens durch Abhilfebescheid war. Ungeachtet dessen tragen die für den Senat bindenden (§ 163 SGG) tatsächlichen Feststellungen des LSG dieses Ergebnis unter Zugrundelegung der aufgezeigten Maßstäbe. Der Bevollmächtigte des Klägers hat den Widerspruch nicht nur eingelegt und begründet, sondern darüber hinaus zum Zwecke des Beweises entscheidungserheblicher Tatsachen unaufgefordert die Bestätigung des Arbeitgebers vom 10.2.2006 beigebracht, in der dieser die Richtigkeit der vom Kläger gemachten Angaben vom 9.2.2006 zu den "Hörprobleme(n) am Arbeitsplatz" bestätigte. Das während des laufenden Widerspruchsverfahrens zur Glaubhaftmachung der Angaben des Klägers erstellte Schreiben hat die Beklagte im Wege des Urkundsbeweises (§ 21 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 Nr 3 SGB X iVm § 416 ZPO)verwertet. Unerheblich ist, dass der Kläger eine inhaltlich identische Schilderung bereits bei Antragstellung im Dezember 2005 übersandt hatte. Denn erst die vom Kläger unaufgefordert vorgelegte Arbeitgeberbestätigung machte weitere Sachverhaltsermittlungen der Beklagten, zB durch Nachfragen beim Arbeitgeber, entbehrlich. Deshalb kommt es auch nicht auf den Umfang der Bestätigung (1,5 Zeilen) an. Entscheidend ist vielmehr der dem Anwalt entstandene Aufwand, der ua durch das Bemühen entstanden ist, an den Arbeitgeber im aufgezeigten Sinne heranzutreten. Mit der Vorlage dieser selbst beschafften Urkunde hat der Bevollmächtigte des Klägers den Rahmen der seinem Mandanten obliegenden Mitwirkung (§ 21 Abs 2 Satz 1 und 2 SGB X; § 60 Abs 1 Satz 1 Nr 1 und Nr 3 SGB I)überobligatorisch erfüllt (§ 21 Abs 2 Satz 3 SGB X).

29

Die Vorlage der Arbeitgeberbestätigung vom 10.2.2006 war im vorliegenden Fall auch ursächlich für die (unstreitige) Erledigung des Vorverfahrens durch Abhilfebescheid. Denn die Beklagte hat unter Berücksichtigung der vom Kläger geschilderten berufsbedingten Anforderungen an sein Hörvermögen und der Bestätigung der Richtigkeit dieser Angaben durch den Arbeitgeber dem Widerspruch abgeholfen. Entgegen den Feststellungen des LSG erfolgte die Erledigung nicht durch (stattgebenden) Widerspruchsbescheid.

30

dd) Entgegen der Ansicht der Beklagten bedurfte es für das Entstehen der Erledigungsgebühr auch keines zusätzlichen "beiderseitigen Nachgebens" der Beteiligten. Hierfür ergeben sich unter Geltung des RVG keine tragfähigen rechtlichen Gesichtspunkte.

31

Der 9. Senat des BSG hat seine Rechtsprechung insoweit aufgegeben, als er vor dem Inkrafttreten des RVG die Auffassung vertreten hatte, dass eine gebührenrechtlich erhebliche Mitwirkungshandlung eines Bevollmächtigten nach § 116 Abs 3 Satz 2 BRAGO(idF des Gesetzes vom 20.8.1990, ) nur dann vorlag, wenn sich die Rechtssache durch beiderseitiges Nachgeben erledigt hatte (vgl BSG SozR 3-1930 § 116 Nr 7 S 23 f; BSGE 97, 153 = SozR 4-1500 § 183 Nr 4, RdNr 19). Diese Rechtsprechung ist aufgrund des Wortlauts der inhaltlich neuen Erläuterung zu Nr 1002 (Satz 2) VV RVG überholt, mit welcher die teilweise und die vollständige Abhilfe gleichgestellt werden (so BSG SozR 4-1935 VV Nr 1002 Nr 1 RdNr 14; BSG vom 2.10.2008 - B 9/9a SB 3/07 R - Juris RdNr 15). Dieser Rechtsprechung hat sich der erkennende Senat bereits angeschlossen und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der geänderte Wortlaut von Nr 1002 Satz 2 VV RVG nicht mehr auf ein beiderseitiges Nachgeben abstellt, sondern teilweise und vollständige Abhilfe gleichstellt (vgl Senatsurteil vom 5.5.2009 - B 13 R 137/08 R - Juris RdNr 16).

32

Der Revisionsvortrag - auch im Vergleich zur Revisionserwiderung der identischen Beklagten im entschiedenen Verfahren B 13 R 137/08 R - enthält insofern keine neuen Argumente, die Anlass geben könnten, von dieser gefestigten Rechtsprechung abzuweichen. Deshalb kann auf die vom 1. Senat des BSG getroffene Auslegung unter Zugrundelegung des Wortlauts, der systematischen Zusammenhänge mit vergleichbaren Gebührenpositionen, Sinn und Zweck der Regelung und der Entstehungsgeschichte von Nr 1005 iVm Nr 1002 VV RVG verwiesen werden, wonach die Erledigungsgebühr "ein besonderes Bemühen" um eine Erledigung (nicht "Einigung") des Rechtsanwalts im Widerspruchsverfahren voraussetzt. Nur insofern ist die zu § 24 BRAGO iVm § 116 Abs 4 Satz 2 BRAGO(idF des Gesetzes vom 17.8.2001 ) bzw § 116 Abs 3 Satz 2 BRAGO(idF des Gesetzes vom 20.8.1990 ) ergangene Rechtsprechung auf Nr 1005 VV RVG noch übertragbar (BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 8 RdNr 25 mwN). Für ein beiderseitiges Nachgeben als Voraussetzung des Entstehens der Erledigungsgebühr lassen die genannten neuen Vorschriften und mit ihnen die hierzu ergangene Rechtsprechung keinen Raum mehr. Allein entscheidend ist vielmehr, ob eine Mitwirkung des Rechtsanwalts an der Erledigung des (isolierten) Widerspruchsverfahrens durch Abhilfebescheid vorliegt, die über das Maß desjenigen hinausgeht, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren abgegolten wird (BSG aaO; zustimmend Straßfeld, NZS 2010, 253, 258 f; dieselbe, Brennpunkte des Sozialrechts 2009, 219, 248; Mayer in Mayer/Kroiß , RVG-HK, 2. Aufl 2006, Nr 1002 VV RdNr 12).

33

Auch auf den weiteren Revisionsvortrag, der danach differenziert, ob sich die Rechtssache erst nach Aufhebung bzw Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts oder durch Verwaltungsakt erledige, kommt es nach der vorliegenden Rechtsprechung für das Entstehen einer Erledigungsgebühr nicht an; ebenso wenig darauf, ob die Nr 1002 VV RVG eine teilweise und vollständige Abhilfe oder eine teilweise und vollständige Erledigung gleichstelle. Unerheblich ist schließlich, ob eine verfahrensvermeidende oder -beendende Funktion der anwaltlichen Tätigkeit feststellbar sein muss oder ob es "zufälliger" Erfolg einer eigentlich "verfahrensgewinnenden" Funktion der anwaltlichen Tätigkeit ist, dass die Beklagte dem Widerspruch abgeholfen hat (vgl Senatsurteil vom 5.5.2009 - B 13 R 137/08 R - Juris RdNr 20).

34

ee) Die Höhe der Erledigungsgebühr als solche ist von der Beklagten nicht angegriffen worden. Sie entspricht der Mittelgebühr von 280 Euro nach § 14 Abs 1 Satz 1 iVm Nr 1005 VV RVG(Rahmengebühr zwischen 40 und 520 Euro). Die Mittelgebühr errechnet sich aus der Mindestgebühr zuzüglich der Hälfte des Unterschieds zwischen Mindest- und Höchstgebühr. Sie kann auch ermittelt werden, indem man Mindest- und Höchstgebühr addiert und das Ergebnis durch zwei dividiert (hier: 40 plus 520, geteilt durch 2 = 280 Euro; vgl allgemein zur Berechnung, BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, RdNr 23 mwN).

35

Innerhalb des Gebührenrahmens bestimmt der Rechtsanwalt nach § 14 Abs 1 Satz 1 RVG die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs 1 Satz 4 RVG). Die Mittelgebühr ist auch unter Geltung des RVG im Grundsatz in Fällen zugrunde zu legen, in denen sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts nicht nach oben oder unten vom Durchschnitt abhebt; sie gilt in "Normalfällen" als billige Gebühr (BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, RdNr 24 f mwN; BSG vom 5.5.2010 - B 11 AL 14/09 R - Juris RdNr 16 ff). Dass die anwaltliche Tätigkeit insbesondere weder umfangreich noch schwierig, mithin durchschnittlicher Art gewesen ist, folgt aus den bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG.

36

4. Der Kläger hat jedoch nur Anspruch auf Erstattung der reduzierten Geschäftsgebühr gemäß § 2 Abs 2 Satz 1 RVG iVm Nr 2500, 2501 VV RVG aF(als Nr 2400, 2401 VV RVG in der ab 1.7.2006 geltenden Fassung von Art 5 Abs 1 Nr 4 Buchst b KostRMoG fortgeführt). Nach der amtlichen Vorbemerkung zu Nr 2500 VV RVG aF entsteht die Geschäftsgebühr ua für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information; sie beträgt in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG), 40 bis 520 Euro, wobei eine Gebühr von mehr als 240 Euro nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Zusätzlich bestimmt Nr 2501 VV RVG aF für den Fall des Vorausgehens einer Tätigkeit im Verwaltungsverfahren, dass die Gebühr für das weitere, der Nachprüfung des Verwaltungsakts dienende Verwaltungsverfahren 40 bis 260 Euro beträgt, wobei eine Gebühr von mehr als 120 Euro nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich und schwierig war (sog Schwellengebühr). Der durch die Vorbefassung der Angelegenheit im Verwaltungsverfahren ersparte Aufwand soll durch einen geringeren Gebührenrahmen abgegolten werden (vgl BSGE 106, 21 = SozR 4-1300 § 63 Nr 12, RdNr 20 unter Hinweis auf BT-Drucks 15/1971 S 208).

37

a) Die Beklagte hat dem Kläger gemäß § 63 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 und Abs 3 Satz 1 Halbs 1 SGB X lediglich die geminderte Geschäftsgebühr nach Nr 2501 VV RVG aF iVm § 14 RVG zu erstatten. Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) war der Bevollmächtigte des Klägers bereits im (selben) vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mit der Angelegenheit befasst, als er die Kostenübernahme für das digitale Hörgerät durch Anwaltsschreiben im Dezember 2005 bei der Beklagten beantragt hat. Damit war das hierauf gerichtete Verwaltungsverfahren eröffnet (§ 116 Abs 2 Nr 1 SGB VI; § 18 Satz 2 Nr 1 SGB X).

38

Für die anwaltliche Tätigkeit im Verwaltungsverfahren besteht kein Erstattungsanspruch gegenüber der Beklagten. Im Hinblick auf das Gebührenrecht handelt es sich beim Verwaltungs- und beim Widerspruchsverfahren um unterschiedliche Angelegenheiten. Für eine Kostenerstattung von Aufwendungen für das dem Widerspruchsverfahren vorausgegangene Verwaltungsverfahren bietet § 63 SGB X keine Rechtsgrundlage(vgl BSGE 106, 21 = SozR 4-1300 § 63 Nr 12, RdNr 14 ff, 19; BSGE 55, 92, 94 = SozR 1300 § 63 Nr 1 S 3; zustimmend Roos in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 63 RdNr 6).

39

b) Die Geschäftsgebühr nach Nr 2500 VV RVG aF iHv 240 Euro zzgl darauf entfallende Umsatzsteuer war daher im angefochtenen Kostenbescheid unzutreffend festgesetzt. Dem Kläger stand nur die verminderte Geschäftsgebühr nach Nr 2501 VV RVG aF zzgl Umsatzsteuer zu. Es handelt sich hierbei um die ausgehend von der Mittelgebühr (150 Euro) um den Schwellenwert (30 Euro) gekappte Schwellengebühr (120 Euro). Die Einführung der Schwellengebühr hat zur Folge, dass die in einem ersten Schritt ausgehend von der Mittelgebühr bestimmte Gebühr in einem zweiten Schritt in Höhe des Schwellenwertes gekappt wird, wenn weder der Umfang noch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit mehr als durchschnittlich ist (zur Berechnung vgl BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, RdNr 22; BSG vom 5.5.2010 - B 11 AL 14/09 R - Juris RdNr 15 f; BSG vom 29.3.2007- B 9a SB 4/06 R - Juris RdNr 16).

40

Wie bereits zur Erledigungsgebühr ausgeführt, bieten die bindenden Feststellungen des LSG keine greifbaren Anhaltspunkte für das Vorliegen einer überdurchschnittlich umfangreichen oder schwierigen Tätigkeit des Bevollmächtigten, die Anlass geben könnten, eine höhere Geschäftsgebühr als 120 Euro anzunehmen. Dies hat auch der Kläger weder behauptet, noch ergibt sich dies aus der vom Bevollmächtigten vorgelegten Kostennote. Umstände, die die Öffnung des Gebührenrahmens über die Schwellengebühr hinaus rechtfertigten (vgl dazu ausführlich BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, RdNr 22 ff), sind daher nicht ersichtlich.

41

5. Der Kostenfestsetzungsbescheid vom 21.3.2006 ist unter Berücksichtigung der entstandenen Erledigungsgebühr einerseits und der reduzierten Geschäftsgebühr in Höhe der Schwellengebühr andererseits zu korrigieren. Es verbleibt ein noch an den Kläger zu erstattender Betrag von 185,60 Euro. Hierin enthalten ist die auf die Gebührenansätze anfallende Umsatzsteuer (67,20 Euro) nach Nr 7008 VV RVG (iHv 16 %, § 12 Abs 1 Umsatzsteuergesetz idF vom 21.2.2005 ) und der Gebührenansatz für die Postpauschale nach Nr 7002 VV RVG (20 Euro).

42

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt das anteilsmäßige Unterliegen bzw Obsiegen der Beteiligen.

(1) Der Rechtsanwalt muss durch das Führen von Handakten ein geordnetes und zutreffendes Bild über die Bearbeitung seiner Aufträge geben können. Er hat die Handakten für die Dauer von sechs Jahren aufzubewahren. Die Frist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Auftrag beendet wurde.

(2) Dokumente, die der Rechtsanwalt aus Anlass seiner beruflichen Tätigkeit von dem Auftraggeber oder für ihn erhalten hat, hat der Rechtsanwalt seinem Auftraggeber auf Verlangen herauszugeben. Macht der Auftraggeber kein Herausgabeverlangen geltend, hat der Rechtsanwalt die Dokumente für die Dauer der Frist nach Absatz 1 Satz 2 und 3 aufzubewahren. Diese Aufbewahrungspflicht gilt nicht, wenn der Rechtsanwalt den Auftraggeber aufgefordert hat, die Dokumente in Empfang zu nehmen, und der Auftraggeber dieser Aufforderung binnen sechs Monaten nach Zugang nicht nachgekommen ist. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für die Korrespondenz zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Auftraggeber sowie für die Dokumente, die der Auftraggeber bereits in Urschrift oder Abschrift erhalten hat.

(3) Der Rechtsanwalt kann seinem Auftraggeber die Herausgabe der Dokumente nach Absatz 2 Satz 1 so lange verweigern, bis er wegen der ihm vom Auftraggeber geschuldeten Gebühren und Auslagen befriedigt ist. Dies gilt nicht, soweit das Vorenthalten nach den Umständen unangemessen wäre.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend, sofern sich der Rechtsanwalt zum Führen von Handakten oder zur Verwahrung von Dokumenten der elektronischen Datenverarbeitung bedient.

(5) In anderen Vorschriften getroffene Regelungen zu Aufbewahrungs- und Herausgabepflichten bleiben unberührt.

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden ist, entstehen Betragsrahmengebühren. In sonstigen Verfahren werden die Gebühren nach dem Gegenstandswert berechnet, wenn der Auftraggeber nicht zu den in § 183 des Sozialgerichtsgesetzes genannten Personen gehört; im Verfahren nach § 201 Absatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes werden die Gebühren immer nach dem Gegenstandswert berechnet. In Verfahren wegen überlanger Gerichtsverfahren (§ 202 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes) werden die Gebühren nach dem Gegenstandswert berechnet.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für eine Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens.

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 5. Mai 2009 geändert.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 18. Mai 2007 wird insgesamt zurückgewiesen.

Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Höhe der von der Beklagten zu erstattenden Aufwendungen des Klägers für die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren.

2

Dem Kläger wurde von seinem Arbeitgeber im Juli 2004 fristlos mit der Begründung gekündigt, er habe während der Arbeitszeit in alkoholisiertem Zustand einen Unfall verursacht. Der Kläger erhob daraufhin Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht und beantragte bei der Beklagten Arbeitslosengeld (Alg). Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 5.11.2004 den Eintritt einer Sperrzeit von zwölf Wochen mit der Begründung fest, der Kläger habe durch arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch grob fahrlässig seine Arbeitslosigkeit herbeigeführt.

3

Gegen den Bescheid vom 5.11.2004 erhob der Kläger, vertreten durch seinen bevollmächtigten Rechtsanwalt, Widerspruch. Mit Schreiben vom 8.3.2005 übersandte der Bevollmächtigte des Klägers der Beklagten das Protokoll eines am 4.3.2005 vor dem Arbeitsgericht geschlossenen Vergleichs, aus dem hervorging, dass das Arbeitsverhältnis durch ordentliche arbeitgeberseitige Kündigung endete und der Arbeitgeber den Vorwurf der Schadensverursachung durch den Kläger im alkoholisierten Zustand während der Arbeitszeit fallen ließ.

4

Mit Abhilfebescheid vom 20.4.2004 hob die Beklagte den Sperrzeitbescheid vom 5.11.2004 auf und erklärte sich bereit, die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Kosten auf Antrag zu erstatten.

5

Mit seiner bei der Beklagten eingereichten Kostennote machte der Bevollmächtigte des Klägers eine Geschäftsgebühr von 318,50 Euro, eine Erledigungsgebühr von 367,50 Euro, eine Auslagenpauschale von 20 Euro sowie 112,96 Euro Umsatzsteuer geltend, insgesamt 818,96 Euro. Die Beklagte erkannte als im Widerspruchsverfahren entstandene notwendige Aufwendungen jedoch nur 301,60 Euro an und lehnte im Übrigen eine Kostenerstattung ab (Bescheid vom 1.7.2005). Der anerkannte Betrag setzte sich wie folgt zusammen: 240 Euro Geschäftsgebühr gemäß Nr 2500 des Vergütungsverzeichnisses (VV) zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) in der bis 30.6.2006 geltenden Fassung, 20 Euro Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsleistungen sowie 41,60 Euro Umsatzsteuer. Auf den Widerspruch des Klägers erkannte die Beklagte zusätzlich noch Kopierkosten in Höhe von 8,70 Euro an (Bescheid vom 4.8.2005), wies jedoch im Übrigen den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 22.9.2005).

6

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 18.5.2007). Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG geändert, die Beklagte unter Abänderung der streitgegenständlichen Bescheide verurteilt, die erstattungsfähigen Kosten des Widerspruchsverfahrens auf 726,16 Euro festzusetzen und an den Kläger weitere 415,86 Euro zu zahlen; im Übrigen hat das LSG die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 5.5.2009). In den Entscheidungsgründen hat das LSG ua ausgeführt: Die auf der Grundlage der Nr 2500 VV RVG geltend gemachte Geschäftsgebühr von 318,50 Euro sei nicht unbillig. Die Tätigkeit des Anwalts sei schwierig gewesen. Es habe sich um ein sozialrechtliches Spezialproblem aus dem Arbeitsförderungsrecht gehandelt, in das sich der Bevollmächtigte habe einarbeiten müssen. Das Arbeitsförderungsrecht sei ein Rechtsgebiet, für das ein Rechtsanwalt Spezialwissen benötige. Der Schwierigkeitsgrad sei aus der Sicht des Allgemeinanwalts zu beurteilen; für ihn seien Fälle aus dem Sozialrecht jedenfalls dann schwierig, wenn sie von einem sozialrechtlichen Standard- und Routinefall abwichen. Auch spreche die Bildung von Kammern und Senaten mit Spezialzuständigkeiten sowie die Einführung einer Fachanwaltschaft in einem Rechtsgebiet für dessen Schwierigkeit. Diese rechtfertige im vorliegenden Fall den Ansatz einer um 40 Euro oberhalb der Schwellengebühr (240 Euro) liegenden Gebühr, also der Mittelgebühr in Höhe von 280 Euro; diese habe der Bevollmächtigte um 13,75 % auf 318,50 Euro erhöhen dürfen. Darüber hinaus sei auch eine Erledigungsgebühr gemäß Nr 1005 VV RVG angefallen. Das nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) erforderliche besondere Tätigwerden des Rechtsanwaltes liege darin, dass er im arbeitsgerichtlichen Verfahren erkennbar darauf hingewirkt habe, den Wahrheitsgehalt der vom Arbeitgeber zur Begründung der außerordentlichen Kündigung angeführten, für die Entscheidung der Beklagten maßgeblichen Tatsachen in Frage zu stellen, und dass er das Ergebnis seiner Bemühungen im Kündigungsschutzprozess unverzüglich in das Widerspruchsverfahren eingeführt habe. Als Erledigungsgebühr angemessen sei aber nur die Mittelgebühr von 280 Euro; der vom Kläger angesetzte Wert von 367,50 Euro weiche um 31,25 % von der Mittelgebühr ab und sei nicht mehr vom anwaltlichen Beurteilungsspielraum gedeckt.

7

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte Verletzungen formellen und materiellen Rechts. Sie macht ua geltend, es bestehe kein Anspruch auf Zubilligung einer 240 Euro übersteigenden Geschäftsgebühr, weil die Tätigkeit des Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren weder umfangreich noch schwierig gewesen sei. Zur Subsumtion des Sachverhalts unter die einschlägige Rechtsnorm des § 144 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) habe es nur eines flüchtigen Blickes in das Gesetz bedurft, nicht aber einer weitreichenden rechtlichen Detailprüfung. Auch eine Erledigungsgebühr sei mangels besonderer anwaltlicher Mitwirkung nicht angefallen. Das Übersenden des arbeitsgerichtlichen Vergleichs sei lediglich als logische Fortsetzung und Beendigung der ursprünglichen Widerspruchsbegründung anzusehen, nicht aber als weitere, auf gütliche Einigung gerichtete und gesondert zu vergütende Tätigkeit. Soweit ein besonderes Bemühen im Prozess vor dem Arbeitsgericht vorgelegen habe, könne dies nur im dortigen Verfahren eine Einigungsgebühr rechtfertigen.

8

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG vom 5.5.2009 zu ändern und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 18.5.2007 insgesamt zurückzuweisen.

9

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

10

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Beklagten ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz). Die Beklagte hat die dem Kläger zu erstattenden notwendigen Aufwendungen zutreffend festgesetzt, so dass auf die Revision das Urteil des LSG zu ändern und die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des SG insgesamt zurückzuweisen ist.

12

1. Von Amts wegen zu beachtende Verfahrensfehler stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen. Die Revision und die Berufung sind nicht nach § 144 Abs 4 SGG iVm § 165 Satz 1 SGG ausgeschlossen, da in der Hauptsache über die Kosten eines isolierten Vorverfahrens(§§ 78 ff SGG, § 63 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch) gestritten wird (BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 13 S 30; BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, jeweils RdNr 9; Urteil des Senats vom 25.2.2010, B 11 AL 24/08 R, zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 11 mwN). Der Kläger verfolgt sein Begehren zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage; der Erhebung einer Verpflichtungsklage auf Bestimmung der Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwalts nach § 63 Abs 3 Satz 2 SGB X bedarf es nicht, da die Beklagte diese Notwendigkeit zumindest konkludent anerkannt hat(vgl ua BSG, Urteile vom 5.5.2009, B 13 R 137/08 R, RdNr 12, und vom 21.12.2009, B 14 AS 83/08 R, zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 13).

13

2. Die angefochtenen Bescheide vom 1.7.2005 und 4.8.2005, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.9.2005, sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Insbesondere besteht kein Anspruch auf Erstattung einer den Betrag von 240 Euro übersteigenden Geschäftsgebühr (dazu im Folgenden unter b) und auch kein Anspruch auf Erstattung einer Erledigungsgebühr (dazu unter c).

14

a) Nach § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X ist, soweit der Widerspruch erfolgreich ist, der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, verpflichtet, dem Widerspruchsführer die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Nach § 63 Abs 2 SGB X sind die Gebühren und Auslagen ua eines Rechtsanwalts im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Gebühren und Auslagen iS des § 63 Abs 2 SGB X sind nur die gesetzlichen Gebühren und Auslagen(BSGE 78, 159, 161 f = SozR 3-1300 § 63 Nr 7 S 25 f; SozR 4-1300 § 63 Nr 8 RdNr 16). Diese sind bei Beauftragung eines Rechtsanwalts seit dem 1.7.2004 nach Maßgabe des RVG sowie des VV der Anlage 1 zum RVG zu bestimmen (vgl § 1 Abs 1 und § 2 Abs 2 Satz 1 RVG, jeweils idF des Art 3 des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom 5.5.2004, BGBl I 718; zum Inkrafttreten Art 8 KostRMoG, zum Übergangsrecht §§ 60, 61 RVG).

15

b) Rechtsgrundlage für die geltend gemachte Geschäftsgebühr ist Nr 2500 des VV zum RVG in der vorbezeichneten Fassung (aF; gleichlautend inzwischen Nr 2400 in der ab 1.7.2006 geltenden Fassung , vgl Art 5 Abs 1 Nr 4 Buchst b KostRMoG). Danach erhält der Rechtsanwalt in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen (vgl § 3 RVG) ua für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information (vgl Vorbemerkung 2 zu Nr 2500 VV RVG aF) eine Geschäftsgebühr (zur Anwendbarkeit bei Leistungsempfängern iS des § 183 Satz 1 SGG vgl BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, jeweils RdNr 18). Die Geschäftsgebühr nach Nr 2500 VV RVG aF umfasst einen Betragsrahmen von 40 bis 520 Euro, wobei eine Gebühr von mehr als 240 Euro nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war (so genannte Schwellengebühr).

16

Nach der Rechtsprechung des BSG zu Nr 2500 VV RVG aF (= Nr 2400 VV RVG nF) hat die Schwellengebühr von 240 Euro die so genannte Mittelgebühr, die sich aus der Mindestgebühr zuzüglich der Hälfte des Unterschieds zwischen Mindest- und Höchstgebühr errechnet (bei Nr 2500 aF also 280 Euro), nicht ersetzt (BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, jeweils RdNr 22 ff). Die Einführung der Schwellengebühr hat aber zur Folge, dass die in einem ersten Schritt ausgehend von der Mittelgebühr bestimmte Gebühr in einem zweiten Schritt in Höhe des Schwellenwertes gekappt wird, wenn weder der Umfang noch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit mehr als durchschnittlich sind (BSGE aaO RdNr 22; vgl auch BSG SozR 4-1935 § 14 Nr 1 RdNr 16). Umfang oder Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit müssen also über dem Durchschnitt liegen, um im Ergebnis eine höhere Gebühr als die Schwellengebühr zu rechtfertigen. Von einer umfangreichen oder schwierigen Tätigkeit in diesem Sinne kann aber unter den konkreten Umständen des vorliegenden Falles nicht die Rede sein, weshalb der von der Beklagten anerkannte und festgesetzte Betrag von 240 Euro nicht weiter zu erhöhen ist.

17

Dass die anwaltliche Tätigkeit weder umfangreich noch schwierig iS der Nr 2500 VV RVG aF war, ist den vom LSG festgestellten, das Revisionsgericht bindenden Tatsachen (§ 163 SGG) zu entnehmen. Das LSG hat zunächst zum Umfang der Tätigkeit des Bevollmächtigten des Klägers nach Hinweis auf die Erhebung des Widerspruchs und das Schreiben vom 8.3.2005 ausgeführt, die Tätigkeit sei nicht umfangreich gewesen. Ein überdurchschnittlicher Umfang der Tätigkeit wird auch vom Kläger selbst nicht behauptet. Das LSG hat im Übrigen tatsächliche Feststellungen zum Inhalt und zur Intensität der Tätigkeit des Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren getroffen. Danach hat der Bevollmächtigte als Allgemeinanwalt die rechtliche Prüfung vorgenommen, ob der Kläger durch arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch den Arbeitgeber gegeben und dadurch seine Arbeitslosigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, ob also eine Sperrzeit gemäß § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB III eingetreten ist. Im Rahmen und in der Folge dieser Prüfung hat der Bevollmächtigte das Protokoll über den vor dem Arbeitsgericht geschlossenen Vergleich vorgelegt. Diese Feststellungen des LSG sind maßgebend für die rechtliche Beurteilung des Senats, ob die Tätigkeit schwierig iS der Nr 2500 VV RVG aF war.

18

Eine überdurchschnittlich schwierige Tätigkeit kommt in Betracht, wenn erhebliche, sich üblicherweise nicht stellende Probleme auftreten, die sowohl im tatsächlichen als auch im juristischen Bereich liegen können (BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, jeweils RdNr 33; vgl hierzu auch Schafhausen in jurisPR-SozR 10/2010 Anm 6). Abzustellen ist auf einen Rechtsanwalt, der sich bei Wahrnehmung des Mandats darauf beschränken kann und darf, den Fall mit den einschlägigen Rechtsvorschriften, gegebenenfalls unter Heranziehung von Rechtsprechung und Literatur, zu bearbeiten (BSGE aaO RdNr 32 mwN). Ausgehend von diesen Maßstäben ist im vorliegenden Fall eine über dem Durchschnitt liegende Schwierigkeit zu verneinen. Denn die rechtliche Überprüfung der Frage des Eintritts einer Sperrzeit gemäß § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB III war nicht mit besonderen, sich üblicherweise nicht stellenden Problemen verbunden. Die einschlägige Norm ist weder schwer verständlich noch bedurfte es bei der Subsumtion des konkreten Sachverhalts unter die Norm der Auswertung umfangreicher Rechtsprechung oder spezieller Literatur. Auch in tatsächlicher Hinsicht ergeben die Feststellungen des LSG keine Anhaltspunkte für das Vorliegen besonderer Schwierigkeiten. Der Sachverhalt war überschaubar und nicht ungewöhnlich; die konkrete Verteidigungsstrategie konnte nur darauf hinauslaufen, den Vorwurf der Veranlassung der Kündigung durch arbeitsvertragswidriges Verhalten zu widerlegen oder zu entkräften. Insgesamt handelte es sich somit um einen Normal- oder Routinefall (vgl BSGE aaO RdNr 35).

19

Der Auffassung des LSG, die Schwierigkeit ergebe sich bereits aus der Einführung einer Fachanwaltschaft für das Sozialrecht sowie aus der Bildung von Fachkammern und Fachsenaten im Arbeitsförderungsrecht, folgt der Senat nicht. Das BSG hat bereits entschieden, dass es bei der Einordnung, ob die rechtliche Schwierigkeit durchschnittlich bzw über- oder unterdurchschnittlich ist, nicht angebracht ist, nach einzelnen Rechtsgebieten bzw Teilrechtsgebieten zu differenzieren (BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, jeweils RdNr 35; aA etwa Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 18. Aufl 2008, § 14 RdNr 16). Abzustellen ist also in jedem Rechtsgebiet auf den konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände (vgl auch § 14 Abs 1 Satz 1 RVG).

20

Dass der Bevollmächtigte des Klägers zunächst selbst davon ausging, seine Tätigkeit im Widerspruchsverfahren sei nicht schwierig gewesen, ergibt sich im Übrigen aus seiner der Beklagten vorgelegten Kostennote. Die geforderte Geschäftsgebühr von 318,50 Euro war nämlich auf der Grundlage der Nr 2400 VV RVG aF (= Nr 2300 VV RVG nF) berechnet, wobei der Bevollmächtigte rechtsirrig annahm, die Gebühr richte sich nach dem Gegenstandswert. Der Betrag von 318,50 Euro ergab sich aus einem unterstellten Streitwert von 3.731,28 Euro (Alg für zwölf Wochen) und einer Gebühr von 1,3 gemäß Nr 2400 VV RVG aF (vgl § 13 Abs 1 RVG iVm der Anlage 2 zum RVG: volle Gebühr 245 Euro, Gebühr von 1,3 also 318,50 Euro). Bei Annahme einer überdurchschnittlichen Schwierigkeit wäre die Berechnung einer höheren Geschäftsgebühr zu erwarten gewesen, da nach Nr 2400 VV RVG aF (= Nr 2300 VV RVG nF) eine Gebühr von mehr als 1,3 gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war.

21

c) Rechtsgrundlage für die geltend gemachte Erledigungsgebühr ist Nr 1005 VV RVG iVm Nr 1002 VV RVG (jeweils idF des KostRMoG). Danach erhält der Rechtsanwalt eine Gebühr für die Erledigung in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG); die Gebühr umfasst einen Rahmen von 40 bis 520 Euro. Die Gebühr entsteht, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt (vgl Erläuterungen zu Nr 1002 VV RVG). Entgegen der Auffassung des LSG sind die Voraussetzungen für das Entstehen einer Erledigungsgebühr nicht erfüllt.

22

Nach der Rechtsprechung des BSG zu Nr 1005 bzw 1002 VV RVG kann eine Gebühr für die Mitwirkung an der Erledigung eines isolierten Vorverfahrens nur beansprucht werden, wenn der Rechtsanwalt eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit entfaltet hat (ua BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 8 RdNr 20 ff; Urteil vom 21.3.2007, B 11a AL 53/06 R, RdNr 16; SozR 4-1935 VV Nr 1002 Nr 1, RdNr 14 mwN; zustimmend ua Roos in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, Anhang zu § 63 RdNr 43b). Erforderlich ist eine qualifizierte erledigungsgerichtete Mitwirkung, die über das Maß hinausgeht, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im Widerspruchsverfahren abgegolten wird (vgl BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 8 RdNr 22). Eine solche qualifizierte, eine Erledigungsgebühr begründende Tätigkeit liegt beispielsweise vor, wenn der Rechtsanwalt zum Zwecke des Beweises entscheidungserheblicher Tatsachen unaufgefordert neue Beweismittel, etwa während des Vorverfahrens neu erstattete Befundberichte, beibringt (BSG SozR 4-1935 VV Nr 1002 Nr 1 RdNr 15). Dagegen bewegt sich die Vorlage präsenter Beweismittel noch im Rahmen der dem Widerspruchsführer ohnehin obliegenden Mitwirkung (§ 21 Abs 2 SGB X) und ist bereits mit der Geschäftsgebühr bzw der Auslagenpauschale abgegolten (BSG, Urteil vom 2.10.2008, B 9/9a SB 3/07 R, RdNr 16, 17).

23

Unter Zugrundelegung dieser in der Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe kann in der durch den Bevollmächtigten des Klägers vorgenommenen Übersendung des vor dem Arbeitsgericht geschlossenen Vergleichs keine die Gebühr nach Nr 1005 VV RVG rechtfertigende besondere Tätigkeit gesehen werden. Das LSG hat nicht hinreichend berücksichtigt, dass die für den Vergleichsabschluss ausschlaggebende Tätigkeit nicht im Widerspruchsverfahren, sondern in einem anderen, vom Kläger gesondert anhängig gemachten Verfahren entfaltet worden ist. Denn die Gebühr nach Nr 1005 iVm Nr 1002 VV RVG entsteht bei Erledigung einer Rechtssache nach Aufhebung oder Änderung eines angefochtenen Verwaltungsakts (vgl Erläuterungen zu Nr 1002 VV RVG), woraus deutlich wird, dass die anwaltliche Mitwirkung im konkreten Verfahren stattfinden muss und dass ein Tätigwerden in einem anderen Verfahren regelmäßig nicht ausreicht (vgl Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl 2008, Nr 1002 VV RVG RdNr 12 mwN).

24

Nach den getroffenen Feststellungen hat der Bevollmächtigte im arbeitsgerichtlichen Prozess darauf hingewirkt, den Wahrheitsgehalt der vom Arbeitgeber zur Begründung der außerordentlichen Kündigung angeführten Tatsachen in Frage zu stellen. Aufgrund dieser besonderen Bemühungen des Bevollmächtigten ist auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren eine Einigungsgebühr gemäß Nr 1000 VV RVG angefallen. Demgegenüber kommt der anschließenden Übersendung des Vergleichstextes an die Beklagte nur untergeordnete Bedeutung zu; sie kann nicht etwa der Beibringung neuer im Vorverfahren beschaffter Beweismittel (BSG SozR 4-1935 VV Nr 1002 Nr 1) gleichgesetzt werden.

25

Der Senat folgt in diesem Zusammenhang nicht der Auffassung des LSG, die Bemühungen des Bevollmächtigten vor dem Arbeitsgericht seien "hauptsächlich" für das Widerspruchsverfahren bedeutsam gewesen. Auszugehen ist vielmehr davon, dass der Bevollmächtigte des Klägers auch und gerade aus arbeitsrechtlichen Gründen verpflichtet war, die Kündigungsgründe in Frage zu stellen und auf die Feststellung der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung hinzuwirken. Die Vorlage des Vergleichs im Widerspruchsverfahren ist deshalb lediglich im Rahmen der Verpflichtung des Rechtsanwalts, das Verfahren gewissenhaft und sorgfältig zu betreiben, erfolgt und durch die Geschäftsgebühr nach Nr 2500 VV RVG aF (= Nr 2400 VV RVG nF) abgedeckt.

26

d) Die angefochtenen Kostenfestsetzungsbescheide sind auch im Übrigen zutreffend. Dies gilt für die anerkannten Kosten für Ablichtungen, die Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen und für die Umsatzsteuer (Nr 7000, 7002 und 7008 VV RVG).

27

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.

Gründe

I.

Zu befinden ist über eine Beschwerde wegen der Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München (SG) vom 20. Februar 2014.

Streitig ist eine kostenausfüllende Entscheidung der Beklagten (Kostenfestsetzung) über ein erledigtes isoliertes Widerspruchsverfahren. Damals ging es um eine Mahnung im Zusammenhang mit der Beitreibung einer Erstattungsforderung (Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II gemäß Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden des Jobcenters A-Stadt vom 12.12.2008, 11.11.2009 und 07.12.2010) in Höhe von insgesamt 174,60 EUR.

Am 27.12.2012 mahnte die Beklagte die am 28.12.2010 fällige Forderung und setzte eine Mahngebühr in Höhe von 1,15 EUR fest. Der Kläger wurde aufgefordert, den Betrag in Höhe von insgesamt 175,75 EUR innerhalb von einer Woche zu überweisen. Auf den Widerspruch des Klägers hin hob die Beklagte mit Bescheid vom 15.03.2013 die festgesetzte Mahngebühr in Höhe von 1,15 EUR aufgrund der Minderjährigkeit des Klägers auf. Die Zuziehung eines Rechtsanwalts wurde als notwendig anerkannt.

Mit Kostenrechnung vom 28.03.2013 verlangte der Klägerbevollmächtigte eine Geschäftsgebühr nach § 14 RVG in Verbindung mit der Anlage Nr. 2400 VV RVG in Höhe von 240,00 EUR, sowie die Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20,00 EUR (zzgl. Mehrwertsteuer nach Nr. 7008 VV RVG insgesamt 309,40 EUR). Mit Bescheid vom 10.05.2013 setzte die Beklagte die zu erstattenden Aufwendungen auf 57,12 EUR fest. Der Ansatz einer Geschäftsgebühr von 240,00 EUR sei unbillig und daher für die Beklagte nicht verbindlich. Streitig sei lediglich eine Mahngebühr von 1,15 EUR gewesen. Sowohl die rechtliche Schwierigkeit als auch der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit hätten im Vergleich zu den üblichen sozialgerichtlichen Verfahren weit unter dem Durchschnitt gelegen. Die Bedeutung der Sache sei unterdurchschnittlich gewesen. Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände könne daher die Geschäftsgebühr nur mit dem Mindestbetrag von 40,00 EUR angesetzt werden.

Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.06.2013 zurück.

Die am 12.07.2013 erhobene Klage zum Sozialgericht München (SG) ist später dahingehend geändert worden, dass die Beklagte zu verurteilen sei, unter Aufhebung des Bescheids vom 10.05.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.06.2013 in Gestalt des Teilabhilfebescheids vom 15.01.2014 dem Kläger weitere Kosten des Widerspruchsverfahrens in Höhe von 52,36 EUR zu erstatten. Denn der Beklagte hatte ein Teilanerkenntnis abgegeben und sich bereit erklärt, die Kostenfestsetzung auf insgesamt 114,24 EUR unter Berücksichtigung einer Schwellengebühr von 80,00 EUR abzuändern (Teilabhilfebescheid vom 15.01.2014).

Mit Gerichtsbescheid vom 20. Februar 2014 hat das SG dem Klageantrag entsprochen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die anwaltliche Festsetzung zunächst unbillig und nicht verbindlich gewesen sei. Zugrunde zu legen sei eine hälftige Schwellengebühr von 120,00 EUR (Anschluss an Gerichtsbescheide des SG vom 25.09.2013, Aktenzeichen S 40 AS 1706/13 und S 40 AS 1278/13). Insbesondere die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger sei als überdurchschnittlich bewertet. Hier sei ein minderjähriger Kläger aufgefordert worden, den Betrag in Höhe von 175,75 EUR binnen einer Woche zu erstatten. Bei der Bedeutung der Sache dürfte dabei nicht nur auf die Geringfügigkeit der Mahngebühr abgestellt werden, vielmehr sei auch die Durchsetzung mehrerer Erstattungsforderungen in für den Kläger nicht unbeträchtlicher Höhe mit kurzer Fristsetzung in Betracht zu ziehen. Der Argumentation des Beklagten könne nicht gefolgt werden, dass es sich bei dem Klägervertreter um eine Kanzlei handele, die ähnlich gelagerte Fälle häufig betreue und damit gewisse Synergieeffekte zu nutzen seien. Bei der in Bezug genommenen Rechtsprechung des Sozialgerichts Dresden seien sämtliche Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG als deutlich unterdurchschnittlich bewertet worden. Das treffe im zugrunde liegenden Fall nicht zu.

Hiergegen hat die Beklagte am 24. 03.2014 Nichtzulassungsbeschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Sie strebe eine grundsätzliche Klärung der Frage an, ob bei der Bewertung der Bedeutung der Sache das mittelbare Interesse (zugrunde liegende Summe der Erstattungsforderung) herangezogen werden dürfe. Insoweit sei die Rechtsprechung des SG nicht einheitlich.

II.

Das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde - NZB - (§ 145 SGG) ist eingelegt, wenn der Rechtsmittelführer die Überprüfung der Nichtzulassung der Berufung durch das SG begehrt und eine Berufung ohne Zulassung nicht statthaft ist. Die NZB ist zulässig, aber nicht begründet. Die Berufung hat tatsächlich - wie vom SG auch angesichts des zuletzt gestellten Klageantrags über Erstattung vom 52,36 EUR zutreffend behandelt - der Zulassung bedurft. Gemäß § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt. Das gilt lediglich nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 S. 2 SGG). Die Berufung ist vom SG nicht zugelassen worden, was sich ausdrücklich aus den Entscheidungsgründen ergibt und worauf die Begründung und die Rechtsmittelbelehrung zutreffend hinweisen. Das Gesetz schreibt nicht ausdrücklich vor, an welcher Stelle im Urteil i. S. d. § 136 Abs. 1 SGG die Entscheidung über die Berufung darzustellen ist. Ein Entscheidungssatz im Tenor ist nicht unbedingt notwendig. Er dient aber wir hier zutreffend geschehen der Klarheit. Damit war die Berufung zulassungsbedürftig. Die Berufung ist aber nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG).

Solche Gründe für die Zulassung liegen hier nicht vor. Für die Nichtzulassungsbeschwerde nach § 145 SGG gelten nicht die strengen Darlegungsvoraussetzungen des § 160a Abs. 2 S. 3 SGG (vgl. § 145 Abs. 2 SGG). Nur bei einer auf einen Verfahrensfehler gestützten Nichtzulassungsbeschwerde muss dieser ausdrücklich bezeichnet und geltend gemacht werden. Die Beklagte macht keinen Verfahrensfehler geltend. Letztlich ist die Beklagte nicht mit dem Ergebnis der Entscheidung erster Instanz einverstanden. Kein Verfahrensmangel im oben genannten Sinne (Nr. 3) ist aber ein Fehler, der den Inhalt der Entscheidung betrifft. Der Einholung eines Gutachtens nach § 14 Abs. 2 RVG in der Fassung von Art. 3 des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (Kostenrechtsmodernisierungsgesetz v. 05.05.2004 (BGBl. I, 718; in Kraft getreten am 01.07.2004) bedurfte es nicht (vgl. Urteil des BSG vom 01.07.2009 -B 4 AS 21/09 R). Soweit lag kein Verfahrensfehler vor.

Eine Divergenz im oben genannten Sinne (Nr. 2) ist nicht ersichtlich. Die von der Beklagtenangeführte Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung erster Instanz fällt nicht unter diesen Tatbestand. Das gleiche gilt aber nicht für eine grundsätzliche Bedeutung (oben Nr. 1). Grundsätzliche Bedeutung hat das angestrebte Berufungsverfahren nur, wenn der Rechtsstreit sich in seiner Bedeutung nicht in dem konkreten Einzelfall erschöpft, sondern dazu dienen kann, die Rechtseinheit zu wahren oder die Entwicklung des Rechts zu fördern. Das ist dann der Fall, wenn die für grundsätzlich gehaltene Rechtsfrage klärungsbedürftig ist (LSG RhPf 04.12.1997 - L 4 BV 22/97, E-LSG B-111). Ein Klärungsbedürfnis besteht jedoch dann nicht mehr, wenn die Rechtsfrage bereits höchstrichterlich geklärt ist oder wenn sich ihre Beantwortung ohne Weiteres bzw. eindeutig aus dem Gesetz ergibt (Beschlüsse des BSG vom 25.02.2010, B 13 R 345/09 B und vom 17.03.2010 - B 3 P 33/09 B). Die Beklagte führt als klärungsbedürftige allgemeine Rechtsfrage eine Auslegung des Tatbestandsmerkmals „Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber“ in § 14 Abs. 1 RVG an. Speziell: ob bei der Auslegung nur das unmittelbare Ziel der anwaltlichen Tätigkeit oder aber auch der „der Mahnung zugrunde liegende Aufhebungs- und Erstattungsbescheid herangezogen werden darf“. Hier sei die Rechtsprechung des Sozialgerichts München uneinheitlich.

Tatsächlich geht die zugrunde liegende Rechtsfrage zunächst um die Frage der Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen im Vorverfahren (§ 63 Abs. 1 S. 1 SGB X). Nicht im Streit ist die Notwendigkeit der Hinzuziehung (§ 63 Abs. 2 SGB X, vgl. dazu etwa Beschluss des LSG Nordrhein-Westfalen 03.06.2013 L 12 AS 200/13 NZB), die durch das Anerkenntnis der Beklagten geklärt ist. Demnach war hier auf Antrag des Klägers gemäß § 63 Abs. 3 S. 1 SGB X über die Kostenfestsetzung zu entscheiden. Über die Höhe der Vergütung des Rechtsanwalts enthält das SGB X keine Regelung. Die Vergütung (Gebühren und Auslagen) für die Tätigkeiten von Rechtsanwälten bemisst sich seit dem 01.07.2004 nach dem RVG i. d. F. des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts. Das RVG ist anzuwenden, wenn ein Beteiligter einem Bevollmächtigten den Auftrag zur Einlegung des Widerspruchs erteilt hat. Zur Höhe der Gebühr liegt aber umfangreiche Kommentarliteratur vor (vgl. etwa Kasseler Kommentar, Rn. 26a zu § 63 SGB X: „Für die außergerichtliche Vertretung im Vorverfahren steht dem RA danach entweder eine Geschäftsgebühr nach VV 2400 im Rahmen von 40,00 bis 520,00 EUR zu, wobei mehr als 240 EUR nach ausdrücklicher Regelung nur gefordert werden können, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Deshalb ist für eine Tätigkeit im Vorverfahren ohne besonderen Umfang oder Schwierigkeit nicht die Mittelgebühr, sondern die sog Gebühr nach der sog Kappungsgrenze von 240,00 EUR anzusetzen (LSG Nordrhein-Westfalen, NJW-RR 2008, 87; komplizierter, aber mit gleichem Ergebnis BSG 1. 7. 2009 - B 4 AS 21/09 R - BSGE 104, 30 = NJW 2010, 1400). Ist der Vertretung im VorVerf. eine Tätigkeit im Verwaltungsverfahren vorausgegangen, beträgt die Gebühr für das VorVerf. nach VV 2401 von 40 bis 260 EUR (näher dazu Hartmann Kostengesetze 41. Aufl. 2011 Vorbem. 2.4, VV 2400, 2401). Eine Gebühr von mehr als 120,00 EUR darf nur verlangt werden, wenn die Tätigkeit schwierig oder umfangreich war. Da die Kosten des VerwVerf. nicht über § 63 erstattungsfähig sind (RdNr. 3), ist bei der Kostenfestsetzung die Minderung des Gebührenrahmens nach Nr. 2401 VV zu berücksichtigen, wenn der Bevollmächtigte bereits im VerwVerfahren tätig war (BSG 25. 2. 2010 - B 11 AL 24/08 R - BSGE 106, 21 = SozR 4 - 1300 § 63 Nr. 12 mit Anm. Klaus in jurisPR-SozR 25/2010 Anm. 6)“ ... bzw.: „Ob die Schwellengebühr innerhalb des Gebührenrahmens nach VV 2400, 2401, 1005 festzusetzen ist oder überschritten werden kann, richtet sich danach, ob die Sache umfangreich oder schwierig war. Hinsichtlich dieser unbestimmten Rechtsbegriffe ist vom RA, der Behörde und ggf. den Gericht eine volle Nachprüfung erforderlich, ob deren tatsächliche Voraussetzungen gegeben sind. Liegen diese nicht vor, bleibt es bei der Schwellengebühr“. Darüber hinaus besteht eine höchstrichterliche Rechtsprechung (vgl. Urteil des BSG vom 1.7.2009 -B 4 AS 21/09 R, Rn. 24), die sich eingehend mit der Erforderlichkeit einer Pauschalierung auseinandersetzt. So wird etwa ausgeführt, dass sich die Mittelgebühr in „Normalfällen“ zur billigen BRAGO-Gebühr entwickelt habe. „Sie ist in Fällen zugrunde zu legen, in denen sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts nicht nach oben oder unten vom Durchschnitt abhebt (vgl. BGH, Urt. v. 23.02.1995, Aktenzeichen IX ZR 42/94; BVerwG, Urt. v. 07.06.1985, Aktenzeichen 6 C 63/83). Diese Vorgehensweise trägt Vereinfachungs- und Zweckmäßigkeitsgründen sowie dem verfassungsrechtlichen Gebot des Art. 3 Abs. 1 GG Rechnung, gleich liegende Fälle gleich und unterschiedliche Fälle entsprechend ihren Unterschieden ungleich zu behandeln. Diese Gesichtspunkte rechtfertigen es, auch unter Geltung des RVG weiterhin jedenfalls im Grundsatz, jedoch nunmehr unter Beachtung der zusätzlich durch die Schwellengebühr gezogenen Grenze, so zu verfahren und in einem ersten Schritt von der Mittelgebühr auszugehen“. Weiter ist dort (a. a. O. Rn. 25) ausgeführt, „Ausweislich der Gesetzesmaterialien erfordert lediglich der gegenüber der BRAGO erweiterte Abgeltungsbereich der Geschäftsgebühr eine neue Definition des „Normalfalls“. In durchschnittlichen Angelegenheiten ist aber weiterhin grundsätzlich von der Mittelgebühr auszugehen (vgl. BT-Dr. 15/1971, S. 207 zu Nr. 2400 VV-RVG a. F.). Eine gesonderte Bedeutung kommt dem Umfang und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit damit nicht innerhalb der Abwägung nach § 14 RVG zu, sondern einzig für die Öffnung des Gebührenrahmens über die Schwellengebühr hinaus (vgl. BSG, Urt. v. 29.03.2007, Aktenzeichen B 9a SB 4/06 R, BeckRS 2007, BECKRS Jahr 44081; Römermann, in: Hartung/Römermann, RVG, 2004, VV Teil 2, S. 756 Rdnr. 58 a. E.; a. A. Otto, NJW 2006, Seite 1472; Jungbauer, in: Bischof, § 14 Rdnr. 98).“

Schließlich finden sich auch beachtliche Ausführungen in der genannten BSG Entscheidung zu den Einzelheiten der Gebührenfestsetzung durch den Anwalt in Angelegenheiten der Grundsicherung (so Rn. 37). Danach komme es für die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger auf eine unmittelbare tatsächliche, ideelle, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung für den Auftraggeber, nicht aber für die Allgemeinheit, an. Dazu wird dann eingehend Literatur angeführt, zum Beispiel Hartmann, § 34 Rdnr. 5; Jungbauer, in: Bischof, § 14 Rdnrn. 41f ... Dort wird weiter auch deutlich gemacht, dass es allein auf das Begehren des Klägers ankomme, und es ohne Belang sei, dass es sich hierbei materiell-rechtlich auch um Ansprüche der übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft handele (vgl. hierzu BSG, SozR 4-4200 § 22 Nr. 1 Rdnrn. 12f.). Hinzuweisen ist auf einen Beschluss des LSG Nordrhein-Westfalen vom 21.11.2012, Aktenzeichen: L 19 AS 1878/12 B.

Angesichts dieser Fülle von Literatur und einer höchstrichterlichen Entscheidung bedarf es keiner weiteren Klärung im weiteren Instanzenzug. Es ist auch nicht ersichtlich, wie weit der angestrebten Berufungsentscheidung eine Breitenwirkung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus zukommen soll. Selbst wenn eine Vielzahl gleichartiger Fallgestaltungen zu Mahngebühren in einer Größenordnung von zwei Euro vorliegen, müssen sich diese Fälle durch einfache Auslegung des Kriteriums der Bedeutung der Sache in der ersten Instanz lösen lassen. Der Natur der Sache entsprechend kann dies immer - je nach Bewertung der zugrunde liegenden Tatsachen - zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. So weist z. B. auch das SG Augsburg darauf hin, dass die Festsetzung der angemessenen Gebühr im Sinne des § 14 RVG jeweils eine Einzelfallentscheidung ist (vgl. SG Augsburg v. 16.06.2014 - S 11 AS 346/14 - juris Rn. 35).

Weiter kommt hinzu, dass Nr. 2401 VV-RVG ab 01.08.2013 aufgehoben ist (Artikel 8 Abs. 2 Nr. 16 des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes - 2. KostRMoG vom 23.07.2012, BGBl. I 2013, 2586, 2693: „16. Abschnitt 4 wird aufgehoben“). Schon deswegen kann für die Zukunft kein Klärungsbedarf bestehen. Es gilt nunmehr das Anrechnungsprinzip nach der Vorbemerkung 2.3 Abs. 4 im Gebührenverzeichnis (Anlage 1 zum RVG). Danach wird bei Betragsrahmengebühren eine im Verwaltungsverfahren entstandene Gebühr zur Hälfte auf die Gebühr im Widerspruchsverfahren angerechnet (vgl. hierzu mit Berechnungsbeispielen: Schneider, Die Zukunft der Rechtsanwaltsvergütung - Die wichtigsten Änderungen des RVG durch das 2. KostRMoG, NJW 2013, 1553-1560, 1557). Für die Kostenerstattung ist § 15a Abs. 2 RVG zu beachten. Die Behörde hat also bei erfolgreichem Widerspruch die volle Geschäftsgebühr zu erstatten (vgl. Schneider, NJW 2013, 1553-1560, 1558 bzw. zum Ganzen Feddern in: jurisPK-SGB X, § 63 SGB X, Stand 21.07.2014).

Nicht zu berücksichtigen war für den Senat, ob der sozialgerichtliche Gerichtsbescheid in der Sache zutreffend ist. Das SGG sieht, wie andere Verfahrensordnungen auch, vor, dass Streitsachen geringeren Streitwerts nur ausnahmsweise nachprüfbar sind. Eine solche Ausnahme ist - wie dargestellt - hier nicht gegeben.

Daher ist die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Mit der Ablehnung der Beschwerde wird das Urteil des SG rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG). Der Beschluss über die Ablehnung ist endgültig (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG bzw. § 177 SGG) und ergeht kostenfrei (§ 183 SGG).

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 29. Januar 2015 aufgehoben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 17. März 2014 zurückgewiesen.

Die Anschlussrevision der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin auch die notwendigen Kosten für das Revisions- und das Berufungsverfahren zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe der von der beklagten BA zu erstattenden Rechtsanwaltsgebühren für ein isoliertes Vorverfahren wegen einer Mahngebühr.

2

Die im Bezug ergänzender Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II stehende Klägerin war von der beklagten BA unter Verhängung einer Mahngebühr von 7,85 Euro aufgefordert worden, innerhalb einer Woche einen Gesamtbetrag von 1520,63 Euro zu zahlen, der seit dem 25.1.2011 fällig sei und aus Bescheiden des zuständigen Jobcenters resultiere. Bleibe die Zahlung aus, werde die mit weiteren Kosten verbundene zwangsweise Einziehung veranlasst (Schreiben vom 23.10.2011). Die Klägerin erhob vertreten durch einen Rechtsanwalt Widerspruch gegen "die Mahnung" und machte geltend, die Bescheide seien ihr nicht bekannt und mangels Fälligkeit sei die Erhebung von Mahngebühren nicht statthaft (Widerspruch vom 27.10.2011). Dem folgend hob die Beklagte die Festsetzung der Mahngebühr auf und anerkannte dem Grunde nach die Übernahme der im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten, soweit sie notwendig waren und nachgewiesen würden (Abhilfebescheid vom 27.7.2012).

3

Während der Bevollmächtigte der Klägerin im nachfolgenden Erstattungsverfahren unter Einbeziehung ua einer Geschäftsgebühr nach § 3 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) iVm Nr 2400 Vergütungsverzeichnis (VV) zum RVG in Höhe von 240 Euro Kosten von 309,40 Euro geltend gemacht hat, anerkannte die Beklagte unter Berücksichtigung einer Geschäftsgebühr von 40 Euro einen Betrag von 57,12 Euro als notwendige Aufwendungen. Die Erhebung einer Geschäftsgebühr von 240 Euro sei unbillig und daher für sie nicht verbindlich. Bei einer Mahngebühr von 7,85 Euro seien die rechtliche Schwierigkeit, der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit und die Bedeutung der Angelegenheit weit unterdurchschnittlich (Kostenfestsetzungsbescheid vom 13.11.2012 und Widerspruchsbescheid vom 3.12.2012).

4

Das SG hat die Beklagte verurteilt, der Klägerin unter Ansatz einer Geschäftsgebühr von 120 Euro weitere 109,48 Euro zu gewähren (Geschäftsgebühr 120 Euro; Post- und Telekommunikationspauschale 20 Euro; Umsatzsteuer 26,60 Euro abzüglich bereits zuerkannter 57,12 Euro) und die Klage abgewiesen, soweit sie darüber hinaus auf Erstattung des vollen Mehrbetrags bis zur geltend gemachten Forderung von 309,40 Euro gerichtet war (Urteil vom 17.3.2014). Das LSG hat das Urteil des SG auf die von ihm zugelassene Berufung der Beklagten geändert und diese unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen zur Erstattung weiterer 61,88 Euro verurteilt (Urteil vom 29.1.2015): Zwar sei - anders als das SG angenommen hatte - auch die Bedeutung der Angelegenheit gering gewesen, weil nur auf die Höhe der Mahngebühr und nicht auch auf deren mittelbare Wirkungen abgestellt werden dürfe. Jedoch habe der enge Zeitrahmen für die Zahlung von einer Woche zu einem kurzfristigen Beratungsbedarf geführt und faktisch die Monatsfrist für die Erstellung des Widerspruchs auf wenige Tage verkürzt, weshalb eine Geschäftsgebühr in Höhe des doppelten Mindestsatzes angemessen sei (Geschäftsgebühr 80 Euro; Post- und Telekommunikationspauschale 20 Euro; Umsatzsteuer 19 Euro abzüglich 57,12 Euro).

5

Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 14 Abs 1 Satz 1 RVG. Im Rahmen seines Ermessens dürfe ihr Anwalt die mittelbaren Auswirkungen der Mahngebühr bei seiner Gebührenbestimmung sehr wohl berücksichtigen. Weder mit dem Jobcenter noch mit der Beklagten habe sie eine verbindliche Klärung der Angelegenheit erreichen können. Aufgrund der getrennten Zuständigkeiten beim Inkasso der Jobcenter sei regelmäßig unklar, wie der Vollzug einer Forderung gestoppt werden könne. Die Mahngebühr werde dabei als Druckmittel eingesetzt, das deutlich mache, dass das Anwachsen weiterer Kosten bei nicht rechtzeitiger Zahlung nicht verhindert werden könne.

6

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 29. Januar 2015 zu ändern und die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts vom 17. März 2014 insgesamt zurückzuweisen.

7

Die Beklagte bekräftigt ihre Auffassung, dass Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie die Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin gering gewesen seien, und beantragt,
 die Revision zurückzuweisen und
 das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 29. Januar 2015 im Wege der Anschlussrevision zu ändern und das Urteil des Sozialgerichts vom 17. März zu ändern, soweit sie zur Gewährung weiterer 109,48 Euro verurteilt worden ist.

8

Insoweit beantragt die Klägerin,
die Anschlussrevision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet, die zulässige Anschlussrevision der Beklagten hingegen unbegründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 und Abs 1 Satz 1 SGG). Zutreffend hat das SG entschieden, dass der Klägerin unter Berücksichtigung einer Geschäftsgebühr von 120 Euro ein Anspruch auf Erstattung weiterer 109,48 Euro zusteht. Unter Zurückweisung der Anschlussrevision ist deshalb das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.

10

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind die Urteile des LSG vom 29.1.2015 und des SG vom 17.3.2014 sowie der Kostenfestsetzungsbescheid der beklagten BA vom 13.11.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3.12.2012, soweit die Beklagte dadurch die von ihr zu erstattenden Aufwendungen für das Widerspruchsverfahren auf 57,12 Euro begrenzt hat und sie vom SG zur Erstattung weiterer 109,48 Euro verurteilt worden ist. Nicht Gegenstand des Verfahrens ist dagegen zum einen der weitergehende Erstattungsanspruch in der ursprünglich geltend gemachten Höhe von 309,40 Euro, nachdem das SG die den Mehrbetrag von 109,48 Euro übersteigende Klage abgewiesen hat und die Klägerin dagegen nicht mit Berufung vorgegangen ist. Ebenfalls nicht zu befinden ist über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwalts iS von § 63 Abs 2 SGB X. Hierüber hat die Beklagte zwar anders als von den Vorinstanzen angenommen nicht bereits mit dem Abhilfebescheid vom 27.7.2012 entschieden. Jedoch hat sie durch die Zuerkennung jedenfalls eines Teils der beanspruchten Kosten mit dem streitbefangenen Kostenfestsetzungsbescheid zumindest konkludent anerkannt, dass die Hinzuziehung des Bevollmächtigten der Klägerin notwendig war (vgl etwa BSG Urteil vom 5.5.2009 - B 13 R 137/08 R - RdNr 12 sowie BSG Urteil vom 21.12.2009 - B 14 AS 83/08 R - SozR 4-1300 § 63 Nr 11 RdNr 13). Die Klägerin verfolgt ihr Begehren zutreffend im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl nur BSG Urteil vom 1.7.2009 - B 4 AS 21/09 R - BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, RdNr 11 f).

11

2. Prozessuale Hindernisse, die einer Sachentscheidung entgegenstünden, liegen nicht vor. Wird wie vorliegend in der Hauptsache über die Kosten eines isolierten Vorverfahrens (§§ 78 ff SGG)gestritten, handelt es sich insbesondere nicht um Kosten des Verfahrens iS von § 144 Abs 4 iVm § 165 Satz 1 SGG, bei denen Berufung und Revision nicht statthaft sind(vgl nur BSG Urteil vom 1.7.2009 - B 4 AS 21/09 R - BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, RdNr 9 mwN; BSG Urteil vom 21.12.2009 - B 14 AS 83/08 R - SozR 4-1300 § 63 Nr 11 RdNr 11; BSG Urteil vom 14.2.2013 - B 14 AS 62/12 R - RdNr 11). Ebenfalls stand der Berufung nach der Zulassung durch das LSG nicht die Wertgrenze von § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG entgegen.

12

3. Rechtsgrundlage des Anspruchs der Klägerin auf Erstattung weiterer Kosten dem Grunde nach ist § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X in Verbindung mit dem Abhilfebescheid vom 27.7.2012 sowie dem Kostenfestsetzungsbescheid vom 13.11.2012. Hiernach hat, soweit der Widerspruch erfolgreich ist, der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat - hier also die BA als Rechtsträgerin der die Vollstreckung für das Jobcenter betreibenden Stelle (hierzu zuletzt BSG Urteil vom 25.6.2015 - B 14 AS 38/14 R - SozR 4-1300 § 63 Nr 23, auch vorgesehen für BSGE, RdNr 21) -, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten (§ 63 Abs 1 Satz 1 SGB X). Dazu rechnen auch die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts, wenn seine Zuziehung im Vorverfahren notwendig war (§ 63 Abs 2 SGB X). In diesem Sinne ist mit den Bescheiden vom 27.7.2012 und 13.11.2012 bindend entschieden, dass die Beklagte die im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten einschließlich der Gebühren des Bevollmächtigten der Klägerin dem Grunde nach zu erstatten hat.

13

4. Zu den hiernach zu erstattenden Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der Klägerin rechnet entgegen der Auffassung von Beklagter und LSG eine Geschäftsgebühr nach Nr 2400 des VV zum RVG aF in Höhe von 120 Euro.

14

a) Die nach § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X zu erstattenden Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts iS von § 63 Abs 2 SGB X sind die gesetzlichen Gebühren(stRspr; vgl nur BSG Urteil vom 1.7.2009 - B 4 AS 21/09 R - BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, RdNr 15), die sich nach dem RVG bemessen (§ 1 Abs 1 Satz 1 RVG). In sozialrechtlichen Angelegenheiten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, für die - wie hier - bei Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens das GKG nicht anzuwenden wäre, entstehen danach Betragsrahmengebühren (§ 3 Abs 2 RVG), die sich nach dem VV der Anlage 1 zum RVG bestimmen (§ 2 Abs 2 Satz 1 RVG). Sie umfassen nach Nr 2400 des VV zum RVG (hier in der ab 1.7.2006 geltenden Fassung, vgl Art 5 Abs 1 Nr 4 Buchst b sowie Art 8 Satz 2 KostRMoG, aF; seit dem 1.8.2013 ersetzt durch Nr 2302 VV RVG idF des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts <2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG> vom 23.7.2013, BGBl I 2586) eine Geschäftsgebühr ua für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information (vgl Vorbemerkung II zu Nr 2400 VV RVG aF iVm Vorbemerkung 2.3 III zu Nr 2300 VV RVG). Sie bestimmte sich in der hier geltenden Fassung innerhalb eines Betragsrahmens von 40 bis 520 Euro, wobei eine Gebühr von mehr als 240 Euro (so genannte Schwellengebühr) nur gefordert werden konnte, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war.

15

b) Innerhalb dieses Gebührenrahmens bestimmt der Rechtsanwalt nach § 14 Abs 1 Satz 1 RVG die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen(§ 14 Abs 1 Satz 1 RVG), und zwar bei Rahmengebühren, die sich - wie hier - nicht nach dem Gegenstandswert richten, unter Berücksichtigung auch des Haftungsrisikos (§ 14 Abs 1 Satz 3 RVG). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, so ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs 1 Satz 4 RVG).

16

c) Dass hiernach die ursprüngliche Kostennote des Bevollmächtigten der Klägerin vom 9.8.2012 mit einer Geschäftsgebühr nach Nr 2400 VV RVG aF in Höhe der Schwellengebühr von 240 Euro unbillig ist, hat die Beklagte zutreffend - und auch wirksam (vgl BGH Beschluss vom 20.1.2011 - V ZB 216/10 -, ASR 2011, 211 RdNr 10; vgl auch Loytved, jurisPR-SozR 15/2015 Anm 5) - beanstandet. Anders als mit diesem Gebührenansatz zugrunde gelegt (zur Bedeutung und Einordnung der Schwellengebühr grundlegend BSG Urteil vom 1.7.2009 - B 4 AS 21/09 R - BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, RdNr 24 f mwN) entspricht die mit ihm abgerechnete anwaltliche Tätigkeit von der Bedeutung der Angelegenheit abgesehen (dazu unter e) nach keinem der übrigen in § 14 Abs 1 Satz 1 RVG angeführten Gesichtspunkte derart einem durchschnittlichen sozialrechtlichen "Normal"-Widerspruchsverfahren, dass sie die Erhebung einer Geschäftsgebühr von 240 Euro rechtfertigen könnte.

17

Wie den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und daher bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) zu entnehmen ist, waren vielmehr insbesondere der Umfang der abgerechneten anwaltlichen Tätigkeit, also der benötigte Zeitaufwand (vgl BSG Urteil vom 1.7.2009 - B 4 AS 21/09 R - BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, RdNr 28 ff), unterdurchschnittlich und die Schwierigkeit, also die Intensität der Arbeit (ebenda RdNr 32 ff), ebenfalls allenfalls unterdurchschnittlich. Das Widerspruchsvorbringen erschöpfte sich in dem Vorbringen, die in dem Mahnschreiben angegebenen Bescheide seien "unsererseits nicht bekannt" und die Forderungen daher nicht fällig. Dass dies ein aufwändiges Aktenstudium oder die Anforderung weiterer Unterlagen oder die Prüfung schwieriger Rechtsfragen erfordert hätte, ist nicht zu erkennen. Entsprechendes gilt für die Bestimmung des einzulegenden Rechtsbehelfs, nachdem gegen die Festsetzung der Mahngebühr ungeachtet des um ihre Rechtsqualität zu diesem Zeitpunkt noch geführten Streits (vgl BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 54/10 R - BSGE 108, 229 = SozR 4-4200 § 44b Nr 3, RdNr 14) ausweislich der Rechtsbehelfsbelehrung ausdrücklich der Widerspruch eröffnet war. Unterdurchschnittlich waren auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin (vgl BSG Urteil vom 1.7.2009 - B 4 AS 21/09 R - BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, RdNr 38) und besondere gebührenerhöhende Haftungsrisiken bestanden ebenfalls nicht (vgl ebenda RdNr 39).

18

d) Ungeachtet dessen haben die Vorinstanzen entgegen der Auffassung der Beklagten zutreffend entschieden, dass die Tätigkeit des Bevollmächtigten der Klägerin nicht lediglich mit der Mindestgebühr von 40 Euro nach Nr 2400 VV RVG aF abzugelten ist. Dagegen spricht bereits, dass der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit wenn auch unterdurchschnittlich, aber nicht weit unterdurchschnittlich war. Weder aus dem Vorbringen der Beklagten noch sonst ergibt sich, dass ihr Bevollmächtigter bereits vorher mit dem Vorgang befasst war. Nach den Feststellungen des LSG sind ungeachtet der Frage ihres Zugangs Widersprüche gegen die dem Mahnschreiben zugrunde liegenden Bescheide nicht ersichtlich. Zur Information ihres Anwalts und zur Beratung der Klägerin war deshalb vor Erhebung des Widerspruchs zumindest eine Besprechung mit der Klägerin durchzuführen, deren Zeitdauer in die Bewertung des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit ebenfalls einzugehen hat (vgl BSG Urteil vom 1.7.2009 - B 4 AS 21/09 R - BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, RdNr 28).

19

e) Weiterhin hat das SG entgegen der Auffassung der Beklagten und insoweit auch des LSG im Ergebnis ebenfalls zutreffend entschieden, dass bei der Bedeutung der Angelegenheit neben der Mahngebühr auch die Zahlungsaufforderung in Bezug auf den Mahnbetrag selbst zu berücksichtigen ist.

20

Richtig ist zwar, dass Gegenstand des Widerspruchsverfahrens nur der Mahngebührenbescheid über 7,85 Euro war, weil nur ihm und nicht auch der Mahnung bzw der Zahlungsaufforderung Verwaltungsaktsqualität zukam (vgl zur Mahngebühr nur BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 54/10 R - BSGE 108, 229 = SozR 4-4200 § 44b Nr 3, RdNr 14; zur Mahnung BSG Beschluss vom 5.8.1997 - 11 BAr 95/97 - juris RdNr 6; entsprechend zur Vollstreckungsankündigung BSG Urteil vom 25.6.2015 - B 14 AS 38/14 R - SozR 4-1300 § 63 Nr 23, ebenfalls vorgesehen für BSGE, RdNr 15). Gebührenrechtlich im Verhältnis der Klägerin zu ihrem Anwalt ist das allerdings ohne Bedeutung. Maßgebend in diesem Verhältnis sind nicht die verfahrensrechtlichen Unterschiede zwischen dem Mahngebührenbescheid als Verwaltungsakt und der Zahlungsaufforderung als Realakt, sondern ausschließlich der Angelegenheitsbegriff des § 15 Abs 2 RVG.

21

Hiernach sind im Mandatsverhältnis zum Anwalt einer Angelegenheit zuzuordnen und deshalb gemäß § 15 Abs 2 RVG nur einmal abrechenbar alle auftragsgemäß erbrachten Leistungen, zwischen denen ein innerer Zusammenhang besteht und die sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit gesprochen werden kann(BGH Urteil vom 27.7.2010 - VI ZR 261/09 - NJW 2010, 3035, 3036 RdNr 16). Bei dem engen inneren Zusammenhang zwischen Mahnung auf der einen und erhobener Gebühr auf der anderen Seite (vgl § 19 Abs 2 Satz 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz iVm § 40 Abs 6 Halbs 1 SGB II idF des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011, BGBl I 453) ist danach ausgeschlossen, dass das Vorgehen gegen die Mahnung und das gegen die Mahngebühr im Verhältnis zur Klägerin gesondert abzurechnen sein könnte. Ebenso wenig könnte die Klägerin für das Letztere Beratungshilfe nach dem Beratungshilfegesetz (BerHG) als Ausgleich dafür erhalten, dass die Beklagte nur für einen Teil der Kosten der Rechtsverfolgung auf die Mahnung aufkommt (zu dieser Kompensation für den begrenzten Kostenerstattungsanspruch nach § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X vgl BSG Urteil vom 25.6.2015 - B 14 AS 38/14 R - SozR 4-1300 § 63 Nr 23, ebenfalls vorgesehen für BSGE, RdNr 24 f). Gebührenrechtlich ist die Klägerin vielmehr einem einheitlichem Vergütungsanspruch ihres Anwalts ausgesetzt, in dessen Bemessung im Verhältnis zwischen ihm und ihr nach Maßgabe von § 14 Abs 1 RVG nach der objektiven Bedeutung der Angelegenheit für sie auch ihr Interesse an der Abwendung der Zwangsvollstreckung eingeht.

22

Das gebietet es, im kostenerstattungsrechtlichen Verhältnis zwischen Klägerin und beklagter BA bei der Bedeutung der Sache auch diese Wirkungen des erfolgreichen Widerspruchs gegen den Mahngebührenbescheid als von seinen Folgen umfasst ("Soweit der Widerspruch erfolgreich ist" <§ 63 Abs 1 Satz 1 Halbs 1 SGB X>) zu berücksichtigen. Das ist insofern sachgerecht, als die Beklagte zum einen vornehmlich durch die kurz bemessene Zahlungsaufforderung Anlass für das Vorgehen gegen die Mahnung und den Mahngebührenbescheid gegeben hat. Zum anderen sind die Mahngebühr und die Mahnung schon rechtlich insoweit miteinander verknüpft, als die Gebühr als Entgelt für die Amtshandlung (vgl § 19 Abs 1 Satz 1 VwVG)der Mahnung erhoben wird und sie deshalb - von der korrekten Bemessung abgesehen (vgl § 19 Abs 2 Satz 2 und 3 VwVG) - nur rechtmäßig ist, wenn die Vollstreckungsvoraussetzungen erfüllt sind (vgl § 3 Abs 2 VwVG) und mithin auch die Mahnung gemäß § 3 Abs 3 VwVG ergehen darf. Weiter sind Mahngebühr und Mahnung auch in ihren tatsächlichen Wirkungen aufeinander bezogen, indem durch die Erhebung der Gebühr - wenn auch noch mit relativ niedrigem Betrag - die Dringlichkeit der alsbaldigen Zahlung und die nachteiligen Folgen ("Hierdurch entstehen weitere Kosten, die die Forderung unnötig erhöhen") für den Fall verdeutlicht werden, dass nicht fristgerecht bezahlt wird. Schließlich steht dem die Grenze des § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X auch nicht insoweit entgegen, als durch die Beschränkung der Kostenerstattung auf die förmlichen Rechtsbehelfe nicht jegliche Ersatzansprüche im Hinblick auf das nichtförmliche Verwaltungshandeln ausgeschlossen werden, sondern nur für diesen Anwendungsbereich eine Sonderregelung zu § 839 BGB begründet werden sollte(vgl BT-Drucks 7/910 S 92 zum Entwurf des § 80 VwVfG, dem § 63 SGB X im Wesentlichen nachgebildet ist).

23

f) Unter Einbeziehung des Mahnbetrags als gebührenerheblichen Umstand hat das SG die Geschäftsgebühr nach Nr 2400 des VV zum RVG aF nach den Kriterien des § 14 Abs 1 RVG - unterdurchschnittlicher Zeitaufwand, allenfalls unterdurchschnittliche Schwierigkeit, unterdurchschnittliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse, durchschnittliche Bedeutung der Angelegenheit und kein zur Erhöhung führendes Haftungsrisiko - im Einzelfall hier im Ergebnis zu Recht mit 120 Euro angesetzt. Zwar war der Streit über die angedrohte Vollstreckung nicht vorentscheidend für den dauerhaften Bestand der zu vollstreckenden Forderungen. Insofern rechtfertigt sich ein Abschlag gegenüber der Bedeutung eines solchen Betrags in einer Hauptsachestreitigkeit. Gleichwohl hatte der Streit angesichts des Gesamtbetrags der Mahnsumme und der Mittel, die der Klägerin und ihren Töchtern monatlich zur Verfügung standen, keine nur unterdurchschnittliche Bedeutung. Sie war schließlich auch nicht deshalb relativiert, weil über den Bestand der der Mahnung zugrunde gelegten Rückforderungsbescheide bereits in anderen Verfahren zu entscheiden und daher über die Durchsetzbarkeit der Forderung nicht im Wesentlichen im Rahmen des Mahnverfahrens zu befinden gewesen wäre und deshalb - was hier nicht zu entscheiden ist - der Abwendung der Zwangsvollstreckung geringere Bedeutung beizumessen sein könnte.

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5. Hinzu kommen die zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitigen Auslagentatbestände nach Nr 7002 VV RVG und Nr 7008 VV RVG, woraus sich der vom SG zuerkannte Erstattungsbetrag in Höhe von insgesamt 166,60 Euro (57,12 Euro zuzüglich des Mehrbetrags von 109,48 Euro) ergibt.

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6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.

Gründe

I.

Zu befinden ist über eine Beschwerde wegen der Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München (SG) vom 20. Februar 2014.

Streitig ist eine kostenausfüllende Entscheidung der Beklagten (Kostenfestsetzung) über ein erledigtes isoliertes Widerspruchsverfahren. Damals ging es um eine Mahnung im Zusammenhang mit der Beitreibung einer Erstattungsforderung (Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II gemäß Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden des Jobcenters A-Stadt vom 12.12.2008, 11.11.2009 und 07.12.2010) in Höhe von insgesamt 174,60 EUR.

Am 27.12.2012 mahnte die Beklagte die am 28.12.2010 fällige Forderung und setzte eine Mahngebühr in Höhe von 1,15 EUR fest. Der Kläger wurde aufgefordert, den Betrag in Höhe von insgesamt 175,75 EUR innerhalb von einer Woche zu überweisen. Auf den Widerspruch des Klägers hin hob die Beklagte mit Bescheid vom 15.03.2013 die festgesetzte Mahngebühr in Höhe von 1,15 EUR aufgrund der Minderjährigkeit des Klägers auf. Die Zuziehung eines Rechtsanwalts wurde als notwendig anerkannt.

Mit Kostenrechnung vom 28.03.2013 verlangte der Klägerbevollmächtigte eine Geschäftsgebühr nach § 14 RVG in Verbindung mit der Anlage Nr. 2400 VV RVG in Höhe von 240,00 EUR, sowie die Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20,00 EUR (zzgl. Mehrwertsteuer nach Nr. 7008 VV RVG insgesamt 309,40 EUR). Mit Bescheid vom 10.05.2013 setzte die Beklagte die zu erstattenden Aufwendungen auf 57,12 EUR fest. Der Ansatz einer Geschäftsgebühr von 240,00 EUR sei unbillig und daher für die Beklagte nicht verbindlich. Streitig sei lediglich eine Mahngebühr von 1,15 EUR gewesen. Sowohl die rechtliche Schwierigkeit als auch der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit hätten im Vergleich zu den üblichen sozialgerichtlichen Verfahren weit unter dem Durchschnitt gelegen. Die Bedeutung der Sache sei unterdurchschnittlich gewesen. Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände könne daher die Geschäftsgebühr nur mit dem Mindestbetrag von 40,00 EUR angesetzt werden.

Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.06.2013 zurück.

Die am 12.07.2013 erhobene Klage zum Sozialgericht München (SG) ist später dahingehend geändert worden, dass die Beklagte zu verurteilen sei, unter Aufhebung des Bescheids vom 10.05.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.06.2013 in Gestalt des Teilabhilfebescheids vom 15.01.2014 dem Kläger weitere Kosten des Widerspruchsverfahrens in Höhe von 52,36 EUR zu erstatten. Denn der Beklagte hatte ein Teilanerkenntnis abgegeben und sich bereit erklärt, die Kostenfestsetzung auf insgesamt 114,24 EUR unter Berücksichtigung einer Schwellengebühr von 80,00 EUR abzuändern (Teilabhilfebescheid vom 15.01.2014).

Mit Gerichtsbescheid vom 20. Februar 2014 hat das SG dem Klageantrag entsprochen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die anwaltliche Festsetzung zunächst unbillig und nicht verbindlich gewesen sei. Zugrunde zu legen sei eine hälftige Schwellengebühr von 120,00 EUR (Anschluss an Gerichtsbescheide des SG vom 25.09.2013, Aktenzeichen S 40 AS 1706/13 und S 40 AS 1278/13). Insbesondere die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger sei als überdurchschnittlich bewertet. Hier sei ein minderjähriger Kläger aufgefordert worden, den Betrag in Höhe von 175,75 EUR binnen einer Woche zu erstatten. Bei der Bedeutung der Sache dürfte dabei nicht nur auf die Geringfügigkeit der Mahngebühr abgestellt werden, vielmehr sei auch die Durchsetzung mehrerer Erstattungsforderungen in für den Kläger nicht unbeträchtlicher Höhe mit kurzer Fristsetzung in Betracht zu ziehen. Der Argumentation des Beklagten könne nicht gefolgt werden, dass es sich bei dem Klägervertreter um eine Kanzlei handele, die ähnlich gelagerte Fälle häufig betreue und damit gewisse Synergieeffekte zu nutzen seien. Bei der in Bezug genommenen Rechtsprechung des Sozialgerichts Dresden seien sämtliche Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG als deutlich unterdurchschnittlich bewertet worden. Das treffe im zugrunde liegenden Fall nicht zu.

Hiergegen hat die Beklagte am 24. 03.2014 Nichtzulassungsbeschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Sie strebe eine grundsätzliche Klärung der Frage an, ob bei der Bewertung der Bedeutung der Sache das mittelbare Interesse (zugrunde liegende Summe der Erstattungsforderung) herangezogen werden dürfe. Insoweit sei die Rechtsprechung des SG nicht einheitlich.

II.

Das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde - NZB - (§ 145 SGG) ist eingelegt, wenn der Rechtsmittelführer die Überprüfung der Nichtzulassung der Berufung durch das SG begehrt und eine Berufung ohne Zulassung nicht statthaft ist. Die NZB ist zulässig, aber nicht begründet. Die Berufung hat tatsächlich - wie vom SG auch angesichts des zuletzt gestellten Klageantrags über Erstattung vom 52,36 EUR zutreffend behandelt - der Zulassung bedurft. Gemäß § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt. Das gilt lediglich nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 S. 2 SGG). Die Berufung ist vom SG nicht zugelassen worden, was sich ausdrücklich aus den Entscheidungsgründen ergibt und worauf die Begründung und die Rechtsmittelbelehrung zutreffend hinweisen. Das Gesetz schreibt nicht ausdrücklich vor, an welcher Stelle im Urteil i. S. d. § 136 Abs. 1 SGG die Entscheidung über die Berufung darzustellen ist. Ein Entscheidungssatz im Tenor ist nicht unbedingt notwendig. Er dient aber wir hier zutreffend geschehen der Klarheit. Damit war die Berufung zulassungsbedürftig. Die Berufung ist aber nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG).

Solche Gründe für die Zulassung liegen hier nicht vor. Für die Nichtzulassungsbeschwerde nach § 145 SGG gelten nicht die strengen Darlegungsvoraussetzungen des § 160a Abs. 2 S. 3 SGG (vgl. § 145 Abs. 2 SGG). Nur bei einer auf einen Verfahrensfehler gestützten Nichtzulassungsbeschwerde muss dieser ausdrücklich bezeichnet und geltend gemacht werden. Die Beklagte macht keinen Verfahrensfehler geltend. Letztlich ist die Beklagte nicht mit dem Ergebnis der Entscheidung erster Instanz einverstanden. Kein Verfahrensmangel im oben genannten Sinne (Nr. 3) ist aber ein Fehler, der den Inhalt der Entscheidung betrifft. Der Einholung eines Gutachtens nach § 14 Abs. 2 RVG in der Fassung von Art. 3 des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (Kostenrechtsmodernisierungsgesetz v. 05.05.2004 (BGBl. I, 718; in Kraft getreten am 01.07.2004) bedurfte es nicht (vgl. Urteil des BSG vom 01.07.2009 -B 4 AS 21/09 R). Soweit lag kein Verfahrensfehler vor.

Eine Divergenz im oben genannten Sinne (Nr. 2) ist nicht ersichtlich. Die von der Beklagtenangeführte Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung erster Instanz fällt nicht unter diesen Tatbestand. Das gleiche gilt aber nicht für eine grundsätzliche Bedeutung (oben Nr. 1). Grundsätzliche Bedeutung hat das angestrebte Berufungsverfahren nur, wenn der Rechtsstreit sich in seiner Bedeutung nicht in dem konkreten Einzelfall erschöpft, sondern dazu dienen kann, die Rechtseinheit zu wahren oder die Entwicklung des Rechts zu fördern. Das ist dann der Fall, wenn die für grundsätzlich gehaltene Rechtsfrage klärungsbedürftig ist (LSG RhPf 04.12.1997 - L 4 BV 22/97, E-LSG B-111). Ein Klärungsbedürfnis besteht jedoch dann nicht mehr, wenn die Rechtsfrage bereits höchstrichterlich geklärt ist oder wenn sich ihre Beantwortung ohne Weiteres bzw. eindeutig aus dem Gesetz ergibt (Beschlüsse des BSG vom 25.02.2010, B 13 R 345/09 B und vom 17.03.2010 - B 3 P 33/09 B). Die Beklagte führt als klärungsbedürftige allgemeine Rechtsfrage eine Auslegung des Tatbestandsmerkmals „Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber“ in § 14 Abs. 1 RVG an. Speziell: ob bei der Auslegung nur das unmittelbare Ziel der anwaltlichen Tätigkeit oder aber auch der „der Mahnung zugrunde liegende Aufhebungs- und Erstattungsbescheid herangezogen werden darf“. Hier sei die Rechtsprechung des Sozialgerichts München uneinheitlich.

Tatsächlich geht die zugrunde liegende Rechtsfrage zunächst um die Frage der Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen im Vorverfahren (§ 63 Abs. 1 S. 1 SGB X). Nicht im Streit ist die Notwendigkeit der Hinzuziehung (§ 63 Abs. 2 SGB X, vgl. dazu etwa Beschluss des LSG Nordrhein-Westfalen 03.06.2013 L 12 AS 200/13 NZB), die durch das Anerkenntnis der Beklagten geklärt ist. Demnach war hier auf Antrag des Klägers gemäß § 63 Abs. 3 S. 1 SGB X über die Kostenfestsetzung zu entscheiden. Über die Höhe der Vergütung des Rechtsanwalts enthält das SGB X keine Regelung. Die Vergütung (Gebühren und Auslagen) für die Tätigkeiten von Rechtsanwälten bemisst sich seit dem 01.07.2004 nach dem RVG i. d. F. des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts. Das RVG ist anzuwenden, wenn ein Beteiligter einem Bevollmächtigten den Auftrag zur Einlegung des Widerspruchs erteilt hat. Zur Höhe der Gebühr liegt aber umfangreiche Kommentarliteratur vor (vgl. etwa Kasseler Kommentar, Rn. 26a zu § 63 SGB X: „Für die außergerichtliche Vertretung im Vorverfahren steht dem RA danach entweder eine Geschäftsgebühr nach VV 2400 im Rahmen von 40,00 bis 520,00 EUR zu, wobei mehr als 240 EUR nach ausdrücklicher Regelung nur gefordert werden können, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Deshalb ist für eine Tätigkeit im Vorverfahren ohne besonderen Umfang oder Schwierigkeit nicht die Mittelgebühr, sondern die sog Gebühr nach der sog Kappungsgrenze von 240,00 EUR anzusetzen (LSG Nordrhein-Westfalen, NJW-RR 2008, 87; komplizierter, aber mit gleichem Ergebnis BSG 1. 7. 2009 - B 4 AS 21/09 R - BSGE 104, 30 = NJW 2010, 1400). Ist der Vertretung im VorVerf. eine Tätigkeit im Verwaltungsverfahren vorausgegangen, beträgt die Gebühr für das VorVerf. nach VV 2401 von 40 bis 260 EUR (näher dazu Hartmann Kostengesetze 41. Aufl. 2011 Vorbem. 2.4, VV 2400, 2401). Eine Gebühr von mehr als 120,00 EUR darf nur verlangt werden, wenn die Tätigkeit schwierig oder umfangreich war. Da die Kosten des VerwVerf. nicht über § 63 erstattungsfähig sind (RdNr. 3), ist bei der Kostenfestsetzung die Minderung des Gebührenrahmens nach Nr. 2401 VV zu berücksichtigen, wenn der Bevollmächtigte bereits im VerwVerfahren tätig war (BSG 25. 2. 2010 - B 11 AL 24/08 R - BSGE 106, 21 = SozR 4 - 1300 § 63 Nr. 12 mit Anm. Klaus in jurisPR-SozR 25/2010 Anm. 6)“ ... bzw.: „Ob die Schwellengebühr innerhalb des Gebührenrahmens nach VV 2400, 2401, 1005 festzusetzen ist oder überschritten werden kann, richtet sich danach, ob die Sache umfangreich oder schwierig war. Hinsichtlich dieser unbestimmten Rechtsbegriffe ist vom RA, der Behörde und ggf. den Gericht eine volle Nachprüfung erforderlich, ob deren tatsächliche Voraussetzungen gegeben sind. Liegen diese nicht vor, bleibt es bei der Schwellengebühr“. Darüber hinaus besteht eine höchstrichterliche Rechtsprechung (vgl. Urteil des BSG vom 1.7.2009 -B 4 AS 21/09 R, Rn. 24), die sich eingehend mit der Erforderlichkeit einer Pauschalierung auseinandersetzt. So wird etwa ausgeführt, dass sich die Mittelgebühr in „Normalfällen“ zur billigen BRAGO-Gebühr entwickelt habe. „Sie ist in Fällen zugrunde zu legen, in denen sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts nicht nach oben oder unten vom Durchschnitt abhebt (vgl. BGH, Urt. v. 23.02.1995, Aktenzeichen IX ZR 42/94; BVerwG, Urt. v. 07.06.1985, Aktenzeichen 6 C 63/83). Diese Vorgehensweise trägt Vereinfachungs- und Zweckmäßigkeitsgründen sowie dem verfassungsrechtlichen Gebot des Art. 3 Abs. 1 GG Rechnung, gleich liegende Fälle gleich und unterschiedliche Fälle entsprechend ihren Unterschieden ungleich zu behandeln. Diese Gesichtspunkte rechtfertigen es, auch unter Geltung des RVG weiterhin jedenfalls im Grundsatz, jedoch nunmehr unter Beachtung der zusätzlich durch die Schwellengebühr gezogenen Grenze, so zu verfahren und in einem ersten Schritt von der Mittelgebühr auszugehen“. Weiter ist dort (a. a. O. Rn. 25) ausgeführt, „Ausweislich der Gesetzesmaterialien erfordert lediglich der gegenüber der BRAGO erweiterte Abgeltungsbereich der Geschäftsgebühr eine neue Definition des „Normalfalls“. In durchschnittlichen Angelegenheiten ist aber weiterhin grundsätzlich von der Mittelgebühr auszugehen (vgl. BT-Dr. 15/1971, S. 207 zu Nr. 2400 VV-RVG a. F.). Eine gesonderte Bedeutung kommt dem Umfang und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit damit nicht innerhalb der Abwägung nach § 14 RVG zu, sondern einzig für die Öffnung des Gebührenrahmens über die Schwellengebühr hinaus (vgl. BSG, Urt. v. 29.03.2007, Aktenzeichen B 9a SB 4/06 R, BeckRS 2007, BECKRS Jahr 44081; Römermann, in: Hartung/Römermann, RVG, 2004, VV Teil 2, S. 756 Rdnr. 58 a. E.; a. A. Otto, NJW 2006, Seite 1472; Jungbauer, in: Bischof, § 14 Rdnr. 98).“

Schließlich finden sich auch beachtliche Ausführungen in der genannten BSG Entscheidung zu den Einzelheiten der Gebührenfestsetzung durch den Anwalt in Angelegenheiten der Grundsicherung (so Rn. 37). Danach komme es für die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger auf eine unmittelbare tatsächliche, ideelle, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung für den Auftraggeber, nicht aber für die Allgemeinheit, an. Dazu wird dann eingehend Literatur angeführt, zum Beispiel Hartmann, § 34 Rdnr. 5; Jungbauer, in: Bischof, § 14 Rdnrn. 41f ... Dort wird weiter auch deutlich gemacht, dass es allein auf das Begehren des Klägers ankomme, und es ohne Belang sei, dass es sich hierbei materiell-rechtlich auch um Ansprüche der übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft handele (vgl. hierzu BSG, SozR 4-4200 § 22 Nr. 1 Rdnrn. 12f.). Hinzuweisen ist auf einen Beschluss des LSG Nordrhein-Westfalen vom 21.11.2012, Aktenzeichen: L 19 AS 1878/12 B.

Angesichts dieser Fülle von Literatur und einer höchstrichterlichen Entscheidung bedarf es keiner weiteren Klärung im weiteren Instanzenzug. Es ist auch nicht ersichtlich, wie weit der angestrebten Berufungsentscheidung eine Breitenwirkung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus zukommen soll. Selbst wenn eine Vielzahl gleichartiger Fallgestaltungen zu Mahngebühren in einer Größenordnung von zwei Euro vorliegen, müssen sich diese Fälle durch einfache Auslegung des Kriteriums der Bedeutung der Sache in der ersten Instanz lösen lassen. Der Natur der Sache entsprechend kann dies immer - je nach Bewertung der zugrunde liegenden Tatsachen - zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. So weist z. B. auch das SG Augsburg darauf hin, dass die Festsetzung der angemessenen Gebühr im Sinne des § 14 RVG jeweils eine Einzelfallentscheidung ist (vgl. SG Augsburg v. 16.06.2014 - S 11 AS 346/14 - juris Rn. 35).

Weiter kommt hinzu, dass Nr. 2401 VV-RVG ab 01.08.2013 aufgehoben ist (Artikel 8 Abs. 2 Nr. 16 des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes - 2. KostRMoG vom 23.07.2012, BGBl. I 2013, 2586, 2693: „16. Abschnitt 4 wird aufgehoben“). Schon deswegen kann für die Zukunft kein Klärungsbedarf bestehen. Es gilt nunmehr das Anrechnungsprinzip nach der Vorbemerkung 2.3 Abs. 4 im Gebührenverzeichnis (Anlage 1 zum RVG). Danach wird bei Betragsrahmengebühren eine im Verwaltungsverfahren entstandene Gebühr zur Hälfte auf die Gebühr im Widerspruchsverfahren angerechnet (vgl. hierzu mit Berechnungsbeispielen: Schneider, Die Zukunft der Rechtsanwaltsvergütung - Die wichtigsten Änderungen des RVG durch das 2. KostRMoG, NJW 2013, 1553-1560, 1557). Für die Kostenerstattung ist § 15a Abs. 2 RVG zu beachten. Die Behörde hat also bei erfolgreichem Widerspruch die volle Geschäftsgebühr zu erstatten (vgl. Schneider, NJW 2013, 1553-1560, 1558 bzw. zum Ganzen Feddern in: jurisPK-SGB X, § 63 SGB X, Stand 21.07.2014).

Nicht zu berücksichtigen war für den Senat, ob der sozialgerichtliche Gerichtsbescheid in der Sache zutreffend ist. Das SGG sieht, wie andere Verfahrensordnungen auch, vor, dass Streitsachen geringeren Streitwerts nur ausnahmsweise nachprüfbar sind. Eine solche Ausnahme ist - wie dargestellt - hier nicht gegeben.

Daher ist die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Mit der Ablehnung der Beschwerde wird das Urteil des SG rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG). Der Beschluss über die Ablehnung ist endgültig (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG bzw. § 177 SGG) und ergeht kostenfrei (§ 183 SGG).

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 30. April 2014 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Erstattung von Kosten der außergerichtlichen Vertretung wegen der Vollstreckung von Erstattungsbescheiden nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

2

Die Klägerin steht im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Im Anschluss an die Teilaufhebung von Leistungen und Festsetzung entsprechender Erstattungsbeträge durch Bescheide des beklagten Jobcenters vom 24.8.2011 über einen Gesamtbetrag von 104 Euro (Rückforderungen für den Zeitraum Februar bis August 2011) sowie vom 24.7.2012 über einen Betrag von 453,47 Euro (Rückforderung für Juni 2012) teilte ihr die Vollstreckungsstelle des Hauptzollamts Lörrach (im Folgenden: Hauptzollamt) durch zwei als Vollstreckungsankündigung bezeichnete Schreiben vom 18.2.2013 mit, dass sie für das Forderungsmanagement der Regionaldirektion Hessen (im Folgenden: Regionaldirektion) der Bundesagentur für Arbeit (BA) Vollstreckungen durchzuführen habe. Als Grund der Vollstreckung waren angeführt ein Bescheid des Beklagten vom 24.8.2011 über 427,80 Euro wegen Mehrbedarf bei Behinderung für den Zeitraum vom 1.2. bis 31.8.2011, Arbeitslosengeld II (Alg II) für den Zeitraum vom 1. bis 30.6.2012 sowie Kosten der Unterkunft für den Zeitraum vom 1.2. bis 31.8.2011, fällig am 12.9.2011, 10.8.2012 sowie 12.9.2011, sowie ein Bescheid vom 24.7.2012 mit einem Rückforderungsbetrag von 79,47 Euro und einer Mahngebühr von 2,55 Euro wegen Kosten der Unterkunft für den Zeitraum vom 1. bis 30.6.2012, fällig am 10.8.2012. Die mit zusätzlichen Kosten verbundene Vollstreckung (zB in bewegliche Sachen, Arbeitseinkommen, Bankguthaben) könne die Klägerin vermeiden, wenn sie die aufgeführten Beträge innerhalb von einer Woche nach Erhalt der Schreiben auf ein Konto des Hauptzollamts überweise.

3

Gegen die zwei Vollstreckungsankündigungen erhob die Klägerin, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, am 23.2.2013 Widerspruch zum Beklagten und beantragte ausdrücklich nach § 257 Abs 1 Nr 1 bzw Nr 3 Abgabenordnung (AO) die Einstellung der Vollstreckung. Die mit Bescheid vom 24.8.2011 begründete Erstattungsforderung sei durch gerichtlichen Vergleich vom 7.8.2012 auf 51 Euro ermäßigt (Sozialgericht Mannheim, S 7 AS 200/12) und der Restbetrag zwischenzeitlich bezahlt worden. Gegen den Bescheid vom 24.7.2012 sei Klage mit aufschiebender Wirkung anhängig (SG Mannheim, S 7 AS 3744/12). Auf den Hinweis des Hauptzollamts, ungeachtet der auch ihm gegenüber vorgetragenen Einwendungen an den angekündigten Vollstreckungen festzuhalten (Schreiben vom 25.2.2013), beantragte die Klägerin am 14.3.2013 beim SG die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche, den sie im weiteren Verlauf für erledigt erklärte (SG Mannheim, S 5 AS 923/13 ER).

4

Im Gefolge der auf die Widersprüche eingeleiteten Prüfung veranlasste der Beklagte am 28.2.2013 die Einstellung der Vollstreckungen. Die Widersprüche selbst verwarf er dagegen als unzulässig und entschied, dass gegebenenfalls entstandene notwendige Aufwendungen nicht zu erstatten seien. Zwar sei der gerichtliche Vergleich vom 7.8.2012 zu den Bescheiden vom 24.8.2011 erst am 28.2.2013 verwaltungsmäßig vollzogen worden. Ebenfalls sei der Vollstreckungsauftrag zum Rückforderungsbescheid vom 24.7.2012 auf die dagegen erhobene Klage erst zwischenzeitlich ruhendgestellt worden. Die Widersprüche seien aber unzulässig, da Vollstreckungsankündigungen keine Verwaltungsakte seien, sondern lediglich informellen Charakter hätten. Gemäß § 63 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) seien daher Kosten nicht zu erstatten(Widerspruchsbescheid vom 19.4.2013). Im Übrigen hätte es der Widersprüche nicht bedurft, weil für eine Überprüfung eine telefonische Nachfrage des Bevollmächtigten bei ihm - dem Beklagten - ausreichend gewesen wäre, was andere Verfahrensbevollmächtigte im Sinne einer guten Zusammenarbeit zur Reduzierung von Verfahren üblicherweise praktizierten (Schriftsatz vom 20.3.2013 zu SG Mannheim S 5 AS 923/13 ER).

5

Die Klagen mit dem Ziel, den Beklagten dem Grunde nach zur Erstattung der zweckentsprechenden Aufwendungen in den Vorverfahren zu verurteilen, sind ohne Erfolg geblieben (Gerichtsbescheid des SG vom 15.10.2013; Urteil des Landessozialgerichts vom 30.4.2014): Eine Vollstreckungsankündigung sei kein Verwaltungsakt, denn als Zahlungsaufforderung fehle es an einer Regelung im Sinne von § 31 Satz 1 SGB X. Rechtsschutz sei im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nach § 86b Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu erlangen.

6

Mit ihrer vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 31 Satz 1 und § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X. Die Vollstreckungsankündigung dokumentiere für den Betroffenen, dass die Vollstreckung durch Vollstreckungsanordnung eingeleitet worden sei. Diese Einleitung stelle einen Verwaltungsakt dar. Im Übrigen könnten Kosten nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ungeachtet des Verfahrensausgangs aus Gründen der Klageveranlassung zuzusprechen sein.

7

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 30. April 2014, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 15. Oktober 2013 und die Kostenentscheidung im Widerspruchsbescheid vom 19. April 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung gegen die Vollstreckungsankündigungen des Hauptzollamts Lörrach vom 18. Februar 2013 notwendigen Aufwendungen zu erstatten.

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Der Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision ist als unbegründet zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Im Ergebnis zutreffend haben die Vorinstanzen entschieden, dass die geltend gemachten Kostenerstattungsansprüche nicht bestehen. Gegen die Ankündigung der Vollstreckung durch das Hauptzollamt aus dem Bescheid eines Jobcenters ist der Widerspruch nicht gegeben (dazu 3.) und der Erfolg des in dem Widerspruch verkörperten Antrags auf Einstellung der Vollstreckung begründet keine Ansprüche nach § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X(dazu 4.); insoweit sind Bezieher von Grundsicherungsleistungen auf die Inanspruchnahme von Beratungs- oder Prozesskostenhilfe verwiesen, wenn sie zur Abwendung einer unstatthaften Vollstreckung anwaltliche Unterstützung benötigen.

10

1. Gegenstand des Verfahrens ist die Kostengrundentscheidung im Widerspruchsbescheid vom 19.4.2013, durch die der Beklagte Ansprüche zum einen unmittelbar nach § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X ausgeschlossen und dem Sinnzusammenhang nach weiter entschieden hat, dass wegen der mit den Widersprüchen inzident betriebenen Verfahren auf Einstellung der Vollstreckung nach § 257 Abs 1 AO(dazu unten 4. a) Kostenerstattungsansprüche auch sonst nicht bestehen. Dagegen wendet sich die Klägerin zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 iVm § 56 SGG), diese ist zulässig gerichtet auf ein Grundurteil, ohne dass es dazu eines weiteren Vorverfahrens im Hinblick auf die im Widerspruchsbescheid durch Verwaltungsakt (vgl Becker in Hauck/Noftz, SGB X, Stand Einzelkommentierung 12/2010, K § 63 RdNr 16a; Roos in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 63 RdNr 33)getroffene Kostenentscheidung bedurft hätte (stRspr; vgl zuletzt nur BSG Urteil vom 12.6.2013 - B 14 AS 68/12 R - SozR 4-1300 § 63 Nr 20 RdNr 12; Becker in Hauck/Noftz, SGB X, Stand Einzelkommentierung 12/2010, K § 63 RdNr 25; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 78 RdNr 8; Roos in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 63 RdNr 37). Zuständig hierfür, ohne dass der Senat dies im Rechtsmittelverfahren noch zu prüfen hätte (vgl § 17a Abs 5 Gerichtsverfassungsgesetz), sein können nur die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, denn nur diese sind - unabhängig von ihrem Inhalt - berufen, über Widerspruchsbescheide von Jobcentern nach dem SGB II zu entscheiden (vgl ebenso für das Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 8 SO 23/13 R - SozR 4-3500 § 75 Nr 6 RdNr 10).

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2. Einer Sachentscheidung entgegenstehende prozessuale Hindernisse bestehen nicht. Insbesondere stand der angegriffenen Berufungsentscheidung nicht die Wertgrenze des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG entgegen, nachdem die Klägerin bei einer für sie günstigen Entscheidung eine Erstattungsforderung in Höhe von 847,28 Euro geltend zu machen beabsichtigte. Dass der Beklagte dagegen, sollte die Klägerin dem Grunde nach durchdringen, einen Gebührenansatz nur in Höhe von 559,30 Euro für angemessen hielt, ist demgegenüber nicht ausschlaggebend, weil im Rahmen der Entscheidung über die Zulässigkeit der Berufung nicht abschließend über die Berechtigung der von dem Bevollmächtigten ins Auge gefassten Gebührenforderung zu befinden war und jedenfalls keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich oder auch nur geltend gemacht sind, dass ein Anspruch in dieser Höhe nach keiner Betrachtungsweise bestehen kann.

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3. In der Sache bestehen Kostenerstattungsansprüche zunächst nicht, soweit die Klägerin Widerspruch zum Beklagten gegen die Vollstreckungsankündigungen des Hauptzollamts erhoben hat. Als Rechtsgrundlage dafür kommt nur § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X in Betracht. Danach hat, soweit der Widerspruch erfolgreich ist, der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Daran fehlt es, weil weder gegen die Ankündigung einer bevorstehenden Vollstreckung durch das Hauptzollamt noch gegen die dem vorangehende Beauftragung mit der Vollstreckung der Widerspruch zum Beklagten gegeben und daher die Einstellung der Vollstreckung durch ihn nicht iS von § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X auf (statthaften) Widerspruch hin erfolgt ist.

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a) Rechtsgrundlage der angekündigten Vollstreckungen sind gemäß § 40 Abs 6 Halbs 1 SGB II(hier idF des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011, BGBl I 453) die §§ 1 bis 4 Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVG) sowie die in § 5 VwVG im Einzelnen aufgeführten Vorschriften der AO. Danach wird für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach dem SGB II auf das VwVG (§ 40 Abs 6 Halbs 1 SGB II) und im Übrigen auf § 66 SGB X verwiesen(§ 40 Abs 6 Halbs 2 SGB II). Mithin richtet sich die Vollstreckung aus den hier maßgeblichen Bescheiden, da der Beklagte kein zugelassener kommunaler Träger iS von § 6a SGB II ist(vgl die Anlage zu § 1 der Verordnung zur Zulassung von kommunalen Trägern als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, hier idF der Verordnung vom 1.12.2010, BGBl I 1758), nach dem die Vollstreckung von Geldforderungen betreffenden 1. Abschnitt des VwVG mit dessen §§ 1 bis 4 sowie der Verweisung auf die AO in § 5 Abs 1 VwVG, insbesondere in ihrem 6. Teil mit den §§ 249 ff (zur Frage, ob im Bereich des SGB II überhaupt andere Ansprüche zu vollstrecken sind vgl Eicher/Greiser in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 40 RdNr 193).

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b) Sachlich zuständig für die Durchführung der Vollstreckungen im Außenverhältnis zur Klägerin war demzufolge gemäß § 40 Abs 6 Halbs 1 SGB II iVm § 4 lit b VwVG sowie § 249 Abs 1 Satz 3 AO und § 1 Nr 4 Finanzverwaltungsgesetz (FVG) das Hauptzollamt. Hiernach bedienen sich die Träger der Grundsicherung für die Vollstreckung von Geldforderungen der Vollstreckungsbehörden der Bundesfinanzverwaltung, soweit sich die Vollstreckung nach dem VwVG (des Bundes) richtet - wie hier gemäß § 40 Abs 6 Halbs 1 SGB II - und solange eine Bestimmung nach § 4 lit a VwVG nicht getroffen worden ist(§ 4 lit b VwVG), wonach Vollstreckungsbehörden auch sein können die von einer obersten Bundesbehörde im Einvernehmen mit dem Bundesminister des Innern bestimmten Behörden des betreffenden Verwaltungszweigs, woran es hier fehlt. Diese Aufgabe ist im Aufbau der Bundesfinanzbehörden (§ 1 FVG) den Hauptzollämtern zugewiesen (§ 249 Abs 1 Satz 3 AO).

15

c) Soweit sich die Klägerin mit ihren an das Jobcenter gerichteten "Widersprüchen" gegen die sonach zuständigkeitshalber zu Recht vom Hauptzollamt herausgegebenen Vollstreckungsankündigungen gewandt hat, vermag das Kostenerstattungsansprüche nach § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X im Verhältnis zum beklagten Jobcenter schon deshalb nicht zu begründen, weil dessen Träger in Bezug auf das Hauptzollamt nicht die Rechtsträger iS von § 63 Abs 1 Satz 1 Halbs 1 SGB X sind, dessen Behörde die Vollstreckungsankündigungen verfasst hat. Davon abgesehen kommt der Vollstreckungsankündigung auch sonst Verwaltungsaktqualität nicht zu, wie die Vor-instanzen im Ergebnis zutreffend erkannt haben. Ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zufolge, der sich der erkennende Senat anschließt, hat die Vollstreckungsankündigung vielmehr lediglich den Sinn, den Schuldner noch einmal auf die Situation hinzuweisen und ihm letztmalig die Gelegenheit zu geben, zur Abwendung der Vollstreckung freiwillig die Rückstände zu begleichen; Regelungswirkung kommt dem nicht bei (vgl BFH Beschluss vom 13.2.1997 - VII S 35/96 - BFH/NV 1997, 462; BFH Beschluss vom 14.6.1988 - VII B 15/88 - BFH/NV 1989, 75; BFH Beschluss vom 21.8.2000 - VII B 46/00 - BFH/NV 2001, 149; BFH Beschluss vom 30.8.2010 - VII B 48/10 - BFH/NV 2010, 2235; ebenso etwa Werth in Klein, AO, 12. Aufl 2014, § 254 RdNr 4).

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d) Auch auf Seiten des Beklagten sind im Vorfeld der Vollstreckungsankündigungen, insbesondere im Zuge der Beauftragung des Hauptzollamts mit der Durchführung der Vollstreckungen, keine Entscheidungen getroffen worden, die als Verwaltungsakte zu qualifizieren wären und gegen die bei sachdienlichem Verständnis des mit den Widersprüchen verfolgten Begehrens ein Widerspruch als statthaft gerichtet anzusehen sein könnte. Zwar übernimmt die Finanzverwaltung die Vollstreckung ausschließlich auf Initiative des Vollstreckungsgläubigers, nämlich durch die von diesem zu verantwortende Vollstreckungsanordnung nach § 3 Abs 1 Halbs 1 VwVG. Danach wird die Vollstreckung gegen den Vollstreckungsschuldner durch Vollstreckungsanordnung eingeleitet (§ 3 Abs 1 Halbs 1 VwVG), die von der Behörde "erlassen" wird, die den Anspruch geltend machen darf (§ 3 Abs 4 VwVG). Darin liegt indessen ungeachtet der Wendungen "Anordnung" und "erlassen" keine rechtsverbindliche Regelung mit Außenwirkung zulasten des Vollstreckungsschuldners. Vielmehr handelt es sich in dem durch die Zugehörigkeit zu verschiedenen Rechtsträgern bestimmten Verhältnis der beteiligten Behörden um Willenserklärungen zwischen Jobcenter und Hauptzollamt (vgl Beermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/Finanzgerichtsordnung , Stand der Einzelkommentierung September 2013, § 250 AO RdNr 27: zwischenbehördliche Willenserklärung), durch die das Hauptzollamt im Wege der Amtshilfe (vgl zum VwVG Sadler, VwVG/Verwaltungszustellungsgesetz , 9. Aufl 2014, § 3 VwVG RdNr 2; zu § 250 AO: Werth in Klein, AO, 12. Aufl 2014, § 250 RdNr 1 ff; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand der Einzelkommentierung Juni 2012, § 250 AO RdNr 6 ff) um Vornahme von Vollstreckungshandlungen "ersucht" (so ausdrücklich § 250 AO)wird. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), dem sich der erkennende Senat anschließt, hat deshalb bereits entschieden, dass der Einleitung der Vollstreckung durch Erklärung der ersuchenden Behörde Regelungswirkung im Verhältnis zum Vollstreckungsschuldner nicht zukommt (BVerwG Urteil vom 18.11.1960 - VII C 184.57 - DVBl 1961, 134; ebenso Sadler, VwVG/VwZG, 9. Aufl 2014, § 3 VwVG RdNr 2; iE ähnlich Troidl in Engelhardt/App/Schlatmann, VwVG/VwZG, 10. Aufl 2014, § 3 VwVG RdNr 9: Auftrag ohne Verwaltungsakteigenschaft; ebenso zum Ersuchen nach § 250 Abs 1 Satz 1 AO: Beermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Stand der Einzelkommentierung September 2013, § 250 AO RdNr 27; Werth in Klein, AO, 12. Aufl 2014, § 250 RdNr 5).

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4. Soweit der Beklagte das Vorgehen der Klägerin gegen die angekündigten Vollstreckungen zutreffend als Antrag auf deren Einstellung gewertet und diese (auch) zuständigkeitshalber zu Recht veranlasst hat (dazu a bis d), bestehen Ansprüche nach § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X nicht, weil der Anwendungsbereich der Vorschrift auf das förmliche Widerspruchsverfahren beschränkt ist(dazu e); die - anders als der Beklagte meint - bei verständiger Würdigung nicht unberechtigte Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe ist insoweit bei Bedürftigkeit nur über die Inanspruchnahme von Beratungshilfe für das Verfahren dem Jobcenter gegenüber oder von Prozesskostenhilfe (PKH) für ein gerichtliches Rechtsschutzersuchen zu gewährleisten (dazu f).

18

a) Zutreffend hat der Beklagte das mit den Widersprüchen der Sache nach verfolgte Begehren der Klägerin als Antrag auf Einstellung der angekündigten Vollstreckungen verstanden und darauf zu Recht geprüft, ob die Vollstreckungen so wie angekündigt (noch oder überhaupt) statthaft waren. Rechtliche Grundlage dafür ist § 257 Abs 1 AO iVm § 40 Abs 6 Halbs 1 SGB II sowie § 5 Abs 1 VwVG. Hiernach ist eine Vollstreckung einzustellen, sobald ua die Vollstreckbarkeitsvoraussetzungen des § 251 Abs 1 AO weggefallen sind, also die Vollziehung ausgesetzt oder durch Einlegung eines Rechtsbehelfs gehemmt ist(Nr 1), der Verwaltungsakt, aus dem vollstreckt wird, aufgehoben wird (Nr 2) oder der Anspruch auf die Leistung erloschen ist (Nr 3).

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b) Hierfür war die Zuständigkeit des Beklagten selbst dann gegeben, wenn mit der Rechtsprechung des BFH davon auszugehen ist, dass für Einstellungsentscheidungen nach § 257 Abs 1 AO - anders als es in der Mitteilung des Hauptzollamts an die Klägerin über seine Unzuständigkeit zur Prüfung der sachlichen Einwände gegen die angekündigten Vollstreckungen zum Ausdruck gekommen ist - zumindest auch, wenn nicht sogar primär die Zuständigkeit des Hauptzollamts als ersuchter und damit mit der Durchführung der Vollstreckung beauftragter Behörde bestanden hat(vgl nur BFH Beschluss vom 4.7.1986 - VII B 151/85 - BFHE 147, 5; BFH Beschluss vom 30.9.2002 - VII S 16/02 (PKH) - juris, RdNr 7; ebenso Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand der Einzelkommentierung Juni 2012, § 250 AO RdNr 17; Werth in Klein, AO, 12. Aufl 2014, § 250 RdNr 8). Dabei kann offenbleiben, ob schon steuerverfahrensrechtlich auch die Zuständigkeit der ersuchenden Vollstreckungsbehörde gegeben ist (so wohl Beermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Stand der Einzelkommentierung September 2013, § 250 AO RdNr 27: auch die ersuchte Vollstreckungsbehörde) oder ob sich dies auf die ersuchte Vollstreckungsbehörde beschränkt (so Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand der Einzelkommentierung Juni 2012, § 250 AO RdNr 17; Werth in Klein, AO, 12. Aufl 2014, § 250 RdNr 8). Denn jedenfalls im Anwendungsbereich des VwVG verpflichtet die Stellung als Anordnungsbehörde nach § 3 Abs 4 VwVG auch die ersuchende Behörde - hier das beklagte Jobcenter -, in jeder Verfahrenslage auf Änderungen oder Fehler zu reagieren, die die Rechtmäßigkeit ihrer Vollstreckungsanordnungen berühren.

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Das folgt aus dem Zweck der von der Anordnungsbehörde zu erlassenden Vollstreckungsanordnung, vor Einleitung der Vollstreckung förmlich - wenn auch nicht durch Verwaltungsakt - nach Maßgabe des Katalogs in § 3 Abs 2 VwVG deren Statthaftigkeit zu bekräftigen(so schon BVerwG Urteil vom 18.11.1960 - VII C 184.57 - DVBl 1961, 134: größtmögliche Sicherheit gegen unzulässige und unberechtigte Vollstreckungsmaßnahmen; ähnlich Troidl in Engelhardt/App/Schlatmann, VwVG/VwZG, 10. Aufl 2014, § 3 VwVG RdNr 9: Anordnungsbehörde übernimmt durch Vollstreckungsanordnung die Verantwortung für das Vorliegen der Vollstreckungsvoraussetzungen; Sadler, VwVG/VwZG, 9. Aufl 2014, § 3 VwVG RdNr 3). Damit ist der Anordnungsbehörde eine Garantenstellung für die Statthaftigkeit der Vollstreckung zugewiesen, die mit Erlass des Vollstreckungsauftrags nicht wegfällt; nach § 250 Abs 1 Satz 2 AO iVm § 40 Abs 6 Halbs 1 SGB II iVm § 5 Abs 1 VwVG bleibt vielmehr die ersuchende Vollstreckungsbehörde für die Vollstreckbarkeit des Anspruchs auch dann verantwortlich, wenn die Zuständigkeit zur Ausführung der Vollstreckung nach § 250 Abs 1 Satz 1 AO auf die ersuchte Behörde übergegangen ist. Das begründet die Verpflichtung der Anordnungsbehörde, in jedem Stadium der Vollstreckung neben der ersuchten Vollstreckungsbehörde selbstständig auf Änderungen der Statthaftigkeit der Vollstreckung zu reagieren und ggf deren Einstellung zu veranlassen (ebenso zur AO Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand der Einzelkommentierung Juni 2012, § 250 AO RdNr 17 unter Verweis auf BFH Beschluss vom 4.7.1986 - VII B 151/85 - BFHE 147, 5: Vollstreckungsschuldner kann fehlende Vollstreckbarkeit in jedem Stadium des Verfahrens gegenüber ersuchender und ersuchter Behörde rügen).

21

c) Zuständig im Außenverhältnis zur Klägerin zur Entgegennahme des im aufgezeigten Verständnis als an die Anordnungsbehörde gerichtet anzusehenden Antrags auf Einstellung der Vollstreckung nach § 257 Abs 1 AO war das beklagte Jobcenter auch dann, wenn es den Forderungseinzug vorliegend der Regionaldirektion der BA übertragen haben sollte, wofür die Angaben in den Vollstreckungsankündigungen sprechen könnten, dass die Vollstreckungen für die Regionaldirektion der BA vorgenommen werden sollten. Denn selbst wenn danach im Verhältnis zwischen Jobcenter und BA wirksam die Zuständigkeit der Regionaldirektion als Anordnungsbehörde iS von § 3 Abs 4 VwVG begründet worden und diese damit auch für die Überprüfung der Vollstreckungsanordnung zuständig geworden sein sollte(vgl zur früheren Rechtslage BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 54/10 R - BSGE 108, 229 = SozR 4-4200 § 44b Nr 3; zu aktuellen Fragen vgl nur Knapp in jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 44b RdNr 104 f; Weißenberger, SGb 2013, 14, 16), vermochte die Klägerin die Vollstreckungseinstellungsanträge nach dem Rechtsgedanken des § 16 Abs 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) und erst recht ohne Kenntnis einer Übertragung wirksam beim Beklagten selbst anzubringen, zumal die Auseinandersetzung um die den Vollstreckungsankündigungen zu Grunde liegenden Erstattungsbescheide ausschließlich mit ihm geführt worden ist.

22

d) Das so verstandene Begehren auf Einstellung der Vollstreckung war auch in der Sache begründet. Dabei kann offenbleiben, ob die Vollstreckungen so wie angekündigt je hätten betrieben werden dürfen, nachdem weder der in den Vollstreckungsankündigungen aufgeführte Bescheid vom 24.8.2011 noch der vom 24.7.2012 mit dem Inhalt ergangen ist, wie er vom Hauptzollamt bezeichnet worden ist. Denn jedenfalls soweit die Vollstreckung nach Auffassung des Beklagten zum einen auf den Bescheid vom 24.8.2011 mit einer Erstattungsforderung in Höhe von insgesamt 104 Euro gestützt sein sollte, war diese durch den gerichtlichen Vergleich vom 7.8.2012 auf 51 Euro ermäßigt (SG Mannheim zu S 7 AS 200/12) und dieser Restbetrag zwischenzeitlich bezahlt worden, der zu vollstreckende Verwaltungsakt also zum Teil iS von § 257 Abs 1 Nr 2 AO aufgehoben und die Forderung zum Teil iS von § 257 Abs 1 Nr 3 AO erloschen. Und in Bezug auf den Bescheid vom 24.7.2012 über den Erstattungsbetrag von 453,47 Euro kam der Klage dagegen (vgl SG Mannheim zu S 7 AS 3744/12) gemäß § 86a Abs 1 Satz 1 SGG aufschiebende Wirkung mit der Folge zu, dass die Vollstreckbarkeitsvoraussetzung des § 251 Abs 1 Satz 1 AO weggefallen und damit der Einstellungsgrund des § 257 Abs 1 Nr 1 AO verwirklicht worden ist, nachdem Erstattungsbescheide von der Ausnahmeregelung nach § 39 Nr 1 SGB II nicht erfasst sind(vgl BT-Drucks 16/10810 S 50; ebenso Greiser in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 39 RdNr 17; Aubel in jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 39 RdNr 12; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand der Einzelkommentierung Februar 2012, K § 39 RdNr 68).

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e) Ungeachtet dessen bestehen die streitbefangenen Kostenerstattungsansprüche nicht. Erstattungsfähig nach § 63 Abs 1 Satz 1 iVm Abs 2 SGB X ist, wie bereits der Normtext und die systematische Stellung im Gesetz - nämlich im Fünften Abschnitt (Rechtsbehelfsverfahren) des Ersten Kapitels (Verwaltungsverfahren) des SGB X - deutlich machen, ausschließlich die anwaltliche Vergütung, die für das isolierte Vorverfahren anfällt. Die Möglichkeit der Kostenerstattung nach § 63 SGB X korrespondiert insoweit mit der Kostenregelung für ein ggf nachfolgendes gerichtliches Verfahren in § 193 Abs 2 SGG, wonach die notwendigen Aufwendungen eines für die sozialgerichtliche Klage gemäß § 78 SGG zwingend vorgeschriebenen Vorverfahrens zu den zu erstattenden Kosten gehören(grundlegend dazu bereits BSG Beschluss vom 24.8.1976 - 12/1 RA 105/75 - SozR 1500 § 193 Nr 3). War der Widerspruchsführer schon mit seinem Widerspruch erfolgreich und erübrigt sich eine Anrufung des Gerichts, besteht deshalb die Möglichkeit der Kostenerstattung nach § 63 SGB X(BSG Urteil vom 25.2.2010 - B 11 AL 24/08 R - BSGE 106, 21 = SozR 4-1300 § 63 Nr 12, RdNr 15). Die Aufwendungen für eine weitergehende Vertretung durch einen Rechtsanwalt, die nicht Vorverfahrenskosten sind, können dagegen auf Grundlage von § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X nicht erstattet werden(vgl BSG Urteil vom 12.12.1990 - 9a/9 RVs 13/89 - SozR 3-1300 § 63 Nr 1; BSG Urteil vom 20.4.1983 - 5a RKn 1/82 - BSGE 55, 92, 93 = SozR 1300 § 63 Nr 1; BSG Urteil vom 25.11.1999 - B 13 RJ 23/99 R - SozR 3-1300 § 63 Nr 14; zuletzt BSG Urteil vom 14.2.2013 - B 14 AS 62/12 R - SozR 4-1300 § 63 Nr 19; Becker in Hauck/Noftz, SGB X, Stand 12/2010, K § 63 RdNr 10; Roos in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 63 RdNr 6). Die Gerichte können § 63 SGB X nicht allein deshalb, weil es wünschenswert erscheinen mag, durch Rechtsfortbildung auf andere Verfahrensabschnitte als das Widerspruchsverfahren erstrecken. Eine planwidrige Regelungslücke, die eine analoge Anwendung des § 63 SGB X auf andere (ggf vorgelagerte) Verwaltungsverfahrensabschnitte rechtfertigen könnte, fehlt(ausführlich BSG Beschluss vom 24.8.1976 - 12/1 RA 105/75 - SozR 1500 § 193 Nr 3 S 3 ff und BSG Urteil vom 12.12.1990 - 9a/9 RVs 13/89 - SozR 3-1300 § 63 Nr 1).

24

f) Eine planwidrige Regelungslücke in diesem Sinne hat auch nicht die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zu den Grundsätzen der Rechtswahrnehmungsgleichheit (grundlegend Beschluss vom 14.10.2008 - 1 BvR 2310/06 - BVerfGE 122, 39) bewirkt. Danach verlangt der allgemeine Gleichheitssatz nach Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit dem Sozialstaats- und dem Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs 1, 3 GG), dass der Gesetzgeber auch im außergerichtlichen Bereich die erforderlichen Vorkehrungen trifft, damit der Rechtsuchende mit der Wahrnehmung und Durchsetzung seiner Rechte nicht von vornherein an mangelnden Einkünften oder ungenügendem Vermögen scheitert (BVerfG Beschluss vom 14.10.2008 - 1 BvR 2310/06 - BVerfGE 122, 39, 50). Das ist hier auch nicht schon deshalb unbeachtlich, weil die Klägerin, wie der Beklagte im Verfahren meinte, "im Sinne einer guten Zusammenarbeit" telefonisch eine Überprüfung der Sachlage hätte anregen können; damit verkennt er die Bedeutung der Vollstreckungsandrohung und ihre faktische Zwangswirkung ("Die … mit zusätzlichen Kosten verbundene Vollstreckung vermeiden, wenn Sie innerhalb von einer Woche … den Gesamtbetrag … einzahlen …"), zumal für Bezieher existenzsichernder Leistungen.

25

Jedoch besteht eine Rechtsschutzlücke für Bezieher existenzsichernder Leistungen zunächst deshalb nicht, weil nach dem Beratungshilfegesetz (im Folgenden: BerHG) Beratungshilfe einschließlich einer erforderlichen außergerichtlichen Vertretung unter anderem durch Rechtsanwälte beansprucht werden kann, wenn der Rechtsuchende die erforderlichen Mittel nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht aufbringen kann, andere Möglichkeiten zumutbar nicht zur Verfügung stehen und die Inanspruchnahme nicht mutwillig erscheint (§ 3 Abs 1 Satz 1 iVm § 2 Abs 1, § 1 Abs 1 BerHG); zu einer entsprechenden Vertretung sind Rechtsanwälte auch verpflichtet, wenn nicht ein wichtiger Grund zur Ablehnung besteht (§ 49a Abs 1 Bundesrechtsanwaltsordnung). Weiterhin ist Raum dafür, gegen unberechtigte Vollstreckungsankündigungen unmittelbar (vorläufigen) gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen (vgl zur prozessualen Lage im finanzgerichtlichen Verfahren § 69 Abs 4 Satz 2 Nr 2 FGO und dazu etwa BFH Beschluss vom 22.11.2000 - V S 15/00 - BFH/NV 2001, 620) und hierzu PKH nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung zu beantragen. Jedenfalls für die betroffenen Leistungsbezieher sind damit ausreichende Wege zur Wahrnehmung ihrer Rechte eröffnet. Ob die niedrigen anwaltlichen Gebührensätze im beratungshilferechtlichen Verfahren (zu den Einzelheiten vgl Dürbeck in Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 7. Aufl 2014, S 400 ff) auch bei einer durch behördliche Fehler veranlassten Vertretung angemessen erscheinen, und ob eine bei dieser Rechtslage uU nicht auszuschließende vermehrte Inanspruchnahme von gerichtlichem (Eil-)Rechtsschutz gegenüber fehlerhaften Vollstreckungsankündigungen mit dem vom Gesetzgeber verfolgten Ziel der Entlastung der Gerichte in Einklang steht, hat der Senat dabei nicht zu berücksichtigen.

26

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 12. Mai 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten für das Revisionsverfahren zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig sind die Erstattung der Kosten eines Widerspruchsverfahrens sowie die Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwalts.

2

Die Klägerin steht seit 2005 im laufenden Bezug von Leistungen nach dem SGB II durch die Arbeitsgemeinschaft für Beschäftigung München GmbH - ARGE - (nunmehr Jobcenter Landeshauptstadt München). Im Mai 2008 wurde für die Klägerin vom AG München eine Betreuerin bestellt. Der Aufgabenkreis umfasst ua die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung für den Bereich der Vermögenssorge einschließlich Schuldenregulierung, Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern.

3

Bereits mit Bescheid vom 17.4.2007 machte die Arbeitsgemeinschaft für Beschäftigung München GmbH gegenüber der Klägerin eine Erstattungsforderung wegen überzahlter Leistungen in Höhe von 351,87 Euro geltend. Dem hiergegen erhobenen Widerspruch half die Arbeitsgemeinschaft mit Bescheid vom 9.7.2008 ab.

4

Mit Schreiben vom 20.5.2007, tituliert als "Mahnung", forderte die Beklagte die Klägerin zur Zahlung des von der ARGE geltend gemachten Erstattungsbetrages auf und machte in diesem Schreiben zusätzlich Mahngebühren in Höhe von 2,05 Euro geltend. Hiergegen legte die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, dass der gegen den Bescheid vom 17.4.2007 erhobene Widerspruch aufschiebende Wirkung habe und die Forderung daher nicht fällig sei.

5

Nachdem die Beklagte am 13.7.2007 die Forderung gegen die Klägerin "mit Widerspruch eingelegt" kennzeichnete, wurde die Mahngebühr storniert. Mit Bescheid vom 13.11.2007 verwarf die Beklagte den Widerspruch als unzulässig und lehnte die Erstattung der im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen ab.

6

Auf die Klage änderte das SG den Widerspruchsbescheid vom 13.11.2007 im Tenor unter Ziffer 2 dahingehend ab, dass die Beklagte die notwendigen Kosten des Widerspruchsverfahrens zu erstatten habe und die Zuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig erklärt werde (Gerichtsbescheid vom 5.11.2009). Die hiergegen vom SG zugelassene und von der Beklagten eingelegte Berufung wies das LSG zurück (Urteil vom 12.5.2010). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Das SG habe die Beklagte zu Recht verurteilt, die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu erstatten und die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts für erforderlich erklärt. Dies folge aus § 63 SGB X. Das Schreiben der Beklagten vom 20.5.2007 enthalte insoweit einen Verwaltungsakt, als gegenüber der Klägerin Mahngebühren festgesetzt worden seien. Es handele sich aufgrund gesetzlicher Grundlage um ein hoheitliches Handeln mit Außenwirkung zur Regelung eines Einzelfalls. Die Regelung bestehe darin, dass der Adressat unmittelbar verpflichtet werde, die Mahngebühr zu zahlen. Der Rechtsgrund für das Entstehen der Mahngebühr werde erst durch die Mahnung selbst begründet, daher teile die Mahngebühr, als von der Mahnung unabhängig, nicht den Rechtscharakter der Mahnung. Der auf Aufhebung gerichtete Widerspruch der Klägerin sei daher zulässig und begründet. Die der Mahngebühr zugrundeliegende Forderung sei nicht fällig gewesen und die Beklagte habe die Mahngebühr aufgehoben. Angesichts dessen komme es auch nicht darauf an, ob die Beklagte überhaupt in eigenem Namen Mahngebühren erheben könne. Die Beklagte habe die Mahngebühr aufgehoben, sodass der Widerspruch erfolgreich gewesen sei und die Beklagte die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten habe. Eine ursächliche Verknüpfung zwischen der Widerspruchserhebung und der begünstigenden Entscheidung der Beklagten bestehe insoweit, als die Beklagte die Mahngebühr nach Bestätigung der Widerspruchseinlegung durch die ARGE und entsprechender Kennzeichnung der Forderung aufgehoben habe. Auch sei die Hinzuziehung des Rechtsanwalts notwendig gewesen. Der Klägerin sei aufgrund ihrer individuellen Fähigkeiten nicht zuzumuten gewesen, das Verfahren alleine zu betreiben. Dies habe sich durch die Ausführungen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung - die Klägerin sei Analphabetin und stehe zwischenzeitlich sogar unter Betreuung - zur Überzeugung des Senats verfestigt.

7

Die Beklagte rügt - nach Zulassung der Revision durch den Senat mit Beschluss vom 6.4.2011 (B 4 AS 160/10 B) - nur noch die Verletzung materiellen Rechts - des § 63 Abs 2 SGB X. Zwar habe das BSG mit Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 54/10 R - inzwischen entschieden, dass es sich bei der Festsetzung von Mahngebühren um einen Verwaltungsakt handele, der mit Widerspruch und Anfechtungsklage angefochten werden könne. Die Rechtsauffassung des LSG zu diesem Punkt sei daher nicht zu beanstanden. Unabhängig von der Frage, ob der Widerspruch vorliegend "erfolgreich" iS des § 63 Abs 1 S 1 SGB X gewesen sei, sei jedenfalls die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts nicht "notwendig" iS des § 63 Abs 2 SGB X gewesen. Der Klägerin sei zuzumuten gewesen, das Verfahren selbst zu führen. So habe sie noch vor Widerspruchserhebung durch ihren Prozessbevollmächtigten bei der Beklagten telefonisch eine Ratenzahlungsvereinbarung, die auch die Mahngebühr beinhaltet habe, geschlossen. Dies zeige, dass sie durchaus auch ohne anwaltliche Beratung imstande gewesen sei, ihre Rechte eigenständig wahrzunehmen. Zudem impliziere bereits das Verhältnis der Höhe der Mahngebühr an sich als auch im Verhältnis zur Hauptforderung, dass bei objektiver Betrachtung ein vernünftiger Bürger sich keines Rechtsanwalts bedient hätte.

8

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 12. Mai 2010 sowie den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 5. November 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Eine Verletzung des § 63 SGB X durch das LSG sei nicht ersichtlich. Ein rechtswidriger Verwaltungsakt müsse nicht hingenommen werden. Auch die Geringfügigkeit der Mahngebühr rechtfertige nicht, von einem Kostenübernahmeerfordernis abzusehen. Allenfalls sei denkbar, im Rahmen der Entscheidung bezüglich der Höhe der geltend gemachten Anwaltsgebühr Abstriche zu machen, nicht jedoch dem Grunde nach.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet.

12

Das LSG hat zu Recht entschieden, dass die Beklagte der Klägerin die für den Widerspruch mit Schreiben vom 18.6.2007 entstandenen notwendigen Aufwendungen zu erstatten hat.

13

1. Von Amts wegen zu beachtende Verfahrensfehler liegen nicht vor. An der Prozessfähigkeit der Klägerin bestehen keine durchgreifenden Zweifel. Jedenfalls wäre ein etwaiger Mangel in der Prozessführung durch ausdrückliche Genehmigung der Betreuerin geheilt.

14

2. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist ausschließlich die Entscheidung über die Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen im Widerspruchsbescheid vom 13.11.2007 für das Vorverfahren gegen die Festsetzung der Mahngebühren mit Schreiben vom 20.5.2007. Die Klägerin hat ihr Begehren ausdrücklich hierauf beschränkt. Sie verfolgt ihr Begehren zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG).

15

3. Die Vorinstanzen haben zutreffend entschieden, dass die Klägerin gegen die Beklagte Anspruch auf Aufwendungsersatz gemäß § 63 Abs 1 S 1 SGB X hat.

16

Nach § 63 Abs 1 S 1 SGB X hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist.

17

Der Anwendungsbereich des § 63 Abs 1 S 1 SGB X ist eröffnet, weil die Verwerfung des Widerspruchs als unzulässig durch die Beklagte zu Unrecht erfolgte. Vielmehr handelt es sich bei der in der Mahnung enthaltenen Festsetzung von Mahngebühren um einen Verwaltungsakt gemäß § 31 SGB X, der mit Widerspruch und Anfechtungsklage angefochten werden kann. Der erkennende Senat schließt sich insoweit der Auffassung des 14. Senats des BSG, die Festsetzung von Mahngebühren enthalte eine für den betroffenen Schuldner verbindliche Einzelfallregelung, ausdrücklich an (s zur Verwaltungsaktqualität der Festsetzung von Mahngebühren und zur Unzulässigkeit der Übertragung der Aufgabe "Forderungseinzug" auf die BA: BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 54/10 R - BSGE 108, 229 = SozR 4-4200 § 44b Nr 3). Es kann deshalb unentschieden bleiben, ob die Rechtsprechung des BSG, dass die Geltendmachung einer Forderung selbst durch Mahnung kein Verwaltungsakt sei (vgl BSG Beschluss vom 5.8.1997 - 11 BAr 95/97 - juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 7.6.1999 - B 7 AL 264/98 B - juris RdNr 8) auch Fallgestaltungen erfasst, bei denen die Mahnung durch eine unzuständige Behörde erfolgt (hierzu BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 54/10 R - BSGE 108, 229 = SozR 4-4200 § 44b Nr 3, jeweils RdNr 18 ff).

18

Der Widerspruch der Klägerin gegen das Schreiben der Beklagten vom 20.5.2008 war auch erfolgreich. Erfolg iS des § 63 Abs 1 S 1 SGB X hat nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der Widerspruch dann, wenn die Behörde ihm stattgibt(vgl zuletzt BSG Urteil vom 19.6.2012 - B 4 AS 142/11 R sowie BSG Urteile vom 21.7.1992 - 4 RA 20/91 - SozR 3-1300 § 63 Nr 3, S 13; vom 17.10.2006 - B 5 RJ 66/04 R - SozR 4-1300 § 63 Nr 5 RdNr 14; vom 20.10.2010 - B 13 R 15/10 R - SozR 4-1500 § 193 Nr 6 RdNr 30; vom 2.5.2012 - B 11 AL 23/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen). Dabei ist der Erfolg oder Misserfolg eines eingelegten Widerspruchs am tatsächlichen (äußeren) Verfahrensgang der §§ 78 ff SGG zu messen. Die Beklagte hat ihm dadurch stattgegeben, dass sie die Mahngebühr storniert hat und dies gegenüber der Klägerin verlautbart hat. Unerheblich ist insoweit, aus welchen Gründen der Widerspruch in der Sache Erfolg hatte.

19

4. Die Beklagte kann sich insoweit auch nicht darauf berufen, dass ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte hinsichtlich der Gebühren und Auslagen des bevollmächtigten Rechtsanwalts mit Rücksicht auf die geringe Höhe der Mahngebühr ausscheide. Insoweit ist mit den Tatsacheninstanzen zu erkennen, dass die Zuziehung eines Rechtsanwalts notwendig iS des § 63 Abs 2 SGB X gewesen ist. Nach dieser Vorschrift sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig ist. Es ist insoweit auf die Sicht eines verständigen Beteiligten im Zeitpunkt der Beauftragung abzustellen (vgl nur Roos in von Wulffen, 7. Aufl 2010, § 63 RdNr 26; Feddern in jurisPK-SGB X § 63 RdNr 33 f).

20

Ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts notwendig ist, kann nicht allein anhand des im Widerspruchsverfahren geltend gemachten Betrages beurteilt werden. Insoweit kann sinngemäß zur weiteren Ausfüllung des Merkmals auf die Grundsätze zurückgegriffen werden, die das BVerfG zum Merkmal der Erforderlichkeit von Prozesskostenhilfe entwickelt hat (BVerfG vom 24.3.2011 - 1 BvR 2493/10 - NZS 2011, 775; BVerfG vom 24.3.2011 - 1 BvR 1737/10 - NJW 2011, 2039). Entscheidender Maßstab ist hiernach nicht das Verhältnis von Streitwert und Kostenrisiko, sondern die Wahrung des Grundsatzes der Waffengleichheit. Da dem Widerspruchsführer rechtskundige und prozesserfahrene Vertreter einer Behörde gegenüberstehen, kann die Notwendigkeit einer Zuziehung nur ausnahmsweise verneint werden. Denn es ist davon auszugehen, dass die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der Wahrnehmung der eigenen Interessen regelmäßig erfolgt, wenn im Kenntnisstand und Fähigkeiten der Prozessparteien ein deutliches Ungleichgewicht besteht.

21

Die vorstehenden Grundsätze werden durch das Urteil des 14. Senats des BSG vom 12.7.2012 - B 14 AS 35/12 R - zur Veröffentlichung vorgesehen - nicht infrage gestellt. Zwar ist mit dieser Entscheidung das Rechtsschutzbedürfnis für ein Klagebegehren in der Hauptsache verneint worden, das aus Sicht des Klägers denkbar allein auf die Verletzung der Rundungsregelung des § 41 Abs 2 SGB II gestützt werden konnte. Gleichwohl hat der 14. Senat jedoch ausgeführt, dass die Höhe der geltend gemachten Forderung nicht "schlechterdings und für sich allein betrachtet zum Fehlen des Rechtsschutzbedürfnisses" führe. Vielmehr fehle es am Rechtschutzbedürfnis nur dann, wenn besondere Umstände vorlägen, die das subjektive oder objektive Interesse an der Durchführung des Rechtsstreits entfallen ließen. Derartige besondere Umstände hat der 14. Senat bei einem isolierten Streit über die Anwendung der Rundungsregelung angenommen, die nicht aus Gründen der Existenzsicherung sondern zur Vereinfachung verwaltungsinterner Abläufe geschaffen worden sei. Eine Abkehr vom "Grundsatz der Waffengleichheit" kann aus dieser Entscheidung folglich nicht hergeleitet werden.

22

Die hier vorliegenden Gesamtumstände rechtfertigen die Annahme einer Ausnahme nicht. Ein derartiger - hier jedoch nicht vorliegender - Ausnahmefall kann in Fällen der vorliegenden Art zB erwogen werden, wenn es um die Klärung tatsächlicher Fragen geht oder aus dem angegriffenen Bescheid ersichtlich ist, dass die Entscheidung auf einem Missverständnis beruht, das vom Widersprechenden leicht aufzuklären ist. Die Klägerin konnte der Mahnung insbesondere nicht entnehmen, dass die Geltendmachung der Forderung einschließlich der Mahngebühren auf der Vorstellung beruhte, dass kein Widerspruch gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid eingelegt worden war.

23

Der zu beurteilende Sachverhalt ist im Übrigen dadurch gekennzeichnet, dass sich die Klägerin der Geltendmachung des gesamten Rückforderungsbetrages zuzüglich der fraglichen Mahngebühren durch eine unzuständige Behörde ausgesetzt sah. In einer derartigen Situation lag die Einschaltung eines Rechtsanwalts für einen verständigen Betroffenen jedenfalls nahe.

24

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Tenor

I.

Auf die Berufung wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 17. März 2014 abgeändert. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 13.11.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.12.2012 verurteilt, der Klägerin weitere 61,88 Euro zu erstatten. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II.

Die Beklagte hat von den notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für das Klageverfahren ein Viertel und für das Berufungs- sowie das Zulassungsverfahren vier Siebtel zu tragen.

III.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe der von der Beklagten zu erstattenden Aufwendungen für die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten in einem isolierten Widerspruchsverfahren.

Das zuständige Jobcenter hatte gegenüber der Klägerin einen Bescheid vom 06.11.2009 über eine Darlehensgewährung sowie vier Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 26.11.2009, 01.03.2010, 19.04.2010 und 01.09.2010 erlassen. Daraus ergaben sich insgesamt 1.512,78 €, die die Klägerin zurückzuzahlen hatte. Widersprüche gegen diese Bescheide sind nicht ersichtlich. Laut einem Telefonvermerk beantragte die Klägerin bereits am 13.09.2010 telefonisch Ratenzahlungen auf diese Forderungen von monatlich 100,- €. Sie verfüge lediglich über nichtselbstständiges Einkommen von monatlich 1.100,- €.

Mit Schreiben vom 23.10.2011 mahnte die Beklagte die Forderung in Höhe von 1.512,78 € an und setzte eine Mahngebühr in Höhe von 7,85 € fest. Auf Seite 2 der Mahnung befand sich eine Aufstellung der vorgenannten Bescheide. Die Klägerin wurde aufgefordert, den Betrag in Höhe von insgesamt 1.520,63 € innerhalb einer Woche zu überweisen. Laut Rechtsbehelfsbelehrung sei die Festsetzung der Mahngebühr durch Widerspruch anfechtbar.

Hiergegen legte der Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 27.10.2011 Widerspruch ein. Es wurde vorgetragen, dass die auf Seite 2 des Mahnschreibens aufgeführten Bescheide nicht bekannt seien. Es werde daher davon ausgegangen, dass die Erhebung von Mahngebühren mangels Fälligkeit nicht statthaft sei und es werde insoweit gegen die Mahnung Widerspruch eingelegt.

Dem Widerspruch wurde durch Aufhebung der Mahngebühren abgeholfen, sowie im Hinblick auf die anwaltliche Vertretung entschieden, dass die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen erstattet würden (Abhilfebescheid vom 27.07.2012).

Mit Kostennote vom 09.08.2012 wurden vom Prozessbevollmächtigten Kosten für das Widerspruchsverfahren in Höhe von 309,40 € geltend gemacht, aufgegliedert in eine Geschäftsgebühr nach § 3 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) i. V. m. Nr. 2400 Vergütungsverzeichnis (VV RVG) in Höhe von 240,- € sowie die Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20,- € zuzüglich 19% Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG in Höhe von 49,40 €.

Mit Kostenfestsetzungsbescheid vom 13.11.2012 setzte die Beklagte die zu erstattenden Aufwendungen auf 57,12 € fest. Der Ansatz der Geschäftsgebühr von 240,- € sei unbillig und daher für die Beklagte nicht verbindlich. Angemessen sei lediglich die Mindestgebühr in Höhe von 40,- €. Streitig sei lediglich eine Mahngebühr von 7,85 € gewesen, so dass die rechtliche Schwierigkeit und der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit weit unterdurchschnittlich gewesen seien im Vergleich zu üblichen sozialrechtlichen Verfahren. Auch die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger sei weit unterdurchschnittlich gewesen, da die Festsetzung einer Mahngebühr in o. a. Höhe nicht vergleichbar sei mit der Ablehnung von Leistungen nach dem SGB II oder dem Streit um die Höhe solcher laufender Leistungen. Bei einem Ansatz einer Geschäftsgebühr in Höhe des Mindestbetrages von 40,- € zuzüglich der Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG (8,- €) und der Umsatzsteuer (9,12 € aus 48,- €) ergebe sich ein zu erstattender Gesamtbetrag in Höhe von 57,12 €.

Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03.12.2012 zurück. Die Mahngebühren seien storniert worden, da im Widerspruchsverfahren vorgetragen wurde, dass die der Mahnung zugrunde liegenden Bescheide nicht bekannt seien. Den Zugang der Bescheide habe das Jobcenter nicht nachweisen können. Ein erfolgreiches Vorgehen gegen die Mahngebühr habe daher nicht die Kenntnis obergerichtlicher Rechtsprechung vorausgesetzt. Hinsichtlich der Bedeutung der Angelegenheit sei lediglich auf die geringe Mahngebühr abzustellen, da diese allein Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gewesen sei.

Mit der am 02.01.2013 erhobenen Klage machte der Kläger eine Verfahrensgebühr in Höhe von 240,- € geltend. Es bestehe eine überdurchschnittliche Schwierigkeit der Angelegenheit, da zum Zeitpunkt der Einlegung des Widerspruchs die Rechtsfrage, ob die Festsetzung von Mahngebühren einen Verwaltungsakt darstelle, noch nicht geklärt gewesen sei. Dies habe das BSG erst am 02.11.2012 entschieden. Aus Sicht der Mandantschaft sei von einer überdurchschnittlichen Bedeutung der Angelegenheit auszugehen, da die Mahnung bei der Klägerin Panikattacken und Schlafstörungen ausgelöst habe.

Die Beklagte erwiderte, dass sich auf der Mahnung die Rechtsbehelfsbelehrung befunden habe, dass gegen die Festsetzung der Mahngebühren der Widerspruch zulässig sei. Die Kenntnis der obergerichtlich geklärten Frage, ob die Festsetzung der Mahngebühr Verwaltungsaktqualität besitze, sei daher für die Einlegung des Widerspruchs nicht erforderlich gewesen.

Mit Urteil vom 17.03.2014 verurteilte das Sozialgericht den Beklagten, der Klägerin weitere 109,48 € zu gewähren und wies die Klage im Übrigen ab. Der Beklagten wurden zwei Fünftel der außergerichtlichen Kosten auferlegt. Angemessen sei eine Geschäftsgebühr in Höhe der Hälfte der Schwellengebühr von 240,- €, mithin 120,- €. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit seien jeweils unterdurchschnittlich gewesen. Allerdings sei die Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin überdurchschnittlich gewesen. Es komme dabei auf eine unmittelbare tatsächliche, ideelle, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung an. Die Klägerin sei aufgefordert worden, innerhalb einer Woche 1512,78 € zu überweisen, ansonsten werde die zwangsweise Einziehung der Forderung veranlasst werden. Zuzüglich der Post- und Telekommunikationspauschale in Höhe von 20,- € und der Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG hieraus (26,60 €) ergebe sich ein zu erstattender Gesamtbetrag in Höhe von 166,60 €. Davon habe die Beklagte bereits 57,12 € anerkannt, so dass die Differenz in Höhe von 109,48 € noch an die Klägerin zu erstatten sei.

Auf die am 16.04.2014 eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat das Berufungsgericht die Berufung zugelassen. Die Beklagte hat vorgetragen, dass die Bedeutung der Angelegenheit bei einer einstelligen Mahngebühr weit unterdurchschnittlich sei. Nur diese Mahngebühr sei Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gewesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 17.03.2014 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 13.11.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.12.2012 abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin macht geltend, dass eine individuelle Gebührenbestimmung vorzunehmen sei. Der psychische Effekt unberechtigter Mahnungen werde übersehen. Die Wochenfrist und die angekündigte Zwangsvollstreckung begründe die überdurchschnittliche Bedeutung. Auch das Haftungsrisiko für den Rechtsanwalt sei beträchtlich, wenn er nichts gegen eine unberechtigte Mahnung unternehme. Außerdem sei auf einen durchschnittlichen Rechtsanwalt abzustellen, nicht auf einen spezialisierten Anwalt.

Gründe

Die Berufung ist zulässig und teilweise begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Erstattung von höheren Aufwendungen nach § 63 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) als die Beklagte bewilligte, aber nicht auf den vom Sozialgericht zugesprochenen Betrag. Bei der Bemessung der Geschäftsgebühr nach § 14 RVG ist für die Bedeutung der Angelegenheit auf die Mahngebühr - nicht auf die dahinter stehende Hauptforderung - abzustellen, wenn nur die Mahngebühr Gegenstand des Widerspruchs sein kann. Auszugehen ist hier von einer Geschäftsgebühr in Höhe von 80,- €, dem Doppelten der Mindestgebühr.

1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§ 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Der Berufungsgrenzwert nach § 144 Abs. 1 SGG ist nicht überschritten, jedoch wurde die Berufung vom Berufungsgericht zugelassen.

2. Streitgegenstand ist der Bescheid vom 13.11.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.12.2012 und damit die Entscheidung darüber, in welcher Höhe die zu erstattenden Aufwendungen des Widerspruchsverfahrens festzusetzen sind. Statthafte Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG.

3. a) Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X hat bei einem erfolgreichen Vorverfahren der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, dem Widerspruchsführer die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Ausgaben zu erstatten. Daher ist die Beklagte für die strittige Kostenfestsetzung zuständig. Nach § 63 Abs. 2 SGB X sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwaltes oder sonstigen Bevollmächtigten erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Rechtsanwaltes notwendig war. Die Beklagte hat in der Abhilfeentscheidung vom 27.07.2012 die Zuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig anerkannt.

b) Der Erstattungsanspruch beurteilt sich nach den gesetzlichen Bestimmungen über die Vergütung der Rechtsanwälte (RVG), wobei sich die Höhe der Vergütung nach § 2 Abs. 2 RVG nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zum RVG bestimmt.

c) Die Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG in der von 01.07.2006 bis 31.07.2013 gültigen Fassung (a. F.) fällt in sozialrechtlichen Angelegenheiten an, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG). Betragsrahmengebühren sind in sozialgerichtlichen Verfahren vorgesehen, in denen das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden ist. Dies gilt entsprechend für eine Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens (§ 3 Abs. 2 RVG). Die Klägerin wandte sich in ihrer Eigenschaft als SGB II- Leistungsempfängerin gegen die Festsetzung einer Mahngebühr und ist damit Leistungsempfängerin im Sinne des § 183 Satz 1 SGG.

Die Geschäftsgebühr entsteht insbesondere für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information. Gemäß Nr. 2400 VV RVG a. F. umfasst die Geschäftsgebühr einen Betragsrahmen von 40,- € bis 520,- €.

Eine Gebühr von mehr als 240,- € kann dabei nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war (sogenannte Schwellengebühr). Innerhalb dieses Gebührenrahmens bestimmt der Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfanges und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs. 1 Satz 4 RVG). Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sind objektive Kriterien. Zu diesen treten die Bedeutung der Angelegenheit für den Aufraggeber sowie dessen Einkommens- und Vermögensverhältnisse als subjektive Kriterien hinzu. Darüber hinaus ist nach § 14 Abs. 1 Satz 3 RVG bei Verfahren, auf die Betragsrahmengebühren anzuwenden sind, ein besonderes Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Das besondere Haftungsrisiko ist lediglich ein weiteres Kriterium für die Bemessung der Betragsrahmengebühren, begründet aber keinen eigenen Gebührentatbestand (vgl. BSG, Urteil vom 01.07.2009, B 4 AS 21/09 R, Rn. 19, 20).

d) Angemessen ist eine Geschäftsgebühr in Höhe von 80,-€.

Die Kostennote vom 09.08.2012 war bezüglich der anwaltlichen Gebührenbestimmung für die Geschäftsgebühr in Höhe von 240,- € unbillig und daher gemäß § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG nicht verbindlich. Auch die Toleranzgrenze von 20% für die eigenverantwortliche Festsetzung durch den Rechtsanwalt (vgl. BSG, a. a. O., Rn. 19) ist weit überschritten.

Die Geschäftsgebühr von 80,- Euro (doppelte Mindestgebühr) ergibt sich aus den Kriterien nach § 14 Abs. 1 Satz 1 und 2 RVG, wobei deren Aufzählung nicht abschließend ist.

aa) Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit war unterdurchschnittlich. Dabei ist der zeitliche Aufwand zu berücksichtigen, den der Rechtsanwalt tatsächlich in der Sache betrieben hat und den er davon objektiv auch auf die Sache verwenden musste (BSG, a. a. O., Rn. 28). Hier ist von einem unterdurchschnittlichen Umfang der anwaltlichen Tätigkeit auszugehen. Das Widerspruchsschreiben ist sehr kurz. Danach erfolgte nur noch die Kostennote. Hinweise auf ein Aktenstudium oder das Anfordern von Unterlagen bei der Klägerin liegen nicht vor. Es wurde nur mitgeteilt, dass die den Forderungen zugrunde liegenden Bescheide „unsererseits nicht bekannt“ seien.

bb) Auch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit ist vorliegend als unterdurchschnittlich zu bewerten. Gemeint ist damit die Intensität der Arbeit (BSG, a. a. O., Rn. 32). Die Kenntnis der Rechtsprechung zur Verwaltungsaktqualität der Festsetzung der Mahngebühr des BSG (z. B. Urteil vom 26.05.2011, B 14 AS 54/10 R) war für die Einlegung des Widerspruchs aufgrund der Rechtsbehelfsbelehrung („Gegen die Festsetzung der Mahngebühren ist der Widerspruch zulässig“) nicht notwendig. Es handelte sich zumindest um einen formellen Verwaltungsakt. Im Übrigen wurde im Rahmen des Widerspruchsverfahrens lediglich geltend gemacht, dass die Bescheide, die der Mahnung zugrunde lagen, nicht bekannt seien.

cc) Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin, die nur über ein Erwerbseinkommen an der Grenze zur Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II verfügte, sind gemessen an den Durchschnittsverhältnissen der Gesamtbevölkerung als unterdurchschnittlich anzusehen.

dd) Ein besonderes Haftungsrisiko, ist trotz der Ausführungen des Bevollmächtigten bzgl. der Mahngebühr nicht erkennbar. Soweit die Hauptsacheforderungen ein Haftungsrisiko begründen können, wäre dieses bei Unkenntnis der zugrunde liegenden Bescheide einem Überprüfungsverfahren ohne die Kostenfolge des § 63 SGB X zuzuordnen.

ee) Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist auch Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin unterdurchschnittlich. Hier kommt es auf eine unmittelbare tatsächliche, ideelle, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung für den Auftraggeber, nicht aber für die Allgemeinheit an (vgl. BSG, Urteil vom 01.07.2009, B 4 AS 21/09 R, Rn. 37). Es geht um das Begehren, das mit dem Widerspruch verfolgt wird, hier also die Abwehr von Mahngebühren von unter 10,- €.

Eine Mahnung ist eine Erinnerung an eine bereits bestehende Zahlungspflicht. Sie hat keine Verwaltungsaktqualität (BSG, Urteil vom 02.11.2012, B 4 AS 97/11 R, Rn. 17 unter Hinweis auf Entscheidungen des BSG von 1997 und 1999) und kann daher nicht Gegenstand eines Widerspruchverfahrens sein. Verwaltungsakt ist hier allein die Festsetzung der Mahngebühr (vorgenanntes Urteil des BSG vom 02.11.2012 und BSG, Urteil vom 26.05.2011, B 14 AS 54/10 R). Nur diese kann Gegenstand des Widerspruchsverfahrens sein.

Es ist deshalb auf die unmittelbare tatsächliche, ideelle, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung der Festsetzung der Mahngebühr von 7,85 € für die Klägerin abzustellen (ebenso LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 10.04.2014, L 7 AL 94/13 B, Rn. 14; LSG NRW, 15.05.2014, L 19 AS 1995/13 B; SG Augsburg, Urteil vom 16.06.2014, S 11 AS 346/14). Soweit laut der Literatur (Hartmann, Kostengesetze, 44. Auflage 2014, § 14 RVG Rn. 5) auch mittelbare Auswirkungen mitbeachtlich sein sollen, sind derartige mittelbare Auswirkungen der Mahngebühr nicht ersichtlich. Eventuelle psychologische Auswirkungen der Hauptforderungen auf die Klägerin sind nicht Gegenstand des Widerspruchverfahrens. Lediglich ergänzend wird angemerkt, dass wohl nicht anzunehmen ist, dass die Klägerin erstmalig mit den Hauptforderungen konfrontiert wurde. Die Unkenntnis von fünf Bescheiden liegt fern, wenn kein Bescheid als unzustellbar an die absendende Behörde zurückkommt, und der telefonische Ratenzahlungsantrag der Klägerin bestätigt das.

ff) Im Rahmen der Gesamtabwägung hält das Berufungsgericht eine Geschäftsgebühr in Höhe der doppelten Mindestgebühr für angemessen.

Der enge Zeitrahmen von einer Woche für die Zahlung auf die Hauptforderungen führt zu einem kurzfristigen Beratungsbedarf und verkürzt faktisch auch die Monatsfrist für die Erstellung des Widerspruchs auf wenige Tage. Dieser Zeitdruck und eine mit 7,85 € nicht ganz unerhebliche Mahngebühr (beim vorgenannten Beschluss des LSG Niedersachsen-Bremen ging es um Mahngebühren von nur 0,80 €), rechtfertigen eine Verdoppelung der Mindestgebühr. Sonstige gebührenerhebliche Umstände sind nicht ersichtlich.

Zur Mindestgebühr kommt die Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20,- € und die Umsatzsteuer von 19% nach Nr. 7008 VV RVG hieraus (19,- €). Das ergibt insgesamt 119,- €. Davon hat die Beklagte bereits 57,12 € anerkannt, so dass die Differenz in Höhe von 61,88 € noch an die Klägerin zu erstatten ist.

4. Im Klageverfahren wurden 309,40 € begehrt statt der bewilligten 57,12 €, mithin ein Mehrbetrag von 252,28 €. Davon hat die Klägerin im Endergebnis 61,88 € erhalten. Dies ergibt eine Quote von einem Viertel für das Klageverfahren.

Im Berufungsverfahren hat die Klägerin keinen Antrag auf höhere Kostenerstattung gestellt. Lediglich die Beklagte wollte die Verpflichtung zur Zahlung von weiteren 109,48 € aufgehoben wissen. Die Klägerin war in der Berufung zu 56,5% erfolgreich. Dies ergibt für das Berufungsverfahren eine Quote von vier Siebtel.

5. Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Die strittige Konstellation stellt sich in der Verwaltungspraxis häufiger.

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, nicht Gebrauch, wird auf Antrag des Beteiligten der beizuordnende Rechtsanwalt vom Gericht ausgewählt. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rentenberater beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Prozeßkostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 vertreten ist.

(3) § 109 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(4) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(5) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(6) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 4 und 5 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(7) § 155 Absatz 4 gilt entsprechend.

(8) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 4 und 5 kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.

(9) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 4 bis 8 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.