Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 16. Jan. 2018 - L 11 KR 1930/16

bei uns veröffentlicht am16.01.2018

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 13.04.2016 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 850,83 EUR festgesetzt.

Tatbestand

 
Streitig ist die Vergütung einer Krankenhausbehandlung.
Die Klägerin betreibt eine nach § 108 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelassene Hochschulklinik, die Beklagte ist eine gesetzliche Krankenkasse.
Die am … 2009 geborene L. P. (im Folgenden: Versicherte), die im Rahmen der Familienversicherung bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert ist, wurde am 19.09.2011 in der Augenklinik der Klägerin behandelt. Beim Vater der Versicherten hatte nach einer Retinoblastom-Erkrankung ein Auge entfernt werden müssen; bei der Versicherten erfolgte aufgrund der Vererblichkeit der Erkrankung eine Kontrolluntersuchung von Netzhaut und Auge. Im Bundesgebiet gibt es nur drei Zentren, die bei Kleinkindern Retinoblastom-Untersuchungen und eine entsprechende Behandlung durchführen, die Augenklinik beim Universitätsklinikum E., die C. in B. und die Augenklinik der Klägerin.
Die Versicherte wurde am 19.09.2011 um 07:02 Uhr in der Augenklinik der Klägerin zur Durchführung der Netzhautkontrolluntersuchung mit Funduskopie in Vollnarkose aufgenommen und nach stationärer Überwachung noch am selben Tag um 17:00 Uhr nach Hause entlassen.
Die Klägerin stellte der Beklagten mit Rechnung vom 14.10.2011 einen Betrag von 850,83 EUR in Rechnung, der von der Beklagten zunächst in voller Höhe gezahlt wurde. Die Klägerin kodierte die Hauptdiagnose nach ICD-10 mit Z03.8 („Beobachtung bei sonstigen Verdachtsfällen“) und hierauf gestützt die DRG Z64B („Andere Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen und Nachbehandlung nach abgeschlossener Behandlung ohne komplexe Radiojoddiagnostik“).
Die Beklagte veranlasste eine Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung R.-P. (MDK). In einer sozialmedizinischen Stellungnahme vom 12.12.2011 (Bl 73 Verwaltungsakte) vertrat Dr. M. die Auffassung, dass die durchgeführte Untersuchung hätte ambulant erfolgen können. Es habe keine medizinische Notwendigkeit der Aufnahme in ein Krankenhaus zur vollstationären Behandlung bestanden.
Die Beklagte verlangte hierauf von der Klägerin den aus ihrer Sicht zu Unrecht gezahlten Betrag von 850,83 EUR zurück. Die Klägerin wies darauf hin, dass bei der knapp zweijährigen Versicherten eine Spiegelung des Augenhintergrundes bei Vollnarkose vorgenommen worden sei, was nicht hätte ambulant durchgeführt werden können.
Die Beklagte verrechnete hierauf am 18.04.2012 den aus ihrer Sicht zu Unrecht gezahlten Betrag von 850,83 EUR mit einer anderen unstreitig bestehenden Forderung der Klägerin ihr gegenüber.
Die Klägerin hat am 14.08.2015 Klage beim Sozialgericht Stuttgart gegen die Beklagte auf Rückerstattung des aus ihrer Sicht zu Unrecht einbehaltenen Rechnungsbetrages erhoben. Das Sozialgericht Stuttgart hat mit Beschluss vom 28.09.2015 den Rechtsstreit an das Sozialgericht Reutlingen (SG) verwiesen.
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Die Klägerin hat zur Begründung der Klage vorgetragen, dass die Untersuchung in Vollnarkose habe erfolgen müssen, da bei Kleinkindern die Mitarbeit sehr eingeschränkt sei. Ohne Vollnarkose bestehe die Gefahr, relevante Sachverhalte zu übersehen. Die Untersuchung habe außerdem zusätzliches ärztliches und pflegerisches Personal sowie spezielle Instrumente und Apparaturen, zB für die Intubation, erfordert. Die medizinisch notwendige Überwachung der knapp zweijährigen Versicherten habe einen erhöhten Betreuungsaufwand benötigt, der nicht mit der Behandlung von unbeeinträchtigten Erwachsenen gleichgesetzt werden könne. Die stationäre Behandlung sei notwendig gewesen. Eine entsprechend geeignete ambulante Variante habe nicht zur Verfügung gestanden. Die für die ordnungsgemäße Behandlung erforderlichen personellen und sächlichen Ressourcen würden in der Hochschulambulanz des Universitätsklinikums nicht vorgehalten. Die durchgeführten erforderlichen Untersuchungsmaßnahmen seien deutlich über die Behandlungs- und Versorgungsaufgabe einer Ambulanz hinausgegangen. Von niedergelassenen Augenärzten werde die Untersuchung und Behandlung von Kleinkindern ohne Vollnarkose nicht durchgeführt. Dass das Kind nicht über Nacht aufgenommen worden sei, stehe der Annahme einer stationären Behandlung nicht entgegen.
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Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf die Stellungnahme des MDK Bezug genommen. Die stationäre Behandlung sei medizinisch nicht notwendig gewesen, es habe sich um eine primäre Fehlbelegung gehandelt. Es habe keine Operation und somit keine invasive Behandlung stattgefunden. Die Maßnahmen hätten sich rein auf die Diagnostik beschränkt. Es hätten keine Anhaltspunkte vorgelegen, dass es postinterventionell zu Komplikationen hätte kommen können. Außerdem hätten die Maßnahmen in der Augenklinik in der allgemeinen Ambulanz erfolgen und entsprechend abgerechnet werden können. Da die Versicherte bereits am Aufnahmetag wieder entlassen worden sei, fehle es außerdem an der physischen und organisatorischen Eingliederung in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses, weshalb eine stationäre Behandlung nicht vorliege.
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In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 13.04.2016 hat der Oberarzt der Augenklinik Dr. P. Angaben zur Sache gemacht. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift Bezug genommen (Blatt 81 SG-Akte).
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Mit Urteil vom 13.04.2016 hat das SG die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 850,83 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.04.2012 zu zahlen. Die Klageforderung sei begründet. Der Beklagten stehe kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch in Höhe von 850,83 EUR zu, da sie in dieser Höhe die Behandlung der Versicherten am 19.09.2012 mit Rechtsgrund vergütet habe. Der Klägerin habe ein entsprechender Entgeltanspruch zugestanden. Die bei der Versicherten vorgenommene Untersuchung habe nur im Krankenhaus der Klägerin im Rahmen einer vollstationären Krankenhausbehandlung vorgenommen werden können. Die Untersuchung des Augenhintergrundes bei Kleinkindern müsse in Vollnarkose erfolgen. Das SG hat sich diesbezüglich auf die Auskünfte des Dr. P. in der mündlichen Verhandlung gestützt. Behandlungsalternativen hätten nicht bestanden. Die Hochschulambulanz der Klägerin halte nicht die entsprechenden notwendigen Ressourcen vor.
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Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 26.04.2016 zugestellte Urteil des SG hat die Beklagte am 26.05.2016 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung der Berufung hat sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Das SG habe ohne die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens entschieden und damit gegen den Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen. Das Urteil beruhe im Wesentlichen auf den Aussagen des Dr. P., mithin auf Parteivernehmung. Schon aufgrund dieses Verfahrensfehlers sei das Urteil aufzuheben. Die Voraussetzungen des § 39 SGB V seien gleichfalls nicht erfüllt, da eine stationäre Behandlung nicht erforderlich gewesen sei. Die Untersuchung habe gerade eine Stunde gedauert. Die Versicherte sei noch am selben Tag nach Hause entlassen worden. Selbst wenn eine Vollnarkose erforderlich gewesen sei, hätte ambulant untersucht werden können. Jedenfalls hätte die Behandlung teilstationär nach § 115a Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V durchgeführt werden können.
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Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 13.04.2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Die Aufnahme der Versicherten sei zur Durchführung einer Kontrolluntersuchung von Netzhaut und Auge bei Verdacht eines bösartigen Tumors (Retinoblastom) erfolgt. Diese rein diagnostische Maßnahme habe im stationären Operationssaal unter Vollnarkose erfolgen müssen, weil Eigenbewegungen des Kindes während der diagnostischen Maßnahme hätten ausgeschlossen werden müssen und es bei Kindern in diesem Alter an der notwendigen Kooperationsfähigkeit bei Durchführung des Eingriffs mangele. Die notwendige Apparatur sei in der Hochschulambulanz nicht vorhanden. Dem Kriterium der geplanten Aufenthaltsdauer komme bei rein diagnostischen Maßnahmen keine maßgebliche Bedeutung zu, wenn es um die Frage gehe, ob eine stationäre Krankenhausbehandlung vorliege. Die Versicherte sei physisch und organisatorisch in das spezifische Krankenhausversorgungssystem eingegliedert gewesen. Die komplexe diagnostische Krankenhausbehandlung sei unter Inanspruchnahme ärztlicher und pflegerischer Hilfeleistung erfolgt. Hierbei sei auch ein in der Kinderanästhesie erfahrener Anästhesist beteiligt gewesen. Alternative ambulante Behandlungsmöglichkeiten hätten nicht zur Verfügung gestanden.
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Der Berichterstatter hat in einem Erörterungstermin am 23.11.2017 mit den Beteiligten die Sach- und Rechtslage eingehend erörtert und den Oberarzt Dr. P. als Zeugen gehört. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift (Blatt 106 Senatsakte) Bezug genommen.
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Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
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Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
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Die nach den §§ 143, 144, 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig aber unbegründet. Das SG hat zu Recht die Beklagte verurteilt, der Klägerin 850,83 EUR zu zahlen. Die Klägerin hat einen Zahlungsanspruch gegen die Beklagte in dieser Höhe, da die Beklagte zu Unrecht in dieser Höhe gegen eine andere (unstreitige) Forderungen der Klägerin aufgerechnet hat.
25 
Die Klägerin hat mit der erhobenen (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG die richtige Klageart gewählt (dazu nur BSG 14.10.2014, B 1 KR 25/13, juris; BSG 14.10.2014, B 1 KR 26/13 R, SozR 4-2500 § 301 Nr 3). Es handelt sich um einen sog Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen und eine Klagefrist nicht zu beachten ist (BSG 28.11.2013, B 3 KR 33/12 R, SozR 4-5562 § 9 Nr 5).
26 
Der Klägerin steht ein Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung der Versicherten iHv 850,83 EUR zu. Zwar hatte die Beklagte ursprünglich den gesamten von der Klägerin geltend gemachten Betrag gezahlt, jedoch nachträglich den Vergütungsanspruch mit zwischen den Beteiligten nicht streitigen Vergütungsansprüchen der Klägerin aus anderen Behandlungsfällen gegen die Beklagte verrechnet. Da die Beklagte sich ausschließlich im Wege der Primäraufrechnung mit einer Gegenforderung verteidigt, steht die Hauptforderung selbst außer Streit (BSG 28.11.2013, B 3 KR 33/12 R, aaO; BSG 01.07.2014, B 1 KR 24/13 R, SozR 4-2500 § 301 Nr 2).
27 
Es bestand keine zur Aufrechnung erforderliche Gegenforderung der Beklagten, mit der sie gegen die Hauptforderung der Klägerin wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten analog § 387 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) aufrechnen kann (zur Aufrechnung analog § 387 BGB BSG 01.07.2014, B 1 KR 24/13 R, aaO). Der Beklagten steht als Grundlage für ihre Gegenforderung nicht der von ihr geltend gemachte öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch iHv 850,83 EUR zu (zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch bei Überzahlung von Krankenhausentgelten BSG 28.11.2013, B 3 KR 33/12 R; BSG 01.07.2014, B 1 KR 24/13 R), denn die ursprüngliche Zahlung der Beklagten erfolgte nicht ohne Rechtsgrund. Die Klägerin hatte einen Vergütungsanspruch gegen die Beklagte für die Behandlung der Versicherten 19.09.2011. Streitig ist allein die Frage der Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung, nicht die Kodierung.
28 
Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V (idF des GKV-Finanzierungsgesetzes vom 22.10.2010, BGBl I S 2309) in Verbindung mit § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG (jeweils idF des Krankenhausfinanzierungsreformgesetzes v 17.03.2009, BGBl I S 534) sowie § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG; idF durch das Krankenhausfinanzierungsreformgesetz vom 17.03.2009, BGBl I S 534) und die Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2011 v 23.09.2010 (Fallpauschalenvereinbarung 2011 - FPV-2011) einschließlich der Anlagen 1 bis 6 sowie dem durch Entscheidung der Landesschiedsstelle vom 21.09.2005 festgesetzten Vertrag nach § 112 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V über „Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung“ zwischen der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft und den Verbänden der Krankenkassen mit Ausnahme der vom BSG beanstandeten Regelung in § 19 Abs 2 (BSG 13.11.2012, B 1 KR 27/11 R, BSGE 112, 156 = SozR 4-2500 § 114 Nr 1).
29 
Der Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung eines gesetzlich Krankenversicherten und damit korrespondierend die Zahlungspflicht einer Krankenkasse entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und im Sinne von § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist (BSG 14.10.2014, B 1 KR 25/13 R, KRS 2015, 204; 14.10.2014, B 1 KR 26/13 R, SozR 4-2500 § 301 Nr 3). Bei der Klägerin handelt es sich um eine zugelassene Hochschulklinik (§ 108 Nr 1 SGB V). Die medizinische Notwendigkeit der im vorliegenden Falle vorliegenden vollstationären Krankenhausbehandlung der Versicherten war zur Überzeugung des Senats gegeben. Die Beklagte ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass eine ambulante Behandlung ausreichend gewesen wäre. Bei Kindern im Alter zwischen einem halben Jahr und ca drei Jahren ist zur Untersuchung der Netzhaut zum Ausschluss eines Retinoblastoms eine vollstationäre Krankenhausbehandlung als notwendig iS von § 39 SGB V zu betrachten. Dem steht nicht entgegen, dass bereits zum Zeitpunkt der Aufnahme in das Krankenhaus eine Entlassung des Kindes noch am selben Tag geplant war.
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Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, liegt eine vollstationäre Krankenhausbehandlung stets dann vor, wenn die physische und organisatorische Eingliederung des Patienten in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses sich zeitlich über mindestens einen Tag und eine Nacht erstreckt (vgl hierzu und zum Folgenden BSG 19.09.2013, B 3 KR 34/12 R, SozR 4-2500 § 39 Nr 20 mwN). Dabei kommt es maßgebend auf den Behandlungsplan des Krankenhausarztes an. Eine vollstationäre Behandlung ist danach stets dann gegeben, wenn sie sich nach dem Behandlungsplan des Krankenhausarztes in der Vorausschau zeitlich über mindestens einen Tag und eine Nacht erstreckt, wobei die Entscheidung zum Verbleib des Patienten über Nacht in der Regel zu Beginn der Behandlung vom Krankenhausarzt getroffen wird, allerdings im Einzelfall auch noch später erfolgen kann. Ist dies jedoch nicht der Fall, liegt also kein Krankenhausaufenthalt „über Nacht“ vor, folgt daraus aber nicht im Gegenschluss, dass es sich dann nur um eine ambulante Behandlung handeln kann. Mit dem Kriterium des Behandlungsplanes lässt sich zwar bei Operationen eine in aller Regel praktikable Abgrenzung der stationären Behandlung vom ambulanten Operieren und anderen stationsersetzenden Eingriffen erzielen; allerdings ist diese Definition weniger geeignet, wenn es nicht um die Abgrenzung eines stationären Eingriffs vom ambulanten Operieren oder anderen stationsersetzenden Eingriffen gehe, sondern um die Abgrenzung einer nicht operativen stationären Behandlung von einer ambulanten Behandlung im Krankenhaus geht (vgl BSG 28.02.2007, B 3 KR 17/06 R, SozR 4-2500 § 39 Nr 8). Entscheidend kommt es vielmehr darauf an, in welchem Umfang neben der Dauer der Behandlung der Patient die Infrastruktur des Krankenhauses in Anspruch nimmt (BSG 19.09.2013, B 3 KR 34/12 R, SozR 4-2500 § 39 Nr 20).
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Der Annahme einer vollstationären Krankenhausbehandlung steht im vorliegenden Fall nicht entgegen, dass sich die Versicherte am 19.09.2011 lediglich von 7.02 Uhr bis 17.00 Uhr, also nicht über Nacht, in der Augenklinik der Klägerin aufgehalten hat und dass von vorneherein ein Aufenthalt der Versicherten ohne Übernachtung vorgesehen war. Wie Dr. P. in der mündlichen Verhandlung vor dem SG bestätigt hat, war bei Planung klar, dass das Kind am selben Tag wieder heimgehen werde, sollte nichts Unvorhergesehenes passieren. Zwar geht der Senat davon aus, dass eine vollstationäre Behandlung idR nur vorliegt, wenn der Patient über Nacht im Krankenhaus verbleibt. In Ausnahmefällen ist allerdings auch eine vollstationäre Behandlung nur für einen einzelnen Vollbelegungstag möglich (BSG 19.04.2016, B 1 KR 21/15 R, BSGE 121, 87). Ein solcher Ausnahmefall ist auch hier anzunehmen.
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Bei der durchgeführten Untersuchung der Netzhaut handelt es sich um keinen operativen Eingriff, sondern um eine diagnostische Maßnahme. Die Untersuchung (Erweiterung der Pupille, Einsetzung einer Lidsperre, Drehung und Eindrücken des Auges mit einem Haken zur Untersuchung der gesamten Netzhaut) ist bei Kleinkindern mangels Kooperations- und Einsichtsfähigkeit nur in Vollnarkose möglich. Die Funduskopie (Augenhintergrunduntersuchung), bei der die gesamte Netzhaut untersucht werden muss, würde sonst von den Kindern, die bereits über ausreichende Eigenkräfte verfügen, nicht geduldet. Bei Kindern bis zu etwa einem halben Jahr und bei älteren Kindern ist diese Untersuchung ohne Vollnarkose möglich. Bis zu einem halben Jahr alte Kinder können einfach eingewickelt und so ruhig gestellt werden und ältere Kinder (je nach Einsichtsfähigkeit ab drei, vier oder fünf Jahren) können bei der Untersuchung aktiv mitwirken. Bei Kindern im Alter zwischen einem halben Jahr und drei Jahren muss die Untersuchung daher regelmäßig unter Vollnarkose erfolgen. Eine Sedierung genügt hierbei nicht, da durch diese lediglich das Bewusstsein, nicht aber der Schmerzreiz ausgeschaltet wird. Erfolgt die Untersuchung lediglich bei Sedierung, besteht die naheliegende Gefahr, dass aufgrund des nicht ausgeschalteten Schmerzreizes bei der schmerzhaften und unangenehmen Untersuchung das Kind in einem Abwehrreflex ruckartig seinen Kopf bewegt, was zu Verletzungen im Bereich des Auges führen kann. Die Untersuchung muss deshalb im stationären Operationssaal der Augenklinik, in dem die erforderliche Apparatur vorgehalten ist und unter Beteiligung eines in der Kinderanästhesie erfahrenen Anästhesisten durchgeführt werden. Dies entnimmt der Senat den Angaben des vom Berichterstatter im Erörterungstermin am 23.11.2017 als Zeugen vernommenen Dr. P., geschäftsführender Oberarzt des Departements für Augenheilkunde bei der Klägerin. Der tatsächliche Ablauf der Untersuchung wird von der Beklagten nicht in Frage gestellt.
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Allerdings begründet allein weder die Durchführung einer Vollnarkose noch eine mehrstündige postoperative Überwachung schon eine vollstationäre Behandlung. Denn die ambulant durchführbaren Operationen umfassen ein breites Spektrum von Eingriffen, das von einfachen Operationen unter örtlicher Betäubung bis hin zu aufwändigen, mehrstündigen Operationen reicht, die unter Vollnarkose durchgeführt werden (BSG 04.03.2004, B 3 KR 4/03 R, BSGE 92, 223, SozR 4-2500 § 39 Nr 1). Entscheidend ist letztlich, ob die Untersuchung der Versicherten nur unter Einsatz der besonderen Mittel des Krankenhauses erfolgte und ob dies auch erforderlich war. Beides bejaht der Senat. Als besondere Mittel des Krankenhauses hat die Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, eine apparative Mindestausstattung, geschultes Pflegepersonal und einen jederzeit präsenten und rufbereiten Arzt herausgestellt. Dabei ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, bei der den mit Aussicht auf Erfolg angestrebten Behandlungszielen und den vorhandenen Möglichkeiten einer vorrangigen ambulanten Behandlung entscheidende Bedeutung zukommt. Ermöglicht es der Gesundheitszustand des Patienten, das Behandlungsziel durch andere Maßnahmen, insbesondere durch ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege zu erreichen, so besteht kein Anspruch auf eine stationäre Behandlung (BSG 13.12.2016, B 1 KR 1/16 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 28, für BSGE vorgesehen, mwN). Unter einer Behandlung sind nicht nur therapeutische Eingriffe zu verstehen, sondern auch Untersuchungen zu diagnostischen Zwecken.
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Mit der hier streitigen Netzhautuntersuchung soll in erster Linie festgestellt werden, ob bei der Patientin ein Retinoblastom vorliegt. Beim Retinoblastom handelt es sich um eine relativ selten auftretende bösartige Tumorerkrankung bei Kindern (ca 50 Fälle/Jahr bundesweit), die unbehandelt zum Tode führt, wohingegen bei frühzeitiger Erkennung und Therapie mehr als 95% der Patienten überleben (vgl Sachsenweger, Augenheilkunde, 2. Aufl 2003, S 296 f; Jurklies, Das Retinoblastom - Diagnose und Therapie, in: Deutsche Kinderkrebsstiftung [Hrsg], WIR, Band 1, 2007, S 26). Man unterscheidet eine erbliche und eine nicht-erbliche Form des Retinoblastoms. Im ersten Fall besteht eine Veranlagung für die Entwicklung dieser Krebsart, im zweiten Fall entsteht der Krebs spontan. Bei positiver Familienanamnese muss ein Kind regelmäßig untersucht werden (Sachsenweger, Augenheilkunde, 2. Aufl 2003, S 297). Bei Kleinkindern wird zur Diagnosestellung eine Augenspiegeluntersuchung in Narkose durchgeführt (Jurklies aaO S 27). Wird der Tumor erst in fortgeschrittenem Stadium entdeckt, wird idR das Auge entfernt (Sachsenweger, Augenheilkunde, 2. Aufl 2003, S 297).
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Bei der Versicherten liegt es nahe, von einer solchen genetischen Disposition auszugehen, weil ihr Vater einen solchen Tumor hatte und ihm deshalb sogar ein Auge entfernt werden musste. Wird ein Tumor an der Netzhaut frühzeitig erkannt, kann er noch im Rahmen der Untersuchung mit Laser oder mittels Vereisung entfernt werden. Dies steht aufgrund der bereits erwähnten Aussage des Dr. P. für den Senat fest. Ferner geht der Senat aufgrund der Angaben des Dr. P., denen die Beklagte nicht widersprochen hat, davon aus, dass die niedergelassenen Augenärzte derartige Untersuchungen bei Kindern im Alter der Versicherten nicht durchführen, sondern diese Fälle an das Klinikum der Klägerin überweisen. Die Tatsache, dass die Retinoblastom-Diagnostik bei Kleinkindern bundesweit nur an drei Zentren (B., E., T.) durchgeführt wird, belegt auch die fehlenden ambulanten Behandlungsmöglichkeiten. Niedergelassene Ärzte, die diese Untersuchung durchführen, konnte die Beklagte nicht benennen. Zur Überzeugung des Senats steht daher fest, dass für das im konkreten Fall mit Aussicht auf Erfolg angestrebte Behandlungsziel - Netzhautuntersuchung bei einem zwei Jahre alten Kind unter Vollnarkose zum Ausschluss eines Retinoblastoms und erforderlichenfalls Entfernung eines bereits vorhandenen Tumors - keine, zumindest keine ausreichenden Möglichkeiten einer ambulanten Behandlung vorhanden waren.
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Die vorzunehmende Gesamtabwägung ergibt daher, dass die Untersuchung des Augenhintergrunds bei bestehendem Verdacht auf ein Retinoblastom bei der im Zeitpunkt der Untersuchung knapp zweijährigen Versicherten nur unter Inanspruchnahme der besonderen Mittel des Krankenhauses vorgenommen werden konnte. Abzustellen ist auf die im konkreten Einzelfall medizinisch begründeten Behandlungsnotwendigkeiten (BSG 25.09.2007, GS 1/06, BSGE 99, 112, SozR 4-2500 § 39 Nr 10). Neben der eigentlichen Diagnose können dies auch weitere Gründe sein, die maßgeblichen Einfluss auf die Durchführung der im konkreten Einzelfall erforderlichen Behandlungsmaßnahmen haben, wie vorliegend neben dem Alter der Versicherten (knapp 2 Jahre) die Vorhaltung einer bestimmten apparativen Ausstattung, wie sie in der Ambulanz der Klägerin nicht vorhanden ist, und die Hinzuziehung eines in der Kinderanästhesie erfahrenen Anästhesisten.
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Dr. P. hat nachvollziehbar ausgeführt, dass es sich bei den hier zum Einsatz kommenden Geräten um spezielle für die Bedürfnisse von Kleinkindern ausgestattete Narkosegeräte handelt. So haben die Beatmungsschläuche und die Beatmungsmasken wesentlich geringere Dimensionen, als dies bei Narkosegeräten für ältere Patienten der Fall ist. Diese erforderlichen Gerätschaften sind nur im stationären Operationssaal vorhanden. Die Begleitung durch einen der Kinderheilkunde erfahrenen Anästhesisten ist sachgerecht und nach den Regeln der ärztlichen Kunst wegen der erheblichen Unterschiede zwischen Kleinkindern einerseits und Jugendlichen und Erwachsenen andererseits notwendig. So muss die Dosierung der Narkosemittel speziell für Kleinkinder besonders berechnet werden, da bei diesen ein anderer Stoffwechsel besteht und sich auch ihr Gefäßsystem erheblich von demjenigen von Erwachsenen unterscheidet. Aus dem Vorbringen des Dr. P. wie auch aus der Patientenakte ist zu ersehen, dass neben der im stationären OP-Saal der Augenklinik vorhandenen apparativen Ausstattung insbesondere auch ärztliches und nicht ärztliches Personal bei der am 19.09.2011 durchgeführten Untersuchung der Versicherten in Anspruch genommen worden ist. Die Versicherte ist nach Aufnahme in der Augenklinik zunächst auf der Kinderstation aufgenommen worden. Um die stets zu legenden Zugänge schmerzfrei bei ihr legen zu können, ist ein Pflaster mit örtlicher Betäubung gesetzt worden. Anschließend in den Operationssaal verbracht ist dort die Narkose durch den Anästhesisten mittels Intubation eingeleitet worden. Nach Durchführung der Untersuchung und Extubation ist die Versicherte in den Aufwachraum gekommen, wo ausweislich des entsprechenden Anästhesieprotokolls sowohl Blutdruck als auch Atmung ständig überwacht worden sind. Nach ca einstündigem dortigem Aufenthalt ist die Versicherte wieder auf der Kinderstation in einem Bett aufgenommen worden, wo ebenfalls Atmung und Puls regelmäßig kontrolliert worden sind. Sie hat dort auch zu essen und zu trinken bekommen. Nach abschließender Untersuchung durch den Anästhesisten ist sie dann um 17 Uhr nach Hause entlassen worden.
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Der Hinweis der Beklagten, nahezu jedem Eingriff aus dem Katalog ambulanter Operationen und sonstiger stationsersetzender Eingriff nach § 115b SGB V gehe - auch bei Kleinkindern -eine entsprechende Allgemeinanästhesie voraus, mag zwar zutreffend sein. Dabei wird jedoch den dargelegten Besonderheiten des konkreten Falles nicht ausreichend Rechnung getragen. Die vorliegend streitgegenständliche Augenuntersuchung findet sich auch nicht in dem Katalog ambulant durchführbarer Operationen und sonstiger stationsersetzender Eingriffe nach § 115b Abs 1 S 1 Nr 1 SGB V, worauf das SG hingewiesen hat. Die Stellungnahme des MDK vom 12.12.2011 ist für den Senat nicht nachvollziehbar, da sie nicht im Ansatz erkennen lässt, auf welche Tatsachen sich die vorgetragene Schlussfolgerung der fehlenden Notwendigkeit der Aufnahme in das Krankenhaus zur vollstationären Behandlung stützt.
39 
Bei der vorliegenden Augenuntersuchung handelt es sich auch nicht um eine vorstationäre Behandlung im Sinne des § 115a Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V. Nach dieser Vorschrift kann das Krankenhaus bei Verordnung von Krankenhausbehandlung Versicherte in medizinisch geeigneten Fällen ohne Unterkunft und Verpflegung behandeln, um die Erforderlichkeit einer vollstationären Krankenhausbehandlung zu klären oder die vollstationäre Krankenhausbehandlung vorzubereiten. Beide Varianten liegen ersichtlich nicht vor.
40 
Die Versicherte wurde auch nicht im Rahmen einer Erstuntersuchung nach § 5 des Baden-Württembergischen Landesvertrages (LV) nach § 112 Abs 2 Nr 1 SGB V versorgt. Die landesvertraglich näher geregelte Erstuntersuchung dient nach § 5 iVm § 3 Abs 2 Satz 1 LV der von dem Krankenhausarzt anzustellenden Beurteilung, welche Behandlungsform für den Patienten notwendig und ausreichend ist. Da die bei der Versicherten durchgeführte diagnostische Kontrolluntersuchung nicht im Zusammenhang mit der Wahl einer Behandlungsform stand, sondern vielmehr darauf gerichtet war, eine ganz konkret bestehende Verdachtsdiagnose auszuschließen, sind die landesvertraglichen Regelungen über die Erstuntersuchung nicht einschlägig.
41 
Nach alledem war die streitgegenständliche Augenuntersuchung der Versicherten als vollstationäre Krankenhausbehandlung erforderlich und durchzuführen. Der Kläger hat hierfür zu Recht die DRG Z64B in Ansatz gebracht und gegenüber der Beklagten abgerechnet. Ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch in Höhe des hier streitgegenständlichen Betrages stand der Beklagten nicht zu. Die am 18.04.2012 von ihr vorgenommene Verrechnung war rechtswidrig, ein Vergütungsanspruch des Klägers in streitgegenständlicher Höhe besteht. Aufgrund des damit gegebenen Vergütungsanspruches besteht auch ab dem 19.04.2012, dem auf den Tag der Verrechnung folgenden Tag, der geltend gemachte Zinsanspruch in begehrter Höhe, der sich aus § 19 Abs 3 LV ergibt (vgl zum Anspruch auf Verzugszinsen BSG 15.11.2007, B 3 KR 1/07 R).
42 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung, da weder Klägerin noch Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören.
43 
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Hs 1 SGG iVm § 63, § 52 Abs 1, 3, § 47 Gerichtskostengesetz. Die Höhe des Streitwerts entspricht der mit der Klage geltend gemachten Hauptforderung; die als Nebenforderung geltend gemachten Zinsen werden bei der Bemessung des Streitwerts nicht berücksichtigt (§ 43 Abs 1 GKG).
44 
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Gründe

 
23 
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
24 
Die nach den §§ 143, 144, 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig aber unbegründet. Das SG hat zu Recht die Beklagte verurteilt, der Klägerin 850,83 EUR zu zahlen. Die Klägerin hat einen Zahlungsanspruch gegen die Beklagte in dieser Höhe, da die Beklagte zu Unrecht in dieser Höhe gegen eine andere (unstreitige) Forderungen der Klägerin aufgerechnet hat.
25 
Die Klägerin hat mit der erhobenen (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG die richtige Klageart gewählt (dazu nur BSG 14.10.2014, B 1 KR 25/13, juris; BSG 14.10.2014, B 1 KR 26/13 R, SozR 4-2500 § 301 Nr 3). Es handelt sich um einen sog Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen und eine Klagefrist nicht zu beachten ist (BSG 28.11.2013, B 3 KR 33/12 R, SozR 4-5562 § 9 Nr 5).
26 
Der Klägerin steht ein Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung der Versicherten iHv 850,83 EUR zu. Zwar hatte die Beklagte ursprünglich den gesamten von der Klägerin geltend gemachten Betrag gezahlt, jedoch nachträglich den Vergütungsanspruch mit zwischen den Beteiligten nicht streitigen Vergütungsansprüchen der Klägerin aus anderen Behandlungsfällen gegen die Beklagte verrechnet. Da die Beklagte sich ausschließlich im Wege der Primäraufrechnung mit einer Gegenforderung verteidigt, steht die Hauptforderung selbst außer Streit (BSG 28.11.2013, B 3 KR 33/12 R, aaO; BSG 01.07.2014, B 1 KR 24/13 R, SozR 4-2500 § 301 Nr 2).
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Es bestand keine zur Aufrechnung erforderliche Gegenforderung der Beklagten, mit der sie gegen die Hauptforderung der Klägerin wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten analog § 387 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) aufrechnen kann (zur Aufrechnung analog § 387 BGB BSG 01.07.2014, B 1 KR 24/13 R, aaO). Der Beklagten steht als Grundlage für ihre Gegenforderung nicht der von ihr geltend gemachte öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch iHv 850,83 EUR zu (zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch bei Überzahlung von Krankenhausentgelten BSG 28.11.2013, B 3 KR 33/12 R; BSG 01.07.2014, B 1 KR 24/13 R), denn die ursprüngliche Zahlung der Beklagten erfolgte nicht ohne Rechtsgrund. Die Klägerin hatte einen Vergütungsanspruch gegen die Beklagte für die Behandlung der Versicherten 19.09.2011. Streitig ist allein die Frage der Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung, nicht die Kodierung.
28 
Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V (idF des GKV-Finanzierungsgesetzes vom 22.10.2010, BGBl I S 2309) in Verbindung mit § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG (jeweils idF des Krankenhausfinanzierungsreformgesetzes v 17.03.2009, BGBl I S 534) sowie § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG; idF durch das Krankenhausfinanzierungsreformgesetz vom 17.03.2009, BGBl I S 534) und die Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2011 v 23.09.2010 (Fallpauschalenvereinbarung 2011 - FPV-2011) einschließlich der Anlagen 1 bis 6 sowie dem durch Entscheidung der Landesschiedsstelle vom 21.09.2005 festgesetzten Vertrag nach § 112 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V über „Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung“ zwischen der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft und den Verbänden der Krankenkassen mit Ausnahme der vom BSG beanstandeten Regelung in § 19 Abs 2 (BSG 13.11.2012, B 1 KR 27/11 R, BSGE 112, 156 = SozR 4-2500 § 114 Nr 1).
29 
Der Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung eines gesetzlich Krankenversicherten und damit korrespondierend die Zahlungspflicht einer Krankenkasse entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und im Sinne von § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist (BSG 14.10.2014, B 1 KR 25/13 R, KRS 2015, 204; 14.10.2014, B 1 KR 26/13 R, SozR 4-2500 § 301 Nr 3). Bei der Klägerin handelt es sich um eine zugelassene Hochschulklinik (§ 108 Nr 1 SGB V). Die medizinische Notwendigkeit der im vorliegenden Falle vorliegenden vollstationären Krankenhausbehandlung der Versicherten war zur Überzeugung des Senats gegeben. Die Beklagte ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass eine ambulante Behandlung ausreichend gewesen wäre. Bei Kindern im Alter zwischen einem halben Jahr und ca drei Jahren ist zur Untersuchung der Netzhaut zum Ausschluss eines Retinoblastoms eine vollstationäre Krankenhausbehandlung als notwendig iS von § 39 SGB V zu betrachten. Dem steht nicht entgegen, dass bereits zum Zeitpunkt der Aufnahme in das Krankenhaus eine Entlassung des Kindes noch am selben Tag geplant war.
30 
Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, liegt eine vollstationäre Krankenhausbehandlung stets dann vor, wenn die physische und organisatorische Eingliederung des Patienten in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses sich zeitlich über mindestens einen Tag und eine Nacht erstreckt (vgl hierzu und zum Folgenden BSG 19.09.2013, B 3 KR 34/12 R, SozR 4-2500 § 39 Nr 20 mwN). Dabei kommt es maßgebend auf den Behandlungsplan des Krankenhausarztes an. Eine vollstationäre Behandlung ist danach stets dann gegeben, wenn sie sich nach dem Behandlungsplan des Krankenhausarztes in der Vorausschau zeitlich über mindestens einen Tag und eine Nacht erstreckt, wobei die Entscheidung zum Verbleib des Patienten über Nacht in der Regel zu Beginn der Behandlung vom Krankenhausarzt getroffen wird, allerdings im Einzelfall auch noch später erfolgen kann. Ist dies jedoch nicht der Fall, liegt also kein Krankenhausaufenthalt „über Nacht“ vor, folgt daraus aber nicht im Gegenschluss, dass es sich dann nur um eine ambulante Behandlung handeln kann. Mit dem Kriterium des Behandlungsplanes lässt sich zwar bei Operationen eine in aller Regel praktikable Abgrenzung der stationären Behandlung vom ambulanten Operieren und anderen stationsersetzenden Eingriffen erzielen; allerdings ist diese Definition weniger geeignet, wenn es nicht um die Abgrenzung eines stationären Eingriffs vom ambulanten Operieren oder anderen stationsersetzenden Eingriffen gehe, sondern um die Abgrenzung einer nicht operativen stationären Behandlung von einer ambulanten Behandlung im Krankenhaus geht (vgl BSG 28.02.2007, B 3 KR 17/06 R, SozR 4-2500 § 39 Nr 8). Entscheidend kommt es vielmehr darauf an, in welchem Umfang neben der Dauer der Behandlung der Patient die Infrastruktur des Krankenhauses in Anspruch nimmt (BSG 19.09.2013, B 3 KR 34/12 R, SozR 4-2500 § 39 Nr 20).
31 
Der Annahme einer vollstationären Krankenhausbehandlung steht im vorliegenden Fall nicht entgegen, dass sich die Versicherte am 19.09.2011 lediglich von 7.02 Uhr bis 17.00 Uhr, also nicht über Nacht, in der Augenklinik der Klägerin aufgehalten hat und dass von vorneherein ein Aufenthalt der Versicherten ohne Übernachtung vorgesehen war. Wie Dr. P. in der mündlichen Verhandlung vor dem SG bestätigt hat, war bei Planung klar, dass das Kind am selben Tag wieder heimgehen werde, sollte nichts Unvorhergesehenes passieren. Zwar geht der Senat davon aus, dass eine vollstationäre Behandlung idR nur vorliegt, wenn der Patient über Nacht im Krankenhaus verbleibt. In Ausnahmefällen ist allerdings auch eine vollstationäre Behandlung nur für einen einzelnen Vollbelegungstag möglich (BSG 19.04.2016, B 1 KR 21/15 R, BSGE 121, 87). Ein solcher Ausnahmefall ist auch hier anzunehmen.
32 
Bei der durchgeführten Untersuchung der Netzhaut handelt es sich um keinen operativen Eingriff, sondern um eine diagnostische Maßnahme. Die Untersuchung (Erweiterung der Pupille, Einsetzung einer Lidsperre, Drehung und Eindrücken des Auges mit einem Haken zur Untersuchung der gesamten Netzhaut) ist bei Kleinkindern mangels Kooperations- und Einsichtsfähigkeit nur in Vollnarkose möglich. Die Funduskopie (Augenhintergrunduntersuchung), bei der die gesamte Netzhaut untersucht werden muss, würde sonst von den Kindern, die bereits über ausreichende Eigenkräfte verfügen, nicht geduldet. Bei Kindern bis zu etwa einem halben Jahr und bei älteren Kindern ist diese Untersuchung ohne Vollnarkose möglich. Bis zu einem halben Jahr alte Kinder können einfach eingewickelt und so ruhig gestellt werden und ältere Kinder (je nach Einsichtsfähigkeit ab drei, vier oder fünf Jahren) können bei der Untersuchung aktiv mitwirken. Bei Kindern im Alter zwischen einem halben Jahr und drei Jahren muss die Untersuchung daher regelmäßig unter Vollnarkose erfolgen. Eine Sedierung genügt hierbei nicht, da durch diese lediglich das Bewusstsein, nicht aber der Schmerzreiz ausgeschaltet wird. Erfolgt die Untersuchung lediglich bei Sedierung, besteht die naheliegende Gefahr, dass aufgrund des nicht ausgeschalteten Schmerzreizes bei der schmerzhaften und unangenehmen Untersuchung das Kind in einem Abwehrreflex ruckartig seinen Kopf bewegt, was zu Verletzungen im Bereich des Auges führen kann. Die Untersuchung muss deshalb im stationären Operationssaal der Augenklinik, in dem die erforderliche Apparatur vorgehalten ist und unter Beteiligung eines in der Kinderanästhesie erfahrenen Anästhesisten durchgeführt werden. Dies entnimmt der Senat den Angaben des vom Berichterstatter im Erörterungstermin am 23.11.2017 als Zeugen vernommenen Dr. P., geschäftsführender Oberarzt des Departements für Augenheilkunde bei der Klägerin. Der tatsächliche Ablauf der Untersuchung wird von der Beklagten nicht in Frage gestellt.
33 
Allerdings begründet allein weder die Durchführung einer Vollnarkose noch eine mehrstündige postoperative Überwachung schon eine vollstationäre Behandlung. Denn die ambulant durchführbaren Operationen umfassen ein breites Spektrum von Eingriffen, das von einfachen Operationen unter örtlicher Betäubung bis hin zu aufwändigen, mehrstündigen Operationen reicht, die unter Vollnarkose durchgeführt werden (BSG 04.03.2004, B 3 KR 4/03 R, BSGE 92, 223, SozR 4-2500 § 39 Nr 1). Entscheidend ist letztlich, ob die Untersuchung der Versicherten nur unter Einsatz der besonderen Mittel des Krankenhauses erfolgte und ob dies auch erforderlich war. Beides bejaht der Senat. Als besondere Mittel des Krankenhauses hat die Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, eine apparative Mindestausstattung, geschultes Pflegepersonal und einen jederzeit präsenten und rufbereiten Arzt herausgestellt. Dabei ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, bei der den mit Aussicht auf Erfolg angestrebten Behandlungszielen und den vorhandenen Möglichkeiten einer vorrangigen ambulanten Behandlung entscheidende Bedeutung zukommt. Ermöglicht es der Gesundheitszustand des Patienten, das Behandlungsziel durch andere Maßnahmen, insbesondere durch ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege zu erreichen, so besteht kein Anspruch auf eine stationäre Behandlung (BSG 13.12.2016, B 1 KR 1/16 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 28, für BSGE vorgesehen, mwN). Unter einer Behandlung sind nicht nur therapeutische Eingriffe zu verstehen, sondern auch Untersuchungen zu diagnostischen Zwecken.
34 
Mit der hier streitigen Netzhautuntersuchung soll in erster Linie festgestellt werden, ob bei der Patientin ein Retinoblastom vorliegt. Beim Retinoblastom handelt es sich um eine relativ selten auftretende bösartige Tumorerkrankung bei Kindern (ca 50 Fälle/Jahr bundesweit), die unbehandelt zum Tode führt, wohingegen bei frühzeitiger Erkennung und Therapie mehr als 95% der Patienten überleben (vgl Sachsenweger, Augenheilkunde, 2. Aufl 2003, S 296 f; Jurklies, Das Retinoblastom - Diagnose und Therapie, in: Deutsche Kinderkrebsstiftung [Hrsg], WIR, Band 1, 2007, S 26). Man unterscheidet eine erbliche und eine nicht-erbliche Form des Retinoblastoms. Im ersten Fall besteht eine Veranlagung für die Entwicklung dieser Krebsart, im zweiten Fall entsteht der Krebs spontan. Bei positiver Familienanamnese muss ein Kind regelmäßig untersucht werden (Sachsenweger, Augenheilkunde, 2. Aufl 2003, S 297). Bei Kleinkindern wird zur Diagnosestellung eine Augenspiegeluntersuchung in Narkose durchgeführt (Jurklies aaO S 27). Wird der Tumor erst in fortgeschrittenem Stadium entdeckt, wird idR das Auge entfernt (Sachsenweger, Augenheilkunde, 2. Aufl 2003, S 297).
35 
Bei der Versicherten liegt es nahe, von einer solchen genetischen Disposition auszugehen, weil ihr Vater einen solchen Tumor hatte und ihm deshalb sogar ein Auge entfernt werden musste. Wird ein Tumor an der Netzhaut frühzeitig erkannt, kann er noch im Rahmen der Untersuchung mit Laser oder mittels Vereisung entfernt werden. Dies steht aufgrund der bereits erwähnten Aussage des Dr. P. für den Senat fest. Ferner geht der Senat aufgrund der Angaben des Dr. P., denen die Beklagte nicht widersprochen hat, davon aus, dass die niedergelassenen Augenärzte derartige Untersuchungen bei Kindern im Alter der Versicherten nicht durchführen, sondern diese Fälle an das Klinikum der Klägerin überweisen. Die Tatsache, dass die Retinoblastom-Diagnostik bei Kleinkindern bundesweit nur an drei Zentren (B., E., T.) durchgeführt wird, belegt auch die fehlenden ambulanten Behandlungsmöglichkeiten. Niedergelassene Ärzte, die diese Untersuchung durchführen, konnte die Beklagte nicht benennen. Zur Überzeugung des Senats steht daher fest, dass für das im konkreten Fall mit Aussicht auf Erfolg angestrebte Behandlungsziel - Netzhautuntersuchung bei einem zwei Jahre alten Kind unter Vollnarkose zum Ausschluss eines Retinoblastoms und erforderlichenfalls Entfernung eines bereits vorhandenen Tumors - keine, zumindest keine ausreichenden Möglichkeiten einer ambulanten Behandlung vorhanden waren.
36 
Die vorzunehmende Gesamtabwägung ergibt daher, dass die Untersuchung des Augenhintergrunds bei bestehendem Verdacht auf ein Retinoblastom bei der im Zeitpunkt der Untersuchung knapp zweijährigen Versicherten nur unter Inanspruchnahme der besonderen Mittel des Krankenhauses vorgenommen werden konnte. Abzustellen ist auf die im konkreten Einzelfall medizinisch begründeten Behandlungsnotwendigkeiten (BSG 25.09.2007, GS 1/06, BSGE 99, 112, SozR 4-2500 § 39 Nr 10). Neben der eigentlichen Diagnose können dies auch weitere Gründe sein, die maßgeblichen Einfluss auf die Durchführung der im konkreten Einzelfall erforderlichen Behandlungsmaßnahmen haben, wie vorliegend neben dem Alter der Versicherten (knapp 2 Jahre) die Vorhaltung einer bestimmten apparativen Ausstattung, wie sie in der Ambulanz der Klägerin nicht vorhanden ist, und die Hinzuziehung eines in der Kinderanästhesie erfahrenen Anästhesisten.
37 
Dr. P. hat nachvollziehbar ausgeführt, dass es sich bei den hier zum Einsatz kommenden Geräten um spezielle für die Bedürfnisse von Kleinkindern ausgestattete Narkosegeräte handelt. So haben die Beatmungsschläuche und die Beatmungsmasken wesentlich geringere Dimensionen, als dies bei Narkosegeräten für ältere Patienten der Fall ist. Diese erforderlichen Gerätschaften sind nur im stationären Operationssaal vorhanden. Die Begleitung durch einen der Kinderheilkunde erfahrenen Anästhesisten ist sachgerecht und nach den Regeln der ärztlichen Kunst wegen der erheblichen Unterschiede zwischen Kleinkindern einerseits und Jugendlichen und Erwachsenen andererseits notwendig. So muss die Dosierung der Narkosemittel speziell für Kleinkinder besonders berechnet werden, da bei diesen ein anderer Stoffwechsel besteht und sich auch ihr Gefäßsystem erheblich von demjenigen von Erwachsenen unterscheidet. Aus dem Vorbringen des Dr. P. wie auch aus der Patientenakte ist zu ersehen, dass neben der im stationären OP-Saal der Augenklinik vorhandenen apparativen Ausstattung insbesondere auch ärztliches und nicht ärztliches Personal bei der am 19.09.2011 durchgeführten Untersuchung der Versicherten in Anspruch genommen worden ist. Die Versicherte ist nach Aufnahme in der Augenklinik zunächst auf der Kinderstation aufgenommen worden. Um die stets zu legenden Zugänge schmerzfrei bei ihr legen zu können, ist ein Pflaster mit örtlicher Betäubung gesetzt worden. Anschließend in den Operationssaal verbracht ist dort die Narkose durch den Anästhesisten mittels Intubation eingeleitet worden. Nach Durchführung der Untersuchung und Extubation ist die Versicherte in den Aufwachraum gekommen, wo ausweislich des entsprechenden Anästhesieprotokolls sowohl Blutdruck als auch Atmung ständig überwacht worden sind. Nach ca einstündigem dortigem Aufenthalt ist die Versicherte wieder auf der Kinderstation in einem Bett aufgenommen worden, wo ebenfalls Atmung und Puls regelmäßig kontrolliert worden sind. Sie hat dort auch zu essen und zu trinken bekommen. Nach abschließender Untersuchung durch den Anästhesisten ist sie dann um 17 Uhr nach Hause entlassen worden.
38 
Der Hinweis der Beklagten, nahezu jedem Eingriff aus dem Katalog ambulanter Operationen und sonstiger stationsersetzender Eingriff nach § 115b SGB V gehe - auch bei Kleinkindern -eine entsprechende Allgemeinanästhesie voraus, mag zwar zutreffend sein. Dabei wird jedoch den dargelegten Besonderheiten des konkreten Falles nicht ausreichend Rechnung getragen. Die vorliegend streitgegenständliche Augenuntersuchung findet sich auch nicht in dem Katalog ambulant durchführbarer Operationen und sonstiger stationsersetzender Eingriffe nach § 115b Abs 1 S 1 Nr 1 SGB V, worauf das SG hingewiesen hat. Die Stellungnahme des MDK vom 12.12.2011 ist für den Senat nicht nachvollziehbar, da sie nicht im Ansatz erkennen lässt, auf welche Tatsachen sich die vorgetragene Schlussfolgerung der fehlenden Notwendigkeit der Aufnahme in das Krankenhaus zur vollstationären Behandlung stützt.
39 
Bei der vorliegenden Augenuntersuchung handelt es sich auch nicht um eine vorstationäre Behandlung im Sinne des § 115a Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V. Nach dieser Vorschrift kann das Krankenhaus bei Verordnung von Krankenhausbehandlung Versicherte in medizinisch geeigneten Fällen ohne Unterkunft und Verpflegung behandeln, um die Erforderlichkeit einer vollstationären Krankenhausbehandlung zu klären oder die vollstationäre Krankenhausbehandlung vorzubereiten. Beide Varianten liegen ersichtlich nicht vor.
40 
Die Versicherte wurde auch nicht im Rahmen einer Erstuntersuchung nach § 5 des Baden-Württembergischen Landesvertrages (LV) nach § 112 Abs 2 Nr 1 SGB V versorgt. Die landesvertraglich näher geregelte Erstuntersuchung dient nach § 5 iVm § 3 Abs 2 Satz 1 LV der von dem Krankenhausarzt anzustellenden Beurteilung, welche Behandlungsform für den Patienten notwendig und ausreichend ist. Da die bei der Versicherten durchgeführte diagnostische Kontrolluntersuchung nicht im Zusammenhang mit der Wahl einer Behandlungsform stand, sondern vielmehr darauf gerichtet war, eine ganz konkret bestehende Verdachtsdiagnose auszuschließen, sind die landesvertraglichen Regelungen über die Erstuntersuchung nicht einschlägig.
41 
Nach alledem war die streitgegenständliche Augenuntersuchung der Versicherten als vollstationäre Krankenhausbehandlung erforderlich und durchzuführen. Der Kläger hat hierfür zu Recht die DRG Z64B in Ansatz gebracht und gegenüber der Beklagten abgerechnet. Ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch in Höhe des hier streitgegenständlichen Betrages stand der Beklagten nicht zu. Die am 18.04.2012 von ihr vorgenommene Verrechnung war rechtswidrig, ein Vergütungsanspruch des Klägers in streitgegenständlicher Höhe besteht. Aufgrund des damit gegebenen Vergütungsanspruches besteht auch ab dem 19.04.2012, dem auf den Tag der Verrechnung folgenden Tag, der geltend gemachte Zinsanspruch in begehrter Höhe, der sich aus § 19 Abs 3 LV ergibt (vgl zum Anspruch auf Verzugszinsen BSG 15.11.2007, B 3 KR 1/07 R).
42 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung, da weder Klägerin noch Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören.
43 
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Hs 1 SGG iVm § 63, § 52 Abs 1, 3, § 47 Gerichtskostengesetz. Die Höhe des Streitwerts entspricht der mit der Klage geltend gemachten Hauptforderung; die als Nebenforderung geltend gemachten Zinsen werden bei der Bemessung des Streitwerts nicht berücksichtigt (§ 43 Abs 1 GKG).
44 
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

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(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

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(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

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Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kos

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(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. (2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerh

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Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 39 Krankenhausbehandlung


(1) Die Krankenhausbehandlung wird vollstationär, stationsäquivalent, tagesstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht; sie umfasst auch Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der Gemeinsame Bundesausschuss bish

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 387 Voraussetzungen


Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 109 Abschluß von Versorgungsverträgen mit Krankenhäusern


(1) Der Versorgungsvertrag nach § 108 Nr. 3 kommt durch Einigung zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemeinsam und dem Krankenhausträger zustande; er bedarf der Schriftform. Bei den Hochschulkliniken gilt die Anerkennu

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 108 Zugelassene Krankenhäuser


Die Krankenkassen dürfen Krankenhausbehandlung nur durch folgende Krankenhäuser (zugelassene Krankenhäuser) erbringen lassen: 1. Krankenhäuser, die nach den landesrechtlichen Vorschriften als Hochschulklinik anerkannt sind,2. Krankenhäuser, die in de

Krankenhausentgeltgesetz - KHEntgG | § 9 Vereinbarung auf Bundesebene


(1) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der Privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft (Vertragsparteien auf Bundesebene) mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 insbesond

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 43 Nebenforderungen


(1) Sind außer dem Hauptanspruch auch Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen betroffen, wird der Wert der Nebenforderungen nicht berücksichtigt. (2) Sind Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen ohne den Ha

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 112 Zweiseitige Verträge und Rahmenempfehlungen über Krankenhausbehandlung


(1) Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam schließen mit der Landeskrankenhausgesellschaft oder mit den Vereinigungen der Krankenhausträger im Land gemeinsam Verträge, um sicherzustellen, daß Art und Umfang der Krankenhau

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 63


(1) Anordnungen und Entscheidungen, durch die eine Frist in Lauf gesetzt wird, sind den Beteiligten zuzustellen, bei Verkündung jedoch nur, wenn es ausdrücklich vorgeschrieben ist. Terminbestimmungen und Ladungen sind bekannt zu geben. (2) Zugest

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 115b Ambulantes Operieren im Krankenhaus


(1) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen vereinbaren auf der Grundlage des Gutachtens nach Absatz 1a bis zum 31. Januar 2022 1. einen Katalog ambulant durchführba

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 115a Vor- und nachstationäre Behandlung im Krankenhaus


(1) Das Krankenhaus kann bei Verordnung von Krankenhausbehandlung Versicherte in medizinisch geeigneten Fällen ohne Unterkunft und Verpflegung behandeln, um 1. die Erforderlichkeit einer vollstationären Krankenhausbehandlung zu klären oder die vollst

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 47


Die ehrenamtlichen Richter am Bundessozialgericht müssen das fünfunddreißigste Lebensjahr vollendet haben; sie sollen mindestens fünf Jahre ehrenamtliche Richter an einem Sozialgericht oder Landessozialgericht gewesen sein. Im übrigen gelten die §§ 1

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2.
Krankenhäuser, die in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommen sind (Plankrankenhäuser), oder
3.
Krankenhäuser, die einen Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen abgeschlossen haben.

(1) Die Krankenhausbehandlung wird vollstationär, stationsäquivalent, tagesstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht; sie umfasst auch Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der Gemeinsame Bundesausschuss bisher keine Entscheidung nach § 137c Absatz 1 getroffen hat und die das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre, stationsäquivalente oder tagesstationäre Behandlung durch ein nach § 108 zugelassenes Krankenhaus, wenn die Aufnahme oder die Behandlung im häuslichen Umfeld nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Krankenhausbehandlung umfaßt im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs. 1), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akutstationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation. Die stationsäquivalente Behandlung umfasst eine psychiatrische Behandlung im häuslichen Umfeld durch mobile ärztlich geleitete multiprofessionelle Behandlungsteams; die tagesstationäre Behandlung umfasst einen täglich mindestens sechsstündigen Aufenthalt der Patientinnen und Patienten im Krankenhaus, währenddessen überwiegend ärztliche oder pflegerische Behandlung erbracht wird, ohne Übernachtung im Krankenhaus. Die stationsäquivalente Behandlung und die tagesstationäre Behandlung entsprechen hinsichtlich der Inhalte sowie der Flexibilität und Komplexität der Behandlung einer vollstationären Behandlung. Zur Krankenhausbehandlung gehört auch eine qualifizierte ärztliche Einschätzung des Beatmungsstatus im Laufe der Behandlung und vor der Verlegung oder Entlassung von Beatmungspatienten.

(1a) Die Krankenhausbehandlung umfasst ein Entlassmanagement zur Unterstützung einer sektorenübergreifenden Versorgung der Versicherten beim Übergang in die Versorgung nach Krankenhausbehandlung. § 11 Absatz 4 Satz 4 gilt. Das Krankenhaus kann mit Leistungserbringern nach § 95 Absatz 1 Satz 1 vereinbaren, dass diese Aufgaben des Entlassmanagements wahrnehmen. § 11 des Apothekengesetzes bleibt unberührt. Der Versicherte hat gegenüber der Krankenkasse einen Anspruch auf Unterstützung des Entlassmanagements nach Satz 1; soweit Hilfen durch die Pflegeversicherung in Betracht kommen, kooperieren Kranken- und Pflegekassen miteinander. Das Entlassmanagement umfasst alle Leistungen, die für die Versorgung nach Krankenhausbehandlung erforderlich sind, insbesondere die Leistungen nach den §§ 37b, 38, 39c sowie alle dafür erforderlichen Leistungen nach dem Elften Buch. Das Entlassmanagement umfasst auch die Verordnung einer erforderlichen Anschlussversorgung durch Krankenhausbehandlung in einem anderen Krankenhaus. Soweit dies für die Versorgung des Versicherten unmittelbar nach der Entlassung erforderlich ist, können die Krankenhäuser Leistungen nach § 33a und die in § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 und 12 genannten Leistungen verordnen und die Arbeitsunfähigkeit feststellen; hierfür gelten die Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung mit der Maßgabe, dass bis zur Verwendung der Arztnummer nach § 293 Absatz 7 Satz 3 Nummer 1 eine im Rahmenvertrag nach Satz 9 erster Halbsatz zu vereinbarende alternative Kennzeichnung zu verwenden ist. Bei der Verordnung von Arzneimitteln können Krankenhäuser eine Packung mit dem kleinsten Packungsgrößenkennzeichen gemäß der Packungsgrößenverordnung verordnen; im Übrigen können die in § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 genannten Leistungen für die Versorgung in einem Zeitraum von bis zu sieben Tagen verordnet und die Arbeitsunfähigkeit festgestellt werden (§ 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7). Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6, 7 und 12 die weitere Ausgestaltung des Verordnungsrechts nach Satz 7. Die weiteren Einzelheiten zu den Sätzen 1 bis 8, insbesondere zur Zusammenarbeit der Leistungserbringer mit den Krankenkassen, regeln der Spitzenverband Bund der Krankenkassen auch als Spitzenverband Bund der Pflegekassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses in einem Rahmenvertrag. Wird der Rahmenvertrag ganz oder teilweise beendet und kommt bis zum Ablauf des Vertrages kein neuer Rahmenvertrag zustande, entscheidet das sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene gemäß § 89a. Vor Abschluss des Rahmenvertrages ist der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisation der Apotheker sowie den Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Entlassmanagement und eine dazu erforderliche Verarbeitung personenbezogener Daten dürfen nur mit Einwilligung und nach vorheriger Information des Versicherten erfolgen. Die Information sowie die Einwilligung müssen schriftlich oder elektronisch erfolgen.

(2) Wählen Versicherte ohne zwingenden Grund ein anderes als ein in der ärztlichen Einweisung genanntes Krankenhaus, können ihnen die Mehrkosten ganz oder teilweise auferlegt werden.

(3) Die Landesverbände der Krankenkassen, die Ersatzkassen und die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See gemeinsam erstellen unter Mitwirkung der Landeskrankenhausgesellschaft und der Kassenärztlichen Vereinigung ein Verzeichnis der Leistungen und Entgelte für die Krankenhausbehandlung in den zugelassenen Krankenhäusern im Land oder in einer Region und passen es der Entwicklung an (Verzeichnis stationärer Leistungen und Entgelte). Dabei sind die Entgelte so zusammenzustellen, daß sie miteinander verglichen werden können. Die Krankenkassen haben darauf hinzuwirken, daß Vertragsärzte und Versicherte das Verzeichnis bei der Verordnung und Inanspruchnahme von Krankenhausbehandlung beachten.

(4) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, zahlen vom Beginn der vollstationären Krankenhausbehandlung an innerhalb eines Kalenderjahres für längstens 28 Tage den sich nach § 61 Satz 2 ergebenden Betrag je Kalendertag an das Krankenhaus. Die innerhalb des Kalenderjahres bereits an einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung geleistete Zahlung nach § 32 Abs. 1 Satz 2 des Sechsten Buches sowie die nach § 40 Abs. 6 Satz 1 geleistete Zahlung sind auf die Zahlung nach Satz 1 anzurechnen.

(5) (weggefallen)

(1) Das Krankenhaus kann bei Verordnung von Krankenhausbehandlung Versicherte in medizinisch geeigneten Fällen ohne Unterkunft und Verpflegung behandeln, um

1.
die Erforderlichkeit einer vollstationären Krankenhausbehandlung zu klären oder die vollstationäre Krankenhausbehandlung vorzubereiten (vorstationäre Behandlung) oder
2.
im Anschluß an eine vollstationäre Krankenhausbehandlung den Behandlungserfolg zu sichern oder zu festigen (nachstationäre Behandlung).
Das Krankenhaus kann die Behandlung nach Satz 1 auch durch hierzu ausdrücklich beauftragte niedergelassene Vertragsärzte in den Räumen des Krankenhauses oder der Arztpraxis erbringen. Absatz 2 Satz 5 findet insoweit keine Anwendung.

(2) Die vorstationäre Behandlung ist auf längstens drei Behandlungstage innerhalb von fünf Tagen vor Beginn der stationären Behandlung begrenzt. Die nachstationäre Behandlung darf sieben Behandlungstage innerhalb von 14 Tagen, bei Organübertragungen nach § 9 Absatz 2 des Transplantationsgesetzes drei Monate nach Beendigung der stationären Krankenhausbehandlung nicht überschreiten. Die Frist von 14 Tagen oder drei Monaten kann in medizinisch begründeten Einzelfällen im Einvernehmen mit dem einweisenden Arzt verlängert werden. Kontrolluntersuchungen bei Organübertragungen nach § 9 Absatz 2 des Transplantationsgesetzes dürfen vom Krankenhaus auch nach Beendigung der nachstationären Behandlung fortgeführt werden, um die weitere Krankenbehandlung oder Maßnahmen der Qualitätssicherung wissenschaftlich zu begleiten oder zu unterstützen. Eine notwendige ärztliche Behandlung außerhalb des Krankenhauses während der vor- und nachstationären Behandlung wird im Rahmen des Sicherstellungsauftrags durch die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte gewährleistet. Das Krankenhaus hat den einweisenden Arzt über die vor- oder nachstationäre Behandlung sowie diesen und die an der weiteren Krankenbehandlung jeweils beteiligten Ärzte über die Kontrolluntersuchungen und deren Ergebnis unverzüglich zu unterrichten. Die Sätze 2 bis 6 gelten für die Nachbetreuung von Organspendern nach § 8 Abs. 3 Satz 1 des Transplantationsgesetzes entsprechend.

(3) Die Landesverbände der Krankenkassen, die Ersatzkassen und der Landesausschuß des Verbandes der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren mit der Landeskrankenhausgesellschaft oder mit den Vereinigungen der Krankenhausträger im Land gemeinsam und im Benehmen mit der kassenärztlichen Vereinigung die Vergütung der Leistungen mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 18 Abs. 2 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes. Die Vergütung soll pauschaliert werden und geeignet sein, eine Verminderung der stationären Kosten herbeizuführen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft oder die Bundesverbände der Krankenhausträger gemeinsam geben im Benehmen mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Empfehlungen zur Vergütung ab. Diese gelten bis zum Inkrafttreten einer Vereinbarung nach Satz 1. Kommt eine Vereinbarung über die Vergütung innerhalb von drei Monaten nicht zustande, nachdem eine Vertragspartei schriftlich zur Aufnahme der Verhandlungen aufgefordert hat, setzt die Schiedsstelle nach § 18a Abs. 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes auf Antrag einer Vertragspartei oder der zuständigen Landesbehörde die Vergütung fest.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 30. Juli 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 3267,47 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung.

2

Das für die Behandlung Versicherter zugelassene Krankenhaus der klagenden Krankenhausträgerin in G behandelte den 1927 geborenen, bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherten Kurt F. (im Folgenden: Versicherter) vollstationär vom 12.10. bis 2.11.2007 ua wegen Kraftschwäche der rechten Hand und globaler kardialer Dekompensation. Die Klägerin berechnete die Fallpauschale (DRG) F48Z - (geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung bei Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems; kodiert: Operationen- und Prozeduren-Schlüssel 8-550.1, geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung - mindestens 14 Behandlungstage und 20 Therapieeinheiten; 6338,15 Euro; 7.11.2007). Sie ging von frührehabilitativer Komplexbehandlung ab 17.10.2007 aus, übermittelte der Beklagten aber keine Angaben über durchgeführte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Die Beklagte weigerte sich, zu zahlen: Die Klägerin dürfe nach einem Prüfbericht des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlungen nur abrechnen, falls bei Abwesenheit von Dipl. med. G, die allein die Zusatzbezeichnung "Klinische Geriatrie" führe, adäquater Ersatz zur Verfügung stehe (4.9.2007). Sie habe die Klägerin informiert (9.10.2007), Rechnungen mit OPS 8-550.* nur zu akzeptieren, wenn die Klägerin die strukturellen Voraussetzungen für die Abrechnung nachweise. Daran fehle es. Nach Klageerhebung hat die Beklagte der Klägerin die ohne frührehabilitative Komplexbehandlung anfallende Vergütung von 3009,72 Euro bezahlt (DRG F62C - Herzinsuffizienz und Schock ohne äußerst schwere CC; 24.10.2008). Das SG hat die Klage auf Zahlung weiterer 3267,47 Euro nebst 5 vH Zinsen auf 6338,15 Euro vom 6.12.2007 bis 24.10.2008 und auf 3267,47 Euro ab 25.10.2008 abgewiesen: Die Klägerin habe keine aktivierend-therapeutische Pflege erbracht. Sie habe sich schon mangels Angaben zu den durchgeführten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nicht auf Verfristung der Prüfanzeige berufen können (Urteil vom 30.7.2013).

3

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 275 Abs 1c und des § 301 Abs 1 S 1 SGB V. Sie habe alle erforderlichen Angaben gemacht, um die Fälligkeit der Abrechnung herbeizuführen. Das SG habe das Beweisverwertungsverbot missachtet, das aus der Beauftragung des MDK erst am 16.11.2012 folge.

4

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 30. Juli 2013 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr weitere 3267,47 Euro nebst 5 vH Zinsen auf 6338,15 Euro vom 6.12.2007 bis 24.10.2008 und auf 3267,47 Euro ab 25.10.2008 zu zahlen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Sprungrevision der klagenden Krankenhausträgerin ist unbegründet. Das SG hat die auf Zahlung weiterer 3267,47 Euro nebst Zinsen gerichtete Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen weiteren zulässig mittels der echten Leistungsklage (stRspr, vgl zB BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12 mwN)geltend gemachten Vergütungsanspruch für die vollstationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten (dazu 1.) und keinen weiteren Zinsanspruch (dazu 2.).

8

1. Der Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung und damit korrespondierend die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist(stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 15; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 27 RdNr 9).

9

Die Höhe der Vergütung für die Behandlung Versicherter im Jahr 2007 bemisst sich bei DRG-Krankenhäusern wie jenem der Klägerin nach § 109 Abs 4 S 3 SGB V(idF durch Art 1 Nr 3 Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 S 1 Nr 1 Krankenhausentgeltgesetz( idF durch Art 2 Nr 5 Zweites Fallpauschalenänderungsgesetz <2. FPÄndG> vom 15.12.2004, BGBl I 3429) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz( idF durch Art 18 Nr 4 GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vom 26.3.2007, BGBl I 378; vgl entsprechend BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 15 f; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 15). Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge, Fallpauschalenvereinbarungen ) konkretisiert. Die Spitzenverbände der KKn (ab 1.7.2008: Spitzenverband Bund der KKn) und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG) mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 8 2. FPÄndG) einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen in den FPV auf der Grundlage des § 9 Abs 1 S 1 Nr 3 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG). Die Klägerin durfte auf dieser Grundlage im Ansatz rechtmäßig für die Behandlung des Versicherten die DRG F62C mit einem Rechnungsbetrag von 3009,72 Euro berechnen, nicht aber 6338,15 Euro für die DRG F48Z (geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung bei Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems).

10

Zu Recht streiten die Beteiligten nicht darüber, dass die Klägerin im hier betroffenen Zeitraum 2007 entsprechend der Rechtsauffassung des SG die DRG F48Z nur abrechnen durfte, falls sie hier zulässig OPS 8-550.1 kodieren konnte. Daran fehlt es.

11

Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich nicht aus einem schriftlich festgelegten abstrakten Tatbestand, sondern aus der Eingabe von im Einzelnen von einem Programm vorgegebenen, abzufragenden Daten in ein automatisches Datenverarbeitungssystem und dessen Anwendung (zur rechtlichen Einordnung des Groupierungsvorgangs vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 19 ff). Nach § 1 Abs 6 S 1 FPV 2007 sind in diesem Sinne zur Einstufung des Behandlungsfalls in die jeweils abzurechnende Fallpauschale Programme (Grouper) einzusetzen. Zugelassen sind nur solche Programme, die von der InEK GmbH - Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus, einer gemeinsamen Einrichtung der in § 17b Abs 2 S 1 KHG und § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG genannten Vertragspartner auf Bundesebene, zertifiziert worden sind.

12

Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm greift dabei auch auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind (zB die Zuordnung von ICD-10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum) oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, aber auch die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) in der jeweiligen vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung (hier in der Version 2007 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Diagnosenschlüssels vom 1.11.2006, BAnz Nr 212 vom 11.11.2006, S 6919, in Kraft getreten am 1.1.2007 ) sowie die Klassifikation des vom DIMDI im Auftrag des BMG herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssels (hier in der Version 2007 einschließlich Erweiterungskatalog vom 25.10.2006 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Operationen- und Prozedurenschlüssels vom 1.11.2006, BAnz Nr 212 vom 11.11.2006, S 6920, in Kraft getreten am 1.1.2007 ). Die Verbindlichkeit der in dem jeweiligen Vertragswerk angesprochenen Klassifikationssysteme folgt allein aus dem Umstand, dass sie in die zertifizierten Grouper einbezogen sind (vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 24).

13

Die Anwendung der Deutschen Kodierrichtlinien und der FPV-Abrechnungsbestimmungen einschließlich des ICD-10-GM und des OPS ist nicht automatisiert und unterliegt als Mitsteuerung der prozesshaften Tatbestandsbildung im Zusammenspiel mit den Vorgaben zertifizierter Grouper ihrerseits grundsätzlich den allgemeinen Auslegungsmethoden der Rechtswissenschaft. Die Abrechnungsbestimmungen sind gleichwohl wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen. Eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belässt. Demgemäß sind Vergütungsregelungen stets eng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (vgl BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 17 mwN; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27; zur Auslegung von medizinischen Begriffen im OPS vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 12 ff). Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiterzuentwickelndes (§ 17b Abs 2 S 1 KHG)und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27 mwN; s zum Ganzen auch BSG SozR 4-2500 § 301 Nr 1 RdNr 12 ff mwN).

14

Voraussetzung der DRG F48Z ist nach dem klaren Wortlaut, dass eine geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung bei Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems zu kodieren ist. Dies ist lediglich bei den OPS 8-550 der Fall, denn allein sie betreffen die geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung. Die einzelnen Schlüssel unterscheiden sich insbesondere hinsichtlich Behandlungsdauer und Zahl der Therapieeinheiten (OPS 8-550.0: Mindestens 7 Behandlungstage und 10 Therapieeinheiten; OPS 8-550.1: Mindestens 14 Behandlungstage und 20 Therapieeinheiten; OPS 8-550.2: Mindestens 21 Behandlungstage und 30 Therapieeinheiten). Alle OPS 8-550 setzen nach dem einleitenden Hinweis als eines der Mindestmerkmale ua eine aktivierend-therapeutische Pflege durch besonders geschultes Pflegepersonal voraus (zu den Anforderungen an die Behandlung durch ein geriatrisches Team unter fachärztlicher Behandlungsleitung vgl BSG Urteil vom selben Tag - B 1 KR 25/13 R - Juris ). Daran fehlte es nach den Feststellungen des SG. Der Versicherte hatte weder einen Bedarf nach aktivierend-therapeutischer Pflege, denn er war völlig selbstständig und konnte sich uneingeschränkt selbstständig versorgen, noch ergab die Pflegedokumentation Nachweise einer Leistung aktivierend-therapeutischer Pflege.

15

Das SG durfte die von der Klägerin zur Verfügung gestellten Behandlungsunterlagen verwerten. Denn die Klägerin erfüllte ihre Obliegenheit, die für die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung erforderlichen Informationen der Beklagten zu übermitteln (§ 301 SGB V), erst mit der Überlassung der Behandlungsunterlagen an das SG.

16

Die Informationsübermittlung vom Krankenhaus an die KK korrespondiert mit der Prüfberechtigung der KK. KKn sind jederzeit berechtigt, die sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung von Krankenhausvergütung mit Blick auf bestehende Leistungsverweigerungsrechte oder nicht verjährte Erstattungsforderungen zu überprüfen (§ 301 SGB V). Denn das Krankenhaus hat hierzu zutreffend und vollständig alle Angaben zu machen, deren es zur Überprüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung bedarf (§ 301 Abs 1 SGB V; vgl zB 1. Senat des BSG in BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 13, 21; 3. Senat des BSG in BSGE 111, 58 = SozR 4-2500 § 109 Nr 24, RdNr 18 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 5 RdNr 14 mwN, stRspr). Jedenfalls dann, wenn sich dabei auch nur geringste Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Abrechnung nicht sachlich-rechnerisch richtig ist und/oder dass das Krankenhaus seine primären Informationsobliegenheiten und ggf -pflichten über die Abrechnungsgrundlagen nicht erfüllte, trifft das Krankenhaus spätestens auf Anforderung der KK die Obliegenheit, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere auch die Behandlungsunterlagen an den MDK oder das Gericht herauszugeben. Die gesetzliche Sechs-Wochen-Frist (§ 275 Abs 1c SGB V) erfasst demgegenüber nur die Prüfung aufgrund einer Auffälligkeit (vgl näher BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 29/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

17

Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten bestehen etwa in Fällen, in denen die vom Krankenhaus vorgenommene Auslegung und Anwendung von Abrechnungsvorschriften zweifelhaft ist oder sogar bestehender Kodierpraxis widerspricht oder in denen die erforderlichen Angaben unvollständig sind. Es entspricht nicht nur den gesetzlichen Vorgaben (§ 301 Abs 1 SGB V), sondern den eigenen Interessen des Krankenhauses, der KK die entsprechenden Sachverhalte vollständig und nachvollziehbar mitzuteilen, die es zu seiner Auslegung der Abrechnungsvorschriften veranlasst haben. Nur so beugt das Krankenhaus einer Irreführung und darauf beruhender täuschungsbedingter ungerechtfertigter Vermögensverfügung der KK vor, ermöglicht der KK die sachlich-rechnerische Richtigkeitskontrolle und schafft damit die für die Zusammenarbeit unerlässliche Vertrauensbasis.

18

Die Beklagte hatte Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten der Klägerin. Denn die Klägerin machte keine Angaben zu den durchgeführten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 301 Abs 1 S 1 Nr 8 SGB V). Die KKn benötigen die in § 301 Abs 1 SGB V genannten Angaben zur Durchführung ihrer Aufgaben, insbesondere für eine ordnungsgemäße Abrechnung, für die Überprüfung der Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung und der Verweildauer sowie für Wirtschaftlichkeitsprüfungen der Krankenhäuser(Didong in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 301 RdNr 7). "Durchgeführte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation" sind solche, die das Krankenhaus bereits erbracht hat. Es liegt auf der Hand, dass diese Angaben nicht nur für die Bewilligung künftiger Leistungen, sondern vor allem auch für die Kontrolle einer ordnungsgemäßen Abrechnung erforderlich sind. Zutreffend weist das SG darauf hin, dass die Angaben auch in Zusammenhang mit der Regelung der Frührehabilitation in § 39 Abs 1 S 3 SGB V zu sehen sind. Die Krankenhausbehandlung umfasst danach im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs 1 SGB V), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akutstationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation. Diese Regelung zielt nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte und Regelungszweck darauf ab, dass die Rehabilitation von Anfang an integraler Bestandteil der medizinischen Versorgung im Krankenhaus sein soll. Ärzteschaft, Pflegepersonal und das spezifische Fachpersonal haben an dieser Aufgabe mitzuwirken. Für die Feststellung des individuellen medizinischen Rehabilitationsbedarfs im Akutkrankenhaus sind Art und Schwere der Erkrankung und die individuellen Voraussetzungen wie zB Lebensalter und Multimorbidität des Patienten zugrunde zu legen. Hierfür sowie für Art und Umfang der medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen im Rahmen der Krankenhausbehandlung sind Kriterien aufzustellen. Vorrangiges Ziel dieser frühen Rehabilitation im Krankenhaus ist die Wiederherstellung der Basisfähigkeiten, wozu neben der Mobilität die weitgehende Unabhängigkeit in den einfachen Aktivitäten des täglichen Lebens gehört sowie die Kommunikation mit und die Orientierung in der Umwelt; hinzu kommen die frühzeitige Auseinandersetzung mit Fähigkeitsstörungen in der Folge von Erkrankungen/Unfällen und der frühzeitige Einstieg in das Erlernen von Bewältigungsstrategien. Soweit medizinisch erforderlich, sind auch fachspezifische Rehabilitationsansätze zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu integrieren. Über die bereits vorhandenen Rehabilitationsansätze im Krankenhaus hinaus sind jedenfalls seit Einführung der Frührehabilitation in § 39 Abs 1 S 3 Halbs 2 SGB V bereits bei Aufnahme in das Akutkrankenhaus der funktionelle Status, das Rehabilitationspotential und der Rehabilitationsbedarf des Patienten in die Diagnosestellung einzubeziehen und ein am individuellen Bedarf ausgerichtetes Rehabilitationskonzept in die Krankenbehandlung zu integrieren(vgl Begründung zum Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eines Sozialgesetzbuchs - Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen, BT-Drucks 14/5074 S 117 f Zu Nummer 11 <§ 39 Abs 1>). Die Auffassung der Klägerin, die KKn benötigten die Angaben nach § 301 Abs 1 S 1 Nr 8 SGB V lediglich für Feststellungen im Zusammenhang mit der Genehmigung weiterer Rehabilitationsmaßnahmen, erweist sich demgegenüber als zu eng.

19

2. Zu Recht hat das SG auch einen Zinsanspruch der Klägerin verneint. Mangels vollständiger Angaben war der Anspruch der Klägerin auf Vergütung der Behandlung zur Zeit der von der Beklagten geleisteten Zahlung noch nicht fällig. Für die Folgezeit fehlt es schon an einer zu verzinsenden Hauptforderung.

20

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 18. April 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 5316,57 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob zwei stationäre Krankenhausbehandlungen im Wege der Fallzusammenführung mit nur einer Fallpauschale abzurechnen sind.

2

In dem von der klagenden Gesellschaft betriebenen Krankenhaus wurde der bei der beklagten Krankenkasse versicherte Patient A. (Versicherter) zweimal wegen seines Prostataleidens stationär behandelt. Während seines ersten Aufenthalts (4. bis 6.5.2006) mit der Aufnahmediagnose "Prostatahyperplasie mit Harnstauungsniere" wurde ein Harnblasendauerkatheter gelegt. Bei seiner Entlassung erhielt er einen Wiederaufnahmetermin für den 6.6.2006 zur transurethralen Prostataresektion, die dann auch am 7.6.2006 durchgeführt wurde. Nach komplikationslosem Heilungsverlauf wurde der Versicherte am 12.6.2006 nach Hause entlassen. Das Krankenhaus kodierte für beide stationären Aufenthalte die Prostatahyperplasie ICD-10 N40 als Hauptdiagnose und rechnete für den ersten Aufenthalt die Diagnosis Related Group (DRG) M61Z (benigne Prostatahyperplasie) mit einer Vergütung von 1437,81 Euro (Rechnung vom 15.5.2006) sowie für den zweiten Aufenthalt die DRG M02Z (transurethrale Prostataresektion) mit einem Entgelt von 3908,27 Euro (Rechnung vom 15.6.2006) ab. Die Beklagte beglich beide Rechnungen zunächst in voller Höhe unter Abzug von insgesamt 29,51 Euro als Kostenbeitrag für die integrierte Versorgung, beauftragte aber noch im Juli 2006 den Sozialmedizinischen Dienst (SMD) mit einer gutachtlichen Stellungnahme zur Frage, ob eine Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 der Fallpauschalenvereinbarung (FPV) 2006 in Betracht komme. Der SMD bejahte die Notwendigkeit einer Fallzusammenführung, weil die Prostataoperation aus medizinischer Sicht ohne Weiteres innerhalb von 30 Kalendertagen ab der Erstaufnahme hätte erfolgen können; die Wiederaufnahme erst am 33. Kalendertag (6.6.2006) statt noch am 30. Kalendertag (3.6.2006) sei medizinisch nicht geboten gewesen und verstoße daher gegen das Gebot wirtschaftlicher Leistungserbringung (§ 2 Abs 4, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1 S 2 SGB V). Die Beklagte rechnete daraufhin am 15.11.2006 mit einem Erstattungsanspruch in Höhe des tatsächlich gezahlten Gesamtbetrages von 5316,57 Euro gegen unstreitige Vergütungsansprüche der Klägerin aus späteren Behandlungsfällen auf.

3

Die Klägerin hält die Aufrechnung für unwirksam, weil der Erstattungsanspruch nicht bestehe. Sie macht geltend, eine Harnableitung mittels eines permanent offenen Dauerkatheters sei bei dem 80 Jahre alten multimorbiden Versicherten erforderlich gewesen. Abhängig vom Stauungsgrad und der Dilatation müsse diese Urinableitung regelmäßig 6 bis 8 Wochen lang durchgeführt werden, ehe die Prostatahyperplasie ohne Gefahr weitreichender Komplikationen operativ angegangen werden könne. Hier sei der Versicherte bereits nach rund 5 Wochen erneut aufgenommen und operiert worden; diese Wartezeit sei aus fachurologischer Sicht zwingend notwendig gewesen. Unabhängig davon scheide eine Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 FPV 2006 aber auch deshalb aus, weil die Vorschrift nach ihrem Wortlaut eine Fallzusammenführung nur vorsehe, wenn die Wiederaufnahme binnen 30 Kalendertagen ab der Erstaufnahme tatsächlich erfolgt sei, nicht aber schon dann, wenn die Wiederaufnahme innerhalb dieser Frist lediglich hätte erfolgen können, tatsächlich aber erst später stattgefunden habe.

4

Das SG hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 5316,57 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 15.11.2006 zu zahlen (Gerichtsbescheid vom 26.11.2009). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, nachdem die Klage wegen des Zinsanspruchs für den 15.11.2006 zurückgenommen worden war (Urteil vom 18.4.2012): Eine Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 FPV 2006 scheide aus, weil die Wiederaufnahme des Versicherten nicht innerhalb von 30 Kalendertagen ab der Erstaufnahme erfolgt sei. Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf Fälle, in denen die Wiederaufnahme innerhalb dieser Frist hätte erfolgen können, sei nach dem Grundsatz der wortgetreuen Auslegung vertraglicher Abrechnungsregelungen ausgeschlossen. Dem stehe auch nicht das Wirtschaftlichkeitsgebot des SGB V entgegen; ein Krankenhaus sei nicht verpflichtet, allein deswegen die für die Krankenkasse preisgünstigste Art der Durchführung einer Behandlung zu wählen. Auch ein Verstoß gegen das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme sei nicht ersichtlich, weil sich das Krankenhaus im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben und Abrechnungsbestimmungen bewegt habe. Ob etwas anderes gelte, wenn die Wiederaufnahme innerhalb der 30-Tage-Frist aus medizinischen Gründen an sich geboten gewesen wäre, könne offenbleiben, weil ein solcher Sachverhalt nicht vorliege.

5

Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts. Auch bei der Auslegung der FPV seien die Vorschriften über die Pflicht zur wirtschaftlichen Leistungserbringung (§ 2 Abs 4, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1 S 2 SGB V) zu beachten. Das berechtigte Bedürfnis nach Rechtssicherheit bei der Auslegung und Anwendung von Abrechnungsvorschriften dürfe nicht dazu führen, dass die 30-Tage-Frist faktisch zur Disposition des Krankenhauses gestellt werde. Es sei unwirtschaftlich, einen Patienten drei Tage nach Ablauf dieser Frist wieder aufzunehmen, wenn dies ebenso gut noch innerhalb der Frist hätte geschehen können.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG für das Saarland vom 18.4.2012 und den Gerichtsbescheid des SG für das Saarland vom 26.11.2009 zu ändern und die Klage abzuweisen.

7

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist zulässig, in der Sache aber unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Die Aufrechnung vom 15.11.2006 ist unwirksam, weil der Beklagten der geltend gemachte Erstattungsanspruch nicht zusteht. Eine Zusammenführung der beiden stationären Behandlungen des Versicherten zu einem "Behandlungsfall" scheidet aus.

9

1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor. Streitgegenstand ist der Anspruch eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse auf Zahlung der Vergütung für die stationäre Krankenhausbehandlung eines Versicherten in Höhe von insgesamt 5316,57 Euro. Diesen Anspruch macht die Klägerin zu Recht mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG geltend; denn es handelt sich bei der auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse um einen sog Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2; BSGE 86, 166, 167 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 1; BSGE 90, 1 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12; BSG SozR 3-2500 § 39 Nr 4; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 RdNr 10). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten.

10

2. In der Sache streiten die Beteiligten allerdings nur um die Wirksamkeit der von der Beklagten am 15.11.2006 erklärten Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in Höhe von 5316,57 Euro. Die mit der erhobenen Leistungsklage verfolgten Vergütungsansprüche der Klägerin aus späteren Krankenhausbehandlungen von Versicherten der Beklagten sind demgegenüber unstreitig. Zwar hat das LSG weder ausdrücklich noch konkludent festgestellt, welche Vergütungsansprüche die Klägerin aufgrund welcher konkreten Krankenhausbehandlung geltend macht. Die Beteiligten haben aber übereinstimmend als selbstverständlich vorausgesetzt, dass der Klägerin gegen die Beklagte - ohne Berücksichtigung der streitigen Zahlungsforderung - laufende Ansprüche aus Anlass der Krankenhausbehandlung von Versicherten in Höhe von weiteren 5316,57 Euro erwachsen sind. Da die Beklagte sich gegenüber der Klage ausschließlich im Wege der Primäraufrechnung mit einer Gegenforderung verteidigt, steht die Klageforderung selbst außer Streit (stRspr, vgl zB BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 6).

11

Diese Klageforderung ist begründet. Der Beklagten steht kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch über 5316,57 Euro zu; denn in dieser Höhe hat sie die beiden stationären Behandlungen des Versicherten im Mai und Juni 2006 mit Rechtsgrund vergütet, weil der Klägerin insoweit ein Entgeltanspruch über insgesamt 5316,57 Euro zustand (zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch bei Überzahlung von Krankenhausentgelten vgl schon BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 8 f).

12

3. Rechtsgrundlage für die Vergütungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte für stationäre Krankenhausleistungen aus dem Jahr 2006 ist § 109 Abs 4 S 3 SGB V(hier idF durch Art 1 Nr 3 des Fallpauschalengesetzes vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 S 1 Nr 1 und § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 Krankenhausentgeltgesetz(KHEntgG; jeweils idF durch Art 2 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser und zur Änderung anderer Vorschriften - Zweites Fallpauschalenänderungsgesetz <2. FPÄndG> vom 15.12.2004, BGBl I 3429) sowie § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz(KHG, idF durch Art 1 Nr 4 2. FPÄndG) iVm der Anlage 1 Teil a) des Fallpauschalen-Katalogs der G-DRG-Version 2006 sowie dem zwischen der Saarländischen Krankenhausgesellschaft eV und den Krankenkassen bzw deren Verbänden geschlossenen Vertrag nach § 112 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V - Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung - idF des Schiedsspruchs vom 25.11.1996 (KBV) und der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten für das Jahr 2006. Die Frage der Fallzusammenführung richtet sich nach § 2 Abs 2 FPV 2006. Hiernach durfte die Klägerin die zwei stationären Behandlungen des Versicherten getrennt mit Einzelvergütungen von 1429,20 Euro und 3887,37 Euro, also mit einer Gesamtvergütung in Höhe von 5316,57 Euro, abrechnen.

13

4. Rechtsgrundlage für die von einer Krankenkasse erklärte Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch zur Erfüllung von Vergütungsansprüchen der Krankenhäuser ist § 69 Abs 1 S 3 SGB V iVm §§ 387 ff BGB(vgl BSGE 107, 78 = SozR 4-2500 § 140d Nr 2; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 8; BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2). Auch außerhalb der besonderen Regelungen der §§ 51, 52 SGB I über die Aufrechnung gegen Sozialleistungsansprüche besteht im Sozialrecht allgemein die Möglichkeit, einer öffentlich-rechtlichen Forderung im Wege der Aufrechnung, auf welche die §§ 387 ff BGB entsprechend anzuwenden sind, entgegenzutreten(BSGE 75, 283, 284 ff = SozR 3-2400 § 28 Nr 2; BSGE 63, 224, 230 f = SozR 1300 § 48 Nr 47). Voraussetzung dieses einseitigen Rechtsgeschäfts, mit dem die wechselseitige Tilgung zweier Forderungen bewirkt wird, ist gemäß § 387 BGB, dass sich zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung gegenseitige, gleichartige und fällige bzw erfüllbare Forderungen gegenüberstehen, wobei die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung uneingeschränkt wirksam und fällig sein muss, die Hauptforderung dagegen lediglich erfüllbar zu sein braucht(Grüneberg in: Palandt, BGB, 72. Aufl 2013, § 387 RdNr 11 f). Außerdem darf entsprechend § 390 BGB die Gegenforderung nicht einredebehaftet sein. Diese Aufrechnungsvorraussetzungen sind hier nicht erfüllt, weil der zur Aufrechnung gestellte Erstattungsanspruch der Beklagten nicht bestand. Die Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 FPV 2006 war hier ausgeschlossen.

14

5. Das Krankenhaus hat auch bei der Vergütung der Krankenhausbehandlung durch Fallpauschalen einen Vergütungsanspruch gegen eine Krankenkasse nur für eine "erforderliche" Krankenhausbehandlung. Die Vergütung stellt die Gegenleistung für die Erfüllung der Pflicht zugelassener Krankenhäuser dar, die Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten im Rahmen des jeweiligen Versorgungsvertrags (§ 109 SGB V) zu leisten. Die Leistung des Krankenhauses dient der Erfüllung des Sachleistungsanspruchs des Versicherten (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V) gegen die Krankenkasse. Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht dabei - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich ist(BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12; stRspr). Im vorliegenden Fall steht die medizinische Notwendigkeit der beiden stationären Behandlungen und auch die jeweilige Dauer von zwei bzw sechs Belegungstagen nicht im Streit.

15

6. Maßgebend für die Höhe des Vergütungsanspruchs ist innerhalb des hier maßgeblichen DRG-Systems der Fallpauschalenkatalog. Danach hat die Klägerin zu Recht für die erste stationäre Behandlung des Versicherten die DRG M61Z und für die zweite stationäre Behandlung die DRG M02Z in Ansatz gebracht. Dies wird von der Beklagten auch nicht angegriffen. Ebenso erhebt sie auch keine Einwendungen gegen die Höhe des Vergütungsanspruchs, die sich bei getrennter Abrechnung beider Behandlungen auf insgesamt 5316,57 Euro beläuft. Sie ist vielmehr der Auffassung, dass nach der FPV 2006 iVm dem Gebot des SGB V zur wirtschaftlichen Leistungserbringung eine Zusammenführung beider Behandlungsfälle zu einem Behandlungsfall hätte erfolgen müssen. Dies trifft jedoch nicht zu.

16

a) Die insoweit maßgebende Vorschrift des - in seinem Wortlaut bis heute unverändert gebliebenen - § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 lautet: Eine Zusammenfassung der Falldaten zu einem Fall und eine Neueinstufung in eine Fallpauschale ist auch dann vorzunehmen, wenn
1. ein Patient oder eine Patientin innerhalb von 30 Kalendertagen ab dem Aufnahmedatum des ersten unter diese Vorschrift zur Zusammenfassung fallenden Krankenhausaufenthalts wieder aufgenommen wird und
2. innerhalb der gleichen Hauptdiagnosegruppe (MDC) die zuvor abrechenbare Fallpauschale in die "medizinische Partition" oder die "andere Partition" und die anschließende Fallpauschale in die "operative Partition" einzugruppieren ist.

17

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zwar erfüllen die beiden stationären Behandlungen des Versicherten wegen seines Prostataleidens die sachlichen Voraussetzungen der Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 S 1 Nr 2 FPV 2006, nicht aber die zeitlichen Voraussetzungen der Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 S 1 Nr 1 FPV 2006. Der Versicherte wurde nicht innerhalb von 30 Kalendertagen ab dem Aufnahmedatum des ersten Krankenhausaufenthalts wieder aufgenommen. Zwischen der Erstaufnahme am 4.5.2006 und der Wiederaufnahme am 6.6.2006 lagen 33 Kalendertage. Der reine Wortlaut des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 schließt die Fallzusammenführung also aus; dies stellt auch die Beklagte nicht in Abrede.

18

b) Die Beklagte befürwortet indes eine entsprechende Anwendung des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006, weil - aus ihrer Sicht - der Versicherte bereits innerhalb der 30-Tage-Frist, also spätestens am 3.6.2006, zur vorgesehenen Prostataoperation hätte wieder aufgenommen werden können. Eine solche Ausweitung des Anwendungsbereichs dieser Vorschrift kommt jedoch nicht in Betracht. Vergütungsregelungen sind grundsätzlich streng nach ihrem Wortlaut auszulegen, um Fehlinterpretationen und Missverständnisse zu vermeiden; denn nur so sind sie für die routinemäßige Anwendung im Massengeschäft der Abrechnung der zahlreichen Behandlungsfälle handhabbar (vgl allgemein zur Funktion von Vergütungsregelungen BSG SozR 3-5565 § 14 Nr 2; BSG SozR 3-5565 § 15 Nr 1; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11, RdNr 18; BSGE 111, 200 = SozR 4-5562 § 8 Nr 4, RdNr 24). Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiterzuentwickelndes (§ 17b Abs 2 S 1 KHG) und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten, Unbilligkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese Mängel mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (BSGE 107, 140 = SozR 4-2500 § 109 Nr 21, RdNr 18 mwN).

19

Die Regelung des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 ist so angelegt, dass über die Fallzusammenführung anhand von DRG-Nummern und Partitionen sowie von konkreten Fristen entschieden wird. Nur so können die Entscheidungen im Massengeschäft der Abrechnung durch die EDV getroffen werden. Beurteilungsspielräume der Betroffenen und somit Streit zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern sollen auf diese Weise vermieden werden (Tuschen/Trefz, Krankenhausentgeltgesetz, 2. Aufl 2010, Ziffer 6.4.1, S 149). Dieses Ziel würde konterkariert, wenn jeweils im Einzelfall geprüft werden müsste, ob eine zweite außerhalb der 30-Tages-Frist liegende stationäre Behandlung schon früher hätte begonnen werden können, so dass sie innerhalb dieser Frist liegen würde. Den Vertragsparteien steht es vielmehr frei, im Zuge der jährlichen Überarbeitung der FPV die Frist des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 zB auf 40 Tage zu verlängern oder sogar ganz zu streichen. Außerdem könnten sie auch eine speziell auf die mehrphasige stationäre Behandlung von Prostataerkrankungen zugeschnittene Regelung zur Fallzusammenführung aushandeln.

20

c) Der Charakter des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 als vertragliche Vergütungsvorschrift schließt es auch aus, eine Fallzusammenführung nach dieser Regelung auch dann zu erwägen, wenn - wie hier - allein ein die Behandlung prägender sachlicher Zusammenhang zwischen der ersten und zweiten Behandlungsphase iS des § 2 Abs 2 S 1 Nr 2 FPV 2006 besteht, die Zeitgrenze des § 2 Abs 2 S 1 Nr 1 FPV 2006 aber überschritten ist. Die Fallzusammenführung beider Behandlungsphasen zu einem einzigen Behandlungsfall im Sinne eines zusammenhängend behandelten Krankheitsfalls haben die Vertragsparteien bewusst an die Kombination aus einem prägenden sachlichen Zusammenhang und einem Zeitmoment geknüpft, wobei beide Elemente kumulativ vorliegen müssen. Soll der prägende sachliche Zusammenhang allein für die Fallzusammenführung ausreichen, bedarf es einer entsprechenden Änderungsvereinbarung zur FPV durch die Vertragsparteien; eine in dieser Weise einschränkende Auslegung und Anwendung des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 ohne vertragliche Änderung der Vorschrift ist ausgeschlossen. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall von der Auslegung gesetzlicher Vergütungsvorschriften. So hat zB der 1. Senat des BSG zur Abrechnungsregelung des § 8 Abs 2 S 3 Nr 3 KHEntgG entschieden(Urteil vom 17.9.2013 - B 1 KR 2/12 R -, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen), dass eine vorstationäre Behandlung neben der Fallpauschale für eine anschließende voll- oder teilstationäre Behandlung immer dann nicht abrechenbar ist, wenn jeweils sowohl die vorstationäre als auch die voll- oder teilstationäre Behandlung wegen ihres prägenden sachlichen Zusammenhangs übergreifend einen einzigen Behandlungsfall im Sinne eines zusammenhängend behandelten Krankheitsfalles betrifft; nicht entscheidend sei hingegen, ob bei der vorstationären Behandlung die Zeitgrenzen des § 115a Abs 2 S 1 SGB V ("Die vorstationäre Behandlung ist auf längstens drei Behandlungstage innerhalb von fünf Tagen vor Beginn der stationären Behandlung begrenzt.") gewahrt oder überschritten sind (BSG, aaO, RdNr 22). Ob dieser Entscheidung des 1. Senats zu folgen ist (und eine der Sache nach ambulante Behandlung auch dann "vorstationär" genannt und als in die Zuständigkeit der Krankenhäuser fallend bezeichnet werden kann, wenn die Zeitgrenzen des § 115a Abs 2 S 1 SGB V überschritten sind), lässt der erkennende Senat offen; maßgeblich ist, dass diese Entscheidung auf die Auslegung einer vertraglichen Vergütungsvorschrift wie § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 nicht übertragbar ist.

21

d) Dem Ausschluss der analogen Anwendung des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 steht auch nicht das Wirtschaftlichkeitsgebot(§ 2 Abs 4, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1 S 2 SGB V) entgegen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot allein verpflichtet ein Krankenhaus nicht dazu, die für die Krankenkasse finanziell günstigste Art der Durchführung einer Behandlung zu wählen. Es begründet keine Fürsorgepflicht des Krankenhauses für die sparsame Mittelverwendung des Vertragspartners. Der Gesetzgeber hat zur Erfüllung der Sachleistungsverpflichtung der Krankenkassen gegenüber ihren Versicherten (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V)vorgesehen, dass sich die Krankenkassen der verschiedenen Leistungserbringer bedienen, mit denen sie über Art und Umfang der Leistungen sowie deren Vergütung Verträge abschließen. Dem Vertragsmodell liegt die Vorstellung zu Grunde, dass jede Seite ihre Interessen zu wahren sucht, der Einigungsdruck aber zu einem angemessenen Interessenausgleich führt. Die sich aus der auf Dauer angelegten intensiven Vertragsbeziehung zwischen einem Leistungserbringer und einer Krankenkasse ergebenden gegenseitigen Treue- und Rücksichtnahmepflichten (§ 69 Abs 1 S 3 SGB V iVm § 241 Abs 2 BGB und § 242 BGB) gehen nicht so weit, dass vertraglich eingeräumte Vergütungsansprüche nicht voll ausgeschöpft werden dürfen. Treue- und Rücksichtnahmepflichten aus Vertragsverhältnissen wirken sich regelmäßig lediglich auf vertragliche Nebenpflichten aus, die nicht ausdrücklich geregelt sind. Eindeutig vereinbarte Vergütungsansprüche können dadurch nicht eingeschränkt werden. Hier kann von den Krankenkassen erwartet werden, dass sie ihren Auftrag zur sparsamen Mittelverwendung in vollem Umfang eigenverantwortlich wahrnehmen und durch entsprechende Vertragsgestaltung - soweit ein Konsens zu erzielen ist - auch umsetzen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot verpflichtet ein Krankenhaus lediglich, innerhalb der gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben wirtschaftlich zu handeln, nicht aber, darüber hinaus - gegen eigene Interessen - weitere Vorgaben aus Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten aufzustellen; es muss also nur die ihm zur Verfügung stehenden Ressourcen optimal einsetzen und die vertraglichen und gesetzlichen Voraussetzungen einhalten. Dem ist die Klägerin hier nachgekommen. Der Versicherte hatte einen Anspruch nach § 39 SGB V auf zweimalige stationäre Krankenhausbehandlung, wobei kein Anspruch bestand, die zweite Krankenhausbehandlung zu einem bestimmten Zeitpunkt, hier innerhalb der 30-Tage-Frist des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006, zu erhalten. Die Krankenhausbehandlung war auch, wie bereits ausgeführt, medizinisch erforderlich, was insbesondere auch für die zweite Krankenhausbehandlung gilt. Selbst wenn die Wiederaufnahme aus medizinischem Blickwinkel möglicherweise schon einige Tage früher hätte stattfinden können, was hier offenbleiben kann, ändert dies nichts daran, dass die zweite Behandlung für sich genommen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich war und damit dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprach.

22

e) Der erkennende Senat muss an dieser Stelle nicht entscheiden, wie der Fall zu beurteilen wäre, wenn eine Wiederaufnahme innerhalb der 30-Tage-Frist aus medizinischen Gründen notwendig, die Wiederaufnahme nach erst 33 Kalendertagen also fehlerhaft gewesen wäre. Ein solcher Sachverhalt liegt nach den Feststellungen des LSG nicht vor; er wird von der Beklagten und dem SMD auch nicht behauptet. Ebenso kann die Frage offenbleiben, wie zu entscheiden wäre, wenn ein Krankenhaus solch lange Zwischenfristen systematisch ausnutzen würde, um Fallzusammenführungen zwecks Gewinnoptimierung zu umgehen. Auch dafür gibt es im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte. Im Gegenteil: Die Überschreitung der 30-Tage-Frist um drei Tage war auch sachlich nicht zu beanstanden. Zur Wahrung dieser Frist hätte der Versicherte spätestens am 3.6.2006 (Samstag) wieder aufgenommen werden müssen. Da aber an Wochenenden aus guten Gründen nur Notfälle in ein Krankenhaus aufgenommen werden, wäre realistischerweise nur der 2.6.2006 (Freitag) als letzter Wiederaufnahmetag in Betracht gekommen, weil sich der Versicherte nicht in einer Notfallsituation befand, sondern es um einen geplanten Eingriff ging. Da solche geplanten Eingriffe regelmäßig aber nur alltags durchgeführt werden, wäre der Versicherte voraussichtlich nicht vor dem 6.6.2006 (Dienstag), dem Tag der tatsächlichen Wiederaufnahme, operiert worden, weil der Zeitraum vom 3.6.2006 (Samstag) bis zum 5.6.2006 (Pfingstmontag) hierfür nicht zur Verfügung stand. Eine Wiederaufnahme am 2.6.2006 hätte also nur die Verweildauer des Versicherten unnötig verlängert und dem Krankenhaus zusätzliche Kosten verursacht.

23

7. Der Zinsanspruch beruht auf § 14 Abs 5 KBV.

24

8. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 und § 47 Abs 1 GKG.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 1714,07 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligen streiten über die Vergütung einer Krankenhausbehandlung.

2

Die Klägerin, Rechtsträgerin des zugelassenen Krankenhauses M., behandelte den bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherten H. B. (im Folgenden: Versicherter) wegen einer Schenkelhalsfraktur vom 26.1. bis 11.2.2008 stationär mit einer Osteosynthese mittels einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube. Die Klägerin kodierte die Operation mit zwei Schlüsselnummern des Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS 5-790.8e und 5-790.0e), die die diagnoseorientierte Fallpauschale DRG I08C ansteuern, und berechnete 7087,86 Euro (14.2.2008). Die Beklagte bezahlte lediglich 7030,75 Euro, da sie einen Betrag von 57,11 Euro für die Anschubfinanzierung integrierte Versorgung abzog (§ 140d SGB V). Sie machte aufgrund einer Auskunft des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) geltend, die Operation sei allein mit einer OPS-Nummer zu kodieren (OPS 5-790.9e: Geschlossene Reposition einer Fraktur oder Epiphysenlösung mit Osteosynthese, durch Materialkombinationen, Schenkelhals). Da deshalb die geringer vergütete DRG I08D maßgeblich sei, müsse die Klägerin die Überzahlung erstatten (1.4.2009). Die Klägerin lehnte eine Erstattung ab, da eine Prüfanzeige des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) nicht mehr fristgerecht möglich sei. Daraufhin rechnete die Beklagte mit der nach ihrer Auffassung bestehenden Erstattungsforderung von 1714,07 Euro gegenüber Vergütungsansprüchen der Klägerin für die Behandlung anderer Versicherter auf (15.5.2009). Das SG hat ein Sachverständigengutachten eingeholt und die Klage auf Zahlung von 1714,07 Euro nebst Zinsen von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.5.2009 abgewiesen (Urteil vom 19.7.2011). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen: Die Klägerin habe nur Anspruch auf Vergütung nach der geringer dotierten DRG I08D. Die Osteosynthese mit einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube an der gleichen Lokalisation über denselben Zugang sei mit OPS 5-790.9e zu kodieren. Die Beklagte sei mit ihren Einwendungen und der Verwendung der Daten nach § 301 SGB V nicht ausgeschlossen. Es bedürfe keines Rückgriffs auf das Gerichtsgutachten und die von der Klägerin vorgelegten Behandlungsunterlagen, deren Auswertung § 275 Abs 1c S 2 SGB V verbiete(Urteil vom 8.8.2013).

3

Die Klägerin hat dagegen Revision eingelegt. Sie hat das Teilanerkenntnis der Beklagten angenommen, 57,11 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.5.2009 zu schulden. Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 275 Abs 1c S 2 SGB V. Die Beklagte habe die dort geregelte, abgelaufene Frist ohne Einleitung eines MDK-Prüfverfahrens verstreichen lassen. Dies schließe Ermittlungen dazu aus, dass die Voraussetzungen der OPS 5-790.9e erfüllt seien, nämlich dass der Eingriff für das Osteosyntheseverfahren nur über einen Zugang erfolgte.

4

Die Klägerin beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 und des Sozialgerichts Koblenz vom 19. Juli 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, 1656,96 Euro nebst Zinsen von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. Mai 2009 zu zahlen,

hilfsweise

        

das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben im Ergebnis zutreffend entschieden, dass das klagende Krankenhaus gegen die beklagte KK keinen Anspruch auf Zahlung weiterer, jetzt noch streitiger 1656,96 Euro für die anderen Versicherten erbrachte Krankenhausbehandlung hat. Die von der Klägerin im Gleichordnungsverhältnis erhobene (echte) Leistungsklage ist zulässig (vgl BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 20; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10 mwN; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12), aber unbegründet. Der ursprünglich entstandene Anspruch der Klägerin auf Vergütung für die Krankenhausbehandlung anderer Versicherter (dazu 1.) erlosch dadurch in Höhe von 1656,96 Euro, dass die Beklagte wirksam mit ihrem in dieser Höhe bestehenden Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten aufrechnete (dazu 2.). Die Klägerin erhielt hierfür nämlich 7030,75 Euro, obwohl sie lediglich höchstens Anspruch auf Zahlung von 5373,79 Euro für die Behandlung des Versicherten hatte (dazu 3.). Die dagegen von der Klägerin vorgebrachten Einwendungen greifen nicht durch (dazu 4.).

8

1. Zu Recht ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass der Klägerin aufgrund der Behandlung anderer Versicherter zunächst Anspruch auf die dort abgerechnete Vergütung zustand; eine nähere Prüfung des erkennenden Senats erübrigt sich insoweit (vgl zur Zulässigkeit dieses Vorgehens zB BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 7 RdNr 10; SozR 4-2500 § 130 Nr 2 RdNr 15).

9

2. Der Vergütungsanspruch für Krankenhausbehandlung anderer Versicherter erlosch durch Aufrechnung in Höhe von 1656,96 Euro. Die Beklagte erklärte wirksam, mit ihrem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten analog § 387 BGB aufzurechnen(zur entsprechenden Anwendung auf überzahlte Krankenhausvergütung vgl zB BSG SozR 4-7610 § 204 Nr 2 RdNr 9 ff mwN, stRspr). Der Vergütungsanspruch der Klägerin und der von der Beklagten aufgerechnete öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch (dazu 3.) waren gegenseitig und gleichartig (vgl entsprechend BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 16), der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch war fällig und der Vergütungsanspruch der Klägerin erfüllbar.

10

3. Die Beklagte konnte aus öffentlich-rechtlicher Erstattung Zahlung in Höhe von 1656,96 Euro beanspruchen. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt ua voraus, dass der Berechtigte Leistungen im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses ohne rechtlichen Grund erbrachte (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 15, stRspr). So lag es hier. Die Klägerin hatte gegen die Beklagte einen Vergütungsanspruch für die Behandlung des Versicherten (dazu a). Dessen Höhe betrug maximal 5373,79 Euro, während ihr die Beklagte 7030,75 Euro zahlte (dazu b).

11

a) Die Klägerin erfüllte die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung, indem sie den Versicherten vom 26.1. bis 11.2.2008 stationär behandelte. Die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich ist(stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 11; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 11; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13, alle mwN). Diese Voraussetzungen waren nach den unangegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) erfüllt.

12

b) Der Vergütungsanspruch der Klägerin belief sich auf höchstens 5373,79 Euro. Die Klägerin durfte lediglich die niedriger vergütete DRG I08D abrechnen (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur, ohne Mehrfacheingriff, ohne komplexe Prozedur, ohne komplexe Diagnose, ohne äußerst schwere CC), nicht die tatsächlich in Rechnung gestellte DRG I08C (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur mit Mehrfacheingriff, komplexer Prozedur, komplexer Diagnose oder äußerst schweren CC). Dies wirkt sich auch auf die Vergütungsbestandteile aus, deren Höhe von der zu vergütenden DRG abhängt (§ 4 Abs 13 KHEntgG idF durch Art 15 Nr 2 Buchst b Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003, BGBl I 2190, § 4 Abs 14 KHEntgG idF durch Art 2 Nr 2 Buchst k Zweites Gesetz zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser und zur Änderung anderer Vorschriften vom 15.12.2004, BGBl I 3429; § 8 Abs 9 KHEntgG idF durch Art 19 Nr 2 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378).

13

Die von der Klägerin zu beanspruchende Krankenhausvergütung bemisst sich nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage. Rechtsgrundlage sind § 109 Abs 4 S 3 SGB V(idF durch Art 1 Nr 3 Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 5 Buchst a 2. FPÄndG vom 15.12.2004, BGBl I 3429) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz(KHG; idF durch Art 18 Nr 4 GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378; vgl entsprechend BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 15), die Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2008 (Fallpauschalenvereinbarung 2008 - FPV 2008 einschließlich der Anlagen 1 bis 6) und die von den Vertragspartnern auf Bundesebene getroffene Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) für das Jahr 2008 (Ergänzungsvereinbarung 2008 zur Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien Version 2002 für das G-DRG-System gemäß § 17b KHG, zuletzt geändert durch die Ergänzungsvereinbarung 2007; zu deren normativer Wirkung vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 18).

14

Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich aus der Eingabe und Verarbeitung von Daten in einem automatischen Datenverarbeitungssystem, das auf einem zertifizierten Programm basiert (vgl § 1 Abs 6 S 1 FPV 2008; zur rechtlichen Einordnung des Groupierungsvorgangs vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 19 ff). Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm greift dabei auch auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind (zB die Zuordnung von ICD-10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum) oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, aber auch die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) in der jeweiligen vom DIMDI im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung (hier in der Version 2008 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Diagnosenschlüssels vom 25.10.2007, BAnz Nr 207 vom 7.11.2007, S 7937, in Kraft getreten am 1.1.2008 ) sowie die Klassifikation des vom DIMDI im Auftrag des BMG herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssels (hier in der Version 2008 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Operationen- und Prozedurenschlüssels vom 25.10.2007, BAnz Nr 207 vom 7.11.2007, S 7917, in Kraft getreten am 1.1.2008 ; zur Grundlage der Rechtsbindung vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 24).

15

Die Anwendung der DKR und der FPV-Abrechnungsbestimmungen einschließlich des ICD-10-GM und des OPS erfolgt eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (vgl BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 17 mwN; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27; zur Auslegung von medizinischen Begriffen im OPS vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 12 ff, stRspr).

16

Die Klägerin durfte nur die niedriger vergütete DRG I08D abrechnen. Die Behandlung des Versicherten erfüllte nämlich nur die Voraussetzungen der OPS 2008 Nr 5-790.9e. Diese OPS-Nr ist zu kodieren bei einer geschlossenen Reposition einer Fraktur oder Epiphysenlösung mit Osteosynthese des Schenkelhalses durch Materialkombinationen. Erforderlich ist eine Verbindung einer Mehrheit von Verfahren bei einer Osteosynthese, denn es bedarf der "Materialkombinationen". Dies erfasst eine Osteosynthese mittels zweier, sich im Sinne von Haupt- und Hilfsverfahren ergänzender Osteosyntheseverfahren, etwa durch dynamische Kompressionsschraube mit Antirotationsschraube, wie sie hier in Rede steht, wenn es lediglich eines operativen Zugangs bedarf. Denn eine Materialkombination liegt nach dem Regelungssystem nicht schon dann vor, wenn das verwendete Implantat aus mehreren Teilen besteht. So setzt sich zum Beispiel die dynamische Kompressionschraube nicht nur aus einer einzelnen Schraube zusammen, sondern aus einer Schenkelhalsschraube, einem Plattenzylinder und weiteren Schrauben zur Fixierung der Platte am Oberschenkelknochen (vgl entsprechend zB OPS 2008 5-79: "Eine Schraubenosteosynthese ist eine Osteosynthese, die nur mit Schrauben, ggf. mit zusätzlicher Unterlegscheibe, erfolgt"; "Eine Plattenosteosynthese ist eine Osteosynthese, die mit Platten und den dazugehörigen Schrauben, ggf. mit zusätzlichen Schrauben neben der Platte, erfolgt"). Auch ist Materialkombination nicht mit Werkstoffkombination gleichzusetzen. Ansonsten hätte es des Hinweises in OPS 2008 5-79 nicht bedurft, dass eine Verbundosteosynthese (bestehend aus Metall und Zement) als Materialkombination zu kodieren ist (vgl auch die Differenzliste zum OPS 2008, wonach zunächst in der Vorab-Version vorgesehen war, die Verwendung des Zements zusätzlich zu kodieren). Zusätzlich dürfen nicht mehrere Zugänge erforderlich sein. Denn OPS 2008 5-79 ordnet ausdrücklich an, dass die Durchführung einer zweiten Osteosynthese, zB bei einer Zweietagen-Fraktur, gesondert zu kodieren ist (so DIMDI, MDK und Berufsverband Deutscher Chirurgen, vgl Gerichtsgutachten vom 5.7.2010). Nach den Feststellungen des LSG ermöglichte ein einziger Zugang beim Versicherten die Osteosynthese mit einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube.

17

Nach der Groupierungslogik steuert die Diagnose Schenkelhalsfraktur, intrakapsulär (ICD-10-GM 2008 S72.01), die MC (Major Category) 8 (Krankheiten und Störungen an Muskel-Skelett-System und Bindegewebe) an (vgl G-DRG Version 2008, Definitionshandbuch Kompaktversion, Band 1, S 447). Dort führt die OPS 2008 5-790.9e in der operativen Partition zur ADRG I08 (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur oder Ersatz des Hüftgelenkes mit Eingriff an oberer Extremität oder Wirbelsäule; vgl G-DRG Version 2008, Definitionshandbuch Kompaktversion, Band 1, S 471) und von dort zur DRG I08D (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur, ohne Mehrfacheingriff, ohne komplexe Prozedur, ohne komplexe Diagnose, ohne äußerst schwere CC; vgl G-DRG Version 2008, Definitionshandbuch Kompaktversion, Band 1, S 435).

18

4. Die von der Klägerin geltend gemachten Einwendungen gegen die Feststellungen des LSG (dazu a) und den Erstattungsanspruch im Übrigen (dazu b) greifen nicht durch.

19

a) Das LSG durfte das vom SG eingeholte Gutachten unter Auswertung der von der Klägerin zur Verfügung gestellten Behandlungsunterlagen verwerten, um widerspruchsfrei zu der angegriffenen Feststellung zu gelangen, dass ein Zugang beim Versicherten die Osteosynthese mit einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube ermöglichte. Denn die Klägerin erfüllte ihre Obliegenheit, die für die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung erforderlichen Informationen der Beklagten zu übermitteln (§ 301 SGB V), erst mit der Überlassung der Behandlungsunterlagen an das SG.

20

Die Informationsübermittlung vom Krankenhaus an die KK korrespondiert mit der Prüfberechtigung der KK. KKn sind jederzeit berechtigt, die sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung von Krankenhausvergütung mit Blick auf Leistungsverweigerungsrechte oder nicht verjährte Erstattungsforderungen zu überprüfen (§ 301 SGB V). Denn das Krankenhaus hat hierzu zutreffend und vollständig alle Angaben zu machen, deren es zur Überprüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung bedarf (§ 301 Abs 1 SGB V; vgl zB 1. Senat des BSG in BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 13, 21; 3. Senat des BSG in BSGE 111, 58 = SozR 4-2500 § 109 Nr 24, RdNr 18 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 5 RdNr 14 mwN, stRspr). Jedenfalls dann, wenn sich dabei auch nur geringste Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Abrechnung nicht sachlich-rechnerisch richtig ist und/oder dass das Krankenhaus seine primären Informationsobliegenheiten und ggf -pflichten über die Abrechnungsgrundlagen nicht erfüllte, trifft das Krankenhaus spätestens auf Anforderung der KK die Obliegenheit, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere auch die Behandlungsunterlagen an den MDK oder das Gericht herauszugeben. Die gesetzliche Sechs-Wochen-Frist (§ 275 Abs 1c SGB V) erfasst demgegenüber nur die Prüfung aufgrund einer Auffälligkeit (vgl näher BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 29/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

21

Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten bestehen etwa in Fällen, in denen die vom Krankenhaus vorgenommene Auslegung und Anwendung von Abrechnungsvorschriften zweifelhaft ist oder sogar bestehender Kodierpraxis widerspricht. Es entspricht nicht nur den gesetzlichen Vorgaben (§ 301 Abs 1 SGB V), sondern den eigenen Interessen des Krankenhauses, der KK die entsprechenden Sachverhalte vollständig und nachvollziehbar mitzuteilen, die es zu seiner Auslegung der Abrechnungsvorschriften veranlasst haben. Nur so beugt das Krankenhaus einer Irreführung und darauf beruhender Vermögensverfügung der KK vor, ermöglicht der KK die sachlich-rechnerische Richtigkeitskontrolle und schafft damit die für die Zusammenarbeit unerlässliche Vertrauensbasis. Dies gilt auch dann, wenn das Krankenhaus von einer Auslegungspraxis abweichen will, die im Übrigen - wie hier - auf Leistungserbringer- und KKn-Seite übereinstimmt. So lag es hier.

22

Die Beklagte hatte Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten der Klägerin. Die Osteosynthese über einen Zugang mittels dynamischer Kompressionsschraube mit Antirotationsschraube war nämlich nach ganz herrschender Auffassung zur richtigen Kodierpraxis im Jahr 2008 nach OPS 2008 5-790.9e zu kodieren. Dies entsprach den Einschätzungen des MDK, des Berufsverbandes Deutscher Chirurgen, des DIMDI, des vom SG gehörten Sachverständigen und weiteren professionellen Äußerungen aus dem Jahr 2007 (vgl zB die Beiträge des ärztlichen Leiters Stabsstelle Medizincontrolling, Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau sowie des Medizincontrollers der Main-Kinzig-Kliniken in "Versorgung einer Osteosynthese durch Schraube oder Materialkombination", beginnend am 27.7.2007 bei myDRG-Forum/DRG-System in Deutschland /Fragen zu praktischen Kodierproblemen, abrufbar unter www.mydrg.de/forum/index.php?page=Thread&threadID=9092,%20recherchiert%20am%2018.6.2014 ). Die übliche Kodierpraxis hätte die Klägerin dazu veranlassen müssen, von sich aus gegenüber der Beklagten den Sachverhalt - und die eigene abweichende Meinung - deutlich hervorzuheben. Ohne diese notwendige Zusatzinformation musste die Beklagte die Angaben der Klägerin - unzutreffend - einerseits so verstehen, die Klägerin habe den Versicherten mittels zweier Osteosyntheseverfahren mit unterschiedlichen Zugängen behandelt. Aufgrund der mitgeteilten Entlassungsdiagnose ICD-10-GM S72.01 (Fraktur des Femurs, Schenkelhalsfraktur, Intrakapsulär) durfte die Beklagte andererseits Zweifel haben, dass die Kodierung der OPS-Nummern zutreffend das Behandlungsgeschehen wiedergab.

23

b) Der Erstattungsanspruch der Beklagten war entgegen der Ansicht der Klägerin nicht dadurch verwirkt (vgl BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 36 ff), dass die Beklagte ihn erst 13,5 Monate nach Rechnungslegung geltend machte. Das Rechtsinstitut der Verwirkung passt als ergänzende Regelung innerhalb der kurzen vierjährigen Verjährungsfrist grundsätzlich nicht. Es findet nur in besonderen, engen Ausnahmekonstellationen Anwendung (vgl BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 4 RdNr 15; BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 37 mwN). Ein solcher Fall liegt nicht vor. Insoweit fehlt es schon an dem für die Annahme der Verwirkung erforderlichen Umstandsmoment eines Verwirkungsverhaltens des Berechtigten - hier der Beklagten (vgl dazu und zur mangelnden Tragfähigkeit des Gesichtspunkts der "Waffengleichheit" im materiellen Recht ausführlich zuletzt BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 48/12 R - Juris RdNr 19 f mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

24

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 155 Abs 1 S 3 VwGO, diejenige über den Streitwert aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 und 2 GKG.

Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 1714,07 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligen streiten über die Vergütung einer Krankenhausbehandlung.

2

Die Klägerin, Rechtsträgerin des zugelassenen Krankenhauses M., behandelte den bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherten H. B. (im Folgenden: Versicherter) wegen einer Schenkelhalsfraktur vom 26.1. bis 11.2.2008 stationär mit einer Osteosynthese mittels einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube. Die Klägerin kodierte die Operation mit zwei Schlüsselnummern des Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS 5-790.8e und 5-790.0e), die die diagnoseorientierte Fallpauschale DRG I08C ansteuern, und berechnete 7087,86 Euro (14.2.2008). Die Beklagte bezahlte lediglich 7030,75 Euro, da sie einen Betrag von 57,11 Euro für die Anschubfinanzierung integrierte Versorgung abzog (§ 140d SGB V). Sie machte aufgrund einer Auskunft des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) geltend, die Operation sei allein mit einer OPS-Nummer zu kodieren (OPS 5-790.9e: Geschlossene Reposition einer Fraktur oder Epiphysenlösung mit Osteosynthese, durch Materialkombinationen, Schenkelhals). Da deshalb die geringer vergütete DRG I08D maßgeblich sei, müsse die Klägerin die Überzahlung erstatten (1.4.2009). Die Klägerin lehnte eine Erstattung ab, da eine Prüfanzeige des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) nicht mehr fristgerecht möglich sei. Daraufhin rechnete die Beklagte mit der nach ihrer Auffassung bestehenden Erstattungsforderung von 1714,07 Euro gegenüber Vergütungsansprüchen der Klägerin für die Behandlung anderer Versicherter auf (15.5.2009). Das SG hat ein Sachverständigengutachten eingeholt und die Klage auf Zahlung von 1714,07 Euro nebst Zinsen von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.5.2009 abgewiesen (Urteil vom 19.7.2011). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen: Die Klägerin habe nur Anspruch auf Vergütung nach der geringer dotierten DRG I08D. Die Osteosynthese mit einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube an der gleichen Lokalisation über denselben Zugang sei mit OPS 5-790.9e zu kodieren. Die Beklagte sei mit ihren Einwendungen und der Verwendung der Daten nach § 301 SGB V nicht ausgeschlossen. Es bedürfe keines Rückgriffs auf das Gerichtsgutachten und die von der Klägerin vorgelegten Behandlungsunterlagen, deren Auswertung § 275 Abs 1c S 2 SGB V verbiete(Urteil vom 8.8.2013).

3

Die Klägerin hat dagegen Revision eingelegt. Sie hat das Teilanerkenntnis der Beklagten angenommen, 57,11 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.5.2009 zu schulden. Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 275 Abs 1c S 2 SGB V. Die Beklagte habe die dort geregelte, abgelaufene Frist ohne Einleitung eines MDK-Prüfverfahrens verstreichen lassen. Dies schließe Ermittlungen dazu aus, dass die Voraussetzungen der OPS 5-790.9e erfüllt seien, nämlich dass der Eingriff für das Osteosyntheseverfahren nur über einen Zugang erfolgte.

4

Die Klägerin beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 und des Sozialgerichts Koblenz vom 19. Juli 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, 1656,96 Euro nebst Zinsen von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. Mai 2009 zu zahlen,

hilfsweise

        

das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben im Ergebnis zutreffend entschieden, dass das klagende Krankenhaus gegen die beklagte KK keinen Anspruch auf Zahlung weiterer, jetzt noch streitiger 1656,96 Euro für die anderen Versicherten erbrachte Krankenhausbehandlung hat. Die von der Klägerin im Gleichordnungsverhältnis erhobene (echte) Leistungsklage ist zulässig (vgl BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 20; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10 mwN; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12), aber unbegründet. Der ursprünglich entstandene Anspruch der Klägerin auf Vergütung für die Krankenhausbehandlung anderer Versicherter (dazu 1.) erlosch dadurch in Höhe von 1656,96 Euro, dass die Beklagte wirksam mit ihrem in dieser Höhe bestehenden Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten aufrechnete (dazu 2.). Die Klägerin erhielt hierfür nämlich 7030,75 Euro, obwohl sie lediglich höchstens Anspruch auf Zahlung von 5373,79 Euro für die Behandlung des Versicherten hatte (dazu 3.). Die dagegen von der Klägerin vorgebrachten Einwendungen greifen nicht durch (dazu 4.).

8

1. Zu Recht ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass der Klägerin aufgrund der Behandlung anderer Versicherter zunächst Anspruch auf die dort abgerechnete Vergütung zustand; eine nähere Prüfung des erkennenden Senats erübrigt sich insoweit (vgl zur Zulässigkeit dieses Vorgehens zB BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 7 RdNr 10; SozR 4-2500 § 130 Nr 2 RdNr 15).

9

2. Der Vergütungsanspruch für Krankenhausbehandlung anderer Versicherter erlosch durch Aufrechnung in Höhe von 1656,96 Euro. Die Beklagte erklärte wirksam, mit ihrem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten analog § 387 BGB aufzurechnen(zur entsprechenden Anwendung auf überzahlte Krankenhausvergütung vgl zB BSG SozR 4-7610 § 204 Nr 2 RdNr 9 ff mwN, stRspr). Der Vergütungsanspruch der Klägerin und der von der Beklagten aufgerechnete öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch (dazu 3.) waren gegenseitig und gleichartig (vgl entsprechend BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 16), der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch war fällig und der Vergütungsanspruch der Klägerin erfüllbar.

10

3. Die Beklagte konnte aus öffentlich-rechtlicher Erstattung Zahlung in Höhe von 1656,96 Euro beanspruchen. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt ua voraus, dass der Berechtigte Leistungen im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses ohne rechtlichen Grund erbrachte (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 15, stRspr). So lag es hier. Die Klägerin hatte gegen die Beklagte einen Vergütungsanspruch für die Behandlung des Versicherten (dazu a). Dessen Höhe betrug maximal 5373,79 Euro, während ihr die Beklagte 7030,75 Euro zahlte (dazu b).

11

a) Die Klägerin erfüllte die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung, indem sie den Versicherten vom 26.1. bis 11.2.2008 stationär behandelte. Die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich ist(stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 11; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 11; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13, alle mwN). Diese Voraussetzungen waren nach den unangegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) erfüllt.

12

b) Der Vergütungsanspruch der Klägerin belief sich auf höchstens 5373,79 Euro. Die Klägerin durfte lediglich die niedriger vergütete DRG I08D abrechnen (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur, ohne Mehrfacheingriff, ohne komplexe Prozedur, ohne komplexe Diagnose, ohne äußerst schwere CC), nicht die tatsächlich in Rechnung gestellte DRG I08C (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur mit Mehrfacheingriff, komplexer Prozedur, komplexer Diagnose oder äußerst schweren CC). Dies wirkt sich auch auf die Vergütungsbestandteile aus, deren Höhe von der zu vergütenden DRG abhängt (§ 4 Abs 13 KHEntgG idF durch Art 15 Nr 2 Buchst b Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003, BGBl I 2190, § 4 Abs 14 KHEntgG idF durch Art 2 Nr 2 Buchst k Zweites Gesetz zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser und zur Änderung anderer Vorschriften vom 15.12.2004, BGBl I 3429; § 8 Abs 9 KHEntgG idF durch Art 19 Nr 2 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378).

13

Die von der Klägerin zu beanspruchende Krankenhausvergütung bemisst sich nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage. Rechtsgrundlage sind § 109 Abs 4 S 3 SGB V(idF durch Art 1 Nr 3 Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 5 Buchst a 2. FPÄndG vom 15.12.2004, BGBl I 3429) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz(KHG; idF durch Art 18 Nr 4 GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378; vgl entsprechend BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 15), die Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2008 (Fallpauschalenvereinbarung 2008 - FPV 2008 einschließlich der Anlagen 1 bis 6) und die von den Vertragspartnern auf Bundesebene getroffene Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) für das Jahr 2008 (Ergänzungsvereinbarung 2008 zur Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien Version 2002 für das G-DRG-System gemäß § 17b KHG, zuletzt geändert durch die Ergänzungsvereinbarung 2007; zu deren normativer Wirkung vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 18).

14

Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich aus der Eingabe und Verarbeitung von Daten in einem automatischen Datenverarbeitungssystem, das auf einem zertifizierten Programm basiert (vgl § 1 Abs 6 S 1 FPV 2008; zur rechtlichen Einordnung des Groupierungsvorgangs vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 19 ff). Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm greift dabei auch auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind (zB die Zuordnung von ICD-10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum) oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, aber auch die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) in der jeweiligen vom DIMDI im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung (hier in der Version 2008 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Diagnosenschlüssels vom 25.10.2007, BAnz Nr 207 vom 7.11.2007, S 7937, in Kraft getreten am 1.1.2008 ) sowie die Klassifikation des vom DIMDI im Auftrag des BMG herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssels (hier in der Version 2008 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Operationen- und Prozedurenschlüssels vom 25.10.2007, BAnz Nr 207 vom 7.11.2007, S 7917, in Kraft getreten am 1.1.2008 ; zur Grundlage der Rechtsbindung vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 24).

15

Die Anwendung der DKR und der FPV-Abrechnungsbestimmungen einschließlich des ICD-10-GM und des OPS erfolgt eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (vgl BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 17 mwN; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27; zur Auslegung von medizinischen Begriffen im OPS vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 12 ff, stRspr).

16

Die Klägerin durfte nur die niedriger vergütete DRG I08D abrechnen. Die Behandlung des Versicherten erfüllte nämlich nur die Voraussetzungen der OPS 2008 Nr 5-790.9e. Diese OPS-Nr ist zu kodieren bei einer geschlossenen Reposition einer Fraktur oder Epiphysenlösung mit Osteosynthese des Schenkelhalses durch Materialkombinationen. Erforderlich ist eine Verbindung einer Mehrheit von Verfahren bei einer Osteosynthese, denn es bedarf der "Materialkombinationen". Dies erfasst eine Osteosynthese mittels zweier, sich im Sinne von Haupt- und Hilfsverfahren ergänzender Osteosyntheseverfahren, etwa durch dynamische Kompressionsschraube mit Antirotationsschraube, wie sie hier in Rede steht, wenn es lediglich eines operativen Zugangs bedarf. Denn eine Materialkombination liegt nach dem Regelungssystem nicht schon dann vor, wenn das verwendete Implantat aus mehreren Teilen besteht. So setzt sich zum Beispiel die dynamische Kompressionschraube nicht nur aus einer einzelnen Schraube zusammen, sondern aus einer Schenkelhalsschraube, einem Plattenzylinder und weiteren Schrauben zur Fixierung der Platte am Oberschenkelknochen (vgl entsprechend zB OPS 2008 5-79: "Eine Schraubenosteosynthese ist eine Osteosynthese, die nur mit Schrauben, ggf. mit zusätzlicher Unterlegscheibe, erfolgt"; "Eine Plattenosteosynthese ist eine Osteosynthese, die mit Platten und den dazugehörigen Schrauben, ggf. mit zusätzlichen Schrauben neben der Platte, erfolgt"). Auch ist Materialkombination nicht mit Werkstoffkombination gleichzusetzen. Ansonsten hätte es des Hinweises in OPS 2008 5-79 nicht bedurft, dass eine Verbundosteosynthese (bestehend aus Metall und Zement) als Materialkombination zu kodieren ist (vgl auch die Differenzliste zum OPS 2008, wonach zunächst in der Vorab-Version vorgesehen war, die Verwendung des Zements zusätzlich zu kodieren). Zusätzlich dürfen nicht mehrere Zugänge erforderlich sein. Denn OPS 2008 5-79 ordnet ausdrücklich an, dass die Durchführung einer zweiten Osteosynthese, zB bei einer Zweietagen-Fraktur, gesondert zu kodieren ist (so DIMDI, MDK und Berufsverband Deutscher Chirurgen, vgl Gerichtsgutachten vom 5.7.2010). Nach den Feststellungen des LSG ermöglichte ein einziger Zugang beim Versicherten die Osteosynthese mit einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube.

17

Nach der Groupierungslogik steuert die Diagnose Schenkelhalsfraktur, intrakapsulär (ICD-10-GM 2008 S72.01), die MC (Major Category) 8 (Krankheiten und Störungen an Muskel-Skelett-System und Bindegewebe) an (vgl G-DRG Version 2008, Definitionshandbuch Kompaktversion, Band 1, S 447). Dort führt die OPS 2008 5-790.9e in der operativen Partition zur ADRG I08 (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur oder Ersatz des Hüftgelenkes mit Eingriff an oberer Extremität oder Wirbelsäule; vgl G-DRG Version 2008, Definitionshandbuch Kompaktversion, Band 1, S 471) und von dort zur DRG I08D (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur, ohne Mehrfacheingriff, ohne komplexe Prozedur, ohne komplexe Diagnose, ohne äußerst schwere CC; vgl G-DRG Version 2008, Definitionshandbuch Kompaktversion, Band 1, S 435).

18

4. Die von der Klägerin geltend gemachten Einwendungen gegen die Feststellungen des LSG (dazu a) und den Erstattungsanspruch im Übrigen (dazu b) greifen nicht durch.

19

a) Das LSG durfte das vom SG eingeholte Gutachten unter Auswertung der von der Klägerin zur Verfügung gestellten Behandlungsunterlagen verwerten, um widerspruchsfrei zu der angegriffenen Feststellung zu gelangen, dass ein Zugang beim Versicherten die Osteosynthese mit einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube ermöglichte. Denn die Klägerin erfüllte ihre Obliegenheit, die für die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung erforderlichen Informationen der Beklagten zu übermitteln (§ 301 SGB V), erst mit der Überlassung der Behandlungsunterlagen an das SG.

20

Die Informationsübermittlung vom Krankenhaus an die KK korrespondiert mit der Prüfberechtigung der KK. KKn sind jederzeit berechtigt, die sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung von Krankenhausvergütung mit Blick auf Leistungsverweigerungsrechte oder nicht verjährte Erstattungsforderungen zu überprüfen (§ 301 SGB V). Denn das Krankenhaus hat hierzu zutreffend und vollständig alle Angaben zu machen, deren es zur Überprüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung bedarf (§ 301 Abs 1 SGB V; vgl zB 1. Senat des BSG in BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 13, 21; 3. Senat des BSG in BSGE 111, 58 = SozR 4-2500 § 109 Nr 24, RdNr 18 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 5 RdNr 14 mwN, stRspr). Jedenfalls dann, wenn sich dabei auch nur geringste Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Abrechnung nicht sachlich-rechnerisch richtig ist und/oder dass das Krankenhaus seine primären Informationsobliegenheiten und ggf -pflichten über die Abrechnungsgrundlagen nicht erfüllte, trifft das Krankenhaus spätestens auf Anforderung der KK die Obliegenheit, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere auch die Behandlungsunterlagen an den MDK oder das Gericht herauszugeben. Die gesetzliche Sechs-Wochen-Frist (§ 275 Abs 1c SGB V) erfasst demgegenüber nur die Prüfung aufgrund einer Auffälligkeit (vgl näher BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 29/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

21

Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten bestehen etwa in Fällen, in denen die vom Krankenhaus vorgenommene Auslegung und Anwendung von Abrechnungsvorschriften zweifelhaft ist oder sogar bestehender Kodierpraxis widerspricht. Es entspricht nicht nur den gesetzlichen Vorgaben (§ 301 Abs 1 SGB V), sondern den eigenen Interessen des Krankenhauses, der KK die entsprechenden Sachverhalte vollständig und nachvollziehbar mitzuteilen, die es zu seiner Auslegung der Abrechnungsvorschriften veranlasst haben. Nur so beugt das Krankenhaus einer Irreführung und darauf beruhender Vermögensverfügung der KK vor, ermöglicht der KK die sachlich-rechnerische Richtigkeitskontrolle und schafft damit die für die Zusammenarbeit unerlässliche Vertrauensbasis. Dies gilt auch dann, wenn das Krankenhaus von einer Auslegungspraxis abweichen will, die im Übrigen - wie hier - auf Leistungserbringer- und KKn-Seite übereinstimmt. So lag es hier.

22

Die Beklagte hatte Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten der Klägerin. Die Osteosynthese über einen Zugang mittels dynamischer Kompressionsschraube mit Antirotationsschraube war nämlich nach ganz herrschender Auffassung zur richtigen Kodierpraxis im Jahr 2008 nach OPS 2008 5-790.9e zu kodieren. Dies entsprach den Einschätzungen des MDK, des Berufsverbandes Deutscher Chirurgen, des DIMDI, des vom SG gehörten Sachverständigen und weiteren professionellen Äußerungen aus dem Jahr 2007 (vgl zB die Beiträge des ärztlichen Leiters Stabsstelle Medizincontrolling, Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau sowie des Medizincontrollers der Main-Kinzig-Kliniken in "Versorgung einer Osteosynthese durch Schraube oder Materialkombination", beginnend am 27.7.2007 bei myDRG-Forum/DRG-System in Deutschland /Fragen zu praktischen Kodierproblemen, abrufbar unter www.mydrg.de/forum/index.php?page=Thread&threadID=9092,%20recherchiert%20am%2018.6.2014 ). Die übliche Kodierpraxis hätte die Klägerin dazu veranlassen müssen, von sich aus gegenüber der Beklagten den Sachverhalt - und die eigene abweichende Meinung - deutlich hervorzuheben. Ohne diese notwendige Zusatzinformation musste die Beklagte die Angaben der Klägerin - unzutreffend - einerseits so verstehen, die Klägerin habe den Versicherten mittels zweier Osteosyntheseverfahren mit unterschiedlichen Zugängen behandelt. Aufgrund der mitgeteilten Entlassungsdiagnose ICD-10-GM S72.01 (Fraktur des Femurs, Schenkelhalsfraktur, Intrakapsulär) durfte die Beklagte andererseits Zweifel haben, dass die Kodierung der OPS-Nummern zutreffend das Behandlungsgeschehen wiedergab.

23

b) Der Erstattungsanspruch der Beklagten war entgegen der Ansicht der Klägerin nicht dadurch verwirkt (vgl BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 36 ff), dass die Beklagte ihn erst 13,5 Monate nach Rechnungslegung geltend machte. Das Rechtsinstitut der Verwirkung passt als ergänzende Regelung innerhalb der kurzen vierjährigen Verjährungsfrist grundsätzlich nicht. Es findet nur in besonderen, engen Ausnahmekonstellationen Anwendung (vgl BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 4 RdNr 15; BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 37 mwN). Ein solcher Fall liegt nicht vor. Insoweit fehlt es schon an dem für die Annahme der Verwirkung erforderlichen Umstandsmoment eines Verwirkungsverhaltens des Berechtigten - hier der Beklagten (vgl dazu und zur mangelnden Tragfähigkeit des Gesichtspunkts der "Waffengleichheit" im materiellen Recht ausführlich zuletzt BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 48/12 R - Juris RdNr 19 f mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

24

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 155 Abs 1 S 3 VwGO, diejenige über den Streitwert aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 und 2 GKG.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 18. April 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 5316,57 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob zwei stationäre Krankenhausbehandlungen im Wege der Fallzusammenführung mit nur einer Fallpauschale abzurechnen sind.

2

In dem von der klagenden Gesellschaft betriebenen Krankenhaus wurde der bei der beklagten Krankenkasse versicherte Patient A. (Versicherter) zweimal wegen seines Prostataleidens stationär behandelt. Während seines ersten Aufenthalts (4. bis 6.5.2006) mit der Aufnahmediagnose "Prostatahyperplasie mit Harnstauungsniere" wurde ein Harnblasendauerkatheter gelegt. Bei seiner Entlassung erhielt er einen Wiederaufnahmetermin für den 6.6.2006 zur transurethralen Prostataresektion, die dann auch am 7.6.2006 durchgeführt wurde. Nach komplikationslosem Heilungsverlauf wurde der Versicherte am 12.6.2006 nach Hause entlassen. Das Krankenhaus kodierte für beide stationären Aufenthalte die Prostatahyperplasie ICD-10 N40 als Hauptdiagnose und rechnete für den ersten Aufenthalt die Diagnosis Related Group (DRG) M61Z (benigne Prostatahyperplasie) mit einer Vergütung von 1437,81 Euro (Rechnung vom 15.5.2006) sowie für den zweiten Aufenthalt die DRG M02Z (transurethrale Prostataresektion) mit einem Entgelt von 3908,27 Euro (Rechnung vom 15.6.2006) ab. Die Beklagte beglich beide Rechnungen zunächst in voller Höhe unter Abzug von insgesamt 29,51 Euro als Kostenbeitrag für die integrierte Versorgung, beauftragte aber noch im Juli 2006 den Sozialmedizinischen Dienst (SMD) mit einer gutachtlichen Stellungnahme zur Frage, ob eine Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 der Fallpauschalenvereinbarung (FPV) 2006 in Betracht komme. Der SMD bejahte die Notwendigkeit einer Fallzusammenführung, weil die Prostataoperation aus medizinischer Sicht ohne Weiteres innerhalb von 30 Kalendertagen ab der Erstaufnahme hätte erfolgen können; die Wiederaufnahme erst am 33. Kalendertag (6.6.2006) statt noch am 30. Kalendertag (3.6.2006) sei medizinisch nicht geboten gewesen und verstoße daher gegen das Gebot wirtschaftlicher Leistungserbringung (§ 2 Abs 4, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1 S 2 SGB V). Die Beklagte rechnete daraufhin am 15.11.2006 mit einem Erstattungsanspruch in Höhe des tatsächlich gezahlten Gesamtbetrages von 5316,57 Euro gegen unstreitige Vergütungsansprüche der Klägerin aus späteren Behandlungsfällen auf.

3

Die Klägerin hält die Aufrechnung für unwirksam, weil der Erstattungsanspruch nicht bestehe. Sie macht geltend, eine Harnableitung mittels eines permanent offenen Dauerkatheters sei bei dem 80 Jahre alten multimorbiden Versicherten erforderlich gewesen. Abhängig vom Stauungsgrad und der Dilatation müsse diese Urinableitung regelmäßig 6 bis 8 Wochen lang durchgeführt werden, ehe die Prostatahyperplasie ohne Gefahr weitreichender Komplikationen operativ angegangen werden könne. Hier sei der Versicherte bereits nach rund 5 Wochen erneut aufgenommen und operiert worden; diese Wartezeit sei aus fachurologischer Sicht zwingend notwendig gewesen. Unabhängig davon scheide eine Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 FPV 2006 aber auch deshalb aus, weil die Vorschrift nach ihrem Wortlaut eine Fallzusammenführung nur vorsehe, wenn die Wiederaufnahme binnen 30 Kalendertagen ab der Erstaufnahme tatsächlich erfolgt sei, nicht aber schon dann, wenn die Wiederaufnahme innerhalb dieser Frist lediglich hätte erfolgen können, tatsächlich aber erst später stattgefunden habe.

4

Das SG hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 5316,57 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 15.11.2006 zu zahlen (Gerichtsbescheid vom 26.11.2009). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, nachdem die Klage wegen des Zinsanspruchs für den 15.11.2006 zurückgenommen worden war (Urteil vom 18.4.2012): Eine Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 FPV 2006 scheide aus, weil die Wiederaufnahme des Versicherten nicht innerhalb von 30 Kalendertagen ab der Erstaufnahme erfolgt sei. Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf Fälle, in denen die Wiederaufnahme innerhalb dieser Frist hätte erfolgen können, sei nach dem Grundsatz der wortgetreuen Auslegung vertraglicher Abrechnungsregelungen ausgeschlossen. Dem stehe auch nicht das Wirtschaftlichkeitsgebot des SGB V entgegen; ein Krankenhaus sei nicht verpflichtet, allein deswegen die für die Krankenkasse preisgünstigste Art der Durchführung einer Behandlung zu wählen. Auch ein Verstoß gegen das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme sei nicht ersichtlich, weil sich das Krankenhaus im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben und Abrechnungsbestimmungen bewegt habe. Ob etwas anderes gelte, wenn die Wiederaufnahme innerhalb der 30-Tage-Frist aus medizinischen Gründen an sich geboten gewesen wäre, könne offenbleiben, weil ein solcher Sachverhalt nicht vorliege.

5

Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts. Auch bei der Auslegung der FPV seien die Vorschriften über die Pflicht zur wirtschaftlichen Leistungserbringung (§ 2 Abs 4, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1 S 2 SGB V) zu beachten. Das berechtigte Bedürfnis nach Rechtssicherheit bei der Auslegung und Anwendung von Abrechnungsvorschriften dürfe nicht dazu führen, dass die 30-Tage-Frist faktisch zur Disposition des Krankenhauses gestellt werde. Es sei unwirtschaftlich, einen Patienten drei Tage nach Ablauf dieser Frist wieder aufzunehmen, wenn dies ebenso gut noch innerhalb der Frist hätte geschehen können.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG für das Saarland vom 18.4.2012 und den Gerichtsbescheid des SG für das Saarland vom 26.11.2009 zu ändern und die Klage abzuweisen.

7

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist zulässig, in der Sache aber unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Die Aufrechnung vom 15.11.2006 ist unwirksam, weil der Beklagten der geltend gemachte Erstattungsanspruch nicht zusteht. Eine Zusammenführung der beiden stationären Behandlungen des Versicherten zu einem "Behandlungsfall" scheidet aus.

9

1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor. Streitgegenstand ist der Anspruch eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse auf Zahlung der Vergütung für die stationäre Krankenhausbehandlung eines Versicherten in Höhe von insgesamt 5316,57 Euro. Diesen Anspruch macht die Klägerin zu Recht mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG geltend; denn es handelt sich bei der auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse um einen sog Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2; BSGE 86, 166, 167 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 1; BSGE 90, 1 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12; BSG SozR 3-2500 § 39 Nr 4; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 RdNr 10). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten.

10

2. In der Sache streiten die Beteiligten allerdings nur um die Wirksamkeit der von der Beklagten am 15.11.2006 erklärten Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in Höhe von 5316,57 Euro. Die mit der erhobenen Leistungsklage verfolgten Vergütungsansprüche der Klägerin aus späteren Krankenhausbehandlungen von Versicherten der Beklagten sind demgegenüber unstreitig. Zwar hat das LSG weder ausdrücklich noch konkludent festgestellt, welche Vergütungsansprüche die Klägerin aufgrund welcher konkreten Krankenhausbehandlung geltend macht. Die Beteiligten haben aber übereinstimmend als selbstverständlich vorausgesetzt, dass der Klägerin gegen die Beklagte - ohne Berücksichtigung der streitigen Zahlungsforderung - laufende Ansprüche aus Anlass der Krankenhausbehandlung von Versicherten in Höhe von weiteren 5316,57 Euro erwachsen sind. Da die Beklagte sich gegenüber der Klage ausschließlich im Wege der Primäraufrechnung mit einer Gegenforderung verteidigt, steht die Klageforderung selbst außer Streit (stRspr, vgl zB BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 6).

11

Diese Klageforderung ist begründet. Der Beklagten steht kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch über 5316,57 Euro zu; denn in dieser Höhe hat sie die beiden stationären Behandlungen des Versicherten im Mai und Juni 2006 mit Rechtsgrund vergütet, weil der Klägerin insoweit ein Entgeltanspruch über insgesamt 5316,57 Euro zustand (zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch bei Überzahlung von Krankenhausentgelten vgl schon BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 8 f).

12

3. Rechtsgrundlage für die Vergütungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte für stationäre Krankenhausleistungen aus dem Jahr 2006 ist § 109 Abs 4 S 3 SGB V(hier idF durch Art 1 Nr 3 des Fallpauschalengesetzes vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 S 1 Nr 1 und § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 Krankenhausentgeltgesetz(KHEntgG; jeweils idF durch Art 2 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser und zur Änderung anderer Vorschriften - Zweites Fallpauschalenänderungsgesetz <2. FPÄndG> vom 15.12.2004, BGBl I 3429) sowie § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz(KHG, idF durch Art 1 Nr 4 2. FPÄndG) iVm der Anlage 1 Teil a) des Fallpauschalen-Katalogs der G-DRG-Version 2006 sowie dem zwischen der Saarländischen Krankenhausgesellschaft eV und den Krankenkassen bzw deren Verbänden geschlossenen Vertrag nach § 112 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V - Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung - idF des Schiedsspruchs vom 25.11.1996 (KBV) und der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten für das Jahr 2006. Die Frage der Fallzusammenführung richtet sich nach § 2 Abs 2 FPV 2006. Hiernach durfte die Klägerin die zwei stationären Behandlungen des Versicherten getrennt mit Einzelvergütungen von 1429,20 Euro und 3887,37 Euro, also mit einer Gesamtvergütung in Höhe von 5316,57 Euro, abrechnen.

13

4. Rechtsgrundlage für die von einer Krankenkasse erklärte Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch zur Erfüllung von Vergütungsansprüchen der Krankenhäuser ist § 69 Abs 1 S 3 SGB V iVm §§ 387 ff BGB(vgl BSGE 107, 78 = SozR 4-2500 § 140d Nr 2; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 8; BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2). Auch außerhalb der besonderen Regelungen der §§ 51, 52 SGB I über die Aufrechnung gegen Sozialleistungsansprüche besteht im Sozialrecht allgemein die Möglichkeit, einer öffentlich-rechtlichen Forderung im Wege der Aufrechnung, auf welche die §§ 387 ff BGB entsprechend anzuwenden sind, entgegenzutreten(BSGE 75, 283, 284 ff = SozR 3-2400 § 28 Nr 2; BSGE 63, 224, 230 f = SozR 1300 § 48 Nr 47). Voraussetzung dieses einseitigen Rechtsgeschäfts, mit dem die wechselseitige Tilgung zweier Forderungen bewirkt wird, ist gemäß § 387 BGB, dass sich zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung gegenseitige, gleichartige und fällige bzw erfüllbare Forderungen gegenüberstehen, wobei die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung uneingeschränkt wirksam und fällig sein muss, die Hauptforderung dagegen lediglich erfüllbar zu sein braucht(Grüneberg in: Palandt, BGB, 72. Aufl 2013, § 387 RdNr 11 f). Außerdem darf entsprechend § 390 BGB die Gegenforderung nicht einredebehaftet sein. Diese Aufrechnungsvorraussetzungen sind hier nicht erfüllt, weil der zur Aufrechnung gestellte Erstattungsanspruch der Beklagten nicht bestand. Die Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 FPV 2006 war hier ausgeschlossen.

14

5. Das Krankenhaus hat auch bei der Vergütung der Krankenhausbehandlung durch Fallpauschalen einen Vergütungsanspruch gegen eine Krankenkasse nur für eine "erforderliche" Krankenhausbehandlung. Die Vergütung stellt die Gegenleistung für die Erfüllung der Pflicht zugelassener Krankenhäuser dar, die Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten im Rahmen des jeweiligen Versorgungsvertrags (§ 109 SGB V) zu leisten. Die Leistung des Krankenhauses dient der Erfüllung des Sachleistungsanspruchs des Versicherten (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V) gegen die Krankenkasse. Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht dabei - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich ist(BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12; stRspr). Im vorliegenden Fall steht die medizinische Notwendigkeit der beiden stationären Behandlungen und auch die jeweilige Dauer von zwei bzw sechs Belegungstagen nicht im Streit.

15

6. Maßgebend für die Höhe des Vergütungsanspruchs ist innerhalb des hier maßgeblichen DRG-Systems der Fallpauschalenkatalog. Danach hat die Klägerin zu Recht für die erste stationäre Behandlung des Versicherten die DRG M61Z und für die zweite stationäre Behandlung die DRG M02Z in Ansatz gebracht. Dies wird von der Beklagten auch nicht angegriffen. Ebenso erhebt sie auch keine Einwendungen gegen die Höhe des Vergütungsanspruchs, die sich bei getrennter Abrechnung beider Behandlungen auf insgesamt 5316,57 Euro beläuft. Sie ist vielmehr der Auffassung, dass nach der FPV 2006 iVm dem Gebot des SGB V zur wirtschaftlichen Leistungserbringung eine Zusammenführung beider Behandlungsfälle zu einem Behandlungsfall hätte erfolgen müssen. Dies trifft jedoch nicht zu.

16

a) Die insoweit maßgebende Vorschrift des - in seinem Wortlaut bis heute unverändert gebliebenen - § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 lautet: Eine Zusammenfassung der Falldaten zu einem Fall und eine Neueinstufung in eine Fallpauschale ist auch dann vorzunehmen, wenn
1. ein Patient oder eine Patientin innerhalb von 30 Kalendertagen ab dem Aufnahmedatum des ersten unter diese Vorschrift zur Zusammenfassung fallenden Krankenhausaufenthalts wieder aufgenommen wird und
2. innerhalb der gleichen Hauptdiagnosegruppe (MDC) die zuvor abrechenbare Fallpauschale in die "medizinische Partition" oder die "andere Partition" und die anschließende Fallpauschale in die "operative Partition" einzugruppieren ist.

17

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zwar erfüllen die beiden stationären Behandlungen des Versicherten wegen seines Prostataleidens die sachlichen Voraussetzungen der Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 S 1 Nr 2 FPV 2006, nicht aber die zeitlichen Voraussetzungen der Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 S 1 Nr 1 FPV 2006. Der Versicherte wurde nicht innerhalb von 30 Kalendertagen ab dem Aufnahmedatum des ersten Krankenhausaufenthalts wieder aufgenommen. Zwischen der Erstaufnahme am 4.5.2006 und der Wiederaufnahme am 6.6.2006 lagen 33 Kalendertage. Der reine Wortlaut des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 schließt die Fallzusammenführung also aus; dies stellt auch die Beklagte nicht in Abrede.

18

b) Die Beklagte befürwortet indes eine entsprechende Anwendung des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006, weil - aus ihrer Sicht - der Versicherte bereits innerhalb der 30-Tage-Frist, also spätestens am 3.6.2006, zur vorgesehenen Prostataoperation hätte wieder aufgenommen werden können. Eine solche Ausweitung des Anwendungsbereichs dieser Vorschrift kommt jedoch nicht in Betracht. Vergütungsregelungen sind grundsätzlich streng nach ihrem Wortlaut auszulegen, um Fehlinterpretationen und Missverständnisse zu vermeiden; denn nur so sind sie für die routinemäßige Anwendung im Massengeschäft der Abrechnung der zahlreichen Behandlungsfälle handhabbar (vgl allgemein zur Funktion von Vergütungsregelungen BSG SozR 3-5565 § 14 Nr 2; BSG SozR 3-5565 § 15 Nr 1; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11, RdNr 18; BSGE 111, 200 = SozR 4-5562 § 8 Nr 4, RdNr 24). Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiterzuentwickelndes (§ 17b Abs 2 S 1 KHG) und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten, Unbilligkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese Mängel mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (BSGE 107, 140 = SozR 4-2500 § 109 Nr 21, RdNr 18 mwN).

19

Die Regelung des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 ist so angelegt, dass über die Fallzusammenführung anhand von DRG-Nummern und Partitionen sowie von konkreten Fristen entschieden wird. Nur so können die Entscheidungen im Massengeschäft der Abrechnung durch die EDV getroffen werden. Beurteilungsspielräume der Betroffenen und somit Streit zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern sollen auf diese Weise vermieden werden (Tuschen/Trefz, Krankenhausentgeltgesetz, 2. Aufl 2010, Ziffer 6.4.1, S 149). Dieses Ziel würde konterkariert, wenn jeweils im Einzelfall geprüft werden müsste, ob eine zweite außerhalb der 30-Tages-Frist liegende stationäre Behandlung schon früher hätte begonnen werden können, so dass sie innerhalb dieser Frist liegen würde. Den Vertragsparteien steht es vielmehr frei, im Zuge der jährlichen Überarbeitung der FPV die Frist des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 zB auf 40 Tage zu verlängern oder sogar ganz zu streichen. Außerdem könnten sie auch eine speziell auf die mehrphasige stationäre Behandlung von Prostataerkrankungen zugeschnittene Regelung zur Fallzusammenführung aushandeln.

20

c) Der Charakter des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 als vertragliche Vergütungsvorschrift schließt es auch aus, eine Fallzusammenführung nach dieser Regelung auch dann zu erwägen, wenn - wie hier - allein ein die Behandlung prägender sachlicher Zusammenhang zwischen der ersten und zweiten Behandlungsphase iS des § 2 Abs 2 S 1 Nr 2 FPV 2006 besteht, die Zeitgrenze des § 2 Abs 2 S 1 Nr 1 FPV 2006 aber überschritten ist. Die Fallzusammenführung beider Behandlungsphasen zu einem einzigen Behandlungsfall im Sinne eines zusammenhängend behandelten Krankheitsfalls haben die Vertragsparteien bewusst an die Kombination aus einem prägenden sachlichen Zusammenhang und einem Zeitmoment geknüpft, wobei beide Elemente kumulativ vorliegen müssen. Soll der prägende sachliche Zusammenhang allein für die Fallzusammenführung ausreichen, bedarf es einer entsprechenden Änderungsvereinbarung zur FPV durch die Vertragsparteien; eine in dieser Weise einschränkende Auslegung und Anwendung des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 ohne vertragliche Änderung der Vorschrift ist ausgeschlossen. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall von der Auslegung gesetzlicher Vergütungsvorschriften. So hat zB der 1. Senat des BSG zur Abrechnungsregelung des § 8 Abs 2 S 3 Nr 3 KHEntgG entschieden(Urteil vom 17.9.2013 - B 1 KR 2/12 R -, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen), dass eine vorstationäre Behandlung neben der Fallpauschale für eine anschließende voll- oder teilstationäre Behandlung immer dann nicht abrechenbar ist, wenn jeweils sowohl die vorstationäre als auch die voll- oder teilstationäre Behandlung wegen ihres prägenden sachlichen Zusammenhangs übergreifend einen einzigen Behandlungsfall im Sinne eines zusammenhängend behandelten Krankheitsfalles betrifft; nicht entscheidend sei hingegen, ob bei der vorstationären Behandlung die Zeitgrenzen des § 115a Abs 2 S 1 SGB V ("Die vorstationäre Behandlung ist auf längstens drei Behandlungstage innerhalb von fünf Tagen vor Beginn der stationären Behandlung begrenzt.") gewahrt oder überschritten sind (BSG, aaO, RdNr 22). Ob dieser Entscheidung des 1. Senats zu folgen ist (und eine der Sache nach ambulante Behandlung auch dann "vorstationär" genannt und als in die Zuständigkeit der Krankenhäuser fallend bezeichnet werden kann, wenn die Zeitgrenzen des § 115a Abs 2 S 1 SGB V überschritten sind), lässt der erkennende Senat offen; maßgeblich ist, dass diese Entscheidung auf die Auslegung einer vertraglichen Vergütungsvorschrift wie § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 nicht übertragbar ist.

21

d) Dem Ausschluss der analogen Anwendung des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 steht auch nicht das Wirtschaftlichkeitsgebot(§ 2 Abs 4, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1 S 2 SGB V) entgegen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot allein verpflichtet ein Krankenhaus nicht dazu, die für die Krankenkasse finanziell günstigste Art der Durchführung einer Behandlung zu wählen. Es begründet keine Fürsorgepflicht des Krankenhauses für die sparsame Mittelverwendung des Vertragspartners. Der Gesetzgeber hat zur Erfüllung der Sachleistungsverpflichtung der Krankenkassen gegenüber ihren Versicherten (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V)vorgesehen, dass sich die Krankenkassen der verschiedenen Leistungserbringer bedienen, mit denen sie über Art und Umfang der Leistungen sowie deren Vergütung Verträge abschließen. Dem Vertragsmodell liegt die Vorstellung zu Grunde, dass jede Seite ihre Interessen zu wahren sucht, der Einigungsdruck aber zu einem angemessenen Interessenausgleich führt. Die sich aus der auf Dauer angelegten intensiven Vertragsbeziehung zwischen einem Leistungserbringer und einer Krankenkasse ergebenden gegenseitigen Treue- und Rücksichtnahmepflichten (§ 69 Abs 1 S 3 SGB V iVm § 241 Abs 2 BGB und § 242 BGB) gehen nicht so weit, dass vertraglich eingeräumte Vergütungsansprüche nicht voll ausgeschöpft werden dürfen. Treue- und Rücksichtnahmepflichten aus Vertragsverhältnissen wirken sich regelmäßig lediglich auf vertragliche Nebenpflichten aus, die nicht ausdrücklich geregelt sind. Eindeutig vereinbarte Vergütungsansprüche können dadurch nicht eingeschränkt werden. Hier kann von den Krankenkassen erwartet werden, dass sie ihren Auftrag zur sparsamen Mittelverwendung in vollem Umfang eigenverantwortlich wahrnehmen und durch entsprechende Vertragsgestaltung - soweit ein Konsens zu erzielen ist - auch umsetzen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot verpflichtet ein Krankenhaus lediglich, innerhalb der gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben wirtschaftlich zu handeln, nicht aber, darüber hinaus - gegen eigene Interessen - weitere Vorgaben aus Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten aufzustellen; es muss also nur die ihm zur Verfügung stehenden Ressourcen optimal einsetzen und die vertraglichen und gesetzlichen Voraussetzungen einhalten. Dem ist die Klägerin hier nachgekommen. Der Versicherte hatte einen Anspruch nach § 39 SGB V auf zweimalige stationäre Krankenhausbehandlung, wobei kein Anspruch bestand, die zweite Krankenhausbehandlung zu einem bestimmten Zeitpunkt, hier innerhalb der 30-Tage-Frist des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006, zu erhalten. Die Krankenhausbehandlung war auch, wie bereits ausgeführt, medizinisch erforderlich, was insbesondere auch für die zweite Krankenhausbehandlung gilt. Selbst wenn die Wiederaufnahme aus medizinischem Blickwinkel möglicherweise schon einige Tage früher hätte stattfinden können, was hier offenbleiben kann, ändert dies nichts daran, dass die zweite Behandlung für sich genommen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich war und damit dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprach.

22

e) Der erkennende Senat muss an dieser Stelle nicht entscheiden, wie der Fall zu beurteilen wäre, wenn eine Wiederaufnahme innerhalb der 30-Tage-Frist aus medizinischen Gründen notwendig, die Wiederaufnahme nach erst 33 Kalendertagen also fehlerhaft gewesen wäre. Ein solcher Sachverhalt liegt nach den Feststellungen des LSG nicht vor; er wird von der Beklagten und dem SMD auch nicht behauptet. Ebenso kann die Frage offenbleiben, wie zu entscheiden wäre, wenn ein Krankenhaus solch lange Zwischenfristen systematisch ausnutzen würde, um Fallzusammenführungen zwecks Gewinnoptimierung zu umgehen. Auch dafür gibt es im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte. Im Gegenteil: Die Überschreitung der 30-Tage-Frist um drei Tage war auch sachlich nicht zu beanstanden. Zur Wahrung dieser Frist hätte der Versicherte spätestens am 3.6.2006 (Samstag) wieder aufgenommen werden müssen. Da aber an Wochenenden aus guten Gründen nur Notfälle in ein Krankenhaus aufgenommen werden, wäre realistischerweise nur der 2.6.2006 (Freitag) als letzter Wiederaufnahmetag in Betracht gekommen, weil sich der Versicherte nicht in einer Notfallsituation befand, sondern es um einen geplanten Eingriff ging. Da solche geplanten Eingriffe regelmäßig aber nur alltags durchgeführt werden, wäre der Versicherte voraussichtlich nicht vor dem 6.6.2006 (Dienstag), dem Tag der tatsächlichen Wiederaufnahme, operiert worden, weil der Zeitraum vom 3.6.2006 (Samstag) bis zum 5.6.2006 (Pfingstmontag) hierfür nicht zur Verfügung stand. Eine Wiederaufnahme am 2.6.2006 hätte also nur die Verweildauer des Versicherten unnötig verlängert und dem Krankenhaus zusätzliche Kosten verursacht.

23

7. Der Zinsanspruch beruht auf § 14 Abs 5 KBV.

24

8. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 und § 47 Abs 1 GKG.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 1714,07 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligen streiten über die Vergütung einer Krankenhausbehandlung.

2

Die Klägerin, Rechtsträgerin des zugelassenen Krankenhauses M., behandelte den bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherten H. B. (im Folgenden: Versicherter) wegen einer Schenkelhalsfraktur vom 26.1. bis 11.2.2008 stationär mit einer Osteosynthese mittels einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube. Die Klägerin kodierte die Operation mit zwei Schlüsselnummern des Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS 5-790.8e und 5-790.0e), die die diagnoseorientierte Fallpauschale DRG I08C ansteuern, und berechnete 7087,86 Euro (14.2.2008). Die Beklagte bezahlte lediglich 7030,75 Euro, da sie einen Betrag von 57,11 Euro für die Anschubfinanzierung integrierte Versorgung abzog (§ 140d SGB V). Sie machte aufgrund einer Auskunft des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) geltend, die Operation sei allein mit einer OPS-Nummer zu kodieren (OPS 5-790.9e: Geschlossene Reposition einer Fraktur oder Epiphysenlösung mit Osteosynthese, durch Materialkombinationen, Schenkelhals). Da deshalb die geringer vergütete DRG I08D maßgeblich sei, müsse die Klägerin die Überzahlung erstatten (1.4.2009). Die Klägerin lehnte eine Erstattung ab, da eine Prüfanzeige des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) nicht mehr fristgerecht möglich sei. Daraufhin rechnete die Beklagte mit der nach ihrer Auffassung bestehenden Erstattungsforderung von 1714,07 Euro gegenüber Vergütungsansprüchen der Klägerin für die Behandlung anderer Versicherter auf (15.5.2009). Das SG hat ein Sachverständigengutachten eingeholt und die Klage auf Zahlung von 1714,07 Euro nebst Zinsen von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.5.2009 abgewiesen (Urteil vom 19.7.2011). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen: Die Klägerin habe nur Anspruch auf Vergütung nach der geringer dotierten DRG I08D. Die Osteosynthese mit einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube an der gleichen Lokalisation über denselben Zugang sei mit OPS 5-790.9e zu kodieren. Die Beklagte sei mit ihren Einwendungen und der Verwendung der Daten nach § 301 SGB V nicht ausgeschlossen. Es bedürfe keines Rückgriffs auf das Gerichtsgutachten und die von der Klägerin vorgelegten Behandlungsunterlagen, deren Auswertung § 275 Abs 1c S 2 SGB V verbiete(Urteil vom 8.8.2013).

3

Die Klägerin hat dagegen Revision eingelegt. Sie hat das Teilanerkenntnis der Beklagten angenommen, 57,11 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.5.2009 zu schulden. Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 275 Abs 1c S 2 SGB V. Die Beklagte habe die dort geregelte, abgelaufene Frist ohne Einleitung eines MDK-Prüfverfahrens verstreichen lassen. Dies schließe Ermittlungen dazu aus, dass die Voraussetzungen der OPS 5-790.9e erfüllt seien, nämlich dass der Eingriff für das Osteosyntheseverfahren nur über einen Zugang erfolgte.

4

Die Klägerin beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 und des Sozialgerichts Koblenz vom 19. Juli 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, 1656,96 Euro nebst Zinsen von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. Mai 2009 zu zahlen,

hilfsweise

        

das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben im Ergebnis zutreffend entschieden, dass das klagende Krankenhaus gegen die beklagte KK keinen Anspruch auf Zahlung weiterer, jetzt noch streitiger 1656,96 Euro für die anderen Versicherten erbrachte Krankenhausbehandlung hat. Die von der Klägerin im Gleichordnungsverhältnis erhobene (echte) Leistungsklage ist zulässig (vgl BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 20; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10 mwN; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12), aber unbegründet. Der ursprünglich entstandene Anspruch der Klägerin auf Vergütung für die Krankenhausbehandlung anderer Versicherter (dazu 1.) erlosch dadurch in Höhe von 1656,96 Euro, dass die Beklagte wirksam mit ihrem in dieser Höhe bestehenden Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten aufrechnete (dazu 2.). Die Klägerin erhielt hierfür nämlich 7030,75 Euro, obwohl sie lediglich höchstens Anspruch auf Zahlung von 5373,79 Euro für die Behandlung des Versicherten hatte (dazu 3.). Die dagegen von der Klägerin vorgebrachten Einwendungen greifen nicht durch (dazu 4.).

8

1. Zu Recht ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass der Klägerin aufgrund der Behandlung anderer Versicherter zunächst Anspruch auf die dort abgerechnete Vergütung zustand; eine nähere Prüfung des erkennenden Senats erübrigt sich insoweit (vgl zur Zulässigkeit dieses Vorgehens zB BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 7 RdNr 10; SozR 4-2500 § 130 Nr 2 RdNr 15).

9

2. Der Vergütungsanspruch für Krankenhausbehandlung anderer Versicherter erlosch durch Aufrechnung in Höhe von 1656,96 Euro. Die Beklagte erklärte wirksam, mit ihrem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten analog § 387 BGB aufzurechnen(zur entsprechenden Anwendung auf überzahlte Krankenhausvergütung vgl zB BSG SozR 4-7610 § 204 Nr 2 RdNr 9 ff mwN, stRspr). Der Vergütungsanspruch der Klägerin und der von der Beklagten aufgerechnete öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch (dazu 3.) waren gegenseitig und gleichartig (vgl entsprechend BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 16), der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch war fällig und der Vergütungsanspruch der Klägerin erfüllbar.

10

3. Die Beklagte konnte aus öffentlich-rechtlicher Erstattung Zahlung in Höhe von 1656,96 Euro beanspruchen. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt ua voraus, dass der Berechtigte Leistungen im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses ohne rechtlichen Grund erbrachte (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 15, stRspr). So lag es hier. Die Klägerin hatte gegen die Beklagte einen Vergütungsanspruch für die Behandlung des Versicherten (dazu a). Dessen Höhe betrug maximal 5373,79 Euro, während ihr die Beklagte 7030,75 Euro zahlte (dazu b).

11

a) Die Klägerin erfüllte die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung, indem sie den Versicherten vom 26.1. bis 11.2.2008 stationär behandelte. Die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich ist(stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 11; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 11; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13, alle mwN). Diese Voraussetzungen waren nach den unangegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) erfüllt.

12

b) Der Vergütungsanspruch der Klägerin belief sich auf höchstens 5373,79 Euro. Die Klägerin durfte lediglich die niedriger vergütete DRG I08D abrechnen (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur, ohne Mehrfacheingriff, ohne komplexe Prozedur, ohne komplexe Diagnose, ohne äußerst schwere CC), nicht die tatsächlich in Rechnung gestellte DRG I08C (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur mit Mehrfacheingriff, komplexer Prozedur, komplexer Diagnose oder äußerst schweren CC). Dies wirkt sich auch auf die Vergütungsbestandteile aus, deren Höhe von der zu vergütenden DRG abhängt (§ 4 Abs 13 KHEntgG idF durch Art 15 Nr 2 Buchst b Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003, BGBl I 2190, § 4 Abs 14 KHEntgG idF durch Art 2 Nr 2 Buchst k Zweites Gesetz zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser und zur Änderung anderer Vorschriften vom 15.12.2004, BGBl I 3429; § 8 Abs 9 KHEntgG idF durch Art 19 Nr 2 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378).

13

Die von der Klägerin zu beanspruchende Krankenhausvergütung bemisst sich nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage. Rechtsgrundlage sind § 109 Abs 4 S 3 SGB V(idF durch Art 1 Nr 3 Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 5 Buchst a 2. FPÄndG vom 15.12.2004, BGBl I 3429) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz(KHG; idF durch Art 18 Nr 4 GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378; vgl entsprechend BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 15), die Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2008 (Fallpauschalenvereinbarung 2008 - FPV 2008 einschließlich der Anlagen 1 bis 6) und die von den Vertragspartnern auf Bundesebene getroffene Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) für das Jahr 2008 (Ergänzungsvereinbarung 2008 zur Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien Version 2002 für das G-DRG-System gemäß § 17b KHG, zuletzt geändert durch die Ergänzungsvereinbarung 2007; zu deren normativer Wirkung vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 18).

14

Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich aus der Eingabe und Verarbeitung von Daten in einem automatischen Datenverarbeitungssystem, das auf einem zertifizierten Programm basiert (vgl § 1 Abs 6 S 1 FPV 2008; zur rechtlichen Einordnung des Groupierungsvorgangs vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 19 ff). Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm greift dabei auch auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind (zB die Zuordnung von ICD-10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum) oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, aber auch die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) in der jeweiligen vom DIMDI im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung (hier in der Version 2008 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Diagnosenschlüssels vom 25.10.2007, BAnz Nr 207 vom 7.11.2007, S 7937, in Kraft getreten am 1.1.2008 ) sowie die Klassifikation des vom DIMDI im Auftrag des BMG herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssels (hier in der Version 2008 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Operationen- und Prozedurenschlüssels vom 25.10.2007, BAnz Nr 207 vom 7.11.2007, S 7917, in Kraft getreten am 1.1.2008 ; zur Grundlage der Rechtsbindung vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 24).

15

Die Anwendung der DKR und der FPV-Abrechnungsbestimmungen einschließlich des ICD-10-GM und des OPS erfolgt eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (vgl BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 17 mwN; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27; zur Auslegung von medizinischen Begriffen im OPS vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 12 ff, stRspr).

16

Die Klägerin durfte nur die niedriger vergütete DRG I08D abrechnen. Die Behandlung des Versicherten erfüllte nämlich nur die Voraussetzungen der OPS 2008 Nr 5-790.9e. Diese OPS-Nr ist zu kodieren bei einer geschlossenen Reposition einer Fraktur oder Epiphysenlösung mit Osteosynthese des Schenkelhalses durch Materialkombinationen. Erforderlich ist eine Verbindung einer Mehrheit von Verfahren bei einer Osteosynthese, denn es bedarf der "Materialkombinationen". Dies erfasst eine Osteosynthese mittels zweier, sich im Sinne von Haupt- und Hilfsverfahren ergänzender Osteosyntheseverfahren, etwa durch dynamische Kompressionsschraube mit Antirotationsschraube, wie sie hier in Rede steht, wenn es lediglich eines operativen Zugangs bedarf. Denn eine Materialkombination liegt nach dem Regelungssystem nicht schon dann vor, wenn das verwendete Implantat aus mehreren Teilen besteht. So setzt sich zum Beispiel die dynamische Kompressionschraube nicht nur aus einer einzelnen Schraube zusammen, sondern aus einer Schenkelhalsschraube, einem Plattenzylinder und weiteren Schrauben zur Fixierung der Platte am Oberschenkelknochen (vgl entsprechend zB OPS 2008 5-79: "Eine Schraubenosteosynthese ist eine Osteosynthese, die nur mit Schrauben, ggf. mit zusätzlicher Unterlegscheibe, erfolgt"; "Eine Plattenosteosynthese ist eine Osteosynthese, die mit Platten und den dazugehörigen Schrauben, ggf. mit zusätzlichen Schrauben neben der Platte, erfolgt"). Auch ist Materialkombination nicht mit Werkstoffkombination gleichzusetzen. Ansonsten hätte es des Hinweises in OPS 2008 5-79 nicht bedurft, dass eine Verbundosteosynthese (bestehend aus Metall und Zement) als Materialkombination zu kodieren ist (vgl auch die Differenzliste zum OPS 2008, wonach zunächst in der Vorab-Version vorgesehen war, die Verwendung des Zements zusätzlich zu kodieren). Zusätzlich dürfen nicht mehrere Zugänge erforderlich sein. Denn OPS 2008 5-79 ordnet ausdrücklich an, dass die Durchführung einer zweiten Osteosynthese, zB bei einer Zweietagen-Fraktur, gesondert zu kodieren ist (so DIMDI, MDK und Berufsverband Deutscher Chirurgen, vgl Gerichtsgutachten vom 5.7.2010). Nach den Feststellungen des LSG ermöglichte ein einziger Zugang beim Versicherten die Osteosynthese mit einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube.

17

Nach der Groupierungslogik steuert die Diagnose Schenkelhalsfraktur, intrakapsulär (ICD-10-GM 2008 S72.01), die MC (Major Category) 8 (Krankheiten und Störungen an Muskel-Skelett-System und Bindegewebe) an (vgl G-DRG Version 2008, Definitionshandbuch Kompaktversion, Band 1, S 447). Dort führt die OPS 2008 5-790.9e in der operativen Partition zur ADRG I08 (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur oder Ersatz des Hüftgelenkes mit Eingriff an oberer Extremität oder Wirbelsäule; vgl G-DRG Version 2008, Definitionshandbuch Kompaktversion, Band 1, S 471) und von dort zur DRG I08D (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur, ohne Mehrfacheingriff, ohne komplexe Prozedur, ohne komplexe Diagnose, ohne äußerst schwere CC; vgl G-DRG Version 2008, Definitionshandbuch Kompaktversion, Band 1, S 435).

18

4. Die von der Klägerin geltend gemachten Einwendungen gegen die Feststellungen des LSG (dazu a) und den Erstattungsanspruch im Übrigen (dazu b) greifen nicht durch.

19

a) Das LSG durfte das vom SG eingeholte Gutachten unter Auswertung der von der Klägerin zur Verfügung gestellten Behandlungsunterlagen verwerten, um widerspruchsfrei zu der angegriffenen Feststellung zu gelangen, dass ein Zugang beim Versicherten die Osteosynthese mit einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube ermöglichte. Denn die Klägerin erfüllte ihre Obliegenheit, die für die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung erforderlichen Informationen der Beklagten zu übermitteln (§ 301 SGB V), erst mit der Überlassung der Behandlungsunterlagen an das SG.

20

Die Informationsübermittlung vom Krankenhaus an die KK korrespondiert mit der Prüfberechtigung der KK. KKn sind jederzeit berechtigt, die sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung von Krankenhausvergütung mit Blick auf Leistungsverweigerungsrechte oder nicht verjährte Erstattungsforderungen zu überprüfen (§ 301 SGB V). Denn das Krankenhaus hat hierzu zutreffend und vollständig alle Angaben zu machen, deren es zur Überprüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung bedarf (§ 301 Abs 1 SGB V; vgl zB 1. Senat des BSG in BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 13, 21; 3. Senat des BSG in BSGE 111, 58 = SozR 4-2500 § 109 Nr 24, RdNr 18 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 5 RdNr 14 mwN, stRspr). Jedenfalls dann, wenn sich dabei auch nur geringste Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Abrechnung nicht sachlich-rechnerisch richtig ist und/oder dass das Krankenhaus seine primären Informationsobliegenheiten und ggf -pflichten über die Abrechnungsgrundlagen nicht erfüllte, trifft das Krankenhaus spätestens auf Anforderung der KK die Obliegenheit, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere auch die Behandlungsunterlagen an den MDK oder das Gericht herauszugeben. Die gesetzliche Sechs-Wochen-Frist (§ 275 Abs 1c SGB V) erfasst demgegenüber nur die Prüfung aufgrund einer Auffälligkeit (vgl näher BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 29/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

21

Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten bestehen etwa in Fällen, in denen die vom Krankenhaus vorgenommene Auslegung und Anwendung von Abrechnungsvorschriften zweifelhaft ist oder sogar bestehender Kodierpraxis widerspricht. Es entspricht nicht nur den gesetzlichen Vorgaben (§ 301 Abs 1 SGB V), sondern den eigenen Interessen des Krankenhauses, der KK die entsprechenden Sachverhalte vollständig und nachvollziehbar mitzuteilen, die es zu seiner Auslegung der Abrechnungsvorschriften veranlasst haben. Nur so beugt das Krankenhaus einer Irreführung und darauf beruhender Vermögensverfügung der KK vor, ermöglicht der KK die sachlich-rechnerische Richtigkeitskontrolle und schafft damit die für die Zusammenarbeit unerlässliche Vertrauensbasis. Dies gilt auch dann, wenn das Krankenhaus von einer Auslegungspraxis abweichen will, die im Übrigen - wie hier - auf Leistungserbringer- und KKn-Seite übereinstimmt. So lag es hier.

22

Die Beklagte hatte Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten der Klägerin. Die Osteosynthese über einen Zugang mittels dynamischer Kompressionsschraube mit Antirotationsschraube war nämlich nach ganz herrschender Auffassung zur richtigen Kodierpraxis im Jahr 2008 nach OPS 2008 5-790.9e zu kodieren. Dies entsprach den Einschätzungen des MDK, des Berufsverbandes Deutscher Chirurgen, des DIMDI, des vom SG gehörten Sachverständigen und weiteren professionellen Äußerungen aus dem Jahr 2007 (vgl zB die Beiträge des ärztlichen Leiters Stabsstelle Medizincontrolling, Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau sowie des Medizincontrollers der Main-Kinzig-Kliniken in "Versorgung einer Osteosynthese durch Schraube oder Materialkombination", beginnend am 27.7.2007 bei myDRG-Forum/DRG-System in Deutschland /Fragen zu praktischen Kodierproblemen, abrufbar unter www.mydrg.de/forum/index.php?page=Thread&threadID=9092,%20recherchiert%20am%2018.6.2014 ). Die übliche Kodierpraxis hätte die Klägerin dazu veranlassen müssen, von sich aus gegenüber der Beklagten den Sachverhalt - und die eigene abweichende Meinung - deutlich hervorzuheben. Ohne diese notwendige Zusatzinformation musste die Beklagte die Angaben der Klägerin - unzutreffend - einerseits so verstehen, die Klägerin habe den Versicherten mittels zweier Osteosyntheseverfahren mit unterschiedlichen Zugängen behandelt. Aufgrund der mitgeteilten Entlassungsdiagnose ICD-10-GM S72.01 (Fraktur des Femurs, Schenkelhalsfraktur, Intrakapsulär) durfte die Beklagte andererseits Zweifel haben, dass die Kodierung der OPS-Nummern zutreffend das Behandlungsgeschehen wiedergab.

23

b) Der Erstattungsanspruch der Beklagten war entgegen der Ansicht der Klägerin nicht dadurch verwirkt (vgl BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 36 ff), dass die Beklagte ihn erst 13,5 Monate nach Rechnungslegung geltend machte. Das Rechtsinstitut der Verwirkung passt als ergänzende Regelung innerhalb der kurzen vierjährigen Verjährungsfrist grundsätzlich nicht. Es findet nur in besonderen, engen Ausnahmekonstellationen Anwendung (vgl BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 4 RdNr 15; BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 37 mwN). Ein solcher Fall liegt nicht vor. Insoweit fehlt es schon an dem für die Annahme der Verwirkung erforderlichen Umstandsmoment eines Verwirkungsverhaltens des Berechtigten - hier der Beklagten (vgl dazu und zur mangelnden Tragfähigkeit des Gesichtspunkts der "Waffengleichheit" im materiellen Recht ausführlich zuletzt BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 48/12 R - Juris RdNr 19 f mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

24

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 155 Abs 1 S 3 VwGO, diejenige über den Streitwert aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 und 2 GKG.

(1) Der Versorgungsvertrag nach § 108 Nr. 3 kommt durch Einigung zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemeinsam und dem Krankenhausträger zustande; er bedarf der Schriftform. Bei den Hochschulkliniken gilt die Anerkennung nach den landesrechtlichen Vorschriften, bei den Plankrankenhäusern die Aufnahme in den Krankenhausbedarfsplan nach § 8 Abs. 1 Satz 2 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes als Abschluss des Versorgungsvertrages. Dieser ist für alle Krankenkassen im Inland unmittelbar verbindlich. Die Vertragsparteien nach Satz 1 können im Einvernehmen mit der für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörde eine gegenüber dem Krankenhausplan geringere Bettenzahl vereinbaren, soweit die Leistungsstruktur des Krankenhauses nicht verändert wird; die Vereinbarung kann befristet werden. Enthält der Krankenhausplan keine oder keine abschließende Festlegung der Bettenzahl oder der Leistungsstruktur des Krankenhauses, werden diese durch die Vertragsparteien nach Satz 1 im Benehmen mit der für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörde ergänzend vereinbart.

(2) Ein Anspruch auf Abschluß eines Versorgungsvertrags nach § 108 Nr. 3 besteht nicht. Bei notwendiger Auswahl zwischen mehreren geeigneten Krankenhäusern, die sich um den Abschluß eines Versorgungsvertrags bewerben, entscheiden die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam unter Berücksichtigung der öffentlichen Interessen und der Vielfalt der Krankenhausträger nach pflichtgemäßem Ermessen, welches Krankenhaus den Erfordernissen einer qualitativ hochwertigen, patienten- und bedarfsgerechten sowie leistungsfähigen und wirtschaftlichen Krankenhausbehandlung am besten gerecht wird.

(3) Ein Versorgungsvertrag nach § 108 Nr. 3 darf nicht abgeschlossen werden, wenn das Krankenhaus

1.
nicht die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche Krankenhausbehandlung bietet,
2.
bei den maßgeblichen planungsrelevanten Qualitätsindikatoren nach § 6 Absatz 1a des Krankenhausfinanzierungsgesetzes auf der Grundlage der vom Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 136c Absatz 2 übermittelten Maßstäbe und Bewertungskriterien nicht nur vorübergehend eine in einem erheblichen Maß unzureichende Qualität aufweist, die im jeweiligen Landesrecht vorgesehenen Qualitätsanforderungen nicht nur vorübergehend und in einem erheblichen Maß nicht erfüllt, höchstens drei Jahre in Folge Qualitätsabschlägen nach § 5 Absatz 3a des Krankenhausentgeltgesetzes unterliegt oder
3.
für eine bedarfsgerechte Krankenhausbehandlung der Versicherten nicht erforderlich ist.
Abschluß und Ablehnung des Versorgungsvertrags werden mit der Genehmigung durch die zuständigen Landesbehörden wirksam. Verträge, die vor dem 1. Januar 1989 nach § 371 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung abgeschlossen worden sind, gelten bis zu ihrer Kündigung nach § 110 weiter.

(4) Mit einem Versorgungsvertrag nach Absatz 1 wird das Krankenhaus für die Dauer des Vertrages zur Krankenhausbehandlung der Versicherten zugelassen. Das zugelassene Krankenhaus ist im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§ 39) der Versicherten verpflichtet. Die Krankenkassen sind verpflichtet, unter Beachtung der Vorschriften dieses Gesetzbuchs mit dem Krankenhausträger Pflegesatzverhandlungen nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, des Krankenhausentgeltgesetzes und der Bundespflegesatzverordnung zu führen.

(5) Ansprüche der Krankenhäuser auf Vergütung erbrachter Leistungen und Ansprüche der Krankenkassen auf Rückzahlung von geleisteten Vergütungen verjähren in zwei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie entstanden sind. Dies gilt auch für Ansprüche der Krankenkassen auf Rückzahlung von geleisteten Vergütungen, die vor dem 1. Januar 2019 entstanden sind. Satz 1 gilt nicht für Ansprüche der Krankenhäuser auf Vergütung erbrachter Leistungen, die vor dem 1. Januar 2019 entstanden sind. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend.

(6) Gegen Forderungen von Krankenhäusern, die aufgrund der Versorgung von ab dem 1. Januar 2020 aufgenommenen Patientinnen und Patienten entstanden sind, können Krankenkassen nicht mit Ansprüchen auf Rückforderung geleisteter Vergütungen aufrechnen. Die Aufrechnung ist abweichend von Satz 1 möglich, wenn die Forderung der Krankenkasse vom Krankenhaus nicht bestritten wird oder rechtskräftig festgestellt wurde. In der Vereinbarung nach § 17c Absatz 2 Satz 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes können abweichende Regelungen vorgesehen werden.

(1) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der Privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft (Vertragsparteien auf Bundesebene) mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 insbesondere

1.
einen Fallpauschalen-Katalog nach § 17b Absatz 1 Satz 4 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zu Verlegungsfällen und zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge (effektive Bewertungsrelationen),
2.
einen Katalog ergänzender Zusatzentgelte nach § 17b Absatz 1 Satz 7 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes einschließlich der Vergütungshöhe,
2a.
einen Pflegeerlöskatalog nach § 17b Absatz 4 Satz 5 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes einschließlich der Bewertungsrelationen für die tagesbezogene Abzahlung des vereinbarten Pflegebudgets nach § 6a,
3.
die Abrechnungsbestimmungen für die Entgelte nach den Nummern 1, 2 und 2a sowie die Regelungen über Zu- und Abschläge,
4.
Empfehlungen für die Kalkulation und die Vergütung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, für die nach § 6 gesonderte Entgelte vereinbart werden können,
5.
den einheitlichen Aufbau der Datensätze und das Verfahren für die Übermittlung der Daten nach § 11 Absatz 4 Satz 1 sowie erstmals bis zum 26. Januar 2023 das Nähere zur Dokumentation des Eingangs von Daten, Unterlagen und Auskünften und zur Abrechnung des Abschlags nach § 11 Absatz 4 Satz 6,
6.
erstmals bis zum 31. Juli 2016 einen Katalog nicht mengenanfälliger Krankenhausleistungen, die nur dem hälftigen Abschlag unterliegen, sowie nähere Einzelheiten zur Umsetzung des Abschlags, insbesondere zur Definition des Einzugsgebiets eines Krankenhauses und zu einem geminderten Abschlag im Falle von Leistungsverlagerungen,
7.
die Erhöhungsrate für Tariferhöhungen nach § 10 Absatz 5 Satz 4, eine anteilige Erhöhungsrate unter Berücksichtigung, dass Kostensteigerungen für das Pflegepersonal in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen über das Pflegebudget zu finanzieren sind, sowie bis zum 31. März 2019 die Einzelheiten für einen Nachweis, dass die zusätzlichen Mittel für Tariferhöhungen von Pflegepersonal zweckentsprechend für dessen Finanzierung verwendet werden, und ein Verfahren, das gewährleistet, dass Krankenhäuser Mittel zurückzuzahlen haben, die sie nicht zweckentsprechend verwendet haben,
8.
erstmals bis zum 31. Juli 2019 die näheren Einzelheiten zur Verhandlung des Pflegebudgets nach § 6a, insbesondere zu den vorzulegenden Unterlagen und zu dem Verfahren der Rückzahlungsabwicklung von nicht zweckentsprechend verwendeten Mitteln, bis zum 17. August 2021 zu der einheitlichen Form der Dokumentation der Höhe des vereinbarten Pflegebudgets sowie der wesentlichen Rechengrößen zur Herleitung der vereinbarten, im Pflegebudget zu berücksichtigenden Kosten und der Höhe des Pflegebudgets sowie bis zum 31. Mai 2023 eine Anpassung der Vereinbarung an die Vorgaben des § 17b Absatz 4a des Krankenhausfinanzierungsgesetzes,
9.
bis zum 28. Februar 2019 die Benennung von Prozedurenschlüsseln nach § 301 Absatz 2 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, die zu streichen sind, da sie nach Einführung des Pflegebudgets nach § 6a für das Vergütungssystem nach § 17b des Krankenhausfinanzierungsgesetzes nicht mehr benötigt werden.

(1a) Die Vertragsparteien auf Bundesebene vereinbaren auf der Grundlage von Absatz 1 Nummer 3

1.
Vorgaben, insbesondere zur Dauer, für befristete Zuschläge für die Finanzierung von Mehrkosten auf Grund von Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses sowie auf Grund von Rahmenvereinbarungen nach § 137i Absatz 6 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch;
2.
(weggefallen)
3.
bis zum 31. Oktober 2021 Anforderungen an die Durchführung klinischer Sektionen zur Qualitätssicherung; insbesondere legen sie für die Qualitätssicherung erforderliche Mindestanforderungen fest und machen Vorgaben für die Berechnung des Zuschlags; das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus ist mit der jährlichen Kalkulation der Kosten einer klinischen Sektion zu beauftragen, wobei die für die Kalkulation entstehenden Kosten aus dem Zuschlag nach § 17b Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes zu finanzieren sind;
4.
(weggefallen)
5.
bis zum 30. Juni 2018 die Höhe und die nähere Ausgestaltung der Zu- und Abschläge für eine Teilnahme oder Nichtteilnahme von Krankenhäusern an der Notfallversorgung, wobei bei der Ermittlung der Höhe der Zu- und Abschläge eine Unterstützung durch das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus vorzusehen ist; die Zu- und Abschläge müssen sich auf das Stufensystem zu den Mindestvoraussetzungen für eine Teilnahme an der Notfallversorgung beziehen, das gemäß § 136c Absatz 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vom Gemeinsamen Bundesausschuss zu entwickeln ist;
6.
jährlich zum 30. Juni, erstmals bis zum 30. Juni 2019, eine Liste der Krankenhäuser, welche die Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses zu § 136c Absatz 3 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch erfüllen, die Liste ist bis zum 31. Dezember 2020 um Kinderkrankenhäuser und Krankenhäuser mit Fachabteilungen für Kinder- und Jugendmedizin zu erweitern, welche die Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses zu § 136c Absatz 3 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch erfüllen;
7.
bis zum 31. Dezember 2020 die Höhe und die nähere Ausgestaltung des Zuschlags nach § 17b Absatz 1a Nummer 9 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes sowie seine regelmäßige Anpassung an Kostenentwicklungen;
8.
bis zum 31. März 2021 das Nähere zu den Voraussetzungen, zur Höhe und zur Ausgestaltung von Abschlägen für Krankenhäuser, die
a)
entgegen § 39 Absatz 1 Satz 6 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch keine Einschätzung des Beatmungsstatus vornehmen oder
b)
im Falle einer erforderlichen Anschlussversorgung zur Beatmungsentwöhnung entgegen § 39 Absatz 1a Satz 7 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch keine Verordnung vornehmen;
9.
bis zum 31. Dezember 2020 Vorgaben für Zuschläge nach § 5 Absatz 3i zur Finanzierung von nicht anderweitig finanzierten Mehrkosten, die den Krankenhäusern auf Grund des Coronavirus SARS-CoV-2 im Zusammenhang mit der voll- oder teilstationären Behandlung von Patientinnen und Patienten entstehen; insbesondere vereinbaren sie, welche Kosten durch den Zuschlag nach § 5 Absatz 3i zu finanzieren sind und Anforderungen an den Nachweis des Vorliegens der Kosten und geben Empfehlungen für die Kalkulation der Kosten.

(1b) Die Vertragsparteien auf Bundesebene vereinbaren mit Wirkung für die Vertragsparteien auf Landesebene bis zum 31. Oktober jeden Jahres den Veränderungswert nach Maßgabe des § 10 Absatz 6 Satz 2 oder Satz 3 für die Begrenzung der Entwicklung des Basisfallwerts nach § 10 Absatz 4, wobei bereits anderweitig finanzierte Kostensteigerungen zu berücksichtigen sind, soweit dadurch die Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch nicht unterschritten wird; im Falle des § 10 Absatz 6 Satz 3 ist die Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch unter Berücksichtigung der Gewährleistung der notwendigen medizinischen Versorgung und von Personal- und Sachkostensteigerungen um bis zu ein Drittel dieser Differenz zu erhöhen. Die Vertragsparteien auf Bundesebene können Empfehlungen an die Vertragsparteien auf Landesebene zur Vereinbarung der Basisfallwerte und der zu berücksichtigenden Tatbestände, insbesondere zur Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven nach § 10 Absatz 3 Satz 1 Nummer 3, abgeben und geben vor, welche Tatbestände, die bei der Weiterentwicklung der Bewertungsrelationen nicht umgesetzt werden können und deshalb nach § 10 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und Satz 2 bei der Vereinbarung des Basisfallwerts umzusetzen sind, in welcher Höhe zu berücksichtigen oder auszugleichen sind.

(1c) Zur Umsetzung von § 17b Absatz 1 Satz 5 zweiter Halbsatz des Krankenhausfinanzierungsgesetzes haben die Vertragsparteien auf Bundesebene bis zum 31. Mai 2016 bei Leistungen, bei denen es Anhaltspunkte für im erhöhten Maße wirtschaftlich begründete Fallzahlsteigerungen gibt, eine gezielte Absenkung oder Abstufung der Bewertung der Leistungen vorzugeben, die bei der Kalkulation des Vergütungssystems für das folgende Kalenderjahr zu berücksichtigen ist.

(2) Kommt eine Vereinbarung zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 ganz oder teilweise nicht zustande, gilt § 17b Absatz 7 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes; in den übrigen Fällen entscheidet auf Antrag einer Vertragspartei die Schiedsstelle nach § 18a Absatz 6 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes; eine Entscheidung zu Absatz 1b Satz 1 hat die Schiedsstelle bis zum 15. November des jeweiligen Jahres zu treffen. Kommt eine Vereinbarung nach Absatz 1a Nummer 5 oder Nummer 8 nicht zustande, kann auch das Bundesministerium für Gesundheit die Schiedsstelle anrufen. Kommt eine Vereinbarung nach Absatz 1c nicht fristgerecht zustande, entscheidet die Schiedsstelle abweichend von Satz 1 ohne Antrag einer Vertragspartei innerhalb von sechs Wochen.

(1) Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam schließen mit der Landeskrankenhausgesellschaft oder mit den Vereinigungen der Krankenhausträger im Land gemeinsam Verträge, um sicherzustellen, daß Art und Umfang der Krankenhausbehandlung den Anforderungen dieses Gesetzbuchs entsprechen.

(2) Die Verträge regeln insbesondere

1.
die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung einschließlich der
a)
Aufnahme und Entlassung der Versicherten,
b)
Kostenübernahme, Abrechnung der Entgelte, Berichte und Bescheinigungen,
2.
die Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung einschließlich eines Kataloges von Leistungen, die in der Regel teilstationär erbracht werden können,
3.
Verfahrens- und Prüfungsgrundsätze für Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfungen,
4.
die soziale Betreuung und Beratung der Versicherten im Krankenhaus,
5.
den nahtlosen Übergang von der Krankenhausbehandlung zur Rehabilitation oder Pflege,
6.
das Nähere über Voraussetzungen, Art und Umfang der medizinischen Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1.
Sie sind für die Krankenkassen und die zugelassenen Krankenhäuser im Land unmittelbar verbindlich.

(3) Kommt ein Vertrag nach Absatz 1 bis zum 31. Dezember 1989 ganz oder teilweise nicht zustande, wird sein Inhalt auf Antrag einer Vertragspartei durch die Landesschiedsstelle nach § 114 festgesetzt.

(4) Die Verträge nach Absatz 1 können von jeder Vertragspartei mit einer Frist von einem Jahr ganz oder teilweise gekündigt werden. Satz 1 gilt entsprechend für die von der Landesschiedsstelle nach Absatz 3 getroffenen Regelungen. Diese können auch ohne Kündigung jederzeit durch einen Vertrag nach Absatz 1 ersetzt werden.

(5) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft oder die Bundesverbände der Krankenhausträger gemeinsam sollen Rahmenempfehlungen zum Inhalt der Verträge nach Absatz 1 abgeben.

(6) Beim Abschluß der Verträge nach Absatz 1 und bei Abgabe der Empfehlungen nach Absatz 5 sind, soweit darin Regelungen nach Absatz 2 Nr. 5 getroffen werden, die Spitzenorganisationen der Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen zu beteiligen.

Tenor

Auf die Revisionen der Beklagten sowie der Beigeladenen zu 1) und 2) wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 9. März 2011 geändert, soweit es die Beklagte zur Neubescheidung verpflichtet hat. Insoweit wird die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. Mai 2009 zurückgewiesen. Im Übrigen werden die Revisionen der Beklagten sowie der Beigeladenen zu 1) und 2) zurückgewiesen.

Die Beklagte und die Beigeladenen zu 1) und 2) tragen die Kosten des Revisionsverfahrens. Kosten der Beigeladenen zu 3) sind nicht zu erstatten.

Der Streitwert wird für alle Rechtszüge auf 2 500 000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über einen Einwendungsausschluss nach sechs Monaten und ein MDK-Prüferfordernis bezüglich Krankenhausvergütungen als Teilregelungen eines Schiedsspruchs der beklagten Schiedsstelle nach § 114 SGB V.

2

Der Kläger zu 2) ist ein Landesverband der Krankenkassen (KKn), der Kläger zu 1) ein Verband der Ersatzkassen. Er nimmt ebenso die Aufgaben eines Landesverbandes der KKn wahr wie die Kläger zu 3) und 4) und die Beigeladenen zu 2) und 3), die alle KKn sind. Sie alle vereinbarten mit der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft, der Beigeladenen zu 1), einen Landesvertrag (LV nach § 112 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung), der bis 31.12.2003 galt. Nach gescheiterten Verhandlungen über einen Anschlussvertrag beantragten einerseits die Kläger und andererseits die Beigeladene zu 2) im späteren Einvernehmen mit den Beigeladenen zu 1) und 3), die Beklagte solle den umstrittenen Inhalt des LV festsetzen. Die Beklagte stellte die unstreitigen Vertragsregelungen fest, hörte die Beteiligten des Schiedsverfahrens an und setzte den Inhalt des Vertrages fest (Beschluss vom 21.9.2005). Danach hat die KK ua "die Rechnung innerhalb von 30 Tagen nach Übermittlung des Rechnungssatzes zu bezahlen ..." (§ 19 Abs 1 LV). "Bei Beanstandungen sachlicher oder rechnerischer Art kann der Differenzbetrag verrechnet werden. Einwendungen gegen die Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung sowie gegen die Art der Abrechnung können nur innerhalb von sechs Monaten nach Rechnungszugang geltend gemacht werden. Voraussetzung für Einwendungen gegen die Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung ist außerdem die Durchführung des MDK-Überprüfungsverfahrens gemäß des Landesvertrages zu § 112 Abs. 2 Nr. 2 SGB V, das innerhalb der Zahlungsfrist nach Abs. 1 einzuleiten ist"(§ 19 Abs 2 LV). Das SG hat die Klage ua gegen den Einwendungsausschluss nach sechs Monaten und das MDK-Prüferfordernis (§ 19 Abs 2 S 2 und 3 LV)abgewiesen (Urteil vom 28.5.2009). Das LSG hat die Beklagte unter Aufhebung der Regelung des Einwendungsausschlusses nach sechs Monaten (§ 19 Abs 2 S 2 LV)zur Neubescheidung verpflichtet, die Regelung des MDK-Prüferfordernisses (§ 19 Abs 2 S 3 LV) mit Wirkung ab 1.4.2007 aufgehoben und im Übrigen die Berufung der Kläger zurückgewiesen. Das LSG hat zur Begründung ua ausgeführt: Die Regelung des Einwendungsausschlusses nach sechs Monaten (§ 19 Abs 2 S 2 LV)sei mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot nicht vereinbar. Bei der Neubescheidung bestünden keine Bedenken, für den letzten Verfahrensabschnitt nach der Prüfung durch den MDK den KKn Handlungsfristen vorzugeben. Die Regelung des MDK-Prüferfordernisses (§ 19 Abs 2 S 3 LV) widerspreche § 275 Abs 1c S 2 SGB V mit Wirkung ab 1.4.2007 (Urteil vom 9.3.2011).

3

Mit ihren Revisionen rügen die Beklagte und die Beigeladene zu 1) die Verletzung formellen und materiellen Rechts (§§ 54, 55 SGG, § 31 SGB X, §§ 12, 112 SGB V). Die Schiedsstellenentscheidung sei kein Verwaltungsakt, sondern setze einen Landesvertrag fest. Dieser könne nicht im Wege der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, sondern nur im Wege einer allgemeinen Feststellungsklage und ggf durch eine Normenkontrollklage analog § 47 VwGO überprüft werden. Daraus ergebe sich eine eingeschränkte gerichtliche Kontrolle. Das Gericht dürfe den Schiedsspruch nur darauf überprüfen, ob er der Abwägung unterliegende Strukturprinzipien wie das der Wirtschaftlichkeit im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) als Abwägungsbelang berücksichtigt habe. Das Gericht dürfe die Beklagte dagegen nicht verpflichten, dem Wirtschaftlichkeitsprinzip einseitig Vorrang vor allen anderen Abwägungsbelangen einzuräumen. Die Verpflichtung zur Neubescheidung widerspreche dem Wesen der Schiedsstellenentscheidung selbst dann, wenn man sie als Verwaltungsakt ansehe. Die Unterschreitung der Sechs-Wochen-Frist des § 275 Abs 1c SGB V entspreche dem Gestaltungsspielraum nach § 112 Abs 2 S 1 SGB V.

4

Die Beklagte und die Beigeladene zu 1) beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 9. März 2011 abzuändern und die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. Mai 2009 insgesamt zurückzuweisen.

5

Die Beigeladene zu 2) rügt mit ihrer Revision die Verletzung materiellen Rechts (Art 20 Abs 3 GG; § 2 Abs 4, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1 S 2, § 112 Abs 1, § 275 Abs 1c SGB V). Das LSG habe sich über seine nur eingeschränkte Befugnis zur Kontrolle der Schiedsstellenentscheidung hinweggesetzt und § 19 Abs 2 S 2 LV ohne Berücksichtigung des vertraglichen Kompromissgefüges unter fehlerhafter Heranziehung des Wirtschaftlichkeitsgebotes willkürlich ausgelegt. Es sei daher zu erwarten, dass die Beigeladene zu 1) die ihr ungünstige Regelung zu § 19 Abs 1 S 1 LV im Falle einer Änderung der Festsetzung zu § 19 Abs 2 S 2 LV nicht hinnehme und den Landesvertrag kündige. Dies sei für die Kassenseite mit dem Verlust erheblicher finanzieller Vorteile verbunden, der schwerer wiege als das vage einzuschätzende Risiko der Vergütung einer unwirtschaftlichen Behandlung infolge der Regelung des § 19 Abs 2 S 2 LV.

6

Die Beigeladene zu 2) beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 9. März 2011 abzuändern, soweit es den Beschluss der Beklagten vom 21. September 2005 zu § 19 Abs 2 S 2 des Landesvertrags nach § 112 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V aufhebt, und die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. Mai 2009 auch insoweit zurückzuweisen.

7

Die Kläger beantragen,
die Revisionen zurückzuweisen.

8

Die Kläger halten die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

9

Die Beigeladene zu 3) hat sich nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässigen Revisionen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1) und 2) sind nur teilweise begründet (§ 170 Abs 2 S 1 SGG). Das Urteil des LSG ist aufzuheben, soweit es die Beklagte zur Neubescheidung verpflichtet hat. Insoweit ist die Berufung der Kläger zurückzuweisen, denn ihre diesbezügliche Klage ist unbegründet. Statthaft ist lediglich eine Anfechtungsklage (dazu 1.). Im Übrigen sind die Revisionen unbegründet (§ 170 Abs 1 S 2 SGG). Zu Recht hat das LSG auf die Berufung der Kläger das SG-Urteil geändert und die Regelung des Einwendungsausschlusses nach sechs Monaten (§ 19 Abs 2 S 2 LV)und - nur insoweit Gegenstand des Revisionsverfahrens - die Regelung des MDK-Prüferfordernisses (§ 19 Abs 2 S 3 LV) mit Wirkung ab 1.4.2007 aufgehoben. Die Anfechtungsklage gegen diese Regelungen des Schiedsspruchs ist nämlich zulässig und begründet (dazu 2.).

11

1. Die Revisionen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1) und 2) haben lediglich mit ihrem Angriff gegen den Teil der Entscheidung des LSG Erfolg, welcher die Beklagte zur Neubescheidung verpflichtet.

12

a) Gegenstand der Revisionen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1) und 2) ist übereinstimmend das Erkenntnis des LSG, die Regelung des Einwendungsausschlusses nach sechs Monaten (§ 19 Abs 2 S 2 LV; Beschluss vom 21.9.2005) aufzuheben und die Beklagte zur Neubescheidung zu verpflichten. Die Beigeladene zu 2) hat ihren Antrag zulässig allein auf diesen Teil der Entscheidung beschränkt (zur Teilbarkeit des Streitgegenstands vgl BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 17 mwN; zur Beschränkung der Revision bei selbstständigen Streitteilen vgl zB BSG SozR 4-3100 § 1 Nr 3 RdNr 12). Die Revisionen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1) richten sich - weitergehend - zudem gegen die Entscheidung des LSG, die Regelung des MDK-Prüferfordernisses (§ 19 Abs 2 S 3 LV; Beschluss vom 21.9.2005) mit Wirkung ab 1.4.2007 aufzuheben.

13

b) Das LSG durfte die Beklagte - ungeachtet der Erfüllung der übrigen Sachurteilsvoraussetzungen (vgl dazu II 2 a) - nicht zur Neubescheidung verpflichten (§ 131 Abs 3 SGG). Klagt eine der an der Normsetzung beteiligten Institutionen nach § 112 SGB V gegen einen Schiedsspruch nach § 114 SGB V, ist allein die Anfechtungsklage(§ 54 Abs 1 S 1 Fall 1 und 2 SGG),nicht aber eine hiermit verknüpfte Verpflichtungs- oder Bescheidungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 Fall 3 SGG)statthaft. Denn der Schiedsspruch nach § 114 SGB V hat rechtlich eine Doppelnatur. Er wirkt, soweit er einen Vertrag ersetzt, wie ein Normenvertrag nach § 112 SGB V. Gegenüber den an der Normsetzung beteiligten Institutionen nach § 112 SGB V ist er Verwaltungsakt iS von § 31 SGB X (vgl rechtsähnlich für alle Entscheidungen des Erweiterten Bewertungsausschusses im Bereich der Normsetzung BSG Urteil vom 27.6.2012 - B 6 KA 28/11 R - RdNr 20 mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; zur Qualifikation anderer, ähnlicher Schiedssprüche nach dem SGB XI und der RVO als Verwaltungsakt vgl auch zB BSGE 20, 73, 75 = SozR Nr 1 zu § 368h RVO; BSGE 87, 199, 200 f = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 3 f; BSG SozR 4-3300 § 89 Nr 1 RdNr 11; BSGE 105, 126 = SozR 4-3300 § 89 Nr 2 RdNr 20 und 41; zur anders ausgestalteten Konzeption einer Schiedsperson BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 16 ff; vgl auch Roos in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 1 RdNr 9 ff). Sind die an der Normsetzung beteiligten Institutionen mit dem Schiedsspruch nicht einverstanden, steht ihnen lediglich die Anfechtungsklage offen.

14

Die Statthaftigkeit der Anfechtungsklage trägt dem Selbstverwaltungsrecht der Vertragspartner nach § 112 SGB V und dementsprechend der Kompetenz der Schiedsstelle nach § 114 SGB V Rechnung(vgl entsprechend BSGE 20, 73, 75 = SozR Nr 1 zu § 368h RVO; Becker in Becker/ Kingreen, SGB V, 3. Aufl 2012, § 114 RdNr 9 mwN). Es bleibt der Schiedsstelle überlassen, ob sie es nach einer gerichtlichen Teilaufhebung eines Schiedsspruchs bei der danach verbleibenden Restregelung belassen oder eine abweichende Gesamtregelung treffen will. Bei einer vollständigen gerichtlichen Aufhebung eines Schiedsspruchs wegen Missachtung wesentlicher Grundlagen ist die Schiedsstelle ohnehin gesetzlich verpflichtet, erneut zu entscheiden. Insoweit bedarf es keiner zusätzlichen Bescheidungs-Tenorierung iS von § 131 Abs 3 SGG.

15

Die Statthaftigkeit der Anfechtungsklage vermeidet zudem Probleme der beteiligtenbezogenen Teilrechtskraft bei Bescheidungsurteilen, die für Entscheidungen über Normenverträge Unzuträglichkeiten und Rechtsunsicherheit verursachen (vgl zur Teilrechtskraft bei Bescheidungsurteilen zB BSG SozR 4-1500 § 141 Nr 1 RdNr 22 mwN). Insbesondere ist es mit der gerichtlichen Kontrollfunktion der Schiedssprüche nach § 114 SGB V wegen ihrer Doppelfunktion als Verwaltungsakt und Normenvertrag nicht vereinbar, höherrangigem Recht widersprechende Rechtsauffassungen einer Vorinstanz in Rechtskraft erwachsen zu lassen, wenn nur Teile der Rechtsauffassung im Streit verbleiben oder durch die Rechtsauffassung der Vorinstanz begünstigte Rechtsmittelführer lediglich noch darüber hinausgehende Ansprüche verfolgen. Dies wäre aber Folge der Qualifikation als Bescheidungsbegehren (stRspr bei Bescheidungsbegehren, vgl zB BSGE 88, 215, 225 = SozR 3-3300 § 9 Nr 1 S 11; ebenso BVerwGE 84, 157, 164 = NJW 1990, 2700, 2702 mwN). Weil die Rechtskraftwirkung auf die Verfahrensbeteiligten beschränkt wäre, nämlich auf die an der Normsetzung beteiligten Institutionen, könnten hieraus erwachsende Fehler - etwa aufgrund Unvereinbarkeit der instanzgerichtlichen Auffassung mit höherrangigem Recht - erst in weiteren Gerichtsverfahren im Rahmen gerichtlicher Inzidentkontrolle korrigiert werden, welche Beteiligte betreiben, die dem Normenvertrag unterworfen sind. Im Ergebnis würde das Gerichtsverfahren gegen einen Schiedsspruch nach § 114 SGB V - funktionswidrig - auf ein Rechtsgutachten zu Teilaspekten des Rechtsstreits reduziert.

16

Es bedarf hier keiner Vertiefung, ob vor dem Hintergrund der Doppelnatur des Schiedsspruchs als Verwaltungsakt und normenvertragliche Regelung zum Schutz der normunterworfenen Adressaten ausnahmsweise ein am Schiedsverfahren Beteiligter die in der gerichtlichen Entscheidung niedergelegte Rechtsauffassung trotz einer formal erfolgreichen Anfechtungsklage mit einem weiteren Rechtsmittel angreifen kann, wenn die Rechtsauffassung des Gerichts einen unzutreffenden, verhaltenslenkenden Rechtsschein gegenüber den dem Normenvertrag Unterworfenen erzeugt.

17

2. Im Übrigen sind die Revisionen unbegründet, denn die Anfechtungsklage gegen die Regelung des Einwendungsausschlusses nach sechs Monaten (§ 19 Abs 2 S 2 LV) und - nur insoweit Gegenstand des Revisionsverfahrens (vgl oben, II 1 a) - die Regelung des MDK-Prüferfordernisses (§ 19 Abs 2 S 3 LV)mit Wirkung ab 1.4.2007 im Schiedsspruch ist zulässig (dazu a) und begründet (dazu b).

18

a) Die Kläger sind nach Maßgabe des § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähig. Die gilt auch für den Kläger zu 1) und Landesverband der BKK als Körperschaft des öffentlichen Rechts (vgl § 207 Abs 1 S 2 SGB V). Jeder für sich ist befugt (dazu aa), sich ohne Vorverfahren (dazu bb) gegen den Festsetzungsbeschluss der beklagten und als gemeinsames Entscheidungsgremium von Leistungserbringern und KKn iS von § 114 SGB V ihrerseits nach § 70 Nr 4 SGG beteiligtenfähigen Landesschiedsstelle(hierzu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 70 RdNr 5)zu wenden. Das Rechtsschutzbedürfnis hierfür ist nicht zwischenzeitlich entfallen (dazu cc).

19

aa) Die Kläger sind als Verband der Ersatzkassen, als Landesverband und als mit den Aufgaben eines Landesverbandes betraute Krankenversicherungsträger (vgl zur IKK classic § 207 Abs 4 S 1 SGB V iVm § 1 Abs 5 der Satzung der IKK classic, Stand 1.8.2012, abrufbar unter www.ikk-classic.de; zur Rechtsnachfolge bei kassenartenübergreifender Vereinigung vgl BSG Urteil vom 11.9.2012 - B 1 A 2/11 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 171a Nr 1 vorgesehen; zur Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See vgl § 212 Abs 3 SGB V) die an der damaligen Vertragsschließung beteiligten Vertragspartner nach § 112 SGB V(idF des Gesundheitsreform-Gesetzes vom 20.12.1988, BGBl I 2477; zur Bevollmächtigung der Ersatzkassenverbände mit Abschlussbefugnis nach Änderung des Kreises der Vertragspartner durch § 112 Abs 1 idF des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26.3.2007, BGBl I 378 mWv 1.7.2008 vgl § 212 Abs 5 S 7 SGB V).

20

Als solche sind sie befugt, jeder einzeln den Rechtsstreit gegen die beklagte Landesschiedsstelle auch ohne die mit ihnen nach § 112 Abs 1 SGB V handelnden weiteren mit Aufgaben von Landesverbänden betrauten KKn, nämlich die Beigeladenen zu 2) und 3) zu führen (vgl zur AOK Baden-Württemberg § 207 Abs 4 S 1 SGB V iVm § 3 Abs 5 der Satzung der AOK Baden-Württemberg, Stand 1.10.2012, abrufbar unter www.aok.de/baden-wuerttemberg/; zur Landwirtschaftlichen KK § 36 S 1 Zweites Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte idF des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 24.11.2003, BGBl I 2190). Allerdings schließen die Landesverbände der KKn und die Verbände der Ersatzkassen "gemeinsam" mit der Landeskrankenhausgesellschaft oder mit den Vereinigungen der Krankenhausträger im Land "gemeinsam" Verträge, um sicherzustellen, dass Art und Umfang der Krankenhausbehandlung den Anforderungen des SGB V entsprechen (§ 112 Abs 1 SGB V idF des GRG bis zum Inkrafttreten des GKV-WSG mWv 1.7.2008). Das Gesetz verpflichtet die Vertragspartner aus diesem Grund insbesondere auch zur vertraglichen Regelung der in § 112 Abs 2 SGB V näher genannten Regelungsbereiche (offener Regelungskatalog), ua zu - hier teilweise streitbefangenen - Regelungen über Aufnahme und Entlassung der Versicherten sowie Kostenübernahme, Abrechnung der Entgelte, Berichte und Bescheinigungen(Nr 1 Buchst a und b).

21

Weder Wortlaut und Systematik noch Entstehungsgeschichte und Normzweck legen indes nahe, dass die materiell-rechtliche Verpflichtung der Vertragspartner zum Abschluss von Sicherstellungsverträgen auf prozessualer Ebene zwangläufig ein gemeinsames Handeln im Aktivprozess nach sich zieht. Ziel des Auftrags an die Vertragsparteien ist es, durch (für zugelassene Krankenhäuser und KKn gleichermaßen verbindliche) Verträge eine bedarfsgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Krankenhausbehandlung der Versicherten zu gewährleisten (BT-Drucks 11/2237 S 199 zu § 120). Die Norm bezweckt dementsprechend eine einheitliche Sicherstellung der Versorgung der Versicherten mit Krankenhausleistungen iS von § 39 SGB V auf Landesebene(Wahl in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 112 RdNr 12 ff). Kommt ein Vertrag ganz oder teilweise nicht zustande, wird sein Inhalt durch die Landesschiedsstelle nach § 114 SGB V für alle Beteiligten einheitlich festgesetzt(§ 112 Abs 2 S 2 iVm Abs 3 SGB V). Dem entspricht auf prozessualer Ebene die Notwendigkeit einer einheitlichen Sachentscheidung, die durch Streitgenossenschaft auch ohne die gesteigerte Verpflichtung der Vertragspartner zu "gemeinsamen und einheitlichen" Vorgehen (zur notwendigen Streitgenossenschaft in den Fällen des § 213 Abs 2 S 1 SGB V idF des GRG vgl jetzt § 211a S 1 SGB V, vgl BSGE 87, 14 = SozR 3-2500 § 40 Nr 3 mwN; BSGE 97, 133 = SozR 4-2500 § 139 Nr 2)hergestellt werden kann (§ 74 SGG iVm § 62 Abs 1 Alt 1 ZPO).

22

Auch wenn danach die Vertragspartner als notwendige Streitgenossen auftreten können, ist eine notwendige Streitgenossenschaft für Aktivprozesse gegen die Festsetzung der Schiedsstelle dergestalt, dass sie zulässig nur im Wege einer gemeinsamen Klage geführt werden können, nicht zwingend (§ 74 SGG iVm § 62 Abs 1 Alt 2 ZPO; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 33. Aufl 2012, § 62 RdNr 22; Hartmann in BLAH, ZPO, 70. Aufl 2012, § 62 RdNr 6 ff, der insoweit aber auf die fehlende Sachbefugnis abstellt). Ausreichend ist ein prozessualer Rahmen, der die notwendig einheitliche Sachentscheidung durch das Gericht gewährleistet. Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, wird eine einheitliche Sachentscheidung im Sozialrechtsstreit insoweit auch durch eine echte notwendige Beiladung sichergestellt (§ 75 Abs 2 Alt 1 SGG). Hiervon hat das SG Gebrauch gemacht und die weiteren in Betracht kommenden KKn (vgl SG, Beschlüsse vom 19.1.2006, 27.7.2006) und zudem die Landeskrankenhausgesellschaft als Vertragspartnerin (SG Beschluss vom 4.1.2006) beigeladen.

23

bb) Eines Vorverfahrens bedurfte es nicht. Das Vorverfahrenserfordernis entfällt nicht nur für Versicherungsträger und ihre Verbände nach Maßgabe des § 78 Abs 1 S 2 Nr 3 SGG idF des 6. SGGÄndG vom 17.8.2001 (BGBl I 2144, hierzu BT-Drucks 14/6335 S 32 zu Nr 31a), sondern für alle Verfahrensbeteiligten einheitlich nach § 78 Abs 1 S 2 Nr 1 SGG. Es gibt keine Hinweise darauf, dass der im Geltungsbereich der RVO noch vorhandene ausdrückliche Verzicht auf ein Vorverfahren (§ 374 Abs 3 RVO, Vorverfahrensfiktion)mit der Neuregelung im SGB V aufgegeben werden sollte (vgl Hess in KassKomm, SGB V, Stand Juni 2012, § 114 RdNr 7; vgl Becker in Becker/Kingreen, SGB V, 3. Aufl 2012, § 114 RdNr 9; aA Hänlein in LPK-SGB V, 4. Aufl 2012, § 114 RdNr 2).

24

cc) Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für die erhobene Anfechtungsklage ist nicht deshalb (partiell) entfallen, weil nach dem Vortrag der Beigeladenen zu 2) die Beigeladene zu 1) unter dem 13.6.2007 ein Rundschreiben versandt hat, wonach aus ihrer Sicht die 30-Tages-Frist des § 19 Abs 2 S 3 LV zugunsten der ab dem 1.4.2007 geltenden Sechs-Wochen-Frist des § 275 Abs 1c S 2 SGB V keine Anwendung mehr finde. Die Vorinstanz hat nicht für das Revisionsgericht verbindlich (§ 163 SGG) festgestellt, dass die Vertragspartner zwischenzeitlich eine von der Festsetzung abweichende Regelung (vgl § 112 Abs 4 S 3 SGB V) getroffen hätten, noch sind Anhaltspunkte sonst dafür ersichtlich.

25

b) Die Anfechtungsklage gegen die Regelung des Einwendungsausschlusses nach sechs Monaten (§ 19 Abs 2 S 2 LV; Beschluss vom 21.9.2005) und die Regelung des MDK-Prüferfordernisses (§ 19 Abs 2 S 3 LV; Beschluss vom 21.9.2005) ist auch begründet. Der erkennende Senat ist zu einer Überprüfung des Schiedsspruchs befugt (dazu aa). Der Schiedsspruch der Beklagten ist zwar nicht formell (dazu bb), wohl aber materiell rechtswidrig (dazu cc).

26

aa) Gegenstand der rechtlichen Überprüfung ist nicht der Landesvertrag, dessen Geltungsbereich sich gegebenenfalls nicht über den Bezirk des Berufungsgerichts iS des § 162 SGG hinaus erstreckt und der dann grundsätzlich nicht revisibel ist(vgl zu einer Regelung gemäß § 112 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 14; zu den Anforderungen allgemein BSGE 105, 1 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5, RdNr 19), sondern der Schiedsspruch vom 21.9.2005. Zwar bindet der Schiedsspruch als Verwaltungsakt nicht nur seine Adressaten. Vielmehr setzt er zugleich den Inhalt des Landesvertrags nach § 112 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V fest, der als Normenvertrag(hierzu BSGE 105, 1 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5, RdNr 28) wiederum für die KKn und die zugelassenen Krankenhäuser im Land unmittelbar verbindlich ist (§ 112 Abs 1 S 2 SGB V; vgl Becker in Becker/Kingreen, SGB V, 3. Aufl 2012, § 112 RdNr 14). Der Einwand der fehlenden Revisibilität des Landesrechts kann indessen allein in Rechtsstreitigkeiten erhoben werden, die auf der Grundlage der (festgesetzten) landesrechtlichen Normen geführt werden, etwa im Erstattungsstreit zwischen einer KK und einem Krankenhausträger, nicht hingegen im Verhältnis zu den Vertragsparteien, deren Rechtsetzung durch den Schiedsspruch ersetzt wird. Für die Festsetzung gilt hinsichtlich der Zweiteilung des Rechtsschutzes - trotz des abweichenden Wesensgehalts - insoweit nichts anderes als bei der Ersatzvornahme, mit der die Rechtsetzung einer Aufsichtsbehörde an die Stelle der Rechtsetzung originär berufener Normgeber tritt (vgl BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 40 f - Lorenzos Öl).

27

Der Schiedsspruch unterliegt in dem Umfang der Kontrolle der Gerichte wie der Vertrag, den er ersetzt. Die Festsetzung des Vertragsinhalts durch den Schiedsspruch ist eine Form der Schlichtung, nicht der Rechtsfindung; der Schiedsspruch hat die Rechtswirkung einer vertraglichen Vereinbarung iS des § 112 Abs 3 SGB V. Was die Beteiligten in freier Vereinbarung hätten regeln können, wird im streitschlichtenden Schiedsverfahren durch den Schiedsspruch ersetzt. Daraus folgt, dass die Landesschiedsstelle bei der Festsetzung des Vertragsinhalts nach § 112 Abs 2 Nr 1 SGB V die gleiche Gestaltungsfreiheit hat, wie sie für die Vertragsparteien bei der gütlichen Vereinbarung besteht. Soweit nicht zwingendes höherrangiges Recht Schranken errichtet, besteht für die Beteiligten, die sich über den Landesvertrag gütlich einigen, Vertragsfreiheit und für die Landesschiedsstelle ein dementsprechendes Gestaltungsermessen. Die gerichtliche Kontrolle der Festsetzung von Vergütungsvereinbarungen durch die Landesschiedsstelle ist dementsprechend beschränkt. In formeller Hinsicht ist zu prüfen, ob die Landesschiedsstelle den von ihr zugrunde gelegten Sachverhalt in einem fairen Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs ermittelt hat und ihr Schiedsspruch die Gründe für das Entscheidungsergebnis ausreichend erkennen lässt. Die inhaltliche Kontrolle ist darauf beschränkt, ob der von der Landesschiedsstelle zugrunde gelegte Sachverhalt zutrifft und ob die Landesschiedsstelle den ihr zustehenden Gestaltungsspielraum eingehalten, dh insbesondere die maßgeblichen Rechtsmaßstäbe beachtet hat. Das Wesen des Schiedsspruchs der Landesschiedsstelle entspricht insoweit dem der Schiedssprüche der Schiedsämter und sonstigen Schiedsstellen im SGB V und SGB XI (vgl BSGE 20, 73, 75 = SozR Nr 1 zu § 368h RVO = Juris RdNr 48 ; BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 20 = Juris RdNr 25; BSGE 87, 199, 200 f = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 3 f = Juris RdNr 22; BSG SozR 4-3300 § 89 Nr 1 RdNr 19; BSGE 105, 126 = SozR 4-3300 § 89 Nr 2, RdNr 69; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 56 RdNr 13; BSG Urteil vom 21.3.2012 - B 6 KA 21/11 R - RdNr 23 mwN, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 87a Nr 1 vorgesehen).

28

bb) Die Beklagte hat den Schiedsspruch vom 21.9.2005 im Rahmen ihrer Zuständigkeit unter Einhaltung der für sie verbindlichen Verfahrensvorschriften formal fehlerfrei erlassen. Die Landesschiedsstelle entscheidet in den ihr nach dem SGB V zugewiesenen Aufgaben (§ 114 Abs 1 S 2 SGB V). § 112 Abs 3 SGB V bestimmt insoweit, dass die Landesschiedsstelle auf Antrag einer Vertragspartei den Inhalt festsetzt, wenn ein Vertrag nach Absatz 1 bis zum 31.12.1989 ganz oder teilweise nicht zustande kommt. Schon nach dem Wortlaut erschöpft sich die Vorschrift zeitlich nicht in einer Übergangsbestimmung, sondern regelt unabhängig vom Zeitpunkt der Aufnahme der Vertragsverhandlungen die Zuständigkeit der Landesschiedsstelle zur Festsetzung des Inhalts aller Verträge, für die nach dem 31.12.1989 eine Einigung nicht zustande kommt. Nur auf diese Weise kann, nicht zuletzt wegen der den Vertragspartnern nach § 112 Abs 4 SGB V eingeräumten Möglichkeit zur Kündigung geschlossener Verträge, die vom Gesetzgeber angestrebte Einheitlichkeit der Versorgung mit Krankenhausleistungen iS von § 39 SGB V auf Landesebene(s oben II 2 a aa) gewährleistet werden (vgl BSG SozR 4-2500 § 112 Nr 3 RdNr 7; auch Wahl in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 112 RdNr 88; zu Streitpunkten bei Altverträgen vgl Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, Stand November 2012, § 112 RdNr 39 mwN).

29

War danach eine Einigung über den hier allein streitbefangenen Landesvertrag nach § 112 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V in Teilen nicht zu erzielen, konnte sein Inhalt auf Antrag einer Vertragspartei durch die Landesschiedsstelle festgesetzt werden. Der Festsetzung steht nicht entgegen, dass die Kläger und die Beigeladenen voneinander abweichende Vorschläge unterbreitet haben. Das Gesetz beschränkt das Antragsrecht nicht auf alle Vertragspartner, die nach § 112 Abs 1 S 1 SGB V den Vertrag "gemeinsam" schließen; ein ausschließliches Antragsrecht der "Krankenkassenbank" anstelle der einzelnen KKn-Verbände gibt es nicht. Das Gesetz sieht bei der hier bestehenden Verpflichtung zu "gemeinsamen" Vorgehen kein Konfliktmanagement für den Fall vor, dass die Einigung über die Antragstellung scheitert ( Wahl in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 112 RdNr 85). Anders als bei Entscheidungen, zu denen die Verbände "gemeinsam und einheitlich" verpflichtet sind, ist kein Verfahren zur Beschlussfassung nach Mehrheit oder ein anderweitiges Verfahren der Konfliktlösung auf dieser Handlungsstufe bestimmt (vgl § 213 Abs 2 S 1 SGB V idF des GRG; jetzt § 211a S 1 SGB V, s oben II 2 a aa). Auch auf der Ebene des Kreises der Antragsberechtigten wird die beabsichtigte Einheitlichkeit der Versorgung auf Landesebene durch die nachfolgenden Handlungsstufen wirksam gewährleistet, wenn der Antrag von jedem einzelnen Landesverband gestellt werden kann.

30

Die Beklagte hat den Schiedsspruch in formell nicht zu beanstandender Weise erlassen. Das nähere Verfahren bestimmt sich nach § 114 Abs 5 SGB V iVm der Verordnung der Landesregierung über die Schiedsstelle nach § 114 Abs 5 SGB V (SchiedVO) vom 20.7.2004 (GBl BW 587). Danach ist der Antrag auf Einleitung des Schiedsverfahrens bei der Geschäftsstelle der Schiedsstelle (§ 2 SchiedVO) schriftlich einzureichen (§ 7 Abs 1 S 1 SchiedVO). Der Sachverhalt ist zu erläutern, ein zusammenfassendes Ergebnis der vorangegangenen Verhandlungen ist darzulegen und es sind die Teile zu benennen, über die eine Einigung nicht zustande gekommen ist. Im Falle des § 112 Abs 2 SGB V ist der Vertragsinhalt anzugeben, der festgesetzt werden soll, und die begehrte Festsetzung ist zu begründen(§ 7 Abs 1 S 2 und 3 SchiedVO). Auch die Schiedsstelle soll sodann nochmals auf eine Einigung hinwirken (§ 8 SchiedVO). Die Schiedsstelle entscheidet aufgrund mündlicher Verhandlung, zu der die Vertragsparteien unter Einhaltung einer Frist von mindestens zwei Wochen zu laden sind (§ 7 Abs 2 S 1 und 2 SchiedVO). Die Verhandlung ist nicht öffentlich (§ 7 Abs 3 S 1 SchiedVO). Die Schiedsstelle ist beschlussfähig, wenn außer dem Vorsitzenden mindestens sechs seiner fünfzehn Mitglieder anwesend sind. Die Entscheidung wird mit der Mehrheit der erschienenen Mitglieder getroffen (§§ 1, 9 Abs 1 S 1, Abs 3 S 1 SchiedVO). Die Entscheidung ist schriftlich zu begründen und zuzustellen (§ 7 Abs 9 SchiedVO). Die Niederschrift vom 21.9.2005 und ergänzend die Akten, auf die das LSG Bezug genommen hat, weisen aus, dass den verfahrensrechtlichen Bedingungen für die Einleitung und Durchführung des Verfahrens sowie für die Entscheidung und ihre Begründung Genüge getan worden ist. Einer Beteiligung der Seekasse bis zu ihrer Auflösung (mWv 28.12.2007 durch Gesetz vom 19.12.2007, BGBl I 3024 iVm Bek vom 28.12.2007, BGBl I 3305) bedurfte es im Übrigen nicht, weil diese zu keiner Zeit die Rechte eines Landesverbandes innehatte (zu § 109 SGB V BSGE 78, 233 = SozR 3-2500 § 109 Nr 1).

31

cc) Der Schiedsspruch zu § 19 Abs 2 S 2 und 3 LV ist materiell rechtswidrig. Der Schiedsspruch ist anhand der für die Krankenhausbehandlung in der GKV maßgeblichen Rechtsmaßstäbe zu überprüfen (dazu <1>). Danach hat die Beklagte die Regelung zu § 19 Abs 2 S 2 und 3 LV unter Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebots festgesetzt(dazu <2>). Die Festsetzung zu § 19 Abs 2 S 3 LV widerspricht zudem dem Beschleunigungsgebot des § 275 Abs 1c SGB V(dazu <3>).

32

(1) Der Schiedsspruch der Landesschiedsstelle nach § 114 SGB V unterliegt uneingeschränkt der Kontrolle seiner Vereinbarkeit mit den für die Krankenhausbehandlung in der GKV geltenden unabdingbaren Rechtsmaßstäben. Dies folgt daraus, dass mit ihm eine vertragliche Regelung ersetzt wird, mit der sichergestellt werden soll, dass Art und Umfang der Krankenhausbehandlung den Anforderungen des SGB V entsprechen (§ 112 Abs 1 SGB V; vgl BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 31). Nur innerhalb dieser gesetzlichen Rahmenbedingungen können die Verträge auf Landesebene - wie hier der Landesvertrag - deshalb die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung einschließlich der Aufnahme und Entlassung der Versicherten, Kostenübernahme, Abrechnung der Entgelte, Berichte und Bescheinigungen regeln (§ 112 Abs 2 S 1 Nr 1 Buchst a und b SGB V). Nur soweit die Vertragskompetenz reicht, besteht deshalb auch Gestaltungsspielraum der Landesschiedsstelle (zur Möglichkeit der Verletzung durch untergesetzliche Normen vgl BSGE 105, 1 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5, RdNr 26 mwN).

33

Das Regelungssystem des SGB V begründet Ansprüche auf eine erforderliche Krankenhausbehandlung (§ 27 Abs 1, § 39 Abs 1 S 2 SGB V)unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots nach objektiven Kriterien (vgl BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 30 f; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 19 ff mwN). Dies bedeutet, dass die Krankenhausbehandlung ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein muss und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten darf. Nur unter diesen Voraussetzungen schuldet die KK dem Versicherten eine Krankenhausbehandlung und dem Leistungserbringer korrespondierend die vereinbarte Vergütung (§ 2 Abs 1 S 1, § 12 Abs 1 S 1, § 70 Abs 1 SGB V). Ein Anspruch auf Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung setzt dementsprechend ua voraus, dass die Behandlung unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsgebots erforderlich war und die Voraussetzungen der gesetzlichen und vertraglich vorgesehenen Vergütungsregelungen erfüllt sind (vgl § 109 Abs 4 S 3 iVm § 39 Abs 1 S 2 SGB V). Über die Erforderlichkeit der Behandlung entscheidet allein die KK und im Streitfall das Gericht, ohne dass beide an die Einschätzung des Krankenhauses oder seiner Ärzte gebunden sind (BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 20, 26 unter Bezugnahme auf BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 27 f). Die Voraussetzungen des Vergütungsanspruchs haben die KKn ggf erst durch eine Prüfung festzustellen. Auch die Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser hat hieran nichts geändert (BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 23). Neben der Möglichkeit der verdachtsunabhängigen Stichprobenprüfung nach § 17c Krankenhausfinanzierungsgesetz steht den KKn die anlassbezogene Einzelfallprüfung nach § 275 Abs 1 SGB V zu(s unten <2>). In beiden Fällen ist der MDK zur Prüfung der medizinischen Voraussetzungen einzuschalten (BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 4 RdNr 16).

34

Das Vorgehen der KKn nach § 275 Abs 1 SGB V hat dabei seinen Ursprung darin, dass es zu den elementaren Aufgaben einer KK gehört, auf die Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots Acht zu geben. Der Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung, die Pflicht der KK zu ihrer Bewilligung sowie die Pflicht des Krankenhausträgers zu ihrer Bewirkung hängen von der Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots ab. Das Wirtschaftlichkeitsgebot verknüpft die Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung, ihre Vergütung und die Kontrolle des Vorliegens ihrer Voraussetzungen durch KKn und MDK untrennbar miteinander (BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 19). Verpflichtungen zu rechtsgrundlosen Zahlungen der KK an Leistungserbringer sind danach mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot grundsätzlich nicht zu vereinbaren.

35

(2) Vertragspartner und an ihrer Stelle die Landesschiedsstelle sind hiernach zwar berechtigt, Modalitäten zur Abrechnung von Vertragsleistungen, zB Abrechnungsfristen und die Folgen bei Nichteinhaltung, durch Vereinbarung oder an ihrer Stelle durch Schiedsspruch zu regeln, welche die hieran gebundenen KKn und Krankenhäuser gleichermaßen anhalten, ihren Verpflichtungen nachzukommen (vgl Wahl in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 112 RdNr 41 ff). Dazu gehören Zahlungsfristen (§ 19 Abs 1 LV), Verrechnungsmodalitäten (§ 19 Abs 2 S 1 LV) sowie Verzugszinsen bei Überschreitung des Zahlungsziels (§ 19 Abs 3 S 1 LV). Die Regelungen des § 17 Abs 1 S 1 Bundespflegesatzverordnung(idF bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Einführung eines pauschalierenden Entgeltsystems für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen vom 21.7.2012, BGBl I 1613, mWv 1.1.2013) und § 11 Abs 1 S 3 Krankenhausentgeltgesetz, auf die § 19 Abs 4 LV ausdrücklich Bezug nimmt, erwähnen insoweit im Interesse einer zeitnahen Zahlung auch noch die Möglichkeit von Teilzahlungen(zu Vorbehaltszahlungen vgl BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 30; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 47). Zu Lasten der Versichertengemeinschaft wirkende materiell-rechtliche Ausschlussfristen sind indessen hiervon grundsätzlich nicht erfasst. Materiell-rechtliche Ausschlussfristen führen zum Erlöschen des davon erfassten Anspruchs durch Zeitablauf (vgl Ellenberger in Palandt, BGB, 71. Aufl 2012, Überbl v § 194 RdNr 13). Materiell-rechtliche Ausschlussfristen zu Lasten der Versichertengemeinschaft haben zur Folge, dass KKn verpflichtet werden, im Widerspruch zum Wirtschaftlichkeitsgebot Vergütungen auch für nicht erforderliche Krankenhausbehandlungen zu zahlen, und zudem gehindert sind, eigene Erstattungsansprüche im Falle von ungerechtfertigten Überzahlungen geltend zu machen. Um eine solche materiell-rechtliche Ausschlussfrist handelt es sich, wenn Einwendungen gegen die Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung sowie gegen die Art der Abrechnung nur innerhalb von sechs Monaten nach Rechnungszugang geltend gemacht werden können (§ 19 Abs 2 S 2 LV).

36

Allerdings geht der 6. Senat im Vertragsarztrecht davon aus, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen im Rahmen der Honorarverteilungsmaßstäbe (vgl § 85 Abs 4 S 2 SGB V aF) befugt sind, Regelungen über die Modalitäten der Abrechnung durch die Vertragsärzte zu treffen und in diesem Zusammenhang auch im Hinblick auf das Grundrecht aus Art 12 Abs 1 GG Abrechnungsfristen vorgeben und diese als Ausschlussfristen ausgestalten dürfen (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 19 RdNr 13 ff). In Übereinstimmung hiermit erkennt auch der 3. Senat an, dass Landesverträge über die Einzelheiten der Versorgung mit Hilfsmitteln (vgl § 127 SGB V) Fristen für die Erhebung von Forderungen der Hilfsmittelerbringer aus Vertragsleistungen in Gestalt materiell-rechtlicher Ausschlussfristen setzen dürfen (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 14 RdNr 12 ff). Der erkennende 1. Senat bejaht ebenfalls die Zulässigkeit von vertraglichen Ausschlussfristen in Arznei-Lieferverträgen nach § 129 SGB V(vgl BSG SozR 4-2500 § 130 Nr 2 RdNr 31).

37

Diese Rechtsprechung ist indessen auf Zahlungsverpflichtungen und Regressforderungen der KKn nicht übertragbar, die der Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots dienen. Für die am Wirtschaftlichkeitsgebot ausgerichtete Wirtschaftlichkeitsprüfung im Vertragsarztrecht (§ 106 SGB V) nimmt dementsprechend auch der 6. Senat an, dass Prüfantragsfristen, die der Verfahrensbeschleunigung und dem Interesse an effektiver Verfahrensdurchführung dienen, im Falle ihrer Versäumung keineswegs dazu führen, dass Prüf- und Regressverfahren überhaupt nicht durchgeführt werden können. Die Annahme eines Verfahrenshindernisses liefe hier der Zielrichtung der Regelungen und im Übrigen auch dem hohen Rang des Wirtschaftlichkeitsgebots mit dem daraus folgenden Ziel möglichst effektiver Verhinderung unwirtschaftlicher Behandlungs- oder Verordnungsweise zuwider. Dem Interesse des Vertragsarztes, nicht damit rechnen zu müssen, dass noch nach Jahr und Tag ein Prüf- und Regressverfahren gegen ihn eingeleitet wird, dient stattdessen eine andere Frist, nämlich die generell für vertragsärztliche Prüf- und Regressverfahren anstelle einer Verjährungsfrist bestehende Ausschlussfrist von vier Jahren, die den sonst im Sozialrecht geltenden vierjährigen Fristen (vgl zB § 45 Abs 1 SGB I) angeglichen ist (näher dazu BSG Urteil vom 13.11.2012 - B 1 KR 24/11 R - RdNr 35, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Würde bereits aus der Versäumung der Prüfantragsfristen ein Verfahrenshindernis abgeleitet, würde ihr die Funktion beigemessen, die allein der Vier-Jahres-Frist zukommt (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 26 RdNr 19 ff; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 25 ff). Diese Überlegungen treffen in vergleichbarer Weise auf die Ausschlussfrist des § 19 Abs 2 S 2 LV zu, die von den Vertragspartnern bzw von der Schiedsstelle allein zur Umsetzung des Gebots einer zeitnahen Erledigung gedacht ist(Beschlussbegründung S 9). Auch im Bereich der Krankenhausbehandlung besteht keine weitergehende Befugnis der Vertragspartner und an ihrer Stelle der Landesschiedsstelle, Einwendungen der KK gegenüber Vergütungsansprüchen der Krankenhäuser über die allgemeinen gesetzlichen Rahmenvorgaben zeitlich einzuschränken.

38

Die gesetzliche Konzeption zur Überprüfung der Leistungsvoraussetzungen bei Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) durch die KKn in § 275 SGB V lässt keinen Raum für weitergehende vertraglich vereinbarte oder durch die Schiedsstelle festgesetzte materiell-rechtlich wirkende Ausschlussfristen zu Lasten der Versichertengemeinschaft in Abkehr vom Wirtschaftlichkeitsgebot. Die KKn sind danach in den gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, verpflichtet, bei Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung, eine gutachtliche Stellungnahme des MDK einzuholen (§ 275 Abs 1 Nr 1 SGB V idF des Fallpauschalengesetzes vom 23.4.2002, BGBl I 1412). Die dem Wirtschaftlichkeitsgebot verpflichtete Prüfpflicht der KKn (hierzu BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 19) präzisiert § 275 Abs 1c SGB V bei Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V dahingehend, dass eine Prüfung nach Absatz 1 Nr 1 zeitnah durchzuführen ist(S 1). Die Prüfung nach Satz 1 ist spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der KK einzuleiten und durch den MDK anzuzeigen (S 2). Falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrags führt, hat die KK dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale in Höhe von 100 Euro (§ 275 Abs 1c SGB V idF des GKV-WSG mWv 1.4.2007) zu entrichten, jetzt 300 Euro (§ 275 Abs 1c S 3 SGB V idF des Krankenhausfinanzierungsreformgesetzes vom 17.3.2009, BGBl I 534, mWv 25.3.2009).

39

Die bereichsspezifische Ausgestaltung des Prüfverfahrens bei Krankenhausbehandlung dient der Verfahrensbeschleunigung. Der Gesetzgeber sah im Krankenhausbereich Handlungsbedarf, weil nach seiner Wahrnehmung von einzelnen KKn die Prüfungsmöglichkeit in unverhältnismäßiger und nicht sachgerechter Weise zur Einzelfallsteuerung genutzt werde und dies in der Regel zu hohen und nicht gerechtfertigten Außenständen und Liquiditätsproblemen führe … sowie … auch zu Unsicherheiten bei Erlösausgleichen und Jahresabschlüssen (BT-Drucks 16/3100 S 171). § 275 Abs 1c S 1 SGB V normiert den allgemeinen Beschleunigungsgrundsatz. Allein § 275 Abs 1c S 2 SGB V konkretisiert ihn durch die Einführung einer Frist(vgl zB BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 4 RdNr 10 ff; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 24 RdNr 12 ff, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Durch Satz 2 wird nach Eingang des Rechnungsdatensatzes bei der KK eine Ausschlussfrist von sechs Wochen eingeführt, innerhalb derer die KK die Prüfung einzuleiten und der MDK dem Krankenhaus die Prüfung anzuzeigen hat. Prüfungen, die nach Ablauf dieses Zeitraums dem Krankenhaus angezeigt werden, sind nicht zulässig (BT-Drucks 16/3100 S 171). In der Rechtsprechung der in Angelegenheiten der GKV zuständigen Senate des BSG ist geklärt, dass diese durch den Gesetzgeber ausdrücklich als Ausschlussfrist bezeichnete Frist nur Bedeutung erlangt, wenn dem MDK über eine Anzeige nach § 301 SGB V und die Vorlage eines Kurzberichtes hinausgehend weitere Angaben zu erteilen und Unterlagen vorzulegen sind(vgl zu den verschiedenen Ebenen der Auskunfts- und Prüfpflichten auch BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 24 RdNr 18 ff, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Der ungenutzte Ablauf der Frist führt deshalb lediglich dazu, dass KK und MDK bei einzelfallbezogenen Abrechnungsprüfungen nach Ablauf der Ausschlussfrist des § 275 Abs 1c S 2 SGB V auf die Daten beschränkt sind, die das Krankenhaus der KK im Rahmen seiner Informationsobliegenheiten bei der Krankenhausaufnahme und zur Abrechnung - deren vollständige Erfüllung vorausgesetzt - jeweils zur Verfügung gestellt hat. Die Regelung des § 275 Abs 1c S 2 SGB V hindert hingegen nicht, die Abrechnung des Krankenhauses auf dieser Grundlage überhaupt sachlich und rechnerisch zu prüfen; insoweit bewirkt § 275 Abs 1c S 2 SGB V schon vom rechtlichen Ansatz her keinen Einwendungsausschluss(BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 24 RdNr 17, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; BSG Urteil vom 13.11.2012 - B 1 KR 24/11 R RdNr 45, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Gibt es aber selbst für die Zeit der bereichsspezifischen Ausgestaltung des Beschleunigungsgebots ab dem 1.4.2007 im Geltungsbereich des § 275 Abs 1c S 2 SGB V keine Hinweise auf eine normativ für möglich gehaltene Einschränkung des Wirtschaftlichkeitsgebots durch materiell-rechtlich wirkende Ausschlussfristen, gilt dies erst recht für die Zeit vor dem 1.4.2007. Eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist zu Lasten der KKn jenseits der sechswöchigen Ausschlussfrist des § 275 Abs 1c S 2 SGB V steht nicht zur Disposition der Vertragspartner oder ersatzweise der Landesschiedsstelle(offen gelassen in BSGE 98, 142 = SozR 4-2500 § 276 Nr 1, RdNr 21; BSG Urteil von 13.11.2012 - B 1 KR 14/12 R - RdNr 28 ff, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

40

Einwendungsausschlüsse zu Lasten der KKn durch Zeitablauf kommen allein nach den hier nicht einschlägigen allgemeinen Vorschriften über die Verjährung in Betracht (zur Verwirkung vgl BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 24/11 R - RdNr 37, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

41

(3) Aus den aufgezeigten Grundsätzen ergibt sich, dass auch die Regelung des MDK-Prüferfordernisses (§ 19 Abs 2 S 3 LV)bereits dem Wirtschaftlichkeitsgebot widerspricht. Sie beachtet nicht, dass Prüfverfahren zur Achtung des Wirtschaftlichkeitsgebots auf der ersten und zweiten Stufe (vgl oben) nach der gesetzlichen Konzeption des SGB V in Betracht kommen, die in Verträgen nach § 112 SGB V nicht ausgeschlossen werden dürfen.

42

Es kommt hinzu, dass die Regelung der Frist von 30 Tagen für die Einleitung von MDK-Überprüfungsverfahren als weitere Voraussetzung für Einwendungen der KKn gegen die Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung ab 1.4.2007 auch nicht in Einklang mit § 275 Abs 1c S 2 SGB V steht. Danach ist die Prüfung nach Satz 1 "spätestens sechs Wochen" nach Eingang der Abrechnung bei der KK einzuleiten und durch den MDK anzuzeigen. Die Norm dient zwar der Zielsetzung, eine unverhältnismäßige Anzahl von Einzelfallprüfungen zum Schutz der Krankenhäuser einzudämmen (BT-Drucks 16/3100 S 171). Der Gesetzgeber sah aber lediglich bei missbräuchlichem Vorgehen von KKn bzw bei nahezu routinemäßig erfolgender Prüfungseinleitung im Grenzbereich hin zum Rechtsmissbrauch die Zahlung einer Aufwandspauschale als gerechtfertigt an (vgl BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 24).

43

§ 275 Abs 1c S 2 SGB V schließt - in Harmonie mit dem Gesamtsystem - als abschließende normative Ausgestaltung der Ausschlussfrist von sechs Wochen Dispositionsmöglichkeiten auf Vertragsebene oder durch Schiedsspruch aus. Mehr Beschleunigung als durch die vorgegebene Sechs-Wochen-Frist hat der Gesetzgeber in Abwägung mit dem elementaren Wirtschaftlichkeitsgebot nicht für geboten und zulässig erachtet. Der Auffassung in der Literatur ist nicht zu folgen, wonach eine landesvertraglich vereinbarte oder festgesetzte kürzere Frist dem Schutzzweck umso mehr Rechnung trägt (so aber Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V, Stand November 2012, § 275 RdNr 40). Eine solche Betrachtungsweise ließe die Einbettung des Prüfverfahrens in den Kontext des Wirtschaftlichkeitsgebots außer Betracht. Nur ausnahmsweise räumt der Gesetzgeber der Beschleunigung des Verfahrens durch das allgemeine Gebot der zeitnahen Prüfung (S 1) und die konkrete Sechs-Wochen-Frist zur Einleitung des Prüfverfahrens (S 2) Vorrang vor dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit ein.

44

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Halbs 3 SGG iVm § 154 Abs 2 und 3, § 155 Abs 1 S 3, § 159 S 1 VwGO iVm § 100 Abs 1 ZPO. Für eine abweichende Beteiligung der Revisionskläger iS von § 100 Abs 2 ZPO besteht mangels erheblicher Verschiedenheit keine Veranlassung. Die Entscheidung über den Streitwert beruht nach Ermessen des Gerichts auf dem der Bedeutung für die Rechtsmittelführer entsprechenden Höchststreitwert (§ 197a Abs 1 S 1 Halbs 1 SGG iVm § 47 Abs 1 S 1, § 52 Abs 1 und 4 GKG; zur umfassenden Befugnis der Korrektur der Nebenentscheidungen der Vorinstanzen vgl BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 38 mwN; BSGE 62, 131, 136 = SozR 4100 § 141b Nr 40; Hauck in Zeihe, SGG, Stand 1.11.2010, § 154 VwGO nach § 197a SGG, Anm 7 mwN).

(1) Die Krankenhausbehandlung wird vollstationär, stationsäquivalent, tagesstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht; sie umfasst auch Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der Gemeinsame Bundesausschuss bisher keine Entscheidung nach § 137c Absatz 1 getroffen hat und die das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre, stationsäquivalente oder tagesstationäre Behandlung durch ein nach § 108 zugelassenes Krankenhaus, wenn die Aufnahme oder die Behandlung im häuslichen Umfeld nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Krankenhausbehandlung umfaßt im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs. 1), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akutstationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation. Die stationsäquivalente Behandlung umfasst eine psychiatrische Behandlung im häuslichen Umfeld durch mobile ärztlich geleitete multiprofessionelle Behandlungsteams; die tagesstationäre Behandlung umfasst einen täglich mindestens sechsstündigen Aufenthalt der Patientinnen und Patienten im Krankenhaus, währenddessen überwiegend ärztliche oder pflegerische Behandlung erbracht wird, ohne Übernachtung im Krankenhaus. Die stationsäquivalente Behandlung und die tagesstationäre Behandlung entsprechen hinsichtlich der Inhalte sowie der Flexibilität und Komplexität der Behandlung einer vollstationären Behandlung. Zur Krankenhausbehandlung gehört auch eine qualifizierte ärztliche Einschätzung des Beatmungsstatus im Laufe der Behandlung und vor der Verlegung oder Entlassung von Beatmungspatienten.

(1a) Die Krankenhausbehandlung umfasst ein Entlassmanagement zur Unterstützung einer sektorenübergreifenden Versorgung der Versicherten beim Übergang in die Versorgung nach Krankenhausbehandlung. § 11 Absatz 4 Satz 4 gilt. Das Krankenhaus kann mit Leistungserbringern nach § 95 Absatz 1 Satz 1 vereinbaren, dass diese Aufgaben des Entlassmanagements wahrnehmen. § 11 des Apothekengesetzes bleibt unberührt. Der Versicherte hat gegenüber der Krankenkasse einen Anspruch auf Unterstützung des Entlassmanagements nach Satz 1; soweit Hilfen durch die Pflegeversicherung in Betracht kommen, kooperieren Kranken- und Pflegekassen miteinander. Das Entlassmanagement umfasst alle Leistungen, die für die Versorgung nach Krankenhausbehandlung erforderlich sind, insbesondere die Leistungen nach den §§ 37b, 38, 39c sowie alle dafür erforderlichen Leistungen nach dem Elften Buch. Das Entlassmanagement umfasst auch die Verordnung einer erforderlichen Anschlussversorgung durch Krankenhausbehandlung in einem anderen Krankenhaus. Soweit dies für die Versorgung des Versicherten unmittelbar nach der Entlassung erforderlich ist, können die Krankenhäuser Leistungen nach § 33a und die in § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 und 12 genannten Leistungen verordnen und die Arbeitsunfähigkeit feststellen; hierfür gelten die Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung mit der Maßgabe, dass bis zur Verwendung der Arztnummer nach § 293 Absatz 7 Satz 3 Nummer 1 eine im Rahmenvertrag nach Satz 9 erster Halbsatz zu vereinbarende alternative Kennzeichnung zu verwenden ist. Bei der Verordnung von Arzneimitteln können Krankenhäuser eine Packung mit dem kleinsten Packungsgrößenkennzeichen gemäß der Packungsgrößenverordnung verordnen; im Übrigen können die in § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 genannten Leistungen für die Versorgung in einem Zeitraum von bis zu sieben Tagen verordnet und die Arbeitsunfähigkeit festgestellt werden (§ 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7). Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6, 7 und 12 die weitere Ausgestaltung des Verordnungsrechts nach Satz 7. Die weiteren Einzelheiten zu den Sätzen 1 bis 8, insbesondere zur Zusammenarbeit der Leistungserbringer mit den Krankenkassen, regeln der Spitzenverband Bund der Krankenkassen auch als Spitzenverband Bund der Pflegekassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses in einem Rahmenvertrag. Wird der Rahmenvertrag ganz oder teilweise beendet und kommt bis zum Ablauf des Vertrages kein neuer Rahmenvertrag zustande, entscheidet das sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene gemäß § 89a. Vor Abschluss des Rahmenvertrages ist der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisation der Apotheker sowie den Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Entlassmanagement und eine dazu erforderliche Verarbeitung personenbezogener Daten dürfen nur mit Einwilligung und nach vorheriger Information des Versicherten erfolgen. Die Information sowie die Einwilligung müssen schriftlich oder elektronisch erfolgen.

(2) Wählen Versicherte ohne zwingenden Grund ein anderes als ein in der ärztlichen Einweisung genanntes Krankenhaus, können ihnen die Mehrkosten ganz oder teilweise auferlegt werden.

(3) Die Landesverbände der Krankenkassen, die Ersatzkassen und die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See gemeinsam erstellen unter Mitwirkung der Landeskrankenhausgesellschaft und der Kassenärztlichen Vereinigung ein Verzeichnis der Leistungen und Entgelte für die Krankenhausbehandlung in den zugelassenen Krankenhäusern im Land oder in einer Region und passen es der Entwicklung an (Verzeichnis stationärer Leistungen und Entgelte). Dabei sind die Entgelte so zusammenzustellen, daß sie miteinander verglichen werden können. Die Krankenkassen haben darauf hinzuwirken, daß Vertragsärzte und Versicherte das Verzeichnis bei der Verordnung und Inanspruchnahme von Krankenhausbehandlung beachten.

(4) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, zahlen vom Beginn der vollstationären Krankenhausbehandlung an innerhalb eines Kalenderjahres für längstens 28 Tage den sich nach § 61 Satz 2 ergebenden Betrag je Kalendertag an das Krankenhaus. Die innerhalb des Kalenderjahres bereits an einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung geleistete Zahlung nach § 32 Abs. 1 Satz 2 des Sechsten Buches sowie die nach § 40 Abs. 6 Satz 1 geleistete Zahlung sind auf die Zahlung nach Satz 1 anzurechnen.

(5) (weggefallen)

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 30. Juli 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 2652,14 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung.

2

Das für die Behandlung Versicherter zugelassene Krankenhaus der klagenden Krankenhausträgerin in S behandelte die 1917 geborene, bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Rosa P. (im Folgenden: Versicherte) vollstationär vom 15.9. bis 4.10.2007 ua wegen Oberschenkelbruchs (Hauptdiagnose ICD-10: S72.10 Femurfraktur trochantär, nicht näher bezeichnet; weitere vielfältige Nebendiagnosen). Die Versicherte wurde zwecks Frührehabilitation in das für die Behandlung Versicherter zugelassene Krankenhaus der Klägerin in G
 verlegt und bis 20.10.2007 weiterbehandelt. Die Klägerin berechnete hierfür die Fallpauschale (DRG) I34Z - (Geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung mit bestimmter OR-Prozedur bei Krankheiten und Störungen an Muskel-Skelett-System und Bindegewebe; kodiert ua: Operationen- und Prozeduren-Schlüssel 8-550.1, geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung mindestens 14 Behandlungstage und 20 Therapieeinheiten; insgesamt 10 537,37 Euro; 25.10.2007). Sie übermittelte der Beklagten keine Angaben über die durchgeführten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Die Beklagte weigerte sich, zu zahlen: Die Klägerin dürfe nach einem Prüfbericht des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlungen nur abrechnen, falls bei Abwesenheit von Dipl. med. G, die allein die Zusatzbezeichnung "Klinische Geriatrie" führe, adäquater Ersatz zur Verfügung stehe (4.9.2007). Sie habe die Klägerin informiert (9.10.2007), Rechnungen mit OPS 8-550.* nur zu akzeptieren, wenn sie die strukturellen Voraussetzungen für die Abrechnung nachweise. Daran fehle es. Nach Klageerhebung hat die Beklagte der Klägerin die ohne frührehabilitative Komplexbehandlung anfallende Vergütung von 7781,57 Euro bezahlt (23.10.2008). Das SG hat die Klage auf Zahlung weiterer 2652,14 Euro nebst 5 vH Zinsen auf 10 537,37 Euro vom 22.12.2007 bis 23.10.2008 und auf 2652,14 Euro ab 24.10.2008 abgewiesen: Die Klägerin habe keine Behandlungsleitung durch einen Facharzt mit der Zusatzbezeichnung "Klinische Geriatrie" oder einen Facharzt mit mehrjähriger Erfahrung im Bereich "Klinische Geriatrie" während der gesamten Behandlungszeit sichergestellt. Die allein hierfür qualifizierte Dipl. med. G sei vom 4. bis 12.10.2007 abwesend gewesen und habe auch am 15.10.2007 nicht an der Teamkonferenz teilgenommen. Die Klägerin habe sich schon mangels Angaben zu den durchgeführten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nicht auf Verfristung der Prüfanzeige berufen können (Urteil vom 30.7.2013).

3

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 275 Abs 1c und des § 301 Abs 1 S 1 SGB V. Sie habe alle erforderlichen Angaben gemacht, um die Fälligkeit der Abrechnung herbeizuführen. Das SG habe das Beweisverwertungsverbot missachtet, das aus der Beauftragung des MDK erst am 16.11.2012 folge.

4

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 30. Juli 2013 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr weitere 2652,14 Euro nebst 5 vH Zinsen auf 10 537,37 Euro vom 22.12.2007 bis 23.10.2008 und auf 2652,14 Euro ab 24.10.2008 zu zahlen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Sprungrevision der klagenden Krankenhausträgerin ist unbegründet. Das SG hat die auf Zahlung weiterer 2652,14 Euro nebst Zinsen gerichtete Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen weiteren zulässig mittels der echten Leistungsklage (stRspr, vgl zB BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12 mwN)geltend gemachten Vergütungsanspruch für die vollstationäre Krankenhausbehandlung der Versicherten (dazu 1.) und keinen weiteren Zinsanspruch (dazu 2.).

8

1. Der Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung und damit korrespondierend die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist(stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 15; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 27 RdNr 9).

9

Die Höhe der Vergütung für die Behandlung Versicherter im Jahr 2007 bemisst sich bei DRG-Krankenhäusern wie jenen der Klägerin nach § 109 Abs 4 S 3 SGB V(idF durch Art 1 Nr 3 Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 S 1 Nr 1 Krankenhausentgeltgesetz( idF durch Art 2 Nr 5 Zweites Fallpauschalenänderungsgesetz <2. FPÄndG> vom 15.12.2004, BGBl I 3429) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz( idF durch Art 18 Nr 4 GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vom 26.3.2007, BGBl I 378; vgl entsprechend BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 15 f; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 15). Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge, Fallpauschalenvereinbarungen ) konkretisiert. Die Spitzenverbände der KKn (ab 1.7.2008: Spitzenverband Bund der KKn) und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG) mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 8 2. FPÄndG) einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen in den FPV auf der Grundlage des § 9 Abs 1 S 1 Nr 3 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG). Die Klägerin durfte auf dieser Grundlage im Ansatz rechtmäßig für die Behandlung der Versicherten P. einen Rechnungsbetrag von 7781,57 Euro berechnen, nicht aber 10 537,37 Euro für die I34Z - (Geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung mit bestimmter OR-Prozedur bei Krankheiten und Störungen an Muskel-Skelett-System und Bindegewebe).

10

Zu Recht streiten die Beteiligten nicht darüber, dass die Klägerin im hier betroffenen Zeitraum 2007 entsprechend der Rechtsauffassung des SG die DRG I34Z nur abrechnen durfte, falls sie hier zulässig OPS 8-550.1 kodieren konnte. Daran fehlt es.

11

Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich nicht aus einem schriftlich festgelegten abstrakten Tatbestand, sondern aus der Eingabe von im Einzelnen von einem Programm vorgegebenen, abzufragenden Daten in ein automatisches Datenverarbeitungssystem und dessen Anwendung (zur rechtlichen Einordnung des Groupierungsvorgangs vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 19 ff). Nach § 1 Abs 6 S 1 FPV 2007 sind in diesem Sinne zur Einstufung des Behandlungsfalls in die jeweils abzurechnende Fallpauschale Programme (Grouper) einzusetzen. Zugelassen sind nur solche Programme, die von der InEK GmbH - Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus, einer gemeinsamen Einrichtung der in § 17b Abs 2 S 1 KHG und § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG genannten Vertragspartner auf Bundesebene, zertifiziert worden sind.

12

Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm greift dabei auch auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind (zB die Zuordnung von ICD-10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum) oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, aber auch die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) in der jeweiligen vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung (hier in der Version 2007 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Diagnosenschlüssels vom 1.11.2006, BAnz Nr 212 vom 11.11.2006, S 6919, in Kraft getreten am 1.1.2007 ) sowie die Klassifikation des vom DIMDI im Auftrag des BMG herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssels (hier in der Version 2007 einschließlich Erweiterungskatalog vom 25.10.2006 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Operationen- und Prozedurenschlüssels vom 1.11.2006, BAnz Nr 212 vom 11.11.2006, S 6920, in Kraft getreten am 1.1.2007 ). Die Verbindlichkeit der in dem jeweiligen Vertragswerk angesprochenen Klassifikationssysteme folgt allein aus dem Umstand, dass sie in die zertifizierten Grouper einbezogen sind (vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 24).

13

Die Anwendung der Deutschen Kodierrichtlinien und der FPV-Abrechnungsbestimmungen einschließlich des ICD-10-GM und des OPS ist nicht automatisiert und unterliegt als Mitsteuerung der prozesshaften Tatbestandsbildung im Zusammenspiel mit den Vorgaben zertifizierter Grouper ihrerseits grundsätzlich den allgemeinen Auslegungsmethoden der Rechtswissenschaft. Die Abrechnungsbestimmungen sind gleichwohl wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen. Eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belässt. Demgemäß sind Vergütungsregelungen stets eng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (vgl BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 17 mwN; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27; zur Auslegung von medizinischen Begriffen im OPS vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 12 ff). Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiterzuentwickelndes (§ 17b Abs 2 S 1 KHG)und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27 mwN; s zum Ganzen auch BSG SozR 4-2500 § 301 Nr 1 RdNr 12 ff mwN).

14

Voraussetzung der DRG I34Z ist nach dem klaren Wortlaut, dass eine geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung mit bestimmter OR-Prozedur bei Krankheiten und Störungen an Muskel-Skelett-System und Bindegewebe zu kodieren ist. Dies ist lediglich bei den OPS 8-550 der Fall, denn allein sie betreffen die geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung. Die einzelnen Schlüssel unterscheiden sich insbesondere hinsichtlich Behandlungsdauer und Zahl der Therapieeinheiten (OPS 8-550.0: Mindestens 7 Behandlungstage und 10 Therapieeinheiten; OPS 8-550.1: Mindestens 14 Behandlungstage und 20 Therapieeinheiten; OPS 8-550.2: Mindestens 21 Behandlungstage und 30 Therapieeinheiten). Alle OPS 8-550 setzen nach dem einleitenden Hinweis als eines der Mindestmerkmale ua eine Behandlung durch ein geriatrisches Team unter fachärztlicher Behandlungsleitung voraus (Zusatzweiterbildung oder Schwerpunktbezeichnung im Bereich "Klinische Geriatrie" erforderlich; sofern diese nicht vorliegt, ist zur Aufrechterhaltung bereits bestehender geriatrischer Versorgungsangebote übergangsweise bis zum Jahresende 2007 eine vergleichbare mehrjährige Erfahrung im Bereich "Klinische Geriatrie" ausreichend; zu den Anforderungen an eine aktivierend-therapeutische Pflege durch besonders geschultes Pflegepersonal vgl BSG Urteil vom selben Tag - B 1 KR 26/13 R - für SozR vorgesehen). Daran fehlt es nach den Feststellungen des SG. Die im Krankenhaus der Klägerin allein hierfür qualifizierte Dipl. med. G war vom 4. bis 12.10.2007 abwesend. Sie leitete auch am 15.10.2007 nicht die Teamkonferenz, sondern nahm hieran nicht teil, obwohl die zitierten Mindestmerkmale der OPS 8-550 ua eine wöchentliche Teambesprechung unter Beteiligung aller Berufsgruppen mit wochenbezogener Dokumentation bisheriger Behandlungsergebnisse und weiterer Behandlungsziele fordern.

15

Das SG durfte die von der Klägerin zur Verfügung gestellten Behandlungsunterlagen verwerten. Denn die Klägerin erfüllte ihre Obliegenheit, die für die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung erforderlichen Informationen der Beklagten zu übermitteln (§ 301 SGB V), erst mit der Überlassung der Behandlungsunterlagen an das SG.

16

Die Informationsübermittlung vom Krankenhaus an die KK korrespondiert mit der Prüfberechtigung der KK. KKn sind jederzeit berechtigt, die sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung von Krankenhausvergütung mit Blick auf bestehende Leistungsverweigerungsrechte oder nicht verjährte Erstattungsforderungen zu überprüfen (§ 301 SGB V). Denn das Krankenhaus hat hierzu zutreffend und vollständig alle Angaben zu machen, deren es zur Überprüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung bedarf (§ 301 Abs 1 SGB V; vgl zB 1. Senat des BSG in BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 13, 21; 3. Senat des BSG in BSGE 111, 58 = SozR 4-2500 § 109 Nr 24, RdNr 18 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 5 RdNr 14 mwN, stRspr). Jedenfalls dann, wenn sich dabei auch nur geringste Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Abrechnung nicht sachlich-rechnerisch richtig ist und/oder dass das Krankenhaus seine primären Informationsobliegenheiten und ggf -pflichten über die Abrechnungsgrundlagen nicht erfüllte, trifft das Krankenhaus spätestens auf Anforderung der KK die Obliegenheit, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere auch die Behandlungsunterlagen an den MDK oder das Gericht herauszugeben. Die gesetzliche Sechs-Wochen-Frist (§ 275 Abs 1c SGB V) erfasst demgegenüber nur die Prüfung aufgrund einer Auffälligkeit (vgl näher BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 29/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

17

Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten bestehen etwa in Fällen, in denen die vom Krankenhaus vorgenommene Auslegung und Anwendung von Abrechnungsvorschriften zweifelhaft ist oder sogar bestehender Kodierpraxis widerspricht oder in denen die erforderlichen Angaben unvollständig sind. Es entspricht nicht nur den gesetzlichen Vorgaben (§ 301 Abs 1 SGB V), sondern den eigenen Interessen des Krankenhauses, der KK die entsprechenden Sachverhalte vollständig und nachvollziehbar mitzuteilen, die es zu seiner Auslegung der Abrechnungsvorschriften veranlasst haben. Nur so beugt das Krankenhaus einer Irreführung und darauf beruhender täuschungsbedingter ungerechtfertigter Vermögensverfügung der KK vor, ermöglicht der KK die sachlich-rechnerische Richtigkeitskontrolle und schafft damit die für die Zusammenarbeit unerlässliche Vertrauensbasis.

18

Die Beklagte hatte Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten der Klägerin. Denn die Klägerin machte keine Angaben zu den durchgeführten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 301 Abs 1 S 1 Nr 8 SGB V). Die KKn benötigen die in § 301 Abs 1 SGB V genannten Angaben zur Durchführung ihrer Aufgaben, insbesondere für eine ordnungsgemäße Abrechnung, für die Überprüfung der Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung und der Verweildauer sowie für Wirtschaftlichkeitsprüfungen der Krankenhäuser(Didong in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 301 RdNr 7). "Durchgeführte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation" sind solche, die das Krankenhaus bereits erbracht hat. Es liegt auf der Hand, dass diese Angaben nicht nur für die Bewilligung künftiger Leistungen, sondern vor allem auch für die Kontrolle einer ordnungsgemäßen Abrechnung erforderlich sind. Zutreffend weist das SG darauf hin, dass die Angaben auch in Zusammenhang mit der Regelung der Frührehabilitation in § 39 Abs 1 S 3 SGB V zu sehen sind. Die Krankenhausbehandlung umfasst danach im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs 1 SGB V), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akutstationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation. Diese Regelung zielt nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte und Regelungszweck darauf ab, dass die Rehabilitation von Anfang an integraler Bestandteil der medizinischen Versorgung im Krankenhaus sein soll. Ärzteschaft, Pflegepersonal und das spezifische Fachpersonal haben an dieser Aufgabe mitzuwirken. Für die Feststellung des individuellen medizinischen Rehabilitationsbedarfs im Akutkrankenhaus sind Art und Schwere der Erkrankung und die individuellen Voraussetzungen wie zB Lebensalter und Multimorbidität des Patienten zugrunde zu legen. Hierfür sowie für Art und Umfang der medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen im Rahmen der Krankenhausbehandlung sind Kriterien aufzustellen. Vorrangiges Ziel dieser frühen Rehabilitation im Krankenhaus ist die Wiederherstellung der Basisfähigkeiten, wozu neben der Mobilität die weitgehende Unabhängigkeit in den einfachen Aktivitäten des täglichen Lebens gehört sowie die Kommunikation mit und die Orientierung in der Umwelt; hinzu kommen die frühzeitige Auseinandersetzung mit Fähigkeitsstörungen in der Folge von Erkrankungen/Unfällen und der frühzeitige Einstieg in das Erlernen von Bewältigungsstrategien. Soweit medizinisch erforderlich, sind auch fachspezifische Rehabilitationsansätze zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu integrieren. Über die bereits vorhandenen Rehabilitationsansätze im Krankenhaus hinaus sind jedenfalls seit Einführung der Frührehabilitation in § 39 Abs 1 S 3 Halbs 2 SGB V bereits bei Aufnahme in das Akutkrankenhaus der funktionelle Status, das Rehabilitationspotential und der Rehabilitationsbedarf des Patienten in die Diagnosestellung einzubeziehen und ein am individuellen Bedarf ausgerichtetes Rehabilitationskonzept in die Krankenbehandlung zu integrieren(vgl Begründung zum Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eines Sozialgesetzbuchs - Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen, BT-Drucks 14/5074 S 117 f Zu Nummer 11 <§ 39 Abs 1>). Die Auffassung der Klägerin, die KKn benötigten die Angaben nach § 301 Abs 1 S 1 Nr 8 SGB V lediglich für Feststellungen im Zusammenhang mit der Genehmigung weiterer Rehabilitationsmaßnahmen, erweist sich demgegenüber als zu eng.

19

2. Zu Recht hat das SG auch einen Zinsanspruch der Klägerin verneint. Mangels vollständiger Angaben war der Anspruch der Klägerin auf Vergütung der Behandlung zur Zeit der von der Beklagten geleisteten Zahlung noch nicht fällig. Für die Folgezeit fehlt es schon an einer zu verzinsenden Hauptforderung.

20

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 30. Juli 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 3267,47 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung.

2

Das für die Behandlung Versicherter zugelassene Krankenhaus der klagenden Krankenhausträgerin in G behandelte den 1927 geborenen, bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherten Kurt F. (im Folgenden: Versicherter) vollstationär vom 12.10. bis 2.11.2007 ua wegen Kraftschwäche der rechten Hand und globaler kardialer Dekompensation. Die Klägerin berechnete die Fallpauschale (DRG) F48Z - (geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung bei Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems; kodiert: Operationen- und Prozeduren-Schlüssel 8-550.1, geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung - mindestens 14 Behandlungstage und 20 Therapieeinheiten; 6338,15 Euro; 7.11.2007). Sie ging von frührehabilitativer Komplexbehandlung ab 17.10.2007 aus, übermittelte der Beklagten aber keine Angaben über durchgeführte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Die Beklagte weigerte sich, zu zahlen: Die Klägerin dürfe nach einem Prüfbericht des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlungen nur abrechnen, falls bei Abwesenheit von Dipl. med. G, die allein die Zusatzbezeichnung "Klinische Geriatrie" führe, adäquater Ersatz zur Verfügung stehe (4.9.2007). Sie habe die Klägerin informiert (9.10.2007), Rechnungen mit OPS 8-550.* nur zu akzeptieren, wenn die Klägerin die strukturellen Voraussetzungen für die Abrechnung nachweise. Daran fehle es. Nach Klageerhebung hat die Beklagte der Klägerin die ohne frührehabilitative Komplexbehandlung anfallende Vergütung von 3009,72 Euro bezahlt (DRG F62C - Herzinsuffizienz und Schock ohne äußerst schwere CC; 24.10.2008). Das SG hat die Klage auf Zahlung weiterer 3267,47 Euro nebst 5 vH Zinsen auf 6338,15 Euro vom 6.12.2007 bis 24.10.2008 und auf 3267,47 Euro ab 25.10.2008 abgewiesen: Die Klägerin habe keine aktivierend-therapeutische Pflege erbracht. Sie habe sich schon mangels Angaben zu den durchgeführten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nicht auf Verfristung der Prüfanzeige berufen können (Urteil vom 30.7.2013).

3

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 275 Abs 1c und des § 301 Abs 1 S 1 SGB V. Sie habe alle erforderlichen Angaben gemacht, um die Fälligkeit der Abrechnung herbeizuführen. Das SG habe das Beweisverwertungsverbot missachtet, das aus der Beauftragung des MDK erst am 16.11.2012 folge.

4

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 30. Juli 2013 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr weitere 3267,47 Euro nebst 5 vH Zinsen auf 6338,15 Euro vom 6.12.2007 bis 24.10.2008 und auf 3267,47 Euro ab 25.10.2008 zu zahlen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Sprungrevision der klagenden Krankenhausträgerin ist unbegründet. Das SG hat die auf Zahlung weiterer 3267,47 Euro nebst Zinsen gerichtete Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen weiteren zulässig mittels der echten Leistungsklage (stRspr, vgl zB BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12 mwN)geltend gemachten Vergütungsanspruch für die vollstationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten (dazu 1.) und keinen weiteren Zinsanspruch (dazu 2.).

8

1. Der Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung und damit korrespondierend die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist(stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 15; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 27 RdNr 9).

9

Die Höhe der Vergütung für die Behandlung Versicherter im Jahr 2007 bemisst sich bei DRG-Krankenhäusern wie jenem der Klägerin nach § 109 Abs 4 S 3 SGB V(idF durch Art 1 Nr 3 Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 S 1 Nr 1 Krankenhausentgeltgesetz( idF durch Art 2 Nr 5 Zweites Fallpauschalenänderungsgesetz <2. FPÄndG> vom 15.12.2004, BGBl I 3429) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz( idF durch Art 18 Nr 4 GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vom 26.3.2007, BGBl I 378; vgl entsprechend BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 15 f; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 15). Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge, Fallpauschalenvereinbarungen ) konkretisiert. Die Spitzenverbände der KKn (ab 1.7.2008: Spitzenverband Bund der KKn) und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG) mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 8 2. FPÄndG) einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen in den FPV auf der Grundlage des § 9 Abs 1 S 1 Nr 3 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG). Die Klägerin durfte auf dieser Grundlage im Ansatz rechtmäßig für die Behandlung des Versicherten die DRG F62C mit einem Rechnungsbetrag von 3009,72 Euro berechnen, nicht aber 6338,15 Euro für die DRG F48Z (geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung bei Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems).

10

Zu Recht streiten die Beteiligten nicht darüber, dass die Klägerin im hier betroffenen Zeitraum 2007 entsprechend der Rechtsauffassung des SG die DRG F48Z nur abrechnen durfte, falls sie hier zulässig OPS 8-550.1 kodieren konnte. Daran fehlt es.

11

Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich nicht aus einem schriftlich festgelegten abstrakten Tatbestand, sondern aus der Eingabe von im Einzelnen von einem Programm vorgegebenen, abzufragenden Daten in ein automatisches Datenverarbeitungssystem und dessen Anwendung (zur rechtlichen Einordnung des Groupierungsvorgangs vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 19 ff). Nach § 1 Abs 6 S 1 FPV 2007 sind in diesem Sinne zur Einstufung des Behandlungsfalls in die jeweils abzurechnende Fallpauschale Programme (Grouper) einzusetzen. Zugelassen sind nur solche Programme, die von der InEK GmbH - Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus, einer gemeinsamen Einrichtung der in § 17b Abs 2 S 1 KHG und § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG genannten Vertragspartner auf Bundesebene, zertifiziert worden sind.

12

Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm greift dabei auch auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind (zB die Zuordnung von ICD-10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum) oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, aber auch die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) in der jeweiligen vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung (hier in der Version 2007 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Diagnosenschlüssels vom 1.11.2006, BAnz Nr 212 vom 11.11.2006, S 6919, in Kraft getreten am 1.1.2007 ) sowie die Klassifikation des vom DIMDI im Auftrag des BMG herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssels (hier in der Version 2007 einschließlich Erweiterungskatalog vom 25.10.2006 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Operationen- und Prozedurenschlüssels vom 1.11.2006, BAnz Nr 212 vom 11.11.2006, S 6920, in Kraft getreten am 1.1.2007 ). Die Verbindlichkeit der in dem jeweiligen Vertragswerk angesprochenen Klassifikationssysteme folgt allein aus dem Umstand, dass sie in die zertifizierten Grouper einbezogen sind (vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 24).

13

Die Anwendung der Deutschen Kodierrichtlinien und der FPV-Abrechnungsbestimmungen einschließlich des ICD-10-GM und des OPS ist nicht automatisiert und unterliegt als Mitsteuerung der prozesshaften Tatbestandsbildung im Zusammenspiel mit den Vorgaben zertifizierter Grouper ihrerseits grundsätzlich den allgemeinen Auslegungsmethoden der Rechtswissenschaft. Die Abrechnungsbestimmungen sind gleichwohl wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen. Eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belässt. Demgemäß sind Vergütungsregelungen stets eng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (vgl BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 17 mwN; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27; zur Auslegung von medizinischen Begriffen im OPS vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 12 ff). Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiterzuentwickelndes (§ 17b Abs 2 S 1 KHG)und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27 mwN; s zum Ganzen auch BSG SozR 4-2500 § 301 Nr 1 RdNr 12 ff mwN).

14

Voraussetzung der DRG F48Z ist nach dem klaren Wortlaut, dass eine geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung bei Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems zu kodieren ist. Dies ist lediglich bei den OPS 8-550 der Fall, denn allein sie betreffen die geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung. Die einzelnen Schlüssel unterscheiden sich insbesondere hinsichtlich Behandlungsdauer und Zahl der Therapieeinheiten (OPS 8-550.0: Mindestens 7 Behandlungstage und 10 Therapieeinheiten; OPS 8-550.1: Mindestens 14 Behandlungstage und 20 Therapieeinheiten; OPS 8-550.2: Mindestens 21 Behandlungstage und 30 Therapieeinheiten). Alle OPS 8-550 setzen nach dem einleitenden Hinweis als eines der Mindestmerkmale ua eine aktivierend-therapeutische Pflege durch besonders geschultes Pflegepersonal voraus (zu den Anforderungen an die Behandlung durch ein geriatrisches Team unter fachärztlicher Behandlungsleitung vgl BSG Urteil vom selben Tag - B 1 KR 25/13 R - Juris ). Daran fehlte es nach den Feststellungen des SG. Der Versicherte hatte weder einen Bedarf nach aktivierend-therapeutischer Pflege, denn er war völlig selbstständig und konnte sich uneingeschränkt selbstständig versorgen, noch ergab die Pflegedokumentation Nachweise einer Leistung aktivierend-therapeutischer Pflege.

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Das SG durfte die von der Klägerin zur Verfügung gestellten Behandlungsunterlagen verwerten. Denn die Klägerin erfüllte ihre Obliegenheit, die für die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung erforderlichen Informationen der Beklagten zu übermitteln (§ 301 SGB V), erst mit der Überlassung der Behandlungsunterlagen an das SG.

16

Die Informationsübermittlung vom Krankenhaus an die KK korrespondiert mit der Prüfberechtigung der KK. KKn sind jederzeit berechtigt, die sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung von Krankenhausvergütung mit Blick auf bestehende Leistungsverweigerungsrechte oder nicht verjährte Erstattungsforderungen zu überprüfen (§ 301 SGB V). Denn das Krankenhaus hat hierzu zutreffend und vollständig alle Angaben zu machen, deren es zur Überprüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung bedarf (§ 301 Abs 1 SGB V; vgl zB 1. Senat des BSG in BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 13, 21; 3. Senat des BSG in BSGE 111, 58 = SozR 4-2500 § 109 Nr 24, RdNr 18 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 5 RdNr 14 mwN, stRspr). Jedenfalls dann, wenn sich dabei auch nur geringste Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Abrechnung nicht sachlich-rechnerisch richtig ist und/oder dass das Krankenhaus seine primären Informationsobliegenheiten und ggf -pflichten über die Abrechnungsgrundlagen nicht erfüllte, trifft das Krankenhaus spätestens auf Anforderung der KK die Obliegenheit, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere auch die Behandlungsunterlagen an den MDK oder das Gericht herauszugeben. Die gesetzliche Sechs-Wochen-Frist (§ 275 Abs 1c SGB V) erfasst demgegenüber nur die Prüfung aufgrund einer Auffälligkeit (vgl näher BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 29/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

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Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten bestehen etwa in Fällen, in denen die vom Krankenhaus vorgenommene Auslegung und Anwendung von Abrechnungsvorschriften zweifelhaft ist oder sogar bestehender Kodierpraxis widerspricht oder in denen die erforderlichen Angaben unvollständig sind. Es entspricht nicht nur den gesetzlichen Vorgaben (§ 301 Abs 1 SGB V), sondern den eigenen Interessen des Krankenhauses, der KK die entsprechenden Sachverhalte vollständig und nachvollziehbar mitzuteilen, die es zu seiner Auslegung der Abrechnungsvorschriften veranlasst haben. Nur so beugt das Krankenhaus einer Irreführung und darauf beruhender täuschungsbedingter ungerechtfertigter Vermögensverfügung der KK vor, ermöglicht der KK die sachlich-rechnerische Richtigkeitskontrolle und schafft damit die für die Zusammenarbeit unerlässliche Vertrauensbasis.

18

Die Beklagte hatte Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten der Klägerin. Denn die Klägerin machte keine Angaben zu den durchgeführten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 301 Abs 1 S 1 Nr 8 SGB V). Die KKn benötigen die in § 301 Abs 1 SGB V genannten Angaben zur Durchführung ihrer Aufgaben, insbesondere für eine ordnungsgemäße Abrechnung, für die Überprüfung der Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung und der Verweildauer sowie für Wirtschaftlichkeitsprüfungen der Krankenhäuser(Didong in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 301 RdNr 7). "Durchgeführte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation" sind solche, die das Krankenhaus bereits erbracht hat. Es liegt auf der Hand, dass diese Angaben nicht nur für die Bewilligung künftiger Leistungen, sondern vor allem auch für die Kontrolle einer ordnungsgemäßen Abrechnung erforderlich sind. Zutreffend weist das SG darauf hin, dass die Angaben auch in Zusammenhang mit der Regelung der Frührehabilitation in § 39 Abs 1 S 3 SGB V zu sehen sind. Die Krankenhausbehandlung umfasst danach im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs 1 SGB V), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akutstationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation. Diese Regelung zielt nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte und Regelungszweck darauf ab, dass die Rehabilitation von Anfang an integraler Bestandteil der medizinischen Versorgung im Krankenhaus sein soll. Ärzteschaft, Pflegepersonal und das spezifische Fachpersonal haben an dieser Aufgabe mitzuwirken. Für die Feststellung des individuellen medizinischen Rehabilitationsbedarfs im Akutkrankenhaus sind Art und Schwere der Erkrankung und die individuellen Voraussetzungen wie zB Lebensalter und Multimorbidität des Patienten zugrunde zu legen. Hierfür sowie für Art und Umfang der medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen im Rahmen der Krankenhausbehandlung sind Kriterien aufzustellen. Vorrangiges Ziel dieser frühen Rehabilitation im Krankenhaus ist die Wiederherstellung der Basisfähigkeiten, wozu neben der Mobilität die weitgehende Unabhängigkeit in den einfachen Aktivitäten des täglichen Lebens gehört sowie die Kommunikation mit und die Orientierung in der Umwelt; hinzu kommen die frühzeitige Auseinandersetzung mit Fähigkeitsstörungen in der Folge von Erkrankungen/Unfällen und der frühzeitige Einstieg in das Erlernen von Bewältigungsstrategien. Soweit medizinisch erforderlich, sind auch fachspezifische Rehabilitationsansätze zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu integrieren. Über die bereits vorhandenen Rehabilitationsansätze im Krankenhaus hinaus sind jedenfalls seit Einführung der Frührehabilitation in § 39 Abs 1 S 3 Halbs 2 SGB V bereits bei Aufnahme in das Akutkrankenhaus der funktionelle Status, das Rehabilitationspotential und der Rehabilitationsbedarf des Patienten in die Diagnosestellung einzubeziehen und ein am individuellen Bedarf ausgerichtetes Rehabilitationskonzept in die Krankenbehandlung zu integrieren(vgl Begründung zum Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eines Sozialgesetzbuchs - Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen, BT-Drucks 14/5074 S 117 f Zu Nummer 11 <§ 39 Abs 1>). Die Auffassung der Klägerin, die KKn benötigten die Angaben nach § 301 Abs 1 S 1 Nr 8 SGB V lediglich für Feststellungen im Zusammenhang mit der Genehmigung weiterer Rehabilitationsmaßnahmen, erweist sich demgegenüber als zu eng.

19

2. Zu Recht hat das SG auch einen Zinsanspruch der Klägerin verneint. Mangels vollständiger Angaben war der Anspruch der Klägerin auf Vergütung der Behandlung zur Zeit der von der Beklagten geleisteten Zahlung noch nicht fällig. Für die Folgezeit fehlt es schon an einer zu verzinsenden Hauptforderung.

20

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG.

Die Krankenkassen dürfen Krankenhausbehandlung nur durch folgende Krankenhäuser (zugelassene Krankenhäuser) erbringen lassen:

1.
Krankenhäuser, die nach den landesrechtlichen Vorschriften als Hochschulklinik anerkannt sind,
2.
Krankenhäuser, die in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommen sind (Plankrankenhäuser), oder
3.
Krankenhäuser, die einen Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen abgeschlossen haben.

(1) Die Krankenhausbehandlung wird vollstationär, stationsäquivalent, tagesstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht; sie umfasst auch Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der Gemeinsame Bundesausschuss bisher keine Entscheidung nach § 137c Absatz 1 getroffen hat und die das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre, stationsäquivalente oder tagesstationäre Behandlung durch ein nach § 108 zugelassenes Krankenhaus, wenn die Aufnahme oder die Behandlung im häuslichen Umfeld nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Krankenhausbehandlung umfaßt im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs. 1), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akutstationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation. Die stationsäquivalente Behandlung umfasst eine psychiatrische Behandlung im häuslichen Umfeld durch mobile ärztlich geleitete multiprofessionelle Behandlungsteams; die tagesstationäre Behandlung umfasst einen täglich mindestens sechsstündigen Aufenthalt der Patientinnen und Patienten im Krankenhaus, währenddessen überwiegend ärztliche oder pflegerische Behandlung erbracht wird, ohne Übernachtung im Krankenhaus. Die stationsäquivalente Behandlung und die tagesstationäre Behandlung entsprechen hinsichtlich der Inhalte sowie der Flexibilität und Komplexität der Behandlung einer vollstationären Behandlung. Zur Krankenhausbehandlung gehört auch eine qualifizierte ärztliche Einschätzung des Beatmungsstatus im Laufe der Behandlung und vor der Verlegung oder Entlassung von Beatmungspatienten.

(1a) Die Krankenhausbehandlung umfasst ein Entlassmanagement zur Unterstützung einer sektorenübergreifenden Versorgung der Versicherten beim Übergang in die Versorgung nach Krankenhausbehandlung. § 11 Absatz 4 Satz 4 gilt. Das Krankenhaus kann mit Leistungserbringern nach § 95 Absatz 1 Satz 1 vereinbaren, dass diese Aufgaben des Entlassmanagements wahrnehmen. § 11 des Apothekengesetzes bleibt unberührt. Der Versicherte hat gegenüber der Krankenkasse einen Anspruch auf Unterstützung des Entlassmanagements nach Satz 1; soweit Hilfen durch die Pflegeversicherung in Betracht kommen, kooperieren Kranken- und Pflegekassen miteinander. Das Entlassmanagement umfasst alle Leistungen, die für die Versorgung nach Krankenhausbehandlung erforderlich sind, insbesondere die Leistungen nach den §§ 37b, 38, 39c sowie alle dafür erforderlichen Leistungen nach dem Elften Buch. Das Entlassmanagement umfasst auch die Verordnung einer erforderlichen Anschlussversorgung durch Krankenhausbehandlung in einem anderen Krankenhaus. Soweit dies für die Versorgung des Versicherten unmittelbar nach der Entlassung erforderlich ist, können die Krankenhäuser Leistungen nach § 33a und die in § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 und 12 genannten Leistungen verordnen und die Arbeitsunfähigkeit feststellen; hierfür gelten die Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung mit der Maßgabe, dass bis zur Verwendung der Arztnummer nach § 293 Absatz 7 Satz 3 Nummer 1 eine im Rahmenvertrag nach Satz 9 erster Halbsatz zu vereinbarende alternative Kennzeichnung zu verwenden ist. Bei der Verordnung von Arzneimitteln können Krankenhäuser eine Packung mit dem kleinsten Packungsgrößenkennzeichen gemäß der Packungsgrößenverordnung verordnen; im Übrigen können die in § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 genannten Leistungen für die Versorgung in einem Zeitraum von bis zu sieben Tagen verordnet und die Arbeitsunfähigkeit festgestellt werden (§ 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7). Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6, 7 und 12 die weitere Ausgestaltung des Verordnungsrechts nach Satz 7. Die weiteren Einzelheiten zu den Sätzen 1 bis 8, insbesondere zur Zusammenarbeit der Leistungserbringer mit den Krankenkassen, regeln der Spitzenverband Bund der Krankenkassen auch als Spitzenverband Bund der Pflegekassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses in einem Rahmenvertrag. Wird der Rahmenvertrag ganz oder teilweise beendet und kommt bis zum Ablauf des Vertrages kein neuer Rahmenvertrag zustande, entscheidet das sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene gemäß § 89a. Vor Abschluss des Rahmenvertrages ist der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisation der Apotheker sowie den Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Entlassmanagement und eine dazu erforderliche Verarbeitung personenbezogener Daten dürfen nur mit Einwilligung und nach vorheriger Information des Versicherten erfolgen. Die Information sowie die Einwilligung müssen schriftlich oder elektronisch erfolgen.

(2) Wählen Versicherte ohne zwingenden Grund ein anderes als ein in der ärztlichen Einweisung genanntes Krankenhaus, können ihnen die Mehrkosten ganz oder teilweise auferlegt werden.

(3) Die Landesverbände der Krankenkassen, die Ersatzkassen und die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See gemeinsam erstellen unter Mitwirkung der Landeskrankenhausgesellschaft und der Kassenärztlichen Vereinigung ein Verzeichnis der Leistungen und Entgelte für die Krankenhausbehandlung in den zugelassenen Krankenhäusern im Land oder in einer Region und passen es der Entwicklung an (Verzeichnis stationärer Leistungen und Entgelte). Dabei sind die Entgelte so zusammenzustellen, daß sie miteinander verglichen werden können. Die Krankenkassen haben darauf hinzuwirken, daß Vertragsärzte und Versicherte das Verzeichnis bei der Verordnung und Inanspruchnahme von Krankenhausbehandlung beachten.

(4) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, zahlen vom Beginn der vollstationären Krankenhausbehandlung an innerhalb eines Kalenderjahres für längstens 28 Tage den sich nach § 61 Satz 2 ergebenden Betrag je Kalendertag an das Krankenhaus. Die innerhalb des Kalenderjahres bereits an einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung geleistete Zahlung nach § 32 Abs. 1 Satz 2 des Sechsten Buches sowie die nach § 40 Abs. 6 Satz 1 geleistete Zahlung sind auf die Zahlung nach Satz 1 anzurechnen.

(5) (weggefallen)

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 1. November 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 678,14 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die 1985 geborene und bei der Beklagten gegen Krankheit versicherte G. (im Folgenden: Versicherte) wurde am Abend des 31.3.2010 um 20.38 Uhr als Notfall in die von der Klägerin betriebene A. Klinik eingeliefert. Die zunächst wegen unauffälliger Laborwerte vorgesehene Entlassung wurde nach einer hypertonen Kreislaufdisregulation der Versicherten in der Nacht verschoben und sie auf der internistischen Station mit der Hauptdiagnose A09.0 (sonstige und nicht näher bezeichnete Gastroenteritis und Kolitis infektiösen Ursprungs) und der Nebendiagnose E86 (Volumenmangel) aufgenommen. Als voraussichtlichen Entlassungstermin trug der behandelnde Krankenhausarzt Freitag, den 2.4.2010, ein. Tatsächlich wurde die Versicherte jedoch bereits am Donnerstag, dem 1.4.2010, um 12.28 Uhr entlassen, weil sich ihr Zustand wieder stabilisiert hatte. Mit Datum vom 12.4.2010 stellte die Klägerin der Beklagten nach dem auf Diagnosis Related Groups (DRGs, diagnosebezogene Fallgruppen) basierten Fallpauschalenkatalog die DRG G67D (Ösophagitis, Gastroenteritis und verschiedene Erkrankungen der Verdauungsorgane) mit einem Abschlag für das Unterschreiten der unteren Grenzverweildauer in Höhe von 678,14 Euro in Rechnung. Die Beklagte zahlte den Rechnungsbetrag nicht, weil es sich ihrer Meinung nach um den klassischen Fall einer ambulanten Behandlung im Krankenhaus handele.

2

Mit der am 13.8.2010 erhobenen Zahlungsklage hat die Klägerin geltend gemacht: Eine stationäre Behandlung liege nach der Rechtsprechung des BSG bereits dann vor, wenn der Patient eine Nacht im Krankenhaus verbracht habe. Diese Voraussetzung sei gegeben, da der Entlassungstag nicht mit dem Aufnahmetag identisch sei. Bei Zweifeln an der Notwendigkeit der stationären Behandlung hätte die Beklagte zudem den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) innerhalb der Sechs-Wochen-Frist des § 275 Abs 1c SGB V mit einer Prüfung beauftragen müssen; dies sei nicht geschehen, weshalb sie nun mit ihren Einwendungen ausgeschlossen sei. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 1.9.2011 abgewiesen, da die Leistung nicht als vollstationäre Krankenhausbehandlung abrechenbar sei. Die Behandlung habe sich nicht über einen Tag und eine Nacht erstreckt, da dies eine mindestens 24-stündige Behandlung voraussetze. Auch die Infrastruktur des Krankenhauses sei nicht in nennenswerter Weise beansprucht worden. Die Frage eines Prüfverfahrens durch den MDK stelle sich bei dieser rein rechtlichen Frage nicht. Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG die Beklagte mit Urteil vom 1.11.2012 unter Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung zur Zahlung des eingeklagten Betrages nebst Zinsen verurteilt: Die Aufenthaltsdauer von knapp 16 Stunden schließe eine vollstationäre Behandlung nicht ohne Weiteres aus. Eine starre Mindestaufenthaltsdauer von 24 Stunden lasse sich der Rechtsprechung des BSG nicht entnehmen und sei auch nicht sachgerecht. Zweifel an der Eingliederung der Versicherten in die besondere Infrastruktur des Krankenhauses könnten seit Ablauf der Sechs-Wochen-Frist medizinisch nicht mehr geklärt und daher nicht mehr von der Beklagten gerügt werden.

3

Die Beklagte beruft sich mit der vom LSG zugelassenen Revision auf eine Verletzung der Vorschriften der §§ 39, 275 Abs 1c SGB V. Eine vollstationäre Versorgung setze die Unterbringung des Patienten über einen Tag und eine Nacht, dh über mindestens 24 Stunden voraus. Eine klare zeitliche Abgrenzung sei erforderlich. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz komme lediglich nach den Grundsätzen der "abgebrochenen stationären Behandlung" in Betracht, wenn die Behandlung zunächst über mindestens einen Tag und eine Nacht geplant gewesen sei, dann aber aus medizinischen Gründen abgebrochen werden müsse oder der Versicherte das Krankenhaus gegen ärztlichen Rat vorzeitig verlasse. Das Urteil des LSG beruhe ferner auf einer Verletzung des § 275 Abs 1c SGB V, da der MDK nicht zur Klärung von Rechtsfragen berufen sei. Hier gehe es nur noch um die Rechtsfrage, ob eine vollstationäre Behandlung vorliege; dies habe das LSG verkannt.

4

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Hamburg vom 1.11.2012 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Hamburg vom 1.9.2011 zurückzuweisen.

5

Die Klägerin verteidigt die angegriffene Entscheidung des LSG und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

Die zulässige Revision der Beklagten ist nicht begründet. Die Klägerin hat im Falle der Versicherten eine vollstationäre Krankenhausbehandlung erbracht und diese zutreffend abgerechnet.

7

1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt. Eines Vorverfahrens iS von § 78 SGG bedurfte es nicht, weil die Klage zu Recht als allgemeine Leistungsklage(§ 54 Abs 5 SGG) erhoben worden ist. Da sich Krankenhausträger und Krankenkasse bei der Frage, wie die stationäre Behandlung eines gesetzlich gegen Krankheit Versicherten zu vergüten ist, im Gleichordnungsverhältnis gegenüberstehen, kommt eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht. Es war auch keine Klagefrist zu beachten (stRspr, vgl zB BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12).

8

2. Rechtsgrundlage für die Vergütung von Krankenhausleistungen ist § 109 Abs 4 S 3 SGB V(idF des Art 1 Nr 3 Fallpauschalengesetz vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 Abs 1 S 1, Abs 2 und § 9 Abs 1 S 1 Krankenhausentgeltgesetz sowie § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz - KHG -(hier jeweils idF des Krankenhausfinanzierungsreformgesetzes vom 17.3.2009, BGBl I 534) iVm der Anlage 1 Teil A des Fallpauschalenkatalogs der G-DRG-Version 2010 sowie dem zwischen der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft eV und den Krankenkassen bzw deren Verbänden geschlossenen Vertrag "Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung" nach § 112 Abs 1, 2 Nr 1 SGB V vom 19.12.2002 und der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten für das Jahr 2010.

9

Nach § 109 Abs 4 S 3 SGB V entsteht die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus(§ 108 SGB V) durchgeführt wird und iS des § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich ist. Der Behandlungspflicht zugelassener Krankenhäuser (§ 109 Abs 4 S 2 SGB V) steht ein Vergütungsanspruch gegenüber, der auf der Grundlage der gesetzlichen Ermächtigung in den §§ 16, 17 KHG in der Pflegesatzvereinbarung zwischen Krankenhausträger und Krankenkasse festgelegt wird(BSGE 86, 166 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1; BSGE 90, 1 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3). Danach hat die Klägerin Anspruch auf die von ihr abgerechnete Vergütung für eine vollstationäre Behandlung.

10

Nach § 39 Abs 1 S 1 SGB V wird die Krankenhausbehandlung vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär(§ 115a SGB V) sowie ambulant (§ 115b SGB V) erbracht. Das Gesetz hat die maßgebenden Merkmale für die voll- und teilstationäre Behandlung weder bei den Vergütungsregelungen noch bei den Regelungen über die Leistungsansprüche des Versicherten in den §§ 39 ff SGB V vorgegeben(BSGE 92, 223 RdNr 12 = SozR 4-2500 § 39 Nr 1 RdNr 11). Von der Ermächtigung nach § 16 Nr 2 KHG, die verschiedenen Krankenhausleistungen voneinander abzugrenzen, hat die Bundesregierung bislang keinen Gebrauch gemacht.

11

Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 4.3.2004 (BSGE 92, 223 RdNr 21 = SozR 4-2500 § 39 Nr 1 RdNr 20) dargelegt hat, sind vollstationäre, teilstationäre und ambulante Behandlungen im Krankenhaus in erster Linie anhand der geplanten Aufenthaltsdauer abzugrenzen. Danach liegt eine vollstationäre Krankhausbehandlung vor, wenn der Patient nach der Entscheidung des Krankenhausarztes mindestens einen Tag und eine Nacht ununterbrochen im Krankenhaus versorgt werden soll.

12

Der Gesetzgeber hat in der amtlichen Begründung zum Gesundheitsstrukturgesetz vom 21.12.1992 (BGBl I 2266) zur Abgrenzung der (voll- und teil-)stationären von der ambulanten Behandlung das Kriterium der "Aufnahme" in das Krankenhaus herangezogen und dieses als die "physische und organisatorische Eingliederung des Patienten in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses" definiert (BT-Drucks 12/3608 S 82 zu § 39 SGB V). Dieses Merkmal wird auch in der Literatur zur Abgrenzung der (voll- und teil-)stationären von der ambulanten Krankenhausbehandlung herangezogen (vgl zB Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, § 39 RdNr 43, 46a, der dies als alleiniges Merkmal allerdings kritisch betrachtet, sowie Grünenwald, WzS 1994, 78). Ohne nähere Konkretisierung der Begriffe der Aufnahme und der Integration in den Krankenhausbetrieb kann allerdings nicht nur auf das Unterschreiben eines Aufnahmevertrages abgestellt werden. Da auch bei ambulanten Leistungen im Krankenhaus ggf Verpflegung oder ein Bett zur Verfügung gestellt werden, reicht die Gewährung von Unterkunft und Verpflegung zur Abgrenzung allein ebenfalls nicht aus. Der Aufenthalt des Versicherten im Krankenhaus zur Durchführung einer Operation bedeutet deshalb ebenso wenig wie die Unterzeichnung eines Krankenhausaufnahmevertrages, die Durchführung einer Vollnarkose oder eine mehrstündige, intensive postoperative Überwachung im Krankenhaus bereits eine vollstationäre Behandlung (BSGE 92, 223 RdNr 17 ff = SozR 4-2500 § 39 Nr 1 RdNr 16 ff).

13

Was unter dem "spezifischen Versorgungssystem eines Krankenhauses" zu verstehen ist, ergibt sich unter Rückgriff auf die gesetzliche Definition des Krankenhausbegriffs in § 107 Abs 1 SGB V. Denn ein Krankenhaus kann zwar auch ambulante Leistungen erbringen, der Krankenhausbegriff wird aber nur von Einrichtungen erfüllt, die (auch und vor allem) zur stationären Leistungserbringung in der Lage sind. Dazu gehören neben der Möglichkeit, die Patienten unterzubringen und zu verpflegen (§ 107 Abs 1 Nr 4 SGB V) ua eine ständige ärztliche Leitung (§ 107 Abs 1 Nr 2 SGB V) und jederzeit verfügbares Personal (§ 107 Abs 1 Nr 3 SGB V). Daraus wird deutlich, dass das spezifische Versorgungssystem eines Krankenhauses nicht nur kurzfristige Eingriffe oder Maßnahmen ermöglicht, sondern besonders auf solche Behandlungen ausgerichtet ist, die einen längeren Aufenthalt des Patienten erfordern. Das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses wird daher in Anspruch genommen, wenn sich die Behandlung zeitlich über mindestens einen Tag und eine Nacht erstreckt. Demgegenüber erfordert der Aufnahmeakt selbst, dh die physische und organisatorische Eingliederung des Patienten in dieses Versorgungssystem, keine zeitliche Erstreckung über eine bestimmte Dauer. Voraussetzung hierfür ist lediglich die Entscheidung des Krankenhausarztes, dass eine Behandlung über mindestens einen Tag und eine Nacht erfolgen soll. Diese Aufnahmeentscheidung auf der Basis eines entsprechenden Behandlungsplans wird nach außen regelmäßig zB durch die Einweisung auf eine bestimmte Station, die Zuweisung eines Bettes, das Erstellen entsprechender Aufnahmeunterlagen uä dokumentiert. Eine auf diese Weise auf der Grundlage der Entscheidung des Krankenhausarztes einmal erfolgte physische und organisatorische Eingliederung des Patienten in das spezifische Krankenhausversorgungssystem kann nicht rückwirkend dadurch entfallen, dass der Patient zB gegen ärztlichen Rat auf eigenes Betreiben das Krankenhaus noch am selben Tag wieder verlässt; dann handelt es sich um eine "abgebrochene" stationäre Behandlung (vgl BSG SozR 4-2500 § 39 Nr 5). Abzugrenzen sind indes solche Fälle, in denen noch keine Entscheidung zur Aufnahme des Patienten in das Krankenhaus getroffen wurde, etwa weil sich aufgrund der Aufnahmeuntersuchung eine Verlegung oder die ambulante Weiterbehandlung als medizinisch sinnvoll, erforderlich und ausreichend erwies.

14

Eine teilstationäre Behandlung ist anzunehmen, wenn eine zeitlich nicht durchgehende Krankenhausbehandlung geplant ist, also ein Aufenthalt von weniger als einem Tag und einer Nacht. Deshalb ist bei einer zeitlich darüber hinausgehend geplanten Behandlung im Zweifel von einer vollstationären Krankenhausbehandlung auszugehen (vgl BSG SozR 4-2500 § 39 Nr 8 RdNr 21). In jener Entscheidung hat der Senat zudem ausgeführt, dass sich damit vor allem bei operativen Eingriffen eine praktikable Abgrenzung der stationären Behandlung vom ambulanten Operieren und anderen stationsersetzenden Eingriffen (§ 115b SGB V) finden lässt. Darüber hinaus gibt es jedoch weitere Fälle vollstationärer Behandlungen; dies wird schon im Hinblick auf einige Fallpauschalen deutlich, die exakt für die Behandlung an nur einem Behandlungstag kalkuliert worden sind (so auch Thier, "Teilstationäre Krankenhausleistungen", Das Krankenhaus 2006, 969, 970 mwN). Verbringt ein Patient zB nicht einen ganzen Tag und eine Nacht im Krankenhaus, wobei er aber wegen der Schwere seiner Erkrankung auf der Intensivstation medizinisch betreut wird, so nimmt er gleichwohl umfassend die Infrastruktur des Krankenhauses in Anspruch, denn der Aufenthalt auf einer Intensivstation stellt die nachhaltigste Form der Einbindung in einen Krankenhausbetrieb und damit den Prototyp einer stationären Behandlung dar (vgl BSG, aaO, RdNr 18 f).

15

Diese differenzierende Rechtsprechung des Senats ist praxisorientiert und sachgerecht (so auch BSG - 6. Senat - SozR 4-2500 § 39 Nr 3). Sie bietet klare und gut handhabbare Abgrenzungskriterien und ist deshalb auch in der Literatur auf Zustimmung gestoßen (vgl Quaas/Dietz f&w 2004, 513, 515; Trefz SGb 2005, 46 f). Entscheidend ist damit zunächst der ärztliche Behandlungsplan. Die Entscheidung zum Verbleib des Patienten über Nacht wird in der Regel zu Beginn der Behandlung vom Krankenhausarzt getroffen, kann im Einzelfall bei medizinischer Notwendigkeit aber auch noch später erfolgen (BSGE 92, 223 RdNr 23 f = SozR 4-2500 § 39 Nr 1 RdNr 22 f; BSG SozR 4-2500 § 39 Nr 5 RdNr 9; BSG SozR 4-2500 § 39 Nr 8 RdNr 16). Deshalb kann - wenn zB wegen einer Komplikation eine zunächst nicht geplante weitere Behandlung über die Nacht hinweg angezeigt erscheint - eine ambulante in eine vollstationäre Krankenhausbehandlung übergehen.

16

Nach diesen Grundsätzen wurde die Versicherte im vorliegenden Fall vollstationär behandelt. Die Klägerin hat bereits mit den Daten nach § 301 SGB V angegeben, dass die am 31.3.2010 begonnene Krankenhausbehandlung voraussichtlich bis zum 2.4.2010 dauern werde. Geplant war demnach eine Behandlung von mehr als einem Tag und einer Nacht. Der Krankenhausarzt traf die Aufnahmeentscheidung für die zunächst als Notfall in die Klinik gekommene Versicherte nach der Aufnahmeuntersuchung unter Heranziehung der Laborwerte und weiterer Umstände, insbesondere der im Laufe der Nacht auftretenden Kreislaufkomplikationen. Diese Entscheidung war nach seinem Kenntnisstand medizinisch durchaus vertretbar; dies wird auch von der Beklagten nicht in Zweifel gezogen. Nach außen dokumentierte sich die physische und organisatorische Eingliederung der Versicherten durch ihre Einweisung in die Abteilung für Gastroenterologie, in der ihr ein Bett zugewiesen, Verpflegung gewährt und die hypertone Kreislaufdisregulation überwacht wurde. Aufgrund dieses Geschehensablaufs und unter Berücksichtigung des Krankheitsbildes der Versicherten hat der Senat keine Zweifel, dass es sich vorliegend um eine vollstationäre Behandlung gehandelt hat.

17

Ob die Aufnahmeentscheidung des Krankenhausarztes medizinisch zutreffend war oder möglicherweise auch eine Weiterführung der ambulanten Notfallbehandlung hätte erfolgen können, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens - dies hat die Beklagte zu Recht angemerkt. Auf die Frage, was medizinisch nach Ablauf der Sechs-Wochenfrist nach § 275 Abs 1c S 2 SGB V noch überprüft werden kann, kommt es hier mithin nicht an.

18

Der mit der Aufnahme der Versicherten entstandene Vergütungsanspruch für eine vollstationäre Behandlung ist nicht deshalb entfallen, weil die Versicherte entgegen der Planung bereits am Donnerstag, dem 1.4.2010, um 12.28 Uhr entlassen worden ist. Die Tatsache, dass die Versicherte entsprechend der veränderten medizinischen Situation vorzeitig in hausärztliche Weiterbehandlung entlassen werden konnte, ändert nichts am Vorliegen einer vollstationären Behandlung, sondern ist lediglich - wie hier auch geschehen - durch einen Rechnungsabschlag wegen des Unterschreitens der unteren Grenzverweildauer zu berücksichtigen.

19

3. Die rechnerische Richtigkeit des klägerischen Anspruchs ist weder von der Beklagten in Zweifel gezogen worden noch hat der Senat Anlass dazu. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 12, 14 des zwischen den Beteiligten geschlossenen Vertrages nach § 112 Abs 1, 2 Nr 1 SGB V vom 19.12.2002.

20

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 1 S 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 21. April 2015 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Rostock vom 5. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 573,18 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über Krankenhausvergütung.

2

Die Klägerin, eine rechtsfähige Teilkörperschaft der Universität R., ist Trägerin eines zugelassenen Krankenhauses. Sie verfügt dort ua über Tagesklinikplätze der Klinik für Innere Medizin, Abteilung Hämatologie und Onkologie. Die Vergütung der Behandlungen erfolgt aufgrund einer Vereinbarung mit den Krankenkassen (KKn) nach tagesbezogenen teilstationären Entgelten. Die Klägerin behandelte den bei der beklagten KK Versicherten seit Juli 2007 wegen eines metastasierenden Kolonkarzinoms ua vom 7.1. bis 25.3.2008 mittels komplexer Blockchemotherapie in der Tagesklinik. Er erhielt nach einem zuvor festgelegten Therapieschema an einzelnen Tagen im Rahmen einer mehrstündigen Behandlung in Abständen von ein bis zwei Wochen ua Chemotherapeutika mittels Infusion. Da er am 25.2.2008 über Durchfallsymptome klagte und sich eine Hautrötung im Bereich der Hände und Füße (sog Hand-Fuß-Syndrom) zeigte, sah die Klinik an diesem Tag von der Chemotherapie ab. Die Klägerin berechnete und erhielt zunächst 19 721,32 Euro für die Behandlung, dabei für den 25.2.2008 insgesamt 648,86 Euro (Abteilungspflegesatz zzgl Investitionszuschlag; 30.4.2008). Die Beklagte forderte - gestützt auf eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung - vergeblich 573,18 Euro zurück: Der Versicherte habe am 25.2.2008 tatsächlich keine Medikation erhalten. Die Klägerin hätte die Unverträglichkeit vor Aufnahme abklären müssen. Hierfür sei nur eine Vergütung entsprechend vorstationärer Behandlung vorgesehen. Die Beklagte rechnete deshalb mit ihrem geltend gemachten Erstattungsanspruch gegen eine andere Forderung der Klägerin auf (14.8.2008). Das SG hat die Zahlungsklage abgewiesen (Urteil vom 5.1.2012). Das LSG hat die Beklagte dagegen verurteilt, der Klägerin 573,18 Euro nebst Zinsen zu zahlen: Die erforderliche Untersuchung sei bereits vor der Aufnahme am 7.1.2008 erfolgt. Der Versicherte habe vergütungsunschädlich am 25.2.2008 die Behandlung abgebrochen (Urteil vom 21.4.2015).

3

Die Beklagte rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 39 SGB V.

4

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 21. April 2015 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Rostock vom 5. Januar 2012 zurückzuweisen.

5

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der beklagten KK ist begründet (§ 170 Abs 2 S 1 SGG). Der klagenden Krankenhausträgerin steht der im Gleichordnungsverhältnis zulässigerweise mit der (echten) Leistungsklage (stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12)verfolgte Vergütungsanspruch aus der Behandlung anderer Versicherter zu (dazu 1.). Die Beklagte erfüllte diesen Vergütungsanspruch in Höhe von 573,18 Euro dadurch, dass sie mit einem aus der Behandlung des Versicherten resultierenden Erstattungsanspruch wirksam aufrechnete (dazu 2.).

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1. Es ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig, dass die Klägerin aufgrund stationärer Behandlungen anderer Versicherter der Beklagten zunächst Anspruch auf die abgerechnete Vergütung weiterer 573,18 Euro hatte; eine nähere Prüfung des erkennenden Senats erübrigt sich insoweit (vgl zur Zulässigkeit dieses Vorgehens zB BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 7 RdNr 10; BSG SozR 4-2500 § 130 Nr 2 RdNr 15; BSG SozR 4-5562 § 9 Nr 4 RdNr 8; BSG SozR 4-5560 § 17b Nr 6 RdNr 8 mwN).

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2. Die Voraussetzungen des Gegenanspruchs in Höhe von 573,18 Euro aus öffentlich-rechtlicher Erstattung waren erfüllt, mit dem die Beklagte analog § 387 BGB gegen die Restvergütungsforderung der Klägerin aufrechnete. Die Beklagte erfüllte den der Klägerin zustehenden restlichen Vergütungsanspruch durch die wirksame Aufrechnung (dazu a), weil ihr ein Erstattungsanspruch in dieser Höhe zustand (dazu b bis d). Für die teilstationäre Leistung, die die Klägerin am 25.2.2008 nach der Behandlungsplanung dem Versicherten erbringen wollte (dazu c), konnte sie keine weitere Vergütung beanspruchen, weil sie nach gebotener Überprüfung die Behandlung als an diesem Tag nicht geeignet und damit als nicht erforderlich ansah und sie unterließ (dazu d).

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a) Die Beklagte erklärte gegenüber der Klägerin wirksam die Aufrechnung. Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann (§ 387 BGB). Die Beklagte konnte mit ihrer Gegenforderung aus öffentlich-rechtlicher Erstattung gegen die Hauptforderung aufrechnen, da ihr Erstattungsanspruch in der erklärten Höhe bestand (vgl dazu allgemein BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 9 ff mwN; zur Aufrechnung BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 15). Der Vergütungsanspruch der Klägerin und der von der Beklagten geltend gemachte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch erfüllten die Voraussetzungen der Gegenseitigkeit und der Gleichartigkeit. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch der Beklagten war auch fällig und der Vergütungsanspruch der Klägerin erfüllbar.

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b) Die Beklagte zahlte der Klägerin 573,18 Euro Krankenhausvergütung ohne Rechtsgrund, weil die Klägerin für die zugunsten des Versicherten am 25.2.2008 erbrachten Leistungen einen jedenfalls in diesem Umfang überhöhten Betrag berechnete. In dieser Höhe steht der Beklagten ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zu (vgl zur entsprechenden Anwendung auf überzahlte Krankenhausvergütung zB BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 9 ff mwN, stRspr). Die Klägerin hatte keinen Anspruch auf Krankenhausvergütung für eine teilstationäre Behandlung des Versicherten am 25.2.2008 über den unstreitigen, bezahlten Anspruch in Höhe von 75,68 Euro hinaus entsprechend der Pauschale für vorstationäre Behandlung (vgl § 3 Abs 4 Krankenhausbehandlungsvertrag - Landesvertrag gemäß § 112 Abs 1, Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung; hiernach hat die Vergütung analog zur vorstationären Behandlung zu erfolgen, wenn sich im Rahmen der Aufnahmeuntersuchung herausstellt, dass keine stationäre Behandlung erforderlich ist). Denn die Klägerin erfüllte am 25.2.2008 nicht die Grundvoraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung bei teilstationärer Behandlung. Zwar unterfiel die beabsichtigte Behandlung dem Rechtsregime teilstationärer Behandlung (dazu c). Die Aufnahme des Versicherten war aber an diesem Tag nach der gebotenen Prüfung durch das Krankenhaus nicht erforderlich, sondern die geplante Chemotherapie war wegen Durchfalls und Hand-Fuß-Syndroms des Versicherten kontraindiziert (dazu d).

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c) Die Klägerin konnte die an einzelnen Tagen im Intervall von ein bis zwei Wochen beabsichtigte Therapie des Versicherten teilstationär erbringen. Entgegen der Auffassung des LSG ist hierfür nicht in erster Linie die Vorstellung der Vertragspartner in Vergütungsvereinbarungen maßgeblich, sondern die Zulässigkeit teilstationärer Therapie nach dem Plan des Gesetzgebers. Nur soweit das Gesetz eine teilstationäre Therapie ermöglicht und diese erfolgt ist, greift das hierfür vorgesehene Vergütungsregime. Teilstationäre Behandlung unterscheidet sich nach der gesetzlichen Gesamtkonzeption von vollstationärer Behandlung im Krankenhaus im Wesentlichen dadurch, dass sie nicht auf eine Aufnahme rund um die Uhr ausgerichtet ist, sondern nur jeweils zumindest einen Teil eines Tages umfasst. Soweit der früher für das Leistungserbringungsrecht des Krankenhauses zuständige 3. Senat des BSG zusätzlich nach dem alten Rechtszustand der Verordnung zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Bundespflegesatzverordnung - BPflV) gefordert hat, dass die Leistungen nicht nur in mehr oder weniger kurzen Intervallen erfolgen, sondern sich über einen längeren, sinngemäß jeweils mehrtägigen Zeitraum zu erstrecken haben (vgl BSGE 92, 223 RdNr 22 = SozR 4-2500 § 39 Nr 1 RdNr 21; kritisch Trefz, SGb 2005, 46, 47), gibt der erkennende Senat diese Rechtsprechung auf. Die Rechtsansicht harmoniert nicht damit, dass selbst vollstationäre Krankenhausbehandlung entsprechend den Fallpauschalen für einen einzelnen Vollbelegungstag möglich ist (vgl zB Hensen/Roeder, KH 2005, 196, 197). Der Wortlaut des Gesetzes verlangt nicht nach einer solchen Einschränkung. Entstehungsgeschichte und Regelungszweck der teilstationären Behandlung sprechen für ein weites Verständnis.

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aa) Teilstationäre Krankenhausbehandlung sollte bereits unter Geltung der RVO zunächst in der Psychiatrie (vgl Psychiatrie-Enquête 1975, BT-Drucks 7/4200 S 209 ff, 215 ff, 222; § 184 Abs 1 S 1 Halbs 2 RVO idF des Krankenhaus-Kostendämpfungsgesetzes vom 22.12.1981, BGBl I 1578) und später generell einen Zwischenbereich zwischen vollstationärer und ambulanter Versorgung schaffen (vgl umfassend § 184 Abs 1 RVO idF durch das Gesetz zur Verbesserung der ambulanten und teilstationären Versorgung psychisch Kranker vom 26.2.1986, BGBl I 324 und hierzu Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drucks 10/4533 S 11 und S 13). Der Zugang zu teilstationärer Krankenhausversorgung und damit auch zur Tagesklinik sollte unter den üblichen Voraussetzungen der Krankenhauspflege erfolgen. Die ausdrückliche Erwähnung teilstationärer Behandlungen mit Inkrafttreten des SGB V zum 1.1.1989 und in der Folgezeit änderte daran nichts (vgl § 39 Abs 1 S 2 SGB V idF des Gesundheits-Reformgesetzes vom 20.12.1988, BGBl I 2477; § 39 Abs 1 S 1 SGB V idF des Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung - GSG vom 21.12.1992, BGBl I 2266).

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Teilstationäre Krankenhausversorgung unterfällt dementsprechend - als im Vergleich zu vollstationärer Krankenhausbehandlung wesensgleiche Teilleistung - dem Rechtsregime des Qualitätsgebots für Krankenhausleistungen (insbesondere § 2 Abs 1 S 3, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1, § 137c SGB V), nicht jenem der vertragsärztlichen Versorgung (insbesondere § 2 Abs 1 S 3, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1, § 135 SGB V). Teilstationäre Behandlung ist nicht kostengünstig vertragsärztlich sicherzustellen (§ 72, § 72a, § 75 SGB V), sondern aufwändiger durch zugelassene Krankenhäuser (§§ 107 bis 109 SGB V) und zweiseitige Verträge (§ 112 SGB V). Dementsprechend ist teilstationäre Behandlung nicht im Rahmen der vertragsärztlichen Vergütung zu bezahlen (vgl insbesondere § 72 Abs 2, § 75 Abs 7 und Abs 7a, § 82 Abs 2, § 85, §§ 87 bis 87e SGB V), sondern nach den Regeln der Krankenhausvergütung (vgl sogleich, cc). Der im Regelungssystem angelegte Vorrang der vertragsärztlichen vor der stationären, auch teilstationären Versorgung wurzelt in den Kostenvorteilen der vertragsärztlichen Versorgung, im Kern also im Wirtschaftlichkeitsgebot (vgl entsprechend zu § 39 SGB V: Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesundheits-Reformgesetzes, BT-Drucks 11/2237 S 177 zu § 38 Abs 1 des Entwurfs: "Vorrang der preisgünstigen ambulanten Behandlung").

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bb) Teilstationäre Krankenhausbehandlung unterscheidet sich von vorstationärer Behandlung zunächst dadurch, dass sie nicht notwendig ohne Unterkunft und Verpflegung und nicht nur zu eng umgrenzten Zwecken erfolgt wie etwa die vorstationäre Behandlung, um die Erforderlichkeit einer vollstationären Krankenhausbehandlung zu klären oder die vollstationäre Krankenhausbehandlung vorzubereiten (§ 115a Abs 1 Nr 1 SGB V, hier anzuwenden in der durch Art 1 Nr 71 GSG vom 21.12.1992, BGBl I 2266, eingefügten Fassung). Während die vorstationäre Behandlung grundsätzlich auf längstens drei Behandlungstage innerhalb von fünf Tagen vor Beginn der stationären Behandlung begrenzt ist (vgl § 115a Abs 2 S 1 SGB V) und die nachstationäre Behandlung grundsätzlich begrenzt ist auf höchstens sieben Behandlungstage innerhalb von 14 Tagen, bei Organübertragungen nach § 9 Abs 2 Transplantationsgesetz - TPG(§ 9 TPG idF durch Art 1 Nr 6 Gesetz vom 21.7.2012, BGBl I 1601 mWv 1.8.2012) auf grundsätzlich drei Monate nach Beendigung der stationären Krankenhausbehandlung (vgl § 115a Abs 2 S 2 SGB V), unterliegt die teilstationäre Behandlung nicht vergleichbaren Grenzen.

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cc) Zudem ist die Vergütungsstruktur für teilstationäre Krankenhausbehandlung der Versicherten nach der Gesetzeskonzeption an jene für vollstationäre Behandlung angelehnt. Sie unterscheidet sich insoweit von der Vergütungsstruktur für vor- und nachstationäre Leistungen (vgl hierzu zB BSGE 114, 199 = SozR 4-2500 § 115a Nr 4, RdNr 9 ff mwN). Die Vergütung für teilstationäre Behandlung bemisst sich nämlich grundsätzlich bei DRG-Krankenhäusern wie jenem der Klägerin nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage. Nach § 1 Abs 1 Krankenhausentgeltgesetz - KHEntgG(hier anzuwenden idF durch Art 2 Nr 1 Gesetz zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser vom 17.7.2003, BGBl I 1461) werden die vollstationären und teilstationären Leistungen der Krankenhäuser nach diesem Gesetz und dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) vergütet. Die Fallpauschalenvergütung für Krankenhausbehandlung Versicherter in zugelassenen Einrichtungen ergibt sich aus § 109 Abs 4 S 3 SGB V(idF durch Art 1 Nr 3 Fallpauschalengesetz vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 5 Zweites Fallpauschalenänderungsgesetz <2. FPÄndG> vom 15.12.2004, BGBl I 3429) und § 17b KHG(hier anzuwenden idF durch Art 18 Nr 4 GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vom 26.3.2007, BGBl I 378; vgl entsprechend BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 15 f; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 15). Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge, Fallpauschalenvereinbarungen ) konkretisiert. Der Spitzenverband Bund der KKn und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG(idF durch Art 19 Nr 3 GKV-WSG) mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 8 2. FPÄndG) einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen in den FPV auf der Grundlage des § 9 Abs 1 S 1 Nr 3 KHEntgG(idF durch Art 19 Nr 3 GKV-WSG).

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Besondere Einrichtungen, deren Leistungen insbesondere aus medizinischen Gründen, wegen einer Häufung von schwerkranken Patienten oder aus Gründen der Versorgungsstruktur mit den Entgeltkatalogen noch nicht sachgerecht vergütet werden, können zeitlich befristet aus dem Vergütungssystem ausgenommen werden (§ 17b Abs 1 S 15 KHG; ab 1.1.2016 § 17b Abs 1 S 10 KHG). Für Leistungen, die ab dem Jahr 2005 noch nicht mit den DRG-Fallpauschalen und Zusatzentgelten sachgerecht vergütet werden können, und für besondere Einrichtungen nach § 17b Abs 1 S 15 KHG vereinbaren die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG fall- oder tagesbezogene Entgelte oder in eng begrenzten Ausnahmefällen Zusatzentgelte, sofern die Leistungen oder besonderen Einrichtungen nach Feststellung der Vertragsparteien nach § 9 KHEntgG oder in einer Verordnung nach § 17b Abs 7 S 1 Nr 3 KHG von der Anwendung der DRG-Fallpauschalen und Zusatzentgelte ausgenommen sind(§ 6 Abs 1 S 1 KHEntgG).

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dd) Die Klägerin behandelte den Versicherten nach den aufgezeigten Kriterien seit 7.1.2008 teilstationär. Er erhielt nach dem Gesamtzusammenhang der unangegriffenen, den erkennenden Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)nach einem zuvor festgelegten Therapieschema an einzelnen Tagen im Rahmen einer mehrstündigen Behandlung in Abständen von ein bis zwei Wochen ua Chemotherapeutika mittels Infusion, wofür er der besonderen Mittel des Krankenhauses bedurfte. Die Klägerin plante auch für den 25.2.2008 eine solche Behandlung, zu der es dann jedoch nicht kam.

19

d) Das Gesetz fordert als Vergütungsvoraussetzung, dass auch bei teilstationärer Behandlung jede Aufnahme eines Versicherten nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich sein muss, weil das Behandlungsziel nicht durch vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Das folgt aus Regelungssystem (dazu aa), Wortlaut (dazu bb) und Regelungszweck (dazu cc). An der aufgezeigten Voraussetzung fehlt es (dazu dd).

20

aa) Die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - auch bei teilstationärer Krankenhausbehandlung unmittelbar mit Inanspruchnahme der teilstationären Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus - wie hier bei der Klägerin - durchgeführt wird und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist(stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 15, alle mwN). Die Zahlungsverpflichtung dient als Gegenleistung für die Erfüllung der Pflicht des zugelassenen Krankenhauses, Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten im Rahmen des Versorgungsauftrags zu leisten. Die Leistung des Krankenhauses ist nämlich zur Erfüllung des Leistungsanspruchs des Versicherten bestimmt (vgl BSG Großer Senat BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 10). Den Leistungsanspruch der Versicherten regelt ua § 39 SGB V. Die Krankenhausvergütung bemisst sich bei DRG-Krankenhäusern für die teilstationären Leistungen nach tagesbezogenen teilstationären Fallpauschalen oder Entgelten, die krankenhausindividuell (vgl § 6 Abs 1 S 1 KHEntgG) vereinbart worden sind (§ 6 Abs 1 FPV 2008).

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bb) Nach dem Gesetzeswortlaut wird das Krankenhaus mit einem Versorgungsvertrag (vgl § 109 Abs 1 SGB V) für die Dauer des Vertrages zur Krankenhausbehandlung der Versicherten zugelassen. Das zugelassene Krankenhaus ist im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten verpflichtet. Die KKn sind verpflichtet, unter Beachtung der Vorschriften des SGB V mit dem Krankenhausträger Pflegesatzverhandlungen nach Maßgabe des KHG, des KHEntgG und der BPflV zu führen (§ 109 Abs 4 S 1 bis 3 SGB V). Die Krankenhausbehandlung wird vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär (§ 115a SGB V) sowie ambulant (§ 115b SGB V) erbracht. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (vgl § 39 Abs 1 S 1 und 2 SGB V).

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cc) Sinngemäß gilt nach dem Regelungszweck Entsprechendes für den Anspruch Versicherter auf teilstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus: In diesem Fall muss die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich sein, weil das Behandlungsziel nicht durch vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die gesetzliche Regelung des § 39 Abs 1 S 2 SGB V spricht nur beispielhaft die vollstationäre Behandlung an. Die Regelung ist Ausdruck des umfassend geltenden Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 Abs 1 SGB V). Dementsprechend hat zB das Krankenhaus, dem ein Versicherter zur vorstationären Behandlung überwiesen wird, die Erforderlichkeit dieser Behandlung - schon im Eigeninteresse - vorab zu prüfen (vgl BSGE 114, 199 = SozR 4-2500 § 115a Nr 4, RdNr 25 mwN; BSG SozR 4-2500 § 115a Nr 5 RdNr 17 mwN). Ebenso muss nachstationäre Behandlung erforderlich sein, um abgerechnet werden zu können (vgl BSGE 114, 209 = SozR 4-2500 § 115a Nr 2, RdNr 17 mwN). Alle arbeitsteilig in die Krankenbehandlung eingebundenen Leistungserbringer sind im Interesse des Patienten, zur Sicherung eines geeigneten Vorgehens und zwecks Achtung des Wirtschaftlichkeitsgebots verpflichtet, im Rahmen ihrer professionellen Kompetenz laufend zu prüfen, ob der ursprünglich aufgestellte Therapieplan weiter zu verfolgen ist (vgl entsprechend zB zu Heilmittelerbringern BSGE 109, 116 = SozR 4-2500 § 125 Nr 7, RdNr 20).

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dd) Die Klägerin prüfte und verneinte entsprechend den aufgezeigten gesetzlichen Vorgaben am 25.2.2008, dass die teilstationäre Behandlung des Versicherten an diesem Tag erforderlich war. Seine Behandlung war wegen Durchfalls und Hand-Fuß-Syndroms kontraindiziert. Es ist vergütungsrechtlich ohne Belang, zu welchem Zeitpunkt vor Beginn der beabsichtigten Therapie am 25.2.2008 die Überprüfung der Erforderlichkeit erfolgte.

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 1, § 161 Abs 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 17. November 2015 und des Sozialgerichts Mannheim vom 3. Februar 2012 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Kosten des Rechtsstreits sind in allen Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über den Anspruch auf eine intravenöse Immunglobulin-Therapie (IVIG) mit dem Arzneimittel Intratect zur Behandlung einer Urtikariavaskulitis.

2

Die bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Klägerin leidet an einer Autoimmunerkrankung der Haut und der inneren Organe (systemischer Lupus erythematodes ). 2008 manifestierte sich eine Urtikariavaskulitis mit begleitender Zungenschwellung, welche ab September 2009 mit Rituximab therapiert wurde. Den Antrag der Klägerin (23.10.2009), die Kosten einer ambulanten Immunglobulin-Therapie mit 2 g Immunglobulin (beispielsweise Intratect) pro Kilogramm Körpergewicht (hier bei 80 kg Körpergewicht 160 g) über zwei Tage alle vier Wochen zu übernehmen, lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, die Voraussetzungen für einen sogenannten Off-Label-Use im Sinne des Einsatzes eines Arzneimittels außerhalb seiner Zulassung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) seien nicht erfüllt. Systematische größere zulassungsrelevante Studien fehlten (Bescheid vom 15.12.2009; Widerspruchsbescheid vom 25.3.2010). Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben (28.4.2010) und am selben Tag beim SG erfolgreich vorläufigen Rechtsschutz mit dem Ziel beantragt, die Beklagte zur Übernahme der Kosten einer IVIG-Therapie zu verpflichten (Beschluss des SG vom 20.5.2010 - S 4 KR 1566/10 ER). Das SG hat den Bescheid vom 15.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.3.2010 aufgehoben und die Beklagte "verurteilt, die Kosten für eine intravenöse Immunglobulintherapie zu übernehmen" (Urteil vom 3.2.2012). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen: Die Klage habe sich für die Vergangenheit durch die Gewährung der Sachleistung aufgrund der einstweiligen Anordnung des SG erledigt. Ein auf die Erstattung der Sachleistung in Geld gerichteter Anspruch scheide wegen der Vorwegnahme der Hauptsache aus. Die Klägerin habe auch für die Zukunft einen Anspruch auf Kostenübernahme für diese Behandlung. Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf ambulante vertragsärztliche Versorgung seien zwar nicht erfüllt. Intratect besitze keine arzneimittelrechtliche Zulassung für die Behandlung der Erkrankung der Klägerin. Die Voraussetzungen eines Off-Label-Use auf Kosten der GKV seien ebenfalls nicht erfüllt. Es bestehe aufgrund der Datenlage keine begründete Aussicht, mit Intratect einen Behandlungserfolg zu erzielen. Es lägen keine randomisiert-kontrollierten klinischen Studien bezüglich der Wirksamkeit der IVIG-Therapie bei SLE mit Urtikaria-Vaskulitis vor. Mangels positiver Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) habe die Klägerin auch keinen Anspruch auf die streitige Behandlung mit Immunglobulinen unter dem Gesichtspunkt einer ambulanten Pharmakotherapie. Ein aus § 2 Abs 1a SGB V oder aus verfassungskonformer Auslegung des Leistungsrechts sich ergebender Leistungsanspruch bestehe ebenfalls nicht. Die Klägerin leide nicht an einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden oder wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung. Der Anspruch auf die intravenöse Immunglobulintherapie ergebe sich für die Zeit ab Rechtskraft des Urteils des SG aber aus §§ 27 Abs 1, 39 Abs 1 SGB V iVm § 137c Abs 3 SGB V als Anspruch auf teilstationäre Krankenhausbehandlung. Zwar sei die Behandlungsmethode auch im stationären Bereich als "neu" anzusehen, das fehlende Urteil des GBA stehe dem Anspruch jedoch nicht entgegen. Die neue Behandlungsmethode der intravenösen Immunglobulintherapie biete das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative; ihre Anwendung erfolge nach den Regeln der ärztlichen Kunst (Urteil vom 17.11.2015).

3

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte sinngemäß eine Verletzung des § 86b Abs 2 SGG sowie der §§ 27 Abs 1, 39 Abs 1 und 137c Abs 3 SGB V und macht eine Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes geltend.

4

Die Beklagte beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 17. November 2015 und des Sozialgerichts Mannheim vom 3. Februar 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen,

hilfsweise

        

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 17. November 2015 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

5

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der beklagten KK ist begründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zu Unrecht zurückgewiesen. Die zulässige Klage (dazu 1.) ist unbegründet (dazu 2.). Die Klägerin hatte und hat keinen Anspruch auf IVIG.

8

1. Die erhobene Klage ist zulässig. Statthafte Klageart für das Begehren der Klägerin ist für vergangene Zeiträume die (kombinierte) Anfechtungs- und Feststellungsklage. Ihr Ziel ist nicht nur die Aufhebung der Entscheidung der Beklagten in der Hauptsache. Vielmehr will sie den Rechtsgrund für das "Behaltendürfen" der aufgrund einstweiliger Verfügung vorläufig erbrachten Sachleistungen feststellen lassen (vgl dazu BSGE 118, 40 = SozR 4-2500 § 51 Nr 3, RdNr 9; BSG Urteil vom 13.12.2016 - B 1 KR 10/16 R - RdNr 9, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Entgegen der Auffassung des LSG hat sich die Klage nicht "erledigt". Denn die Klägerin erhielt aufgrund des SG-Beschlusses im einstweiligen Rechtsschutz von der Beklagten vorläufig Sachleistungen. Bei einem Unterliegen im Hauptsacheverfahren kommt eine Erstattung der erbrachten Sachleistungen in Geld nach § 50 Abs 2 iVm § 50 Abs 1 S 2 SGB X und/oder ein Schadensersatzanspruch nach § 86b Abs 2 S 4 SGG iVm § 945 ZPO in Betracht(vgl nur Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 86b RdNr 22, 49 mwN). Hieran ändert die "Vorwegnahme der Hauptsache" durch die im SG-Beschluss ausgesprochene Verpflichtung der Beklagten zur Erbringung der Sachleistung nichts. Eine "echte" Vorwegnahme der Hauptsache, die keiner Korrektur für die Vergangenheit mehr zugänglich ist und allenfalls Schadensersatzansprüche auslösen kann, enthält der SG-Beschluss nicht. Auch bei einer Verpflichtung zu einer Sachleistung ist die Maßnahme in der Regel für die Vergangenheit korrigierbar (Keller, aaO, RdNr 31). Dies ergibt sich schon aus § 50 Abs 1 S 2 SGB X, der bei Sachleistungen, die nicht herausgegeben werden können(Lang/Waschull in Lehr- und Praxiskommentar SGB X, 4. Aufl 2016, § 50 RdNr 27), eine Erstattung in Geld vorsieht. Dies begründet auch das Feststellungsinteresse der Klägerin. Ob eine Erstattung oder ein Schadensersatzanspruch im Einzelfall geltend gemacht wird, besteht und durchsetzbar ist, bedarf in diesem Verfahren keiner Entscheidung.

9

Da die IVIG-Behandlung der Klägerin noch andauert, ist für die Zukunft eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG)richtige Klageart.

10

2. Die Revision ist begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die Kosten einer ambulanten IVIG-Behandlung der Klägerin zu übernehmen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Versorgung mit dem Arzneimittel Intratect im Rahmen ambulanter Behandlung der Urtikariavaskulitis bei SLE. Das Fertigarzneimittel Intratect besitzt weder die erforderliche Zulassung zur Behandlung der bei der Klägerin bestehenden Krankheit (dazu a) noch besteht Anspruch auf eine Versorgung nach den Grundsätzen des Off-Label-Use (dazu b). Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs 1a SGB V oder aus einem bei grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungsrechts sich ergebenden Leistungsanspruch(dazu c). Ein Seltenheitsfall liegt nicht vor (dazu d). Die Klägerin kann die IVIG-Therapie auch nicht als neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode beanspruchen (dazu e). Ein Anspruch auf IVIG als teilstationäre Leistung scheidet schon wegen des Vorrangs ambulanter Leistungen aus; der Umstand, dass die Klägerin durch eine Hochschulambulanz behandelt wurde, erweitert ihren Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln zu Lasten der GKV nicht (dazu f).

11

a) Die Klägerin kann mangels indikationsbezogener Zulassung von der Beklagten die Behandlung der Urtikariavaskulitis im Rahmen einer SLE mit dem Arzneimittel Intratect zu Lasten der GKV nach § 27 Abs 1 S 2 Nr 3 Fall 1 iVm § 31 Abs 1 S 1 SGB V nicht beanspruchen. Nach § 27 Abs 1 S 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst ua die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs 1 S 2 Nr 3 Fall 1 SGB V). Versicherte können Versorgung mit einem verschreibungspflichtigen Fertigarzneimittel zu Lasten der GKV grds nur beanspruchen, wenn eine arzneimittelrechtliche Zulassung für das Indikationsgebiet besteht, in dem es angewendet werden soll. Fertigarzneimittel sind mangels Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 2 Abs 1 S 3, § 12 Abs 1 SGB V) dagegen nicht von der Leistungspflicht der GKV nach § 27 Abs 1 S 2 Nr 1 und 3, § 31 Abs 1 S 1 SGB V umfasst, wenn ihnen die erforderliche(§ 21 Abs 1 Arzneimittelgesetz) arzneimittelrechtliche Zulassung fehlt (stRspr, vgl zB BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 22 mwN - D-Ribose; BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 15 - Ilomedin; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 6 RdNr 9 - restless legs/Cabaseril; BSG Urteil vom 27.3.2007 - B 1 KR 30/06 R - Juris RdNr 11 = USK 2007-36 - Cannabinol; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 21 - ADHS/Methylphenidat; BSGE 111, 168 = SozR 4-2500 § 31 Nr 22, RdNr 12 - Avastin). Das begehrte Fertigarzneimittel ist zulassungspflichtig. Weder in Deutschland noch EU-weit liegt die erforderliche Arzneimittelzulassung für eine intravenöse Immunglobulin-Therapie zur Behandlung einer Urtikariavaskulitis im Rahmen einer SLE oder ein übergeordnetes Indikationsgebiet vor, das die Urtikariavaskulitis im Rahmen einer SLE mit umfasst. Das steht nach den unangegriffenen und deshalb den Senat bindenden Feststellungen des LSG fest (§ 163 SGG).

12

b) Die Klägerin kann eine Versorgung mit Intratect auch im Rahmen eines Off-Label-Use auf Kosten der GKV weder nach § 35c SGB V, der die zulassungsüberschreitende Anwendung von Arzneimitteln aufgrund von Empfehlungen des GBA und im Falle von klinischen Studien regelt(dazu aa), noch nach allgemeinen Grundsätzen der Rechtsprechung beanspruchen (dazu bb).

13

aa) Bei der streitigen Immunglobulin-Therapie zur Behandlung einer Urtikariavaskulitis im Rahmen einer SLE handelt es sich um keinen durch § 35c Abs 1 SGB V und untergesetzliche Regelungen gedeckten Off-Label-Use. Nach § 92 Abs 1 S 1, S 2 Nr 6 SGB V beschließt der GBA die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten mit Arzneimitteln. Nach § 91 Abs 6 SGB V sind die Beschlüsse des GBA mit Ausnahme der Beschlüsse zu Entscheidungen nach § 137b SGB V für die Träger iS des § 91 Abs 1 S 1 SGB V, deren Mitglieder und Mitgliedskassen sowie für die Versicherten und die Leistungserbringer verbindlich. Abschnitt K und Anlage VI der Richtlinie des GBA über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinie vom 18.12.2008/22.1.2009, BAnz 2009, Nr 49a , zuletzt geändert am 18.8.2016, BAnz AT 9.11.2016 B2, mWv 10.11.2016) enthalten Einzelheiten über die "Verordnungsfähigkeit von zugelassenen Arzneimitteln in nicht zugelassenen Anwendungsgebieten" und führen Wirkstoffe als verordnungsfähig (Anlage VI zum Abschnitt K der Arzneimittel-Richtlinie A) bzw als nicht verordnungsfähig (Anlage VI Teil B) auf. Die AM-RL nennt hierbei intravenös zu applizierende Immunglobuline bei Urtikariavaskulitis nicht. Es fehlt damit an der erforderlichen expliziten Regelung der Verordnungsfähigkeit für die von der Zulassung nicht abgedeckte Indikation. Auf die Frage einer verzögerten Bearbeitung kommt es insoweit nicht an (vgl § 35c Abs 1 SGB V gegenüber § 135 Abs 1 S 4 SGB V). Eine Verzögerung in der Bearbeitung könnte nur zur Anwendung der allgemeinen Regeln des Off-Label-Use führen (vgl dazu unten, bb), nicht aber zu einer Zulassungsfiktion (BSGE 109, 211 = SozR 4-2500 § 31 Nr 19, RdNr 15 - BTX/A; vgl ähnlich bereits BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 44).

14

Auch die Voraussetzungen des § 35c Abs 2 SGB V sind nicht erfüllt. Danach haben Versicherte außerhalb des Anwendungsbereichs des Abs 1 Anspruch auf Versorgung mit zugelassenen Arzneimitteln in klinischen Studien, sofern hierdurch eine therapierelevante Verbesserung der Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung im Vergleich zu bestehenden Behandlungsmöglichkeiten zu erwarten ist, damit verbundene Mehrkosten in einem angemessenen Verhältnis zum erwarteten medizinischen Zusatznutzen stehen, die Behandlung durch einen Arzt erfolgt, der an der vertragsärztlichen Versorgung oder an der ambulanten Versorgung nach den §§ 116b und 117 SGB V teilnimmt, und der GBA der Arzneimittelverordnung nicht widerspricht. Die Klägerin beansprucht die Versorgung indes nicht im Rahmen einer klinischen Studie.

15

bb) Entsprechend der Anmerkung zu Abschnitt K AM-RL bleiben die allgemeinen, vom erkennenden Senat entwickelten Grundsätze für einen Off-Label-Use zu Lasten der GKV unberührt, wenn - wie hier - ein nicht in der AM-RL geregelter Off-Label-Use betroffen ist. Die nach diesen Grundsätzen erforderlichen Voraussetzungen sind ebenfalls nicht erfüllt. Ein Off-Label-Use kommt danach nur in Betracht, wenn es 1. um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung geht, 2. keine andere Therapie verfügbar ist und 3. aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann (vgl zB BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 17 f - Ilomedin; BSGE 109, 211 = SozR 4-2500 § 31 Nr 19, RdNr 17 mwN - BTX/A). Abzustellen ist dabei auf die im jeweiligen Zeitpunkt der Behandlung vorliegenden Erkenntnisse (vgl BSGE 95, 132 RdNr 20 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 27 mwN - Wobe-Mugos E; im Falle des Systemversagens s BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 10 RdNr 24 mwN - Neuropsychologische Therapie).

16

An einer aufgrund der Datenlage begründeten Erfolgsaussicht fehlt es. Von hinreichenden Erfolgsaussichten ist nur dann auszugehen, wenn Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass das betroffene Arzneimittel für die relevante Indikation zugelassen werden kann. Es müssen also Erkenntnisse in der Qualität einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III (gegenüber Standard oder Placebo) veröffentlicht sein (allgemein zur Bedeutung der Phasen-Einteilung vgl BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 20 - Ilomedin) und einen klinisch relevanten Nutzen bei vertretbaren Risiken belegen oder außerhalb eines Zulassungsverfahrens gewonnene Erkenntnisse von gleicher Qualität veröffentlicht sein (vgl zB BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 17 f - Ilomedin; BSGE 109, 211 = SozR 4-2500 § 31 Nr 19, RdNr 17 mwN - BTX/A). Daran fehlt es. Nach den den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) kam es zu einer abgeschlossenen, veröffentlichten Studie in der Qualität einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III mit Relevanz für die Erkrankung der Klägerin bislang nicht. Es existieren ausschließlich Fallberichte, Fallserien, kleinere epidemiologische Untersuchungen und Übersichtsarbeiten.

17

c) Die Klägerin hat keinen bei grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungsrechts sich ergebenden Leistungsanspruch auf Versorgung mit IVIG (dazu aa). Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs 1a SGB V(in Kraft seit 1.1.2012; Art 1 Nr 1 und Art 15 Abs 1 Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22.12.2011, BGBl I 2983; dazu bb).

18

aa) Nach dem Beschluss des BVerfG vom 6.12.2005 geben die Grundrechte aus Art 2 Abs 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art 2 Abs 2 GG einen Anspruch auf Krankenversorgung in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung, wenn für sie eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht und die vom Versicherten gewählte andere Behandlungsmethode eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf verspricht (BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Nach den den Senat bindenden Feststellungen des LSG liegt schon keine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung bei der Klägerin vor.

19

Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist es von Verfassungs wegen nicht geboten, die Grundsätze des Beschlusses vom 6.12.2005 auf Erkrankungen zu erstrecken, die wertungsmäßig mit lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankungen vergleichbar sind. Dies würde dem Ausnahmecharakter eines solchen verfassungsunmittelbaren Leistungsanspruchs nicht gerecht werden. Vielmehr bleibt der unmittelbar verfassungsrechtliche Leistungsanspruch auf extreme Situationen einer krankheitsbedingten Lebensgefahr beschränkt (vgl BVerfGE 140, 229, RdNr 18).

20

bb) Der Gesetzgeber hat demgegenüber im Anschluss an die Rechtsprechung des erkennenden Senats die grundrechtsorientierte Auslegung auch auf wertungsmäßig vergleichbare Erkrankungen erstreckt (vgl § 2 Abs 1a SGB V). Danach können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von § 2 Abs 1 S 3 SGB V abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.

21

Die Klägerin erfüllt diese Voraussetzungen nicht. § 2 Abs 1a SGB V enthält nach der Gesetzesbegründung eine Klarstellung zum Geltungsumfang des sog Nikolaus-Beschlusses des BVerfG vom 6.12.2005 (BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5) für das Leistungsrecht der GKV (BT-Drucks 17/6906 S 53). Das bedeutet, dass nach den konkreten Umständen des Falles bereits drohen muss, dass sich der voraussichtlich tödliche Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird (vgl BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, RdNr 21 und 30 mwN; BSG Urteil vom 27.3.2007 - B 1 KR 17/06 R - Juris RdNr 23; BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 1 KN 3/07 KR R - Juris RdNr 32). Nichts anderes gilt für wertungsmäßig vergleichbare Erkrankungen (BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 32). Die Erkrankung der Klägerin wird nicht mit großer Wahrscheinlichkeit zum Tod führen. Nach den Feststellungen des LSG kann die Erkrankung der Klägerin zwar "potentiell lebensgefährlich" sein aufgrund von auftretenden Zungenschwellungen mit Erstickungsgefahr im Rahmen von Urtikaria-Episoden. Mit Hilfe der Medikamente eines von der Klägerin immer mitgeführten und in der Vergangenheit zwei Mal eingesetzten Notfallsets klingen die Beschwerden aber ab. Eine intensiv-medizinische Behandlung ist nicht erforderlich.

22

d) Die Klägerin kann sich auch nicht auf einen Seltenheitsfall berufen. Hierzu darf das festgestellte Krankheitsbild aufgrund seiner Singularität medizinisch nicht erforschbar sein (vgl auch BSGE 109, 218 = SozR 4-2500 § 31 Nr 20, RdNr 14 - Leucinose; BSGE 111, 168 = SozR 4-2500 § 31 Nr 22, RdNr 19). Die Urtikariavaskulitis mit SLE ist zwar eine Krankheit, die nach den Feststellungen des LSG weltweit nur sehr selten auftritt - die Zahl der jährlichen Neuerkrankungen des SLE beträgt nach den Feststellungen des LSG bis 25 pro 100 000 Einwohner, die Urtikariavaskulitis kann in 10 bis 15 % der Patienten mit SLE auftreten. Es ist aber ausgeschlossen, für die genannten Seltenheitsfälle allein auf die Häufigkeit einer Erkrankung abzustellen (vgl BSGE 111, 168 = SozR 4-2500 § 31 Nr 22, RdNr 20). Allein geringe Patientenzahlen stehen einer wissenschaftlichen Erforschung nicht entgegen, wenn etwa die Ähnlichkeit zu weit verbreiteten Erkrankungen eine wissenschaftliche Erforschung ermöglicht. Das gilt erst recht, wenn - trotz der Seltenheit der Erkrankung - die Krankheitsursache oder Wirkmechanismen der bei ihr auftretenden Symptomatik wissenschaftlich klärungsfähig sind, deren Kenntnis der Verwirklichung eines der in § 27 Abs 1 S 1 SGB V genannten Ziele der Krankenbehandlung dienen kann(vgl BSGE 111, 168 = SozR 4-2500 § 31 Nr 22, RdNr 19). Dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG ist zu entnehmen, dass SLE systematisch erforscht ist. Bei der Urtikariavaskulitis erschweren die Seltenheit und unzureichende Definitionen und Klassifizierungen der Urtikariavaskulitis zwar deren systematische Erforschung, sie machen sie aber nicht unmöglich.

23

e) Die Klägerin kann die IVIG-Therapie auch nicht als neue Behandlungsmethode beanspruchen. Denn die Therapie ist im Rechtssinne keine neue Behandlungsmethode, sondern betrifft lediglich den zulassungsfremden Einsatz eines Arzneimittels. Eine Krankenbehandlung, bei der dem Versicherten ein Fertigarzneimittel bestimmungsgemäß in einem besonderen Verfahren verabreicht wird, darf auf Kosten der GKV grundsätzlich nur erfolgen, wenn das Medikament über eine arzneimittelrechtliche Zulassung verfügt und wenn der GBA - soweit erforderlich - in Richtlinien nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode nach § 135 Abs 1 SGB V ausgesprochen hat(BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1; BSGE 117, 10 = SozR 4-2500 § 13 Nr 32, RdNr 10 ff). Ärztliche "Behandlungsmethoden" im Sinne der GKV sind medizinische Vorgehensweisen, denen ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zugrunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll (vgl zB BSGE 82, 233, 237 = SozR 3-2500 § 31 Nr 5 - Jomol; vgl BSGE 88, 51, 60 = SozR 3-2500 § 27a Nr 2 mwN; BSGE 113, 241 = SozR 4-2500 § 13 Nr 29, RdNr 15 mwN). Eine Methode ist "neu", wenn sie zum Zeitpunkt der Leistungserbringung nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) enthalten ist (vgl zum Merkmal "neu" BSGE 117, 1 = SozR 4-2500 § 28 Nr 8, RdNr 21; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 18 RdNr 21 mwN). Zudem gelten als "neue” Methoden oder Methodenteile solche Leistungen, die zwar als ärztliche Leistungen im EBM-Ä aufgeführt sind, deren Indikation aber wesentliche Änderungen oder Erweiterungen erfahren hat (vgl BSGE 81, 54, 58 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 mwN; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 8 RdNr 20 mwN). Erschöpft sich dagegen eine Behandlungsmethode in der Anwendung eines für die betreffende Indikation arzneimittelrechtlich zugelassenen neuartigen Fertigarzneimittels, bedarf sie keiner Empfehlung des GBA, weil sie kraft der arzneimittelrechtlichen Zulassung als Leistungsbestandteil der GKV gilt (vgl BSGE 86, 54, 60 = SozR 3-2500 § 135 Nr 14). Therapieinnovationen, die durch die Ausgestaltung des EBM-Ä bereits erfasst sind, bedürfen nicht erst einer Empfehlung des GBA, sondern sind ohne weiteres Teil des Leistungskatalogs, soweit sie den Qualitätsanforderungen der GKV genügen. Dies gilt auch für Innovationen, die sich bei gleicher Applikationsform auf die Gabe neu zugelassener Fertigarzneimittel im Indikationsbereich beschränken (vgl zum Ganzen Hauck, NZS 2007, 461, 463).

24

So liegt es hier. Die intravenöse Applikation von Arzneimitteln durch Injektionen in den menschlichen Körper ist als wissenschaftliches Konzept schon lange bekannt und als solche im EBM-Ä abgebildet (vgl generell BSGE 117, 10 = SozR 4-2500 § 13 Nr 32, RdNr 21). Gleiches gilt für die Kombination einer Infusion mit einer vorangegangenen Blutabnahme, einer ärztlichen Beratung und der an die Infusion anschließenden Überwachung. Das Immunglobulin verfügt aber weder über eine arzneimittelrechtliche Zulassung für die betroffene Indikation, noch besteht - wie dargelegt - Anspruch auf seine Gabe außerhalb der Indikation, für die die arzneimittelrechtliche Zulassung besteht.

25

f) Ein Anspruch der Klägerin auf IVIG besteht schließlich auch nicht im Rahmen einer teilstationären Krankenhausbehandlung nach §§ 27 Abs 1, 39 Abs 1 SGB V iVm § 137c Abs 3 SGB V. Teilstationäre Behandlung unterscheidet sich nach der gesetzlichen Gesamtkonzeption von vollstationärer Behandlung im Krankenhaus im Wesentlichen dadurch, dass sie nicht auf eine Aufnahme rund um die Uhr ausgerichtet ist, sondern nur jeweils zumindest einen Teil eines Tages umfasst (BSG Urteil vom 19.4.2016 - B 1 KR 21/15 R - SozR 4-2500 § 109 Nr 54 RdNr 12, auch für BSGE vorgesehen). Der Zugang zu teilstationärer Krankenhausversorgung erfolgt unter den üblichen Voraussetzungen der Krankenhauspflege (BSG Urteil vom 19.4.2016 - B 1 KR 21/15 R - SozR 4-2500 § 109 Nr 54 RdNr 13, auch für BSGE vorgesehen). Teilstationäre Krankenhausversorgung dient aber weder dazu, arzneimittelrechtliche Grenzen - außerhalb der hier nicht betroffenen Sonderregelungen für Arzneimittelstudien - zu überspielen (dazu aa), noch bei ambulant möglicher Behandlung deren Zugangshürden durch ein Ausweichen auf diese Form der Krankenhausbehandlung zu umgehen (dazu bb).

26

aa) Die vom erkennenden Senat entwickelte Rechtsprechung zu den Grundlagen und Grenzen des Anspruchs auf Arzneimittelversorgung gilt nicht nur für den Bereich der vertragsärztlichen, sondern in gleicher Weise für den Bereich der stationären Versorgung. Wie oben dargelegt können Versicherte Versorgung mit einem verschreibungspflichtigen Fertigarzneimittel zu Lasten der GKV nur beanspruchen, wenn eine arzneimittelrechtliche Zulassung für das Indikationsgebiet besteht, in dem es angewendet werden soll. Fertigarzneimittel sind mangels Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 2 Abs 1 S 3, § 12 Abs 1 SGB V)dagegen nicht von der Leistungspflicht der GKV nach § 27 Abs 1 S 2 Nr 1 und 3, § 31 Abs 1 S 1 SGB V umfasst, wenn ihnen die erforderliche(§ 21 Abs 1 AMG) arzneimittelrechtliche Zulassung fehlt. Der Schutz Versicherter durch das materielle Arzneimittelzulassungsrecht macht nicht vor dem Krankenhaus Halt. Die Patienten in stationärer Behandlung sind nicht weniger schutzbedürftig als jene in vertragsärztlicher Versorgung. Für die Arzneimittelversorgung gelten im Krankenhaus grundsätzlich keine von der vertragsärztlichen Versorgung abweichenden Maßstäbe (vgl zum Ganzen Hauck, MedR 2010, 226, 229 unter II. 1. c). Dementsprechend erlaubt auch teilstationäre Krankenhausbehandlung keine weitergehenden Ausnahmen für den Anspruch Versicherter auf betroffene Arzneimittelversorgung. Aus der Regelung des § 137c Abs 3 SGB V ergibt sich - ungeachtet deren Reichweite und ihres Anwendungsbereichs - vorliegend nichts Abweichendes. Denn - wie dargelegt - geht es im Kern um den Anspruch auf die zulassungsüberschreitende Arzneimittelversorgung, nicht um eine Arzneimittelapplikationsform im Sinne einer Behandlungsmethode.

27

bb) Auch bei teilstationärer Behandlung muss im Übrigen jede Aufnahme eines Versicherten nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich sein, weil das Behandlungsziel nicht durch vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (BSG Urteil vom 19.4.2016 - B 1 KR 21/15 R - SozR 4-2500 § 109 Nr 54 RdNr 19 ff, auch für BSGE vorgesehen). Nach § 39 Abs 1 S 2 SGB V besteht Anspruch auf vollstationäre Behandlung nur, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Damit ist die vollstationäre Krankenhausbehandlung nachrangig gegenüber allen anderen Arten der Krankenbehandlung. Der Nachrang der vollstationären Behandlung trägt deren Bedeutung als medizinisch intensivster und aufwendigster Form der Krankenbehandlung Rechnung und stellt eine besondere Ausprägung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 Abs 1 SGB V) dar. Der Nachrang gegenüber der ambulanten Versorgung - einschließlich der vor- und nachstationären Behandlung - gilt als Ausprägung des Wirtschaftlichkeitsgebots auch ohne ausdrückliche Erwähnung in § 39 Abs 1 S 2 SGB V für die teilstationäre Behandlung als im Vergleich zu vollstationärer Krankenhausbehandlung wesensgleiche Teilleistung(BSG Urteil vom 19.4.2016 - B 1 KR 21/15 R - SozR 4-2500 § 109 Nr 54 RdNr 14, auch für BSGE vorgesehen). Daher ist auch die teilstationäre Behandlung nachrangig gegenüber allen Formen der ambulanten Versorgung (BSG aaO). Dementsprechend regelt § 2 Abs 4 S 1 der Richtlinie des GBA über die Verordnung von Krankenhausbehandlung(Krankenhauseinweisungs-Richtlinie/KE-RL, in der Neufassung vom 22.1.2015, BAnz AT 29.4.2015 B2 vom 29.4.2015), dass teilstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus zulässig ist, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch die zuständige Ärztin oder den zuständigen Arzt des Krankenhauses erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann.

28

Eine teilstationäre Behandlung war nicht in diesem Sinn erforderlich. Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ist ein Krankheitszustand, dessen Behandlung den Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich macht (vgl BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 18 ff; BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2, RdNr 16; BSGE 94, 161 = SozR 4-2500 § 39 Nr 4, RdNr 14). Als besondere Mittel des Krankenhauses hat die Rechtsprechung des BSG eine apparative Mindestausstattung, geschultes Pflegepersonal und einen jederzeit präsenten oder rufbereiten Arzt herausgestellt (BSGE 59, 116, 117 = SozR 2200 § 184 Nr 27; BSG SozR 2200 § 184 Nr 28; BSGE 83, 254, 259 = SozR 3-2500 § 37 Nr 1; BSG SozR 3-2500 § 109 Nr 9). Dabei ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, bei der den mit Aussicht auf Erfolg angestrebten Behandlungszielen und den vorhandenen Möglichkeiten einer vorrangigen ambulanten Behandlung entscheidende Bedeutung zukommt (vgl BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 18; BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2, RdNr 16; BSGE 94, 161 = SozR 4-2500 § 39 Nr 4, RdNr 14). Ermöglicht es der Gesundheitszustand des Patienten, das Behandlungsziel durch andere Maßnahmen, insbesondere durch ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege, zu erreichen, so besteht kein Anspruch auf stationäre oder teilstationäre Behandlung.

29

Ob einem Versicherten voll- oder teilstationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren ist, richtet sich dabei allein nach den medizinischen Erfordernissen (vgl BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 15; BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 23). Die Erforderlichkeit einer Krankenhausbehandlung ist nicht schon wegen des Fehlens einer positiven Empfehlung des GBA zu verneinen oder deshalb zu bejahen, weil der GBA kein Negativvotum nach § 137c SGB V ausgesprochen hat, die Behandlung das Potential einer Behandlungsalternative bietet und der GBA die Methode für die vertragsärztliche Behandlung nicht empfohlen hat(vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 19; vgl zu Ausnahmefällen auch Hauck, NZS 2007, 461, 464, bei Fn 43 und 44 mwN). In jedem Fall bedarf es neben der generellen auch der individuellen Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung im Einzelfall (vgl BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 19 mwN; BSG Beschluss vom 7.11.2006 - B 1 KR 32/04 R - RdNr 28 und 37 f mwN).

30

Hieran fehlt es. Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG kann IVIG ambulant erfolgen. Es handelt sich um eine Infusionsbehandlung mit den oben genannten Begleitmaßnahmen, die ein Vertragsarzt durchführen kann. Dementsprechend hat auch die Immunologische Ambulanz des Universitäts-Klinikums H. für die Klägerin eine ambulante Immunglobulin-Therapie beantragt und nach entsprechender einstweiliger Verpflichtung der Beklagten als solche in der Hochschulambulanz des Uni-Klinikums durchgeführt und abgerechnet, wie der vom LSG in Bezug genommene Akteninhalt ergibt. Das LSG hat nicht etwa festgestellt, dass die Behandlung die besonderen Mittel eines Krankenhauses erfordere. Davon ist auch in keiner ärztlichen Stellungnahme die Rede. Der Rechtsauffassung des LSG, es könne die Therapie (dennoch) als teilstationäre Behandlung qualifizieren, vermag der erkennende Senat nicht zu folgen. Die Behandlung der Klägerin erfolgte in einer Hochschulambulanz (§ 117 SGB V). § 117 SGB V eröffnet den Hochschulambulanzen den Zugang zur ambulanten ärztlichen Versorgung, um die universitäre Forschung und Lehre zu unterstützen(vgl BSGE 82, 216, 221 = SozR 3-5520 § 31 Nr 9 S 37 f; zu § 117 Abs 2 SGB V: BSG SozR 4-2500 § 117 Nr 1 RdNr 35). Die von Ärzten in Hochschulambulanzen in dem für Forschung und Lehre erforderlichen Umfang erbrachten ambulanten Leistungen sind Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung (vgl BSGE 109, 211 = SozR 4-2500 § 31 Nr 19, RdNr 26 - BTX/A). Sie sind unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt eine Krankenhausbehandlung (vgl rechtsähnlich zu Leistungen ermächtigter Krankenhausärzte nach § 116 SGB V BSG SozR 4-2500 § 129a Nr 1 RdNr 20). Die Rüge der Beklagten, das LSG habe seine Pflicht zur Amtsermittlung (§ 103 SGG) verletzt, geht insoweit ins Leere.

31

Die Behandlung der Klägerin durch Ärzte der Hochschulambulanz des Uni-Klinikums kann auch nach allgemeinen Grundsätzen (vgl BSGE 109, 211 = SozR 4-2500 § 31 Nr 19, RdNr 25 f - BTX/A)keinen anderen Versorgungsanspruch begründen als den, der ihr zugestanden hätte, wenn sie sich in die Behandlung eines Vertragsarztes begeben hätte.

32

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen vereinbaren auf der Grundlage des Gutachtens nach Absatz 1a bis zum 31. Januar 2022

1.
einen Katalog ambulant durchführbarer Operationen, sonstiger stationsersetzender Eingriffe und stationsersetzender Behandlungen,
2.
einheitliche Vergütungen für Krankenhäuser und Vertragsärzte.
Die Vereinbarung nach Satz 1 tritt mit ihrem Wirksamwerden an die Stelle der am 31. Dezember 2019 geltenden Vereinbarung. In die Vereinbarung nach Satz 1 Nummer 1 sind die in dem Gutachten nach Absatz 1a benannten ambulant durchführbaren Operationen und die stationsersetzenden Eingriffe und stationsersetzenden Behandlungen aufzunehmen, die in der Regel ambulant durchgeführt werden können, sowie allgemeine Tatbestände zu bestimmen, bei deren Vorliegen eine stationäre Durchführung erforderlich sein kann. Die Vergütung nach Satz 1 Nummer 2 ist nach dem Schweregrad der Fälle zu differenzieren und erfolgt auf betriebswirtschaftlicher Grundlage, ausgehend vom einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen unter ergänzender Berücksichtigung der nichtärztlichen Leistungen, der Sachkosten sowie der spezifischen Investitionsbedingungen. In der Vereinbarung sind die Qualitätsvoraussetzungen nach § 135 Abs. 2 sowie die Richtlinien und Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Abs. 1 Satz 2 und den §§ 136 bis 136b zu berücksichtigen. In der Vereinbarung ist vorzusehen, dass die Leistungen nach Satz 1 auch auf der Grundlage einer vertraglichen Zusammenarbeit des Krankenhauses mit niedergelassenen Vertragsärzten ambulant im Krankenhaus erbracht werden können. Die Vereinbarung nach Satz 1 ist mindestens alle zwei Jahre, erstmals zum 31. Dezember 2023, durch Vereinbarung an den Stand der medizinischen Erkenntnisse anzupassen. Der Vereinbarungsteil nach Satz 1 Nummer 1 bedarf der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit.

(1a) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen leiten bis zum 30. Juni 2020 das Verfahren für die Vergabe eines gemeinsamen Gutachtens ein, in dem der Stand der medizinischen Erkenntnisse zu ambulant durchführbaren Operationen, stationsersetzenden Eingriffen und stationsersetzenden Behandlungen untersucht wird. Das Gutachten hat ambulant durchführbare Operationen, stationsersetzende Eingriffe und stationsersetzende Behandlungen konkret zu benennen und in Verbindung damit verschiedene Maßnahmen zur Differenzierung der Fälle nach dem Schweregrad zu analysieren. Im Gutachtensauftrag ist vorzusehen, dass das Gutachten spätestens innerhalb eines Jahres, nachdem das Gutachten in Auftrag gegeben worden ist, fertigzustellen ist.

(2) Die Krankenhäuser sind zur ambulanten Durchführung der in dem Katalog genannten Operationen, stationsersetzenden Eingriffe und stationsersetzenden Behandlungen zugelassen. Hierzu bedarf es einer Mitteilung des Krankenhauses an die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen, die Kassenärztliche Vereinigung und den Zulassungsausschuß (§ 96); die Kassenärztliche Vereinigung unterrichtet die Landeskrankenhausgesellschaft über den Versorgungsgrad in der vertragsärztlichen Versorgung. Das Krankenhaus ist zur Einhaltung des Vertrages nach Absatz 1 verpflichtet. Die Leistungen werden unmittelbar von den Krankenkassen vergütet. Die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität erfolgt durch die Krankenkassen; die Krankenhäuser übermitteln den Krankenkassen die Daten nach § 301, soweit dies für die Erfüllung der Aufgaben der Krankenkassen erforderlich ist. Leistungen, die Krankenhäuser auf Grundlage des Katalogs nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 ambulant erbringen, unterliegen nicht der Prüfung durch den Medizinischen Dienst nach § 275c Absatz 1 in Verbindung mit § 275 Absatz 1 Nummer 1.

(3) Kommt eine der Vereinbarungen nach Absatz 1 nicht fristgerecht zustande oder wird eine Vereinbarung nach Absatz 1 ganz oder teilweise beendet und kommt bis zum Ablauf der Vereinbarungszeit keine neue Vereinbarung zustande, entscheidet auf Antrag einer Vertragspartei das sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene gemäß § 89a. Absatz 1 Satz 7 gilt entsprechend für die Festsetzung nach Satz 1 durch das sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene gemäß § 89a.

(4) In der Vereinbarung nach Absatz 1 können Regelungen über ein gemeinsames Budget zur Vergütung der ambulanten Operationsleistungen der Krankenhäuser und der Vertragsärzte getroffen werden. Die Mittel sind aus der Gesamtvergütung und den Budgets der zum ambulanten Operieren zugelassenen Krankenhäuser aufzubringen.

(1) Das Krankenhaus kann bei Verordnung von Krankenhausbehandlung Versicherte in medizinisch geeigneten Fällen ohne Unterkunft und Verpflegung behandeln, um

1.
die Erforderlichkeit einer vollstationären Krankenhausbehandlung zu klären oder die vollstationäre Krankenhausbehandlung vorzubereiten (vorstationäre Behandlung) oder
2.
im Anschluß an eine vollstationäre Krankenhausbehandlung den Behandlungserfolg zu sichern oder zu festigen (nachstationäre Behandlung).
Das Krankenhaus kann die Behandlung nach Satz 1 auch durch hierzu ausdrücklich beauftragte niedergelassene Vertragsärzte in den Räumen des Krankenhauses oder der Arztpraxis erbringen. Absatz 2 Satz 5 findet insoweit keine Anwendung.

(2) Die vorstationäre Behandlung ist auf längstens drei Behandlungstage innerhalb von fünf Tagen vor Beginn der stationären Behandlung begrenzt. Die nachstationäre Behandlung darf sieben Behandlungstage innerhalb von 14 Tagen, bei Organübertragungen nach § 9 Absatz 2 des Transplantationsgesetzes drei Monate nach Beendigung der stationären Krankenhausbehandlung nicht überschreiten. Die Frist von 14 Tagen oder drei Monaten kann in medizinisch begründeten Einzelfällen im Einvernehmen mit dem einweisenden Arzt verlängert werden. Kontrolluntersuchungen bei Organübertragungen nach § 9 Absatz 2 des Transplantationsgesetzes dürfen vom Krankenhaus auch nach Beendigung der nachstationären Behandlung fortgeführt werden, um die weitere Krankenbehandlung oder Maßnahmen der Qualitätssicherung wissenschaftlich zu begleiten oder zu unterstützen. Eine notwendige ärztliche Behandlung außerhalb des Krankenhauses während der vor- und nachstationären Behandlung wird im Rahmen des Sicherstellungsauftrags durch die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte gewährleistet. Das Krankenhaus hat den einweisenden Arzt über die vor- oder nachstationäre Behandlung sowie diesen und die an der weiteren Krankenbehandlung jeweils beteiligten Ärzte über die Kontrolluntersuchungen und deren Ergebnis unverzüglich zu unterrichten. Die Sätze 2 bis 6 gelten für die Nachbetreuung von Organspendern nach § 8 Abs. 3 Satz 1 des Transplantationsgesetzes entsprechend.

(3) Die Landesverbände der Krankenkassen, die Ersatzkassen und der Landesausschuß des Verbandes der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren mit der Landeskrankenhausgesellschaft oder mit den Vereinigungen der Krankenhausträger im Land gemeinsam und im Benehmen mit der kassenärztlichen Vereinigung die Vergütung der Leistungen mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 18 Abs. 2 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes. Die Vergütung soll pauschaliert werden und geeignet sein, eine Verminderung der stationären Kosten herbeizuführen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft oder die Bundesverbände der Krankenhausträger gemeinsam geben im Benehmen mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Empfehlungen zur Vergütung ab. Diese gelten bis zum Inkrafttreten einer Vereinbarung nach Satz 1. Kommt eine Vereinbarung über die Vergütung innerhalb von drei Monaten nicht zustande, nachdem eine Vertragspartei schriftlich zur Aufnahme der Verhandlungen aufgefordert hat, setzt die Schiedsstelle nach § 18a Abs. 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes auf Antrag einer Vertragspartei oder der zuständigen Landesbehörde die Vergütung fest.

(1) Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam schließen mit der Landeskrankenhausgesellschaft oder mit den Vereinigungen der Krankenhausträger im Land gemeinsam Verträge, um sicherzustellen, daß Art und Umfang der Krankenhausbehandlung den Anforderungen dieses Gesetzbuchs entsprechen.

(2) Die Verträge regeln insbesondere

1.
die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung einschließlich der
a)
Aufnahme und Entlassung der Versicherten,
b)
Kostenübernahme, Abrechnung der Entgelte, Berichte und Bescheinigungen,
2.
die Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung einschließlich eines Kataloges von Leistungen, die in der Regel teilstationär erbracht werden können,
3.
Verfahrens- und Prüfungsgrundsätze für Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfungen,
4.
die soziale Betreuung und Beratung der Versicherten im Krankenhaus,
5.
den nahtlosen Übergang von der Krankenhausbehandlung zur Rehabilitation oder Pflege,
6.
das Nähere über Voraussetzungen, Art und Umfang der medizinischen Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1.
Sie sind für die Krankenkassen und die zugelassenen Krankenhäuser im Land unmittelbar verbindlich.

(3) Kommt ein Vertrag nach Absatz 1 bis zum 31. Dezember 1989 ganz oder teilweise nicht zustande, wird sein Inhalt auf Antrag einer Vertragspartei durch die Landesschiedsstelle nach § 114 festgesetzt.

(4) Die Verträge nach Absatz 1 können von jeder Vertragspartei mit einer Frist von einem Jahr ganz oder teilweise gekündigt werden. Satz 1 gilt entsprechend für die von der Landesschiedsstelle nach Absatz 3 getroffenen Regelungen. Diese können auch ohne Kündigung jederzeit durch einen Vertrag nach Absatz 1 ersetzt werden.

(5) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft oder die Bundesverbände der Krankenhausträger gemeinsam sollen Rahmenempfehlungen zum Inhalt der Verträge nach Absatz 1 abgeben.

(6) Beim Abschluß der Verträge nach Absatz 1 und bei Abgabe der Empfehlungen nach Absatz 5 sind, soweit darin Regelungen nach Absatz 2 Nr. 5 getroffen werden, die Spitzenorganisationen der Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen zu beteiligen.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Anordnungen und Entscheidungen, durch die eine Frist in Lauf gesetzt wird, sind den Beteiligten zuzustellen, bei Verkündung jedoch nur, wenn es ausdrücklich vorgeschrieben ist. Terminbestimmungen und Ladungen sind bekannt zu geben.

(2) Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung. §§ 173, 175 und 178 Abs. 1 Nr. 2 der Zivilprozessordnung sind entsprechend anzuwenden auf die nach § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 9 zur Prozessvertretung zugelassenen Personen.

(3) Wer nicht im Inland wohnt, hat auf Verlangen einen Zustellungsbevollmächtigten zu bestellen.

Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit werden mit Berufsrichtern und ehrenamtlichen Richtern besetzt.

Die ehrenamtlichen Richter am Bundessozialgericht müssen das fünfunddreißigste Lebensjahr vollendet haben; sie sollen mindestens fünf Jahre ehrenamtliche Richter an einem Sozialgericht oder Landessozialgericht gewesen sein. Im übrigen gelten die §§ 16 bis 23 entsprechend mit der Maßgabe, daß in den Fällen des § 18 Abs. 4, der §§ 21 und 22 Abs. 2 der vom Präsidium für jedes Geschäftsjahr im voraus bestimmte Senat des Bundessozialgerichts entscheidet.

(1) Sind außer dem Hauptanspruch auch Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen betroffen, wird der Wert der Nebenforderungen nicht berücksichtigt.

(2) Sind Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Wert der Nebenforderungen maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.

(3) Sind die Kosten des Rechtsstreits ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Betrag der Kosten maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 30. Juli 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 3267,47 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung.

2

Das für die Behandlung Versicherter zugelassene Krankenhaus der klagenden Krankenhausträgerin in G behandelte den 1927 geborenen, bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherten Kurt F. (im Folgenden: Versicherter) vollstationär vom 12.10. bis 2.11.2007 ua wegen Kraftschwäche der rechten Hand und globaler kardialer Dekompensation. Die Klägerin berechnete die Fallpauschale (DRG) F48Z - (geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung bei Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems; kodiert: Operationen- und Prozeduren-Schlüssel 8-550.1, geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung - mindestens 14 Behandlungstage und 20 Therapieeinheiten; 6338,15 Euro; 7.11.2007). Sie ging von frührehabilitativer Komplexbehandlung ab 17.10.2007 aus, übermittelte der Beklagten aber keine Angaben über durchgeführte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Die Beklagte weigerte sich, zu zahlen: Die Klägerin dürfe nach einem Prüfbericht des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlungen nur abrechnen, falls bei Abwesenheit von Dipl. med. G, die allein die Zusatzbezeichnung "Klinische Geriatrie" führe, adäquater Ersatz zur Verfügung stehe (4.9.2007). Sie habe die Klägerin informiert (9.10.2007), Rechnungen mit OPS 8-550.* nur zu akzeptieren, wenn die Klägerin die strukturellen Voraussetzungen für die Abrechnung nachweise. Daran fehle es. Nach Klageerhebung hat die Beklagte der Klägerin die ohne frührehabilitative Komplexbehandlung anfallende Vergütung von 3009,72 Euro bezahlt (DRG F62C - Herzinsuffizienz und Schock ohne äußerst schwere CC; 24.10.2008). Das SG hat die Klage auf Zahlung weiterer 3267,47 Euro nebst 5 vH Zinsen auf 6338,15 Euro vom 6.12.2007 bis 24.10.2008 und auf 3267,47 Euro ab 25.10.2008 abgewiesen: Die Klägerin habe keine aktivierend-therapeutische Pflege erbracht. Sie habe sich schon mangels Angaben zu den durchgeführten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nicht auf Verfristung der Prüfanzeige berufen können (Urteil vom 30.7.2013).

3

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 275 Abs 1c und des § 301 Abs 1 S 1 SGB V. Sie habe alle erforderlichen Angaben gemacht, um die Fälligkeit der Abrechnung herbeizuführen. Das SG habe das Beweisverwertungsverbot missachtet, das aus der Beauftragung des MDK erst am 16.11.2012 folge.

4

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 30. Juli 2013 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr weitere 3267,47 Euro nebst 5 vH Zinsen auf 6338,15 Euro vom 6.12.2007 bis 24.10.2008 und auf 3267,47 Euro ab 25.10.2008 zu zahlen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Sprungrevision der klagenden Krankenhausträgerin ist unbegründet. Das SG hat die auf Zahlung weiterer 3267,47 Euro nebst Zinsen gerichtete Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen weiteren zulässig mittels der echten Leistungsklage (stRspr, vgl zB BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12 mwN)geltend gemachten Vergütungsanspruch für die vollstationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten (dazu 1.) und keinen weiteren Zinsanspruch (dazu 2.).

8

1. Der Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung und damit korrespondierend die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist(stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 15; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 27 RdNr 9).

9

Die Höhe der Vergütung für die Behandlung Versicherter im Jahr 2007 bemisst sich bei DRG-Krankenhäusern wie jenem der Klägerin nach § 109 Abs 4 S 3 SGB V(idF durch Art 1 Nr 3 Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 S 1 Nr 1 Krankenhausentgeltgesetz( idF durch Art 2 Nr 5 Zweites Fallpauschalenänderungsgesetz <2. FPÄndG> vom 15.12.2004, BGBl I 3429) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz( idF durch Art 18 Nr 4 GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vom 26.3.2007, BGBl I 378; vgl entsprechend BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 15 f; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 15). Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge, Fallpauschalenvereinbarungen ) konkretisiert. Die Spitzenverbände der KKn (ab 1.7.2008: Spitzenverband Bund der KKn) und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG) mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 8 2. FPÄndG) einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen in den FPV auf der Grundlage des § 9 Abs 1 S 1 Nr 3 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG). Die Klägerin durfte auf dieser Grundlage im Ansatz rechtmäßig für die Behandlung des Versicherten die DRG F62C mit einem Rechnungsbetrag von 3009,72 Euro berechnen, nicht aber 6338,15 Euro für die DRG F48Z (geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung bei Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems).

10

Zu Recht streiten die Beteiligten nicht darüber, dass die Klägerin im hier betroffenen Zeitraum 2007 entsprechend der Rechtsauffassung des SG die DRG F48Z nur abrechnen durfte, falls sie hier zulässig OPS 8-550.1 kodieren konnte. Daran fehlt es.

11

Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich nicht aus einem schriftlich festgelegten abstrakten Tatbestand, sondern aus der Eingabe von im Einzelnen von einem Programm vorgegebenen, abzufragenden Daten in ein automatisches Datenverarbeitungssystem und dessen Anwendung (zur rechtlichen Einordnung des Groupierungsvorgangs vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 19 ff). Nach § 1 Abs 6 S 1 FPV 2007 sind in diesem Sinne zur Einstufung des Behandlungsfalls in die jeweils abzurechnende Fallpauschale Programme (Grouper) einzusetzen. Zugelassen sind nur solche Programme, die von der InEK GmbH - Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus, einer gemeinsamen Einrichtung der in § 17b Abs 2 S 1 KHG und § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG genannten Vertragspartner auf Bundesebene, zertifiziert worden sind.

12

Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm greift dabei auch auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind (zB die Zuordnung von ICD-10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum) oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, aber auch die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) in der jeweiligen vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung (hier in der Version 2007 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Diagnosenschlüssels vom 1.11.2006, BAnz Nr 212 vom 11.11.2006, S 6919, in Kraft getreten am 1.1.2007 ) sowie die Klassifikation des vom DIMDI im Auftrag des BMG herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssels (hier in der Version 2007 einschließlich Erweiterungskatalog vom 25.10.2006 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Operationen- und Prozedurenschlüssels vom 1.11.2006, BAnz Nr 212 vom 11.11.2006, S 6920, in Kraft getreten am 1.1.2007 ). Die Verbindlichkeit der in dem jeweiligen Vertragswerk angesprochenen Klassifikationssysteme folgt allein aus dem Umstand, dass sie in die zertifizierten Grouper einbezogen sind (vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 24).

13

Die Anwendung der Deutschen Kodierrichtlinien und der FPV-Abrechnungsbestimmungen einschließlich des ICD-10-GM und des OPS ist nicht automatisiert und unterliegt als Mitsteuerung der prozesshaften Tatbestandsbildung im Zusammenspiel mit den Vorgaben zertifizierter Grouper ihrerseits grundsätzlich den allgemeinen Auslegungsmethoden der Rechtswissenschaft. Die Abrechnungsbestimmungen sind gleichwohl wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen. Eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belässt. Demgemäß sind Vergütungsregelungen stets eng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (vgl BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 17 mwN; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27; zur Auslegung von medizinischen Begriffen im OPS vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 12 ff). Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiterzuentwickelndes (§ 17b Abs 2 S 1 KHG)und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27 mwN; s zum Ganzen auch BSG SozR 4-2500 § 301 Nr 1 RdNr 12 ff mwN).

14

Voraussetzung der DRG F48Z ist nach dem klaren Wortlaut, dass eine geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung bei Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems zu kodieren ist. Dies ist lediglich bei den OPS 8-550 der Fall, denn allein sie betreffen die geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung. Die einzelnen Schlüssel unterscheiden sich insbesondere hinsichtlich Behandlungsdauer und Zahl der Therapieeinheiten (OPS 8-550.0: Mindestens 7 Behandlungstage und 10 Therapieeinheiten; OPS 8-550.1: Mindestens 14 Behandlungstage und 20 Therapieeinheiten; OPS 8-550.2: Mindestens 21 Behandlungstage und 30 Therapieeinheiten). Alle OPS 8-550 setzen nach dem einleitenden Hinweis als eines der Mindestmerkmale ua eine aktivierend-therapeutische Pflege durch besonders geschultes Pflegepersonal voraus (zu den Anforderungen an die Behandlung durch ein geriatrisches Team unter fachärztlicher Behandlungsleitung vgl BSG Urteil vom selben Tag - B 1 KR 25/13 R - Juris ). Daran fehlte es nach den Feststellungen des SG. Der Versicherte hatte weder einen Bedarf nach aktivierend-therapeutischer Pflege, denn er war völlig selbstständig und konnte sich uneingeschränkt selbstständig versorgen, noch ergab die Pflegedokumentation Nachweise einer Leistung aktivierend-therapeutischer Pflege.

15

Das SG durfte die von der Klägerin zur Verfügung gestellten Behandlungsunterlagen verwerten. Denn die Klägerin erfüllte ihre Obliegenheit, die für die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung erforderlichen Informationen der Beklagten zu übermitteln (§ 301 SGB V), erst mit der Überlassung der Behandlungsunterlagen an das SG.

16

Die Informationsübermittlung vom Krankenhaus an die KK korrespondiert mit der Prüfberechtigung der KK. KKn sind jederzeit berechtigt, die sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung von Krankenhausvergütung mit Blick auf bestehende Leistungsverweigerungsrechte oder nicht verjährte Erstattungsforderungen zu überprüfen (§ 301 SGB V). Denn das Krankenhaus hat hierzu zutreffend und vollständig alle Angaben zu machen, deren es zur Überprüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung bedarf (§ 301 Abs 1 SGB V; vgl zB 1. Senat des BSG in BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 13, 21; 3. Senat des BSG in BSGE 111, 58 = SozR 4-2500 § 109 Nr 24, RdNr 18 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 5 RdNr 14 mwN, stRspr). Jedenfalls dann, wenn sich dabei auch nur geringste Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Abrechnung nicht sachlich-rechnerisch richtig ist und/oder dass das Krankenhaus seine primären Informationsobliegenheiten und ggf -pflichten über die Abrechnungsgrundlagen nicht erfüllte, trifft das Krankenhaus spätestens auf Anforderung der KK die Obliegenheit, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere auch die Behandlungsunterlagen an den MDK oder das Gericht herauszugeben. Die gesetzliche Sechs-Wochen-Frist (§ 275 Abs 1c SGB V) erfasst demgegenüber nur die Prüfung aufgrund einer Auffälligkeit (vgl näher BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 29/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

17

Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten bestehen etwa in Fällen, in denen die vom Krankenhaus vorgenommene Auslegung und Anwendung von Abrechnungsvorschriften zweifelhaft ist oder sogar bestehender Kodierpraxis widerspricht oder in denen die erforderlichen Angaben unvollständig sind. Es entspricht nicht nur den gesetzlichen Vorgaben (§ 301 Abs 1 SGB V), sondern den eigenen Interessen des Krankenhauses, der KK die entsprechenden Sachverhalte vollständig und nachvollziehbar mitzuteilen, die es zu seiner Auslegung der Abrechnungsvorschriften veranlasst haben. Nur so beugt das Krankenhaus einer Irreführung und darauf beruhender täuschungsbedingter ungerechtfertigter Vermögensverfügung der KK vor, ermöglicht der KK die sachlich-rechnerische Richtigkeitskontrolle und schafft damit die für die Zusammenarbeit unerlässliche Vertrauensbasis.

18

Die Beklagte hatte Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten der Klägerin. Denn die Klägerin machte keine Angaben zu den durchgeführten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 301 Abs 1 S 1 Nr 8 SGB V). Die KKn benötigen die in § 301 Abs 1 SGB V genannten Angaben zur Durchführung ihrer Aufgaben, insbesondere für eine ordnungsgemäße Abrechnung, für die Überprüfung der Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung und der Verweildauer sowie für Wirtschaftlichkeitsprüfungen der Krankenhäuser(Didong in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 301 RdNr 7). "Durchgeführte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation" sind solche, die das Krankenhaus bereits erbracht hat. Es liegt auf der Hand, dass diese Angaben nicht nur für die Bewilligung künftiger Leistungen, sondern vor allem auch für die Kontrolle einer ordnungsgemäßen Abrechnung erforderlich sind. Zutreffend weist das SG darauf hin, dass die Angaben auch in Zusammenhang mit der Regelung der Frührehabilitation in § 39 Abs 1 S 3 SGB V zu sehen sind. Die Krankenhausbehandlung umfasst danach im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs 1 SGB V), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akutstationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation. Diese Regelung zielt nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte und Regelungszweck darauf ab, dass die Rehabilitation von Anfang an integraler Bestandteil der medizinischen Versorgung im Krankenhaus sein soll. Ärzteschaft, Pflegepersonal und das spezifische Fachpersonal haben an dieser Aufgabe mitzuwirken. Für die Feststellung des individuellen medizinischen Rehabilitationsbedarfs im Akutkrankenhaus sind Art und Schwere der Erkrankung und die individuellen Voraussetzungen wie zB Lebensalter und Multimorbidität des Patienten zugrunde zu legen. Hierfür sowie für Art und Umfang der medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen im Rahmen der Krankenhausbehandlung sind Kriterien aufzustellen. Vorrangiges Ziel dieser frühen Rehabilitation im Krankenhaus ist die Wiederherstellung der Basisfähigkeiten, wozu neben der Mobilität die weitgehende Unabhängigkeit in den einfachen Aktivitäten des täglichen Lebens gehört sowie die Kommunikation mit und die Orientierung in der Umwelt; hinzu kommen die frühzeitige Auseinandersetzung mit Fähigkeitsstörungen in der Folge von Erkrankungen/Unfällen und der frühzeitige Einstieg in das Erlernen von Bewältigungsstrategien. Soweit medizinisch erforderlich, sind auch fachspezifische Rehabilitationsansätze zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu integrieren. Über die bereits vorhandenen Rehabilitationsansätze im Krankenhaus hinaus sind jedenfalls seit Einführung der Frührehabilitation in § 39 Abs 1 S 3 Halbs 2 SGB V bereits bei Aufnahme in das Akutkrankenhaus der funktionelle Status, das Rehabilitationspotential und der Rehabilitationsbedarf des Patienten in die Diagnosestellung einzubeziehen und ein am individuellen Bedarf ausgerichtetes Rehabilitationskonzept in die Krankenbehandlung zu integrieren(vgl Begründung zum Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eines Sozialgesetzbuchs - Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen, BT-Drucks 14/5074 S 117 f Zu Nummer 11 <§ 39 Abs 1>). Die Auffassung der Klägerin, die KKn benötigten die Angaben nach § 301 Abs 1 S 1 Nr 8 SGB V lediglich für Feststellungen im Zusammenhang mit der Genehmigung weiterer Rehabilitationsmaßnahmen, erweist sich demgegenüber als zu eng.

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2. Zu Recht hat das SG auch einen Zinsanspruch der Klägerin verneint. Mangels vollständiger Angaben war der Anspruch der Klägerin auf Vergütung der Behandlung zur Zeit der von der Beklagten geleisteten Zahlung noch nicht fällig. Für die Folgezeit fehlt es schon an einer zu verzinsenden Hauptforderung.

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 18. April 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 5316,57 Euro festgesetzt.

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten darüber, ob zwei stationäre Krankenhausbehandlungen im Wege der Fallzusammenführung mit nur einer Fallpauschale abzurechnen sind.

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In dem von der klagenden Gesellschaft betriebenen Krankenhaus wurde der bei der beklagten Krankenkasse versicherte Patient A. (Versicherter) zweimal wegen seines Prostataleidens stationär behandelt. Während seines ersten Aufenthalts (4. bis 6.5.2006) mit der Aufnahmediagnose "Prostatahyperplasie mit Harnstauungsniere" wurde ein Harnblasendauerkatheter gelegt. Bei seiner Entlassung erhielt er einen Wiederaufnahmetermin für den 6.6.2006 zur transurethralen Prostataresektion, die dann auch am 7.6.2006 durchgeführt wurde. Nach komplikationslosem Heilungsverlauf wurde der Versicherte am 12.6.2006 nach Hause entlassen. Das Krankenhaus kodierte für beide stationären Aufenthalte die Prostatahyperplasie ICD-10 N40 als Hauptdiagnose und rechnete für den ersten Aufenthalt die Diagnosis Related Group (DRG) M61Z (benigne Prostatahyperplasie) mit einer Vergütung von 1437,81 Euro (Rechnung vom 15.5.2006) sowie für den zweiten Aufenthalt die DRG M02Z (transurethrale Prostataresektion) mit einem Entgelt von 3908,27 Euro (Rechnung vom 15.6.2006) ab. Die Beklagte beglich beide Rechnungen zunächst in voller Höhe unter Abzug von insgesamt 29,51 Euro als Kostenbeitrag für die integrierte Versorgung, beauftragte aber noch im Juli 2006 den Sozialmedizinischen Dienst (SMD) mit einer gutachtlichen Stellungnahme zur Frage, ob eine Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 der Fallpauschalenvereinbarung (FPV) 2006 in Betracht komme. Der SMD bejahte die Notwendigkeit einer Fallzusammenführung, weil die Prostataoperation aus medizinischer Sicht ohne Weiteres innerhalb von 30 Kalendertagen ab der Erstaufnahme hätte erfolgen können; die Wiederaufnahme erst am 33. Kalendertag (6.6.2006) statt noch am 30. Kalendertag (3.6.2006) sei medizinisch nicht geboten gewesen und verstoße daher gegen das Gebot wirtschaftlicher Leistungserbringung (§ 2 Abs 4, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1 S 2 SGB V). Die Beklagte rechnete daraufhin am 15.11.2006 mit einem Erstattungsanspruch in Höhe des tatsächlich gezahlten Gesamtbetrages von 5316,57 Euro gegen unstreitige Vergütungsansprüche der Klägerin aus späteren Behandlungsfällen auf.

3

Die Klägerin hält die Aufrechnung für unwirksam, weil der Erstattungsanspruch nicht bestehe. Sie macht geltend, eine Harnableitung mittels eines permanent offenen Dauerkatheters sei bei dem 80 Jahre alten multimorbiden Versicherten erforderlich gewesen. Abhängig vom Stauungsgrad und der Dilatation müsse diese Urinableitung regelmäßig 6 bis 8 Wochen lang durchgeführt werden, ehe die Prostatahyperplasie ohne Gefahr weitreichender Komplikationen operativ angegangen werden könne. Hier sei der Versicherte bereits nach rund 5 Wochen erneut aufgenommen und operiert worden; diese Wartezeit sei aus fachurologischer Sicht zwingend notwendig gewesen. Unabhängig davon scheide eine Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 FPV 2006 aber auch deshalb aus, weil die Vorschrift nach ihrem Wortlaut eine Fallzusammenführung nur vorsehe, wenn die Wiederaufnahme binnen 30 Kalendertagen ab der Erstaufnahme tatsächlich erfolgt sei, nicht aber schon dann, wenn die Wiederaufnahme innerhalb dieser Frist lediglich hätte erfolgen können, tatsächlich aber erst später stattgefunden habe.

4

Das SG hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 5316,57 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 15.11.2006 zu zahlen (Gerichtsbescheid vom 26.11.2009). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, nachdem die Klage wegen des Zinsanspruchs für den 15.11.2006 zurückgenommen worden war (Urteil vom 18.4.2012): Eine Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 FPV 2006 scheide aus, weil die Wiederaufnahme des Versicherten nicht innerhalb von 30 Kalendertagen ab der Erstaufnahme erfolgt sei. Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf Fälle, in denen die Wiederaufnahme innerhalb dieser Frist hätte erfolgen können, sei nach dem Grundsatz der wortgetreuen Auslegung vertraglicher Abrechnungsregelungen ausgeschlossen. Dem stehe auch nicht das Wirtschaftlichkeitsgebot des SGB V entgegen; ein Krankenhaus sei nicht verpflichtet, allein deswegen die für die Krankenkasse preisgünstigste Art der Durchführung einer Behandlung zu wählen. Auch ein Verstoß gegen das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme sei nicht ersichtlich, weil sich das Krankenhaus im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben und Abrechnungsbestimmungen bewegt habe. Ob etwas anderes gelte, wenn die Wiederaufnahme innerhalb der 30-Tage-Frist aus medizinischen Gründen an sich geboten gewesen wäre, könne offenbleiben, weil ein solcher Sachverhalt nicht vorliege.

5

Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts. Auch bei der Auslegung der FPV seien die Vorschriften über die Pflicht zur wirtschaftlichen Leistungserbringung (§ 2 Abs 4, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1 S 2 SGB V) zu beachten. Das berechtigte Bedürfnis nach Rechtssicherheit bei der Auslegung und Anwendung von Abrechnungsvorschriften dürfe nicht dazu führen, dass die 30-Tage-Frist faktisch zur Disposition des Krankenhauses gestellt werde. Es sei unwirtschaftlich, einen Patienten drei Tage nach Ablauf dieser Frist wieder aufzunehmen, wenn dies ebenso gut noch innerhalb der Frist hätte geschehen können.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG für das Saarland vom 18.4.2012 und den Gerichtsbescheid des SG für das Saarland vom 26.11.2009 zu ändern und die Klage abzuweisen.

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Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Beklagten ist zulässig, in der Sache aber unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Die Aufrechnung vom 15.11.2006 ist unwirksam, weil der Beklagten der geltend gemachte Erstattungsanspruch nicht zusteht. Eine Zusammenführung der beiden stationären Behandlungen des Versicherten zu einem "Behandlungsfall" scheidet aus.

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1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor. Streitgegenstand ist der Anspruch eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse auf Zahlung der Vergütung für die stationäre Krankenhausbehandlung eines Versicherten in Höhe von insgesamt 5316,57 Euro. Diesen Anspruch macht die Klägerin zu Recht mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG geltend; denn es handelt sich bei der auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse um einen sog Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2; BSGE 86, 166, 167 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 1; BSGE 90, 1 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12; BSG SozR 3-2500 § 39 Nr 4; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 RdNr 10). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten.

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2. In der Sache streiten die Beteiligten allerdings nur um die Wirksamkeit der von der Beklagten am 15.11.2006 erklärten Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in Höhe von 5316,57 Euro. Die mit der erhobenen Leistungsklage verfolgten Vergütungsansprüche der Klägerin aus späteren Krankenhausbehandlungen von Versicherten der Beklagten sind demgegenüber unstreitig. Zwar hat das LSG weder ausdrücklich noch konkludent festgestellt, welche Vergütungsansprüche die Klägerin aufgrund welcher konkreten Krankenhausbehandlung geltend macht. Die Beteiligten haben aber übereinstimmend als selbstverständlich vorausgesetzt, dass der Klägerin gegen die Beklagte - ohne Berücksichtigung der streitigen Zahlungsforderung - laufende Ansprüche aus Anlass der Krankenhausbehandlung von Versicherten in Höhe von weiteren 5316,57 Euro erwachsen sind. Da die Beklagte sich gegenüber der Klage ausschließlich im Wege der Primäraufrechnung mit einer Gegenforderung verteidigt, steht die Klageforderung selbst außer Streit (stRspr, vgl zB BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 6).

11

Diese Klageforderung ist begründet. Der Beklagten steht kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch über 5316,57 Euro zu; denn in dieser Höhe hat sie die beiden stationären Behandlungen des Versicherten im Mai und Juni 2006 mit Rechtsgrund vergütet, weil der Klägerin insoweit ein Entgeltanspruch über insgesamt 5316,57 Euro zustand (zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch bei Überzahlung von Krankenhausentgelten vgl schon BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 8 f).

12

3. Rechtsgrundlage für die Vergütungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte für stationäre Krankenhausleistungen aus dem Jahr 2006 ist § 109 Abs 4 S 3 SGB V(hier idF durch Art 1 Nr 3 des Fallpauschalengesetzes vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 S 1 Nr 1 und § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 Krankenhausentgeltgesetz(KHEntgG; jeweils idF durch Art 2 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser und zur Änderung anderer Vorschriften - Zweites Fallpauschalenänderungsgesetz <2. FPÄndG> vom 15.12.2004, BGBl I 3429) sowie § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz(KHG, idF durch Art 1 Nr 4 2. FPÄndG) iVm der Anlage 1 Teil a) des Fallpauschalen-Katalogs der G-DRG-Version 2006 sowie dem zwischen der Saarländischen Krankenhausgesellschaft eV und den Krankenkassen bzw deren Verbänden geschlossenen Vertrag nach § 112 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V - Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung - idF des Schiedsspruchs vom 25.11.1996 (KBV) und der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten für das Jahr 2006. Die Frage der Fallzusammenführung richtet sich nach § 2 Abs 2 FPV 2006. Hiernach durfte die Klägerin die zwei stationären Behandlungen des Versicherten getrennt mit Einzelvergütungen von 1429,20 Euro und 3887,37 Euro, also mit einer Gesamtvergütung in Höhe von 5316,57 Euro, abrechnen.

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4. Rechtsgrundlage für die von einer Krankenkasse erklärte Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch zur Erfüllung von Vergütungsansprüchen der Krankenhäuser ist § 69 Abs 1 S 3 SGB V iVm §§ 387 ff BGB(vgl BSGE 107, 78 = SozR 4-2500 § 140d Nr 2; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 8; BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2). Auch außerhalb der besonderen Regelungen der §§ 51, 52 SGB I über die Aufrechnung gegen Sozialleistungsansprüche besteht im Sozialrecht allgemein die Möglichkeit, einer öffentlich-rechtlichen Forderung im Wege der Aufrechnung, auf welche die §§ 387 ff BGB entsprechend anzuwenden sind, entgegenzutreten(BSGE 75, 283, 284 ff = SozR 3-2400 § 28 Nr 2; BSGE 63, 224, 230 f = SozR 1300 § 48 Nr 47). Voraussetzung dieses einseitigen Rechtsgeschäfts, mit dem die wechselseitige Tilgung zweier Forderungen bewirkt wird, ist gemäß § 387 BGB, dass sich zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung gegenseitige, gleichartige und fällige bzw erfüllbare Forderungen gegenüberstehen, wobei die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung uneingeschränkt wirksam und fällig sein muss, die Hauptforderung dagegen lediglich erfüllbar zu sein braucht(Grüneberg in: Palandt, BGB, 72. Aufl 2013, § 387 RdNr 11 f). Außerdem darf entsprechend § 390 BGB die Gegenforderung nicht einredebehaftet sein. Diese Aufrechnungsvorraussetzungen sind hier nicht erfüllt, weil der zur Aufrechnung gestellte Erstattungsanspruch der Beklagten nicht bestand. Die Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 FPV 2006 war hier ausgeschlossen.

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5. Das Krankenhaus hat auch bei der Vergütung der Krankenhausbehandlung durch Fallpauschalen einen Vergütungsanspruch gegen eine Krankenkasse nur für eine "erforderliche" Krankenhausbehandlung. Die Vergütung stellt die Gegenleistung für die Erfüllung der Pflicht zugelassener Krankenhäuser dar, die Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten im Rahmen des jeweiligen Versorgungsvertrags (§ 109 SGB V) zu leisten. Die Leistung des Krankenhauses dient der Erfüllung des Sachleistungsanspruchs des Versicherten (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V) gegen die Krankenkasse. Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht dabei - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich ist(BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12; stRspr). Im vorliegenden Fall steht die medizinische Notwendigkeit der beiden stationären Behandlungen und auch die jeweilige Dauer von zwei bzw sechs Belegungstagen nicht im Streit.

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6. Maßgebend für die Höhe des Vergütungsanspruchs ist innerhalb des hier maßgeblichen DRG-Systems der Fallpauschalenkatalog. Danach hat die Klägerin zu Recht für die erste stationäre Behandlung des Versicherten die DRG M61Z und für die zweite stationäre Behandlung die DRG M02Z in Ansatz gebracht. Dies wird von der Beklagten auch nicht angegriffen. Ebenso erhebt sie auch keine Einwendungen gegen die Höhe des Vergütungsanspruchs, die sich bei getrennter Abrechnung beider Behandlungen auf insgesamt 5316,57 Euro beläuft. Sie ist vielmehr der Auffassung, dass nach der FPV 2006 iVm dem Gebot des SGB V zur wirtschaftlichen Leistungserbringung eine Zusammenführung beider Behandlungsfälle zu einem Behandlungsfall hätte erfolgen müssen. Dies trifft jedoch nicht zu.

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a) Die insoweit maßgebende Vorschrift des - in seinem Wortlaut bis heute unverändert gebliebenen - § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 lautet: Eine Zusammenfassung der Falldaten zu einem Fall und eine Neueinstufung in eine Fallpauschale ist auch dann vorzunehmen, wenn
1. ein Patient oder eine Patientin innerhalb von 30 Kalendertagen ab dem Aufnahmedatum des ersten unter diese Vorschrift zur Zusammenfassung fallenden Krankenhausaufenthalts wieder aufgenommen wird und
2. innerhalb der gleichen Hauptdiagnosegruppe (MDC) die zuvor abrechenbare Fallpauschale in die "medizinische Partition" oder die "andere Partition" und die anschließende Fallpauschale in die "operative Partition" einzugruppieren ist.

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Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zwar erfüllen die beiden stationären Behandlungen des Versicherten wegen seines Prostataleidens die sachlichen Voraussetzungen der Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 S 1 Nr 2 FPV 2006, nicht aber die zeitlichen Voraussetzungen der Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 S 1 Nr 1 FPV 2006. Der Versicherte wurde nicht innerhalb von 30 Kalendertagen ab dem Aufnahmedatum des ersten Krankenhausaufenthalts wieder aufgenommen. Zwischen der Erstaufnahme am 4.5.2006 und der Wiederaufnahme am 6.6.2006 lagen 33 Kalendertage. Der reine Wortlaut des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 schließt die Fallzusammenführung also aus; dies stellt auch die Beklagte nicht in Abrede.

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b) Die Beklagte befürwortet indes eine entsprechende Anwendung des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006, weil - aus ihrer Sicht - der Versicherte bereits innerhalb der 30-Tage-Frist, also spätestens am 3.6.2006, zur vorgesehenen Prostataoperation hätte wieder aufgenommen werden können. Eine solche Ausweitung des Anwendungsbereichs dieser Vorschrift kommt jedoch nicht in Betracht. Vergütungsregelungen sind grundsätzlich streng nach ihrem Wortlaut auszulegen, um Fehlinterpretationen und Missverständnisse zu vermeiden; denn nur so sind sie für die routinemäßige Anwendung im Massengeschäft der Abrechnung der zahlreichen Behandlungsfälle handhabbar (vgl allgemein zur Funktion von Vergütungsregelungen BSG SozR 3-5565 § 14 Nr 2; BSG SozR 3-5565 § 15 Nr 1; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11, RdNr 18; BSGE 111, 200 = SozR 4-5562 § 8 Nr 4, RdNr 24). Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiterzuentwickelndes (§ 17b Abs 2 S 1 KHG) und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten, Unbilligkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese Mängel mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (BSGE 107, 140 = SozR 4-2500 § 109 Nr 21, RdNr 18 mwN).

19

Die Regelung des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 ist so angelegt, dass über die Fallzusammenführung anhand von DRG-Nummern und Partitionen sowie von konkreten Fristen entschieden wird. Nur so können die Entscheidungen im Massengeschäft der Abrechnung durch die EDV getroffen werden. Beurteilungsspielräume der Betroffenen und somit Streit zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern sollen auf diese Weise vermieden werden (Tuschen/Trefz, Krankenhausentgeltgesetz, 2. Aufl 2010, Ziffer 6.4.1, S 149). Dieses Ziel würde konterkariert, wenn jeweils im Einzelfall geprüft werden müsste, ob eine zweite außerhalb der 30-Tages-Frist liegende stationäre Behandlung schon früher hätte begonnen werden können, so dass sie innerhalb dieser Frist liegen würde. Den Vertragsparteien steht es vielmehr frei, im Zuge der jährlichen Überarbeitung der FPV die Frist des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 zB auf 40 Tage zu verlängern oder sogar ganz zu streichen. Außerdem könnten sie auch eine speziell auf die mehrphasige stationäre Behandlung von Prostataerkrankungen zugeschnittene Regelung zur Fallzusammenführung aushandeln.

20

c) Der Charakter des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 als vertragliche Vergütungsvorschrift schließt es auch aus, eine Fallzusammenführung nach dieser Regelung auch dann zu erwägen, wenn - wie hier - allein ein die Behandlung prägender sachlicher Zusammenhang zwischen der ersten und zweiten Behandlungsphase iS des § 2 Abs 2 S 1 Nr 2 FPV 2006 besteht, die Zeitgrenze des § 2 Abs 2 S 1 Nr 1 FPV 2006 aber überschritten ist. Die Fallzusammenführung beider Behandlungsphasen zu einem einzigen Behandlungsfall im Sinne eines zusammenhängend behandelten Krankheitsfalls haben die Vertragsparteien bewusst an die Kombination aus einem prägenden sachlichen Zusammenhang und einem Zeitmoment geknüpft, wobei beide Elemente kumulativ vorliegen müssen. Soll der prägende sachliche Zusammenhang allein für die Fallzusammenführung ausreichen, bedarf es einer entsprechenden Änderungsvereinbarung zur FPV durch die Vertragsparteien; eine in dieser Weise einschränkende Auslegung und Anwendung des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 ohne vertragliche Änderung der Vorschrift ist ausgeschlossen. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall von der Auslegung gesetzlicher Vergütungsvorschriften. So hat zB der 1. Senat des BSG zur Abrechnungsregelung des § 8 Abs 2 S 3 Nr 3 KHEntgG entschieden(Urteil vom 17.9.2013 - B 1 KR 2/12 R -, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen), dass eine vorstationäre Behandlung neben der Fallpauschale für eine anschließende voll- oder teilstationäre Behandlung immer dann nicht abrechenbar ist, wenn jeweils sowohl die vorstationäre als auch die voll- oder teilstationäre Behandlung wegen ihres prägenden sachlichen Zusammenhangs übergreifend einen einzigen Behandlungsfall im Sinne eines zusammenhängend behandelten Krankheitsfalles betrifft; nicht entscheidend sei hingegen, ob bei der vorstationären Behandlung die Zeitgrenzen des § 115a Abs 2 S 1 SGB V ("Die vorstationäre Behandlung ist auf längstens drei Behandlungstage innerhalb von fünf Tagen vor Beginn der stationären Behandlung begrenzt.") gewahrt oder überschritten sind (BSG, aaO, RdNr 22). Ob dieser Entscheidung des 1. Senats zu folgen ist (und eine der Sache nach ambulante Behandlung auch dann "vorstationär" genannt und als in die Zuständigkeit der Krankenhäuser fallend bezeichnet werden kann, wenn die Zeitgrenzen des § 115a Abs 2 S 1 SGB V überschritten sind), lässt der erkennende Senat offen; maßgeblich ist, dass diese Entscheidung auf die Auslegung einer vertraglichen Vergütungsvorschrift wie § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 nicht übertragbar ist.

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d) Dem Ausschluss der analogen Anwendung des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 steht auch nicht das Wirtschaftlichkeitsgebot(§ 2 Abs 4, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1 S 2 SGB V) entgegen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot allein verpflichtet ein Krankenhaus nicht dazu, die für die Krankenkasse finanziell günstigste Art der Durchführung einer Behandlung zu wählen. Es begründet keine Fürsorgepflicht des Krankenhauses für die sparsame Mittelverwendung des Vertragspartners. Der Gesetzgeber hat zur Erfüllung der Sachleistungsverpflichtung der Krankenkassen gegenüber ihren Versicherten (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V)vorgesehen, dass sich die Krankenkassen der verschiedenen Leistungserbringer bedienen, mit denen sie über Art und Umfang der Leistungen sowie deren Vergütung Verträge abschließen. Dem Vertragsmodell liegt die Vorstellung zu Grunde, dass jede Seite ihre Interessen zu wahren sucht, der Einigungsdruck aber zu einem angemessenen Interessenausgleich führt. Die sich aus der auf Dauer angelegten intensiven Vertragsbeziehung zwischen einem Leistungserbringer und einer Krankenkasse ergebenden gegenseitigen Treue- und Rücksichtnahmepflichten (§ 69 Abs 1 S 3 SGB V iVm § 241 Abs 2 BGB und § 242 BGB) gehen nicht so weit, dass vertraglich eingeräumte Vergütungsansprüche nicht voll ausgeschöpft werden dürfen. Treue- und Rücksichtnahmepflichten aus Vertragsverhältnissen wirken sich regelmäßig lediglich auf vertragliche Nebenpflichten aus, die nicht ausdrücklich geregelt sind. Eindeutig vereinbarte Vergütungsansprüche können dadurch nicht eingeschränkt werden. Hier kann von den Krankenkassen erwartet werden, dass sie ihren Auftrag zur sparsamen Mittelverwendung in vollem Umfang eigenverantwortlich wahrnehmen und durch entsprechende Vertragsgestaltung - soweit ein Konsens zu erzielen ist - auch umsetzen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot verpflichtet ein Krankenhaus lediglich, innerhalb der gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben wirtschaftlich zu handeln, nicht aber, darüber hinaus - gegen eigene Interessen - weitere Vorgaben aus Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten aufzustellen; es muss also nur die ihm zur Verfügung stehenden Ressourcen optimal einsetzen und die vertraglichen und gesetzlichen Voraussetzungen einhalten. Dem ist die Klägerin hier nachgekommen. Der Versicherte hatte einen Anspruch nach § 39 SGB V auf zweimalige stationäre Krankenhausbehandlung, wobei kein Anspruch bestand, die zweite Krankenhausbehandlung zu einem bestimmten Zeitpunkt, hier innerhalb der 30-Tage-Frist des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006, zu erhalten. Die Krankenhausbehandlung war auch, wie bereits ausgeführt, medizinisch erforderlich, was insbesondere auch für die zweite Krankenhausbehandlung gilt. Selbst wenn die Wiederaufnahme aus medizinischem Blickwinkel möglicherweise schon einige Tage früher hätte stattfinden können, was hier offenbleiben kann, ändert dies nichts daran, dass die zweite Behandlung für sich genommen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich war und damit dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprach.

22

e) Der erkennende Senat muss an dieser Stelle nicht entscheiden, wie der Fall zu beurteilen wäre, wenn eine Wiederaufnahme innerhalb der 30-Tage-Frist aus medizinischen Gründen notwendig, die Wiederaufnahme nach erst 33 Kalendertagen also fehlerhaft gewesen wäre. Ein solcher Sachverhalt liegt nach den Feststellungen des LSG nicht vor; er wird von der Beklagten und dem SMD auch nicht behauptet. Ebenso kann die Frage offenbleiben, wie zu entscheiden wäre, wenn ein Krankenhaus solch lange Zwischenfristen systematisch ausnutzen würde, um Fallzusammenführungen zwecks Gewinnoptimierung zu umgehen. Auch dafür gibt es im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte. Im Gegenteil: Die Überschreitung der 30-Tage-Frist um drei Tage war auch sachlich nicht zu beanstanden. Zur Wahrung dieser Frist hätte der Versicherte spätestens am 3.6.2006 (Samstag) wieder aufgenommen werden müssen. Da aber an Wochenenden aus guten Gründen nur Notfälle in ein Krankenhaus aufgenommen werden, wäre realistischerweise nur der 2.6.2006 (Freitag) als letzter Wiederaufnahmetag in Betracht gekommen, weil sich der Versicherte nicht in einer Notfallsituation befand, sondern es um einen geplanten Eingriff ging. Da solche geplanten Eingriffe regelmäßig aber nur alltags durchgeführt werden, wäre der Versicherte voraussichtlich nicht vor dem 6.6.2006 (Dienstag), dem Tag der tatsächlichen Wiederaufnahme, operiert worden, weil der Zeitraum vom 3.6.2006 (Samstag) bis zum 5.6.2006 (Pfingstmontag) hierfür nicht zur Verfügung stand. Eine Wiederaufnahme am 2.6.2006 hätte also nur die Verweildauer des Versicherten unnötig verlängert und dem Krankenhaus zusätzliche Kosten verursacht.

23

7. Der Zinsanspruch beruht auf § 14 Abs 5 KBV.

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8. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 und § 47 Abs 1 GKG.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 1714,07 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligen streiten über die Vergütung einer Krankenhausbehandlung.

2

Die Klägerin, Rechtsträgerin des zugelassenen Krankenhauses M., behandelte den bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherten H. B. (im Folgenden: Versicherter) wegen einer Schenkelhalsfraktur vom 26.1. bis 11.2.2008 stationär mit einer Osteosynthese mittels einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube. Die Klägerin kodierte die Operation mit zwei Schlüsselnummern des Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS 5-790.8e und 5-790.0e), die die diagnoseorientierte Fallpauschale DRG I08C ansteuern, und berechnete 7087,86 Euro (14.2.2008). Die Beklagte bezahlte lediglich 7030,75 Euro, da sie einen Betrag von 57,11 Euro für die Anschubfinanzierung integrierte Versorgung abzog (§ 140d SGB V). Sie machte aufgrund einer Auskunft des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) geltend, die Operation sei allein mit einer OPS-Nummer zu kodieren (OPS 5-790.9e: Geschlossene Reposition einer Fraktur oder Epiphysenlösung mit Osteosynthese, durch Materialkombinationen, Schenkelhals). Da deshalb die geringer vergütete DRG I08D maßgeblich sei, müsse die Klägerin die Überzahlung erstatten (1.4.2009). Die Klägerin lehnte eine Erstattung ab, da eine Prüfanzeige des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) nicht mehr fristgerecht möglich sei. Daraufhin rechnete die Beklagte mit der nach ihrer Auffassung bestehenden Erstattungsforderung von 1714,07 Euro gegenüber Vergütungsansprüchen der Klägerin für die Behandlung anderer Versicherter auf (15.5.2009). Das SG hat ein Sachverständigengutachten eingeholt und die Klage auf Zahlung von 1714,07 Euro nebst Zinsen von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.5.2009 abgewiesen (Urteil vom 19.7.2011). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen: Die Klägerin habe nur Anspruch auf Vergütung nach der geringer dotierten DRG I08D. Die Osteosynthese mit einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube an der gleichen Lokalisation über denselben Zugang sei mit OPS 5-790.9e zu kodieren. Die Beklagte sei mit ihren Einwendungen und der Verwendung der Daten nach § 301 SGB V nicht ausgeschlossen. Es bedürfe keines Rückgriffs auf das Gerichtsgutachten und die von der Klägerin vorgelegten Behandlungsunterlagen, deren Auswertung § 275 Abs 1c S 2 SGB V verbiete(Urteil vom 8.8.2013).

3

Die Klägerin hat dagegen Revision eingelegt. Sie hat das Teilanerkenntnis der Beklagten angenommen, 57,11 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.5.2009 zu schulden. Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 275 Abs 1c S 2 SGB V. Die Beklagte habe die dort geregelte, abgelaufene Frist ohne Einleitung eines MDK-Prüfverfahrens verstreichen lassen. Dies schließe Ermittlungen dazu aus, dass die Voraussetzungen der OPS 5-790.9e erfüllt seien, nämlich dass der Eingriff für das Osteosyntheseverfahren nur über einen Zugang erfolgte.

4

Die Klägerin beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 und des Sozialgerichts Koblenz vom 19. Juli 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, 1656,96 Euro nebst Zinsen von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. Mai 2009 zu zahlen,

hilfsweise

        

das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben im Ergebnis zutreffend entschieden, dass das klagende Krankenhaus gegen die beklagte KK keinen Anspruch auf Zahlung weiterer, jetzt noch streitiger 1656,96 Euro für die anderen Versicherten erbrachte Krankenhausbehandlung hat. Die von der Klägerin im Gleichordnungsverhältnis erhobene (echte) Leistungsklage ist zulässig (vgl BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 20; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10 mwN; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12), aber unbegründet. Der ursprünglich entstandene Anspruch der Klägerin auf Vergütung für die Krankenhausbehandlung anderer Versicherter (dazu 1.) erlosch dadurch in Höhe von 1656,96 Euro, dass die Beklagte wirksam mit ihrem in dieser Höhe bestehenden Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten aufrechnete (dazu 2.). Die Klägerin erhielt hierfür nämlich 7030,75 Euro, obwohl sie lediglich höchstens Anspruch auf Zahlung von 5373,79 Euro für die Behandlung des Versicherten hatte (dazu 3.). Die dagegen von der Klägerin vorgebrachten Einwendungen greifen nicht durch (dazu 4.).

8

1. Zu Recht ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass der Klägerin aufgrund der Behandlung anderer Versicherter zunächst Anspruch auf die dort abgerechnete Vergütung zustand; eine nähere Prüfung des erkennenden Senats erübrigt sich insoweit (vgl zur Zulässigkeit dieses Vorgehens zB BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 7 RdNr 10; SozR 4-2500 § 130 Nr 2 RdNr 15).

9

2. Der Vergütungsanspruch für Krankenhausbehandlung anderer Versicherter erlosch durch Aufrechnung in Höhe von 1656,96 Euro. Die Beklagte erklärte wirksam, mit ihrem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten analog § 387 BGB aufzurechnen(zur entsprechenden Anwendung auf überzahlte Krankenhausvergütung vgl zB BSG SozR 4-7610 § 204 Nr 2 RdNr 9 ff mwN, stRspr). Der Vergütungsanspruch der Klägerin und der von der Beklagten aufgerechnete öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch (dazu 3.) waren gegenseitig und gleichartig (vgl entsprechend BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 16), der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch war fällig und der Vergütungsanspruch der Klägerin erfüllbar.

10

3. Die Beklagte konnte aus öffentlich-rechtlicher Erstattung Zahlung in Höhe von 1656,96 Euro beanspruchen. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt ua voraus, dass der Berechtigte Leistungen im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses ohne rechtlichen Grund erbrachte (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 15, stRspr). So lag es hier. Die Klägerin hatte gegen die Beklagte einen Vergütungsanspruch für die Behandlung des Versicherten (dazu a). Dessen Höhe betrug maximal 5373,79 Euro, während ihr die Beklagte 7030,75 Euro zahlte (dazu b).

11

a) Die Klägerin erfüllte die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung, indem sie den Versicherten vom 26.1. bis 11.2.2008 stationär behandelte. Die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich ist(stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 11; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 11; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13, alle mwN). Diese Voraussetzungen waren nach den unangegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) erfüllt.

12

b) Der Vergütungsanspruch der Klägerin belief sich auf höchstens 5373,79 Euro. Die Klägerin durfte lediglich die niedriger vergütete DRG I08D abrechnen (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur, ohne Mehrfacheingriff, ohne komplexe Prozedur, ohne komplexe Diagnose, ohne äußerst schwere CC), nicht die tatsächlich in Rechnung gestellte DRG I08C (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur mit Mehrfacheingriff, komplexer Prozedur, komplexer Diagnose oder äußerst schweren CC). Dies wirkt sich auch auf die Vergütungsbestandteile aus, deren Höhe von der zu vergütenden DRG abhängt (§ 4 Abs 13 KHEntgG idF durch Art 15 Nr 2 Buchst b Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003, BGBl I 2190, § 4 Abs 14 KHEntgG idF durch Art 2 Nr 2 Buchst k Zweites Gesetz zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser und zur Änderung anderer Vorschriften vom 15.12.2004, BGBl I 3429; § 8 Abs 9 KHEntgG idF durch Art 19 Nr 2 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378).

13

Die von der Klägerin zu beanspruchende Krankenhausvergütung bemisst sich nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage. Rechtsgrundlage sind § 109 Abs 4 S 3 SGB V(idF durch Art 1 Nr 3 Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 5 Buchst a 2. FPÄndG vom 15.12.2004, BGBl I 3429) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz(KHG; idF durch Art 18 Nr 4 GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378; vgl entsprechend BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 15), die Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2008 (Fallpauschalenvereinbarung 2008 - FPV 2008 einschließlich der Anlagen 1 bis 6) und die von den Vertragspartnern auf Bundesebene getroffene Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) für das Jahr 2008 (Ergänzungsvereinbarung 2008 zur Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien Version 2002 für das G-DRG-System gemäß § 17b KHG, zuletzt geändert durch die Ergänzungsvereinbarung 2007; zu deren normativer Wirkung vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 18).

14

Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich aus der Eingabe und Verarbeitung von Daten in einem automatischen Datenverarbeitungssystem, das auf einem zertifizierten Programm basiert (vgl § 1 Abs 6 S 1 FPV 2008; zur rechtlichen Einordnung des Groupierungsvorgangs vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 19 ff). Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm greift dabei auch auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind (zB die Zuordnung von ICD-10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum) oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, aber auch die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) in der jeweiligen vom DIMDI im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung (hier in der Version 2008 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Diagnosenschlüssels vom 25.10.2007, BAnz Nr 207 vom 7.11.2007, S 7937, in Kraft getreten am 1.1.2008 ) sowie die Klassifikation des vom DIMDI im Auftrag des BMG herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssels (hier in der Version 2008 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Operationen- und Prozedurenschlüssels vom 25.10.2007, BAnz Nr 207 vom 7.11.2007, S 7917, in Kraft getreten am 1.1.2008 ; zur Grundlage der Rechtsbindung vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 24).

15

Die Anwendung der DKR und der FPV-Abrechnungsbestimmungen einschließlich des ICD-10-GM und des OPS erfolgt eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (vgl BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 17 mwN; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27; zur Auslegung von medizinischen Begriffen im OPS vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 12 ff, stRspr).

16

Die Klägerin durfte nur die niedriger vergütete DRG I08D abrechnen. Die Behandlung des Versicherten erfüllte nämlich nur die Voraussetzungen der OPS 2008 Nr 5-790.9e. Diese OPS-Nr ist zu kodieren bei einer geschlossenen Reposition einer Fraktur oder Epiphysenlösung mit Osteosynthese des Schenkelhalses durch Materialkombinationen. Erforderlich ist eine Verbindung einer Mehrheit von Verfahren bei einer Osteosynthese, denn es bedarf der "Materialkombinationen". Dies erfasst eine Osteosynthese mittels zweier, sich im Sinne von Haupt- und Hilfsverfahren ergänzender Osteosyntheseverfahren, etwa durch dynamische Kompressionsschraube mit Antirotationsschraube, wie sie hier in Rede steht, wenn es lediglich eines operativen Zugangs bedarf. Denn eine Materialkombination liegt nach dem Regelungssystem nicht schon dann vor, wenn das verwendete Implantat aus mehreren Teilen besteht. So setzt sich zum Beispiel die dynamische Kompressionschraube nicht nur aus einer einzelnen Schraube zusammen, sondern aus einer Schenkelhalsschraube, einem Plattenzylinder und weiteren Schrauben zur Fixierung der Platte am Oberschenkelknochen (vgl entsprechend zB OPS 2008 5-79: "Eine Schraubenosteosynthese ist eine Osteosynthese, die nur mit Schrauben, ggf. mit zusätzlicher Unterlegscheibe, erfolgt"; "Eine Plattenosteosynthese ist eine Osteosynthese, die mit Platten und den dazugehörigen Schrauben, ggf. mit zusätzlichen Schrauben neben der Platte, erfolgt"). Auch ist Materialkombination nicht mit Werkstoffkombination gleichzusetzen. Ansonsten hätte es des Hinweises in OPS 2008 5-79 nicht bedurft, dass eine Verbundosteosynthese (bestehend aus Metall und Zement) als Materialkombination zu kodieren ist (vgl auch die Differenzliste zum OPS 2008, wonach zunächst in der Vorab-Version vorgesehen war, die Verwendung des Zements zusätzlich zu kodieren). Zusätzlich dürfen nicht mehrere Zugänge erforderlich sein. Denn OPS 2008 5-79 ordnet ausdrücklich an, dass die Durchführung einer zweiten Osteosynthese, zB bei einer Zweietagen-Fraktur, gesondert zu kodieren ist (so DIMDI, MDK und Berufsverband Deutscher Chirurgen, vgl Gerichtsgutachten vom 5.7.2010). Nach den Feststellungen des LSG ermöglichte ein einziger Zugang beim Versicherten die Osteosynthese mit einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube.

17

Nach der Groupierungslogik steuert die Diagnose Schenkelhalsfraktur, intrakapsulär (ICD-10-GM 2008 S72.01), die MC (Major Category) 8 (Krankheiten und Störungen an Muskel-Skelett-System und Bindegewebe) an (vgl G-DRG Version 2008, Definitionshandbuch Kompaktversion, Band 1, S 447). Dort führt die OPS 2008 5-790.9e in der operativen Partition zur ADRG I08 (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur oder Ersatz des Hüftgelenkes mit Eingriff an oberer Extremität oder Wirbelsäule; vgl G-DRG Version 2008, Definitionshandbuch Kompaktversion, Band 1, S 471) und von dort zur DRG I08D (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur, ohne Mehrfacheingriff, ohne komplexe Prozedur, ohne komplexe Diagnose, ohne äußerst schwere CC; vgl G-DRG Version 2008, Definitionshandbuch Kompaktversion, Band 1, S 435).

18

4. Die von der Klägerin geltend gemachten Einwendungen gegen die Feststellungen des LSG (dazu a) und den Erstattungsanspruch im Übrigen (dazu b) greifen nicht durch.

19

a) Das LSG durfte das vom SG eingeholte Gutachten unter Auswertung der von der Klägerin zur Verfügung gestellten Behandlungsunterlagen verwerten, um widerspruchsfrei zu der angegriffenen Feststellung zu gelangen, dass ein Zugang beim Versicherten die Osteosynthese mit einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube ermöglichte. Denn die Klägerin erfüllte ihre Obliegenheit, die für die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung erforderlichen Informationen der Beklagten zu übermitteln (§ 301 SGB V), erst mit der Überlassung der Behandlungsunterlagen an das SG.

20

Die Informationsübermittlung vom Krankenhaus an die KK korrespondiert mit der Prüfberechtigung der KK. KKn sind jederzeit berechtigt, die sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung von Krankenhausvergütung mit Blick auf Leistungsverweigerungsrechte oder nicht verjährte Erstattungsforderungen zu überprüfen (§ 301 SGB V). Denn das Krankenhaus hat hierzu zutreffend und vollständig alle Angaben zu machen, deren es zur Überprüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung bedarf (§ 301 Abs 1 SGB V; vgl zB 1. Senat des BSG in BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 13, 21; 3. Senat des BSG in BSGE 111, 58 = SozR 4-2500 § 109 Nr 24, RdNr 18 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 5 RdNr 14 mwN, stRspr). Jedenfalls dann, wenn sich dabei auch nur geringste Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Abrechnung nicht sachlich-rechnerisch richtig ist und/oder dass das Krankenhaus seine primären Informationsobliegenheiten und ggf -pflichten über die Abrechnungsgrundlagen nicht erfüllte, trifft das Krankenhaus spätestens auf Anforderung der KK die Obliegenheit, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere auch die Behandlungsunterlagen an den MDK oder das Gericht herauszugeben. Die gesetzliche Sechs-Wochen-Frist (§ 275 Abs 1c SGB V) erfasst demgegenüber nur die Prüfung aufgrund einer Auffälligkeit (vgl näher BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 29/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

21

Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten bestehen etwa in Fällen, in denen die vom Krankenhaus vorgenommene Auslegung und Anwendung von Abrechnungsvorschriften zweifelhaft ist oder sogar bestehender Kodierpraxis widerspricht. Es entspricht nicht nur den gesetzlichen Vorgaben (§ 301 Abs 1 SGB V), sondern den eigenen Interessen des Krankenhauses, der KK die entsprechenden Sachverhalte vollständig und nachvollziehbar mitzuteilen, die es zu seiner Auslegung der Abrechnungsvorschriften veranlasst haben. Nur so beugt das Krankenhaus einer Irreführung und darauf beruhender Vermögensverfügung der KK vor, ermöglicht der KK die sachlich-rechnerische Richtigkeitskontrolle und schafft damit die für die Zusammenarbeit unerlässliche Vertrauensbasis. Dies gilt auch dann, wenn das Krankenhaus von einer Auslegungspraxis abweichen will, die im Übrigen - wie hier - auf Leistungserbringer- und KKn-Seite übereinstimmt. So lag es hier.

22

Die Beklagte hatte Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten der Klägerin. Die Osteosynthese über einen Zugang mittels dynamischer Kompressionsschraube mit Antirotationsschraube war nämlich nach ganz herrschender Auffassung zur richtigen Kodierpraxis im Jahr 2008 nach OPS 2008 5-790.9e zu kodieren. Dies entsprach den Einschätzungen des MDK, des Berufsverbandes Deutscher Chirurgen, des DIMDI, des vom SG gehörten Sachverständigen und weiteren professionellen Äußerungen aus dem Jahr 2007 (vgl zB die Beiträge des ärztlichen Leiters Stabsstelle Medizincontrolling, Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau sowie des Medizincontrollers der Main-Kinzig-Kliniken in "Versorgung einer Osteosynthese durch Schraube oder Materialkombination", beginnend am 27.7.2007 bei myDRG-Forum/DRG-System in Deutschland /Fragen zu praktischen Kodierproblemen, abrufbar unter www.mydrg.de/forum/index.php?page=Thread&threadID=9092,%20recherchiert%20am%2018.6.2014 ). Die übliche Kodierpraxis hätte die Klägerin dazu veranlassen müssen, von sich aus gegenüber der Beklagten den Sachverhalt - und die eigene abweichende Meinung - deutlich hervorzuheben. Ohne diese notwendige Zusatzinformation musste die Beklagte die Angaben der Klägerin - unzutreffend - einerseits so verstehen, die Klägerin habe den Versicherten mittels zweier Osteosyntheseverfahren mit unterschiedlichen Zugängen behandelt. Aufgrund der mitgeteilten Entlassungsdiagnose ICD-10-GM S72.01 (Fraktur des Femurs, Schenkelhalsfraktur, Intrakapsulär) durfte die Beklagte andererseits Zweifel haben, dass die Kodierung der OPS-Nummern zutreffend das Behandlungsgeschehen wiedergab.

23

b) Der Erstattungsanspruch der Beklagten war entgegen der Ansicht der Klägerin nicht dadurch verwirkt (vgl BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 36 ff), dass die Beklagte ihn erst 13,5 Monate nach Rechnungslegung geltend machte. Das Rechtsinstitut der Verwirkung passt als ergänzende Regelung innerhalb der kurzen vierjährigen Verjährungsfrist grundsätzlich nicht. Es findet nur in besonderen, engen Ausnahmekonstellationen Anwendung (vgl BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 4 RdNr 15; BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 37 mwN). Ein solcher Fall liegt nicht vor. Insoweit fehlt es schon an dem für die Annahme der Verwirkung erforderlichen Umstandsmoment eines Verwirkungsverhaltens des Berechtigten - hier der Beklagten (vgl dazu und zur mangelnden Tragfähigkeit des Gesichtspunkts der "Waffengleichheit" im materiellen Recht ausführlich zuletzt BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 48/12 R - Juris RdNr 19 f mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

24

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 155 Abs 1 S 3 VwGO, diejenige über den Streitwert aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 und 2 GKG.

Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 1714,07 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligen streiten über die Vergütung einer Krankenhausbehandlung.

2

Die Klägerin, Rechtsträgerin des zugelassenen Krankenhauses M., behandelte den bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherten H. B. (im Folgenden: Versicherter) wegen einer Schenkelhalsfraktur vom 26.1. bis 11.2.2008 stationär mit einer Osteosynthese mittels einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube. Die Klägerin kodierte die Operation mit zwei Schlüsselnummern des Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS 5-790.8e und 5-790.0e), die die diagnoseorientierte Fallpauschale DRG I08C ansteuern, und berechnete 7087,86 Euro (14.2.2008). Die Beklagte bezahlte lediglich 7030,75 Euro, da sie einen Betrag von 57,11 Euro für die Anschubfinanzierung integrierte Versorgung abzog (§ 140d SGB V). Sie machte aufgrund einer Auskunft des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) geltend, die Operation sei allein mit einer OPS-Nummer zu kodieren (OPS 5-790.9e: Geschlossene Reposition einer Fraktur oder Epiphysenlösung mit Osteosynthese, durch Materialkombinationen, Schenkelhals). Da deshalb die geringer vergütete DRG I08D maßgeblich sei, müsse die Klägerin die Überzahlung erstatten (1.4.2009). Die Klägerin lehnte eine Erstattung ab, da eine Prüfanzeige des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) nicht mehr fristgerecht möglich sei. Daraufhin rechnete die Beklagte mit der nach ihrer Auffassung bestehenden Erstattungsforderung von 1714,07 Euro gegenüber Vergütungsansprüchen der Klägerin für die Behandlung anderer Versicherter auf (15.5.2009). Das SG hat ein Sachverständigengutachten eingeholt und die Klage auf Zahlung von 1714,07 Euro nebst Zinsen von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.5.2009 abgewiesen (Urteil vom 19.7.2011). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen: Die Klägerin habe nur Anspruch auf Vergütung nach der geringer dotierten DRG I08D. Die Osteosynthese mit einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube an der gleichen Lokalisation über denselben Zugang sei mit OPS 5-790.9e zu kodieren. Die Beklagte sei mit ihren Einwendungen und der Verwendung der Daten nach § 301 SGB V nicht ausgeschlossen. Es bedürfe keines Rückgriffs auf das Gerichtsgutachten und die von der Klägerin vorgelegten Behandlungsunterlagen, deren Auswertung § 275 Abs 1c S 2 SGB V verbiete(Urteil vom 8.8.2013).

3

Die Klägerin hat dagegen Revision eingelegt. Sie hat das Teilanerkenntnis der Beklagten angenommen, 57,11 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.5.2009 zu schulden. Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 275 Abs 1c S 2 SGB V. Die Beklagte habe die dort geregelte, abgelaufene Frist ohne Einleitung eines MDK-Prüfverfahrens verstreichen lassen. Dies schließe Ermittlungen dazu aus, dass die Voraussetzungen der OPS 5-790.9e erfüllt seien, nämlich dass der Eingriff für das Osteosyntheseverfahren nur über einen Zugang erfolgte.

4

Die Klägerin beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 und des Sozialgerichts Koblenz vom 19. Juli 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, 1656,96 Euro nebst Zinsen von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. Mai 2009 zu zahlen,

hilfsweise

        

das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben im Ergebnis zutreffend entschieden, dass das klagende Krankenhaus gegen die beklagte KK keinen Anspruch auf Zahlung weiterer, jetzt noch streitiger 1656,96 Euro für die anderen Versicherten erbrachte Krankenhausbehandlung hat. Die von der Klägerin im Gleichordnungsverhältnis erhobene (echte) Leistungsklage ist zulässig (vgl BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 20; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10 mwN; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12), aber unbegründet. Der ursprünglich entstandene Anspruch der Klägerin auf Vergütung für die Krankenhausbehandlung anderer Versicherter (dazu 1.) erlosch dadurch in Höhe von 1656,96 Euro, dass die Beklagte wirksam mit ihrem in dieser Höhe bestehenden Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten aufrechnete (dazu 2.). Die Klägerin erhielt hierfür nämlich 7030,75 Euro, obwohl sie lediglich höchstens Anspruch auf Zahlung von 5373,79 Euro für die Behandlung des Versicherten hatte (dazu 3.). Die dagegen von der Klägerin vorgebrachten Einwendungen greifen nicht durch (dazu 4.).

8

1. Zu Recht ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass der Klägerin aufgrund der Behandlung anderer Versicherter zunächst Anspruch auf die dort abgerechnete Vergütung zustand; eine nähere Prüfung des erkennenden Senats erübrigt sich insoweit (vgl zur Zulässigkeit dieses Vorgehens zB BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 7 RdNr 10; SozR 4-2500 § 130 Nr 2 RdNr 15).

9

2. Der Vergütungsanspruch für Krankenhausbehandlung anderer Versicherter erlosch durch Aufrechnung in Höhe von 1656,96 Euro. Die Beklagte erklärte wirksam, mit ihrem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten analog § 387 BGB aufzurechnen(zur entsprechenden Anwendung auf überzahlte Krankenhausvergütung vgl zB BSG SozR 4-7610 § 204 Nr 2 RdNr 9 ff mwN, stRspr). Der Vergütungsanspruch der Klägerin und der von der Beklagten aufgerechnete öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch (dazu 3.) waren gegenseitig und gleichartig (vgl entsprechend BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 16), der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch war fällig und der Vergütungsanspruch der Klägerin erfüllbar.

10

3. Die Beklagte konnte aus öffentlich-rechtlicher Erstattung Zahlung in Höhe von 1656,96 Euro beanspruchen. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt ua voraus, dass der Berechtigte Leistungen im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses ohne rechtlichen Grund erbrachte (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 15, stRspr). So lag es hier. Die Klägerin hatte gegen die Beklagte einen Vergütungsanspruch für die Behandlung des Versicherten (dazu a). Dessen Höhe betrug maximal 5373,79 Euro, während ihr die Beklagte 7030,75 Euro zahlte (dazu b).

11

a) Die Klägerin erfüllte die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung, indem sie den Versicherten vom 26.1. bis 11.2.2008 stationär behandelte. Die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich ist(stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 11; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 11; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13, alle mwN). Diese Voraussetzungen waren nach den unangegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) erfüllt.

12

b) Der Vergütungsanspruch der Klägerin belief sich auf höchstens 5373,79 Euro. Die Klägerin durfte lediglich die niedriger vergütete DRG I08D abrechnen (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur, ohne Mehrfacheingriff, ohne komplexe Prozedur, ohne komplexe Diagnose, ohne äußerst schwere CC), nicht die tatsächlich in Rechnung gestellte DRG I08C (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur mit Mehrfacheingriff, komplexer Prozedur, komplexer Diagnose oder äußerst schweren CC). Dies wirkt sich auch auf die Vergütungsbestandteile aus, deren Höhe von der zu vergütenden DRG abhängt (§ 4 Abs 13 KHEntgG idF durch Art 15 Nr 2 Buchst b Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003, BGBl I 2190, § 4 Abs 14 KHEntgG idF durch Art 2 Nr 2 Buchst k Zweites Gesetz zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser und zur Änderung anderer Vorschriften vom 15.12.2004, BGBl I 3429; § 8 Abs 9 KHEntgG idF durch Art 19 Nr 2 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378).

13

Die von der Klägerin zu beanspruchende Krankenhausvergütung bemisst sich nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage. Rechtsgrundlage sind § 109 Abs 4 S 3 SGB V(idF durch Art 1 Nr 3 Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 5 Buchst a 2. FPÄndG vom 15.12.2004, BGBl I 3429) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz(KHG; idF durch Art 18 Nr 4 GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378; vgl entsprechend BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 15), die Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2008 (Fallpauschalenvereinbarung 2008 - FPV 2008 einschließlich der Anlagen 1 bis 6) und die von den Vertragspartnern auf Bundesebene getroffene Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) für das Jahr 2008 (Ergänzungsvereinbarung 2008 zur Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien Version 2002 für das G-DRG-System gemäß § 17b KHG, zuletzt geändert durch die Ergänzungsvereinbarung 2007; zu deren normativer Wirkung vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 18).

14

Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich aus der Eingabe und Verarbeitung von Daten in einem automatischen Datenverarbeitungssystem, das auf einem zertifizierten Programm basiert (vgl § 1 Abs 6 S 1 FPV 2008; zur rechtlichen Einordnung des Groupierungsvorgangs vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 19 ff). Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm greift dabei auch auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind (zB die Zuordnung von ICD-10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum) oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, aber auch die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) in der jeweiligen vom DIMDI im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung (hier in der Version 2008 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Diagnosenschlüssels vom 25.10.2007, BAnz Nr 207 vom 7.11.2007, S 7937, in Kraft getreten am 1.1.2008 ) sowie die Klassifikation des vom DIMDI im Auftrag des BMG herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssels (hier in der Version 2008 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Operationen- und Prozedurenschlüssels vom 25.10.2007, BAnz Nr 207 vom 7.11.2007, S 7917, in Kraft getreten am 1.1.2008 ; zur Grundlage der Rechtsbindung vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 24).

15

Die Anwendung der DKR und der FPV-Abrechnungsbestimmungen einschließlich des ICD-10-GM und des OPS erfolgt eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (vgl BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 17 mwN; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27; zur Auslegung von medizinischen Begriffen im OPS vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 12 ff, stRspr).

16

Die Klägerin durfte nur die niedriger vergütete DRG I08D abrechnen. Die Behandlung des Versicherten erfüllte nämlich nur die Voraussetzungen der OPS 2008 Nr 5-790.9e. Diese OPS-Nr ist zu kodieren bei einer geschlossenen Reposition einer Fraktur oder Epiphysenlösung mit Osteosynthese des Schenkelhalses durch Materialkombinationen. Erforderlich ist eine Verbindung einer Mehrheit von Verfahren bei einer Osteosynthese, denn es bedarf der "Materialkombinationen". Dies erfasst eine Osteosynthese mittels zweier, sich im Sinne von Haupt- und Hilfsverfahren ergänzender Osteosyntheseverfahren, etwa durch dynamische Kompressionsschraube mit Antirotationsschraube, wie sie hier in Rede steht, wenn es lediglich eines operativen Zugangs bedarf. Denn eine Materialkombination liegt nach dem Regelungssystem nicht schon dann vor, wenn das verwendete Implantat aus mehreren Teilen besteht. So setzt sich zum Beispiel die dynamische Kompressionschraube nicht nur aus einer einzelnen Schraube zusammen, sondern aus einer Schenkelhalsschraube, einem Plattenzylinder und weiteren Schrauben zur Fixierung der Platte am Oberschenkelknochen (vgl entsprechend zB OPS 2008 5-79: "Eine Schraubenosteosynthese ist eine Osteosynthese, die nur mit Schrauben, ggf. mit zusätzlicher Unterlegscheibe, erfolgt"; "Eine Plattenosteosynthese ist eine Osteosynthese, die mit Platten und den dazugehörigen Schrauben, ggf. mit zusätzlichen Schrauben neben der Platte, erfolgt"). Auch ist Materialkombination nicht mit Werkstoffkombination gleichzusetzen. Ansonsten hätte es des Hinweises in OPS 2008 5-79 nicht bedurft, dass eine Verbundosteosynthese (bestehend aus Metall und Zement) als Materialkombination zu kodieren ist (vgl auch die Differenzliste zum OPS 2008, wonach zunächst in der Vorab-Version vorgesehen war, die Verwendung des Zements zusätzlich zu kodieren). Zusätzlich dürfen nicht mehrere Zugänge erforderlich sein. Denn OPS 2008 5-79 ordnet ausdrücklich an, dass die Durchführung einer zweiten Osteosynthese, zB bei einer Zweietagen-Fraktur, gesondert zu kodieren ist (so DIMDI, MDK und Berufsverband Deutscher Chirurgen, vgl Gerichtsgutachten vom 5.7.2010). Nach den Feststellungen des LSG ermöglichte ein einziger Zugang beim Versicherten die Osteosynthese mit einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube.

17

Nach der Groupierungslogik steuert die Diagnose Schenkelhalsfraktur, intrakapsulär (ICD-10-GM 2008 S72.01), die MC (Major Category) 8 (Krankheiten und Störungen an Muskel-Skelett-System und Bindegewebe) an (vgl G-DRG Version 2008, Definitionshandbuch Kompaktversion, Band 1, S 447). Dort führt die OPS 2008 5-790.9e in der operativen Partition zur ADRG I08 (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur oder Ersatz des Hüftgelenkes mit Eingriff an oberer Extremität oder Wirbelsäule; vgl G-DRG Version 2008, Definitionshandbuch Kompaktversion, Band 1, S 471) und von dort zur DRG I08D (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur, ohne Mehrfacheingriff, ohne komplexe Prozedur, ohne komplexe Diagnose, ohne äußerst schwere CC; vgl G-DRG Version 2008, Definitionshandbuch Kompaktversion, Band 1, S 435).

18

4. Die von der Klägerin geltend gemachten Einwendungen gegen die Feststellungen des LSG (dazu a) und den Erstattungsanspruch im Übrigen (dazu b) greifen nicht durch.

19

a) Das LSG durfte das vom SG eingeholte Gutachten unter Auswertung der von der Klägerin zur Verfügung gestellten Behandlungsunterlagen verwerten, um widerspruchsfrei zu der angegriffenen Feststellung zu gelangen, dass ein Zugang beim Versicherten die Osteosynthese mit einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube ermöglichte. Denn die Klägerin erfüllte ihre Obliegenheit, die für die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung erforderlichen Informationen der Beklagten zu übermitteln (§ 301 SGB V), erst mit der Überlassung der Behandlungsunterlagen an das SG.

20

Die Informationsübermittlung vom Krankenhaus an die KK korrespondiert mit der Prüfberechtigung der KK. KKn sind jederzeit berechtigt, die sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung von Krankenhausvergütung mit Blick auf Leistungsverweigerungsrechte oder nicht verjährte Erstattungsforderungen zu überprüfen (§ 301 SGB V). Denn das Krankenhaus hat hierzu zutreffend und vollständig alle Angaben zu machen, deren es zur Überprüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung bedarf (§ 301 Abs 1 SGB V; vgl zB 1. Senat des BSG in BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 13, 21; 3. Senat des BSG in BSGE 111, 58 = SozR 4-2500 § 109 Nr 24, RdNr 18 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 5 RdNr 14 mwN, stRspr). Jedenfalls dann, wenn sich dabei auch nur geringste Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Abrechnung nicht sachlich-rechnerisch richtig ist und/oder dass das Krankenhaus seine primären Informationsobliegenheiten und ggf -pflichten über die Abrechnungsgrundlagen nicht erfüllte, trifft das Krankenhaus spätestens auf Anforderung der KK die Obliegenheit, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere auch die Behandlungsunterlagen an den MDK oder das Gericht herauszugeben. Die gesetzliche Sechs-Wochen-Frist (§ 275 Abs 1c SGB V) erfasst demgegenüber nur die Prüfung aufgrund einer Auffälligkeit (vgl näher BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 29/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

21

Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten bestehen etwa in Fällen, in denen die vom Krankenhaus vorgenommene Auslegung und Anwendung von Abrechnungsvorschriften zweifelhaft ist oder sogar bestehender Kodierpraxis widerspricht. Es entspricht nicht nur den gesetzlichen Vorgaben (§ 301 Abs 1 SGB V), sondern den eigenen Interessen des Krankenhauses, der KK die entsprechenden Sachverhalte vollständig und nachvollziehbar mitzuteilen, die es zu seiner Auslegung der Abrechnungsvorschriften veranlasst haben. Nur so beugt das Krankenhaus einer Irreführung und darauf beruhender Vermögensverfügung der KK vor, ermöglicht der KK die sachlich-rechnerische Richtigkeitskontrolle und schafft damit die für die Zusammenarbeit unerlässliche Vertrauensbasis. Dies gilt auch dann, wenn das Krankenhaus von einer Auslegungspraxis abweichen will, die im Übrigen - wie hier - auf Leistungserbringer- und KKn-Seite übereinstimmt. So lag es hier.

22

Die Beklagte hatte Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten der Klägerin. Die Osteosynthese über einen Zugang mittels dynamischer Kompressionsschraube mit Antirotationsschraube war nämlich nach ganz herrschender Auffassung zur richtigen Kodierpraxis im Jahr 2008 nach OPS 2008 5-790.9e zu kodieren. Dies entsprach den Einschätzungen des MDK, des Berufsverbandes Deutscher Chirurgen, des DIMDI, des vom SG gehörten Sachverständigen und weiteren professionellen Äußerungen aus dem Jahr 2007 (vgl zB die Beiträge des ärztlichen Leiters Stabsstelle Medizincontrolling, Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau sowie des Medizincontrollers der Main-Kinzig-Kliniken in "Versorgung einer Osteosynthese durch Schraube oder Materialkombination", beginnend am 27.7.2007 bei myDRG-Forum/DRG-System in Deutschland /Fragen zu praktischen Kodierproblemen, abrufbar unter www.mydrg.de/forum/index.php?page=Thread&threadID=9092,%20recherchiert%20am%2018.6.2014 ). Die übliche Kodierpraxis hätte die Klägerin dazu veranlassen müssen, von sich aus gegenüber der Beklagten den Sachverhalt - und die eigene abweichende Meinung - deutlich hervorzuheben. Ohne diese notwendige Zusatzinformation musste die Beklagte die Angaben der Klägerin - unzutreffend - einerseits so verstehen, die Klägerin habe den Versicherten mittels zweier Osteosyntheseverfahren mit unterschiedlichen Zugängen behandelt. Aufgrund der mitgeteilten Entlassungsdiagnose ICD-10-GM S72.01 (Fraktur des Femurs, Schenkelhalsfraktur, Intrakapsulär) durfte die Beklagte andererseits Zweifel haben, dass die Kodierung der OPS-Nummern zutreffend das Behandlungsgeschehen wiedergab.

23

b) Der Erstattungsanspruch der Beklagten war entgegen der Ansicht der Klägerin nicht dadurch verwirkt (vgl BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 36 ff), dass die Beklagte ihn erst 13,5 Monate nach Rechnungslegung geltend machte. Das Rechtsinstitut der Verwirkung passt als ergänzende Regelung innerhalb der kurzen vierjährigen Verjährungsfrist grundsätzlich nicht. Es findet nur in besonderen, engen Ausnahmekonstellationen Anwendung (vgl BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 4 RdNr 15; BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 37 mwN). Ein solcher Fall liegt nicht vor. Insoweit fehlt es schon an dem für die Annahme der Verwirkung erforderlichen Umstandsmoment eines Verwirkungsverhaltens des Berechtigten - hier der Beklagten (vgl dazu und zur mangelnden Tragfähigkeit des Gesichtspunkts der "Waffengleichheit" im materiellen Recht ausführlich zuletzt BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 48/12 R - Juris RdNr 19 f mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

24

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 155 Abs 1 S 3 VwGO, diejenige über den Streitwert aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 und 2 GKG.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 18. April 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 5316,57 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob zwei stationäre Krankenhausbehandlungen im Wege der Fallzusammenführung mit nur einer Fallpauschale abzurechnen sind.

2

In dem von der klagenden Gesellschaft betriebenen Krankenhaus wurde der bei der beklagten Krankenkasse versicherte Patient A. (Versicherter) zweimal wegen seines Prostataleidens stationär behandelt. Während seines ersten Aufenthalts (4. bis 6.5.2006) mit der Aufnahmediagnose "Prostatahyperplasie mit Harnstauungsniere" wurde ein Harnblasendauerkatheter gelegt. Bei seiner Entlassung erhielt er einen Wiederaufnahmetermin für den 6.6.2006 zur transurethralen Prostataresektion, die dann auch am 7.6.2006 durchgeführt wurde. Nach komplikationslosem Heilungsverlauf wurde der Versicherte am 12.6.2006 nach Hause entlassen. Das Krankenhaus kodierte für beide stationären Aufenthalte die Prostatahyperplasie ICD-10 N40 als Hauptdiagnose und rechnete für den ersten Aufenthalt die Diagnosis Related Group (DRG) M61Z (benigne Prostatahyperplasie) mit einer Vergütung von 1437,81 Euro (Rechnung vom 15.5.2006) sowie für den zweiten Aufenthalt die DRG M02Z (transurethrale Prostataresektion) mit einem Entgelt von 3908,27 Euro (Rechnung vom 15.6.2006) ab. Die Beklagte beglich beide Rechnungen zunächst in voller Höhe unter Abzug von insgesamt 29,51 Euro als Kostenbeitrag für die integrierte Versorgung, beauftragte aber noch im Juli 2006 den Sozialmedizinischen Dienst (SMD) mit einer gutachtlichen Stellungnahme zur Frage, ob eine Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 der Fallpauschalenvereinbarung (FPV) 2006 in Betracht komme. Der SMD bejahte die Notwendigkeit einer Fallzusammenführung, weil die Prostataoperation aus medizinischer Sicht ohne Weiteres innerhalb von 30 Kalendertagen ab der Erstaufnahme hätte erfolgen können; die Wiederaufnahme erst am 33. Kalendertag (6.6.2006) statt noch am 30. Kalendertag (3.6.2006) sei medizinisch nicht geboten gewesen und verstoße daher gegen das Gebot wirtschaftlicher Leistungserbringung (§ 2 Abs 4, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1 S 2 SGB V). Die Beklagte rechnete daraufhin am 15.11.2006 mit einem Erstattungsanspruch in Höhe des tatsächlich gezahlten Gesamtbetrages von 5316,57 Euro gegen unstreitige Vergütungsansprüche der Klägerin aus späteren Behandlungsfällen auf.

3

Die Klägerin hält die Aufrechnung für unwirksam, weil der Erstattungsanspruch nicht bestehe. Sie macht geltend, eine Harnableitung mittels eines permanent offenen Dauerkatheters sei bei dem 80 Jahre alten multimorbiden Versicherten erforderlich gewesen. Abhängig vom Stauungsgrad und der Dilatation müsse diese Urinableitung regelmäßig 6 bis 8 Wochen lang durchgeführt werden, ehe die Prostatahyperplasie ohne Gefahr weitreichender Komplikationen operativ angegangen werden könne. Hier sei der Versicherte bereits nach rund 5 Wochen erneut aufgenommen und operiert worden; diese Wartezeit sei aus fachurologischer Sicht zwingend notwendig gewesen. Unabhängig davon scheide eine Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 FPV 2006 aber auch deshalb aus, weil die Vorschrift nach ihrem Wortlaut eine Fallzusammenführung nur vorsehe, wenn die Wiederaufnahme binnen 30 Kalendertagen ab der Erstaufnahme tatsächlich erfolgt sei, nicht aber schon dann, wenn die Wiederaufnahme innerhalb dieser Frist lediglich hätte erfolgen können, tatsächlich aber erst später stattgefunden habe.

4

Das SG hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 5316,57 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 15.11.2006 zu zahlen (Gerichtsbescheid vom 26.11.2009). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, nachdem die Klage wegen des Zinsanspruchs für den 15.11.2006 zurückgenommen worden war (Urteil vom 18.4.2012): Eine Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 FPV 2006 scheide aus, weil die Wiederaufnahme des Versicherten nicht innerhalb von 30 Kalendertagen ab der Erstaufnahme erfolgt sei. Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf Fälle, in denen die Wiederaufnahme innerhalb dieser Frist hätte erfolgen können, sei nach dem Grundsatz der wortgetreuen Auslegung vertraglicher Abrechnungsregelungen ausgeschlossen. Dem stehe auch nicht das Wirtschaftlichkeitsgebot des SGB V entgegen; ein Krankenhaus sei nicht verpflichtet, allein deswegen die für die Krankenkasse preisgünstigste Art der Durchführung einer Behandlung zu wählen. Auch ein Verstoß gegen das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme sei nicht ersichtlich, weil sich das Krankenhaus im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben und Abrechnungsbestimmungen bewegt habe. Ob etwas anderes gelte, wenn die Wiederaufnahme innerhalb der 30-Tage-Frist aus medizinischen Gründen an sich geboten gewesen wäre, könne offenbleiben, weil ein solcher Sachverhalt nicht vorliege.

5

Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts. Auch bei der Auslegung der FPV seien die Vorschriften über die Pflicht zur wirtschaftlichen Leistungserbringung (§ 2 Abs 4, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1 S 2 SGB V) zu beachten. Das berechtigte Bedürfnis nach Rechtssicherheit bei der Auslegung und Anwendung von Abrechnungsvorschriften dürfe nicht dazu führen, dass die 30-Tage-Frist faktisch zur Disposition des Krankenhauses gestellt werde. Es sei unwirtschaftlich, einen Patienten drei Tage nach Ablauf dieser Frist wieder aufzunehmen, wenn dies ebenso gut noch innerhalb der Frist hätte geschehen können.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG für das Saarland vom 18.4.2012 und den Gerichtsbescheid des SG für das Saarland vom 26.11.2009 zu ändern und die Klage abzuweisen.

7

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist zulässig, in der Sache aber unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Die Aufrechnung vom 15.11.2006 ist unwirksam, weil der Beklagten der geltend gemachte Erstattungsanspruch nicht zusteht. Eine Zusammenführung der beiden stationären Behandlungen des Versicherten zu einem "Behandlungsfall" scheidet aus.

9

1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor. Streitgegenstand ist der Anspruch eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse auf Zahlung der Vergütung für die stationäre Krankenhausbehandlung eines Versicherten in Höhe von insgesamt 5316,57 Euro. Diesen Anspruch macht die Klägerin zu Recht mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG geltend; denn es handelt sich bei der auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse um einen sog Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2; BSGE 86, 166, 167 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 1; BSGE 90, 1 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12; BSG SozR 3-2500 § 39 Nr 4; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 RdNr 10). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten.

10

2. In der Sache streiten die Beteiligten allerdings nur um die Wirksamkeit der von der Beklagten am 15.11.2006 erklärten Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in Höhe von 5316,57 Euro. Die mit der erhobenen Leistungsklage verfolgten Vergütungsansprüche der Klägerin aus späteren Krankenhausbehandlungen von Versicherten der Beklagten sind demgegenüber unstreitig. Zwar hat das LSG weder ausdrücklich noch konkludent festgestellt, welche Vergütungsansprüche die Klägerin aufgrund welcher konkreten Krankenhausbehandlung geltend macht. Die Beteiligten haben aber übereinstimmend als selbstverständlich vorausgesetzt, dass der Klägerin gegen die Beklagte - ohne Berücksichtigung der streitigen Zahlungsforderung - laufende Ansprüche aus Anlass der Krankenhausbehandlung von Versicherten in Höhe von weiteren 5316,57 Euro erwachsen sind. Da die Beklagte sich gegenüber der Klage ausschließlich im Wege der Primäraufrechnung mit einer Gegenforderung verteidigt, steht die Klageforderung selbst außer Streit (stRspr, vgl zB BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 6).

11

Diese Klageforderung ist begründet. Der Beklagten steht kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch über 5316,57 Euro zu; denn in dieser Höhe hat sie die beiden stationären Behandlungen des Versicherten im Mai und Juni 2006 mit Rechtsgrund vergütet, weil der Klägerin insoweit ein Entgeltanspruch über insgesamt 5316,57 Euro zustand (zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch bei Überzahlung von Krankenhausentgelten vgl schon BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 8 f).

12

3. Rechtsgrundlage für die Vergütungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte für stationäre Krankenhausleistungen aus dem Jahr 2006 ist § 109 Abs 4 S 3 SGB V(hier idF durch Art 1 Nr 3 des Fallpauschalengesetzes vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 S 1 Nr 1 und § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 Krankenhausentgeltgesetz(KHEntgG; jeweils idF durch Art 2 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser und zur Änderung anderer Vorschriften - Zweites Fallpauschalenänderungsgesetz <2. FPÄndG> vom 15.12.2004, BGBl I 3429) sowie § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz(KHG, idF durch Art 1 Nr 4 2. FPÄndG) iVm der Anlage 1 Teil a) des Fallpauschalen-Katalogs der G-DRG-Version 2006 sowie dem zwischen der Saarländischen Krankenhausgesellschaft eV und den Krankenkassen bzw deren Verbänden geschlossenen Vertrag nach § 112 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V - Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung - idF des Schiedsspruchs vom 25.11.1996 (KBV) und der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten für das Jahr 2006. Die Frage der Fallzusammenführung richtet sich nach § 2 Abs 2 FPV 2006. Hiernach durfte die Klägerin die zwei stationären Behandlungen des Versicherten getrennt mit Einzelvergütungen von 1429,20 Euro und 3887,37 Euro, also mit einer Gesamtvergütung in Höhe von 5316,57 Euro, abrechnen.

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4. Rechtsgrundlage für die von einer Krankenkasse erklärte Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch zur Erfüllung von Vergütungsansprüchen der Krankenhäuser ist § 69 Abs 1 S 3 SGB V iVm §§ 387 ff BGB(vgl BSGE 107, 78 = SozR 4-2500 § 140d Nr 2; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 8; BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2). Auch außerhalb der besonderen Regelungen der §§ 51, 52 SGB I über die Aufrechnung gegen Sozialleistungsansprüche besteht im Sozialrecht allgemein die Möglichkeit, einer öffentlich-rechtlichen Forderung im Wege der Aufrechnung, auf welche die §§ 387 ff BGB entsprechend anzuwenden sind, entgegenzutreten(BSGE 75, 283, 284 ff = SozR 3-2400 § 28 Nr 2; BSGE 63, 224, 230 f = SozR 1300 § 48 Nr 47). Voraussetzung dieses einseitigen Rechtsgeschäfts, mit dem die wechselseitige Tilgung zweier Forderungen bewirkt wird, ist gemäß § 387 BGB, dass sich zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung gegenseitige, gleichartige und fällige bzw erfüllbare Forderungen gegenüberstehen, wobei die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung uneingeschränkt wirksam und fällig sein muss, die Hauptforderung dagegen lediglich erfüllbar zu sein braucht(Grüneberg in: Palandt, BGB, 72. Aufl 2013, § 387 RdNr 11 f). Außerdem darf entsprechend § 390 BGB die Gegenforderung nicht einredebehaftet sein. Diese Aufrechnungsvorraussetzungen sind hier nicht erfüllt, weil der zur Aufrechnung gestellte Erstattungsanspruch der Beklagten nicht bestand. Die Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 FPV 2006 war hier ausgeschlossen.

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5. Das Krankenhaus hat auch bei der Vergütung der Krankenhausbehandlung durch Fallpauschalen einen Vergütungsanspruch gegen eine Krankenkasse nur für eine "erforderliche" Krankenhausbehandlung. Die Vergütung stellt die Gegenleistung für die Erfüllung der Pflicht zugelassener Krankenhäuser dar, die Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten im Rahmen des jeweiligen Versorgungsvertrags (§ 109 SGB V) zu leisten. Die Leistung des Krankenhauses dient der Erfüllung des Sachleistungsanspruchs des Versicherten (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V) gegen die Krankenkasse. Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht dabei - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich ist(BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12; stRspr). Im vorliegenden Fall steht die medizinische Notwendigkeit der beiden stationären Behandlungen und auch die jeweilige Dauer von zwei bzw sechs Belegungstagen nicht im Streit.

15

6. Maßgebend für die Höhe des Vergütungsanspruchs ist innerhalb des hier maßgeblichen DRG-Systems der Fallpauschalenkatalog. Danach hat die Klägerin zu Recht für die erste stationäre Behandlung des Versicherten die DRG M61Z und für die zweite stationäre Behandlung die DRG M02Z in Ansatz gebracht. Dies wird von der Beklagten auch nicht angegriffen. Ebenso erhebt sie auch keine Einwendungen gegen die Höhe des Vergütungsanspruchs, die sich bei getrennter Abrechnung beider Behandlungen auf insgesamt 5316,57 Euro beläuft. Sie ist vielmehr der Auffassung, dass nach der FPV 2006 iVm dem Gebot des SGB V zur wirtschaftlichen Leistungserbringung eine Zusammenführung beider Behandlungsfälle zu einem Behandlungsfall hätte erfolgen müssen. Dies trifft jedoch nicht zu.

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a) Die insoweit maßgebende Vorschrift des - in seinem Wortlaut bis heute unverändert gebliebenen - § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 lautet: Eine Zusammenfassung der Falldaten zu einem Fall und eine Neueinstufung in eine Fallpauschale ist auch dann vorzunehmen, wenn
1. ein Patient oder eine Patientin innerhalb von 30 Kalendertagen ab dem Aufnahmedatum des ersten unter diese Vorschrift zur Zusammenfassung fallenden Krankenhausaufenthalts wieder aufgenommen wird und
2. innerhalb der gleichen Hauptdiagnosegruppe (MDC) die zuvor abrechenbare Fallpauschale in die "medizinische Partition" oder die "andere Partition" und die anschließende Fallpauschale in die "operative Partition" einzugruppieren ist.

17

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zwar erfüllen die beiden stationären Behandlungen des Versicherten wegen seines Prostataleidens die sachlichen Voraussetzungen der Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 S 1 Nr 2 FPV 2006, nicht aber die zeitlichen Voraussetzungen der Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 S 1 Nr 1 FPV 2006. Der Versicherte wurde nicht innerhalb von 30 Kalendertagen ab dem Aufnahmedatum des ersten Krankenhausaufenthalts wieder aufgenommen. Zwischen der Erstaufnahme am 4.5.2006 und der Wiederaufnahme am 6.6.2006 lagen 33 Kalendertage. Der reine Wortlaut des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 schließt die Fallzusammenführung also aus; dies stellt auch die Beklagte nicht in Abrede.

18

b) Die Beklagte befürwortet indes eine entsprechende Anwendung des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006, weil - aus ihrer Sicht - der Versicherte bereits innerhalb der 30-Tage-Frist, also spätestens am 3.6.2006, zur vorgesehenen Prostataoperation hätte wieder aufgenommen werden können. Eine solche Ausweitung des Anwendungsbereichs dieser Vorschrift kommt jedoch nicht in Betracht. Vergütungsregelungen sind grundsätzlich streng nach ihrem Wortlaut auszulegen, um Fehlinterpretationen und Missverständnisse zu vermeiden; denn nur so sind sie für die routinemäßige Anwendung im Massengeschäft der Abrechnung der zahlreichen Behandlungsfälle handhabbar (vgl allgemein zur Funktion von Vergütungsregelungen BSG SozR 3-5565 § 14 Nr 2; BSG SozR 3-5565 § 15 Nr 1; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11, RdNr 18; BSGE 111, 200 = SozR 4-5562 § 8 Nr 4, RdNr 24). Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiterzuentwickelndes (§ 17b Abs 2 S 1 KHG) und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten, Unbilligkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese Mängel mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (BSGE 107, 140 = SozR 4-2500 § 109 Nr 21, RdNr 18 mwN).

19

Die Regelung des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 ist so angelegt, dass über die Fallzusammenführung anhand von DRG-Nummern und Partitionen sowie von konkreten Fristen entschieden wird. Nur so können die Entscheidungen im Massengeschäft der Abrechnung durch die EDV getroffen werden. Beurteilungsspielräume der Betroffenen und somit Streit zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern sollen auf diese Weise vermieden werden (Tuschen/Trefz, Krankenhausentgeltgesetz, 2. Aufl 2010, Ziffer 6.4.1, S 149). Dieses Ziel würde konterkariert, wenn jeweils im Einzelfall geprüft werden müsste, ob eine zweite außerhalb der 30-Tages-Frist liegende stationäre Behandlung schon früher hätte begonnen werden können, so dass sie innerhalb dieser Frist liegen würde. Den Vertragsparteien steht es vielmehr frei, im Zuge der jährlichen Überarbeitung der FPV die Frist des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 zB auf 40 Tage zu verlängern oder sogar ganz zu streichen. Außerdem könnten sie auch eine speziell auf die mehrphasige stationäre Behandlung von Prostataerkrankungen zugeschnittene Regelung zur Fallzusammenführung aushandeln.

20

c) Der Charakter des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 als vertragliche Vergütungsvorschrift schließt es auch aus, eine Fallzusammenführung nach dieser Regelung auch dann zu erwägen, wenn - wie hier - allein ein die Behandlung prägender sachlicher Zusammenhang zwischen der ersten und zweiten Behandlungsphase iS des § 2 Abs 2 S 1 Nr 2 FPV 2006 besteht, die Zeitgrenze des § 2 Abs 2 S 1 Nr 1 FPV 2006 aber überschritten ist. Die Fallzusammenführung beider Behandlungsphasen zu einem einzigen Behandlungsfall im Sinne eines zusammenhängend behandelten Krankheitsfalls haben die Vertragsparteien bewusst an die Kombination aus einem prägenden sachlichen Zusammenhang und einem Zeitmoment geknüpft, wobei beide Elemente kumulativ vorliegen müssen. Soll der prägende sachliche Zusammenhang allein für die Fallzusammenführung ausreichen, bedarf es einer entsprechenden Änderungsvereinbarung zur FPV durch die Vertragsparteien; eine in dieser Weise einschränkende Auslegung und Anwendung des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 ohne vertragliche Änderung der Vorschrift ist ausgeschlossen. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall von der Auslegung gesetzlicher Vergütungsvorschriften. So hat zB der 1. Senat des BSG zur Abrechnungsregelung des § 8 Abs 2 S 3 Nr 3 KHEntgG entschieden(Urteil vom 17.9.2013 - B 1 KR 2/12 R -, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen), dass eine vorstationäre Behandlung neben der Fallpauschale für eine anschließende voll- oder teilstationäre Behandlung immer dann nicht abrechenbar ist, wenn jeweils sowohl die vorstationäre als auch die voll- oder teilstationäre Behandlung wegen ihres prägenden sachlichen Zusammenhangs übergreifend einen einzigen Behandlungsfall im Sinne eines zusammenhängend behandelten Krankheitsfalles betrifft; nicht entscheidend sei hingegen, ob bei der vorstationären Behandlung die Zeitgrenzen des § 115a Abs 2 S 1 SGB V ("Die vorstationäre Behandlung ist auf längstens drei Behandlungstage innerhalb von fünf Tagen vor Beginn der stationären Behandlung begrenzt.") gewahrt oder überschritten sind (BSG, aaO, RdNr 22). Ob dieser Entscheidung des 1. Senats zu folgen ist (und eine der Sache nach ambulante Behandlung auch dann "vorstationär" genannt und als in die Zuständigkeit der Krankenhäuser fallend bezeichnet werden kann, wenn die Zeitgrenzen des § 115a Abs 2 S 1 SGB V überschritten sind), lässt der erkennende Senat offen; maßgeblich ist, dass diese Entscheidung auf die Auslegung einer vertraglichen Vergütungsvorschrift wie § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 nicht übertragbar ist.

21

d) Dem Ausschluss der analogen Anwendung des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 steht auch nicht das Wirtschaftlichkeitsgebot(§ 2 Abs 4, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1 S 2 SGB V) entgegen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot allein verpflichtet ein Krankenhaus nicht dazu, die für die Krankenkasse finanziell günstigste Art der Durchführung einer Behandlung zu wählen. Es begründet keine Fürsorgepflicht des Krankenhauses für die sparsame Mittelverwendung des Vertragspartners. Der Gesetzgeber hat zur Erfüllung der Sachleistungsverpflichtung der Krankenkassen gegenüber ihren Versicherten (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V)vorgesehen, dass sich die Krankenkassen der verschiedenen Leistungserbringer bedienen, mit denen sie über Art und Umfang der Leistungen sowie deren Vergütung Verträge abschließen. Dem Vertragsmodell liegt die Vorstellung zu Grunde, dass jede Seite ihre Interessen zu wahren sucht, der Einigungsdruck aber zu einem angemessenen Interessenausgleich führt. Die sich aus der auf Dauer angelegten intensiven Vertragsbeziehung zwischen einem Leistungserbringer und einer Krankenkasse ergebenden gegenseitigen Treue- und Rücksichtnahmepflichten (§ 69 Abs 1 S 3 SGB V iVm § 241 Abs 2 BGB und § 242 BGB) gehen nicht so weit, dass vertraglich eingeräumte Vergütungsansprüche nicht voll ausgeschöpft werden dürfen. Treue- und Rücksichtnahmepflichten aus Vertragsverhältnissen wirken sich regelmäßig lediglich auf vertragliche Nebenpflichten aus, die nicht ausdrücklich geregelt sind. Eindeutig vereinbarte Vergütungsansprüche können dadurch nicht eingeschränkt werden. Hier kann von den Krankenkassen erwartet werden, dass sie ihren Auftrag zur sparsamen Mittelverwendung in vollem Umfang eigenverantwortlich wahrnehmen und durch entsprechende Vertragsgestaltung - soweit ein Konsens zu erzielen ist - auch umsetzen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot verpflichtet ein Krankenhaus lediglich, innerhalb der gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben wirtschaftlich zu handeln, nicht aber, darüber hinaus - gegen eigene Interessen - weitere Vorgaben aus Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten aufzustellen; es muss also nur die ihm zur Verfügung stehenden Ressourcen optimal einsetzen und die vertraglichen und gesetzlichen Voraussetzungen einhalten. Dem ist die Klägerin hier nachgekommen. Der Versicherte hatte einen Anspruch nach § 39 SGB V auf zweimalige stationäre Krankenhausbehandlung, wobei kein Anspruch bestand, die zweite Krankenhausbehandlung zu einem bestimmten Zeitpunkt, hier innerhalb der 30-Tage-Frist des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006, zu erhalten. Die Krankenhausbehandlung war auch, wie bereits ausgeführt, medizinisch erforderlich, was insbesondere auch für die zweite Krankenhausbehandlung gilt. Selbst wenn die Wiederaufnahme aus medizinischem Blickwinkel möglicherweise schon einige Tage früher hätte stattfinden können, was hier offenbleiben kann, ändert dies nichts daran, dass die zweite Behandlung für sich genommen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich war und damit dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprach.

22

e) Der erkennende Senat muss an dieser Stelle nicht entscheiden, wie der Fall zu beurteilen wäre, wenn eine Wiederaufnahme innerhalb der 30-Tage-Frist aus medizinischen Gründen notwendig, die Wiederaufnahme nach erst 33 Kalendertagen also fehlerhaft gewesen wäre. Ein solcher Sachverhalt liegt nach den Feststellungen des LSG nicht vor; er wird von der Beklagten und dem SMD auch nicht behauptet. Ebenso kann die Frage offenbleiben, wie zu entscheiden wäre, wenn ein Krankenhaus solch lange Zwischenfristen systematisch ausnutzen würde, um Fallzusammenführungen zwecks Gewinnoptimierung zu umgehen. Auch dafür gibt es im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte. Im Gegenteil: Die Überschreitung der 30-Tage-Frist um drei Tage war auch sachlich nicht zu beanstanden. Zur Wahrung dieser Frist hätte der Versicherte spätestens am 3.6.2006 (Samstag) wieder aufgenommen werden müssen. Da aber an Wochenenden aus guten Gründen nur Notfälle in ein Krankenhaus aufgenommen werden, wäre realistischerweise nur der 2.6.2006 (Freitag) als letzter Wiederaufnahmetag in Betracht gekommen, weil sich der Versicherte nicht in einer Notfallsituation befand, sondern es um einen geplanten Eingriff ging. Da solche geplanten Eingriffe regelmäßig aber nur alltags durchgeführt werden, wäre der Versicherte voraussichtlich nicht vor dem 6.6.2006 (Dienstag), dem Tag der tatsächlichen Wiederaufnahme, operiert worden, weil der Zeitraum vom 3.6.2006 (Samstag) bis zum 5.6.2006 (Pfingstmontag) hierfür nicht zur Verfügung stand. Eine Wiederaufnahme am 2.6.2006 hätte also nur die Verweildauer des Versicherten unnötig verlängert und dem Krankenhaus zusätzliche Kosten verursacht.

23

7. Der Zinsanspruch beruht auf § 14 Abs 5 KBV.

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8. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 und § 47 Abs 1 GKG.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 1714,07 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligen streiten über die Vergütung einer Krankenhausbehandlung.

2

Die Klägerin, Rechtsträgerin des zugelassenen Krankenhauses M., behandelte den bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherten H. B. (im Folgenden: Versicherter) wegen einer Schenkelhalsfraktur vom 26.1. bis 11.2.2008 stationär mit einer Osteosynthese mittels einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube. Die Klägerin kodierte die Operation mit zwei Schlüsselnummern des Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS 5-790.8e und 5-790.0e), die die diagnoseorientierte Fallpauschale DRG I08C ansteuern, und berechnete 7087,86 Euro (14.2.2008). Die Beklagte bezahlte lediglich 7030,75 Euro, da sie einen Betrag von 57,11 Euro für die Anschubfinanzierung integrierte Versorgung abzog (§ 140d SGB V). Sie machte aufgrund einer Auskunft des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) geltend, die Operation sei allein mit einer OPS-Nummer zu kodieren (OPS 5-790.9e: Geschlossene Reposition einer Fraktur oder Epiphysenlösung mit Osteosynthese, durch Materialkombinationen, Schenkelhals). Da deshalb die geringer vergütete DRG I08D maßgeblich sei, müsse die Klägerin die Überzahlung erstatten (1.4.2009). Die Klägerin lehnte eine Erstattung ab, da eine Prüfanzeige des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) nicht mehr fristgerecht möglich sei. Daraufhin rechnete die Beklagte mit der nach ihrer Auffassung bestehenden Erstattungsforderung von 1714,07 Euro gegenüber Vergütungsansprüchen der Klägerin für die Behandlung anderer Versicherter auf (15.5.2009). Das SG hat ein Sachverständigengutachten eingeholt und die Klage auf Zahlung von 1714,07 Euro nebst Zinsen von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.5.2009 abgewiesen (Urteil vom 19.7.2011). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen: Die Klägerin habe nur Anspruch auf Vergütung nach der geringer dotierten DRG I08D. Die Osteosynthese mit einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube an der gleichen Lokalisation über denselben Zugang sei mit OPS 5-790.9e zu kodieren. Die Beklagte sei mit ihren Einwendungen und der Verwendung der Daten nach § 301 SGB V nicht ausgeschlossen. Es bedürfe keines Rückgriffs auf das Gerichtsgutachten und die von der Klägerin vorgelegten Behandlungsunterlagen, deren Auswertung § 275 Abs 1c S 2 SGB V verbiete(Urteil vom 8.8.2013).

3

Die Klägerin hat dagegen Revision eingelegt. Sie hat das Teilanerkenntnis der Beklagten angenommen, 57,11 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.5.2009 zu schulden. Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 275 Abs 1c S 2 SGB V. Die Beklagte habe die dort geregelte, abgelaufene Frist ohne Einleitung eines MDK-Prüfverfahrens verstreichen lassen. Dies schließe Ermittlungen dazu aus, dass die Voraussetzungen der OPS 5-790.9e erfüllt seien, nämlich dass der Eingriff für das Osteosyntheseverfahren nur über einen Zugang erfolgte.

4

Die Klägerin beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 und des Sozialgerichts Koblenz vom 19. Juli 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, 1656,96 Euro nebst Zinsen von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. Mai 2009 zu zahlen,

hilfsweise

        

das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben im Ergebnis zutreffend entschieden, dass das klagende Krankenhaus gegen die beklagte KK keinen Anspruch auf Zahlung weiterer, jetzt noch streitiger 1656,96 Euro für die anderen Versicherten erbrachte Krankenhausbehandlung hat. Die von der Klägerin im Gleichordnungsverhältnis erhobene (echte) Leistungsklage ist zulässig (vgl BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 20; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10 mwN; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12), aber unbegründet. Der ursprünglich entstandene Anspruch der Klägerin auf Vergütung für die Krankenhausbehandlung anderer Versicherter (dazu 1.) erlosch dadurch in Höhe von 1656,96 Euro, dass die Beklagte wirksam mit ihrem in dieser Höhe bestehenden Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten aufrechnete (dazu 2.). Die Klägerin erhielt hierfür nämlich 7030,75 Euro, obwohl sie lediglich höchstens Anspruch auf Zahlung von 5373,79 Euro für die Behandlung des Versicherten hatte (dazu 3.). Die dagegen von der Klägerin vorgebrachten Einwendungen greifen nicht durch (dazu 4.).

8

1. Zu Recht ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass der Klägerin aufgrund der Behandlung anderer Versicherter zunächst Anspruch auf die dort abgerechnete Vergütung zustand; eine nähere Prüfung des erkennenden Senats erübrigt sich insoweit (vgl zur Zulässigkeit dieses Vorgehens zB BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 7 RdNr 10; SozR 4-2500 § 130 Nr 2 RdNr 15).

9

2. Der Vergütungsanspruch für Krankenhausbehandlung anderer Versicherter erlosch durch Aufrechnung in Höhe von 1656,96 Euro. Die Beklagte erklärte wirksam, mit ihrem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten analog § 387 BGB aufzurechnen(zur entsprechenden Anwendung auf überzahlte Krankenhausvergütung vgl zB BSG SozR 4-7610 § 204 Nr 2 RdNr 9 ff mwN, stRspr). Der Vergütungsanspruch der Klägerin und der von der Beklagten aufgerechnete öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch (dazu 3.) waren gegenseitig und gleichartig (vgl entsprechend BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 16), der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch war fällig und der Vergütungsanspruch der Klägerin erfüllbar.

10

3. Die Beklagte konnte aus öffentlich-rechtlicher Erstattung Zahlung in Höhe von 1656,96 Euro beanspruchen. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt ua voraus, dass der Berechtigte Leistungen im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses ohne rechtlichen Grund erbrachte (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 15, stRspr). So lag es hier. Die Klägerin hatte gegen die Beklagte einen Vergütungsanspruch für die Behandlung des Versicherten (dazu a). Dessen Höhe betrug maximal 5373,79 Euro, während ihr die Beklagte 7030,75 Euro zahlte (dazu b).

11

a) Die Klägerin erfüllte die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung, indem sie den Versicherten vom 26.1. bis 11.2.2008 stationär behandelte. Die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich ist(stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 11; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 11; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13, alle mwN). Diese Voraussetzungen waren nach den unangegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) erfüllt.

12

b) Der Vergütungsanspruch der Klägerin belief sich auf höchstens 5373,79 Euro. Die Klägerin durfte lediglich die niedriger vergütete DRG I08D abrechnen (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur, ohne Mehrfacheingriff, ohne komplexe Prozedur, ohne komplexe Diagnose, ohne äußerst schwere CC), nicht die tatsächlich in Rechnung gestellte DRG I08C (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur mit Mehrfacheingriff, komplexer Prozedur, komplexer Diagnose oder äußerst schweren CC). Dies wirkt sich auch auf die Vergütungsbestandteile aus, deren Höhe von der zu vergütenden DRG abhängt (§ 4 Abs 13 KHEntgG idF durch Art 15 Nr 2 Buchst b Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003, BGBl I 2190, § 4 Abs 14 KHEntgG idF durch Art 2 Nr 2 Buchst k Zweites Gesetz zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser und zur Änderung anderer Vorschriften vom 15.12.2004, BGBl I 3429; § 8 Abs 9 KHEntgG idF durch Art 19 Nr 2 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378).

13

Die von der Klägerin zu beanspruchende Krankenhausvergütung bemisst sich nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage. Rechtsgrundlage sind § 109 Abs 4 S 3 SGB V(idF durch Art 1 Nr 3 Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 5 Buchst a 2. FPÄndG vom 15.12.2004, BGBl I 3429) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz(KHG; idF durch Art 18 Nr 4 GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378; vgl entsprechend BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 15), die Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2008 (Fallpauschalenvereinbarung 2008 - FPV 2008 einschließlich der Anlagen 1 bis 6) und die von den Vertragspartnern auf Bundesebene getroffene Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) für das Jahr 2008 (Ergänzungsvereinbarung 2008 zur Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien Version 2002 für das G-DRG-System gemäß § 17b KHG, zuletzt geändert durch die Ergänzungsvereinbarung 2007; zu deren normativer Wirkung vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 18).

14

Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich aus der Eingabe und Verarbeitung von Daten in einem automatischen Datenverarbeitungssystem, das auf einem zertifizierten Programm basiert (vgl § 1 Abs 6 S 1 FPV 2008; zur rechtlichen Einordnung des Groupierungsvorgangs vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 19 ff). Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm greift dabei auch auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind (zB die Zuordnung von ICD-10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum) oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, aber auch die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) in der jeweiligen vom DIMDI im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung (hier in der Version 2008 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Diagnosenschlüssels vom 25.10.2007, BAnz Nr 207 vom 7.11.2007, S 7937, in Kraft getreten am 1.1.2008 ) sowie die Klassifikation des vom DIMDI im Auftrag des BMG herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssels (hier in der Version 2008 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Operationen- und Prozedurenschlüssels vom 25.10.2007, BAnz Nr 207 vom 7.11.2007, S 7917, in Kraft getreten am 1.1.2008 ; zur Grundlage der Rechtsbindung vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 24).

15

Die Anwendung der DKR und der FPV-Abrechnungsbestimmungen einschließlich des ICD-10-GM und des OPS erfolgt eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (vgl BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 17 mwN; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27; zur Auslegung von medizinischen Begriffen im OPS vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 12 ff, stRspr).

16

Die Klägerin durfte nur die niedriger vergütete DRG I08D abrechnen. Die Behandlung des Versicherten erfüllte nämlich nur die Voraussetzungen der OPS 2008 Nr 5-790.9e. Diese OPS-Nr ist zu kodieren bei einer geschlossenen Reposition einer Fraktur oder Epiphysenlösung mit Osteosynthese des Schenkelhalses durch Materialkombinationen. Erforderlich ist eine Verbindung einer Mehrheit von Verfahren bei einer Osteosynthese, denn es bedarf der "Materialkombinationen". Dies erfasst eine Osteosynthese mittels zweier, sich im Sinne von Haupt- und Hilfsverfahren ergänzender Osteosyntheseverfahren, etwa durch dynamische Kompressionsschraube mit Antirotationsschraube, wie sie hier in Rede steht, wenn es lediglich eines operativen Zugangs bedarf. Denn eine Materialkombination liegt nach dem Regelungssystem nicht schon dann vor, wenn das verwendete Implantat aus mehreren Teilen besteht. So setzt sich zum Beispiel die dynamische Kompressionschraube nicht nur aus einer einzelnen Schraube zusammen, sondern aus einer Schenkelhalsschraube, einem Plattenzylinder und weiteren Schrauben zur Fixierung der Platte am Oberschenkelknochen (vgl entsprechend zB OPS 2008 5-79: "Eine Schraubenosteosynthese ist eine Osteosynthese, die nur mit Schrauben, ggf. mit zusätzlicher Unterlegscheibe, erfolgt"; "Eine Plattenosteosynthese ist eine Osteosynthese, die mit Platten und den dazugehörigen Schrauben, ggf. mit zusätzlichen Schrauben neben der Platte, erfolgt"). Auch ist Materialkombination nicht mit Werkstoffkombination gleichzusetzen. Ansonsten hätte es des Hinweises in OPS 2008 5-79 nicht bedurft, dass eine Verbundosteosynthese (bestehend aus Metall und Zement) als Materialkombination zu kodieren ist (vgl auch die Differenzliste zum OPS 2008, wonach zunächst in der Vorab-Version vorgesehen war, die Verwendung des Zements zusätzlich zu kodieren). Zusätzlich dürfen nicht mehrere Zugänge erforderlich sein. Denn OPS 2008 5-79 ordnet ausdrücklich an, dass die Durchführung einer zweiten Osteosynthese, zB bei einer Zweietagen-Fraktur, gesondert zu kodieren ist (so DIMDI, MDK und Berufsverband Deutscher Chirurgen, vgl Gerichtsgutachten vom 5.7.2010). Nach den Feststellungen des LSG ermöglichte ein einziger Zugang beim Versicherten die Osteosynthese mit einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube.

17

Nach der Groupierungslogik steuert die Diagnose Schenkelhalsfraktur, intrakapsulär (ICD-10-GM 2008 S72.01), die MC (Major Category) 8 (Krankheiten und Störungen an Muskel-Skelett-System und Bindegewebe) an (vgl G-DRG Version 2008, Definitionshandbuch Kompaktversion, Band 1, S 447). Dort führt die OPS 2008 5-790.9e in der operativen Partition zur ADRG I08 (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur oder Ersatz des Hüftgelenkes mit Eingriff an oberer Extremität oder Wirbelsäule; vgl G-DRG Version 2008, Definitionshandbuch Kompaktversion, Band 1, S 471) und von dort zur DRG I08D (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur, ohne Mehrfacheingriff, ohne komplexe Prozedur, ohne komplexe Diagnose, ohne äußerst schwere CC; vgl G-DRG Version 2008, Definitionshandbuch Kompaktversion, Band 1, S 435).

18

4. Die von der Klägerin geltend gemachten Einwendungen gegen die Feststellungen des LSG (dazu a) und den Erstattungsanspruch im Übrigen (dazu b) greifen nicht durch.

19

a) Das LSG durfte das vom SG eingeholte Gutachten unter Auswertung der von der Klägerin zur Verfügung gestellten Behandlungsunterlagen verwerten, um widerspruchsfrei zu der angegriffenen Feststellung zu gelangen, dass ein Zugang beim Versicherten die Osteosynthese mit einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube ermöglichte. Denn die Klägerin erfüllte ihre Obliegenheit, die für die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung erforderlichen Informationen der Beklagten zu übermitteln (§ 301 SGB V), erst mit der Überlassung der Behandlungsunterlagen an das SG.

20

Die Informationsübermittlung vom Krankenhaus an die KK korrespondiert mit der Prüfberechtigung der KK. KKn sind jederzeit berechtigt, die sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung von Krankenhausvergütung mit Blick auf Leistungsverweigerungsrechte oder nicht verjährte Erstattungsforderungen zu überprüfen (§ 301 SGB V). Denn das Krankenhaus hat hierzu zutreffend und vollständig alle Angaben zu machen, deren es zur Überprüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung bedarf (§ 301 Abs 1 SGB V; vgl zB 1. Senat des BSG in BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 13, 21; 3. Senat des BSG in BSGE 111, 58 = SozR 4-2500 § 109 Nr 24, RdNr 18 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 5 RdNr 14 mwN, stRspr). Jedenfalls dann, wenn sich dabei auch nur geringste Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Abrechnung nicht sachlich-rechnerisch richtig ist und/oder dass das Krankenhaus seine primären Informationsobliegenheiten und ggf -pflichten über die Abrechnungsgrundlagen nicht erfüllte, trifft das Krankenhaus spätestens auf Anforderung der KK die Obliegenheit, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere auch die Behandlungsunterlagen an den MDK oder das Gericht herauszugeben. Die gesetzliche Sechs-Wochen-Frist (§ 275 Abs 1c SGB V) erfasst demgegenüber nur die Prüfung aufgrund einer Auffälligkeit (vgl näher BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 29/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

21

Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten bestehen etwa in Fällen, in denen die vom Krankenhaus vorgenommene Auslegung und Anwendung von Abrechnungsvorschriften zweifelhaft ist oder sogar bestehender Kodierpraxis widerspricht. Es entspricht nicht nur den gesetzlichen Vorgaben (§ 301 Abs 1 SGB V), sondern den eigenen Interessen des Krankenhauses, der KK die entsprechenden Sachverhalte vollständig und nachvollziehbar mitzuteilen, die es zu seiner Auslegung der Abrechnungsvorschriften veranlasst haben. Nur so beugt das Krankenhaus einer Irreführung und darauf beruhender Vermögensverfügung der KK vor, ermöglicht der KK die sachlich-rechnerische Richtigkeitskontrolle und schafft damit die für die Zusammenarbeit unerlässliche Vertrauensbasis. Dies gilt auch dann, wenn das Krankenhaus von einer Auslegungspraxis abweichen will, die im Übrigen - wie hier - auf Leistungserbringer- und KKn-Seite übereinstimmt. So lag es hier.

22

Die Beklagte hatte Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten der Klägerin. Die Osteosynthese über einen Zugang mittels dynamischer Kompressionsschraube mit Antirotationsschraube war nämlich nach ganz herrschender Auffassung zur richtigen Kodierpraxis im Jahr 2008 nach OPS 2008 5-790.9e zu kodieren. Dies entsprach den Einschätzungen des MDK, des Berufsverbandes Deutscher Chirurgen, des DIMDI, des vom SG gehörten Sachverständigen und weiteren professionellen Äußerungen aus dem Jahr 2007 (vgl zB die Beiträge des ärztlichen Leiters Stabsstelle Medizincontrolling, Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau sowie des Medizincontrollers der Main-Kinzig-Kliniken in "Versorgung einer Osteosynthese durch Schraube oder Materialkombination", beginnend am 27.7.2007 bei myDRG-Forum/DRG-System in Deutschland /Fragen zu praktischen Kodierproblemen, abrufbar unter www.mydrg.de/forum/index.php?page=Thread&threadID=9092,%20recherchiert%20am%2018.6.2014 ). Die übliche Kodierpraxis hätte die Klägerin dazu veranlassen müssen, von sich aus gegenüber der Beklagten den Sachverhalt - und die eigene abweichende Meinung - deutlich hervorzuheben. Ohne diese notwendige Zusatzinformation musste die Beklagte die Angaben der Klägerin - unzutreffend - einerseits so verstehen, die Klägerin habe den Versicherten mittels zweier Osteosyntheseverfahren mit unterschiedlichen Zugängen behandelt. Aufgrund der mitgeteilten Entlassungsdiagnose ICD-10-GM S72.01 (Fraktur des Femurs, Schenkelhalsfraktur, Intrakapsulär) durfte die Beklagte andererseits Zweifel haben, dass die Kodierung der OPS-Nummern zutreffend das Behandlungsgeschehen wiedergab.

23

b) Der Erstattungsanspruch der Beklagten war entgegen der Ansicht der Klägerin nicht dadurch verwirkt (vgl BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 36 ff), dass die Beklagte ihn erst 13,5 Monate nach Rechnungslegung geltend machte. Das Rechtsinstitut der Verwirkung passt als ergänzende Regelung innerhalb der kurzen vierjährigen Verjährungsfrist grundsätzlich nicht. Es findet nur in besonderen, engen Ausnahmekonstellationen Anwendung (vgl BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 4 RdNr 15; BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 37 mwN). Ein solcher Fall liegt nicht vor. Insoweit fehlt es schon an dem für die Annahme der Verwirkung erforderlichen Umstandsmoment eines Verwirkungsverhaltens des Berechtigten - hier der Beklagten (vgl dazu und zur mangelnden Tragfähigkeit des Gesichtspunkts der "Waffengleichheit" im materiellen Recht ausführlich zuletzt BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 48/12 R - Juris RdNr 19 f mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

24

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 155 Abs 1 S 3 VwGO, diejenige über den Streitwert aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 und 2 GKG.

(1) Der Versorgungsvertrag nach § 108 Nr. 3 kommt durch Einigung zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemeinsam und dem Krankenhausträger zustande; er bedarf der Schriftform. Bei den Hochschulkliniken gilt die Anerkennung nach den landesrechtlichen Vorschriften, bei den Plankrankenhäusern die Aufnahme in den Krankenhausbedarfsplan nach § 8 Abs. 1 Satz 2 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes als Abschluss des Versorgungsvertrages. Dieser ist für alle Krankenkassen im Inland unmittelbar verbindlich. Die Vertragsparteien nach Satz 1 können im Einvernehmen mit der für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörde eine gegenüber dem Krankenhausplan geringere Bettenzahl vereinbaren, soweit die Leistungsstruktur des Krankenhauses nicht verändert wird; die Vereinbarung kann befristet werden. Enthält der Krankenhausplan keine oder keine abschließende Festlegung der Bettenzahl oder der Leistungsstruktur des Krankenhauses, werden diese durch die Vertragsparteien nach Satz 1 im Benehmen mit der für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörde ergänzend vereinbart.

(2) Ein Anspruch auf Abschluß eines Versorgungsvertrags nach § 108 Nr. 3 besteht nicht. Bei notwendiger Auswahl zwischen mehreren geeigneten Krankenhäusern, die sich um den Abschluß eines Versorgungsvertrags bewerben, entscheiden die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam unter Berücksichtigung der öffentlichen Interessen und der Vielfalt der Krankenhausträger nach pflichtgemäßem Ermessen, welches Krankenhaus den Erfordernissen einer qualitativ hochwertigen, patienten- und bedarfsgerechten sowie leistungsfähigen und wirtschaftlichen Krankenhausbehandlung am besten gerecht wird.

(3) Ein Versorgungsvertrag nach § 108 Nr. 3 darf nicht abgeschlossen werden, wenn das Krankenhaus

1.
nicht die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche Krankenhausbehandlung bietet,
2.
bei den maßgeblichen planungsrelevanten Qualitätsindikatoren nach § 6 Absatz 1a des Krankenhausfinanzierungsgesetzes auf der Grundlage der vom Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 136c Absatz 2 übermittelten Maßstäbe und Bewertungskriterien nicht nur vorübergehend eine in einem erheblichen Maß unzureichende Qualität aufweist, die im jeweiligen Landesrecht vorgesehenen Qualitätsanforderungen nicht nur vorübergehend und in einem erheblichen Maß nicht erfüllt, höchstens drei Jahre in Folge Qualitätsabschlägen nach § 5 Absatz 3a des Krankenhausentgeltgesetzes unterliegt oder
3.
für eine bedarfsgerechte Krankenhausbehandlung der Versicherten nicht erforderlich ist.
Abschluß und Ablehnung des Versorgungsvertrags werden mit der Genehmigung durch die zuständigen Landesbehörden wirksam. Verträge, die vor dem 1. Januar 1989 nach § 371 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung abgeschlossen worden sind, gelten bis zu ihrer Kündigung nach § 110 weiter.

(4) Mit einem Versorgungsvertrag nach Absatz 1 wird das Krankenhaus für die Dauer des Vertrages zur Krankenhausbehandlung der Versicherten zugelassen. Das zugelassene Krankenhaus ist im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§ 39) der Versicherten verpflichtet. Die Krankenkassen sind verpflichtet, unter Beachtung der Vorschriften dieses Gesetzbuchs mit dem Krankenhausträger Pflegesatzverhandlungen nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, des Krankenhausentgeltgesetzes und der Bundespflegesatzverordnung zu führen.

(5) Ansprüche der Krankenhäuser auf Vergütung erbrachter Leistungen und Ansprüche der Krankenkassen auf Rückzahlung von geleisteten Vergütungen verjähren in zwei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie entstanden sind. Dies gilt auch für Ansprüche der Krankenkassen auf Rückzahlung von geleisteten Vergütungen, die vor dem 1. Januar 2019 entstanden sind. Satz 1 gilt nicht für Ansprüche der Krankenhäuser auf Vergütung erbrachter Leistungen, die vor dem 1. Januar 2019 entstanden sind. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend.

(6) Gegen Forderungen von Krankenhäusern, die aufgrund der Versorgung von ab dem 1. Januar 2020 aufgenommenen Patientinnen und Patienten entstanden sind, können Krankenkassen nicht mit Ansprüchen auf Rückforderung geleisteter Vergütungen aufrechnen. Die Aufrechnung ist abweichend von Satz 1 möglich, wenn die Forderung der Krankenkasse vom Krankenhaus nicht bestritten wird oder rechtskräftig festgestellt wurde. In der Vereinbarung nach § 17c Absatz 2 Satz 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes können abweichende Regelungen vorgesehen werden.

(1) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der Privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft (Vertragsparteien auf Bundesebene) mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 insbesondere

1.
einen Fallpauschalen-Katalog nach § 17b Absatz 1 Satz 4 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zu Verlegungsfällen und zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge (effektive Bewertungsrelationen),
2.
einen Katalog ergänzender Zusatzentgelte nach § 17b Absatz 1 Satz 7 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes einschließlich der Vergütungshöhe,
2a.
einen Pflegeerlöskatalog nach § 17b Absatz 4 Satz 5 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes einschließlich der Bewertungsrelationen für die tagesbezogene Abzahlung des vereinbarten Pflegebudgets nach § 6a,
3.
die Abrechnungsbestimmungen für die Entgelte nach den Nummern 1, 2 und 2a sowie die Regelungen über Zu- und Abschläge,
4.
Empfehlungen für die Kalkulation und die Vergütung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, für die nach § 6 gesonderte Entgelte vereinbart werden können,
5.
den einheitlichen Aufbau der Datensätze und das Verfahren für die Übermittlung der Daten nach § 11 Absatz 4 Satz 1 sowie erstmals bis zum 26. Januar 2023 das Nähere zur Dokumentation des Eingangs von Daten, Unterlagen und Auskünften und zur Abrechnung des Abschlags nach § 11 Absatz 4 Satz 6,
6.
erstmals bis zum 31. Juli 2016 einen Katalog nicht mengenanfälliger Krankenhausleistungen, die nur dem hälftigen Abschlag unterliegen, sowie nähere Einzelheiten zur Umsetzung des Abschlags, insbesondere zur Definition des Einzugsgebiets eines Krankenhauses und zu einem geminderten Abschlag im Falle von Leistungsverlagerungen,
7.
die Erhöhungsrate für Tariferhöhungen nach § 10 Absatz 5 Satz 4, eine anteilige Erhöhungsrate unter Berücksichtigung, dass Kostensteigerungen für das Pflegepersonal in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen über das Pflegebudget zu finanzieren sind, sowie bis zum 31. März 2019 die Einzelheiten für einen Nachweis, dass die zusätzlichen Mittel für Tariferhöhungen von Pflegepersonal zweckentsprechend für dessen Finanzierung verwendet werden, und ein Verfahren, das gewährleistet, dass Krankenhäuser Mittel zurückzuzahlen haben, die sie nicht zweckentsprechend verwendet haben,
8.
erstmals bis zum 31. Juli 2019 die näheren Einzelheiten zur Verhandlung des Pflegebudgets nach § 6a, insbesondere zu den vorzulegenden Unterlagen und zu dem Verfahren der Rückzahlungsabwicklung von nicht zweckentsprechend verwendeten Mitteln, bis zum 17. August 2021 zu der einheitlichen Form der Dokumentation der Höhe des vereinbarten Pflegebudgets sowie der wesentlichen Rechengrößen zur Herleitung der vereinbarten, im Pflegebudget zu berücksichtigenden Kosten und der Höhe des Pflegebudgets sowie bis zum 31. Mai 2023 eine Anpassung der Vereinbarung an die Vorgaben des § 17b Absatz 4a des Krankenhausfinanzierungsgesetzes,
9.
bis zum 28. Februar 2019 die Benennung von Prozedurenschlüsseln nach § 301 Absatz 2 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, die zu streichen sind, da sie nach Einführung des Pflegebudgets nach § 6a für das Vergütungssystem nach § 17b des Krankenhausfinanzierungsgesetzes nicht mehr benötigt werden.

(1a) Die Vertragsparteien auf Bundesebene vereinbaren auf der Grundlage von Absatz 1 Nummer 3

1.
Vorgaben, insbesondere zur Dauer, für befristete Zuschläge für die Finanzierung von Mehrkosten auf Grund von Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses sowie auf Grund von Rahmenvereinbarungen nach § 137i Absatz 6 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch;
2.
(weggefallen)
3.
bis zum 31. Oktober 2021 Anforderungen an die Durchführung klinischer Sektionen zur Qualitätssicherung; insbesondere legen sie für die Qualitätssicherung erforderliche Mindestanforderungen fest und machen Vorgaben für die Berechnung des Zuschlags; das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus ist mit der jährlichen Kalkulation der Kosten einer klinischen Sektion zu beauftragen, wobei die für die Kalkulation entstehenden Kosten aus dem Zuschlag nach § 17b Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes zu finanzieren sind;
4.
(weggefallen)
5.
bis zum 30. Juni 2018 die Höhe und die nähere Ausgestaltung der Zu- und Abschläge für eine Teilnahme oder Nichtteilnahme von Krankenhäusern an der Notfallversorgung, wobei bei der Ermittlung der Höhe der Zu- und Abschläge eine Unterstützung durch das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus vorzusehen ist; die Zu- und Abschläge müssen sich auf das Stufensystem zu den Mindestvoraussetzungen für eine Teilnahme an der Notfallversorgung beziehen, das gemäß § 136c Absatz 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vom Gemeinsamen Bundesausschuss zu entwickeln ist;
6.
jährlich zum 30. Juni, erstmals bis zum 30. Juni 2019, eine Liste der Krankenhäuser, welche die Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses zu § 136c Absatz 3 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch erfüllen, die Liste ist bis zum 31. Dezember 2020 um Kinderkrankenhäuser und Krankenhäuser mit Fachabteilungen für Kinder- und Jugendmedizin zu erweitern, welche die Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses zu § 136c Absatz 3 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch erfüllen;
7.
bis zum 31. Dezember 2020 die Höhe und die nähere Ausgestaltung des Zuschlags nach § 17b Absatz 1a Nummer 9 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes sowie seine regelmäßige Anpassung an Kostenentwicklungen;
8.
bis zum 31. März 2021 das Nähere zu den Voraussetzungen, zur Höhe und zur Ausgestaltung von Abschlägen für Krankenhäuser, die
a)
entgegen § 39 Absatz 1 Satz 6 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch keine Einschätzung des Beatmungsstatus vornehmen oder
b)
im Falle einer erforderlichen Anschlussversorgung zur Beatmungsentwöhnung entgegen § 39 Absatz 1a Satz 7 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch keine Verordnung vornehmen;
9.
bis zum 31. Dezember 2020 Vorgaben für Zuschläge nach § 5 Absatz 3i zur Finanzierung von nicht anderweitig finanzierten Mehrkosten, die den Krankenhäusern auf Grund des Coronavirus SARS-CoV-2 im Zusammenhang mit der voll- oder teilstationären Behandlung von Patientinnen und Patienten entstehen; insbesondere vereinbaren sie, welche Kosten durch den Zuschlag nach § 5 Absatz 3i zu finanzieren sind und Anforderungen an den Nachweis des Vorliegens der Kosten und geben Empfehlungen für die Kalkulation der Kosten.

(1b) Die Vertragsparteien auf Bundesebene vereinbaren mit Wirkung für die Vertragsparteien auf Landesebene bis zum 31. Oktober jeden Jahres den Veränderungswert nach Maßgabe des § 10 Absatz 6 Satz 2 oder Satz 3 für die Begrenzung der Entwicklung des Basisfallwerts nach § 10 Absatz 4, wobei bereits anderweitig finanzierte Kostensteigerungen zu berücksichtigen sind, soweit dadurch die Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch nicht unterschritten wird; im Falle des § 10 Absatz 6 Satz 3 ist die Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch unter Berücksichtigung der Gewährleistung der notwendigen medizinischen Versorgung und von Personal- und Sachkostensteigerungen um bis zu ein Drittel dieser Differenz zu erhöhen. Die Vertragsparteien auf Bundesebene können Empfehlungen an die Vertragsparteien auf Landesebene zur Vereinbarung der Basisfallwerte und der zu berücksichtigenden Tatbestände, insbesondere zur Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven nach § 10 Absatz 3 Satz 1 Nummer 3, abgeben und geben vor, welche Tatbestände, die bei der Weiterentwicklung der Bewertungsrelationen nicht umgesetzt werden können und deshalb nach § 10 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und Satz 2 bei der Vereinbarung des Basisfallwerts umzusetzen sind, in welcher Höhe zu berücksichtigen oder auszugleichen sind.

(1c) Zur Umsetzung von § 17b Absatz 1 Satz 5 zweiter Halbsatz des Krankenhausfinanzierungsgesetzes haben die Vertragsparteien auf Bundesebene bis zum 31. Mai 2016 bei Leistungen, bei denen es Anhaltspunkte für im erhöhten Maße wirtschaftlich begründete Fallzahlsteigerungen gibt, eine gezielte Absenkung oder Abstufung der Bewertung der Leistungen vorzugeben, die bei der Kalkulation des Vergütungssystems für das folgende Kalenderjahr zu berücksichtigen ist.

(2) Kommt eine Vereinbarung zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 ganz oder teilweise nicht zustande, gilt § 17b Absatz 7 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes; in den übrigen Fällen entscheidet auf Antrag einer Vertragspartei die Schiedsstelle nach § 18a Absatz 6 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes; eine Entscheidung zu Absatz 1b Satz 1 hat die Schiedsstelle bis zum 15. November des jeweiligen Jahres zu treffen. Kommt eine Vereinbarung nach Absatz 1a Nummer 5 oder Nummer 8 nicht zustande, kann auch das Bundesministerium für Gesundheit die Schiedsstelle anrufen. Kommt eine Vereinbarung nach Absatz 1c nicht fristgerecht zustande, entscheidet die Schiedsstelle abweichend von Satz 1 ohne Antrag einer Vertragspartei innerhalb von sechs Wochen.

(1) Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam schließen mit der Landeskrankenhausgesellschaft oder mit den Vereinigungen der Krankenhausträger im Land gemeinsam Verträge, um sicherzustellen, daß Art und Umfang der Krankenhausbehandlung den Anforderungen dieses Gesetzbuchs entsprechen.

(2) Die Verträge regeln insbesondere

1.
die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung einschließlich der
a)
Aufnahme und Entlassung der Versicherten,
b)
Kostenübernahme, Abrechnung der Entgelte, Berichte und Bescheinigungen,
2.
die Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung einschließlich eines Kataloges von Leistungen, die in der Regel teilstationär erbracht werden können,
3.
Verfahrens- und Prüfungsgrundsätze für Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfungen,
4.
die soziale Betreuung und Beratung der Versicherten im Krankenhaus,
5.
den nahtlosen Übergang von der Krankenhausbehandlung zur Rehabilitation oder Pflege,
6.
das Nähere über Voraussetzungen, Art und Umfang der medizinischen Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1.
Sie sind für die Krankenkassen und die zugelassenen Krankenhäuser im Land unmittelbar verbindlich.

(3) Kommt ein Vertrag nach Absatz 1 bis zum 31. Dezember 1989 ganz oder teilweise nicht zustande, wird sein Inhalt auf Antrag einer Vertragspartei durch die Landesschiedsstelle nach § 114 festgesetzt.

(4) Die Verträge nach Absatz 1 können von jeder Vertragspartei mit einer Frist von einem Jahr ganz oder teilweise gekündigt werden. Satz 1 gilt entsprechend für die von der Landesschiedsstelle nach Absatz 3 getroffenen Regelungen. Diese können auch ohne Kündigung jederzeit durch einen Vertrag nach Absatz 1 ersetzt werden.

(5) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft oder die Bundesverbände der Krankenhausträger gemeinsam sollen Rahmenempfehlungen zum Inhalt der Verträge nach Absatz 1 abgeben.

(6) Beim Abschluß der Verträge nach Absatz 1 und bei Abgabe der Empfehlungen nach Absatz 5 sind, soweit darin Regelungen nach Absatz 2 Nr. 5 getroffen werden, die Spitzenorganisationen der Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen zu beteiligen.

Tenor

Auf die Revisionen der Beklagten sowie der Beigeladenen zu 1) und 2) wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 9. März 2011 geändert, soweit es die Beklagte zur Neubescheidung verpflichtet hat. Insoweit wird die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. Mai 2009 zurückgewiesen. Im Übrigen werden die Revisionen der Beklagten sowie der Beigeladenen zu 1) und 2) zurückgewiesen.

Die Beklagte und die Beigeladenen zu 1) und 2) tragen die Kosten des Revisionsverfahrens. Kosten der Beigeladenen zu 3) sind nicht zu erstatten.

Der Streitwert wird für alle Rechtszüge auf 2 500 000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über einen Einwendungsausschluss nach sechs Monaten und ein MDK-Prüferfordernis bezüglich Krankenhausvergütungen als Teilregelungen eines Schiedsspruchs der beklagten Schiedsstelle nach § 114 SGB V.

2

Der Kläger zu 2) ist ein Landesverband der Krankenkassen (KKn), der Kläger zu 1) ein Verband der Ersatzkassen. Er nimmt ebenso die Aufgaben eines Landesverbandes der KKn wahr wie die Kläger zu 3) und 4) und die Beigeladenen zu 2) und 3), die alle KKn sind. Sie alle vereinbarten mit der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft, der Beigeladenen zu 1), einen Landesvertrag (LV nach § 112 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung), der bis 31.12.2003 galt. Nach gescheiterten Verhandlungen über einen Anschlussvertrag beantragten einerseits die Kläger und andererseits die Beigeladene zu 2) im späteren Einvernehmen mit den Beigeladenen zu 1) und 3), die Beklagte solle den umstrittenen Inhalt des LV festsetzen. Die Beklagte stellte die unstreitigen Vertragsregelungen fest, hörte die Beteiligten des Schiedsverfahrens an und setzte den Inhalt des Vertrages fest (Beschluss vom 21.9.2005). Danach hat die KK ua "die Rechnung innerhalb von 30 Tagen nach Übermittlung des Rechnungssatzes zu bezahlen ..." (§ 19 Abs 1 LV). "Bei Beanstandungen sachlicher oder rechnerischer Art kann der Differenzbetrag verrechnet werden. Einwendungen gegen die Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung sowie gegen die Art der Abrechnung können nur innerhalb von sechs Monaten nach Rechnungszugang geltend gemacht werden. Voraussetzung für Einwendungen gegen die Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung ist außerdem die Durchführung des MDK-Überprüfungsverfahrens gemäß des Landesvertrages zu § 112 Abs. 2 Nr. 2 SGB V, das innerhalb der Zahlungsfrist nach Abs. 1 einzuleiten ist"(§ 19 Abs 2 LV). Das SG hat die Klage ua gegen den Einwendungsausschluss nach sechs Monaten und das MDK-Prüferfordernis (§ 19 Abs 2 S 2 und 3 LV)abgewiesen (Urteil vom 28.5.2009). Das LSG hat die Beklagte unter Aufhebung der Regelung des Einwendungsausschlusses nach sechs Monaten (§ 19 Abs 2 S 2 LV)zur Neubescheidung verpflichtet, die Regelung des MDK-Prüferfordernisses (§ 19 Abs 2 S 3 LV) mit Wirkung ab 1.4.2007 aufgehoben und im Übrigen die Berufung der Kläger zurückgewiesen. Das LSG hat zur Begründung ua ausgeführt: Die Regelung des Einwendungsausschlusses nach sechs Monaten (§ 19 Abs 2 S 2 LV)sei mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot nicht vereinbar. Bei der Neubescheidung bestünden keine Bedenken, für den letzten Verfahrensabschnitt nach der Prüfung durch den MDK den KKn Handlungsfristen vorzugeben. Die Regelung des MDK-Prüferfordernisses (§ 19 Abs 2 S 3 LV) widerspreche § 275 Abs 1c S 2 SGB V mit Wirkung ab 1.4.2007 (Urteil vom 9.3.2011).

3

Mit ihren Revisionen rügen die Beklagte und die Beigeladene zu 1) die Verletzung formellen und materiellen Rechts (§§ 54, 55 SGG, § 31 SGB X, §§ 12, 112 SGB V). Die Schiedsstellenentscheidung sei kein Verwaltungsakt, sondern setze einen Landesvertrag fest. Dieser könne nicht im Wege der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, sondern nur im Wege einer allgemeinen Feststellungsklage und ggf durch eine Normenkontrollklage analog § 47 VwGO überprüft werden. Daraus ergebe sich eine eingeschränkte gerichtliche Kontrolle. Das Gericht dürfe den Schiedsspruch nur darauf überprüfen, ob er der Abwägung unterliegende Strukturprinzipien wie das der Wirtschaftlichkeit im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) als Abwägungsbelang berücksichtigt habe. Das Gericht dürfe die Beklagte dagegen nicht verpflichten, dem Wirtschaftlichkeitsprinzip einseitig Vorrang vor allen anderen Abwägungsbelangen einzuräumen. Die Verpflichtung zur Neubescheidung widerspreche dem Wesen der Schiedsstellenentscheidung selbst dann, wenn man sie als Verwaltungsakt ansehe. Die Unterschreitung der Sechs-Wochen-Frist des § 275 Abs 1c SGB V entspreche dem Gestaltungsspielraum nach § 112 Abs 2 S 1 SGB V.

4

Die Beklagte und die Beigeladene zu 1) beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 9. März 2011 abzuändern und die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. Mai 2009 insgesamt zurückzuweisen.

5

Die Beigeladene zu 2) rügt mit ihrer Revision die Verletzung materiellen Rechts (Art 20 Abs 3 GG; § 2 Abs 4, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1 S 2, § 112 Abs 1, § 275 Abs 1c SGB V). Das LSG habe sich über seine nur eingeschränkte Befugnis zur Kontrolle der Schiedsstellenentscheidung hinweggesetzt und § 19 Abs 2 S 2 LV ohne Berücksichtigung des vertraglichen Kompromissgefüges unter fehlerhafter Heranziehung des Wirtschaftlichkeitsgebotes willkürlich ausgelegt. Es sei daher zu erwarten, dass die Beigeladene zu 1) die ihr ungünstige Regelung zu § 19 Abs 1 S 1 LV im Falle einer Änderung der Festsetzung zu § 19 Abs 2 S 2 LV nicht hinnehme und den Landesvertrag kündige. Dies sei für die Kassenseite mit dem Verlust erheblicher finanzieller Vorteile verbunden, der schwerer wiege als das vage einzuschätzende Risiko der Vergütung einer unwirtschaftlichen Behandlung infolge der Regelung des § 19 Abs 2 S 2 LV.

6

Die Beigeladene zu 2) beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 9. März 2011 abzuändern, soweit es den Beschluss der Beklagten vom 21. September 2005 zu § 19 Abs 2 S 2 des Landesvertrags nach § 112 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V aufhebt, und die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. Mai 2009 auch insoweit zurückzuweisen.

7

Die Kläger beantragen,
die Revisionen zurückzuweisen.

8

Die Kläger halten die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

9

Die Beigeladene zu 3) hat sich nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

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Die zulässigen Revisionen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1) und 2) sind nur teilweise begründet (§ 170 Abs 2 S 1 SGG). Das Urteil des LSG ist aufzuheben, soweit es die Beklagte zur Neubescheidung verpflichtet hat. Insoweit ist die Berufung der Kläger zurückzuweisen, denn ihre diesbezügliche Klage ist unbegründet. Statthaft ist lediglich eine Anfechtungsklage (dazu 1.). Im Übrigen sind die Revisionen unbegründet (§ 170 Abs 1 S 2 SGG). Zu Recht hat das LSG auf die Berufung der Kläger das SG-Urteil geändert und die Regelung des Einwendungsausschlusses nach sechs Monaten (§ 19 Abs 2 S 2 LV)und - nur insoweit Gegenstand des Revisionsverfahrens - die Regelung des MDK-Prüferfordernisses (§ 19 Abs 2 S 3 LV) mit Wirkung ab 1.4.2007 aufgehoben. Die Anfechtungsklage gegen diese Regelungen des Schiedsspruchs ist nämlich zulässig und begründet (dazu 2.).

11

1. Die Revisionen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1) und 2) haben lediglich mit ihrem Angriff gegen den Teil der Entscheidung des LSG Erfolg, welcher die Beklagte zur Neubescheidung verpflichtet.

12

a) Gegenstand der Revisionen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1) und 2) ist übereinstimmend das Erkenntnis des LSG, die Regelung des Einwendungsausschlusses nach sechs Monaten (§ 19 Abs 2 S 2 LV; Beschluss vom 21.9.2005) aufzuheben und die Beklagte zur Neubescheidung zu verpflichten. Die Beigeladene zu 2) hat ihren Antrag zulässig allein auf diesen Teil der Entscheidung beschränkt (zur Teilbarkeit des Streitgegenstands vgl BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 17 mwN; zur Beschränkung der Revision bei selbstständigen Streitteilen vgl zB BSG SozR 4-3100 § 1 Nr 3 RdNr 12). Die Revisionen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1) richten sich - weitergehend - zudem gegen die Entscheidung des LSG, die Regelung des MDK-Prüferfordernisses (§ 19 Abs 2 S 3 LV; Beschluss vom 21.9.2005) mit Wirkung ab 1.4.2007 aufzuheben.

13

b) Das LSG durfte die Beklagte - ungeachtet der Erfüllung der übrigen Sachurteilsvoraussetzungen (vgl dazu II 2 a) - nicht zur Neubescheidung verpflichten (§ 131 Abs 3 SGG). Klagt eine der an der Normsetzung beteiligten Institutionen nach § 112 SGB V gegen einen Schiedsspruch nach § 114 SGB V, ist allein die Anfechtungsklage(§ 54 Abs 1 S 1 Fall 1 und 2 SGG),nicht aber eine hiermit verknüpfte Verpflichtungs- oder Bescheidungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 Fall 3 SGG)statthaft. Denn der Schiedsspruch nach § 114 SGB V hat rechtlich eine Doppelnatur. Er wirkt, soweit er einen Vertrag ersetzt, wie ein Normenvertrag nach § 112 SGB V. Gegenüber den an der Normsetzung beteiligten Institutionen nach § 112 SGB V ist er Verwaltungsakt iS von § 31 SGB X (vgl rechtsähnlich für alle Entscheidungen des Erweiterten Bewertungsausschusses im Bereich der Normsetzung BSG Urteil vom 27.6.2012 - B 6 KA 28/11 R - RdNr 20 mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; zur Qualifikation anderer, ähnlicher Schiedssprüche nach dem SGB XI und der RVO als Verwaltungsakt vgl auch zB BSGE 20, 73, 75 = SozR Nr 1 zu § 368h RVO; BSGE 87, 199, 200 f = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 3 f; BSG SozR 4-3300 § 89 Nr 1 RdNr 11; BSGE 105, 126 = SozR 4-3300 § 89 Nr 2 RdNr 20 und 41; zur anders ausgestalteten Konzeption einer Schiedsperson BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 16 ff; vgl auch Roos in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 1 RdNr 9 ff). Sind die an der Normsetzung beteiligten Institutionen mit dem Schiedsspruch nicht einverstanden, steht ihnen lediglich die Anfechtungsklage offen.

14

Die Statthaftigkeit der Anfechtungsklage trägt dem Selbstverwaltungsrecht der Vertragspartner nach § 112 SGB V und dementsprechend der Kompetenz der Schiedsstelle nach § 114 SGB V Rechnung(vgl entsprechend BSGE 20, 73, 75 = SozR Nr 1 zu § 368h RVO; Becker in Becker/ Kingreen, SGB V, 3. Aufl 2012, § 114 RdNr 9 mwN). Es bleibt der Schiedsstelle überlassen, ob sie es nach einer gerichtlichen Teilaufhebung eines Schiedsspruchs bei der danach verbleibenden Restregelung belassen oder eine abweichende Gesamtregelung treffen will. Bei einer vollständigen gerichtlichen Aufhebung eines Schiedsspruchs wegen Missachtung wesentlicher Grundlagen ist die Schiedsstelle ohnehin gesetzlich verpflichtet, erneut zu entscheiden. Insoweit bedarf es keiner zusätzlichen Bescheidungs-Tenorierung iS von § 131 Abs 3 SGG.

15

Die Statthaftigkeit der Anfechtungsklage vermeidet zudem Probleme der beteiligtenbezogenen Teilrechtskraft bei Bescheidungsurteilen, die für Entscheidungen über Normenverträge Unzuträglichkeiten und Rechtsunsicherheit verursachen (vgl zur Teilrechtskraft bei Bescheidungsurteilen zB BSG SozR 4-1500 § 141 Nr 1 RdNr 22 mwN). Insbesondere ist es mit der gerichtlichen Kontrollfunktion der Schiedssprüche nach § 114 SGB V wegen ihrer Doppelfunktion als Verwaltungsakt und Normenvertrag nicht vereinbar, höherrangigem Recht widersprechende Rechtsauffassungen einer Vorinstanz in Rechtskraft erwachsen zu lassen, wenn nur Teile der Rechtsauffassung im Streit verbleiben oder durch die Rechtsauffassung der Vorinstanz begünstigte Rechtsmittelführer lediglich noch darüber hinausgehende Ansprüche verfolgen. Dies wäre aber Folge der Qualifikation als Bescheidungsbegehren (stRspr bei Bescheidungsbegehren, vgl zB BSGE 88, 215, 225 = SozR 3-3300 § 9 Nr 1 S 11; ebenso BVerwGE 84, 157, 164 = NJW 1990, 2700, 2702 mwN). Weil die Rechtskraftwirkung auf die Verfahrensbeteiligten beschränkt wäre, nämlich auf die an der Normsetzung beteiligten Institutionen, könnten hieraus erwachsende Fehler - etwa aufgrund Unvereinbarkeit der instanzgerichtlichen Auffassung mit höherrangigem Recht - erst in weiteren Gerichtsverfahren im Rahmen gerichtlicher Inzidentkontrolle korrigiert werden, welche Beteiligte betreiben, die dem Normenvertrag unterworfen sind. Im Ergebnis würde das Gerichtsverfahren gegen einen Schiedsspruch nach § 114 SGB V - funktionswidrig - auf ein Rechtsgutachten zu Teilaspekten des Rechtsstreits reduziert.

16

Es bedarf hier keiner Vertiefung, ob vor dem Hintergrund der Doppelnatur des Schiedsspruchs als Verwaltungsakt und normenvertragliche Regelung zum Schutz der normunterworfenen Adressaten ausnahmsweise ein am Schiedsverfahren Beteiligter die in der gerichtlichen Entscheidung niedergelegte Rechtsauffassung trotz einer formal erfolgreichen Anfechtungsklage mit einem weiteren Rechtsmittel angreifen kann, wenn die Rechtsauffassung des Gerichts einen unzutreffenden, verhaltenslenkenden Rechtsschein gegenüber den dem Normenvertrag Unterworfenen erzeugt.

17

2. Im Übrigen sind die Revisionen unbegründet, denn die Anfechtungsklage gegen die Regelung des Einwendungsausschlusses nach sechs Monaten (§ 19 Abs 2 S 2 LV) und - nur insoweit Gegenstand des Revisionsverfahrens (vgl oben, II 1 a) - die Regelung des MDK-Prüferfordernisses (§ 19 Abs 2 S 3 LV)mit Wirkung ab 1.4.2007 im Schiedsspruch ist zulässig (dazu a) und begründet (dazu b).

18

a) Die Kläger sind nach Maßgabe des § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähig. Die gilt auch für den Kläger zu 1) und Landesverband der BKK als Körperschaft des öffentlichen Rechts (vgl § 207 Abs 1 S 2 SGB V). Jeder für sich ist befugt (dazu aa), sich ohne Vorverfahren (dazu bb) gegen den Festsetzungsbeschluss der beklagten und als gemeinsames Entscheidungsgremium von Leistungserbringern und KKn iS von § 114 SGB V ihrerseits nach § 70 Nr 4 SGG beteiligtenfähigen Landesschiedsstelle(hierzu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 70 RdNr 5)zu wenden. Das Rechtsschutzbedürfnis hierfür ist nicht zwischenzeitlich entfallen (dazu cc).

19

aa) Die Kläger sind als Verband der Ersatzkassen, als Landesverband und als mit den Aufgaben eines Landesverbandes betraute Krankenversicherungsträger (vgl zur IKK classic § 207 Abs 4 S 1 SGB V iVm § 1 Abs 5 der Satzung der IKK classic, Stand 1.8.2012, abrufbar unter www.ikk-classic.de; zur Rechtsnachfolge bei kassenartenübergreifender Vereinigung vgl BSG Urteil vom 11.9.2012 - B 1 A 2/11 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 171a Nr 1 vorgesehen; zur Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See vgl § 212 Abs 3 SGB V) die an der damaligen Vertragsschließung beteiligten Vertragspartner nach § 112 SGB V(idF des Gesundheitsreform-Gesetzes vom 20.12.1988, BGBl I 2477; zur Bevollmächtigung der Ersatzkassenverbände mit Abschlussbefugnis nach Änderung des Kreises der Vertragspartner durch § 112 Abs 1 idF des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26.3.2007, BGBl I 378 mWv 1.7.2008 vgl § 212 Abs 5 S 7 SGB V).

20

Als solche sind sie befugt, jeder einzeln den Rechtsstreit gegen die beklagte Landesschiedsstelle auch ohne die mit ihnen nach § 112 Abs 1 SGB V handelnden weiteren mit Aufgaben von Landesverbänden betrauten KKn, nämlich die Beigeladenen zu 2) und 3) zu führen (vgl zur AOK Baden-Württemberg § 207 Abs 4 S 1 SGB V iVm § 3 Abs 5 der Satzung der AOK Baden-Württemberg, Stand 1.10.2012, abrufbar unter www.aok.de/baden-wuerttemberg/; zur Landwirtschaftlichen KK § 36 S 1 Zweites Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte idF des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 24.11.2003, BGBl I 2190). Allerdings schließen die Landesverbände der KKn und die Verbände der Ersatzkassen "gemeinsam" mit der Landeskrankenhausgesellschaft oder mit den Vereinigungen der Krankenhausträger im Land "gemeinsam" Verträge, um sicherzustellen, dass Art und Umfang der Krankenhausbehandlung den Anforderungen des SGB V entsprechen (§ 112 Abs 1 SGB V idF des GRG bis zum Inkrafttreten des GKV-WSG mWv 1.7.2008). Das Gesetz verpflichtet die Vertragspartner aus diesem Grund insbesondere auch zur vertraglichen Regelung der in § 112 Abs 2 SGB V näher genannten Regelungsbereiche (offener Regelungskatalog), ua zu - hier teilweise streitbefangenen - Regelungen über Aufnahme und Entlassung der Versicherten sowie Kostenübernahme, Abrechnung der Entgelte, Berichte und Bescheinigungen(Nr 1 Buchst a und b).

21

Weder Wortlaut und Systematik noch Entstehungsgeschichte und Normzweck legen indes nahe, dass die materiell-rechtliche Verpflichtung der Vertragspartner zum Abschluss von Sicherstellungsverträgen auf prozessualer Ebene zwangläufig ein gemeinsames Handeln im Aktivprozess nach sich zieht. Ziel des Auftrags an die Vertragsparteien ist es, durch (für zugelassene Krankenhäuser und KKn gleichermaßen verbindliche) Verträge eine bedarfsgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Krankenhausbehandlung der Versicherten zu gewährleisten (BT-Drucks 11/2237 S 199 zu § 120). Die Norm bezweckt dementsprechend eine einheitliche Sicherstellung der Versorgung der Versicherten mit Krankenhausleistungen iS von § 39 SGB V auf Landesebene(Wahl in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 112 RdNr 12 ff). Kommt ein Vertrag ganz oder teilweise nicht zustande, wird sein Inhalt durch die Landesschiedsstelle nach § 114 SGB V für alle Beteiligten einheitlich festgesetzt(§ 112 Abs 2 S 2 iVm Abs 3 SGB V). Dem entspricht auf prozessualer Ebene die Notwendigkeit einer einheitlichen Sachentscheidung, die durch Streitgenossenschaft auch ohne die gesteigerte Verpflichtung der Vertragspartner zu "gemeinsamen und einheitlichen" Vorgehen (zur notwendigen Streitgenossenschaft in den Fällen des § 213 Abs 2 S 1 SGB V idF des GRG vgl jetzt § 211a S 1 SGB V, vgl BSGE 87, 14 = SozR 3-2500 § 40 Nr 3 mwN; BSGE 97, 133 = SozR 4-2500 § 139 Nr 2)hergestellt werden kann (§ 74 SGG iVm § 62 Abs 1 Alt 1 ZPO).

22

Auch wenn danach die Vertragspartner als notwendige Streitgenossen auftreten können, ist eine notwendige Streitgenossenschaft für Aktivprozesse gegen die Festsetzung der Schiedsstelle dergestalt, dass sie zulässig nur im Wege einer gemeinsamen Klage geführt werden können, nicht zwingend (§ 74 SGG iVm § 62 Abs 1 Alt 2 ZPO; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 33. Aufl 2012, § 62 RdNr 22; Hartmann in BLAH, ZPO, 70. Aufl 2012, § 62 RdNr 6 ff, der insoweit aber auf die fehlende Sachbefugnis abstellt). Ausreichend ist ein prozessualer Rahmen, der die notwendig einheitliche Sachentscheidung durch das Gericht gewährleistet. Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, wird eine einheitliche Sachentscheidung im Sozialrechtsstreit insoweit auch durch eine echte notwendige Beiladung sichergestellt (§ 75 Abs 2 Alt 1 SGG). Hiervon hat das SG Gebrauch gemacht und die weiteren in Betracht kommenden KKn (vgl SG, Beschlüsse vom 19.1.2006, 27.7.2006) und zudem die Landeskrankenhausgesellschaft als Vertragspartnerin (SG Beschluss vom 4.1.2006) beigeladen.

23

bb) Eines Vorverfahrens bedurfte es nicht. Das Vorverfahrenserfordernis entfällt nicht nur für Versicherungsträger und ihre Verbände nach Maßgabe des § 78 Abs 1 S 2 Nr 3 SGG idF des 6. SGGÄndG vom 17.8.2001 (BGBl I 2144, hierzu BT-Drucks 14/6335 S 32 zu Nr 31a), sondern für alle Verfahrensbeteiligten einheitlich nach § 78 Abs 1 S 2 Nr 1 SGG. Es gibt keine Hinweise darauf, dass der im Geltungsbereich der RVO noch vorhandene ausdrückliche Verzicht auf ein Vorverfahren (§ 374 Abs 3 RVO, Vorverfahrensfiktion)mit der Neuregelung im SGB V aufgegeben werden sollte (vgl Hess in KassKomm, SGB V, Stand Juni 2012, § 114 RdNr 7; vgl Becker in Becker/Kingreen, SGB V, 3. Aufl 2012, § 114 RdNr 9; aA Hänlein in LPK-SGB V, 4. Aufl 2012, § 114 RdNr 2).

24

cc) Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für die erhobene Anfechtungsklage ist nicht deshalb (partiell) entfallen, weil nach dem Vortrag der Beigeladenen zu 2) die Beigeladene zu 1) unter dem 13.6.2007 ein Rundschreiben versandt hat, wonach aus ihrer Sicht die 30-Tages-Frist des § 19 Abs 2 S 3 LV zugunsten der ab dem 1.4.2007 geltenden Sechs-Wochen-Frist des § 275 Abs 1c S 2 SGB V keine Anwendung mehr finde. Die Vorinstanz hat nicht für das Revisionsgericht verbindlich (§ 163 SGG) festgestellt, dass die Vertragspartner zwischenzeitlich eine von der Festsetzung abweichende Regelung (vgl § 112 Abs 4 S 3 SGB V) getroffen hätten, noch sind Anhaltspunkte sonst dafür ersichtlich.

25

b) Die Anfechtungsklage gegen die Regelung des Einwendungsausschlusses nach sechs Monaten (§ 19 Abs 2 S 2 LV; Beschluss vom 21.9.2005) und die Regelung des MDK-Prüferfordernisses (§ 19 Abs 2 S 3 LV; Beschluss vom 21.9.2005) ist auch begründet. Der erkennende Senat ist zu einer Überprüfung des Schiedsspruchs befugt (dazu aa). Der Schiedsspruch der Beklagten ist zwar nicht formell (dazu bb), wohl aber materiell rechtswidrig (dazu cc).

26

aa) Gegenstand der rechtlichen Überprüfung ist nicht der Landesvertrag, dessen Geltungsbereich sich gegebenenfalls nicht über den Bezirk des Berufungsgerichts iS des § 162 SGG hinaus erstreckt und der dann grundsätzlich nicht revisibel ist(vgl zu einer Regelung gemäß § 112 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 14; zu den Anforderungen allgemein BSGE 105, 1 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5, RdNr 19), sondern der Schiedsspruch vom 21.9.2005. Zwar bindet der Schiedsspruch als Verwaltungsakt nicht nur seine Adressaten. Vielmehr setzt er zugleich den Inhalt des Landesvertrags nach § 112 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V fest, der als Normenvertrag(hierzu BSGE 105, 1 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5, RdNr 28) wiederum für die KKn und die zugelassenen Krankenhäuser im Land unmittelbar verbindlich ist (§ 112 Abs 1 S 2 SGB V; vgl Becker in Becker/Kingreen, SGB V, 3. Aufl 2012, § 112 RdNr 14). Der Einwand der fehlenden Revisibilität des Landesrechts kann indessen allein in Rechtsstreitigkeiten erhoben werden, die auf der Grundlage der (festgesetzten) landesrechtlichen Normen geführt werden, etwa im Erstattungsstreit zwischen einer KK und einem Krankenhausträger, nicht hingegen im Verhältnis zu den Vertragsparteien, deren Rechtsetzung durch den Schiedsspruch ersetzt wird. Für die Festsetzung gilt hinsichtlich der Zweiteilung des Rechtsschutzes - trotz des abweichenden Wesensgehalts - insoweit nichts anderes als bei der Ersatzvornahme, mit der die Rechtsetzung einer Aufsichtsbehörde an die Stelle der Rechtsetzung originär berufener Normgeber tritt (vgl BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 40 f - Lorenzos Öl).

27

Der Schiedsspruch unterliegt in dem Umfang der Kontrolle der Gerichte wie der Vertrag, den er ersetzt. Die Festsetzung des Vertragsinhalts durch den Schiedsspruch ist eine Form der Schlichtung, nicht der Rechtsfindung; der Schiedsspruch hat die Rechtswirkung einer vertraglichen Vereinbarung iS des § 112 Abs 3 SGB V. Was die Beteiligten in freier Vereinbarung hätten regeln können, wird im streitschlichtenden Schiedsverfahren durch den Schiedsspruch ersetzt. Daraus folgt, dass die Landesschiedsstelle bei der Festsetzung des Vertragsinhalts nach § 112 Abs 2 Nr 1 SGB V die gleiche Gestaltungsfreiheit hat, wie sie für die Vertragsparteien bei der gütlichen Vereinbarung besteht. Soweit nicht zwingendes höherrangiges Recht Schranken errichtet, besteht für die Beteiligten, die sich über den Landesvertrag gütlich einigen, Vertragsfreiheit und für die Landesschiedsstelle ein dementsprechendes Gestaltungsermessen. Die gerichtliche Kontrolle der Festsetzung von Vergütungsvereinbarungen durch die Landesschiedsstelle ist dementsprechend beschränkt. In formeller Hinsicht ist zu prüfen, ob die Landesschiedsstelle den von ihr zugrunde gelegten Sachverhalt in einem fairen Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs ermittelt hat und ihr Schiedsspruch die Gründe für das Entscheidungsergebnis ausreichend erkennen lässt. Die inhaltliche Kontrolle ist darauf beschränkt, ob der von der Landesschiedsstelle zugrunde gelegte Sachverhalt zutrifft und ob die Landesschiedsstelle den ihr zustehenden Gestaltungsspielraum eingehalten, dh insbesondere die maßgeblichen Rechtsmaßstäbe beachtet hat. Das Wesen des Schiedsspruchs der Landesschiedsstelle entspricht insoweit dem der Schiedssprüche der Schiedsämter und sonstigen Schiedsstellen im SGB V und SGB XI (vgl BSGE 20, 73, 75 = SozR Nr 1 zu § 368h RVO = Juris RdNr 48 ; BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 20 = Juris RdNr 25; BSGE 87, 199, 200 f = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 3 f = Juris RdNr 22; BSG SozR 4-3300 § 89 Nr 1 RdNr 19; BSGE 105, 126 = SozR 4-3300 § 89 Nr 2, RdNr 69; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 56 RdNr 13; BSG Urteil vom 21.3.2012 - B 6 KA 21/11 R - RdNr 23 mwN, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 87a Nr 1 vorgesehen).

28

bb) Die Beklagte hat den Schiedsspruch vom 21.9.2005 im Rahmen ihrer Zuständigkeit unter Einhaltung der für sie verbindlichen Verfahrensvorschriften formal fehlerfrei erlassen. Die Landesschiedsstelle entscheidet in den ihr nach dem SGB V zugewiesenen Aufgaben (§ 114 Abs 1 S 2 SGB V). § 112 Abs 3 SGB V bestimmt insoweit, dass die Landesschiedsstelle auf Antrag einer Vertragspartei den Inhalt festsetzt, wenn ein Vertrag nach Absatz 1 bis zum 31.12.1989 ganz oder teilweise nicht zustande kommt. Schon nach dem Wortlaut erschöpft sich die Vorschrift zeitlich nicht in einer Übergangsbestimmung, sondern regelt unabhängig vom Zeitpunkt der Aufnahme der Vertragsverhandlungen die Zuständigkeit der Landesschiedsstelle zur Festsetzung des Inhalts aller Verträge, für die nach dem 31.12.1989 eine Einigung nicht zustande kommt. Nur auf diese Weise kann, nicht zuletzt wegen der den Vertragspartnern nach § 112 Abs 4 SGB V eingeräumten Möglichkeit zur Kündigung geschlossener Verträge, die vom Gesetzgeber angestrebte Einheitlichkeit der Versorgung mit Krankenhausleistungen iS von § 39 SGB V auf Landesebene(s oben II 2 a aa) gewährleistet werden (vgl BSG SozR 4-2500 § 112 Nr 3 RdNr 7; auch Wahl in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 112 RdNr 88; zu Streitpunkten bei Altverträgen vgl Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, Stand November 2012, § 112 RdNr 39 mwN).

29

War danach eine Einigung über den hier allein streitbefangenen Landesvertrag nach § 112 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V in Teilen nicht zu erzielen, konnte sein Inhalt auf Antrag einer Vertragspartei durch die Landesschiedsstelle festgesetzt werden. Der Festsetzung steht nicht entgegen, dass die Kläger und die Beigeladenen voneinander abweichende Vorschläge unterbreitet haben. Das Gesetz beschränkt das Antragsrecht nicht auf alle Vertragspartner, die nach § 112 Abs 1 S 1 SGB V den Vertrag "gemeinsam" schließen; ein ausschließliches Antragsrecht der "Krankenkassenbank" anstelle der einzelnen KKn-Verbände gibt es nicht. Das Gesetz sieht bei der hier bestehenden Verpflichtung zu "gemeinsamen" Vorgehen kein Konfliktmanagement für den Fall vor, dass die Einigung über die Antragstellung scheitert ( Wahl in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 112 RdNr 85). Anders als bei Entscheidungen, zu denen die Verbände "gemeinsam und einheitlich" verpflichtet sind, ist kein Verfahren zur Beschlussfassung nach Mehrheit oder ein anderweitiges Verfahren der Konfliktlösung auf dieser Handlungsstufe bestimmt (vgl § 213 Abs 2 S 1 SGB V idF des GRG; jetzt § 211a S 1 SGB V, s oben II 2 a aa). Auch auf der Ebene des Kreises der Antragsberechtigten wird die beabsichtigte Einheitlichkeit der Versorgung auf Landesebene durch die nachfolgenden Handlungsstufen wirksam gewährleistet, wenn der Antrag von jedem einzelnen Landesverband gestellt werden kann.

30

Die Beklagte hat den Schiedsspruch in formell nicht zu beanstandender Weise erlassen. Das nähere Verfahren bestimmt sich nach § 114 Abs 5 SGB V iVm der Verordnung der Landesregierung über die Schiedsstelle nach § 114 Abs 5 SGB V (SchiedVO) vom 20.7.2004 (GBl BW 587). Danach ist der Antrag auf Einleitung des Schiedsverfahrens bei der Geschäftsstelle der Schiedsstelle (§ 2 SchiedVO) schriftlich einzureichen (§ 7 Abs 1 S 1 SchiedVO). Der Sachverhalt ist zu erläutern, ein zusammenfassendes Ergebnis der vorangegangenen Verhandlungen ist darzulegen und es sind die Teile zu benennen, über die eine Einigung nicht zustande gekommen ist. Im Falle des § 112 Abs 2 SGB V ist der Vertragsinhalt anzugeben, der festgesetzt werden soll, und die begehrte Festsetzung ist zu begründen(§ 7 Abs 1 S 2 und 3 SchiedVO). Auch die Schiedsstelle soll sodann nochmals auf eine Einigung hinwirken (§ 8 SchiedVO). Die Schiedsstelle entscheidet aufgrund mündlicher Verhandlung, zu der die Vertragsparteien unter Einhaltung einer Frist von mindestens zwei Wochen zu laden sind (§ 7 Abs 2 S 1 und 2 SchiedVO). Die Verhandlung ist nicht öffentlich (§ 7 Abs 3 S 1 SchiedVO). Die Schiedsstelle ist beschlussfähig, wenn außer dem Vorsitzenden mindestens sechs seiner fünfzehn Mitglieder anwesend sind. Die Entscheidung wird mit der Mehrheit der erschienenen Mitglieder getroffen (§§ 1, 9 Abs 1 S 1, Abs 3 S 1 SchiedVO). Die Entscheidung ist schriftlich zu begründen und zuzustellen (§ 7 Abs 9 SchiedVO). Die Niederschrift vom 21.9.2005 und ergänzend die Akten, auf die das LSG Bezug genommen hat, weisen aus, dass den verfahrensrechtlichen Bedingungen für die Einleitung und Durchführung des Verfahrens sowie für die Entscheidung und ihre Begründung Genüge getan worden ist. Einer Beteiligung der Seekasse bis zu ihrer Auflösung (mWv 28.12.2007 durch Gesetz vom 19.12.2007, BGBl I 3024 iVm Bek vom 28.12.2007, BGBl I 3305) bedurfte es im Übrigen nicht, weil diese zu keiner Zeit die Rechte eines Landesverbandes innehatte (zu § 109 SGB V BSGE 78, 233 = SozR 3-2500 § 109 Nr 1).

31

cc) Der Schiedsspruch zu § 19 Abs 2 S 2 und 3 LV ist materiell rechtswidrig. Der Schiedsspruch ist anhand der für die Krankenhausbehandlung in der GKV maßgeblichen Rechtsmaßstäbe zu überprüfen (dazu <1>). Danach hat die Beklagte die Regelung zu § 19 Abs 2 S 2 und 3 LV unter Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebots festgesetzt(dazu <2>). Die Festsetzung zu § 19 Abs 2 S 3 LV widerspricht zudem dem Beschleunigungsgebot des § 275 Abs 1c SGB V(dazu <3>).

32

(1) Der Schiedsspruch der Landesschiedsstelle nach § 114 SGB V unterliegt uneingeschränkt der Kontrolle seiner Vereinbarkeit mit den für die Krankenhausbehandlung in der GKV geltenden unabdingbaren Rechtsmaßstäben. Dies folgt daraus, dass mit ihm eine vertragliche Regelung ersetzt wird, mit der sichergestellt werden soll, dass Art und Umfang der Krankenhausbehandlung den Anforderungen des SGB V entsprechen (§ 112 Abs 1 SGB V; vgl BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 31). Nur innerhalb dieser gesetzlichen Rahmenbedingungen können die Verträge auf Landesebene - wie hier der Landesvertrag - deshalb die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung einschließlich der Aufnahme und Entlassung der Versicherten, Kostenübernahme, Abrechnung der Entgelte, Berichte und Bescheinigungen regeln (§ 112 Abs 2 S 1 Nr 1 Buchst a und b SGB V). Nur soweit die Vertragskompetenz reicht, besteht deshalb auch Gestaltungsspielraum der Landesschiedsstelle (zur Möglichkeit der Verletzung durch untergesetzliche Normen vgl BSGE 105, 1 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5, RdNr 26 mwN).

33

Das Regelungssystem des SGB V begründet Ansprüche auf eine erforderliche Krankenhausbehandlung (§ 27 Abs 1, § 39 Abs 1 S 2 SGB V)unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots nach objektiven Kriterien (vgl BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 30 f; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 19 ff mwN). Dies bedeutet, dass die Krankenhausbehandlung ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein muss und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten darf. Nur unter diesen Voraussetzungen schuldet die KK dem Versicherten eine Krankenhausbehandlung und dem Leistungserbringer korrespondierend die vereinbarte Vergütung (§ 2 Abs 1 S 1, § 12 Abs 1 S 1, § 70 Abs 1 SGB V). Ein Anspruch auf Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung setzt dementsprechend ua voraus, dass die Behandlung unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsgebots erforderlich war und die Voraussetzungen der gesetzlichen und vertraglich vorgesehenen Vergütungsregelungen erfüllt sind (vgl § 109 Abs 4 S 3 iVm § 39 Abs 1 S 2 SGB V). Über die Erforderlichkeit der Behandlung entscheidet allein die KK und im Streitfall das Gericht, ohne dass beide an die Einschätzung des Krankenhauses oder seiner Ärzte gebunden sind (BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 20, 26 unter Bezugnahme auf BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 27 f). Die Voraussetzungen des Vergütungsanspruchs haben die KKn ggf erst durch eine Prüfung festzustellen. Auch die Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser hat hieran nichts geändert (BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 23). Neben der Möglichkeit der verdachtsunabhängigen Stichprobenprüfung nach § 17c Krankenhausfinanzierungsgesetz steht den KKn die anlassbezogene Einzelfallprüfung nach § 275 Abs 1 SGB V zu(s unten <2>). In beiden Fällen ist der MDK zur Prüfung der medizinischen Voraussetzungen einzuschalten (BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 4 RdNr 16).

34

Das Vorgehen der KKn nach § 275 Abs 1 SGB V hat dabei seinen Ursprung darin, dass es zu den elementaren Aufgaben einer KK gehört, auf die Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots Acht zu geben. Der Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung, die Pflicht der KK zu ihrer Bewilligung sowie die Pflicht des Krankenhausträgers zu ihrer Bewirkung hängen von der Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots ab. Das Wirtschaftlichkeitsgebot verknüpft die Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung, ihre Vergütung und die Kontrolle des Vorliegens ihrer Voraussetzungen durch KKn und MDK untrennbar miteinander (BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 19). Verpflichtungen zu rechtsgrundlosen Zahlungen der KK an Leistungserbringer sind danach mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot grundsätzlich nicht zu vereinbaren.

35

(2) Vertragspartner und an ihrer Stelle die Landesschiedsstelle sind hiernach zwar berechtigt, Modalitäten zur Abrechnung von Vertragsleistungen, zB Abrechnungsfristen und die Folgen bei Nichteinhaltung, durch Vereinbarung oder an ihrer Stelle durch Schiedsspruch zu regeln, welche die hieran gebundenen KKn und Krankenhäuser gleichermaßen anhalten, ihren Verpflichtungen nachzukommen (vgl Wahl in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 112 RdNr 41 ff). Dazu gehören Zahlungsfristen (§ 19 Abs 1 LV), Verrechnungsmodalitäten (§ 19 Abs 2 S 1 LV) sowie Verzugszinsen bei Überschreitung des Zahlungsziels (§ 19 Abs 3 S 1 LV). Die Regelungen des § 17 Abs 1 S 1 Bundespflegesatzverordnung(idF bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Einführung eines pauschalierenden Entgeltsystems für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen vom 21.7.2012, BGBl I 1613, mWv 1.1.2013) und § 11 Abs 1 S 3 Krankenhausentgeltgesetz, auf die § 19 Abs 4 LV ausdrücklich Bezug nimmt, erwähnen insoweit im Interesse einer zeitnahen Zahlung auch noch die Möglichkeit von Teilzahlungen(zu Vorbehaltszahlungen vgl BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 30; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 47). Zu Lasten der Versichertengemeinschaft wirkende materiell-rechtliche Ausschlussfristen sind indessen hiervon grundsätzlich nicht erfasst. Materiell-rechtliche Ausschlussfristen führen zum Erlöschen des davon erfassten Anspruchs durch Zeitablauf (vgl Ellenberger in Palandt, BGB, 71. Aufl 2012, Überbl v § 194 RdNr 13). Materiell-rechtliche Ausschlussfristen zu Lasten der Versichertengemeinschaft haben zur Folge, dass KKn verpflichtet werden, im Widerspruch zum Wirtschaftlichkeitsgebot Vergütungen auch für nicht erforderliche Krankenhausbehandlungen zu zahlen, und zudem gehindert sind, eigene Erstattungsansprüche im Falle von ungerechtfertigten Überzahlungen geltend zu machen. Um eine solche materiell-rechtliche Ausschlussfrist handelt es sich, wenn Einwendungen gegen die Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung sowie gegen die Art der Abrechnung nur innerhalb von sechs Monaten nach Rechnungszugang geltend gemacht werden können (§ 19 Abs 2 S 2 LV).

36

Allerdings geht der 6. Senat im Vertragsarztrecht davon aus, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen im Rahmen der Honorarverteilungsmaßstäbe (vgl § 85 Abs 4 S 2 SGB V aF) befugt sind, Regelungen über die Modalitäten der Abrechnung durch die Vertragsärzte zu treffen und in diesem Zusammenhang auch im Hinblick auf das Grundrecht aus Art 12 Abs 1 GG Abrechnungsfristen vorgeben und diese als Ausschlussfristen ausgestalten dürfen (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 19 RdNr 13 ff). In Übereinstimmung hiermit erkennt auch der 3. Senat an, dass Landesverträge über die Einzelheiten der Versorgung mit Hilfsmitteln (vgl § 127 SGB V) Fristen für die Erhebung von Forderungen der Hilfsmittelerbringer aus Vertragsleistungen in Gestalt materiell-rechtlicher Ausschlussfristen setzen dürfen (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 14 RdNr 12 ff). Der erkennende 1. Senat bejaht ebenfalls die Zulässigkeit von vertraglichen Ausschlussfristen in Arznei-Lieferverträgen nach § 129 SGB V(vgl BSG SozR 4-2500 § 130 Nr 2 RdNr 31).

37

Diese Rechtsprechung ist indessen auf Zahlungsverpflichtungen und Regressforderungen der KKn nicht übertragbar, die der Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots dienen. Für die am Wirtschaftlichkeitsgebot ausgerichtete Wirtschaftlichkeitsprüfung im Vertragsarztrecht (§ 106 SGB V) nimmt dementsprechend auch der 6. Senat an, dass Prüfantragsfristen, die der Verfahrensbeschleunigung und dem Interesse an effektiver Verfahrensdurchführung dienen, im Falle ihrer Versäumung keineswegs dazu führen, dass Prüf- und Regressverfahren überhaupt nicht durchgeführt werden können. Die Annahme eines Verfahrenshindernisses liefe hier der Zielrichtung der Regelungen und im Übrigen auch dem hohen Rang des Wirtschaftlichkeitsgebots mit dem daraus folgenden Ziel möglichst effektiver Verhinderung unwirtschaftlicher Behandlungs- oder Verordnungsweise zuwider. Dem Interesse des Vertragsarztes, nicht damit rechnen zu müssen, dass noch nach Jahr und Tag ein Prüf- und Regressverfahren gegen ihn eingeleitet wird, dient stattdessen eine andere Frist, nämlich die generell für vertragsärztliche Prüf- und Regressverfahren anstelle einer Verjährungsfrist bestehende Ausschlussfrist von vier Jahren, die den sonst im Sozialrecht geltenden vierjährigen Fristen (vgl zB § 45 Abs 1 SGB I) angeglichen ist (näher dazu BSG Urteil vom 13.11.2012 - B 1 KR 24/11 R - RdNr 35, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Würde bereits aus der Versäumung der Prüfantragsfristen ein Verfahrenshindernis abgeleitet, würde ihr die Funktion beigemessen, die allein der Vier-Jahres-Frist zukommt (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 26 RdNr 19 ff; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 25 ff). Diese Überlegungen treffen in vergleichbarer Weise auf die Ausschlussfrist des § 19 Abs 2 S 2 LV zu, die von den Vertragspartnern bzw von der Schiedsstelle allein zur Umsetzung des Gebots einer zeitnahen Erledigung gedacht ist(Beschlussbegründung S 9). Auch im Bereich der Krankenhausbehandlung besteht keine weitergehende Befugnis der Vertragspartner und an ihrer Stelle der Landesschiedsstelle, Einwendungen der KK gegenüber Vergütungsansprüchen der Krankenhäuser über die allgemeinen gesetzlichen Rahmenvorgaben zeitlich einzuschränken.

38

Die gesetzliche Konzeption zur Überprüfung der Leistungsvoraussetzungen bei Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) durch die KKn in § 275 SGB V lässt keinen Raum für weitergehende vertraglich vereinbarte oder durch die Schiedsstelle festgesetzte materiell-rechtlich wirkende Ausschlussfristen zu Lasten der Versichertengemeinschaft in Abkehr vom Wirtschaftlichkeitsgebot. Die KKn sind danach in den gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, verpflichtet, bei Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung, eine gutachtliche Stellungnahme des MDK einzuholen (§ 275 Abs 1 Nr 1 SGB V idF des Fallpauschalengesetzes vom 23.4.2002, BGBl I 1412). Die dem Wirtschaftlichkeitsgebot verpflichtete Prüfpflicht der KKn (hierzu BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 19) präzisiert § 275 Abs 1c SGB V bei Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V dahingehend, dass eine Prüfung nach Absatz 1 Nr 1 zeitnah durchzuführen ist(S 1). Die Prüfung nach Satz 1 ist spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der KK einzuleiten und durch den MDK anzuzeigen (S 2). Falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrags führt, hat die KK dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale in Höhe von 100 Euro (§ 275 Abs 1c SGB V idF des GKV-WSG mWv 1.4.2007) zu entrichten, jetzt 300 Euro (§ 275 Abs 1c S 3 SGB V idF des Krankenhausfinanzierungsreformgesetzes vom 17.3.2009, BGBl I 534, mWv 25.3.2009).

39

Die bereichsspezifische Ausgestaltung des Prüfverfahrens bei Krankenhausbehandlung dient der Verfahrensbeschleunigung. Der Gesetzgeber sah im Krankenhausbereich Handlungsbedarf, weil nach seiner Wahrnehmung von einzelnen KKn die Prüfungsmöglichkeit in unverhältnismäßiger und nicht sachgerechter Weise zur Einzelfallsteuerung genutzt werde und dies in der Regel zu hohen und nicht gerechtfertigten Außenständen und Liquiditätsproblemen führe … sowie … auch zu Unsicherheiten bei Erlösausgleichen und Jahresabschlüssen (BT-Drucks 16/3100 S 171). § 275 Abs 1c S 1 SGB V normiert den allgemeinen Beschleunigungsgrundsatz. Allein § 275 Abs 1c S 2 SGB V konkretisiert ihn durch die Einführung einer Frist(vgl zB BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 4 RdNr 10 ff; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 24 RdNr 12 ff, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Durch Satz 2 wird nach Eingang des Rechnungsdatensatzes bei der KK eine Ausschlussfrist von sechs Wochen eingeführt, innerhalb derer die KK die Prüfung einzuleiten und der MDK dem Krankenhaus die Prüfung anzuzeigen hat. Prüfungen, die nach Ablauf dieses Zeitraums dem Krankenhaus angezeigt werden, sind nicht zulässig (BT-Drucks 16/3100 S 171). In der Rechtsprechung der in Angelegenheiten der GKV zuständigen Senate des BSG ist geklärt, dass diese durch den Gesetzgeber ausdrücklich als Ausschlussfrist bezeichnete Frist nur Bedeutung erlangt, wenn dem MDK über eine Anzeige nach § 301 SGB V und die Vorlage eines Kurzberichtes hinausgehend weitere Angaben zu erteilen und Unterlagen vorzulegen sind(vgl zu den verschiedenen Ebenen der Auskunfts- und Prüfpflichten auch BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 24 RdNr 18 ff, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Der ungenutzte Ablauf der Frist führt deshalb lediglich dazu, dass KK und MDK bei einzelfallbezogenen Abrechnungsprüfungen nach Ablauf der Ausschlussfrist des § 275 Abs 1c S 2 SGB V auf die Daten beschränkt sind, die das Krankenhaus der KK im Rahmen seiner Informationsobliegenheiten bei der Krankenhausaufnahme und zur Abrechnung - deren vollständige Erfüllung vorausgesetzt - jeweils zur Verfügung gestellt hat. Die Regelung des § 275 Abs 1c S 2 SGB V hindert hingegen nicht, die Abrechnung des Krankenhauses auf dieser Grundlage überhaupt sachlich und rechnerisch zu prüfen; insoweit bewirkt § 275 Abs 1c S 2 SGB V schon vom rechtlichen Ansatz her keinen Einwendungsausschluss(BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 24 RdNr 17, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; BSG Urteil vom 13.11.2012 - B 1 KR 24/11 R RdNr 45, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Gibt es aber selbst für die Zeit der bereichsspezifischen Ausgestaltung des Beschleunigungsgebots ab dem 1.4.2007 im Geltungsbereich des § 275 Abs 1c S 2 SGB V keine Hinweise auf eine normativ für möglich gehaltene Einschränkung des Wirtschaftlichkeitsgebots durch materiell-rechtlich wirkende Ausschlussfristen, gilt dies erst recht für die Zeit vor dem 1.4.2007. Eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist zu Lasten der KKn jenseits der sechswöchigen Ausschlussfrist des § 275 Abs 1c S 2 SGB V steht nicht zur Disposition der Vertragspartner oder ersatzweise der Landesschiedsstelle(offen gelassen in BSGE 98, 142 = SozR 4-2500 § 276 Nr 1, RdNr 21; BSG Urteil von 13.11.2012 - B 1 KR 14/12 R - RdNr 28 ff, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

40

Einwendungsausschlüsse zu Lasten der KKn durch Zeitablauf kommen allein nach den hier nicht einschlägigen allgemeinen Vorschriften über die Verjährung in Betracht (zur Verwirkung vgl BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 24/11 R - RdNr 37, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

41

(3) Aus den aufgezeigten Grundsätzen ergibt sich, dass auch die Regelung des MDK-Prüferfordernisses (§ 19 Abs 2 S 3 LV)bereits dem Wirtschaftlichkeitsgebot widerspricht. Sie beachtet nicht, dass Prüfverfahren zur Achtung des Wirtschaftlichkeitsgebots auf der ersten und zweiten Stufe (vgl oben) nach der gesetzlichen Konzeption des SGB V in Betracht kommen, die in Verträgen nach § 112 SGB V nicht ausgeschlossen werden dürfen.

42

Es kommt hinzu, dass die Regelung der Frist von 30 Tagen für die Einleitung von MDK-Überprüfungsverfahren als weitere Voraussetzung für Einwendungen der KKn gegen die Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung ab 1.4.2007 auch nicht in Einklang mit § 275 Abs 1c S 2 SGB V steht. Danach ist die Prüfung nach Satz 1 "spätestens sechs Wochen" nach Eingang der Abrechnung bei der KK einzuleiten und durch den MDK anzuzeigen. Die Norm dient zwar der Zielsetzung, eine unverhältnismäßige Anzahl von Einzelfallprüfungen zum Schutz der Krankenhäuser einzudämmen (BT-Drucks 16/3100 S 171). Der Gesetzgeber sah aber lediglich bei missbräuchlichem Vorgehen von KKn bzw bei nahezu routinemäßig erfolgender Prüfungseinleitung im Grenzbereich hin zum Rechtsmissbrauch die Zahlung einer Aufwandspauschale als gerechtfertigt an (vgl BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 24).

43

§ 275 Abs 1c S 2 SGB V schließt - in Harmonie mit dem Gesamtsystem - als abschließende normative Ausgestaltung der Ausschlussfrist von sechs Wochen Dispositionsmöglichkeiten auf Vertragsebene oder durch Schiedsspruch aus. Mehr Beschleunigung als durch die vorgegebene Sechs-Wochen-Frist hat der Gesetzgeber in Abwägung mit dem elementaren Wirtschaftlichkeitsgebot nicht für geboten und zulässig erachtet. Der Auffassung in der Literatur ist nicht zu folgen, wonach eine landesvertraglich vereinbarte oder festgesetzte kürzere Frist dem Schutzzweck umso mehr Rechnung trägt (so aber Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V, Stand November 2012, § 275 RdNr 40). Eine solche Betrachtungsweise ließe die Einbettung des Prüfverfahrens in den Kontext des Wirtschaftlichkeitsgebots außer Betracht. Nur ausnahmsweise räumt der Gesetzgeber der Beschleunigung des Verfahrens durch das allgemeine Gebot der zeitnahen Prüfung (S 1) und die konkrete Sechs-Wochen-Frist zur Einleitung des Prüfverfahrens (S 2) Vorrang vor dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit ein.

44

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Halbs 3 SGG iVm § 154 Abs 2 und 3, § 155 Abs 1 S 3, § 159 S 1 VwGO iVm § 100 Abs 1 ZPO. Für eine abweichende Beteiligung der Revisionskläger iS von § 100 Abs 2 ZPO besteht mangels erheblicher Verschiedenheit keine Veranlassung. Die Entscheidung über den Streitwert beruht nach Ermessen des Gerichts auf dem der Bedeutung für die Rechtsmittelführer entsprechenden Höchststreitwert (§ 197a Abs 1 S 1 Halbs 1 SGG iVm § 47 Abs 1 S 1, § 52 Abs 1 und 4 GKG; zur umfassenden Befugnis der Korrektur der Nebenentscheidungen der Vorinstanzen vgl BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 38 mwN; BSGE 62, 131, 136 = SozR 4100 § 141b Nr 40; Hauck in Zeihe, SGG, Stand 1.11.2010, § 154 VwGO nach § 197a SGG, Anm 7 mwN).

(1) Die Krankenhausbehandlung wird vollstationär, stationsäquivalent, tagesstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht; sie umfasst auch Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der Gemeinsame Bundesausschuss bisher keine Entscheidung nach § 137c Absatz 1 getroffen hat und die das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre, stationsäquivalente oder tagesstationäre Behandlung durch ein nach § 108 zugelassenes Krankenhaus, wenn die Aufnahme oder die Behandlung im häuslichen Umfeld nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Krankenhausbehandlung umfaßt im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs. 1), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akutstationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation. Die stationsäquivalente Behandlung umfasst eine psychiatrische Behandlung im häuslichen Umfeld durch mobile ärztlich geleitete multiprofessionelle Behandlungsteams; die tagesstationäre Behandlung umfasst einen täglich mindestens sechsstündigen Aufenthalt der Patientinnen und Patienten im Krankenhaus, währenddessen überwiegend ärztliche oder pflegerische Behandlung erbracht wird, ohne Übernachtung im Krankenhaus. Die stationsäquivalente Behandlung und die tagesstationäre Behandlung entsprechen hinsichtlich der Inhalte sowie der Flexibilität und Komplexität der Behandlung einer vollstationären Behandlung. Zur Krankenhausbehandlung gehört auch eine qualifizierte ärztliche Einschätzung des Beatmungsstatus im Laufe der Behandlung und vor der Verlegung oder Entlassung von Beatmungspatienten.

(1a) Die Krankenhausbehandlung umfasst ein Entlassmanagement zur Unterstützung einer sektorenübergreifenden Versorgung der Versicherten beim Übergang in die Versorgung nach Krankenhausbehandlung. § 11 Absatz 4 Satz 4 gilt. Das Krankenhaus kann mit Leistungserbringern nach § 95 Absatz 1 Satz 1 vereinbaren, dass diese Aufgaben des Entlassmanagements wahrnehmen. § 11 des Apothekengesetzes bleibt unberührt. Der Versicherte hat gegenüber der Krankenkasse einen Anspruch auf Unterstützung des Entlassmanagements nach Satz 1; soweit Hilfen durch die Pflegeversicherung in Betracht kommen, kooperieren Kranken- und Pflegekassen miteinander. Das Entlassmanagement umfasst alle Leistungen, die für die Versorgung nach Krankenhausbehandlung erforderlich sind, insbesondere die Leistungen nach den §§ 37b, 38, 39c sowie alle dafür erforderlichen Leistungen nach dem Elften Buch. Das Entlassmanagement umfasst auch die Verordnung einer erforderlichen Anschlussversorgung durch Krankenhausbehandlung in einem anderen Krankenhaus. Soweit dies für die Versorgung des Versicherten unmittelbar nach der Entlassung erforderlich ist, können die Krankenhäuser Leistungen nach § 33a und die in § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 und 12 genannten Leistungen verordnen und die Arbeitsunfähigkeit feststellen; hierfür gelten die Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung mit der Maßgabe, dass bis zur Verwendung der Arztnummer nach § 293 Absatz 7 Satz 3 Nummer 1 eine im Rahmenvertrag nach Satz 9 erster Halbsatz zu vereinbarende alternative Kennzeichnung zu verwenden ist. Bei der Verordnung von Arzneimitteln können Krankenhäuser eine Packung mit dem kleinsten Packungsgrößenkennzeichen gemäß der Packungsgrößenverordnung verordnen; im Übrigen können die in § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 genannten Leistungen für die Versorgung in einem Zeitraum von bis zu sieben Tagen verordnet und die Arbeitsunfähigkeit festgestellt werden (§ 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7). Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6, 7 und 12 die weitere Ausgestaltung des Verordnungsrechts nach Satz 7. Die weiteren Einzelheiten zu den Sätzen 1 bis 8, insbesondere zur Zusammenarbeit der Leistungserbringer mit den Krankenkassen, regeln der Spitzenverband Bund der Krankenkassen auch als Spitzenverband Bund der Pflegekassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses in einem Rahmenvertrag. Wird der Rahmenvertrag ganz oder teilweise beendet und kommt bis zum Ablauf des Vertrages kein neuer Rahmenvertrag zustande, entscheidet das sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene gemäß § 89a. Vor Abschluss des Rahmenvertrages ist der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisation der Apotheker sowie den Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Entlassmanagement und eine dazu erforderliche Verarbeitung personenbezogener Daten dürfen nur mit Einwilligung und nach vorheriger Information des Versicherten erfolgen. Die Information sowie die Einwilligung müssen schriftlich oder elektronisch erfolgen.

(2) Wählen Versicherte ohne zwingenden Grund ein anderes als ein in der ärztlichen Einweisung genanntes Krankenhaus, können ihnen die Mehrkosten ganz oder teilweise auferlegt werden.

(3) Die Landesverbände der Krankenkassen, die Ersatzkassen und die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See gemeinsam erstellen unter Mitwirkung der Landeskrankenhausgesellschaft und der Kassenärztlichen Vereinigung ein Verzeichnis der Leistungen und Entgelte für die Krankenhausbehandlung in den zugelassenen Krankenhäusern im Land oder in einer Region und passen es der Entwicklung an (Verzeichnis stationärer Leistungen und Entgelte). Dabei sind die Entgelte so zusammenzustellen, daß sie miteinander verglichen werden können. Die Krankenkassen haben darauf hinzuwirken, daß Vertragsärzte und Versicherte das Verzeichnis bei der Verordnung und Inanspruchnahme von Krankenhausbehandlung beachten.

(4) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, zahlen vom Beginn der vollstationären Krankenhausbehandlung an innerhalb eines Kalenderjahres für längstens 28 Tage den sich nach § 61 Satz 2 ergebenden Betrag je Kalendertag an das Krankenhaus. Die innerhalb des Kalenderjahres bereits an einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung geleistete Zahlung nach § 32 Abs. 1 Satz 2 des Sechsten Buches sowie die nach § 40 Abs. 6 Satz 1 geleistete Zahlung sind auf die Zahlung nach Satz 1 anzurechnen.

(5) (weggefallen)

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 30. Juli 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 2652,14 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung.

2

Das für die Behandlung Versicherter zugelassene Krankenhaus der klagenden Krankenhausträgerin in S behandelte die 1917 geborene, bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Rosa P. (im Folgenden: Versicherte) vollstationär vom 15.9. bis 4.10.2007 ua wegen Oberschenkelbruchs (Hauptdiagnose ICD-10: S72.10 Femurfraktur trochantär, nicht näher bezeichnet; weitere vielfältige Nebendiagnosen). Die Versicherte wurde zwecks Frührehabilitation in das für die Behandlung Versicherter zugelassene Krankenhaus der Klägerin in G
 verlegt und bis 20.10.2007 weiterbehandelt. Die Klägerin berechnete hierfür die Fallpauschale (DRG) I34Z - (Geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung mit bestimmter OR-Prozedur bei Krankheiten und Störungen an Muskel-Skelett-System und Bindegewebe; kodiert ua: Operationen- und Prozeduren-Schlüssel 8-550.1, geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung mindestens 14 Behandlungstage und 20 Therapieeinheiten; insgesamt 10 537,37 Euro; 25.10.2007). Sie übermittelte der Beklagten keine Angaben über die durchgeführten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Die Beklagte weigerte sich, zu zahlen: Die Klägerin dürfe nach einem Prüfbericht des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlungen nur abrechnen, falls bei Abwesenheit von Dipl. med. G, die allein die Zusatzbezeichnung "Klinische Geriatrie" führe, adäquater Ersatz zur Verfügung stehe (4.9.2007). Sie habe die Klägerin informiert (9.10.2007), Rechnungen mit OPS 8-550.* nur zu akzeptieren, wenn sie die strukturellen Voraussetzungen für die Abrechnung nachweise. Daran fehle es. Nach Klageerhebung hat die Beklagte der Klägerin die ohne frührehabilitative Komplexbehandlung anfallende Vergütung von 7781,57 Euro bezahlt (23.10.2008). Das SG hat die Klage auf Zahlung weiterer 2652,14 Euro nebst 5 vH Zinsen auf 10 537,37 Euro vom 22.12.2007 bis 23.10.2008 und auf 2652,14 Euro ab 24.10.2008 abgewiesen: Die Klägerin habe keine Behandlungsleitung durch einen Facharzt mit der Zusatzbezeichnung "Klinische Geriatrie" oder einen Facharzt mit mehrjähriger Erfahrung im Bereich "Klinische Geriatrie" während der gesamten Behandlungszeit sichergestellt. Die allein hierfür qualifizierte Dipl. med. G sei vom 4. bis 12.10.2007 abwesend gewesen und habe auch am 15.10.2007 nicht an der Teamkonferenz teilgenommen. Die Klägerin habe sich schon mangels Angaben zu den durchgeführten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nicht auf Verfristung der Prüfanzeige berufen können (Urteil vom 30.7.2013).

3

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 275 Abs 1c und des § 301 Abs 1 S 1 SGB V. Sie habe alle erforderlichen Angaben gemacht, um die Fälligkeit der Abrechnung herbeizuführen. Das SG habe das Beweisverwertungsverbot missachtet, das aus der Beauftragung des MDK erst am 16.11.2012 folge.

4

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 30. Juli 2013 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr weitere 2652,14 Euro nebst 5 vH Zinsen auf 10 537,37 Euro vom 22.12.2007 bis 23.10.2008 und auf 2652,14 Euro ab 24.10.2008 zu zahlen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Sprungrevision der klagenden Krankenhausträgerin ist unbegründet. Das SG hat die auf Zahlung weiterer 2652,14 Euro nebst Zinsen gerichtete Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen weiteren zulässig mittels der echten Leistungsklage (stRspr, vgl zB BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12 mwN)geltend gemachten Vergütungsanspruch für die vollstationäre Krankenhausbehandlung der Versicherten (dazu 1.) und keinen weiteren Zinsanspruch (dazu 2.).

8

1. Der Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung und damit korrespondierend die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist(stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 15; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 27 RdNr 9).

9

Die Höhe der Vergütung für die Behandlung Versicherter im Jahr 2007 bemisst sich bei DRG-Krankenhäusern wie jenen der Klägerin nach § 109 Abs 4 S 3 SGB V(idF durch Art 1 Nr 3 Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 S 1 Nr 1 Krankenhausentgeltgesetz( idF durch Art 2 Nr 5 Zweites Fallpauschalenänderungsgesetz <2. FPÄndG> vom 15.12.2004, BGBl I 3429) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz( idF durch Art 18 Nr 4 GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vom 26.3.2007, BGBl I 378; vgl entsprechend BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 15 f; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 15). Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge, Fallpauschalenvereinbarungen ) konkretisiert. Die Spitzenverbände der KKn (ab 1.7.2008: Spitzenverband Bund der KKn) und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG) mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 8 2. FPÄndG) einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen in den FPV auf der Grundlage des § 9 Abs 1 S 1 Nr 3 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG). Die Klägerin durfte auf dieser Grundlage im Ansatz rechtmäßig für die Behandlung der Versicherten P. einen Rechnungsbetrag von 7781,57 Euro berechnen, nicht aber 10 537,37 Euro für die I34Z - (Geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung mit bestimmter OR-Prozedur bei Krankheiten und Störungen an Muskel-Skelett-System und Bindegewebe).

10

Zu Recht streiten die Beteiligten nicht darüber, dass die Klägerin im hier betroffenen Zeitraum 2007 entsprechend der Rechtsauffassung des SG die DRG I34Z nur abrechnen durfte, falls sie hier zulässig OPS 8-550.1 kodieren konnte. Daran fehlt es.

11

Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich nicht aus einem schriftlich festgelegten abstrakten Tatbestand, sondern aus der Eingabe von im Einzelnen von einem Programm vorgegebenen, abzufragenden Daten in ein automatisches Datenverarbeitungssystem und dessen Anwendung (zur rechtlichen Einordnung des Groupierungsvorgangs vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 19 ff). Nach § 1 Abs 6 S 1 FPV 2007 sind in diesem Sinne zur Einstufung des Behandlungsfalls in die jeweils abzurechnende Fallpauschale Programme (Grouper) einzusetzen. Zugelassen sind nur solche Programme, die von der InEK GmbH - Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus, einer gemeinsamen Einrichtung der in § 17b Abs 2 S 1 KHG und § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG genannten Vertragspartner auf Bundesebene, zertifiziert worden sind.

12

Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm greift dabei auch auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind (zB die Zuordnung von ICD-10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum) oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, aber auch die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) in der jeweiligen vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung (hier in der Version 2007 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Diagnosenschlüssels vom 1.11.2006, BAnz Nr 212 vom 11.11.2006, S 6919, in Kraft getreten am 1.1.2007 ) sowie die Klassifikation des vom DIMDI im Auftrag des BMG herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssels (hier in der Version 2007 einschließlich Erweiterungskatalog vom 25.10.2006 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Operationen- und Prozedurenschlüssels vom 1.11.2006, BAnz Nr 212 vom 11.11.2006, S 6920, in Kraft getreten am 1.1.2007 ). Die Verbindlichkeit der in dem jeweiligen Vertragswerk angesprochenen Klassifikationssysteme folgt allein aus dem Umstand, dass sie in die zertifizierten Grouper einbezogen sind (vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 24).

13

Die Anwendung der Deutschen Kodierrichtlinien und der FPV-Abrechnungsbestimmungen einschließlich des ICD-10-GM und des OPS ist nicht automatisiert und unterliegt als Mitsteuerung der prozesshaften Tatbestandsbildung im Zusammenspiel mit den Vorgaben zertifizierter Grouper ihrerseits grundsätzlich den allgemeinen Auslegungsmethoden der Rechtswissenschaft. Die Abrechnungsbestimmungen sind gleichwohl wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen. Eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belässt. Demgemäß sind Vergütungsregelungen stets eng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (vgl BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 17 mwN; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27; zur Auslegung von medizinischen Begriffen im OPS vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 12 ff). Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiterzuentwickelndes (§ 17b Abs 2 S 1 KHG)und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27 mwN; s zum Ganzen auch BSG SozR 4-2500 § 301 Nr 1 RdNr 12 ff mwN).

14

Voraussetzung der DRG I34Z ist nach dem klaren Wortlaut, dass eine geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung mit bestimmter OR-Prozedur bei Krankheiten und Störungen an Muskel-Skelett-System und Bindegewebe zu kodieren ist. Dies ist lediglich bei den OPS 8-550 der Fall, denn allein sie betreffen die geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung. Die einzelnen Schlüssel unterscheiden sich insbesondere hinsichtlich Behandlungsdauer und Zahl der Therapieeinheiten (OPS 8-550.0: Mindestens 7 Behandlungstage und 10 Therapieeinheiten; OPS 8-550.1: Mindestens 14 Behandlungstage und 20 Therapieeinheiten; OPS 8-550.2: Mindestens 21 Behandlungstage und 30 Therapieeinheiten). Alle OPS 8-550 setzen nach dem einleitenden Hinweis als eines der Mindestmerkmale ua eine Behandlung durch ein geriatrisches Team unter fachärztlicher Behandlungsleitung voraus (Zusatzweiterbildung oder Schwerpunktbezeichnung im Bereich "Klinische Geriatrie" erforderlich; sofern diese nicht vorliegt, ist zur Aufrechterhaltung bereits bestehender geriatrischer Versorgungsangebote übergangsweise bis zum Jahresende 2007 eine vergleichbare mehrjährige Erfahrung im Bereich "Klinische Geriatrie" ausreichend; zu den Anforderungen an eine aktivierend-therapeutische Pflege durch besonders geschultes Pflegepersonal vgl BSG Urteil vom selben Tag - B 1 KR 26/13 R - für SozR vorgesehen). Daran fehlt es nach den Feststellungen des SG. Die im Krankenhaus der Klägerin allein hierfür qualifizierte Dipl. med. G war vom 4. bis 12.10.2007 abwesend. Sie leitete auch am 15.10.2007 nicht die Teamkonferenz, sondern nahm hieran nicht teil, obwohl die zitierten Mindestmerkmale der OPS 8-550 ua eine wöchentliche Teambesprechung unter Beteiligung aller Berufsgruppen mit wochenbezogener Dokumentation bisheriger Behandlungsergebnisse und weiterer Behandlungsziele fordern.

15

Das SG durfte die von der Klägerin zur Verfügung gestellten Behandlungsunterlagen verwerten. Denn die Klägerin erfüllte ihre Obliegenheit, die für die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung erforderlichen Informationen der Beklagten zu übermitteln (§ 301 SGB V), erst mit der Überlassung der Behandlungsunterlagen an das SG.

16

Die Informationsübermittlung vom Krankenhaus an die KK korrespondiert mit der Prüfberechtigung der KK. KKn sind jederzeit berechtigt, die sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung von Krankenhausvergütung mit Blick auf bestehende Leistungsverweigerungsrechte oder nicht verjährte Erstattungsforderungen zu überprüfen (§ 301 SGB V). Denn das Krankenhaus hat hierzu zutreffend und vollständig alle Angaben zu machen, deren es zur Überprüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung bedarf (§ 301 Abs 1 SGB V; vgl zB 1. Senat des BSG in BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 13, 21; 3. Senat des BSG in BSGE 111, 58 = SozR 4-2500 § 109 Nr 24, RdNr 18 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 5 RdNr 14 mwN, stRspr). Jedenfalls dann, wenn sich dabei auch nur geringste Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Abrechnung nicht sachlich-rechnerisch richtig ist und/oder dass das Krankenhaus seine primären Informationsobliegenheiten und ggf -pflichten über die Abrechnungsgrundlagen nicht erfüllte, trifft das Krankenhaus spätestens auf Anforderung der KK die Obliegenheit, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere auch die Behandlungsunterlagen an den MDK oder das Gericht herauszugeben. Die gesetzliche Sechs-Wochen-Frist (§ 275 Abs 1c SGB V) erfasst demgegenüber nur die Prüfung aufgrund einer Auffälligkeit (vgl näher BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 29/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

17

Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten bestehen etwa in Fällen, in denen die vom Krankenhaus vorgenommene Auslegung und Anwendung von Abrechnungsvorschriften zweifelhaft ist oder sogar bestehender Kodierpraxis widerspricht oder in denen die erforderlichen Angaben unvollständig sind. Es entspricht nicht nur den gesetzlichen Vorgaben (§ 301 Abs 1 SGB V), sondern den eigenen Interessen des Krankenhauses, der KK die entsprechenden Sachverhalte vollständig und nachvollziehbar mitzuteilen, die es zu seiner Auslegung der Abrechnungsvorschriften veranlasst haben. Nur so beugt das Krankenhaus einer Irreführung und darauf beruhender täuschungsbedingter ungerechtfertigter Vermögensverfügung der KK vor, ermöglicht der KK die sachlich-rechnerische Richtigkeitskontrolle und schafft damit die für die Zusammenarbeit unerlässliche Vertrauensbasis.

18

Die Beklagte hatte Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten der Klägerin. Denn die Klägerin machte keine Angaben zu den durchgeführten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 301 Abs 1 S 1 Nr 8 SGB V). Die KKn benötigen die in § 301 Abs 1 SGB V genannten Angaben zur Durchführung ihrer Aufgaben, insbesondere für eine ordnungsgemäße Abrechnung, für die Überprüfung der Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung und der Verweildauer sowie für Wirtschaftlichkeitsprüfungen der Krankenhäuser(Didong in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 301 RdNr 7). "Durchgeführte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation" sind solche, die das Krankenhaus bereits erbracht hat. Es liegt auf der Hand, dass diese Angaben nicht nur für die Bewilligung künftiger Leistungen, sondern vor allem auch für die Kontrolle einer ordnungsgemäßen Abrechnung erforderlich sind. Zutreffend weist das SG darauf hin, dass die Angaben auch in Zusammenhang mit der Regelung der Frührehabilitation in § 39 Abs 1 S 3 SGB V zu sehen sind. Die Krankenhausbehandlung umfasst danach im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs 1 SGB V), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akutstationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation. Diese Regelung zielt nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte und Regelungszweck darauf ab, dass die Rehabilitation von Anfang an integraler Bestandteil der medizinischen Versorgung im Krankenhaus sein soll. Ärzteschaft, Pflegepersonal und das spezifische Fachpersonal haben an dieser Aufgabe mitzuwirken. Für die Feststellung des individuellen medizinischen Rehabilitationsbedarfs im Akutkrankenhaus sind Art und Schwere der Erkrankung und die individuellen Voraussetzungen wie zB Lebensalter und Multimorbidität des Patienten zugrunde zu legen. Hierfür sowie für Art und Umfang der medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen im Rahmen der Krankenhausbehandlung sind Kriterien aufzustellen. Vorrangiges Ziel dieser frühen Rehabilitation im Krankenhaus ist die Wiederherstellung der Basisfähigkeiten, wozu neben der Mobilität die weitgehende Unabhängigkeit in den einfachen Aktivitäten des täglichen Lebens gehört sowie die Kommunikation mit und die Orientierung in der Umwelt; hinzu kommen die frühzeitige Auseinandersetzung mit Fähigkeitsstörungen in der Folge von Erkrankungen/Unfällen und der frühzeitige Einstieg in das Erlernen von Bewältigungsstrategien. Soweit medizinisch erforderlich, sind auch fachspezifische Rehabilitationsansätze zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu integrieren. Über die bereits vorhandenen Rehabilitationsansätze im Krankenhaus hinaus sind jedenfalls seit Einführung der Frührehabilitation in § 39 Abs 1 S 3 Halbs 2 SGB V bereits bei Aufnahme in das Akutkrankenhaus der funktionelle Status, das Rehabilitationspotential und der Rehabilitationsbedarf des Patienten in die Diagnosestellung einzubeziehen und ein am individuellen Bedarf ausgerichtetes Rehabilitationskonzept in die Krankenbehandlung zu integrieren(vgl Begründung zum Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eines Sozialgesetzbuchs - Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen, BT-Drucks 14/5074 S 117 f Zu Nummer 11 <§ 39 Abs 1>). Die Auffassung der Klägerin, die KKn benötigten die Angaben nach § 301 Abs 1 S 1 Nr 8 SGB V lediglich für Feststellungen im Zusammenhang mit der Genehmigung weiterer Rehabilitationsmaßnahmen, erweist sich demgegenüber als zu eng.

19

2. Zu Recht hat das SG auch einen Zinsanspruch der Klägerin verneint. Mangels vollständiger Angaben war der Anspruch der Klägerin auf Vergütung der Behandlung zur Zeit der von der Beklagten geleisteten Zahlung noch nicht fällig. Für die Folgezeit fehlt es schon an einer zu verzinsenden Hauptforderung.

20

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 30. Juli 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 3267,47 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung.

2

Das für die Behandlung Versicherter zugelassene Krankenhaus der klagenden Krankenhausträgerin in G behandelte den 1927 geborenen, bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherten Kurt F. (im Folgenden: Versicherter) vollstationär vom 12.10. bis 2.11.2007 ua wegen Kraftschwäche der rechten Hand und globaler kardialer Dekompensation. Die Klägerin berechnete die Fallpauschale (DRG) F48Z - (geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung bei Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems; kodiert: Operationen- und Prozeduren-Schlüssel 8-550.1, geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung - mindestens 14 Behandlungstage und 20 Therapieeinheiten; 6338,15 Euro; 7.11.2007). Sie ging von frührehabilitativer Komplexbehandlung ab 17.10.2007 aus, übermittelte der Beklagten aber keine Angaben über durchgeführte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Die Beklagte weigerte sich, zu zahlen: Die Klägerin dürfe nach einem Prüfbericht des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlungen nur abrechnen, falls bei Abwesenheit von Dipl. med. G, die allein die Zusatzbezeichnung "Klinische Geriatrie" führe, adäquater Ersatz zur Verfügung stehe (4.9.2007). Sie habe die Klägerin informiert (9.10.2007), Rechnungen mit OPS 8-550.* nur zu akzeptieren, wenn die Klägerin die strukturellen Voraussetzungen für die Abrechnung nachweise. Daran fehle es. Nach Klageerhebung hat die Beklagte der Klägerin die ohne frührehabilitative Komplexbehandlung anfallende Vergütung von 3009,72 Euro bezahlt (DRG F62C - Herzinsuffizienz und Schock ohne äußerst schwere CC; 24.10.2008). Das SG hat die Klage auf Zahlung weiterer 3267,47 Euro nebst 5 vH Zinsen auf 6338,15 Euro vom 6.12.2007 bis 24.10.2008 und auf 3267,47 Euro ab 25.10.2008 abgewiesen: Die Klägerin habe keine aktivierend-therapeutische Pflege erbracht. Sie habe sich schon mangels Angaben zu den durchgeführten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nicht auf Verfristung der Prüfanzeige berufen können (Urteil vom 30.7.2013).

3

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 275 Abs 1c und des § 301 Abs 1 S 1 SGB V. Sie habe alle erforderlichen Angaben gemacht, um die Fälligkeit der Abrechnung herbeizuführen. Das SG habe das Beweisverwertungsverbot missachtet, das aus der Beauftragung des MDK erst am 16.11.2012 folge.

4

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 30. Juli 2013 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr weitere 3267,47 Euro nebst 5 vH Zinsen auf 6338,15 Euro vom 6.12.2007 bis 24.10.2008 und auf 3267,47 Euro ab 25.10.2008 zu zahlen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Sprungrevision der klagenden Krankenhausträgerin ist unbegründet. Das SG hat die auf Zahlung weiterer 3267,47 Euro nebst Zinsen gerichtete Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen weiteren zulässig mittels der echten Leistungsklage (stRspr, vgl zB BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12 mwN)geltend gemachten Vergütungsanspruch für die vollstationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten (dazu 1.) und keinen weiteren Zinsanspruch (dazu 2.).

8

1. Der Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung und damit korrespondierend die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist(stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 15; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 27 RdNr 9).

9

Die Höhe der Vergütung für die Behandlung Versicherter im Jahr 2007 bemisst sich bei DRG-Krankenhäusern wie jenem der Klägerin nach § 109 Abs 4 S 3 SGB V(idF durch Art 1 Nr 3 Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 S 1 Nr 1 Krankenhausentgeltgesetz( idF durch Art 2 Nr 5 Zweites Fallpauschalenänderungsgesetz <2. FPÄndG> vom 15.12.2004, BGBl I 3429) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz( idF durch Art 18 Nr 4 GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vom 26.3.2007, BGBl I 378; vgl entsprechend BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 15 f; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 15). Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge, Fallpauschalenvereinbarungen ) konkretisiert. Die Spitzenverbände der KKn (ab 1.7.2008: Spitzenverband Bund der KKn) und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG) mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 8 2. FPÄndG) einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen in den FPV auf der Grundlage des § 9 Abs 1 S 1 Nr 3 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG). Die Klägerin durfte auf dieser Grundlage im Ansatz rechtmäßig für die Behandlung des Versicherten die DRG F62C mit einem Rechnungsbetrag von 3009,72 Euro berechnen, nicht aber 6338,15 Euro für die DRG F48Z (geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung bei Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems).

10

Zu Recht streiten die Beteiligten nicht darüber, dass die Klägerin im hier betroffenen Zeitraum 2007 entsprechend der Rechtsauffassung des SG die DRG F48Z nur abrechnen durfte, falls sie hier zulässig OPS 8-550.1 kodieren konnte. Daran fehlt es.

11

Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich nicht aus einem schriftlich festgelegten abstrakten Tatbestand, sondern aus der Eingabe von im Einzelnen von einem Programm vorgegebenen, abzufragenden Daten in ein automatisches Datenverarbeitungssystem und dessen Anwendung (zur rechtlichen Einordnung des Groupierungsvorgangs vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 19 ff). Nach § 1 Abs 6 S 1 FPV 2007 sind in diesem Sinne zur Einstufung des Behandlungsfalls in die jeweils abzurechnende Fallpauschale Programme (Grouper) einzusetzen. Zugelassen sind nur solche Programme, die von der InEK GmbH - Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus, einer gemeinsamen Einrichtung der in § 17b Abs 2 S 1 KHG und § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG genannten Vertragspartner auf Bundesebene, zertifiziert worden sind.

12

Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm greift dabei auch auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind (zB die Zuordnung von ICD-10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum) oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, aber auch die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) in der jeweiligen vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung (hier in der Version 2007 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Diagnosenschlüssels vom 1.11.2006, BAnz Nr 212 vom 11.11.2006, S 6919, in Kraft getreten am 1.1.2007 ) sowie die Klassifikation des vom DIMDI im Auftrag des BMG herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssels (hier in der Version 2007 einschließlich Erweiterungskatalog vom 25.10.2006 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Operationen- und Prozedurenschlüssels vom 1.11.2006, BAnz Nr 212 vom 11.11.2006, S 6920, in Kraft getreten am 1.1.2007 ). Die Verbindlichkeit der in dem jeweiligen Vertragswerk angesprochenen Klassifikationssysteme folgt allein aus dem Umstand, dass sie in die zertifizierten Grouper einbezogen sind (vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 24).

13

Die Anwendung der Deutschen Kodierrichtlinien und der FPV-Abrechnungsbestimmungen einschließlich des ICD-10-GM und des OPS ist nicht automatisiert und unterliegt als Mitsteuerung der prozesshaften Tatbestandsbildung im Zusammenspiel mit den Vorgaben zertifizierter Grouper ihrerseits grundsätzlich den allgemeinen Auslegungsmethoden der Rechtswissenschaft. Die Abrechnungsbestimmungen sind gleichwohl wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen. Eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belässt. Demgemäß sind Vergütungsregelungen stets eng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (vgl BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 17 mwN; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27; zur Auslegung von medizinischen Begriffen im OPS vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 12 ff). Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiterzuentwickelndes (§ 17b Abs 2 S 1 KHG)und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27 mwN; s zum Ganzen auch BSG SozR 4-2500 § 301 Nr 1 RdNr 12 ff mwN).

14

Voraussetzung der DRG F48Z ist nach dem klaren Wortlaut, dass eine geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung bei Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems zu kodieren ist. Dies ist lediglich bei den OPS 8-550 der Fall, denn allein sie betreffen die geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung. Die einzelnen Schlüssel unterscheiden sich insbesondere hinsichtlich Behandlungsdauer und Zahl der Therapieeinheiten (OPS 8-550.0: Mindestens 7 Behandlungstage und 10 Therapieeinheiten; OPS 8-550.1: Mindestens 14 Behandlungstage und 20 Therapieeinheiten; OPS 8-550.2: Mindestens 21 Behandlungstage und 30 Therapieeinheiten). Alle OPS 8-550 setzen nach dem einleitenden Hinweis als eines der Mindestmerkmale ua eine aktivierend-therapeutische Pflege durch besonders geschultes Pflegepersonal voraus (zu den Anforderungen an die Behandlung durch ein geriatrisches Team unter fachärztlicher Behandlungsleitung vgl BSG Urteil vom selben Tag - B 1 KR 25/13 R - Juris ). Daran fehlte es nach den Feststellungen des SG. Der Versicherte hatte weder einen Bedarf nach aktivierend-therapeutischer Pflege, denn er war völlig selbstständig und konnte sich uneingeschränkt selbstständig versorgen, noch ergab die Pflegedokumentation Nachweise einer Leistung aktivierend-therapeutischer Pflege.

15

Das SG durfte die von der Klägerin zur Verfügung gestellten Behandlungsunterlagen verwerten. Denn die Klägerin erfüllte ihre Obliegenheit, die für die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung erforderlichen Informationen der Beklagten zu übermitteln (§ 301 SGB V), erst mit der Überlassung der Behandlungsunterlagen an das SG.

16

Die Informationsübermittlung vom Krankenhaus an die KK korrespondiert mit der Prüfberechtigung der KK. KKn sind jederzeit berechtigt, die sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung von Krankenhausvergütung mit Blick auf bestehende Leistungsverweigerungsrechte oder nicht verjährte Erstattungsforderungen zu überprüfen (§ 301 SGB V). Denn das Krankenhaus hat hierzu zutreffend und vollständig alle Angaben zu machen, deren es zur Überprüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung bedarf (§ 301 Abs 1 SGB V; vgl zB 1. Senat des BSG in BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 13, 21; 3. Senat des BSG in BSGE 111, 58 = SozR 4-2500 § 109 Nr 24, RdNr 18 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 5 RdNr 14 mwN, stRspr). Jedenfalls dann, wenn sich dabei auch nur geringste Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Abrechnung nicht sachlich-rechnerisch richtig ist und/oder dass das Krankenhaus seine primären Informationsobliegenheiten und ggf -pflichten über die Abrechnungsgrundlagen nicht erfüllte, trifft das Krankenhaus spätestens auf Anforderung der KK die Obliegenheit, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere auch die Behandlungsunterlagen an den MDK oder das Gericht herauszugeben. Die gesetzliche Sechs-Wochen-Frist (§ 275 Abs 1c SGB V) erfasst demgegenüber nur die Prüfung aufgrund einer Auffälligkeit (vgl näher BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 29/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

17

Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten bestehen etwa in Fällen, in denen die vom Krankenhaus vorgenommene Auslegung und Anwendung von Abrechnungsvorschriften zweifelhaft ist oder sogar bestehender Kodierpraxis widerspricht oder in denen die erforderlichen Angaben unvollständig sind. Es entspricht nicht nur den gesetzlichen Vorgaben (§ 301 Abs 1 SGB V), sondern den eigenen Interessen des Krankenhauses, der KK die entsprechenden Sachverhalte vollständig und nachvollziehbar mitzuteilen, die es zu seiner Auslegung der Abrechnungsvorschriften veranlasst haben. Nur so beugt das Krankenhaus einer Irreführung und darauf beruhender täuschungsbedingter ungerechtfertigter Vermögensverfügung der KK vor, ermöglicht der KK die sachlich-rechnerische Richtigkeitskontrolle und schafft damit die für die Zusammenarbeit unerlässliche Vertrauensbasis.

18

Die Beklagte hatte Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten der Klägerin. Denn die Klägerin machte keine Angaben zu den durchgeführten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 301 Abs 1 S 1 Nr 8 SGB V). Die KKn benötigen die in § 301 Abs 1 SGB V genannten Angaben zur Durchführung ihrer Aufgaben, insbesondere für eine ordnungsgemäße Abrechnung, für die Überprüfung der Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung und der Verweildauer sowie für Wirtschaftlichkeitsprüfungen der Krankenhäuser(Didong in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 301 RdNr 7). "Durchgeführte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation" sind solche, die das Krankenhaus bereits erbracht hat. Es liegt auf der Hand, dass diese Angaben nicht nur für die Bewilligung künftiger Leistungen, sondern vor allem auch für die Kontrolle einer ordnungsgemäßen Abrechnung erforderlich sind. Zutreffend weist das SG darauf hin, dass die Angaben auch in Zusammenhang mit der Regelung der Frührehabilitation in § 39 Abs 1 S 3 SGB V zu sehen sind. Die Krankenhausbehandlung umfasst danach im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs 1 SGB V), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akutstationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation. Diese Regelung zielt nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte und Regelungszweck darauf ab, dass die Rehabilitation von Anfang an integraler Bestandteil der medizinischen Versorgung im Krankenhaus sein soll. Ärzteschaft, Pflegepersonal und das spezifische Fachpersonal haben an dieser Aufgabe mitzuwirken. Für die Feststellung des individuellen medizinischen Rehabilitationsbedarfs im Akutkrankenhaus sind Art und Schwere der Erkrankung und die individuellen Voraussetzungen wie zB Lebensalter und Multimorbidität des Patienten zugrunde zu legen. Hierfür sowie für Art und Umfang der medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen im Rahmen der Krankenhausbehandlung sind Kriterien aufzustellen. Vorrangiges Ziel dieser frühen Rehabilitation im Krankenhaus ist die Wiederherstellung der Basisfähigkeiten, wozu neben der Mobilität die weitgehende Unabhängigkeit in den einfachen Aktivitäten des täglichen Lebens gehört sowie die Kommunikation mit und die Orientierung in der Umwelt; hinzu kommen die frühzeitige Auseinandersetzung mit Fähigkeitsstörungen in der Folge von Erkrankungen/Unfällen und der frühzeitige Einstieg in das Erlernen von Bewältigungsstrategien. Soweit medizinisch erforderlich, sind auch fachspezifische Rehabilitationsansätze zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu integrieren. Über die bereits vorhandenen Rehabilitationsansätze im Krankenhaus hinaus sind jedenfalls seit Einführung der Frührehabilitation in § 39 Abs 1 S 3 Halbs 2 SGB V bereits bei Aufnahme in das Akutkrankenhaus der funktionelle Status, das Rehabilitationspotential und der Rehabilitationsbedarf des Patienten in die Diagnosestellung einzubeziehen und ein am individuellen Bedarf ausgerichtetes Rehabilitationskonzept in die Krankenbehandlung zu integrieren(vgl Begründung zum Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eines Sozialgesetzbuchs - Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen, BT-Drucks 14/5074 S 117 f Zu Nummer 11 <§ 39 Abs 1>). Die Auffassung der Klägerin, die KKn benötigten die Angaben nach § 301 Abs 1 S 1 Nr 8 SGB V lediglich für Feststellungen im Zusammenhang mit der Genehmigung weiterer Rehabilitationsmaßnahmen, erweist sich demgegenüber als zu eng.

19

2. Zu Recht hat das SG auch einen Zinsanspruch der Klägerin verneint. Mangels vollständiger Angaben war der Anspruch der Klägerin auf Vergütung der Behandlung zur Zeit der von der Beklagten geleisteten Zahlung noch nicht fällig. Für die Folgezeit fehlt es schon an einer zu verzinsenden Hauptforderung.

20

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG.

Die Krankenkassen dürfen Krankenhausbehandlung nur durch folgende Krankenhäuser (zugelassene Krankenhäuser) erbringen lassen:

1.
Krankenhäuser, die nach den landesrechtlichen Vorschriften als Hochschulklinik anerkannt sind,
2.
Krankenhäuser, die in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommen sind (Plankrankenhäuser), oder
3.
Krankenhäuser, die einen Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen abgeschlossen haben.

(1) Die Krankenhausbehandlung wird vollstationär, stationsäquivalent, tagesstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht; sie umfasst auch Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der Gemeinsame Bundesausschuss bisher keine Entscheidung nach § 137c Absatz 1 getroffen hat und die das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre, stationsäquivalente oder tagesstationäre Behandlung durch ein nach § 108 zugelassenes Krankenhaus, wenn die Aufnahme oder die Behandlung im häuslichen Umfeld nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Krankenhausbehandlung umfaßt im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs. 1), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akutstationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation. Die stationsäquivalente Behandlung umfasst eine psychiatrische Behandlung im häuslichen Umfeld durch mobile ärztlich geleitete multiprofessionelle Behandlungsteams; die tagesstationäre Behandlung umfasst einen täglich mindestens sechsstündigen Aufenthalt der Patientinnen und Patienten im Krankenhaus, währenddessen überwiegend ärztliche oder pflegerische Behandlung erbracht wird, ohne Übernachtung im Krankenhaus. Die stationsäquivalente Behandlung und die tagesstationäre Behandlung entsprechen hinsichtlich der Inhalte sowie der Flexibilität und Komplexität der Behandlung einer vollstationären Behandlung. Zur Krankenhausbehandlung gehört auch eine qualifizierte ärztliche Einschätzung des Beatmungsstatus im Laufe der Behandlung und vor der Verlegung oder Entlassung von Beatmungspatienten.

(1a) Die Krankenhausbehandlung umfasst ein Entlassmanagement zur Unterstützung einer sektorenübergreifenden Versorgung der Versicherten beim Übergang in die Versorgung nach Krankenhausbehandlung. § 11 Absatz 4 Satz 4 gilt. Das Krankenhaus kann mit Leistungserbringern nach § 95 Absatz 1 Satz 1 vereinbaren, dass diese Aufgaben des Entlassmanagements wahrnehmen. § 11 des Apothekengesetzes bleibt unberührt. Der Versicherte hat gegenüber der Krankenkasse einen Anspruch auf Unterstützung des Entlassmanagements nach Satz 1; soweit Hilfen durch die Pflegeversicherung in Betracht kommen, kooperieren Kranken- und Pflegekassen miteinander. Das Entlassmanagement umfasst alle Leistungen, die für die Versorgung nach Krankenhausbehandlung erforderlich sind, insbesondere die Leistungen nach den §§ 37b, 38, 39c sowie alle dafür erforderlichen Leistungen nach dem Elften Buch. Das Entlassmanagement umfasst auch die Verordnung einer erforderlichen Anschlussversorgung durch Krankenhausbehandlung in einem anderen Krankenhaus. Soweit dies für die Versorgung des Versicherten unmittelbar nach der Entlassung erforderlich ist, können die Krankenhäuser Leistungen nach § 33a und die in § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 und 12 genannten Leistungen verordnen und die Arbeitsunfähigkeit feststellen; hierfür gelten die Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung mit der Maßgabe, dass bis zur Verwendung der Arztnummer nach § 293 Absatz 7 Satz 3 Nummer 1 eine im Rahmenvertrag nach Satz 9 erster Halbsatz zu vereinbarende alternative Kennzeichnung zu verwenden ist. Bei der Verordnung von Arzneimitteln können Krankenhäuser eine Packung mit dem kleinsten Packungsgrößenkennzeichen gemäß der Packungsgrößenverordnung verordnen; im Übrigen können die in § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 genannten Leistungen für die Versorgung in einem Zeitraum von bis zu sieben Tagen verordnet und die Arbeitsunfähigkeit festgestellt werden (§ 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7). Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6, 7 und 12 die weitere Ausgestaltung des Verordnungsrechts nach Satz 7. Die weiteren Einzelheiten zu den Sätzen 1 bis 8, insbesondere zur Zusammenarbeit der Leistungserbringer mit den Krankenkassen, regeln der Spitzenverband Bund der Krankenkassen auch als Spitzenverband Bund der Pflegekassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses in einem Rahmenvertrag. Wird der Rahmenvertrag ganz oder teilweise beendet und kommt bis zum Ablauf des Vertrages kein neuer Rahmenvertrag zustande, entscheidet das sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene gemäß § 89a. Vor Abschluss des Rahmenvertrages ist der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisation der Apotheker sowie den Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Entlassmanagement und eine dazu erforderliche Verarbeitung personenbezogener Daten dürfen nur mit Einwilligung und nach vorheriger Information des Versicherten erfolgen. Die Information sowie die Einwilligung müssen schriftlich oder elektronisch erfolgen.

(2) Wählen Versicherte ohne zwingenden Grund ein anderes als ein in der ärztlichen Einweisung genanntes Krankenhaus, können ihnen die Mehrkosten ganz oder teilweise auferlegt werden.

(3) Die Landesverbände der Krankenkassen, die Ersatzkassen und die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See gemeinsam erstellen unter Mitwirkung der Landeskrankenhausgesellschaft und der Kassenärztlichen Vereinigung ein Verzeichnis der Leistungen und Entgelte für die Krankenhausbehandlung in den zugelassenen Krankenhäusern im Land oder in einer Region und passen es der Entwicklung an (Verzeichnis stationärer Leistungen und Entgelte). Dabei sind die Entgelte so zusammenzustellen, daß sie miteinander verglichen werden können. Die Krankenkassen haben darauf hinzuwirken, daß Vertragsärzte und Versicherte das Verzeichnis bei der Verordnung und Inanspruchnahme von Krankenhausbehandlung beachten.

(4) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, zahlen vom Beginn der vollstationären Krankenhausbehandlung an innerhalb eines Kalenderjahres für längstens 28 Tage den sich nach § 61 Satz 2 ergebenden Betrag je Kalendertag an das Krankenhaus. Die innerhalb des Kalenderjahres bereits an einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung geleistete Zahlung nach § 32 Abs. 1 Satz 2 des Sechsten Buches sowie die nach § 40 Abs. 6 Satz 1 geleistete Zahlung sind auf die Zahlung nach Satz 1 anzurechnen.

(5) (weggefallen)

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 1. November 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 678,14 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die 1985 geborene und bei der Beklagten gegen Krankheit versicherte G. (im Folgenden: Versicherte) wurde am Abend des 31.3.2010 um 20.38 Uhr als Notfall in die von der Klägerin betriebene A. Klinik eingeliefert. Die zunächst wegen unauffälliger Laborwerte vorgesehene Entlassung wurde nach einer hypertonen Kreislaufdisregulation der Versicherten in der Nacht verschoben und sie auf der internistischen Station mit der Hauptdiagnose A09.0 (sonstige und nicht näher bezeichnete Gastroenteritis und Kolitis infektiösen Ursprungs) und der Nebendiagnose E86 (Volumenmangel) aufgenommen. Als voraussichtlichen Entlassungstermin trug der behandelnde Krankenhausarzt Freitag, den 2.4.2010, ein. Tatsächlich wurde die Versicherte jedoch bereits am Donnerstag, dem 1.4.2010, um 12.28 Uhr entlassen, weil sich ihr Zustand wieder stabilisiert hatte. Mit Datum vom 12.4.2010 stellte die Klägerin der Beklagten nach dem auf Diagnosis Related Groups (DRGs, diagnosebezogene Fallgruppen) basierten Fallpauschalenkatalog die DRG G67D (Ösophagitis, Gastroenteritis und verschiedene Erkrankungen der Verdauungsorgane) mit einem Abschlag für das Unterschreiten der unteren Grenzverweildauer in Höhe von 678,14 Euro in Rechnung. Die Beklagte zahlte den Rechnungsbetrag nicht, weil es sich ihrer Meinung nach um den klassischen Fall einer ambulanten Behandlung im Krankenhaus handele.

2

Mit der am 13.8.2010 erhobenen Zahlungsklage hat die Klägerin geltend gemacht: Eine stationäre Behandlung liege nach der Rechtsprechung des BSG bereits dann vor, wenn der Patient eine Nacht im Krankenhaus verbracht habe. Diese Voraussetzung sei gegeben, da der Entlassungstag nicht mit dem Aufnahmetag identisch sei. Bei Zweifeln an der Notwendigkeit der stationären Behandlung hätte die Beklagte zudem den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) innerhalb der Sechs-Wochen-Frist des § 275 Abs 1c SGB V mit einer Prüfung beauftragen müssen; dies sei nicht geschehen, weshalb sie nun mit ihren Einwendungen ausgeschlossen sei. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 1.9.2011 abgewiesen, da die Leistung nicht als vollstationäre Krankenhausbehandlung abrechenbar sei. Die Behandlung habe sich nicht über einen Tag und eine Nacht erstreckt, da dies eine mindestens 24-stündige Behandlung voraussetze. Auch die Infrastruktur des Krankenhauses sei nicht in nennenswerter Weise beansprucht worden. Die Frage eines Prüfverfahrens durch den MDK stelle sich bei dieser rein rechtlichen Frage nicht. Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG die Beklagte mit Urteil vom 1.11.2012 unter Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung zur Zahlung des eingeklagten Betrages nebst Zinsen verurteilt: Die Aufenthaltsdauer von knapp 16 Stunden schließe eine vollstationäre Behandlung nicht ohne Weiteres aus. Eine starre Mindestaufenthaltsdauer von 24 Stunden lasse sich der Rechtsprechung des BSG nicht entnehmen und sei auch nicht sachgerecht. Zweifel an der Eingliederung der Versicherten in die besondere Infrastruktur des Krankenhauses könnten seit Ablauf der Sechs-Wochen-Frist medizinisch nicht mehr geklärt und daher nicht mehr von der Beklagten gerügt werden.

3

Die Beklagte beruft sich mit der vom LSG zugelassenen Revision auf eine Verletzung der Vorschriften der §§ 39, 275 Abs 1c SGB V. Eine vollstationäre Versorgung setze die Unterbringung des Patienten über einen Tag und eine Nacht, dh über mindestens 24 Stunden voraus. Eine klare zeitliche Abgrenzung sei erforderlich. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz komme lediglich nach den Grundsätzen der "abgebrochenen stationären Behandlung" in Betracht, wenn die Behandlung zunächst über mindestens einen Tag und eine Nacht geplant gewesen sei, dann aber aus medizinischen Gründen abgebrochen werden müsse oder der Versicherte das Krankenhaus gegen ärztlichen Rat vorzeitig verlasse. Das Urteil des LSG beruhe ferner auf einer Verletzung des § 275 Abs 1c SGB V, da der MDK nicht zur Klärung von Rechtsfragen berufen sei. Hier gehe es nur noch um die Rechtsfrage, ob eine vollstationäre Behandlung vorliege; dies habe das LSG verkannt.

4

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Hamburg vom 1.11.2012 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Hamburg vom 1.9.2011 zurückzuweisen.

5

Die Klägerin verteidigt die angegriffene Entscheidung des LSG und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

Die zulässige Revision der Beklagten ist nicht begründet. Die Klägerin hat im Falle der Versicherten eine vollstationäre Krankenhausbehandlung erbracht und diese zutreffend abgerechnet.

7

1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt. Eines Vorverfahrens iS von § 78 SGG bedurfte es nicht, weil die Klage zu Recht als allgemeine Leistungsklage(§ 54 Abs 5 SGG) erhoben worden ist. Da sich Krankenhausträger und Krankenkasse bei der Frage, wie die stationäre Behandlung eines gesetzlich gegen Krankheit Versicherten zu vergüten ist, im Gleichordnungsverhältnis gegenüberstehen, kommt eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht. Es war auch keine Klagefrist zu beachten (stRspr, vgl zB BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12).

8

2. Rechtsgrundlage für die Vergütung von Krankenhausleistungen ist § 109 Abs 4 S 3 SGB V(idF des Art 1 Nr 3 Fallpauschalengesetz vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 Abs 1 S 1, Abs 2 und § 9 Abs 1 S 1 Krankenhausentgeltgesetz sowie § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz - KHG -(hier jeweils idF des Krankenhausfinanzierungsreformgesetzes vom 17.3.2009, BGBl I 534) iVm der Anlage 1 Teil A des Fallpauschalenkatalogs der G-DRG-Version 2010 sowie dem zwischen der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft eV und den Krankenkassen bzw deren Verbänden geschlossenen Vertrag "Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung" nach § 112 Abs 1, 2 Nr 1 SGB V vom 19.12.2002 und der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten für das Jahr 2010.

9

Nach § 109 Abs 4 S 3 SGB V entsteht die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus(§ 108 SGB V) durchgeführt wird und iS des § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich ist. Der Behandlungspflicht zugelassener Krankenhäuser (§ 109 Abs 4 S 2 SGB V) steht ein Vergütungsanspruch gegenüber, der auf der Grundlage der gesetzlichen Ermächtigung in den §§ 16, 17 KHG in der Pflegesatzvereinbarung zwischen Krankenhausträger und Krankenkasse festgelegt wird(BSGE 86, 166 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1; BSGE 90, 1 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3). Danach hat die Klägerin Anspruch auf die von ihr abgerechnete Vergütung für eine vollstationäre Behandlung.

10

Nach § 39 Abs 1 S 1 SGB V wird die Krankenhausbehandlung vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär(§ 115a SGB V) sowie ambulant (§ 115b SGB V) erbracht. Das Gesetz hat die maßgebenden Merkmale für die voll- und teilstationäre Behandlung weder bei den Vergütungsregelungen noch bei den Regelungen über die Leistungsansprüche des Versicherten in den §§ 39 ff SGB V vorgegeben(BSGE 92, 223 RdNr 12 = SozR 4-2500 § 39 Nr 1 RdNr 11). Von der Ermächtigung nach § 16 Nr 2 KHG, die verschiedenen Krankenhausleistungen voneinander abzugrenzen, hat die Bundesregierung bislang keinen Gebrauch gemacht.

11

Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 4.3.2004 (BSGE 92, 223 RdNr 21 = SozR 4-2500 § 39 Nr 1 RdNr 20) dargelegt hat, sind vollstationäre, teilstationäre und ambulante Behandlungen im Krankenhaus in erster Linie anhand der geplanten Aufenthaltsdauer abzugrenzen. Danach liegt eine vollstationäre Krankhausbehandlung vor, wenn der Patient nach der Entscheidung des Krankenhausarztes mindestens einen Tag und eine Nacht ununterbrochen im Krankenhaus versorgt werden soll.

12

Der Gesetzgeber hat in der amtlichen Begründung zum Gesundheitsstrukturgesetz vom 21.12.1992 (BGBl I 2266) zur Abgrenzung der (voll- und teil-)stationären von der ambulanten Behandlung das Kriterium der "Aufnahme" in das Krankenhaus herangezogen und dieses als die "physische und organisatorische Eingliederung des Patienten in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses" definiert (BT-Drucks 12/3608 S 82 zu § 39 SGB V). Dieses Merkmal wird auch in der Literatur zur Abgrenzung der (voll- und teil-)stationären von der ambulanten Krankenhausbehandlung herangezogen (vgl zB Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, § 39 RdNr 43, 46a, der dies als alleiniges Merkmal allerdings kritisch betrachtet, sowie Grünenwald, WzS 1994, 78). Ohne nähere Konkretisierung der Begriffe der Aufnahme und der Integration in den Krankenhausbetrieb kann allerdings nicht nur auf das Unterschreiben eines Aufnahmevertrages abgestellt werden. Da auch bei ambulanten Leistungen im Krankenhaus ggf Verpflegung oder ein Bett zur Verfügung gestellt werden, reicht die Gewährung von Unterkunft und Verpflegung zur Abgrenzung allein ebenfalls nicht aus. Der Aufenthalt des Versicherten im Krankenhaus zur Durchführung einer Operation bedeutet deshalb ebenso wenig wie die Unterzeichnung eines Krankenhausaufnahmevertrages, die Durchführung einer Vollnarkose oder eine mehrstündige, intensive postoperative Überwachung im Krankenhaus bereits eine vollstationäre Behandlung (BSGE 92, 223 RdNr 17 ff = SozR 4-2500 § 39 Nr 1 RdNr 16 ff).

13

Was unter dem "spezifischen Versorgungssystem eines Krankenhauses" zu verstehen ist, ergibt sich unter Rückgriff auf die gesetzliche Definition des Krankenhausbegriffs in § 107 Abs 1 SGB V. Denn ein Krankenhaus kann zwar auch ambulante Leistungen erbringen, der Krankenhausbegriff wird aber nur von Einrichtungen erfüllt, die (auch und vor allem) zur stationären Leistungserbringung in der Lage sind. Dazu gehören neben der Möglichkeit, die Patienten unterzubringen und zu verpflegen (§ 107 Abs 1 Nr 4 SGB V) ua eine ständige ärztliche Leitung (§ 107 Abs 1 Nr 2 SGB V) und jederzeit verfügbares Personal (§ 107 Abs 1 Nr 3 SGB V). Daraus wird deutlich, dass das spezifische Versorgungssystem eines Krankenhauses nicht nur kurzfristige Eingriffe oder Maßnahmen ermöglicht, sondern besonders auf solche Behandlungen ausgerichtet ist, die einen längeren Aufenthalt des Patienten erfordern. Das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses wird daher in Anspruch genommen, wenn sich die Behandlung zeitlich über mindestens einen Tag und eine Nacht erstreckt. Demgegenüber erfordert der Aufnahmeakt selbst, dh die physische und organisatorische Eingliederung des Patienten in dieses Versorgungssystem, keine zeitliche Erstreckung über eine bestimmte Dauer. Voraussetzung hierfür ist lediglich die Entscheidung des Krankenhausarztes, dass eine Behandlung über mindestens einen Tag und eine Nacht erfolgen soll. Diese Aufnahmeentscheidung auf der Basis eines entsprechenden Behandlungsplans wird nach außen regelmäßig zB durch die Einweisung auf eine bestimmte Station, die Zuweisung eines Bettes, das Erstellen entsprechender Aufnahmeunterlagen uä dokumentiert. Eine auf diese Weise auf der Grundlage der Entscheidung des Krankenhausarztes einmal erfolgte physische und organisatorische Eingliederung des Patienten in das spezifische Krankenhausversorgungssystem kann nicht rückwirkend dadurch entfallen, dass der Patient zB gegen ärztlichen Rat auf eigenes Betreiben das Krankenhaus noch am selben Tag wieder verlässt; dann handelt es sich um eine "abgebrochene" stationäre Behandlung (vgl BSG SozR 4-2500 § 39 Nr 5). Abzugrenzen sind indes solche Fälle, in denen noch keine Entscheidung zur Aufnahme des Patienten in das Krankenhaus getroffen wurde, etwa weil sich aufgrund der Aufnahmeuntersuchung eine Verlegung oder die ambulante Weiterbehandlung als medizinisch sinnvoll, erforderlich und ausreichend erwies.

14

Eine teilstationäre Behandlung ist anzunehmen, wenn eine zeitlich nicht durchgehende Krankenhausbehandlung geplant ist, also ein Aufenthalt von weniger als einem Tag und einer Nacht. Deshalb ist bei einer zeitlich darüber hinausgehend geplanten Behandlung im Zweifel von einer vollstationären Krankenhausbehandlung auszugehen (vgl BSG SozR 4-2500 § 39 Nr 8 RdNr 21). In jener Entscheidung hat der Senat zudem ausgeführt, dass sich damit vor allem bei operativen Eingriffen eine praktikable Abgrenzung der stationären Behandlung vom ambulanten Operieren und anderen stationsersetzenden Eingriffen (§ 115b SGB V) finden lässt. Darüber hinaus gibt es jedoch weitere Fälle vollstationärer Behandlungen; dies wird schon im Hinblick auf einige Fallpauschalen deutlich, die exakt für die Behandlung an nur einem Behandlungstag kalkuliert worden sind (so auch Thier, "Teilstationäre Krankenhausleistungen", Das Krankenhaus 2006, 969, 970 mwN). Verbringt ein Patient zB nicht einen ganzen Tag und eine Nacht im Krankenhaus, wobei er aber wegen der Schwere seiner Erkrankung auf der Intensivstation medizinisch betreut wird, so nimmt er gleichwohl umfassend die Infrastruktur des Krankenhauses in Anspruch, denn der Aufenthalt auf einer Intensivstation stellt die nachhaltigste Form der Einbindung in einen Krankenhausbetrieb und damit den Prototyp einer stationären Behandlung dar (vgl BSG, aaO, RdNr 18 f).

15

Diese differenzierende Rechtsprechung des Senats ist praxisorientiert und sachgerecht (so auch BSG - 6. Senat - SozR 4-2500 § 39 Nr 3). Sie bietet klare und gut handhabbare Abgrenzungskriterien und ist deshalb auch in der Literatur auf Zustimmung gestoßen (vgl Quaas/Dietz f&w 2004, 513, 515; Trefz SGb 2005, 46 f). Entscheidend ist damit zunächst der ärztliche Behandlungsplan. Die Entscheidung zum Verbleib des Patienten über Nacht wird in der Regel zu Beginn der Behandlung vom Krankenhausarzt getroffen, kann im Einzelfall bei medizinischer Notwendigkeit aber auch noch später erfolgen (BSGE 92, 223 RdNr 23 f = SozR 4-2500 § 39 Nr 1 RdNr 22 f; BSG SozR 4-2500 § 39 Nr 5 RdNr 9; BSG SozR 4-2500 § 39 Nr 8 RdNr 16). Deshalb kann - wenn zB wegen einer Komplikation eine zunächst nicht geplante weitere Behandlung über die Nacht hinweg angezeigt erscheint - eine ambulante in eine vollstationäre Krankenhausbehandlung übergehen.

16

Nach diesen Grundsätzen wurde die Versicherte im vorliegenden Fall vollstationär behandelt. Die Klägerin hat bereits mit den Daten nach § 301 SGB V angegeben, dass die am 31.3.2010 begonnene Krankenhausbehandlung voraussichtlich bis zum 2.4.2010 dauern werde. Geplant war demnach eine Behandlung von mehr als einem Tag und einer Nacht. Der Krankenhausarzt traf die Aufnahmeentscheidung für die zunächst als Notfall in die Klinik gekommene Versicherte nach der Aufnahmeuntersuchung unter Heranziehung der Laborwerte und weiterer Umstände, insbesondere der im Laufe der Nacht auftretenden Kreislaufkomplikationen. Diese Entscheidung war nach seinem Kenntnisstand medizinisch durchaus vertretbar; dies wird auch von der Beklagten nicht in Zweifel gezogen. Nach außen dokumentierte sich die physische und organisatorische Eingliederung der Versicherten durch ihre Einweisung in die Abteilung für Gastroenterologie, in der ihr ein Bett zugewiesen, Verpflegung gewährt und die hypertone Kreislaufdisregulation überwacht wurde. Aufgrund dieses Geschehensablaufs und unter Berücksichtigung des Krankheitsbildes der Versicherten hat der Senat keine Zweifel, dass es sich vorliegend um eine vollstationäre Behandlung gehandelt hat.

17

Ob die Aufnahmeentscheidung des Krankenhausarztes medizinisch zutreffend war oder möglicherweise auch eine Weiterführung der ambulanten Notfallbehandlung hätte erfolgen können, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens - dies hat die Beklagte zu Recht angemerkt. Auf die Frage, was medizinisch nach Ablauf der Sechs-Wochenfrist nach § 275 Abs 1c S 2 SGB V noch überprüft werden kann, kommt es hier mithin nicht an.

18

Der mit der Aufnahme der Versicherten entstandene Vergütungsanspruch für eine vollstationäre Behandlung ist nicht deshalb entfallen, weil die Versicherte entgegen der Planung bereits am Donnerstag, dem 1.4.2010, um 12.28 Uhr entlassen worden ist. Die Tatsache, dass die Versicherte entsprechend der veränderten medizinischen Situation vorzeitig in hausärztliche Weiterbehandlung entlassen werden konnte, ändert nichts am Vorliegen einer vollstationären Behandlung, sondern ist lediglich - wie hier auch geschehen - durch einen Rechnungsabschlag wegen des Unterschreitens der unteren Grenzverweildauer zu berücksichtigen.

19

3. Die rechnerische Richtigkeit des klägerischen Anspruchs ist weder von der Beklagten in Zweifel gezogen worden noch hat der Senat Anlass dazu. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 12, 14 des zwischen den Beteiligten geschlossenen Vertrages nach § 112 Abs 1, 2 Nr 1 SGB V vom 19.12.2002.

20

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 1 S 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 21. April 2015 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Rostock vom 5. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 573,18 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über Krankenhausvergütung.

2

Die Klägerin, eine rechtsfähige Teilkörperschaft der Universität R., ist Trägerin eines zugelassenen Krankenhauses. Sie verfügt dort ua über Tagesklinikplätze der Klinik für Innere Medizin, Abteilung Hämatologie und Onkologie. Die Vergütung der Behandlungen erfolgt aufgrund einer Vereinbarung mit den Krankenkassen (KKn) nach tagesbezogenen teilstationären Entgelten. Die Klägerin behandelte den bei der beklagten KK Versicherten seit Juli 2007 wegen eines metastasierenden Kolonkarzinoms ua vom 7.1. bis 25.3.2008 mittels komplexer Blockchemotherapie in der Tagesklinik. Er erhielt nach einem zuvor festgelegten Therapieschema an einzelnen Tagen im Rahmen einer mehrstündigen Behandlung in Abständen von ein bis zwei Wochen ua Chemotherapeutika mittels Infusion. Da er am 25.2.2008 über Durchfallsymptome klagte und sich eine Hautrötung im Bereich der Hände und Füße (sog Hand-Fuß-Syndrom) zeigte, sah die Klinik an diesem Tag von der Chemotherapie ab. Die Klägerin berechnete und erhielt zunächst 19 721,32 Euro für die Behandlung, dabei für den 25.2.2008 insgesamt 648,86 Euro (Abteilungspflegesatz zzgl Investitionszuschlag; 30.4.2008). Die Beklagte forderte - gestützt auf eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung - vergeblich 573,18 Euro zurück: Der Versicherte habe am 25.2.2008 tatsächlich keine Medikation erhalten. Die Klägerin hätte die Unverträglichkeit vor Aufnahme abklären müssen. Hierfür sei nur eine Vergütung entsprechend vorstationärer Behandlung vorgesehen. Die Beklagte rechnete deshalb mit ihrem geltend gemachten Erstattungsanspruch gegen eine andere Forderung der Klägerin auf (14.8.2008). Das SG hat die Zahlungsklage abgewiesen (Urteil vom 5.1.2012). Das LSG hat die Beklagte dagegen verurteilt, der Klägerin 573,18 Euro nebst Zinsen zu zahlen: Die erforderliche Untersuchung sei bereits vor der Aufnahme am 7.1.2008 erfolgt. Der Versicherte habe vergütungsunschädlich am 25.2.2008 die Behandlung abgebrochen (Urteil vom 21.4.2015).

3

Die Beklagte rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 39 SGB V.

4

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 21. April 2015 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Rostock vom 5. Januar 2012 zurückzuweisen.

5

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der beklagten KK ist begründet (§ 170 Abs 2 S 1 SGG). Der klagenden Krankenhausträgerin steht der im Gleichordnungsverhältnis zulässigerweise mit der (echten) Leistungsklage (stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12)verfolgte Vergütungsanspruch aus der Behandlung anderer Versicherter zu (dazu 1.). Die Beklagte erfüllte diesen Vergütungsanspruch in Höhe von 573,18 Euro dadurch, dass sie mit einem aus der Behandlung des Versicherten resultierenden Erstattungsanspruch wirksam aufrechnete (dazu 2.).

8

1. Es ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig, dass die Klägerin aufgrund stationärer Behandlungen anderer Versicherter der Beklagten zunächst Anspruch auf die abgerechnete Vergütung weiterer 573,18 Euro hatte; eine nähere Prüfung des erkennenden Senats erübrigt sich insoweit (vgl zur Zulässigkeit dieses Vorgehens zB BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 7 RdNr 10; BSG SozR 4-2500 § 130 Nr 2 RdNr 15; BSG SozR 4-5562 § 9 Nr 4 RdNr 8; BSG SozR 4-5560 § 17b Nr 6 RdNr 8 mwN).

9

2. Die Voraussetzungen des Gegenanspruchs in Höhe von 573,18 Euro aus öffentlich-rechtlicher Erstattung waren erfüllt, mit dem die Beklagte analog § 387 BGB gegen die Restvergütungsforderung der Klägerin aufrechnete. Die Beklagte erfüllte den der Klägerin zustehenden restlichen Vergütungsanspruch durch die wirksame Aufrechnung (dazu a), weil ihr ein Erstattungsanspruch in dieser Höhe zustand (dazu b bis d). Für die teilstationäre Leistung, die die Klägerin am 25.2.2008 nach der Behandlungsplanung dem Versicherten erbringen wollte (dazu c), konnte sie keine weitere Vergütung beanspruchen, weil sie nach gebotener Überprüfung die Behandlung als an diesem Tag nicht geeignet und damit als nicht erforderlich ansah und sie unterließ (dazu d).

10

a) Die Beklagte erklärte gegenüber der Klägerin wirksam die Aufrechnung. Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann (§ 387 BGB). Die Beklagte konnte mit ihrer Gegenforderung aus öffentlich-rechtlicher Erstattung gegen die Hauptforderung aufrechnen, da ihr Erstattungsanspruch in der erklärten Höhe bestand (vgl dazu allgemein BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 9 ff mwN; zur Aufrechnung BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 15). Der Vergütungsanspruch der Klägerin und der von der Beklagten geltend gemachte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch erfüllten die Voraussetzungen der Gegenseitigkeit und der Gleichartigkeit. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch der Beklagten war auch fällig und der Vergütungsanspruch der Klägerin erfüllbar.

11

b) Die Beklagte zahlte der Klägerin 573,18 Euro Krankenhausvergütung ohne Rechtsgrund, weil die Klägerin für die zugunsten des Versicherten am 25.2.2008 erbrachten Leistungen einen jedenfalls in diesem Umfang überhöhten Betrag berechnete. In dieser Höhe steht der Beklagten ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zu (vgl zur entsprechenden Anwendung auf überzahlte Krankenhausvergütung zB BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 9 ff mwN, stRspr). Die Klägerin hatte keinen Anspruch auf Krankenhausvergütung für eine teilstationäre Behandlung des Versicherten am 25.2.2008 über den unstreitigen, bezahlten Anspruch in Höhe von 75,68 Euro hinaus entsprechend der Pauschale für vorstationäre Behandlung (vgl § 3 Abs 4 Krankenhausbehandlungsvertrag - Landesvertrag gemäß § 112 Abs 1, Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung; hiernach hat die Vergütung analog zur vorstationären Behandlung zu erfolgen, wenn sich im Rahmen der Aufnahmeuntersuchung herausstellt, dass keine stationäre Behandlung erforderlich ist). Denn die Klägerin erfüllte am 25.2.2008 nicht die Grundvoraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung bei teilstationärer Behandlung. Zwar unterfiel die beabsichtigte Behandlung dem Rechtsregime teilstationärer Behandlung (dazu c). Die Aufnahme des Versicherten war aber an diesem Tag nach der gebotenen Prüfung durch das Krankenhaus nicht erforderlich, sondern die geplante Chemotherapie war wegen Durchfalls und Hand-Fuß-Syndroms des Versicherten kontraindiziert (dazu d).

12

c) Die Klägerin konnte die an einzelnen Tagen im Intervall von ein bis zwei Wochen beabsichtigte Therapie des Versicherten teilstationär erbringen. Entgegen der Auffassung des LSG ist hierfür nicht in erster Linie die Vorstellung der Vertragspartner in Vergütungsvereinbarungen maßgeblich, sondern die Zulässigkeit teilstationärer Therapie nach dem Plan des Gesetzgebers. Nur soweit das Gesetz eine teilstationäre Therapie ermöglicht und diese erfolgt ist, greift das hierfür vorgesehene Vergütungsregime. Teilstationäre Behandlung unterscheidet sich nach der gesetzlichen Gesamtkonzeption von vollstationärer Behandlung im Krankenhaus im Wesentlichen dadurch, dass sie nicht auf eine Aufnahme rund um die Uhr ausgerichtet ist, sondern nur jeweils zumindest einen Teil eines Tages umfasst. Soweit der früher für das Leistungserbringungsrecht des Krankenhauses zuständige 3. Senat des BSG zusätzlich nach dem alten Rechtszustand der Verordnung zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Bundespflegesatzverordnung - BPflV) gefordert hat, dass die Leistungen nicht nur in mehr oder weniger kurzen Intervallen erfolgen, sondern sich über einen längeren, sinngemäß jeweils mehrtägigen Zeitraum zu erstrecken haben (vgl BSGE 92, 223 RdNr 22 = SozR 4-2500 § 39 Nr 1 RdNr 21; kritisch Trefz, SGb 2005, 46, 47), gibt der erkennende Senat diese Rechtsprechung auf. Die Rechtsansicht harmoniert nicht damit, dass selbst vollstationäre Krankenhausbehandlung entsprechend den Fallpauschalen für einen einzelnen Vollbelegungstag möglich ist (vgl zB Hensen/Roeder, KH 2005, 196, 197). Der Wortlaut des Gesetzes verlangt nicht nach einer solchen Einschränkung. Entstehungsgeschichte und Regelungszweck der teilstationären Behandlung sprechen für ein weites Verständnis.

13

aa) Teilstationäre Krankenhausbehandlung sollte bereits unter Geltung der RVO zunächst in der Psychiatrie (vgl Psychiatrie-Enquête 1975, BT-Drucks 7/4200 S 209 ff, 215 ff, 222; § 184 Abs 1 S 1 Halbs 2 RVO idF des Krankenhaus-Kostendämpfungsgesetzes vom 22.12.1981, BGBl I 1578) und später generell einen Zwischenbereich zwischen vollstationärer und ambulanter Versorgung schaffen (vgl umfassend § 184 Abs 1 RVO idF durch das Gesetz zur Verbesserung der ambulanten und teilstationären Versorgung psychisch Kranker vom 26.2.1986, BGBl I 324 und hierzu Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drucks 10/4533 S 11 und S 13). Der Zugang zu teilstationärer Krankenhausversorgung und damit auch zur Tagesklinik sollte unter den üblichen Voraussetzungen der Krankenhauspflege erfolgen. Die ausdrückliche Erwähnung teilstationärer Behandlungen mit Inkrafttreten des SGB V zum 1.1.1989 und in der Folgezeit änderte daran nichts (vgl § 39 Abs 1 S 2 SGB V idF des Gesundheits-Reformgesetzes vom 20.12.1988, BGBl I 2477; § 39 Abs 1 S 1 SGB V idF des Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung - GSG vom 21.12.1992, BGBl I 2266).

14

Teilstationäre Krankenhausversorgung unterfällt dementsprechend - als im Vergleich zu vollstationärer Krankenhausbehandlung wesensgleiche Teilleistung - dem Rechtsregime des Qualitätsgebots für Krankenhausleistungen (insbesondere § 2 Abs 1 S 3, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1, § 137c SGB V), nicht jenem der vertragsärztlichen Versorgung (insbesondere § 2 Abs 1 S 3, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1, § 135 SGB V). Teilstationäre Behandlung ist nicht kostengünstig vertragsärztlich sicherzustellen (§ 72, § 72a, § 75 SGB V), sondern aufwändiger durch zugelassene Krankenhäuser (§§ 107 bis 109 SGB V) und zweiseitige Verträge (§ 112 SGB V). Dementsprechend ist teilstationäre Behandlung nicht im Rahmen der vertragsärztlichen Vergütung zu bezahlen (vgl insbesondere § 72 Abs 2, § 75 Abs 7 und Abs 7a, § 82 Abs 2, § 85, §§ 87 bis 87e SGB V), sondern nach den Regeln der Krankenhausvergütung (vgl sogleich, cc). Der im Regelungssystem angelegte Vorrang der vertragsärztlichen vor der stationären, auch teilstationären Versorgung wurzelt in den Kostenvorteilen der vertragsärztlichen Versorgung, im Kern also im Wirtschaftlichkeitsgebot (vgl entsprechend zu § 39 SGB V: Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesundheits-Reformgesetzes, BT-Drucks 11/2237 S 177 zu § 38 Abs 1 des Entwurfs: "Vorrang der preisgünstigen ambulanten Behandlung").

15

bb) Teilstationäre Krankenhausbehandlung unterscheidet sich von vorstationärer Behandlung zunächst dadurch, dass sie nicht notwendig ohne Unterkunft und Verpflegung und nicht nur zu eng umgrenzten Zwecken erfolgt wie etwa die vorstationäre Behandlung, um die Erforderlichkeit einer vollstationären Krankenhausbehandlung zu klären oder die vollstationäre Krankenhausbehandlung vorzubereiten (§ 115a Abs 1 Nr 1 SGB V, hier anzuwenden in der durch Art 1 Nr 71 GSG vom 21.12.1992, BGBl I 2266, eingefügten Fassung). Während die vorstationäre Behandlung grundsätzlich auf längstens drei Behandlungstage innerhalb von fünf Tagen vor Beginn der stationären Behandlung begrenzt ist (vgl § 115a Abs 2 S 1 SGB V) und die nachstationäre Behandlung grundsätzlich begrenzt ist auf höchstens sieben Behandlungstage innerhalb von 14 Tagen, bei Organübertragungen nach § 9 Abs 2 Transplantationsgesetz - TPG(§ 9 TPG idF durch Art 1 Nr 6 Gesetz vom 21.7.2012, BGBl I 1601 mWv 1.8.2012) auf grundsätzlich drei Monate nach Beendigung der stationären Krankenhausbehandlung (vgl § 115a Abs 2 S 2 SGB V), unterliegt die teilstationäre Behandlung nicht vergleichbaren Grenzen.

16

cc) Zudem ist die Vergütungsstruktur für teilstationäre Krankenhausbehandlung der Versicherten nach der Gesetzeskonzeption an jene für vollstationäre Behandlung angelehnt. Sie unterscheidet sich insoweit von der Vergütungsstruktur für vor- und nachstationäre Leistungen (vgl hierzu zB BSGE 114, 199 = SozR 4-2500 § 115a Nr 4, RdNr 9 ff mwN). Die Vergütung für teilstationäre Behandlung bemisst sich nämlich grundsätzlich bei DRG-Krankenhäusern wie jenem der Klägerin nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage. Nach § 1 Abs 1 Krankenhausentgeltgesetz - KHEntgG(hier anzuwenden idF durch Art 2 Nr 1 Gesetz zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser vom 17.7.2003, BGBl I 1461) werden die vollstationären und teilstationären Leistungen der Krankenhäuser nach diesem Gesetz und dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) vergütet. Die Fallpauschalenvergütung für Krankenhausbehandlung Versicherter in zugelassenen Einrichtungen ergibt sich aus § 109 Abs 4 S 3 SGB V(idF durch Art 1 Nr 3 Fallpauschalengesetz vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 5 Zweites Fallpauschalenänderungsgesetz <2. FPÄndG> vom 15.12.2004, BGBl I 3429) und § 17b KHG(hier anzuwenden idF durch Art 18 Nr 4 GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vom 26.3.2007, BGBl I 378; vgl entsprechend BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 15 f; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 15). Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge, Fallpauschalenvereinbarungen ) konkretisiert. Der Spitzenverband Bund der KKn und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG(idF durch Art 19 Nr 3 GKV-WSG) mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 8 2. FPÄndG) einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen in den FPV auf der Grundlage des § 9 Abs 1 S 1 Nr 3 KHEntgG(idF durch Art 19 Nr 3 GKV-WSG).

17

Besondere Einrichtungen, deren Leistungen insbesondere aus medizinischen Gründen, wegen einer Häufung von schwerkranken Patienten oder aus Gründen der Versorgungsstruktur mit den Entgeltkatalogen noch nicht sachgerecht vergütet werden, können zeitlich befristet aus dem Vergütungssystem ausgenommen werden (§ 17b Abs 1 S 15 KHG; ab 1.1.2016 § 17b Abs 1 S 10 KHG). Für Leistungen, die ab dem Jahr 2005 noch nicht mit den DRG-Fallpauschalen und Zusatzentgelten sachgerecht vergütet werden können, und für besondere Einrichtungen nach § 17b Abs 1 S 15 KHG vereinbaren die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG fall- oder tagesbezogene Entgelte oder in eng begrenzten Ausnahmefällen Zusatzentgelte, sofern die Leistungen oder besonderen Einrichtungen nach Feststellung der Vertragsparteien nach § 9 KHEntgG oder in einer Verordnung nach § 17b Abs 7 S 1 Nr 3 KHG von der Anwendung der DRG-Fallpauschalen und Zusatzentgelte ausgenommen sind(§ 6 Abs 1 S 1 KHEntgG).

18

dd) Die Klägerin behandelte den Versicherten nach den aufgezeigten Kriterien seit 7.1.2008 teilstationär. Er erhielt nach dem Gesamtzusammenhang der unangegriffenen, den erkennenden Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)nach einem zuvor festgelegten Therapieschema an einzelnen Tagen im Rahmen einer mehrstündigen Behandlung in Abständen von ein bis zwei Wochen ua Chemotherapeutika mittels Infusion, wofür er der besonderen Mittel des Krankenhauses bedurfte. Die Klägerin plante auch für den 25.2.2008 eine solche Behandlung, zu der es dann jedoch nicht kam.

19

d) Das Gesetz fordert als Vergütungsvoraussetzung, dass auch bei teilstationärer Behandlung jede Aufnahme eines Versicherten nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich sein muss, weil das Behandlungsziel nicht durch vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Das folgt aus Regelungssystem (dazu aa), Wortlaut (dazu bb) und Regelungszweck (dazu cc). An der aufgezeigten Voraussetzung fehlt es (dazu dd).

20

aa) Die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - auch bei teilstationärer Krankenhausbehandlung unmittelbar mit Inanspruchnahme der teilstationären Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus - wie hier bei der Klägerin - durchgeführt wird und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist(stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 15, alle mwN). Die Zahlungsverpflichtung dient als Gegenleistung für die Erfüllung der Pflicht des zugelassenen Krankenhauses, Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten im Rahmen des Versorgungsauftrags zu leisten. Die Leistung des Krankenhauses ist nämlich zur Erfüllung des Leistungsanspruchs des Versicherten bestimmt (vgl BSG Großer Senat BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 10). Den Leistungsanspruch der Versicherten regelt ua § 39 SGB V. Die Krankenhausvergütung bemisst sich bei DRG-Krankenhäusern für die teilstationären Leistungen nach tagesbezogenen teilstationären Fallpauschalen oder Entgelten, die krankenhausindividuell (vgl § 6 Abs 1 S 1 KHEntgG) vereinbart worden sind (§ 6 Abs 1 FPV 2008).

21

bb) Nach dem Gesetzeswortlaut wird das Krankenhaus mit einem Versorgungsvertrag (vgl § 109 Abs 1 SGB V) für die Dauer des Vertrages zur Krankenhausbehandlung der Versicherten zugelassen. Das zugelassene Krankenhaus ist im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten verpflichtet. Die KKn sind verpflichtet, unter Beachtung der Vorschriften des SGB V mit dem Krankenhausträger Pflegesatzverhandlungen nach Maßgabe des KHG, des KHEntgG und der BPflV zu führen (§ 109 Abs 4 S 1 bis 3 SGB V). Die Krankenhausbehandlung wird vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär (§ 115a SGB V) sowie ambulant (§ 115b SGB V) erbracht. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (vgl § 39 Abs 1 S 1 und 2 SGB V).

22

cc) Sinngemäß gilt nach dem Regelungszweck Entsprechendes für den Anspruch Versicherter auf teilstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus: In diesem Fall muss die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich sein, weil das Behandlungsziel nicht durch vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die gesetzliche Regelung des § 39 Abs 1 S 2 SGB V spricht nur beispielhaft die vollstationäre Behandlung an. Die Regelung ist Ausdruck des umfassend geltenden Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 Abs 1 SGB V). Dementsprechend hat zB das Krankenhaus, dem ein Versicherter zur vorstationären Behandlung überwiesen wird, die Erforderlichkeit dieser Behandlung - schon im Eigeninteresse - vorab zu prüfen (vgl BSGE 114, 199 = SozR 4-2500 § 115a Nr 4, RdNr 25 mwN; BSG SozR 4-2500 § 115a Nr 5 RdNr 17 mwN). Ebenso muss nachstationäre Behandlung erforderlich sein, um abgerechnet werden zu können (vgl BSGE 114, 209 = SozR 4-2500 § 115a Nr 2, RdNr 17 mwN). Alle arbeitsteilig in die Krankenbehandlung eingebundenen Leistungserbringer sind im Interesse des Patienten, zur Sicherung eines geeigneten Vorgehens und zwecks Achtung des Wirtschaftlichkeitsgebots verpflichtet, im Rahmen ihrer professionellen Kompetenz laufend zu prüfen, ob der ursprünglich aufgestellte Therapieplan weiter zu verfolgen ist (vgl entsprechend zB zu Heilmittelerbringern BSGE 109, 116 = SozR 4-2500 § 125 Nr 7, RdNr 20).

23

dd) Die Klägerin prüfte und verneinte entsprechend den aufgezeigten gesetzlichen Vorgaben am 25.2.2008, dass die teilstationäre Behandlung des Versicherten an diesem Tag erforderlich war. Seine Behandlung war wegen Durchfalls und Hand-Fuß-Syndroms kontraindiziert. Es ist vergütungsrechtlich ohne Belang, zu welchem Zeitpunkt vor Beginn der beabsichtigten Therapie am 25.2.2008 die Überprüfung der Erforderlichkeit erfolgte.

24

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 1, § 161 Abs 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 17. November 2015 und des Sozialgerichts Mannheim vom 3. Februar 2012 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Kosten des Rechtsstreits sind in allen Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über den Anspruch auf eine intravenöse Immunglobulin-Therapie (IVIG) mit dem Arzneimittel Intratect zur Behandlung einer Urtikariavaskulitis.

2

Die bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Klägerin leidet an einer Autoimmunerkrankung der Haut und der inneren Organe (systemischer Lupus erythematodes ). 2008 manifestierte sich eine Urtikariavaskulitis mit begleitender Zungenschwellung, welche ab September 2009 mit Rituximab therapiert wurde. Den Antrag der Klägerin (23.10.2009), die Kosten einer ambulanten Immunglobulin-Therapie mit 2 g Immunglobulin (beispielsweise Intratect) pro Kilogramm Körpergewicht (hier bei 80 kg Körpergewicht 160 g) über zwei Tage alle vier Wochen zu übernehmen, lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, die Voraussetzungen für einen sogenannten Off-Label-Use im Sinne des Einsatzes eines Arzneimittels außerhalb seiner Zulassung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) seien nicht erfüllt. Systematische größere zulassungsrelevante Studien fehlten (Bescheid vom 15.12.2009; Widerspruchsbescheid vom 25.3.2010). Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben (28.4.2010) und am selben Tag beim SG erfolgreich vorläufigen Rechtsschutz mit dem Ziel beantragt, die Beklagte zur Übernahme der Kosten einer IVIG-Therapie zu verpflichten (Beschluss des SG vom 20.5.2010 - S 4 KR 1566/10 ER). Das SG hat den Bescheid vom 15.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.3.2010 aufgehoben und die Beklagte "verurteilt, die Kosten für eine intravenöse Immunglobulintherapie zu übernehmen" (Urteil vom 3.2.2012). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen: Die Klage habe sich für die Vergangenheit durch die Gewährung der Sachleistung aufgrund der einstweiligen Anordnung des SG erledigt. Ein auf die Erstattung der Sachleistung in Geld gerichteter Anspruch scheide wegen der Vorwegnahme der Hauptsache aus. Die Klägerin habe auch für die Zukunft einen Anspruch auf Kostenübernahme für diese Behandlung. Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf ambulante vertragsärztliche Versorgung seien zwar nicht erfüllt. Intratect besitze keine arzneimittelrechtliche Zulassung für die Behandlung der Erkrankung der Klägerin. Die Voraussetzungen eines Off-Label-Use auf Kosten der GKV seien ebenfalls nicht erfüllt. Es bestehe aufgrund der Datenlage keine begründete Aussicht, mit Intratect einen Behandlungserfolg zu erzielen. Es lägen keine randomisiert-kontrollierten klinischen Studien bezüglich der Wirksamkeit der IVIG-Therapie bei SLE mit Urtikaria-Vaskulitis vor. Mangels positiver Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) habe die Klägerin auch keinen Anspruch auf die streitige Behandlung mit Immunglobulinen unter dem Gesichtspunkt einer ambulanten Pharmakotherapie. Ein aus § 2 Abs 1a SGB V oder aus verfassungskonformer Auslegung des Leistungsrechts sich ergebender Leistungsanspruch bestehe ebenfalls nicht. Die Klägerin leide nicht an einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden oder wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung. Der Anspruch auf die intravenöse Immunglobulintherapie ergebe sich für die Zeit ab Rechtskraft des Urteils des SG aber aus §§ 27 Abs 1, 39 Abs 1 SGB V iVm § 137c Abs 3 SGB V als Anspruch auf teilstationäre Krankenhausbehandlung. Zwar sei die Behandlungsmethode auch im stationären Bereich als "neu" anzusehen, das fehlende Urteil des GBA stehe dem Anspruch jedoch nicht entgegen. Die neue Behandlungsmethode der intravenösen Immunglobulintherapie biete das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative; ihre Anwendung erfolge nach den Regeln der ärztlichen Kunst (Urteil vom 17.11.2015).

3

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte sinngemäß eine Verletzung des § 86b Abs 2 SGG sowie der §§ 27 Abs 1, 39 Abs 1 und 137c Abs 3 SGB V und macht eine Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes geltend.

4

Die Beklagte beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 17. November 2015 und des Sozialgerichts Mannheim vom 3. Februar 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen,

hilfsweise

        

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 17. November 2015 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

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Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der beklagten KK ist begründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zu Unrecht zurückgewiesen. Die zulässige Klage (dazu 1.) ist unbegründet (dazu 2.). Die Klägerin hatte und hat keinen Anspruch auf IVIG.

8

1. Die erhobene Klage ist zulässig. Statthafte Klageart für das Begehren der Klägerin ist für vergangene Zeiträume die (kombinierte) Anfechtungs- und Feststellungsklage. Ihr Ziel ist nicht nur die Aufhebung der Entscheidung der Beklagten in der Hauptsache. Vielmehr will sie den Rechtsgrund für das "Behaltendürfen" der aufgrund einstweiliger Verfügung vorläufig erbrachten Sachleistungen feststellen lassen (vgl dazu BSGE 118, 40 = SozR 4-2500 § 51 Nr 3, RdNr 9; BSG Urteil vom 13.12.2016 - B 1 KR 10/16 R - RdNr 9, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Entgegen der Auffassung des LSG hat sich die Klage nicht "erledigt". Denn die Klägerin erhielt aufgrund des SG-Beschlusses im einstweiligen Rechtsschutz von der Beklagten vorläufig Sachleistungen. Bei einem Unterliegen im Hauptsacheverfahren kommt eine Erstattung der erbrachten Sachleistungen in Geld nach § 50 Abs 2 iVm § 50 Abs 1 S 2 SGB X und/oder ein Schadensersatzanspruch nach § 86b Abs 2 S 4 SGG iVm § 945 ZPO in Betracht(vgl nur Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 86b RdNr 22, 49 mwN). Hieran ändert die "Vorwegnahme der Hauptsache" durch die im SG-Beschluss ausgesprochene Verpflichtung der Beklagten zur Erbringung der Sachleistung nichts. Eine "echte" Vorwegnahme der Hauptsache, die keiner Korrektur für die Vergangenheit mehr zugänglich ist und allenfalls Schadensersatzansprüche auslösen kann, enthält der SG-Beschluss nicht. Auch bei einer Verpflichtung zu einer Sachleistung ist die Maßnahme in der Regel für die Vergangenheit korrigierbar (Keller, aaO, RdNr 31). Dies ergibt sich schon aus § 50 Abs 1 S 2 SGB X, der bei Sachleistungen, die nicht herausgegeben werden können(Lang/Waschull in Lehr- und Praxiskommentar SGB X, 4. Aufl 2016, § 50 RdNr 27), eine Erstattung in Geld vorsieht. Dies begründet auch das Feststellungsinteresse der Klägerin. Ob eine Erstattung oder ein Schadensersatzanspruch im Einzelfall geltend gemacht wird, besteht und durchsetzbar ist, bedarf in diesem Verfahren keiner Entscheidung.

9

Da die IVIG-Behandlung der Klägerin noch andauert, ist für die Zukunft eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG)richtige Klageart.

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2. Die Revision ist begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die Kosten einer ambulanten IVIG-Behandlung der Klägerin zu übernehmen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Versorgung mit dem Arzneimittel Intratect im Rahmen ambulanter Behandlung der Urtikariavaskulitis bei SLE. Das Fertigarzneimittel Intratect besitzt weder die erforderliche Zulassung zur Behandlung der bei der Klägerin bestehenden Krankheit (dazu a) noch besteht Anspruch auf eine Versorgung nach den Grundsätzen des Off-Label-Use (dazu b). Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs 1a SGB V oder aus einem bei grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungsrechts sich ergebenden Leistungsanspruch(dazu c). Ein Seltenheitsfall liegt nicht vor (dazu d). Die Klägerin kann die IVIG-Therapie auch nicht als neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode beanspruchen (dazu e). Ein Anspruch auf IVIG als teilstationäre Leistung scheidet schon wegen des Vorrangs ambulanter Leistungen aus; der Umstand, dass die Klägerin durch eine Hochschulambulanz behandelt wurde, erweitert ihren Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln zu Lasten der GKV nicht (dazu f).

11

a) Die Klägerin kann mangels indikationsbezogener Zulassung von der Beklagten die Behandlung der Urtikariavaskulitis im Rahmen einer SLE mit dem Arzneimittel Intratect zu Lasten der GKV nach § 27 Abs 1 S 2 Nr 3 Fall 1 iVm § 31 Abs 1 S 1 SGB V nicht beanspruchen. Nach § 27 Abs 1 S 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst ua die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs 1 S 2 Nr 3 Fall 1 SGB V). Versicherte können Versorgung mit einem verschreibungspflichtigen Fertigarzneimittel zu Lasten der GKV grds nur beanspruchen, wenn eine arzneimittelrechtliche Zulassung für das Indikationsgebiet besteht, in dem es angewendet werden soll. Fertigarzneimittel sind mangels Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 2 Abs 1 S 3, § 12 Abs 1 SGB V) dagegen nicht von der Leistungspflicht der GKV nach § 27 Abs 1 S 2 Nr 1 und 3, § 31 Abs 1 S 1 SGB V umfasst, wenn ihnen die erforderliche(§ 21 Abs 1 Arzneimittelgesetz) arzneimittelrechtliche Zulassung fehlt (stRspr, vgl zB BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 22 mwN - D-Ribose; BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 15 - Ilomedin; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 6 RdNr 9 - restless legs/Cabaseril; BSG Urteil vom 27.3.2007 - B 1 KR 30/06 R - Juris RdNr 11 = USK 2007-36 - Cannabinol; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 21 - ADHS/Methylphenidat; BSGE 111, 168 = SozR 4-2500 § 31 Nr 22, RdNr 12 - Avastin). Das begehrte Fertigarzneimittel ist zulassungspflichtig. Weder in Deutschland noch EU-weit liegt die erforderliche Arzneimittelzulassung für eine intravenöse Immunglobulin-Therapie zur Behandlung einer Urtikariavaskulitis im Rahmen einer SLE oder ein übergeordnetes Indikationsgebiet vor, das die Urtikariavaskulitis im Rahmen einer SLE mit umfasst. Das steht nach den unangegriffenen und deshalb den Senat bindenden Feststellungen des LSG fest (§ 163 SGG).

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b) Die Klägerin kann eine Versorgung mit Intratect auch im Rahmen eines Off-Label-Use auf Kosten der GKV weder nach § 35c SGB V, der die zulassungsüberschreitende Anwendung von Arzneimitteln aufgrund von Empfehlungen des GBA und im Falle von klinischen Studien regelt(dazu aa), noch nach allgemeinen Grundsätzen der Rechtsprechung beanspruchen (dazu bb).

13

aa) Bei der streitigen Immunglobulin-Therapie zur Behandlung einer Urtikariavaskulitis im Rahmen einer SLE handelt es sich um keinen durch § 35c Abs 1 SGB V und untergesetzliche Regelungen gedeckten Off-Label-Use. Nach § 92 Abs 1 S 1, S 2 Nr 6 SGB V beschließt der GBA die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten mit Arzneimitteln. Nach § 91 Abs 6 SGB V sind die Beschlüsse des GBA mit Ausnahme der Beschlüsse zu Entscheidungen nach § 137b SGB V für die Träger iS des § 91 Abs 1 S 1 SGB V, deren Mitglieder und Mitgliedskassen sowie für die Versicherten und die Leistungserbringer verbindlich. Abschnitt K und Anlage VI der Richtlinie des GBA über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinie vom 18.12.2008/22.1.2009, BAnz 2009, Nr 49a , zuletzt geändert am 18.8.2016, BAnz AT 9.11.2016 B2, mWv 10.11.2016) enthalten Einzelheiten über die "Verordnungsfähigkeit von zugelassenen Arzneimitteln in nicht zugelassenen Anwendungsgebieten" und führen Wirkstoffe als verordnungsfähig (Anlage VI zum Abschnitt K der Arzneimittel-Richtlinie A) bzw als nicht verordnungsfähig (Anlage VI Teil B) auf. Die AM-RL nennt hierbei intravenös zu applizierende Immunglobuline bei Urtikariavaskulitis nicht. Es fehlt damit an der erforderlichen expliziten Regelung der Verordnungsfähigkeit für die von der Zulassung nicht abgedeckte Indikation. Auf die Frage einer verzögerten Bearbeitung kommt es insoweit nicht an (vgl § 35c Abs 1 SGB V gegenüber § 135 Abs 1 S 4 SGB V). Eine Verzögerung in der Bearbeitung könnte nur zur Anwendung der allgemeinen Regeln des Off-Label-Use führen (vgl dazu unten, bb), nicht aber zu einer Zulassungsfiktion (BSGE 109, 211 = SozR 4-2500 § 31 Nr 19, RdNr 15 - BTX/A; vgl ähnlich bereits BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 44).

14

Auch die Voraussetzungen des § 35c Abs 2 SGB V sind nicht erfüllt. Danach haben Versicherte außerhalb des Anwendungsbereichs des Abs 1 Anspruch auf Versorgung mit zugelassenen Arzneimitteln in klinischen Studien, sofern hierdurch eine therapierelevante Verbesserung der Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung im Vergleich zu bestehenden Behandlungsmöglichkeiten zu erwarten ist, damit verbundene Mehrkosten in einem angemessenen Verhältnis zum erwarteten medizinischen Zusatznutzen stehen, die Behandlung durch einen Arzt erfolgt, der an der vertragsärztlichen Versorgung oder an der ambulanten Versorgung nach den §§ 116b und 117 SGB V teilnimmt, und der GBA der Arzneimittelverordnung nicht widerspricht. Die Klägerin beansprucht die Versorgung indes nicht im Rahmen einer klinischen Studie.

15

bb) Entsprechend der Anmerkung zu Abschnitt K AM-RL bleiben die allgemeinen, vom erkennenden Senat entwickelten Grundsätze für einen Off-Label-Use zu Lasten der GKV unberührt, wenn - wie hier - ein nicht in der AM-RL geregelter Off-Label-Use betroffen ist. Die nach diesen Grundsätzen erforderlichen Voraussetzungen sind ebenfalls nicht erfüllt. Ein Off-Label-Use kommt danach nur in Betracht, wenn es 1. um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung geht, 2. keine andere Therapie verfügbar ist und 3. aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann (vgl zB BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 17 f - Ilomedin; BSGE 109, 211 = SozR 4-2500 § 31 Nr 19, RdNr 17 mwN - BTX/A). Abzustellen ist dabei auf die im jeweiligen Zeitpunkt der Behandlung vorliegenden Erkenntnisse (vgl BSGE 95, 132 RdNr 20 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 27 mwN - Wobe-Mugos E; im Falle des Systemversagens s BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 10 RdNr 24 mwN - Neuropsychologische Therapie).

16

An einer aufgrund der Datenlage begründeten Erfolgsaussicht fehlt es. Von hinreichenden Erfolgsaussichten ist nur dann auszugehen, wenn Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass das betroffene Arzneimittel für die relevante Indikation zugelassen werden kann. Es müssen also Erkenntnisse in der Qualität einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III (gegenüber Standard oder Placebo) veröffentlicht sein (allgemein zur Bedeutung der Phasen-Einteilung vgl BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 20 - Ilomedin) und einen klinisch relevanten Nutzen bei vertretbaren Risiken belegen oder außerhalb eines Zulassungsverfahrens gewonnene Erkenntnisse von gleicher Qualität veröffentlicht sein (vgl zB BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 17 f - Ilomedin; BSGE 109, 211 = SozR 4-2500 § 31 Nr 19, RdNr 17 mwN - BTX/A). Daran fehlt es. Nach den den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) kam es zu einer abgeschlossenen, veröffentlichten Studie in der Qualität einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III mit Relevanz für die Erkrankung der Klägerin bislang nicht. Es existieren ausschließlich Fallberichte, Fallserien, kleinere epidemiologische Untersuchungen und Übersichtsarbeiten.

17

c) Die Klägerin hat keinen bei grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungsrechts sich ergebenden Leistungsanspruch auf Versorgung mit IVIG (dazu aa). Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs 1a SGB V(in Kraft seit 1.1.2012; Art 1 Nr 1 und Art 15 Abs 1 Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22.12.2011, BGBl I 2983; dazu bb).

18

aa) Nach dem Beschluss des BVerfG vom 6.12.2005 geben die Grundrechte aus Art 2 Abs 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art 2 Abs 2 GG einen Anspruch auf Krankenversorgung in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung, wenn für sie eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht und die vom Versicherten gewählte andere Behandlungsmethode eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf verspricht (BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Nach den den Senat bindenden Feststellungen des LSG liegt schon keine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung bei der Klägerin vor.

19

Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist es von Verfassungs wegen nicht geboten, die Grundsätze des Beschlusses vom 6.12.2005 auf Erkrankungen zu erstrecken, die wertungsmäßig mit lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankungen vergleichbar sind. Dies würde dem Ausnahmecharakter eines solchen verfassungsunmittelbaren Leistungsanspruchs nicht gerecht werden. Vielmehr bleibt der unmittelbar verfassungsrechtliche Leistungsanspruch auf extreme Situationen einer krankheitsbedingten Lebensgefahr beschränkt (vgl BVerfGE 140, 229, RdNr 18).

20

bb) Der Gesetzgeber hat demgegenüber im Anschluss an die Rechtsprechung des erkennenden Senats die grundrechtsorientierte Auslegung auch auf wertungsmäßig vergleichbare Erkrankungen erstreckt (vgl § 2 Abs 1a SGB V). Danach können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von § 2 Abs 1 S 3 SGB V abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.

21

Die Klägerin erfüllt diese Voraussetzungen nicht. § 2 Abs 1a SGB V enthält nach der Gesetzesbegründung eine Klarstellung zum Geltungsumfang des sog Nikolaus-Beschlusses des BVerfG vom 6.12.2005 (BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5) für das Leistungsrecht der GKV (BT-Drucks 17/6906 S 53). Das bedeutet, dass nach den konkreten Umständen des Falles bereits drohen muss, dass sich der voraussichtlich tödliche Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird (vgl BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, RdNr 21 und 30 mwN; BSG Urteil vom 27.3.2007 - B 1 KR 17/06 R - Juris RdNr 23; BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 1 KN 3/07 KR R - Juris RdNr 32). Nichts anderes gilt für wertungsmäßig vergleichbare Erkrankungen (BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 32). Die Erkrankung der Klägerin wird nicht mit großer Wahrscheinlichkeit zum Tod führen. Nach den Feststellungen des LSG kann die Erkrankung der Klägerin zwar "potentiell lebensgefährlich" sein aufgrund von auftretenden Zungenschwellungen mit Erstickungsgefahr im Rahmen von Urtikaria-Episoden. Mit Hilfe der Medikamente eines von der Klägerin immer mitgeführten und in der Vergangenheit zwei Mal eingesetzten Notfallsets klingen die Beschwerden aber ab. Eine intensiv-medizinische Behandlung ist nicht erforderlich.

22

d) Die Klägerin kann sich auch nicht auf einen Seltenheitsfall berufen. Hierzu darf das festgestellte Krankheitsbild aufgrund seiner Singularität medizinisch nicht erforschbar sein (vgl auch BSGE 109, 218 = SozR 4-2500 § 31 Nr 20, RdNr 14 - Leucinose; BSGE 111, 168 = SozR 4-2500 § 31 Nr 22, RdNr 19). Die Urtikariavaskulitis mit SLE ist zwar eine Krankheit, die nach den Feststellungen des LSG weltweit nur sehr selten auftritt - die Zahl der jährlichen Neuerkrankungen des SLE beträgt nach den Feststellungen des LSG bis 25 pro 100 000 Einwohner, die Urtikariavaskulitis kann in 10 bis 15 % der Patienten mit SLE auftreten. Es ist aber ausgeschlossen, für die genannten Seltenheitsfälle allein auf die Häufigkeit einer Erkrankung abzustellen (vgl BSGE 111, 168 = SozR 4-2500 § 31 Nr 22, RdNr 20). Allein geringe Patientenzahlen stehen einer wissenschaftlichen Erforschung nicht entgegen, wenn etwa die Ähnlichkeit zu weit verbreiteten Erkrankungen eine wissenschaftliche Erforschung ermöglicht. Das gilt erst recht, wenn - trotz der Seltenheit der Erkrankung - die Krankheitsursache oder Wirkmechanismen der bei ihr auftretenden Symptomatik wissenschaftlich klärungsfähig sind, deren Kenntnis der Verwirklichung eines der in § 27 Abs 1 S 1 SGB V genannten Ziele der Krankenbehandlung dienen kann(vgl BSGE 111, 168 = SozR 4-2500 § 31 Nr 22, RdNr 19). Dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG ist zu entnehmen, dass SLE systematisch erforscht ist. Bei der Urtikariavaskulitis erschweren die Seltenheit und unzureichende Definitionen und Klassifizierungen der Urtikariavaskulitis zwar deren systematische Erforschung, sie machen sie aber nicht unmöglich.

23

e) Die Klägerin kann die IVIG-Therapie auch nicht als neue Behandlungsmethode beanspruchen. Denn die Therapie ist im Rechtssinne keine neue Behandlungsmethode, sondern betrifft lediglich den zulassungsfremden Einsatz eines Arzneimittels. Eine Krankenbehandlung, bei der dem Versicherten ein Fertigarzneimittel bestimmungsgemäß in einem besonderen Verfahren verabreicht wird, darf auf Kosten der GKV grundsätzlich nur erfolgen, wenn das Medikament über eine arzneimittelrechtliche Zulassung verfügt und wenn der GBA - soweit erforderlich - in Richtlinien nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode nach § 135 Abs 1 SGB V ausgesprochen hat(BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1; BSGE 117, 10 = SozR 4-2500 § 13 Nr 32, RdNr 10 ff). Ärztliche "Behandlungsmethoden" im Sinne der GKV sind medizinische Vorgehensweisen, denen ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zugrunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll (vgl zB BSGE 82, 233, 237 = SozR 3-2500 § 31 Nr 5 - Jomol; vgl BSGE 88, 51, 60 = SozR 3-2500 § 27a Nr 2 mwN; BSGE 113, 241 = SozR 4-2500 § 13 Nr 29, RdNr 15 mwN). Eine Methode ist "neu", wenn sie zum Zeitpunkt der Leistungserbringung nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) enthalten ist (vgl zum Merkmal "neu" BSGE 117, 1 = SozR 4-2500 § 28 Nr 8, RdNr 21; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 18 RdNr 21 mwN). Zudem gelten als "neue” Methoden oder Methodenteile solche Leistungen, die zwar als ärztliche Leistungen im EBM-Ä aufgeführt sind, deren Indikation aber wesentliche Änderungen oder Erweiterungen erfahren hat (vgl BSGE 81, 54, 58 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 mwN; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 8 RdNr 20 mwN). Erschöpft sich dagegen eine Behandlungsmethode in der Anwendung eines für die betreffende Indikation arzneimittelrechtlich zugelassenen neuartigen Fertigarzneimittels, bedarf sie keiner Empfehlung des GBA, weil sie kraft der arzneimittelrechtlichen Zulassung als Leistungsbestandteil der GKV gilt (vgl BSGE 86, 54, 60 = SozR 3-2500 § 135 Nr 14). Therapieinnovationen, die durch die Ausgestaltung des EBM-Ä bereits erfasst sind, bedürfen nicht erst einer Empfehlung des GBA, sondern sind ohne weiteres Teil des Leistungskatalogs, soweit sie den Qualitätsanforderungen der GKV genügen. Dies gilt auch für Innovationen, die sich bei gleicher Applikationsform auf die Gabe neu zugelassener Fertigarzneimittel im Indikationsbereich beschränken (vgl zum Ganzen Hauck, NZS 2007, 461, 463).

24

So liegt es hier. Die intravenöse Applikation von Arzneimitteln durch Injektionen in den menschlichen Körper ist als wissenschaftliches Konzept schon lange bekannt und als solche im EBM-Ä abgebildet (vgl generell BSGE 117, 10 = SozR 4-2500 § 13 Nr 32, RdNr 21). Gleiches gilt für die Kombination einer Infusion mit einer vorangegangenen Blutabnahme, einer ärztlichen Beratung und der an die Infusion anschließenden Überwachung. Das Immunglobulin verfügt aber weder über eine arzneimittelrechtliche Zulassung für die betroffene Indikation, noch besteht - wie dargelegt - Anspruch auf seine Gabe außerhalb der Indikation, für die die arzneimittelrechtliche Zulassung besteht.

25

f) Ein Anspruch der Klägerin auf IVIG besteht schließlich auch nicht im Rahmen einer teilstationären Krankenhausbehandlung nach §§ 27 Abs 1, 39 Abs 1 SGB V iVm § 137c Abs 3 SGB V. Teilstationäre Behandlung unterscheidet sich nach der gesetzlichen Gesamtkonzeption von vollstationärer Behandlung im Krankenhaus im Wesentlichen dadurch, dass sie nicht auf eine Aufnahme rund um die Uhr ausgerichtet ist, sondern nur jeweils zumindest einen Teil eines Tages umfasst (BSG Urteil vom 19.4.2016 - B 1 KR 21/15 R - SozR 4-2500 § 109 Nr 54 RdNr 12, auch für BSGE vorgesehen). Der Zugang zu teilstationärer Krankenhausversorgung erfolgt unter den üblichen Voraussetzungen der Krankenhauspflege (BSG Urteil vom 19.4.2016 - B 1 KR 21/15 R - SozR 4-2500 § 109 Nr 54 RdNr 13, auch für BSGE vorgesehen). Teilstationäre Krankenhausversorgung dient aber weder dazu, arzneimittelrechtliche Grenzen - außerhalb der hier nicht betroffenen Sonderregelungen für Arzneimittelstudien - zu überspielen (dazu aa), noch bei ambulant möglicher Behandlung deren Zugangshürden durch ein Ausweichen auf diese Form der Krankenhausbehandlung zu umgehen (dazu bb).

26

aa) Die vom erkennenden Senat entwickelte Rechtsprechung zu den Grundlagen und Grenzen des Anspruchs auf Arzneimittelversorgung gilt nicht nur für den Bereich der vertragsärztlichen, sondern in gleicher Weise für den Bereich der stationären Versorgung. Wie oben dargelegt können Versicherte Versorgung mit einem verschreibungspflichtigen Fertigarzneimittel zu Lasten der GKV nur beanspruchen, wenn eine arzneimittelrechtliche Zulassung für das Indikationsgebiet besteht, in dem es angewendet werden soll. Fertigarzneimittel sind mangels Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 2 Abs 1 S 3, § 12 Abs 1 SGB V)dagegen nicht von der Leistungspflicht der GKV nach § 27 Abs 1 S 2 Nr 1 und 3, § 31 Abs 1 S 1 SGB V umfasst, wenn ihnen die erforderliche(§ 21 Abs 1 AMG) arzneimittelrechtliche Zulassung fehlt. Der Schutz Versicherter durch das materielle Arzneimittelzulassungsrecht macht nicht vor dem Krankenhaus Halt. Die Patienten in stationärer Behandlung sind nicht weniger schutzbedürftig als jene in vertragsärztlicher Versorgung. Für die Arzneimittelversorgung gelten im Krankenhaus grundsätzlich keine von der vertragsärztlichen Versorgung abweichenden Maßstäbe (vgl zum Ganzen Hauck, MedR 2010, 226, 229 unter II. 1. c). Dementsprechend erlaubt auch teilstationäre Krankenhausbehandlung keine weitergehenden Ausnahmen für den Anspruch Versicherter auf betroffene Arzneimittelversorgung. Aus der Regelung des § 137c Abs 3 SGB V ergibt sich - ungeachtet deren Reichweite und ihres Anwendungsbereichs - vorliegend nichts Abweichendes. Denn - wie dargelegt - geht es im Kern um den Anspruch auf die zulassungsüberschreitende Arzneimittelversorgung, nicht um eine Arzneimittelapplikationsform im Sinne einer Behandlungsmethode.

27

bb) Auch bei teilstationärer Behandlung muss im Übrigen jede Aufnahme eines Versicherten nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich sein, weil das Behandlungsziel nicht durch vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (BSG Urteil vom 19.4.2016 - B 1 KR 21/15 R - SozR 4-2500 § 109 Nr 54 RdNr 19 ff, auch für BSGE vorgesehen). Nach § 39 Abs 1 S 2 SGB V besteht Anspruch auf vollstationäre Behandlung nur, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Damit ist die vollstationäre Krankenhausbehandlung nachrangig gegenüber allen anderen Arten der Krankenbehandlung. Der Nachrang der vollstationären Behandlung trägt deren Bedeutung als medizinisch intensivster und aufwendigster Form der Krankenbehandlung Rechnung und stellt eine besondere Ausprägung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 Abs 1 SGB V) dar. Der Nachrang gegenüber der ambulanten Versorgung - einschließlich der vor- und nachstationären Behandlung - gilt als Ausprägung des Wirtschaftlichkeitsgebots auch ohne ausdrückliche Erwähnung in § 39 Abs 1 S 2 SGB V für die teilstationäre Behandlung als im Vergleich zu vollstationärer Krankenhausbehandlung wesensgleiche Teilleistung(BSG Urteil vom 19.4.2016 - B 1 KR 21/15 R - SozR 4-2500 § 109 Nr 54 RdNr 14, auch für BSGE vorgesehen). Daher ist auch die teilstationäre Behandlung nachrangig gegenüber allen Formen der ambulanten Versorgung (BSG aaO). Dementsprechend regelt § 2 Abs 4 S 1 der Richtlinie des GBA über die Verordnung von Krankenhausbehandlung(Krankenhauseinweisungs-Richtlinie/KE-RL, in der Neufassung vom 22.1.2015, BAnz AT 29.4.2015 B2 vom 29.4.2015), dass teilstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus zulässig ist, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch die zuständige Ärztin oder den zuständigen Arzt des Krankenhauses erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann.

28

Eine teilstationäre Behandlung war nicht in diesem Sinn erforderlich. Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ist ein Krankheitszustand, dessen Behandlung den Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich macht (vgl BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 18 ff; BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2, RdNr 16; BSGE 94, 161 = SozR 4-2500 § 39 Nr 4, RdNr 14). Als besondere Mittel des Krankenhauses hat die Rechtsprechung des BSG eine apparative Mindestausstattung, geschultes Pflegepersonal und einen jederzeit präsenten oder rufbereiten Arzt herausgestellt (BSGE 59, 116, 117 = SozR 2200 § 184 Nr 27; BSG SozR 2200 § 184 Nr 28; BSGE 83, 254, 259 = SozR 3-2500 § 37 Nr 1; BSG SozR 3-2500 § 109 Nr 9). Dabei ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, bei der den mit Aussicht auf Erfolg angestrebten Behandlungszielen und den vorhandenen Möglichkeiten einer vorrangigen ambulanten Behandlung entscheidende Bedeutung zukommt (vgl BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 18; BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2, RdNr 16; BSGE 94, 161 = SozR 4-2500 § 39 Nr 4, RdNr 14). Ermöglicht es der Gesundheitszustand des Patienten, das Behandlungsziel durch andere Maßnahmen, insbesondere durch ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege, zu erreichen, so besteht kein Anspruch auf stationäre oder teilstationäre Behandlung.

29

Ob einem Versicherten voll- oder teilstationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren ist, richtet sich dabei allein nach den medizinischen Erfordernissen (vgl BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 15; BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 23). Die Erforderlichkeit einer Krankenhausbehandlung ist nicht schon wegen des Fehlens einer positiven Empfehlung des GBA zu verneinen oder deshalb zu bejahen, weil der GBA kein Negativvotum nach § 137c SGB V ausgesprochen hat, die Behandlung das Potential einer Behandlungsalternative bietet und der GBA die Methode für die vertragsärztliche Behandlung nicht empfohlen hat(vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 19; vgl zu Ausnahmefällen auch Hauck, NZS 2007, 461, 464, bei Fn 43 und 44 mwN). In jedem Fall bedarf es neben der generellen auch der individuellen Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung im Einzelfall (vgl BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 19 mwN; BSG Beschluss vom 7.11.2006 - B 1 KR 32/04 R - RdNr 28 und 37 f mwN).

30

Hieran fehlt es. Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG kann IVIG ambulant erfolgen. Es handelt sich um eine Infusionsbehandlung mit den oben genannten Begleitmaßnahmen, die ein Vertragsarzt durchführen kann. Dementsprechend hat auch die Immunologische Ambulanz des Universitäts-Klinikums H. für die Klägerin eine ambulante Immunglobulin-Therapie beantragt und nach entsprechender einstweiliger Verpflichtung der Beklagten als solche in der Hochschulambulanz des Uni-Klinikums durchgeführt und abgerechnet, wie der vom LSG in Bezug genommene Akteninhalt ergibt. Das LSG hat nicht etwa festgestellt, dass die Behandlung die besonderen Mittel eines Krankenhauses erfordere. Davon ist auch in keiner ärztlichen Stellungnahme die Rede. Der Rechtsauffassung des LSG, es könne die Therapie (dennoch) als teilstationäre Behandlung qualifizieren, vermag der erkennende Senat nicht zu folgen. Die Behandlung der Klägerin erfolgte in einer Hochschulambulanz (§ 117 SGB V). § 117 SGB V eröffnet den Hochschulambulanzen den Zugang zur ambulanten ärztlichen Versorgung, um die universitäre Forschung und Lehre zu unterstützen(vgl BSGE 82, 216, 221 = SozR 3-5520 § 31 Nr 9 S 37 f; zu § 117 Abs 2 SGB V: BSG SozR 4-2500 § 117 Nr 1 RdNr 35). Die von Ärzten in Hochschulambulanzen in dem für Forschung und Lehre erforderlichen Umfang erbrachten ambulanten Leistungen sind Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung (vgl BSGE 109, 211 = SozR 4-2500 § 31 Nr 19, RdNr 26 - BTX/A). Sie sind unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt eine Krankenhausbehandlung (vgl rechtsähnlich zu Leistungen ermächtigter Krankenhausärzte nach § 116 SGB V BSG SozR 4-2500 § 129a Nr 1 RdNr 20). Die Rüge der Beklagten, das LSG habe seine Pflicht zur Amtsermittlung (§ 103 SGG) verletzt, geht insoweit ins Leere.

31

Die Behandlung der Klägerin durch Ärzte der Hochschulambulanz des Uni-Klinikums kann auch nach allgemeinen Grundsätzen (vgl BSGE 109, 211 = SozR 4-2500 § 31 Nr 19, RdNr 25 f - BTX/A)keinen anderen Versorgungsanspruch begründen als den, der ihr zugestanden hätte, wenn sie sich in die Behandlung eines Vertragsarztes begeben hätte.

32

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen vereinbaren auf der Grundlage des Gutachtens nach Absatz 1a bis zum 31. Januar 2022

1.
einen Katalog ambulant durchführbarer Operationen, sonstiger stationsersetzender Eingriffe und stationsersetzender Behandlungen,
2.
einheitliche Vergütungen für Krankenhäuser und Vertragsärzte.
Die Vereinbarung nach Satz 1 tritt mit ihrem Wirksamwerden an die Stelle der am 31. Dezember 2019 geltenden Vereinbarung. In die Vereinbarung nach Satz 1 Nummer 1 sind die in dem Gutachten nach Absatz 1a benannten ambulant durchführbaren Operationen und die stationsersetzenden Eingriffe und stationsersetzenden Behandlungen aufzunehmen, die in der Regel ambulant durchgeführt werden können, sowie allgemeine Tatbestände zu bestimmen, bei deren Vorliegen eine stationäre Durchführung erforderlich sein kann. Die Vergütung nach Satz 1 Nummer 2 ist nach dem Schweregrad der Fälle zu differenzieren und erfolgt auf betriebswirtschaftlicher Grundlage, ausgehend vom einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen unter ergänzender Berücksichtigung der nichtärztlichen Leistungen, der Sachkosten sowie der spezifischen Investitionsbedingungen. In der Vereinbarung sind die Qualitätsvoraussetzungen nach § 135 Abs. 2 sowie die Richtlinien und Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Abs. 1 Satz 2 und den §§ 136 bis 136b zu berücksichtigen. In der Vereinbarung ist vorzusehen, dass die Leistungen nach Satz 1 auch auf der Grundlage einer vertraglichen Zusammenarbeit des Krankenhauses mit niedergelassenen Vertragsärzten ambulant im Krankenhaus erbracht werden können. Die Vereinbarung nach Satz 1 ist mindestens alle zwei Jahre, erstmals zum 31. Dezember 2023, durch Vereinbarung an den Stand der medizinischen Erkenntnisse anzupassen. Der Vereinbarungsteil nach Satz 1 Nummer 1 bedarf der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit.

(1a) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen leiten bis zum 30. Juni 2020 das Verfahren für die Vergabe eines gemeinsamen Gutachtens ein, in dem der Stand der medizinischen Erkenntnisse zu ambulant durchführbaren Operationen, stationsersetzenden Eingriffen und stationsersetzenden Behandlungen untersucht wird. Das Gutachten hat ambulant durchführbare Operationen, stationsersetzende Eingriffe und stationsersetzende Behandlungen konkret zu benennen und in Verbindung damit verschiedene Maßnahmen zur Differenzierung der Fälle nach dem Schweregrad zu analysieren. Im Gutachtensauftrag ist vorzusehen, dass das Gutachten spätestens innerhalb eines Jahres, nachdem das Gutachten in Auftrag gegeben worden ist, fertigzustellen ist.

(2) Die Krankenhäuser sind zur ambulanten Durchführung der in dem Katalog genannten Operationen, stationsersetzenden Eingriffe und stationsersetzenden Behandlungen zugelassen. Hierzu bedarf es einer Mitteilung des Krankenhauses an die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen, die Kassenärztliche Vereinigung und den Zulassungsausschuß (§ 96); die Kassenärztliche Vereinigung unterrichtet die Landeskrankenhausgesellschaft über den Versorgungsgrad in der vertragsärztlichen Versorgung. Das Krankenhaus ist zur Einhaltung des Vertrages nach Absatz 1 verpflichtet. Die Leistungen werden unmittelbar von den Krankenkassen vergütet. Die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität erfolgt durch die Krankenkassen; die Krankenhäuser übermitteln den Krankenkassen die Daten nach § 301, soweit dies für die Erfüllung der Aufgaben der Krankenkassen erforderlich ist. Leistungen, die Krankenhäuser auf Grundlage des Katalogs nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 ambulant erbringen, unterliegen nicht der Prüfung durch den Medizinischen Dienst nach § 275c Absatz 1 in Verbindung mit § 275 Absatz 1 Nummer 1.

(3) Kommt eine der Vereinbarungen nach Absatz 1 nicht fristgerecht zustande oder wird eine Vereinbarung nach Absatz 1 ganz oder teilweise beendet und kommt bis zum Ablauf der Vereinbarungszeit keine neue Vereinbarung zustande, entscheidet auf Antrag einer Vertragspartei das sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene gemäß § 89a. Absatz 1 Satz 7 gilt entsprechend für die Festsetzung nach Satz 1 durch das sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene gemäß § 89a.

(4) In der Vereinbarung nach Absatz 1 können Regelungen über ein gemeinsames Budget zur Vergütung der ambulanten Operationsleistungen der Krankenhäuser und der Vertragsärzte getroffen werden. Die Mittel sind aus der Gesamtvergütung und den Budgets der zum ambulanten Operieren zugelassenen Krankenhäuser aufzubringen.

(1) Das Krankenhaus kann bei Verordnung von Krankenhausbehandlung Versicherte in medizinisch geeigneten Fällen ohne Unterkunft und Verpflegung behandeln, um

1.
die Erforderlichkeit einer vollstationären Krankenhausbehandlung zu klären oder die vollstationäre Krankenhausbehandlung vorzubereiten (vorstationäre Behandlung) oder
2.
im Anschluß an eine vollstationäre Krankenhausbehandlung den Behandlungserfolg zu sichern oder zu festigen (nachstationäre Behandlung).
Das Krankenhaus kann die Behandlung nach Satz 1 auch durch hierzu ausdrücklich beauftragte niedergelassene Vertragsärzte in den Räumen des Krankenhauses oder der Arztpraxis erbringen. Absatz 2 Satz 5 findet insoweit keine Anwendung.

(2) Die vorstationäre Behandlung ist auf längstens drei Behandlungstage innerhalb von fünf Tagen vor Beginn der stationären Behandlung begrenzt. Die nachstationäre Behandlung darf sieben Behandlungstage innerhalb von 14 Tagen, bei Organübertragungen nach § 9 Absatz 2 des Transplantationsgesetzes drei Monate nach Beendigung der stationären Krankenhausbehandlung nicht überschreiten. Die Frist von 14 Tagen oder drei Monaten kann in medizinisch begründeten Einzelfällen im Einvernehmen mit dem einweisenden Arzt verlängert werden. Kontrolluntersuchungen bei Organübertragungen nach § 9 Absatz 2 des Transplantationsgesetzes dürfen vom Krankenhaus auch nach Beendigung der nachstationären Behandlung fortgeführt werden, um die weitere Krankenbehandlung oder Maßnahmen der Qualitätssicherung wissenschaftlich zu begleiten oder zu unterstützen. Eine notwendige ärztliche Behandlung außerhalb des Krankenhauses während der vor- und nachstationären Behandlung wird im Rahmen des Sicherstellungsauftrags durch die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte gewährleistet. Das Krankenhaus hat den einweisenden Arzt über die vor- oder nachstationäre Behandlung sowie diesen und die an der weiteren Krankenbehandlung jeweils beteiligten Ärzte über die Kontrolluntersuchungen und deren Ergebnis unverzüglich zu unterrichten. Die Sätze 2 bis 6 gelten für die Nachbetreuung von Organspendern nach § 8 Abs. 3 Satz 1 des Transplantationsgesetzes entsprechend.

(3) Die Landesverbände der Krankenkassen, die Ersatzkassen und der Landesausschuß des Verbandes der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren mit der Landeskrankenhausgesellschaft oder mit den Vereinigungen der Krankenhausträger im Land gemeinsam und im Benehmen mit der kassenärztlichen Vereinigung die Vergütung der Leistungen mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 18 Abs. 2 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes. Die Vergütung soll pauschaliert werden und geeignet sein, eine Verminderung der stationären Kosten herbeizuführen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft oder die Bundesverbände der Krankenhausträger gemeinsam geben im Benehmen mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Empfehlungen zur Vergütung ab. Diese gelten bis zum Inkrafttreten einer Vereinbarung nach Satz 1. Kommt eine Vereinbarung über die Vergütung innerhalb von drei Monaten nicht zustande, nachdem eine Vertragspartei schriftlich zur Aufnahme der Verhandlungen aufgefordert hat, setzt die Schiedsstelle nach § 18a Abs. 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes auf Antrag einer Vertragspartei oder der zuständigen Landesbehörde die Vergütung fest.

(1) Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam schließen mit der Landeskrankenhausgesellschaft oder mit den Vereinigungen der Krankenhausträger im Land gemeinsam Verträge, um sicherzustellen, daß Art und Umfang der Krankenhausbehandlung den Anforderungen dieses Gesetzbuchs entsprechen.

(2) Die Verträge regeln insbesondere

1.
die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung einschließlich der
a)
Aufnahme und Entlassung der Versicherten,
b)
Kostenübernahme, Abrechnung der Entgelte, Berichte und Bescheinigungen,
2.
die Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung einschließlich eines Kataloges von Leistungen, die in der Regel teilstationär erbracht werden können,
3.
Verfahrens- und Prüfungsgrundsätze für Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfungen,
4.
die soziale Betreuung und Beratung der Versicherten im Krankenhaus,
5.
den nahtlosen Übergang von der Krankenhausbehandlung zur Rehabilitation oder Pflege,
6.
das Nähere über Voraussetzungen, Art und Umfang der medizinischen Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1.
Sie sind für die Krankenkassen und die zugelassenen Krankenhäuser im Land unmittelbar verbindlich.

(3) Kommt ein Vertrag nach Absatz 1 bis zum 31. Dezember 1989 ganz oder teilweise nicht zustande, wird sein Inhalt auf Antrag einer Vertragspartei durch die Landesschiedsstelle nach § 114 festgesetzt.

(4) Die Verträge nach Absatz 1 können von jeder Vertragspartei mit einer Frist von einem Jahr ganz oder teilweise gekündigt werden. Satz 1 gilt entsprechend für die von der Landesschiedsstelle nach Absatz 3 getroffenen Regelungen. Diese können auch ohne Kündigung jederzeit durch einen Vertrag nach Absatz 1 ersetzt werden.

(5) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft oder die Bundesverbände der Krankenhausträger gemeinsam sollen Rahmenempfehlungen zum Inhalt der Verträge nach Absatz 1 abgeben.

(6) Beim Abschluß der Verträge nach Absatz 1 und bei Abgabe der Empfehlungen nach Absatz 5 sind, soweit darin Regelungen nach Absatz 2 Nr. 5 getroffen werden, die Spitzenorganisationen der Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen zu beteiligen.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Anordnungen und Entscheidungen, durch die eine Frist in Lauf gesetzt wird, sind den Beteiligten zuzustellen, bei Verkündung jedoch nur, wenn es ausdrücklich vorgeschrieben ist. Terminbestimmungen und Ladungen sind bekannt zu geben.

(2) Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung. §§ 173, 175 und 178 Abs. 1 Nr. 2 der Zivilprozessordnung sind entsprechend anzuwenden auf die nach § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 9 zur Prozessvertretung zugelassenen Personen.

(3) Wer nicht im Inland wohnt, hat auf Verlangen einen Zustellungsbevollmächtigten zu bestellen.

Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit werden mit Berufsrichtern und ehrenamtlichen Richtern besetzt.

Die ehrenamtlichen Richter am Bundessozialgericht müssen das fünfunddreißigste Lebensjahr vollendet haben; sie sollen mindestens fünf Jahre ehrenamtliche Richter an einem Sozialgericht oder Landessozialgericht gewesen sein. Im übrigen gelten die §§ 16 bis 23 entsprechend mit der Maßgabe, daß in den Fällen des § 18 Abs. 4, der §§ 21 und 22 Abs. 2 der vom Präsidium für jedes Geschäftsjahr im voraus bestimmte Senat des Bundessozialgerichts entscheidet.

(1) Sind außer dem Hauptanspruch auch Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen betroffen, wird der Wert der Nebenforderungen nicht berücksichtigt.

(2) Sind Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Wert der Nebenforderungen maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.

(3) Sind die Kosten des Rechtsstreits ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Betrag der Kosten maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.