Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 11. Juli 2018 - L 4 KR 4901/17 ER

bei uns veröffentlicht am11.07.2018

Tenor

Der Antrag des Antragstellers auf Abänderung des Beschlusses des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27. September 2016 (L 5 KR 3441/16 ER-B) wird abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller begehrt die Abänderung des Beschlusses des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 27. September 2016 (L 5 KR 3441/16 ER-B), mit dem die Beschwerde gegen einen eine einstweilige Anordnung auf Erteilung sogenannter Einzelfallbestätigungen ablehnenden Beschluss zurückgewiesen worden war.
Der bei der Antragsgegnerin gesetzlich krankenversicherte Antragsteller beantragte am 20. Juni 2014 bei dieser einen aktuellen Versicherungsnachweis. Eine elektronische Gesundheitskarte (eGK) mit Lichtbild und erweiterter Speichermöglichkeit habe er nicht und lehne er ab. Die Antragsgegnerin legte den Antrag des Antragstellers dahingehend aus, dass er von der Abgabe eines Passbildes befreit werden wolle. Mit nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenem Bescheid vom 26. Juni 2014 lehnte sie den so gefassten Antrag des Antragstellers ab. Eine Befreiung von der Abgabe eines Passbildes sei nicht möglich. Auf einen erneuten Antrag auf eine Versicherungsbestätigung vom 14. Januar 2015 lehnte die Antragsgegnerin die Ausstellung einer Karte ohne Lichtbild ab (Bescheid vom 16. Januar 2015). Den gegen beide Bescheide gerichteten Widerspruch des Antragstellers wies der Widerspruchsausschuss der Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 25. März 2015 zurück. Die hiergegen erhobene Klage mit dem Begehren, die Antragsgegnerin zur Ausstellung einer eGK ohne Lichtbild zu verurteilen, hilfsweise festzustellen, dass die Antragsgegnerin nach Verwendung für die Erstellung der eGK nicht berechtigt sei, die eingescannten Lichtbilder vorrätig zu halten und zu speichern, wies das Sozialgericht Konstanz (SG) mit Gerichtsbescheid vom 6. April 2016 (S 7 KR 877/15) ab. Die dagegen eingelegte Berufung des Antragstellers wies das LSG Baden-Württemberg mit Urteil vom 23. November 2016 (L 5 KR 1768/16 – juris) zurück. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Antragstellers ließ das BSG die Revision gegen dieses Urteil insoweit zu, als sie die Zurückweisung der Berufung hinsichtlich der Hilfsanträge betreffe (Beschluss vom 26. September 2017 – B 1 KR 100/16 B –) auf Feststellung, dass die Antragsgegnerin nicht zur Speicherung der eingesandten Lichtbild berechtigt sei, und auf deren Verurteilung, die Speicherung eines künftig eingesandten Lichtbildes nach Ausstellung der eGK zu unterlassen. Die eingelegte Revision des Klägers ist derzeit beim BSG anhängig (B 1 KR 31/17 R). Die Beklagte anerkannte im Revisionsverfahren, ein künftig vom Kläger zur Erstellung der elektronischen Gesundheitskarte übermitteltes Lichtbild werde in seinem persönlichen Fall von ihr (der Beklagten) nach der Erstausstellung umgehend wieder gelöscht und nicht weiter gespeichert sowie im Falle einer Ersatz- oder der notwendigen Folgeausstellung nach Ablauf der fünfjährigen Gültigkeit der Zertifikate im Chip wäre der Kläger damit gehalten, ihr (der Beklagten) erneut ein Lichtbild zu übermitteln. Der Kläger nahm das Anerkenntnis (bislang) nicht an.
Bereits 9. Mai 2016 hatte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin mangels eGK außerdem die Ausstellung einer Versicherungsbestätigung beantragt, da er einen Behandlungstermin bei seinem Hausarzt vereinbart habe. Die Antragsgegnerin stellte dem Antragsteller daraufhin mit Schreiben vom 10. Mai 2016 für die Behandlung im Zeitraum vom 9. Mai 2016 bis 10. Mai 2016 die begehrte Bestätigung aus. Im weiteren Verlauf stellte die Antragsgegnerin dem Antragsteller auf dessen Antrag am 16. Juni 2016 „letztmalig“ eine weitere Versicherungsbescheinigung vom 16. bis 20. Juni 2016 aus und verwies auf den geänderten § 15 Abs. 6 Satz 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Hiernach sei bei fehlender Mitwirkung nur noch einmalig eine Ersatzbescheinigung auszustellen. Am 29. Juni 2016 erhob der Antragsteller Widerspruch gegen die Feststellung, dass zukünftig kein Anspruch auf Ausstellung einer Bescheinigung bestehen solle, den der Widerspruchsausschuss der Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 1. September 2016 zurückwies. Dagegen erhob der Kläger am 13. September 2016 Klage beim SG (S 2 KR 2086/16), mit der er die Verurteilung der Antragsgegnerin begehrte, ihm unbefristet, hilfsweise befristet Einzelfallbestätigungen nach § 19 Abs. 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) und § 15 Abs. 4 und 6 SGB V über das Bestehen des Krankenversicherungsverhältnisses zwischen ihm und der Antragsgegnerin auszustellen, solange dieses bestehe und Leistungsverweigerungsrechte der Antragsgegnerin nicht bestünden. Mit Gerichtsbescheid vom 27. Februar 2017 wies das SG die Klage ab. Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf wiederholte Ausstellung einer Einzelfallbestätigung, da er nicht nach § 15 Abs. 5 Satz 6 SGB V an der Ausstellung einer eGK mitwirke, indem er kein Lichtbild übersende. Der von ihm gerügte Eingriff in das Recht zur informationellen Selbstbestimmung sei durch überwiegende Allgemeininteressen gerechtfertigt. Sofern der Antragsteller mit der Speicherung des Lichtbilds über die Ausstellung der eGK hinaus nicht einverstanden sei, sei er auf die Rechte zur Löschung personenbezogener Sozialdaten gemäß § 84 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zu verweisen (Verweis auf Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Nichtannahmebeschluss vom 17. Oktober 2016 – 1 BvR 2183/16 – juris). Gegen diesen ihm am 3. März 2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Antragsteller am 3. April 2017 Berufung beim LSG Baden-Württemberg eingelegt, die beim Senat anhängig ist (L 4 KR 1283/17). Zur Mitwirkung durch Übersendung eines Lichtbildes sei er nicht verpflichtet. Eine Berechtigung der Antragsgegnerin zur Speicherung des Lichtbilds auf unbestimmte, über eine zur Zwischenspeicherung für die Ausstellung einer eGK hinausgehende Zeit zwecks Vorratshaltung sei nicht gegeben. Das SG übersehe, dass die herangezogene Argumentation des BVerfG nur auf die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde und die beantragte einstweilige Anordnung nach § 32 Bundesverfassungsgerichtsgesetz abziele, was nichts mit der Rechtslage nach dem Sozialgerichtsgesetz (SGG) oder dem SGB V zu tun habe.
Bereits am 30. Juni 2016 hatte der Antragsteller beim LSG Baden-Württemberg (L 5 KR 2420/16 ER) den Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrt mit dem Ziel, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihm unbefristet, hilfsweise bis zur Beendigung des Rechtsstreits in der Hauptsache einschließlich der Bescheidung der Verfassungsbeschwerde, äußerst hilfsweise bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits in der Hauptsache, Einzelfallbestätigungen gemäß § 19 Abs. 2 BMV-Ä und § 15 Abs. 4 und 6 SGB V über das Bestehen des Krankenversicherungsverhältnisses zwischen ihm und der Antragsgegnerin auszustellen, solange dieses bestehe und Leistungsverweigerungsrechte der Antragsgegnerin nicht einträten. Nach Verweisung an das SG (Beschluss vom 20. Juli 2016) hatte das SG mit Beschluss vom 26. August 2016 den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt.
Mit Beschluss vom 27. September 2016 (L 5 KR 3441/16 ER-B) hatte das LSG Baden-Württemberg die dagegen eingelegte Beschwerde zurückgewiesen. Es fehle bereits an einem Anordnungsanspruch. Der Antragsteller werde durch die Regelung des § 15 Abs. 6 Satz 5 SGB V nicht in seinen Grundrechten verletzt, denn die Ausstellung einer eGK werde durch die Antragsgegnerin unmittelbar nach Hereingabe eines geeigneten Bildes veranlasst werden. Damit liegt es in seiner Hand, die begehrte eGK zu erhalten. Allein die Pflicht zur Vorlage des Bildes verletze ihn ebenfalls nicht in seinen Rechten (Verweis auf LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29. August 2016 – L 5 KR 2729/16 ER – und BSG, Urteil vom 18. November 2014 – B 1 KR 35/13 R – juris; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 8. Juni 2016 – 1 BvR 864/15 – n.v.). Danach sei die Verpflichtung zur Nutzung der eGK mit einem Lichtbild angesichts der mit der Regelung bezweckten und auch dem Versicherten zugutekommenden Verringerung der Missbrauchsmöglichkeit gerechtfertigt. Bei einer Speicherung von Gesundheitsdaten auf der eGK sei dem Interesse des Einzelnen an seinen Daten (Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung) gesetzlich durch die Einspruchsmöglichkeiten des Versicherten Rechnung getragen. Weiter habe der Gesetzgeber durch Datenschutzvorschriften rechtliche Hürden gegen die unbefugte Weitergabe der Daten aufgestellt. Gleichzeitig fehle es auch nicht an der vom Antragsteller behaupteten gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für die Speicherung des Lichtbildes. Gemäß § 284 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V dürfe die Antragsgegnerin Sozialdaten - worunter auch das von der Beklagten angeforderte Lichtbild falle – speichern, soweit diese für die eGK benötigt würden. Darüber hinaus fehle es an einem Anordnungsgrund. Dem Antragsteller drohten durch eine eGK mit Lichtbild, mit Hilfe derer er jederzeit ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen könnte, derzeit keine hinreichend gewichtigen Rechtsbeeinträchtigungen, die der Ausstellung einer eGK mit Lichtbild entgegenstünden. Dem Antragsteller entstünden durch die Ablehnung dieser Anträge keine schweren und unzumutbaren Nachteile, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht mehr in der Lage wäre.
Mit Schriftsatz vom 25. Dezember 2017, Eingang bei LSG Baden-Württemberg am 26. Dezember 2017, hat der Antragsteller die Abänderung dieses Beschlusses vom 27. September 2016 (L 5 KR 3441/16 ER-B) beantragt. Der Antrag auf Abänderung einer zusprechenden einstweiligen Anordnung sei grundsätzlich zulässig. Auch wenn eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage wie § 86b Abs. 1 Satz 4 SGG in Anfechtungssachen fehle, bestehe in der Rechtsprechung weitgehend Einigkeit darüber, dass auch bei zusprechenden einstweiligen Anordnungen nach § 86b Abs. 2 SGG, die der formellen und materiellen Rechtskraft fähig seien, dem im Einzelfall bestehenden Bedürfnis nach Aufhebung oder Abänderung aus Gründen der Effektivität des Rechtsschutzes Rechnung zu tragen sei. § 86b Abs. 1 Satz 4 SGG sei insoweit analog anzuwenden. Seit Erlass des abzuändernden Beschlusses sei gegen das Berufungsurteil des LSG Baden-Württemberg auf seine, des Antragstellers, Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss des BSG vom 25. September 2017 (B 1 KR 100/16 R), die Revision zugelassen worden. Des Weiteren liege ein rechtskräftiges Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Juni 2017 (S 208 KR 2111/16 – juris) vor. Die beiden an diesen Verfahren beteiligten Krankenkassen hätten letztlich die mangelnde Notwendigkeit der Speicherung des Lichtbildes anerkannt. In der Neufassung des § 497 Strafprozessordnung (StPO) werde vom Gesetzgeber klar anerkannt, dass es für die sogenannte Auftragsspeicherung bei einem privaten Dritten der gesetzlichen Grundlage bedürfe. Auch die Krankenkassen nähmen die Befugnis zur Delegation der Speicherung bei privaten Dritten für sich in Anspruch. Auf eine erneute Aufforderung zur Übersendung einer Versicherungsbescheinigung am 6. Dezember 2017 unter Hinweis auf die eingetretenen Veränderungen habe die Antragsgegnerin nicht reagiert. Ergänzend hat der Antragsteller auf seine Revisionsbegründung verwiesen und ausgeführt, es fehle an einer gesetzlichen Regelung zur Speicherung eines die Identität abbildenden Passbildes. Ein Lichtbild selbst sei kein Datum, sondern könne allenfalls durch die Verknüpfung mit anderen Daten zu einem solchen werden. § 67 SGB X biete daher keine ausreichende Grundlage. Die endgültige Speicherung des Lichtbildes sei zur Erfüllung des gesetzlichen Auftrags durch die Krankenkasse nicht geeignet und nicht erforderlich. Eine Zwischenspeicherung bis zur Ausstellung der Karte sei ausreichend. Für die Abrechnung zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern werde ein dauerhaft gespeichertes Lichtbild nicht benötigt, sondern stelle eine unzulässige Vorratsdatenspeicherung dar. Jedenfalls fehle es für die endgültige Speicherung als Eingriff in das Recht am eigenen Bild und auf informationelle Selbstbestimmung an der notwendigen Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Bei erneutem Bedarf an einem Lichtbild zur Ausstellung einer gegebenenfalls notwendigen neuen eGK genüge die Übersendung eines neuen Lichtbildes, ohne dass es einer endgültigen Speicherung bedürfte. Schließlich sei der Wesentlichkeitsgrundsatz verletzt, da der Gesetzgeber sowohl die Qualität des Lichtbildes aus auch den Umgang der Krankenkasse mit den eingereichten Lichtbildern nur rudimentär geregelt und die Entscheidung zu diesen Fragen weiterstgehend den Krankenkassen überlassen habe. Dies sei rechtsfehlerhaft, da es sich bei dem Recht am eigenen, die Identität abbildenden Bild und dem korrespondierenden Recht auf informationelle Selbstbestimmung um ein dem Kern des Persönlichkeitsrechts handle. Mehr als eine Mitwirkungspflicht des Versicherten durch Vorlage eines Lichtbildes zwecks Erstellung der eGK lasse sich aus §§ 291 Abs. 2 SGB V, § 284 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V und § 67 SGB X nicht entnehmen. Ein Missbrauch eines übersandten Lichtbildes durch die Antragsgegnerin sei nicht auszuschließen. Das im anhängigen Revisionsverfahren von der Antragsgegnerin mittlerweile abgegebene, als solches bezeichnete Anerkenntnis habe er nicht angenommen, weil es sich mangels vorbehaltsloser materiell-rechtlicher Verpflichtung der Antragsgegnerin nicht um ein echtes Anerkenntnis handle.
Der Antragsteller beantragt,
unter Abänderung des Beschlusses des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27. September 2016 (L 5 KR 3441/16 ER-B) die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller bis zur Beendigung des Rechtsstreits in der Hauptsache einschließlich der Bescheidung der Verfassungsbeschwerde, hilfsweise bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits in der Hauptsache, jeweils quartalsmäßig im Voraus, hilfsweise monatlich im Voraus Einzelfallbestätigungen gemäß § 15 SGB V über das Bestehen des Krankenversicherungsverhältnisses zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin auszustellen, solange dieses besteht und Leistungsverweigerungsrechte der Antragsgegnerin nicht eintreten.
Die Antragsgegnerin beantragt,
10 
den Antrag abzulehnen.
11 
Sie sieht die Voraussetzungen für eine vorläufige Regelung nicht als gegeben an. Bei dem angeführten Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Juni 2017 handle es sich um eine Einzelfallentscheidung. Der Umstand, dass sie, die Antragsgegnerin, im Revisionsverfahren B 1 KR 31/17 R ein Anerkenntnis abgegeben habe, wirke sich auf das vorliegende Verfahren nicht aus, in dem der Antragsteller die Ausstellung von Einzelfallbestätigungen begehre. Dieser sei seiner Mitwirkungspflicht bislang noch nicht nachgekommen; ein Lichtbild habe er nicht übersandt.
12 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf die Senatsakte sowie die Verwaltungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
13 
1. Der Senat ist für das vom Antragsteller zur Prüfung gestellte Begehren zuständig.
14 
a) Der Antragsteller begehrt die Abänderung des Beschlusses des LSG Baden-Württemberg vom 27. September 2016 (L 5 KR 3441/16 ER-B), mit dem die Beschwerde gegen einen eine einstweilige Anordnung auf Erteilung von Einzelfallbestätigungen ablehnenden Beschluss zurückgewiesen worden war. Dass er keinen neuen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt hat, sondern allein die Abänderung des genannten früheren Beschlusses über einen solchen Antrag, ergibt sich aus der Bezeichnung des bestimmenden Schriftsatzes vom 25. Dezember 2017 („Abänderungsantrag“), dem dort ausdrücklich formulierten Antrag („unter Abänderung des Beschlusses vom 27. September 2016 [L 5 KR 3441/16 ER-B]“) sowie der ausführlichen Begründung der Statthaftigkeit eines Abänderungsantrags bei einstweiligen Anordnungen in analoger Anwendung des § 86b Abs. 1 Satz 4 SGG.
15 
b) Gericht der Hauptsache ist im Verfahren einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 3 SGG das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Das Begehren ist in der Hauptsache Gegenstand des beim Senat anhängigen Berufungsverfahren derselben Beteiligten (L 4 KR 1283/17). Der Senat ist mithin als Gericht der Hauptsache auch für das Abänderungsverfahren im einstweiligen Rechtsschutz zuständig.
16 
2. Der Antrag auf Abänderung des den Erlass einer einstweiligen Anordnung ablehnenden Beschlusses ist jedoch nicht zulässig.
17 
a) Eine Abänderungsmöglichkeit von Eilentscheidungen ist im SGG ausdrücklich nur in § 86b Abs. 1 Satz 4 SGG für Anfechtungssachen vorgesehen; in § 86b Abs. 2 SGG, der den einstweiligen Rechtsschutz in Vornahmesachen regelt, fehlt dagegen eine entsprechende Bestimmung. Dennoch besteht in Rechtsprechung und Schrifttum weitgehend Einigkeit darüber, dass auch bei einstweiligen Anordnungen, die der formellen und materiellen Rechtskraft fähig sind, dem im Einzelfall bestehenden Bedürfnis nach Aufhebung oder Abänderung aus Gründen der Effektivität des Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz [GG]) Rechnung zu tragen ist (vgl. z.B. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 11. Oktober 2010 – L 7 SO 3392/10 ER-B – juris, Rn. 3 m.w.N.). Insoweit findet § 86b Abs. 1 Satz 4 SGG für einstweilige Anordnungen entsprechende Anwendung (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 11. Oktober 2010 – L 7 SO 3392/10 ER-B – juris, Rn. 4 m.w.N.; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl., § 86b Rn. 45 m.w.N.; abweichender Auffassung: Burkiczak in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, § 86b SGG, Rn. 457 ff, der eine Abänderung einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG nur nach Maßgabe von § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 939 ZPO für möglich hält). Danach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben (§ 86b Abs. 1 Satz 4 SGG).
18 
b) Der Zulässigkeit der vom Antragsteller begehrten Änderung steht bereits der Wortlaut des § 86b Abs. 1 Satz 4 SGG entgegen, der ausdrücklich auf die Änderung oder Aufhebung der „Maßnahmen“ gerichtet ist. Solche Maßnahmen werden bei der Ablehnung einer einstweiligen Anordnung aber gerade nicht getroffen. Eine Abänderungsmöglichkeit von Eilentscheidungen besteht daher nur bei zusprechenden Entscheidung, wie der Antragsteller selbst in seiner Begründung zur Statthaftigkeit eines Abänderungsantrags in Vornahmesachen selbst zutreffend ausführt. Gründe der Effektivität des Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) gebieten es nicht, eine Änderungsbefugnis auch bei ablehnenden Beschlüssen zuzulassen. Zwar erwachsen auch diese Beschlüsse – wie oben dargelegt – in formelle und materielle Rechtskraft, jedoch nur in eingeschränktem Maße. Ein wiederholter, auf dasselbe Rechtsschutzziel gerichteter Antrag im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist bei unveränderter Sach- und Rechtslage unzulässig (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 8. September 2010 – L 7 SO 3038/10 ER-B – juris, Rn. 5 m.w.N.; Keller, a.a.O., § 86b Rn. 45a m.w.N.). Sind Änderungen eingetreten, steht diese Rechtskraft eines ablehnenden Beschlusses mithin einem neuen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht entgegen; ein Abänderungsantrag ist nicht statthaft (Keller, a.a.O., § 86b Rn. 45). Für eine analoge Anwendung der Abänderungsbefugnis des § 86b Abs. 1 Satz 4 SGG auf ablehnende Beschlüsse nach § 86b Abs. 2 SGG besteht somit weder ein Bedürfnis noch ist für eine mangels planwidriger Regelungslücke Raum.
19 
Der Beschluss des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 27. September 2016 (L 5 KR 3441/16 ER-B), dessen Abänderung der Antragsteller vorliegend begehrt, hatte die Beschwerde gegen den eine einstweilige Anordnung auf Erteilung von Einzelfallbestätigungen ablehnenden Beschluss des SG vom 26. August 2016 zurückgewiesen. Ein zusprechender Beschluss, der Maßnahmen getroffen hätte, die einer Abänderung zugänglich wären, liegt mithin nicht vor.
20 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
21 
4. Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 11. Juli 2018 - L 4 KR 4901/17 ER

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 11. Juli 2018 - L 4 KR 4901/17 ER

Referenzen - Gesetze

Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 11. Juli 2018 - L 4 KR 4901/17 ER zitiert 16 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 177


Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 86b


(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag 1. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,2. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungskla

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 15 Ärztliche Behandlung, elektronische Gesundheitskarte


(1) Ärztliche oder zahnärztliche Behandlung wird von Ärzten oder Zahnärzten erbracht, soweit nicht in Modellvorhaben nach § 63 Abs. 3c etwas anderes bestimmt ist. Sind Hilfeleistungen anderer Personen erforderlich, dürfen sie nur erbracht werden, wen

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 67 Begriffsbestimmungen


(1) Die nachfolgenden Begriffsbestimmungen gelten ergänzend zu Artikel 4 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freie

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 291 Elektronische Gesundheitskarte


(1) Die Krankenkasse stellt für jeden Versicherten eine elektronische Gesundheitskarte aus. (2) Die elektronische Gesundheitskarte muss technisch geeignet sein,1.Authentifizierung, Verschlüsselung und elektronische Signatur barrierefrei zu ermögl

Zivilprozessordnung - ZPO | § 939 Aufhebung gegen Sicherheitsleistung


Nur unter besonderen Umständen kann die Aufhebung einer einstweiligen Verfügung gegen Sicherheitsleistung gestattet werden.

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 284 Sozialdaten bei den Krankenkassen


(1) Die Krankenkassen dürfen Sozialdaten für Zwecke der Krankenversicherung nur erheben und speichern, soweit diese für1.die Feststellung des Versicherungsverhältnisses und der Mitgliedschaft, einschließlich der für die Anbahnung eines Versicherungsv

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 84 Recht auf Berichtigung, Löschung, Einschränkung der Verarbeitung und Widerspruch


(1) Ist eine Löschung von Sozialdaten im Fall nicht automatisierter Datenverarbeitung wegen der besonderen Art der Speicherung nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich und ist das Interesse der betroffenen Person an der Löschung als

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 11. Juli 2018 - L 4 KR 4901/17 ER zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 11. Juli 2018 - L 4 KR 4901/17 ER zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 17. Okt. 2016 - 1 BvR 2183/16

bei uns veröffentlicht am 17.10.2016

Tenor Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde wird

Bundessozialgericht Urteil, 18. Nov. 2014 - B 1 KR 35/13 R

bei uns veröffentlicht am 18.11.2014

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 26. September 2013 wird zurückgewiesen.

Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 11. Okt. 2010 - L 7 SO 3392/10 ER-B

bei uns veröffentlicht am 11.10.2010

Tenor Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 10. Juni 2010 abgeändert. Der Antragsteller wird in Abänderung des Beschlusses vom 27. Januar 2010 (S 3 SO 31/10 ER) verpflichtet, dem Antragsgegner für d

Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 08. Sept. 2010 - L 7 SO 3038/10 ER-B

bei uns veröffentlicht am 08.09.2010

Tenor Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 15. Juni 2010 wird zurückgewiesen.Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfa

Referenzen

(1) Ärztliche oder zahnärztliche Behandlung wird von Ärzten oder Zahnärzten erbracht, soweit nicht in Modellvorhaben nach § 63 Abs. 3c etwas anderes bestimmt ist. Sind Hilfeleistungen anderer Personen erforderlich, dürfen sie nur erbracht werden, wenn sie vom Arzt (Zahnarzt) angeordnet und von ihm verantwortet werden.

(2) Versicherte, die ärztliche, zahnärztliche oder psychotherapeutische Behandlung in Anspruch nehmen, haben dem Arzt, Zahnarzt oder Psychotherapeuten vor Beginn der Behandlung ihre elektronische Gesundheitskarte zum Nachweis der Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen auszuhändigen. Ab dem 1. Januar 2024 kann der Versicherte den Nachweis nach Satz 1 auch durch eine digitale Identität nach § 291 Absatz 8 erbringen.

(3) Für die Inanspruchnahme anderer Leistungen stellt die Krankenkasse den Versicherten Berechtigungsscheine aus, soweit es zweckmäßig ist. Der Berechtigungsschein ist vor der Inanspruchnahme der Leistung dem Leistungserbringer auszuhändigen.

(4) In den Berechtigungsscheinen sind die Angaben nach § 291a Absatz 2 Nummer 1 bis 9 und 11, bei befristeter Gültigkeit das Datum des Fristablaufs, aufzunehmen. Weitere Angaben dürfen nicht aufgenommen werden.

(5) In dringenden Fällen kann die elektronische Gesundheitskarte oder der Berechtigungsschein nachgereicht werden.

(6) Jeder Versicherte erhält die elektronische Gesundheitskarte bei der erstmaligen Ausgabe und bei Beginn der Versicherung bei einer Krankenkasse sowie bei jeder weiteren, nicht vom Versicherten verschuldeten erneuten Ausgabe gebührenfrei. Die Krankenkassen haben einem Missbrauch der Karten durch geeignete Maßnahmen entgegenzuwirken. Muß die Karte auf Grund von vom Versicherten verschuldeten Gründen neu ausgestellt werden, kann eine Gebühr von 5 Euro erhoben werden; diese Gebühr ist auch von den nach § 10 Versicherten zu zahlen. Satz 3 gilt entsprechend, wenn die Karte aus vom Versicherten verschuldeten Gründen nicht ausgestellt werden kann und von der Krankenkasse eine zur Überbrückung von Übergangszeiten befristete Ersatzbescheinigung zum Nachweis der Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen ausgestellt wird. Die wiederholte Ausstellung einer Bescheinigung nach Satz 4 kommt nur in Betracht, wenn der Versicherte bei der Ausstellung der elektronischen Gesundheitskarte mitwirkt; hierauf ist der Versicherte bei der erstmaligen Ausstellung einer Ersatzbescheinigung hinzuweisen. Die Krankenkasse kann die Aushändigung der elektronischen Gesundheitskarte vom Vorliegen der Meldung nach § 10 Abs. 6 abhängig machen.

(1) Ist eine Löschung von Sozialdaten im Fall nicht automatisierter Datenverarbeitung wegen der besonderen Art der Speicherung nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich und ist das Interesse der betroffenen Person an der Löschung als gering anzusehen, besteht das Recht der betroffenen Person auf und die Pflicht des Verantwortlichen zur Löschung von Sozialdaten gemäß Artikel 17 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 ergänzend zu den in Artikel 17 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Ausnahmen nicht. In diesem Fall tritt an die Stelle einer Löschung die Einschränkung der Verarbeitung gemäß Artikel 18 der Verordnung (EU) 2016/679. Die Sätze 1 und 2 finden keine Anwendung, wenn die Sozialdaten unrechtmäßig verarbeitet wurden.

(2) Wird die Richtigkeit von Sozialdaten von der betroffenen Person bestritten und lässt sich weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit der Daten feststellen, gilt ergänzend zu Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2016/679, dass dies keine Einschränkung der Verarbeitung bewirkt, soweit es um die Erfüllung sozialer Aufgaben geht; die ungeklärte Sachlage ist in geeigneter Weise festzuhalten. Die bestrittenen Daten dürfen nur mit einem Hinweis hierauf verarbeitet werden.

(3) Ergänzend zu Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe b und c der Verordnung (EU) 2016/679 gilt Absatz 1 Satz 1 und 2 entsprechend im Fall des Artikels 17 Absatz 1 Buchstabe a und d der Verordnung (EU) 2016/679, solange und soweit der Verantwortliche Grund zu der Annahme hat, dass durch eine Löschung schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt würden. Der Verantwortliche unterrichtet die betroffene Person über die Einschränkung der Verarbeitung, sofern sich die Unterrichtung nicht als unmöglich erweist oder einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde.

(4) Sind Sozialdaten für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig, gilt ergänzend zu Artikel 17 Absatz 3 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2016/679 Absatz 1 entsprechend, wenn einer Löschung satzungsmäßige oder vertragliche Aufbewahrungsfristen entgegenstehen.

(5) Das Recht auf Widerspruch gemäß Artikel 21 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 gegenüber einer öffentlichen Stelle besteht nicht, soweit an der Verarbeitung ein zwingendes öffentliches Interesse besteht, das die Interessen der betroffenen Person überwiegt, oder eine Rechtsvorschrift zur Verarbeitung von Sozialdaten verpflichtet.

(6) § 71 Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt.

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenstandslos (§ 40 Abs. 3 GOBVerfG).

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie unzulässig ist (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Sie wird dem Grundsatz der materiellen Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (§ 90 Abs. 2 BVerfGG) nicht gerecht, weil sich der Beschwerdeführer in der Sache nicht gegen die Einführung der "elektronischen Gesundheitskarte" mit Lichtbild, sondern gegen die Speicherung und weitere Verwendung des zu diesem Zwecke zu übersendenden Lichtbilds durch seine Krankenkasse wendet. Hierbei handelt es sich jedoch um einen gesondert angreifbaren Vorgang, der mit der Anforderung des Lichtbilds zum Zweck der erstmaligen Ausstellung der elektronischen Gesundheitskarte nicht zwingend verbunden und gerechtfertigt ist (vgl. BSG, Urteil vom 18. November 2014 - B 1 KR 35/13 R -, BSGE 117, 224, juris, Rn. 31). Es ist dem Beschwerdeführer daher zuzumuten, zunächst durch Übersendung eines Lichtbilds an der Ausstellung der elektronischen Gesundheitskarte mitzuwirken und gegebenenfalls nach deren Ausstellung Ansprüche auf Löschung beziehungsweise Sperrung des Lichtbilds vor den Fachgerichten geltend zu machen (§ 84 SGB X).

2

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Ärztliche oder zahnärztliche Behandlung wird von Ärzten oder Zahnärzten erbracht, soweit nicht in Modellvorhaben nach § 63 Abs. 3c etwas anderes bestimmt ist. Sind Hilfeleistungen anderer Personen erforderlich, dürfen sie nur erbracht werden, wenn sie vom Arzt (Zahnarzt) angeordnet und von ihm verantwortet werden.

(2) Versicherte, die ärztliche, zahnärztliche oder psychotherapeutische Behandlung in Anspruch nehmen, haben dem Arzt, Zahnarzt oder Psychotherapeuten vor Beginn der Behandlung ihre elektronische Gesundheitskarte zum Nachweis der Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen auszuhändigen. Ab dem 1. Januar 2024 kann der Versicherte den Nachweis nach Satz 1 auch durch eine digitale Identität nach § 291 Absatz 8 erbringen.

(3) Für die Inanspruchnahme anderer Leistungen stellt die Krankenkasse den Versicherten Berechtigungsscheine aus, soweit es zweckmäßig ist. Der Berechtigungsschein ist vor der Inanspruchnahme der Leistung dem Leistungserbringer auszuhändigen.

(4) In den Berechtigungsscheinen sind die Angaben nach § 291a Absatz 2 Nummer 1 bis 9 und 11, bei befristeter Gültigkeit das Datum des Fristablaufs, aufzunehmen. Weitere Angaben dürfen nicht aufgenommen werden.

(5) In dringenden Fällen kann die elektronische Gesundheitskarte oder der Berechtigungsschein nachgereicht werden.

(6) Jeder Versicherte erhält die elektronische Gesundheitskarte bei der erstmaligen Ausgabe und bei Beginn der Versicherung bei einer Krankenkasse sowie bei jeder weiteren, nicht vom Versicherten verschuldeten erneuten Ausgabe gebührenfrei. Die Krankenkassen haben einem Missbrauch der Karten durch geeignete Maßnahmen entgegenzuwirken. Muß die Karte auf Grund von vom Versicherten verschuldeten Gründen neu ausgestellt werden, kann eine Gebühr von 5 Euro erhoben werden; diese Gebühr ist auch von den nach § 10 Versicherten zu zahlen. Satz 3 gilt entsprechend, wenn die Karte aus vom Versicherten verschuldeten Gründen nicht ausgestellt werden kann und von der Krankenkasse eine zur Überbrückung von Übergangszeiten befristete Ersatzbescheinigung zum Nachweis der Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen ausgestellt wird. Die wiederholte Ausstellung einer Bescheinigung nach Satz 4 kommt nur in Betracht, wenn der Versicherte bei der Ausstellung der elektronischen Gesundheitskarte mitwirkt; hierauf ist der Versicherte bei der erstmaligen Ausstellung einer Ersatzbescheinigung hinzuweisen. Die Krankenkasse kann die Aushändigung der elektronischen Gesundheitskarte vom Vorliegen der Meldung nach § 10 Abs. 6 abhängig machen.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 26. September 2013 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Obliegenheit, die Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen mittels elektronischer Gesundheitskarte (eGK) nachzuweisen.

2

Der bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Kläger lehnte es ab, der Beklagten ein Lichtbild zur Herstellung seiner eGK zu überlassen. Er sehe sich zu Unrecht gezwungen, künftig mittels eGK seine Berechtigung zur Inanspruchnahme vertrags(zahn)ärztlicher Leistungen nachzuweisen und einen online erfolgenden Abgleich der Versichertenstammdaten dulden zu müssen. Die Beklagte forderte ihn vergeblich auf, ein Lichtbild bis zum 25.6.2012 zur Verfügung zu stellen. Andernfalls erhalte er eine eGK ohne Lichtbild. Der Kläger ist mit seinem Begehren, ihm eine andere Möglichkeit als eine eGK zum Nachweis seiner Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen als Versicherter zu eröffnen, im Verwaltungsverfahren (Bescheid vom 22.5.2012; Widerspruchsbescheid vom 28.8.2012), beim SG (Urteil vom 23.1.2013) und beim LSG erfolglos geblieben: Das Nachweiserfordernis der Berechtigung mittels eGK stehe in Einklang mit den datenschutzrechtlichen Regelungen und verletzte nicht sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Die Speicherung medizinischer Daten sei nicht obligatorisch. Die zukünftigen Online-Funktionalitäten seien datenschutzrechtlich unbedenklich, weil sie gesetzesgestützt der Verbesserung des Datenschutzes, der Missbrauchsbekämpfung und der Wirtschaftlichkeit dienten (Urteil vom 26.9.2013).

3

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 67 Abs 1 SGB X und des § 291a SGB V. Es sei zur Erfüllung der Aufgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht erforderlich, die Erhebung, Speicherung und Verwendung von Daten mit der eGK abweichend von der bisherigen Krankenversichertenkarte vorzunehmen. Zudem befinde sich die Telematikinfrastruktur noch in der Erprobung. Die Datensicherheit sei bislang nicht gewährleistet. Insgesamt sei das Risiko missbräuchlicher Datenverwendung durch Dritte zu groß.

4

Der Kläger beantragt,
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 26. September 2013 und des Sozialgerichts Kassel vom 23. Januar 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. Mai 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. August 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger den Nachweis seiner Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen durch ein anderes, für die Dauer des Versicherungsverhältnisses geltendes Nachweisdokument als die elektronische Gesundheitskarte ohne Lichtbild und ohne Chip zu ermöglichen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das LSG hat zu Recht seine Berufung gegen das SG-Urteil zurückgewiesen. Die vom Kläger erhobene Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist zulässig (dazu 1.), aber unbegründet (dazu 2.).

8

1. Der Kläger begehrt nicht nur die Aufhebung der Ablehnung, ihm eine andere Möglichkeit als die eGK zum Nachweis seiner Berechtigung als Versicherter zu eröffnen (Bescheid vom 22.5.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.8.2012). Vielmehr will er darüber hinaus erreichen, dass die Beklagte verpflichtet wird, ihm einen Weg zu eröffnen, auf dem er in gleicher Weise wie bisher seine Berechtigung zur Inanspruchnahme von vertragsärztlichen Leistungen nachweisen kann, welche auch die Abrechnung der KKn mit den Leistungserbringern ermöglichen darf (vgl § 15 Abs 2 SGB V, § 291 Abs 1 S 3 SGB V), ohne dabei die eGK nach § 291a SGB V(idF durch Art 4 Nr 8 Gesetz zur Einführung eines pauschalierenden Entgeltsystems für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen vom 21.7.2012, BGBl I 1613) verwenden und einen online erfolgenden Abgleich von Versichertenstammdaten dulden zu müssen.

9

Hingegen begehrt der Kläger nicht die Verschaffung konkreter Sachleistungen. Ausgehend von seinem gegen das Lichtbild und die Telematikfunktionalitäten der eGK gerichteten Rechtsschutzbegehren wendet sich der Kläger nicht gegen die Obliegenheit, einen Berechtigungsnachweis entsprechend den bisher, vor Einführung der eGK bestehenden Regelungen führen zu müssen. Hierzu bestimmt § 291 Abs 2 S 1 SGB V(idF durch Art 1 Nr 9 nach Maßgabe des Art 2 § 3 Gesetz zur Einführung des Wohnortprinzips bei Honorarvereinbarungen für Ärzte und Zahnärzte vom 11.12.2001, BGBl I 3526 mWv 1.1.2002): Die Krankenversichertenkarte enthält neben der Unterschrift des Versicherten in einer für eine maschinelle Übertragung auf die für die kassenärztliche Versorgung vorgesehenen Abrechnungsunterlagen und Vordrucke (§ 295 Abs 3 Nr 1 und 2 SGB V) geeigneten Form ausschließlich folgende Angaben: 1. Bezeichnung der ausstellenden KK, einschließlich eines Kennzeichens für die Kassenärztliche Vereinigung, in deren Bezirk das Mitglied seinen Wohnsitz hat, 2. Familienname und Vorname des Versicherten, 3. Geburtsdatum, 4. Anschrift, 5. Krankenversichertennummer, 6. Versichertenstatus, für Versichertengruppen nach § 267 Abs 2 S 4 SGB V in einer verschlüsselten Form, 7. Tag des Beginns des Versicherungsschutzes, 8. bei befristeter Gültigkeit der Karte das Datum des Fristablaufs.

10

Der Kläger greift auch nicht die Mitwirkungsobliegenheit für die Herstellung weiterer Berechtigungsscheine an. Ergänzend zu den Regelungen der eGK bestimmt § 15 Abs 4 S 1 SGB V im Hinblick auf die in § 15 Abs 3 SGB V geregelte Befugnis der KKn, auch in anderen Fällen ihren Versicherten Berechtigungsscheine auszustellen(vgl dazu Begründung eines Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung der Fraktionen SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks 15/1525 S 82), dass in den Berechtigungsscheinen die Angaben nach § 291 Abs 2 S 1 Nr 1 bis 9 SGB V und bei befristeter Gültigkeit das Datum des Fristablaufs aufzunehmen sind. § 15 Abs 4 S 2 SGB V regelt für die Berechtigungsscheine zudem ausdrücklich, dass weitere Angaben nicht aufgenommen werden dürfen.

11

Die Klage zielt schließlich nicht gegen den lediglich auf der Rückseite der eGK aufgedruckten Berechtigungsnachweis (bloßer Sichtausweis) zur Inanspruchnahme von Leistungen in einem Mitgliedstaat der EU, einem Vertragsstaat des EWR oder der Schweiz (§ 291a Abs 2 S 1 Nr 2 SGB V; Europäische Krankenversicherungskarte ; zu den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben vgl Beschlüsse der Verwaltungskommission für die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit Nr S1 vom 12.6.2009 betreffend die europäische Krankenversicherungskarte <2010/C 106/08>, ABl 2010 C 106/23 vom 24.10.2010, und Nr S2 vom 12.6.2009 betreffend die technischen Merkmale der europäischen Krankenversicherungskarte <2010/C 106/09>, ABl 2010 C 106/26 vom 24.10.2010).

12

Der Kläger hat für sein Begehren ein Rechtsschutzbedürfnis. Dies ermöglicht im Interesse effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) die gebotene fachgerichtliche Kontrolle der Rechtsanwendung der Beklagten. Denn der Kläger sieht sich durch das Erfordernis der Verwendung einer eGK mit ihren weiteren Angaben zur Person, den deutlich erweiterten technischen Möglichkeiten und dem Lichtbilderfordernis in seinen Rechten verletzt. Er ist lediglich bereit, die - ebenfalls mit einem Chip versehene - Krankenversichertenkarte in ihrer bisherigen Gestalt vor Einführung der eGK oder ein gleichwertiges Pendant als Berechtigungsnachweis und zur Abrechnung von Leistungen zu verwenden.

13

Es ist mit Blick auf die angegriffene ablehnende Entscheidung der Beklagten unerheblich, dass sie dem Kläger im März 2014 eine eGK ohne Lichtbild übersandte, ihm auch nicht die Verpflichtung auferlegte, ein Lichtbild zu übergeben oder zumindest die Möglichkeit seiner Herstellung zu eröffnen, und dass die nach § 291a SGB V im Rahmen der Telematikinfrastruktur vorgesehenen Funktionalitäten der eGK noch weiterer technischer Umsetzungsschritte bedürfen(vgl zu den Umsetzungserfordernissen unten, II. 2. d).

14

2. Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte lehnte es rechtmäßig ab, den Kläger mit einem anderen Berechtigungsnachweis als der eGK auszustatten. Die datenschutzrechtlichen Regelungen des SGB V sind anwendbar. Sie gehen den allgemeinen Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) vor (dazu a). Den Kläger trifft kraft Gesetzes die Obliegenheit, die eGK in ihrer gesetzlichen Ausgestaltung, erweitert um die Angaben des Geschlechts und Zuzahlungsstatus, bei Inanspruchnahme vertragsärztlicher Leistungen vor Beginn der Behandlung zum Nachweis seiner Berechtigung dem Vertrags(zahn)arzt auszuhändigen (vgl § 15 Abs 2 SGB V idF durch Art 1 Nr 5 Buchst a GMG vom 14.11.2003, BGBl I 2190; § 291 Abs 2 S 1 SGB V nF = insgesamt idF durch Art 1 Nr 5a Gesetz zur Änderung krankenversicherungsrechtlicher und anderer Vorschriften vom 24.7.2010, BGBl I 983). Die Nachweisobliegenheit bezweckt neben der Missbrauchsabwehr, die Abrechnung von Leistungen (§ 291 Abs 1 S 3 SGB V) und die Übermittlung ärztlicher Verordnungen (§ 291a Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V) zu ermöglichen. Die Karte lässt rechtlich auch den online erfolgenden Abgleich von Versichertenstammdaten zu (§ 291 Abs 2b SGB V). Der Kläger hat nach der Gesetzeslage keinen Anspruch auf die von ihm gewünschten Ausnahmen (dazu b). Die betroffenen Regelungen der §§ 15, 291, 291a SGB V stehen mit höherrangigem Recht in Einklang(dazu c). Die vom Kläger - neben dem Datenzugriffsschutz - bestrittene Datensicherheit im Sinne des Datennutzungs- und -zugangsschutzes (vgl zu dieser Kategorisierung Ronellenfitsch in Festschrift Udo Steiner - Nach geltendem Verfassungsrecht - 2009, S 644, 645) ist auch an dem durch das GG gewährleisteten Grundrechtsschutz zu messen. Insoweit fehlt es aber an einer hinreichend verfestigten Telematikinfrastruktur als Prüfungsgegenstand eines Grundrechtseingriffs (dazu d).

15

a) Die Regelungen der §§ 15, 291, 291a SGB V über die Obliegenheit der Versicherten, die eGK bei Inanspruchnahme vertragsärztlicher Leistungen vor Beginn der Behandlung zum Berechtigungsnachweis dem Vertrags(zahn)arzt auszuhändigen, sind mit Vorrang vor dem BDSG anwendbar. SGB I, SGB X und SGB V regeln den Schutz von Sozialdaten grundsätzlich gleichrangig vorbehaltlich ausdrücklich davon abweichender spezialgesetzlicher Kollisionsregeln (vgl BSGE 107, 86 = SozR 4-1300 § 83 Nr 1, RdNr 20 und LS 1). Eine Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Sozialdaten ist nur unter den Voraussetzungen des Zweiten Kapitels des SGB X zulässig (§ 35 Abs 2 SGB I). Die datenschutzrechtlichen Regelungen im SGB X sind als "Verbotsnorm mit Erlaubnisvorbehalt" ausgestaltet, wie es den grundrechtlichen Vorgaben entspricht (vgl Bieresborn in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 67b RdNr 3; Rombach in Hauck/Noftz, SGB X, Stand Juni 2014, § 67a RdNr 3 und § 67d RdNr 25 f; kritisch in Bezug auf die Terminologie Sokol in Simitis, BDSG, 7. Aufl 2011, § 4 RdNr 3). Die datenschutzrechtlichen Regelungen des SGB X verweisen ua auf die bereichsspezifischen Datenschutzregelungen des SGB V. Nach § 67a Abs 1 S 1 SGB X ist das Erheben von Sozialdaten durch in § 35 SGB I genannte Stellen zulässig, wenn ihre Kenntnis zur Erfüllung einer Aufgabe der erhebenden Stelle nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist. § 67b Abs 1 S 1 SGB X erlaubt die Verarbeitung und Nutzung von Sozialdaten ua nur, soweit die datenschutzrechtlichen Vorschriften des SGB X oder eine andere Vorschrift des SGB es erlauben oder anordnen. Zu den anderen Vorschriften des SGB zählen auch die hier einschlägigen datenschutzrechtlichen Regelungen des SGB V, insbesondere die §§ 15, 291, 291a SGB V. Sie kategorisieren nach dem Regelungskonzept des Gesetzgebers den für die eGK erforderlichen Datenschutz nach Pflichtangaben, Pflichtanwendungen sowie einwilligungsabhängigen freiwilligen Angaben und Anwendungen und gestalten ihn ebenfalls als "Verbotsnorm mit Erlaubnisvorbehalt" aus. Hierbei dürfen die KKn Sozialdaten für Zwecke der Krankenversicherung erheben und speichern, soweit diese für die Ausstellung der elektronischen Gesundheitskarte erforderlich sind (vgl § 284 Abs 1 S 1 SGB V idF durch Art 1 Nr 159 Buchst a GMG vom 14.11.2003, BGBl I 2190).

16

Die anzuwendenden Datenschutzregelungen des SGB (§ 35 SGB I; §§ 67 ff SGB X iVm §§ 15, 291, 291a SGB V) gehen den Regelungen des BDSG vor. Sie sind bereichsspezifisches Datenschutzrecht bezogen auf den Geltungsbereich des SGB iS von § 1 Abs 3 S 1 BDSG. Die Vorschriften des BDSG sind dagegen nur nachrangig und subsidiär heranzuziehen, soweit das SGB nicht hierauf verweist (vgl BSGE 107, 86 = SozR 4-1300 § 83 Nr 1, RdNr 22 mwN zum Verhältnis von SGB I, SGB V, SGB X und BDSG; BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2, RdNr 18, 33 ff mwN).

17

b) Die gesetzlichen Regelungen des SGB V erlegen dem Kläger die Obliegenheit auf, an der Herstellung der eGK mit Lichtbild und den beiden zusätzlichen Angaben (Geschlecht und Zuzahlungsstatus, § 291 Abs 2 S 1 Nr 4 und 8 SGB V nF) mitzuwirken und diese zu verwenden, um seine Berechtigung zur Inanspruchnahme vertrags(zahn)ärztlicher Versorgung nachzuweisen und damit zugleich Abrechnungen der Leistungserbringer, den online erfolgenden Abgleich von Versichertenstammdaten und die Übermittlung ärztlicher Verordnungen zu ermöglichen. Weist ein Versicherter seine Berechtigung nicht mittels eGK nach, muss er den sich daraus ergebenden Nachteil hinnehmen: Er kann sich dort keine Sachleistungen verschaffen, wo die eGK zum Nachweis der Berechtigung und zur Ermöglichung von Verschaffungsvorgängen erforderlich ist. Rechtsgrundlage dieser Obliegenheit sind die Regelungen der §§ 15, 291, 291a SGB V(vgl dazu aa). Keine Obliegenheit betrifft demgegenüber die Erweiterung der eGK um fakultative Angaben (dazu bb).

18

aa) Nach § 15 Abs 2 SGB V haben Versicherte, die ärztliche oder zahnärztliche Behandlung in Anspruch nehmen, dem Arzt (Zahnarzt) vor Beginn der Behandlung ihre Krankenversichertenkarte zum Nachweis der Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen(§ 291 Abs 2 S 1 Nr 1 bis 10 SGB V) oder, soweit sie noch nicht eingeführt ist, einen Krankenschein auszuhändigen. Damit übereinstimmend ordnet § 291 Abs 1 S 3 SGB V an, dass die Krankenversichertenkarte vorbehaltlich § 291a SGB V nur für den Nachweis der Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung sowie für die Abrechnung mit den Leistungserbringern verwendet werden darf. Das Lichtbilderfordernis für die Krankenversichertenkarte besteht seit 1.1.2006: Die "Erweiterung der Krankenversichertenkarte um das Lichtbild" hat nämlich "spätestens bis zum 1. Januar 2006 zu erfolgen; Versicherte bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres sowie Versicherte, deren Mitwirkung bei der Erstellung des Lichtbildes nicht möglich ist, erhalten eine Krankenversichertenkarte ohne Lichtbild" (§ 291 Abs 2 S 1 Teils 2 und 3 SGB V). Es ändert am eindeutigen Normbefehl nichts, dass der Gesetzgeber davon ausging, dass die gesetzlich angeordneten Änderungen der Krankenversichertenkarte zeitgleich mit der nach § 291 Abs 2a S 1 SGB V für den 1.1.2006 vorgesehenen, aber nicht realisierten Einführung der eGK zusammenfallen würden (vgl Begründung des Gesetzentwurfs eines GMG der Fraktionen SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks 15/1525 S 144; aA Bales/von Schwanenflügel, NJW 2012, 2475, 2477, mit unzutreffendem Hinweis auf BT-Drucks 15/1525 S 144).

19

Die Ausnahmebestimmungen über eine eGK ohne Lichtbild (vgl zum Ausnahmecharakter auch Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BR-Drucks 676/04 S 53, Zu Nummer 17 <§ 291>)greifen nicht zu Gunsten des Klägers ein, wie er auch selbst nicht verkennt. Es entspricht dem Zweck der Regelung des § 291 Abs 2 S 1 SGB V, die zwingenden Angaben auf der Krankenversichertenkarte abschließend festzulegen. Der Kläger erfüllt keine der abschließend geregelten Voraussetzungen der Ausnahmen vom Lichtbilderfordernis. Die Beklagte hätte dem Kläger keine eGK ohne Lichtbild zur Verfügung stellen dürfen (vgl allgemein zur Voraussetzung der Lichtbildübermittlung für die Ausstellung der eGK auch Bales/von Schwanenflügel, NJW 2012, 2475, 2477). Zugleich verstieß die Beklagte gegen § 15 Abs 6 S 2 SGB V, der sie verpflichtet, einem Missbrauch der Karten durch geeignete Maßnahmen entgegenzuwirken.

20

Die Obliegenheit des Klägers erstreckt sich auf die weiteren obligatorischen Angaben und Funktionalitäten der eGK, die er mit seiner Klage angreift. § 291a Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V enthält die von ihm angegriffenen obligatorischen Angaben: "Die eGK hat die Angaben nach § 291 Abs 2 SGB V zu enthalten und muss geeignet sein, Angaben aufzunehmen für 1. die Übermittlung ärztlicher Verordnungen in elektronischer und maschinell verwertbarer Form …". Dass es hierbei um obligatorische Angaben geht, folgt aus der Entstehungsgeschichte und dem Regelungssystem des Gesetzes. Schon die Gesetzesmaterialien weisen hierauf hin (vgl Begründung des Gesetzentwurfs eines GMG der Fraktionen SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks 15/1525 S 144). Zudem sieht lediglich § 291a Abs 3 S 4 SGB V einen Einwilligungsvorbehalt vor. Hiernach dürfen Zugriffsberechtigte nach § 291a Abs 4 S 1 und Abs 5a S 1 SGB V mit dem Erheben, Verarbeiten und Nutzen von Daten der Versicherten nach § 291a Abs 3 S 1 SGB V erst beginnen, wenn die Versicherten gegenüber einem zugriffsberechtigten Arzt, Zahnarzt, Psychotherapeuten oder Apotheker dazu ihre Einwilligung erklärt haben. Im Umkehrschluss gilt dies nicht für die ärztliche Verordnung (§ 291a Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V). Ferner bestimmt § 291a Abs 5 S 1 SGB V, dass das Erheben, Verarbeiten und Nutzen von Daten mittels der eGK in den Fällen des § 291a Abs 3 S 1 SGB V nur mit dem Einverständnis der Versicherten zulässig ist; Abs 5 regelt in seinen weiteren Sätzen technische Aspekte. § 291a SGB V sieht hingegen für die Angaben und Funktionalitäten nach § 291a Abs 2 S 1 SGB V (Pflichtanwendungen) keinen Einwilligungsvorbehalt Versicherter vor. Die Erhebungs- und Verarbeitungsprozesse laufen auf gesetzlicher Grundlage ohne die Notwendigkeit einer Einwilligung der Versicherten ab (ebenso Bales/Dierks/Holland/Müller, Die elektronische Gesundheitskarte, 2007, B I, § 291a RdNr 12). Auch ist eine technische Autorisierung durch die Versicherten nicht vorgesehen. § 291a Abs 6 S 1 und 2 SGB V eröffnet dem Versicherten lediglich die Möglichkeit, das Löschen der Daten nach § 291a Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V (ärztliche Verordnungen) zu verlangen oder eigenständig vorzunehmen(vgl § 291a Abs 6 S 2 SGB V, eingefügt durch Art 2 Nr 1 Buchst f Gesetz zur Regelung der Entscheidungslösung im Transplantationsgesetz vom 12.7.2012, BGBl I 1504 mWv 1.11.2012). Die Verarbeitung und Nutzung der Daten für Zwecke der Abrechnung bleiben davon unberührt (vgl auch Bales/Dierks/Holland/Müller, Die elektronische Gesundheitskarte, 2007, B I, § 291a RdNr 122 ff).

21

Schließlich muss der Kläger - von ihm angegriffen - nach der Gesetzeslage dulden, dass die Beklagte als KK verpflichtet ist, Dienste anzubieten, mit denen die Leistungserbringer die Gültigkeit und die Aktualität der Versichertenstammdaten (Daten nach § 291 Abs 1 und 2 SGB V, nicht dagegen nach § 291a SGB V)bei den KKn online überprüfen und auf der eGK aktualisieren können. Die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte, Einrichtungen und Zahnärzte prüfen bei der erstmaligen Inanspruchnahme ihrer Leistungen durch einen Versicherten im Quartal die Leistungspflicht der KK durch Nutzung der Dienste. Dazu ermöglichen sie den Online-Abgleich und die -Aktualisierung der auf der eGK gespeicherten Daten nach § 291 Abs 1 und 2 SGB V mit den bei der KK vorliegenden aktuellen Daten. Die Prüfungspflicht besteht ab dem Zeitpunkt, ab dem die Dienste nach § 291 Abs 2b S 1 SGB V sowie die Anbindung an die Telematikinfrastruktur zur Verfügung stehen und die Vereinbarungen nach § 291a Abs 7a und 7b SGB V geschlossen sind. § 15 Abs 5 SGB V ist entsprechend anzuwenden(Online-Versichertenstammdatendienst oder Versichertenstammdatenmanagement - VSDM -, vgl § 291 Abs 2b S 1 und 2 bis 6 SGB V idF durch Art 1 Nr 5a Gesetz zur Änderung krankenversicherungsrechtlicher und anderer Vorschriften vom 24.7.2010, BGBl I 983; zur Begründung der vom Ausschuss für Gesundheit vorgeschlagenen Fassung vgl BT-Drucks 17/2170 S 38 f).

22

bb) Keine Obliegenheit trifft demgegenüber den Kläger hinsichtlich der von ihm ebenfalls angegriffenen fakultativen Angaben (§ 291a Abs 3 S 1 Halbs 1 SGB V): "Über Absatz 2 hinaus muss die Gesundheitskarte geeignet sein, folgende Anwendungen zu unterstützen, insbesondere das Erheben, Verarbeiten und Nutzen von 1. medizinischen Daten, soweit sie für die Notfallversorgung erforderlich sind, 2. Befunden, Diagnosen, Therapieempfehlungen sowie Behandlungsberichten in elektronischer und maschinell verwertbarer Form für eine einrichtungsübergreifende, fallbezogene Kooperation (elektronischer Arztbrief), 3. Daten zur Prüfung der Arzneimitteltherapiesicherheit, 4. Daten über Befunde, Diagnosen, Therapiemaßnahmen, Behandlungsberichte sowie Impfungen für eine fall- und einrichtungsübergreifende Dokumentation über den Patienten (elektronische Patientenakte), 5. durch von Versicherten selbst oder für sie zur Verfügung gestellte Daten, 6. Daten über in Anspruch genommene Leistungen und deren vorläufige Kosten für die Versicherten (§ 305 Abs 2 SGB V), 7. Erklärungen der Versicherten zur Organ- und Gewebespende, 8. Hinweisen der Versicherten auf das Vorhandensein und den Aufbewahrungsort von Erklärungen zur Organ- und Gewebespende sowie 9. Hinweisen der Versicherten auf das Vorhandensein und den Aufbewahrungsort von Vorsorgevollmachten oder Patientenverfügungen nach § 1901a BGB." Wie dargelegt ist das Erheben, Verarbeiten und Nutzen von Daten mittels der eGK in diesen Fällen nur mit dem Einverständnis des Klägers zulässig. Er hat hiermit nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG und seinem Vorbringen kein Einverständnis erklärt. Dafür, dass trotz Fehlens seines Einverständnisses mit seiner eGK fakultative Daten erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, ist nichts ersichtlich. Eine Rechtsverletzung des Klägers ist diesbezüglich ausgeschlossen, eine verfassungsrechtliche Überprüfung erübrigt sich. Selbst wenn bei fehlender Einwilligung im Einzelfall medizinische Daten rechtswidrig gespeichert würden, könnten Ärzte oder Dritte hiervon weitgehend keinen Gebrauch machen. Denn die eGK ist technisch so zu gestalten, dass der Zugriff auf Angaben nach § 291a Abs 3 S 1 Halbs 1 Nr 2 bis 6 SGB V nur durch Autorisierung der Versicherten möglich ist(§ 291a Abs 5 S 2 SGB V). Im Falle der Notfallversorgungsdaten (§ 291a Abs 3 S 1 Halbs 1 Nr 1 SGB V) ist immerhin der Zugriff nur über eine sichere Authentifizierungsmöglichkeit mit qualifizierter elektronischer Signatur und nachfolgender Protokollierung möglich. Eine drohende Beeinträchtigung des Klägers ist auch auf tatsächlicher Ebene insoweit nicht ersichtlich.

23

c) Die aufgezeigten gesetzlichen Grundlagen stehen mit höherrangigem Recht in Einklang. Sie begründen zwar einen Eingriff in das Grundrecht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung als eine Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art 2 Abs 1 in Verbindung mit Art 1 Abs 1 GG), der aber gerechtfertigt ist. Hieraus erwächst kein Anspruch des Klägers auf Eröffnung eines Weges, in gleicher Weise wie vor Inkrafttreten des § 291 SGB V idF des GMG seine Berechtigung zur Inanspruchnahme von vertragsärztlichen Leistungen nachzuweisen und die Abrechnung der KKn mit den Leistungserbringern zu ermöglichen. Im Übrigen hat weder der Kläger vorgetragen noch ist sonst ersichtlich, dass die gesetzlichen Regelungen Europäisches Datenschutzrecht verletzen (vgl dazu Art 7 Buchst e und Art 8 Abs 1 und 3 Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24.10.1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr, ABl 1995 L 281/31 vom 23.11.1995, idF durch Verordnung Nr 1882/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.9.2003, ABl 2003 L 284/1 vom 31.10.2003 S 1; vgl insgesamt zum europäischen Datenschutzrecht und insbesondere zur RL 95/46/EG Schneider in Wolff/Brink, Datenschutzrecht, 2013, Sys B).

24

Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gewährleistet die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen. Es umfasst den Schutz gegen die unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe persönlicher Daten (BVerfGE 65, 1, 43; 67, 100, 143). Mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung wäre es nicht vereinbar, wenn die Bürger nicht mehr wissen können, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über sie weiß (BVerfGE 65, 1, 43). Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist aber nicht uneingeschränkt und schrankenlos gewährleistet. Vielmehr sind Eingriffe in dieses Recht im überwiegenden Allgemeininteresse hinzunehmen und gerechtfertigt (BVerfGE 65, 1, 43 f); der Einzelne kann keine absolute, uneinschränkbare Herrschaft über ihn betreffende Daten beanspruchen, sondern ist eine sich innerhalb der sozialen Gemeinschaft entfaltende, auf Kommunikation angewiesene Persönlichkeit. Information, auch soweit sie personenbezogen ist, stellt ein Abbild sozialer Realität dar, die nicht ausschließlich dem Betroffenen allein zugeordnet werden kann. Die Beschränkung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung bedarf allerdings nach Art 2 Abs 1 GG einer verfassungsmäßigen gesetzlichen Grundlage, aus der sich die Voraussetzungen und der Umfang der Beschränkungen klar erkennbar ergeben und die dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entspricht (stRspr, vgl BVerfGE 65, 1, 43 f; BVerfGE 115, 320, 345; BVerfG SozR 4-1300 § 25 Nr 1 RdNr 20; BVerfG Beschluss vom 2.12.2014 - 1 BvR 3106/09 - Juris RdNr 30; s auch BSGE 98, 129 = SozR 4-2400 § 35a Nr 1, RdNr 20 ff). Bei den Regelungen hat der Gesetzgeber ferner den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten, weil Grundrechte vom Staat jeweils nur insoweit beschränkt werden dürfen, als es zum Schutz öffentlicher Interessen unerlässlich ist (BVerfGE 65, 1, 44 mwN; BSGE 98, 129 = SozR 4-2400 § 35a Nr 1, RdNr 23). Diesen Anforderungen genügt die gesetzliche Pflicht der KKn, die eGK herzustellen und im vom Kläger angegriffenen, zu überprüfenden Umfang zu nutzen.

25

aa) Wie oben dargelegt (vgl II. 2. b aa), regeln die §§ 15 Abs 2, 291 und 291a Abs 2 SGB V die angegriffenen Beschränkungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung einfachgesetzlich für die eGK. Hieraus ergeben sich Voraussetzungen und Umfang der Beschränkungen klar erkennbar. Die Regelungen entsprechen auch dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit. Es unterliegt keinem Zweifel, welche Angaben von wem zu welchem Zweck gespeichert, verwendet und verarbeitet werden dürfen. Die detaillierte Ausgestaltung der bereichsspezifischen Normen der §§ 291 f SGB V belegt, dass der Gesetzgeber im Falle der eGK dem Sozialdatenschutz in ganz besonderem Maße hohe Bedeutung beimisst(vgl Weichert, GesR 2005, 151, 152 f; ders in Pitschas, Regulierung des Gesundheitsrechts durch Telematikinfrastruktur - die elektronische Gesundheitskarte, 2009, S 38 f: " … dass die normativen Festlegungen zur eGK in § 291a … geradezu als vorbildlich bezeichnet werden können."; Ernestus in Bales/Dierks/Holland/Müller, Die elektronische Gesundheitskarte, 2007, G 5, S 294 ff, insbesondere RdNr 7; vgl allgemein zu bereichsspezifischen datenschutzrechtlichen Normen im SGB V BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2, RdNr 19 f).

26

bb) Die vom Kläger angegriffenen Beschränkungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung durch die Regelungen über die eGK sind durch überwiegende Allgemeininteressen gerechtfertigt. Denn sie sind zur Verhinderung von Missbrauch und zur Kosteneinsparung zwecks Erhalt der finanziellen Stabilität der GKV geeignet, erforderlich und angemessen.

27

(1) Das Aufbringen eines Lichtbildes, die Angabe des Geschlechts und der online erfolgende Abgleich der Versichertenstammdaten dienen dazu, die Aktualität und Zuordnung der Krankenversichertenkarte zum jeweiligen Karteninhaber zu überprüfen und dadurch Missbrauch zu verhindern (vgl Begründung des Gesetzentwurfs eines GMG der Fraktionen SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks 15/1525 S 143). Diese Maßnahmen sind evident geeignet, die Identifizierung einer Person, die vertrags(zahn)ärztliche Leistungen in Anspruch nehmen will, zu erleichtern und Nichtberechtigte vom Leistungsbezug auszuschließen. Der online auszuführende Versichertenstammdatendienst ermöglicht es, ungültige sowie als verloren oder gestohlen gemeldete Karten zu identifizieren (vgl Begründung des Ausschusses für Gesundheit BT-Drucks 17/2170 S 38). Zugleich trägt er dazu bei, die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung in der GKV zu verbessern (§ 2 Abs 4, § 12 Abs 1, § 72 Abs 2 SGB V). Denn er erlaubt, administrative Daten auf den Karten zu berichtigen. Der bisherige Austausch von Karten durch die KKn, der derzeit jährlich rund ein Viertel des Kartenbestandes der Krankenversichertenkarten betrifft, kann dadurch voraussichtlich in der Hälfte der Fälle entfallen (vgl Begründung des Ausschusses für Gesundheit BT-Drucks 17/2170 S 38).

28

Die elektronische ärztliche Verordnung soll die Wirtschaftlichkeit der GKV durch Vermeidung von Medienbrüchen in diesem Bereich erhöhen. Sie wird - neben dem Berechtigungsnachweis - nach Schaffung der Telematikinfrastruktur die Kernanwendung der eGK mit dem wohl größten kurzfristig erzielbaren Einspareffekt sein (vgl U. Kruse/B. Kruse in WzS 2006, 129, 133; s ferner Borchers, Die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte in das deutsche Gesundheitswesen, 2008, S 89). Die Speicherung des Zuzahlungsstatus ist für Realisierung der elektronischen ärztlichen Verordnung erforderlich, um eine sichere Übernahme von Zuzahlungsbefreiungen sicherzustellen. Der Gesetzgeber des GMG erwartete durch das Verhindern von unberechtigten Zuzahlungsbefreiungen geschätzte Einsparungen von 150 bis 250 Mio Euro (vgl Begründung des Gesetzentwurfs eines GMG der Fraktionen SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks 15/1525 S 143 f).

29

(2) Es ist für die vom Kläger angegriffenen Regelungen nicht ersichtlich, dass es andere gleich geeignete, weniger belastende Möglichkeiten gibt, um die Ziele des Gesetzgebers zu erreichen. So war die bisherige Krankenversichertenkarte ohne Lichtbild, Angabe des Geschlechts und Möglichkeit des Versichertenstammdatendienstes nur bedingt geeignet, einer missbräuchlichen Verwendung zu begegnen (zu Schadensschätzungen von 1 Mrd Euro pro Jahr, die auf vor mehr als zehn Jahren durchgeführten Untersuchungen der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern beruhen, vgl www.faz.net/aktuell/gesellschaft/kriminalitaet/chipkarten-abzocken-per-krankenkarte-1147791.html; www.welt.de/print-wams/article120100/Milliardenbetrug-mit-Chipkarten.html; www.aerzteblatt.de/archiv/39642/Gesetzliche-Krankenversicherung-Wandernde-Chipkarten; alle abgerufen am 11.11.2014). Sie wies ein erhebliches Missbrauchspotential auf (vgl Borchers, Die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte in das deutsche Gesundheitswesen, 2008, S 74; vgl zu einem Missbrauchssachverhalt auch BSGE 101, 33 = SozR 4-2500 § 109 Nr 9), das deutlich höher war als jenes der eGK. Soweit der Kläger darauf verweist, dass die bisherige Krankenversichertenkarte durch die Vorlage des Personalausweises flankiert werden könne, kann damit der erforderliche Austausch der Krankenversichertenkarte bei notwendiger Änderung der administrativen Daten (zB Änderung der Anschrift, Zuzahlungsstatus, Versichertenstatus) - anders als bei der eGK - ohnehin nicht vermieden werden. Im Übrigen sind zur Identitätsfeststellung berechtigte Behörden im Sinne des Personalausweisgesetzes (PAuswG) öffentliche Stellen, die befugt sind, zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben als hoheitliche Maßnahme die Identität von Personen festzustellen (§ 2 Abs 2 PAuswG). Die Vertrags(zahn)ärzte sind im Sinne dieser Vorschrift aber keine öffentlichen Stellen. Sie nehmen keine Aufgaben öffentlicher Verwaltung wahr und sind erst recht keine Amtsträger iS des § 11 Abs 1 Nr 2 Buchst c StGB(vgl BGH Beschluss vom 29.3.2012 - GSSt 2/11 - BGHSt 57, 202, RdNr 8 ff). Sie dürfen jedenfalls die regelhafte Vorlage des Personalausweises nicht verlangen. Unerheblich ist dagegen, ob sie in einem konkreten Verdachtsfall zum Ausschluss bzw zur Verhinderung eines Betrugs den Patienten um Vorlage seines Personalausweises bitten und im Weigerungsfall die Behandlung ablehnen können. Dies entspricht nicht der vom Gesetzgeber beabsichtigten regelhaften - gleichsam beiläufigen - Kontrolle bei Inanspruchnahme vertrags(zahn)ärztlicher Leistungen. Angesichts dessen liegt es im gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum, nicht die Vertrags(zahn)ärzte insoweit zu beleihen, sondern den GKV-systemkonformen Weg der eGK zu beschreiten.

30

Auch für die elektronische ärztliche Verordnung nebst Speicherung des Zuzahlungsstatus ist kein weniger belastender, ebenso effektiver Weg ersichtlich.

31

(3) Alle angegriffenen Maßnahmen sind auch bei Abwägung der Eingriffsschwere gegenüber dem Interesse der Allgemeinheit an der Zielverwirklichung angemessen. Das Lichtbilderfordernis, die Speicherung des Geschlechts sowie der Versichertenstammdatendienst beschränken die Versicherten in ihrem informationellen Selbstbestimmungsrecht nur relativ geringfügig. Die demgegenüber damit zu erwartenden Vorteile für die Missbrauchsabwehr und Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung wiegen dagegen schwer. Die nur vorübergehende Speicherung des Lichtbildes (vgl Bales/Dierks/Holland/Müller, Die elektronische Gesundheitskarte, 2007, B I § 291 RdNr 19 f, zur Speicherung einer eingescannten Unterschrift ebenda RdNr 21) ist den Versicherten zumutbar. Im Übrigen besitzen sie die alleinige Verfügungsgewalt über das auf der eGK aufgebrachte Lichtbild. Die mit diesen Funktionen zu erwartende Sicherung der finanziellen Stabilität der GKV ist ein überragend wichtiger Gemeinwohlbelang (vgl BVerfGE 114, 196, 248 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 139).

32

Auch die Einführung der elektronischen ärztlichen Verordnung nebst Erfassung des Zuzahlungsstatus sind gemeinsam als Mittel zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit im engeren Sinne verhältnismäßig. Rechtlich gewichtige anerkennenswerte Interessen der Versicherten, die elektronische ärztliche Verordnung als solche zu verhindern, bestehen nicht. Davon abzugrenzen ist die Frage der zukünftigen technischen Ausgestaltung. Dies ist jedoch nicht Prüfungsgegenstand dieses Rechtsstreits.

33

Der erkennende Senat vermag der Literaturauffassung nicht zu folgen, dass aus dem Zuzahlungsstatus auf gesundheitliche Probleme von erheblichem Umfang beim Versicherten geschlossen werden könne (Hornung, Die digitale Identität, 2005, S 279 f). Sie meint, deswegen dürfe der Zuzahlungsstatus als Gesundheitsdatum nicht frei auslesbar sein. Dies sei aber der Fall und genüge insofern nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Aufgrund der Funktion des Zuzahlungsstatus müssen die Leistungserbringer Kenntnis von dem Zuzahlungsstatus erlangen. Insoweit ist es unerheblich, ob dies durch einen Befreiungsnachweis in Papierform oder in elektronischer Form erfolgt. In beiden Fällen muss der Versicherte seinen Zuzahlungsstatus preisgeben, um in den Genuss der Befreiung bei der konkreten Versorgung zu gelangen. In beiden Fällen - wie auch bei der ärztlichen Verordnung (vgl Bales/Dierks/Holland/Müller, Die elektronische Gesundheitskarte, 2007, B I § 291 RdNr 14 f) - hat es der Versicherte in der Hand, ob und wem er die Kenntniserlangung ermöglichen will.

34

d) Soweit der Kläger die Datensicherheit bezweifelt, begründet dies keine Grundrechtsverletzung. Die Rechtsordnung schützt bereits die betroffenen Daten vor unbefugtem Zugriff Dritter und vor missbräuchlicher Nutzung. So regelt § 291a Abs 6 SGB V - wie dargelegt - neben der Löschung das Gebot technischer Vorkehrungen für Zwecke der Datenschutzkontrolle. Er gebietet, die Protokolldaten durch geeignete Vorkehrungen gegen zweckfremde Verwendung und sonstigen Missbrauch zu schützen (vgl § 291a Abs 6 S 5 SGB V). Das Gesetz erlegt - als institutionelle Sicherung - den einbezogenen Verbänden die Pflicht auf, die für die Einführung und Anwendung der eGK, insbesondere des elektronischen Rezeptes und der elektronischen Patientenakte, erforderliche interoperable und kompatible Informations-, Kommunikations- und Sicherheitsinfrastruktur (Telematikinfrastruktur) zu schaffen (vgl § 291a Abs 7 S 1 SGB V). Sie nehmen diese Aufgabe durch eine Gesellschaft für Telematik nach Maßgabe des § 291b SGB V wahr(vgl § 291a Abs 7 S 2 SGB V). Die Rechtsordnung stellt zudem unberechtigte Zugriffe auf die Sozialdaten auf der elektronischen Gesundheitskarte nach § 291a SGB V unter Strafe(§ 307b SGB V). Dies schützt zusammen mit dem Bußgeldtatbestand in § 307 Abs 1 SGB V das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Ungeachtet aller Vorkehrungen trifft den Gesetzgeber eine Beobachtungspflicht, um auf sich künftig zeigende Sicherheitslücken zu reagieren. Der Kläger macht aber selbst nicht geltend, dass die derzeit noch gar nicht voll entwickelte, über das Teststadium nicht hinausreichende Telematikinfrastruktur Sicherheitslücken zeigt. Der bisherige Stand der Einführung der eGK ("Basis-Rollout") geht - abgesehen vom Lichtbild und der Angabe des Geschlechts bei den administrativen Versichertenstammdaten und gemessen an derzeit möglichen, mangels Telematikinfrastruktur aber noch nicht realisierbaren Funktionalitäten der eGK - nicht über die Anwendungsbreite der Krankenversichertenkarte hinaus (vgl www.gematik.de/cms/de/egk_2/anwendungen/ verfuegbare_anwendungen/verfuegbare_anwendungen_1.jsp; www.gematik.de/cms/de/egk_2/ anwendungen/vorbereitung/vorbereitung_1.jsp zum "Online-Rollout"; alle abgerufen am 11.11.2014; s ferner Bales/von Schwanenflügel, NJW 2012, 2475, 2476). Die konkrete technische Entwicklung der Telematikinfrastruktur ist derzeit noch nicht abgeschlossen. Die Online-Anwendungen befinden sich noch in der Vorbereitungsphase.

35

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Die Krankenkassen dürfen Sozialdaten für Zwecke der Krankenversicherung nur erheben und speichern, soweit diese für

1.
die Feststellung des Versicherungsverhältnisses und der Mitgliedschaft, einschließlich der für die Anbahnung eines Versicherungsverhältnisses erforderlichen Daten,
2.
die Ausstellung des Berechtigungsscheines und der elektronischen Gesundheitskarte,
3.
die Feststellung der Beitragspflicht und der Beiträge, deren Tragung und Zahlung,
4.
die Prüfung der Leistungspflicht und der Erbringung von Leistungen an Versicherte einschließlich der Voraussetzungen von Leistungsbeschränkungen, die Bestimmung des Zuzahlungsstatus und die Durchführung der Verfahren bei Kostenerstattung, Beitragsrückzahlung und der Ermittlung der Belastungsgrenze,
5.
die Unterstützung der Versicherten bei Behandlungsfehlern,
6.
die Übernahme der Behandlungskosten in den Fällen des § 264,
7.
die Beteiligung des Medizinischen Dienstes oder das Gutachterverfahren nach § 87 Absatz 1c,
8.
die Abrechnung mit den Leistungserbringern, einschließlich der Prüfung der Rechtmäßigkeit und Plausibilität der Abrechnung,
9.
die Überwachung der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung,
10.
die Abrechnung mit anderen Leistungsträgern,
11.
die Durchführung von Erstattungs- und Ersatzansprüchen,
12.
die Vorbereitung, Vereinbarung und Durchführung von von ihnen zu schließenden Vergütungsverträgen,
13.
die Vorbereitung und Durchführung von Modellvorhaben, die Durchführung des Versorgungsmanagements nach § 11 Abs. 4, die Durchführung von Verträgen zur hausarztzentrierten Versorgung, zu besonderen Versorgungsformen und zur ambulanten Erbringung hochspezialisierter Leistungen, einschließlich der Durchführung von Wirtschaftlichkeitsprüfungen und Qualitätsprüfungen,
14.
die Durchführung des Risikostrukturausgleichs nach den §§ 266 und 267 sowie zur Gewinnung von Versicherten für die Programme nach § 137g und zur Vorbereitung und Durchführung dieser Programme,
15.
die Durchführung des Entlassmanagements nach § 39 Absatz 1a,
16.
die Auswahl von Versicherten für Maßnahmen nach § 44 Absatz 4 Satz 1 und nach § 39b sowie zu deren Durchführung,
17.
die Überwachung der Einhaltung der vertraglichen und gesetzlichen Pflichten der Leistungserbringer von Hilfsmitteln nach § 127 Absatz 7,
18.
die Erfüllung der Aufgaben der Krankenkassen als Rehabilitationsträger nach dem Neunten Buch,
19.
die Vorbereitung von Versorgungsinnovationen, die Information der Versicherten und die Unterbreitung von Angeboten nach § 68b Absatz 1 und 2 sowie
20.
die administrative Zurverfügungstellung der elektronischen Patientenakte sowie für das Angebot zusätzlicher Anwendungen im Sinne des § 345 Absatz 1 Satz 1
erforderlich sind. Versichertenbezogene Angaben über ärztliche Leistungen dürfen auch auf maschinell verwertbaren Datenträgern gespeichert werden, soweit dies für die in Satz 1 Nr. 4, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14 und § 305 Absatz 1 bezeichneten Zwecke erforderlich ist. Versichertenbezogene Angaben über ärztlich verordnete Leistungen dürfen auf maschinell verwertbaren Datenträgern gespeichert werden, soweit dies für die in Satz 1 Nr. 4, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14 und § 305 Abs. 1 bezeichneten Zwecke erforderlich ist. Im Übrigen gelten für die Datenerhebung und -speicherung die Vorschriften des Ersten und Zehnten Buches.

(2) Im Rahmen der Überwachung der Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung dürfen versichertenbezogene Leistungs- und Gesundheitsdaten auf maschinell verwertbaren Datenträgern nur gespeichert werden, soweit dies für Stichprobenprüfungen nach § 106a Absatz 1 Satz 1 oder § 106b Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(3) Die rechtmäßig erhobenen und gespeicherten versichertenbezogenen Daten dürfen nur für die Zwecke der Aufgaben nach Absatz 1 in dem jeweils erforderlichen Umfang verarbeitet werden, für andere Zwecke, soweit dies durch Rechtsvorschriften des Sozialgesetzbuchs angeordnet oder erlaubt ist. Die Daten, die nach § 295 Abs. 1b Satz 1 an die Krankenkasse übermittelt werden, dürfen nur zu Zwecken nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 4, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 19 und § 305 Abs. 1 versichertenbezogen verarbeitet werden und nur, soweit dies für diese Zwecke erforderlich ist; für die Verarbeitung dieser Daten zu anderen Zwecken ist der Versichertenbezug vorher zu löschen.

(4) Zur Gewinnung von Mitgliedern dürfen die Krankenkassen Daten verarbeiten, wenn die Daten allgemein zugänglich sind, es sei denn, dass das schutzwürdige Interesse der betroffenen Person an dem Ausschluss der Verarbeitung überwiegt. Ein Abgleich der erhobenen Daten mit den Angaben nach § 291a Absatz 2 Nummer 2 bis 5 ist zulässig. Im Übrigen gelten für die Datenverarbeitung die Vorschriften des Ersten und Zehnten Buches.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Die nachfolgenden Begriffsbestimmungen gelten ergänzend zu Artikel 4 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung.

(2) Sozialdaten sind personenbezogene Daten (Artikel 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/679), die von einer in § 35 des Ersten Buches genannten Stelle im Hinblick auf ihre Aufgaben nach diesem Gesetzbuch verarbeitet werden. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind alle betriebs- oder geschäftsbezogenen Daten, auch von juristischen Personen, die Geheimnischarakter haben.

(3) Aufgaben nach diesem Gesetzbuch sind, soweit dieses Kapitel angewandt wird, auch

1.
Aufgaben auf Grund von Verordnungen, deren Ermächtigungsgrundlage sich im Sozialgesetzbuch befindet,
2.
Aufgaben auf Grund von über- und zwischenstaatlichem Recht im Bereich der sozialen Sicherheit,
3.
Aufgaben auf Grund von Rechtsvorschriften, die das Erste und das Zehnte Buch für entsprechend anwendbar erklären, und
4.
Aufgaben auf Grund des Arbeitssicherheitsgesetzes und Aufgaben, soweit sie den in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen durch Gesetz zugewiesen sind. § 8 Absatz 1 Satz 3 des Arbeitssicherheitsgesetzes bleibt unberührt.

(4) Werden Sozialdaten von einem Leistungsträger im Sinne von § 12 des Ersten Buches verarbeitet, ist der Verantwortliche der Leistungsträger. Ist der Leistungsträger eine Gebietskörperschaft, so sind der Verantwortliche die Organisationseinheiten, die eine Aufgabe nach einem der besonderen Teile dieses Gesetzbuches funktional durchführen.

(5) Nicht-öffentliche Stellen sind natürliche und juristische Personen, Gesellschaften und andere Personenvereinigungen des privaten Rechts, soweit sie nicht unter § 81 Absatz 3 fallen.

(1) Die Krankenkasse stellt für jeden Versicherten eine elektronische Gesundheitskarte aus.

(2) Die elektronische Gesundheitskarte muss technisch geeignet sein,

1.
Authentifizierung, Verschlüsselung und elektronische Signatur barrierefrei zu ermöglichen,
2.
die Anwendungen der Telematikinfrastruktur nach § 334 Absatz 1 zu unterstützen und
3.
sofern sie vor dem 1. Januar 2026 ausgestellt wird, die Speicherung von Daten nach § 291a, und, wenn sie nach diesem Zeitpunkt ausgestellt wird, die Speicherung von Daten nach § 291a Absatz 2 Nummer 1 bis 3 und 6 zu ermöglichen; zusätzlich müssen vor dem 1. Januar 2025 ausgegebene elektronische Gesundheitskarten die Speicherung von Daten nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 bis 5 in Verbindung mit § 358 Absatz 4 ermöglichen.

(3) Elektronische Gesundheitskarten, die die Krankenkassen nach dem 30. November 2019 ausgeben, müssen mit einer kontaktlosen Schnittstelle ausgestattet sein. Die Krankenkassen sind verpflichtet,

1.
Versicherten auf deren Verlangen unverzüglich eine elektronische Gesundheitskarte mit kontaktloser Schnittstelle zur Verfügung zu stellen,
2.
Versicherten, die eine elektronische Patientenakte beantragen, gleichzeitig eine elektronische Gesundheitskarte mit kontaktloser Schnittstelle und eine persönliche Identifikationsnummer (PIN) zur Verfügung zu stellen, soweit dies noch nicht erfolgt ist,
3.
Versicherten, die bis zum 31. Dezember 2022 eine elektronische Patientenakte beantragt haben, bis spätestens zum 30. Juni 2023 eine elektronische Gesundheitskarte mit kontaktloser Schnittstelle und eine PIN zur Verfügung zu stellen, soweit dies noch nicht erfolgt ist, und
4.
Versicherten ab dem 1. November 2023 als Verfahren zur nachträglichen, sicheren Identifikation nach § 336 Absatz 5 Nummer 3 und zur sicheren Identifikation nach § 336 Absatz 6 auch die Nutzung eines elektronischen Identitätsnachweises nach § 18 des Personalausweisgesetzes, nach § 12 des eID-Karte-Gesetzes oder nach § 78 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes anzubieten.

(3a) Bei der Ausgabe von elektronischen Gesundheitskarten mit einer kontaktlosen Schnittstelle nach Absatz 3 informieren die Krankenkassen Versicherte barrierefrei über

1.
die Möglichkeit und das Verfahren, eine zugehörige persönliche Identifikationsnummer (PIN) beantragen zu können und
2.
die Nutzungsmöglichkeiten solcher Karten für Anwendungen nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1, 4, 6 und 7.
Die Krankenkassen informieren nach Satz 1 auch die Versicherten, denen eine elektronische Gesundheitskarte mit kontaktloser Schnittstelle ohne diese Informationen zur Verfügung gestellt wurde. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen berichtet dem Bundesministerium für Gesundheit halbjährlich beginnend ab dem 1. Januar 2023 über die jeweilige Anzahl der von den einzelnen Kassen an die Versicherten ausgegebenen elektronischen Gesundheitskarten mit einer kontaktlosen Schnittstelle und die jeweilige Anzahl der an die Versicherten versendeten PINs.

(4) Die elektronische Gesundheitskarte gilt nur für die Dauer der Mitgliedschaft bei der ausstellenden Krankenkasse und ist nicht übertragbar. Die Krankenkasse kann die Gültigkeit der Karte befristen.

(5) Spätestens bei der Versendung der elektronischen Gesundheitskarte an den Versicherten hat die Krankenkasse den Versicherten umfassend und in allgemein verständlicher, barrierefreier Form zu informieren über die Funktionsweise der elektronischen Gesundheitskarte und die Art der personenbezogenen Daten, die nach § 291a auf der elektronischen Gesundheitskarte oder durch sie zu verarbeiten sind.

(6) Die Krankenkasse hat bei der Ausstellung der elektronischen Gesundheitskarte die in der Richtlinie gemäß § 217f Absatz 4b vorgesehenen Maßnahmen und Vorgaben zum Schutz von Sozialdaten der Versicherten vor unbefugter Kenntnisnahme umzusetzen. Die Krankenkasse kann zum Zwecke des in der Richtlinie zum 1. Oktober 2023 vorzusehenden Abgleichs der Versichertenanschrift mit den Daten aus dem Melderegister vor dem Versand der elektronischen Gesundheitskarte und deren persönlicher Identifikationsnummer (PIN) an den Versicherten die Daten nach § 34 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 5, 9 und 11 des Bundesmeldegesetzes aus dem Melderegister abrufen.

(7) Spätestens ab dem 1. Januar 2022 stellen die Krankenkassen den Versicherten gemäß den Festlegungen der Gesellschaft für Telematik ein technisches Verfahren barrierefrei zur Verfügung, welches die Anforderungen nach § 336 Absatz 4 erfüllt.

(8) Spätestens ab dem 1. Januar 2024 stellen die Krankenkassen den Versicherten ergänzend zur elektronischen Gesundheitskarte auf Verlangen eine sichere digitale Identität für das Gesundheitswesen barrierefrei zur Verfügung, die die Vorgaben nach Absatz 2 Nummer 1 und 2 erfüllt und die Bereitstellung von Daten nach § 291a Absatz 2 und 3 durch die Krankenkassen ermöglicht. Ab dem 1. Januar 2026 dient die digitale Identität nach Satz 1 in gleicher Weise wie die elektronische Gesundheitskarte zur Authentisierung des Versicherten im Gesundheitswesen und als Versicherungsnachweis nach § 291a Absatz 1. Die Gesellschaft für Telematik legt die Anforderungen an die Sicherheit und Interoperabilität der digitalen Identitäten fest. Die Festlegung der Anforderungen an die Sicherheit und den Datenschutz erfolgt dabei im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik und der oder dem Bundesbeauftragen für den Datenschutz und die Informationsfreiheit auf Basis der jeweils gültigen Technischen Richtlinien des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik und unter Berücksichtigung der notwendigen Vertrauensniveaus der unterstützten Anwendungen. Eine digitale Identität kann über verschiedene Ausprägungen mit verschiedenen Sicherheits- und Vertrauensniveaus verfügen. Das Sicherheits- und Vertrauensniveau der Ausprägung einer digitalen Identität muss mindestens dem Schutzbedarf der Anwendung entsprechen, bei der diese eingesetzt wird. Abweichend von Satz 6 kann der Versicherte nach umfassender Information durch die Krankenkasse über die Besonderheiten des Verfahrens in die Nutzung einer digitalen Identität einwilligen, die einem anderen angemessenen Sicherheitsniveau entspricht. Die Anforderungen an die Sicherheit und Interoperabilität dieses Nutzungsweges der digitalen Identität werden von der Gesellschaft für Telematik festgelegt. Die Festlegung erfolgt hinsichtlich der Anforderungen an die Sicherheit und den Datenschutz im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik und der oder dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit. Spätestens ab dem 1. Juli 2023 stellen die Krankenkassen zur Nutzung berechtigten Dritten Verfahren zur Erprobung der Integration der sicheren digitalen Identität nach Satz 1 zur Verfügung.

(1) Die Krankenkassen dürfen Sozialdaten für Zwecke der Krankenversicherung nur erheben und speichern, soweit diese für

1.
die Feststellung des Versicherungsverhältnisses und der Mitgliedschaft, einschließlich der für die Anbahnung eines Versicherungsverhältnisses erforderlichen Daten,
2.
die Ausstellung des Berechtigungsscheines und der elektronischen Gesundheitskarte,
3.
die Feststellung der Beitragspflicht und der Beiträge, deren Tragung und Zahlung,
4.
die Prüfung der Leistungspflicht und der Erbringung von Leistungen an Versicherte einschließlich der Voraussetzungen von Leistungsbeschränkungen, die Bestimmung des Zuzahlungsstatus und die Durchführung der Verfahren bei Kostenerstattung, Beitragsrückzahlung und der Ermittlung der Belastungsgrenze,
5.
die Unterstützung der Versicherten bei Behandlungsfehlern,
6.
die Übernahme der Behandlungskosten in den Fällen des § 264,
7.
die Beteiligung des Medizinischen Dienstes oder das Gutachterverfahren nach § 87 Absatz 1c,
8.
die Abrechnung mit den Leistungserbringern, einschließlich der Prüfung der Rechtmäßigkeit und Plausibilität der Abrechnung,
9.
die Überwachung der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung,
10.
die Abrechnung mit anderen Leistungsträgern,
11.
die Durchführung von Erstattungs- und Ersatzansprüchen,
12.
die Vorbereitung, Vereinbarung und Durchführung von von ihnen zu schließenden Vergütungsverträgen,
13.
die Vorbereitung und Durchführung von Modellvorhaben, die Durchführung des Versorgungsmanagements nach § 11 Abs. 4, die Durchführung von Verträgen zur hausarztzentrierten Versorgung, zu besonderen Versorgungsformen und zur ambulanten Erbringung hochspezialisierter Leistungen, einschließlich der Durchführung von Wirtschaftlichkeitsprüfungen und Qualitätsprüfungen,
14.
die Durchführung des Risikostrukturausgleichs nach den §§ 266 und 267 sowie zur Gewinnung von Versicherten für die Programme nach § 137g und zur Vorbereitung und Durchführung dieser Programme,
15.
die Durchführung des Entlassmanagements nach § 39 Absatz 1a,
16.
die Auswahl von Versicherten für Maßnahmen nach § 44 Absatz 4 Satz 1 und nach § 39b sowie zu deren Durchführung,
17.
die Überwachung der Einhaltung der vertraglichen und gesetzlichen Pflichten der Leistungserbringer von Hilfsmitteln nach § 127 Absatz 7,
18.
die Erfüllung der Aufgaben der Krankenkassen als Rehabilitationsträger nach dem Neunten Buch,
19.
die Vorbereitung von Versorgungsinnovationen, die Information der Versicherten und die Unterbreitung von Angeboten nach § 68b Absatz 1 und 2 sowie
20.
die administrative Zurverfügungstellung der elektronischen Patientenakte sowie für das Angebot zusätzlicher Anwendungen im Sinne des § 345 Absatz 1 Satz 1
erforderlich sind. Versichertenbezogene Angaben über ärztliche Leistungen dürfen auch auf maschinell verwertbaren Datenträgern gespeichert werden, soweit dies für die in Satz 1 Nr. 4, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14 und § 305 Absatz 1 bezeichneten Zwecke erforderlich ist. Versichertenbezogene Angaben über ärztlich verordnete Leistungen dürfen auf maschinell verwertbaren Datenträgern gespeichert werden, soweit dies für die in Satz 1 Nr. 4, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14 und § 305 Abs. 1 bezeichneten Zwecke erforderlich ist. Im Übrigen gelten für die Datenerhebung und -speicherung die Vorschriften des Ersten und Zehnten Buches.

(2) Im Rahmen der Überwachung der Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung dürfen versichertenbezogene Leistungs- und Gesundheitsdaten auf maschinell verwertbaren Datenträgern nur gespeichert werden, soweit dies für Stichprobenprüfungen nach § 106a Absatz 1 Satz 1 oder § 106b Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(3) Die rechtmäßig erhobenen und gespeicherten versichertenbezogenen Daten dürfen nur für die Zwecke der Aufgaben nach Absatz 1 in dem jeweils erforderlichen Umfang verarbeitet werden, für andere Zwecke, soweit dies durch Rechtsvorschriften des Sozialgesetzbuchs angeordnet oder erlaubt ist. Die Daten, die nach § 295 Abs. 1b Satz 1 an die Krankenkasse übermittelt werden, dürfen nur zu Zwecken nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 4, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 19 und § 305 Abs. 1 versichertenbezogen verarbeitet werden und nur, soweit dies für diese Zwecke erforderlich ist; für die Verarbeitung dieser Daten zu anderen Zwecken ist der Versichertenbezug vorher zu löschen.

(4) Zur Gewinnung von Mitgliedern dürfen die Krankenkassen Daten verarbeiten, wenn die Daten allgemein zugänglich sind, es sei denn, dass das schutzwürdige Interesse der betroffenen Person an dem Ausschluss der Verarbeitung überwiegt. Ein Abgleich der erhobenen Daten mit den Angaben nach § 291a Absatz 2 Nummer 2 bis 5 ist zulässig. Im Übrigen gelten für die Datenverarbeitung die Vorschriften des Ersten und Zehnten Buches.

(1) Die nachfolgenden Begriffsbestimmungen gelten ergänzend zu Artikel 4 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung.

(2) Sozialdaten sind personenbezogene Daten (Artikel 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/679), die von einer in § 35 des Ersten Buches genannten Stelle im Hinblick auf ihre Aufgaben nach diesem Gesetzbuch verarbeitet werden. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind alle betriebs- oder geschäftsbezogenen Daten, auch von juristischen Personen, die Geheimnischarakter haben.

(3) Aufgaben nach diesem Gesetzbuch sind, soweit dieses Kapitel angewandt wird, auch

1.
Aufgaben auf Grund von Verordnungen, deren Ermächtigungsgrundlage sich im Sozialgesetzbuch befindet,
2.
Aufgaben auf Grund von über- und zwischenstaatlichem Recht im Bereich der sozialen Sicherheit,
3.
Aufgaben auf Grund von Rechtsvorschriften, die das Erste und das Zehnte Buch für entsprechend anwendbar erklären, und
4.
Aufgaben auf Grund des Arbeitssicherheitsgesetzes und Aufgaben, soweit sie den in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen durch Gesetz zugewiesen sind. § 8 Absatz 1 Satz 3 des Arbeitssicherheitsgesetzes bleibt unberührt.

(4) Werden Sozialdaten von einem Leistungsträger im Sinne von § 12 des Ersten Buches verarbeitet, ist der Verantwortliche der Leistungsträger. Ist der Leistungsträger eine Gebietskörperschaft, so sind der Verantwortliche die Organisationseinheiten, die eine Aufgabe nach einem der besonderen Teile dieses Gesetzbuches funktional durchführen.

(5) Nicht-öffentliche Stellen sind natürliche und juristische Personen, Gesellschaften und andere Personenvereinigungen des privaten Rechts, soweit sie nicht unter § 81 Absatz 3 fallen.

(1) Ärztliche oder zahnärztliche Behandlung wird von Ärzten oder Zahnärzten erbracht, soweit nicht in Modellvorhaben nach § 63 Abs. 3c etwas anderes bestimmt ist. Sind Hilfeleistungen anderer Personen erforderlich, dürfen sie nur erbracht werden, wenn sie vom Arzt (Zahnarzt) angeordnet und von ihm verantwortet werden.

(2) Versicherte, die ärztliche, zahnärztliche oder psychotherapeutische Behandlung in Anspruch nehmen, haben dem Arzt, Zahnarzt oder Psychotherapeuten vor Beginn der Behandlung ihre elektronische Gesundheitskarte zum Nachweis der Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen auszuhändigen. Ab dem 1. Januar 2024 kann der Versicherte den Nachweis nach Satz 1 auch durch eine digitale Identität nach § 291 Absatz 8 erbringen.

(3) Für die Inanspruchnahme anderer Leistungen stellt die Krankenkasse den Versicherten Berechtigungsscheine aus, soweit es zweckmäßig ist. Der Berechtigungsschein ist vor der Inanspruchnahme der Leistung dem Leistungserbringer auszuhändigen.

(4) In den Berechtigungsscheinen sind die Angaben nach § 291a Absatz 2 Nummer 1 bis 9 und 11, bei befristeter Gültigkeit das Datum des Fristablaufs, aufzunehmen. Weitere Angaben dürfen nicht aufgenommen werden.

(5) In dringenden Fällen kann die elektronische Gesundheitskarte oder der Berechtigungsschein nachgereicht werden.

(6) Jeder Versicherte erhält die elektronische Gesundheitskarte bei der erstmaligen Ausgabe und bei Beginn der Versicherung bei einer Krankenkasse sowie bei jeder weiteren, nicht vom Versicherten verschuldeten erneuten Ausgabe gebührenfrei. Die Krankenkassen haben einem Missbrauch der Karten durch geeignete Maßnahmen entgegenzuwirken. Muß die Karte auf Grund von vom Versicherten verschuldeten Gründen neu ausgestellt werden, kann eine Gebühr von 5 Euro erhoben werden; diese Gebühr ist auch von den nach § 10 Versicherten zu zahlen. Satz 3 gilt entsprechend, wenn die Karte aus vom Versicherten verschuldeten Gründen nicht ausgestellt werden kann und von der Krankenkasse eine zur Überbrückung von Übergangszeiten befristete Ersatzbescheinigung zum Nachweis der Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen ausgestellt wird. Die wiederholte Ausstellung einer Bescheinigung nach Satz 4 kommt nur in Betracht, wenn der Versicherte bei der Ausstellung der elektronischen Gesundheitskarte mitwirkt; hierauf ist der Versicherte bei der erstmaligen Ausstellung einer Ersatzbescheinigung hinzuweisen. Die Krankenkasse kann die Aushändigung der elektronischen Gesundheitskarte vom Vorliegen der Meldung nach § 10 Abs. 6 abhängig machen.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 10. Juni 2010 abgeändert. Der Antragsteller wird in Abänderung des Beschlusses vom 27. Januar 2010 (S 3 SO 31/10 ER) verpflichtet, dem Antragsgegner für die Zeit vom 12. April bis 31. Juli 2010 darlehensweise Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung in Höhe 358,15 Euro (April) sowie von monatlich 565,41 Euro (Mai bis Juli) abzüglich bereits geleisteter Zahlungen in Höhe von insgesamt 1.141,00 Euro zu gewähren.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat dem Antragsgegner die außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Gründe

 
Die unter Beachtung der §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG - (in der hier noch anzuwendenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 ) eingelegte Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig und im Umfang des Beschlussausspruchs auch begründet.
Mit dem Sozialgericht Konstanz (SG) geht auch der Senat davon aus, dass der Antragsteller mit seinen zum Hauptsacheverfahren S 3 SO 73/10 sowie zum Verfahren S 3 SO 31/10 ER gelangten Schriftsätzen vom 9. und 15. April 2010 eine Abänderung des unangefochten gebliebenen und damit rechtskräftig gewordenen Beschlusses vom 27. Januar 2010 (S 3 SO 31/10 ER) erreichen möchte. Mit diesem Beschluss hatte das SG dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung insoweit stattgegeben, als der Antragssteller verpflichtet wurde, dem Antragsgegner ab 7. Januar 2010 „vorläufig darlehensweise Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ohne Berücksichtigung des PKW Volvo V40 als Vermögen zu gewähren“.
Eine derartige Abänderungsmöglichkeit von Eilentscheidungen ist im SGG ausdrücklich allerdings nur in § 86b Abs. 1 Satz 4 SGG für Anfechtungssachen vorgesehen; in § 86b Abs. 2 SGG, der den einstweiligen Rechtsschutz in Vornahmesachen regelt und insoweit § 123 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 und 5 der Verwaltungsgerichtsordnung nachgebildet ist (vgl. auch BT-Drucks. 14/5943 S. 25 ), fehlt dagegen eine entsprechende Bestimmung. Dennoch besteht in Rechtsprechung und Schrifttum weitgehend Einigkeit darüber, dass auch bei einstweiligen Anordnungen, die der formellen und materiellen Rechtskraft fähig sind (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 8. September 2010 - L 7 SO 3038/10 ER-B -), dem im Einzelfall bestehenden Bedürfnis nach Aufhebung oder Abänderung aus Gründen der Effektivität des Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes) Rechnung zu tragen ist (vgl. Bundesverfassungsgericht BVerfGE 92, 245, 260; Landessozialgericht Berlin, Beschlüsse vom 10. Juli 2002 - L 15 B 39/02 KR ER - NZS 202, 670 und vom 26. Oktober 2004 - L 15 B 88/04 KR ER -; Bay. LSG, Beschluss vom 16. Juli 2009 - L 8 SO 85/09 B ER - ; Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2. Auflage, Rdnr. 335; Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 9. Auflage, §86b Rdnr. 45; Binder in Hk-SGG, 3. Auflage, § 86b Rdnr. 53; Hommel in Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, § 86b SGG Rdnr. 106; zu § 123 VwGO vgl. nur Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. Dezember 2001 - 13 S 1824/01 - NVwZ-RR 2002, 908; Niedersächs. Oberverwaltungsgericht , Beschluss vom 18. Mai 2010 - 8 ME 111/10 - DVBl. 2010, 926; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 5. Auflage, Rdnr. 486; Puttler in Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Auflage, § 123 Rdnr. 128). Dies ist jedenfalls für zusprechende einstweilige Anordnungen (vgl. hierzu etwa Keller in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., Rdnr. 45; Binder in Hk-SGG, a.a.O., Rdnr. 5; ferner BVerfGE 92, 245, 260; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. Dezember 2001 a.a.O.; Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, 4. Auflage, § 123 Rdnrn. 64, 67) - wie hier - nicht umstritten, fraglich vielmehr nur, wie diese vom Gesetzgeber ersichtlich übersehene Gesetzeslücke zu schließen ist. Für den einstweiligen Rechtsschutz in Zivilsachen ist eine Abänderung der Eilentscheidung in § 927 der Zivilprozessordnung (ZPO) ausdrücklich vorgesehen. Diese Verfahrensregelung kann jedoch nach Auffassung des Senats entgegen einer verbreiteten Meinung (vgl. Keller in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O.; zu § 123 VwGO Hamb. OVG, Beschluss vom 20. Juni 1994 - Bs IV 122/94 - FEVS 45, 189; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12. Mai 1995 - 1 S 1310/95 - DVBl. 1995, 929) für einstweilige Anordnungen schon deswegen nicht herangezogen werden, weil die Bestimmung des § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG, die die entsprechende Anwendung von Vorschriften der ZPO über den Arrest und die einstweilige Verfügung anordnet (vgl. auch BT-Drucks. 14/5943 a.a.O.), § 927 ZPO ausdrücklich aus der Verweisungskette ausnimmt (so auch Krodel, a.a.O.; zu § 123 Abs. 3 VwGO ferner VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. Dezember 2001 a.a.O.; Niedersächs. OVG, Beschluss vom 18. Mai 2010 a.a.O.; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., Rdnr. 491; Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 123 Rdnr. 176; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Auflage, § 123 Rdnr. 35; Funke-Kaiser in Bader u.a., a.a.O., Rdnr. 64). Hinzu kommt, dass die Abänderung einer Eilentscheidung nach der Vorschrift des § 927 ZPO nur unter einschränkenden Voraussetzungen möglich ist, während Beschlüsse in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 86b Abs. 1 SGG in Satz 4 a.a.O. „jederzeit“, d.h. ohne Bindung an Fristen und ohne dass eine Änderung der Sach- und Rechtslage vorausgesetzt wird (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Dezember 2009 - L 7 SO 5021/09 ER - ; BT-Drucks. 14/5943 a.a.O.; Keller in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., Rdnr. 20; Binder in Hk-SGG, a.a.O., Rdnr. 29; Hommel in Peters/Sautter/Wolff, a.a.O., Rdnr. 46), abgeändert werden können.
Aus den oben genannten Gründen hält der Senat - gerade auch unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung unterschiedlicher Rechtsschutzstandards in Anfechtungssachen einerseits und Vornahmesachen andererseits (so zu § 123 VwGO auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. Dezember 2001 a.a.O.; Niedersächs. OVG, Beschluss vom 18. Mai 2010 a.a.O.; Verwaltungsgericht Sigmaringen, Beschluss vom 28. Mai 2002 - 4 K 259/02 - ; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., Rdnr. 491; Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, a.a.O., Rdnr. 177; Puttler in Sodan/Ziekow, a.a.O., § 123 Rdnrn. 128 f.) - eine analoge Anwendung des § 86b Abs. 1 Satz 4 SGG in Anordnungsverfahren nach § 86b Abs. 2 SGG für geboten (im Ergebnis ebenso Bay. LSG, Beschluss vom 16. Juli 2009 a.a.O.; Krodel, a.a.O.; Adolf in Hennig, SGG, § 86b Rdnr. 101; wohl auch LSG Berlin, Beschlüsse vom 10. Juli 2002 und 26. Oktober 2004 a.a.O.; vgl. ferner BVerfGE 92, 245, 260). Mit der vom Senat bejahten entsprechenden Anwendung des § 86b Abs. 1 Satz 4 SGG auf Vornahmesachen ist zugleich auch geklärt, dass zuständig für die Abänderung einer einstweiligen Anordnung, die anders als § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO und § 69 Abs. 6 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung eines Antrags bedarf (vgl. LSG Berlin, Beschlüsse vom 10. Juli 2002 und 26. Oktober 2004 a.a.O.; Keller in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., Rdnr. 20a; Binder in Hk-SGG, a.a.O., Rdnr. 29), in jedem Fall - im Gegensatz zur Regelung in § 927 Abs. 2 2. Halbs. ZPO - das Gericht der Hauptsache ist (vgl. § 86 Abs. 1 Satz 4 SGG); dies war hier das SG.
Die Voraussetzungen für die Abänderung des Beschlusses des SG vom 27. Januar 2010 (S 3 SO 31/10 ER) unter analoger Heranziehung des § 86 Abs. 1 Satz 4 SGG sind jedoch nur zum Teil erfüllt. Zu beachten ist, dass der Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 4 SGG kein zusätzliches Rechtsmittel darstellt; das Verfahren dient - im Gegensatz zur Beschwerde - nicht der Überprüfung, ob die vorangegangene Eilentscheidung (hier der vorbezeichnete Beschluss des SG) formell und materiell rechtmäßig ist (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Dezember 2009 a.a.O.; Bundesverwaltungsgericht BVerwGE 80, 16, 17; BVerwG, Beschluss vom 25. August 2008 - 2 VR 1/08 - ; ferner Krodel, a.a.O., Rdnr. 185). Zu prüfen ist im Abänderungsverfahren, das ein selbständiges Verfahren darstellt, vielmehr allein, ob die Ausgangsentscheidung - gemessen am Maßstab des § 86b Abs. 1 Satz 4 SGG - auch in Zukunft fortbestehen kann oder aber abzuändern ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 6. Dezember 2001 a.a.O. und vom 6. Mai 2002 - 11 S 616/02 - NVwZ-RR 2002, 911; Niedersächs. OVG, Beschluss vom 18. Mai 2010 a.a.O.; VG Sigmaringen, Beschluss vom 28. Mai 2002 a.a.O.; Puttler in Sodan/Ziekow, a.a.O., Rdnr. 183). Im Rahmen des Abänderungsverfahrens kann indessen die Rechtskraft der zuvor ergangenen Entscheidung nach Auffassung des Senats nicht völlig außer Acht gelassen werden. Eine Abänderung nach § 86b Abs. 1 Satz 4 SGG ist deshalb, obgleich sie jederzeit (vgl. nochmals Senatsbeschluss vom 17. Dezember 2009 a.a.O.) möglich ist, nicht völlig in das Belieben des Gerichts gestellt (so auch Hommel in Peters/Sautter/Wolff, a.a.O., Rdnr. 46; zu § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO Hess. VGH, Beschluss vom 12. Juni 1996 - 10 Q 1293/95 - NVwZ-RR 1997, 446; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 4. Februar 1999 - 11 B 74/99 - NVwZ 1999, 894; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 18. November 2004 - 1 M 287/04 - NVwZ-RR 2006, 365; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., Rdnr. 1179; Kopp/Schenke, a.a.O., § 80 Rdnr. 192).
Eine Abänderungsbefugnis entsprechend § 86b Abs. 1 Satz 4 SGG ist sonach zu bejahen, wenn nachträglich eingetretene oder bekannt gewordene Gegebenheiten den Fall in tatsächlicher Hinsicht in einem neuen Licht erscheinen lassen oder eine Gesetzesänderung oder eine zwischenzeitlich ergangene höchstrichterliche Entscheidung zu einer veränderten Beurteilung der Rechtlage führt (vgl. Bundesfinanzhof , Beschlüsse vom 26. September 2008 - VIII B 37/08 - und vom 28. November 2008 - VIII S 27/07 (PKH) - ; ferner Krodel, a.a.O, Rdnr. 185). Darüber hinaus kann die Korrektur einer Eilentscheidung entsprechend § 86b Abs. 1 Satz 4 SGG aber auch schon dann erfolgen, wenn auf der Grundlage besserer Rechtserkenntnis und der darauf folgenden neuen Prozesslage für die Anpassung an die Entwicklung in der Hauptsache ein Bedürfnis besteht (vgl. BVerwG Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 45; BVerwGE 80, 16, 18; ferner BVerfG, Kammerbeschluss vom 19. April 1994 - 1 BvR 87/94 - ; BFH, Beschluss vom 15. September 2010 - I B 27/10 - ). Ein bloßer Wandel in der Meinungsbildung - etwa infolge eines Wechsels in der Besetzung des Spruchkörpers oder in der Zuständigkeit des Gerichts - rechtfertigt für sich allein jedoch noch nicht eine Änderung der bisher getroffenen Entscheidung (vgl. BVerwG Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 45; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 4. Februar 1999 a.a.O.; ferner Adolf in Hennig, a.a.O., Rdnr. 58; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., Rdnr. 1179); dem stünden schon die mit der Rechtskraft einer Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz verbundenen Gesichtspunkte der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens sowie der Grundsatz der Selbstbindung des Gerichts (§ 202 SGG i.V.m. § 318 ZPO) entgegen. Die Voraussetzungen für die Abänderung einer einstweiligen Anordnung sind deshalb nur bei ihrer Korrekturbedürftigkeit entsprechend den oben genannten Maßstäben gegeben; zu denken ist etwa an schwere Tatsachen- und Rechtsirrtümer des Gerichts oder ihm unterlaufene schwere Verfahrensfehler (vgl. auch Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O.). Erschöpft sich ein Abänderungsantrag dagegen im Wesentlichen in der Wiederholung früheren Vorbringens, so steht einem derartigen Antrag regelmäßig die Rechtskraft der früheren Entscheidung entgegen (BVerwG Buchholz a.a.O.).
Unter Beachtung dieser Grundsätze kann dem Abänderungsantrag des Antragstellers nur teilweise stattgegeben werden. Der Beschluss vom 27. Januar 2010 (S 3 SO 31/10 ER) ist zwar korrekturbedürftig geworden, nachdem der Antragsgegner, der ausweislich der Feststellungen des Rentenversicherungsträgers (Mitteilung vom 23. Januar 2004) dauerhaft voll erwerbsgemindert ist, mit seiner Frau und Tochter, die beide im Regelungszeitraum im Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) standen, in der Folgezeit zum 1. April 2010 von B.-Ludwigshafen nach E. umgezogen ist; dieser Umstand wirkte sich allerdings nur insoweit aus, als die - vom Antragsgegner auf der Grundlage des den vorbezeichneten Beschluss ausführenden Bescheids vom 16. Februar 2010 bewilligten - Grundsicherungsleistungen (ab Februar 2010 monatlich 570,50 Euro) wegen der nunmehr geänderten Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (§ 42 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 29 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch) der Höhe nach anzupassen waren; dem hat der Senat im Beschlussausspruch unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses vom 10. Juni 2010 sowie des Beschlusses vom 27. Januar 2010 - ausgehend von den aus den Verwaltungsakten ersichtlichen, unter dem 18. Juni 2010 vorgenommenen Berechnungen des Antragsstellers über einen nunmehr denkbaren monatlichen Bedarf des Antragstellers von 565,41 Euro sowie unter Berücksichtigung der für die Monate April und Mai 2010 noch erbrachten Zahlungen in Höhe von jeweils 570,50 Euro - unter Beachtung der im Beschluss des SG vom 27. Januar 2010 (S 3 SO 31/10 ER) auf die Zeit bis 31. Juli 2010 begrenzten Verpflichtung des Antragstellers Rechnung getragen.
Eine weitere Korrektur dieses Beschlusses hält der Senat allerdings nicht für angezeigt. Zweifel an der Hilfebedürftigkeit des Antragsgegners (§ 19 Abs. 2 SGB XII) hat der Antragsteller - soweit ersichtlich - zuletzt nur noch insoweit geäußert, als er von der Pflicht zur Verwertung des seit 13. August 2007 auf jenen zugelassenen Personenkraftwagens der Marke Volvo „V40“ (Erstzulassung 9. Februar 2004; amtl. Kennzeichen ...-... ...) ausgegangen ist. Demgegenüber hat er auf eine Verwertbarkeit des offenkundig von der Ehefrau des Antragsgegners genutzten Fahrzeugs der Marke Volkswagen „Polo“ (Erstzulassung 6. Mai 1988, amtl. Kennzeichen ...- ), das ausweislich der vom Antragsgegner vorgelegten Unterlagen bereits am 19. April 2010 amtlich abgemeldet und schließlich am 6. August 2010 zur Verschrottung an einen Demontagebetrieb gegeben worden ist, zu Recht nicht mehr abgestellt (vgl. im Übrigen zur Anwendbarkeit der Härtefallregelung des § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII bei einem angemessenen Kraftfahrzeug im Rahmen einer gemischten Bedarfsgemeinschaft aus Beziehern von Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII BSGE 100, 139 = SozR 4-3500 § 82 Nr. 4). Auch hinsichtlich des seit 6. März 2009 auf den Antragsgegner zugelassenen Kraftfahrzeugs der Marke Opel „Corsa“ (Erstzulassung 16. Juli 1998, amtl. Kennzeichen ...- ) geht der Senat nach der im vorliegenden Verfahren gebotenen, jedoch ausreichenden summarischen Prüfung aufgrund der bereits erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 19. Mai 2010 vorgelegten eidesstattlichen Versicherung des Enkels des Antragsgegners Ma. Be. (geb. 1991) sowie des mit Schriftsatz vom 31. Mai 2010 eingereichten Kaufvertrags vom 5. März 2009 davon aus, dass das Fahrzeug von Anfang an im Eigentum des Enkels stand, von diesem ausschließlich genutzt und unterhalten wird, nunmehr auf ihn umgemeldet worden ist und im ersten Jahr auf den Antragsgegner als Halter lediglich deswegen zugelassen worden war, um bei Ausnutzung von dessen günstiger Schadensfreiheitsklasse (nach seinen Angaben im Schreiben vom 13. August 2010 nach einem Prozentsatz von 30) die für einen Fahranfänger hohen Versicherungsprämien zu vermeiden. Ferner vermag der Senat im vorliegenden summarischen Verfahren einen Verstoß gegen die dem Antragsgegner gemäß §§ 60, 62 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) obliegenden Mitwirkungspflichten nicht zu erkennen. Seinen zum 1. April 2010 bevorstehenden Umzug in die J.straße in E. hatte dieser dem Antragssteller bereits in seiner E-Mail vom 10. März 2010 sowie seinem Schreiben vom selben Tage (eingegangen beim Antragsteller am 12. März 2010) angezeigt. Dennoch hatte der Antragssteller im Gutachtensauftrag an das Gesundheitsamt vom 10. März 2010 die alte Anschrift des Antragsgegners in B.-Ludwigshafen angegeben und diese zunächst auch nicht korrigiert, vielmehr das Aufforderungsschreiben vom 8. April 2010 ebenfalls an die alte Adresse gerichtet. Viel spricht dafür, dass der Antragsgegner, der seinen Angaben zufolge lediglich bei der Deutschen Post AG einen Nachsendeantrag gestellt hatte, dieses Schreiben, das vom Antragsteller mittels des privaten Briefzustellers ... GmbH versandt worden ist, nicht oder zumindest nicht rechtzeitig erhalten hat. Der Aufforderung zur Untersuchung auf dem Gesundheitsamt ist der Antragsgegner jedenfalls spätestens Anfang Mai 2010 nachgekommen; dass die Untersuchung erst im Juni 2010 stattfinden konnte, beruhte allein darauf, dass ein früherer Termin wegen der Auslastung der ärztlichen Untersuchungsstelle vorher nicht möglich war (vgl. E-Mail des Gesundheitsamts an den Antragsteller vom 6. Mai 2010). Demgemäß ist der für die Leistungsgewährung seinerzeit zuständige Sachbearbeiter auch zur Auffassung gelangt, dass die Leistungseinstellung zum 1. Juni 2010 nunmehr aufgehoben werden könne; er sah sich allerdings hieran aufgrund des zwischenzeitlich ergangenen Beschlusses des SG vom 10. Juni 2010 gehindert (vgl. Aktenvermerk vom 18. Juni 2010). Nach allem bedarf es hier keiner weiteren Erörterungen dazu, ob die Hinweise auf § 66 SGB I im vorbezeichneten Schreiben vom 8. April 2010 den an eine ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung (§ 66 Abs. 3 SGB I) zu stellenden Anforderungen (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 8. April 2010 - L 7 AS 304/10 ER-B ; ferner Bundessozialgericht , Urteil vom 18. Februar 2010 - B 14 AS 53/08 R - ) genügten, sowie des Weiteren, ob der Antragsteller in dem im Klageverfahren S 3 SO 1680/10 fristgerecht angefochtenen Versagungsbescheid vom 5. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Juni 2010 der nach der Sanktionsnorm des § 66 Abs. 1 SGB I geforderten Ermessensausübung (vgl. hierzu BSGE 76, 16, 25 = SozR 3-1200 Nr. 3; BSG SozR 4-1200 § 66 Nr. 1; BVerwGE 71, 8, 12) hinreichend nachgekommen ist. Diese vorgenannten Bescheide vermögen im Übrigen für sich allein schon deswegen eine Abänderung der früheren Eilentscheidung nicht zu begründen, weil sie aufgrund der Anfechtung im vorgenannten Klageverfahren nicht bestandskräftig (§ 77 SGG) geworden sind; deshalb kann offenbleiben, ob die Bescheide, die im Widerspruch zu der dem Antragsteller aus der einstweiligen Anordnung vom 27. Januar 2010 auferlegten Verpflichtung stehen, überhaupt geeignet gewesen wären, die Rechtswirkungen dieser rechtskräftig gewordenen Entscheidung des SG zu beseitigen (vgl. hierzu auch Hamb. OVG, Beschluss vom 20. Juni 1994 a.a.O.; VG Sigmaringen, Beschluss vom 28. Mai 2002 a.a.O.).
Somit verbleibt lediglich der vom Antragsteller vorgebrachte Abänderungsgrund einer Verwertung des dem Antragsgegner gehörenden Volvo „V40“ (Erstzulassung Februar 2004), eines Kraftfahrzeugs der unteren Mittelklasse. Die Voraussetzungen für eine weitere als die im Beschlusstenor ausgesprochene Korrektur des Beschlusses des SG vom 27. Januar 2010 sind nach den oben aufgezeigten Maßstäben indessen nicht gegeben.
10 
Freilich kennt das SGB XII im Gegensatz zu § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB II eine gegenstandsbezogene Privilegierung von Kraftfahrzeugen nicht. Diese gehören weder zum Schonvermögen im Sinne des § 90 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII noch sind sie über § 90 Abs. 2 Nr. 7 SGB XII geschützt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. Juli 1991 - 5 B 57/91 - ; BVerwGE 106, 105, 113); sie können jedoch mittelbar über die Barbetragsregelung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII geschont sein (vgl. Senatsbeschlüsse vom 13. April 2010 - L 7 SO 588/10 ER-B - und vom 23. September 2010 - L 7 SO 2985/10 ER-B -; BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 1997 - 5 C 6/97 - DÖV 1998, 689; BVerwGE 106, 105 112 ff.). Allerdings hatte das Fahrzeug des Antragsgegners nach den von den Beteiligten nicht angegriffenen Erhebungen des SG mittels Internet-Recherche im Portal „www.dat.de/fzgwerte“ noch einen Zeitwert von über 4.800 Euro, was immer noch weit über dem vom Antragssteller gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a, Nrn. 2 und 3 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 des SGB XII (DVO zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII) vom 11. Februar 1988 (BGBl. I S. 150), zuletzt geändert durch Art. 15 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3022), zugestandenen Schonbetrag von 3.470,00 Euro liegt. Das rechtfertigt eine Abänderung des Beschlusses vom 27. Januar 2010 indessen nicht. Dabei kann dahinstehen, ob das Fahrzeug, das für einen SGB II-Leistungsberechtigten bei dem vorgenannten Wert privilegiert wäre (vgl. zum angemessenen Kraftfahrzeug nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB II BSGE 99, 77 = SozR 4-4200 § 12 Nr. 5<7.500,00 Euro>), nicht bereits über die Härteregelung des § 90 Abs. 3 SGB XII (vgl. hierzu nochmals BSGE 100, 139 = SozR 4-3500 § 82 Nr. 4) geschützt wäre oder ob eine Härte deswegen zu verneinen wäre, weil der in der gemischten Bedarfsgemeinschaft weiter vorhandene Volkswagen „Polo“ erst außerhalb des Regelungszeitraums der einstweiligen Anordnung am 6. August 2010 zur Verschrottung abgegeben worden ist. Allein das dem Antragsgegner bei einem Grad der Behinderung von 60 gemäß § 69 Abs. 4 i.V.m. § 145 Abs. 1 Satz 1, § 146 Abs. 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch zuerkannte Merkzeichen „G“ (vgl. Bescheid vom 3. September 2008) vermag per se jedenfalls weder eine Erhöhung des Barbetrags nach § 2 der DVO zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII noch einen Härtefall im Sinne des § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII zu begründen, weil dieses Merkzeichen von der Unfähigkeit zur Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel gerade nicht ausgeht und sich damit von dem die Notwendigkeit zur Benutzung des eigenen Kraftfahrzeugs bei schwerst eingeschränkter Fortbewegungsfähigkeit voraussetzenden Nachteilsausgleich „aG“ (vgl. hierzu § 6 Nr. 14 des Straßenverkehrsgesetzes) wesentlich unterscheidet (vgl. nochmals Senatsbeschluss vom 23. September 2010 a.a.O.).
11 
Eine Härte liegt nach § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII indessen vor, wenn aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles, wie z.B. der Art, Schwere und Dauer der Hilfe, dem Alter, dem Familienstand oder den sonstigen Belastungen des Vermögensinhabers und seiner Angehörigen, eine typische Vermögenslage deshalb zu einer besonderen Situation wird, weil die soziale Stellung des Hilfesuchenden insbesondere wegen einer Behinderung, Krankheit oder Pflegebedürftigkeit nachhaltig beeinträchtigt ist (vgl. BSG SozR 4-3500 § 90 Nr. 1). Von der Härtefallregelung werden mithin nur atypische Fälle erfasst, bei denen aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls der Vermögenseinsatz die Betroffenen ganz oder teilweise unbillig belasten und den im Gesetz zum Ausdruck gekommenen Leitvorstellungen des Gesetzgebers nicht gerecht würde (vgl. BSG SozR 4-5910 § 88 Nr. 3).
12 
Einen derartigen Härtefall hatte das SG im rechtskräftig gewordenen Beschluss vom 27. Januar 2010 angenommen, weil der Antragsgegner zur Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu der ihn aktenkundig behandelnden Hausärztin Dr. P. von B.-Ludwigshafen nach R.-M. jeweils zwei Umsteigevorgänge mit Fußmärschen zwischen 100 und 700 m zu bewältigen habe; hieraus folge zumindest für die summarische Prüfung im Eilverfahren mit hinreichender Sicherheit, dass der Verzicht auf ein Kraftfahrzeug für den Antragsteller einen erheblichen Nachteil im Sinne einer Härte bedeute. Von dieser Auffassung, die das SG allein auf die vorbezeichneten Umstände gestützt hat und die vom Antragsteller im Übrigen nicht im Instanzenzug mittels der Beschwerde angegriffen worden sind, ist bei der vorliegenden Prüfung, ob im Rahmen der hier entsprechend anzuwendenden Vorschrift des § 86b Abs. 1 Satz 4 SGG ein Bedürfnis nach Korrektur der Ausgangsentscheidung besteht, auszugehen.
13 
Die Voraussetzungen für eine Reaktion des Gerichts entsprechend § 86b Abs. 1 Satz 4 SGG liegen entgegen der Auffassung des SG und des Antragstellers indessen hier nur eingeschränkt, nämlich insoweit vor, als es die Höhe der Grundsicherungsleistungen betrifft; dies wurde bereits oben dargestellt. Das SG hat im angefochtenen Beschluss vom 10. Juni 2010, freilich ohne das seinerzeit noch nicht vorliegende Gutachten des Gesundheitsamts vom 21. Juni 2010 zur Hand zu haben, allein darauf abgestellt, dass der Antragsgegner nach seinem Umzug nach E. zu Arztbesuchen beispielsweise in M. bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht mehr mehrfach umsteigen müsse, sondern diese nunmehr mit der Bahn ohne Umsteigen durchführen könne, wobei auf dieser Strecke niederflurige Fahrzeuge moderner Bauart eingesetzt würden. Dies reicht für eine Abänderung des unanfechtbar gewordenen Beschlusses vom 27. Januar 2010 unter den gegebenen Umständen jedoch nicht aus. Denn der Antragsgegner hat unter Vorlage eines Routenplaners geltend gemacht, dass er von seiner Wohnung in E. bis zum dortigen Bahnhof bereits 700 m benötige sowie vom Bahnhof in der Unterdorfstraße in M. bis zu der in der O.straße ansässigen Hausärztin weitere 350 m. Legt man wiederum die Ausführungen der Gesundheitsamtsärztin Dr. E. im Gutachten vom 21. Juni 2010 zugrunde, so hat diese in Anbetracht der erhobenen Befunde eine Wegstrecke von 100 bis 700 m nur teilweise, je nach Tagesform, für möglich gehalten; sie hat des Weiteren ausgeführt, dass dem Antragsgegner am Tag der Untersuchung eine weitere als die angegebene Wegstrecke kaum möglich gewesen sei und er auf dem Weg nach draußen bereits nach etwa 100 m eine kurze Ruhepause habe einlegen müssen.
14 
In Anbetracht all dieser Umstände ist eine vollständige Aufhebung des Beschlusses vom 27. Januar 2010 bei der hier gebotenen und ausreichenden summarischen Prüfung nicht angezeigt; beim derzeitigen Erkenntnisstand ist - abgesehen von der durch den Umzug des Antragsgegners erforderlich gewordenen Korrektur des Leistungsbetrags der Grundsicherung - eine neue Prozesslage im eingangs dargestellten Sinne nicht eingetreten. Ob der Antragsgegner aufgrund der vorhandenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen öffentliche Verkehrsmittel nicht mehr zumutbar benutzen kann (vgl. hierzu Lücking in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 90 Rdnr. 72; W. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 17. Auflage, § 90 Rdnr. 7; Dau jurisPR-SozR 7/2009 Anm. 5), bedarf vielmehr weiterer Aufklärung, die vorliegend nicht zu leisten, sondern dem Hauptsacheverfahren vorzubehalten ist.
15 
Nach allem war der Beschluss des SG vom 27. Januar 2010 für die Zeit ab 12. April bis 31. Juli 2010 nur insoweit abzuändern, als es die Verpflichtung des Antragstellers zur darlehensweisen Gewährung der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nur noch in Höhe von 565,41 Euro (für den Monat April 2010 bei 19 Tagen anteilig 358,15 Euro) betrifft, wobei der Antragsteller dem Antragsgegner die für die Monate April und Mai 2010 bereits geleisteten Zahlungen in Höhe von 1.141,00 Euro entgegenhalten darf.
16 
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG (vgl. BSG SozR 3-1500 § 193 Nr. 6); dabei hat der Senat im Hinblick auf das überwiegende Obsiegen des Antragsgegners von einer Kostenteilung abgesehen.
17 
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 10. Juni 2010 abgeändert. Der Antragsteller wird in Abänderung des Beschlusses vom 27. Januar 2010 (S 3 SO 31/10 ER) verpflichtet, dem Antragsgegner für die Zeit vom 12. April bis 31. Juli 2010 darlehensweise Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung in Höhe 358,15 Euro (April) sowie von monatlich 565,41 Euro (Mai bis Juli) abzüglich bereits geleisteter Zahlungen in Höhe von insgesamt 1.141,00 Euro zu gewähren.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat dem Antragsgegner die außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Gründe

 
Die unter Beachtung der §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG - (in der hier noch anzuwendenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 ) eingelegte Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig und im Umfang des Beschlussausspruchs auch begründet.
Mit dem Sozialgericht Konstanz (SG) geht auch der Senat davon aus, dass der Antragsteller mit seinen zum Hauptsacheverfahren S 3 SO 73/10 sowie zum Verfahren S 3 SO 31/10 ER gelangten Schriftsätzen vom 9. und 15. April 2010 eine Abänderung des unangefochten gebliebenen und damit rechtskräftig gewordenen Beschlusses vom 27. Januar 2010 (S 3 SO 31/10 ER) erreichen möchte. Mit diesem Beschluss hatte das SG dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung insoweit stattgegeben, als der Antragssteller verpflichtet wurde, dem Antragsgegner ab 7. Januar 2010 „vorläufig darlehensweise Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ohne Berücksichtigung des PKW Volvo V40 als Vermögen zu gewähren“.
Eine derartige Abänderungsmöglichkeit von Eilentscheidungen ist im SGG ausdrücklich allerdings nur in § 86b Abs. 1 Satz 4 SGG für Anfechtungssachen vorgesehen; in § 86b Abs. 2 SGG, der den einstweiligen Rechtsschutz in Vornahmesachen regelt und insoweit § 123 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 und 5 der Verwaltungsgerichtsordnung nachgebildet ist (vgl. auch BT-Drucks. 14/5943 S. 25 ), fehlt dagegen eine entsprechende Bestimmung. Dennoch besteht in Rechtsprechung und Schrifttum weitgehend Einigkeit darüber, dass auch bei einstweiligen Anordnungen, die der formellen und materiellen Rechtskraft fähig sind (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 8. September 2010 - L 7 SO 3038/10 ER-B -), dem im Einzelfall bestehenden Bedürfnis nach Aufhebung oder Abänderung aus Gründen der Effektivität des Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes) Rechnung zu tragen ist (vgl. Bundesverfassungsgericht BVerfGE 92, 245, 260; Landessozialgericht Berlin, Beschlüsse vom 10. Juli 2002 - L 15 B 39/02 KR ER - NZS 202, 670 und vom 26. Oktober 2004 - L 15 B 88/04 KR ER -; Bay. LSG, Beschluss vom 16. Juli 2009 - L 8 SO 85/09 B ER - ; Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2. Auflage, Rdnr. 335; Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 9. Auflage, §86b Rdnr. 45; Binder in Hk-SGG, 3. Auflage, § 86b Rdnr. 53; Hommel in Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, § 86b SGG Rdnr. 106; zu § 123 VwGO vgl. nur Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. Dezember 2001 - 13 S 1824/01 - NVwZ-RR 2002, 908; Niedersächs. Oberverwaltungsgericht , Beschluss vom 18. Mai 2010 - 8 ME 111/10 - DVBl. 2010, 926; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 5. Auflage, Rdnr. 486; Puttler in Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Auflage, § 123 Rdnr. 128). Dies ist jedenfalls für zusprechende einstweilige Anordnungen (vgl. hierzu etwa Keller in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., Rdnr. 45; Binder in Hk-SGG, a.a.O., Rdnr. 5; ferner BVerfGE 92, 245, 260; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. Dezember 2001 a.a.O.; Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, 4. Auflage, § 123 Rdnrn. 64, 67) - wie hier - nicht umstritten, fraglich vielmehr nur, wie diese vom Gesetzgeber ersichtlich übersehene Gesetzeslücke zu schließen ist. Für den einstweiligen Rechtsschutz in Zivilsachen ist eine Abänderung der Eilentscheidung in § 927 der Zivilprozessordnung (ZPO) ausdrücklich vorgesehen. Diese Verfahrensregelung kann jedoch nach Auffassung des Senats entgegen einer verbreiteten Meinung (vgl. Keller in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O.; zu § 123 VwGO Hamb. OVG, Beschluss vom 20. Juni 1994 - Bs IV 122/94 - FEVS 45, 189; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12. Mai 1995 - 1 S 1310/95 - DVBl. 1995, 929) für einstweilige Anordnungen schon deswegen nicht herangezogen werden, weil die Bestimmung des § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG, die die entsprechende Anwendung von Vorschriften der ZPO über den Arrest und die einstweilige Verfügung anordnet (vgl. auch BT-Drucks. 14/5943 a.a.O.), § 927 ZPO ausdrücklich aus der Verweisungskette ausnimmt (so auch Krodel, a.a.O.; zu § 123 Abs. 3 VwGO ferner VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. Dezember 2001 a.a.O.; Niedersächs. OVG, Beschluss vom 18. Mai 2010 a.a.O.; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., Rdnr. 491; Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 123 Rdnr. 176; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Auflage, § 123 Rdnr. 35; Funke-Kaiser in Bader u.a., a.a.O., Rdnr. 64). Hinzu kommt, dass die Abänderung einer Eilentscheidung nach der Vorschrift des § 927 ZPO nur unter einschränkenden Voraussetzungen möglich ist, während Beschlüsse in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 86b Abs. 1 SGG in Satz 4 a.a.O. „jederzeit“, d.h. ohne Bindung an Fristen und ohne dass eine Änderung der Sach- und Rechtslage vorausgesetzt wird (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Dezember 2009 - L 7 SO 5021/09 ER - ; BT-Drucks. 14/5943 a.a.O.; Keller in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., Rdnr. 20; Binder in Hk-SGG, a.a.O., Rdnr. 29; Hommel in Peters/Sautter/Wolff, a.a.O., Rdnr. 46), abgeändert werden können.
Aus den oben genannten Gründen hält der Senat - gerade auch unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung unterschiedlicher Rechtsschutzstandards in Anfechtungssachen einerseits und Vornahmesachen andererseits (so zu § 123 VwGO auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. Dezember 2001 a.a.O.; Niedersächs. OVG, Beschluss vom 18. Mai 2010 a.a.O.; Verwaltungsgericht Sigmaringen, Beschluss vom 28. Mai 2002 - 4 K 259/02 - ; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., Rdnr. 491; Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, a.a.O., Rdnr. 177; Puttler in Sodan/Ziekow, a.a.O., § 123 Rdnrn. 128 f.) - eine analoge Anwendung des § 86b Abs. 1 Satz 4 SGG in Anordnungsverfahren nach § 86b Abs. 2 SGG für geboten (im Ergebnis ebenso Bay. LSG, Beschluss vom 16. Juli 2009 a.a.O.; Krodel, a.a.O.; Adolf in Hennig, SGG, § 86b Rdnr. 101; wohl auch LSG Berlin, Beschlüsse vom 10. Juli 2002 und 26. Oktober 2004 a.a.O.; vgl. ferner BVerfGE 92, 245, 260). Mit der vom Senat bejahten entsprechenden Anwendung des § 86b Abs. 1 Satz 4 SGG auf Vornahmesachen ist zugleich auch geklärt, dass zuständig für die Abänderung einer einstweiligen Anordnung, die anders als § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO und § 69 Abs. 6 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung eines Antrags bedarf (vgl. LSG Berlin, Beschlüsse vom 10. Juli 2002 und 26. Oktober 2004 a.a.O.; Keller in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., Rdnr. 20a; Binder in Hk-SGG, a.a.O., Rdnr. 29), in jedem Fall - im Gegensatz zur Regelung in § 927 Abs. 2 2. Halbs. ZPO - das Gericht der Hauptsache ist (vgl. § 86 Abs. 1 Satz 4 SGG); dies war hier das SG.
Die Voraussetzungen für die Abänderung des Beschlusses des SG vom 27. Januar 2010 (S 3 SO 31/10 ER) unter analoger Heranziehung des § 86 Abs. 1 Satz 4 SGG sind jedoch nur zum Teil erfüllt. Zu beachten ist, dass der Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 4 SGG kein zusätzliches Rechtsmittel darstellt; das Verfahren dient - im Gegensatz zur Beschwerde - nicht der Überprüfung, ob die vorangegangene Eilentscheidung (hier der vorbezeichnete Beschluss des SG) formell und materiell rechtmäßig ist (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Dezember 2009 a.a.O.; Bundesverwaltungsgericht BVerwGE 80, 16, 17; BVerwG, Beschluss vom 25. August 2008 - 2 VR 1/08 - ; ferner Krodel, a.a.O., Rdnr. 185). Zu prüfen ist im Abänderungsverfahren, das ein selbständiges Verfahren darstellt, vielmehr allein, ob die Ausgangsentscheidung - gemessen am Maßstab des § 86b Abs. 1 Satz 4 SGG - auch in Zukunft fortbestehen kann oder aber abzuändern ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 6. Dezember 2001 a.a.O. und vom 6. Mai 2002 - 11 S 616/02 - NVwZ-RR 2002, 911; Niedersächs. OVG, Beschluss vom 18. Mai 2010 a.a.O.; VG Sigmaringen, Beschluss vom 28. Mai 2002 a.a.O.; Puttler in Sodan/Ziekow, a.a.O., Rdnr. 183). Im Rahmen des Abänderungsverfahrens kann indessen die Rechtskraft der zuvor ergangenen Entscheidung nach Auffassung des Senats nicht völlig außer Acht gelassen werden. Eine Abänderung nach § 86b Abs. 1 Satz 4 SGG ist deshalb, obgleich sie jederzeit (vgl. nochmals Senatsbeschluss vom 17. Dezember 2009 a.a.O.) möglich ist, nicht völlig in das Belieben des Gerichts gestellt (so auch Hommel in Peters/Sautter/Wolff, a.a.O., Rdnr. 46; zu § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO Hess. VGH, Beschluss vom 12. Juni 1996 - 10 Q 1293/95 - NVwZ-RR 1997, 446; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 4. Februar 1999 - 11 B 74/99 - NVwZ 1999, 894; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 18. November 2004 - 1 M 287/04 - NVwZ-RR 2006, 365; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., Rdnr. 1179; Kopp/Schenke, a.a.O., § 80 Rdnr. 192).
Eine Abänderungsbefugnis entsprechend § 86b Abs. 1 Satz 4 SGG ist sonach zu bejahen, wenn nachträglich eingetretene oder bekannt gewordene Gegebenheiten den Fall in tatsächlicher Hinsicht in einem neuen Licht erscheinen lassen oder eine Gesetzesänderung oder eine zwischenzeitlich ergangene höchstrichterliche Entscheidung zu einer veränderten Beurteilung der Rechtlage führt (vgl. Bundesfinanzhof , Beschlüsse vom 26. September 2008 - VIII B 37/08 - und vom 28. November 2008 - VIII S 27/07 (PKH) - ; ferner Krodel, a.a.O, Rdnr. 185). Darüber hinaus kann die Korrektur einer Eilentscheidung entsprechend § 86b Abs. 1 Satz 4 SGG aber auch schon dann erfolgen, wenn auf der Grundlage besserer Rechtserkenntnis und der darauf folgenden neuen Prozesslage für die Anpassung an die Entwicklung in der Hauptsache ein Bedürfnis besteht (vgl. BVerwG Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 45; BVerwGE 80, 16, 18; ferner BVerfG, Kammerbeschluss vom 19. April 1994 - 1 BvR 87/94 - ; BFH, Beschluss vom 15. September 2010 - I B 27/10 - ). Ein bloßer Wandel in der Meinungsbildung - etwa infolge eines Wechsels in der Besetzung des Spruchkörpers oder in der Zuständigkeit des Gerichts - rechtfertigt für sich allein jedoch noch nicht eine Änderung der bisher getroffenen Entscheidung (vgl. BVerwG Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 45; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 4. Februar 1999 a.a.O.; ferner Adolf in Hennig, a.a.O., Rdnr. 58; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., Rdnr. 1179); dem stünden schon die mit der Rechtskraft einer Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz verbundenen Gesichtspunkte der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens sowie der Grundsatz der Selbstbindung des Gerichts (§ 202 SGG i.V.m. § 318 ZPO) entgegen. Die Voraussetzungen für die Abänderung einer einstweiligen Anordnung sind deshalb nur bei ihrer Korrekturbedürftigkeit entsprechend den oben genannten Maßstäben gegeben; zu denken ist etwa an schwere Tatsachen- und Rechtsirrtümer des Gerichts oder ihm unterlaufene schwere Verfahrensfehler (vgl. auch Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O.). Erschöpft sich ein Abänderungsantrag dagegen im Wesentlichen in der Wiederholung früheren Vorbringens, so steht einem derartigen Antrag regelmäßig die Rechtskraft der früheren Entscheidung entgegen (BVerwG Buchholz a.a.O.).
Unter Beachtung dieser Grundsätze kann dem Abänderungsantrag des Antragstellers nur teilweise stattgegeben werden. Der Beschluss vom 27. Januar 2010 (S 3 SO 31/10 ER) ist zwar korrekturbedürftig geworden, nachdem der Antragsgegner, der ausweislich der Feststellungen des Rentenversicherungsträgers (Mitteilung vom 23. Januar 2004) dauerhaft voll erwerbsgemindert ist, mit seiner Frau und Tochter, die beide im Regelungszeitraum im Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) standen, in der Folgezeit zum 1. April 2010 von B.-Ludwigshafen nach E. umgezogen ist; dieser Umstand wirkte sich allerdings nur insoweit aus, als die - vom Antragsgegner auf der Grundlage des den vorbezeichneten Beschluss ausführenden Bescheids vom 16. Februar 2010 bewilligten - Grundsicherungsleistungen (ab Februar 2010 monatlich 570,50 Euro) wegen der nunmehr geänderten Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (§ 42 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 29 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch) der Höhe nach anzupassen waren; dem hat der Senat im Beschlussausspruch unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses vom 10. Juni 2010 sowie des Beschlusses vom 27. Januar 2010 - ausgehend von den aus den Verwaltungsakten ersichtlichen, unter dem 18. Juni 2010 vorgenommenen Berechnungen des Antragsstellers über einen nunmehr denkbaren monatlichen Bedarf des Antragstellers von 565,41 Euro sowie unter Berücksichtigung der für die Monate April und Mai 2010 noch erbrachten Zahlungen in Höhe von jeweils 570,50 Euro - unter Beachtung der im Beschluss des SG vom 27. Januar 2010 (S 3 SO 31/10 ER) auf die Zeit bis 31. Juli 2010 begrenzten Verpflichtung des Antragstellers Rechnung getragen.
Eine weitere Korrektur dieses Beschlusses hält der Senat allerdings nicht für angezeigt. Zweifel an der Hilfebedürftigkeit des Antragsgegners (§ 19 Abs. 2 SGB XII) hat der Antragsteller - soweit ersichtlich - zuletzt nur noch insoweit geäußert, als er von der Pflicht zur Verwertung des seit 13. August 2007 auf jenen zugelassenen Personenkraftwagens der Marke Volvo „V40“ (Erstzulassung 9. Februar 2004; amtl. Kennzeichen ...-... ...) ausgegangen ist. Demgegenüber hat er auf eine Verwertbarkeit des offenkundig von der Ehefrau des Antragsgegners genutzten Fahrzeugs der Marke Volkswagen „Polo“ (Erstzulassung 6. Mai 1988, amtl. Kennzeichen ...- ), das ausweislich der vom Antragsgegner vorgelegten Unterlagen bereits am 19. April 2010 amtlich abgemeldet und schließlich am 6. August 2010 zur Verschrottung an einen Demontagebetrieb gegeben worden ist, zu Recht nicht mehr abgestellt (vgl. im Übrigen zur Anwendbarkeit der Härtefallregelung des § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII bei einem angemessenen Kraftfahrzeug im Rahmen einer gemischten Bedarfsgemeinschaft aus Beziehern von Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII BSGE 100, 139 = SozR 4-3500 § 82 Nr. 4). Auch hinsichtlich des seit 6. März 2009 auf den Antragsgegner zugelassenen Kraftfahrzeugs der Marke Opel „Corsa“ (Erstzulassung 16. Juli 1998, amtl. Kennzeichen ...- ) geht der Senat nach der im vorliegenden Verfahren gebotenen, jedoch ausreichenden summarischen Prüfung aufgrund der bereits erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 19. Mai 2010 vorgelegten eidesstattlichen Versicherung des Enkels des Antragsgegners Ma. Be. (geb. 1991) sowie des mit Schriftsatz vom 31. Mai 2010 eingereichten Kaufvertrags vom 5. März 2009 davon aus, dass das Fahrzeug von Anfang an im Eigentum des Enkels stand, von diesem ausschließlich genutzt und unterhalten wird, nunmehr auf ihn umgemeldet worden ist und im ersten Jahr auf den Antragsgegner als Halter lediglich deswegen zugelassen worden war, um bei Ausnutzung von dessen günstiger Schadensfreiheitsklasse (nach seinen Angaben im Schreiben vom 13. August 2010 nach einem Prozentsatz von 30) die für einen Fahranfänger hohen Versicherungsprämien zu vermeiden. Ferner vermag der Senat im vorliegenden summarischen Verfahren einen Verstoß gegen die dem Antragsgegner gemäß §§ 60, 62 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) obliegenden Mitwirkungspflichten nicht zu erkennen. Seinen zum 1. April 2010 bevorstehenden Umzug in die J.straße in E. hatte dieser dem Antragssteller bereits in seiner E-Mail vom 10. März 2010 sowie seinem Schreiben vom selben Tage (eingegangen beim Antragsteller am 12. März 2010) angezeigt. Dennoch hatte der Antragssteller im Gutachtensauftrag an das Gesundheitsamt vom 10. März 2010 die alte Anschrift des Antragsgegners in B.-Ludwigshafen angegeben und diese zunächst auch nicht korrigiert, vielmehr das Aufforderungsschreiben vom 8. April 2010 ebenfalls an die alte Adresse gerichtet. Viel spricht dafür, dass der Antragsgegner, der seinen Angaben zufolge lediglich bei der Deutschen Post AG einen Nachsendeantrag gestellt hatte, dieses Schreiben, das vom Antragsteller mittels des privaten Briefzustellers ... GmbH versandt worden ist, nicht oder zumindest nicht rechtzeitig erhalten hat. Der Aufforderung zur Untersuchung auf dem Gesundheitsamt ist der Antragsgegner jedenfalls spätestens Anfang Mai 2010 nachgekommen; dass die Untersuchung erst im Juni 2010 stattfinden konnte, beruhte allein darauf, dass ein früherer Termin wegen der Auslastung der ärztlichen Untersuchungsstelle vorher nicht möglich war (vgl. E-Mail des Gesundheitsamts an den Antragsteller vom 6. Mai 2010). Demgemäß ist der für die Leistungsgewährung seinerzeit zuständige Sachbearbeiter auch zur Auffassung gelangt, dass die Leistungseinstellung zum 1. Juni 2010 nunmehr aufgehoben werden könne; er sah sich allerdings hieran aufgrund des zwischenzeitlich ergangenen Beschlusses des SG vom 10. Juni 2010 gehindert (vgl. Aktenvermerk vom 18. Juni 2010). Nach allem bedarf es hier keiner weiteren Erörterungen dazu, ob die Hinweise auf § 66 SGB I im vorbezeichneten Schreiben vom 8. April 2010 den an eine ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung (§ 66 Abs. 3 SGB I) zu stellenden Anforderungen (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 8. April 2010 - L 7 AS 304/10 ER-B ; ferner Bundessozialgericht , Urteil vom 18. Februar 2010 - B 14 AS 53/08 R - ) genügten, sowie des Weiteren, ob der Antragsteller in dem im Klageverfahren S 3 SO 1680/10 fristgerecht angefochtenen Versagungsbescheid vom 5. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Juni 2010 der nach der Sanktionsnorm des § 66 Abs. 1 SGB I geforderten Ermessensausübung (vgl. hierzu BSGE 76, 16, 25 = SozR 3-1200 Nr. 3; BSG SozR 4-1200 § 66 Nr. 1; BVerwGE 71, 8, 12) hinreichend nachgekommen ist. Diese vorgenannten Bescheide vermögen im Übrigen für sich allein schon deswegen eine Abänderung der früheren Eilentscheidung nicht zu begründen, weil sie aufgrund der Anfechtung im vorgenannten Klageverfahren nicht bestandskräftig (§ 77 SGG) geworden sind; deshalb kann offenbleiben, ob die Bescheide, die im Widerspruch zu der dem Antragsteller aus der einstweiligen Anordnung vom 27. Januar 2010 auferlegten Verpflichtung stehen, überhaupt geeignet gewesen wären, die Rechtswirkungen dieser rechtskräftig gewordenen Entscheidung des SG zu beseitigen (vgl. hierzu auch Hamb. OVG, Beschluss vom 20. Juni 1994 a.a.O.; VG Sigmaringen, Beschluss vom 28. Mai 2002 a.a.O.).
Somit verbleibt lediglich der vom Antragsteller vorgebrachte Abänderungsgrund einer Verwertung des dem Antragsgegner gehörenden Volvo „V40“ (Erstzulassung Februar 2004), eines Kraftfahrzeugs der unteren Mittelklasse. Die Voraussetzungen für eine weitere als die im Beschlusstenor ausgesprochene Korrektur des Beschlusses des SG vom 27. Januar 2010 sind nach den oben aufgezeigten Maßstäben indessen nicht gegeben.
10 
Freilich kennt das SGB XII im Gegensatz zu § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB II eine gegenstandsbezogene Privilegierung von Kraftfahrzeugen nicht. Diese gehören weder zum Schonvermögen im Sinne des § 90 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII noch sind sie über § 90 Abs. 2 Nr. 7 SGB XII geschützt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. Juli 1991 - 5 B 57/91 - ; BVerwGE 106, 105, 113); sie können jedoch mittelbar über die Barbetragsregelung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII geschont sein (vgl. Senatsbeschlüsse vom 13. April 2010 - L 7 SO 588/10 ER-B - und vom 23. September 2010 - L 7 SO 2985/10 ER-B -; BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 1997 - 5 C 6/97 - DÖV 1998, 689; BVerwGE 106, 105 112 ff.). Allerdings hatte das Fahrzeug des Antragsgegners nach den von den Beteiligten nicht angegriffenen Erhebungen des SG mittels Internet-Recherche im Portal „www.dat.de/fzgwerte“ noch einen Zeitwert von über 4.800 Euro, was immer noch weit über dem vom Antragssteller gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a, Nrn. 2 und 3 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 des SGB XII (DVO zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII) vom 11. Februar 1988 (BGBl. I S. 150), zuletzt geändert durch Art. 15 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3022), zugestandenen Schonbetrag von 3.470,00 Euro liegt. Das rechtfertigt eine Abänderung des Beschlusses vom 27. Januar 2010 indessen nicht. Dabei kann dahinstehen, ob das Fahrzeug, das für einen SGB II-Leistungsberechtigten bei dem vorgenannten Wert privilegiert wäre (vgl. zum angemessenen Kraftfahrzeug nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB II BSGE 99, 77 = SozR 4-4200 § 12 Nr. 5<7.500,00 Euro>), nicht bereits über die Härteregelung des § 90 Abs. 3 SGB XII (vgl. hierzu nochmals BSGE 100, 139 = SozR 4-3500 § 82 Nr. 4) geschützt wäre oder ob eine Härte deswegen zu verneinen wäre, weil der in der gemischten Bedarfsgemeinschaft weiter vorhandene Volkswagen „Polo“ erst außerhalb des Regelungszeitraums der einstweiligen Anordnung am 6. August 2010 zur Verschrottung abgegeben worden ist. Allein das dem Antragsgegner bei einem Grad der Behinderung von 60 gemäß § 69 Abs. 4 i.V.m. § 145 Abs. 1 Satz 1, § 146 Abs. 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch zuerkannte Merkzeichen „G“ (vgl. Bescheid vom 3. September 2008) vermag per se jedenfalls weder eine Erhöhung des Barbetrags nach § 2 der DVO zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII noch einen Härtefall im Sinne des § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII zu begründen, weil dieses Merkzeichen von der Unfähigkeit zur Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel gerade nicht ausgeht und sich damit von dem die Notwendigkeit zur Benutzung des eigenen Kraftfahrzeugs bei schwerst eingeschränkter Fortbewegungsfähigkeit voraussetzenden Nachteilsausgleich „aG“ (vgl. hierzu § 6 Nr. 14 des Straßenverkehrsgesetzes) wesentlich unterscheidet (vgl. nochmals Senatsbeschluss vom 23. September 2010 a.a.O.).
11 
Eine Härte liegt nach § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII indessen vor, wenn aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles, wie z.B. der Art, Schwere und Dauer der Hilfe, dem Alter, dem Familienstand oder den sonstigen Belastungen des Vermögensinhabers und seiner Angehörigen, eine typische Vermögenslage deshalb zu einer besonderen Situation wird, weil die soziale Stellung des Hilfesuchenden insbesondere wegen einer Behinderung, Krankheit oder Pflegebedürftigkeit nachhaltig beeinträchtigt ist (vgl. BSG SozR 4-3500 § 90 Nr. 1). Von der Härtefallregelung werden mithin nur atypische Fälle erfasst, bei denen aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls der Vermögenseinsatz die Betroffenen ganz oder teilweise unbillig belasten und den im Gesetz zum Ausdruck gekommenen Leitvorstellungen des Gesetzgebers nicht gerecht würde (vgl. BSG SozR 4-5910 § 88 Nr. 3).
12 
Einen derartigen Härtefall hatte das SG im rechtskräftig gewordenen Beschluss vom 27. Januar 2010 angenommen, weil der Antragsgegner zur Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu der ihn aktenkundig behandelnden Hausärztin Dr. P. von B.-Ludwigshafen nach R.-M. jeweils zwei Umsteigevorgänge mit Fußmärschen zwischen 100 und 700 m zu bewältigen habe; hieraus folge zumindest für die summarische Prüfung im Eilverfahren mit hinreichender Sicherheit, dass der Verzicht auf ein Kraftfahrzeug für den Antragsteller einen erheblichen Nachteil im Sinne einer Härte bedeute. Von dieser Auffassung, die das SG allein auf die vorbezeichneten Umstände gestützt hat und die vom Antragsteller im Übrigen nicht im Instanzenzug mittels der Beschwerde angegriffen worden sind, ist bei der vorliegenden Prüfung, ob im Rahmen der hier entsprechend anzuwendenden Vorschrift des § 86b Abs. 1 Satz 4 SGG ein Bedürfnis nach Korrektur der Ausgangsentscheidung besteht, auszugehen.
13 
Die Voraussetzungen für eine Reaktion des Gerichts entsprechend § 86b Abs. 1 Satz 4 SGG liegen entgegen der Auffassung des SG und des Antragstellers indessen hier nur eingeschränkt, nämlich insoweit vor, als es die Höhe der Grundsicherungsleistungen betrifft; dies wurde bereits oben dargestellt. Das SG hat im angefochtenen Beschluss vom 10. Juni 2010, freilich ohne das seinerzeit noch nicht vorliegende Gutachten des Gesundheitsamts vom 21. Juni 2010 zur Hand zu haben, allein darauf abgestellt, dass der Antragsgegner nach seinem Umzug nach E. zu Arztbesuchen beispielsweise in M. bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht mehr mehrfach umsteigen müsse, sondern diese nunmehr mit der Bahn ohne Umsteigen durchführen könne, wobei auf dieser Strecke niederflurige Fahrzeuge moderner Bauart eingesetzt würden. Dies reicht für eine Abänderung des unanfechtbar gewordenen Beschlusses vom 27. Januar 2010 unter den gegebenen Umständen jedoch nicht aus. Denn der Antragsgegner hat unter Vorlage eines Routenplaners geltend gemacht, dass er von seiner Wohnung in E. bis zum dortigen Bahnhof bereits 700 m benötige sowie vom Bahnhof in der Unterdorfstraße in M. bis zu der in der O.straße ansässigen Hausärztin weitere 350 m. Legt man wiederum die Ausführungen der Gesundheitsamtsärztin Dr. E. im Gutachten vom 21. Juni 2010 zugrunde, so hat diese in Anbetracht der erhobenen Befunde eine Wegstrecke von 100 bis 700 m nur teilweise, je nach Tagesform, für möglich gehalten; sie hat des Weiteren ausgeführt, dass dem Antragsgegner am Tag der Untersuchung eine weitere als die angegebene Wegstrecke kaum möglich gewesen sei und er auf dem Weg nach draußen bereits nach etwa 100 m eine kurze Ruhepause habe einlegen müssen.
14 
In Anbetracht all dieser Umstände ist eine vollständige Aufhebung des Beschlusses vom 27. Januar 2010 bei der hier gebotenen und ausreichenden summarischen Prüfung nicht angezeigt; beim derzeitigen Erkenntnisstand ist - abgesehen von der durch den Umzug des Antragsgegners erforderlich gewordenen Korrektur des Leistungsbetrags der Grundsicherung - eine neue Prozesslage im eingangs dargestellten Sinne nicht eingetreten. Ob der Antragsgegner aufgrund der vorhandenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen öffentliche Verkehrsmittel nicht mehr zumutbar benutzen kann (vgl. hierzu Lücking in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 90 Rdnr. 72; W. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 17. Auflage, § 90 Rdnr. 7; Dau jurisPR-SozR 7/2009 Anm. 5), bedarf vielmehr weiterer Aufklärung, die vorliegend nicht zu leisten, sondern dem Hauptsacheverfahren vorzubehalten ist.
15 
Nach allem war der Beschluss des SG vom 27. Januar 2010 für die Zeit ab 12. April bis 31. Juli 2010 nur insoweit abzuändern, als es die Verpflichtung des Antragstellers zur darlehensweisen Gewährung der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nur noch in Höhe von 565,41 Euro (für den Monat April 2010 bei 19 Tagen anteilig 358,15 Euro) betrifft, wobei der Antragsteller dem Antragsgegner die für die Monate April und Mai 2010 bereits geleisteten Zahlungen in Höhe von 1.141,00 Euro entgegenhalten darf.
16 
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG (vgl. BSG SozR 3-1500 § 193 Nr. 6); dabei hat der Senat im Hinblick auf das überwiegende Obsiegen des Antragsgegners von einer Kostenteilung abgesehen.
17 
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

Nur unter besonderen Umständen kann die Aufhebung einer einstweiligen Verfügung gegen Sicherheitsleistung gestattet werden.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 15. Juni 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe

 
Die unter Beachtung der §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eingelegte Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.). Der Antrag ist schon vor Klageerhebung zulässig (§ 86b Abs. 3 SGG).
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt zunächst die Statthaftigkeit und Zulässigkeit des Rechtsbehelfs voraus. Die Begründetheit des Antrags wiederum hängt vom Vorliegen der Anordnungsvoraussetzungen, nämlich den Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) sowie der Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung (Anordnungsgrund), ab (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164). Die Anordnungsvoraussetzungen sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung).
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen nicht vor. Der von der Antragstellerin am 4. Juni 2010 beim Sozialgericht Mannheim erneut gestellte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist bereits aufgrund der Rechtskraft des unanfechtbaren Senatsbeschlusses vom 13. April 2010 (L 7 SO 588/10 ER-B) unzulässig.
Beschlüsse in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erwachsen in Ansehung der Vorschriften der §§ 172, 177 SGG in formelle Rechtskraft; darüber hinaus ist in Rechtsprechung und Schrifttum - soweit ersichtlich - einhellig anerkannt, dass sie auch der materiellen Rechtskraft (entsprechend § 141 SGG) fähig sind (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Dezember 2009 - L 7 SO 5021/09 ER -; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23. Juli 2007 - L 19 B 86/07 AS -; Schleswig-Holst. LSG, Beschluss vom 22. Oktober 2007 - L 4 B 583/07 KA ER -; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. November 2007 - L 8 AL 3045/07 B -; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5. November 2008 - L 34 B 1982/08 AS ER - ; Bundesfinanzhof BFHE 166, 114; Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2. Auflage, Rdnrn. 40 ff.; Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 9. Auflage, § 86b Rdnr. 44; Binder in Hk-SGG, 3. Auflage, § 86b Rdnr. 62; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 5. Auflage, Rdnrn. 79 ff.). Die Rechtskraft dient dem Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit, indem der wiederholte Streit der Beteiligten über dieselbe Streitsache mit der Gefahr einander widersprechender Entscheidungen verhindert wird (vgl. Bundessozialgericht BSGE 13, 181; BSG SozR 4-1500 § 141 Nr. 1; Bundesverwaltungsgericht BVerwGE 91, 256; Keller in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 141 Rdnr. 3). Ein derartiges Bedürfnis besteht auch im Verfahren der einstweiligen Anordnung, denn dieser Rechtsbehelf hat nicht die bloß vorläufige Regelung eines endgültigen Zustands, sondern die endgültige Regelung eines vorläufigen Zustandes zum Gegenstand (vgl. BFHE 166, 114; Krodel, a.a.O., Rdnr. 43; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., Rdnr. 79). Ein wiederholter, auf dasselbe Rechtsschutzziel gerichteter Antrag ist deshalb im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes jedenfalls bei unveränderter Sach- und Rechtslage unzulässig (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Dezember 2009 a.a.O.; BFHE a.a.O.; Keller in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., Rdnr. 45a; Binder in Hk-SGG, a.a.O.; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., Rdnr. 80). Eine derartige Identität des Streitgegenstandes ist gegeben, wenn das Rechtsschutzbegehren, das durch den erhobenen prozessualen Anspruch, d.h. den im Rahmen des gestellten Antrags dem Gericht zur Entscheidung vorgetragenen Lebenssachverhalt (vgl. Bundesgerichtshof BGHZ 157, 47), bestimmt wird, gleichgeblieben ist und sich auch hinsichtlich der entscheidungserheblichen Normlage, d.h. vor allem bezüglich der der früheren Entscheidung zugrundeliegenden Rechtsvorschriften (vgl. hierzu Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., Rdnr. 86), keine Änderung ergeben hat.
Vorliegend steht dem neuen Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung - ungeachtet der etwaigen Bestandskraft des Ablehnungsbescheids vom 19. Februar 2010 (vgl. hierzu etwa Senatsbeschluss vom 13. Juni 2007 - L 7 AS 2050/07 ER-B - ) - schon die Rechtskraft des Senatsbeschlusses vom 13. April 2010 (L 7 SO 588/10 ER-B) entgegen. Das jetzige einstweilige Rechtsschutzbegehren fußt auf demselben Lebenssachverhalt; neue, erst nach Abschluss des vorgenannten Verfahrens eingetretene Tatsachen hat die Antragstellerin ebenso wenig vorgebracht, wie sich die entscheidungserhebliche Normlage geändert hat. Die Antragstellerin begehrt im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach wie vor allein Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII); Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel möchte sie, wie sie mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 22. Juli 2010 nochmals klargestellt hat, wegen der alsD.n befürchteten „Refinanzierung“ über Ihre Kinder, d.h. eines nur für Grundsicherungsleistungen unter den Voraussetzungen des § 43 Abs. 2 SGB XII ausgeschlossenen gesetzlichen Forderungsübergangs (vgl. hierzu § 94 SGB XII), nicht beanspruchen, sodass das so genannte „Meistbegünstigungsprinzip“ (vgl. hierzu etwa BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr.1; BSGE 100, 131 = SozR 4-3500 § 90 Nr. 3) hier nicht zum Tragen kommt. Gerade hinsichtlich der Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel hatte die Antragstellerin indessen schon im früheren Verfahren vor dem Senat (L 7 SO 588/10 ER-B) eine einstweilige Regelung erstrebt. Solche Leistungen hatte der Senat indessen im Beschluss vom 13. April 2010 mangels eines Anordnungsanspruchs abgelehnt; in den Gründen, die zur Bestimmung der Tragweite der Rechtskraftwirkung heranzuziehen sind (vgl. Keller in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 141 Rdnr. 7a; ferner BSGE 8, 185), hatte der Senat den Anordnungsanspruch deswegen verneint, weil bei der Antragstellerin die Voraussetzungen für einen Anspruchsausschluss nach § 41 Abs. 4 SGB XII aufgrund grob schuldhaften Herbeiführens ihrer Bedürftigkeit vorlägen. Dass das vom Senat als verwertbares - die nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII geschützten Beträge weit übersteigendes - Vermögen herangezogene, (leistungsschädlich) an den Sohn D. K. verkaufte Kraftfahrzeug der Marke Chevrolet Nubira Wagon CX nicht in ihrem Eigentum gestanden habe, hatte die Antragstellerin bereits im früheren Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ohne Erfolg geltend gemacht. Ganz abgesehen davon hat sie nunmehr (vgl. Anlage zum Schriftsatz vom 20. August 2010) eingeräumt, im Jahr 2009 vom Erlös aus dem Verkauf des Autos an ihren Sohn gelebt zu haben, was nicht nachvollziehbar wäre, wenn ihr dieses nicht auch gehört hätte. Auch ihr weiteres Vorbringen, insbesondere zum Verkehrswert des Fahrzeugs, enthält keine neuen, erst nach Erlass des Senatsbeschlusses vom 13. April 2010 entstandene Tatsachen. Unerheblich ist im Rahmen des § 41 Abs. 4 SGB XII, der einen vollständigen Leistungsausschluss regelt (vgl. Niewald in LPK-SGB XII, 8. Auflage, § 41 Rdnr. 19; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Auflage, § 41 Rdnr. 27; auch BSGE 100, 131 = SozR 4-3500 § 90 Nr. 3), der von der Antragstellerin angesprochene Aufbrauch des Vermögens bei „fiktiver Betrachtung“; ohnehin ist ein fiktiver Vermögensverbrauch dem Sozialhilferecht fremd (vgl. Hess. LSG, Beschluss vom 18. September 2006 - L 7 SO 49/06 ER -; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 12. August 2009 - L 8 B 4/07 SO ; ferner schon BVerwGE 106, 105; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, a.a.O., § 90 Rdnr. 27; Zeitler in Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, § 90 SGB XII, Rdnr. 21).
Aus den genannten Gründen ist der erneut gestellte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung unzulässig. Einen Abänderungsantrag (entsprechend § 86b Abs. 1 Satz 4 SGG oder § 927 Abs. 2 ZPO) hatte die Antragstellerin ersichtlich nicht gestellt; ein derartiger Antrag dürfte ohnehin nur bei zusprechenden einstweiligen Anordnungen, nicht dagegen bei ablehnenden Entscheidungen in Betracht kommen (vgl. Keller in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 86b Rdnrn. 45, 45a; Binder in Hk-SGG, a.a.O., Rdnr. 50; ferner Senatsbeschluss vom 17. Dezember 2009 a.a.O.). Dem Senat ist sonach im vorliegenden Eilverfahren eine erneute sachliche Prüfung des vorläufigen Rechtsschutzbegehrens der Antragstellerin verwehrt.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG (vgl. BSG SozR 3-1500 § 193 Nr. 6).
Aus den oben genannten Gründen hat das Prozesskostenhilfegesuch der Antragstellerin keinen Erfolg (§ 73a Abs. 1 SGG i.V.m. § 114 ZPO), weshalb es auf die weiteren Bewilligungsvoraussetzungen nicht mehr ankommt.
10 
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.