Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 28. Juli 2016 - L 6 U 2991/15

bei uns veröffentlicht am28.07.2016

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 8. Juli 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) und die Gewährung einer Rente wegen dieses Versicherungsfalls.
Der 1956 in der ehemaligen Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken geborene Kläger arbeitete dort nach dem Besuch der Grundschule von 1971 bis 1974 in der Landwirtschaft. Anschließend absolvierte er bis 1976 seinen Militärdienst. Nach Tätigkeiten als Kraft- und Busfahrer von 1976 bis 1979, Traktorist und Arbeiter in einem Treibhaus, in dem er Pestizide ausbrachte, von 1979 bis 1983 sowie als angelernter Elektroinstallateur in einem Treibhaus von 1983 bis 1989, siedelte er im September 1989 in die Bundesrepublik Deutschland über. Ab März 1990 war er bei E. A., Heizungsbau sowie Gas- und Wasserinstallation (im Folgenden: Arbeitgeber), einem Zwei-Mann-Betrieb, beschäftigt. Am 21. April 2010 erkrankte er wegen Kniebeschwerden arbeitsunfähig. Das Arbeitsverhältnis endete Ende Juli 2011. Seit Juni 2013 bezieht er eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze.
Die IKK classic, bei welcher der Kläger gegen Krankheit gesetzlich versichert war, zeigte der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG Bau) am 15. Juni 2010 an, dass dieser ob der bei ihm diagnostizierten Gonarthrose und Meniskusschädigungen an einer Berufskrankheit leide, weswegen er ab 21. April 2010 arbeitsunfähig erkrankt sei. Die BG Bau leitete den Vorgang an die Berufsgenossenschaft Metall Nord Süd, einer Rechtsvorgängerin der Beklagten, weiter, welche für den Betrieb des Arbeitgebers verbandszuständig war.
Im Juli 2010 gab der Kläger zu seinen kniebelastenden Tätigkeiten an, er habe im Knien, im Hocken, im Fersensitz und im Kriechen gearbeitet, wobei er die Tätigkeiten ohne und mit abgestütztem Oberkörper, jeweils achteinhalb Stunden, ausgeübt habe. Der Arbeitgeber bestätigte im Folgemonat im Wesentlichen die vom Kläger bei der Arbeit eingenommenen Körperhaltungen, wobei diese nicht jeweils über den gesamten Arbeitstag hinweg eingenommen worden seien, sondern je nach auftragsbedingter Tätigkeit. Unter den Körperhaltungen „Fersensitz“ und „Kriechen“ könne er sich indes nichts vorstellen. Auf telefonische Nachfrage des Mitarbeiters des Präventionsdienstes der Berufsgenossenschaft Metall Nord Süd, H.-G. H., teilte der Arbeitgeber im Oktober 2010 mit, im Unternehmen habe außer ihm nur der Kläger gearbeitet. Es seien Heizungs- und Sanitäranlagen sowie Fußbodenheizungen in Privathaushalten installiert worden. Der Kläger sei als Installateur beschäftigt gewesen. Die Arbeitstätigkeiten hätten das Abladen des Materials vom Transportfahrzeug, das Tragen der Teile in die Gebäude sowie das Installieren von Waschbecken, Badewannen, Duschwänden und -tassen umfasst. Zu etwa 95 % seien Unterputz-Vorwandinstallationen im Trockenbau vorgenommen worden. Hierbei handele es sich um Arbeiten, welche zur Montage und zum Anschluss von Sanitärobjektiven notwendig seien. Neben den notwendigen Bohrarbeiten zur Aufnahme von Halterungen seien Rohrleitungen und Wasseranschlüsse installiert sowie Rahmenkonstruktionen aus Profilstangen erstellt worden, welche etwa zur Aufnahme von WC-Spülkästen gedient hätten. Jährlich seien zudem noch zwei oder drei Fußbodenheizungen verlegt worden. Hierfür seien bestimmte Vorbereitungen zu treffen gewesen, bevor die eigentlichen Heizelemente hätten eingebaut werden können. Hierzu habe das Aufbringen von Dämm- oder Wärmeelementen gehört. Anschließend sei der Einbau und der Anschluss der Heizelemente durch Rohr- oder Schlauchleitungen erfolgt. Hierbei sei eine kniende Körperhaltung eingenommen worden, wobei der Bodenbelag aus einer relativ weichen Dämmschicht bestanden habe. Auf Steinfußböden habe nicht gekniet werden müssen. Bei anderen knienden Arbeitsvorgängen sei vom Kläger immer eine dämpfende Unterlage aus Gummi oder Schaumstoff benutzt worden. Der Anteil der knienden Arbeiten habe zwischen 30 und 45 Minuten je Tag betragen. Der Mitarbeiter des Präventionsdienstes H. fasste zusammen, der Arbeitgeber habe die gleiche Arbeitstätigkeit wie der Kläger ausgeübt. Beide hätten auf den Baustellen zusammengearbeitet. Daher habe jener die Arbeitstätigkeiten des Klägers eindeutig beschreiben können. Für die Installation der Fußbodenheizungen seien etwa fünf Stunden je Tag kniende oder hockende Arbeiten je Heizung anzusetzen. Bei anderen knienden Arbeiten habe der Kläger immer knieschonende Unterlagen verwendet. Trotz Berücksichtigung der auch sonst knienden und hockenden Tätigkeiten in einem Umfang zwischen 30 und 45 Minuten je Tag seien die belastungsmäßigen Voraussetzungen für eine Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV nicht erfüllt.
Nachdem der frühere Verfahrensbevollmächtigte des Klägers die Verwaltungsakte eingesehen und die Angaben des Arbeitgebers beanstandet hatte, suchte der Mitarbeiter des Präventionsdienstes H. den Arbeitgeber im November 2010 auf, um ihn erneut zum Tätigkeitsinhalt des Klägers zu befragen. An dem Gespräch habe auch die Ehefrau des Arbeitgebers teilgenommen. Der Kläger, der arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei, habe telefonisch nicht erreicht werden können. Der Arbeitgeber habe nun angegeben, dessen Arbeitstätigkeit habe zu etwa 75 % die Installation von Heizungs- und Sanitäranlagen umfasst, wobei bei den Sanitäranlagen überwiegend Vorwandinstallationen hätten montiert werden müssen. Daneben seien Duschtassen, Badewannen, Waschbecken sowie die zugehörigen Zu- und Abwasserleitungen und Wasserhähne oder Brausen montiert worden. Im Heizungsbereich seien Zuleitungen und Anschlüsse verlegt und montiert worden. Etwa 25 % des Arbeitsumfanges hätten Blecharbeiten für Hausdächer, Beplankungen von Flachdächern oder Fassaden eingenommen. Neben dem Zuschnitt der Bleche hätten auch umfangreiche Falzarbeiten vorgenommen werden müssen. Zudem seien sieben oder acht Solaranlagen je Jahr installiert worden. Der Kläger habe zwischen drei und dreieinhalb Stunden je Arbeitstag eine kniende oder hockende Körperhaltung eingenommen. In den letzten fünf oder sechs Jahren habe der Kläger einen Knieschutz aus Gummi oder Schaumstoff oder ähnlichem Material benutzt, um eine gewisse Dämpfung beziehungsweise Entlastung der Kniegelenke zu erreichen. Im Gegensatz zu den ersten Angaben des Arbeitgebers seien die kniebelastenden Tätigkeiten in einem größeren Umfang ausgeübt worden. Werde eine kniende Arbeitstätigkeit von drei Stunden zugrunde gelegt, so ergebe sich über den Beschäftigungszeitraum von zwanzig Jahren, bei 220 Arbeitstagen je Jahr, eine Gesamtbelastung von 13.200 Stunden. Somit sei die kumulative Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden erreicht und die arbeitstechnischen Voraussetzungen für eine Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV erfüllt. In einem Gespräch am 24. November 2010 teilte der Kläger der Beklagten mit, vor 1990 keine kniebelastenden Tätigkeiten ausgeübt zu haben.
Der Facharzt für Orthopädie Dr. B. diagnostizierte nach einer Untersuchung des Klägers am 17. Februar 1999 eine rechtsbetonte beidseitige Gonarthrose. Diese Diagnose, ergänzt um die Verortung auf den medialen Bereich, stellte er erneut Anfang Februar 2008.
Nach einer radiologischen Untersuchung des Klägers am 17. Dezember 2001 hatten die Ärzte für Radiologie Dres. Ba./Ban. zwischenzeitlich in beiden Kniegelenken eine beginnende medialseitige Gonarthrose und eine retropatellare Arthrose festgestellt.
Nach ambulanten Untersuchungen des Klägers Ende März 2010 befundete der Chefarzt der Abteilung Orthopädie des O. Klinikums Of.-G., Dr. Sch., den Verdacht auf eine Läsion des Innenmeniskus rechts bei deutlicher rechtsseitiger Varusgonarthrose. Nach der Arthroskopie des rechten Kniegelenkes am 22. April 2010 diagnostizierte er eine mediale Gonarthrose vierten Grades im Bereich der Femurkondyle und der Tibia, eine retropatellare Arthrose dritten Grades sowie einen degenerativen Schaden im Bereich des Innenmeniskus. Der Assistenzarzt Dr. M., O. Klinikum Of.-G., diagnostizierte nach der Arthroskopie und arthroskopischen Teilresektion des Innenmeniskus des linken Kniegelenkes am 2. August 2010 komplexe degenerative Einrisse und einen Lappenriss im Bereich des Hinterhorns des Innenmeniskus und intermediär, eine viertgradige Chondromalazie korrespondierend medial im Bereich der Tibia, eine drittgradige Chondromalazie medial im Bereich der Femurkondyle sowie eine viertgradige, großflächige Chondromalazie in der Trochlea korrespondierend mit einer drittgradigen Chondromalazie im Bereich der Patella.
Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. Ei., welcher den Kläger hausärztlich behandelte, teilte der Beklagten im Dezember 2010 mit, dieser habe ihn wegen Kniebeschwerden erstmals am 22. Januar 1999 aufgesucht. Er habe über seit einem Jahr bestehende Schmerzen im linken Bein berichtet. Aufgrund des Fremdbefundes von „Dr. D.“ habe damals eine rechtsbetonte beidseitige Gonarthrose vorgelegen. Wegen der Kniebeschwerden habe er erstmals im März 2010 bis aktuell Arbeitsunfähigkeit bescheinigt.
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Die Beklagte zog des Weiteren das Vorerkrankungsverzeichnis der IKK classic bei.
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Nachdem die Staatliche Gewerbeärztin des Regierungspräsidiums S., C. Ein., bereits im November 2010 eine Stellungnahme abgegeben hatte, schlug sie in ihrer weiteren von April 2011 erneut nicht vor, im Falle des Klägers eine Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV anzuerkennen. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der beruflichen Tätigkeit und der Erkrankung im Bereich der Knie könne nicht wahrscheinlich gemacht werden, da keine als Berufskrankheit zu wertenden Veränderungen vorlägen. Bereits im Jahre 2001 sei bei dem jetzt 55-jährigen Kläger eine beginnende beidseitige mediale und retropatellare Gonarthrose bei O-Bein-Fehlstellung nachgewiesen worden. Diese sei seinerzeit wahrscheinlich nicht durch berufliche Belastungen verursacht worden. Die Krankheit sei in der Folgezeit schicksalhaft weiter fortgeschritten und habe sekundär auch beide Innenmenisken im Hinterhornbereich in Mitleidenschaft gezogen.
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Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 17. Mai 2011 die Anerkennung der Erkrankung des Klägers im Bereich der Knie als Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV ab. Anspruch auf Leistungen bestünden nicht. Dies gelte auch für Leistungen oder Maßnahmen, welche geeignet seien, dem Entstehen einer Berufskrankheit entgegenzuwirken. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen seien die Einwirkungen, welchen der Kläger während seiner Berufstätigkeit ausgesetzt gewesen sei, nicht geeignet, eine Verschleißerkrankung der Knie in Form einer Gonarthrose zu verursachen. Zum Zeitpunkt der erstmaligen Diagnose sei der Kläger etwa neun Jahre mit einer nach seinen Angaben arbeitstäglichen Kniebelastung von etwa drei bis dreieinhalb Stunden ausgesetzt gewesen. Die hieraus ermittelte Gesamtbelastung habe zwischen 5.940 und 6.930 Stunden betragen. Sie liege damit deutlich unter der zur Anerkennung einer Gonarthrose geforderten Belastung von 13.000 Stunden. Demnach müsse die Ursache der bereits 1999 nachgewiesenen Gonarthrose im außerberuflichen Bereich zu suchen sein. In der Folgezeit sei die Gonarthrose weiter fortgeschritten und habe sekundär auch beide Innenmenisken im Hinterhornbereich in Mitleidenschaft gezogen. Hierbei handele es sich um einen für solche Erkrankungen typischen schicksalhaften Verlauf. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 8. Dezember 2011 zurückgewiesen.
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Im deswegen geführten Klageverfahren beim Sozialgericht Freiburg (SG, Az. S 8 U 6639/11) schlossen die Beteiligten in der nichtöffentlichen Sitzung am 23. Januar 2013 einen verfahrensbeendenden Vergleich des Inhalts, dass die Beklagte einen „neuen Widerspruchsbescheid“ ausschließlich über die begehrte Anerkennung der Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV und damit zum Bescheid vom 17. Mai 2011 erlässt. Daneben verpflichtete sich die Beklagte, durch Bescheid gesondert über „Leistungen nach § 3 BKV“ zu entscheiden.
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Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 17. Mai 2011 mit Widerspruchsbescheid vom 2. Mai 2013 - erneut - zurück.
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Hiergegen hat der Kläger am 7. Mai 2013 Klage beim SG erhoben.
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Das Gericht hat Prof. Dr. Dr. K., Arzt für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Nach der ambulanten klinischen Untersuchung des Klägers am 13. August 2013 hat dieser ausgeführt, er leide beidseits an einer ausgeprägten, medial betonten Gonarthrose mit mittelgradiger schmerzhafter Bewegungseinschränkung. Darüber hinaus bestehe eine beidseitige Retropatellararthrose. Außerdem liege eine beidseitige Degeneration des Innenmeniskus mit Hauptlokalisation im Bereich des Hinterhorns vor. Diese degenerativen Veränderungen stünden in ursächlichem Zusammenhang mit einer diffusen idiopathischen Skeletthyperostose. Beim Kläger liege nach dem Kellgren-Lawrence-Score eine Gonarthrose beidseits mit Grad 3 bei dritt- bis viertgradiger medialer Chondromalazie vor. Die Retropatellararthrose beidseits sei mit einer drittgradigen Chondromalazie vergesellschaftet. Die Verschleißumformungen seien hauptsächlich im medialen Femorotibialgelenk und im Femoropatellargelenk lokalisiert. Radiologisches Bildmaterial hinsichtlich beider Kniegelenke liege erst ab März 2010 vor. Zu diesem Zeitpunkt hätten eindeutig größere osteophytäre Randanbauten am medialen Gelenkspalt beidseits vorgelegen. Der Gelenkspalt sei fortgeschritten verschmälert gewesen. Es habe eine subchondrale Sklerosierung speziell im Bereich des medialen Tibiaplateaus beidseits bestanden. Eine deutliche Deformierung sei zu konstatieren gewesen. Hieraus ergebe sich nach dem Kellgren-Lawrence-Score der Grad 3. Der Beginn der beidseitigen Gonarthrose liege vor dem Jahre 1999. Zu diesem Zeitpunkt sei die kumulative Belastungsdauer von 13.000 Stunden bei Weitem noch nicht erreicht gewesen. Diese Erkrankung sei hauptsächlich durch eine diffuse idiopathische Skeletthyperostose verursacht worden, welche in seiner Person begründet sei. Diese Feststellung sei durch die Beobachtung untermauert worden, dass die degenerativen Veränderungen an beiden Hüftgelenken in etwa genauso stark ausgeprägt seien wie diejenigen an beiden Kniegelenken. Aus medizinischer Sicht seien daher die Voraussetzungen für eine Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV nicht gegeben. Der Kläger habe bei der Untersuchung angegeben, im Jahre 1998 beim Besteigen einer schräg gestellten Diele auf einer Baustelle durchgebrochen zu sein. Dabei habe er sich das rechte Kniegelenk verrenkt, welches ein bis zwei Wochen geschwollen gewesen sei. Bei der klinischen Untersuchung habe er in beiden Hüftgelenken, rechts mehr als links, erhebliche Anlauf- und Bewegungsschmerzen geäußert. Neben den Erkrankungen im Bereich der Knie lägen eine ausgeprägte Coxarthrose beidseits, links mehr als rechts, mit mittelgradiger schmerzhafter Bewegungseinschränkung und eine diffuse idiopathische Skeletthyperostose, welche synonym auch als Morbus Forestier bezeichnet werde, mit folgenden Manifestationen vor: Verkalkungen des vorderen Längsbandes an der Lendenwirbelsäule, typischerweise mit rechtsseitiger Betonung, beide Kniegelenke mit degenerativen Veränderungen und Ossifikationsarealen links anterolateral und dorsal sowie rechts dorsal, beide Hüftgelenke mit degenerativen Veränderungen, Verlötungen in beiden Iliosakralfugen sowie Konturunschärfen an beiden Beckenschaufeln und Sitzbeinhöckern. Das Vorerkrankungsverzeichnis der IKK classic umfasse den Zeitraum von März 1996 bis April 2010, in Bezug auf die Kniegelenke seien erstmals im Mai 2009 Gelenkschmerzen erwähnt. Im April 2010 seien erstmals ein Innenmeniskusschaden und eine Gonarthrose genannt worden. „Dr. D.“ habe Ende Februar 1999 darüber berichtet, dass beim Kläger schon seit längerem Schmerzen in beiden Kniegelenken bestünden. Die beginnende medialseitige Gonarthrose beidseits und die retropatellare Arthrose beidseits seien durch die radiologische Untersuchung der Dres. Ba./Ban. am 17. Dezember 2001 bestätigt worden. Bei der gutachterlichen Untersuchung habe der Kläger ein Arztschreiben über eine ambulante Behandlung Anfang Juli 2013 in der Orthopädischen Klinik des Universitätsklinikums H. überreicht, wonach eine medialbetonte Varusgonarthrose beidseits, rechts ausgeprägter als links, sowie als Nebendiagnosen eine beidseitige Coxarthrose und eine ausgeprägte Spondylarthrose lumbal diagnostiziert worden seien. Der Kläger habe über Anlaufschmerzen nicht nur in beiden Knie-, sondern auch in beiden Hüftgelenken berichtet. Wegen der aktenkundigen Informationen sei der Beginn der beidseitigen Gonarthrose auf die Zeit vor Februar 1999 zu legen. Es handele sich um eine beidseitige Varusgonarthrose, also O-Bein-Stellung, mit erheblichen degenerativen Veränderungen, insbesondere in den medialen Anteilen des Femorotibialgelenkes beidseits, retropatellar beidseits und den Innenmeniskus beidseits betreffend. Die kumulative Mindesteinwirkungsdauer von 13.000 Stunden sei im Zeitpunkt der Erstdiagnose der Gonarthrose bei Weitem nicht erreicht gewesen. Indes bestünden erhebliche Zweifel hinsichtlich der epidemiologischen Evidenz einer solchen Schwelle. Nach den biomechanischen Gegebenheiten sei im Falle des Klägers jedenfalls nicht von einem belastungskonformen Schadensbild auszugehen. Ein solches sei zwar epidemiologisch nicht belegt. Die Hypothese eines belastungskonformen Schadensbildes sei gleichwohl nicht deswegen falsch, weil sie epidemiologisch nicht belegbar sei.
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Nach vorheriger Anhörung der Beteiligten und gestützt auf das Gutachten von Prof. Dr. Dr. K. hat das SG die Klage, mit welcher begehrt worden ist, unter Aufhebung der angefochtenen Verwaltungsentscheidung die Beklagte zu verurteilen, „Verletztenrente nach Ziffer 2112 der BKVO zu gewähren nach einer MdE von wenigstens 20 %, hilfsweise nach einer Stütz-MdE von 10 %“, mit Gerichtsbescheid vom 8. Juli 2015 abgewiesen. Sie sei nicht zulässig, soweit ausdrücklich die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer Rente beantragt worden sei. Zulässig, aber unbegründet sei sie, soweit die gerichtliche Feststellung begehrt worden sei, dass die Gonarthrose des Klägers eine Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV sei.
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Hiergegen hat der Kläger am 20. Juli 2015 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Mit Schreiben von August 2015 hat der Berichterstatter den vormaligen Bevollmächtigten des Klägers darauf hingewiesen, dass Bedenken bestehen, ob er in seiner Eigenschaft als Rentenberater im vorliegenden Verfahren, welches das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung betreffe, befugt sei, diesen zu vertreten. Das Gesuch, den Berichterstatter deshalb wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, ist im Verfahren L 6 SF 3439/15 AB mit Beschluss vom 8. September 2015 zurückgewiesen worden. Daraufhin ist die Vorsitzende Richterin des erkennenden Senats, die Richterin am Landessozialgericht M. und der Richter am Landessozialgericht B., welche diese Entscheidung getroffen haben, wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt worden. Dieses Gesuch ist im Verfahren L 6 SF 4041/15 AB als offensichtlich unzulässig angesehen und der vormalige Bevollmächtigte des Klägers mit Beschluss vom 17. Februar 2016 mangels Vertretungsbefugnis zurückgewiesen worden. Der aktuelle Bevollmächtigte hat die Vertretung des Klägers im Oktober 2015 angezeigt und eine Prozessvollmacht übersandt.
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Der Kläger trägt im Wesentlichen vor, für die von der Beklagten angenommene kumulative Belastungsdauer von 13.000 Stunden gebe es keinen epidemiologischen Beleg, was Prof. Dr. Dr. K. bestätigt habe. Hierbei handele es sich lediglich um einen Näherungswert, der keine absolute Wirkung entfalte. Es gebe schließlich vor dem Hintergrund der sehr individuellen Physiognomie eines Menschen keinen absoluten Grenzwert. Besonders intensive Kniebelastungen, wie sie bei ihm vorgelegen hätten, könnten zu einem früheren Zeitpunkt zu einem Schaden führen. Er habe nicht nur eine kniebelastende Körperhaltung eingenommen, sondern hierbei auch mit schweren Gewichten hantiert. Nur weil seine Schmerzen zugenommen hätten, bedeute dies nicht, dass sich auch die Arthrose verschlimmert habe. Für die von der Beklagten angeführte außerberufliche Ursache sei sie beweisbelastet.
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Er beantragt (sinngemäß),
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den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 8. Juli 2015 und den Bescheid vom 17. Mai 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Mai 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, bei ihm eine Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung festzustellen, und diese zu verurteilen, ihm deswegen eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 vom Hundert, hilfsweise eine Stützrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 vom Hundert, zu gewähren,
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hilfsweise, ein Sachverständigengutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz einzuholen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
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Sie trägt im Wesentlichen vor, das Begehren des Klägers könne wegen der nicht gegebenen medizinischen Voraussetzungen der festzustellenden Berufskrankheit nicht zum Erfolg führen.
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Mit Schreiben vom 17. Februar 2016 ist der Kläger unter Fristsetzung bis 31. März 2016 auf sein Antragsrecht nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen worden. Mit Schreiben vom 5. April 2016 ist die Frist antragsgemäß bis 29. April 2016 verlängert worden. Es ist jedoch weder eine Ärztin oder ein Arzt benannt noch der Kostenvorschuss eingezahlt worden.
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Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
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Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, einschließlich der Akten L 6 SF 3439/15 AB und L 6 SF 4041/15 AB, sowie die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
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Die Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 124 Abs. 2 SGG), ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden sowie im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§ 143, § 144 Abs. 1 SGG), aber unbegründet.
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Die Berufung ist bereits mangels Zulässigkeit der Klage unbegründet, soweit mit dieser unter Aufhebung des angefochtenen Gerichtsbescheides des SG und des Bescheides vom 17. Mai 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Mai 2013 die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer Rente begehrt worden ist. Mit der angefochtenen Verwaltungsentscheidung hat die Beklagte es zum einen nur abgelehnt festzustellen, dass beim Kläger eine Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV vorliegt. Zum anderen hat sie im Kontext mit der Formulierung, dass Ansprüche auf Leistungen nicht bestehen, was auch für Leistungen oder Maßnahmen gelte, die geeignet seien, dem Entstehen einer Berufskrankheit entgegenzuwirken, sinngemäß ein Recht auf Leistungen nach § 3 Abs. 1 BKV versagt. Damit liegen die Sachentscheidungsvoraussetzungen für das Klagebegehren, welches auf die Gewährung einer Rente abzielt, nicht vor.Der Kläger ist insoweit, bezogen auf die gegen den Bescheid vom 17. Mai 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Mai 2013 gerichtete Anfechtungsklage, nicht klagebefugt im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG. Es reicht zwar aus, dass eine Verletzung in eigenen Rechten möglich ist und Rechtsschutzsuchende die Beseitigung einer in ihre Rechtssphäre eingreifenden Verwaltungsmaßnahme anstreben, von der sie behaupten, sie sei nicht rechtmäßig (vgl. BSG, Urteil vom 5. Juli 2007 - B 9/9a SGB 2/06 R -, SozR 4-3250 § 69 Nr. 5, Rz. 18). An der Klagebefugnis fehlt es demgegenüber, wenn eine Verletzung subjektiver Rechte nicht in Betracht kommt (vgl. BSG, Urteil vom 14. November 2002 - B 13 RJ 19/01 R -, BSGE 90, 127 <130>), weil hinsichtlich des Klagebegehrens keine gerichtlich überprüfbare Verwaltungsentscheidung vorliegt (BSG, Urteil vom 21. September 2010 - B 2 U 25/09 R -, juris, Rz. 12). Über ein Recht auf Rente wurde mit Bescheid vom 17. Mai 2011 nicht entschieden; demgegenüber wurde, neben der sinngemäßen Versagung der konkreten Leistungen nach § 3 Abs. 1 BKV, nur unbestimmt ausgeführt, dass Ansprüche auf Leistungen nicht bestehen. Die Unzulässigkeit der Anfechtungsklage zieht die Unzulässigkeit der mit ihr kombinierten Leistungsklage nach sich.
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Soweit der Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG; zur Klageart vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2013 - B 2 U 6/12 R -, SozR 4-2700 § 9 Nr. 22, Rz. 13 m. w. N.) die Beseitigung des ablehnenden Bescheides vom 17. Mai 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Mai 2013 sowie die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV bei ihm begehrt, ist die Berufung ebenfalls unbegründet, hingegen nicht wegen Unzulässigkeit, sondern wegen Unbegründetheit der Klage. Denn mangels Vorliegen der Voraussetzungen für die Feststellung dieser Berufskrankheit, ist der insoweit angefochtene Verwaltungsakt rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).
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Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach den am 1. Januar 1997 in Kraft getretenen Bestimmungen des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII), da eine Gonarthrose, wie sie Voraussetzung für die Feststellung der Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV ist, nicht vor diesem Datum nachgewiesen ist und der Leistungsfall somit erst nach 1996 eingetreten sein kann (§ 212 SGB VII; Art. 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz, BGBl I 1996, S. 1254). Der Kläger hat ärztlich dokumentierte Kniebeschwerden erstmals für die Zeit ab Anfang 1998 angegeben. Denn dessen Hausarzt Dr. Ei. teilte der Beklagten im Dezember 2010 mit, dass er ihn wegen Kniebeschwerden erstmals Ende Januar 1999 aufsuchte und über seit einem Jahr bestehende Schmerzen im linken Bein berichtete. Diagnostiziert worden ist eine beginnende medialseitige Gonarthrose durch Dr. B. nach einer klinischen Untersuchung des Klägers Mitte Februar 1999. Nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand (vgl. hierzu BSG, Urteile vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -, BSGE 96, 196 <200 f.> und 23. April 2015 - B 2 U 10/14 R -, SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 6, Rz. 20), der wegen des für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei der vorliegenden Verpflichtungsklage maßgeblichen Zeitpunktes der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz zu berücksichtigen ist (vgl. Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 54 Rz. 34), liegt eine durch die versicherte Tätigkeit im Knien oder vergleichbare Kniebelastung herbeigeführte Gonarthrose sogar erst vor, wenn chronische Kniegelenksbeschwerden, Funktionsstörungen bei der standardisierten klinisch-orthopädischen Untersuchung und die röntgenologische Diagnose einer Gonarthrose entsprechend einem Grad 2 bis 4 der spezifizierten Klassifikation von Kellgren et al. objektiviert worden sind; als Funktionsstörung muss eine Bewegungseinschränkung in Form einer eingeschränkten Streckung und/oder Beugung im Kniegelenk, ein Kniegelenkserguss, eine Kapselentzündung mit Verdickung oder Verplumpung der Gelenkkontur, eine Krepitation bei der Gelenkbewegung, ein hinkendes Gangbild oder eine Atrophie der Oberschenkelmuskulatur festgestellt sein. Diesen Maßstab legt der Senat aufgrund der Begutachtungsempfehlung für die Berufskrankheit Nr. 2112 (Gonarthrose) der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e. V., Stand: 3. Juni 2014 (im Internet unter „www.dguv.de/medien/inhalt/versicherung/bk/empfehlungen/Begutachtung-BK2112-Stand 20140613.pdf“), zugrunde, welche von einem interdisziplinären Arbeitskreis erstellt worden sind. Die Kriterien „chronische Kniegelenksbeschwerden, Funktionsstörungen bei der orthopädischen Untersuchung in Form einer eingeschränkten Streckung oder Beugung im Kniegelenk und die röntgenologische Diagnose einer Gonarthrose entsprechend einem Grad 2 bis 4 der spezifizierten Klassifikation von Kellgren et al.“ ist bereits nach dem Merkblatt zur Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV (Bekanntmachung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 30. Dezember 2009 - IVa 4-45222-2112 -, GMBl 5/6/2010, S. 98 ff.) gefordert worden. Vor diesem Hintergrund ist eine für die streitgegenständliche Berufskrankheit maßgebliche Gonarthrose sogar erst durch die bei den Untersuchungen im O. Klinikum Of.-G. im Jahre 2010 erhobenen Befunde objektiviert worden. Der Sachverständige Prof. Dr. Dr. K. hat schlüssig dargelegt, dass sich danach eindeutig größere osteophytäre Randanbauten am medialen Gelenkspalt beidseits haben feststellen lassen. Der Gelenkspalt ist fortgeschritten verschmälert gewesen. Es hat eine subchondrale Sklerosierung speziell im Bereich des medialen Tibiaplateaus beidseits bestanden. Eine deutliche Deformierung ist zu konstatieren gewesen. Hieraus ergibt sich nach dem Kellgren-Lawrence-Score nachvollziehbar der Grad 3. Die beidseitige Gonarthrose, welche mit chronischen Kniebeschwerden verbunden ist, hat zu einer beidseitigen Bewegungseinschränkung bei der Streckung und Beugung geführt, mit bei der gutachterlichen Untersuchung durch Prof. Dr. Dr. K. festgestellten Werten nach der Neutral-0-Methode von beidseits 10-10-100° (vgl. hierzu Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 647). Der Versicherungsfall im Sinne des § 212 SGB VII ist damit jedenfalls weit nach dem 31. Dezember 1996 eingetreten. Offen bleiben kann, ob § 9 Abs. 5 SGB VII entsprechende Anwendung findet. Soweit danach Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für die Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen (vgl. Köhler, in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB VII, Stand: Mai 2011, § 212 Rz. 5; Söhngen, in jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 212 Rz. 11). Auch diese Voraussetzungen lägen frühestens zum Zeitpunkt des Nachweises der Gonarthrose vor.
33 
Nach § 9 Abs. 1 SGB VII sind Berufskrankheiten Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats als Berufskrankheiten bezeichnet (Listen-Berufskrankheiten) und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den § 2, § 3 oder § 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden (Satz 1). Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann Berufskrankheiten auf bestimmte Gefährdungsbereiche beschränken oder mit dem Zwang zur Unterlassung einer gefährdenden Tätigkeit versehen (Satz 2). Für die Feststellung einer Listen-Berufskrankheit ist im Regelfall erforderlich, dass die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und die Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dass die berufsbedingte Erkrankung gegebenenfalls den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-Berufskrankheit. Dabei müssen die „versicherte Tätigkeit“, die „Verrichtung“, die „Einwirkungen“ und die „Krankheit“ im Sinne des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 15. September 2011 - B 2 U 25/10 R -, SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 4111 Nr. 3, Rz. 14 m. w. N.).
34 
Die Gonarthrose ist durch die Zweite Verordnung zur Änderung der BKV vom 11. Juni 2009 (BGBl I S. 1273) mit Wirkung zum 1. Juli 2009 als Nr. 2112 in die Liste der Berufskrankheiten (§ 1 BKV i. V. m. Anlage 1) aufgenommen worden. Sie ist bezeichnet als „Gonarthrose durch eine Tätigkeit im Knien oder vergleichbare Kniebelastung mit einer kumulativen Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde pro Schicht“. Die in dieser Listen-Berufskrankheit bestimmten, also dort benannten arbeitstechnischen Voraussetzungen liegen vor. Denn der Kläger war während seiner versicherten beruflichen Tätigkeit von März 1990 bis Ende April 2010 als Beschäftigter nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII durch eine Tätigkeit im Knien oder eine vergleichbare Kniebelastung einer kumulativen Einwirkungsdauer von 13.200 Stunden ausgesetzt, wobei die Mindesteinwirkungsdauer von einer Stunde je Arbeitsschicht erfüllt war. Hierfür stützt sich der Senat auf die vom Mitarbeiter des Präventionsdienstes H. erstellte Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition von November 2010, welcher eine persönliche Unterredung mit dem Arbeitgeber am Betriebsort und ein Telefonat mit ihm im Vormonat sowie ein Gespräch mit dem Kläger am 24. November 2010 zugrunde liegt. Danach umfasste dessen Arbeitstätigkeit, insbesondere nach den korrigierten Angaben des Arbeitsgebers, zu etwa 75 % die Installation von Heizungs- und Sanitäranlagen, wobei bei den Sanitäranlagen überwiegend Vorwandinstallationen montiert werden mussten. Daneben wurden Duschtassen, Badewannen, Waschbecken sowie die zugehörigen Zu- und Abwasserleitungen und Wasserhähne oder Brausen montiert. Im Heizungsbereich wurden Zuleitungen und Anschlüsse verlegt und montiert. Etwa 25 % des Arbeitsumfanges nahmen Blecharbeiten für Hausdächer, Beplankungen von Flachdächern oder Fassaden ein. Neben dem Zuschnitt der Bleche wurden auch umfangreiche Falzarbeiten vorgenommen. Zudem wurden sieben oder acht Solaranlagen je Jahr installiert. Bei einem Arbeitstag von achteinhalb Stunden nahm der Kläger gesichert drei Stunden eine kniende oder hockende Körperhaltung ein. In den letzten fünf Jahren vor der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses im Frühjahr 2010 benutzte er einen Knieschutz aus Gummi oder Schaumstoff oder ähnlichem Material, um eine gewisse Dämpfung beziehungsweise Entlastung der Kniegelenke zu erreichen. Bei einer knienden Arbeitstätigkeit von arbeitstäglich drei Stunden ergibt sich somit über den Beschäftigungszeitraum von zwanzig Jahren, bei 220 Arbeitstagen je Jahr, eine Gesamtbelastung von 13.200 Stunden. Folglich ist die kumulative Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden erreicht und die arbeitstechnischen Voraussetzungen für eine Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV erfüllt.
35 
Die gesundheitlichen Verhältnisse des Klägers rechtfertigen indes die beantragte Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung der Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV nicht. Es steht zur Überzeugung des Senats nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit fest, dass es durch die versicherten Tätigkeiten im Knien oder eine vergleichbare Kniebelastung zu Einwirkungen auf die Kniegelenke gekommen ist, welche die beidseitige Gonarthrose herbeigeführt haben. Für den Senat spricht sogar deutlich mehr dafür, dass diese Erkrankung auf die beim Kläger vorhandene und nicht versicherte diffuse idiopathische Skeletthyperostose (ICD-10-GM-2016 M48.1-) zurückzuführen ist. Hierfür stützt sich der Senat auf die überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. K.. Dieses Krankheitsbild liegt beim Kläger mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vor. Denn deren Vollbild hat sich klinisch-physikalisch und radiologisch sichern lassen. Typischerweise ist beim Kläger im Röntgenbild ein rechtsbetonter zuckerartiger Überguss von Knochenmaterial im Bereich der Wirbelsäule zu sehen. Durch die Überbrückung der Bandscheibenräume ist die Beweglichkeit der Wirbelsäule in diesen Segmenten aufgehoben. Die Erkrankung zeigt sich zudem an der diffusen Konturbegrenzung beider Beckenschaufeln und Sitzbeinhöcker in der Beckenübersichtsaufnahme. Die deutlich altersvorauseilende beidseitige Gonarthrose ist durch die diffuse idiopathische Skeletthyperostose befördert worden. Auch in diesem Bereich des Körpers haben die radiologischen Befunde das Vollbild einer solchen Erkrankung gezeigt. Auch wenn häufig ein Diabetes mellitus oder Fettstoffwechselstörungen als begleitende Gesundheitsbeeinträchtigungen beobachtet werden, an denen der Kläger indes nicht gesichert leidet, tritt der Morbus Forestier nach den weiteren nachvollziehbaren Ausführungen von Prof. Dr. Dr. K. auch ohne solche begleitenden Gesundheitsstörungen auf. Für eine vorzeitige, anlagebedingte Degeneration der Kniegelenke des Klägers spricht zudem die bei ihm vorhandene beidseitige Coxarthrose, welche nach ihrem Schweregrad in etwa derjenigen der beidseitigen Gonarthrose entspricht. Es überzeugt den Senat darüber hinaus, dass gegen eine Ursächlichkeit der beruflich bedingten Einwirkungen spricht, dass es nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses Ende April 2010 zu einer deutlichen weiteren Verschlimmerung der Kniegelenksbeschwerden mit Anlaufbelastungs- und Ruheschmerzen gekommen ist, wie sich der anamnestischen Erhebung bei der gutachterlichen Untersuchung durch den Sachverständigen am 13. August 2013 entnehmen lässt. Andernfalls und entgegen der Ansicht des Klägers wäre eine Stagnation der Beschwerdesymptomatik zu erwarten gewesen. Soweit der Kläger ohne weitere Differenzierung vorgetragen hat, dass er bei seiner Tätigkeit für den Arbeitgeber mit schweren Gewichten hantiert hat, welche zur Überzeugung des Senats üblicherweise stehend gehalten oder gehend getragen werden, ist von ihm bereits nicht sinngemäß behauptet worden, dass hierdurch auch eine erhöhte Druckkraft während seiner beruflichen Tätigkeit im Knien oder einer vergleichbaren Kniebelastung auf den Gelenkknorpel im Retropatellar- und Tibiofemoralgelenk entstand. Denn biomechanische Studien haben gezeigt, dass es nur bei der Kniegelenksbeugung um 90° oder 120° wie beim Knien oder Hocken zu einem hohen Druck im Kniehauptgelenk kommt (Merkblatt zur Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV, a. a. O.)
36 
Anders als von Prof. Dr. Dr. K. angenommen, spricht indes die Zeitspanne zwischen dem Erreichen der kumulativen Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde je Schicht einerseits sowie dem erstmaligen Nachweis einer Gonarthrose vorliegend nicht gegen einen Zusammenhang zwischen einer Einwirkung aufgrund der beruflichen kniebelastenden Tätigkeit und einer solchen Erkrankung. Anders als von ihm angenommen, ist Bezugspunkt der Zeitspanne nicht eine Gonarthrose überhaupt, sondern nach einem Grad von mindestens 2 nach dem Kellgren-Lawrence-Score (Urteil des Senats vom 17. März 2016 - L 6 U 1518/14 -, juris, Rz. 60). Eine solche Erkrankung ist erst im Jahre 2010 nachgewiesen worden, als der Kläger gerade erst die kumulative Einwirkungsdauer von 13.000 Stunden knapp überschritten hatte. Genauso wenig lässt sich, anders als von Prof. Dr. Dr. K. vorgenommen, ein fehlendes belastungskonformes Schadensbild als Aspekt gegen einen Zusammenhang mit den beruflich bedingten Einwirkungen auf die Knie anführen (vgl. Urteil des Senats vom 17. März 2016 - L 6 U 1518/14 -, a. a. O., Rz. 62). Die ursprüngliche Arbeitshypothese des interdisziplinären Arbeitskreises, welcher die Begutachtungsempfehlung für die Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV erarbeitet hat, nach der etwa mit einem Beginn des Knorpelaufbrauches in erster Linie patel-lofemoral und in den dorsalen Kniegelenksanteilen sowie mit einem selektiven Aufbrauch der Meniskushinterhörner als möglichem Initialstadium zu rechnen sei, hat sich durch die bislang vorliegenden Forschungsergebnisse nicht belegen lassen (vgl. die Empfehlung auf S. 9). Ein anderes Schadensbild ist bereits, auch unter Berücksichtigung etwaiger biomechanischer Gegebenheiten, nicht näher diskutiert worden.
37 
Mangels hinreichender Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhanges der beruflich bedingten Einwirkungen auf die Knie des Klägers und der beidseitigen Gonarthrose, kommt es von vornherein nicht darauf an, ob, und gegebenenfalls in welchem Ausmaß, bei ihm eine nicht versicherte Varusfehlstellung vorliegt und ob diese ursächlich für die Gesundheitsstörung im Bereich der Knie des Klägers gewesen ist (vgl. Urteile des Senats vom 17. März 2016 - L 6 U 1518/14 -, a. a. O., Rz. 62 und 26. November 2015 - L 6 U 2782/15 -, juris, Rz. 50 zur Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV).
38 
Dem hilfsweisen Antrag auf Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG war nicht stattzugeben. Trotz Fristsetzung, die zudem noch antragsgemäß bis 29. April 2016 verlängert worden ist, ist weder eine Ärztin oder ein Arzt benannt noch der festgesetzte Kostenvorschuss (§ 109 Abs. 1 Satz 2 SGG) eingezahlt worden (vgl. Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 109 Rz. 10a und 11a).
39 
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
40 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
41 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

Gründe

 
29 
Die Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 124 Abs. 2 SGG), ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden sowie im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§ 143, § 144 Abs. 1 SGG), aber unbegründet.
30 
Die Berufung ist bereits mangels Zulässigkeit der Klage unbegründet, soweit mit dieser unter Aufhebung des angefochtenen Gerichtsbescheides des SG und des Bescheides vom 17. Mai 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Mai 2013 die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer Rente begehrt worden ist. Mit der angefochtenen Verwaltungsentscheidung hat die Beklagte es zum einen nur abgelehnt festzustellen, dass beim Kläger eine Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV vorliegt. Zum anderen hat sie im Kontext mit der Formulierung, dass Ansprüche auf Leistungen nicht bestehen, was auch für Leistungen oder Maßnahmen gelte, die geeignet seien, dem Entstehen einer Berufskrankheit entgegenzuwirken, sinngemäß ein Recht auf Leistungen nach § 3 Abs. 1 BKV versagt. Damit liegen die Sachentscheidungsvoraussetzungen für das Klagebegehren, welches auf die Gewährung einer Rente abzielt, nicht vor.Der Kläger ist insoweit, bezogen auf die gegen den Bescheid vom 17. Mai 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Mai 2013 gerichtete Anfechtungsklage, nicht klagebefugt im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG. Es reicht zwar aus, dass eine Verletzung in eigenen Rechten möglich ist und Rechtsschutzsuchende die Beseitigung einer in ihre Rechtssphäre eingreifenden Verwaltungsmaßnahme anstreben, von der sie behaupten, sie sei nicht rechtmäßig (vgl. BSG, Urteil vom 5. Juli 2007 - B 9/9a SGB 2/06 R -, SozR 4-3250 § 69 Nr. 5, Rz. 18). An der Klagebefugnis fehlt es demgegenüber, wenn eine Verletzung subjektiver Rechte nicht in Betracht kommt (vgl. BSG, Urteil vom 14. November 2002 - B 13 RJ 19/01 R -, BSGE 90, 127 <130>), weil hinsichtlich des Klagebegehrens keine gerichtlich überprüfbare Verwaltungsentscheidung vorliegt (BSG, Urteil vom 21. September 2010 - B 2 U 25/09 R -, juris, Rz. 12). Über ein Recht auf Rente wurde mit Bescheid vom 17. Mai 2011 nicht entschieden; demgegenüber wurde, neben der sinngemäßen Versagung der konkreten Leistungen nach § 3 Abs. 1 BKV, nur unbestimmt ausgeführt, dass Ansprüche auf Leistungen nicht bestehen. Die Unzulässigkeit der Anfechtungsklage zieht die Unzulässigkeit der mit ihr kombinierten Leistungsklage nach sich.
31 
Soweit der Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG; zur Klageart vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2013 - B 2 U 6/12 R -, SozR 4-2700 § 9 Nr. 22, Rz. 13 m. w. N.) die Beseitigung des ablehnenden Bescheides vom 17. Mai 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Mai 2013 sowie die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV bei ihm begehrt, ist die Berufung ebenfalls unbegründet, hingegen nicht wegen Unzulässigkeit, sondern wegen Unbegründetheit der Klage. Denn mangels Vorliegen der Voraussetzungen für die Feststellung dieser Berufskrankheit, ist der insoweit angefochtene Verwaltungsakt rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).
32 
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach den am 1. Januar 1997 in Kraft getretenen Bestimmungen des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII), da eine Gonarthrose, wie sie Voraussetzung für die Feststellung der Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV ist, nicht vor diesem Datum nachgewiesen ist und der Leistungsfall somit erst nach 1996 eingetreten sein kann (§ 212 SGB VII; Art. 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz, BGBl I 1996, S. 1254). Der Kläger hat ärztlich dokumentierte Kniebeschwerden erstmals für die Zeit ab Anfang 1998 angegeben. Denn dessen Hausarzt Dr. Ei. teilte der Beklagten im Dezember 2010 mit, dass er ihn wegen Kniebeschwerden erstmals Ende Januar 1999 aufsuchte und über seit einem Jahr bestehende Schmerzen im linken Bein berichtete. Diagnostiziert worden ist eine beginnende medialseitige Gonarthrose durch Dr. B. nach einer klinischen Untersuchung des Klägers Mitte Februar 1999. Nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand (vgl. hierzu BSG, Urteile vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -, BSGE 96, 196 <200 f.> und 23. April 2015 - B 2 U 10/14 R -, SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 6, Rz. 20), der wegen des für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei der vorliegenden Verpflichtungsklage maßgeblichen Zeitpunktes der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz zu berücksichtigen ist (vgl. Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 54 Rz. 34), liegt eine durch die versicherte Tätigkeit im Knien oder vergleichbare Kniebelastung herbeigeführte Gonarthrose sogar erst vor, wenn chronische Kniegelenksbeschwerden, Funktionsstörungen bei der standardisierten klinisch-orthopädischen Untersuchung und die röntgenologische Diagnose einer Gonarthrose entsprechend einem Grad 2 bis 4 der spezifizierten Klassifikation von Kellgren et al. objektiviert worden sind; als Funktionsstörung muss eine Bewegungseinschränkung in Form einer eingeschränkten Streckung und/oder Beugung im Kniegelenk, ein Kniegelenkserguss, eine Kapselentzündung mit Verdickung oder Verplumpung der Gelenkkontur, eine Krepitation bei der Gelenkbewegung, ein hinkendes Gangbild oder eine Atrophie der Oberschenkelmuskulatur festgestellt sein. Diesen Maßstab legt der Senat aufgrund der Begutachtungsempfehlung für die Berufskrankheit Nr. 2112 (Gonarthrose) der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e. V., Stand: 3. Juni 2014 (im Internet unter „www.dguv.de/medien/inhalt/versicherung/bk/empfehlungen/Begutachtung-BK2112-Stand 20140613.pdf“), zugrunde, welche von einem interdisziplinären Arbeitskreis erstellt worden sind. Die Kriterien „chronische Kniegelenksbeschwerden, Funktionsstörungen bei der orthopädischen Untersuchung in Form einer eingeschränkten Streckung oder Beugung im Kniegelenk und die röntgenologische Diagnose einer Gonarthrose entsprechend einem Grad 2 bis 4 der spezifizierten Klassifikation von Kellgren et al.“ ist bereits nach dem Merkblatt zur Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV (Bekanntmachung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 30. Dezember 2009 - IVa 4-45222-2112 -, GMBl 5/6/2010, S. 98 ff.) gefordert worden. Vor diesem Hintergrund ist eine für die streitgegenständliche Berufskrankheit maßgebliche Gonarthrose sogar erst durch die bei den Untersuchungen im O. Klinikum Of.-G. im Jahre 2010 erhobenen Befunde objektiviert worden. Der Sachverständige Prof. Dr. Dr. K. hat schlüssig dargelegt, dass sich danach eindeutig größere osteophytäre Randanbauten am medialen Gelenkspalt beidseits haben feststellen lassen. Der Gelenkspalt ist fortgeschritten verschmälert gewesen. Es hat eine subchondrale Sklerosierung speziell im Bereich des medialen Tibiaplateaus beidseits bestanden. Eine deutliche Deformierung ist zu konstatieren gewesen. Hieraus ergibt sich nach dem Kellgren-Lawrence-Score nachvollziehbar der Grad 3. Die beidseitige Gonarthrose, welche mit chronischen Kniebeschwerden verbunden ist, hat zu einer beidseitigen Bewegungseinschränkung bei der Streckung und Beugung geführt, mit bei der gutachterlichen Untersuchung durch Prof. Dr. Dr. K. festgestellten Werten nach der Neutral-0-Methode von beidseits 10-10-100° (vgl. hierzu Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 647). Der Versicherungsfall im Sinne des § 212 SGB VII ist damit jedenfalls weit nach dem 31. Dezember 1996 eingetreten. Offen bleiben kann, ob § 9 Abs. 5 SGB VII entsprechende Anwendung findet. Soweit danach Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für die Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen (vgl. Köhler, in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB VII, Stand: Mai 2011, § 212 Rz. 5; Söhngen, in jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 212 Rz. 11). Auch diese Voraussetzungen lägen frühestens zum Zeitpunkt des Nachweises der Gonarthrose vor.
33 
Nach § 9 Abs. 1 SGB VII sind Berufskrankheiten Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats als Berufskrankheiten bezeichnet (Listen-Berufskrankheiten) und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den § 2, § 3 oder § 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden (Satz 1). Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann Berufskrankheiten auf bestimmte Gefährdungsbereiche beschränken oder mit dem Zwang zur Unterlassung einer gefährdenden Tätigkeit versehen (Satz 2). Für die Feststellung einer Listen-Berufskrankheit ist im Regelfall erforderlich, dass die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und die Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dass die berufsbedingte Erkrankung gegebenenfalls den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-Berufskrankheit. Dabei müssen die „versicherte Tätigkeit“, die „Verrichtung“, die „Einwirkungen“ und die „Krankheit“ im Sinne des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 15. September 2011 - B 2 U 25/10 R -, SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 4111 Nr. 3, Rz. 14 m. w. N.).
34 
Die Gonarthrose ist durch die Zweite Verordnung zur Änderung der BKV vom 11. Juni 2009 (BGBl I S. 1273) mit Wirkung zum 1. Juli 2009 als Nr. 2112 in die Liste der Berufskrankheiten (§ 1 BKV i. V. m. Anlage 1) aufgenommen worden. Sie ist bezeichnet als „Gonarthrose durch eine Tätigkeit im Knien oder vergleichbare Kniebelastung mit einer kumulativen Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde pro Schicht“. Die in dieser Listen-Berufskrankheit bestimmten, also dort benannten arbeitstechnischen Voraussetzungen liegen vor. Denn der Kläger war während seiner versicherten beruflichen Tätigkeit von März 1990 bis Ende April 2010 als Beschäftigter nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII durch eine Tätigkeit im Knien oder eine vergleichbare Kniebelastung einer kumulativen Einwirkungsdauer von 13.200 Stunden ausgesetzt, wobei die Mindesteinwirkungsdauer von einer Stunde je Arbeitsschicht erfüllt war. Hierfür stützt sich der Senat auf die vom Mitarbeiter des Präventionsdienstes H. erstellte Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition von November 2010, welcher eine persönliche Unterredung mit dem Arbeitgeber am Betriebsort und ein Telefonat mit ihm im Vormonat sowie ein Gespräch mit dem Kläger am 24. November 2010 zugrunde liegt. Danach umfasste dessen Arbeitstätigkeit, insbesondere nach den korrigierten Angaben des Arbeitsgebers, zu etwa 75 % die Installation von Heizungs- und Sanitäranlagen, wobei bei den Sanitäranlagen überwiegend Vorwandinstallationen montiert werden mussten. Daneben wurden Duschtassen, Badewannen, Waschbecken sowie die zugehörigen Zu- und Abwasserleitungen und Wasserhähne oder Brausen montiert. Im Heizungsbereich wurden Zuleitungen und Anschlüsse verlegt und montiert. Etwa 25 % des Arbeitsumfanges nahmen Blecharbeiten für Hausdächer, Beplankungen von Flachdächern oder Fassaden ein. Neben dem Zuschnitt der Bleche wurden auch umfangreiche Falzarbeiten vorgenommen. Zudem wurden sieben oder acht Solaranlagen je Jahr installiert. Bei einem Arbeitstag von achteinhalb Stunden nahm der Kläger gesichert drei Stunden eine kniende oder hockende Körperhaltung ein. In den letzten fünf Jahren vor der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses im Frühjahr 2010 benutzte er einen Knieschutz aus Gummi oder Schaumstoff oder ähnlichem Material, um eine gewisse Dämpfung beziehungsweise Entlastung der Kniegelenke zu erreichen. Bei einer knienden Arbeitstätigkeit von arbeitstäglich drei Stunden ergibt sich somit über den Beschäftigungszeitraum von zwanzig Jahren, bei 220 Arbeitstagen je Jahr, eine Gesamtbelastung von 13.200 Stunden. Folglich ist die kumulative Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden erreicht und die arbeitstechnischen Voraussetzungen für eine Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV erfüllt.
35 
Die gesundheitlichen Verhältnisse des Klägers rechtfertigen indes die beantragte Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung der Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV nicht. Es steht zur Überzeugung des Senats nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit fest, dass es durch die versicherten Tätigkeiten im Knien oder eine vergleichbare Kniebelastung zu Einwirkungen auf die Kniegelenke gekommen ist, welche die beidseitige Gonarthrose herbeigeführt haben. Für den Senat spricht sogar deutlich mehr dafür, dass diese Erkrankung auf die beim Kläger vorhandene und nicht versicherte diffuse idiopathische Skeletthyperostose (ICD-10-GM-2016 M48.1-) zurückzuführen ist. Hierfür stützt sich der Senat auf die überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. K.. Dieses Krankheitsbild liegt beim Kläger mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vor. Denn deren Vollbild hat sich klinisch-physikalisch und radiologisch sichern lassen. Typischerweise ist beim Kläger im Röntgenbild ein rechtsbetonter zuckerartiger Überguss von Knochenmaterial im Bereich der Wirbelsäule zu sehen. Durch die Überbrückung der Bandscheibenräume ist die Beweglichkeit der Wirbelsäule in diesen Segmenten aufgehoben. Die Erkrankung zeigt sich zudem an der diffusen Konturbegrenzung beider Beckenschaufeln und Sitzbeinhöcker in der Beckenübersichtsaufnahme. Die deutlich altersvorauseilende beidseitige Gonarthrose ist durch die diffuse idiopathische Skeletthyperostose befördert worden. Auch in diesem Bereich des Körpers haben die radiologischen Befunde das Vollbild einer solchen Erkrankung gezeigt. Auch wenn häufig ein Diabetes mellitus oder Fettstoffwechselstörungen als begleitende Gesundheitsbeeinträchtigungen beobachtet werden, an denen der Kläger indes nicht gesichert leidet, tritt der Morbus Forestier nach den weiteren nachvollziehbaren Ausführungen von Prof. Dr. Dr. K. auch ohne solche begleitenden Gesundheitsstörungen auf. Für eine vorzeitige, anlagebedingte Degeneration der Kniegelenke des Klägers spricht zudem die bei ihm vorhandene beidseitige Coxarthrose, welche nach ihrem Schweregrad in etwa derjenigen der beidseitigen Gonarthrose entspricht. Es überzeugt den Senat darüber hinaus, dass gegen eine Ursächlichkeit der beruflich bedingten Einwirkungen spricht, dass es nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses Ende April 2010 zu einer deutlichen weiteren Verschlimmerung der Kniegelenksbeschwerden mit Anlaufbelastungs- und Ruheschmerzen gekommen ist, wie sich der anamnestischen Erhebung bei der gutachterlichen Untersuchung durch den Sachverständigen am 13. August 2013 entnehmen lässt. Andernfalls und entgegen der Ansicht des Klägers wäre eine Stagnation der Beschwerdesymptomatik zu erwarten gewesen. Soweit der Kläger ohne weitere Differenzierung vorgetragen hat, dass er bei seiner Tätigkeit für den Arbeitgeber mit schweren Gewichten hantiert hat, welche zur Überzeugung des Senats üblicherweise stehend gehalten oder gehend getragen werden, ist von ihm bereits nicht sinngemäß behauptet worden, dass hierdurch auch eine erhöhte Druckkraft während seiner beruflichen Tätigkeit im Knien oder einer vergleichbaren Kniebelastung auf den Gelenkknorpel im Retropatellar- und Tibiofemoralgelenk entstand. Denn biomechanische Studien haben gezeigt, dass es nur bei der Kniegelenksbeugung um 90° oder 120° wie beim Knien oder Hocken zu einem hohen Druck im Kniehauptgelenk kommt (Merkblatt zur Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV, a. a. O.)
36 
Anders als von Prof. Dr. Dr. K. angenommen, spricht indes die Zeitspanne zwischen dem Erreichen der kumulativen Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde je Schicht einerseits sowie dem erstmaligen Nachweis einer Gonarthrose vorliegend nicht gegen einen Zusammenhang zwischen einer Einwirkung aufgrund der beruflichen kniebelastenden Tätigkeit und einer solchen Erkrankung. Anders als von ihm angenommen, ist Bezugspunkt der Zeitspanne nicht eine Gonarthrose überhaupt, sondern nach einem Grad von mindestens 2 nach dem Kellgren-Lawrence-Score (Urteil des Senats vom 17. März 2016 - L 6 U 1518/14 -, juris, Rz. 60). Eine solche Erkrankung ist erst im Jahre 2010 nachgewiesen worden, als der Kläger gerade erst die kumulative Einwirkungsdauer von 13.000 Stunden knapp überschritten hatte. Genauso wenig lässt sich, anders als von Prof. Dr. Dr. K. vorgenommen, ein fehlendes belastungskonformes Schadensbild als Aspekt gegen einen Zusammenhang mit den beruflich bedingten Einwirkungen auf die Knie anführen (vgl. Urteil des Senats vom 17. März 2016 - L 6 U 1518/14 -, a. a. O., Rz. 62). Die ursprüngliche Arbeitshypothese des interdisziplinären Arbeitskreises, welcher die Begutachtungsempfehlung für die Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV erarbeitet hat, nach der etwa mit einem Beginn des Knorpelaufbrauches in erster Linie patel-lofemoral und in den dorsalen Kniegelenksanteilen sowie mit einem selektiven Aufbrauch der Meniskushinterhörner als möglichem Initialstadium zu rechnen sei, hat sich durch die bislang vorliegenden Forschungsergebnisse nicht belegen lassen (vgl. die Empfehlung auf S. 9). Ein anderes Schadensbild ist bereits, auch unter Berücksichtigung etwaiger biomechanischer Gegebenheiten, nicht näher diskutiert worden.
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Mangels hinreichender Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhanges der beruflich bedingten Einwirkungen auf die Knie des Klägers und der beidseitigen Gonarthrose, kommt es von vornherein nicht darauf an, ob, und gegebenenfalls in welchem Ausmaß, bei ihm eine nicht versicherte Varusfehlstellung vorliegt und ob diese ursächlich für die Gesundheitsstörung im Bereich der Knie des Klägers gewesen ist (vgl. Urteile des Senats vom 17. März 2016 - L 6 U 1518/14 -, a. a. O., Rz. 62 und 26. November 2015 - L 6 U 2782/15 -, juris, Rz. 50 zur Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV).
38 
Dem hilfsweisen Antrag auf Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG war nicht stattzugeben. Trotz Fristsetzung, die zudem noch antragsgemäß bis 29. April 2016 verlängert worden ist, ist weder eine Ärztin oder ein Arzt benannt noch der festgesetzte Kostenvorschuss (§ 109 Abs. 1 Satz 2 SGG) eingezahlt worden (vgl. Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 109 Rz. 10a und 11a).
39 
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
40 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
41 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 28. Juli 2016 - L 6 U 2991/15 zitiert 21 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 54


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 151


(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. (2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerh

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 143


Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 2 Versicherung kraft Gesetzes


(1) Kraft Gesetzes sind versichert 1. Beschäftigte,2. Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,3. Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnliche

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 124


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden. (3) Entscheidungen des Gerichts, d

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 109


(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschieß

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 6 Freiwillige Versicherung


(1) Auf schriftlichen oder elektronischen Antrag können sich versichern 1. Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner; ausgenommen sind Haushaltsführende, Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfisch

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 3 Versicherung kraft Satzung


(1) Die Satzung kann bestimmen, daß und unter welchen Voraussetzungen sich die Versicherung erstreckt auf1.Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,2.Personen, die sich auf der Unternehmensstätte aufhalten; § 2

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 9 Berufskrankheit


(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 212 Grundsatz


Die Vorschriften des Ersten bis Neunten Kapitels gelten für Versicherungsfälle, die nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eintreten, soweit in den folgenden Vorschriften nicht etwas anderes bestimmt ist.

Berufskraftfahrer-Ausbildungsverordnung - KraftfAusbV 2001 | § 3 Ausbildungsberufsbild


Gegenstand der Berufsausbildung sind mindestens die Vermittlung der folgenden Fertigkeiten und Kenntnisse:1.Berufsbildung, Arbeits- und Tarifrecht,2.Aufbau und Organisation des Ausbildungsbetriebes,3.Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit,4.

Berufskraftfahrer-Ausbildungsverordnung - KraftfAusbV 2001 | § 1 Staatliche Anerkennung des Ausbildungsberufes


Der Ausbildungsberuf Berufskraftfahrer/Berufskraftfahrerin wird staatlich anerkannt.

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 17. März 2016 - L 6 U 1518/14

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Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 19. November 2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen.Außergerichtliche Kosten des Klägers sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten. Tatbestand   1 Zwischen

Bundessozialgericht Urteil, 18. Juni 2013 - B 2 U 6/12 R

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Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 23. Februar 2012 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 21. Sept. 2010 - B 2 U 25/09 R

bei uns veröffentlicht am 21.09.2010

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28. August 2009 wird zurückgewiesen.

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

Gegenstand der Berufsausbildung sind mindestens die Vermittlung der folgenden Fertigkeiten und Kenntnisse:

1.
Berufsbildung, Arbeits- und Tarifrecht,
2.
Aufbau und Organisation des Ausbildungsbetriebes,
3.
Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit,
4.
Umweltschutz,
5.
Kontrollieren, Warten und Pflegen der Fahrzeuge,
6.
Vorbereiten und Durchführen der Beförderung,
7.
Verkehrssicherheit, Führen von Fahrzeugen auf öffentlichen Straßen,
8.
Rechtsvorschriften im Straßenverkehr,
9.
Kundenorientiertes Verhalten,
10.
Verhalten nach Unfällen und Zwischenfällen,
11.
Betriebliche Planung und Logistik,
12.
Beförderungsbezogene Kostenrechnung und Vertragsabwicklung,
13.
Qualitätssichernde Maßnahmen.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28. August 2009 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf Verletztenrente für die Zeit vom 29.1.2004 bis zum 26.7.2005 streitig.

2

Die Klägerin ist die Witwe des am 9.3.2006 verstorbenen J. N. (im Folgenden: Versicherter), mit dem sie zum Zeitpunkt des Todes in einem gemeinsamen Haushalt lebte. Der Versicherte bezog ab Juni 1997 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung und nahm im August 2001 eine geringfügige Beschäftigung auf. Mit dem Arbeitgeber vereinbarte er unter dem 28.1.2004, die Beschäftigung "zu unterbrechen". Ab diesem Tag war der Versicherte wegen einer Asbeststaublungenerkrankung arbeitsunfähig. Am 2.2.2004 begab er sich in stationäre Behandlung.

3

Die Steinbruchs-Berufsgenossenschaft (BG), Rechtsvorgängerin der Beklagten, stellte bei dem Versicherten eine Asbeststaublungenerkrankung als Berufskrankheit (BK) nach Nummer 4105 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung fest (Bescheid vom 5.8.2004). Mit Schreiben vom 15.10.2004 teilte sie ihm mit, dass wegen der BK ein Anspruch auf Verletztengeld und für die Dauer von sechs Wochen der Arbeitsunfähigkeit ein Lohnfortzahlungsanspruch bestehe. Der hiergegen auf Zahlung von Verletztenrente gerichtete Widerspruch wurde zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 22.3.2005). Ab 2.2.2004 bestehe für 78 Wochen ein Anspruch auf Verletztengeld. Erst danach beginne ein Anspruch auf Rente.

4

Das Sozialgericht Münster (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 28.5.2008). Während des Berufungsverfahrens stellte die BG wegen der Folgen der BK eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 vH ab dem 1.8.2005 fest (Bescheid vom 7.9.2005). Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) hat die auf Zahlung von Verletztenrente "anstelle von Verletztengeld" ab 29.1.2004 gerichtete Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 28.8.2009). Die geringfügige Beschäftigung eines Beziehers einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit sei eine vom Schutzzweck des § 45 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) umfasste Tätigkeit und schließe den Anspruch auf Verletztengeld nicht aus. Der Anspruch auf Verletztenrente beginne erst an dem Tag, der auf den Tag folge, an dem der Anspruch auf Verletztengeld ende.

5

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 45 Abs 1 und § 46 Abs 3 Satz 2 Nr 2 SGB VII. Das Verletztengeld sei nur für Versicherte vorgesehen, die zum Kreis der Erwerbstätigen gehörten und ihren Lebensunterhalt vor Eintritt der durch den Versicherungsfall bedingten Arbeitsunfähigkeit aus einer Erwerbstätigkeit oder einer daran anknüpfenden Sozialleistung bestritten hätten. Mit den Einkünften aus der geringfügigen Beschäftigung habe der Versicherte seinen Lebensunterhalt nicht sicherstellen können. Da bereits bei Eintritt des Versicherungsfalls nicht mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit habe gerechnet werden können, habe der Anspruch auf Verletztengeld bereits mit dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit geendet.

6

Während des Revisionsverfahrens hat die Beklagte Verletztengeld für die Zeit vom 10.3.2004 bis zum 26.7.2005 und Verletztenrente ab 27.7.2005 bewilligt (Bescheid vom 19.1.2010).

7

           

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28. August 2009 und des Sozialgerichts Münster vom 28. Mai 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Verwaltungsaktes vom 15. Oktober 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2005 zu verurteilen, ihr anstatt des Verletztengeldes die Verletztenrente des Versicherten nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 100 vH vom 29. Januar 2004 bis zum 26. Juli 2005 zu zahlen.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie trägt vor, mit dem Verletztengeld seien die Einkünfte aus der geringfügigen Beschäftigung ausgeglichen worden. § 46 Abs 3 Satz 2 Nr 2 SGB VII sei nicht anwendbar.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet. Das LSG hat die Berufung gegen das die Klage abweisende Urteil des SG im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.

11

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 Sozialgerichtsgesetz), mit der unter Aufhebung des den Anspruch auf Verletztengeld feststellenden Verwaltungsaktes vom 15.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.3.2005 die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Verletztenrente für die Zeit vom 29.1.2004 bis zum 26.7.2005 geltend gemacht wird. Diese Klagen sind unzulässig.

12

Nach § 54 Abs 1 SGG kann mit der Anfechtungsklage die Aufhebung eines Verwaltungsaktes oder seine Abänderung begehrt werden(Satz 1). Sie ist, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt beschwert zu sein (Satz 2). Insoweit reicht es zwar schon aus, dass eine Verletzung in eigenen Rechten möglich ist und der Kläger die Beseitigung einer in seine Rechtssphäre eingreifenden Verwaltungsmaßnahme anstrebt, von der er behauptet, sie sei nicht rechtmäßig (BSG vom 5.7.2007 - B 9/9a SB 2/06 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 5 RdNr 18). An der Klagebefugnis fehlt es aber, wenn eine Verletzung subjektiver Rechte nicht in Betracht kommt (BSG vom 14.11.2002 - B 13 RJ 19/01 R - BSGE 90, 127, 130 = SozR 3-5795 § 10d Nr 1 S 4), weil hinsichtlich des Klagebegehrens eine gerichtlich überprüfbare Verwaltungsentscheidung nicht vorliegt (BSG vom 28.10.2008 - B 8 SO 33/07 R - SozR 4-1500 § 77 Nr 1 RdNr 13). Solange der zuständige Unfallversicherungsträger nicht über einen Leistungsanspruch entschieden hat, kann der Versicherte, außer bei rechtswidriger Untätigkeit der Behörde (vgl § 88 SGG), kein berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen Feststellung haben. Das ist hier der Fall.

13

Durch den Verwaltungsakt vom 15.10.2004 ist allein ein Anspruch auf Verletztengeld festgestellt worden. Er enthält keine Regelung iS des § 31 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X), mit dem die BG einen Anspruch auf Verletztenrente abgelehnt hätte. Bei dem Verletztengeld (§§ 45 ff SGB VII)und der Verletztenrente (§§ 56 ff SGB VII) handelt es sich um unterschiedliche Sozialleistungen, die im SGB VII systematisch voneinander getrennt normiert sind. Sie bilden jeweils einen eigenständigen Gegenstand eines Verwaltungsverfahrens (vgl § 8 SGB X), über den der zuständige Träger der gesetzlichen Unfallversicherung zu entscheiden hat.

14

Über den Anspruch auf Verletztenrente ist auch nicht im Widerspruchsbescheid vom 22.3.2005 entschieden worden. Abgesehen davon, dass die Widerspruchsstelle funktional und sachlich nicht zuständig ist, an Stelle der Ausgangsbehörde des Trägers über ein erstmals im Widerspruchsverfahren geltend gemachtes Recht zu befinden (BSG vom 20.7.2010 - B 2 U 19/09 R), setzt sich auch der Widerspruchsbescheid allein mit dem Anspruch auf Verletztengeld auseinander. Den Inhalt eines Verwaltungsaktes hat das Revisionsgericht in eigener Zuständigkeit festzustellen. Dabei ist Maßstab der Auslegung der "Empfängerhorizont" eines verständigen Beteiligten, der die Zusammenhänge berücksichtigt, welche die Behörde nach ihrem wirklichen Willen (§ 133 Bürgerliches Gesetzbuch) erkennbar in ihre Entscheidung einbezogen hat (BSG vom 29.1.2008 - B 5a/5 R 20/06 R - BSGE 100, 1 = SozR 4-3250 § 33 Nr 1, jeweils RdNr 11 mwN). Gemessen daran ist die Formulierung im Widerspruchsbescheid "erst wenn der Anspruch auf Verletztengeld endet, beginnt ein Anspruch auf Rente (§§ 46 Abs. 3 SGB VII, 72 Abs. 1 SGB VII)" nur ein Hinweis auf die bestehende Gesetzeslage. Mit ihr hat die BG keine Regelung über ein Recht des Versicherten auf Verletztenrente getroffen.

15

Der Unzulässigkeit der Anfechtungsklage stehen die Bescheide vom 7.9.2005 und 19.1.2010 nicht entgegen. Der Verwaltungsakt im Bescheid vom 7.9.2005, mit dem ein Anspruch auf Verletztenrente für die Zeit ab 1.8.2005 - und nicht ein früherer Zeitpunkt - festgestellt wurde, ist vom Versicherten nicht angefochten worden und damit für die Beteiligten bindend (§ 77 SGG). Er ist nicht nach § 96 Abs 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden, denn er hat den allein das Verletztengeld betreffenden Verwaltungsakt vom 15.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.3.2005 weder abgeändert noch ersetzt. Seine Einbeziehung kann auch nicht auf eine weite oder analoge Anwendung des § 96 SGG gestützt werden, weil dadurch der Streitstoff erweitert würde und Erwägungen der Prozessökonomie ein solches Ergebnis nicht rechtfertigen(vgl BSG vom 9.12.2003 - B 2 U 54/02 R - BSGE 91, 287 = SozR 4-2700 § 160 Nr 1, jeweils RdNr 5).

16

Auch der Verwaltungsakt im Bescheid der Beklagten vom 19.1.2010 über die Zahlung der Verletztenrente schon ab 27.7.2005 hat daher den hier angefochtenen Verwaltungsakt nicht abgeändert oder ersetzt. Unabhängig davon gilt ein Verwaltungsakt, der während des Revisionsverfahrens den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt, als mit der Klage beim SG angefochten (§ 171 Abs 2 SGG).

17

Die Unzulässigkeit der Anfechtungsklage zieht die Unzulässigkeit der mit ihr kombinierten (unechten) Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) nach sich. Auch diese Leistungsklage setzt voraus, dass der Sozialleistungsträger die begehrte Leistung abgelehnt hat und kommt daher vor dem Erlass einer entsprechenden Verwaltungsentscheidung nicht in Betracht.

18

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Gegenstand der Berufsausbildung sind mindestens die Vermittlung der folgenden Fertigkeiten und Kenntnisse:

1.
Berufsbildung, Arbeits- und Tarifrecht,
2.
Aufbau und Organisation des Ausbildungsbetriebes,
3.
Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit,
4.
Umweltschutz,
5.
Kontrollieren, Warten und Pflegen der Fahrzeuge,
6.
Vorbereiten und Durchführen der Beförderung,
7.
Verkehrssicherheit, Führen von Fahrzeugen auf öffentlichen Straßen,
8.
Rechtsvorschriften im Straßenverkehr,
9.
Kundenorientiertes Verhalten,
10.
Verhalten nach Unfällen und Zwischenfällen,
11.
Betriebliche Planung und Logistik,
12.
Beförderungsbezogene Kostenrechnung und Vertragsabwicklung,
13.
Qualitätssichernde Maßnahmen.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 23. Februar 2012 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung einer Halswirbelsäulenerkrankung als Wie-Berufskrankheit (BK) streitig.

2

Die 1947 geborene Klägerin leidet an Bandscheibenvorfällen im Bereich der Halswirbelsäule. Sie war im Anschluss an ihr abgeschlossenes Musikstudium von August 1970 bis Juli 1972 als Geigenlehrerin sowie von August 1972 bis Juli 1992, von September 1992 bis Dezember 1993 und von Mai 1994 bis Mai 1998 im Beitrittsgebiet als Geigerin in verschiedenen Orchestern tätig.

3

Auf ärztliche Anzeige vom 23.3.2001 wegen des Verdachts einer BK holte die Beklagte ärztliche Gutachten ein. Dr. L., Leiter des Europäischen Instituts für Bewegungsphysiologie, M. , führte in seinem Gutachten vom 28.9.2002 aus, die Halswirbelsäulenerkrankung sei mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch das jahrelange Instrumentalspiel entstanden oder wesentlich mitverursacht worden. Prof. Dr. D., Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Johannes Gutenberg-Universität M., gelangte in seinem Gutachten vom 8.1.2003 zu dem Ergebnis, das Geigenspiel gehe zwar mit einer außergewöhnlichen Zwangshaltung in Form einer "Schulter-Kopf-Zwinge" einher. Allerdings könne die sog "Gruppentypik" anhand neuer statistisch gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse nicht festgestellt werden.

4

Die Beklagte lehnte es ab, eine Wie-BK festzustellen (Bescheid vom 25.3.2003; Widerspruchsbescheid vom 30.11.2005). Hiergegen hat die Klägerin Klage zum SG Neuruppin erhoben, das weitere Begutachtungen veranlasst hat. Dr. B., Institut für sozialmedizinische Begutachtung GbR im Krankenhaus W., hat in seinem Gutachten vom 6.6.2007 dargelegt, die Wirbelsäulenbeschwerden seien nicht auf die berufliche Tätigkeit als Orchestermusikerin zurückzuführen. Prof. Dr. A., Institut für Musikphysiologie und Musiker-Medizin, H., hat in seinem Gutachten vom 3.5.2010 darauf hingewiesen, für eine berufsbedingte Wirbelsäulenerkrankung spreche die kumulative Lebensarbeitszeit an der Geige in Zwangshaltung aufgrund der "Schulter-Kinn-Zange" und die mit dem Schrifttum übereinstimmende Häufigkeit der Beschwerden bei Geigern. Dabei handele es sich um Plausibilitätsargumente, da bislang keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse existierten.

5

Das SG Neuruppin hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 23.9.2010). Das LSG Berlin-Brandenburg hat die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung seines Urteils vom 23.2.2012 hat es ausgeführt, auf das Recht der ehemaligen DDR komme es nicht an, weil die Erkrankung der Klägerin erst nach dem 31.12.1993 der Beklagten bekannt geworden sei. Die Voraussetzungen des § 551 Abs 2 RVO und des § 9 Abs 2 SGB VII für die Feststellung einer Wie-BK seien nicht erfüllt. Zwar seien Streicher wegen der nur in dieser Berufsgruppe auftretenden "Schulter-Kinn-Zange" besonderen Einwirkungen in höherem Maße als die übrige Bevölkerung ausgesetzt. Es fehle aber an der generellen Geeignetheit dieser Einwirkung für die Verursachung von Halswirbelsäulenbeschwerden. Die erforderliche sog "Gruppentypik" setze in der Regel anhand statistisch relevanter Zahlen den Nachweis einer Fülle gleichartiger Gesundheitsbeeinträchtigungen und eine lange zeitliche Überwachung der Krankheitsbilder voraus, um mit Sicherheit eine andere Krankheitsursache ausschließen zu können. Entsprechende epidemiologische Erkenntnisse seien aufgrund der geringen Zahl der in der Bundesrepublik Deutschland tätigen Streicher aber nicht vorhanden. Auch sonstige, die generelle Geeignetheit belegende Erkenntnisse seien nicht ersichtlich. Die von Prof. Dr. A. hervorgehobene Plausibilität genüge ebenso wenig wie der von mit Musikererkrankungen vertrauten Ärzten publizierte Ursachenzusammenhang. Gerade vor dem Hintergrund, dass in der Bundesrepublik Deutschland nur etwa 4100 Streicher betroffen seien und es sich bei der Halswirbelsäulenerkrankung um eine sog Volkskrankheit handele, könne der Nachweis des gruppenspezifischen Risikos nicht schon mit der Einschätzung einzelner mit Musikererkrankungen befasster Fachärzte geführt werden. Die besonderen Beweisprobleme im Falle kleinerer Berufsgruppen seien der Entscheidung des Gesetzgebers für das verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Listensystem geschuldet. Dieser sei dem im Zusammenhang mit dem Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz (UVEG) unterbreiteten Vorschlag, die Feststellung einer Wie-BK unter erleichterten Voraussetzungen zu ermöglichen, gerade nicht gefolgt.

6

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 9 Abs 2 SGB VII sowie die Beweiswürdigung durch das Berufungsgericht. Das Fehlen neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse stehe der Anerkennung der Wie-BK nicht entgegen, weil sich der Verordnungsgeber mit den besonderen Einwirkungen von hohen Streichern noch gar nicht befasst habe und eine Auseinandersetzung damit auch nicht geplant sei. Abgesehen davon könne nach der Rechtsprechung des BSG zur Vermeidung unbilliger Ergebnisse ausnahmsweise bei fehlender epidemiologischer Evidenz einerseits und gegebener biologischer Evidenz andererseits auf eine statistisch nachgewiesene Gruppentypik verzichtet werden. Das LSG habe zu hohe Anforderungen an die Beweisführung gestellt und zahlreiche, das Begehren stützende Umstände nicht berücksichtigt. Sowohl Prof. Dr. A. als auch Dr. L. gingen von einer berufsbedingten Erkrankung aus. Ein medizinischer Erfahrungssatz, dass eine durch das Violinspiel hervorgerufene Halswirbelsäulenerkrankung im Falle weiterer Verschleißerscheinungen der gesamten Wirbelsäule ausscheide, existiere nicht. Selbst der Bundesverband der Unfallkassen gehe bei Streichern in seiner Broschüre "Musikermedizin, Musikerarbeitsplätze" von berufsrelevanten Erkrankungen der Hals- und Brustwirbelsäule aus. Dass sich gleichwohl der Ärztliche Sachverständigenbeirat beim BMAS mit der streitgegenständlichen Thematik weder bislang beschäftigt habe noch in Zukunft auseinandersetzen werde, dürfe nicht zu Lasten der Streicher gehen. Ansonsten wäre ein bestimmter Berufsstand trotz besonderer Einwirkungen von der Anerkennung einer BK auf Dauer ausgeschlossen. Schließlich sei bei hohen Streichern in der ehemaligen DDR, in Frankreich und in Tschechien eine BK anerkannt worden.

7

Die Klägerin beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 23. Februar 2012 und des Sozialgerichts Neuruppin vom 23. September 2010 sowie die Ablehnung einer Wie-Berufskrankheit im Bescheid der Beklagten vom 25. März 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Erkrankung der Halswirbelsäule als Wie-Berufskrankheit anzuerkennen.

8

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

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Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend. Die Revision sei bereits unzulässig, da die Revisionsbegründung nicht den Anforderungen des § 164 Abs 2 SGG genüge. Inwieweit das LSG die Vorschrift des § 9 Abs 2 SGB VII fehlerhaft ausgelegt habe, sei nicht schlüssig dargetan. Soweit die Klägerin die Beweiswürdigung des LSG beanstande, sei eine Verfahrensrüge nicht erhoben worden. Die Revision sei aber auch unbegründet. Es fehle an epidemiologischen Erkenntnissen, dass die "Schulter-Kinn-Zange" generell geeignet wäre, eine Halswirbelsäulenerkrankung hervorzurufen. Die von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Unterlagen spiegelten nicht den aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand, sondern nur Einzelmeinungen wider.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision ist nicht begründet.

11

Die Klägerin hat in zulässiger Weise Revision eingelegt. Bei ihrem Prozessbevollmächtigten handelt es sich um eine selbständige Vereinigung von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung für ihre Mitglieder, die nach § 73 Abs 4 Satz 2 iVm Abs 2 Satz 2 Nr 5 SGG zur Vertretung vor dem BSG zugelassen ist.

12

Die Revision genügt entgegen der Ansicht der Beklagten den Begründungsanforderungen des § 164 Abs 2 Satz 1 und 3 SGG. Danach muss die Begründung einen bestimmten Antrag enthalten und die verletzte Rechtsnorm bezeichnen. Insoweit ist mit rechtlichen Erwägungen aufzuzeigen, dass und weshalb die Rechtsansicht des Berufungsgerichts nicht geteilt wird. Es bedarf einer Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils und der Darlegung, inwieweit die als verletzt gerügte Vorschrift des materiellen Bundesrechts nicht oder nicht richtig angewandt worden ist (zuletzt BSG vom 11.4.2013 - B 2 U 21/11 R - NZS 2013, 639 sowie BSG vom 2.12.2008 - B 2 U 26/06 R - BSGE 102, 111 = SozR 4-2700 § 8 Nr 29, RdNr 10 mwN). Dem trägt die Revisionsbegründung Rechnung. Aus ihr geht hervor, weshalb die Klägerin die angefochtene Entscheidung für unzutreffend hält. Sie hat eine Verletzung des § 9 Abs 2 SGB VII gerügt und ua ausgeführt, das LSG sei zu Unrecht davon ausgegangen, die Feststellung einer Wie-BK scheitere am Fehlen epidemiologischer Studien.

13

Die Revision der Klägerin ist allerdings unbegründet. Das LSG hat ihre Berufung gegen das die zulässig kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG; zur Klageart vgl BSG vom 2.4.2009 - B 2 U 30/07 R - BSGE 103, 45 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 3101 Nr 4 BKV, RdNr 11 mwN; BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr 1, RdNr 12 mwN) abweisende Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen. Die Ablehnung der Anerkennung einer Wie-BK im Bescheid der Beklagten vom 25.3.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.11.2005 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

14

Es kann offenbleiben, seit wann die Halswirbelsäulenerkrankung der Klägerin besteht und ob sich der geltend gemachte Anspruch noch nach den Vorschriften der RVO oder den am 1.1.1997 in Kraft getretenen Bestimmungen des SGB VII richtet (Art 36 UVEG, § 212 SGB VII). Denn die Regelungen über die Anerkennung einer Wie-BK sind im SGB VII gegenüber der RVO im Wesentlichen inhaltlich unverändert geblieben.

15

Nach § 9 Abs 2 SGB VII(§ 551 Abs 2 RVO) haben die Unfallversicherungsträger eine Krankheit, die nicht in der BKV bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine BK als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII(§ 551 Abs 1 Satz 2 RVO) erfüllt sind (sog Öffnungsklausel für Wie-BKen). Die Feststellung einer Wie-BK nach dieser Vorschrift ist ua vom Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen für die Bezeichnung der geltend gemachten Krankheit als BK nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen abhängig (zuletzt BSG vom 13.2.2013 - B 2 U 33/11 R - mwN, auch zu den weiteren Voraussetzungen einer Wie-BK - SozR 4-2700 § 9 Nr 21 RdNr 17). Diese allgemeinen Voraussetzungen sind erfüllt, wenn bestimmte Personengruppen infolge einer versicherten Tätigkeit nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII(§§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO) in erheblich höherem Maße als die übrige Bevölkerung besonderen Einwirkungen ausgesetzt sind, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft eine Krankheit hervorrufen. Die insoweit in früheren Entscheidungen des Senats verwendeten Begriffe der Gruppentypik, generellen Geeignetheit und gruppentypischen oder -spezifischen Risikoerhöhung dienten allein der Erläuterung oder Umschreibung der aufgezeigten Voraussetzungen, ohne dass damit andere Anforderungen an die Anerkennung einer Wie-BK gestellt werden sollten (BSG vom 27.4.2010 - B 2 U 13/09 R - SozR 4-2700 § 9 Nr 18 RdNr 15 mwN).

16

Die Klägerin war aufgrund ihrer versicherten Tätigkeit als Beschäftigte nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII(§ 539 Abs 1 Nr 1 RVO) und ihrer Zugehörigkeit zur Berufsgruppe der Streicher besonderen Einwirkungen durch die "Schulter-Kinn-Zange" in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt. Als Einwirkung kommt jedes auf den Menschen einwirkende Geschehen in Betracht (BSG aaO RdNr 19). Die Klägerin leidet auch an einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Halswirbelsäule, die als BK iS des § 9 Abs 1 SGB VII(§ 551 Abs 1 RVO) zugrunde gelegt werden könnte. Allerdings fehlt es am generellen Ursachenzusammenhang zwischen dieser Erkrankung und der besonderen Einwirkung.

17

Ob eine Krankheit innerhalb einer bestimmten Personengruppe im Rahmen der versicherten Tätigkeit häufiger auftritt als bei der übrigen Bevölkerung, erfordert in der Regel den Nachweis einer Fülle gleichartiger Gesundheitsbeeinträchtigungen und eine langfristige zeitliche Überwachung der Krankheitsbilder. Mit wissenschaftlichen Methoden und Überlegungen muss zu begründen sein, dass bestimmte Einwirkungen die generelle Eignung besitzen, eine bestimmte Krankheit zu verursachen. Erst dann lässt sich anhand von gesicherten "Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft" iS des § 9 Abs 2 SGB VII(§ 551 Abs 2 iVm § 551 Abs 1 Satz 2 RVO) nachvollziehen, dass die Ursache für die Krankheit in einem schädigenden Arbeitsleben liegt. Solche Erkenntnisse setzen regelmäßig voraus, dass die Mehrheit der medizinischen Sachverständigen, die auf dem jeweils in Betracht kommenden Fachgebiet über besondere Erfahrungen und Kenntnisse verfügen, zu derselben wissenschaftlich fundierten Meinung gelangt ist. Es ist nicht erforderlich, dass diese Erkenntnisse die einhellige Meinung aller Mediziner widerspiegeln. Andererseits reichen vereinzelte Meinungen einiger Sachverständiger grundsätzlich nicht aus (BSG vom 4.6.2002 - B 2 U 20/01 R - Juris RdNr 22; bereits BSG vom 23.3.1999 - B 2 U 12/98 R - BSGE 84, 30, 35 mwN = SozR 3-2200 § 551 Nr 12).

18

Nach § 9 Abs 1 Satz 1 SGB VII(§ 551 Abs 1 Satz 2 RVO) sind BKen grundsätzlich nur solche Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII(§§ 539, 540, 543 bis 545 RVO)begründenden Tätigkeit erleiden. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber das "Listensystem" als Grundprinzip des Berufskrankheitenrechts der gesetzlichen Unfallversicherung festgelegt. Mit der Einführung der Wie-BK in § 551 Abs 2 RVO durch das Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz vom 30.4.1963 (BGBl I 241) wurde eine Ausnahme vom Listenprinzip nur für den Fall zugelassen, dass der Verordnungsgeber wegen der regelmäßig notwendigen mehrjährigen Intervalle zwischen den Anpassungen der BKV an die neuen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht rechtzeitig tätig wird (BSG vom 25.8.1994 - 2 RU 42/93 - BSGE 75, 51, 54 = SozR 3-2200 § 551 Nr 6 S 14). Sinn des § 9 Abs 2 SGB VII(§ 551 Abs 2 RVO) ist es, ausnahmsweise vom Listensystem abweichen zu können, um solche durch die Arbeit verursachten Krankheiten wie eine BK zu entschädigen, die nur deshalb nicht in die Liste der BKen aufgenommen worden sind, weil die Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft über die besondere Gefährdung bestimmter Personengruppen in ihrer Arbeit bei der letzten Fassung der Liste noch nicht vorhanden waren oder vom Verordnungsgeber nicht hinreichend berücksichtigt wurden (vgl BSG vom 4.8.1981 - 5a/5 RKnU 1/80 - SozR 2200 § 551 Nr 18 S 27). Die Anerkennung einer Wie-BK knüpft damit an dieselben materiellen Voraussetzungen an, die der Verordnungsgeber auch nach § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII(§ 551 Abs 1 Satz 3 RVO) für die Aufnahme einer Erkrankung in die Liste zu beachten hat.

19

Die damit zur Anerkennung einer Wie-BK notwendigen gesicherten Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft liegen nach den dem Senat vorliegenden Unterlagen, die er zur Klärung der generellen Tatsache (vgl hierzu BSG vom 2.4.2009 - B 2 U 9/08 R - BSGE 103, 59 = SozR 4-2700 § 9 Nr 14, RdNr 15)des Zusammenhangs zwischen "Schulter-Kinn-Zange" und bandscheibenbedingter Halswirbelsäulenerkrankung heranziehen und auswerten durfte, nicht vor. Hinsichtlich eines solchen Zusammenhangs fehlt es an epidemiologischen Studien und statistisch relevanten Zahlen, die wegen der geringen Anzahl von Berufsgeigern auch nicht zu erwarten sind. Auch wenn eine besondere Gefährdung der Streicher durch die mit der "Schulter-Kinn-Zange" einhergehende Fehlhaltung zu beobachten ist, lässt sich ein Zusammenhang zwischen beruflicher Belastung und morphologischer Veränderung der Wirbelsäule mangels statistisch gesicherter Erkenntnisse nicht herstellen. Zwar führt Dr. L. in seinem Gutachten vom 28.9.2002 die Halswirbelsäulenerkrankung der Klägerin mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf das jahrelange Instrumentalspiel zurück. Zudem bestätigt Prof. Dr. D. in seinem Gutachten vom 8.1.2003 eine durch das Geigenspiel bedingte außergewöhnliche Zwangshaltung. Er führt aber ferner aus, dass die sog Gruppentypik anhand neuer gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse nicht festgestellt werden könne. Auch Prof. Dr. A. hält in seinem Gutachten vom 3.5.2010 zwar eine berufsbedingte Wirbelsäulenerkrankung für gegeben, weist aber ebenfalls darauf hin, dass die hierfür sprechende Lebensarbeitszeit an der Geige einerseits sowie die Häufigkeit des Auftretens der Wirbelsäulenbeschwerden bei Geigern andererseits den generellen Ursachenzusammenhang lediglich plausibel erscheinen ließen und es an die Kausalität belegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen fehle. Schließlich ist das im Jahr 2001 durchgeführte 3. Symposium der Deutschen Gesellschaft für Musikphysiologie und Musikermedizin zu dem Ergebnis gelangt, dass die publizierten Daten zur Epidemiologie funktioneller und struktureller Erkrankungen der Wirbelsäule bei Musikern in sowohl quantitativer als auch qualitativer Hinsicht sehr dürftig seien (Seidel/Lange, Institut für Musikpädagogik und Musiktheorie, Die Wirbelsäule des Musikers, 2001). Eine Vielzahl fachkundiger Mediziner, die eine Verursachung von bandscheibenbedingten Erkrankungen der Halswirbelsäulen durch die "Schulter-Kinn-Zange" für hinreichend wahrscheinlich halten, existiert damit nicht. Für die Annahme gesicherter Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft iS des § 9 Abs 2 SGB VII(§ 551 Abs 2 iVm § 551 Abs 1 Satz 2 RVO) genügt es nicht, dass einzelne Mediziner die Verursachung von Halswirbelsäulenbeschwerden durch eine Fehlbelastung infolge der "Schulter-Kinn-Zange" für plausibel oder wahrscheinlich halten. Es reicht nicht aus, dass überhaupt medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse zu dem jeweils relevanten Problemfeld existieren, vielmehr muss sich eine sog herrschende Meinung im einschlägigen medizinischen Fachgebiet gebildet haben (BSG vom 4.6.2002 - B 2 U 16/01 R - Juris RdNr 19).

20

Allerdings hat der Senat zu sog Seltenheitsfällen entschieden, dass die den generellen Ursachenzusammenhang zwischen besonderer Einwirkung und Erkrankung belegenden medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht ausschließlich anhand von Methoden der Epidemiologie und statistischer Belege nachgewiesen werden müssen. Fehlt es an einer im Allgemeinen notwendigen langfristigen zeitlichen Überwachung von Krankheitsbildern, da aufgrund der Seltenheit einer Erkrankung medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse durch statistisch abgesicherte Zahlen nicht erbracht werden können, kommt nach dieser Rechtsprechung ausnahmsweise auch ein Rückgriff auf Einzelfallstudien, auf Erkenntnisse aus anderen Staaten und auf frühere Anerkennungen entsprechender Erkrankungen, auch in der ehemaligen DDR, in Betracht (BSG vom 4.6.2002 - B 2 U 20/01 R - Juris RdNr 22 mwN; BSG vom 14.11.1996 - 2 RU 9/96 - BSGE 79, 250, 252 = SozR 3-2200 § 551 Nr 9 S 21). Es kann offenbleiben, ob eine solche Vorgehensweise unter Zugrundelegung eines geringeren wissenschaftlichen Standards überhaupt mit den gesetzlichen Voraussetzungen des § 9 Abs 2 SGB VII(iVm § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII) für die Anerkennung einer Wie-BK vereinbar ist. Ihre Zulässigkeit unterstellt, kann ferner dahingestellt bleiben, ob sie auch dann in Betracht kommt, wenn - wie hier - gar kein Seltenheitsfall gegeben, sondern stattdessen eine Berufsgruppe betroffen ist, bei der wegen ihrer geringen Größe epidemiologische Studien nicht zu erwarten bzw unmöglich sind. Denn selbst bei Zugrundlegung eines geringeren wissenschaftlichen Standards reichen die über die bereits beschriebenen Unterlagen hinausgehenden aktenkundigen Erkenntnisse nicht aus, einen Zusammenhang zwischen der "Schulter-Kinn-Zange" von Berufsgeigern und bandscheibenbedingten Halswirbelsäulenerkrankungen als hinreichend wissenschaftlich belegt zu betrachten.

21

Dr. D. nimmt in seinem Aufsatz "Abnutzungsschäden durch Geigen- und Bratschenspiel" (Das Orchester 6/96, 13) auf eine eigene Studie über 17 professionelle Streicher Bezug und weist darauf hin, dass zur Klärung der Frage der Anerkennung von Wirbelsäulenschäden als BK noch weitere wissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt werden sollten. Die sog Weimarer Studie zu klinisch relevanten Belastungsfaktoren und Belastungskomplexen bei Musikstudenten und Berufsmusikern (Seidel/Höpfner/Lange, Musikphysiologie und Musikermedizin 1999, 6. Jg, Nr 4, 115) beruht lediglich auf der Auswertung eines von 100 Musikstudenten und 88 Orchestermusikern jeweils ausgefüllten standardisierten und validierten Fragebogens. Im Forschungsantrag "CMD/CCD bei Streichern" der Interdisziplinären Arbeitsgruppe Musikermedizin des Klinikums der Friedrich-Schiller-Universität Jena, des Klinikums Weimar und der Hochschule für Musik Weimar vom 20.5.2001 wird ausgeführt, dass es an Datenmaterial zur Bewertung funktioneller Störungen des Bewegungssystems bei Streichern als BK fehle. Aus diesen Publikationen lässt sich folglich auch ein ggf geringeren Anforderungen an wissenschaftliche Erkenntnisse genügender genereller Zusammenhang zwischen der "Schulter-Kinn-Zange" und einer bandscheibenbedingten Halswirbelsäulenerkrankung nicht ableiten. Soweit die Revision zudem auf Anerkennungen einer BK in Frankreich, Tschechien und der ehemaligen DDR hinweist, ist nicht ersichtlich, dass diese auf hinreichenden medizinischen Erkenntnissen beruhten und nicht nur das Ergebnis von Einzelfallprüfungen sind, ohne wissenschaftlich fundierte Aussagen über die generelle Geeignetheit der hier zu beurteilenden Einwirkung zu berücksichtigen. Zudem existiert in Frankreich entgegen der Revision keine spezifisch auf Musiker, sondern eine generell auf Zwangshaltungen bezogene BK. Ob weiterhin auch die jeweilige Ausgestaltung des Berufskrankheitenrechts in Frankreich, Tschechien und der ehemaligen DDR einer Berücksichtigung der behaupteten Anerkennungen entgegensteht, kann daher offenbleiben (vgl zur Ausgestaltung des BK-Rechts in anderen Ländern Kranig, DGUV-Forum 2012, 30; ders, Berufskrankheiten im internationalen Vergleich, 2002, 337).

22

Auch Billigkeitserwägungen führen zu keinem anderen Ergebnis. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats enthält § 9 Abs 2 SGB VII(§ 551 Abs 2 RVO) keine allgemeine "Härteklausel", nach der jede durch eine versicherte Tätigkeit verursachte Krankheit als Wie-BK anzuerkennen wäre (vgl zuletzt BSG vom 13.2.2013 - B 2 U 33/11 R - SozR 4-2700 § 9 Nr 21 RdNr 17).

23

Dass die Anerkennung einer Wie-BK an das Vorliegen wissenschaftlich gesicherter Kausalbeziehungen anknüpft, ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

24

Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG liegt nicht vor. Danach sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Dieses Grundrecht ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen (stRspr; vgl BVerfG vom 28.4.1999 - 1 BvR 1926/96, 1 BvR 485/97 - BVerfGE 100, 104 = SozR 3-2600 § 307b Nr 6). § 9 Abs 2 SGB VII(§ 551 Abs 2 RVO) ist zwar dann mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht mehr vereinbar, wenn einer Personengruppe der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung allein deshalb versagt wird, weil der Verordnungsgeber vorliegende wissenschaftliche Erkenntnisse noch nicht geprüft und gewürdigt hat (BVerfG vom 22.10.1981 - 1 BvR 1369/79 - BVerfGE 58, 369, 375 f = SozR 2200 § 551 Nr 19 S 32 f). Denn die Vorschrift schließt solche Lücken, die sich daraus ergeben, dass neue Erkenntnisse über den Zusammenhang von beruflicher Exposition und Erkrankung vorliegen, bevor die BKV eine entsprechende Anpassung erfährt (BVerfG vom 9.10.2000 - 1 BvR 791/95 - SozR 3-2200 § 551 Nr 15 S 76). An medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen zu evtl gesundheitsschädigenden Folgen einer "Schulter-Kinn-Zange" fehlt es vorliegend aber gerade. Dass sich der Verordnungsgeber mit den besonderen Einwirkungen von hohen Streichern noch gar nicht befasst hat und eine Auseinandersetzung damit ggf auch nicht geplant ist, befreit daher aus Gründen der Gleichbehandlung nicht vom Erfordernis der die generelle Geeignetheit einer besonderen Einwirkung für die Verursachung einer bestimmten Erkrankung belegenden medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse.

25

Eine verfassungswidrige Benachteiligung ergibt sich auch nicht daraus, dass die Berufsgruppe der Streicher sehr klein ist und sich möglicherweise eine wissenschaftlich gesicherte Kausalbeziehung zwischen beruflicher Einwirkung und Erkrankung anhand epidemiologischer Studien schon rein tatsächlich nicht feststellen lässt, weil die für epidemiologische Studien erforderlichen Fallzahlen nicht erreicht werden können. § 9 Abs 1 Satz 1 SGB VII(§ 551 Abs 1 Satz 2 RVO) beschränkt BKen begrifflich auf Krankheiten, die in der Berufskrankheitenliste als Anlage zur BKV aufgeführt sind. Die Ermächtigung der Bundesregierung zur Aufnahme von BKen in diese Anlage macht § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII(§ 551 Abs 1 Satz 3 RVO) davon abhängig, dass die Krankheiten nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit ausgesetzt sind. In diesen Regelungen kommt das die gesetzliche Unfallversicherung prägende Listenprinzip zum Ausdruck, das nach § 9 Abs 2 SGB VII nur unter der Voraussetzung durchbrochen wird, dass neue Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorliegen. Diese vom Gesetzgeber gewollte Systementscheidung begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (BVerfG vom 8.6.2012 - 1 BvR 2853/10 - NZS 2012, 901; BVerfG vom 14.7.1993 - 1 BvR 1127/90 - SozR 3-2200 § 551 Nr 5 S 10). Mit ihr im Einzelfall verbundene Härten sind hinzunehmen. Sie halten sich im Rahmen einer zulässigen Typisierung, weil nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betroffen ist und dadurch bedingte Ungerechtigkeiten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären (vgl BVerfG vom 28.4.1999 - 1 BvL 22/95, 1 BvL 34/95 - BVerfGE 100, 59, 90 = SozR 3-8570 § 6 Nr 3 S 28 mwN).

26

In seiner Stellungnahme zum Entwurf des UVEG hat der Bundesrat 1995 zwar vorgeschlagen, eine neue Regelung in § 9 Abs 2a SGB VII einzufügen, die die Anerkennung einer Wie-BK zur Vermeidung von Härtefällen auch für den Fall vorsah, dass 1. vergleichbare Arbeitsplätze mit entsprechenden Arbeitsbedingungen nicht oder nur in einer geringen Zahl vorhanden sind und deshalb Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft darüber nicht vorliegen können, dass bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung besonderen Einwirkungen ausgesetzt sind und 2. nach medizinischen Erkenntnissen mit hinreichender Sicherheit feststeht, dass die Krankheit durch die besonderen Bedingungen des Arbeitsplatzes verursacht ist (BT-Drucks 13/2333 S 5 zu Nr 9). Dem ist der Gesetzgeber des UVEG aber mit der Begründung nicht gefolgt, bei einer solchen Regelung bestehe ua die Gefahr, dass die vorgeschlagene Bestimmung, bei der epidemiologische Erkenntnisse wegen der Singularität der Arbeitsbedingungen nicht gewonnen werden könnten, eine Antragsflut auslöse, die von den Unfallversicherungsträgern nicht bewältigt werden könnte (BT-Drucks 13/2333 S 19 zu Nr 9). Diese Erwägungen des Gesetzgebers sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, weil sie sich im Rahmen seines legislatorischen Gestaltungsspielraums bewegen. Der Gesetzgeber darf sich bei der Einführung typisierender Regelungen an den ansonsten mit Einzelfallregelungen verbundenen Erfordernissen der Verwaltung orientieren. Die Entlastung der Unfallversicherungsträger und folglich auch der Sozialgerichtsbarkeit von umfangreichen und zeitaufwendigen Einzelfallprüfungen ist ein sachlicher, zur Typisierung berechtigender Grund (vgl BVerfG vom 8.2.1983 - 1 BvL 28/79 - BVerfGE 63, 119, 128 = SozR 2200 § 1255 Nr 17 S 37 und vom 16.12.1958 - 1 BvL 3/57, 1 BvL 4/57 und 1 BvL 8/58 - BVerfGE 9, 20, 31 ff = SozR Nr 42 zu Art 3 GG). Damit sind zugleich einer richterlichen Rechtsfortbildung verfassungsrechtliche Grenzen aufgezeigt, weil diese bewusste Entscheidung des Gesetzgebers nicht durch richterliche Wertungen ersetzt werden darf.

27

Die das hier gefundene Ergebnis tragenden und den Senat bindenden Tatsachenfeststellungen (§ 163 SGG) sind nicht mit zulässig erhobenen Verfahrensrügen angegriffen worden.

28

Eine ordnungsgemäße Verfahrensrüge setzt die Bezeichnung der Tatsachen voraus, die den behaupteten Mangel ergeben (§ 164 Abs 2 Satz 3 SGG) und aus denen die Möglichkeit folgt, dass das Gericht ohne die geltend gemachte Verfahrensverletzung anders entschieden hätte. Das Revisionsgericht muss in die Lage versetzt werden, sich allein anhand der Revisionsbegründung ein Urteil darüber zu bilden, ob die angegriffene Entscheidung auf einem Verfahrensmangel beruhen kann (BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 10/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 42 RdNr 19 mwN). Daran fehlt es hier.

29

Die Rüge der Klägerin, die Entscheidung des LSG beruhe auf einer fehlerhaften Beweiswürdigung, ist nicht ordnungsgemäß erhoben. Sie hätte darlegen müssen, dass das Berufungsgericht die Grenzen seiner ihm durch § 128 Abs 1 Satz 1 SGG eingeräumten Befugnis verletzt hat, nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu entscheiden. Es hätte insoweit aufgezeigt werden müssen, dass es gegen allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstoßen oder das Gesamtergebnis des Verfahrens nicht ausreichend berücksichtigt hat (BSG vom 31.5.2005 - B 2 U 12/04 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 2 RdNr 9). Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung nicht gerecht.

30

Mit dem Vorbringen, ein medizinischer Erfahrungssatz, dass die durch ein Violinspiel hervorgerufene Halswirbelsäulenerkrankung im Falle weiterer Verschleißerscheinungen der gesamten Wirbelsäule ausscheide, existiere nicht, ist nicht deutlich geworden, dass das LSG einen Erfahrungssatz fehlerhaft angewandt hat (vgl hierzu BSG vom 2.5.2001 - B 2 U 24/00 R - SozR 3-2200 § 581 Nr 8 S 37 mwN). Die Revision zeigt nicht auf, an welcher Stelle seines Urteils sich das LSG tragend auf einen solchen Erfahrungssatz gestützt hätte. Auf Seite 13 der angegriffenen Entscheidung wird vielmehr lediglich ausgeführt, dass es sich bei dem Halswirbelsäulenleiden um eine "Volkskrankheit" handele, die eine Beweiserleichterung bei der Feststellung der generellen Geeignetheit verbiete.

31

Auch ein sog Denkgesetz, gegen das das LSG verstoßen haben könnte, hat die Klägerin nicht dargetan. Dass es zu einer bestimmten, aus seiner Sicht erheblichen Frage aus den gesamten rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten nur eine Folgerung hätte ziehen können, jede andere nicht folgerichtig "denkbar" ist und das Gericht die allein in Betracht kommende nicht gesehen hat (vgl BSG vom 11.6.2003 - B 5 RJ 52/02 R - Juris RdNr 13 mwN), legt die Revision nicht dar.

32

Aus dem Vortrag der Klägerin geht auch nicht hervor, dass das Gesamtergebnis des Verfahrens nicht hinreichend berücksichtigt worden wäre. Soweit sie geltend macht, in der ehemaligen DDR, in Frankreich sowie in Tschechien ausgesprochene Anerkennungen von BKen seien bei der Beweiswürdigung nicht berücksichtigt worden, wird übersehen, dass sich das LSG auf Seite 15 seiner Entscheidung damit auseinandergesetzt hat, dass die Problematik der Geiger in der ehemaligen DDR "einer anderen Lösung zugeführt worden sei". Im Übrigen hat die Revision nicht aufgezeigt, ob und wenn ja inwieweit den behaupteten Anerkennungen generelle medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse zugrunde liegen. Die Klägerin setzt im Kern nur ihre Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des LSG. Allein damit ist aber eine Verletzung der Grenzen des Rechts auf freie Beweiswürdigung nicht formgerecht gerügt (BSG vom 23.8.2007 - B 4 RS 3/06 R - SozR 4-8570 § 1 Nr 16 RdNr 31).

33

Schließlich scheidet ein Anspruch auf Anerkennung der geltend gemachten Wie-BK nach übergangsrechtlichen Regelungen aus. Für die Übernahme einer vor dem 1.1.1992 im Beitrittsgebiet eingetretenen Erkrankung als BK nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung ist nach §§ 212 und 215 Abs 1 Satz 1 SGB VII die Vorschrift des § 1150 Abs 2 RVO in der am 31.12.1996 geltenden Fassung des Renten-Überleitungsgesetzes vom 25.7.1991 (BGBl I 1606, 1688) weiter anzuwenden. Gemäß § 1150 Abs 2 Satz 1 RVO gelten solche Krankheiten, die nach dem im Beitrittsgebiet geltenden Recht BKen der Sozialversicherung waren, als BKen iS des Dritten Buches der RVO. Das gilt nach § 1150 Abs 2 Satz 2 Nr 1 RVO allerdings nicht für Krankheiten, die einem ab 1.1.1991 für das Beitrittsgebiet zuständigen Träger der Unfallversicherung - wie hier - erst nach dem 31.12.1993 bekannt werden und die nach dem Dritten Buch der RVO nicht zu entschädigen wären. Dies bedeutet, dass Krankheiten, von denen ein ab 1.1.1991 für das Beitrittsgebiet zuständiger Träger der Unfallversicherung erst nach dem 31.12.1993 Kenntnis erlangt, nur dann BKen darstellen, wenn die Voraussetzungen nach den §§ 548 ff RVO erfüllt sind(BSG vom 2.12.2008 - B 2 U 26/06 R - BSGE 102, 111 = SozR 4-2700 § 8 Nr 29, RdNr 16). Das ist aus den dargelegten Gründen nicht der Fall.

34

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Die Vorschriften des Ersten bis Neunten Kapitels gelten für Versicherungsfälle, die nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eintreten, soweit in den folgenden Vorschriften nicht etwas anderes bestimmt ist.

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.
6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.

(1) Die Satzung kann bestimmen, daß und unter welchen Voraussetzungen sich die Versicherung erstreckt auf

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
2.
Personen, die sich auf der Unternehmensstätte aufhalten; § 2 Absatz 3 Satz 4 erster Halbsatz gilt entsprechend,
3.
Personen, die
a)
im Ausland bei einer staatlichen deutschen Einrichtung beschäftigt werden,
b)
im Ausland von einer staatlichen deutschen Einrichtung anderen Staaten zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt werden;
Versicherungsschutz besteht nur, soweit die Personen nach dem Recht des Beschäftigungsstaates nicht unfallversichert sind,
4.
ehrenamtlich Tätige und bürgerschaftlich Engagierte,
5.
Kinder und Jugendliche während der Teilnahme an Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt.

(2) Absatz 1 gilt nicht für

1.
Haushaltsführende,
2.
Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien oder Imkereien und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
3.
Personen, die aufgrund einer vom Fischerei- oder Jagdausübungsberechtigten erteilten Erlaubnis als Fischerei- oder Jagdgast fischen oder jagen,
4.
Reeder, die nicht zur Besatzung des Fahrzeugs gehören, und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner.

(1) Auf schriftlichen oder elektronischen Antrag können sich versichern

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner; ausgenommen sind Haushaltsführende, Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien, von nicht gewerbsmäßig betriebenen Unternehmen nach § 123 Abs. 1 Nr. 2 und ihre Ehegatten oder Lebenspartner sowie Fischerei- und Jagdgäste,
2.
Personen, die in Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
3.
gewählte oder beauftragte Ehrenamtsträger in gemeinnützigen Organisationen,
4.
Personen, die in Verbandsgremien und Kommissionen für Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften sowie anderen selbständigen Arbeitnehmervereinigungen mit sozial- oder berufspolitischer Zielsetzung (sonstige Arbeitnehmervereinigungen) ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
5.
Personen, die ehrenamtlich für Parteien im Sinne des Parteiengesetzes tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen.
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 kann auch die Organisation, für die die Ehrenamtsträger tätig sind, oder ein Verband, in dem die Organisation Mitglied ist, den Antrag stellen; eine namentliche Bezeichnung der Versicherten ist in diesen Fällen nicht erforderlich. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 4 und 5 gilt Satz 2 entsprechend.

(2) Die Versicherung beginnt mit dem Tag, der dem Eingang des Antrags folgt. Die Versicherung erlischt, wenn der Beitrag oder Beitragsvorschuß binnen zwei Monaten nach Fälligkeit nicht gezahlt worden ist. Eine Neuanmeldung bleibt so lange unwirksam, bis der rückständige Beitrag oder Beitragsvorschuß entrichtet worden ist.

Der Ausbildungsberuf Berufskraftfahrer/Berufskraftfahrerin wird staatlich anerkannt.

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.
6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 19. November 2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Klägers sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung einer Gonarthrose als Wie-Berufskrankheit streitig.
Der 1948 geborene Kläger wurde nach dem Hauptschulabschluss ab April 1963 im Betrieb seines Vaters zum Zimmerer und Dachdecker ausgebildet. Anschließend arbeitete er dort, unterbrochen von der Bundeswehrzeit von Juli 1968 bis Dezember 1969, bis November 1974 in abhängiger Beschäftigung. Ab Januar 1975 führte er, nachdem er zwischenzeitlich die Meisterprüfungen in beiden Berufen abgelegt hatte, den Betrieb in selbstständiger Tätigkeit bis Mitte August 2007 weiter; während dieser Zeit war er bei der Beklagten freiwillig versichert.
Der den Kläger behandelnde Hausarzt, der Internist Dr. B., zeigte der Beklagten im August 2007 den Verdacht einer Gonarthrose als Berufskrankheit an. Der Kläger teilte ihr Ende September 2007 mit, die Kniebeschwerden bestünden berufsbedingt. Sie seien erstmals 1995 aufgetreten und hätten seit einem Arbeitsunfall am 29. August 2005 zu dauernd starken Schmerzen geführt. Die Beschwerden würden bei knienden Tätigkeiten auf den Baustellen auftreten.
Der Mitarbeiter des Präventionsdienstes der Beklagten Sch. erstellte Ende Februar 2013 eine Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition, welcher ein von ihm erstelltes Gesprächsprotokoll vom 14. Februar 2013 nach einer persönlichen Unterredung mit dem Kläger an dessen Wohnort einen Tag zuvor zugrunde lag, das diesem übersandt und am 24. Februar 2013 von ihm unterschrieben worden war. Während der Ausbildung seien die Tätigkeiten als Zimmerer und Dachdecker vollzeitig und an ständig wechselnden Arbeitsplätzen ausgeübt worden. Von Anfang an seien während der kalten Jahreszeit keine Mitarbeitenden entlassen worden, vielmehr seien dann Arbeiten in Innenräumen ausgeführt worden. Hierbei habe es sich um die Parkettverlegung und den Dachgeschossausbau im Trockenbau gehandelt.
Der Bereich der Außenarbeiten habe die Zimmerei und Dachdeckerei umfasst. Reine Zimmererarbeiten, wie der Abbund und das ausschließliche Aufrichten von etwa Dachstühlen oder Gauben, seien anfangs nur ausnahmsweise ausgeführt worden. Hölzer seien überwiegend fertig abgebunden bezogen worden. Es habe praktisch immer eine Überschneidung zum Dachdeckerhandwerk bestanden. Es seien Dachstühle aufgerichtet, aber auch die Lattung und Dämmung angebracht worden. Anschließend sei die Eindeckung mit Dachpfannen und Biberschwanzziegeln (jeweils 50 %) erfolgt, bei größeren Gehöften, Scheunen oder Hallendächern seien Wellasbestzementplatten verwendet worden. Flachdächer seien nicht gedeckt worden. Es seien ausschließlich Steildächer bearbeitet worden. Zum Bereich der Innenarbeiten hätten die Parkettverlegung und der Innenausbau im Dachgeschoss gehört. Es seien Stab- und Mosaikparkette im Verhältnis 70 % zu 30 % verlegt worden, daneben Dielen, Ausgleichsschüttungen, Trittschalldämmungen und Estrichelemente. Das Verhältnis der beiden beschriebenen Bereiche, also von Außen- und Innenarbeiten, habe, bezogen auf die Arbeitsschichten, etwa 60 % zu 40 % betragen. Von Montag bis Freitag sei üblicherweise 10 Stunden täglich gearbeitet worden. Je nach Auftragsgröße habe teilweise auch an Samstagen gearbeitet werden müssen. Dies sei etwa an jedem zweiten Samstag der Fall gewesen. Der Kläger sei stets aktiv auf Baustellen tätig gewesen, habe also während der regulären Arbeitszeit keine administrativen Tätigkeiten oder Büroarbeiten ausgeführt. Diese seien an den Wochenenden und nach Feierabend erledigt worden. Der Mitarbeiter des Präventionsdienstes der Beklagten Sch. ging von 240 Arbeitsschichten pro Jahr aus, die zu Grunde zu legen seien. Der Kläger sei zu einer ähnlichen Einschätzung gekommen, wobei er etwa 32 Wochen für die Außen- und 16 Wochen für die Innenarbeiten angenommen habe, woraus sich ein Verhältnis von etwa 2/3 zu 1/3 ergebe. Im Wesentlichen seien die Tätigkeiten über den gesamten Betrachtungszeitraum hinweg vergleichbar gewesen, so dass die einzelnen Beschäftigungsabschnitte einheitlich bewertet werden könnten.
Für die Zeit von April 1963 bis Mitte August 2007 stelle sich die prozentuale Aufsplittung der Einzeltätigkeiten zusammenfassend wie folgt dar: Außenarbeiten, 60 % der Schichten: Steildach einlatten = 10 % der Schichten = 14 Schichten, Steildach dämmen = 50 % der Schichten = 72 Schichten, Steildach eindecken mit Dachpfannen = 10 % der Schichten = 15 Schichten, Steildach eindecken mit Biberschwanzziegeln = 10 % der Schichten = 15 Schichten, Wellplattenmontage = 10 % der Schichten = 14 Schichten und Zimmerei (Abbund und Aufrichten) = 10 % der Schichten = 14 Schichten sowie Innenarbeiten, 40 % der Schichten: Stabparkett verlegen = 21 % der Schichten = 20 Schichten, Mosaikparkett verlegen = 9 % der Schichten = 9 Schichten, schleifen und verkitten = 10 % der Schichten = 10 Schichten, Dielenboden verlegen = 10 % der Schichten = 10 Schichten und Trittschalldämmung verlegen, auch Schüttung, Holzfaserplatten und Estrichelemente = 50 % der Schichten = 47 Schichten.
Nach den Vorgaben der wissenschaftlichen Begründung zur Gonarthrose und aus Erfahrungen bei der Betrachtung der Tätigkeitsmerkmale an Vergleichsarbeitsplätzen ergebe sich, bezogen auf die Gonarthrose, eine Gesamtstundenzahl kniebelastender Tätigkeiten von 32.442 Stunden. Gestützt auf den Report des Instituts für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e. V. (IFA-Report), Ausgabe 1/2010 habe sich eine die Knie betreffende Mindesteinwirkungsdauer von mehr als einer Stunde je Arbeitsschicht ergeben.
Der Beklagten lagen neben dem Vorerkrankungsverzeichnis der Innungskrankenkasse (IKK) Baden-Württemberg (heute: IKK classic), bei welcher der Kläger während seiner selbstständigen Tätigkeit gegen Krankheit freiwillig versichert war, verschiedene medizinische Befundunterlagen vor, insbesondere auch solche, die sich auf das Unfallereignis vom 29. August 2005 beziehen. Damals legte der Kläger den Weg zu einer Baustellenkontrolle bei einem Kunden mit dem Fahrrad zurück, wobei er vom Pedal abrutschte und auf das rechte Knie stürzte. Deswegen stellte die Beklagte mit Bescheid vom 26. September 2006 ein Recht des Klägers auf Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 vom Hundert (v. H.) als Gesamtvergütung vom 4. Mai bis 31. Dezember 2006 fest. Als Folgen dieses Arbeitsunfalls wurden ein persistierender bewegungsabhängiger Schmerz im rechten Kniegelenk mit Schwellneigung und Teilriss des hinteren Kreuzbandes rechts bei vorbestehender Gonarthrose anerkannt. Demgegenüber seien in diesem Körperbereich eine viertgradige Knorpelläsion im medialen Kompartment im Bereich des Schienbeines, eine drittgradige Chondromalazie des retropatellaren Gleitlagers, ein nahezu aufgebrauchter Außenmeniskus, zweitgradige Knorpelveränderungen im lateralen Kompartment im Bereich der Tibia und Femurkondylen sowie darüber hinaus eine rheumatische Erkrankung mehrerer Gelenke nicht Folgen dieses Versicherungsfalls. Ein Recht des Klägers auf Rente nach dem 31. Dezember 2006 wurde abgelehnt (Bescheid vom 22. März 2007, Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2007). Das Klageverfahren S 2 U 3160/07 beim Sozialgericht (SG) Konstanz, welches für den bei Klageerhebung noch in Leutkirch im Allgäu, Landkreis Ravensburg, wohnenden Kläger zuständig war, verlief für ihn erfolglos.
Der Chefarzt der Rheumaambulanz der Rheumaklinik Bad W., Prof. Dr. J., äußerte nach einer klinischen Untersuchung des Klägers am 22. April 2004 zunächst den Verdacht auf eine seronegative rheumatoide Arthritis. Der Kläger habe über seit etwa einem halben Jahr bestehende rezidivierende Gelenkschmerzen in beiden Schulter-, Ellenbogen-, Hüft- und Kniegelenken sowie Händen berichtet. Es habe eine endgradig leicht schmerzhafte Beugung im rechten Kniegelenk ohne Bewegungseinschränkung bestanden. Nach einer Untersuchung am 6. Mai 2004 diagnostizierte er eine seronegative rheumatoide Arthritis (ICD-10 M06.00). Im Vordergrund stünden noch die Beschwerden in den Händen und Knien.
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Nach dem Unfallereignis am 29. August 2005 hatte der Kläger am 6. September 2005 den Arzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. L. aufgesucht, der eine Kniegelenkskontusion bei vorbestehender rheumatischer Erkrankung und eine diskrete Gonarthrose diagnostizierte.Es hätten ein deutlicher Kniegelenkserguss und eine endgradige Bewegungseinschränkung bei der Streckung bestanden. Radiologisch hätten eine deutliche Verkalkung der Menisken, eine leichte, medial betonte Gonarthrose und Zeichen einer Retropatellararthrose vorgelegen. Es sei eine Punktion einer 40 ml blutig tingierten Flüssigkeit vorgenommen worden, die eher alt gewesen sei. In seinem Ergänzungsbericht bei Verdacht auf einen Kniebinnenschaden vom 8. September 2005 erwähnte er, der Kläger, der zuvor gejoggt und Fahrrad gefahren sei, habe beruflich eine kniende Tätigkeit ausgeübt. Festgestellt worden seien eine Weichteilschwellung am medialen Bandapparat und in der Kniekehle sowie ein blutig-seröser Erguss.
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Der Radiologe Dr. R. erstellte am 22. September 2005 ein Magnetresonanztomogramm (MRT) des rechten Kniegelenkes. Es seien eine Ruptur des hinteren Kreuzbandes, eine Ruptur des Innenmeniskushinterhorns mit Luxationsstellung nach medial, ein feiner Einriss des Außenmeniskushinterhorns basal, eine mediale Gonarthrose mit dritt- bis viertgradigem Knorpelschaden femoral und tibial, ein deutliches Knochenmarködem in den benachbarten Partien femoral und tibial, ein retropatellarer Knorpelschaden craniomedial sowie ein Status nach Dehnung des Retinaculum patellae mediale mit teils aufgefaserten Strukturen festgestellt worden.
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Nach einer Arthroskopie des rechten Kniegelenkes am 27. September 2005 beschrieb der Chirurg Dr. B. eine Chrondromalazie bis Stadium IV. Es sei eine Meniskusteilresektion vorgenommen und eine Abrasionsarthroplastik eingesetzt worden. Es hätten sich zwei kleine Knorpelglatzen an der Pars media des medialen Tibiaplateaus, ein ausgefranster Lappenriss des Hinterhorns, eine Sklerosierung am medialen Kondylus, ein eingebluteter Synovialüberzug des hinteren Kreuzbandes mit erhaltener Kontinuität sowie retropatellar oberflächlich rasenartige und im Gleitlager pflastersteinartige Veränderungen gefunden.
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Im Auftrag der Beklagten erstattete Dr. B. nach einer ambulanten klinischen und radiologischen Untersuchung des Klägers am 5. Dezember 2005 ein Gutachten. Der Kläger habe bei dem Unfall am 29. August 2005 ein Distorsionstrauma des rechten Kniegelenkes mit Teilruptur des hinteren Kreuzbandes erlitten. Diese Verletzung sei mit großer Wahrscheinlichkeit Folge des Unfallereignisses. Dieses sei geeignet gewesen, zu einer Verletzung des hinteren Kreuzbandes zu führen. Bei der ersten durchgangsärztlichen Untersuchung sei ein blutig-seröser Gelenkerguss punktiert worden, was auf eine frische Schädigung des Kniebinnenraumes hindeute. Bei der Arthroskopie des rechten Kniegelenkes habe sich eine frische Synovialeinblutung des Synovialschlauches des hinteren Kreuzbandes gezeigt. Unfallunabhängig bestünden beim Kläger eine fortgeschrittene Arthrose des medialen Gelenkspaltes mit einer Chondromalazie bis Stadium 4 sowie eine degenerative Innen- und Außenmensikopathie. Somit sei es durch den Unfall zu einer Verschlimmerung einer bereits vorbestehenden Erkrankung des rechten Kniegelenkes gekommen.
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Nach einer Untersuchung Mitte Februar 2006 berichtete Dr. L., beim Kläger bestehe noch immer eine deutliche Schmerzsymptomatik und eine deutliche Ergussneigung im rechten Knie. Dieser habe mehrfach versucht, als Zimmermann tätig zu werden, was fehlgeschlagen sei. Bei der heutigen Vorstellung hätten sich nach wie vor eine endgradige Streckhemmung von etwa 5° und eine Beugehemmung von etwa 15° gezeigt.
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Über den stationären Aufenthalt des Klägers in der Berufsgenossenschaftlichen (BG-) Unfallklinik Murnau vom 24. bis 27. April 2006 berichtete der Ärztliche Direktor Prof. Dr. B. am 26. April 2006, diagnostiziert worden sei eine generalisierte Gonarthrose im Bereich des rechten Kniegelenkes. Am 25. April 2006 seien eine Arthroskopie und Kniegelenkspülung vorgenommen worden. Ein nahezu vollkommen aufgebrauchter Außenmeniskus und eine Pangonarthrose, bei unauffälligen Kreuzbändern, hätten dabei festgestellt werden können. Eine Knietotalendoprothese sei indiziert.
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Dr. L. berichtete nach einer Untersuchung des Klägers Mitte Mai 2006, es bestehe eine Arthrose, die letztendlich einen Kniegelenksersatz erforderlich machen werde. Der Kläger habe berichtet, dass er zwischenzeitlich kurzzeitig beschwerdefrei gewesen sei. Mittlerweile habe sich jedoch erneut ein derzeit nicht punktionswürdiger Gelenkserguss entwickelt. Die Beweglichkeit sei endgradig eingeschränkt gewesen. Schmerzen bestünden ab und an. Der Kläger habe angegeben, am 4. Mai 2006 die Arbeit wieder vollschichtig aufgenommen zu haben.
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Die Leitende Ärztin der Sektion Unfallchirurgie der Oberschwaben-Klinik gGmbH, Dr. St., erstattete im Auftrag der Beklagten ein so genanntes „Erstes Rentengutachten“. Nach einer ambulanten klinischen und radiologischen Untersuchung des Klägers am 1. August 2006 diagnostizierte sie eine Teilruptur des hinteren Kreuzbandes rechts bei bereits zuvor vorhandener Gonarthrose. Vorbestehend seien eine viertgradige Knorpelläsion im medialen Kompartment im Bereich der Tibia, eine drittgradige Chondromalazie des retropatellaren Gleitlagers, eine nahezu aufgebrauchter Außenmeniskus sowie eine zweitgradige Knorpelveränderung im lateralen Kompartment im Bereich der Tibia und der Femurkondylen. Bei der klinischen Untersuchung sei das Gangbild flüssig und der Bandapparat des rechten Kniegelenkes stabil gewesen. Der Schneidersitz habe bei Schmerzhaftigkeit nicht eingenommen werden können. Radiologisch habe eine mediale Gonarthrose festgestellt werden können. Es sei ein persistierender, bewegungsabhängiger Schmerz des rechten Kniegelenkes mit Schwellneigung und teilweiser Ergussbildung verblieben. Vorbestehend sei eine rheumatische Erkrankung mehrerer Gelenke unklarer Genese.
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Der Chefarzt der Abteilung für Unfallchirurgie des Krankenhauses St. E. der Oberschwaben-Klinik gGmbH, Prof. Dr. M., erstellte für die Beklagte ein weiteres Rentengutachten und der Chefarzt der Abteilung Radiologie dieses Krankenhauses, Prof. Dr. St., hierzu ein radiologisches Zusatzgutachten, jeweils nach Untersuchungen des Klägers am 5. Februar 2007. Prof. Dr. M. führte aus, eine verheilte Teilruptur des rechten hinteren Kreuzbandes mit verbliebener geringfügiger hinterer Instabilität sei Folge des Unfallereignisses vom 29. August 2005. Unfallunabhängig bestünde eine schwere Gonarthrose rechts mit schmerzbedingter Bewegungseinschränkung und Bakerzyste. Prof. Dr. St. ging von einer medial betonten Gonarthrose, Kniegelenksbinnenverkalkungen im Bereich des lateralen Gelenkspaltes sowie degenerativen Randkantenausziehungen im Bereich des medialen und lateralen Kniegelenkspaltes, retropatellar sowie im Bereich der Femurkondylen, aus.
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Dr. L. teilte der Beklagten im Verwaltungsverfahren zur Feststellung einer Berufskrankheit Anfang Dezember 2007 mit, der Kläger habe sich von Januar bis Juli 2004 in seiner Behandlung befunden, überwiegend wegen eines Karpaltunnelsyndroms, später wegen eines schnellenden Daumens und Fersensporns. Lediglich bei der ersten Inanspruchnahme Mitte Januar 2004 habe er auch von Kniegelenkschmerzen berichtet. Eine weitere Diagnostik und Therapie der Kniegelenksymptomatik sei nicht erfolgt.
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Im Verfahren S 2 U 3160/07 beim SG Konstanz ist Dr. K. mit der Erstattung eines orthopädischen Gutachtens beauftragt worden. Nach einer ambulanten klinischen und röntgenologischen Untersuchung des Klägers am 29. April 2008 führte dieser im Gutachten und in einer ergänzenden Stellungnahme Anfang September 2008 aus, Folge des Unfalls vom 29. August 2005 sei insbesondere eine leichte Instabilität des rechten Kniegelenkes nach hinten infolge einer verheilten Teilruptur des rechten hinteren Kreuzbandes. Als unfallunabhängige Gesundheitsstörungen lägen eine aktivierte Arthrosis deformans des rechten und linken Kniegelenkes, eine Chondrokalzinose beider Kniegelenke, ein Teilverlust des Innen- und Außenmeniskus bei durchgeführten arthroskopischen Operationen und degenerativen Vorschäden des Faserknorpels (Meniskus), eine retropatellare Gelenkarthrose sowie offensichtlich bestehende Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, welche mit einem Basistherapeutikum (Metrotrexat, MTX Hexal, 200 mg pro Woche) behandelt worden seien, vor. Unfallunabhängige Erkrankungen seien also eine drittgradige Gonarthrose rechts mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung bei Chondrokalzinose, eine beginnende Gonarthrose links mit Chondrokalzinose und eine Coxa profunda. Ausgeprägte zweit- bis viertgradige Knorpelschäden beträfen den medialen Femurkondylus und das mediale Tibiaplateau. Insbesondere die tibialen Knorpelschäden („Knorpelglatzen“) entsprächen einem Knorpelschaden vierten und somit höchsten Grades, welcher unabhängig vom Unfallereignis vorliege. Wenn aber im Bereich des Tibiaplateaus bereits Knorpelschäden vierten Grades nachweisbar seien, also ein vollständiges Fehlen des hyalinen Knorpels, sei eine graduelle Verschlechterung dieses Befundes zumindest im tibialen Bereich nicht mehr möglich gewesen.
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Nach zwei weiteren Arthroskopien des rechten Kniegelenkes am 10. Juni 2008 und 12. Februar 2009, mit zwischenzeitlicher Eröffnung des Kniegelenkes über einen medialen Zugang zum Innenmeniskus (sog. „Payr-Zugang“) am 30. September 2008, diagnostizierte der Chirurg Dr. B. einen Zustand nach tibialer Umstellungsosteotomie Ende September 2008 mit kompletter Bioabrasion medial und retropatellar sowie der Trochlea femoris, mit jetzt ordentlichem Knorpelüberzug. Im Bereich des medialen Femurkondylus bestehe noch ein viertgradiger Knorpelschaden mit einer Größe von 2 x 2 cm. Ferner sei eine Reizsynovitis erkannt worden.
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Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstattete Dr. T. A. im Verfahren S 2 U 3160/07 beim SG Konstanz nach dessen ambulanter klinischer und radiologischer Untersuchung am 29. September 2008 ein orthopädisches Gutachten, welches er Ende November 2008 um eine Stellungnahme ergänzte. Es bestehe unter anderem eine fortgeschrittene Arthrose im Bereich des inneren Gelenkspaltes des rechten Kniegelenkes im Sinne einer unfallbedingten deutlichen Verschlimmerung eines vorbestehenden Knorpelschadens. Die zum Unfallzeitpunkt vorhandene dritt- bis viertgradige Knorpelschädigung am inneren Gelenkspalt sei nicht Folge des Unfalls. Bei der im Vergleich zur gesunden linken Seite bestehenden starken Arthrose sei eher von einem unfallbedingten Schaden als von einer schicksalhaften Arthrose auszugehen; insbesondere, weil am gegenseitigen linken Kniegelenk keinerlei Arthrosezeichen dieses Ausmaßes zu sehen gewesen seien. Werde ein verletzter Meniskus entfernt, trete oft eine Früharthrose des betroffenen Gelenkes ein, so dass es wahrscheinlicher sei, dass das Unfallereignis vom 29. August 2005 zuerst die Meniskusverletzung und nachfolgend die Arthrose ausgelöst habe. Hinweise auf Vorerkrankungen der Menisken und Kreuzbänder lägen nicht vor.
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Nach einem am 18. April 2009 erstellten MRT des rechten Kniegelenkes und einer röntgenologischen Untersuchung am 20. April 2009 berichtete der Radiologe Dr. H., es sei ein deutlich verschmälerter medialer Gelenkspalt bei ausgeprägter medialer Gonarthrose, welche entzündlich aktiviert gewesen sei, festgestellt worden. Zudem seien eine deutliche Femoropatellararthrose, eine degenerative dritt- bis viertgradige Meniskopathie medial und eine der Patellasehne an der Tuperositas tibiae zu erkennen gewesen. Es hätten deutliche Hinweise auf eine beginnende Pseudarthrose vorgelegen.
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Die Radiologin Dr. F. führte nach einer Drei-Phasen-Sklettszintigraphie am 20. April 2009 aus, es habe eine Synovialitis im Bereich des rechten Kniegelenkes vorgelegen. Weiter sei eine Hyperfusion in diesem Körperbereich zu erkennen gewesen.
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Nach einer stationären Aufenthalt des Klägers in der orthopädischen Klinik des O.-Hospitals des Klinikums St. vom 1. bis 17. Juni 2009 diagnostizierte der Ärztliche Direktor Prof. Dr. W. unter anderem einen Zustand nach valgisierender Tibiakopfosteotomie mit Korrekturverlust und eine Pseudarthrosenentwicklung sowie eine rheumatoide Arthritis.
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In der beratungsärztlichen Stellungnahme von Anfang September 2009 ging der Chirurg Dr. K. nicht vom Vorliegen einer Gonarthrose als Berufskrankheit aus. Wesentliche Ursachen seien eine Chondrokalzinose, eine rheumatoide Arthritis, eine Varusfehlstellung beidseits mit Umstellungsosteotomie rechts und eine Adipositas mit Metabolischem Syndrom. Es liege bei einer Körpergröße von 185 cm ein Körpergewicht von 115 kg vor. Außerdem fehle es an der Beidseitigkeit des Schadensbildes.
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Das Regierungspräsidium Stuttgart teilte mit Schreiben von Ende September 2009 mit, von dem Berufskrankheitenfall Kenntnis genommen zu haben. Eine Bearbeitung durch eine Gewerbeärztin oder einen -arzt fände jedoch nicht statt.
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Mit Bescheid vom 8. Oktober 2009 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Gonarthrose als Berufskrankheit ab. Diese Gesundheitsstörung sei seit 1. Juli 2009 als Nr. 2112 in die Liste der Berufskrankheiten aufgenommen worden. Da die Meldung der Erkrankung noch vor diesem Stichtag erfolgt sei, sei über das Vorliegen einer Berufskrankheit im Rahmen von § 9 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII), also als Wie-Berufskrankheit, entschieden worden. Die Voraussetzungen hierfür lägen allerdings nicht vor. Im Falle des Klägers sei anhand der vorliegenden Röntgenaufnahmen und ärztlichen Befundberichte anlagebedingt eine Varusfehlstellung der Beine und eine rheumatische Arthritis, eine Chondrokalzinose sowie ein deutliches Übergewicht festgestellt worden. Diese Faktoren seien ursächlich für die Gonarthrose. Die berufliche Belastung trete demgegenüber in den Hintergrund. Außerdem wäre bei einer beruflichen Verursachung zu erwarten gewesen, dass beide Knie in gleichem Maße betroffen seien, was vorliegend nicht der Fall sei. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 5. Februar 2010 zurückgewiesen.
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Hiergegen hat der Kläger am 23. Februar 2010 beim SG Ulm Klage erhoben, mit der er die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung einer Gonarthrose als Berufskrankheit verfolgt hat.
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Das SG Ulm hat Dr. Pf. beauftragt, ein orthopädisch-chirurgisches Gutachten zu erstatten. Nach dessen Ausführungen nach einer ambulanten klinischen, röntgenologischen und optrimetrischen Untersuchung am 2. August 2010, welche um eine Stellungnahme von Ende Oktober 2010 ergänzt worden ist, liege ein ausgeprägter Knorpelschaden des rechten Kniegelenkes mit anhaltenden Reizerscheinungen, einem Belastungsdefizit und einer Bewegungseinschränkung vor. Diese Gonarthrose sei mit Wahrscheinlichkeit und in wesentlicher Weise durch die Berufstätigkeit als Zimmermann verursacht worden. Bei seiner gutachterlichen Untersuchung habe das Hauptproblem in der verminderten Patellamobilität und der sich daraus ergebenden Bewegungseinschränkung und verminderten Kraftentfaltung der Kniestrecker und Hüftbeuger bestanden. Radiologisch habe eine sehr deutliche Randosteophytenbildung am Ober- und Unterrand der Kniescheibe sowie im patellaren Gleitlager vorgelegen. Hieraus habe sich das Bild einer deutlich vermehrten Belastung des patellofemoralen Gelenkes ergeben, was den Beugebelastungen des Klägers im Berufsleben zuzuordnen sei. Das bedeute indes nicht, dass nicht auch das gesamte Kniegelenk mit einbezogen sei. Im Jahre 2004 habe sich bei diesem das typische Bild einer Polyarthritis rheumatica gezeigt, weshalb eine Methotrexat-therapie eingeleitet worden sei. In Bezug auf das rechte Kniegelenk habe sich nun eine lediglich endgradige, leicht schmerzhafte Beugung gezeigt, entsprechend einem Beugebelastungsproblem. Da in sämtlichen nach 2004 erhobenen Befunden eine Polyarthritis, also der Befall vieler Gelenke, nicht mehr erwähnt und auch bei seiner Untersuchung nicht mehr vorhanden gewesen sei, habe sich die Autoaggression, wie sie für die rheumatoide Arthritis ursächlich sei, durch die Methotrexattherapie so zurückgebildet, dass sie keinen Krankheitswert im destruktiven Sinne mehr gehabt habe. Diese Erkrankung scheide somit als konkurrierende Ursache aus. Als Alternativursache komme die Chondrokalzinose, also eine sichtbare Ablagerung von Kalziumpyrophosphat-Dihydrat-Kristallen sowohl im Faserknorpel als auch im hyalinen Knorpel in der Gelenkkapsel sowie in den periartikulären Weichteilstrukturen, ebenfalls nicht in Frage. Hierbei handele es sich um eine idiopathische Erkrankung, die als Präarthrose gewertet werde, allerdings über den Umweg einer ausgelösten Arthritis. Eine solche sei, werde von den Folgen des Unfallereignisses vom 29. August 2005 abgesehen, als nur auf das Kniegelenk bezogene Gonarthritis nirgends beschrieben. Hinzu komme, das radiologisch in gleicher Weise Verkalkungen am linken, beschwerdefreien Kniegelenk zur Darstellung gekommen seien, ohne eine Arthrose hervorgerufen zu haben. Außer in der beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. K. von Anfang September 2009 habe sich nach keinem der erhobenen Befunde ein Hinweis auf eine deutliche Varusfehlstellung des rechten oder linken Kniegelenkes gezeigt. Anlass für die valgisierende Umstellungsosteotomie sei die Feststellung einer medial betonten Gonarthrose gewesen. In solchen Fällen werde auch bei achsengerechter Stellung der Kniegelenke ein derartiger Eingriff diskutiert. Bei seiner Untersuchung habe er am beschwerdefreien linken Kniegelenk eine über das übliche Maß hinausgehende Varusstellung im Übrigen nicht feststellen können. Soweit sich nach erfolgter Umstellungsosteotomie der Hinweis auf eine Verschiebung der Beinachse um nur 2 cm in zwei Jahren finde, sei dies kein stichhaltiges Gegenargument. Insoweit handele es sich lediglich um eine Befundbeschreibung des Operationsergebnisses. Wenn ein Tatbestand sowohl die Merkmale eines Arbeitsunfalls als auch die einer Listen-Berufskrankheit erfülle, sei die Berufskrankheit vorrangig anzuwenden. Dr. K. habe in seinem Gutachten festgestellt, die degenerativen Veränderungen des rechten Kniegelenkes seien nicht in den ätiopathogenetischen Zusammenhang mit den Unfallfolgen zu stellen, auch nicht im Sinne einer Verschlimmerung. Letzterem stimme er nicht zu. Der Unfall vom 29. August 2005 habe bei dem bis dahin, bezogen auf das rechte Kniegelenk, beschwerdefreien sowie im Übrigen leistungsfähigen und sportlichen Kläger zu einer, wenn auch lang dauernden, aber vorrübergehenden Verschlimmerung geführt, da jetzt ein Zustand vorliege, welcher der schicksalsmäßigen Weiterentwicklung des Leidens, also des berufsbedingten Schadens, entspreche. Dem Übergewicht komme zwar eine multiplikative Bedeutung zu, dieses sei vorliegend jedoch nicht als wesentliche Ursache der Gonarthrose anzusehen.
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Nach der von der Beklagten vorgelegten beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. K. von September 2010 hat diese eine weitere von ihm von Ende November 2010 übersandt. Wegen der biomechanischen Plausibilität sei bei einem belastungskonformen Schadensbild der vorliegend zu prüfenden Berufskrankheit zu erwarten, dass der Knorpelschaden im Patellofemoralgelenk beginne und sich von dort aus gegebenenfalls in das Kniehauptgelenk ausdehne. Der Knorpelschaden müsse danach in erster Linie und vorauseilend im Patellofemoralgelenk vorhanden sein. Bei einer bereits fortgeschrittenen Gonarthrose, wie vorliegend, müsse anhand früher erhobener Befunde nachgewiesen werden, dass sich der aktuelle Befund mit hinreichender Wahrscheinlichkeit aus einem belastungskonformen Schadensbild heraus entwickelt habe. Dies sei durch das Gutachten von Dr. Pf. nicht belegt und auch nicht weiter diskutiert worden. Bei einem belastungskonformen Schadensbild seien in der R. auch beide Kniegelenke in vergleichbaren Ausmaß betroffen, was vorliegend nicht der Fall sei. Sowohl die rheumatoide Polyarthritis als auch die Chondrokalzinose seien als konkurrierende Ursachen anzusehen, auch wenn sie angeblich aktuell keine Beschwerden verursachten. Die im medialen Gelenkbereich lokalisierte Gonarthrose weise auf eine deutliche Varusfehlbelastung des Kniegelenkes hin, die mitursächlich für die medial betonte Gonarthrose gewesen sei. Bei der Entstehung der Gonarthrose im rechten Kniegelenk komme somit den konkurrierenden Ursachen Polyarthritis, Chondrokalzinose, Übergewicht und Varusfehlstellung die wesentliche Teilursache zu. Auch spreche der fehlende Nachweis, dass sich die jetzige Gonarthrose mit hinreichender Wahrscheinlichkeit aus einem belastungskonformen Schadensbild heraus entwickelt habe, und die fehlende Beidseitigkeit der Kniearthrose gegen das Vorliegen einer Berufskrankheit.
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Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG ist Dr. M. mit der Erstattung eines orthopädisch-chirurgischen Gutachtens beauftragt worden. Nach seinen Ausführungen, die sich auf eine ambulante klinische Untersuchung des Klägers am 3. August 2011 sowie auf Röntgenuntersuchungen des rechten Kniegelenkes am 16. Dezember 2010 und des linken am 16. Februar 2011 stützen, bestünden eine rechtsbetonte beidseitige Femoropatellararthrose mit Funktionsstörungen beim Trepp- und Bergabgehen, Hinknien sowie in die Hocke gehen, eine mediale Gonarthrose nach Innenmeniskusresektion und hinterer Kreuzbandruptur mit einem Zustand nach valgisierender Umstellungsosteotomie, verzögerter Heilung und bleibender Bewegungseinschränkung, Schwellneigung, Muskel- und Kraftminderung sowie Belastungsinsuffizienz, degenerative Wirbelsäulenveränderungen mit Muskelverhärtungen, Bewegungseinschränkung sowie Funktionsdefizit und Fehlstellung, eine rheumatoide Arthritis ohne aktuelle Krankheitsaktivität unter Methotrexattherapie sowie ein chronisches Schmerzsyndrom vom Typ III nach Gerbershagen mit somatischen und psychischen Faktoren. Die Gonarthrose sei als Berufskrankheit anzusehen. Sowohl durch die klinische Untersuchung als auch die radiologische Dokumentation fänden sich beidseits deutliche femoropatellare Schädigungen als Ausdruck des belastungskonformen Schadensbildes. Die Tätigkeit als Zimmermann gehe anders als diejenige etwa eines Estrichlegers mit auch einseitig kniender Tätigkeit sowie schwerem Heben und Tragen und Stemmen von Lasten einher. Auch die Dauer der kniebelastenden Tätigkeiten erfüllten die Voraussetzungen für die zu prüfende Berufskrankheit. Da die rheumatoide Arthritis seit der Diagnosestellung im Jahre 2003 nach adäquater Behandlung weder weitere Gelenkbeschwerden oder -schwellungen hervorgerufen noch wiederholten Behandlungsbedarf erfordert habe, könne diese keinen Einfluss mehr auf die Entwicklung der Gonarthrose genommen haben. Aus empirischen und physiologischen Gründen scheide das Übergewicht des Klägers als wesentliche Ursache für die femoropatellare, aber auch die mediale Gonarthrose aus. Das Kniegelenk weise nahezu keine durch knöcherne Formgebung entstehende Stabilisierung auf, sondern werde durch die beiden Menisken, die Seiten- und Kreuzbänder sowie die Muskulatur stabilisiert. Im November 2010 sei beim Kläger im Rahmen der Rückentrainingtherapie eine Bioimpedanzanalyse durchgeführt worden, die mit 33 % einen hohen Muskelanteil am Gesamtgewicht ausgewiesen habe. Es sei anzunehmen, dass der Kläger zur Zeit seiner Berufstätigkeit noch mehr Muskelmasse aufgewiesen habe. Diese verstärkte Muskulatur bewirke einen Schutz auch der Gelenke. Der Varusfehlstellung komme vorliegend keine maßgebliche Bedeutung zu. Im Jahre 2008 sei beim Kläger eine valgisierende Umstellungsosteotomie zur Entlastung des medialen Gelenkspaltes durchgeführt worden. Im Operationsbericht sei eine Varusstellung von 10° im rechten Kniegelenk erwähnt. Ganzbeinaufnahmen seien nicht angefertigt worden. Auf einer Röntgenaufnahme von April 2008 sei sogar keine varische Beinachse zu erkennen. Eine Beinachsenstellung von 10° werde üblicherweise als leichtgradige Fehlstellung bezeichnet. In einer nach dem Unfallereignis Ende August 2005 durchgeführten Arthroskopie hätten sich bereits deutliche Verschleißerscheinungen femoropatellar sowie kleinflächig auch im inneren Kniegelenkskompartment gezeigt. Wegen der nachgewiesenen deutlichen Einblutung ins Gelenk und in die Gelenkinnenhaut sowie des kernspintomographisch nachgewiesenen so genannten „Bone bruise“ (Knochenquetschung) müsse von einer erheblichen Krafteinwirkung ausgegangen werden. Das Unfallereignis sei somit auf einen bereits vorgealterten und durch schwere berufliche Belastungen in Mitleidenschaft gezogenen Innenmeniskus getroffen und habe diesen richtungsweisend verletzt. Im weiteren Verlauf sei es zu einem Kniegelenkskollaps mit erheblicher Verschlimmerung der Gonarthrose rechts gekommen, wie sie in den weiteren Arthroskopien dokumentiert sei. Auch das hintere Kreuzband habe für die weitere Entwicklung der Gonarthrose eine wichtige Rolle spielen können. In der ersten Arthroskopie sei eine synoviale Einblutung beschrieben worden. Sehr häufig würden Verletzungen des hinteren Kreuzbandes übersehen, da dieses anders als das vordere häufig in Elongation verheile und damit seine stabilisierende Funktion verliere, obwohl es vermeintlich als durchgängig nachweisbar sei. Der Innenmeniskus habe eine Puffer- und Stabilisierungsfunktion für den Gelenkknorpel. Auf diesen wirkten nach einer Verletzung und Teilentfernung höhere Belastungen ein. Die mediale Gonarthrose könne daher auch auf die Innenmeniskusschädigung zurückgeführt werden.
33 
Nachdem die Beklagte von ihrem Mitarbeiter des Präventionsdienstes Sch. die Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition von Ende Februar 2013 hat erstellen lassen, ist Dr. Pf. durch das SG Ulm auch hierzu ergänzend befragt worden, woraufhin dieser ausgeführt hat, die mediale Gonarthrose rechts sei auf eine Innenmeniskusschädigung zurückzuführen. Wie im Falle des Knorpelschadens bestehe auch für diese Beeinträchtigung ein Zusammenhang mit der beruflichen Belastung. Ein belastungskonformes Schadensbild sei gelenkmechanisch vorhanden, da vorliegend auch die arbeitstechnischen Voraussetzungen erfüllt seien. Die Erhebungen hierzu seien entsprechend dem IFA-Report, Ausgabe 1/2010 durchgeführt worden und hätten eine Gesamtkniebelastung zwischen April 1963 und Mitte August 2007 von 32.442 Stunden ergeben. In der Stellungnahme des Präventionsdienstes der Beklagten sei beschrieben worden, das Dämmen von steilen Dächern habe 50 % der Arbeitsschichten eingenommen. Im Hinblick darauf sei zu beachten, dass dies entweder bei sehr steilen Dächern im Kniestand oder bei weniger steilen Dächern voll kniend durchgeführt werde. Da der Kläger Rechtshänder sei, sei eine vermehrte Belastung des rechten gegenüber dem linken Kniegelenk anzunehmen. Dies komme dadurch zustande, dass durch die linke Hand und den linken Arm diagonal zum rechten Kniegelenk eine Stabilisation erreicht werde sowie mit der rechten Hand und dem rechten Arm die eigentliche Tätigkeit erfolge. Daraus resultiere, dass arbeitstechnisch eindeutig eine vermehrte Belastung des rechten Kniegelenkes stattgefunden haben müsse. Somit habe bereits vor dem Unfall Ende August 2005 ein belastungskonformes Schadensbild am rechten Kniegelenk bestanden, welches durch das Trauma exazerbiert worden sei, infolge dessen sich eine Pangonarthrose entwickelt habe. Vier Wochen nach dem Unfallereignis seien kernspintomographisch eine Läsion des Innenmeniskus sowie degenerative Knorpelveränderungen an der Kniescheibenrückfläche und dem Gleitlager des Oberschenkels festgestellt worden, wie sie durch den Unfall nicht hätten ausgelöst werden können. Sie seien vielmehr als vorbestehend im Sinne der vorliegend zu beurteilenden Berufskrankheit anzusehen. Durch den Sturz vom Fahrrad sei es wegen der Gewalteinwirkung zu einer synovitisch-arthritischen Reaktion und damit zu einer Progression der Arthrose im Sinne einer Verschlimmerung eines vorbestehenden Zustandes gekommen.
34 
In dem beim erstinstanzlichen Gericht anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung am 19. November 2013 hat der Kläger ausschließlich nur noch die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung einer Gonarthrose als Wie-Berufskrankheit verfolgt. Das SG Ulm hat die Beklagte mit Urteil vom selben Tag verpflichtet, beim Kläger eine Gonarthrose rechts als Wie-Berufskrankheit anzuerkennen. Die Klage sei insbesondere nicht mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig, weil die Gonarthrose mittlerweile seit Juli 2009 als Listen-Berufskrankheit aufgenommen worden sei. Hierdurch sei der Anspruch auf Anerkennung als Wie-Berufskrankheit nicht erloschen. Konstitutiv für die Feststellung einer Wie-Berufskrankheit sei nicht der Anerkennungsbescheid der Beklagten, sondern das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für den Eintritt des Versicherungsfalls. Rechtsgrundlage für die Feststellung als Wie-Berufskrankheit sei § 9 Abs. 2 SGB VII. Dessen Tatbestand sei erfüllt, insbesondere lägen beim Kläger die individuellen Voraussetzungen vor. Die Sachverständigen Dr. Pf. und Dr. M. hätten überzeugend dargelegt, dass die berufliche Tätigkeit des Klägers mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu der Gonarthrose rechts geführt habe. Aus der Listen-Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) ergebe sich eine tatsächliche Vermutung, die auch auf die Gonarthrose als Wie-Berufskrankheit zu übertragen sei. Hierbei handele es sich um keine unzulässige Vorwirkung eines materiellen Gesetzes, da diese nur bei Eingriffen zu Lasten der Versicherten, jedoch nicht zu ihren Gunsten gelte.
35 
Gegen die der Beklagten am 17. März 2014 zugestellte Entscheidung hat diese am 2. April 2014 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg mit der Begründung Berufung eingelegt, eine einseitige berufliche Belastung der Knie sei nicht erwiesen, woraus sich indes einzig die unterschiedlichen Schadensbilder in beiden Kniegelenken erklären ließen. Der Herleitung des SG Ulm aus der Rechtshändigkeit liege kein gesicherter medizinischen Erfahrungssatz zugrunde.
36 
Der Internist Dr. B., welcher den Kläger von 2004 bis 2008 hausärztlich behandelt hat, und die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. B., die diese Funktion nach dem Umzug des Klägers von Leutkirch im Allgäu nach Bopfingen übernommen hat, sind als sachverständige Personen schriftlich befragt worden.
37 
Dr. B. hat mitgeteilt, er habe den Kläger erstmals am 20. Januar 2004 wegen Gelenkbeschwerden behandelt. Betroffen gewesen seien hauptsächlich die Handgelenke. Er habe ihn an den Rheumatologen Prof. Dr. J. überwiesen. Ob zum damaligen Zeitpunkt bereits eine Gonarthrose diagnostiziert worden sei, könne er im Nachhinein nicht mehr nachvollziehen. Von dort sei ihm lediglich die Diagnose einer rheumatoiden Arthritis übermittelt worden, weshalb der Kläger entsprechend medikamentös behandelt worden sei. Aus seinen Unterlagen ergebe sich kein Hinweis für eine Pseudogicht. Ob eine Varusfehlstellung vorgelegen habe, könne er nicht sagen. Zwischen 2004 und 2008 habe beim Kläger eine mäßiggradige Adipositas bestanden. Er hat unter anderem einen Befundbericht des Facharztes für Radiologie Dr. G. nach einem am 14. Dezember 2009 erstellten Computertomogramm des rechten Knies vorgelegt, wonach der Kläger auch über zunehmende Gonalgien links berichtet habe.
38 
Dr. B. hat ausgeführt, sie könne einzig zum Übergewicht des Klägers Angaben machen. Dieser sei 1,90 m groß und habe Anfang Januar 2009 ein Gewicht von 118 kg gehabt, wonach sich eine Adipositas vom Grad I ergeben habe. Sie hat einen Befundbericht des Facharztes für Radiologie Dr. L. nach einer am 21. September 2005 durchgeführten Phlebographie rechts vorgelegt, wonach ein ausgeprägter Kniegelenkserguss und eine Bakerzyste festgestellt worden seien. Des Weiteren hat sie einen Entlassungsbericht von Dr. R., Rehazentrum Bad S.-A., Klinik W. nach einem stationären Aufenthalt des Klägers vom 11. Dezember 2012 bis 8. Januar 2013 übersandt, wonach unter anderem eine Gonalgie, rechts mehr als links, bei femoropatellarer und medialer Gonarthrose (ICD-10 M17.9) diagnostiziert worden sind.
39 
Zudem ist die Beklagte gebeten worden, durch ihren Präventionsdienst berechnen zu lassen, zu welchem Zeitpunkt der Kläger einer beruflichen Gesamtkniebelastung von 13.000 Stunden ausgesetzt gewesen sei, woraufhin der Mitarbeiter Sch. im März 2015 kundtat, dieser Wert sei zum Ende des Jahres 1981, rechnerisch am 23. Dezember 1981, erreicht gewesen.
40 
Nach Beiziehung von bildgebendem Material des rechten und linken Kniegelenkes ist Prof. Dr. Sch. beauftragt worden, ein orthopädisch-chirurgisches Gutachten nach Aktenlage zu erstatten. Nach seinen Ausführungen vom 13. Oktober 2015 liegt beim Kläger im rechten Kniegelenk eine Gonarthrose vom Grad 4 nach dem Kellgren-Lawrence-Score und im linken nach diesem Bewertungsmaßstab keine maßgebliche Erkrankung vor. Diese sonstige posttraumatische Gonarthrose sei nach ICD-10 mit „M17.3“ zu verschlüsseln. Ein beginnender Aufbrauch des rechten Kniegelenkes habe durch das Unfallereignis am 29. August 2005 festgestellt werden können. Eine Gonarthrose im Sinne der fraglichen Berufskrankheit liege nicht vor. Ein Arthrosegrad von mindestens 2 sei im Jahre 2006 radiologisch nur rechtsseitig nach stattgehabtem Unfall nachzuweisen gewesen. Wesentlich für deren Entstehung sei die durch das Unfallereignis im Jahre 2005 erlittene Teilruptur des hinteren Kreuzbandes. Zu diesem Zeitpunkt hätten am rechten Kniegelenk degenerative Veränderungen im Bereich des Innen- und Außenmeniskus sowie eine Knorpelschädigung des medialen Gelenkspaltes bis zur Chondromalazie im Stadium 4 vorgelegen, die bis dahin keine ärztliche Konsultation erforderten. Eine Arthrose sei ein struktureller Schaden eines Gelenkes, beginnend beim Gelenkknorpel, der letztlich zum Versagen des Organs „Gelenk“ führe. Klinische Merkmale der Gonarthrose seien ein Knorpelabbau, ein subchondraler Knochenumbau mit Sklerose, eine subchondrale Zystenbildung, eine Osteophytenbildung im Bereich der beteiligten Knochen, eine Bewegungseinschränkung und Schmerzen. Die Arthrose habe eine multifaktorielle Genese. Systemische Faktoren bedingten die Empfänglichkeit für die Arthrose, lokale biomechanische Faktoren beeinflussten die Lokalisation und Ausprägung. Die Einteilung aufgrund bildgebender Verfahren erfolge nach dem Kellgren-Lawrence-Score in vier Stadien. Grundvoraussetzung sei eine ausreichende berufliche Belastung, die eine plausible zeitliche Korrelation zur Entwicklung der Gonarthrose aufweisen müsse. Der Erkrankung nach einem Grad von mindestens 2 müsse eine ausreichende Exposition von 13.000 Stunden vorausgegangen sein. Ein plausibler Zeitraum werde dann angenommen, wenn zwischen dem Erreichen dieser Mindestbelastung und dem erstmaligem Nachweis der Erkrankung maximal fünf Jahre lägen. Bei einem längeren Zeitraum sei der Ursachenzusammenhang umso unwahrscheinlicher, je größer dieser sei. Nach Auffassung der an der Begutachtungsempfehlung beteiligten Experten sei in aller R. Beidseitigkeit der Veränderungen zu erwarten. Ein Abweichen von mehr als einem Grad nach dem Kellgren-Lawrence-Score im Seitenvergleich könne nur mit einer besonderen Begründung und dem Nachweis einer einseitigen arbeitsbedingten Belastung anerkannt werden. Ein belastungskonformes Schadensbild werde für die zu prüfende Berufskrankheit nicht gefordert. Weiterhin müssten wesentliche konkurrierende Faktoren in Bezug auf die derzeitige Evidenzlage berücksichtigt werden.
41 
Hinsichtlich der arbeitstechnischen Voraussetzungen habe der Kläger von April 1963 bis Mitte August 2007, also über einen Zeitraum von 44 Jahren hinweg, mit Unterbrechungen eine Gesamtbelastung von 32.442 Stunden erfahren. Rechnerisch seien die 13.000 Stunden im Jahre 1981 erreicht gewesen, weshalb formal die arbeitstechnischen Voraussetzungen vorlägen. Der radiologische Nachweis einer Gonarthrose nach dem Kellgren-Lawrence-Score mit einem Grad von mindestens 2 habe erst im Jahre 2006 und nur am rechten Kniegelenk festgestellt werden können. Im linken Kniegelenk liege in Bezug auf die fragliche Berufskrankheit keine maßgebliche Arthrose vor. Zwischen dem Erreichen der Mindestbelastung und dem erstmaligen Nachweis der einseitigen Erkrankung lägen rechnerisch somit 25 Jahre. Aus Plausibilitätsgründen sei eine berufsbedingte Verursachung somit nicht wahrscheinlich, sonst hätte sich die berufliche Belastung früher in einem Schaden realisieren müssen. Auch die Tatsache, dass beim Kläger nur das rechte Kniegelenk betroffen sei und eine einseitige Belastung nicht vorgelegen habe, spreche gegen eine maßgeblichen beruflichen Einfluss. Weiterhin sei gegen eine berufsbedingte Entstehung der Arthrose im rechten Kniegelenk der Umstand zu werten, dass der Kläger vor dem Unfallereignis im Jahre 2005 keinen Arzt in Bezug auf diesen Körperbereich konsultiert habe, was jedoch bei einer beruflichen Verursachung zu fordern sei. Eine Behandlung der Kniegelenke sei erstmalig wegen des Unfallereignisses Ende August 2005 erfolgt, wobei sich der Kläger eine frische Teilruptur des hinteren Kreuzbandes zugezogen habe. Das anschließend angefertigte bildgebende Material zeige degenerative Veränderungen im Bereich des Innen- und Außenmeniskus sowie eine Knorpelschädigung des medialen Gelenkspaltes bis zur Chondromalazie im Stadium 4. Hinweise für einen beginnenden Aufbrauch des rechten Kniegelenkes seien somit lediglich im Rahmen der diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen wegen dieses Unfallereignisses festgestellt worden. Bis zu diesem Zeitpunkt sei dieser symptomfrei verlaufen. Im Fremdbefund zu den sechs Tage nach dem Unfallereignis durchgeführten Röntgenaufnahmen des rechten Kniegelenkes seien eine deutliche Verkalkung der Menisken, eine leichte medial betonte Gonarthrose, Zeichen einer Retropatellararthrose und eine leichte Patelladysplasie beschrieben worden. Zeichen einer Arthrose im Sinne der zu prüfenden Berufskrankheit mit Osteophyten, also Knochennasen, einer definitiven Verschmälerung des Kniegelenkspaltes, einer Sklerose und einer Verformung der Tibia oder des Femurs seien somit zum damaligen Zeitpunkt nicht feststellbar gewesen. Eine Chondrokalzinose gelte nicht als konkurrierender Faktor für die Entstehung einer Gonarthrose. Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis als Ursache seien nach der Literatur nicht belegbar, wohl aber nach klinischer Erfahrung anzunehmen. Die kongenitale tibiofemorale Beinachse sei vorliegend ebenfalls nicht als konkurrierender Faktor anzusehen. Übergewicht gelte zwar als wissenschaftlich gesicherte Alternativursache. Allerdings bestehe für die Adipositas eine epidemiologische Evidenz für ein multiplikatives Zusammenwirken mit den arbeitsbedingten Belastungen. Nach der wissenschaftlichen Begründung sei die zu beurteilende Berufskrankheit bei Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen und des geeigneten Krankheitsbildes auch bei adipösen Menschen anzuerkennen. Nach dem Akteninhalt seien hinsichtlich Körpergröße und -gewicht des Klägers ab 1991 sowie vor dem Unfallereignis im Jahre 2005 Werte zwischen 105 kg und 113 kg dokumentiert. Bei der gutachterlichen Untersuchung durch Dr. Pf. Anfang August 2010 sei das Körpergewicht mit 110 kg festgestellt worden. Eine wesentliche Gewichtszunahme sei somit nach dem Unfall nicht zu objektivieren. In der Zusammenschau der anamnestischen, radiologischen und interaoperativen Befunde seien die Veränderungen im rechten Kniegelenk hauptsächlich durch das Unfallereignis mit verbliebener Instabilität nach stattgehabter Kreuzbandverletzung bedingt.
42 
Die Beklagte trägt im Wesentlichen vor, das Gutachten von Prof. Dr. Sch. bestätige, dass beim Kläger keine Gonarthrose als Berufskrankheit anzuerkennen sei. Der einseitige Binnenschaden im Kniegelenk des Klägers lasse sich nicht mit seiner beruflichen Tätigkeit in Einklang bringen. Auch nach dem IFA-Report, Ausgabe 1/2010 werde lediglich bei der Tätigkeit „Steildach eindecken (Biberschwanz)“ auf eine einseitige Kniebelastung hingewiesen, während bei allen übrigen Dachdeckertätigkeiten, selbst beim Eindecken eines Steildaches (Dachpfanne), ein solcher Hinweis nicht zu finden sei. Im Übrigen sei in diesem IFA-Report zur Tätigkeit des Steildacheindeckens mit Biberschwanzziegeln nur erwähnt, dass einseitiges Knien häufig habe beobachtet werden können. Indes besage dies nicht, ob auch eine ganz überwiegend einseitige Kniebelastung vorgelegen habe. Denn hierbei sei es typisch, dass zur Entlastung immer wieder ein Wechsel zwischen linkem und rechtem Knie stattfinde.
43 
Die Beklagte beantragt,
44 
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 19. November 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
45 
Der Kläger beantragt,
46 
die Berufung zurückzuweisen.
47 
Er trägt im Wesentlichen vor, er habe während seiner beruflichen Tätigkeit ganz überwiegend Steildächer mit Biberschwanzziegeln eingedeckt. Diese hätten bei Arbeiten an mehr als zwanzig Objekten insgesamt mindestens eine Fläche von 5.210 m² umfasst. Hierbei handele es sich allein um die Projekte, welche ihm spontan erinnerlich gewesen seien. Während der Ausbildungs- und sonstigen Arbeitszeit seien noch zahlreiche weitere derartige Dächer eingedeckt worden. Tatsächlich habe es sich um das Doppelte, wenn nicht sogar ein Vielfaches dieser Quadratmeterzahl gehandelt. Prof. Dr. Sch. habe sich nicht eingehend mit dem Gutachten von Dr. Pf. auseinandergesetzt. Er gehe zu Unrecht davon aus, dass er beruflich bedingt keiner einseitigen Belastung des rechten Kniegelenkes ausgesetzt gewesen sei. Dr. Pf. sei mit dem Gutachten von Prof. Dr. Sch. zu konfrontieren und Letzterer ergänzend zu befragen. Lasse sich der Widerspruch zwischen den bisherigen Ausführungen der Sachverständigen nicht auflösen, sei ein Obergutachten einzuholen. Alle bislang diskutierten konkurrierenden Ursachen hätten keinen wesentlichen Einfluss auf die bei ihm vorliegende Gonarthrose gehabt. Insbesondere habe kein maßgebliches Übergewicht vorgelegen. Bei seiner Heirat im Jahre 1979 habe er maximal 80 kg gewogen. Zu einer Gewichtszunahme sei es erst gekommen, als er die berufliche Tätigkeit reduziert und schließlich eingestellt habe, frühestens also im Jahre 2005.
48 
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung am 17. März 2016 ein Lichtbild vorgelegt, welches ihn mit dem linken Knie kniend auf einem Steildach zeigt, das mit Biberschwanzziegeln eingedeckt worden ist. Des Weiteren hat er zur Inaugenscheinnahme Fotos vorgelegt, mit denen er seinen Vortrag bekräftigt hat, während der beruflichen Tätigkeiten kein Übergewicht gehabt, allenfalls Muskelmasse aufgebaut zu haben.
49 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die Verwaltungsakten der Beklagten (2 Bände), einschließlich derjenigen zu dem Arbeitsunfall am 29. August 2005, verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
50 
Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere statthafte Berufung (§ 143, § 144 Abs. 1 SGG) der Beklagten ist begründet. Deren Bescheid vom 8. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Februar 2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Voraussetzungen für die Feststellung einer Gonarthrose als Wie-Berufskrankheit liegen nicht vor. Das SG hätte die als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG, zur Klageart vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2013 - B 2 U 6/12 R -, SozR 4-2700 § 9 Nr. 22, Rz. 13 m. w. N.) erhobene Klage, die zuletzt ausschließlich darauf gerichtet gewesen ist, die Beklagte zu verpflichten, eine Gonarthrose als Wie-Berufskrankheit festzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 12. Januar 2010 - B 2 U 5/08 R -, SozR 4-2700 § 9 Nr. 17, Rz. 12, wonach nach dem materiellen Recht mit den jeweiligen Listen-Berufskrankheiten und der Wie-Berufskrankheit verschiedene Versicherungsfälle definiert sind, und LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. September 2009 - L 8 U 5884/08 -, juris, Rz. 32 ff. zu einer Teilrücknahme der Klage durch spätere Antragsbeschränkung), daher abweisen müssen.
51 
Die Voraussetzungen für die Feststellung der Gonarthrose des Klägers als Wie-Berufskrankheit liegen nicht vor, da der sachliche Anwendungsbereich nicht eröffnet ist. Darüber hinaus fehlt es am Ursachenzusammenhang zwischen den Einwirkungen durch die versicherten Tätigkeiten im Knien oder eine vergleichbare Kniebelastung und der Gonarthrose im rechten Kniegelenk; im linken liegt keine insoweit maßgebliche Erkrankung vor.
52 
Der geltend gemachten Anspruch richtet sich nach den am 1. Januar 1997 in Kraft getretenen Bestimmungen des SGB VII (Art. 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz, BGBl I 1996, S. 1254; § 212 SGB VII), da beim Kläger zwar erstmals 1995 Kniebeschwerden auftraten, wie dies der ihn behandelnde Hausarzt Dr. B. bei der Anzeige des Verdachtes einer Gonarthrose als Berufskrankheit im August 2007 kundgetan hat. Diagnostiziert worden ist eine „diskrete“ Gonarthrose allerdings überhaupt erst durch Dr. L. nach einer klinischen und radiologischen Untersuchung des Klägers am 6. September 2005. Nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand (vgl. hierzu BSG, Urteile vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -, BSGE 96, 196 <200 f.> und 23. April 2015 - B 2 U 10/14 R -, juris, Rz. 20, zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen), der wegen des für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei der vorliegenden Verpflichtungsklage maßgeblichen Zeitpunktes der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz zu berücksichtigen ist (vgl. Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 54 Rz. 34), liegt eine durch die versicherte Tätigkeit im Knien oder vergleichbare Kniebelastung herbeigeführte Gonarthrose sogar erst vor, wenn chronische Kniegelenksbeschwerden, Funktionsstörungen bei der standardisierten klinisch-orthopädischen Untersuchung und die röntgenologische Diagnose einer Gonarthrose entsprechend einem Grad 2 bis 4 der spezifizierten Klassifikation von Kellgren et al. objektiviert worden sind; als Funktionsstörung muss eine Bewegungseinschränkung in Form einer eingeschränkten Streckung und/oder Beugung im Kniegelenk, ein Kniegelenkserguss, eine Kapselentzündung mit Verdickung oder Verplumpung der Gelenkkontur, eine Krepitation bei der Gelenkbewegung, ein hinkendes Gangbild oder eine Atrophie der Oberschenkelmuskulatur festgestellt sein. Diesen Maßstab legt der Senat aufgrund der Begutachtungsempfehlung für die Berufskrankheit Nr. 2112 (Gonarthrose) der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e. V., Stand: 3. Juni 2014 (im Internet unter „www.dguv.de/medien/inhalt/versicherung/bk/empfehlungen/Begutachtung-BK2112-Stand-20140613.pdf“), zugrunde, welche von einem interdisziplinären Arbeitskreis, zu dem auch der Sachverständige Prof. Dr. Sch. gehört hat, erstellt worden sind. Die Kriterien „chronische Kniegelenksbeschwerden, Funktionsstörungen bei der orthopädischen Untersuchung in Form einer eingeschränkten Streckung oder Beugung im Kniegelenk und die röntgenologische Diagnose einer Gonarthrose entsprechend einem Grad 2 bis 4 der spezifizierten Klassifikation von Kellgren et al.“ ist bereits nach dem Merkblatt zur Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV (Bekanntmachung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 30. Dezember 2009 - IVa 4-45222-2112 -, GMBl 5/6/2010, S. 98 ff.) gefordert worden. Der Sachverständige Prof. Dr. Sch. geht vor diesem Hintergrund von einer objektivierten Gonarthrose im rechten Kniegelenk im Jahre 2006 aus, wohingegen der Senat zu der Überzeugung gelangt ist, dass diese bereits am 22. September 2005 nachgewiesen worden ist. Nach dem im Wege des Urkundenbeweises (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 415 ff. Zivilprozessordnung - ZPO) verwerteten Befundbericht von Dr. R., der infolge eines an diesem Tag erstellten MRT verfasst worden ist, wurden eine mediale Gonarthrose mit dritt- bis viertgradigem Knorpelschaden femoral und tibial, ein deutliches Knochenmarködem in den benachbarten Partien femoral und tibial, ein retropatellarer Knorpelschaden craniomedial sowie ein Status nach Dehnung des Retinaculum patellae mediale mit teils aufgefaserten Strukturen festgestellt. Dr. L. hatte bereits zuvor, am 6. September 2005 und bei bereits bestehenden chronischen Kniegelenksbeschwerden, einen deutlichen Kniegelenkserguss und eine endgradige Bewegungseinschränkung bei der Streckung objektiviert, wobei der Senat zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass diese Funktionsstörungen wegen der arthrotischen Veränderungen bestanden haben und nicht auf das Unfallereignis vom 29. August 2005 zurückzuführen gewesen sind. Der Versicherungsfall im Sinne des § 212 SGB VII ist damit jedenfalls weit nach dem 31. Dezember 1996 eingetreten. Offen bleiben kann, ob § 9 Abs. 5 SGB VII entsprechende Anwendung findet. Soweit danach Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für die Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen (vgl. Köhler, in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB VII, Stand: Mai 2011, § 212 Rz. 5; Söhngen, in jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 212 Rz. 11). Auch diese Voraussetzungen lägen frühestens zum Zeitpunkt des Nachweises der Gonarthrose vor.
53 
Nach § 9 Abs. 2 SGB VII haben die Trägerinnen der gesetzlichen Unfallversicherung eine Krankheit, die nicht in der BKV bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII erfüllt sind (sog. „Öffnungsklausel“ für Wie-Berufskrankheiten). Mit § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII hat der Gesetzgeber das "Listensystem" als Grundprinzip des Rechts der Berufskrankheiten der gesetzlichen Unfallversicherung festgelegt. Mit der Einführung der Wie-Berufskrankheit in § 551 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) durch das Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz vom 30. April 1963 (BGBl I S. 241), also der Vorgängervorschrift zu § 9 Abs. 2 SGB VII, wurde eine Ausnahme vom Listenprinzip nur für den Fall zugelassen, dass der Verordnungsgeber wegen der regelmäßig notwendigen mehrjährigen Intervalle zwischen den Anpassungen der BKV an die neuen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht rechtzeitig tätig wird (vgl. BSG, Urteil vom 25. August 1994 - 2 RU 42/93 -, BSGE 75, 51 <54>). Sinn des § 9 Abs. 2 SGB VII ist es, ausnahmsweise vom Listensystem abweichen zu können, um solche durch die Arbeit verursachten Krankheiten wie eine Berufskrankheit zu entschädigen, die nur deshalb nicht in die Liste der Berufskrankheiten aufgenommen worden sind, weil die Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft über die besondere Gefährdung bestimmter Personengruppen in ihrer Arbeit bei der letzten Fassung der Liste noch nicht vorhanden waren oder vom Verordnungsgeber nicht hinreichend berücksichtigt wurden (vgl. BSG, Urteil vom 4. August 1981 - 5a/5 RKnU 1/80 -, SozR 2200 § 551 Nr. 18, S. 27). Im Falle des Klägers fehlt es an der sachlichen Anwendungsvoraussetzung der Regelung zur Feststellung einer Wie-Berufskrankheit, denn die Gonarthrose ist in der BKV bezeichnet, die dort bestimmten Voraussetzungen liegen vor und die Feststellung als Listen-Berufskrankheit ist vorliegend nicht grundsätzlich ausgeschlossen.
54 
Die Gonarthrose ist durch die Zweite Verordnung zur Änderung der BKV vom 11. Juni 2009 (BGBl I S. 1273) mit Wirkung zum 1. Juli 2009 als Nr. 2112 in die Liste der Berufskrankheiten (§ 1 BKV i. V. m. Anlage 1) aufgenommen worden. Sie ist bezeichnet als „Gonarthrose durch eine Tätigkeit im Knien oder vergleichbare Kniebelastung mit einer kumulativen Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde pro Schicht“. Die in dieser Listen-Berufskrankheit bestimmten, also dort benannten Voraussetzungen liegen vor. Denn der Kläger war während seiner versicherten beruflichen Tätigkeit von April 1963 bis Juni 1968 und von Januar 1970 bis November 1974 als Beschäftigter nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII sowie aufgrund der freiwilligen Versicherung (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VII) während seiner selbstständigen Tätigkeit von Januar 1975 bis Mitte August 2007 durch eine Tätigkeit im Knien oder eine vergleichbare Kniebelastung einer kumulativen Einwirkungsdauer von 32.442 Stunden ausgesetzt, wobei die Mindesteinwirkungsdauer von einer Stunde je Arbeitsschicht erfüllt war. Hierfür stützt sich der Senat auf die vom Mitarbeiter des Präventionsdienstes der Beklagten Sch. erstellte Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition von Ende Februar 2013, welcher ein von ihm erstelltes Gesprächsprotokoll vom 14. Februar 2013 nach einer persönlichen Unterredung mit dem Kläger an dessen Wohnort einen Tag zuvor zugrunde liegt, das diesem übersandt und am 24. Februar 2013 von ihm unterschrieben worden war. Danach wurden Tätigkeiten als Zimmerer und Dachdecker vollzeitig und an ständig wechselnden Arbeitsplätzen ausgeübt. Von Anfang an wurden während der kalten Jahreszeit keine Mitarbeitenden entlassen, vielmehr führten diese dann Arbeiten in Innenräumen aus. Hierbei handelte es sich um die Parkettverlegung und den Dachgeschossausbau im Trockenbau.Der Bereich der Außenarbeiten umfasste die Zimmerei und Dachdeckerei. Reine Zimmererarbeiten, wie der Abbund und das ausschließliche Aufrichten von etwa Dachstühlen oder Gauben, wurden anfangs nur ausnahmsweise ausgeführt. Hölzer wurden überwiegend fertig abgebunden bezogen. Zum Dachdeckerhandwerk bestanden Überschneidungen. Es wurden Dachstühle aufgerichtet, aber auch die Lattung und Dämmung angebracht. Anschließend erfolgte die Eindeckung mit Dachpfannen und Biberschwanzziegeln (jeweils 50 %), bei größeren Gehöften, Scheunen oder Hallendächern wurden Wellasbestzementplatten verwendet. Flachdächer wurden nicht gedeckt. Es wurden ausschließlich Steildächer bearbeitet. Zum Bereich der Innenarbeiten gehörten die Parkettverlegung und der Innenausbau im Dachgeschoss. Es wurden Stab- und Mosaikparkette im Verhältnis 70 % zu 30 % verlegt, daneben Dielen, Ausgleichsschüttungen, Trittschalldämmungen und Estrichelemente. Das Verhältnis der beiden beschriebenen Bereiche, also von Außen- und Innenarbeiten, betrug, bezogen auf die Arbeitsschichten, etwa 60 % zu 40 %. Von Montag bis Freitag wurde üblicherweise 10 Stunden täglich gearbeitet. An jedem zweiten Samstag wurden die Tätigkeiten auftragsbedingt ebenfalls ausgeübt. Der Kläger war immer aktiv auf den Baustellen tätig, führte also während der regulären Arbeitszeit keine administrativen Tätigkeiten oder Büroarbeiten aus. Diese wurden an den Wochenenden und nach Feierabend erledigt. Der Mitarbeiter des Präventionsdienstes der Beklagten Sch. ist auf dieser Grundlage für den Senat nachvollziehbar von 240 Arbeitsschichten je Zeitjahr ausgegangen. Der Kläger selbst ist damals zu einer nahezu identischen Einschätzung gekommen, wobei er etwa 32 Wochen für die Außen- und 16 Wochen für die Innenarbeiten annahm, woraus sich ein Verhältnis von etwa 2/3 zu 1/3 ergibt. Im Wesentlichen waren die Tätigkeitsinhalte über die Zeit von April 1963 bis Juni 1968 und Januar 1970 bis Mitte August 2007 hinweg vergleichbar, so dass die einzelnen Beschäftigungsabschnitte einheitlich bewertet werden können. Die prozentuale Aufsplittung der Einzeltätigkeiten stellt sich zusammenfassend und gerundet daher wie folgt dar: Außenarbeiten, 60 % der Schichten: Steildach einlatten = 10 % der Schichten = 14 Schichten, Steildach dämmen = 50 % der Schichten = 72 Schichten, Steildach eindecken mit Dachpfannen = 10 % der Schichten = 15 Schichten, Steildach eindecken mit Biberschwanzziegeln = 10 % der Schichten = 15 Schichten, Wellplattenmontage = 10 % der Schichten = 14 Schichten und Zimmerei (Abbund und Aufrichten) = 10 % der Schichten = 14 Schichten sowie Innenarbeiten, 40 % der Schichten: Stabparkett verlegen = 21 % der Schichten = 20 Schichten, Mosaikparkett verlegen = 9 % der Schichten = 9 Schichten, schleifen und verkitten = 10 % der Schichten = 10 Schichten, Dielenboden verlegen = 10 % der Schichten = 10 Schichten und Trittschalldämmung verlegen, auch Schüttung, Holzfaserplatten und Estrichelemente = 50 % der Schichten = 47 Schichten. Hieraus ergibt sich zur Überzeugung des Senats nachvollziehbar eine durch die Tätigkeit im Knien oder vergleichbare Kniebelastung kumulative Einwirkungsdauer von 32.442 Stunden. Gestützt auf den IFA-Report, Ausgabe 1/2010 ist hiernach zudem plausibel eine die Knie betreffende Mindesteinwirkungsdauer von sogar mehr als einer Stunde je Arbeitsschicht ermittelt worden.
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Die Feststellung als Listen-Berufskrankheit ist vorliegend wegen § 6 Abs. 2 Satz 1 BKV in der Fassung der Zweiten Verordnung zur Änderung der BKV vom 11. Juni 2009 (BGBl I S. 1273) nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Leiden danach Versicherte am 1. Juli 2009 an einer Krankheit unter anderem nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV, ist diese auf Antrag als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn der Versicherungsfall nach dem 30. September 2002 eingetreten ist. Der Kläger leidet bis heute im rechten Kniegelenk an einer Gonarthrose im Sinne dieser Listen-Berufskrankheit. Der Versicherungsfall ist, wie zuvor ausgeführt, erst am 22. September 2005 eingetreten. Der Kläger ist folglich nach der Stichtagsregelung des § 6 Abs. 2 Satz 1 BKV, bei der es sich um eine unechte Rückwirkung (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 7. Dezember 2010 - 1 BvR 2628/07 -, BVerfGE 128, 90 <107>) beziehungsweise tatbestandliche Rückanknüpfung (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 11. Juli 2013 - 2 BvR 2302/11 u. a. -, juris, Rz. 72) handelt, die Norm also auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt, nicht von der noch möglichen Anerkennung als Listen-Berufskrankheit ausgeschlossen. Damit behält der Vorrang der allgemeinen Regelung des § 9 Abs. 1 SGB VII in Verbindung mit § 1 BKV und der Anlage 1 hierzu, unter Einschluss der Rückwirkungsanordnung, weiter Geltung (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 9. Oktober 2010 - 1 BvR 791/95 -, juris, Rz. 28). Dieser Vorrang kommt zwar trotz des bei der Verpflichtungsklage maßgeblichen Zeitpunktes der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage wegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 19 Abs. 4 GG (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 22. Oktober 1981 - 1 BvR 1369/79 - BVerfGE 58, 369 zur Auslegung der Regelungen über die Anerkennung von Berufskrankheiten), unter Beachtung des allgemeinen Grundsatzes des Verwaltungsverfahrensrechts, wonach die Trägerinnen der gesetzlichen Unfallversicherung zügig zu entscheiden haben, nicht zum Tragen, wenn von diesen eine Verwaltungsentscheidung zu einer Wie-Berufskrankheit im Hinblick darauf zurückgestellt worden ist, dass eine Änderung der BKV in Sicht ist (BVerfG, a. a. O., Rz. 29), oder sie ein Begehren auf Feststellung als Wie-Berufskrankheit mit dem Hinweis auf eine in Aussicht stehende Änderung der BKV abgelehnt haben (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 23. Juni 2005 - 1 BvR 235/00 -, juris, Rz. 21). Die Beklagte hat indes die Verwaltungsentscheidung über die ihr von Dr. B. im August 2007 angezeigte mögliche Gonarthrose als Berufskrankheit weder im Hinblick darauf zurückgestellt, dass die Zweite Verordnung zur Änderung der BKV vom 11. Juni 2009 (BGBl I S. 1273) in Sicht ist, noch die Ablehnung unter Hinweis auf diese in Aussicht stehende Änderung der BKV abgelehnt. Die Beklagte hat demgegenüber mit dem angefochtenen Bescheid vom 8. Oktober 2009 sogar nach Inkrafttreten der Neuregelungen, abgestellt auf den Zeitpunkt der Meldung der Erkrankung vor dem Stichtag, über die begehrte Feststellung als Wie-Berufskrankheit entschieden und diese mit der Begründung abgelehnt, nicht versicherte Faktoren seien ursächlich für die Gonarthrose gewesen die berufliche Belastung sei in den Hintergrund getreten. Eine unsachgemäße Verzögerung des Verwaltungsverfahrens durch die Beklagte liegt ebenfalls nicht vor. Sie hat nach der hausärztlichen Anzeige der Berufskrankheit sogleich die medizinischen Befundunterlagen, die bis dahin wegen des Arbeitsunfalls vom 29. August 2005, bei dem ebenfalls das rechte Knie betroffen war, vorgelegen haben, zu dem Verfahren wegen der Feststellung einer Berufskrankheit herangezogen, Dr. B. und Dr. L. ergänzend befragt, ein Vorerkrankungsverzeichnis der IKK Baden-Württemberg beigezogen sowie anschließend das nach dem in Bezug auf das Unfallereignis ergangenen Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2007 angestrengte Klageverfahren beim SG Konstanz, welches mit Urteil vom 24. Juni 2009 endete und in welchem weitere medizinische Beweiserhebungen vorgenommen wurden, abgewartet. Daraufhin hat sie von Dr. K. eine Anfang September 2009 vorgelegte beratungsärztliche Stellungnahme eingeholt und die am Ende dieses Monats eingegangene Mitteilung des Regierungspräsidiums Stuttgart, wonach keine gewerbeärztliche Befassung erfolgen werde, abgewartet, um schließlich, ohne dass der Kläger im gesamten Verfahren auf eine frühere Entscheidung hingewirkt hat, mit Bescheid vom 8. Oktober 2009 über sein Begehren zu entscheiden. Dem steht die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht entgegen. Zwar hat dieses in seinem Urteil vom 27. Juni 2006 (B 2 U 5/05 R -, BSGE 96, 297) nicht mehr an seiner bisherigen Rechtsprechung festgehalten, wonach die Anwendung des § 551 Abs. 2 RVO ausnahmslos dann ausgeschlossen war, wenn der Verordnungsgeber die einschlägige Erkrankung in die Liste der Berufskrankheiten aufgenommen hat (Urteil vom 24. Februar 2000 - B 2 U 43/98 R -, SozR 3-2200 § 551 Nr. 14). Die Einschränkung bezog sich indes auf Versicherungsfälle außerhalb eines Rückwirkungszeitraumes, nicht, wie vorliegend, innerhalb eines solchen liegende. Dem Urteil des BSG vom 2. Dezember 2008 (B 2 KN 1/08 U R -, BSGE 102, 121) lag ein Antrag auf Überprüfung eines Bescheides vom 5. Juli 1996, mit dem die Anerkennung einer Atemwegserkrankung unter anderem als Wie-Berufskrankheit nach § 551 Abs. 2 RVO abgelehnt worden war, im Wege des Zugunstenverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch zugrunde. Maßgeblich in diesem Verfahren war also nach dieser materiell-rechtlichen Regelung insbesondere, ob bei Erlass dieses zu überprüfenden Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt worden war. Zu diesem Zeitpunkt war die Erkrankung aber noch nicht in die Liste der Berufskrankheiten aufgenommen worden, was erst durch die BKV vom 31. Oktober 1997 (BGBl I S. 2623) mit Wirkung zum 1. Dezember 1997 erfolgte. Ein Anwendungsvorrang der Listen-Berufskrankheit stellte sich somit überhaupt nicht. Der in dieser Entscheidung formulierte Rechtssatz, wonach diese BKV erst ab dem Tag ihres Inkrafttretens Rechtswirkungen entfaltet und für die Rechtslage davor, wenn die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Wie-Berufskrankheit vorgelegen haben, aus ihr keine Rechtsfolgen hergeleitet werden können (vgl. auch LSG für das Saarland, Urteil vom 23. Mai 2012 - L 2 U 52/09 WA -, juris, Rz. 28), war demzufolge nicht tragend, soweit er so verstanden werden sollte, dass eine geänderte BKV nur nach ihrem Inkrafttreten eintretende Versicherungsfälle erfasst (vgl. hierzu Römer, a. a. O., Stand: Mai 2015, § 6 BKV, Rz. 9). Damit weicht der Senat nicht von einer Entscheidung des BSG ab.
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Darüber hinaus steht zur Überzeugung des Senats nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit fest, dass es durch die versicherten Tätigkeiten im Knien oder eine vergleichbare Kniebelastung zu einer Einwirkungen auf das rechte Kniegelenk gekommen ist, welche die Gonarthrose im rechten Kniegelenk herbeigeführt hat.
57 
Für die Feststellung einer Wie-Berufskrankheit ist wie bei einer Listen-Berufskrankheit Voraussetzung, dass im Einzelfall eine berufsbedingte Einwirkung die rechtlich wesentliche Ursache einer nicht in der Liste der Berufskrankheiten bezeichneten Krankheit ist (vgl. Urteil des Senats vom 26. März 2015 - L 6 U 1017/13 -, juris, Rz. 50; Römer, in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB VII, Stand: Juli 2015, § 9 Rz. 38a). Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 23. April 2015 - B 2 U 10/14 R -, juris, Rz. 11 m. w. N., zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Da die R.ung des § 9 Abs. 2 SGB VII keinen Auffangtatbestand und keine allgemeine Härteklausel beinhaltet (BSG, Urteile vom 20. Juli 2010 - B 2 U 19/09 R -, juris, Rz. 19 m. w. N. und 13. Februar 2013 - B 2 U 33/11 R -, SozR 4-2700 § 9 Nr. 21, Rz. 17; vgl. auch BSG, Urteil vom 4. Juni 2002 - B 2 U 20/01 R -, juris, Rz. 20 zu § 551 Abs. 2 RVO), darf die Anerkennung einer Wie-Berufskrankheit darüber hinaus nur erfolgen, wenn die Voraussetzungen für die Aufnahme der betreffenden Einwirkungs-Krankheits-Kombination in die Liste der Berufskrankheiten erfüllt sind, der Verordnungsgeber sie also als neue Listen-Berufskrankheit in die BKV einfügen dürfte, aber noch nicht tätig geworden ist (vgl. BT-Drucks 13/2204, S. 77 f.), also der generelle Ursachenzusammenhang gegeben ist (vgl. Römer, a. a. O., Rz. 39). Die Anerkennung einer Wie-Berufskrankheit knüpft an dieselben materiellen Voraussetzungen an, die der Verordnungsgeber auch nach § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII für die Aufnahme einer Erkrankung in die Liste zu beachten hat.
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Dahinstehen kann, ob, wovon das SG Ulm ausgegangen ist, der Listen-Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV „harte“ Kriterien, die vorliegend im Vollbeweis vorliegen, zu entnehmen sind, und sich hieraus eine tatsächliche Vermutung des Ursachenzusammenhanges ergibt (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 2007 - B 2 U 15/05 R -, SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 4104 Nr. 2, Rz. 24 zur Berufskrankheit nach Nr. 4104 der Anlage 1 zur BKV), welche auch auf die Gonarthrose als Wie-Berufskrankheit „zu übertragen“ ist (Hessisches LSG, Urteil vom 18. November 2011 - L 9 U 66/07 -, juris, Rz. 40). Denn selbst eine tatsächliche Vermutung ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme erschüttert und der Ursachenzusammenhang nicht nachgewiesen.
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Beim Vergleich der radiologischen Befunde liegt beim Kläger nach den überzeugenden Ausführungen von Prof. Dr. Sch. im rechten Kniegelenk eine viertgradige Gonarthrose nach Kellgren et al. vor, demgegenüber links keine derartige nach diesem Bewertungsmaßstab maßgebliche Erkrankung. Dieser Sachverständige hat schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt, dass bei einer solchen Befundkonstellation ein Ursachenzusammenhang zwischen der beruflichen kniebelastenden Tätigkeit und dieser Erkrankung nur bei einer besonderen Begründung und dem Nachweis einer einseitigen arbeitsbedingten Belastung gegeben ist, wenn also eine asymmetrische, beruflich bedingte Belastung der beiden Kniegelenke vorlag (vgl. Begutachtungsempfehlung für die Berufskrankheit Nr. 2112 der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e. V. vom 3. Juni 2014, S. 8; vgl. auch die Entscheidung des Senats vom 26. November 2015 - L 6 U 2782/15 -, juris, Rz. 48 zu einem asymmetrischen Schadensbild bei der Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV). Davon ist der Senat auch nach den Angaben des Klägers im Berufungsverfahren nicht überzeugt. Zuletzt hat er vorgetragen, er habe während seiner beruflichen Tätigkeit ganz überwiegend Steildächer mit Biberschwanzziegeln eingedeckt, welche insgesamt, bezogen auf mehr als zwanzig benannte Objekte, mindestens eine Fläche von 5.210 m² umfasst hätten. Hierbei habe es sich allein um die Projekte gehandelt, welche ihm spontan erinnerlich gewesen seien. Während der Ausbildungs- und sonstigen Arbeitszeit seien noch zahlreiche weitere derartige Dächer eingedeckt worden. Tatsächlich habe es sich um das Doppelte, wenn nicht sogar ein Vielfaches dieser Quadratmeterzahl gehandelt. Weder nach dem SGG noch nach der ZPO gibt es zwar eine Beweisregelung in dem Sinne, dass frühere Aussagen oder Angaben grundsätzlich einen höheren Beweiswert besitzen als spätere; im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 286 ZPO) sind vielmehr alle Aussagen, Angaben und sonstigen Einlassungen zu würdigen. Gleichwohl kann das Gericht im Rahmen der Gesamtwürdigung den zeitlich früheren Aussagen aufgrund der Gesichtspunkte, dass die Erinnerung hierbei noch frischer war und sie von irgendwelchen Überlegungen, die darauf abzielen, das Klagebegehren zu begünstigen, noch unbeeinflusst waren, einen höheren Beweiswert als den späteren zumessen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2003 - B 2 U 41/02 R -, SozR 4-2700 § 4 Nr. 1, Rz. 12; Urteile des Senats vom 12. August 2014 - L 6 VH 5821/10 ZVW - juris, Rz. 144 und vom 21. Mai 2015 - L 6 U 1053/15 -, juris, Rz. 34). Hiervon geht der Senat vorliegend in Bezug auf die Angaben aus, welche sich nach der Stellungnahme des Mitarbeiters des Präventionsdienstes der Beklagten Sch. zur Arbeitsplatzexposition von Ende Februar 2013 ergeben haben, der ein von ihm erstelltes Gesprächsprotokoll vom 14. Februar 2013 nach einer persönlichen Unterredung mit dem Kläger an dessen Wohnort einen Tag zuvor zugrunde liegt, das diesem übersandt und am 24. Februar 2013 von ihm unterschrieben worden war. Danach nahm die Einzeltätigkeit „Steildach eindecken mit Biberschwanzziegeln“ 10 % der Schichten ein; ausgehend von 240 Arbeitsschichten je Jahr und einer Gewichtung der Außen- zu den Innenarbeiten mit 60 % zu 40 % aufgerundet 15 Schichten. Mit einem Anteil von weniger als 7 % der Jahresarbeitsschichten (15 von 240 Schichten) hatte diese Tätigkeit somit eine nur untergeordnete Bedeutung, wodurch eine einseitig arbeitsbedingte Belastung nicht nachgewiesen ist. Das Abweichen nach dem Kellgren-Lawrence-Score von vier Grad zwischen dem rechten und linken Kniegelenk erklärt sich dadurch nicht. Darüber hinaus bieten Biberschwanzziegel mit steigender Dachneigung gegenüber anderen Dachziegeltypen zwar schlechtere Standbedingungen, weshalb das Eindecken insoweit in weitaus größerem Maße im Knien durchgeführt wird. In den Untersuchungen konnte indes lediglich häufig und nicht immer auch das einbeinige Knien auf der Dachfläche beobachtet werden. Der Kläger hat in Bezug darauf im gesamten Verfahren weder konkrete Angaben zu den Dachneigungen gemacht, bei denen er Biberschwanzziegel eindeckte, noch in welchem Umfang er dabei einseitig rechts kniete. Das von ihm in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Lichtbild zeigt ihn nicht rechts-, sondern linkskniend. Soweit der Sachverständige Dr. Pf. aus dem Umstand der Rechtshändigkeit des Klägers geschlossen hat, dass es hierdurch zu einer vermehrten Belastung des rechten Kniegelenkes gekommen ist, handelt es sich um eine für ihn plausible Erklärung eines möglichen Bewegungsablaufes, ohne dass damit für den Senat der Nachweis erbracht ist, zumal der Kläger selbst den Arbeitsvorgang nie so beschrieben hat und das von ihm in die mündliche Verhandlung mitgebrachte Foto ihn demgegenüber linkskniend zeigt. Die Tätigkeiten als Zimmermann mögen als solche einseitig kniende Arbeitsabläufe enthalten, wie der Sachverständige Dr. M. dargelegt hat. Der konkret beim Kläger nachgewiesene Umfang belegt indes keine überwiegend einseitige, das rechte Kniegelenk belastenden Tätigkeiten.
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Zudem spricht die Zeitspanne zwischen dem Erreichen der kumulativen Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde je Schicht einerseits sowie dem erstmaligen Nachweis der Gonarthrose nach einem Grad von mindestens 2 nach dem Kellgren-Lawrence-Score gegen einen Zusammenhang zwischen einer Einwirkung aufgrund der beruflichen kniebelastenden Tätigkeit und einer solchen Gonarthrose. Diese arbeitstechnischen Kriterien beruhen auf Erkenntnissen aus epidemiologischen Studien (vgl. hierzu und zum Folgenden BR-Drucks 242/09, S. 17). In der bislang größten zu dieser Thematik durchgeführten Fall-Kontroll-Studie zeigte sich bei einer Belastungsdauer von insgesamt rund 13.000 Stunden ein mehr als verdoppeltes, signifikant erhöhtes Gonarthroserisiko für Personen mit hoher beruflicher Exposition durch eine kniende oder hockende Tätigkeit. Auch für die Voraussetzung der mindestens einstündigen Kniegelenksbelastung je Schicht wurde die Verdoppelungsdosis in epidemiologischen Studien festgestellt. Prof. Dr. Sch. hat in Bezug darauf überzeugend ausgeführt, dass ein plausibler Zeitraum zwischen einer solchen Einwirkungsintensität und dieser Gesundheitsstörung anzunehmen ist, wenn, bei einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde je Schicht, zwischen dem Erreichen der 13.000 Stunden, was beim Kläger rechnerisch Ende 1981 der Fall gewesen ist, und dem erstmaligem Nachweis der Erkrankung maximal fünf Jahre liegen. Bei einem längeren Zeitraum ist der Ursachenzusammenhang umso unwahrscheinlicher, je größer die Spanne ist. Die Erkrankung nach einem Grad von mindestens 2 nach dem Kellgren-Lawrence-Score ist beim Kläger im September 2005 nachgewiesen worden, so dass mittlerweile sogar annähernd 24 Jahre vergangen gewesen sind. Auch aus Plausibilitätsgründen ist eine berufsbedingte Verursachung somit nicht wahrscheinlich, sonst hätte sich die berufliche Belastung früher in einem relevanten Schaden realisieren müssen.
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Dr. Pf. gelangt wie Dr. M. durch Ausschluss möglicher konkurrierender Ursachen zu dem Ergebnis, dass die Gonarthrose mit Wahrscheinlichkeit und in wesentlicher Weise durch die berufliche Tätigkeit des Klägers verursacht worden ist. Beide setzen sich indes darüber hinaus nicht in hinreichendem Maße mit dem deutlich unterschiedlichen Schadensbild im rechten und linken Kniegelenk sowie überhaupt nicht mit der Zeitspanne zwischen dem Erreichen der kumulativen Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde je Schicht einerseits sowie dem erstmaligen Nachweis der Gonarthrose nach einem Grad von mindestens 2 nach dem Kellgren-Lawrence-Score andererseits auseinander. Beide Gutachten haben den Senat daher nicht überzeugt. Weder musste Dr. Pf. mit dem Gutachten von Prof. Dr. Sch. konfrontiert oder Letzterer ergänzend befragt, noch eine weitere, vom Kläger als Obergutachten bezeichnete Expertise in Auftrag geben werden, welche ohnehin keinen höheren Beweiswert als die bereits eingeholten sachverständigen Meinungen hätte (vgl. Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 128 Rz. 7e). Die Würdigung unterschiedlicher Gutachtensergebnisse gehört wie die anderer sich widersprechender Beweisergebnisse zur Beweiswürdigung selbst, welche ureigene Aufgabe eines Tatsachengerichts ist. Eine Verpflichtung zur Einholung eines weiteren Gutachtens besteht auch bei einander widersprechenden Gutachtensergebnissen im Allgemeinen nicht. Vielmehr hat sich das Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung mit den einander entgegenstehenden Ergebnissen auseinanderzusetzen. Hält es eines von mehreren Gutachten für überzeugend, wie vorliegend dasjenige von Prof. Dr. Sch., darf es sich diesem anschließen, ohne ein weiteres einzuholen. Bei einer derartigen Fallgestaltung ist für eine weitere Beweiserhebung regelmäßig kein Raum (vgl. BSG, Beschlüsse vom 19. November 2007 - B 5a/5 R 382/06 B -, SozR 4-1500 § 160a Nr. 21, Rz. 8 und 12. Mai 2015 - B 9 SB 93/14 B -, juris, Rz. 6). Als Grund für eine Ausnahme ist zwar ein nicht lösbarer Widerspruch anerkannt, welcher indes nicht darin zu sehen ist, dass unterschiedliche Gutachtensergebnisse vorliegen. Für den Nachweis, dass der Kläger Steildächer mit einer von ihm konkretisierten Gesamtfläche von mindestens 5.210 m² mit Biberschwanzziegeln eindeckte, sind die Sachverständigen ohnehin kein geeignetes Beweismittel.
62 
Mangels hinreichender Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhanges der beruflich bedingten Einwirkungen auf die Knie des Klägers und der Gonarthrose, kommt es an sich von vornherein nicht darauf an, ob beim Kläger mit der Chondrokalzinose, den Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis, der kongenitalen tibiofemoralen Beinachse (Varusstellung), dem Übergewicht oder dem Unfallereignis vom 29. August 2005 konkurrierende Ursachen vorhanden sind, die ihrerseits zu der Gonarthrose geführt haben. Nach der überzeugenden Begründung von Prof. Dr. Sch. gilt eine Chondrokalzinose aber ohnehin nicht als konkurrierender Faktor für die Entstehung einer Gonarthrose. Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis sind zwar nach klinischer Erfahrung anzunehmen, als Ursache nach der Literatur aber derzeit nicht belegbar. Die kongenitale tibiofemorale Beinachse ist ebenfalls nicht als konkurrierender Faktor anzusehen. In dem Bericht von Dr. B. über eine Operation Ende September 2008 ist eine Varusstellung von 10° im rechten Kniegelenk erwähnt. Ganzbeinaufnahmen sind nicht angefertigt worden. Auf einer Röntgenaufnahme von April 2008 ist sogar keine varische Beinachse zu erkennen gewesen. Eine maximale Beinachsenfehlstellung um 10° wird üblicherweise als leichtgradige Fehlstellung bezeichnet, welche kein Ausschlusskriterium in diesem Zusammenhang darstellt (vgl. Urteil des Senats vom 26. November 2015 - L 6 U 2782/15 -, Rz. 50 zur Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV). Übergewicht gilt zwar als wissenschaftlich gesicherte Alternativursache. Allerdings besteht für die Adipositas eine epidemiologische Evidenz für ein multiplikatives Zusammenwirken mit den arbeitsbedingten Belastungen. Nach der wissenschaftlichen Begründung ist die vorliegend zu beurteilende Berufskrankheit bei gegebenen arbeitstechnischen Voraussetzungen und einem geeigneten Krankheitsbild auch bei adipösen Menschen anzuerkennen. Nach dem Akteninhalt sind hinsichtlich Körpergröße und -gewicht des Klägers ab 1991 sowie vor dem Unfallereignis im Jahre 2005 Werte zwischen 105 kg und 113 kg dokumentiert. Bei der gutachterlichen Untersuchung durch Dr. Pf. Anfang August 2010 ist das Körpergewicht mit 110 kg festgestellt worden. Die Behauptung des Klägers im Berufungsverfahren, wonach es erst nach seiner Heirat im Jahre 1979 zu einer Gewichtszunahme gekommen sei, als er die berufliche Tätigkeit reduziert und schließlich eingestellt habe, frühestens also nach dem Unfall im Jahre 2005, was er in der mündlichen Verhandlung mittels Vorlage von Fotos von ihm zu untermauern versucht hat, ist damit allerdings widerlegt. Dr. K. weist zwar in seinen beratungsärztlichen Stellungnahmen von September und November 2010 unter Bezugnahme auf die biomechanische Plausibilität darauf hin, bei einem belastungskonformen Schadensbild der vorliegend zu prüfenden Berufskrankheit sei zu erwarten, dass der Knorpelschaden im Patellofemoralgelenk beginne und sich von dort aus gegebenenfalls in das Kniehauptgelenk ausdehne. Der Knorpelschaden müsse danach in erster Linie und vorauseilend im Patellofemoralgelenk vorhanden sein. Die ursprüngliche Arbeitshypothese des interdisziplinären Arbeitskreises, welcher die Begutachtungsempfehlung für die Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV erarbeitet hat, nach der mit einem Beginn des Knorpelaufbrauches in erst Linie patellofemoral und in den dorsalen Kniegelenksanteilen sowie mit einem selektiven Aufbrauch der Meniskushinterhörner als möglichem Initialstadium zu rechnen sei, hat sich durch die bislang vorliegenden Forschungsergebnisse indes nicht belegen lassen (vgl. die Empfehlung auf S. 9). Anders als Prof. Dr. Sch., Dr. Pf. und Dr. M. geht der Senat darüber hinaus nur von der Möglichkeit aus, dass die Veränderungen im rechten Kniegelenk, also auch die arthrotischen, hauptsächlich durch das Unfallereignis vom 29. August 2005 mit verbliebener Instabilität nach stattgehabter Kreuzbandverletzung bedingt gewesen sind.
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Nach alledem war der Berufung der Beklagten stattzugeben und das erstinstanzliche Urteil aufzuheben.
64 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

Gründe

 
50 
Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere statthafte Berufung (§ 143, § 144 Abs. 1 SGG) der Beklagten ist begründet. Deren Bescheid vom 8. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Februar 2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Voraussetzungen für die Feststellung einer Gonarthrose als Wie-Berufskrankheit liegen nicht vor. Das SG hätte die als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG, zur Klageart vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2013 - B 2 U 6/12 R -, SozR 4-2700 § 9 Nr. 22, Rz. 13 m. w. N.) erhobene Klage, die zuletzt ausschließlich darauf gerichtet gewesen ist, die Beklagte zu verpflichten, eine Gonarthrose als Wie-Berufskrankheit festzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 12. Januar 2010 - B 2 U 5/08 R -, SozR 4-2700 § 9 Nr. 17, Rz. 12, wonach nach dem materiellen Recht mit den jeweiligen Listen-Berufskrankheiten und der Wie-Berufskrankheit verschiedene Versicherungsfälle definiert sind, und LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. September 2009 - L 8 U 5884/08 -, juris, Rz. 32 ff. zu einer Teilrücknahme der Klage durch spätere Antragsbeschränkung), daher abweisen müssen.
51 
Die Voraussetzungen für die Feststellung der Gonarthrose des Klägers als Wie-Berufskrankheit liegen nicht vor, da der sachliche Anwendungsbereich nicht eröffnet ist. Darüber hinaus fehlt es am Ursachenzusammenhang zwischen den Einwirkungen durch die versicherten Tätigkeiten im Knien oder eine vergleichbare Kniebelastung und der Gonarthrose im rechten Kniegelenk; im linken liegt keine insoweit maßgebliche Erkrankung vor.
52 
Der geltend gemachten Anspruch richtet sich nach den am 1. Januar 1997 in Kraft getretenen Bestimmungen des SGB VII (Art. 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz, BGBl I 1996, S. 1254; § 212 SGB VII), da beim Kläger zwar erstmals 1995 Kniebeschwerden auftraten, wie dies der ihn behandelnde Hausarzt Dr. B. bei der Anzeige des Verdachtes einer Gonarthrose als Berufskrankheit im August 2007 kundgetan hat. Diagnostiziert worden ist eine „diskrete“ Gonarthrose allerdings überhaupt erst durch Dr. L. nach einer klinischen und radiologischen Untersuchung des Klägers am 6. September 2005. Nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand (vgl. hierzu BSG, Urteile vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -, BSGE 96, 196 <200 f.> und 23. April 2015 - B 2 U 10/14 R -, juris, Rz. 20, zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen), der wegen des für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei der vorliegenden Verpflichtungsklage maßgeblichen Zeitpunktes der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz zu berücksichtigen ist (vgl. Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 54 Rz. 34), liegt eine durch die versicherte Tätigkeit im Knien oder vergleichbare Kniebelastung herbeigeführte Gonarthrose sogar erst vor, wenn chronische Kniegelenksbeschwerden, Funktionsstörungen bei der standardisierten klinisch-orthopädischen Untersuchung und die röntgenologische Diagnose einer Gonarthrose entsprechend einem Grad 2 bis 4 der spezifizierten Klassifikation von Kellgren et al. objektiviert worden sind; als Funktionsstörung muss eine Bewegungseinschränkung in Form einer eingeschränkten Streckung und/oder Beugung im Kniegelenk, ein Kniegelenkserguss, eine Kapselentzündung mit Verdickung oder Verplumpung der Gelenkkontur, eine Krepitation bei der Gelenkbewegung, ein hinkendes Gangbild oder eine Atrophie der Oberschenkelmuskulatur festgestellt sein. Diesen Maßstab legt der Senat aufgrund der Begutachtungsempfehlung für die Berufskrankheit Nr. 2112 (Gonarthrose) der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e. V., Stand: 3. Juni 2014 (im Internet unter „www.dguv.de/medien/inhalt/versicherung/bk/empfehlungen/Begutachtung-BK2112-Stand-20140613.pdf“), zugrunde, welche von einem interdisziplinären Arbeitskreis, zu dem auch der Sachverständige Prof. Dr. Sch. gehört hat, erstellt worden sind. Die Kriterien „chronische Kniegelenksbeschwerden, Funktionsstörungen bei der orthopädischen Untersuchung in Form einer eingeschränkten Streckung oder Beugung im Kniegelenk und die röntgenologische Diagnose einer Gonarthrose entsprechend einem Grad 2 bis 4 der spezifizierten Klassifikation von Kellgren et al.“ ist bereits nach dem Merkblatt zur Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV (Bekanntmachung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 30. Dezember 2009 - IVa 4-45222-2112 -, GMBl 5/6/2010, S. 98 ff.) gefordert worden. Der Sachverständige Prof. Dr. Sch. geht vor diesem Hintergrund von einer objektivierten Gonarthrose im rechten Kniegelenk im Jahre 2006 aus, wohingegen der Senat zu der Überzeugung gelangt ist, dass diese bereits am 22. September 2005 nachgewiesen worden ist. Nach dem im Wege des Urkundenbeweises (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 415 ff. Zivilprozessordnung - ZPO) verwerteten Befundbericht von Dr. R., der infolge eines an diesem Tag erstellten MRT verfasst worden ist, wurden eine mediale Gonarthrose mit dritt- bis viertgradigem Knorpelschaden femoral und tibial, ein deutliches Knochenmarködem in den benachbarten Partien femoral und tibial, ein retropatellarer Knorpelschaden craniomedial sowie ein Status nach Dehnung des Retinaculum patellae mediale mit teils aufgefaserten Strukturen festgestellt. Dr. L. hatte bereits zuvor, am 6. September 2005 und bei bereits bestehenden chronischen Kniegelenksbeschwerden, einen deutlichen Kniegelenkserguss und eine endgradige Bewegungseinschränkung bei der Streckung objektiviert, wobei der Senat zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass diese Funktionsstörungen wegen der arthrotischen Veränderungen bestanden haben und nicht auf das Unfallereignis vom 29. August 2005 zurückzuführen gewesen sind. Der Versicherungsfall im Sinne des § 212 SGB VII ist damit jedenfalls weit nach dem 31. Dezember 1996 eingetreten. Offen bleiben kann, ob § 9 Abs. 5 SGB VII entsprechende Anwendung findet. Soweit danach Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für die Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen (vgl. Köhler, in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB VII, Stand: Mai 2011, § 212 Rz. 5; Söhngen, in jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 212 Rz. 11). Auch diese Voraussetzungen lägen frühestens zum Zeitpunkt des Nachweises der Gonarthrose vor.
53 
Nach § 9 Abs. 2 SGB VII haben die Trägerinnen der gesetzlichen Unfallversicherung eine Krankheit, die nicht in der BKV bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII erfüllt sind (sog. „Öffnungsklausel“ für Wie-Berufskrankheiten). Mit § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII hat der Gesetzgeber das "Listensystem" als Grundprinzip des Rechts der Berufskrankheiten der gesetzlichen Unfallversicherung festgelegt. Mit der Einführung der Wie-Berufskrankheit in § 551 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) durch das Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz vom 30. April 1963 (BGBl I S. 241), also der Vorgängervorschrift zu § 9 Abs. 2 SGB VII, wurde eine Ausnahme vom Listenprinzip nur für den Fall zugelassen, dass der Verordnungsgeber wegen der regelmäßig notwendigen mehrjährigen Intervalle zwischen den Anpassungen der BKV an die neuen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht rechtzeitig tätig wird (vgl. BSG, Urteil vom 25. August 1994 - 2 RU 42/93 -, BSGE 75, 51 <54>). Sinn des § 9 Abs. 2 SGB VII ist es, ausnahmsweise vom Listensystem abweichen zu können, um solche durch die Arbeit verursachten Krankheiten wie eine Berufskrankheit zu entschädigen, die nur deshalb nicht in die Liste der Berufskrankheiten aufgenommen worden sind, weil die Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft über die besondere Gefährdung bestimmter Personengruppen in ihrer Arbeit bei der letzten Fassung der Liste noch nicht vorhanden waren oder vom Verordnungsgeber nicht hinreichend berücksichtigt wurden (vgl. BSG, Urteil vom 4. August 1981 - 5a/5 RKnU 1/80 -, SozR 2200 § 551 Nr. 18, S. 27). Im Falle des Klägers fehlt es an der sachlichen Anwendungsvoraussetzung der Regelung zur Feststellung einer Wie-Berufskrankheit, denn die Gonarthrose ist in der BKV bezeichnet, die dort bestimmten Voraussetzungen liegen vor und die Feststellung als Listen-Berufskrankheit ist vorliegend nicht grundsätzlich ausgeschlossen.
54 
Die Gonarthrose ist durch die Zweite Verordnung zur Änderung der BKV vom 11. Juni 2009 (BGBl I S. 1273) mit Wirkung zum 1. Juli 2009 als Nr. 2112 in die Liste der Berufskrankheiten (§ 1 BKV i. V. m. Anlage 1) aufgenommen worden. Sie ist bezeichnet als „Gonarthrose durch eine Tätigkeit im Knien oder vergleichbare Kniebelastung mit einer kumulativen Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde pro Schicht“. Die in dieser Listen-Berufskrankheit bestimmten, also dort benannten Voraussetzungen liegen vor. Denn der Kläger war während seiner versicherten beruflichen Tätigkeit von April 1963 bis Juni 1968 und von Januar 1970 bis November 1974 als Beschäftigter nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII sowie aufgrund der freiwilligen Versicherung (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VII) während seiner selbstständigen Tätigkeit von Januar 1975 bis Mitte August 2007 durch eine Tätigkeit im Knien oder eine vergleichbare Kniebelastung einer kumulativen Einwirkungsdauer von 32.442 Stunden ausgesetzt, wobei die Mindesteinwirkungsdauer von einer Stunde je Arbeitsschicht erfüllt war. Hierfür stützt sich der Senat auf die vom Mitarbeiter des Präventionsdienstes der Beklagten Sch. erstellte Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition von Ende Februar 2013, welcher ein von ihm erstelltes Gesprächsprotokoll vom 14. Februar 2013 nach einer persönlichen Unterredung mit dem Kläger an dessen Wohnort einen Tag zuvor zugrunde liegt, das diesem übersandt und am 24. Februar 2013 von ihm unterschrieben worden war. Danach wurden Tätigkeiten als Zimmerer und Dachdecker vollzeitig und an ständig wechselnden Arbeitsplätzen ausgeübt. Von Anfang an wurden während der kalten Jahreszeit keine Mitarbeitenden entlassen, vielmehr führten diese dann Arbeiten in Innenräumen aus. Hierbei handelte es sich um die Parkettverlegung und den Dachgeschossausbau im Trockenbau.Der Bereich der Außenarbeiten umfasste die Zimmerei und Dachdeckerei. Reine Zimmererarbeiten, wie der Abbund und das ausschließliche Aufrichten von etwa Dachstühlen oder Gauben, wurden anfangs nur ausnahmsweise ausgeführt. Hölzer wurden überwiegend fertig abgebunden bezogen. Zum Dachdeckerhandwerk bestanden Überschneidungen. Es wurden Dachstühle aufgerichtet, aber auch die Lattung und Dämmung angebracht. Anschließend erfolgte die Eindeckung mit Dachpfannen und Biberschwanzziegeln (jeweils 50 %), bei größeren Gehöften, Scheunen oder Hallendächern wurden Wellasbestzementplatten verwendet. Flachdächer wurden nicht gedeckt. Es wurden ausschließlich Steildächer bearbeitet. Zum Bereich der Innenarbeiten gehörten die Parkettverlegung und der Innenausbau im Dachgeschoss. Es wurden Stab- und Mosaikparkette im Verhältnis 70 % zu 30 % verlegt, daneben Dielen, Ausgleichsschüttungen, Trittschalldämmungen und Estrichelemente. Das Verhältnis der beiden beschriebenen Bereiche, also von Außen- und Innenarbeiten, betrug, bezogen auf die Arbeitsschichten, etwa 60 % zu 40 %. Von Montag bis Freitag wurde üblicherweise 10 Stunden täglich gearbeitet. An jedem zweiten Samstag wurden die Tätigkeiten auftragsbedingt ebenfalls ausgeübt. Der Kläger war immer aktiv auf den Baustellen tätig, führte also während der regulären Arbeitszeit keine administrativen Tätigkeiten oder Büroarbeiten aus. Diese wurden an den Wochenenden und nach Feierabend erledigt. Der Mitarbeiter des Präventionsdienstes der Beklagten Sch. ist auf dieser Grundlage für den Senat nachvollziehbar von 240 Arbeitsschichten je Zeitjahr ausgegangen. Der Kläger selbst ist damals zu einer nahezu identischen Einschätzung gekommen, wobei er etwa 32 Wochen für die Außen- und 16 Wochen für die Innenarbeiten annahm, woraus sich ein Verhältnis von etwa 2/3 zu 1/3 ergibt. Im Wesentlichen waren die Tätigkeitsinhalte über die Zeit von April 1963 bis Juni 1968 und Januar 1970 bis Mitte August 2007 hinweg vergleichbar, so dass die einzelnen Beschäftigungsabschnitte einheitlich bewertet werden können. Die prozentuale Aufsplittung der Einzeltätigkeiten stellt sich zusammenfassend und gerundet daher wie folgt dar: Außenarbeiten, 60 % der Schichten: Steildach einlatten = 10 % der Schichten = 14 Schichten, Steildach dämmen = 50 % der Schichten = 72 Schichten, Steildach eindecken mit Dachpfannen = 10 % der Schichten = 15 Schichten, Steildach eindecken mit Biberschwanzziegeln = 10 % der Schichten = 15 Schichten, Wellplattenmontage = 10 % der Schichten = 14 Schichten und Zimmerei (Abbund und Aufrichten) = 10 % der Schichten = 14 Schichten sowie Innenarbeiten, 40 % der Schichten: Stabparkett verlegen = 21 % der Schichten = 20 Schichten, Mosaikparkett verlegen = 9 % der Schichten = 9 Schichten, schleifen und verkitten = 10 % der Schichten = 10 Schichten, Dielenboden verlegen = 10 % der Schichten = 10 Schichten und Trittschalldämmung verlegen, auch Schüttung, Holzfaserplatten und Estrichelemente = 50 % der Schichten = 47 Schichten. Hieraus ergibt sich zur Überzeugung des Senats nachvollziehbar eine durch die Tätigkeit im Knien oder vergleichbare Kniebelastung kumulative Einwirkungsdauer von 32.442 Stunden. Gestützt auf den IFA-Report, Ausgabe 1/2010 ist hiernach zudem plausibel eine die Knie betreffende Mindesteinwirkungsdauer von sogar mehr als einer Stunde je Arbeitsschicht ermittelt worden.
55 
Die Feststellung als Listen-Berufskrankheit ist vorliegend wegen § 6 Abs. 2 Satz 1 BKV in der Fassung der Zweiten Verordnung zur Änderung der BKV vom 11. Juni 2009 (BGBl I S. 1273) nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Leiden danach Versicherte am 1. Juli 2009 an einer Krankheit unter anderem nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV, ist diese auf Antrag als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn der Versicherungsfall nach dem 30. September 2002 eingetreten ist. Der Kläger leidet bis heute im rechten Kniegelenk an einer Gonarthrose im Sinne dieser Listen-Berufskrankheit. Der Versicherungsfall ist, wie zuvor ausgeführt, erst am 22. September 2005 eingetreten. Der Kläger ist folglich nach der Stichtagsregelung des § 6 Abs. 2 Satz 1 BKV, bei der es sich um eine unechte Rückwirkung (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 7. Dezember 2010 - 1 BvR 2628/07 -, BVerfGE 128, 90 <107>) beziehungsweise tatbestandliche Rückanknüpfung (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 11. Juli 2013 - 2 BvR 2302/11 u. a. -, juris, Rz. 72) handelt, die Norm also auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt, nicht von der noch möglichen Anerkennung als Listen-Berufskrankheit ausgeschlossen. Damit behält der Vorrang der allgemeinen Regelung des § 9 Abs. 1 SGB VII in Verbindung mit § 1 BKV und der Anlage 1 hierzu, unter Einschluss der Rückwirkungsanordnung, weiter Geltung (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 9. Oktober 2010 - 1 BvR 791/95 -, juris, Rz. 28). Dieser Vorrang kommt zwar trotz des bei der Verpflichtungsklage maßgeblichen Zeitpunktes der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage wegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 19 Abs. 4 GG (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 22. Oktober 1981 - 1 BvR 1369/79 - BVerfGE 58, 369 zur Auslegung der Regelungen über die Anerkennung von Berufskrankheiten), unter Beachtung des allgemeinen Grundsatzes des Verwaltungsverfahrensrechts, wonach die Trägerinnen der gesetzlichen Unfallversicherung zügig zu entscheiden haben, nicht zum Tragen, wenn von diesen eine Verwaltungsentscheidung zu einer Wie-Berufskrankheit im Hinblick darauf zurückgestellt worden ist, dass eine Änderung der BKV in Sicht ist (BVerfG, a. a. O., Rz. 29), oder sie ein Begehren auf Feststellung als Wie-Berufskrankheit mit dem Hinweis auf eine in Aussicht stehende Änderung der BKV abgelehnt haben (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 23. Juni 2005 - 1 BvR 235/00 -, juris, Rz. 21). Die Beklagte hat indes die Verwaltungsentscheidung über die ihr von Dr. B. im August 2007 angezeigte mögliche Gonarthrose als Berufskrankheit weder im Hinblick darauf zurückgestellt, dass die Zweite Verordnung zur Änderung der BKV vom 11. Juni 2009 (BGBl I S. 1273) in Sicht ist, noch die Ablehnung unter Hinweis auf diese in Aussicht stehende Änderung der BKV abgelehnt. Die Beklagte hat demgegenüber mit dem angefochtenen Bescheid vom 8. Oktober 2009 sogar nach Inkrafttreten der Neuregelungen, abgestellt auf den Zeitpunkt der Meldung der Erkrankung vor dem Stichtag, über die begehrte Feststellung als Wie-Berufskrankheit entschieden und diese mit der Begründung abgelehnt, nicht versicherte Faktoren seien ursächlich für die Gonarthrose gewesen die berufliche Belastung sei in den Hintergrund getreten. Eine unsachgemäße Verzögerung des Verwaltungsverfahrens durch die Beklagte liegt ebenfalls nicht vor. Sie hat nach der hausärztlichen Anzeige der Berufskrankheit sogleich die medizinischen Befundunterlagen, die bis dahin wegen des Arbeitsunfalls vom 29. August 2005, bei dem ebenfalls das rechte Knie betroffen war, vorgelegen haben, zu dem Verfahren wegen der Feststellung einer Berufskrankheit herangezogen, Dr. B. und Dr. L. ergänzend befragt, ein Vorerkrankungsverzeichnis der IKK Baden-Württemberg beigezogen sowie anschließend das nach dem in Bezug auf das Unfallereignis ergangenen Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2007 angestrengte Klageverfahren beim SG Konstanz, welches mit Urteil vom 24. Juni 2009 endete und in welchem weitere medizinische Beweiserhebungen vorgenommen wurden, abgewartet. Daraufhin hat sie von Dr. K. eine Anfang September 2009 vorgelegte beratungsärztliche Stellungnahme eingeholt und die am Ende dieses Monats eingegangene Mitteilung des Regierungspräsidiums Stuttgart, wonach keine gewerbeärztliche Befassung erfolgen werde, abgewartet, um schließlich, ohne dass der Kläger im gesamten Verfahren auf eine frühere Entscheidung hingewirkt hat, mit Bescheid vom 8. Oktober 2009 über sein Begehren zu entscheiden. Dem steht die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht entgegen. Zwar hat dieses in seinem Urteil vom 27. Juni 2006 (B 2 U 5/05 R -, BSGE 96, 297) nicht mehr an seiner bisherigen Rechtsprechung festgehalten, wonach die Anwendung des § 551 Abs. 2 RVO ausnahmslos dann ausgeschlossen war, wenn der Verordnungsgeber die einschlägige Erkrankung in die Liste der Berufskrankheiten aufgenommen hat (Urteil vom 24. Februar 2000 - B 2 U 43/98 R -, SozR 3-2200 § 551 Nr. 14). Die Einschränkung bezog sich indes auf Versicherungsfälle außerhalb eines Rückwirkungszeitraumes, nicht, wie vorliegend, innerhalb eines solchen liegende. Dem Urteil des BSG vom 2. Dezember 2008 (B 2 KN 1/08 U R -, BSGE 102, 121) lag ein Antrag auf Überprüfung eines Bescheides vom 5. Juli 1996, mit dem die Anerkennung einer Atemwegserkrankung unter anderem als Wie-Berufskrankheit nach § 551 Abs. 2 RVO abgelehnt worden war, im Wege des Zugunstenverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch zugrunde. Maßgeblich in diesem Verfahren war also nach dieser materiell-rechtlichen Regelung insbesondere, ob bei Erlass dieses zu überprüfenden Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt worden war. Zu diesem Zeitpunkt war die Erkrankung aber noch nicht in die Liste der Berufskrankheiten aufgenommen worden, was erst durch die BKV vom 31. Oktober 1997 (BGBl I S. 2623) mit Wirkung zum 1. Dezember 1997 erfolgte. Ein Anwendungsvorrang der Listen-Berufskrankheit stellte sich somit überhaupt nicht. Der in dieser Entscheidung formulierte Rechtssatz, wonach diese BKV erst ab dem Tag ihres Inkrafttretens Rechtswirkungen entfaltet und für die Rechtslage davor, wenn die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Wie-Berufskrankheit vorgelegen haben, aus ihr keine Rechtsfolgen hergeleitet werden können (vgl. auch LSG für das Saarland, Urteil vom 23. Mai 2012 - L 2 U 52/09 WA -, juris, Rz. 28), war demzufolge nicht tragend, soweit er so verstanden werden sollte, dass eine geänderte BKV nur nach ihrem Inkrafttreten eintretende Versicherungsfälle erfasst (vgl. hierzu Römer, a. a. O., Stand: Mai 2015, § 6 BKV, Rz. 9). Damit weicht der Senat nicht von einer Entscheidung des BSG ab.
56 
Darüber hinaus steht zur Überzeugung des Senats nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit fest, dass es durch die versicherten Tätigkeiten im Knien oder eine vergleichbare Kniebelastung zu einer Einwirkungen auf das rechte Kniegelenk gekommen ist, welche die Gonarthrose im rechten Kniegelenk herbeigeführt hat.
57 
Für die Feststellung einer Wie-Berufskrankheit ist wie bei einer Listen-Berufskrankheit Voraussetzung, dass im Einzelfall eine berufsbedingte Einwirkung die rechtlich wesentliche Ursache einer nicht in der Liste der Berufskrankheiten bezeichneten Krankheit ist (vgl. Urteil des Senats vom 26. März 2015 - L 6 U 1017/13 -, juris, Rz. 50; Römer, in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB VII, Stand: Juli 2015, § 9 Rz. 38a). Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 23. April 2015 - B 2 U 10/14 R -, juris, Rz. 11 m. w. N., zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Da die R.ung des § 9 Abs. 2 SGB VII keinen Auffangtatbestand und keine allgemeine Härteklausel beinhaltet (BSG, Urteile vom 20. Juli 2010 - B 2 U 19/09 R -, juris, Rz. 19 m. w. N. und 13. Februar 2013 - B 2 U 33/11 R -, SozR 4-2700 § 9 Nr. 21, Rz. 17; vgl. auch BSG, Urteil vom 4. Juni 2002 - B 2 U 20/01 R -, juris, Rz. 20 zu § 551 Abs. 2 RVO), darf die Anerkennung einer Wie-Berufskrankheit darüber hinaus nur erfolgen, wenn die Voraussetzungen für die Aufnahme der betreffenden Einwirkungs-Krankheits-Kombination in die Liste der Berufskrankheiten erfüllt sind, der Verordnungsgeber sie also als neue Listen-Berufskrankheit in die BKV einfügen dürfte, aber noch nicht tätig geworden ist (vgl. BT-Drucks 13/2204, S. 77 f.), also der generelle Ursachenzusammenhang gegeben ist (vgl. Römer, a. a. O., Rz. 39). Die Anerkennung einer Wie-Berufskrankheit knüpft an dieselben materiellen Voraussetzungen an, die der Verordnungsgeber auch nach § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII für die Aufnahme einer Erkrankung in die Liste zu beachten hat.
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Dahinstehen kann, ob, wovon das SG Ulm ausgegangen ist, der Listen-Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV „harte“ Kriterien, die vorliegend im Vollbeweis vorliegen, zu entnehmen sind, und sich hieraus eine tatsächliche Vermutung des Ursachenzusammenhanges ergibt (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 2007 - B 2 U 15/05 R -, SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 4104 Nr. 2, Rz. 24 zur Berufskrankheit nach Nr. 4104 der Anlage 1 zur BKV), welche auch auf die Gonarthrose als Wie-Berufskrankheit „zu übertragen“ ist (Hessisches LSG, Urteil vom 18. November 2011 - L 9 U 66/07 -, juris, Rz. 40). Denn selbst eine tatsächliche Vermutung ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme erschüttert und der Ursachenzusammenhang nicht nachgewiesen.
59 
Beim Vergleich der radiologischen Befunde liegt beim Kläger nach den überzeugenden Ausführungen von Prof. Dr. Sch. im rechten Kniegelenk eine viertgradige Gonarthrose nach Kellgren et al. vor, demgegenüber links keine derartige nach diesem Bewertungsmaßstab maßgebliche Erkrankung. Dieser Sachverständige hat schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt, dass bei einer solchen Befundkonstellation ein Ursachenzusammenhang zwischen der beruflichen kniebelastenden Tätigkeit und dieser Erkrankung nur bei einer besonderen Begründung und dem Nachweis einer einseitigen arbeitsbedingten Belastung gegeben ist, wenn also eine asymmetrische, beruflich bedingte Belastung der beiden Kniegelenke vorlag (vgl. Begutachtungsempfehlung für die Berufskrankheit Nr. 2112 der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e. V. vom 3. Juni 2014, S. 8; vgl. auch die Entscheidung des Senats vom 26. November 2015 - L 6 U 2782/15 -, juris, Rz. 48 zu einem asymmetrischen Schadensbild bei der Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV). Davon ist der Senat auch nach den Angaben des Klägers im Berufungsverfahren nicht überzeugt. Zuletzt hat er vorgetragen, er habe während seiner beruflichen Tätigkeit ganz überwiegend Steildächer mit Biberschwanzziegeln eingedeckt, welche insgesamt, bezogen auf mehr als zwanzig benannte Objekte, mindestens eine Fläche von 5.210 m² umfasst hätten. Hierbei habe es sich allein um die Projekte gehandelt, welche ihm spontan erinnerlich gewesen seien. Während der Ausbildungs- und sonstigen Arbeitszeit seien noch zahlreiche weitere derartige Dächer eingedeckt worden. Tatsächlich habe es sich um das Doppelte, wenn nicht sogar ein Vielfaches dieser Quadratmeterzahl gehandelt. Weder nach dem SGG noch nach der ZPO gibt es zwar eine Beweisregelung in dem Sinne, dass frühere Aussagen oder Angaben grundsätzlich einen höheren Beweiswert besitzen als spätere; im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 286 ZPO) sind vielmehr alle Aussagen, Angaben und sonstigen Einlassungen zu würdigen. Gleichwohl kann das Gericht im Rahmen der Gesamtwürdigung den zeitlich früheren Aussagen aufgrund der Gesichtspunkte, dass die Erinnerung hierbei noch frischer war und sie von irgendwelchen Überlegungen, die darauf abzielen, das Klagebegehren zu begünstigen, noch unbeeinflusst waren, einen höheren Beweiswert als den späteren zumessen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2003 - B 2 U 41/02 R -, SozR 4-2700 § 4 Nr. 1, Rz. 12; Urteile des Senats vom 12. August 2014 - L 6 VH 5821/10 ZVW - juris, Rz. 144 und vom 21. Mai 2015 - L 6 U 1053/15 -, juris, Rz. 34). Hiervon geht der Senat vorliegend in Bezug auf die Angaben aus, welche sich nach der Stellungnahme des Mitarbeiters des Präventionsdienstes der Beklagten Sch. zur Arbeitsplatzexposition von Ende Februar 2013 ergeben haben, der ein von ihm erstelltes Gesprächsprotokoll vom 14. Februar 2013 nach einer persönlichen Unterredung mit dem Kläger an dessen Wohnort einen Tag zuvor zugrunde liegt, das diesem übersandt und am 24. Februar 2013 von ihm unterschrieben worden war. Danach nahm die Einzeltätigkeit „Steildach eindecken mit Biberschwanzziegeln“ 10 % der Schichten ein; ausgehend von 240 Arbeitsschichten je Jahr und einer Gewichtung der Außen- zu den Innenarbeiten mit 60 % zu 40 % aufgerundet 15 Schichten. Mit einem Anteil von weniger als 7 % der Jahresarbeitsschichten (15 von 240 Schichten) hatte diese Tätigkeit somit eine nur untergeordnete Bedeutung, wodurch eine einseitig arbeitsbedingte Belastung nicht nachgewiesen ist. Das Abweichen nach dem Kellgren-Lawrence-Score von vier Grad zwischen dem rechten und linken Kniegelenk erklärt sich dadurch nicht. Darüber hinaus bieten Biberschwanzziegel mit steigender Dachneigung gegenüber anderen Dachziegeltypen zwar schlechtere Standbedingungen, weshalb das Eindecken insoweit in weitaus größerem Maße im Knien durchgeführt wird. In den Untersuchungen konnte indes lediglich häufig und nicht immer auch das einbeinige Knien auf der Dachfläche beobachtet werden. Der Kläger hat in Bezug darauf im gesamten Verfahren weder konkrete Angaben zu den Dachneigungen gemacht, bei denen er Biberschwanzziegel eindeckte, noch in welchem Umfang er dabei einseitig rechts kniete. Das von ihm in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Lichtbild zeigt ihn nicht rechts-, sondern linkskniend. Soweit der Sachverständige Dr. Pf. aus dem Umstand der Rechtshändigkeit des Klägers geschlossen hat, dass es hierdurch zu einer vermehrten Belastung des rechten Kniegelenkes gekommen ist, handelt es sich um eine für ihn plausible Erklärung eines möglichen Bewegungsablaufes, ohne dass damit für den Senat der Nachweis erbracht ist, zumal der Kläger selbst den Arbeitsvorgang nie so beschrieben hat und das von ihm in die mündliche Verhandlung mitgebrachte Foto ihn demgegenüber linkskniend zeigt. Die Tätigkeiten als Zimmermann mögen als solche einseitig kniende Arbeitsabläufe enthalten, wie der Sachverständige Dr. M. dargelegt hat. Der konkret beim Kläger nachgewiesene Umfang belegt indes keine überwiegend einseitige, das rechte Kniegelenk belastenden Tätigkeiten.
60 
Zudem spricht die Zeitspanne zwischen dem Erreichen der kumulativen Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde je Schicht einerseits sowie dem erstmaligen Nachweis der Gonarthrose nach einem Grad von mindestens 2 nach dem Kellgren-Lawrence-Score gegen einen Zusammenhang zwischen einer Einwirkung aufgrund der beruflichen kniebelastenden Tätigkeit und einer solchen Gonarthrose. Diese arbeitstechnischen Kriterien beruhen auf Erkenntnissen aus epidemiologischen Studien (vgl. hierzu und zum Folgenden BR-Drucks 242/09, S. 17). In der bislang größten zu dieser Thematik durchgeführten Fall-Kontroll-Studie zeigte sich bei einer Belastungsdauer von insgesamt rund 13.000 Stunden ein mehr als verdoppeltes, signifikant erhöhtes Gonarthroserisiko für Personen mit hoher beruflicher Exposition durch eine kniende oder hockende Tätigkeit. Auch für die Voraussetzung der mindestens einstündigen Kniegelenksbelastung je Schicht wurde die Verdoppelungsdosis in epidemiologischen Studien festgestellt. Prof. Dr. Sch. hat in Bezug darauf überzeugend ausgeführt, dass ein plausibler Zeitraum zwischen einer solchen Einwirkungsintensität und dieser Gesundheitsstörung anzunehmen ist, wenn, bei einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde je Schicht, zwischen dem Erreichen der 13.000 Stunden, was beim Kläger rechnerisch Ende 1981 der Fall gewesen ist, und dem erstmaligem Nachweis der Erkrankung maximal fünf Jahre liegen. Bei einem längeren Zeitraum ist der Ursachenzusammenhang umso unwahrscheinlicher, je größer die Spanne ist. Die Erkrankung nach einem Grad von mindestens 2 nach dem Kellgren-Lawrence-Score ist beim Kläger im September 2005 nachgewiesen worden, so dass mittlerweile sogar annähernd 24 Jahre vergangen gewesen sind. Auch aus Plausibilitätsgründen ist eine berufsbedingte Verursachung somit nicht wahrscheinlich, sonst hätte sich die berufliche Belastung früher in einem relevanten Schaden realisieren müssen.
61 
Dr. Pf. gelangt wie Dr. M. durch Ausschluss möglicher konkurrierender Ursachen zu dem Ergebnis, dass die Gonarthrose mit Wahrscheinlichkeit und in wesentlicher Weise durch die berufliche Tätigkeit des Klägers verursacht worden ist. Beide setzen sich indes darüber hinaus nicht in hinreichendem Maße mit dem deutlich unterschiedlichen Schadensbild im rechten und linken Kniegelenk sowie überhaupt nicht mit der Zeitspanne zwischen dem Erreichen der kumulativen Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde je Schicht einerseits sowie dem erstmaligen Nachweis der Gonarthrose nach einem Grad von mindestens 2 nach dem Kellgren-Lawrence-Score andererseits auseinander. Beide Gutachten haben den Senat daher nicht überzeugt. Weder musste Dr. Pf. mit dem Gutachten von Prof. Dr. Sch. konfrontiert oder Letzterer ergänzend befragt, noch eine weitere, vom Kläger als Obergutachten bezeichnete Expertise in Auftrag geben werden, welche ohnehin keinen höheren Beweiswert als die bereits eingeholten sachverständigen Meinungen hätte (vgl. Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 128 Rz. 7e). Die Würdigung unterschiedlicher Gutachtensergebnisse gehört wie die anderer sich widersprechender Beweisergebnisse zur Beweiswürdigung selbst, welche ureigene Aufgabe eines Tatsachengerichts ist. Eine Verpflichtung zur Einholung eines weiteren Gutachtens besteht auch bei einander widersprechenden Gutachtensergebnissen im Allgemeinen nicht. Vielmehr hat sich das Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung mit den einander entgegenstehenden Ergebnissen auseinanderzusetzen. Hält es eines von mehreren Gutachten für überzeugend, wie vorliegend dasjenige von Prof. Dr. Sch., darf es sich diesem anschließen, ohne ein weiteres einzuholen. Bei einer derartigen Fallgestaltung ist für eine weitere Beweiserhebung regelmäßig kein Raum (vgl. BSG, Beschlüsse vom 19. November 2007 - B 5a/5 R 382/06 B -, SozR 4-1500 § 160a Nr. 21, Rz. 8 und 12. Mai 2015 - B 9 SB 93/14 B -, juris, Rz. 6). Als Grund für eine Ausnahme ist zwar ein nicht lösbarer Widerspruch anerkannt, welcher indes nicht darin zu sehen ist, dass unterschiedliche Gutachtensergebnisse vorliegen. Für den Nachweis, dass der Kläger Steildächer mit einer von ihm konkretisierten Gesamtfläche von mindestens 5.210 m² mit Biberschwanzziegeln eindeckte, sind die Sachverständigen ohnehin kein geeignetes Beweismittel.
62 
Mangels hinreichender Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhanges der beruflich bedingten Einwirkungen auf die Knie des Klägers und der Gonarthrose, kommt es an sich von vornherein nicht darauf an, ob beim Kläger mit der Chondrokalzinose, den Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis, der kongenitalen tibiofemoralen Beinachse (Varusstellung), dem Übergewicht oder dem Unfallereignis vom 29. August 2005 konkurrierende Ursachen vorhanden sind, die ihrerseits zu der Gonarthrose geführt haben. Nach der überzeugenden Begründung von Prof. Dr. Sch. gilt eine Chondrokalzinose aber ohnehin nicht als konkurrierender Faktor für die Entstehung einer Gonarthrose. Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis sind zwar nach klinischer Erfahrung anzunehmen, als Ursache nach der Literatur aber derzeit nicht belegbar. Die kongenitale tibiofemorale Beinachse ist ebenfalls nicht als konkurrierender Faktor anzusehen. In dem Bericht von Dr. B. über eine Operation Ende September 2008 ist eine Varusstellung von 10° im rechten Kniegelenk erwähnt. Ganzbeinaufnahmen sind nicht angefertigt worden. Auf einer Röntgenaufnahme von April 2008 ist sogar keine varische Beinachse zu erkennen gewesen. Eine maximale Beinachsenfehlstellung um 10° wird üblicherweise als leichtgradige Fehlstellung bezeichnet, welche kein Ausschlusskriterium in diesem Zusammenhang darstellt (vgl. Urteil des Senats vom 26. November 2015 - L 6 U 2782/15 -, Rz. 50 zur Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV). Übergewicht gilt zwar als wissenschaftlich gesicherte Alternativursache. Allerdings besteht für die Adipositas eine epidemiologische Evidenz für ein multiplikatives Zusammenwirken mit den arbeitsbedingten Belastungen. Nach der wissenschaftlichen Begründung ist die vorliegend zu beurteilende Berufskrankheit bei gegebenen arbeitstechnischen Voraussetzungen und einem geeigneten Krankheitsbild auch bei adipösen Menschen anzuerkennen. Nach dem Akteninhalt sind hinsichtlich Körpergröße und -gewicht des Klägers ab 1991 sowie vor dem Unfallereignis im Jahre 2005 Werte zwischen 105 kg und 113 kg dokumentiert. Bei der gutachterlichen Untersuchung durch Dr. Pf. Anfang August 2010 ist das Körpergewicht mit 110 kg festgestellt worden. Die Behauptung des Klägers im Berufungsverfahren, wonach es erst nach seiner Heirat im Jahre 1979 zu einer Gewichtszunahme gekommen sei, als er die berufliche Tätigkeit reduziert und schließlich eingestellt habe, frühestens also nach dem Unfall im Jahre 2005, was er in der mündlichen Verhandlung mittels Vorlage von Fotos von ihm zu untermauern versucht hat, ist damit allerdings widerlegt. Dr. K. weist zwar in seinen beratungsärztlichen Stellungnahmen von September und November 2010 unter Bezugnahme auf die biomechanische Plausibilität darauf hin, bei einem belastungskonformen Schadensbild der vorliegend zu prüfenden Berufskrankheit sei zu erwarten, dass der Knorpelschaden im Patellofemoralgelenk beginne und sich von dort aus gegebenenfalls in das Kniehauptgelenk ausdehne. Der Knorpelschaden müsse danach in erster Linie und vorauseilend im Patellofemoralgelenk vorhanden sein. Die ursprüngliche Arbeitshypothese des interdisziplinären Arbeitskreises, welcher die Begutachtungsempfehlung für die Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV erarbeitet hat, nach der mit einem Beginn des Knorpelaufbrauches in erst Linie patellofemoral und in den dorsalen Kniegelenksanteilen sowie mit einem selektiven Aufbrauch der Meniskushinterhörner als möglichem Initialstadium zu rechnen sei, hat sich durch die bislang vorliegenden Forschungsergebnisse indes nicht belegen lassen (vgl. die Empfehlung auf S. 9). Anders als Prof. Dr. Sch., Dr. Pf. und Dr. M. geht der Senat darüber hinaus nur von der Möglichkeit aus, dass die Veränderungen im rechten Kniegelenk, also auch die arthrotischen, hauptsächlich durch das Unfallereignis vom 29. August 2005 mit verbliebener Instabilität nach stattgehabter Kreuzbandverletzung bedingt gewesen sind.
63 
Nach alledem war der Berufung der Beklagten stattzugeben und das erstinstanzliche Urteil aufzuheben.
64 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
65 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

Gegenstand der Berufsausbildung sind mindestens die Vermittlung der folgenden Fertigkeiten und Kenntnisse:

1.
Berufsbildung, Arbeits- und Tarifrecht,
2.
Aufbau und Organisation des Ausbildungsbetriebes,
3.
Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit,
4.
Umweltschutz,
5.
Kontrollieren, Warten und Pflegen der Fahrzeuge,
6.
Vorbereiten und Durchführen der Beförderung,
7.
Verkehrssicherheit, Führen von Fahrzeugen auf öffentlichen Straßen,
8.
Rechtsvorschriften im Straßenverkehr,
9.
Kundenorientiertes Verhalten,
10.
Verhalten nach Unfällen und Zwischenfällen,
11.
Betriebliche Planung und Logistik,
12.
Beförderungsbezogene Kostenrechnung und Vertragsabwicklung,
13.
Qualitätssichernde Maßnahmen.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28. August 2009 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf Verletztenrente für die Zeit vom 29.1.2004 bis zum 26.7.2005 streitig.

2

Die Klägerin ist die Witwe des am 9.3.2006 verstorbenen J. N. (im Folgenden: Versicherter), mit dem sie zum Zeitpunkt des Todes in einem gemeinsamen Haushalt lebte. Der Versicherte bezog ab Juni 1997 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung und nahm im August 2001 eine geringfügige Beschäftigung auf. Mit dem Arbeitgeber vereinbarte er unter dem 28.1.2004, die Beschäftigung "zu unterbrechen". Ab diesem Tag war der Versicherte wegen einer Asbeststaublungenerkrankung arbeitsunfähig. Am 2.2.2004 begab er sich in stationäre Behandlung.

3

Die Steinbruchs-Berufsgenossenschaft (BG), Rechtsvorgängerin der Beklagten, stellte bei dem Versicherten eine Asbeststaublungenerkrankung als Berufskrankheit (BK) nach Nummer 4105 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung fest (Bescheid vom 5.8.2004). Mit Schreiben vom 15.10.2004 teilte sie ihm mit, dass wegen der BK ein Anspruch auf Verletztengeld und für die Dauer von sechs Wochen der Arbeitsunfähigkeit ein Lohnfortzahlungsanspruch bestehe. Der hiergegen auf Zahlung von Verletztenrente gerichtete Widerspruch wurde zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 22.3.2005). Ab 2.2.2004 bestehe für 78 Wochen ein Anspruch auf Verletztengeld. Erst danach beginne ein Anspruch auf Rente.

4

Das Sozialgericht Münster (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 28.5.2008). Während des Berufungsverfahrens stellte die BG wegen der Folgen der BK eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 vH ab dem 1.8.2005 fest (Bescheid vom 7.9.2005). Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) hat die auf Zahlung von Verletztenrente "anstelle von Verletztengeld" ab 29.1.2004 gerichtete Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 28.8.2009). Die geringfügige Beschäftigung eines Beziehers einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit sei eine vom Schutzzweck des § 45 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) umfasste Tätigkeit und schließe den Anspruch auf Verletztengeld nicht aus. Der Anspruch auf Verletztenrente beginne erst an dem Tag, der auf den Tag folge, an dem der Anspruch auf Verletztengeld ende.

5

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 45 Abs 1 und § 46 Abs 3 Satz 2 Nr 2 SGB VII. Das Verletztengeld sei nur für Versicherte vorgesehen, die zum Kreis der Erwerbstätigen gehörten und ihren Lebensunterhalt vor Eintritt der durch den Versicherungsfall bedingten Arbeitsunfähigkeit aus einer Erwerbstätigkeit oder einer daran anknüpfenden Sozialleistung bestritten hätten. Mit den Einkünften aus der geringfügigen Beschäftigung habe der Versicherte seinen Lebensunterhalt nicht sicherstellen können. Da bereits bei Eintritt des Versicherungsfalls nicht mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit habe gerechnet werden können, habe der Anspruch auf Verletztengeld bereits mit dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit geendet.

6

Während des Revisionsverfahrens hat die Beklagte Verletztengeld für die Zeit vom 10.3.2004 bis zum 26.7.2005 und Verletztenrente ab 27.7.2005 bewilligt (Bescheid vom 19.1.2010).

7

           

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28. August 2009 und des Sozialgerichts Münster vom 28. Mai 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Verwaltungsaktes vom 15. Oktober 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2005 zu verurteilen, ihr anstatt des Verletztengeldes die Verletztenrente des Versicherten nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 100 vH vom 29. Januar 2004 bis zum 26. Juli 2005 zu zahlen.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie trägt vor, mit dem Verletztengeld seien die Einkünfte aus der geringfügigen Beschäftigung ausgeglichen worden. § 46 Abs 3 Satz 2 Nr 2 SGB VII sei nicht anwendbar.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet. Das LSG hat die Berufung gegen das die Klage abweisende Urteil des SG im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.

11

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 Sozialgerichtsgesetz), mit der unter Aufhebung des den Anspruch auf Verletztengeld feststellenden Verwaltungsaktes vom 15.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.3.2005 die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Verletztenrente für die Zeit vom 29.1.2004 bis zum 26.7.2005 geltend gemacht wird. Diese Klagen sind unzulässig.

12

Nach § 54 Abs 1 SGG kann mit der Anfechtungsklage die Aufhebung eines Verwaltungsaktes oder seine Abänderung begehrt werden(Satz 1). Sie ist, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt beschwert zu sein (Satz 2). Insoweit reicht es zwar schon aus, dass eine Verletzung in eigenen Rechten möglich ist und der Kläger die Beseitigung einer in seine Rechtssphäre eingreifenden Verwaltungsmaßnahme anstrebt, von der er behauptet, sie sei nicht rechtmäßig (BSG vom 5.7.2007 - B 9/9a SB 2/06 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 5 RdNr 18). An der Klagebefugnis fehlt es aber, wenn eine Verletzung subjektiver Rechte nicht in Betracht kommt (BSG vom 14.11.2002 - B 13 RJ 19/01 R - BSGE 90, 127, 130 = SozR 3-5795 § 10d Nr 1 S 4), weil hinsichtlich des Klagebegehrens eine gerichtlich überprüfbare Verwaltungsentscheidung nicht vorliegt (BSG vom 28.10.2008 - B 8 SO 33/07 R - SozR 4-1500 § 77 Nr 1 RdNr 13). Solange der zuständige Unfallversicherungsträger nicht über einen Leistungsanspruch entschieden hat, kann der Versicherte, außer bei rechtswidriger Untätigkeit der Behörde (vgl § 88 SGG), kein berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen Feststellung haben. Das ist hier der Fall.

13

Durch den Verwaltungsakt vom 15.10.2004 ist allein ein Anspruch auf Verletztengeld festgestellt worden. Er enthält keine Regelung iS des § 31 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X), mit dem die BG einen Anspruch auf Verletztenrente abgelehnt hätte. Bei dem Verletztengeld (§§ 45 ff SGB VII)und der Verletztenrente (§§ 56 ff SGB VII) handelt es sich um unterschiedliche Sozialleistungen, die im SGB VII systematisch voneinander getrennt normiert sind. Sie bilden jeweils einen eigenständigen Gegenstand eines Verwaltungsverfahrens (vgl § 8 SGB X), über den der zuständige Träger der gesetzlichen Unfallversicherung zu entscheiden hat.

14

Über den Anspruch auf Verletztenrente ist auch nicht im Widerspruchsbescheid vom 22.3.2005 entschieden worden. Abgesehen davon, dass die Widerspruchsstelle funktional und sachlich nicht zuständig ist, an Stelle der Ausgangsbehörde des Trägers über ein erstmals im Widerspruchsverfahren geltend gemachtes Recht zu befinden (BSG vom 20.7.2010 - B 2 U 19/09 R), setzt sich auch der Widerspruchsbescheid allein mit dem Anspruch auf Verletztengeld auseinander. Den Inhalt eines Verwaltungsaktes hat das Revisionsgericht in eigener Zuständigkeit festzustellen. Dabei ist Maßstab der Auslegung der "Empfängerhorizont" eines verständigen Beteiligten, der die Zusammenhänge berücksichtigt, welche die Behörde nach ihrem wirklichen Willen (§ 133 Bürgerliches Gesetzbuch) erkennbar in ihre Entscheidung einbezogen hat (BSG vom 29.1.2008 - B 5a/5 R 20/06 R - BSGE 100, 1 = SozR 4-3250 § 33 Nr 1, jeweils RdNr 11 mwN). Gemessen daran ist die Formulierung im Widerspruchsbescheid "erst wenn der Anspruch auf Verletztengeld endet, beginnt ein Anspruch auf Rente (§§ 46 Abs. 3 SGB VII, 72 Abs. 1 SGB VII)" nur ein Hinweis auf die bestehende Gesetzeslage. Mit ihr hat die BG keine Regelung über ein Recht des Versicherten auf Verletztenrente getroffen.

15

Der Unzulässigkeit der Anfechtungsklage stehen die Bescheide vom 7.9.2005 und 19.1.2010 nicht entgegen. Der Verwaltungsakt im Bescheid vom 7.9.2005, mit dem ein Anspruch auf Verletztenrente für die Zeit ab 1.8.2005 - und nicht ein früherer Zeitpunkt - festgestellt wurde, ist vom Versicherten nicht angefochten worden und damit für die Beteiligten bindend (§ 77 SGG). Er ist nicht nach § 96 Abs 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden, denn er hat den allein das Verletztengeld betreffenden Verwaltungsakt vom 15.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.3.2005 weder abgeändert noch ersetzt. Seine Einbeziehung kann auch nicht auf eine weite oder analoge Anwendung des § 96 SGG gestützt werden, weil dadurch der Streitstoff erweitert würde und Erwägungen der Prozessökonomie ein solches Ergebnis nicht rechtfertigen(vgl BSG vom 9.12.2003 - B 2 U 54/02 R - BSGE 91, 287 = SozR 4-2700 § 160 Nr 1, jeweils RdNr 5).

16

Auch der Verwaltungsakt im Bescheid der Beklagten vom 19.1.2010 über die Zahlung der Verletztenrente schon ab 27.7.2005 hat daher den hier angefochtenen Verwaltungsakt nicht abgeändert oder ersetzt. Unabhängig davon gilt ein Verwaltungsakt, der während des Revisionsverfahrens den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt, als mit der Klage beim SG angefochten (§ 171 Abs 2 SGG).

17

Die Unzulässigkeit der Anfechtungsklage zieht die Unzulässigkeit der mit ihr kombinierten (unechten) Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) nach sich. Auch diese Leistungsklage setzt voraus, dass der Sozialleistungsträger die begehrte Leistung abgelehnt hat und kommt daher vor dem Erlass einer entsprechenden Verwaltungsentscheidung nicht in Betracht.

18

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Gegenstand der Berufsausbildung sind mindestens die Vermittlung der folgenden Fertigkeiten und Kenntnisse:

1.
Berufsbildung, Arbeits- und Tarifrecht,
2.
Aufbau und Organisation des Ausbildungsbetriebes,
3.
Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit,
4.
Umweltschutz,
5.
Kontrollieren, Warten und Pflegen der Fahrzeuge,
6.
Vorbereiten und Durchführen der Beförderung,
7.
Verkehrssicherheit, Führen von Fahrzeugen auf öffentlichen Straßen,
8.
Rechtsvorschriften im Straßenverkehr,
9.
Kundenorientiertes Verhalten,
10.
Verhalten nach Unfällen und Zwischenfällen,
11.
Betriebliche Planung und Logistik,
12.
Beförderungsbezogene Kostenrechnung und Vertragsabwicklung,
13.
Qualitätssichernde Maßnahmen.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 23. Februar 2012 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung einer Halswirbelsäulenerkrankung als Wie-Berufskrankheit (BK) streitig.

2

Die 1947 geborene Klägerin leidet an Bandscheibenvorfällen im Bereich der Halswirbelsäule. Sie war im Anschluss an ihr abgeschlossenes Musikstudium von August 1970 bis Juli 1972 als Geigenlehrerin sowie von August 1972 bis Juli 1992, von September 1992 bis Dezember 1993 und von Mai 1994 bis Mai 1998 im Beitrittsgebiet als Geigerin in verschiedenen Orchestern tätig.

3

Auf ärztliche Anzeige vom 23.3.2001 wegen des Verdachts einer BK holte die Beklagte ärztliche Gutachten ein. Dr. L., Leiter des Europäischen Instituts für Bewegungsphysiologie, M. , führte in seinem Gutachten vom 28.9.2002 aus, die Halswirbelsäulenerkrankung sei mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch das jahrelange Instrumentalspiel entstanden oder wesentlich mitverursacht worden. Prof. Dr. D., Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Johannes Gutenberg-Universität M., gelangte in seinem Gutachten vom 8.1.2003 zu dem Ergebnis, das Geigenspiel gehe zwar mit einer außergewöhnlichen Zwangshaltung in Form einer "Schulter-Kopf-Zwinge" einher. Allerdings könne die sog "Gruppentypik" anhand neuer statistisch gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse nicht festgestellt werden.

4

Die Beklagte lehnte es ab, eine Wie-BK festzustellen (Bescheid vom 25.3.2003; Widerspruchsbescheid vom 30.11.2005). Hiergegen hat die Klägerin Klage zum SG Neuruppin erhoben, das weitere Begutachtungen veranlasst hat. Dr. B., Institut für sozialmedizinische Begutachtung GbR im Krankenhaus W., hat in seinem Gutachten vom 6.6.2007 dargelegt, die Wirbelsäulenbeschwerden seien nicht auf die berufliche Tätigkeit als Orchestermusikerin zurückzuführen. Prof. Dr. A., Institut für Musikphysiologie und Musiker-Medizin, H., hat in seinem Gutachten vom 3.5.2010 darauf hingewiesen, für eine berufsbedingte Wirbelsäulenerkrankung spreche die kumulative Lebensarbeitszeit an der Geige in Zwangshaltung aufgrund der "Schulter-Kinn-Zange" und die mit dem Schrifttum übereinstimmende Häufigkeit der Beschwerden bei Geigern. Dabei handele es sich um Plausibilitätsargumente, da bislang keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse existierten.

5

Das SG Neuruppin hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 23.9.2010). Das LSG Berlin-Brandenburg hat die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung seines Urteils vom 23.2.2012 hat es ausgeführt, auf das Recht der ehemaligen DDR komme es nicht an, weil die Erkrankung der Klägerin erst nach dem 31.12.1993 der Beklagten bekannt geworden sei. Die Voraussetzungen des § 551 Abs 2 RVO und des § 9 Abs 2 SGB VII für die Feststellung einer Wie-BK seien nicht erfüllt. Zwar seien Streicher wegen der nur in dieser Berufsgruppe auftretenden "Schulter-Kinn-Zange" besonderen Einwirkungen in höherem Maße als die übrige Bevölkerung ausgesetzt. Es fehle aber an der generellen Geeignetheit dieser Einwirkung für die Verursachung von Halswirbelsäulenbeschwerden. Die erforderliche sog "Gruppentypik" setze in der Regel anhand statistisch relevanter Zahlen den Nachweis einer Fülle gleichartiger Gesundheitsbeeinträchtigungen und eine lange zeitliche Überwachung der Krankheitsbilder voraus, um mit Sicherheit eine andere Krankheitsursache ausschließen zu können. Entsprechende epidemiologische Erkenntnisse seien aufgrund der geringen Zahl der in der Bundesrepublik Deutschland tätigen Streicher aber nicht vorhanden. Auch sonstige, die generelle Geeignetheit belegende Erkenntnisse seien nicht ersichtlich. Die von Prof. Dr. A. hervorgehobene Plausibilität genüge ebenso wenig wie der von mit Musikererkrankungen vertrauten Ärzten publizierte Ursachenzusammenhang. Gerade vor dem Hintergrund, dass in der Bundesrepublik Deutschland nur etwa 4100 Streicher betroffen seien und es sich bei der Halswirbelsäulenerkrankung um eine sog Volkskrankheit handele, könne der Nachweis des gruppenspezifischen Risikos nicht schon mit der Einschätzung einzelner mit Musikererkrankungen befasster Fachärzte geführt werden. Die besonderen Beweisprobleme im Falle kleinerer Berufsgruppen seien der Entscheidung des Gesetzgebers für das verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Listensystem geschuldet. Dieser sei dem im Zusammenhang mit dem Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz (UVEG) unterbreiteten Vorschlag, die Feststellung einer Wie-BK unter erleichterten Voraussetzungen zu ermöglichen, gerade nicht gefolgt.

6

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 9 Abs 2 SGB VII sowie die Beweiswürdigung durch das Berufungsgericht. Das Fehlen neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse stehe der Anerkennung der Wie-BK nicht entgegen, weil sich der Verordnungsgeber mit den besonderen Einwirkungen von hohen Streichern noch gar nicht befasst habe und eine Auseinandersetzung damit auch nicht geplant sei. Abgesehen davon könne nach der Rechtsprechung des BSG zur Vermeidung unbilliger Ergebnisse ausnahmsweise bei fehlender epidemiologischer Evidenz einerseits und gegebener biologischer Evidenz andererseits auf eine statistisch nachgewiesene Gruppentypik verzichtet werden. Das LSG habe zu hohe Anforderungen an die Beweisführung gestellt und zahlreiche, das Begehren stützende Umstände nicht berücksichtigt. Sowohl Prof. Dr. A. als auch Dr. L. gingen von einer berufsbedingten Erkrankung aus. Ein medizinischer Erfahrungssatz, dass eine durch das Violinspiel hervorgerufene Halswirbelsäulenerkrankung im Falle weiterer Verschleißerscheinungen der gesamten Wirbelsäule ausscheide, existiere nicht. Selbst der Bundesverband der Unfallkassen gehe bei Streichern in seiner Broschüre "Musikermedizin, Musikerarbeitsplätze" von berufsrelevanten Erkrankungen der Hals- und Brustwirbelsäule aus. Dass sich gleichwohl der Ärztliche Sachverständigenbeirat beim BMAS mit der streitgegenständlichen Thematik weder bislang beschäftigt habe noch in Zukunft auseinandersetzen werde, dürfe nicht zu Lasten der Streicher gehen. Ansonsten wäre ein bestimmter Berufsstand trotz besonderer Einwirkungen von der Anerkennung einer BK auf Dauer ausgeschlossen. Schließlich sei bei hohen Streichern in der ehemaligen DDR, in Frankreich und in Tschechien eine BK anerkannt worden.

7

Die Klägerin beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 23. Februar 2012 und des Sozialgerichts Neuruppin vom 23. September 2010 sowie die Ablehnung einer Wie-Berufskrankheit im Bescheid der Beklagten vom 25. März 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Erkrankung der Halswirbelsäule als Wie-Berufskrankheit anzuerkennen.

8

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend. Die Revision sei bereits unzulässig, da die Revisionsbegründung nicht den Anforderungen des § 164 Abs 2 SGG genüge. Inwieweit das LSG die Vorschrift des § 9 Abs 2 SGB VII fehlerhaft ausgelegt habe, sei nicht schlüssig dargetan. Soweit die Klägerin die Beweiswürdigung des LSG beanstande, sei eine Verfahrensrüge nicht erhoben worden. Die Revision sei aber auch unbegründet. Es fehle an epidemiologischen Erkenntnissen, dass die "Schulter-Kinn-Zange" generell geeignet wäre, eine Halswirbelsäulenerkrankung hervorzurufen. Die von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Unterlagen spiegelten nicht den aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand, sondern nur Einzelmeinungen wider.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision ist nicht begründet.

11

Die Klägerin hat in zulässiger Weise Revision eingelegt. Bei ihrem Prozessbevollmächtigten handelt es sich um eine selbständige Vereinigung von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung für ihre Mitglieder, die nach § 73 Abs 4 Satz 2 iVm Abs 2 Satz 2 Nr 5 SGG zur Vertretung vor dem BSG zugelassen ist.

12

Die Revision genügt entgegen der Ansicht der Beklagten den Begründungsanforderungen des § 164 Abs 2 Satz 1 und 3 SGG. Danach muss die Begründung einen bestimmten Antrag enthalten und die verletzte Rechtsnorm bezeichnen. Insoweit ist mit rechtlichen Erwägungen aufzuzeigen, dass und weshalb die Rechtsansicht des Berufungsgerichts nicht geteilt wird. Es bedarf einer Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils und der Darlegung, inwieweit die als verletzt gerügte Vorschrift des materiellen Bundesrechts nicht oder nicht richtig angewandt worden ist (zuletzt BSG vom 11.4.2013 - B 2 U 21/11 R - NZS 2013, 639 sowie BSG vom 2.12.2008 - B 2 U 26/06 R - BSGE 102, 111 = SozR 4-2700 § 8 Nr 29, RdNr 10 mwN). Dem trägt die Revisionsbegründung Rechnung. Aus ihr geht hervor, weshalb die Klägerin die angefochtene Entscheidung für unzutreffend hält. Sie hat eine Verletzung des § 9 Abs 2 SGB VII gerügt und ua ausgeführt, das LSG sei zu Unrecht davon ausgegangen, die Feststellung einer Wie-BK scheitere am Fehlen epidemiologischer Studien.

13

Die Revision der Klägerin ist allerdings unbegründet. Das LSG hat ihre Berufung gegen das die zulässig kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG; zur Klageart vgl BSG vom 2.4.2009 - B 2 U 30/07 R - BSGE 103, 45 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 3101 Nr 4 BKV, RdNr 11 mwN; BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr 1, RdNr 12 mwN) abweisende Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen. Die Ablehnung der Anerkennung einer Wie-BK im Bescheid der Beklagten vom 25.3.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.11.2005 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

14

Es kann offenbleiben, seit wann die Halswirbelsäulenerkrankung der Klägerin besteht und ob sich der geltend gemachte Anspruch noch nach den Vorschriften der RVO oder den am 1.1.1997 in Kraft getretenen Bestimmungen des SGB VII richtet (Art 36 UVEG, § 212 SGB VII). Denn die Regelungen über die Anerkennung einer Wie-BK sind im SGB VII gegenüber der RVO im Wesentlichen inhaltlich unverändert geblieben.

15

Nach § 9 Abs 2 SGB VII(§ 551 Abs 2 RVO) haben die Unfallversicherungsträger eine Krankheit, die nicht in der BKV bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine BK als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII(§ 551 Abs 1 Satz 2 RVO) erfüllt sind (sog Öffnungsklausel für Wie-BKen). Die Feststellung einer Wie-BK nach dieser Vorschrift ist ua vom Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen für die Bezeichnung der geltend gemachten Krankheit als BK nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen abhängig (zuletzt BSG vom 13.2.2013 - B 2 U 33/11 R - mwN, auch zu den weiteren Voraussetzungen einer Wie-BK - SozR 4-2700 § 9 Nr 21 RdNr 17). Diese allgemeinen Voraussetzungen sind erfüllt, wenn bestimmte Personengruppen infolge einer versicherten Tätigkeit nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII(§§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO) in erheblich höherem Maße als die übrige Bevölkerung besonderen Einwirkungen ausgesetzt sind, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft eine Krankheit hervorrufen. Die insoweit in früheren Entscheidungen des Senats verwendeten Begriffe der Gruppentypik, generellen Geeignetheit und gruppentypischen oder -spezifischen Risikoerhöhung dienten allein der Erläuterung oder Umschreibung der aufgezeigten Voraussetzungen, ohne dass damit andere Anforderungen an die Anerkennung einer Wie-BK gestellt werden sollten (BSG vom 27.4.2010 - B 2 U 13/09 R - SozR 4-2700 § 9 Nr 18 RdNr 15 mwN).

16

Die Klägerin war aufgrund ihrer versicherten Tätigkeit als Beschäftigte nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII(§ 539 Abs 1 Nr 1 RVO) und ihrer Zugehörigkeit zur Berufsgruppe der Streicher besonderen Einwirkungen durch die "Schulter-Kinn-Zange" in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt. Als Einwirkung kommt jedes auf den Menschen einwirkende Geschehen in Betracht (BSG aaO RdNr 19). Die Klägerin leidet auch an einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Halswirbelsäule, die als BK iS des § 9 Abs 1 SGB VII(§ 551 Abs 1 RVO) zugrunde gelegt werden könnte. Allerdings fehlt es am generellen Ursachenzusammenhang zwischen dieser Erkrankung und der besonderen Einwirkung.

17

Ob eine Krankheit innerhalb einer bestimmten Personengruppe im Rahmen der versicherten Tätigkeit häufiger auftritt als bei der übrigen Bevölkerung, erfordert in der Regel den Nachweis einer Fülle gleichartiger Gesundheitsbeeinträchtigungen und eine langfristige zeitliche Überwachung der Krankheitsbilder. Mit wissenschaftlichen Methoden und Überlegungen muss zu begründen sein, dass bestimmte Einwirkungen die generelle Eignung besitzen, eine bestimmte Krankheit zu verursachen. Erst dann lässt sich anhand von gesicherten "Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft" iS des § 9 Abs 2 SGB VII(§ 551 Abs 2 iVm § 551 Abs 1 Satz 2 RVO) nachvollziehen, dass die Ursache für die Krankheit in einem schädigenden Arbeitsleben liegt. Solche Erkenntnisse setzen regelmäßig voraus, dass die Mehrheit der medizinischen Sachverständigen, die auf dem jeweils in Betracht kommenden Fachgebiet über besondere Erfahrungen und Kenntnisse verfügen, zu derselben wissenschaftlich fundierten Meinung gelangt ist. Es ist nicht erforderlich, dass diese Erkenntnisse die einhellige Meinung aller Mediziner widerspiegeln. Andererseits reichen vereinzelte Meinungen einiger Sachverständiger grundsätzlich nicht aus (BSG vom 4.6.2002 - B 2 U 20/01 R - Juris RdNr 22; bereits BSG vom 23.3.1999 - B 2 U 12/98 R - BSGE 84, 30, 35 mwN = SozR 3-2200 § 551 Nr 12).

18

Nach § 9 Abs 1 Satz 1 SGB VII(§ 551 Abs 1 Satz 2 RVO) sind BKen grundsätzlich nur solche Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII(§§ 539, 540, 543 bis 545 RVO)begründenden Tätigkeit erleiden. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber das "Listensystem" als Grundprinzip des Berufskrankheitenrechts der gesetzlichen Unfallversicherung festgelegt. Mit der Einführung der Wie-BK in § 551 Abs 2 RVO durch das Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz vom 30.4.1963 (BGBl I 241) wurde eine Ausnahme vom Listenprinzip nur für den Fall zugelassen, dass der Verordnungsgeber wegen der regelmäßig notwendigen mehrjährigen Intervalle zwischen den Anpassungen der BKV an die neuen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht rechtzeitig tätig wird (BSG vom 25.8.1994 - 2 RU 42/93 - BSGE 75, 51, 54 = SozR 3-2200 § 551 Nr 6 S 14). Sinn des § 9 Abs 2 SGB VII(§ 551 Abs 2 RVO) ist es, ausnahmsweise vom Listensystem abweichen zu können, um solche durch die Arbeit verursachten Krankheiten wie eine BK zu entschädigen, die nur deshalb nicht in die Liste der BKen aufgenommen worden sind, weil die Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft über die besondere Gefährdung bestimmter Personengruppen in ihrer Arbeit bei der letzten Fassung der Liste noch nicht vorhanden waren oder vom Verordnungsgeber nicht hinreichend berücksichtigt wurden (vgl BSG vom 4.8.1981 - 5a/5 RKnU 1/80 - SozR 2200 § 551 Nr 18 S 27). Die Anerkennung einer Wie-BK knüpft damit an dieselben materiellen Voraussetzungen an, die der Verordnungsgeber auch nach § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII(§ 551 Abs 1 Satz 3 RVO) für die Aufnahme einer Erkrankung in die Liste zu beachten hat.

19

Die damit zur Anerkennung einer Wie-BK notwendigen gesicherten Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft liegen nach den dem Senat vorliegenden Unterlagen, die er zur Klärung der generellen Tatsache (vgl hierzu BSG vom 2.4.2009 - B 2 U 9/08 R - BSGE 103, 59 = SozR 4-2700 § 9 Nr 14, RdNr 15)des Zusammenhangs zwischen "Schulter-Kinn-Zange" und bandscheibenbedingter Halswirbelsäulenerkrankung heranziehen und auswerten durfte, nicht vor. Hinsichtlich eines solchen Zusammenhangs fehlt es an epidemiologischen Studien und statistisch relevanten Zahlen, die wegen der geringen Anzahl von Berufsgeigern auch nicht zu erwarten sind. Auch wenn eine besondere Gefährdung der Streicher durch die mit der "Schulter-Kinn-Zange" einhergehende Fehlhaltung zu beobachten ist, lässt sich ein Zusammenhang zwischen beruflicher Belastung und morphologischer Veränderung der Wirbelsäule mangels statistisch gesicherter Erkenntnisse nicht herstellen. Zwar führt Dr. L. in seinem Gutachten vom 28.9.2002 die Halswirbelsäulenerkrankung der Klägerin mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf das jahrelange Instrumentalspiel zurück. Zudem bestätigt Prof. Dr. D. in seinem Gutachten vom 8.1.2003 eine durch das Geigenspiel bedingte außergewöhnliche Zwangshaltung. Er führt aber ferner aus, dass die sog Gruppentypik anhand neuer gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse nicht festgestellt werden könne. Auch Prof. Dr. A. hält in seinem Gutachten vom 3.5.2010 zwar eine berufsbedingte Wirbelsäulenerkrankung für gegeben, weist aber ebenfalls darauf hin, dass die hierfür sprechende Lebensarbeitszeit an der Geige einerseits sowie die Häufigkeit des Auftretens der Wirbelsäulenbeschwerden bei Geigern andererseits den generellen Ursachenzusammenhang lediglich plausibel erscheinen ließen und es an die Kausalität belegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen fehle. Schließlich ist das im Jahr 2001 durchgeführte 3. Symposium der Deutschen Gesellschaft für Musikphysiologie und Musikermedizin zu dem Ergebnis gelangt, dass die publizierten Daten zur Epidemiologie funktioneller und struktureller Erkrankungen der Wirbelsäule bei Musikern in sowohl quantitativer als auch qualitativer Hinsicht sehr dürftig seien (Seidel/Lange, Institut für Musikpädagogik und Musiktheorie, Die Wirbelsäule des Musikers, 2001). Eine Vielzahl fachkundiger Mediziner, die eine Verursachung von bandscheibenbedingten Erkrankungen der Halswirbelsäulen durch die "Schulter-Kinn-Zange" für hinreichend wahrscheinlich halten, existiert damit nicht. Für die Annahme gesicherter Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft iS des § 9 Abs 2 SGB VII(§ 551 Abs 2 iVm § 551 Abs 1 Satz 2 RVO) genügt es nicht, dass einzelne Mediziner die Verursachung von Halswirbelsäulenbeschwerden durch eine Fehlbelastung infolge der "Schulter-Kinn-Zange" für plausibel oder wahrscheinlich halten. Es reicht nicht aus, dass überhaupt medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse zu dem jeweils relevanten Problemfeld existieren, vielmehr muss sich eine sog herrschende Meinung im einschlägigen medizinischen Fachgebiet gebildet haben (BSG vom 4.6.2002 - B 2 U 16/01 R - Juris RdNr 19).

20

Allerdings hat der Senat zu sog Seltenheitsfällen entschieden, dass die den generellen Ursachenzusammenhang zwischen besonderer Einwirkung und Erkrankung belegenden medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht ausschließlich anhand von Methoden der Epidemiologie und statistischer Belege nachgewiesen werden müssen. Fehlt es an einer im Allgemeinen notwendigen langfristigen zeitlichen Überwachung von Krankheitsbildern, da aufgrund der Seltenheit einer Erkrankung medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse durch statistisch abgesicherte Zahlen nicht erbracht werden können, kommt nach dieser Rechtsprechung ausnahmsweise auch ein Rückgriff auf Einzelfallstudien, auf Erkenntnisse aus anderen Staaten und auf frühere Anerkennungen entsprechender Erkrankungen, auch in der ehemaligen DDR, in Betracht (BSG vom 4.6.2002 - B 2 U 20/01 R - Juris RdNr 22 mwN; BSG vom 14.11.1996 - 2 RU 9/96 - BSGE 79, 250, 252 = SozR 3-2200 § 551 Nr 9 S 21). Es kann offenbleiben, ob eine solche Vorgehensweise unter Zugrundelegung eines geringeren wissenschaftlichen Standards überhaupt mit den gesetzlichen Voraussetzungen des § 9 Abs 2 SGB VII(iVm § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII) für die Anerkennung einer Wie-BK vereinbar ist. Ihre Zulässigkeit unterstellt, kann ferner dahingestellt bleiben, ob sie auch dann in Betracht kommt, wenn - wie hier - gar kein Seltenheitsfall gegeben, sondern stattdessen eine Berufsgruppe betroffen ist, bei der wegen ihrer geringen Größe epidemiologische Studien nicht zu erwarten bzw unmöglich sind. Denn selbst bei Zugrundlegung eines geringeren wissenschaftlichen Standards reichen die über die bereits beschriebenen Unterlagen hinausgehenden aktenkundigen Erkenntnisse nicht aus, einen Zusammenhang zwischen der "Schulter-Kinn-Zange" von Berufsgeigern und bandscheibenbedingten Halswirbelsäulenerkrankungen als hinreichend wissenschaftlich belegt zu betrachten.

21

Dr. D. nimmt in seinem Aufsatz "Abnutzungsschäden durch Geigen- und Bratschenspiel" (Das Orchester 6/96, 13) auf eine eigene Studie über 17 professionelle Streicher Bezug und weist darauf hin, dass zur Klärung der Frage der Anerkennung von Wirbelsäulenschäden als BK noch weitere wissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt werden sollten. Die sog Weimarer Studie zu klinisch relevanten Belastungsfaktoren und Belastungskomplexen bei Musikstudenten und Berufsmusikern (Seidel/Höpfner/Lange, Musikphysiologie und Musikermedizin 1999, 6. Jg, Nr 4, 115) beruht lediglich auf der Auswertung eines von 100 Musikstudenten und 88 Orchestermusikern jeweils ausgefüllten standardisierten und validierten Fragebogens. Im Forschungsantrag "CMD/CCD bei Streichern" der Interdisziplinären Arbeitsgruppe Musikermedizin des Klinikums der Friedrich-Schiller-Universität Jena, des Klinikums Weimar und der Hochschule für Musik Weimar vom 20.5.2001 wird ausgeführt, dass es an Datenmaterial zur Bewertung funktioneller Störungen des Bewegungssystems bei Streichern als BK fehle. Aus diesen Publikationen lässt sich folglich auch ein ggf geringeren Anforderungen an wissenschaftliche Erkenntnisse genügender genereller Zusammenhang zwischen der "Schulter-Kinn-Zange" und einer bandscheibenbedingten Halswirbelsäulenerkrankung nicht ableiten. Soweit die Revision zudem auf Anerkennungen einer BK in Frankreich, Tschechien und der ehemaligen DDR hinweist, ist nicht ersichtlich, dass diese auf hinreichenden medizinischen Erkenntnissen beruhten und nicht nur das Ergebnis von Einzelfallprüfungen sind, ohne wissenschaftlich fundierte Aussagen über die generelle Geeignetheit der hier zu beurteilenden Einwirkung zu berücksichtigen. Zudem existiert in Frankreich entgegen der Revision keine spezifisch auf Musiker, sondern eine generell auf Zwangshaltungen bezogene BK. Ob weiterhin auch die jeweilige Ausgestaltung des Berufskrankheitenrechts in Frankreich, Tschechien und der ehemaligen DDR einer Berücksichtigung der behaupteten Anerkennungen entgegensteht, kann daher offenbleiben (vgl zur Ausgestaltung des BK-Rechts in anderen Ländern Kranig, DGUV-Forum 2012, 30; ders, Berufskrankheiten im internationalen Vergleich, 2002, 337).

22

Auch Billigkeitserwägungen führen zu keinem anderen Ergebnis. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats enthält § 9 Abs 2 SGB VII(§ 551 Abs 2 RVO) keine allgemeine "Härteklausel", nach der jede durch eine versicherte Tätigkeit verursachte Krankheit als Wie-BK anzuerkennen wäre (vgl zuletzt BSG vom 13.2.2013 - B 2 U 33/11 R - SozR 4-2700 § 9 Nr 21 RdNr 17).

23

Dass die Anerkennung einer Wie-BK an das Vorliegen wissenschaftlich gesicherter Kausalbeziehungen anknüpft, ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

24

Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG liegt nicht vor. Danach sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Dieses Grundrecht ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen (stRspr; vgl BVerfG vom 28.4.1999 - 1 BvR 1926/96, 1 BvR 485/97 - BVerfGE 100, 104 = SozR 3-2600 § 307b Nr 6). § 9 Abs 2 SGB VII(§ 551 Abs 2 RVO) ist zwar dann mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht mehr vereinbar, wenn einer Personengruppe der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung allein deshalb versagt wird, weil der Verordnungsgeber vorliegende wissenschaftliche Erkenntnisse noch nicht geprüft und gewürdigt hat (BVerfG vom 22.10.1981 - 1 BvR 1369/79 - BVerfGE 58, 369, 375 f = SozR 2200 § 551 Nr 19 S 32 f). Denn die Vorschrift schließt solche Lücken, die sich daraus ergeben, dass neue Erkenntnisse über den Zusammenhang von beruflicher Exposition und Erkrankung vorliegen, bevor die BKV eine entsprechende Anpassung erfährt (BVerfG vom 9.10.2000 - 1 BvR 791/95 - SozR 3-2200 § 551 Nr 15 S 76). An medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen zu evtl gesundheitsschädigenden Folgen einer "Schulter-Kinn-Zange" fehlt es vorliegend aber gerade. Dass sich der Verordnungsgeber mit den besonderen Einwirkungen von hohen Streichern noch gar nicht befasst hat und eine Auseinandersetzung damit ggf auch nicht geplant ist, befreit daher aus Gründen der Gleichbehandlung nicht vom Erfordernis der die generelle Geeignetheit einer besonderen Einwirkung für die Verursachung einer bestimmten Erkrankung belegenden medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse.

25

Eine verfassungswidrige Benachteiligung ergibt sich auch nicht daraus, dass die Berufsgruppe der Streicher sehr klein ist und sich möglicherweise eine wissenschaftlich gesicherte Kausalbeziehung zwischen beruflicher Einwirkung und Erkrankung anhand epidemiologischer Studien schon rein tatsächlich nicht feststellen lässt, weil die für epidemiologische Studien erforderlichen Fallzahlen nicht erreicht werden können. § 9 Abs 1 Satz 1 SGB VII(§ 551 Abs 1 Satz 2 RVO) beschränkt BKen begrifflich auf Krankheiten, die in der Berufskrankheitenliste als Anlage zur BKV aufgeführt sind. Die Ermächtigung der Bundesregierung zur Aufnahme von BKen in diese Anlage macht § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII(§ 551 Abs 1 Satz 3 RVO) davon abhängig, dass die Krankheiten nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit ausgesetzt sind. In diesen Regelungen kommt das die gesetzliche Unfallversicherung prägende Listenprinzip zum Ausdruck, das nach § 9 Abs 2 SGB VII nur unter der Voraussetzung durchbrochen wird, dass neue Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorliegen. Diese vom Gesetzgeber gewollte Systementscheidung begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (BVerfG vom 8.6.2012 - 1 BvR 2853/10 - NZS 2012, 901; BVerfG vom 14.7.1993 - 1 BvR 1127/90 - SozR 3-2200 § 551 Nr 5 S 10). Mit ihr im Einzelfall verbundene Härten sind hinzunehmen. Sie halten sich im Rahmen einer zulässigen Typisierung, weil nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betroffen ist und dadurch bedingte Ungerechtigkeiten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären (vgl BVerfG vom 28.4.1999 - 1 BvL 22/95, 1 BvL 34/95 - BVerfGE 100, 59, 90 = SozR 3-8570 § 6 Nr 3 S 28 mwN).

26

In seiner Stellungnahme zum Entwurf des UVEG hat der Bundesrat 1995 zwar vorgeschlagen, eine neue Regelung in § 9 Abs 2a SGB VII einzufügen, die die Anerkennung einer Wie-BK zur Vermeidung von Härtefällen auch für den Fall vorsah, dass 1. vergleichbare Arbeitsplätze mit entsprechenden Arbeitsbedingungen nicht oder nur in einer geringen Zahl vorhanden sind und deshalb Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft darüber nicht vorliegen können, dass bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung besonderen Einwirkungen ausgesetzt sind und 2. nach medizinischen Erkenntnissen mit hinreichender Sicherheit feststeht, dass die Krankheit durch die besonderen Bedingungen des Arbeitsplatzes verursacht ist (BT-Drucks 13/2333 S 5 zu Nr 9). Dem ist der Gesetzgeber des UVEG aber mit der Begründung nicht gefolgt, bei einer solchen Regelung bestehe ua die Gefahr, dass die vorgeschlagene Bestimmung, bei der epidemiologische Erkenntnisse wegen der Singularität der Arbeitsbedingungen nicht gewonnen werden könnten, eine Antragsflut auslöse, die von den Unfallversicherungsträgern nicht bewältigt werden könnte (BT-Drucks 13/2333 S 19 zu Nr 9). Diese Erwägungen des Gesetzgebers sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, weil sie sich im Rahmen seines legislatorischen Gestaltungsspielraums bewegen. Der Gesetzgeber darf sich bei der Einführung typisierender Regelungen an den ansonsten mit Einzelfallregelungen verbundenen Erfordernissen der Verwaltung orientieren. Die Entlastung der Unfallversicherungsträger und folglich auch der Sozialgerichtsbarkeit von umfangreichen und zeitaufwendigen Einzelfallprüfungen ist ein sachlicher, zur Typisierung berechtigender Grund (vgl BVerfG vom 8.2.1983 - 1 BvL 28/79 - BVerfGE 63, 119, 128 = SozR 2200 § 1255 Nr 17 S 37 und vom 16.12.1958 - 1 BvL 3/57, 1 BvL 4/57 und 1 BvL 8/58 - BVerfGE 9, 20, 31 ff = SozR Nr 42 zu Art 3 GG). Damit sind zugleich einer richterlichen Rechtsfortbildung verfassungsrechtliche Grenzen aufgezeigt, weil diese bewusste Entscheidung des Gesetzgebers nicht durch richterliche Wertungen ersetzt werden darf.

27

Die das hier gefundene Ergebnis tragenden und den Senat bindenden Tatsachenfeststellungen (§ 163 SGG) sind nicht mit zulässig erhobenen Verfahrensrügen angegriffen worden.

28

Eine ordnungsgemäße Verfahrensrüge setzt die Bezeichnung der Tatsachen voraus, die den behaupteten Mangel ergeben (§ 164 Abs 2 Satz 3 SGG) und aus denen die Möglichkeit folgt, dass das Gericht ohne die geltend gemachte Verfahrensverletzung anders entschieden hätte. Das Revisionsgericht muss in die Lage versetzt werden, sich allein anhand der Revisionsbegründung ein Urteil darüber zu bilden, ob die angegriffene Entscheidung auf einem Verfahrensmangel beruhen kann (BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 10/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 42 RdNr 19 mwN). Daran fehlt es hier.

29

Die Rüge der Klägerin, die Entscheidung des LSG beruhe auf einer fehlerhaften Beweiswürdigung, ist nicht ordnungsgemäß erhoben. Sie hätte darlegen müssen, dass das Berufungsgericht die Grenzen seiner ihm durch § 128 Abs 1 Satz 1 SGG eingeräumten Befugnis verletzt hat, nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu entscheiden. Es hätte insoweit aufgezeigt werden müssen, dass es gegen allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstoßen oder das Gesamtergebnis des Verfahrens nicht ausreichend berücksichtigt hat (BSG vom 31.5.2005 - B 2 U 12/04 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 2 RdNr 9). Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung nicht gerecht.

30

Mit dem Vorbringen, ein medizinischer Erfahrungssatz, dass die durch ein Violinspiel hervorgerufene Halswirbelsäulenerkrankung im Falle weiterer Verschleißerscheinungen der gesamten Wirbelsäule ausscheide, existiere nicht, ist nicht deutlich geworden, dass das LSG einen Erfahrungssatz fehlerhaft angewandt hat (vgl hierzu BSG vom 2.5.2001 - B 2 U 24/00 R - SozR 3-2200 § 581 Nr 8 S 37 mwN). Die Revision zeigt nicht auf, an welcher Stelle seines Urteils sich das LSG tragend auf einen solchen Erfahrungssatz gestützt hätte. Auf Seite 13 der angegriffenen Entscheidung wird vielmehr lediglich ausgeführt, dass es sich bei dem Halswirbelsäulenleiden um eine "Volkskrankheit" handele, die eine Beweiserleichterung bei der Feststellung der generellen Geeignetheit verbiete.

31

Auch ein sog Denkgesetz, gegen das das LSG verstoßen haben könnte, hat die Klägerin nicht dargetan. Dass es zu einer bestimmten, aus seiner Sicht erheblichen Frage aus den gesamten rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten nur eine Folgerung hätte ziehen können, jede andere nicht folgerichtig "denkbar" ist und das Gericht die allein in Betracht kommende nicht gesehen hat (vgl BSG vom 11.6.2003 - B 5 RJ 52/02 R - Juris RdNr 13 mwN), legt die Revision nicht dar.

32

Aus dem Vortrag der Klägerin geht auch nicht hervor, dass das Gesamtergebnis des Verfahrens nicht hinreichend berücksichtigt worden wäre. Soweit sie geltend macht, in der ehemaligen DDR, in Frankreich sowie in Tschechien ausgesprochene Anerkennungen von BKen seien bei der Beweiswürdigung nicht berücksichtigt worden, wird übersehen, dass sich das LSG auf Seite 15 seiner Entscheidung damit auseinandergesetzt hat, dass die Problematik der Geiger in der ehemaligen DDR "einer anderen Lösung zugeführt worden sei". Im Übrigen hat die Revision nicht aufgezeigt, ob und wenn ja inwieweit den behaupteten Anerkennungen generelle medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse zugrunde liegen. Die Klägerin setzt im Kern nur ihre Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des LSG. Allein damit ist aber eine Verletzung der Grenzen des Rechts auf freie Beweiswürdigung nicht formgerecht gerügt (BSG vom 23.8.2007 - B 4 RS 3/06 R - SozR 4-8570 § 1 Nr 16 RdNr 31).

33

Schließlich scheidet ein Anspruch auf Anerkennung der geltend gemachten Wie-BK nach übergangsrechtlichen Regelungen aus. Für die Übernahme einer vor dem 1.1.1992 im Beitrittsgebiet eingetretenen Erkrankung als BK nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung ist nach §§ 212 und 215 Abs 1 Satz 1 SGB VII die Vorschrift des § 1150 Abs 2 RVO in der am 31.12.1996 geltenden Fassung des Renten-Überleitungsgesetzes vom 25.7.1991 (BGBl I 1606, 1688) weiter anzuwenden. Gemäß § 1150 Abs 2 Satz 1 RVO gelten solche Krankheiten, die nach dem im Beitrittsgebiet geltenden Recht BKen der Sozialversicherung waren, als BKen iS des Dritten Buches der RVO. Das gilt nach § 1150 Abs 2 Satz 2 Nr 1 RVO allerdings nicht für Krankheiten, die einem ab 1.1.1991 für das Beitrittsgebiet zuständigen Träger der Unfallversicherung - wie hier - erst nach dem 31.12.1993 bekannt werden und die nach dem Dritten Buch der RVO nicht zu entschädigen wären. Dies bedeutet, dass Krankheiten, von denen ein ab 1.1.1991 für das Beitrittsgebiet zuständiger Träger der Unfallversicherung erst nach dem 31.12.1993 Kenntnis erlangt, nur dann BKen darstellen, wenn die Voraussetzungen nach den §§ 548 ff RVO erfüllt sind(BSG vom 2.12.2008 - B 2 U 26/06 R - BSGE 102, 111 = SozR 4-2700 § 8 Nr 29, RdNr 16). Das ist aus den dargelegten Gründen nicht der Fall.

34

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Die Vorschriften des Ersten bis Neunten Kapitels gelten für Versicherungsfälle, die nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eintreten, soweit in den folgenden Vorschriften nicht etwas anderes bestimmt ist.

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.
6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.

(1) Die Satzung kann bestimmen, daß und unter welchen Voraussetzungen sich die Versicherung erstreckt auf

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
2.
Personen, die sich auf der Unternehmensstätte aufhalten; § 2 Absatz 3 Satz 4 erster Halbsatz gilt entsprechend,
3.
Personen, die
a)
im Ausland bei einer staatlichen deutschen Einrichtung beschäftigt werden,
b)
im Ausland von einer staatlichen deutschen Einrichtung anderen Staaten zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt werden;
Versicherungsschutz besteht nur, soweit die Personen nach dem Recht des Beschäftigungsstaates nicht unfallversichert sind,
4.
ehrenamtlich Tätige und bürgerschaftlich Engagierte,
5.
Kinder und Jugendliche während der Teilnahme an Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt.

(2) Absatz 1 gilt nicht für

1.
Haushaltsführende,
2.
Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien oder Imkereien und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
3.
Personen, die aufgrund einer vom Fischerei- oder Jagdausübungsberechtigten erteilten Erlaubnis als Fischerei- oder Jagdgast fischen oder jagen,
4.
Reeder, die nicht zur Besatzung des Fahrzeugs gehören, und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner.

(1) Auf schriftlichen oder elektronischen Antrag können sich versichern

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner; ausgenommen sind Haushaltsführende, Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien, von nicht gewerbsmäßig betriebenen Unternehmen nach § 123 Abs. 1 Nr. 2 und ihre Ehegatten oder Lebenspartner sowie Fischerei- und Jagdgäste,
2.
Personen, die in Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
3.
gewählte oder beauftragte Ehrenamtsträger in gemeinnützigen Organisationen,
4.
Personen, die in Verbandsgremien und Kommissionen für Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften sowie anderen selbständigen Arbeitnehmervereinigungen mit sozial- oder berufspolitischer Zielsetzung (sonstige Arbeitnehmervereinigungen) ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
5.
Personen, die ehrenamtlich für Parteien im Sinne des Parteiengesetzes tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen.
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 kann auch die Organisation, für die die Ehrenamtsträger tätig sind, oder ein Verband, in dem die Organisation Mitglied ist, den Antrag stellen; eine namentliche Bezeichnung der Versicherten ist in diesen Fällen nicht erforderlich. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 4 und 5 gilt Satz 2 entsprechend.

(2) Die Versicherung beginnt mit dem Tag, der dem Eingang des Antrags folgt. Die Versicherung erlischt, wenn der Beitrag oder Beitragsvorschuß binnen zwei Monaten nach Fälligkeit nicht gezahlt worden ist. Eine Neuanmeldung bleibt so lange unwirksam, bis der rückständige Beitrag oder Beitragsvorschuß entrichtet worden ist.

Der Ausbildungsberuf Berufskraftfahrer/Berufskraftfahrerin wird staatlich anerkannt.

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.
6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 19. November 2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Klägers sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung einer Gonarthrose als Wie-Berufskrankheit streitig.
Der 1948 geborene Kläger wurde nach dem Hauptschulabschluss ab April 1963 im Betrieb seines Vaters zum Zimmerer und Dachdecker ausgebildet. Anschließend arbeitete er dort, unterbrochen von der Bundeswehrzeit von Juli 1968 bis Dezember 1969, bis November 1974 in abhängiger Beschäftigung. Ab Januar 1975 führte er, nachdem er zwischenzeitlich die Meisterprüfungen in beiden Berufen abgelegt hatte, den Betrieb in selbstständiger Tätigkeit bis Mitte August 2007 weiter; während dieser Zeit war er bei der Beklagten freiwillig versichert.
Der den Kläger behandelnde Hausarzt, der Internist Dr. B., zeigte der Beklagten im August 2007 den Verdacht einer Gonarthrose als Berufskrankheit an. Der Kläger teilte ihr Ende September 2007 mit, die Kniebeschwerden bestünden berufsbedingt. Sie seien erstmals 1995 aufgetreten und hätten seit einem Arbeitsunfall am 29. August 2005 zu dauernd starken Schmerzen geführt. Die Beschwerden würden bei knienden Tätigkeiten auf den Baustellen auftreten.
Der Mitarbeiter des Präventionsdienstes der Beklagten Sch. erstellte Ende Februar 2013 eine Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition, welcher ein von ihm erstelltes Gesprächsprotokoll vom 14. Februar 2013 nach einer persönlichen Unterredung mit dem Kläger an dessen Wohnort einen Tag zuvor zugrunde lag, das diesem übersandt und am 24. Februar 2013 von ihm unterschrieben worden war. Während der Ausbildung seien die Tätigkeiten als Zimmerer und Dachdecker vollzeitig und an ständig wechselnden Arbeitsplätzen ausgeübt worden. Von Anfang an seien während der kalten Jahreszeit keine Mitarbeitenden entlassen worden, vielmehr seien dann Arbeiten in Innenräumen ausgeführt worden. Hierbei habe es sich um die Parkettverlegung und den Dachgeschossausbau im Trockenbau gehandelt.
Der Bereich der Außenarbeiten habe die Zimmerei und Dachdeckerei umfasst. Reine Zimmererarbeiten, wie der Abbund und das ausschließliche Aufrichten von etwa Dachstühlen oder Gauben, seien anfangs nur ausnahmsweise ausgeführt worden. Hölzer seien überwiegend fertig abgebunden bezogen worden. Es habe praktisch immer eine Überschneidung zum Dachdeckerhandwerk bestanden. Es seien Dachstühle aufgerichtet, aber auch die Lattung und Dämmung angebracht worden. Anschließend sei die Eindeckung mit Dachpfannen und Biberschwanzziegeln (jeweils 50 %) erfolgt, bei größeren Gehöften, Scheunen oder Hallendächern seien Wellasbestzementplatten verwendet worden. Flachdächer seien nicht gedeckt worden. Es seien ausschließlich Steildächer bearbeitet worden. Zum Bereich der Innenarbeiten hätten die Parkettverlegung und der Innenausbau im Dachgeschoss gehört. Es seien Stab- und Mosaikparkette im Verhältnis 70 % zu 30 % verlegt worden, daneben Dielen, Ausgleichsschüttungen, Trittschalldämmungen und Estrichelemente. Das Verhältnis der beiden beschriebenen Bereiche, also von Außen- und Innenarbeiten, habe, bezogen auf die Arbeitsschichten, etwa 60 % zu 40 % betragen. Von Montag bis Freitag sei üblicherweise 10 Stunden täglich gearbeitet worden. Je nach Auftragsgröße habe teilweise auch an Samstagen gearbeitet werden müssen. Dies sei etwa an jedem zweiten Samstag der Fall gewesen. Der Kläger sei stets aktiv auf Baustellen tätig gewesen, habe also während der regulären Arbeitszeit keine administrativen Tätigkeiten oder Büroarbeiten ausgeführt. Diese seien an den Wochenenden und nach Feierabend erledigt worden. Der Mitarbeiter des Präventionsdienstes der Beklagten Sch. ging von 240 Arbeitsschichten pro Jahr aus, die zu Grunde zu legen seien. Der Kläger sei zu einer ähnlichen Einschätzung gekommen, wobei er etwa 32 Wochen für die Außen- und 16 Wochen für die Innenarbeiten angenommen habe, woraus sich ein Verhältnis von etwa 2/3 zu 1/3 ergebe. Im Wesentlichen seien die Tätigkeiten über den gesamten Betrachtungszeitraum hinweg vergleichbar gewesen, so dass die einzelnen Beschäftigungsabschnitte einheitlich bewertet werden könnten.
Für die Zeit von April 1963 bis Mitte August 2007 stelle sich die prozentuale Aufsplittung der Einzeltätigkeiten zusammenfassend wie folgt dar: Außenarbeiten, 60 % der Schichten: Steildach einlatten = 10 % der Schichten = 14 Schichten, Steildach dämmen = 50 % der Schichten = 72 Schichten, Steildach eindecken mit Dachpfannen = 10 % der Schichten = 15 Schichten, Steildach eindecken mit Biberschwanzziegeln = 10 % der Schichten = 15 Schichten, Wellplattenmontage = 10 % der Schichten = 14 Schichten und Zimmerei (Abbund und Aufrichten) = 10 % der Schichten = 14 Schichten sowie Innenarbeiten, 40 % der Schichten: Stabparkett verlegen = 21 % der Schichten = 20 Schichten, Mosaikparkett verlegen = 9 % der Schichten = 9 Schichten, schleifen und verkitten = 10 % der Schichten = 10 Schichten, Dielenboden verlegen = 10 % der Schichten = 10 Schichten und Trittschalldämmung verlegen, auch Schüttung, Holzfaserplatten und Estrichelemente = 50 % der Schichten = 47 Schichten.
Nach den Vorgaben der wissenschaftlichen Begründung zur Gonarthrose und aus Erfahrungen bei der Betrachtung der Tätigkeitsmerkmale an Vergleichsarbeitsplätzen ergebe sich, bezogen auf die Gonarthrose, eine Gesamtstundenzahl kniebelastender Tätigkeiten von 32.442 Stunden. Gestützt auf den Report des Instituts für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e. V. (IFA-Report), Ausgabe 1/2010 habe sich eine die Knie betreffende Mindesteinwirkungsdauer von mehr als einer Stunde je Arbeitsschicht ergeben.
Der Beklagten lagen neben dem Vorerkrankungsverzeichnis der Innungskrankenkasse (IKK) Baden-Württemberg (heute: IKK classic), bei welcher der Kläger während seiner selbstständigen Tätigkeit gegen Krankheit freiwillig versichert war, verschiedene medizinische Befundunterlagen vor, insbesondere auch solche, die sich auf das Unfallereignis vom 29. August 2005 beziehen. Damals legte der Kläger den Weg zu einer Baustellenkontrolle bei einem Kunden mit dem Fahrrad zurück, wobei er vom Pedal abrutschte und auf das rechte Knie stürzte. Deswegen stellte die Beklagte mit Bescheid vom 26. September 2006 ein Recht des Klägers auf Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 vom Hundert (v. H.) als Gesamtvergütung vom 4. Mai bis 31. Dezember 2006 fest. Als Folgen dieses Arbeitsunfalls wurden ein persistierender bewegungsabhängiger Schmerz im rechten Kniegelenk mit Schwellneigung und Teilriss des hinteren Kreuzbandes rechts bei vorbestehender Gonarthrose anerkannt. Demgegenüber seien in diesem Körperbereich eine viertgradige Knorpelläsion im medialen Kompartment im Bereich des Schienbeines, eine drittgradige Chondromalazie des retropatellaren Gleitlagers, ein nahezu aufgebrauchter Außenmeniskus, zweitgradige Knorpelveränderungen im lateralen Kompartment im Bereich der Tibia und Femurkondylen sowie darüber hinaus eine rheumatische Erkrankung mehrerer Gelenke nicht Folgen dieses Versicherungsfalls. Ein Recht des Klägers auf Rente nach dem 31. Dezember 2006 wurde abgelehnt (Bescheid vom 22. März 2007, Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2007). Das Klageverfahren S 2 U 3160/07 beim Sozialgericht (SG) Konstanz, welches für den bei Klageerhebung noch in Leutkirch im Allgäu, Landkreis Ravensburg, wohnenden Kläger zuständig war, verlief für ihn erfolglos.
Der Chefarzt der Rheumaambulanz der Rheumaklinik Bad W., Prof. Dr. J., äußerte nach einer klinischen Untersuchung des Klägers am 22. April 2004 zunächst den Verdacht auf eine seronegative rheumatoide Arthritis. Der Kläger habe über seit etwa einem halben Jahr bestehende rezidivierende Gelenkschmerzen in beiden Schulter-, Ellenbogen-, Hüft- und Kniegelenken sowie Händen berichtet. Es habe eine endgradig leicht schmerzhafte Beugung im rechten Kniegelenk ohne Bewegungseinschränkung bestanden. Nach einer Untersuchung am 6. Mai 2004 diagnostizierte er eine seronegative rheumatoide Arthritis (ICD-10 M06.00). Im Vordergrund stünden noch die Beschwerden in den Händen und Knien.
10 
Nach dem Unfallereignis am 29. August 2005 hatte der Kläger am 6. September 2005 den Arzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. L. aufgesucht, der eine Kniegelenkskontusion bei vorbestehender rheumatischer Erkrankung und eine diskrete Gonarthrose diagnostizierte.Es hätten ein deutlicher Kniegelenkserguss und eine endgradige Bewegungseinschränkung bei der Streckung bestanden. Radiologisch hätten eine deutliche Verkalkung der Menisken, eine leichte, medial betonte Gonarthrose und Zeichen einer Retropatellararthrose vorgelegen. Es sei eine Punktion einer 40 ml blutig tingierten Flüssigkeit vorgenommen worden, die eher alt gewesen sei. In seinem Ergänzungsbericht bei Verdacht auf einen Kniebinnenschaden vom 8. September 2005 erwähnte er, der Kläger, der zuvor gejoggt und Fahrrad gefahren sei, habe beruflich eine kniende Tätigkeit ausgeübt. Festgestellt worden seien eine Weichteilschwellung am medialen Bandapparat und in der Kniekehle sowie ein blutig-seröser Erguss.
11 
Der Radiologe Dr. R. erstellte am 22. September 2005 ein Magnetresonanztomogramm (MRT) des rechten Kniegelenkes. Es seien eine Ruptur des hinteren Kreuzbandes, eine Ruptur des Innenmeniskushinterhorns mit Luxationsstellung nach medial, ein feiner Einriss des Außenmeniskushinterhorns basal, eine mediale Gonarthrose mit dritt- bis viertgradigem Knorpelschaden femoral und tibial, ein deutliches Knochenmarködem in den benachbarten Partien femoral und tibial, ein retropatellarer Knorpelschaden craniomedial sowie ein Status nach Dehnung des Retinaculum patellae mediale mit teils aufgefaserten Strukturen festgestellt worden.
12 
Nach einer Arthroskopie des rechten Kniegelenkes am 27. September 2005 beschrieb der Chirurg Dr. B. eine Chrondromalazie bis Stadium IV. Es sei eine Meniskusteilresektion vorgenommen und eine Abrasionsarthroplastik eingesetzt worden. Es hätten sich zwei kleine Knorpelglatzen an der Pars media des medialen Tibiaplateaus, ein ausgefranster Lappenriss des Hinterhorns, eine Sklerosierung am medialen Kondylus, ein eingebluteter Synovialüberzug des hinteren Kreuzbandes mit erhaltener Kontinuität sowie retropatellar oberflächlich rasenartige und im Gleitlager pflastersteinartige Veränderungen gefunden.
13 
Im Auftrag der Beklagten erstattete Dr. B. nach einer ambulanten klinischen und radiologischen Untersuchung des Klägers am 5. Dezember 2005 ein Gutachten. Der Kläger habe bei dem Unfall am 29. August 2005 ein Distorsionstrauma des rechten Kniegelenkes mit Teilruptur des hinteren Kreuzbandes erlitten. Diese Verletzung sei mit großer Wahrscheinlichkeit Folge des Unfallereignisses. Dieses sei geeignet gewesen, zu einer Verletzung des hinteren Kreuzbandes zu führen. Bei der ersten durchgangsärztlichen Untersuchung sei ein blutig-seröser Gelenkerguss punktiert worden, was auf eine frische Schädigung des Kniebinnenraumes hindeute. Bei der Arthroskopie des rechten Kniegelenkes habe sich eine frische Synovialeinblutung des Synovialschlauches des hinteren Kreuzbandes gezeigt. Unfallunabhängig bestünden beim Kläger eine fortgeschrittene Arthrose des medialen Gelenkspaltes mit einer Chondromalazie bis Stadium 4 sowie eine degenerative Innen- und Außenmensikopathie. Somit sei es durch den Unfall zu einer Verschlimmerung einer bereits vorbestehenden Erkrankung des rechten Kniegelenkes gekommen.
14 
Nach einer Untersuchung Mitte Februar 2006 berichtete Dr. L., beim Kläger bestehe noch immer eine deutliche Schmerzsymptomatik und eine deutliche Ergussneigung im rechten Knie. Dieser habe mehrfach versucht, als Zimmermann tätig zu werden, was fehlgeschlagen sei. Bei der heutigen Vorstellung hätten sich nach wie vor eine endgradige Streckhemmung von etwa 5° und eine Beugehemmung von etwa 15° gezeigt.
15 
Über den stationären Aufenthalt des Klägers in der Berufsgenossenschaftlichen (BG-) Unfallklinik Murnau vom 24. bis 27. April 2006 berichtete der Ärztliche Direktor Prof. Dr. B. am 26. April 2006, diagnostiziert worden sei eine generalisierte Gonarthrose im Bereich des rechten Kniegelenkes. Am 25. April 2006 seien eine Arthroskopie und Kniegelenkspülung vorgenommen worden. Ein nahezu vollkommen aufgebrauchter Außenmeniskus und eine Pangonarthrose, bei unauffälligen Kreuzbändern, hätten dabei festgestellt werden können. Eine Knietotalendoprothese sei indiziert.
16 
Dr. L. berichtete nach einer Untersuchung des Klägers Mitte Mai 2006, es bestehe eine Arthrose, die letztendlich einen Kniegelenksersatz erforderlich machen werde. Der Kläger habe berichtet, dass er zwischenzeitlich kurzzeitig beschwerdefrei gewesen sei. Mittlerweile habe sich jedoch erneut ein derzeit nicht punktionswürdiger Gelenkserguss entwickelt. Die Beweglichkeit sei endgradig eingeschränkt gewesen. Schmerzen bestünden ab und an. Der Kläger habe angegeben, am 4. Mai 2006 die Arbeit wieder vollschichtig aufgenommen zu haben.
17 
Die Leitende Ärztin der Sektion Unfallchirurgie der Oberschwaben-Klinik gGmbH, Dr. St., erstattete im Auftrag der Beklagten ein so genanntes „Erstes Rentengutachten“. Nach einer ambulanten klinischen und radiologischen Untersuchung des Klägers am 1. August 2006 diagnostizierte sie eine Teilruptur des hinteren Kreuzbandes rechts bei bereits zuvor vorhandener Gonarthrose. Vorbestehend seien eine viertgradige Knorpelläsion im medialen Kompartment im Bereich der Tibia, eine drittgradige Chondromalazie des retropatellaren Gleitlagers, eine nahezu aufgebrauchter Außenmeniskus sowie eine zweitgradige Knorpelveränderung im lateralen Kompartment im Bereich der Tibia und der Femurkondylen. Bei der klinischen Untersuchung sei das Gangbild flüssig und der Bandapparat des rechten Kniegelenkes stabil gewesen. Der Schneidersitz habe bei Schmerzhaftigkeit nicht eingenommen werden können. Radiologisch habe eine mediale Gonarthrose festgestellt werden können. Es sei ein persistierender, bewegungsabhängiger Schmerz des rechten Kniegelenkes mit Schwellneigung und teilweiser Ergussbildung verblieben. Vorbestehend sei eine rheumatische Erkrankung mehrerer Gelenke unklarer Genese.
18 
Der Chefarzt der Abteilung für Unfallchirurgie des Krankenhauses St. E. der Oberschwaben-Klinik gGmbH, Prof. Dr. M., erstellte für die Beklagte ein weiteres Rentengutachten und der Chefarzt der Abteilung Radiologie dieses Krankenhauses, Prof. Dr. St., hierzu ein radiologisches Zusatzgutachten, jeweils nach Untersuchungen des Klägers am 5. Februar 2007. Prof. Dr. M. führte aus, eine verheilte Teilruptur des rechten hinteren Kreuzbandes mit verbliebener geringfügiger hinterer Instabilität sei Folge des Unfallereignisses vom 29. August 2005. Unfallunabhängig bestünde eine schwere Gonarthrose rechts mit schmerzbedingter Bewegungseinschränkung und Bakerzyste. Prof. Dr. St. ging von einer medial betonten Gonarthrose, Kniegelenksbinnenverkalkungen im Bereich des lateralen Gelenkspaltes sowie degenerativen Randkantenausziehungen im Bereich des medialen und lateralen Kniegelenkspaltes, retropatellar sowie im Bereich der Femurkondylen, aus.
19 
Dr. L. teilte der Beklagten im Verwaltungsverfahren zur Feststellung einer Berufskrankheit Anfang Dezember 2007 mit, der Kläger habe sich von Januar bis Juli 2004 in seiner Behandlung befunden, überwiegend wegen eines Karpaltunnelsyndroms, später wegen eines schnellenden Daumens und Fersensporns. Lediglich bei der ersten Inanspruchnahme Mitte Januar 2004 habe er auch von Kniegelenkschmerzen berichtet. Eine weitere Diagnostik und Therapie der Kniegelenksymptomatik sei nicht erfolgt.
20 
Im Verfahren S 2 U 3160/07 beim SG Konstanz ist Dr. K. mit der Erstattung eines orthopädischen Gutachtens beauftragt worden. Nach einer ambulanten klinischen und röntgenologischen Untersuchung des Klägers am 29. April 2008 führte dieser im Gutachten und in einer ergänzenden Stellungnahme Anfang September 2008 aus, Folge des Unfalls vom 29. August 2005 sei insbesondere eine leichte Instabilität des rechten Kniegelenkes nach hinten infolge einer verheilten Teilruptur des rechten hinteren Kreuzbandes. Als unfallunabhängige Gesundheitsstörungen lägen eine aktivierte Arthrosis deformans des rechten und linken Kniegelenkes, eine Chondrokalzinose beider Kniegelenke, ein Teilverlust des Innen- und Außenmeniskus bei durchgeführten arthroskopischen Operationen und degenerativen Vorschäden des Faserknorpels (Meniskus), eine retropatellare Gelenkarthrose sowie offensichtlich bestehende Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, welche mit einem Basistherapeutikum (Metrotrexat, MTX Hexal, 200 mg pro Woche) behandelt worden seien, vor. Unfallunabhängige Erkrankungen seien also eine drittgradige Gonarthrose rechts mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung bei Chondrokalzinose, eine beginnende Gonarthrose links mit Chondrokalzinose und eine Coxa profunda. Ausgeprägte zweit- bis viertgradige Knorpelschäden beträfen den medialen Femurkondylus und das mediale Tibiaplateau. Insbesondere die tibialen Knorpelschäden („Knorpelglatzen“) entsprächen einem Knorpelschaden vierten und somit höchsten Grades, welcher unabhängig vom Unfallereignis vorliege. Wenn aber im Bereich des Tibiaplateaus bereits Knorpelschäden vierten Grades nachweisbar seien, also ein vollständiges Fehlen des hyalinen Knorpels, sei eine graduelle Verschlechterung dieses Befundes zumindest im tibialen Bereich nicht mehr möglich gewesen.
21 
Nach zwei weiteren Arthroskopien des rechten Kniegelenkes am 10. Juni 2008 und 12. Februar 2009, mit zwischenzeitlicher Eröffnung des Kniegelenkes über einen medialen Zugang zum Innenmeniskus (sog. „Payr-Zugang“) am 30. September 2008, diagnostizierte der Chirurg Dr. B. einen Zustand nach tibialer Umstellungsosteotomie Ende September 2008 mit kompletter Bioabrasion medial und retropatellar sowie der Trochlea femoris, mit jetzt ordentlichem Knorpelüberzug. Im Bereich des medialen Femurkondylus bestehe noch ein viertgradiger Knorpelschaden mit einer Größe von 2 x 2 cm. Ferner sei eine Reizsynovitis erkannt worden.
22 
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstattete Dr. T. A. im Verfahren S 2 U 3160/07 beim SG Konstanz nach dessen ambulanter klinischer und radiologischer Untersuchung am 29. September 2008 ein orthopädisches Gutachten, welches er Ende November 2008 um eine Stellungnahme ergänzte. Es bestehe unter anderem eine fortgeschrittene Arthrose im Bereich des inneren Gelenkspaltes des rechten Kniegelenkes im Sinne einer unfallbedingten deutlichen Verschlimmerung eines vorbestehenden Knorpelschadens. Die zum Unfallzeitpunkt vorhandene dritt- bis viertgradige Knorpelschädigung am inneren Gelenkspalt sei nicht Folge des Unfalls. Bei der im Vergleich zur gesunden linken Seite bestehenden starken Arthrose sei eher von einem unfallbedingten Schaden als von einer schicksalhaften Arthrose auszugehen; insbesondere, weil am gegenseitigen linken Kniegelenk keinerlei Arthrosezeichen dieses Ausmaßes zu sehen gewesen seien. Werde ein verletzter Meniskus entfernt, trete oft eine Früharthrose des betroffenen Gelenkes ein, so dass es wahrscheinlicher sei, dass das Unfallereignis vom 29. August 2005 zuerst die Meniskusverletzung und nachfolgend die Arthrose ausgelöst habe. Hinweise auf Vorerkrankungen der Menisken und Kreuzbänder lägen nicht vor.
23 
Nach einem am 18. April 2009 erstellten MRT des rechten Kniegelenkes und einer röntgenologischen Untersuchung am 20. April 2009 berichtete der Radiologe Dr. H., es sei ein deutlich verschmälerter medialer Gelenkspalt bei ausgeprägter medialer Gonarthrose, welche entzündlich aktiviert gewesen sei, festgestellt worden. Zudem seien eine deutliche Femoropatellararthrose, eine degenerative dritt- bis viertgradige Meniskopathie medial und eine der Patellasehne an der Tuperositas tibiae zu erkennen gewesen. Es hätten deutliche Hinweise auf eine beginnende Pseudarthrose vorgelegen.
24 
Die Radiologin Dr. F. führte nach einer Drei-Phasen-Sklettszintigraphie am 20. April 2009 aus, es habe eine Synovialitis im Bereich des rechten Kniegelenkes vorgelegen. Weiter sei eine Hyperfusion in diesem Körperbereich zu erkennen gewesen.
25 
Nach einer stationären Aufenthalt des Klägers in der orthopädischen Klinik des O.-Hospitals des Klinikums St. vom 1. bis 17. Juni 2009 diagnostizierte der Ärztliche Direktor Prof. Dr. W. unter anderem einen Zustand nach valgisierender Tibiakopfosteotomie mit Korrekturverlust und eine Pseudarthrosenentwicklung sowie eine rheumatoide Arthritis.
26 
In der beratungsärztlichen Stellungnahme von Anfang September 2009 ging der Chirurg Dr. K. nicht vom Vorliegen einer Gonarthrose als Berufskrankheit aus. Wesentliche Ursachen seien eine Chondrokalzinose, eine rheumatoide Arthritis, eine Varusfehlstellung beidseits mit Umstellungsosteotomie rechts und eine Adipositas mit Metabolischem Syndrom. Es liege bei einer Körpergröße von 185 cm ein Körpergewicht von 115 kg vor. Außerdem fehle es an der Beidseitigkeit des Schadensbildes.
27 
Das Regierungspräsidium Stuttgart teilte mit Schreiben von Ende September 2009 mit, von dem Berufskrankheitenfall Kenntnis genommen zu haben. Eine Bearbeitung durch eine Gewerbeärztin oder einen -arzt fände jedoch nicht statt.
28 
Mit Bescheid vom 8. Oktober 2009 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Gonarthrose als Berufskrankheit ab. Diese Gesundheitsstörung sei seit 1. Juli 2009 als Nr. 2112 in die Liste der Berufskrankheiten aufgenommen worden. Da die Meldung der Erkrankung noch vor diesem Stichtag erfolgt sei, sei über das Vorliegen einer Berufskrankheit im Rahmen von § 9 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII), also als Wie-Berufskrankheit, entschieden worden. Die Voraussetzungen hierfür lägen allerdings nicht vor. Im Falle des Klägers sei anhand der vorliegenden Röntgenaufnahmen und ärztlichen Befundberichte anlagebedingt eine Varusfehlstellung der Beine und eine rheumatische Arthritis, eine Chondrokalzinose sowie ein deutliches Übergewicht festgestellt worden. Diese Faktoren seien ursächlich für die Gonarthrose. Die berufliche Belastung trete demgegenüber in den Hintergrund. Außerdem wäre bei einer beruflichen Verursachung zu erwarten gewesen, dass beide Knie in gleichem Maße betroffen seien, was vorliegend nicht der Fall sei. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 5. Februar 2010 zurückgewiesen.
29 
Hiergegen hat der Kläger am 23. Februar 2010 beim SG Ulm Klage erhoben, mit der er die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung einer Gonarthrose als Berufskrankheit verfolgt hat.
30 
Das SG Ulm hat Dr. Pf. beauftragt, ein orthopädisch-chirurgisches Gutachten zu erstatten. Nach dessen Ausführungen nach einer ambulanten klinischen, röntgenologischen und optrimetrischen Untersuchung am 2. August 2010, welche um eine Stellungnahme von Ende Oktober 2010 ergänzt worden ist, liege ein ausgeprägter Knorpelschaden des rechten Kniegelenkes mit anhaltenden Reizerscheinungen, einem Belastungsdefizit und einer Bewegungseinschränkung vor. Diese Gonarthrose sei mit Wahrscheinlichkeit und in wesentlicher Weise durch die Berufstätigkeit als Zimmermann verursacht worden. Bei seiner gutachterlichen Untersuchung habe das Hauptproblem in der verminderten Patellamobilität und der sich daraus ergebenden Bewegungseinschränkung und verminderten Kraftentfaltung der Kniestrecker und Hüftbeuger bestanden. Radiologisch habe eine sehr deutliche Randosteophytenbildung am Ober- und Unterrand der Kniescheibe sowie im patellaren Gleitlager vorgelegen. Hieraus habe sich das Bild einer deutlich vermehrten Belastung des patellofemoralen Gelenkes ergeben, was den Beugebelastungen des Klägers im Berufsleben zuzuordnen sei. Das bedeute indes nicht, dass nicht auch das gesamte Kniegelenk mit einbezogen sei. Im Jahre 2004 habe sich bei diesem das typische Bild einer Polyarthritis rheumatica gezeigt, weshalb eine Methotrexat-therapie eingeleitet worden sei. In Bezug auf das rechte Kniegelenk habe sich nun eine lediglich endgradige, leicht schmerzhafte Beugung gezeigt, entsprechend einem Beugebelastungsproblem. Da in sämtlichen nach 2004 erhobenen Befunden eine Polyarthritis, also der Befall vieler Gelenke, nicht mehr erwähnt und auch bei seiner Untersuchung nicht mehr vorhanden gewesen sei, habe sich die Autoaggression, wie sie für die rheumatoide Arthritis ursächlich sei, durch die Methotrexattherapie so zurückgebildet, dass sie keinen Krankheitswert im destruktiven Sinne mehr gehabt habe. Diese Erkrankung scheide somit als konkurrierende Ursache aus. Als Alternativursache komme die Chondrokalzinose, also eine sichtbare Ablagerung von Kalziumpyrophosphat-Dihydrat-Kristallen sowohl im Faserknorpel als auch im hyalinen Knorpel in der Gelenkkapsel sowie in den periartikulären Weichteilstrukturen, ebenfalls nicht in Frage. Hierbei handele es sich um eine idiopathische Erkrankung, die als Präarthrose gewertet werde, allerdings über den Umweg einer ausgelösten Arthritis. Eine solche sei, werde von den Folgen des Unfallereignisses vom 29. August 2005 abgesehen, als nur auf das Kniegelenk bezogene Gonarthritis nirgends beschrieben. Hinzu komme, das radiologisch in gleicher Weise Verkalkungen am linken, beschwerdefreien Kniegelenk zur Darstellung gekommen seien, ohne eine Arthrose hervorgerufen zu haben. Außer in der beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. K. von Anfang September 2009 habe sich nach keinem der erhobenen Befunde ein Hinweis auf eine deutliche Varusfehlstellung des rechten oder linken Kniegelenkes gezeigt. Anlass für die valgisierende Umstellungsosteotomie sei die Feststellung einer medial betonten Gonarthrose gewesen. In solchen Fällen werde auch bei achsengerechter Stellung der Kniegelenke ein derartiger Eingriff diskutiert. Bei seiner Untersuchung habe er am beschwerdefreien linken Kniegelenk eine über das übliche Maß hinausgehende Varusstellung im Übrigen nicht feststellen können. Soweit sich nach erfolgter Umstellungsosteotomie der Hinweis auf eine Verschiebung der Beinachse um nur 2 cm in zwei Jahren finde, sei dies kein stichhaltiges Gegenargument. Insoweit handele es sich lediglich um eine Befundbeschreibung des Operationsergebnisses. Wenn ein Tatbestand sowohl die Merkmale eines Arbeitsunfalls als auch die einer Listen-Berufskrankheit erfülle, sei die Berufskrankheit vorrangig anzuwenden. Dr. K. habe in seinem Gutachten festgestellt, die degenerativen Veränderungen des rechten Kniegelenkes seien nicht in den ätiopathogenetischen Zusammenhang mit den Unfallfolgen zu stellen, auch nicht im Sinne einer Verschlimmerung. Letzterem stimme er nicht zu. Der Unfall vom 29. August 2005 habe bei dem bis dahin, bezogen auf das rechte Kniegelenk, beschwerdefreien sowie im Übrigen leistungsfähigen und sportlichen Kläger zu einer, wenn auch lang dauernden, aber vorrübergehenden Verschlimmerung geführt, da jetzt ein Zustand vorliege, welcher der schicksalsmäßigen Weiterentwicklung des Leidens, also des berufsbedingten Schadens, entspreche. Dem Übergewicht komme zwar eine multiplikative Bedeutung zu, dieses sei vorliegend jedoch nicht als wesentliche Ursache der Gonarthrose anzusehen.
31 
Nach der von der Beklagten vorgelegten beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. K. von September 2010 hat diese eine weitere von ihm von Ende November 2010 übersandt. Wegen der biomechanischen Plausibilität sei bei einem belastungskonformen Schadensbild der vorliegend zu prüfenden Berufskrankheit zu erwarten, dass der Knorpelschaden im Patellofemoralgelenk beginne und sich von dort aus gegebenenfalls in das Kniehauptgelenk ausdehne. Der Knorpelschaden müsse danach in erster Linie und vorauseilend im Patellofemoralgelenk vorhanden sein. Bei einer bereits fortgeschrittenen Gonarthrose, wie vorliegend, müsse anhand früher erhobener Befunde nachgewiesen werden, dass sich der aktuelle Befund mit hinreichender Wahrscheinlichkeit aus einem belastungskonformen Schadensbild heraus entwickelt habe. Dies sei durch das Gutachten von Dr. Pf. nicht belegt und auch nicht weiter diskutiert worden. Bei einem belastungskonformen Schadensbild seien in der R. auch beide Kniegelenke in vergleichbaren Ausmaß betroffen, was vorliegend nicht der Fall sei. Sowohl die rheumatoide Polyarthritis als auch die Chondrokalzinose seien als konkurrierende Ursachen anzusehen, auch wenn sie angeblich aktuell keine Beschwerden verursachten. Die im medialen Gelenkbereich lokalisierte Gonarthrose weise auf eine deutliche Varusfehlbelastung des Kniegelenkes hin, die mitursächlich für die medial betonte Gonarthrose gewesen sei. Bei der Entstehung der Gonarthrose im rechten Kniegelenk komme somit den konkurrierenden Ursachen Polyarthritis, Chondrokalzinose, Übergewicht und Varusfehlstellung die wesentliche Teilursache zu. Auch spreche der fehlende Nachweis, dass sich die jetzige Gonarthrose mit hinreichender Wahrscheinlichkeit aus einem belastungskonformen Schadensbild heraus entwickelt habe, und die fehlende Beidseitigkeit der Kniearthrose gegen das Vorliegen einer Berufskrankheit.
32 
Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG ist Dr. M. mit der Erstattung eines orthopädisch-chirurgischen Gutachtens beauftragt worden. Nach seinen Ausführungen, die sich auf eine ambulante klinische Untersuchung des Klägers am 3. August 2011 sowie auf Röntgenuntersuchungen des rechten Kniegelenkes am 16. Dezember 2010 und des linken am 16. Februar 2011 stützen, bestünden eine rechtsbetonte beidseitige Femoropatellararthrose mit Funktionsstörungen beim Trepp- und Bergabgehen, Hinknien sowie in die Hocke gehen, eine mediale Gonarthrose nach Innenmeniskusresektion und hinterer Kreuzbandruptur mit einem Zustand nach valgisierender Umstellungsosteotomie, verzögerter Heilung und bleibender Bewegungseinschränkung, Schwellneigung, Muskel- und Kraftminderung sowie Belastungsinsuffizienz, degenerative Wirbelsäulenveränderungen mit Muskelverhärtungen, Bewegungseinschränkung sowie Funktionsdefizit und Fehlstellung, eine rheumatoide Arthritis ohne aktuelle Krankheitsaktivität unter Methotrexattherapie sowie ein chronisches Schmerzsyndrom vom Typ III nach Gerbershagen mit somatischen und psychischen Faktoren. Die Gonarthrose sei als Berufskrankheit anzusehen. Sowohl durch die klinische Untersuchung als auch die radiologische Dokumentation fänden sich beidseits deutliche femoropatellare Schädigungen als Ausdruck des belastungskonformen Schadensbildes. Die Tätigkeit als Zimmermann gehe anders als diejenige etwa eines Estrichlegers mit auch einseitig kniender Tätigkeit sowie schwerem Heben und Tragen und Stemmen von Lasten einher. Auch die Dauer der kniebelastenden Tätigkeiten erfüllten die Voraussetzungen für die zu prüfende Berufskrankheit. Da die rheumatoide Arthritis seit der Diagnosestellung im Jahre 2003 nach adäquater Behandlung weder weitere Gelenkbeschwerden oder -schwellungen hervorgerufen noch wiederholten Behandlungsbedarf erfordert habe, könne diese keinen Einfluss mehr auf die Entwicklung der Gonarthrose genommen haben. Aus empirischen und physiologischen Gründen scheide das Übergewicht des Klägers als wesentliche Ursache für die femoropatellare, aber auch die mediale Gonarthrose aus. Das Kniegelenk weise nahezu keine durch knöcherne Formgebung entstehende Stabilisierung auf, sondern werde durch die beiden Menisken, die Seiten- und Kreuzbänder sowie die Muskulatur stabilisiert. Im November 2010 sei beim Kläger im Rahmen der Rückentrainingtherapie eine Bioimpedanzanalyse durchgeführt worden, die mit 33 % einen hohen Muskelanteil am Gesamtgewicht ausgewiesen habe. Es sei anzunehmen, dass der Kläger zur Zeit seiner Berufstätigkeit noch mehr Muskelmasse aufgewiesen habe. Diese verstärkte Muskulatur bewirke einen Schutz auch der Gelenke. Der Varusfehlstellung komme vorliegend keine maßgebliche Bedeutung zu. Im Jahre 2008 sei beim Kläger eine valgisierende Umstellungsosteotomie zur Entlastung des medialen Gelenkspaltes durchgeführt worden. Im Operationsbericht sei eine Varusstellung von 10° im rechten Kniegelenk erwähnt. Ganzbeinaufnahmen seien nicht angefertigt worden. Auf einer Röntgenaufnahme von April 2008 sei sogar keine varische Beinachse zu erkennen. Eine Beinachsenstellung von 10° werde üblicherweise als leichtgradige Fehlstellung bezeichnet. In einer nach dem Unfallereignis Ende August 2005 durchgeführten Arthroskopie hätten sich bereits deutliche Verschleißerscheinungen femoropatellar sowie kleinflächig auch im inneren Kniegelenkskompartment gezeigt. Wegen der nachgewiesenen deutlichen Einblutung ins Gelenk und in die Gelenkinnenhaut sowie des kernspintomographisch nachgewiesenen so genannten „Bone bruise“ (Knochenquetschung) müsse von einer erheblichen Krafteinwirkung ausgegangen werden. Das Unfallereignis sei somit auf einen bereits vorgealterten und durch schwere berufliche Belastungen in Mitleidenschaft gezogenen Innenmeniskus getroffen und habe diesen richtungsweisend verletzt. Im weiteren Verlauf sei es zu einem Kniegelenkskollaps mit erheblicher Verschlimmerung der Gonarthrose rechts gekommen, wie sie in den weiteren Arthroskopien dokumentiert sei. Auch das hintere Kreuzband habe für die weitere Entwicklung der Gonarthrose eine wichtige Rolle spielen können. In der ersten Arthroskopie sei eine synoviale Einblutung beschrieben worden. Sehr häufig würden Verletzungen des hinteren Kreuzbandes übersehen, da dieses anders als das vordere häufig in Elongation verheile und damit seine stabilisierende Funktion verliere, obwohl es vermeintlich als durchgängig nachweisbar sei. Der Innenmeniskus habe eine Puffer- und Stabilisierungsfunktion für den Gelenkknorpel. Auf diesen wirkten nach einer Verletzung und Teilentfernung höhere Belastungen ein. Die mediale Gonarthrose könne daher auch auf die Innenmeniskusschädigung zurückgeführt werden.
33 
Nachdem die Beklagte von ihrem Mitarbeiter des Präventionsdienstes Sch. die Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition von Ende Februar 2013 hat erstellen lassen, ist Dr. Pf. durch das SG Ulm auch hierzu ergänzend befragt worden, woraufhin dieser ausgeführt hat, die mediale Gonarthrose rechts sei auf eine Innenmeniskusschädigung zurückzuführen. Wie im Falle des Knorpelschadens bestehe auch für diese Beeinträchtigung ein Zusammenhang mit der beruflichen Belastung. Ein belastungskonformes Schadensbild sei gelenkmechanisch vorhanden, da vorliegend auch die arbeitstechnischen Voraussetzungen erfüllt seien. Die Erhebungen hierzu seien entsprechend dem IFA-Report, Ausgabe 1/2010 durchgeführt worden und hätten eine Gesamtkniebelastung zwischen April 1963 und Mitte August 2007 von 32.442 Stunden ergeben. In der Stellungnahme des Präventionsdienstes der Beklagten sei beschrieben worden, das Dämmen von steilen Dächern habe 50 % der Arbeitsschichten eingenommen. Im Hinblick darauf sei zu beachten, dass dies entweder bei sehr steilen Dächern im Kniestand oder bei weniger steilen Dächern voll kniend durchgeführt werde. Da der Kläger Rechtshänder sei, sei eine vermehrte Belastung des rechten gegenüber dem linken Kniegelenk anzunehmen. Dies komme dadurch zustande, dass durch die linke Hand und den linken Arm diagonal zum rechten Kniegelenk eine Stabilisation erreicht werde sowie mit der rechten Hand und dem rechten Arm die eigentliche Tätigkeit erfolge. Daraus resultiere, dass arbeitstechnisch eindeutig eine vermehrte Belastung des rechten Kniegelenkes stattgefunden haben müsse. Somit habe bereits vor dem Unfall Ende August 2005 ein belastungskonformes Schadensbild am rechten Kniegelenk bestanden, welches durch das Trauma exazerbiert worden sei, infolge dessen sich eine Pangonarthrose entwickelt habe. Vier Wochen nach dem Unfallereignis seien kernspintomographisch eine Läsion des Innenmeniskus sowie degenerative Knorpelveränderungen an der Kniescheibenrückfläche und dem Gleitlager des Oberschenkels festgestellt worden, wie sie durch den Unfall nicht hätten ausgelöst werden können. Sie seien vielmehr als vorbestehend im Sinne der vorliegend zu beurteilenden Berufskrankheit anzusehen. Durch den Sturz vom Fahrrad sei es wegen der Gewalteinwirkung zu einer synovitisch-arthritischen Reaktion und damit zu einer Progression der Arthrose im Sinne einer Verschlimmerung eines vorbestehenden Zustandes gekommen.
34 
In dem beim erstinstanzlichen Gericht anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung am 19. November 2013 hat der Kläger ausschließlich nur noch die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung einer Gonarthrose als Wie-Berufskrankheit verfolgt. Das SG Ulm hat die Beklagte mit Urteil vom selben Tag verpflichtet, beim Kläger eine Gonarthrose rechts als Wie-Berufskrankheit anzuerkennen. Die Klage sei insbesondere nicht mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig, weil die Gonarthrose mittlerweile seit Juli 2009 als Listen-Berufskrankheit aufgenommen worden sei. Hierdurch sei der Anspruch auf Anerkennung als Wie-Berufskrankheit nicht erloschen. Konstitutiv für die Feststellung einer Wie-Berufskrankheit sei nicht der Anerkennungsbescheid der Beklagten, sondern das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für den Eintritt des Versicherungsfalls. Rechtsgrundlage für die Feststellung als Wie-Berufskrankheit sei § 9 Abs. 2 SGB VII. Dessen Tatbestand sei erfüllt, insbesondere lägen beim Kläger die individuellen Voraussetzungen vor. Die Sachverständigen Dr. Pf. und Dr. M. hätten überzeugend dargelegt, dass die berufliche Tätigkeit des Klägers mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu der Gonarthrose rechts geführt habe. Aus der Listen-Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) ergebe sich eine tatsächliche Vermutung, die auch auf die Gonarthrose als Wie-Berufskrankheit zu übertragen sei. Hierbei handele es sich um keine unzulässige Vorwirkung eines materiellen Gesetzes, da diese nur bei Eingriffen zu Lasten der Versicherten, jedoch nicht zu ihren Gunsten gelte.
35 
Gegen die der Beklagten am 17. März 2014 zugestellte Entscheidung hat diese am 2. April 2014 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg mit der Begründung Berufung eingelegt, eine einseitige berufliche Belastung der Knie sei nicht erwiesen, woraus sich indes einzig die unterschiedlichen Schadensbilder in beiden Kniegelenken erklären ließen. Der Herleitung des SG Ulm aus der Rechtshändigkeit liege kein gesicherter medizinischen Erfahrungssatz zugrunde.
36 
Der Internist Dr. B., welcher den Kläger von 2004 bis 2008 hausärztlich behandelt hat, und die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. B., die diese Funktion nach dem Umzug des Klägers von Leutkirch im Allgäu nach Bopfingen übernommen hat, sind als sachverständige Personen schriftlich befragt worden.
37 
Dr. B. hat mitgeteilt, er habe den Kläger erstmals am 20. Januar 2004 wegen Gelenkbeschwerden behandelt. Betroffen gewesen seien hauptsächlich die Handgelenke. Er habe ihn an den Rheumatologen Prof. Dr. J. überwiesen. Ob zum damaligen Zeitpunkt bereits eine Gonarthrose diagnostiziert worden sei, könne er im Nachhinein nicht mehr nachvollziehen. Von dort sei ihm lediglich die Diagnose einer rheumatoiden Arthritis übermittelt worden, weshalb der Kläger entsprechend medikamentös behandelt worden sei. Aus seinen Unterlagen ergebe sich kein Hinweis für eine Pseudogicht. Ob eine Varusfehlstellung vorgelegen habe, könne er nicht sagen. Zwischen 2004 und 2008 habe beim Kläger eine mäßiggradige Adipositas bestanden. Er hat unter anderem einen Befundbericht des Facharztes für Radiologie Dr. G. nach einem am 14. Dezember 2009 erstellten Computertomogramm des rechten Knies vorgelegt, wonach der Kläger auch über zunehmende Gonalgien links berichtet habe.
38 
Dr. B. hat ausgeführt, sie könne einzig zum Übergewicht des Klägers Angaben machen. Dieser sei 1,90 m groß und habe Anfang Januar 2009 ein Gewicht von 118 kg gehabt, wonach sich eine Adipositas vom Grad I ergeben habe. Sie hat einen Befundbericht des Facharztes für Radiologie Dr. L. nach einer am 21. September 2005 durchgeführten Phlebographie rechts vorgelegt, wonach ein ausgeprägter Kniegelenkserguss und eine Bakerzyste festgestellt worden seien. Des Weiteren hat sie einen Entlassungsbericht von Dr. R., Rehazentrum Bad S.-A., Klinik W. nach einem stationären Aufenthalt des Klägers vom 11. Dezember 2012 bis 8. Januar 2013 übersandt, wonach unter anderem eine Gonalgie, rechts mehr als links, bei femoropatellarer und medialer Gonarthrose (ICD-10 M17.9) diagnostiziert worden sind.
39 
Zudem ist die Beklagte gebeten worden, durch ihren Präventionsdienst berechnen zu lassen, zu welchem Zeitpunkt der Kläger einer beruflichen Gesamtkniebelastung von 13.000 Stunden ausgesetzt gewesen sei, woraufhin der Mitarbeiter Sch. im März 2015 kundtat, dieser Wert sei zum Ende des Jahres 1981, rechnerisch am 23. Dezember 1981, erreicht gewesen.
40 
Nach Beiziehung von bildgebendem Material des rechten und linken Kniegelenkes ist Prof. Dr. Sch. beauftragt worden, ein orthopädisch-chirurgisches Gutachten nach Aktenlage zu erstatten. Nach seinen Ausführungen vom 13. Oktober 2015 liegt beim Kläger im rechten Kniegelenk eine Gonarthrose vom Grad 4 nach dem Kellgren-Lawrence-Score und im linken nach diesem Bewertungsmaßstab keine maßgebliche Erkrankung vor. Diese sonstige posttraumatische Gonarthrose sei nach ICD-10 mit „M17.3“ zu verschlüsseln. Ein beginnender Aufbrauch des rechten Kniegelenkes habe durch das Unfallereignis am 29. August 2005 festgestellt werden können. Eine Gonarthrose im Sinne der fraglichen Berufskrankheit liege nicht vor. Ein Arthrosegrad von mindestens 2 sei im Jahre 2006 radiologisch nur rechtsseitig nach stattgehabtem Unfall nachzuweisen gewesen. Wesentlich für deren Entstehung sei die durch das Unfallereignis im Jahre 2005 erlittene Teilruptur des hinteren Kreuzbandes. Zu diesem Zeitpunkt hätten am rechten Kniegelenk degenerative Veränderungen im Bereich des Innen- und Außenmeniskus sowie eine Knorpelschädigung des medialen Gelenkspaltes bis zur Chondromalazie im Stadium 4 vorgelegen, die bis dahin keine ärztliche Konsultation erforderten. Eine Arthrose sei ein struktureller Schaden eines Gelenkes, beginnend beim Gelenkknorpel, der letztlich zum Versagen des Organs „Gelenk“ führe. Klinische Merkmale der Gonarthrose seien ein Knorpelabbau, ein subchondraler Knochenumbau mit Sklerose, eine subchondrale Zystenbildung, eine Osteophytenbildung im Bereich der beteiligten Knochen, eine Bewegungseinschränkung und Schmerzen. Die Arthrose habe eine multifaktorielle Genese. Systemische Faktoren bedingten die Empfänglichkeit für die Arthrose, lokale biomechanische Faktoren beeinflussten die Lokalisation und Ausprägung. Die Einteilung aufgrund bildgebender Verfahren erfolge nach dem Kellgren-Lawrence-Score in vier Stadien. Grundvoraussetzung sei eine ausreichende berufliche Belastung, die eine plausible zeitliche Korrelation zur Entwicklung der Gonarthrose aufweisen müsse. Der Erkrankung nach einem Grad von mindestens 2 müsse eine ausreichende Exposition von 13.000 Stunden vorausgegangen sein. Ein plausibler Zeitraum werde dann angenommen, wenn zwischen dem Erreichen dieser Mindestbelastung und dem erstmaligem Nachweis der Erkrankung maximal fünf Jahre lägen. Bei einem längeren Zeitraum sei der Ursachenzusammenhang umso unwahrscheinlicher, je größer dieser sei. Nach Auffassung der an der Begutachtungsempfehlung beteiligten Experten sei in aller R. Beidseitigkeit der Veränderungen zu erwarten. Ein Abweichen von mehr als einem Grad nach dem Kellgren-Lawrence-Score im Seitenvergleich könne nur mit einer besonderen Begründung und dem Nachweis einer einseitigen arbeitsbedingten Belastung anerkannt werden. Ein belastungskonformes Schadensbild werde für die zu prüfende Berufskrankheit nicht gefordert. Weiterhin müssten wesentliche konkurrierende Faktoren in Bezug auf die derzeitige Evidenzlage berücksichtigt werden.
41 
Hinsichtlich der arbeitstechnischen Voraussetzungen habe der Kläger von April 1963 bis Mitte August 2007, also über einen Zeitraum von 44 Jahren hinweg, mit Unterbrechungen eine Gesamtbelastung von 32.442 Stunden erfahren. Rechnerisch seien die 13.000 Stunden im Jahre 1981 erreicht gewesen, weshalb formal die arbeitstechnischen Voraussetzungen vorlägen. Der radiologische Nachweis einer Gonarthrose nach dem Kellgren-Lawrence-Score mit einem Grad von mindestens 2 habe erst im Jahre 2006 und nur am rechten Kniegelenk festgestellt werden können. Im linken Kniegelenk liege in Bezug auf die fragliche Berufskrankheit keine maßgebliche Arthrose vor. Zwischen dem Erreichen der Mindestbelastung und dem erstmaligen Nachweis der einseitigen Erkrankung lägen rechnerisch somit 25 Jahre. Aus Plausibilitätsgründen sei eine berufsbedingte Verursachung somit nicht wahrscheinlich, sonst hätte sich die berufliche Belastung früher in einem Schaden realisieren müssen. Auch die Tatsache, dass beim Kläger nur das rechte Kniegelenk betroffen sei und eine einseitige Belastung nicht vorgelegen habe, spreche gegen eine maßgeblichen beruflichen Einfluss. Weiterhin sei gegen eine berufsbedingte Entstehung der Arthrose im rechten Kniegelenk der Umstand zu werten, dass der Kläger vor dem Unfallereignis im Jahre 2005 keinen Arzt in Bezug auf diesen Körperbereich konsultiert habe, was jedoch bei einer beruflichen Verursachung zu fordern sei. Eine Behandlung der Kniegelenke sei erstmalig wegen des Unfallereignisses Ende August 2005 erfolgt, wobei sich der Kläger eine frische Teilruptur des hinteren Kreuzbandes zugezogen habe. Das anschließend angefertigte bildgebende Material zeige degenerative Veränderungen im Bereich des Innen- und Außenmeniskus sowie eine Knorpelschädigung des medialen Gelenkspaltes bis zur Chondromalazie im Stadium 4. Hinweise für einen beginnenden Aufbrauch des rechten Kniegelenkes seien somit lediglich im Rahmen der diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen wegen dieses Unfallereignisses festgestellt worden. Bis zu diesem Zeitpunkt sei dieser symptomfrei verlaufen. Im Fremdbefund zu den sechs Tage nach dem Unfallereignis durchgeführten Röntgenaufnahmen des rechten Kniegelenkes seien eine deutliche Verkalkung der Menisken, eine leichte medial betonte Gonarthrose, Zeichen einer Retropatellararthrose und eine leichte Patelladysplasie beschrieben worden. Zeichen einer Arthrose im Sinne der zu prüfenden Berufskrankheit mit Osteophyten, also Knochennasen, einer definitiven Verschmälerung des Kniegelenkspaltes, einer Sklerose und einer Verformung der Tibia oder des Femurs seien somit zum damaligen Zeitpunkt nicht feststellbar gewesen. Eine Chondrokalzinose gelte nicht als konkurrierender Faktor für die Entstehung einer Gonarthrose. Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis als Ursache seien nach der Literatur nicht belegbar, wohl aber nach klinischer Erfahrung anzunehmen. Die kongenitale tibiofemorale Beinachse sei vorliegend ebenfalls nicht als konkurrierender Faktor anzusehen. Übergewicht gelte zwar als wissenschaftlich gesicherte Alternativursache. Allerdings bestehe für die Adipositas eine epidemiologische Evidenz für ein multiplikatives Zusammenwirken mit den arbeitsbedingten Belastungen. Nach der wissenschaftlichen Begründung sei die zu beurteilende Berufskrankheit bei Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen und des geeigneten Krankheitsbildes auch bei adipösen Menschen anzuerkennen. Nach dem Akteninhalt seien hinsichtlich Körpergröße und -gewicht des Klägers ab 1991 sowie vor dem Unfallereignis im Jahre 2005 Werte zwischen 105 kg und 113 kg dokumentiert. Bei der gutachterlichen Untersuchung durch Dr. Pf. Anfang August 2010 sei das Körpergewicht mit 110 kg festgestellt worden. Eine wesentliche Gewichtszunahme sei somit nach dem Unfall nicht zu objektivieren. In der Zusammenschau der anamnestischen, radiologischen und interaoperativen Befunde seien die Veränderungen im rechten Kniegelenk hauptsächlich durch das Unfallereignis mit verbliebener Instabilität nach stattgehabter Kreuzbandverletzung bedingt.
42 
Die Beklagte trägt im Wesentlichen vor, das Gutachten von Prof. Dr. Sch. bestätige, dass beim Kläger keine Gonarthrose als Berufskrankheit anzuerkennen sei. Der einseitige Binnenschaden im Kniegelenk des Klägers lasse sich nicht mit seiner beruflichen Tätigkeit in Einklang bringen. Auch nach dem IFA-Report, Ausgabe 1/2010 werde lediglich bei der Tätigkeit „Steildach eindecken (Biberschwanz)“ auf eine einseitige Kniebelastung hingewiesen, während bei allen übrigen Dachdeckertätigkeiten, selbst beim Eindecken eines Steildaches (Dachpfanne), ein solcher Hinweis nicht zu finden sei. Im Übrigen sei in diesem IFA-Report zur Tätigkeit des Steildacheindeckens mit Biberschwanzziegeln nur erwähnt, dass einseitiges Knien häufig habe beobachtet werden können. Indes besage dies nicht, ob auch eine ganz überwiegend einseitige Kniebelastung vorgelegen habe. Denn hierbei sei es typisch, dass zur Entlastung immer wieder ein Wechsel zwischen linkem und rechtem Knie stattfinde.
43 
Die Beklagte beantragt,
44 
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 19. November 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
45 
Der Kläger beantragt,
46 
die Berufung zurückzuweisen.
47 
Er trägt im Wesentlichen vor, er habe während seiner beruflichen Tätigkeit ganz überwiegend Steildächer mit Biberschwanzziegeln eingedeckt. Diese hätten bei Arbeiten an mehr als zwanzig Objekten insgesamt mindestens eine Fläche von 5.210 m² umfasst. Hierbei handele es sich allein um die Projekte, welche ihm spontan erinnerlich gewesen seien. Während der Ausbildungs- und sonstigen Arbeitszeit seien noch zahlreiche weitere derartige Dächer eingedeckt worden. Tatsächlich habe es sich um das Doppelte, wenn nicht sogar ein Vielfaches dieser Quadratmeterzahl gehandelt. Prof. Dr. Sch. habe sich nicht eingehend mit dem Gutachten von Dr. Pf. auseinandergesetzt. Er gehe zu Unrecht davon aus, dass er beruflich bedingt keiner einseitigen Belastung des rechten Kniegelenkes ausgesetzt gewesen sei. Dr. Pf. sei mit dem Gutachten von Prof. Dr. Sch. zu konfrontieren und Letzterer ergänzend zu befragen. Lasse sich der Widerspruch zwischen den bisherigen Ausführungen der Sachverständigen nicht auflösen, sei ein Obergutachten einzuholen. Alle bislang diskutierten konkurrierenden Ursachen hätten keinen wesentlichen Einfluss auf die bei ihm vorliegende Gonarthrose gehabt. Insbesondere habe kein maßgebliches Übergewicht vorgelegen. Bei seiner Heirat im Jahre 1979 habe er maximal 80 kg gewogen. Zu einer Gewichtszunahme sei es erst gekommen, als er die berufliche Tätigkeit reduziert und schließlich eingestellt habe, frühestens also im Jahre 2005.
48 
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung am 17. März 2016 ein Lichtbild vorgelegt, welches ihn mit dem linken Knie kniend auf einem Steildach zeigt, das mit Biberschwanzziegeln eingedeckt worden ist. Des Weiteren hat er zur Inaugenscheinnahme Fotos vorgelegt, mit denen er seinen Vortrag bekräftigt hat, während der beruflichen Tätigkeiten kein Übergewicht gehabt, allenfalls Muskelmasse aufgebaut zu haben.
49 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die Verwaltungsakten der Beklagten (2 Bände), einschließlich derjenigen zu dem Arbeitsunfall am 29. August 2005, verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
50 
Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere statthafte Berufung (§ 143, § 144 Abs. 1 SGG) der Beklagten ist begründet. Deren Bescheid vom 8. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Februar 2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Voraussetzungen für die Feststellung einer Gonarthrose als Wie-Berufskrankheit liegen nicht vor. Das SG hätte die als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG, zur Klageart vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2013 - B 2 U 6/12 R -, SozR 4-2700 § 9 Nr. 22, Rz. 13 m. w. N.) erhobene Klage, die zuletzt ausschließlich darauf gerichtet gewesen ist, die Beklagte zu verpflichten, eine Gonarthrose als Wie-Berufskrankheit festzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 12. Januar 2010 - B 2 U 5/08 R -, SozR 4-2700 § 9 Nr. 17, Rz. 12, wonach nach dem materiellen Recht mit den jeweiligen Listen-Berufskrankheiten und der Wie-Berufskrankheit verschiedene Versicherungsfälle definiert sind, und LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. September 2009 - L 8 U 5884/08 -, juris, Rz. 32 ff. zu einer Teilrücknahme der Klage durch spätere Antragsbeschränkung), daher abweisen müssen.
51 
Die Voraussetzungen für die Feststellung der Gonarthrose des Klägers als Wie-Berufskrankheit liegen nicht vor, da der sachliche Anwendungsbereich nicht eröffnet ist. Darüber hinaus fehlt es am Ursachenzusammenhang zwischen den Einwirkungen durch die versicherten Tätigkeiten im Knien oder eine vergleichbare Kniebelastung und der Gonarthrose im rechten Kniegelenk; im linken liegt keine insoweit maßgebliche Erkrankung vor.
52 
Der geltend gemachten Anspruch richtet sich nach den am 1. Januar 1997 in Kraft getretenen Bestimmungen des SGB VII (Art. 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz, BGBl I 1996, S. 1254; § 212 SGB VII), da beim Kläger zwar erstmals 1995 Kniebeschwerden auftraten, wie dies der ihn behandelnde Hausarzt Dr. B. bei der Anzeige des Verdachtes einer Gonarthrose als Berufskrankheit im August 2007 kundgetan hat. Diagnostiziert worden ist eine „diskrete“ Gonarthrose allerdings überhaupt erst durch Dr. L. nach einer klinischen und radiologischen Untersuchung des Klägers am 6. September 2005. Nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand (vgl. hierzu BSG, Urteile vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -, BSGE 96, 196 <200 f.> und 23. April 2015 - B 2 U 10/14 R -, juris, Rz. 20, zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen), der wegen des für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei der vorliegenden Verpflichtungsklage maßgeblichen Zeitpunktes der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz zu berücksichtigen ist (vgl. Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 54 Rz. 34), liegt eine durch die versicherte Tätigkeit im Knien oder vergleichbare Kniebelastung herbeigeführte Gonarthrose sogar erst vor, wenn chronische Kniegelenksbeschwerden, Funktionsstörungen bei der standardisierten klinisch-orthopädischen Untersuchung und die röntgenologische Diagnose einer Gonarthrose entsprechend einem Grad 2 bis 4 der spezifizierten Klassifikation von Kellgren et al. objektiviert worden sind; als Funktionsstörung muss eine Bewegungseinschränkung in Form einer eingeschränkten Streckung und/oder Beugung im Kniegelenk, ein Kniegelenkserguss, eine Kapselentzündung mit Verdickung oder Verplumpung der Gelenkkontur, eine Krepitation bei der Gelenkbewegung, ein hinkendes Gangbild oder eine Atrophie der Oberschenkelmuskulatur festgestellt sein. Diesen Maßstab legt der Senat aufgrund der Begutachtungsempfehlung für die Berufskrankheit Nr. 2112 (Gonarthrose) der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e. V., Stand: 3. Juni 2014 (im Internet unter „www.dguv.de/medien/inhalt/versicherung/bk/empfehlungen/Begutachtung-BK2112-Stand-20140613.pdf“), zugrunde, welche von einem interdisziplinären Arbeitskreis, zu dem auch der Sachverständige Prof. Dr. Sch. gehört hat, erstellt worden sind. Die Kriterien „chronische Kniegelenksbeschwerden, Funktionsstörungen bei der orthopädischen Untersuchung in Form einer eingeschränkten Streckung oder Beugung im Kniegelenk und die röntgenologische Diagnose einer Gonarthrose entsprechend einem Grad 2 bis 4 der spezifizierten Klassifikation von Kellgren et al.“ ist bereits nach dem Merkblatt zur Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV (Bekanntmachung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 30. Dezember 2009 - IVa 4-45222-2112 -, GMBl 5/6/2010, S. 98 ff.) gefordert worden. Der Sachverständige Prof. Dr. Sch. geht vor diesem Hintergrund von einer objektivierten Gonarthrose im rechten Kniegelenk im Jahre 2006 aus, wohingegen der Senat zu der Überzeugung gelangt ist, dass diese bereits am 22. September 2005 nachgewiesen worden ist. Nach dem im Wege des Urkundenbeweises (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 415 ff. Zivilprozessordnung - ZPO) verwerteten Befundbericht von Dr. R., der infolge eines an diesem Tag erstellten MRT verfasst worden ist, wurden eine mediale Gonarthrose mit dritt- bis viertgradigem Knorpelschaden femoral und tibial, ein deutliches Knochenmarködem in den benachbarten Partien femoral und tibial, ein retropatellarer Knorpelschaden craniomedial sowie ein Status nach Dehnung des Retinaculum patellae mediale mit teils aufgefaserten Strukturen festgestellt. Dr. L. hatte bereits zuvor, am 6. September 2005 und bei bereits bestehenden chronischen Kniegelenksbeschwerden, einen deutlichen Kniegelenkserguss und eine endgradige Bewegungseinschränkung bei der Streckung objektiviert, wobei der Senat zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass diese Funktionsstörungen wegen der arthrotischen Veränderungen bestanden haben und nicht auf das Unfallereignis vom 29. August 2005 zurückzuführen gewesen sind. Der Versicherungsfall im Sinne des § 212 SGB VII ist damit jedenfalls weit nach dem 31. Dezember 1996 eingetreten. Offen bleiben kann, ob § 9 Abs. 5 SGB VII entsprechende Anwendung findet. Soweit danach Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für die Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen (vgl. Köhler, in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB VII, Stand: Mai 2011, § 212 Rz. 5; Söhngen, in jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 212 Rz. 11). Auch diese Voraussetzungen lägen frühestens zum Zeitpunkt des Nachweises der Gonarthrose vor.
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Nach § 9 Abs. 2 SGB VII haben die Trägerinnen der gesetzlichen Unfallversicherung eine Krankheit, die nicht in der BKV bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII erfüllt sind (sog. „Öffnungsklausel“ für Wie-Berufskrankheiten). Mit § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII hat der Gesetzgeber das "Listensystem" als Grundprinzip des Rechts der Berufskrankheiten der gesetzlichen Unfallversicherung festgelegt. Mit der Einführung der Wie-Berufskrankheit in § 551 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) durch das Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz vom 30. April 1963 (BGBl I S. 241), also der Vorgängervorschrift zu § 9 Abs. 2 SGB VII, wurde eine Ausnahme vom Listenprinzip nur für den Fall zugelassen, dass der Verordnungsgeber wegen der regelmäßig notwendigen mehrjährigen Intervalle zwischen den Anpassungen der BKV an die neuen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht rechtzeitig tätig wird (vgl. BSG, Urteil vom 25. August 1994 - 2 RU 42/93 -, BSGE 75, 51 <54>). Sinn des § 9 Abs. 2 SGB VII ist es, ausnahmsweise vom Listensystem abweichen zu können, um solche durch die Arbeit verursachten Krankheiten wie eine Berufskrankheit zu entschädigen, die nur deshalb nicht in die Liste der Berufskrankheiten aufgenommen worden sind, weil die Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft über die besondere Gefährdung bestimmter Personengruppen in ihrer Arbeit bei der letzten Fassung der Liste noch nicht vorhanden waren oder vom Verordnungsgeber nicht hinreichend berücksichtigt wurden (vgl. BSG, Urteil vom 4. August 1981 - 5a/5 RKnU 1/80 -, SozR 2200 § 551 Nr. 18, S. 27). Im Falle des Klägers fehlt es an der sachlichen Anwendungsvoraussetzung der Regelung zur Feststellung einer Wie-Berufskrankheit, denn die Gonarthrose ist in der BKV bezeichnet, die dort bestimmten Voraussetzungen liegen vor und die Feststellung als Listen-Berufskrankheit ist vorliegend nicht grundsätzlich ausgeschlossen.
54 
Die Gonarthrose ist durch die Zweite Verordnung zur Änderung der BKV vom 11. Juni 2009 (BGBl I S. 1273) mit Wirkung zum 1. Juli 2009 als Nr. 2112 in die Liste der Berufskrankheiten (§ 1 BKV i. V. m. Anlage 1) aufgenommen worden. Sie ist bezeichnet als „Gonarthrose durch eine Tätigkeit im Knien oder vergleichbare Kniebelastung mit einer kumulativen Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde pro Schicht“. Die in dieser Listen-Berufskrankheit bestimmten, also dort benannten Voraussetzungen liegen vor. Denn der Kläger war während seiner versicherten beruflichen Tätigkeit von April 1963 bis Juni 1968 und von Januar 1970 bis November 1974 als Beschäftigter nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII sowie aufgrund der freiwilligen Versicherung (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VII) während seiner selbstständigen Tätigkeit von Januar 1975 bis Mitte August 2007 durch eine Tätigkeit im Knien oder eine vergleichbare Kniebelastung einer kumulativen Einwirkungsdauer von 32.442 Stunden ausgesetzt, wobei die Mindesteinwirkungsdauer von einer Stunde je Arbeitsschicht erfüllt war. Hierfür stützt sich der Senat auf die vom Mitarbeiter des Präventionsdienstes der Beklagten Sch. erstellte Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition von Ende Februar 2013, welcher ein von ihm erstelltes Gesprächsprotokoll vom 14. Februar 2013 nach einer persönlichen Unterredung mit dem Kläger an dessen Wohnort einen Tag zuvor zugrunde liegt, das diesem übersandt und am 24. Februar 2013 von ihm unterschrieben worden war. Danach wurden Tätigkeiten als Zimmerer und Dachdecker vollzeitig und an ständig wechselnden Arbeitsplätzen ausgeübt. Von Anfang an wurden während der kalten Jahreszeit keine Mitarbeitenden entlassen, vielmehr führten diese dann Arbeiten in Innenräumen aus. Hierbei handelte es sich um die Parkettverlegung und den Dachgeschossausbau im Trockenbau.Der Bereich der Außenarbeiten umfasste die Zimmerei und Dachdeckerei. Reine Zimmererarbeiten, wie der Abbund und das ausschließliche Aufrichten von etwa Dachstühlen oder Gauben, wurden anfangs nur ausnahmsweise ausgeführt. Hölzer wurden überwiegend fertig abgebunden bezogen. Zum Dachdeckerhandwerk bestanden Überschneidungen. Es wurden Dachstühle aufgerichtet, aber auch die Lattung und Dämmung angebracht. Anschließend erfolgte die Eindeckung mit Dachpfannen und Biberschwanzziegeln (jeweils 50 %), bei größeren Gehöften, Scheunen oder Hallendächern wurden Wellasbestzementplatten verwendet. Flachdächer wurden nicht gedeckt. Es wurden ausschließlich Steildächer bearbeitet. Zum Bereich der Innenarbeiten gehörten die Parkettverlegung und der Innenausbau im Dachgeschoss. Es wurden Stab- und Mosaikparkette im Verhältnis 70 % zu 30 % verlegt, daneben Dielen, Ausgleichsschüttungen, Trittschalldämmungen und Estrichelemente. Das Verhältnis der beiden beschriebenen Bereiche, also von Außen- und Innenarbeiten, betrug, bezogen auf die Arbeitsschichten, etwa 60 % zu 40 %. Von Montag bis Freitag wurde üblicherweise 10 Stunden täglich gearbeitet. An jedem zweiten Samstag wurden die Tätigkeiten auftragsbedingt ebenfalls ausgeübt. Der Kläger war immer aktiv auf den Baustellen tätig, führte also während der regulären Arbeitszeit keine administrativen Tätigkeiten oder Büroarbeiten aus. Diese wurden an den Wochenenden und nach Feierabend erledigt. Der Mitarbeiter des Präventionsdienstes der Beklagten Sch. ist auf dieser Grundlage für den Senat nachvollziehbar von 240 Arbeitsschichten je Zeitjahr ausgegangen. Der Kläger selbst ist damals zu einer nahezu identischen Einschätzung gekommen, wobei er etwa 32 Wochen für die Außen- und 16 Wochen für die Innenarbeiten annahm, woraus sich ein Verhältnis von etwa 2/3 zu 1/3 ergibt. Im Wesentlichen waren die Tätigkeitsinhalte über die Zeit von April 1963 bis Juni 1968 und Januar 1970 bis Mitte August 2007 hinweg vergleichbar, so dass die einzelnen Beschäftigungsabschnitte einheitlich bewertet werden können. Die prozentuale Aufsplittung der Einzeltätigkeiten stellt sich zusammenfassend und gerundet daher wie folgt dar: Außenarbeiten, 60 % der Schichten: Steildach einlatten = 10 % der Schichten = 14 Schichten, Steildach dämmen = 50 % der Schichten = 72 Schichten, Steildach eindecken mit Dachpfannen = 10 % der Schichten = 15 Schichten, Steildach eindecken mit Biberschwanzziegeln = 10 % der Schichten = 15 Schichten, Wellplattenmontage = 10 % der Schichten = 14 Schichten und Zimmerei (Abbund und Aufrichten) = 10 % der Schichten = 14 Schichten sowie Innenarbeiten, 40 % der Schichten: Stabparkett verlegen = 21 % der Schichten = 20 Schichten, Mosaikparkett verlegen = 9 % der Schichten = 9 Schichten, schleifen und verkitten = 10 % der Schichten = 10 Schichten, Dielenboden verlegen = 10 % der Schichten = 10 Schichten und Trittschalldämmung verlegen, auch Schüttung, Holzfaserplatten und Estrichelemente = 50 % der Schichten = 47 Schichten. Hieraus ergibt sich zur Überzeugung des Senats nachvollziehbar eine durch die Tätigkeit im Knien oder vergleichbare Kniebelastung kumulative Einwirkungsdauer von 32.442 Stunden. Gestützt auf den IFA-Report, Ausgabe 1/2010 ist hiernach zudem plausibel eine die Knie betreffende Mindesteinwirkungsdauer von sogar mehr als einer Stunde je Arbeitsschicht ermittelt worden.
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Die Feststellung als Listen-Berufskrankheit ist vorliegend wegen § 6 Abs. 2 Satz 1 BKV in der Fassung der Zweiten Verordnung zur Änderung der BKV vom 11. Juni 2009 (BGBl I S. 1273) nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Leiden danach Versicherte am 1. Juli 2009 an einer Krankheit unter anderem nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV, ist diese auf Antrag als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn der Versicherungsfall nach dem 30. September 2002 eingetreten ist. Der Kläger leidet bis heute im rechten Kniegelenk an einer Gonarthrose im Sinne dieser Listen-Berufskrankheit. Der Versicherungsfall ist, wie zuvor ausgeführt, erst am 22. September 2005 eingetreten. Der Kläger ist folglich nach der Stichtagsregelung des § 6 Abs. 2 Satz 1 BKV, bei der es sich um eine unechte Rückwirkung (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 7. Dezember 2010 - 1 BvR 2628/07 -, BVerfGE 128, 90 <107>) beziehungsweise tatbestandliche Rückanknüpfung (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 11. Juli 2013 - 2 BvR 2302/11 u. a. -, juris, Rz. 72) handelt, die Norm also auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt, nicht von der noch möglichen Anerkennung als Listen-Berufskrankheit ausgeschlossen. Damit behält der Vorrang der allgemeinen Regelung des § 9 Abs. 1 SGB VII in Verbindung mit § 1 BKV und der Anlage 1 hierzu, unter Einschluss der Rückwirkungsanordnung, weiter Geltung (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 9. Oktober 2010 - 1 BvR 791/95 -, juris, Rz. 28). Dieser Vorrang kommt zwar trotz des bei der Verpflichtungsklage maßgeblichen Zeitpunktes der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage wegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 19 Abs. 4 GG (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 22. Oktober 1981 - 1 BvR 1369/79 - BVerfGE 58, 369 zur Auslegung der Regelungen über die Anerkennung von Berufskrankheiten), unter Beachtung des allgemeinen Grundsatzes des Verwaltungsverfahrensrechts, wonach die Trägerinnen der gesetzlichen Unfallversicherung zügig zu entscheiden haben, nicht zum Tragen, wenn von diesen eine Verwaltungsentscheidung zu einer Wie-Berufskrankheit im Hinblick darauf zurückgestellt worden ist, dass eine Änderung der BKV in Sicht ist (BVerfG, a. a. O., Rz. 29), oder sie ein Begehren auf Feststellung als Wie-Berufskrankheit mit dem Hinweis auf eine in Aussicht stehende Änderung der BKV abgelehnt haben (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 23. Juni 2005 - 1 BvR 235/00 -, juris, Rz. 21). Die Beklagte hat indes die Verwaltungsentscheidung über die ihr von Dr. B. im August 2007 angezeigte mögliche Gonarthrose als Berufskrankheit weder im Hinblick darauf zurückgestellt, dass die Zweite Verordnung zur Änderung der BKV vom 11. Juni 2009 (BGBl I S. 1273) in Sicht ist, noch die Ablehnung unter Hinweis auf diese in Aussicht stehende Änderung der BKV abgelehnt. Die Beklagte hat demgegenüber mit dem angefochtenen Bescheid vom 8. Oktober 2009 sogar nach Inkrafttreten der Neuregelungen, abgestellt auf den Zeitpunkt der Meldung der Erkrankung vor dem Stichtag, über die begehrte Feststellung als Wie-Berufskrankheit entschieden und diese mit der Begründung abgelehnt, nicht versicherte Faktoren seien ursächlich für die Gonarthrose gewesen die berufliche Belastung sei in den Hintergrund getreten. Eine unsachgemäße Verzögerung des Verwaltungsverfahrens durch die Beklagte liegt ebenfalls nicht vor. Sie hat nach der hausärztlichen Anzeige der Berufskrankheit sogleich die medizinischen Befundunterlagen, die bis dahin wegen des Arbeitsunfalls vom 29. August 2005, bei dem ebenfalls das rechte Knie betroffen war, vorgelegen haben, zu dem Verfahren wegen der Feststellung einer Berufskrankheit herangezogen, Dr. B. und Dr. L. ergänzend befragt, ein Vorerkrankungsverzeichnis der IKK Baden-Württemberg beigezogen sowie anschließend das nach dem in Bezug auf das Unfallereignis ergangenen Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2007 angestrengte Klageverfahren beim SG Konstanz, welches mit Urteil vom 24. Juni 2009 endete und in welchem weitere medizinische Beweiserhebungen vorgenommen wurden, abgewartet. Daraufhin hat sie von Dr. K. eine Anfang September 2009 vorgelegte beratungsärztliche Stellungnahme eingeholt und die am Ende dieses Monats eingegangene Mitteilung des Regierungspräsidiums Stuttgart, wonach keine gewerbeärztliche Befassung erfolgen werde, abgewartet, um schließlich, ohne dass der Kläger im gesamten Verfahren auf eine frühere Entscheidung hingewirkt hat, mit Bescheid vom 8. Oktober 2009 über sein Begehren zu entscheiden. Dem steht die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht entgegen. Zwar hat dieses in seinem Urteil vom 27. Juni 2006 (B 2 U 5/05 R -, BSGE 96, 297) nicht mehr an seiner bisherigen Rechtsprechung festgehalten, wonach die Anwendung des § 551 Abs. 2 RVO ausnahmslos dann ausgeschlossen war, wenn der Verordnungsgeber die einschlägige Erkrankung in die Liste der Berufskrankheiten aufgenommen hat (Urteil vom 24. Februar 2000 - B 2 U 43/98 R -, SozR 3-2200 § 551 Nr. 14). Die Einschränkung bezog sich indes auf Versicherungsfälle außerhalb eines Rückwirkungszeitraumes, nicht, wie vorliegend, innerhalb eines solchen liegende. Dem Urteil des BSG vom 2. Dezember 2008 (B 2 KN 1/08 U R -, BSGE 102, 121) lag ein Antrag auf Überprüfung eines Bescheides vom 5. Juli 1996, mit dem die Anerkennung einer Atemwegserkrankung unter anderem als Wie-Berufskrankheit nach § 551 Abs. 2 RVO abgelehnt worden war, im Wege des Zugunstenverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch zugrunde. Maßgeblich in diesem Verfahren war also nach dieser materiell-rechtlichen Regelung insbesondere, ob bei Erlass dieses zu überprüfenden Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt worden war. Zu diesem Zeitpunkt war die Erkrankung aber noch nicht in die Liste der Berufskrankheiten aufgenommen worden, was erst durch die BKV vom 31. Oktober 1997 (BGBl I S. 2623) mit Wirkung zum 1. Dezember 1997 erfolgte. Ein Anwendungsvorrang der Listen-Berufskrankheit stellte sich somit überhaupt nicht. Der in dieser Entscheidung formulierte Rechtssatz, wonach diese BKV erst ab dem Tag ihres Inkrafttretens Rechtswirkungen entfaltet und für die Rechtslage davor, wenn die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Wie-Berufskrankheit vorgelegen haben, aus ihr keine Rechtsfolgen hergeleitet werden können (vgl. auch LSG für das Saarland, Urteil vom 23. Mai 2012 - L 2 U 52/09 WA -, juris, Rz. 28), war demzufolge nicht tragend, soweit er so verstanden werden sollte, dass eine geänderte BKV nur nach ihrem Inkrafttreten eintretende Versicherungsfälle erfasst (vgl. hierzu Römer, a. a. O., Stand: Mai 2015, § 6 BKV, Rz. 9). Damit weicht der Senat nicht von einer Entscheidung des BSG ab.
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Darüber hinaus steht zur Überzeugung des Senats nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit fest, dass es durch die versicherten Tätigkeiten im Knien oder eine vergleichbare Kniebelastung zu einer Einwirkungen auf das rechte Kniegelenk gekommen ist, welche die Gonarthrose im rechten Kniegelenk herbeigeführt hat.
57 
Für die Feststellung einer Wie-Berufskrankheit ist wie bei einer Listen-Berufskrankheit Voraussetzung, dass im Einzelfall eine berufsbedingte Einwirkung die rechtlich wesentliche Ursache einer nicht in der Liste der Berufskrankheiten bezeichneten Krankheit ist (vgl. Urteil des Senats vom 26. März 2015 - L 6 U 1017/13 -, juris, Rz. 50; Römer, in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB VII, Stand: Juli 2015, § 9 Rz. 38a). Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 23. April 2015 - B 2 U 10/14 R -, juris, Rz. 11 m. w. N., zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Da die R.ung des § 9 Abs. 2 SGB VII keinen Auffangtatbestand und keine allgemeine Härteklausel beinhaltet (BSG, Urteile vom 20. Juli 2010 - B 2 U 19/09 R -, juris, Rz. 19 m. w. N. und 13. Februar 2013 - B 2 U 33/11 R -, SozR 4-2700 § 9 Nr. 21, Rz. 17; vgl. auch BSG, Urteil vom 4. Juni 2002 - B 2 U 20/01 R -, juris, Rz. 20 zu § 551 Abs. 2 RVO), darf die Anerkennung einer Wie-Berufskrankheit darüber hinaus nur erfolgen, wenn die Voraussetzungen für die Aufnahme der betreffenden Einwirkungs-Krankheits-Kombination in die Liste der Berufskrankheiten erfüllt sind, der Verordnungsgeber sie also als neue Listen-Berufskrankheit in die BKV einfügen dürfte, aber noch nicht tätig geworden ist (vgl. BT-Drucks 13/2204, S. 77 f.), also der generelle Ursachenzusammenhang gegeben ist (vgl. Römer, a. a. O., Rz. 39). Die Anerkennung einer Wie-Berufskrankheit knüpft an dieselben materiellen Voraussetzungen an, die der Verordnungsgeber auch nach § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII für die Aufnahme einer Erkrankung in die Liste zu beachten hat.
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Dahinstehen kann, ob, wovon das SG Ulm ausgegangen ist, der Listen-Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV „harte“ Kriterien, die vorliegend im Vollbeweis vorliegen, zu entnehmen sind, und sich hieraus eine tatsächliche Vermutung des Ursachenzusammenhanges ergibt (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 2007 - B 2 U 15/05 R -, SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 4104 Nr. 2, Rz. 24 zur Berufskrankheit nach Nr. 4104 der Anlage 1 zur BKV), welche auch auf die Gonarthrose als Wie-Berufskrankheit „zu übertragen“ ist (Hessisches LSG, Urteil vom 18. November 2011 - L 9 U 66/07 -, juris, Rz. 40). Denn selbst eine tatsächliche Vermutung ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme erschüttert und der Ursachenzusammenhang nicht nachgewiesen.
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Beim Vergleich der radiologischen Befunde liegt beim Kläger nach den überzeugenden Ausführungen von Prof. Dr. Sch. im rechten Kniegelenk eine viertgradige Gonarthrose nach Kellgren et al. vor, demgegenüber links keine derartige nach diesem Bewertungsmaßstab maßgebliche Erkrankung. Dieser Sachverständige hat schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt, dass bei einer solchen Befundkonstellation ein Ursachenzusammenhang zwischen der beruflichen kniebelastenden Tätigkeit und dieser Erkrankung nur bei einer besonderen Begründung und dem Nachweis einer einseitigen arbeitsbedingten Belastung gegeben ist, wenn also eine asymmetrische, beruflich bedingte Belastung der beiden Kniegelenke vorlag (vgl. Begutachtungsempfehlung für die Berufskrankheit Nr. 2112 der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e. V. vom 3. Juni 2014, S. 8; vgl. auch die Entscheidung des Senats vom 26. November 2015 - L 6 U 2782/15 -, juris, Rz. 48 zu einem asymmetrischen Schadensbild bei der Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV). Davon ist der Senat auch nach den Angaben des Klägers im Berufungsverfahren nicht überzeugt. Zuletzt hat er vorgetragen, er habe während seiner beruflichen Tätigkeit ganz überwiegend Steildächer mit Biberschwanzziegeln eingedeckt, welche insgesamt, bezogen auf mehr als zwanzig benannte Objekte, mindestens eine Fläche von 5.210 m² umfasst hätten. Hierbei habe es sich allein um die Projekte gehandelt, welche ihm spontan erinnerlich gewesen seien. Während der Ausbildungs- und sonstigen Arbeitszeit seien noch zahlreiche weitere derartige Dächer eingedeckt worden. Tatsächlich habe es sich um das Doppelte, wenn nicht sogar ein Vielfaches dieser Quadratmeterzahl gehandelt. Weder nach dem SGG noch nach der ZPO gibt es zwar eine Beweisregelung in dem Sinne, dass frühere Aussagen oder Angaben grundsätzlich einen höheren Beweiswert besitzen als spätere; im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 286 ZPO) sind vielmehr alle Aussagen, Angaben und sonstigen Einlassungen zu würdigen. Gleichwohl kann das Gericht im Rahmen der Gesamtwürdigung den zeitlich früheren Aussagen aufgrund der Gesichtspunkte, dass die Erinnerung hierbei noch frischer war und sie von irgendwelchen Überlegungen, die darauf abzielen, das Klagebegehren zu begünstigen, noch unbeeinflusst waren, einen höheren Beweiswert als den späteren zumessen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2003 - B 2 U 41/02 R -, SozR 4-2700 § 4 Nr. 1, Rz. 12; Urteile des Senats vom 12. August 2014 - L 6 VH 5821/10 ZVW - juris, Rz. 144 und vom 21. Mai 2015 - L 6 U 1053/15 -, juris, Rz. 34). Hiervon geht der Senat vorliegend in Bezug auf die Angaben aus, welche sich nach der Stellungnahme des Mitarbeiters des Präventionsdienstes der Beklagten Sch. zur Arbeitsplatzexposition von Ende Februar 2013 ergeben haben, der ein von ihm erstelltes Gesprächsprotokoll vom 14. Februar 2013 nach einer persönlichen Unterredung mit dem Kläger an dessen Wohnort einen Tag zuvor zugrunde liegt, das diesem übersandt und am 24. Februar 2013 von ihm unterschrieben worden war. Danach nahm die Einzeltätigkeit „Steildach eindecken mit Biberschwanzziegeln“ 10 % der Schichten ein; ausgehend von 240 Arbeitsschichten je Jahr und einer Gewichtung der Außen- zu den Innenarbeiten mit 60 % zu 40 % aufgerundet 15 Schichten. Mit einem Anteil von weniger als 7 % der Jahresarbeitsschichten (15 von 240 Schichten) hatte diese Tätigkeit somit eine nur untergeordnete Bedeutung, wodurch eine einseitig arbeitsbedingte Belastung nicht nachgewiesen ist. Das Abweichen nach dem Kellgren-Lawrence-Score von vier Grad zwischen dem rechten und linken Kniegelenk erklärt sich dadurch nicht. Darüber hinaus bieten Biberschwanzziegel mit steigender Dachneigung gegenüber anderen Dachziegeltypen zwar schlechtere Standbedingungen, weshalb das Eindecken insoweit in weitaus größerem Maße im Knien durchgeführt wird. In den Untersuchungen konnte indes lediglich häufig und nicht immer auch das einbeinige Knien auf der Dachfläche beobachtet werden. Der Kläger hat in Bezug darauf im gesamten Verfahren weder konkrete Angaben zu den Dachneigungen gemacht, bei denen er Biberschwanzziegel eindeckte, noch in welchem Umfang er dabei einseitig rechts kniete. Das von ihm in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Lichtbild zeigt ihn nicht rechts-, sondern linkskniend. Soweit der Sachverständige Dr. Pf. aus dem Umstand der Rechtshändigkeit des Klägers geschlossen hat, dass es hierdurch zu einer vermehrten Belastung des rechten Kniegelenkes gekommen ist, handelt es sich um eine für ihn plausible Erklärung eines möglichen Bewegungsablaufes, ohne dass damit für den Senat der Nachweis erbracht ist, zumal der Kläger selbst den Arbeitsvorgang nie so beschrieben hat und das von ihm in die mündliche Verhandlung mitgebrachte Foto ihn demgegenüber linkskniend zeigt. Die Tätigkeiten als Zimmermann mögen als solche einseitig kniende Arbeitsabläufe enthalten, wie der Sachverständige Dr. M. dargelegt hat. Der konkret beim Kläger nachgewiesene Umfang belegt indes keine überwiegend einseitige, das rechte Kniegelenk belastenden Tätigkeiten.
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Zudem spricht die Zeitspanne zwischen dem Erreichen der kumulativen Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde je Schicht einerseits sowie dem erstmaligen Nachweis der Gonarthrose nach einem Grad von mindestens 2 nach dem Kellgren-Lawrence-Score gegen einen Zusammenhang zwischen einer Einwirkung aufgrund der beruflichen kniebelastenden Tätigkeit und einer solchen Gonarthrose. Diese arbeitstechnischen Kriterien beruhen auf Erkenntnissen aus epidemiologischen Studien (vgl. hierzu und zum Folgenden BR-Drucks 242/09, S. 17). In der bislang größten zu dieser Thematik durchgeführten Fall-Kontroll-Studie zeigte sich bei einer Belastungsdauer von insgesamt rund 13.000 Stunden ein mehr als verdoppeltes, signifikant erhöhtes Gonarthroserisiko für Personen mit hoher beruflicher Exposition durch eine kniende oder hockende Tätigkeit. Auch für die Voraussetzung der mindestens einstündigen Kniegelenksbelastung je Schicht wurde die Verdoppelungsdosis in epidemiologischen Studien festgestellt. Prof. Dr. Sch. hat in Bezug darauf überzeugend ausgeführt, dass ein plausibler Zeitraum zwischen einer solchen Einwirkungsintensität und dieser Gesundheitsstörung anzunehmen ist, wenn, bei einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde je Schicht, zwischen dem Erreichen der 13.000 Stunden, was beim Kläger rechnerisch Ende 1981 der Fall gewesen ist, und dem erstmaligem Nachweis der Erkrankung maximal fünf Jahre liegen. Bei einem längeren Zeitraum ist der Ursachenzusammenhang umso unwahrscheinlicher, je größer die Spanne ist. Die Erkrankung nach einem Grad von mindestens 2 nach dem Kellgren-Lawrence-Score ist beim Kläger im September 2005 nachgewiesen worden, so dass mittlerweile sogar annähernd 24 Jahre vergangen gewesen sind. Auch aus Plausibilitätsgründen ist eine berufsbedingte Verursachung somit nicht wahrscheinlich, sonst hätte sich die berufliche Belastung früher in einem relevanten Schaden realisieren müssen.
61 
Dr. Pf. gelangt wie Dr. M. durch Ausschluss möglicher konkurrierender Ursachen zu dem Ergebnis, dass die Gonarthrose mit Wahrscheinlichkeit und in wesentlicher Weise durch die berufliche Tätigkeit des Klägers verursacht worden ist. Beide setzen sich indes darüber hinaus nicht in hinreichendem Maße mit dem deutlich unterschiedlichen Schadensbild im rechten und linken Kniegelenk sowie überhaupt nicht mit der Zeitspanne zwischen dem Erreichen der kumulativen Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde je Schicht einerseits sowie dem erstmaligen Nachweis der Gonarthrose nach einem Grad von mindestens 2 nach dem Kellgren-Lawrence-Score andererseits auseinander. Beide Gutachten haben den Senat daher nicht überzeugt. Weder musste Dr. Pf. mit dem Gutachten von Prof. Dr. Sch. konfrontiert oder Letzterer ergänzend befragt, noch eine weitere, vom Kläger als Obergutachten bezeichnete Expertise in Auftrag geben werden, welche ohnehin keinen höheren Beweiswert als die bereits eingeholten sachverständigen Meinungen hätte (vgl. Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 128 Rz. 7e). Die Würdigung unterschiedlicher Gutachtensergebnisse gehört wie die anderer sich widersprechender Beweisergebnisse zur Beweiswürdigung selbst, welche ureigene Aufgabe eines Tatsachengerichts ist. Eine Verpflichtung zur Einholung eines weiteren Gutachtens besteht auch bei einander widersprechenden Gutachtensergebnissen im Allgemeinen nicht. Vielmehr hat sich das Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung mit den einander entgegenstehenden Ergebnissen auseinanderzusetzen. Hält es eines von mehreren Gutachten für überzeugend, wie vorliegend dasjenige von Prof. Dr. Sch., darf es sich diesem anschließen, ohne ein weiteres einzuholen. Bei einer derartigen Fallgestaltung ist für eine weitere Beweiserhebung regelmäßig kein Raum (vgl. BSG, Beschlüsse vom 19. November 2007 - B 5a/5 R 382/06 B -, SozR 4-1500 § 160a Nr. 21, Rz. 8 und 12. Mai 2015 - B 9 SB 93/14 B -, juris, Rz. 6). Als Grund für eine Ausnahme ist zwar ein nicht lösbarer Widerspruch anerkannt, welcher indes nicht darin zu sehen ist, dass unterschiedliche Gutachtensergebnisse vorliegen. Für den Nachweis, dass der Kläger Steildächer mit einer von ihm konkretisierten Gesamtfläche von mindestens 5.210 m² mit Biberschwanzziegeln eindeckte, sind die Sachverständigen ohnehin kein geeignetes Beweismittel.
62 
Mangels hinreichender Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhanges der beruflich bedingten Einwirkungen auf die Knie des Klägers und der Gonarthrose, kommt es an sich von vornherein nicht darauf an, ob beim Kläger mit der Chondrokalzinose, den Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis, der kongenitalen tibiofemoralen Beinachse (Varusstellung), dem Übergewicht oder dem Unfallereignis vom 29. August 2005 konkurrierende Ursachen vorhanden sind, die ihrerseits zu der Gonarthrose geführt haben. Nach der überzeugenden Begründung von Prof. Dr. Sch. gilt eine Chondrokalzinose aber ohnehin nicht als konkurrierender Faktor für die Entstehung einer Gonarthrose. Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis sind zwar nach klinischer Erfahrung anzunehmen, als Ursache nach der Literatur aber derzeit nicht belegbar. Die kongenitale tibiofemorale Beinachse ist ebenfalls nicht als konkurrierender Faktor anzusehen. In dem Bericht von Dr. B. über eine Operation Ende September 2008 ist eine Varusstellung von 10° im rechten Kniegelenk erwähnt. Ganzbeinaufnahmen sind nicht angefertigt worden. Auf einer Röntgenaufnahme von April 2008 ist sogar keine varische Beinachse zu erkennen gewesen. Eine maximale Beinachsenfehlstellung um 10° wird üblicherweise als leichtgradige Fehlstellung bezeichnet, welche kein Ausschlusskriterium in diesem Zusammenhang darstellt (vgl. Urteil des Senats vom 26. November 2015 - L 6 U 2782/15 -, Rz. 50 zur Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV). Übergewicht gilt zwar als wissenschaftlich gesicherte Alternativursache. Allerdings besteht für die Adipositas eine epidemiologische Evidenz für ein multiplikatives Zusammenwirken mit den arbeitsbedingten Belastungen. Nach der wissenschaftlichen Begründung ist die vorliegend zu beurteilende Berufskrankheit bei gegebenen arbeitstechnischen Voraussetzungen und einem geeigneten Krankheitsbild auch bei adipösen Menschen anzuerkennen. Nach dem Akteninhalt sind hinsichtlich Körpergröße und -gewicht des Klägers ab 1991 sowie vor dem Unfallereignis im Jahre 2005 Werte zwischen 105 kg und 113 kg dokumentiert. Bei der gutachterlichen Untersuchung durch Dr. Pf. Anfang August 2010 ist das Körpergewicht mit 110 kg festgestellt worden. Die Behauptung des Klägers im Berufungsverfahren, wonach es erst nach seiner Heirat im Jahre 1979 zu einer Gewichtszunahme gekommen sei, als er die berufliche Tätigkeit reduziert und schließlich eingestellt habe, frühestens also nach dem Unfall im Jahre 2005, was er in der mündlichen Verhandlung mittels Vorlage von Fotos von ihm zu untermauern versucht hat, ist damit allerdings widerlegt. Dr. K. weist zwar in seinen beratungsärztlichen Stellungnahmen von September und November 2010 unter Bezugnahme auf die biomechanische Plausibilität darauf hin, bei einem belastungskonformen Schadensbild der vorliegend zu prüfenden Berufskrankheit sei zu erwarten, dass der Knorpelschaden im Patellofemoralgelenk beginne und sich von dort aus gegebenenfalls in das Kniehauptgelenk ausdehne. Der Knorpelschaden müsse danach in erster Linie und vorauseilend im Patellofemoralgelenk vorhanden sein. Die ursprüngliche Arbeitshypothese des interdisziplinären Arbeitskreises, welcher die Begutachtungsempfehlung für die Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV erarbeitet hat, nach der mit einem Beginn des Knorpelaufbrauches in erst Linie patellofemoral und in den dorsalen Kniegelenksanteilen sowie mit einem selektiven Aufbrauch der Meniskushinterhörner als möglichem Initialstadium zu rechnen sei, hat sich durch die bislang vorliegenden Forschungsergebnisse indes nicht belegen lassen (vgl. die Empfehlung auf S. 9). Anders als Prof. Dr. Sch., Dr. Pf. und Dr. M. geht der Senat darüber hinaus nur von der Möglichkeit aus, dass die Veränderungen im rechten Kniegelenk, also auch die arthrotischen, hauptsächlich durch das Unfallereignis vom 29. August 2005 mit verbliebener Instabilität nach stattgehabter Kreuzbandverletzung bedingt gewesen sind.
63 
Nach alledem war der Berufung der Beklagten stattzugeben und das erstinstanzliche Urteil aufzuheben.
64 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
65 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

Gründe

 
50 
Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere statthafte Berufung (§ 143, § 144 Abs. 1 SGG) der Beklagten ist begründet. Deren Bescheid vom 8. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Februar 2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Voraussetzungen für die Feststellung einer Gonarthrose als Wie-Berufskrankheit liegen nicht vor. Das SG hätte die als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG, zur Klageart vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2013 - B 2 U 6/12 R -, SozR 4-2700 § 9 Nr. 22, Rz. 13 m. w. N.) erhobene Klage, die zuletzt ausschließlich darauf gerichtet gewesen ist, die Beklagte zu verpflichten, eine Gonarthrose als Wie-Berufskrankheit festzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 12. Januar 2010 - B 2 U 5/08 R -, SozR 4-2700 § 9 Nr. 17, Rz. 12, wonach nach dem materiellen Recht mit den jeweiligen Listen-Berufskrankheiten und der Wie-Berufskrankheit verschiedene Versicherungsfälle definiert sind, und LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. September 2009 - L 8 U 5884/08 -, juris, Rz. 32 ff. zu einer Teilrücknahme der Klage durch spätere Antragsbeschränkung), daher abweisen müssen.
51 
Die Voraussetzungen für die Feststellung der Gonarthrose des Klägers als Wie-Berufskrankheit liegen nicht vor, da der sachliche Anwendungsbereich nicht eröffnet ist. Darüber hinaus fehlt es am Ursachenzusammenhang zwischen den Einwirkungen durch die versicherten Tätigkeiten im Knien oder eine vergleichbare Kniebelastung und der Gonarthrose im rechten Kniegelenk; im linken liegt keine insoweit maßgebliche Erkrankung vor.
52 
Der geltend gemachten Anspruch richtet sich nach den am 1. Januar 1997 in Kraft getretenen Bestimmungen des SGB VII (Art. 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz, BGBl I 1996, S. 1254; § 212 SGB VII), da beim Kläger zwar erstmals 1995 Kniebeschwerden auftraten, wie dies der ihn behandelnde Hausarzt Dr. B. bei der Anzeige des Verdachtes einer Gonarthrose als Berufskrankheit im August 2007 kundgetan hat. Diagnostiziert worden ist eine „diskrete“ Gonarthrose allerdings überhaupt erst durch Dr. L. nach einer klinischen und radiologischen Untersuchung des Klägers am 6. September 2005. Nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand (vgl. hierzu BSG, Urteile vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -, BSGE 96, 196 <200 f.> und 23. April 2015 - B 2 U 10/14 R -, juris, Rz. 20, zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen), der wegen des für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei der vorliegenden Verpflichtungsklage maßgeblichen Zeitpunktes der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz zu berücksichtigen ist (vgl. Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 54 Rz. 34), liegt eine durch die versicherte Tätigkeit im Knien oder vergleichbare Kniebelastung herbeigeführte Gonarthrose sogar erst vor, wenn chronische Kniegelenksbeschwerden, Funktionsstörungen bei der standardisierten klinisch-orthopädischen Untersuchung und die röntgenologische Diagnose einer Gonarthrose entsprechend einem Grad 2 bis 4 der spezifizierten Klassifikation von Kellgren et al. objektiviert worden sind; als Funktionsstörung muss eine Bewegungseinschränkung in Form einer eingeschränkten Streckung und/oder Beugung im Kniegelenk, ein Kniegelenkserguss, eine Kapselentzündung mit Verdickung oder Verplumpung der Gelenkkontur, eine Krepitation bei der Gelenkbewegung, ein hinkendes Gangbild oder eine Atrophie der Oberschenkelmuskulatur festgestellt sein. Diesen Maßstab legt der Senat aufgrund der Begutachtungsempfehlung für die Berufskrankheit Nr. 2112 (Gonarthrose) der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e. V., Stand: 3. Juni 2014 (im Internet unter „www.dguv.de/medien/inhalt/versicherung/bk/empfehlungen/Begutachtung-BK2112-Stand-20140613.pdf“), zugrunde, welche von einem interdisziplinären Arbeitskreis, zu dem auch der Sachverständige Prof. Dr. Sch. gehört hat, erstellt worden sind. Die Kriterien „chronische Kniegelenksbeschwerden, Funktionsstörungen bei der orthopädischen Untersuchung in Form einer eingeschränkten Streckung oder Beugung im Kniegelenk und die röntgenologische Diagnose einer Gonarthrose entsprechend einem Grad 2 bis 4 der spezifizierten Klassifikation von Kellgren et al.“ ist bereits nach dem Merkblatt zur Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV (Bekanntmachung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 30. Dezember 2009 - IVa 4-45222-2112 -, GMBl 5/6/2010, S. 98 ff.) gefordert worden. Der Sachverständige Prof. Dr. Sch. geht vor diesem Hintergrund von einer objektivierten Gonarthrose im rechten Kniegelenk im Jahre 2006 aus, wohingegen der Senat zu der Überzeugung gelangt ist, dass diese bereits am 22. September 2005 nachgewiesen worden ist. Nach dem im Wege des Urkundenbeweises (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 415 ff. Zivilprozessordnung - ZPO) verwerteten Befundbericht von Dr. R., der infolge eines an diesem Tag erstellten MRT verfasst worden ist, wurden eine mediale Gonarthrose mit dritt- bis viertgradigem Knorpelschaden femoral und tibial, ein deutliches Knochenmarködem in den benachbarten Partien femoral und tibial, ein retropatellarer Knorpelschaden craniomedial sowie ein Status nach Dehnung des Retinaculum patellae mediale mit teils aufgefaserten Strukturen festgestellt. Dr. L. hatte bereits zuvor, am 6. September 2005 und bei bereits bestehenden chronischen Kniegelenksbeschwerden, einen deutlichen Kniegelenkserguss und eine endgradige Bewegungseinschränkung bei der Streckung objektiviert, wobei der Senat zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass diese Funktionsstörungen wegen der arthrotischen Veränderungen bestanden haben und nicht auf das Unfallereignis vom 29. August 2005 zurückzuführen gewesen sind. Der Versicherungsfall im Sinne des § 212 SGB VII ist damit jedenfalls weit nach dem 31. Dezember 1996 eingetreten. Offen bleiben kann, ob § 9 Abs. 5 SGB VII entsprechende Anwendung findet. Soweit danach Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für die Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen (vgl. Köhler, in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB VII, Stand: Mai 2011, § 212 Rz. 5; Söhngen, in jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 212 Rz. 11). Auch diese Voraussetzungen lägen frühestens zum Zeitpunkt des Nachweises der Gonarthrose vor.
53 
Nach § 9 Abs. 2 SGB VII haben die Trägerinnen der gesetzlichen Unfallversicherung eine Krankheit, die nicht in der BKV bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII erfüllt sind (sog. „Öffnungsklausel“ für Wie-Berufskrankheiten). Mit § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII hat der Gesetzgeber das "Listensystem" als Grundprinzip des Rechts der Berufskrankheiten der gesetzlichen Unfallversicherung festgelegt. Mit der Einführung der Wie-Berufskrankheit in § 551 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) durch das Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz vom 30. April 1963 (BGBl I S. 241), also der Vorgängervorschrift zu § 9 Abs. 2 SGB VII, wurde eine Ausnahme vom Listenprinzip nur für den Fall zugelassen, dass der Verordnungsgeber wegen der regelmäßig notwendigen mehrjährigen Intervalle zwischen den Anpassungen der BKV an die neuen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht rechtzeitig tätig wird (vgl. BSG, Urteil vom 25. August 1994 - 2 RU 42/93 -, BSGE 75, 51 <54>). Sinn des § 9 Abs. 2 SGB VII ist es, ausnahmsweise vom Listensystem abweichen zu können, um solche durch die Arbeit verursachten Krankheiten wie eine Berufskrankheit zu entschädigen, die nur deshalb nicht in die Liste der Berufskrankheiten aufgenommen worden sind, weil die Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft über die besondere Gefährdung bestimmter Personengruppen in ihrer Arbeit bei der letzten Fassung der Liste noch nicht vorhanden waren oder vom Verordnungsgeber nicht hinreichend berücksichtigt wurden (vgl. BSG, Urteil vom 4. August 1981 - 5a/5 RKnU 1/80 -, SozR 2200 § 551 Nr. 18, S. 27). Im Falle des Klägers fehlt es an der sachlichen Anwendungsvoraussetzung der Regelung zur Feststellung einer Wie-Berufskrankheit, denn die Gonarthrose ist in der BKV bezeichnet, die dort bestimmten Voraussetzungen liegen vor und die Feststellung als Listen-Berufskrankheit ist vorliegend nicht grundsätzlich ausgeschlossen.
54 
Die Gonarthrose ist durch die Zweite Verordnung zur Änderung der BKV vom 11. Juni 2009 (BGBl I S. 1273) mit Wirkung zum 1. Juli 2009 als Nr. 2112 in die Liste der Berufskrankheiten (§ 1 BKV i. V. m. Anlage 1) aufgenommen worden. Sie ist bezeichnet als „Gonarthrose durch eine Tätigkeit im Knien oder vergleichbare Kniebelastung mit einer kumulativen Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde pro Schicht“. Die in dieser Listen-Berufskrankheit bestimmten, also dort benannten Voraussetzungen liegen vor. Denn der Kläger war während seiner versicherten beruflichen Tätigkeit von April 1963 bis Juni 1968 und von Januar 1970 bis November 1974 als Beschäftigter nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII sowie aufgrund der freiwilligen Versicherung (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VII) während seiner selbstständigen Tätigkeit von Januar 1975 bis Mitte August 2007 durch eine Tätigkeit im Knien oder eine vergleichbare Kniebelastung einer kumulativen Einwirkungsdauer von 32.442 Stunden ausgesetzt, wobei die Mindesteinwirkungsdauer von einer Stunde je Arbeitsschicht erfüllt war. Hierfür stützt sich der Senat auf die vom Mitarbeiter des Präventionsdienstes der Beklagten Sch. erstellte Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition von Ende Februar 2013, welcher ein von ihm erstelltes Gesprächsprotokoll vom 14. Februar 2013 nach einer persönlichen Unterredung mit dem Kläger an dessen Wohnort einen Tag zuvor zugrunde liegt, das diesem übersandt und am 24. Februar 2013 von ihm unterschrieben worden war. Danach wurden Tätigkeiten als Zimmerer und Dachdecker vollzeitig und an ständig wechselnden Arbeitsplätzen ausgeübt. Von Anfang an wurden während der kalten Jahreszeit keine Mitarbeitenden entlassen, vielmehr führten diese dann Arbeiten in Innenräumen aus. Hierbei handelte es sich um die Parkettverlegung und den Dachgeschossausbau im Trockenbau.Der Bereich der Außenarbeiten umfasste die Zimmerei und Dachdeckerei. Reine Zimmererarbeiten, wie der Abbund und das ausschließliche Aufrichten von etwa Dachstühlen oder Gauben, wurden anfangs nur ausnahmsweise ausgeführt. Hölzer wurden überwiegend fertig abgebunden bezogen. Zum Dachdeckerhandwerk bestanden Überschneidungen. Es wurden Dachstühle aufgerichtet, aber auch die Lattung und Dämmung angebracht. Anschließend erfolgte die Eindeckung mit Dachpfannen und Biberschwanzziegeln (jeweils 50 %), bei größeren Gehöften, Scheunen oder Hallendächern wurden Wellasbestzementplatten verwendet. Flachdächer wurden nicht gedeckt. Es wurden ausschließlich Steildächer bearbeitet. Zum Bereich der Innenarbeiten gehörten die Parkettverlegung und der Innenausbau im Dachgeschoss. Es wurden Stab- und Mosaikparkette im Verhältnis 70 % zu 30 % verlegt, daneben Dielen, Ausgleichsschüttungen, Trittschalldämmungen und Estrichelemente. Das Verhältnis der beiden beschriebenen Bereiche, also von Außen- und Innenarbeiten, betrug, bezogen auf die Arbeitsschichten, etwa 60 % zu 40 %. Von Montag bis Freitag wurde üblicherweise 10 Stunden täglich gearbeitet. An jedem zweiten Samstag wurden die Tätigkeiten auftragsbedingt ebenfalls ausgeübt. Der Kläger war immer aktiv auf den Baustellen tätig, führte also während der regulären Arbeitszeit keine administrativen Tätigkeiten oder Büroarbeiten aus. Diese wurden an den Wochenenden und nach Feierabend erledigt. Der Mitarbeiter des Präventionsdienstes der Beklagten Sch. ist auf dieser Grundlage für den Senat nachvollziehbar von 240 Arbeitsschichten je Zeitjahr ausgegangen. Der Kläger selbst ist damals zu einer nahezu identischen Einschätzung gekommen, wobei er etwa 32 Wochen für die Außen- und 16 Wochen für die Innenarbeiten annahm, woraus sich ein Verhältnis von etwa 2/3 zu 1/3 ergibt. Im Wesentlichen waren die Tätigkeitsinhalte über die Zeit von April 1963 bis Juni 1968 und Januar 1970 bis Mitte August 2007 hinweg vergleichbar, so dass die einzelnen Beschäftigungsabschnitte einheitlich bewertet werden können. Die prozentuale Aufsplittung der Einzeltätigkeiten stellt sich zusammenfassend und gerundet daher wie folgt dar: Außenarbeiten, 60 % der Schichten: Steildach einlatten = 10 % der Schichten = 14 Schichten, Steildach dämmen = 50 % der Schichten = 72 Schichten, Steildach eindecken mit Dachpfannen = 10 % der Schichten = 15 Schichten, Steildach eindecken mit Biberschwanzziegeln = 10 % der Schichten = 15 Schichten, Wellplattenmontage = 10 % der Schichten = 14 Schichten und Zimmerei (Abbund und Aufrichten) = 10 % der Schichten = 14 Schichten sowie Innenarbeiten, 40 % der Schichten: Stabparkett verlegen = 21 % der Schichten = 20 Schichten, Mosaikparkett verlegen = 9 % der Schichten = 9 Schichten, schleifen und verkitten = 10 % der Schichten = 10 Schichten, Dielenboden verlegen = 10 % der Schichten = 10 Schichten und Trittschalldämmung verlegen, auch Schüttung, Holzfaserplatten und Estrichelemente = 50 % der Schichten = 47 Schichten. Hieraus ergibt sich zur Überzeugung des Senats nachvollziehbar eine durch die Tätigkeit im Knien oder vergleichbare Kniebelastung kumulative Einwirkungsdauer von 32.442 Stunden. Gestützt auf den IFA-Report, Ausgabe 1/2010 ist hiernach zudem plausibel eine die Knie betreffende Mindesteinwirkungsdauer von sogar mehr als einer Stunde je Arbeitsschicht ermittelt worden.
55 
Die Feststellung als Listen-Berufskrankheit ist vorliegend wegen § 6 Abs. 2 Satz 1 BKV in der Fassung der Zweiten Verordnung zur Änderung der BKV vom 11. Juni 2009 (BGBl I S. 1273) nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Leiden danach Versicherte am 1. Juli 2009 an einer Krankheit unter anderem nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV, ist diese auf Antrag als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn der Versicherungsfall nach dem 30. September 2002 eingetreten ist. Der Kläger leidet bis heute im rechten Kniegelenk an einer Gonarthrose im Sinne dieser Listen-Berufskrankheit. Der Versicherungsfall ist, wie zuvor ausgeführt, erst am 22. September 2005 eingetreten. Der Kläger ist folglich nach der Stichtagsregelung des § 6 Abs. 2 Satz 1 BKV, bei der es sich um eine unechte Rückwirkung (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 7. Dezember 2010 - 1 BvR 2628/07 -, BVerfGE 128, 90 <107>) beziehungsweise tatbestandliche Rückanknüpfung (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 11. Juli 2013 - 2 BvR 2302/11 u. a. -, juris, Rz. 72) handelt, die Norm also auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt, nicht von der noch möglichen Anerkennung als Listen-Berufskrankheit ausgeschlossen. Damit behält der Vorrang der allgemeinen Regelung des § 9 Abs. 1 SGB VII in Verbindung mit § 1 BKV und der Anlage 1 hierzu, unter Einschluss der Rückwirkungsanordnung, weiter Geltung (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 9. Oktober 2010 - 1 BvR 791/95 -, juris, Rz. 28). Dieser Vorrang kommt zwar trotz des bei der Verpflichtungsklage maßgeblichen Zeitpunktes der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage wegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 19 Abs. 4 GG (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 22. Oktober 1981 - 1 BvR 1369/79 - BVerfGE 58, 369 zur Auslegung der Regelungen über die Anerkennung von Berufskrankheiten), unter Beachtung des allgemeinen Grundsatzes des Verwaltungsverfahrensrechts, wonach die Trägerinnen der gesetzlichen Unfallversicherung zügig zu entscheiden haben, nicht zum Tragen, wenn von diesen eine Verwaltungsentscheidung zu einer Wie-Berufskrankheit im Hinblick darauf zurückgestellt worden ist, dass eine Änderung der BKV in Sicht ist (BVerfG, a. a. O., Rz. 29), oder sie ein Begehren auf Feststellung als Wie-Berufskrankheit mit dem Hinweis auf eine in Aussicht stehende Änderung der BKV abgelehnt haben (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 23. Juni 2005 - 1 BvR 235/00 -, juris, Rz. 21). Die Beklagte hat indes die Verwaltungsentscheidung über die ihr von Dr. B. im August 2007 angezeigte mögliche Gonarthrose als Berufskrankheit weder im Hinblick darauf zurückgestellt, dass die Zweite Verordnung zur Änderung der BKV vom 11. Juni 2009 (BGBl I S. 1273) in Sicht ist, noch die Ablehnung unter Hinweis auf diese in Aussicht stehende Änderung der BKV abgelehnt. Die Beklagte hat demgegenüber mit dem angefochtenen Bescheid vom 8. Oktober 2009 sogar nach Inkrafttreten der Neuregelungen, abgestellt auf den Zeitpunkt der Meldung der Erkrankung vor dem Stichtag, über die begehrte Feststellung als Wie-Berufskrankheit entschieden und diese mit der Begründung abgelehnt, nicht versicherte Faktoren seien ursächlich für die Gonarthrose gewesen die berufliche Belastung sei in den Hintergrund getreten. Eine unsachgemäße Verzögerung des Verwaltungsverfahrens durch die Beklagte liegt ebenfalls nicht vor. Sie hat nach der hausärztlichen Anzeige der Berufskrankheit sogleich die medizinischen Befundunterlagen, die bis dahin wegen des Arbeitsunfalls vom 29. August 2005, bei dem ebenfalls das rechte Knie betroffen war, vorgelegen haben, zu dem Verfahren wegen der Feststellung einer Berufskrankheit herangezogen, Dr. B. und Dr. L. ergänzend befragt, ein Vorerkrankungsverzeichnis der IKK Baden-Württemberg beigezogen sowie anschließend das nach dem in Bezug auf das Unfallereignis ergangenen Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2007 angestrengte Klageverfahren beim SG Konstanz, welches mit Urteil vom 24. Juni 2009 endete und in welchem weitere medizinische Beweiserhebungen vorgenommen wurden, abgewartet. Daraufhin hat sie von Dr. K. eine Anfang September 2009 vorgelegte beratungsärztliche Stellungnahme eingeholt und die am Ende dieses Monats eingegangene Mitteilung des Regierungspräsidiums Stuttgart, wonach keine gewerbeärztliche Befassung erfolgen werde, abgewartet, um schließlich, ohne dass der Kläger im gesamten Verfahren auf eine frühere Entscheidung hingewirkt hat, mit Bescheid vom 8. Oktober 2009 über sein Begehren zu entscheiden. Dem steht die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht entgegen. Zwar hat dieses in seinem Urteil vom 27. Juni 2006 (B 2 U 5/05 R -, BSGE 96, 297) nicht mehr an seiner bisherigen Rechtsprechung festgehalten, wonach die Anwendung des § 551 Abs. 2 RVO ausnahmslos dann ausgeschlossen war, wenn der Verordnungsgeber die einschlägige Erkrankung in die Liste der Berufskrankheiten aufgenommen hat (Urteil vom 24. Februar 2000 - B 2 U 43/98 R -, SozR 3-2200 § 551 Nr. 14). Die Einschränkung bezog sich indes auf Versicherungsfälle außerhalb eines Rückwirkungszeitraumes, nicht, wie vorliegend, innerhalb eines solchen liegende. Dem Urteil des BSG vom 2. Dezember 2008 (B 2 KN 1/08 U R -, BSGE 102, 121) lag ein Antrag auf Überprüfung eines Bescheides vom 5. Juli 1996, mit dem die Anerkennung einer Atemwegserkrankung unter anderem als Wie-Berufskrankheit nach § 551 Abs. 2 RVO abgelehnt worden war, im Wege des Zugunstenverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch zugrunde. Maßgeblich in diesem Verfahren war also nach dieser materiell-rechtlichen Regelung insbesondere, ob bei Erlass dieses zu überprüfenden Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt worden war. Zu diesem Zeitpunkt war die Erkrankung aber noch nicht in die Liste der Berufskrankheiten aufgenommen worden, was erst durch die BKV vom 31. Oktober 1997 (BGBl I S. 2623) mit Wirkung zum 1. Dezember 1997 erfolgte. Ein Anwendungsvorrang der Listen-Berufskrankheit stellte sich somit überhaupt nicht. Der in dieser Entscheidung formulierte Rechtssatz, wonach diese BKV erst ab dem Tag ihres Inkrafttretens Rechtswirkungen entfaltet und für die Rechtslage davor, wenn die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Wie-Berufskrankheit vorgelegen haben, aus ihr keine Rechtsfolgen hergeleitet werden können (vgl. auch LSG für das Saarland, Urteil vom 23. Mai 2012 - L 2 U 52/09 WA -, juris, Rz. 28), war demzufolge nicht tragend, soweit er so verstanden werden sollte, dass eine geänderte BKV nur nach ihrem Inkrafttreten eintretende Versicherungsfälle erfasst (vgl. hierzu Römer, a. a. O., Stand: Mai 2015, § 6 BKV, Rz. 9). Damit weicht der Senat nicht von einer Entscheidung des BSG ab.
56 
Darüber hinaus steht zur Überzeugung des Senats nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit fest, dass es durch die versicherten Tätigkeiten im Knien oder eine vergleichbare Kniebelastung zu einer Einwirkungen auf das rechte Kniegelenk gekommen ist, welche die Gonarthrose im rechten Kniegelenk herbeigeführt hat.
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Für die Feststellung einer Wie-Berufskrankheit ist wie bei einer Listen-Berufskrankheit Voraussetzung, dass im Einzelfall eine berufsbedingte Einwirkung die rechtlich wesentliche Ursache einer nicht in der Liste der Berufskrankheiten bezeichneten Krankheit ist (vgl. Urteil des Senats vom 26. März 2015 - L 6 U 1017/13 -, juris, Rz. 50; Römer, in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB VII, Stand: Juli 2015, § 9 Rz. 38a). Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 23. April 2015 - B 2 U 10/14 R -, juris, Rz. 11 m. w. N., zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Da die R.ung des § 9 Abs. 2 SGB VII keinen Auffangtatbestand und keine allgemeine Härteklausel beinhaltet (BSG, Urteile vom 20. Juli 2010 - B 2 U 19/09 R -, juris, Rz. 19 m. w. N. und 13. Februar 2013 - B 2 U 33/11 R -, SozR 4-2700 § 9 Nr. 21, Rz. 17; vgl. auch BSG, Urteil vom 4. Juni 2002 - B 2 U 20/01 R -, juris, Rz. 20 zu § 551 Abs. 2 RVO), darf die Anerkennung einer Wie-Berufskrankheit darüber hinaus nur erfolgen, wenn die Voraussetzungen für die Aufnahme der betreffenden Einwirkungs-Krankheits-Kombination in die Liste der Berufskrankheiten erfüllt sind, der Verordnungsgeber sie also als neue Listen-Berufskrankheit in die BKV einfügen dürfte, aber noch nicht tätig geworden ist (vgl. BT-Drucks 13/2204, S. 77 f.), also der generelle Ursachenzusammenhang gegeben ist (vgl. Römer, a. a. O., Rz. 39). Die Anerkennung einer Wie-Berufskrankheit knüpft an dieselben materiellen Voraussetzungen an, die der Verordnungsgeber auch nach § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII für die Aufnahme einer Erkrankung in die Liste zu beachten hat.
58 
Dahinstehen kann, ob, wovon das SG Ulm ausgegangen ist, der Listen-Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV „harte“ Kriterien, die vorliegend im Vollbeweis vorliegen, zu entnehmen sind, und sich hieraus eine tatsächliche Vermutung des Ursachenzusammenhanges ergibt (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 2007 - B 2 U 15/05 R -, SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 4104 Nr. 2, Rz. 24 zur Berufskrankheit nach Nr. 4104 der Anlage 1 zur BKV), welche auch auf die Gonarthrose als Wie-Berufskrankheit „zu übertragen“ ist (Hessisches LSG, Urteil vom 18. November 2011 - L 9 U 66/07 -, juris, Rz. 40). Denn selbst eine tatsächliche Vermutung ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme erschüttert und der Ursachenzusammenhang nicht nachgewiesen.
59 
Beim Vergleich der radiologischen Befunde liegt beim Kläger nach den überzeugenden Ausführungen von Prof. Dr. Sch. im rechten Kniegelenk eine viertgradige Gonarthrose nach Kellgren et al. vor, demgegenüber links keine derartige nach diesem Bewertungsmaßstab maßgebliche Erkrankung. Dieser Sachverständige hat schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt, dass bei einer solchen Befundkonstellation ein Ursachenzusammenhang zwischen der beruflichen kniebelastenden Tätigkeit und dieser Erkrankung nur bei einer besonderen Begründung und dem Nachweis einer einseitigen arbeitsbedingten Belastung gegeben ist, wenn also eine asymmetrische, beruflich bedingte Belastung der beiden Kniegelenke vorlag (vgl. Begutachtungsempfehlung für die Berufskrankheit Nr. 2112 der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e. V. vom 3. Juni 2014, S. 8; vgl. auch die Entscheidung des Senats vom 26. November 2015 - L 6 U 2782/15 -, juris, Rz. 48 zu einem asymmetrischen Schadensbild bei der Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV). Davon ist der Senat auch nach den Angaben des Klägers im Berufungsverfahren nicht überzeugt. Zuletzt hat er vorgetragen, er habe während seiner beruflichen Tätigkeit ganz überwiegend Steildächer mit Biberschwanzziegeln eingedeckt, welche insgesamt, bezogen auf mehr als zwanzig benannte Objekte, mindestens eine Fläche von 5.210 m² umfasst hätten. Hierbei habe es sich allein um die Projekte gehandelt, welche ihm spontan erinnerlich gewesen seien. Während der Ausbildungs- und sonstigen Arbeitszeit seien noch zahlreiche weitere derartige Dächer eingedeckt worden. Tatsächlich habe es sich um das Doppelte, wenn nicht sogar ein Vielfaches dieser Quadratmeterzahl gehandelt. Weder nach dem SGG noch nach der ZPO gibt es zwar eine Beweisregelung in dem Sinne, dass frühere Aussagen oder Angaben grundsätzlich einen höheren Beweiswert besitzen als spätere; im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 286 ZPO) sind vielmehr alle Aussagen, Angaben und sonstigen Einlassungen zu würdigen. Gleichwohl kann das Gericht im Rahmen der Gesamtwürdigung den zeitlich früheren Aussagen aufgrund der Gesichtspunkte, dass die Erinnerung hierbei noch frischer war und sie von irgendwelchen Überlegungen, die darauf abzielen, das Klagebegehren zu begünstigen, noch unbeeinflusst waren, einen höheren Beweiswert als den späteren zumessen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2003 - B 2 U 41/02 R -, SozR 4-2700 § 4 Nr. 1, Rz. 12; Urteile des Senats vom 12. August 2014 - L 6 VH 5821/10 ZVW - juris, Rz. 144 und vom 21. Mai 2015 - L 6 U 1053/15 -, juris, Rz. 34). Hiervon geht der Senat vorliegend in Bezug auf die Angaben aus, welche sich nach der Stellungnahme des Mitarbeiters des Präventionsdienstes der Beklagten Sch. zur Arbeitsplatzexposition von Ende Februar 2013 ergeben haben, der ein von ihm erstelltes Gesprächsprotokoll vom 14. Februar 2013 nach einer persönlichen Unterredung mit dem Kläger an dessen Wohnort einen Tag zuvor zugrunde liegt, das diesem übersandt und am 24. Februar 2013 von ihm unterschrieben worden war. Danach nahm die Einzeltätigkeit „Steildach eindecken mit Biberschwanzziegeln“ 10 % der Schichten ein; ausgehend von 240 Arbeitsschichten je Jahr und einer Gewichtung der Außen- zu den Innenarbeiten mit 60 % zu 40 % aufgerundet 15 Schichten. Mit einem Anteil von weniger als 7 % der Jahresarbeitsschichten (15 von 240 Schichten) hatte diese Tätigkeit somit eine nur untergeordnete Bedeutung, wodurch eine einseitig arbeitsbedingte Belastung nicht nachgewiesen ist. Das Abweichen nach dem Kellgren-Lawrence-Score von vier Grad zwischen dem rechten und linken Kniegelenk erklärt sich dadurch nicht. Darüber hinaus bieten Biberschwanzziegel mit steigender Dachneigung gegenüber anderen Dachziegeltypen zwar schlechtere Standbedingungen, weshalb das Eindecken insoweit in weitaus größerem Maße im Knien durchgeführt wird. In den Untersuchungen konnte indes lediglich häufig und nicht immer auch das einbeinige Knien auf der Dachfläche beobachtet werden. Der Kläger hat in Bezug darauf im gesamten Verfahren weder konkrete Angaben zu den Dachneigungen gemacht, bei denen er Biberschwanzziegel eindeckte, noch in welchem Umfang er dabei einseitig rechts kniete. Das von ihm in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Lichtbild zeigt ihn nicht rechts-, sondern linkskniend. Soweit der Sachverständige Dr. Pf. aus dem Umstand der Rechtshändigkeit des Klägers geschlossen hat, dass es hierdurch zu einer vermehrten Belastung des rechten Kniegelenkes gekommen ist, handelt es sich um eine für ihn plausible Erklärung eines möglichen Bewegungsablaufes, ohne dass damit für den Senat der Nachweis erbracht ist, zumal der Kläger selbst den Arbeitsvorgang nie so beschrieben hat und das von ihm in die mündliche Verhandlung mitgebrachte Foto ihn demgegenüber linkskniend zeigt. Die Tätigkeiten als Zimmermann mögen als solche einseitig kniende Arbeitsabläufe enthalten, wie der Sachverständige Dr. M. dargelegt hat. Der konkret beim Kläger nachgewiesene Umfang belegt indes keine überwiegend einseitige, das rechte Kniegelenk belastenden Tätigkeiten.
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Zudem spricht die Zeitspanne zwischen dem Erreichen der kumulativen Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde je Schicht einerseits sowie dem erstmaligen Nachweis der Gonarthrose nach einem Grad von mindestens 2 nach dem Kellgren-Lawrence-Score gegen einen Zusammenhang zwischen einer Einwirkung aufgrund der beruflichen kniebelastenden Tätigkeit und einer solchen Gonarthrose. Diese arbeitstechnischen Kriterien beruhen auf Erkenntnissen aus epidemiologischen Studien (vgl. hierzu und zum Folgenden BR-Drucks 242/09, S. 17). In der bislang größten zu dieser Thematik durchgeführten Fall-Kontroll-Studie zeigte sich bei einer Belastungsdauer von insgesamt rund 13.000 Stunden ein mehr als verdoppeltes, signifikant erhöhtes Gonarthroserisiko für Personen mit hoher beruflicher Exposition durch eine kniende oder hockende Tätigkeit. Auch für die Voraussetzung der mindestens einstündigen Kniegelenksbelastung je Schicht wurde die Verdoppelungsdosis in epidemiologischen Studien festgestellt. Prof. Dr. Sch. hat in Bezug darauf überzeugend ausgeführt, dass ein plausibler Zeitraum zwischen einer solchen Einwirkungsintensität und dieser Gesundheitsstörung anzunehmen ist, wenn, bei einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde je Schicht, zwischen dem Erreichen der 13.000 Stunden, was beim Kläger rechnerisch Ende 1981 der Fall gewesen ist, und dem erstmaligem Nachweis der Erkrankung maximal fünf Jahre liegen. Bei einem längeren Zeitraum ist der Ursachenzusammenhang umso unwahrscheinlicher, je größer die Spanne ist. Die Erkrankung nach einem Grad von mindestens 2 nach dem Kellgren-Lawrence-Score ist beim Kläger im September 2005 nachgewiesen worden, so dass mittlerweile sogar annähernd 24 Jahre vergangen gewesen sind. Auch aus Plausibilitätsgründen ist eine berufsbedingte Verursachung somit nicht wahrscheinlich, sonst hätte sich die berufliche Belastung früher in einem relevanten Schaden realisieren müssen.
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Dr. Pf. gelangt wie Dr. M. durch Ausschluss möglicher konkurrierender Ursachen zu dem Ergebnis, dass die Gonarthrose mit Wahrscheinlichkeit und in wesentlicher Weise durch die berufliche Tätigkeit des Klägers verursacht worden ist. Beide setzen sich indes darüber hinaus nicht in hinreichendem Maße mit dem deutlich unterschiedlichen Schadensbild im rechten und linken Kniegelenk sowie überhaupt nicht mit der Zeitspanne zwischen dem Erreichen der kumulativen Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde je Schicht einerseits sowie dem erstmaligen Nachweis der Gonarthrose nach einem Grad von mindestens 2 nach dem Kellgren-Lawrence-Score andererseits auseinander. Beide Gutachten haben den Senat daher nicht überzeugt. Weder musste Dr. Pf. mit dem Gutachten von Prof. Dr. Sch. konfrontiert oder Letzterer ergänzend befragt, noch eine weitere, vom Kläger als Obergutachten bezeichnete Expertise in Auftrag geben werden, welche ohnehin keinen höheren Beweiswert als die bereits eingeholten sachverständigen Meinungen hätte (vgl. Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 128 Rz. 7e). Die Würdigung unterschiedlicher Gutachtensergebnisse gehört wie die anderer sich widersprechender Beweisergebnisse zur Beweiswürdigung selbst, welche ureigene Aufgabe eines Tatsachengerichts ist. Eine Verpflichtung zur Einholung eines weiteren Gutachtens besteht auch bei einander widersprechenden Gutachtensergebnissen im Allgemeinen nicht. Vielmehr hat sich das Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung mit den einander entgegenstehenden Ergebnissen auseinanderzusetzen. Hält es eines von mehreren Gutachten für überzeugend, wie vorliegend dasjenige von Prof. Dr. Sch., darf es sich diesem anschließen, ohne ein weiteres einzuholen. Bei einer derartigen Fallgestaltung ist für eine weitere Beweiserhebung regelmäßig kein Raum (vgl. BSG, Beschlüsse vom 19. November 2007 - B 5a/5 R 382/06 B -, SozR 4-1500 § 160a Nr. 21, Rz. 8 und 12. Mai 2015 - B 9 SB 93/14 B -, juris, Rz. 6). Als Grund für eine Ausnahme ist zwar ein nicht lösbarer Widerspruch anerkannt, welcher indes nicht darin zu sehen ist, dass unterschiedliche Gutachtensergebnisse vorliegen. Für den Nachweis, dass der Kläger Steildächer mit einer von ihm konkretisierten Gesamtfläche von mindestens 5.210 m² mit Biberschwanzziegeln eindeckte, sind die Sachverständigen ohnehin kein geeignetes Beweismittel.
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Mangels hinreichender Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhanges der beruflich bedingten Einwirkungen auf die Knie des Klägers und der Gonarthrose, kommt es an sich von vornherein nicht darauf an, ob beim Kläger mit der Chondrokalzinose, den Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis, der kongenitalen tibiofemoralen Beinachse (Varusstellung), dem Übergewicht oder dem Unfallereignis vom 29. August 2005 konkurrierende Ursachen vorhanden sind, die ihrerseits zu der Gonarthrose geführt haben. Nach der überzeugenden Begründung von Prof. Dr. Sch. gilt eine Chondrokalzinose aber ohnehin nicht als konkurrierender Faktor für die Entstehung einer Gonarthrose. Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis sind zwar nach klinischer Erfahrung anzunehmen, als Ursache nach der Literatur aber derzeit nicht belegbar. Die kongenitale tibiofemorale Beinachse ist ebenfalls nicht als konkurrierender Faktor anzusehen. In dem Bericht von Dr. B. über eine Operation Ende September 2008 ist eine Varusstellung von 10° im rechten Kniegelenk erwähnt. Ganzbeinaufnahmen sind nicht angefertigt worden. Auf einer Röntgenaufnahme von April 2008 ist sogar keine varische Beinachse zu erkennen gewesen. Eine maximale Beinachsenfehlstellung um 10° wird üblicherweise als leichtgradige Fehlstellung bezeichnet, welche kein Ausschlusskriterium in diesem Zusammenhang darstellt (vgl. Urteil des Senats vom 26. November 2015 - L 6 U 2782/15 -, Rz. 50 zur Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV). Übergewicht gilt zwar als wissenschaftlich gesicherte Alternativursache. Allerdings besteht für die Adipositas eine epidemiologische Evidenz für ein multiplikatives Zusammenwirken mit den arbeitsbedingten Belastungen. Nach der wissenschaftlichen Begründung ist die vorliegend zu beurteilende Berufskrankheit bei gegebenen arbeitstechnischen Voraussetzungen und einem geeigneten Krankheitsbild auch bei adipösen Menschen anzuerkennen. Nach dem Akteninhalt sind hinsichtlich Körpergröße und -gewicht des Klägers ab 1991 sowie vor dem Unfallereignis im Jahre 2005 Werte zwischen 105 kg und 113 kg dokumentiert. Bei der gutachterlichen Untersuchung durch Dr. Pf. Anfang August 2010 ist das Körpergewicht mit 110 kg festgestellt worden. Die Behauptung des Klägers im Berufungsverfahren, wonach es erst nach seiner Heirat im Jahre 1979 zu einer Gewichtszunahme gekommen sei, als er die berufliche Tätigkeit reduziert und schließlich eingestellt habe, frühestens also nach dem Unfall im Jahre 2005, was er in der mündlichen Verhandlung mittels Vorlage von Fotos von ihm zu untermauern versucht hat, ist damit allerdings widerlegt. Dr. K. weist zwar in seinen beratungsärztlichen Stellungnahmen von September und November 2010 unter Bezugnahme auf die biomechanische Plausibilität darauf hin, bei einem belastungskonformen Schadensbild der vorliegend zu prüfenden Berufskrankheit sei zu erwarten, dass der Knorpelschaden im Patellofemoralgelenk beginne und sich von dort aus gegebenenfalls in das Kniehauptgelenk ausdehne. Der Knorpelschaden müsse danach in erster Linie und vorauseilend im Patellofemoralgelenk vorhanden sein. Die ursprüngliche Arbeitshypothese des interdisziplinären Arbeitskreises, welcher die Begutachtungsempfehlung für die Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV erarbeitet hat, nach der mit einem Beginn des Knorpelaufbrauches in erst Linie patellofemoral und in den dorsalen Kniegelenksanteilen sowie mit einem selektiven Aufbrauch der Meniskushinterhörner als möglichem Initialstadium zu rechnen sei, hat sich durch die bislang vorliegenden Forschungsergebnisse indes nicht belegen lassen (vgl. die Empfehlung auf S. 9). Anders als Prof. Dr. Sch., Dr. Pf. und Dr. M. geht der Senat darüber hinaus nur von der Möglichkeit aus, dass die Veränderungen im rechten Kniegelenk, also auch die arthrotischen, hauptsächlich durch das Unfallereignis vom 29. August 2005 mit verbliebener Instabilität nach stattgehabter Kreuzbandverletzung bedingt gewesen sind.
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Nach alledem war der Berufung der Beklagten stattzugeben und das erstinstanzliche Urteil aufzuheben.
64 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
65 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.