Landgericht Stuttgart Beschluss, 13. Juli 2016 - 4 T 21/16

bei uns veröffentlicht am13.07.2016

Tenor

1. Auf die Streitwertbeschwerde des Klägervertreters vom 24.2.2016 wird der Streitwert auf 1.184,22 EUR festgesetzt.

2. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

3. Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

 
1. Im Wege der Feststellungsklage begehrt die vom Beschwerdeführer im Prozess vertretene Klägerin die Feststellung, dass eine von der Beklagten am 12.1.2015 ausgesprochene Kündigung ihres Bausparvertrages zum 24.7.2015 nicht wirksam ist bzw. dieser Vertrag fortbesteht.
Der im Februar 1992 abgeschlossene Bausparvertrag lautet auf eine Bausparsumme von 30.000 DM/ 15.338,76 EUR. Vereinbart ist ein Guthabenzins von 2,5 %. Außerdem hat die Klägerin von der Möglichkeit nach § 6 Absatz 1 der dem Vertrag zugrundeliegenden ABB 7 Gebrauch gemacht und hat daher zusätzlich einen Anspruch auf einen Zinsbonus i.H.v. 80% des vereinbarten Zinssatzes. Ausweislich des Bauspar-Kontoauszugs vom 24.7.2015 betrug das angesparte Guthaben 10.643,72 EUR und der bis dahin angefallene Bonuszins 3.273,92 EUR.
Das Amtsgericht hat im der Klage stattgegebenen Urteil vom 11.2.2016, welches dem Beschwerdeführer am 18.2.2016 zugestellt wurde, den Streitwert auf 730, 61 EUR festgesetzt und dazu ausgeführt, dieser errechne sich aus dem 3,5 fachen Jahreszins inkl. Bonuszins unter Berücksichtigung eines Abschlags von 20 Prozent (Feststellungsklage).
Mit der am 29.2.2016 im eigenen Namen eingelegten Beschwerde begehrt der Beschwerdeführer eine Erhöhung des Streitwerts auf 15.338,76 EUR, hilfsweise auf 4.382, 26 EUR. Er vertritt die Auffassung, dass neben dem Interesse am Fortbestand der laufenden Zinszahlungen auch die Höhe eines noch möglich Bauspardarlehens bei der Streitwertbemessung zu berücksichtigen sei. Der Zinsertrag belaufe sich für 3,5 Jahre auf 782,79 EUR und die Höhe eines noch möglich Bauspardarlehens unter Berücksichtigung des angesparten Guthabens von 10.643,72 EUR auf 4.695,04 EUR, also insgesamt 5.477,83 EUR, was abzüglich 20 % Abschlags für die Feststellungsklage den Betrag von 4.382,26 ergebe.
2. Die Streitwertbeschwerde ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt (§ 68 Abs.1 Satz 3 i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG) und übersteigt auch den Wert des Beschwerdegegenstandes (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG). Der Beschwerdeführer ist gemäß § 32 Absatz 2 RVG beschwerdebefugt.
In der Sache hat die Streitwertbeschwerde nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg, im Übrigen ist sie unbegründet.
2.1. Der Gebührenstreitwert in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richtet sich gemäß § 48 Abs. 1 GKG, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstandes, d.h. nach §§ 3 ff. ZPO. In vermögensrechtlichen Streitigkeiten hat das Gericht daher gemäß § 3 ZPO den Wert nach freiem Ermessen festzusetzen.
Bei einer positiven Feststellungsklage, wie vorliegend der Fall, ist grundsätzlich auf das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung - nach § 40 GKG im Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung - abzustellen (std. Rspr. d. BGH, Beschl. v. 01.06.1976 - VI ZR 154/75). Hierzu ist, die Umstände des Einzelfalls berücksichtigend, der Wert des Rechtsverhältnisses zugrunde zu legen und - regelmäßig - ein Abschlag von 20 % gegenüber dem Wert einer entsprechenden Leistungsklage vorzunehmen (vgl. statt vieler: BGH NJW-RR 2000, 1266).
Dementsprechend ist vorliegend zunächst Maßstab für die Festsetzung des Streitwerts das objektive wirtschaftliche Interesse der Klägerin an der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses der Parteien. Maß und Richtung des wirtschaftlichen Interesses orientieren sich dabei grundsätzlich an den in der Klagschrift dargelegten objektiven Erwartungen des jeweiligen Klägers, wenn sich hierfür hinreichend objektive Anhaltspunkte ergeben (vgl. BGH NJW 2006, 3060).
10 
Zu berücksichtigen ist damit nicht, wie der Beschwerdeführer zu meinen scheint, die vereinbarte Bausparsumme, sondern das Interesse, den Bausparvertrag weiterhin in der Ansparphase belassen und unter Inanspruchnahme der vereinbarten Guthabenverzinsung fortführen zu können (vgl. hierzu OLG Stuttgart, Urt. v. 30.03.2016 - 9 U 171/15; OLG Stuttgart, Beschl. v. 19.06.2015 - 9 W 25/15; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 16.02.2016 - 17 W 3/16; OLG Koblenz, Beschl. v. 18.01.2016 - 8 U 1064/15; OLG Koblenz, Beschl. v. 20.08.2015 - 8 W 536/15;OLG Hamm, Beschl. v. 20.10.2015 - 31 W 74/15). Da es sich bei Zinsen um wiederkehrende Leistungen handelt, ist im Rahmen der Feststellungsklage zudem der Rechtsgedanke des § 9 S. 1 ZPO zu berücksichtigen, wonach sich das wirtschaftliche Interesse des Klägers aus dem 3,5-fachen Wert der einjährigen Zinserwartung berechnet (vgl. BGH NVwZ-RR 2008, 741; OLG Stuttgart, Urt. v. 30.03.2016 - 9 U 171/15; OLG Stuttgart, Beschl. v. 19.06.2015 - 9 W 25/15; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 16.02.2016 - 17 W 3/16; OLG Koblenz, Beschl. v. 18.01.2016 - 8 U 1064/15; OLG Koblenz, Beschl. v. 20.08.2015 - 8 W 536/15; OLG Hamm, Beschl. v. 20.10.2015 - 31 W 74/15).
11 
Dementsprechend hat das Amtsgericht - grundsätzlich richtig - auch den 3,5-fachen Wert des vorliegend in Betracht kommenden jährlichen Gesamt- Zinserlöses, also inkl. des Bonuszinses, angesetzt.
12 
2.2. Fehlerhaft nicht berücksichtigt wurde jedoch das klägerische Interesse am Erhalt des Bauspardarlehens.
13 
Dieses Interesse ist regelmäßig auch zu berücksichtigen, weil mit der begehrten Feststellung, also dem Fortbestand des in Frage stehenden Bausparvertrages, wegen der darin eingebetteten Option eines Bauspardarlehens auch die Möglichkeit , ein solches in Höhe der Differenz zwischen dem (angesparten) Guthaben (inkl. des angefallenen Bonuszinses) und der Bausparsumme in Anspruch nehmen zu können, einhergeht.
14 
Hieran ändert nichts, dass die Klägerin das ihr von der Beklagten vorgerichtlich mehrfach angebotene Bauspardarlehen (bislang) nicht in Anspruch nehmen wollte (vgl. hierzu OLG Karlsruhe, Beschl. v. 16.02.2016 - 17 W 3/16). Es geht nicht um eine schematische Einbeziehung des theoretisch bestehenden Anspruchs auf Ausreichung eines Bauspardarlehens gegen den erklärten Willen des Anspruchsberechtigten, sondern um den konkret bestehenden Anspruch bzw. die in dem in Frage stehenden Bausparvertrag wesensgemäß eingebettete Option.
15 
Das wirtschaftliche Interesse des Bausparers am Fortbestand seines Bausparvertrags kann sich wegen der Eigenart des Bausparvertrages für denselben Zeitraum sowohl auf die Guthabenverzinsung als auch auf die Ausreichung eines Bauspardarlehens richten. Zwar mag es sich dabei - abstrakt - um sich natur- bzw. vertragsgemäß ausschließende Alternativen handeln. Würde man dem Anspruchsberechtigten das Interesse an der Ausreichung des Bauspardarlehens in dieser Situation aber allein schon wegen bisheriger Nichtinanspruchnahme des Bauspardarlehens absprechen, wäre er quasi gezwungen, die Option zu ziehen, um sein Interesse darzulegen. Es liegt damit mit Blick auf das in Frage stehende Interesse kein sich ausschließenden Alternativverhältnis, sondern ein von vornherein zu berücksichtigendes Alternativverhältnis vor (vgl. hierzu OLG Stuttgart, Urt. v. 30.03.2016 - 9 U 171/15). Etwas anderes mag im Einzelfall gelten, wenn der Bausparer ausdrücklich erklärt, das Bauspardarlehen nicht mehr in Anspruch zu nehmen und/oder die zwischen dem Guthaben und der Bausparsumme im Zeitpunkt der Antragstellung bestehende Differenz, anders als vorliegend der Fall, nur noch so gering ist, dass absehbar kein Darlehn mehr wird in Anspruch genommen werden.
16 
2.3. Wegen des Alternativverhältnisses der Interessen und der Ungewissheit, wann und ob das Bauspardarlehen in Anspruch genommen wird, hält es die Kammer im Rahmen der Feststellungsklage für gerechtfertigt, das wirtschaftliche Interesse der am Erhalt der Zinszahlungen und dasjenige daran, ein Bauspardarlehen zu beanspruchen, zu kumulieren und sie (jeweils) mit einem Abschlag von 50 % zu berücksichtigen.
17 
Somit ist der Streitwert vorliegend unter Berücksichtigung der Summe aus dem 3,5 fachen Zinsjahresertrag (inkl. des Bonuszins) und der offenen Differenz zwischen der Bausparsumme und dem angesparten Guthaben (inkl. der aufgelaufenen Bonuszinsen) abzüglich eines Abschlags in Höhe von 50 % zu errechnen: (150,66 +120) * 3,5= 947,31 + (15.338,760 - ((10.643,72 +3.273,92)) = 1421,12 = 2.368,43, davon 1/2 . Er beläuft sich damit auf 1.184,22 EUR.

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Landgericht Stuttgart Beschluss, 13. Juli 2016 - 4 T 21/16 zitiert 8 §§.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 68 Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts


(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Geri

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 48 Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten


(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt i

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 40 Zeitpunkt der Wertberechnung


Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung maßgebend, die den Rechtszug einleitet.

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 32 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Wird der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert gerichtlich festgesetzt, ist die Festsetzung auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend. (2) Der Rechtsanwalt kann aus eigenem Recht die Festsetzung des Werts beantragen und Rechtsmitte

Zivilprozessordnung - ZPO | § 9 Wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen


Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere

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(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Wird der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert gerichtlich festgesetzt, ist die Festsetzung auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend.

(2) Der Rechtsanwalt kann aus eigenem Recht die Festsetzung des Werts beantragen und Rechtsmittel gegen die Festsetzung einlegen. Rechtsbehelfe, die gegeben sind, wenn die Wertfestsetzung unterblieben ist, kann er aus eigenem Recht einlegen.

(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt ist. In Musterfeststellungsklagen nach Buch 6 der Zivilprozessordnung und in Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen.

(2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über eine Million Euro angenommen werden.

(3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung maßgebend, die den Rechtszug einleitet.

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 15. September 2015, Az. 25 O 89/15, teilweise abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass der bei der Beklagten bestehende Bausparvertrag Nr. 1 938 … vom 13. September 1978 über den 24. Juli 2015 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von der Zahlung der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren gegenüber ihren Prozessbevollmächtigten in Höhe von 413,64 EUR freizustellen.

2. Im Übrigen werden die Klage ab- und die Berufung zurückgewiesen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, die Klägerin leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages.

5. Die Revision der Beklagten wird zugelassen.

Streitwertbeschluss:

Der Streitwert für beide Instanzen wird auf bis zu 4.000 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Klägerin verlangt die Feststellung des Fortbestehens ihres Bausparvertrages, den sie am 13. September 1978 über die Bausparsumme von 40.000 DM (= 20.451,68 EUR) abgeschlossen hat. Die dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge II (im Folgenden ABB) enthalten folgende Bestimmungen:
§ 1 Vertragszweck
(1) Zweck des Bausparvertrages ist die Erlangung eines unkündbaren, in der Regel zweitstellig zu sichernden Tilgungsdarlehens (Bauspardarlehen) aufgrund planmäßiger Sparleistungen nach Maßgabe dieser Allgemeinen Bedingungen.
§ 5 Sparzahlungen
(1) Der monatliche Bausparbeitrag beträgt 4,2 vom Tausend der Bausparsumme (Regelsparbeitrag). Er ist bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme am Ersten jeden Monats kostenfrei an die Bausparkasse zu entrichten.
(2) Sonderzahlungen sind grundsätzlich zulässig. Die Bausparkasse kann deren Annahme von ihrer Zustimmung abhängig machen.
(3) Ist der Bausparer unter Anrechnung von Sonderzahlungen mit mehr als 6 Regelsparbeiträgen rückständig und hat er der schriftlichen Aufforderung der Bausparkasse, nicht geleistete Bausparbeiträge zu entrichten, länger als 2 Monate nach Zugang der Aufforderung nicht entsprochen, so kann die Bausparkasse den Bausparvertrag kündigen. (…)
(4) Ist der Bausparvertrag zugeteilt, so tritt an die Stelle des Rechtes der Bausparkasse, den Bausparvertrag zu kündigen, das Recht, das dem Bausparer bereitgestellte (§ 13) oder bereitzustellende (§ 14) Bauspardarlehen um die rückständigen Bausparbeiträge samt deren Zinsen zu kürzen.
§ 12 Zuteilungsnachricht
10 
(1) Die Zuteilung wird dem Bausparer unverzüglich schriftlich mitgeteilt mit der Aufforderung, binnen 4 Wochen ab Datum der Zuteilung zu erklären, ob er die Zuteilung annimmt.
11 
(2) Der Bausparer kann die Annahme der Zuteilung widerrufen, solange die Auszahlung der Bausparsumme noch nicht begonnen hat.
12 
§ 13 Bereithaltung der Bausparsumme
13 
(1) Mit Annahme der Zuteilung stellt die Bausparkasse dem Bausparer sein Bausparguthaben und ein Bauspardarlehen in Höhe des das Bausparguthaben übersteigenden Teiles der Bausparsumme bereit.
(2) (…)
14 
§ 14 Vertragsfortsetzung
15 
(1) Nimmt der Bausparer die Zuteilung nicht an oder gibt er die Annahmeerklärung nicht fristgemäß ab oder wird die Annahme der Zuteilung widerrufen, so wird der Bausparvertrag fortgesetzt.
16 
(2) Setzt der Bausparer seinen Bausparvertrag fort, so kann er seine Rechte aus der Zuteilung jederzeit wieder geltend machen. (…)
17 
Gemäß § 6 Abs. 1 ABB ist das Bausparguthaben mit 3 % p.a. zu verzinsen und gemäß § 20 Abs. 1 ABB ist das Bauspardarlehen mit einem Zinssatz von 5 % p.a. zu gewähren.
18 
Der Vertrag wurde am 1. April 1993 zuteilungsreif. Am 1. Januar 2015 bestand ein Bausparguthaben in Höhe von 15.772,48 EUR. Die Beklagte kündigte am 12. Januar 2015 den Bausparvertrag unter Berufung auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zum 24. Juli 2015.
19 
Auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.
20 
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Bausparkasse könne sich auf das Kündigungsrecht gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen. Das Tatbestandsmerkmal des vollständigen Empfangs des Darlehens sei mit der eingetretenen Zuteilungsreife erfüllt.
21 
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie ist der Auffassung, die Tatbestandsvoraussetzungen des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB seien nicht erfüllt. Sie beabsichtige, das Bauspardarlehen in zwei bis drei Jahren für ihre Kinder in Anspruch zu nehmen.
22 
Wegen der Nebenforderung hat die Klägerin die Klage teilweise zurückgenommen.
23 
Die Klägerin beantragt:
24 
1. Das Urteil des Landgerichts Stuttgart Az. 25 O 89/15, verkündet am 15. September 2015, wird aufgehoben und es wird festgestellt, dass der bei der Beklagten bestehende Bausparvertrag mit der Nummer „1 938 …“ vom 13. September 1978 über den 24. Juli 2015 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.
25 
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 571,44 EUR freizustellen.
26 
Die Beklagte beantragt:
27 
Die Berufung wird zurückgewiesen.
28 
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens.
II.
29 
Die gemäß § 511 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung ist zulässig und - mit Ausnahme eines geringfügigen Teils der Nebenforderung - begründet. Der Beklagten steht kein Kündigungsrecht zu.
30 
1. Die dem Vertrag zugrundeliegenden ABB vermögen die erklärte Kündigung nicht zu rechtfertigen; das macht die Beklage auch nicht geltend. Sie geht zu Recht davon aus, dass die Voraussetzungen der Bestimmung des § 5 Abs. 3 ABB nicht vorliegen.
31 
2. Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, sie sei kraft Gesetzes berechtigt, den Vertrag zu kündigen, muss ihr der Erfolg versagt werden. Auf das Vertragsverhältnis findet gemäß Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) seit dem 1. Januar 2003 Anwendung. Die von der Beklagten erklärte Kündigung findet ihre Rechtfertigung weder in § 488 Abs. 3 BGB (a.) noch ist hier die Regelung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB direkt (b.) oder entsprechend (c.) anwendbar. Auch aus § 490 Abs. 3, §§ 314, 313 Abs. 3 Satz 2 BGB, ergibt sich ein Kündigungsrecht nicht (d.).
32 
a. Die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung des Bausparvertrages durch die Bausparkasse gemäß § 488 Abs. 3 BGB liegen nicht vor.
33 
aa. Allerdings entspricht es der herrschenden Meinung, dass ein Bausparvertrag durch die Bausparkasse dann gemäß § 488 Abs. 3 BGB gekündigt werden kann, wenn er bis zur Bausparsumme vollständig angespart ist. Denn beim Bausparvertrag handelt es sich während der Ansparphase um einen Darlehensvertrag i. S. d. § 488 BGB, bei dem der Bausparer Darlehensgeber und die Bausparkasse Darlehensnehmerin ist. Der Bausparvertrag dient dem in § 1 ABB i. V. m. § 1 BauSparkG besonders definierten Zweck der Erlangung eines Bauspardarlehens in Höhe der Differenz zwischen Bausparsumme und Bauspareinlagen. Mit vollständiger Ansparung des Vertrages bis zur Bausparsumme kann dieser Zweck nicht mehr erreicht werden (Senat, Beschluss vom 14. Oktober 2011 - 9 U 151/11, juris; OLG Köln, Beschluss vom 23. März 2015 - 13 U 104/14, juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 2. Oktober 2013 - 19 U 106/13, juris; Staudinger/Mülbert [2015] BGB § 488 Rn. 548).
34 
bb. Eine Vollbesparung liegt jedoch nicht vor.
35 
(1) Unstreitig betrug das angesparte Bausparguthaben des über eine Bausparsumme von 20.451,68 EUR abgeschlossenen Vertrages zum Zeitpunkt der Kündigung 15.772,48 EUR.
36 
(2) Die Auffassung der Beklagten, die rückständigen Beiträge würden die Differenz zwischen dem aktuellen Bausparguthaben und der Bausparsumme übersteigen, so dass kein Bauspardarlehen mehr ausgezahlt werden müsste und daher ein Kündigungsrecht wie bei einer Vollbesparung bestehe, trifft nicht zu. Die Bestimmung des § 5 Abs. 4 ABB führt nicht dazu, dass die Bausparsumme erreicht ist. Nach dieser Vorschrift tritt an die Stelle des Rechts der Bausparkasse, den Bausparvertrag im Falle der Nichtzahlung der Regelsparbeiträge gemäß § 5 Abs. 3 ABB zu kündigen, das Recht, das dem Bausparer bereitgestellte (§ 13 ABB) oder bereitzustellende (§ 14 ABB) Bauspardarlehen um die rückständigen Bausparbeiträge samt deren Zinsen zu kürzen. Es kann dahinstehen, in welcher Höhe Rückstände aufgelaufen sind. Denn das Vorliegen dieser Voraussetzungen macht die Beklagte, die sich für die Berechtigung ihrer Kündigung gerade nicht auf § 5 Abs. 3 ABB stützt, weder geltend, noch sind sie sonst ersichtlich. § 5 Abs. 3 ABB erfordert eine vorherige schriftliche, erfolglose Aufforderung der Bausparkasse, die nicht geleisteten Bausparbeiträge zu entrichten; dazu ist nichts vorgetragen.
37 
Im Übrigen findet § 5 Abs. 4 ABB nur bei zugeteilten Bausparverträgen Anwendung. Die Zuteilung nach § 1 Abs. 5 BauSparkG liegt erst mit ihrer Annahme durch den Bausparer gemäß § 12 Abs. 1 ABB vor. Erst dann wird das Bauspardarlehen nach § 13 Abs. 1 ABB bereitgestellt oder ist es im Fall des § 14 Abs. 2 ABB bereitzustellen.
38 
Deshalb kann offen bleiben, ob eine Bausparkasse, die jahrelang die Nichtzahlung von Regelsparbeiträgen hinnimmt, ihr Kündigungsrecht verwirkt und es erst nach erneuter Zahlungsaufforderung bei zukünftigen Rückständen ausüben kann (so Weber, ZIP 2015, 961 [966]).
39 
cc. Die ordentliche Kündigung lässt sich auch nicht mit dem Argument des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Klägerin rechtfertigen, weil diese das Ziel des Erhalts eines Bauspardarlehens aufgegeben habe, wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung gemeint hat. Aus der gegenwärtigen Niedrigzinsphase lässt sich nicht ableiten, die Klägerin habe endgültig ihr Interesse an ein Bauspardarlehen verloren. Die weitere Zinsentwicklung lässt sich nicht sicher prognostizieren und die gegenwärtige Markteinschätzung der Beklagten erlaubt keine Feststellungen über die Absicht der Klägerin, ein Bauspardarlehen auf keinen Fall mehr in Anspruch nehmen zu wollen. Ein offenkundig rechtsmissbräuchliches Verhalten der Klägerin liegt nicht vor. Sie hat die Niedrigzinsphase nicht zu verantworten und macht aus nachvollziehbaren wirtschaftlichen Gründen die Rechte aus der Zuteilung nicht geltend.
40 
b. Die Voraussetzungen einer ordentlichen Kündigung durch die Bausparkasse gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegen nicht vor. Es kann dahinstehen, ob die Bestimmung von ihrem Sinn und Zweck her auf Sparverträge Anwendung findet, bei denen Einlagen an sogenannte „professionelle Darlehensnehmer“ geleistet werden (vgl. zum Meinungsstand: Senat, Urteil vom 23. September 2015 - 9 U 31/15, juris, Rn. 101; Weber, ZIP 2015, 961; ders., beck-Online.Großkommentar [BeckOGK]/Weber, Stand 1. Februar 2016, BGB, § 489 Rn. 9.1, Rn. 13ff.; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800). Jedenfalls ist der erstmalige Eintritt der Zuteilungsreife des Bauspardarlehens an den Bausparer nicht der vollständige Empfang des von dem Bausparer an die Bausparkasse gegebenen Darlehens.
41 
aa. Gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kann der Darlehensnehmer einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten ganz oder teilweise kündigen.
42 
(1) Allerdings handelt es sich bei einem Bausparvertrag um einen einheitlichen Darlehensvertrag mit gebundenen Sollzinssatz, der die Besonderheit aufweist, dass Bausparkasse und Bausparer mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre jeweiligen Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer tauschen. Die Einlagen des Bausparers stellen daher ein Darlehen an die Bausparkasse dar, für dessen Rückerstattung eine Zeit nicht bestimmt ist (Senat, Beschluss vom 14. Oktober 2011 - 9 U 151/11, juris, und Beschluss vom 4. Februar 2014 - 9 U 202/13; Mülbert/Schmitz FS Horn (2006), S. 777; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800; Weber, BB 2015, 961).
43 
(2) Der Zeitpunkt des vollständigen Darlehensempfangs unterliegt jedoch grundsätzlich der Disposition der Parteien, die privatautonom die Auszahlungsmodalitäten vereinbaren können. Denn die Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB begrenzt nicht die Privatautonomie der Parteien bezüglich der Regelung des Zeitpunkts des Darlehensempfangs und der Höhe des Darlehensbetrages. Bereits die in § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F. enthaltene Vorgängernorm diente nach der Gesetzesbegründung dem Schuldnerschutz vor überlangen Zinsbindungen. Sie geht auf § 18 Abs. 2 Hypothekenbankgesetz (HypBG, RGBl I 1899, 375) zurück, die für Hypothekendarlehen dieses zwingende Kündigungsrecht schon seit vielen Jahren enthielt (BT-Drucks. 10/4741, S. 22 f.). Weder diese Vorschrift noch § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F. oder § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB lassen den Schutz bereits in der Valutierungsphase beginnen. Ein Darlehen ist vollständig empfangen, wenn der Darlehensgeber es dem Darlehensnehmer entsprechend der darlehensvertraglichen Vereinbarung in Höhe des Darlehensnettobetrages zur Verfügung gestellt hat. Werden mehrere Teilzahlungen vereinbart, liegt ein vollständiger Empfang erst mit dem Eingang der letzten Teilzahlung vor (MünchKommBGB/Berger, 7. Aufl., § 489 Rn. 12; Staudinger/Mülbert, aaO, § 489 Rn. 43 m.w.N; Herberger/Martinek/Rüßmann/Schwintowski, jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 489 BGB Rn. 9; Palandt/Weidenkaff, BGB, 75. Aufl., § 489 Rn. 5). Somit kommt es entscheidend darauf an, welche Teilzahlungen die Parteien vereinbart haben. Erst wenn diese Vereinbarung erfüllt und keine weiteren Teilzahlungen mehr offen sind, ist das gesamte Darlehen empfangen.
44 
bb. Zum Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife liegt kein vollständiger Empfang des Darlehens i.S.v. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB vor.
45 
(1) Der Eintritt der Zuteilungsreife (§ 11 ABB) hat gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 ABB auf die Verpflichtung zur Entrichtung des Regelsparbeitrags, also zur Valutierung des vom Bausparer der Bausparkasse zu gewährenden Darlehens, keinen Einfluss, weshalb er zur Bestimmung der vereinbarten Darlehenshöhe nicht geeignet ist (BeckOGK/Weber, aaO, § 489 Rn. 49.1).
46 
Nach § 14 Abs. 1 ABB wird der Bausparvertrag im Falle einer Nichtannahme der Zuteilung oder einer nicht fristgemäß abgegebenen Annahmeerklärung fortgesetzt. Die vertragliche Pflicht zur Zahlung des Regelsparbeitrages gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 ABB gilt weiter.
47 
(2) Die Höhe der vereinbarten Darlehenssumme ist durch Auslegung der Allgemeinen Bausparbedingungen unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Bausparvertrages zu bestimmen. Der einzige im Vertrag konkret bestimmte Betrag ist die Bausparsumme von 20.154,68 EUR, die allerdings nach § 2 ABB sowohl das Bausparguthaben als auch das Bauspardarlehen umfasst. Das Bausparguthaben ist das Darlehen des Bausparers an die Bausparkasse. Aus § 11 Abs. 1 lit. a und b der ABB ergibt sich eine Mindestlaufzeit von 18 Monaten und ein Mindestsparguthaben von 40 % der Bausparsumme, also von 8.061,87 EUR. Daraus lässt sich jedoch die Vereinbarung eines Nettodarlehensbetrages noch nicht ableiten. Aus den § 13 Abs. 1, § 11 Abs. 1 lit. b ABB i. V. m. § 1 ABB ist lediglich erkennbar, dass dieser durch die Bausparsumme begrenzt ist, also zwischen dem Mindestsparguthaben von 40 % und 100 % der Bausparsumme liegt. Bei dem Bausparvertrag und damit auch bei dem Bausparguthaben sind zudem die Ungewissheit sowohl des Zeitpunkts des Eintritts der Zuteilungsreife als auch des Abrufs des Bauspardarlehens seitens des Bausparers, der zur Auszahlung führt, zu berücksichtigen. Den ersten Zeitpunkt hat der Bausparer nicht allein in der Hand. Der zweite Zeitpunkt, der von dem ersten abhängig ist, kann von dem Bausparer bestimmt werden. Daher lässt sich die Höhe des Darlehens allenfalls nach dem Umfang der Pflicht zur Zahlung der vereinbarten Sparbeiträge des Bausparers ermitteln (BeckOGK/Weber, aaO, § 489 Rn. 47ff.).Zudem ist die Bausparkasse nicht berechtigt, den vertraglichen Zinsanspruch des Bausparers durch Verweigerung der Annahme der vereinbarten Sparbeiträge zu vereiteln.
48 
(3) Auch aus den Bestimmungen über die Regelsparbeiträge lässt sich die vereinbarte Nettodarlehenssumme indessen nicht ermitteln:
49 
Nach § 5 Abs. 1 S. 2 ABB ist der Bausparer berechtigt und verpflichtet, Regelsparbeiträge bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme zu entrichten. Daher ist die volle Ansparphase bis zum Auszahlungszeitpunkt eine Phase der fortlaufenden Teilvalutierungen. Da der Bausparer weder zur Annahme der Zuteilung noch zum Auszahlungsverlangen des Darlehens verpflichtet ist (arg. e § 13 Abs. 1, § 14 Abs. 1, § 18 ABB) und der Bausparvertrag dann nach § 14 Abs. 1 ABB fortgesetzt wird, ist die maximale Höhe des „Darlehens“ des Bausparers durch die Höhe der Bausparsumme begrenzt. Im Fall der erfolgten Zuteilung steht es dem Bausparer als Darlehensgeber folglich durch sein Auszahlungsverlangen frei, die Darlehenssumme zu begrenzen.
50 
(4) Das erhellt zugleich, dass auch die Zuteilungsnachricht (§ 12 ABB) als Wissens- und Willenserklärung der Bausparkasse (Mülbert/Schmitz, FS Horn, aaO, S. 781) und selbst die Annahme der Zuteilung auf die vereinbarte Darlehenssumme keinen Einfluss hat. Gemäß § 13 Abs. 1 ABB führt die Annahme der Zuteilung lediglich zur Verpflichtung der Bausparkasse, die Bausparsumme in der Form des Bausparguthabens und des Bauspardarlehens bereitzuhalten. Die Auszahlung hängt zusätzlich von dem Abruf durch den Bausparer ab. Bis dahin bleibt er nach § 5 Abs. 1 S. 2 ABB zur Zahlung der Regelsparbeiträge berechtigt und verpflichtet.
51 
(5) Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich aus § 489 Abs. 1 Nr. 2, 2. Hs. BGB nichts anderes. Gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kann, wie bereits ausgeführt, der Vertrag nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens gekündigt werden. Nach dem 2. Halbsatz dieser Regelung tritt dann, wenn nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen wird, der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Empfangs. Damit setzt die dort geregelte Maßgeblichkeit der Vereinbarung für den Fristbeginn voraus, dass diese nach dem vollständigen Darlehensempfang getroffen wurde. Auf die Vollständigkeit des Empfangs des Darlehens wird nicht verzichtet. Der 2. Halbsatz des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB stellt mit der Vereinbarung vielmehr eine zusätzliche Voraussetzung für die Möglichkeit der Kündigung auf, die im Vergleich zum 1. Halbsatz der Bestimmung, der ausschließlich auf den vollständigen Erhalt des Darlehens abstellt, zu einem weiteren Hinausschieben der Kündigungsmöglichkeit führt (Staudinger/Mülbert, aaO, § 489 Rn. 45).
52 
cc. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB lässt sich auch nicht dahingehend auslegen, dass der „vollständige Empfang“ den Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife mit erfasst (so aber Staudinger/Mülbert, aaO, § 489 Rn. 51, sowie Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800 [1803]). Sinn und Zweck der Vorschrift erfordern eine solche Auslegung auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Bausparvertrages nicht. Diesen werden vielmehr durch die ABB und sonstigen gesetzlichen Bestimmungen Rechnung getragen. Die gegenteilige Auslegung widerspricht dem Wesen des Bausparvertrages. Ob ein Darlehen vollständig empfangen ist, ist nicht nur aus Sicht des Schuldners des Darlehens zu beurteilen, wie die Beklagte meint, sondern auch aus Sicht der Bausparkasse, die insoweit die Interessen der Zweckgemeinschaft der Bausparer wahrzunehmen hat. Diese hat ein Interesse, durch einen stetigen Zufluss von Sparbeiträgen die Zuteilungsmasse zu vergrößern, um die Zuteilung von Bauspardarlehen zu beschleunigen. Der Erwerb eines bedingten Anspruchs auf ein Bauspardarlehen während der Ansparphase setzt die im Wechselverhältnis stehenden vertraglichen Hauptleistungspflichten von Leistung der Sparbeiträge und Gewährung eines Bauspardarlehens nicht außer Kraft.
53 
c. Eine rechtsentsprechende Anwendung der Bestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf den erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife bei Bausparverträgen kommt nicht in Betracht. Der Meinung der Beklagten, eine normzweckorientierte Anwendung der Vorschrift unter Berücksichtigung der für Bausparverträge charakteristischen Interessen- und Pflichtenlage der Vertragsparteien rechtfertige die Gleichstellung des vollständigen Empfangs der Darlehensvaluta im Sinne des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit dem erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife (so auch Mülbert/Schmitz, FS Horn, aaO, S. 786; daran anknüpfend Edelmann/Suchowerskyj, WM 2015, 1800; sowie Rollberg, EWiR 2016, 3; Simon, EWiR 2015, 723; OLG Celle, Beschluss vom 3. Februar 2016 - 3 U 192/15; OLG Koblenz, Beschluss vom 18. Januar 2016 - 5 O 38/15; OLG Köln, Beschluss vom 11. Januar 2016 - 13 U 151/15; OLG Hamm, Beschluss vom 30. Dezember 2015 - 31 U 191/15, juris), vermag der Senat nicht zu folgen.
54 
Eine Analogie setzt eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus. Ob eine derartige Lücke vorhanden ist, ist vom Standpunkt des Gesetzes und der ihm zugrunde liegenden Regelungsabsicht zu beurteilen. Das Vorliegen der vom Gesetzgeber unbeabsichtigt gelassenen Lücke und ihre Planwidrigkeit muss dabei aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden können, weil sonst jedes Schweigen des Gesetzgebers - und das ist der Normalfall, wenn er etwas nicht regeln will - als planwidrige Lücke im Wege der Analogie von den Gerichten ausgefüllt werden könnte. Für eine Analogie ist weiter erforderlich, dass der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem gesetzlich geregelten Tatbestand vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen (BGH, Beschluss vom 20. November 2014 - IX ZB 16/14, WM 2015, 131).
55 
aa. Eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit liegt nicht vor. Dass vom Gesetz mit der Bestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB bei von herkömmlichen Darlehensverträgen abweichenden Bausparverträgen auch der erstmalige Eintritt der Zuteilungsreife erfasst werden sollte, lässt sich den Gesetzgebungsmaterialien nicht entnehmen. Der historische Gesetzgeber hat sich bei der Einführung des § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F., der Vorgängerbestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, von der zu diesem Zeitpunkt schon seit langem geltenden Vorschrift des § 18 Abs. 2 HypBG a.F. leiten lassen (BT-Drucks. 10/4741, S. 23, s. bereits oben unter II.2.b.aa [2]). Nach § 18 Abs. 2 S. 1 HypBG a.F. durfte das Recht der Rückzahlung nur bis zu einem Zeitraume von zehn Jahren ausgeschlossen werden. Nach Satz 2 dieser Bestimmung begann dieser Zeitraum mit der Auszahlung des Darlehens, im Falle der Auszahlung in Teilbeträgen mit der letzten Zahlung. Der 2. Halbsatz entspricht § 489 Abs. 1 Nr. 2 2. Hs. BGB.
56 
Nach der Gesetzesbegründung zur Einführung der Kündigungsrechte in § 609a BGB a.F. wollte der Gesetzgeber die zu weite Schuldnerschutzvorschrift des § 247 Abs. 1 BGB a.F. auf ein angemessenes Maß zurückführen und insbesondere im Bereich der festverzinslichen Kredite das Prinzip der vertraglichen Bindung und Risikozuweisung durchsetzen. Dem widersprach das freie Kündigungsrecht nach § 247 BGB a.F. bei einem Zinssatz von mehr als 6 % unabhängig von der Marktentwicklung. Der Gesetzgeber hat bei dieser Gelegenheit - ohne nähere Begründung - die Vorschrift des § 18 Abs. 2 HypBG auf sämtliche festverzinslichen Kredite ausgedehnt (BT-Drucks. 10/4741, S. 22). Ziel war also im Wesentlichen nicht die von der Beklagten vertretene Ausweitung, sondern die Begrenzung der Kündigungsmöglichkeiten.
57 
Dass insoweit nicht eine vom Gesetzgeber nicht geplante, sondern vielmehr eine bewusste Regelungslücke vorliegt, ist insbesondere an der durch Gesetz vom 21. Dezember 2015 erfolgten Änderung des Bausparkassengesetzes ersichtlich. In Kenntnis der Kleine[n] Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 4. Februar 2015 (BT-Drucks. 18/3944) sowohl bezüglich der Kündigungen von Bausparkassen infolge der durch die Niedrigzinsphase bedingten wirtschaftlichen Schwierigkeiten als auch bezüglich eines Kündigungsrechts nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zehn Jahre nach Eintritt der Zuteilungsreife (Nr. 9), hat die Bundesregierung im Oktober 2015 den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes der Bausparkassen vorgelegt (BT-Drucks. 18/6418). Dieser - durch den Gesetzgeber am 21. Dezember 2015 insoweit umgesetzte - Entwurf sah trotz der bestehenden Rechtsunsicherheit eine klarstellende oder verdeutlichende Ausweitung des „vollständigen Empfangs“ eines Darlehens auf den erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife in § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gerade nicht vor, obwohl Ziel u. a. die Verbesserung der Reaktionsmöglichkeiten auf die anhaltende Niedrigzinsphase war (BT-Drucks. 18/6418, S. 1). Die Bundesregierung sah ausweislich ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage vom 4. Februar 2015 bzgl. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB keinen - klarstellenden - Handlungsbedarf (vgl. BT-Drucks. 18/4195, S. 3 zu Nr. 9).
58 
bb. Gleichfalls ist der rechtlich hier zu beurteilende Sachverhalt nicht mit dem gesetzlich geregelten Tatbestand vergleichbar. Das ergibt sich auch daraus, dass die Beklagte den Schutz der Bausparergemeinschaft bemüht, einer Gemeinschaft, die gerade im Vergleich zu herkömmlichen Darlehensverträgen im Rahmen rechtlicher Beurteilungen andere Schlussfolgerungen zulässt (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360).
59 
cc. Es kann nicht angenommen werden, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen, weil die Interessenabwägung keine Analogie rechtfertigt.
60 
(1) Der Zweck des Bausparvertrages ist aus Sicht des Bausparers der Erhalt eines zinsgünstigen, nur nachrangig zu besichernden Darlehens unterhalb des Marktniveaus. Die Voraussetzungen hierfür hat er durch die Leistung der vertraglichen Regelsparbeiträge an die Zweckgemeinschaft der Bausparer zu schaffen, für die er - nach der herkömmlichen Ausgestaltung - eine unterhalb des Marktniveaus liegende Habenverzinsung in Kauf zu nehmen hat. Dieses sich gegenseitig bedingende Wechselverhältnis zwischen Bauspareinlagen und Bauspardarlehen innerhalb der beschränkten Personengruppe der Bausparer ist maßgebend für das Bauspargeschäft und wird in § 1 Abs. 1 und 2 BauSparkG definiert (Schäfer/Cirpka/Zehnder, Bausparkassengesetz, 5. Aufl. § 1 Anm. 1). Die charakteristische Prägung des Bauspargeschäfts ergibt sich zusätzlich aus der Vertragszweckbestimmung des § 1 ABB sowie den Erläuterungen zu den Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge II, die auf das zinsgünstige Bauspardarlehen auf Grund von bedingungsgemäßen Ansparleistungen hinweisen.
61 
(2) Es lässt sich nicht mit den gesetzlichen Regelungen in Einklang bringen, das „charakteristische gemeinsame Sparziel“ des Bausparvertrages lediglich mit der Erlangung der „Möglichkeit der Ausübung der Option zur Erlangung eines Bauspardarlehens“ zu definieren, wie die Beklagte meint.
62 
(a) Aus § 1 Abs. 2 BauSparkG ergibt sich keine einschränkende Zweckbestimmung. Zwar ist nach der dort enthaltenen Legaldefinition Bausparer, wer mit einer Bausparkasse einen Vertrag schließt, durch den er nach Leistung von Bauspareinlagen einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens erwirbt (Bausparvertrag). Diese Vorschrift darf aber nicht isoliert als allein Zweck bestimmend herangezogen werden (so aber Mülbert/Schmitz, FS Horn, aaO, S. 786; Staudinger/Mülbert, aaO, § 488 Rn. 550). Mit der Formulierung, der Bausparer erwerbe einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens, bringt der Gesetzgeber vielmehr zum Ausdruck, dass, anders als bei einem gewöhnlichen Darlehen oder einem Forward-Darlehen, der Darlehensauszahlungsanspruch nicht bereits mit Vertragsschluss begründet wird, sondern von der bausparvertragstypischen Ansparleistung des Bausparers und den Sparleistungen des Kollektivs abhängig ist. Insbesondere ist § 1 Abs. 2 BauSparkG im Zusammenhang mit der zentralen Begriffsbestimmung des Bauspargeschäfts in § 1 Abs. 1 BauSparkG (s.o.) sowie der damit bezweckten Wohnungsbauförderung (§ 1 Abs. 3 BauSparkG) zu sehen. Er ergänzt lediglich die tatsächlich begriffsprägende Vorschrift des § 1 Abs. 1 BauSparkG.
63 
Auch die Gesetzesmaterialien geben für die einschränkende Zweckbestimmung keinen Anhaltspunkt. Die Gesetzesbegründung zum Bauspargesetz (BT-Drucks. VI/1900, S. 9 ff.) beschreibt das Wesen des Bauspargeschäfts in der Ansammlung von Kapital zur nachstelligen Finanzierung des Wohnungsbaus. Als charakteristisch wird das Kollektiv, also die Geschlossenheit des Personenkreises beschrieben, deren Mitglieder zunächst bis zur Auszahlung des Bausparguthabens Gläubiger und später nach Zuteilung des Bauspardarlehens Schuldner der Bausparkasse werden. Dabei betont der Gesetzgeber das Wechselverhältnis von Verzicht auf einen nicht marktgerechten Einlagenzins zu Gunsten eines niedrigen Darlehenszinses. Das Entstehen des bedingten Anspruchs auf ein Bauspardarlehen nach Eintritt der Zuteilungsreife wird nicht als Zwischenziel erwähnt. Es wird auf den Auszahlungszeitpunkt abgestellt. Dem entspricht § 5 Abs. 1 S. 2 ABB.
64 
(b) Die Auffassung der Beklagten, Zweck des Bauspargeschäfts sei lediglich die Erlangung des Optionsrechts, anstelle des Darlehens selbst, widerspricht zudem dem von ihr in § 1 ABB selbst definierten Vertragszweck. Ihre Auffassung beachtet nicht die Nachteile des Bausparers bei der Hinnahme einer unterhalb des Marktniveaus liegenden Verzinsung des Bausparguthabens. Hierzu ist der Bausparer bereit, weil ihm die daraus resultierenden Vorteile der Zweckgemeinschaft der Bausparer zugutekommen. Anschließend kann er ein zinsgünstiges Bauspardarlehen unterhalb des Marktniveaus nutzen. Der Anspruch auf Abschluss eines Darlehensvertrages selbst stellt daher noch nicht den wirtschaftlichen Ausgleich für die bereits in der Ansparphase hingenommenen wirtschaftlichen Nachteile dar.
65 
(c) Der Erhalt eines Anspruchs auf ein Darlehen ist lediglich ein notwendiges Zwischenziel. Dem kommt entgegen der Auffassung der Beklagten (so auch Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800) keine überragende Bedeutung im Sinne einer Zweckerreichung zu. Dies folgt aus den Besonderheiten der Vergabe der Bauspardarlehen aus den begrenzten Mitteln des Kollektivs der Bausparer.
66 
Gemäß § 4 Abs. 5 BauSparkG können sich Bausparkassen vor Zuteilung eines Bausparvertrages nicht verpflichten, die Bausparsumme zu einem bestimmten Zeitpunkt auszuzahlen. Die Bausparkasse kann erst dann Bauspardarlehen ausreichen, wenn ihr von den Mitgliedern des Bausparkollektivs ausreichend Mittel zur Verfügung gestellt wurden. Die Mindestwartezeit lässt sich anhand der Bausparbedingungen errechnen. Bei dem vertraglich vereinbarten Regelsparbeitrag in Höhe von 4,2 Promille der Bausparsumme (§ 5 Abs. 1 S. 1 ABB) sowie einem Mindestsparguthaben von 40 % der Bausparsumme als Zuteilungsvoraussetzung (§ 11 Abs. 1 lit. b ABB) dauert die Ansparphase auch unter Berücksichtigung der Guthabenzinsen von 3 % p.a. (§ 6 Abs. 1 ABB) etwas mehr als sieben Jahre. Diese bausparvertragstypische, regelmäßig mehrjährige Wartezeit bringt es mit sich, dass der Bausparer bei Vertragsabschluss noch nicht absehen kann, wann ihm ein Bauspardarlehen gewährt werden kann (BT-Drucks. VI/1900, S. 10ff.). Ihm ist eine verlässliche Planung nicht möglich.
67 
Zudem besteht eine auf wohnungswirtschaftliche Maßnahmen beschränkte Verwendungsmöglichkeit des Darlehens, § 1 Abs. 2 ABB. Für den Bausparer besteht somit das Risiko, dass ihm die angebotene Zuteilung der Bausparsumme zeitlich ungelegen kommt, weil sein geplanter Verwendungszweck sich zwischenzeitlich erledigt hat oder erst später ansteht. Daher besteht keine Pflicht zur Annahme der Zuteilung, worauf in den Erläuterungen zu den Allgemeinen Bausparbedingungen ausdrücklich hingewiesen wird.
68 
(3) Der Eintritt der Zuteilungsreife verschafft dem Bausparer nicht eine besondere Rechtsposition, mit der er die Bausparkasse unangemessen lange an einen bereits bei Vertragsschluss fest vereinbarten Guthabenzinssatz binden kann.
69 
Fehl geht das Argument der Beklagten, mit Erreichen der Zuteilungsreife könne der Bausparer seine Sparleistungen einstellen, aber gleichzeitig die Bausparkasse an die bei Vertragsabschluss fest vereinbarten Guthabenzinsen binden. Die ABB sehen kein Recht des Bausparers vor, die Regelsparbeiträge einzustellen (vgl. Senat, Urteil vom 17. Februar 2016 - 9 U 137/15). § 5 Abs. 1 ABB enthält die Verpflichtung des Bausparers, über den Eintritt der Zuteilungsreife hinaus und sogar noch nach der Annahme der Zuteilung die Regelsparbeiträge bis zum ersten Auszahlungszeitpunkt zu bezahlen. Die vereinzelt vertretene Auffassung, es bestehe keine Pflicht zur Zahlung der Regelsparbeiträge, der Sparer könne vielmehr die Zahlungen aussetzen oder der Höhe nach variieren (Laux, VW 1996, 328; Verlautbarung des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen [BAKred], ZIP 1995, 691 [695]; Oiwoh, Zur Kündigung von Bausparverträgen im deutschen und österreichischen Recht, Diplomarbeit 2016, Graz, S. 9), trifft nicht zu. Bei der Zweckspargemeinschaft der Bausparer ist die Einzahlung der Sparbeiträge Hauptleistungspflicht der Bausparer (Schäfer/Cirpka/Zehnder, aaO, § 5 Anm. 27; Staudinger/Mülbert, aaO, § 488 Rn. 542). Nur durch ihre Einlagenzahlungen ist die Ausreichung der Bauspardarlehen an andere Mitglieder möglich. Sie sind prägend für das Kollektivsystem zwischen Bausparern und Kreditnehmern (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 Rn. 46; Schimansky/Bunte/Lwowski/Rümker/Winterfeld, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 124 Rn. 167). Die Regelung über die Verpflichtung zur Zahlung des Regelsparbeitrags in den ABB der Beklagten ist nach dem Wortlaut eindeutig als Vertragspflicht ausgestaltet (vgl. Senat, Urteil vom 17. Februar 2016 - 9 U 137/15). Systematisch regelt § 5 Abs. 1 ABB die Leistungspflicht. § 5 Abs. 2 ABB enthält die Möglichkeit des Bausparers, über den Regelsparbeitrag hinaus mit Zustimmung der Bausparkasse freiwillig höhere Sonderzahlungen zu leisten. § 5 Abs. 3 ABB enthält das Kündigungsrecht der Bausparkasse bei Nichtzahlung der Raten. Dadurch hat die Bausparkasse ein wirkungsvolles Instrument, die mit dem Vertrag vereinbarte Risikoverteilung hinsichtlich der Zinsentwicklung sowie der Verwendungseignung aufrechtzuerhalten. Das Recht des Bausparers, niedrigere Sparbeiträge zu zahlen oder die Zahlung einzustellen, ist in den ABB nicht vorgesehen und wäre mit dem ausdrücklich geregelten Kündigungsrecht der Bausparkasse unvereinbar. Von einer echten Leistungspflicht geht im Übrigen auch das Bausparkassengesetz aus. Nach § 5 Abs. 3 Nr. 1 BauSparkG müssen die Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge Bestimmungen über die Höhe und Fälligkeit der Leistungen des Bausparers sowie über die Rechtsfolgen, die bei Leistungsverzug eintreten, enthalten.
70 
(4) Eine analoge Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB scheidet hier zudem aus, weil selbst bei fiktiver Gleichstellung des Darlehensempfangs mit dem Zeitpunkt der ersten Zuteilungsreife nach der bausparvertragstypischen Vertragsgestaltung eine überlange Zinsbindung der Bausparkasse von mehr als zehn Jahren nicht gegen ihren Willen eintreten kann.
71 
(a) Bei der vertragskonformen Durchführung des Bausparvertrages ist eine Bindung der Bausparkasse von mehr als zehn Jahren nach erstmaliger Erlangung der Zuteilungsreife ausgeschlossen. Die längste vertragliche Laufzeit nach Zuteilungsreife für das hier als Darlehen zu wertende Bausparguthaben lässt sich anhand der Höhe des Regelsparbeitrags, des Habenzinssatzes und des Mindestsparguthabens ermitteln. Bei der geschuldeten monatlichen Sparzahlung in Höhe von 4,2 Promille der Bausparsumme gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 ABB und einem Habenzinssatz von 3 % p.a. gemäß § 6 Abs. 1 ABB beträgt die maximale Laufzeit bis zur Vollbesparung der Bausparsumme ca. 16 Jahre. Die Zuteilungsreife bei einem vertraglichen Mindestsparguthaben von 40 % der Bausparsumme (§ 11 Abs. 1 lit. b ABB) tritt nach etwas mehr als sieben Jahren ein. Die Bausparkasse ist bei vertragsmäßiger Durchführung ab Zuteilungsreife längstens neun Jahre gebunden. Im Falle einer vorherigen Annahme der Zuteilung endet die Verzinsungspflicht gemäß § 6 Abs. 2 S. 3 ABB vorzeitig spätestens mit Ablauf des Monats der Bereitstellung. Damit ist das Darlehen zinslos.
72 
(b) Die von der Beklagten zur Begründung der Analogie angeführte überlange Zinsbindung der Bausparkasse von mehr als zehn Jahren kann nur bei einer Einstellung der Zahlung der Regelsparbeiträge entstehen. Diese stellt aber ein vertragswidriges Verhalten des Bausparers dar, welches die Bausparkasse nach § 5 Abs. 3 ABB zur Kündigung berechtigt. Die eigenmächtige Abweichung des Bausparers vom Vertrag ist kein bausparvertragstypisches Risiko, dem mit einer analogen Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB begegnet werden müsste.
73 
(aa) Das Ruhenlassen eines zuteilungsreifen Bausparvertrages ist nicht charakteristisch für das Bauspargeschäft. Es lässt sich weder den gesetzlichen Vorschriften noch den ABB entnehmen. Die Einsammlung von Kapital, um den Bausparern schnellstmöglich Bauspardarlehen aus Mitteln des Kollektivs zur Verfügung stellen zu können, gehört zum Wesen des Bausparvertrages (BT-Drucks. IV/1900, S. 11). Die Einstellung der Sparleistungen widerspricht dem. Es mag zwar ständige Praxis der Bausparkassen sein, die Einstellung der Zahlung der Regelsparbeiträge nach erstmaliger Zuteilungsreife hinzunehmen. Hieraus lassen sich aber keine rechtlichen Schlüsse ziehen. Diese Praxis kann der Bausparkasse mangels Vertragsänderung nicht einseitig aufgedrängt werden. Sie hat vielmehr einen Anspruch auf Zahlung der Regelsparbeiträge (vgl. bereits oben unter II.2.b.bb [3]).
74 
(bb) Allerdings entsprach die Einstellung der Regelsparbeiträge in der Vergangenheit dem Interesse der Bausparkassen. Außerhalb der gegenwärtigen Niedrigzinsphase war das Ruhenlassen der zuteilungsreifen Bausparverträge für die Bausparkasse günstig, da ihr die Mittel zur Zuteilung anderer Bauspardarlehen zur Verfügung blieben und sie aus der Zinsdifferenz zu den Zinssätzen der ausgereichten Bauspardarlehen risikolos Erträge erwirtschaften konnte. Lange Zeit lagen zudem die Habenzinssätze unterhalb des Marktniveaus. Zudem dürfte diese Praxis die Attraktivität des Bausparens gesteigert und die Werbung neuer Bausparer erleichtert haben.
75 
Weiter war während des Ruhens des Bausparvertrages für die Bausparkasse das noch bestehende Zinsrisiko für die Restlaufzeit im Falle der Wiederaufnahme der Einzahlungen jederzeit überschaubar. Sie war dadurch in der Lage, durch Aufforderung des Bausparers, seinen Einzahlungspflichten wieder nachzukommen, den Vertrag wieder in Vollzug zu setzen. Damit konnte sie das mit dem Vertrag von vornherein übernommene Zinsänderungsrisiko und die faktische Verlängerung der Zinsbindung jederzeit steuern. Sie hatte es also in der Hand, eine Zinsbindung von mehr als zehn Jahren zu vermeiden.
76 
d. Die Beklagte kann die Kündigung auch nicht auf § 490 Abs. 3, §§ 314, 313 Abs. 3 BGB stützen (zum Verhältnis der Bestimmungen zueinander vgl. Senat, Urteil vom 23. September 2015 - 9 U 31/15, WM 2016, 311, Rn. 147).
77 
aa. Zu Recht beruft sich die Beklagte in der Berufung nicht mehr auf ein Kündigungsrecht aus § 490 Abs. 3, § 314 BGB. Nach § 314 BGB ist eine Kündigung zulässig, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Wie bereits ausgeführt, stellt die Nichtabnahme des Bauspardarlehens kein vertragswidriges Verhalten des Bausparers dar. Hinsichtlich der Nichtzahlung der Regelsparbeiträge hat die Bausparkasse ein spezielleres Kündigungsrecht aus § 5 Abs. 3 ABB, dessen Voraussetzungen nicht vorliegen. Die Schaffung der Kündigungsvoraussetzungen und die sich daran anschließende Möglichkeit der Ausübung dieses Kündigungsrechts ist ihr zuzumuten. Die Nichtausübung in der Vergangenheit beruhte auf einer eigenen freien Entscheidung.
78 
bb. Auch aus § 490 Abs. 3, § 313 Abs. 3 BGB ergibt sich ein Kündigungsrecht nicht. Nach § 313 BGB kann eine Vertragsanpassung verlangt werden, wenn sich die Umstände, die Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert haben, die Parteien deshalb den Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten und das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zumutbar ist. Die Geschäftsgrundlage eines Vertrages wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gebildet durch die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut (statt aller BGH, Urteil vom 24. März 2010 - VIII ZR 235/09, juris). Diese Vorstellungen müssen sich als falsch herausgestellt haben. Die Parteien müssten, wenn sie dies vorausgesehen hätten, den Vertrag anders geschlossen haben (BGH, Urteil vom 7. März 2013 - VII ZR 68/10, WM 2014, 134). Eine Anpassung des Vertrages kann zudem nur gefordert werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Bei der Auflösung eines Vertrags wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB handelt es sich um eine von vornherein auf besondere Ausnahmefälle beschränkte rechtliche Möglichkeit, die zur Vermeidung untragbarer, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin unvereinbarer Folgen unabweisbar erscheinen muss (BGH, Urteil vom 8. Mai 2014 - I ZR 210/12 NZG 2014, 1036). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
79 
(1) Die Geschäftsgrundlage wäre nicht entfallen, wenn die Klägerin ihre Absicht zur Inanspruchnahme des Bauspardarlehens endgültig aufgegeben hätte. Zwar war Vertragszweck nach § 1 BauSparkG, § 1 ABB die Erlangung von Mitteln zur wohnwirtschaftlichen Verwendung (s. bereits oben unter II.2.c.cc.[2][c]). Doch ist zum einen die Beklagte hinsichtlich dieses Vorbringens beweisfällig geblieben. Zum anderen ist der Wegfall dieser Geschäftsgrundlage nicht allein aus der über zehn Jahre dauernden nicht erfolgten Inanspruchnahme des Bauspardarlehens abzuleiten. Schon der seit Abschluss des Bausparvertrages bis zur Zuteilungsreife vergehende Zeitraum legt es angesichts der Notwendigkeit der wohnwirtschaftlichen Verwendung des Bauspardarlehens nahe, dass aufgrund veränderter Umstände das Bauspardarlehen nicht in Anspruch genommen wird. Auch für diesen Fall ist nach der vertraglichen Vereinbarung die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses vorgesehen, mithin eine Risikoverteilung vorgenommen worden.
80 
(2) Die Geschäftsgrundlage wäre auch nicht entfallen, wenn das Gleichgewicht zwischen Bauspareinlagen und -darlehen mit der Folge dauerhaft gestört wäre, dass die Beklagte ihre Verpflichtungen nicht mehr erfüllen könnte. Die Beklagte hat über den gesetzlich vorgegebenen Rahmen hinaus insoweit das vertragsspezifische Risiko übernommen, was ein weiteres Festhalten am Vertrag nicht als unzumutbar erscheinen lässt. Eine solche vertragliche Risikoübernahme schließt die Rechte aus § 313 BGB regelmäßig aus (BGH, Urteil vom 21. Februar 2014 - V ZR 176/12, NJW 2014, 2177). Eine Abweichung hiervon ist hier nicht geboten. Es hätte der Beklagten oblegen, von der bestehenden Möglichkeit Gebrauch zu machen, das Risiko der Zinsentwicklung durch eine geeignete Vertragsgestaltung anders zu gewichten oder ihre vereinbarten Rechte auszuüben.
81 
3. a. Die Verpflichtung zur Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren folgt aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB, weil die Beklagte durch die unberechtigte Kündigung ihre Pflicht zur Rücksichtnahme nach § 241 Abs. 2 BGB verletzt hat.
82 
b. Die notwendigen Rechtsverfolgungskosten betragen unter Berücksichtigung einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr, einer Auslagenpauschale von 20,00 EUR und der Umsatzsteuer insgesamt 413,64 EUR, weil für die Gebührenrechnung ein Gegenstandswert von 3.167,66 EUR anzusetzen ist.
83 
aa. Der Gegenstandswert für die vorgerichtlichen Anwaltskosten ist gemäß § 23 Abs. 3 RVG i. V. m. § 48 GKG, § 3 ZPO nach dem maßgeblichen wahren Interesse der Klägerin an dem Urteil (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juni 1976 - VI ZR 154/75) zu schätzen.
84 
bb. Bei der Klage auf Feststellung des Fortbestehens eines Bausparvertrages kommt es dem Kläger hinsichtlich des Bausparguthabens nicht auf den Rückerhalt oder die eigene Nichtzahlung eines Kapitalbetrages in Höhe des Guthabens an, sondern auf den fortgesetzten Erhalt des vereinbarten Entgelts für die Kapitalüberlassung. Im Rahmen der Feststellungsklage kann zudem der Gedanke des § 9 ZPO berücksichtigt werden (BGH, Beschluss vom 30. April 2008 - III ZR 202/07, juris, Rn. 2; MünchKommZPO/Wöstmann, 4. Aufl. 2013, § 9 Rn. 2). Soweit § 9 ZPO voraussetzt, dass das Stammrecht selbst im Streit ist (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 9 Rn. 1; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11. April 2005 - 17 W 21/05), ist diese Voraussetzung hier erfüllt, da die Feststellung des Fortbestands des Bausparvertrages die des Bezugsrechts des Bausparers für die künftigen Zinsen umfasst. Diesbezüglich ist daher der 3,5-fache Jahreszins aus dem Bausparguthaben bei Mandatierung anzusetzen.
85 
cc. Neben dem Zinsinteresse ist auch das mögliche Interesse des Klägers am Erhalt des Bauspardarlehens in Höhe der Differenz zwischen der Bausparsumme und dem angesparten Guthaben zu berücksichtigen. Dieses besteht alternativ zum Zinsinteresse, weil die Inanspruchnahme des Darlehens die Verzinsungspflicht des Bausparguthabens entfallen lässt. Wegen des Alternativverhältnisses der Interessen des Bausparers und der Ungewissheit, ob das Bauspardarlehen in Anspruch genommen wird, hält es der Senat im Rahmen der Feststellungsklage für gerechtfertigt, das wirtschaftliche Interesse beider Ansprüche zu kumulieren und sie mit einem Abschlag von 50% zu berücksichtigen.
86 
dd. Die Zinserwartung aus dem zum Zeitpunkt der Mandatierung bestehenden Bausparguthaben in Höhe von 15.772,48 EUR betrug bei einem Zinssatz von 3 % p.a. für einen Zeitraum von 3,5 Jahren 1.656,11 EUR. Diese ist mit einem 50-prozentigen Abschlag mit einem Betrag von 828,06 EUR anzusetzen.
87 
Zum Zeitpunkt der Mandatierung bestand ein Darlehensanspruch in Höhe von 4.679,20 EUR, der ebenfalls mit 50 %, also 2.339,60 EUR, anzusetzen ist, woraus sich der Gegenstandswert von 3.167,66 EUR errechnet.
III.
88 
1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2, § 269 Abs. 3 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO. Hinsichtlich der Streitwertbemessung wird auf die oben stehenden Ausführungen zum Gegenstandswert der vorgerichtlichen Anwaltskosten Bezug genommen. Durch den Instanzenzug haben sich keine wesentlichen Wertveränderungen ergeben.
89 
2. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO zuzulassen, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung hat und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung von den Hinweisbeschlüssen und Entscheidungen der Oberlandesgerichte Hamm, Koblenz, Köln und Celle ab, die eine auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gestützte Kündigung des Bausparvertrages für rechtmäßig halten.

Tenor

Die Beschwerde des Klägervertreters gegen die Festsetzung des Streitwerts in der Entscheidung der 12. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 12.03.2015, Az 12 O 502/14, wird zurückgewiesen.

Gründe

 
Die gem. § 68 Abs. 1 GKG statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Das Landgericht hat mit zutreffender Begründung, die der Senat sich zu Eigen macht, den Streitwert festgesetzt und der Beschwerde nicht abgeholfen.
Das Landgericht hat zutreffend den Streitwert auf bis zu 3.000 EUR festgesetzt, ohne dabei den Wert des bezifferten Antrags zu übergehen. Dieser übersteigt einschließlich der vom Landgericht errechneten Zinsen nicht den festgesetzten Wert.
Das Landgericht hat zu Recht das Interesse nach dem Interesse des Klägers an dem Erhalt der Verzinsung bewertet und nicht nach dem Wert des Bausparguthabens. Gem. § 48 Abs. 1, § 3 ZPO ist der Wert des Verfahrens nach freiem Ermessen zu schätzen, wobei es maßgeblich auf das Interesse des Klägers ankommt. Bei der Klage auf Feststellung des Fortbestehens eines Bausparvertrages kommt es ihm nicht auf den Rückerhalt oder die eigene Nichtzahlung eines Kapitalbetrages, sondern auf den fortgesetzten Erhalt des vereinbarten Entgelts für die Kapitalüberlassung an (vgl. für den umgekehrten Fall des Darlehenswiderrufs: OLG Stuttgart, Beschluss vom 30. April 2015 - 6 W 25/15; Senat, Beschluss vom 28.1.2015 - 9 U 119/14).
Im Rahmen der Feststellungsklage kann der Gedanke des § 9 ZPO berücksichtigt werden (BGH, Beschluss vom 30. April 2008 - III ZR 202/07 -, Rn. 2; MünchKommZPO/Wöstmann, 4. Aufl., § 9 Rn. 2). Es liegen auch im Hinblick auf die Bonuszinsregelung wirtschaftlich gleichbleibende Raten vor. Zwar erfordert die Zahlung des Bonuszinses eine Erklärung des Bausparers. Diese hat gem. § 6 Abs. 1 UAbs. 2 der Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge eine rückwirkende Berechnung ab Vertragsbeginn zur Folge und steht somit einem erhöhten Zinssatz gleich.
Das Verfahren ist gebührenfrei. Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, § 68 Abs. 3 GKG. Die Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG.

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 27. November 2015 - 10 O 452/15 - aufgehoben und der Streitwert von Amts wegen für die erste Instanz auf 1.548,80 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Parteien streiten in der Hauptsache um die Wirksamkeit der Kündigung eines Bausparvertrags.
Der Kläger schloss am 02.10.1980 mit der Beklagten, einer Bausparkasse, einen Bausparvertrag über eine Bausparsumme von ursprünglich 40.000 DM, welche zum 01.12.1995 auf 80.000 DM erhöht wurde. Die Guthabenverzinsung in der Ansparphase beträgt 2,5 %, der Darlehenszins für das vorgesehene Bauspardarlehen 4,5 %. Der Bausparvertrag ist seit 30.06.2002 zuteilungsreif. Zum 31.12.2014 wies der Bausparvertrag ein Bausparguthaben von 22.125,86 EUR auf.
Die Beklagte wies den Kläger ab Zuteilungsreife regelmäßig auf diese hin und bot ihm die Ausreichung eines Bauspardarlehens oder die Auszahlung des Bausparguthabens an. Mit Schreiben vom 15.03.2015 erklärte die Beklagte die Kündigung des Bausparvertrags zum 30.09.2015.
Der Kläger ist der Auffassung, sich nicht vertragswidrig verhalten zu haben. Er hält die Kündigung für unwirksam und hat die Feststellung des Fortbestehens des Bausparvertrags begehrt.
Dem ist die Beklagte entgegen getreten.
Das Landgericht hat die Klage unter Berufung auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit Urteil vom 27.11.2015 abgewiesen und mit Beschluss vom gleichen Tag den Streitwert auf 22.125,86 EUR festgesetzt. Hiergegen hat der Kläger mit Schriftsatz vom 11.12.2015 Beschwerde eingelegt und beantragt, den Streitwert auf 4.305 EUR herabzusetzen. Der Wert des Feststellungsantrags bemesse sich nicht nach dem angesparten Bausparguthaben, sondern - ausgehend von der gesamten Bausparsumme - nach der Differenz zwischen dem vertraglich zugesicherten Guthabenzins und dem aktuell marktüblichen Zins, allerdings begrenzt auf den dreieinhalbfachen Jahresbetrag.
Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 23.12.2015 nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Die Beklagte hat im Rahmen ihrer Stellungnahme auf die einschlägige Rechtsprechung namentlich des Oberlandesgerichts Stuttgart hingewiesen.
Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache hat der Einzelrichter das Verfahren dem Senat zur Entscheidung übertragen (§ 68 Abs. 2 Satz 7 i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 2 GKG).
II.
Die Streitwertbeschwerde des Klägers, mit der dieser eine Herabsetzung des vom Landgericht auf 22.125,86 EUR festgesetzten Streitwerts begehrt, ist zulässig, insbesondere wurde sie fristgerecht eingelegt (§ 68 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG) und übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstands 200 EUR (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG). Auch in der Sache hat die Streitwertbeschwerde Erfolg; der Streitwert ist danach gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG von Amts wegen auf 1.548,80 EUR festzusetzen.
10 
1. Gemäß § 48 Abs. 1 GKG richtet sich der Gebührenstreitwert in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, d.h. nach §§ 3 ff. ZPO. In vermögensrechtlichen Streitigkeiten hat das Gericht daher gemäß § 3 ZPO den Wert nach freiem Ermessen festzusetzen. Im Rahmen einer positiven Feststellungsklage ist grundsätzlich auf das wahre wirtschaftliche Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung - nach § 40 GKG im Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung - abzustellen (BGH, Beschl. v. 01.06.1976 - VI ZR 154/75, juris); dabei ist der Wert des Rechtsverhältnisses zugrunde zu legen und regelmäßig ein Abschlag von 20 % gegenüber dem Wert einer entsprechenden Leistungsklage vorzunehmen (BGH, NJW-RR 2000, 1266; OLG Stuttgart, JurBüro 2007, 144; Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 3 Rn. 16 Stichwort „Feststellungsklagen“). Maßgebend sind jeweils die Umstände des Einzelfalls (Schneider/Herget/Onderka, Streitwertkommentar, 13. Aufl., Rn. 6120 f.).
11 
2. Maßstab für die Festsetzung des Streitwerts ist folglich das objektive wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses der Parteien. Maß und Richtung des wirtschaftlichen Interesses des Klägers orientieren sich dabei grundsätzlich an den in der Klagschrift dargelegten objektiven Erwartungen des Klägers, wenn sich hierfür hinreichend objektive Anhaltspunkte ergeben (BGH, NJW 2006, 3060, juris Rn. 8). Zu bewerten ist vorliegend daher das Interesse des Klägers, den Bausparvertrag weiterhin in der Ansparphase belassen und unter Inanspruchnahme der vereinbarten Guthabenverzinsung fortführen zu können.
12 
Denn anders als in dem vom Landgericht zur Begründung der angegriffenen Entscheidung herangezogenen Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 25.02.1997 (WM 1997, 741) geht es vorliegend nicht um die Kündigung eines an den Bausparer ausgereichten Bauspardarlehens durch die Bausparkasse, nach der die sofortige Rückzahlung der Darlehensvaluta in Streit steht. Das erklärte wirtschaftliche Interesse des Klägers besteht vielmehr allein darin, sich auch für die Zukunft die - gegenüber dem aktuellen Markt höheren - vertraglich vereinbarten Guthabenzinsen auf das Bausparguthaben zu sichern (OLG Stuttgart, Beschl. v. 19.06.2015 - 9 W 25/15; OLG Koblenz, Beschl. v. 20.08.2015 - 8 W 536/15; Beschl. v. 21.08.2015 - 8 U 319/15). Im Rahmen der Feststellungsklage ist zudem der Rechtsgedanke des § 9 Satz 1 ZPO zu berücksichtigen, wonach sich das wirtschaftliche Interesse des Klägers aus dem dreieinhalbfachen Wert der einjährigen Zinserwartung berechnet (BGH, NVwZ-RR 2008, 741; MünchKomm/Wöstmann, ZPO, 4. Aufl., § 9 Rn. 2).
13 
Bei einem Bausparguthaben zum Zeitpunkt der Klageinreichung in Höhe von 22.125,86 EUR ist bei einem Zinssatz von 2,5 % von einem jährlichen Zinsertrag von 553,15 EUR auszugehen. Der dreieinhalbfache Betrag beläuft sich auf 1.936,01 EUR, der Wert des Feststellungsbegehrens damit - abzüglich 20 % - auf 1.548,81 EUR.
14 
3. Entgegen der von der Beklagten herangezogenen jüngeren Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Stuttgart (Beschl. v. 28.10.2015 - 9 W 65/15; Beschl. v. 28.10.2015 - 9 W 66/15; Beschl. v. 10.11.2015 - 9 W 68/15; Beschl. v. 10.11.2015 - 9 W 70/15) sieht der Senat jedenfalls in dem vorliegenden Fall davon ab, zusätzlich den bestehenden Anspruch des Klägers auf Inanspruchnahme eines Bauspardarlehens zu berücksichtigen. Nach den maßgeblichen, in der Klagschrift dokumentierten und objektiv nachvollziehbaren Umständen des konkreten Falls erschöpft sich das wirtschaftliche Interesse des Klägers am Fortbestand des Bausparvertrages im Streitfall nämlich in der Guthabenverzinsung. Das - ihm von der Beklagten vorgerichtlich mehrfach angebotene - Bauspardarlehen wollte und will er dagegen gerade nicht in Anspruch nehmen. Eine schematische Einbeziehung des theoretisch bestehenden Anspruchs auf Ausreichung eines Bauspardarlehens gegen den erklärten Willen des Anspruchsberechtigten ist daher nicht vorzunehmen, zumal sich das wirtschaftliche Interesse des Bausparers am Fortbestand seines Bausparvertrags nicht für den gleichen Zeitraum sowohl auf die Guthabenverzinsung als auch auf die Ausreichung eines Bauspardarlehens richten kann, beides sich insoweit vielmehr in einem Alternativverhältnis befindet.
III.
15 
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).
16 
Die Rechtsbeschwerde findet nicht statt (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 31.08.2015 zurückzuweisen.

2. Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis 12.02.2016.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten über den Fortbestand eines Bausparvertrags Tarif „Classic“, den der Kläger und seine Frau am 3.12.1997 mit der Beklagten abgeschlossen haben (Anlage K 1, GA Bl. 6).

2

Gemäß § 6 Abs. 1 der zum Gegenstand des Vertrages gemachten Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (AAB, Anlage B 3, GA 56) wird das Bausparguthaben jährlich mit 2,5 % verzinst.

3

Mit Schreiben vom 5.02.2004 wurde dem Kläger die am 30.04.2004 eintretende Zuteilungsreife des Vertrages über die Bausparsumme von 16.000,00 € mitgeteilt (Anlage K 2, GA Bl. 8).

4

Von 2004 bis 2009 erhöhte sich das angesparte Bausparguthaben aufgrund der Zinsen auf 8.656,32 € und von 2010 bis 31.12.2013 - aufgrund weiterer Einzahlungen des Klägers - auf 13.577,87 €. Zum 31.12.2014 belief es sich auf 13.836,70 €.

5

Mit Schreiben vom 22.09.2014 kündigte die Beklagte den Bausparvertrag zum 31.03.2015 gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB (Anlage K 9, GA Bl. 15); der Kläger widersprach der Kündigung.

6

Der Kläger hat beantragt,

7

festzustellen, dass die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung des Bausparvertrages mit der Nummer …27 vom 22. September 2014 unwirksam sei und dass das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis über den 31.03.2015 hinaus fortbestehe.

8

Die Beklagte hat beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Mit Urteil vom 31.08.2015, auf das zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird (GA Bl. 84 - 90), hat das Landgericht die Klage abgewiesen und ein Kündigungsrecht der Beklagten gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB bejaht, da die 10-Jahres-Frist mit Eintritt der Zuteilungsreife zu laufen begonnen habe.

11

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er sein erstinstanzliches Klageziel weiterverfolgt.

12

Er wiederholt und vertieft im Wesentlichen seinen erstinstanzlichen Rechtsstandpunkt und rügt die Verletzung materiellen Rechts. Wegen der Einzelheiten seines Vorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 28.10.2015 verwiesen.

13

Die Beklagte beantragt,

14

die Berufung zurückzuweisen.

15

Wegen ihres Vorbringens wird auf die Berufungserwiderung vom 18.12.2015 Bezug genommen.

II.

16

Der Senat beabsichtigt nach vorläufiger Beratung, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.

17

Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einem Rechtsfehler (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

18

Die Klage ist unbegründet.

19

Dem Kläger steht kein Anspruch gegen die Beklagte auf Feststellung zu, dass der Bausparvertrag über den 31.03.2015 hinaus fortbestehe. Die Beklagte hat diesen Vertrag gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB wirksam zum 31.03.2015 gekündigt.

1.)

20

Nach herrschender Meinung ist der Bausparvertrag ein auf längerfristige Bindung der Vertragspartner abzielender einheitlicher Darlehensvertrag mit der Besonderheit, dass Bausparkasse und Bausparer mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre jeweiligen Rollen als Darlehensgeber bzw. Darlehensnehmer tauschen (OLG Hamm, Beschluss vom 26.10.2015 - I - 31 U 182/15 -, juris; OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.10.2011 - 9 U 151/11, Rn. 7, WM 13, 508; OLG Frankfurt, Beschluss vom 2.10.2013, Rn. 14 - 19 U 106/13 -, juris; OLG Koblenz, Urteil vom 22.05.2015 - 8 U 668/14 -; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rn. 539 m. w. N.).

21

Die Einlagen des Bausparers während der Ansparphase stellen damit ein Darlehen des Bausparers an die Bausparkasse dar, für dessen Rückerstattung eine Zeit nicht bestimmt ist.

2.)

22

Somit unterliegt der Bausparvertrag - unter Berücksichtigung von vertragsspezifischen Besonderheiten - den darlehensvertraglichen Bestimmungen der §§ 488 ff. BGB.

23

Da die beklagte Bausparkasse als Anstalt des öffentlichen Rechts nicht zu den in § 489 Abs. 4 S. 2 BGB explizit genannten Institutionen gehört, gilt das Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 S. 2 BGB unabdingbar und zwingend auch für sie (Palandt/Weidenkaff, BGB, 75. Aufl., § 489 Rn. 13; s. dazu Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800-1806).

3.)

24

§ 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gilt unabhängig davon, ob es sich bei dem Darlehensnehmer um einen Verbraucher handelt oder nicht. Es handelt sich um eine - vom Gesetzgeber in das allgemeine Darlehensrecht und nicht in die Verbraucherkreditregelungen aufgenommene - Schuldnerschutzbestimmung ohne Einschränkung des personellen Anwendungsbereichs (Staudinger/Mülbert, a. a. O., § 489 Rn. 2; Palandt, a. a. O., § 489 Rn. 1; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079-3084).

25

Die Regelung soll den Nehmer eines festverzinslichen Darlehens nach Ablauf einer längeren Zeit vor der Bindung an einen nicht mehr zeitgemäßen Zins bewahren (Staudinger, a. a. O., Rn 11 m. w. N.). Dieser Schutzgedanke gilt auch für die beklagte Bausparkasse, deren wirtschaftliche Bewegungsfreiheit durch die vorgenannte Norm im Kernbestand erhalten werden soll.

4.)

26

Zu Recht hat das Landgericht den „vollständigen Empfang“ der Darlehensvaluta durch die Beklagte i. S. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB bejaht.

27

Ein vollständiger Empfang i. S. dieser Vorschrift ist nämlich aufgrund der strukturellen Eigenheiten des Bausparvertrages mit Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife anzunehmen (Staudinger, a. a. O., § 489 Rn. 51; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800 m. w. N.).

28

Bereits mit erstmaligem Eintritt der Zuteilungsreife ist das für den Bausparvertrag charakteristische Ziel der Vertragsparteien erreicht; gemäß § 1 Abs. 2 S. 1 BauSparkG erwirbt der Bausparer nach Leistung von Bauspareinlagen - also durch einseitiges Tun - einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens. Der Vertragszweck ergibt sich auch aus § 1 der AAB (Anlage B 3, GA Bl. 56): der Erwerb des „Anspruchs, aus den angesammelten Beträgen der Bausparer ein ... Tilgungsdarlehen (Bauspardarlehen) zu erhalten“.

29

Zweck des Bausparvertrages ist folglich nicht, die dauerhafte zinsgünstige Anlage von Geld, sondern die Erlangung eines Bauspardarlehens (OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.10.2011 - 9 U 151/11 Rn. 12 -, juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 2.09.2013 - 19 U 106/13 Rn. 2 - juris). Mit erstmaligem Eintritt der Zuteilungsreife ist es dem Bausparer überlassen und allein in seiner Hand, seinen Anspruch auf Erhalt der Bausparsumme geltend zu machen. Für die Beklagte realisiert sich im Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife das durch § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB geschützte Risiko der Bindung an den vereinbarten Zinssatz über die Dauer von 10 Jahren.

30

Der Bausparer ist zwar zur Inanspruchnahme des Bauspardarlehens nicht verpflichtet; des Weiteren kann er seinen Bausparvertrag trotz Zuteilungsreife fortsetzen und weiter besparen. Wie oben angegeben, entspricht die „überlange“ Besparung eines Bausparvertrages jedoch nicht dem Zweck des Bausparvertrages, nämlich der Erlangung eines (aus der Sicht bei Ver-tragsabschluss zinsgünstigen) Darlehens. Demzufolge kann die Dauer der Ansparphase nicht in das uneingeschränkte Belieben des Bausparers gestellt werden. Damit könnte er in Niedrigzinsphasen den Bausparvertrag zweckentfremden, nämlich ihn dazu nutzen, die bei Abschluss des Vertrags versprochenen, nicht mehr marktgerechten Zinsen für die eingezahlte Valuta für eine von ihm zu bestimmende Zeit zu generieren.

31

Unter Berücksichtigung des vorgenannten Zwecks des § 489 Abs. 1 S. 2 BGB, bei dem es sich um eine Schuldnerschutzvorschrift zu Gunsten des Darlehensnehmers - hier der beklagten Bausparkasse - handelt, ist es nach Auffassung des Senats interessengerecht, auf den Zeitpunkt des Eintritts der Zuteilungsreife als den „vollständigen Empfang“ des Darlehens durch die Bausparkasse abzustellen.

32

Nach alledem ist die Berufung unbegründet.

33

Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme und Prüfung, ob er seine Berufung aufrecht erhalten will. Im Fall der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses, Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG).

III.

34

Bezüglich des Streitwerts weist der Senat darauf hin, dass er beabsichtigt, diesen für die Berufungsinstanz und - in Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung gemäß § 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG - auch für die erste Instanz auf 1.210,71 € festzusetzen.

35

Der Wert einer Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung bemisst sich nach dem objektiv zu ermittelnden wirtschaftlichen Interesse des Klägers an der Fortführung des Vertrages. Bei der vorliegenden Klage auf Feststellung des Fortbestehens des Bausparvertrages kommt es maßgeblich auf den Wert der Leistungen an, welche der Kläger sich damit erhalten will. Dies ist bei objektiver Betrachtung vorliegend die Verzinsung seines Bausparguthabens (OLG Koblenz, Beschluss vom 20.08.2015 - 8 W 536/15; OLG Hamm, Beschluss vom 26.10.2015 - I - 31 U 182/15 Rn. 22 - juris).

36

Bei dieser jährlichen Verzinsung handelt es sich um wiederkehrende Leistungen i. S. d. § 9 S. 1 ZPO mit der Folge, dass der Streitwert in Höhe des dreieinhalbfachen Wertes des einjährigen Bezugs berechnet wird. Dies ergibt vorliegend einen Betrag in Höhe von 1.210,71€ (13.836,70 € x 2,5 % x 3 1/2).

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Streitwertbeschluss des Einzelrichters der 14. Zivilkammer des Landgerichts Münster vom 01.09.2015 abgeändert.

Der Streitwert für das Verfahren wird auf 858,97 € festgesetzt.


1 2 3

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 15. September 2015, Az. 25 O 89/15, teilweise abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass der bei der Beklagten bestehende Bausparvertrag Nr. 1 938 … vom 13. September 1978 über den 24. Juli 2015 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von der Zahlung der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren gegenüber ihren Prozessbevollmächtigten in Höhe von 413,64 EUR freizustellen.

2. Im Übrigen werden die Klage ab- und die Berufung zurückgewiesen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, die Klägerin leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages.

5. Die Revision der Beklagten wird zugelassen.

Streitwertbeschluss:

Der Streitwert für beide Instanzen wird auf bis zu 4.000 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Klägerin verlangt die Feststellung des Fortbestehens ihres Bausparvertrages, den sie am 13. September 1978 über die Bausparsumme von 40.000 DM (= 20.451,68 EUR) abgeschlossen hat. Die dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge II (im Folgenden ABB) enthalten folgende Bestimmungen:
§ 1 Vertragszweck
(1) Zweck des Bausparvertrages ist die Erlangung eines unkündbaren, in der Regel zweitstellig zu sichernden Tilgungsdarlehens (Bauspardarlehen) aufgrund planmäßiger Sparleistungen nach Maßgabe dieser Allgemeinen Bedingungen.
§ 5 Sparzahlungen
(1) Der monatliche Bausparbeitrag beträgt 4,2 vom Tausend der Bausparsumme (Regelsparbeitrag). Er ist bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme am Ersten jeden Monats kostenfrei an die Bausparkasse zu entrichten.
(2) Sonderzahlungen sind grundsätzlich zulässig. Die Bausparkasse kann deren Annahme von ihrer Zustimmung abhängig machen.
(3) Ist der Bausparer unter Anrechnung von Sonderzahlungen mit mehr als 6 Regelsparbeiträgen rückständig und hat er der schriftlichen Aufforderung der Bausparkasse, nicht geleistete Bausparbeiträge zu entrichten, länger als 2 Monate nach Zugang der Aufforderung nicht entsprochen, so kann die Bausparkasse den Bausparvertrag kündigen. (…)
(4) Ist der Bausparvertrag zugeteilt, so tritt an die Stelle des Rechtes der Bausparkasse, den Bausparvertrag zu kündigen, das Recht, das dem Bausparer bereitgestellte (§ 13) oder bereitzustellende (§ 14) Bauspardarlehen um die rückständigen Bausparbeiträge samt deren Zinsen zu kürzen.
§ 12 Zuteilungsnachricht
10 
(1) Die Zuteilung wird dem Bausparer unverzüglich schriftlich mitgeteilt mit der Aufforderung, binnen 4 Wochen ab Datum der Zuteilung zu erklären, ob er die Zuteilung annimmt.
11 
(2) Der Bausparer kann die Annahme der Zuteilung widerrufen, solange die Auszahlung der Bausparsumme noch nicht begonnen hat.
12 
§ 13 Bereithaltung der Bausparsumme
13 
(1) Mit Annahme der Zuteilung stellt die Bausparkasse dem Bausparer sein Bausparguthaben und ein Bauspardarlehen in Höhe des das Bausparguthaben übersteigenden Teiles der Bausparsumme bereit.
(2) (…)
14 
§ 14 Vertragsfortsetzung
15 
(1) Nimmt der Bausparer die Zuteilung nicht an oder gibt er die Annahmeerklärung nicht fristgemäß ab oder wird die Annahme der Zuteilung widerrufen, so wird der Bausparvertrag fortgesetzt.
16 
(2) Setzt der Bausparer seinen Bausparvertrag fort, so kann er seine Rechte aus der Zuteilung jederzeit wieder geltend machen. (…)
17 
Gemäß § 6 Abs. 1 ABB ist das Bausparguthaben mit 3 % p.a. zu verzinsen und gemäß § 20 Abs. 1 ABB ist das Bauspardarlehen mit einem Zinssatz von 5 % p.a. zu gewähren.
18 
Der Vertrag wurde am 1. April 1993 zuteilungsreif. Am 1. Januar 2015 bestand ein Bausparguthaben in Höhe von 15.772,48 EUR. Die Beklagte kündigte am 12. Januar 2015 den Bausparvertrag unter Berufung auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zum 24. Juli 2015.
19 
Auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.
20 
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Bausparkasse könne sich auf das Kündigungsrecht gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen. Das Tatbestandsmerkmal des vollständigen Empfangs des Darlehens sei mit der eingetretenen Zuteilungsreife erfüllt.
21 
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie ist der Auffassung, die Tatbestandsvoraussetzungen des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB seien nicht erfüllt. Sie beabsichtige, das Bauspardarlehen in zwei bis drei Jahren für ihre Kinder in Anspruch zu nehmen.
22 
Wegen der Nebenforderung hat die Klägerin die Klage teilweise zurückgenommen.
23 
Die Klägerin beantragt:
24 
1. Das Urteil des Landgerichts Stuttgart Az. 25 O 89/15, verkündet am 15. September 2015, wird aufgehoben und es wird festgestellt, dass der bei der Beklagten bestehende Bausparvertrag mit der Nummer „1 938 …“ vom 13. September 1978 über den 24. Juli 2015 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.
25 
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 571,44 EUR freizustellen.
26 
Die Beklagte beantragt:
27 
Die Berufung wird zurückgewiesen.
28 
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens.
II.
29 
Die gemäß § 511 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung ist zulässig und - mit Ausnahme eines geringfügigen Teils der Nebenforderung - begründet. Der Beklagten steht kein Kündigungsrecht zu.
30 
1. Die dem Vertrag zugrundeliegenden ABB vermögen die erklärte Kündigung nicht zu rechtfertigen; das macht die Beklage auch nicht geltend. Sie geht zu Recht davon aus, dass die Voraussetzungen der Bestimmung des § 5 Abs. 3 ABB nicht vorliegen.
31 
2. Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, sie sei kraft Gesetzes berechtigt, den Vertrag zu kündigen, muss ihr der Erfolg versagt werden. Auf das Vertragsverhältnis findet gemäß Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) seit dem 1. Januar 2003 Anwendung. Die von der Beklagten erklärte Kündigung findet ihre Rechtfertigung weder in § 488 Abs. 3 BGB (a.) noch ist hier die Regelung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB direkt (b.) oder entsprechend (c.) anwendbar. Auch aus § 490 Abs. 3, §§ 314, 313 Abs. 3 Satz 2 BGB, ergibt sich ein Kündigungsrecht nicht (d.).
32 
a. Die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung des Bausparvertrages durch die Bausparkasse gemäß § 488 Abs. 3 BGB liegen nicht vor.
33 
aa. Allerdings entspricht es der herrschenden Meinung, dass ein Bausparvertrag durch die Bausparkasse dann gemäß § 488 Abs. 3 BGB gekündigt werden kann, wenn er bis zur Bausparsumme vollständig angespart ist. Denn beim Bausparvertrag handelt es sich während der Ansparphase um einen Darlehensvertrag i. S. d. § 488 BGB, bei dem der Bausparer Darlehensgeber und die Bausparkasse Darlehensnehmerin ist. Der Bausparvertrag dient dem in § 1 ABB i. V. m. § 1 BauSparkG besonders definierten Zweck der Erlangung eines Bauspardarlehens in Höhe der Differenz zwischen Bausparsumme und Bauspareinlagen. Mit vollständiger Ansparung des Vertrages bis zur Bausparsumme kann dieser Zweck nicht mehr erreicht werden (Senat, Beschluss vom 14. Oktober 2011 - 9 U 151/11, juris; OLG Köln, Beschluss vom 23. März 2015 - 13 U 104/14, juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 2. Oktober 2013 - 19 U 106/13, juris; Staudinger/Mülbert [2015] BGB § 488 Rn. 548).
34 
bb. Eine Vollbesparung liegt jedoch nicht vor.
35 
(1) Unstreitig betrug das angesparte Bausparguthaben des über eine Bausparsumme von 20.451,68 EUR abgeschlossenen Vertrages zum Zeitpunkt der Kündigung 15.772,48 EUR.
36 
(2) Die Auffassung der Beklagten, die rückständigen Beiträge würden die Differenz zwischen dem aktuellen Bausparguthaben und der Bausparsumme übersteigen, so dass kein Bauspardarlehen mehr ausgezahlt werden müsste und daher ein Kündigungsrecht wie bei einer Vollbesparung bestehe, trifft nicht zu. Die Bestimmung des § 5 Abs. 4 ABB führt nicht dazu, dass die Bausparsumme erreicht ist. Nach dieser Vorschrift tritt an die Stelle des Rechts der Bausparkasse, den Bausparvertrag im Falle der Nichtzahlung der Regelsparbeiträge gemäß § 5 Abs. 3 ABB zu kündigen, das Recht, das dem Bausparer bereitgestellte (§ 13 ABB) oder bereitzustellende (§ 14 ABB) Bauspardarlehen um die rückständigen Bausparbeiträge samt deren Zinsen zu kürzen. Es kann dahinstehen, in welcher Höhe Rückstände aufgelaufen sind. Denn das Vorliegen dieser Voraussetzungen macht die Beklagte, die sich für die Berechtigung ihrer Kündigung gerade nicht auf § 5 Abs. 3 ABB stützt, weder geltend, noch sind sie sonst ersichtlich. § 5 Abs. 3 ABB erfordert eine vorherige schriftliche, erfolglose Aufforderung der Bausparkasse, die nicht geleisteten Bausparbeiträge zu entrichten; dazu ist nichts vorgetragen.
37 
Im Übrigen findet § 5 Abs. 4 ABB nur bei zugeteilten Bausparverträgen Anwendung. Die Zuteilung nach § 1 Abs. 5 BauSparkG liegt erst mit ihrer Annahme durch den Bausparer gemäß § 12 Abs. 1 ABB vor. Erst dann wird das Bauspardarlehen nach § 13 Abs. 1 ABB bereitgestellt oder ist es im Fall des § 14 Abs. 2 ABB bereitzustellen.
38 
Deshalb kann offen bleiben, ob eine Bausparkasse, die jahrelang die Nichtzahlung von Regelsparbeiträgen hinnimmt, ihr Kündigungsrecht verwirkt und es erst nach erneuter Zahlungsaufforderung bei zukünftigen Rückständen ausüben kann (so Weber, ZIP 2015, 961 [966]).
39 
cc. Die ordentliche Kündigung lässt sich auch nicht mit dem Argument des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Klägerin rechtfertigen, weil diese das Ziel des Erhalts eines Bauspardarlehens aufgegeben habe, wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung gemeint hat. Aus der gegenwärtigen Niedrigzinsphase lässt sich nicht ableiten, die Klägerin habe endgültig ihr Interesse an ein Bauspardarlehen verloren. Die weitere Zinsentwicklung lässt sich nicht sicher prognostizieren und die gegenwärtige Markteinschätzung der Beklagten erlaubt keine Feststellungen über die Absicht der Klägerin, ein Bauspardarlehen auf keinen Fall mehr in Anspruch nehmen zu wollen. Ein offenkundig rechtsmissbräuchliches Verhalten der Klägerin liegt nicht vor. Sie hat die Niedrigzinsphase nicht zu verantworten und macht aus nachvollziehbaren wirtschaftlichen Gründen die Rechte aus der Zuteilung nicht geltend.
40 
b. Die Voraussetzungen einer ordentlichen Kündigung durch die Bausparkasse gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegen nicht vor. Es kann dahinstehen, ob die Bestimmung von ihrem Sinn und Zweck her auf Sparverträge Anwendung findet, bei denen Einlagen an sogenannte „professionelle Darlehensnehmer“ geleistet werden (vgl. zum Meinungsstand: Senat, Urteil vom 23. September 2015 - 9 U 31/15, juris, Rn. 101; Weber, ZIP 2015, 961; ders., beck-Online.Großkommentar [BeckOGK]/Weber, Stand 1. Februar 2016, BGB, § 489 Rn. 9.1, Rn. 13ff.; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800). Jedenfalls ist der erstmalige Eintritt der Zuteilungsreife des Bauspardarlehens an den Bausparer nicht der vollständige Empfang des von dem Bausparer an die Bausparkasse gegebenen Darlehens.
41 
aa. Gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kann der Darlehensnehmer einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten ganz oder teilweise kündigen.
42 
(1) Allerdings handelt es sich bei einem Bausparvertrag um einen einheitlichen Darlehensvertrag mit gebundenen Sollzinssatz, der die Besonderheit aufweist, dass Bausparkasse und Bausparer mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre jeweiligen Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer tauschen. Die Einlagen des Bausparers stellen daher ein Darlehen an die Bausparkasse dar, für dessen Rückerstattung eine Zeit nicht bestimmt ist (Senat, Beschluss vom 14. Oktober 2011 - 9 U 151/11, juris, und Beschluss vom 4. Februar 2014 - 9 U 202/13; Mülbert/Schmitz FS Horn (2006), S. 777; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800; Weber, BB 2015, 961).
43 
(2) Der Zeitpunkt des vollständigen Darlehensempfangs unterliegt jedoch grundsätzlich der Disposition der Parteien, die privatautonom die Auszahlungsmodalitäten vereinbaren können. Denn die Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB begrenzt nicht die Privatautonomie der Parteien bezüglich der Regelung des Zeitpunkts des Darlehensempfangs und der Höhe des Darlehensbetrages. Bereits die in § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F. enthaltene Vorgängernorm diente nach der Gesetzesbegründung dem Schuldnerschutz vor überlangen Zinsbindungen. Sie geht auf § 18 Abs. 2 Hypothekenbankgesetz (HypBG, RGBl I 1899, 375) zurück, die für Hypothekendarlehen dieses zwingende Kündigungsrecht schon seit vielen Jahren enthielt (BT-Drucks. 10/4741, S. 22 f.). Weder diese Vorschrift noch § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F. oder § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB lassen den Schutz bereits in der Valutierungsphase beginnen. Ein Darlehen ist vollständig empfangen, wenn der Darlehensgeber es dem Darlehensnehmer entsprechend der darlehensvertraglichen Vereinbarung in Höhe des Darlehensnettobetrages zur Verfügung gestellt hat. Werden mehrere Teilzahlungen vereinbart, liegt ein vollständiger Empfang erst mit dem Eingang der letzten Teilzahlung vor (MünchKommBGB/Berger, 7. Aufl., § 489 Rn. 12; Staudinger/Mülbert, aaO, § 489 Rn. 43 m.w.N; Herberger/Martinek/Rüßmann/Schwintowski, jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 489 BGB Rn. 9; Palandt/Weidenkaff, BGB, 75. Aufl., § 489 Rn. 5). Somit kommt es entscheidend darauf an, welche Teilzahlungen die Parteien vereinbart haben. Erst wenn diese Vereinbarung erfüllt und keine weiteren Teilzahlungen mehr offen sind, ist das gesamte Darlehen empfangen.
44 
bb. Zum Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife liegt kein vollständiger Empfang des Darlehens i.S.v. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB vor.
45 
(1) Der Eintritt der Zuteilungsreife (§ 11 ABB) hat gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 ABB auf die Verpflichtung zur Entrichtung des Regelsparbeitrags, also zur Valutierung des vom Bausparer der Bausparkasse zu gewährenden Darlehens, keinen Einfluss, weshalb er zur Bestimmung der vereinbarten Darlehenshöhe nicht geeignet ist (BeckOGK/Weber, aaO, § 489 Rn. 49.1).
46 
Nach § 14 Abs. 1 ABB wird der Bausparvertrag im Falle einer Nichtannahme der Zuteilung oder einer nicht fristgemäß abgegebenen Annahmeerklärung fortgesetzt. Die vertragliche Pflicht zur Zahlung des Regelsparbeitrages gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 ABB gilt weiter.
47 
(2) Die Höhe der vereinbarten Darlehenssumme ist durch Auslegung der Allgemeinen Bausparbedingungen unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Bausparvertrages zu bestimmen. Der einzige im Vertrag konkret bestimmte Betrag ist die Bausparsumme von 20.154,68 EUR, die allerdings nach § 2 ABB sowohl das Bausparguthaben als auch das Bauspardarlehen umfasst. Das Bausparguthaben ist das Darlehen des Bausparers an die Bausparkasse. Aus § 11 Abs. 1 lit. a und b der ABB ergibt sich eine Mindestlaufzeit von 18 Monaten und ein Mindestsparguthaben von 40 % der Bausparsumme, also von 8.061,87 EUR. Daraus lässt sich jedoch die Vereinbarung eines Nettodarlehensbetrages noch nicht ableiten. Aus den § 13 Abs. 1, § 11 Abs. 1 lit. b ABB i. V. m. § 1 ABB ist lediglich erkennbar, dass dieser durch die Bausparsumme begrenzt ist, also zwischen dem Mindestsparguthaben von 40 % und 100 % der Bausparsumme liegt. Bei dem Bausparvertrag und damit auch bei dem Bausparguthaben sind zudem die Ungewissheit sowohl des Zeitpunkts des Eintritts der Zuteilungsreife als auch des Abrufs des Bauspardarlehens seitens des Bausparers, der zur Auszahlung führt, zu berücksichtigen. Den ersten Zeitpunkt hat der Bausparer nicht allein in der Hand. Der zweite Zeitpunkt, der von dem ersten abhängig ist, kann von dem Bausparer bestimmt werden. Daher lässt sich die Höhe des Darlehens allenfalls nach dem Umfang der Pflicht zur Zahlung der vereinbarten Sparbeiträge des Bausparers ermitteln (BeckOGK/Weber, aaO, § 489 Rn. 47ff.).Zudem ist die Bausparkasse nicht berechtigt, den vertraglichen Zinsanspruch des Bausparers durch Verweigerung der Annahme der vereinbarten Sparbeiträge zu vereiteln.
48 
(3) Auch aus den Bestimmungen über die Regelsparbeiträge lässt sich die vereinbarte Nettodarlehenssumme indessen nicht ermitteln:
49 
Nach § 5 Abs. 1 S. 2 ABB ist der Bausparer berechtigt und verpflichtet, Regelsparbeiträge bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme zu entrichten. Daher ist die volle Ansparphase bis zum Auszahlungszeitpunkt eine Phase der fortlaufenden Teilvalutierungen. Da der Bausparer weder zur Annahme der Zuteilung noch zum Auszahlungsverlangen des Darlehens verpflichtet ist (arg. e § 13 Abs. 1, § 14 Abs. 1, § 18 ABB) und der Bausparvertrag dann nach § 14 Abs. 1 ABB fortgesetzt wird, ist die maximale Höhe des „Darlehens“ des Bausparers durch die Höhe der Bausparsumme begrenzt. Im Fall der erfolgten Zuteilung steht es dem Bausparer als Darlehensgeber folglich durch sein Auszahlungsverlangen frei, die Darlehenssumme zu begrenzen.
50 
(4) Das erhellt zugleich, dass auch die Zuteilungsnachricht (§ 12 ABB) als Wissens- und Willenserklärung der Bausparkasse (Mülbert/Schmitz, FS Horn, aaO, S. 781) und selbst die Annahme der Zuteilung auf die vereinbarte Darlehenssumme keinen Einfluss hat. Gemäß § 13 Abs. 1 ABB führt die Annahme der Zuteilung lediglich zur Verpflichtung der Bausparkasse, die Bausparsumme in der Form des Bausparguthabens und des Bauspardarlehens bereitzuhalten. Die Auszahlung hängt zusätzlich von dem Abruf durch den Bausparer ab. Bis dahin bleibt er nach § 5 Abs. 1 S. 2 ABB zur Zahlung der Regelsparbeiträge berechtigt und verpflichtet.
51 
(5) Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich aus § 489 Abs. 1 Nr. 2, 2. Hs. BGB nichts anderes. Gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kann, wie bereits ausgeführt, der Vertrag nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens gekündigt werden. Nach dem 2. Halbsatz dieser Regelung tritt dann, wenn nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen wird, der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Empfangs. Damit setzt die dort geregelte Maßgeblichkeit der Vereinbarung für den Fristbeginn voraus, dass diese nach dem vollständigen Darlehensempfang getroffen wurde. Auf die Vollständigkeit des Empfangs des Darlehens wird nicht verzichtet. Der 2. Halbsatz des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB stellt mit der Vereinbarung vielmehr eine zusätzliche Voraussetzung für die Möglichkeit der Kündigung auf, die im Vergleich zum 1. Halbsatz der Bestimmung, der ausschließlich auf den vollständigen Erhalt des Darlehens abstellt, zu einem weiteren Hinausschieben der Kündigungsmöglichkeit führt (Staudinger/Mülbert, aaO, § 489 Rn. 45).
52 
cc. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB lässt sich auch nicht dahingehend auslegen, dass der „vollständige Empfang“ den Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife mit erfasst (so aber Staudinger/Mülbert, aaO, § 489 Rn. 51, sowie Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800 [1803]). Sinn und Zweck der Vorschrift erfordern eine solche Auslegung auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Bausparvertrages nicht. Diesen werden vielmehr durch die ABB und sonstigen gesetzlichen Bestimmungen Rechnung getragen. Die gegenteilige Auslegung widerspricht dem Wesen des Bausparvertrages. Ob ein Darlehen vollständig empfangen ist, ist nicht nur aus Sicht des Schuldners des Darlehens zu beurteilen, wie die Beklagte meint, sondern auch aus Sicht der Bausparkasse, die insoweit die Interessen der Zweckgemeinschaft der Bausparer wahrzunehmen hat. Diese hat ein Interesse, durch einen stetigen Zufluss von Sparbeiträgen die Zuteilungsmasse zu vergrößern, um die Zuteilung von Bauspardarlehen zu beschleunigen. Der Erwerb eines bedingten Anspruchs auf ein Bauspardarlehen während der Ansparphase setzt die im Wechselverhältnis stehenden vertraglichen Hauptleistungspflichten von Leistung der Sparbeiträge und Gewährung eines Bauspardarlehens nicht außer Kraft.
53 
c. Eine rechtsentsprechende Anwendung der Bestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf den erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife bei Bausparverträgen kommt nicht in Betracht. Der Meinung der Beklagten, eine normzweckorientierte Anwendung der Vorschrift unter Berücksichtigung der für Bausparverträge charakteristischen Interessen- und Pflichtenlage der Vertragsparteien rechtfertige die Gleichstellung des vollständigen Empfangs der Darlehensvaluta im Sinne des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit dem erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife (so auch Mülbert/Schmitz, FS Horn, aaO, S. 786; daran anknüpfend Edelmann/Suchowerskyj, WM 2015, 1800; sowie Rollberg, EWiR 2016, 3; Simon, EWiR 2015, 723; OLG Celle, Beschluss vom 3. Februar 2016 - 3 U 192/15; OLG Koblenz, Beschluss vom 18. Januar 2016 - 5 O 38/15; OLG Köln, Beschluss vom 11. Januar 2016 - 13 U 151/15; OLG Hamm, Beschluss vom 30. Dezember 2015 - 31 U 191/15, juris), vermag der Senat nicht zu folgen.
54 
Eine Analogie setzt eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus. Ob eine derartige Lücke vorhanden ist, ist vom Standpunkt des Gesetzes und der ihm zugrunde liegenden Regelungsabsicht zu beurteilen. Das Vorliegen der vom Gesetzgeber unbeabsichtigt gelassenen Lücke und ihre Planwidrigkeit muss dabei aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden können, weil sonst jedes Schweigen des Gesetzgebers - und das ist der Normalfall, wenn er etwas nicht regeln will - als planwidrige Lücke im Wege der Analogie von den Gerichten ausgefüllt werden könnte. Für eine Analogie ist weiter erforderlich, dass der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem gesetzlich geregelten Tatbestand vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen (BGH, Beschluss vom 20. November 2014 - IX ZB 16/14, WM 2015, 131).
55 
aa. Eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit liegt nicht vor. Dass vom Gesetz mit der Bestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB bei von herkömmlichen Darlehensverträgen abweichenden Bausparverträgen auch der erstmalige Eintritt der Zuteilungsreife erfasst werden sollte, lässt sich den Gesetzgebungsmaterialien nicht entnehmen. Der historische Gesetzgeber hat sich bei der Einführung des § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F., der Vorgängerbestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, von der zu diesem Zeitpunkt schon seit langem geltenden Vorschrift des § 18 Abs. 2 HypBG a.F. leiten lassen (BT-Drucks. 10/4741, S. 23, s. bereits oben unter II.2.b.aa [2]). Nach § 18 Abs. 2 S. 1 HypBG a.F. durfte das Recht der Rückzahlung nur bis zu einem Zeitraume von zehn Jahren ausgeschlossen werden. Nach Satz 2 dieser Bestimmung begann dieser Zeitraum mit der Auszahlung des Darlehens, im Falle der Auszahlung in Teilbeträgen mit der letzten Zahlung. Der 2. Halbsatz entspricht § 489 Abs. 1 Nr. 2 2. Hs. BGB.
56 
Nach der Gesetzesbegründung zur Einführung der Kündigungsrechte in § 609a BGB a.F. wollte der Gesetzgeber die zu weite Schuldnerschutzvorschrift des § 247 Abs. 1 BGB a.F. auf ein angemessenes Maß zurückführen und insbesondere im Bereich der festverzinslichen Kredite das Prinzip der vertraglichen Bindung und Risikozuweisung durchsetzen. Dem widersprach das freie Kündigungsrecht nach § 247 BGB a.F. bei einem Zinssatz von mehr als 6 % unabhängig von der Marktentwicklung. Der Gesetzgeber hat bei dieser Gelegenheit - ohne nähere Begründung - die Vorschrift des § 18 Abs. 2 HypBG auf sämtliche festverzinslichen Kredite ausgedehnt (BT-Drucks. 10/4741, S. 22). Ziel war also im Wesentlichen nicht die von der Beklagten vertretene Ausweitung, sondern die Begrenzung der Kündigungsmöglichkeiten.
57 
Dass insoweit nicht eine vom Gesetzgeber nicht geplante, sondern vielmehr eine bewusste Regelungslücke vorliegt, ist insbesondere an der durch Gesetz vom 21. Dezember 2015 erfolgten Änderung des Bausparkassengesetzes ersichtlich. In Kenntnis der Kleine[n] Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 4. Februar 2015 (BT-Drucks. 18/3944) sowohl bezüglich der Kündigungen von Bausparkassen infolge der durch die Niedrigzinsphase bedingten wirtschaftlichen Schwierigkeiten als auch bezüglich eines Kündigungsrechts nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zehn Jahre nach Eintritt der Zuteilungsreife (Nr. 9), hat die Bundesregierung im Oktober 2015 den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes der Bausparkassen vorgelegt (BT-Drucks. 18/6418). Dieser - durch den Gesetzgeber am 21. Dezember 2015 insoweit umgesetzte - Entwurf sah trotz der bestehenden Rechtsunsicherheit eine klarstellende oder verdeutlichende Ausweitung des „vollständigen Empfangs“ eines Darlehens auf den erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife in § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gerade nicht vor, obwohl Ziel u. a. die Verbesserung der Reaktionsmöglichkeiten auf die anhaltende Niedrigzinsphase war (BT-Drucks. 18/6418, S. 1). Die Bundesregierung sah ausweislich ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage vom 4. Februar 2015 bzgl. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB keinen - klarstellenden - Handlungsbedarf (vgl. BT-Drucks. 18/4195, S. 3 zu Nr. 9).
58 
bb. Gleichfalls ist der rechtlich hier zu beurteilende Sachverhalt nicht mit dem gesetzlich geregelten Tatbestand vergleichbar. Das ergibt sich auch daraus, dass die Beklagte den Schutz der Bausparergemeinschaft bemüht, einer Gemeinschaft, die gerade im Vergleich zu herkömmlichen Darlehensverträgen im Rahmen rechtlicher Beurteilungen andere Schlussfolgerungen zulässt (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360).
59 
cc. Es kann nicht angenommen werden, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen, weil die Interessenabwägung keine Analogie rechtfertigt.
60 
(1) Der Zweck des Bausparvertrages ist aus Sicht des Bausparers der Erhalt eines zinsgünstigen, nur nachrangig zu besichernden Darlehens unterhalb des Marktniveaus. Die Voraussetzungen hierfür hat er durch die Leistung der vertraglichen Regelsparbeiträge an die Zweckgemeinschaft der Bausparer zu schaffen, für die er - nach der herkömmlichen Ausgestaltung - eine unterhalb des Marktniveaus liegende Habenverzinsung in Kauf zu nehmen hat. Dieses sich gegenseitig bedingende Wechselverhältnis zwischen Bauspareinlagen und Bauspardarlehen innerhalb der beschränkten Personengruppe der Bausparer ist maßgebend für das Bauspargeschäft und wird in § 1 Abs. 1 und 2 BauSparkG definiert (Schäfer/Cirpka/Zehnder, Bausparkassengesetz, 5. Aufl. § 1 Anm. 1). Die charakteristische Prägung des Bauspargeschäfts ergibt sich zusätzlich aus der Vertragszweckbestimmung des § 1 ABB sowie den Erläuterungen zu den Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge II, die auf das zinsgünstige Bauspardarlehen auf Grund von bedingungsgemäßen Ansparleistungen hinweisen.
61 
(2) Es lässt sich nicht mit den gesetzlichen Regelungen in Einklang bringen, das „charakteristische gemeinsame Sparziel“ des Bausparvertrages lediglich mit der Erlangung der „Möglichkeit der Ausübung der Option zur Erlangung eines Bauspardarlehens“ zu definieren, wie die Beklagte meint.
62 
(a) Aus § 1 Abs. 2 BauSparkG ergibt sich keine einschränkende Zweckbestimmung. Zwar ist nach der dort enthaltenen Legaldefinition Bausparer, wer mit einer Bausparkasse einen Vertrag schließt, durch den er nach Leistung von Bauspareinlagen einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens erwirbt (Bausparvertrag). Diese Vorschrift darf aber nicht isoliert als allein Zweck bestimmend herangezogen werden (so aber Mülbert/Schmitz, FS Horn, aaO, S. 786; Staudinger/Mülbert, aaO, § 488 Rn. 550). Mit der Formulierung, der Bausparer erwerbe einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens, bringt der Gesetzgeber vielmehr zum Ausdruck, dass, anders als bei einem gewöhnlichen Darlehen oder einem Forward-Darlehen, der Darlehensauszahlungsanspruch nicht bereits mit Vertragsschluss begründet wird, sondern von der bausparvertragstypischen Ansparleistung des Bausparers und den Sparleistungen des Kollektivs abhängig ist. Insbesondere ist § 1 Abs. 2 BauSparkG im Zusammenhang mit der zentralen Begriffsbestimmung des Bauspargeschäfts in § 1 Abs. 1 BauSparkG (s.o.) sowie der damit bezweckten Wohnungsbauförderung (§ 1 Abs. 3 BauSparkG) zu sehen. Er ergänzt lediglich die tatsächlich begriffsprägende Vorschrift des § 1 Abs. 1 BauSparkG.
63 
Auch die Gesetzesmaterialien geben für die einschränkende Zweckbestimmung keinen Anhaltspunkt. Die Gesetzesbegründung zum Bauspargesetz (BT-Drucks. VI/1900, S. 9 ff.) beschreibt das Wesen des Bauspargeschäfts in der Ansammlung von Kapital zur nachstelligen Finanzierung des Wohnungsbaus. Als charakteristisch wird das Kollektiv, also die Geschlossenheit des Personenkreises beschrieben, deren Mitglieder zunächst bis zur Auszahlung des Bausparguthabens Gläubiger und später nach Zuteilung des Bauspardarlehens Schuldner der Bausparkasse werden. Dabei betont der Gesetzgeber das Wechselverhältnis von Verzicht auf einen nicht marktgerechten Einlagenzins zu Gunsten eines niedrigen Darlehenszinses. Das Entstehen des bedingten Anspruchs auf ein Bauspardarlehen nach Eintritt der Zuteilungsreife wird nicht als Zwischenziel erwähnt. Es wird auf den Auszahlungszeitpunkt abgestellt. Dem entspricht § 5 Abs. 1 S. 2 ABB.
64 
(b) Die Auffassung der Beklagten, Zweck des Bauspargeschäfts sei lediglich die Erlangung des Optionsrechts, anstelle des Darlehens selbst, widerspricht zudem dem von ihr in § 1 ABB selbst definierten Vertragszweck. Ihre Auffassung beachtet nicht die Nachteile des Bausparers bei der Hinnahme einer unterhalb des Marktniveaus liegenden Verzinsung des Bausparguthabens. Hierzu ist der Bausparer bereit, weil ihm die daraus resultierenden Vorteile der Zweckgemeinschaft der Bausparer zugutekommen. Anschließend kann er ein zinsgünstiges Bauspardarlehen unterhalb des Marktniveaus nutzen. Der Anspruch auf Abschluss eines Darlehensvertrages selbst stellt daher noch nicht den wirtschaftlichen Ausgleich für die bereits in der Ansparphase hingenommenen wirtschaftlichen Nachteile dar.
65 
(c) Der Erhalt eines Anspruchs auf ein Darlehen ist lediglich ein notwendiges Zwischenziel. Dem kommt entgegen der Auffassung der Beklagten (so auch Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800) keine überragende Bedeutung im Sinne einer Zweckerreichung zu. Dies folgt aus den Besonderheiten der Vergabe der Bauspardarlehen aus den begrenzten Mitteln des Kollektivs der Bausparer.
66 
Gemäß § 4 Abs. 5 BauSparkG können sich Bausparkassen vor Zuteilung eines Bausparvertrages nicht verpflichten, die Bausparsumme zu einem bestimmten Zeitpunkt auszuzahlen. Die Bausparkasse kann erst dann Bauspardarlehen ausreichen, wenn ihr von den Mitgliedern des Bausparkollektivs ausreichend Mittel zur Verfügung gestellt wurden. Die Mindestwartezeit lässt sich anhand der Bausparbedingungen errechnen. Bei dem vertraglich vereinbarten Regelsparbeitrag in Höhe von 4,2 Promille der Bausparsumme (§ 5 Abs. 1 S. 1 ABB) sowie einem Mindestsparguthaben von 40 % der Bausparsumme als Zuteilungsvoraussetzung (§ 11 Abs. 1 lit. b ABB) dauert die Ansparphase auch unter Berücksichtigung der Guthabenzinsen von 3 % p.a. (§ 6 Abs. 1 ABB) etwas mehr als sieben Jahre. Diese bausparvertragstypische, regelmäßig mehrjährige Wartezeit bringt es mit sich, dass der Bausparer bei Vertragsabschluss noch nicht absehen kann, wann ihm ein Bauspardarlehen gewährt werden kann (BT-Drucks. VI/1900, S. 10ff.). Ihm ist eine verlässliche Planung nicht möglich.
67 
Zudem besteht eine auf wohnungswirtschaftliche Maßnahmen beschränkte Verwendungsmöglichkeit des Darlehens, § 1 Abs. 2 ABB. Für den Bausparer besteht somit das Risiko, dass ihm die angebotene Zuteilung der Bausparsumme zeitlich ungelegen kommt, weil sein geplanter Verwendungszweck sich zwischenzeitlich erledigt hat oder erst später ansteht. Daher besteht keine Pflicht zur Annahme der Zuteilung, worauf in den Erläuterungen zu den Allgemeinen Bausparbedingungen ausdrücklich hingewiesen wird.
68 
(3) Der Eintritt der Zuteilungsreife verschafft dem Bausparer nicht eine besondere Rechtsposition, mit der er die Bausparkasse unangemessen lange an einen bereits bei Vertragsschluss fest vereinbarten Guthabenzinssatz binden kann.
69 
Fehl geht das Argument der Beklagten, mit Erreichen der Zuteilungsreife könne der Bausparer seine Sparleistungen einstellen, aber gleichzeitig die Bausparkasse an die bei Vertragsabschluss fest vereinbarten Guthabenzinsen binden. Die ABB sehen kein Recht des Bausparers vor, die Regelsparbeiträge einzustellen (vgl. Senat, Urteil vom 17. Februar 2016 - 9 U 137/15). § 5 Abs. 1 ABB enthält die Verpflichtung des Bausparers, über den Eintritt der Zuteilungsreife hinaus und sogar noch nach der Annahme der Zuteilung die Regelsparbeiträge bis zum ersten Auszahlungszeitpunkt zu bezahlen. Die vereinzelt vertretene Auffassung, es bestehe keine Pflicht zur Zahlung der Regelsparbeiträge, der Sparer könne vielmehr die Zahlungen aussetzen oder der Höhe nach variieren (Laux, VW 1996, 328; Verlautbarung des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen [BAKred], ZIP 1995, 691 [695]; Oiwoh, Zur Kündigung von Bausparverträgen im deutschen und österreichischen Recht, Diplomarbeit 2016, Graz, S. 9), trifft nicht zu. Bei der Zweckspargemeinschaft der Bausparer ist die Einzahlung der Sparbeiträge Hauptleistungspflicht der Bausparer (Schäfer/Cirpka/Zehnder, aaO, § 5 Anm. 27; Staudinger/Mülbert, aaO, § 488 Rn. 542). Nur durch ihre Einlagenzahlungen ist die Ausreichung der Bauspardarlehen an andere Mitglieder möglich. Sie sind prägend für das Kollektivsystem zwischen Bausparern und Kreditnehmern (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 Rn. 46; Schimansky/Bunte/Lwowski/Rümker/Winterfeld, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 124 Rn. 167). Die Regelung über die Verpflichtung zur Zahlung des Regelsparbeitrags in den ABB der Beklagten ist nach dem Wortlaut eindeutig als Vertragspflicht ausgestaltet (vgl. Senat, Urteil vom 17. Februar 2016 - 9 U 137/15). Systematisch regelt § 5 Abs. 1 ABB die Leistungspflicht. § 5 Abs. 2 ABB enthält die Möglichkeit des Bausparers, über den Regelsparbeitrag hinaus mit Zustimmung der Bausparkasse freiwillig höhere Sonderzahlungen zu leisten. § 5 Abs. 3 ABB enthält das Kündigungsrecht der Bausparkasse bei Nichtzahlung der Raten. Dadurch hat die Bausparkasse ein wirkungsvolles Instrument, die mit dem Vertrag vereinbarte Risikoverteilung hinsichtlich der Zinsentwicklung sowie der Verwendungseignung aufrechtzuerhalten. Das Recht des Bausparers, niedrigere Sparbeiträge zu zahlen oder die Zahlung einzustellen, ist in den ABB nicht vorgesehen und wäre mit dem ausdrücklich geregelten Kündigungsrecht der Bausparkasse unvereinbar. Von einer echten Leistungspflicht geht im Übrigen auch das Bausparkassengesetz aus. Nach § 5 Abs. 3 Nr. 1 BauSparkG müssen die Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge Bestimmungen über die Höhe und Fälligkeit der Leistungen des Bausparers sowie über die Rechtsfolgen, die bei Leistungsverzug eintreten, enthalten.
70 
(4) Eine analoge Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB scheidet hier zudem aus, weil selbst bei fiktiver Gleichstellung des Darlehensempfangs mit dem Zeitpunkt der ersten Zuteilungsreife nach der bausparvertragstypischen Vertragsgestaltung eine überlange Zinsbindung der Bausparkasse von mehr als zehn Jahren nicht gegen ihren Willen eintreten kann.
71 
(a) Bei der vertragskonformen Durchführung des Bausparvertrages ist eine Bindung der Bausparkasse von mehr als zehn Jahren nach erstmaliger Erlangung der Zuteilungsreife ausgeschlossen. Die längste vertragliche Laufzeit nach Zuteilungsreife für das hier als Darlehen zu wertende Bausparguthaben lässt sich anhand der Höhe des Regelsparbeitrags, des Habenzinssatzes und des Mindestsparguthabens ermitteln. Bei der geschuldeten monatlichen Sparzahlung in Höhe von 4,2 Promille der Bausparsumme gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 ABB und einem Habenzinssatz von 3 % p.a. gemäß § 6 Abs. 1 ABB beträgt die maximale Laufzeit bis zur Vollbesparung der Bausparsumme ca. 16 Jahre. Die Zuteilungsreife bei einem vertraglichen Mindestsparguthaben von 40 % der Bausparsumme (§ 11 Abs. 1 lit. b ABB) tritt nach etwas mehr als sieben Jahren ein. Die Bausparkasse ist bei vertragsmäßiger Durchführung ab Zuteilungsreife längstens neun Jahre gebunden. Im Falle einer vorherigen Annahme der Zuteilung endet die Verzinsungspflicht gemäß § 6 Abs. 2 S. 3 ABB vorzeitig spätestens mit Ablauf des Monats der Bereitstellung. Damit ist das Darlehen zinslos.
72 
(b) Die von der Beklagten zur Begründung der Analogie angeführte überlange Zinsbindung der Bausparkasse von mehr als zehn Jahren kann nur bei einer Einstellung der Zahlung der Regelsparbeiträge entstehen. Diese stellt aber ein vertragswidriges Verhalten des Bausparers dar, welches die Bausparkasse nach § 5 Abs. 3 ABB zur Kündigung berechtigt. Die eigenmächtige Abweichung des Bausparers vom Vertrag ist kein bausparvertragstypisches Risiko, dem mit einer analogen Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB begegnet werden müsste.
73 
(aa) Das Ruhenlassen eines zuteilungsreifen Bausparvertrages ist nicht charakteristisch für das Bauspargeschäft. Es lässt sich weder den gesetzlichen Vorschriften noch den ABB entnehmen. Die Einsammlung von Kapital, um den Bausparern schnellstmöglich Bauspardarlehen aus Mitteln des Kollektivs zur Verfügung stellen zu können, gehört zum Wesen des Bausparvertrages (BT-Drucks. IV/1900, S. 11). Die Einstellung der Sparleistungen widerspricht dem. Es mag zwar ständige Praxis der Bausparkassen sein, die Einstellung der Zahlung der Regelsparbeiträge nach erstmaliger Zuteilungsreife hinzunehmen. Hieraus lassen sich aber keine rechtlichen Schlüsse ziehen. Diese Praxis kann der Bausparkasse mangels Vertragsänderung nicht einseitig aufgedrängt werden. Sie hat vielmehr einen Anspruch auf Zahlung der Regelsparbeiträge (vgl. bereits oben unter II.2.b.bb [3]).
74 
(bb) Allerdings entsprach die Einstellung der Regelsparbeiträge in der Vergangenheit dem Interesse der Bausparkassen. Außerhalb der gegenwärtigen Niedrigzinsphase war das Ruhenlassen der zuteilungsreifen Bausparverträge für die Bausparkasse günstig, da ihr die Mittel zur Zuteilung anderer Bauspardarlehen zur Verfügung blieben und sie aus der Zinsdifferenz zu den Zinssätzen der ausgereichten Bauspardarlehen risikolos Erträge erwirtschaften konnte. Lange Zeit lagen zudem die Habenzinssätze unterhalb des Marktniveaus. Zudem dürfte diese Praxis die Attraktivität des Bausparens gesteigert und die Werbung neuer Bausparer erleichtert haben.
75 
Weiter war während des Ruhens des Bausparvertrages für die Bausparkasse das noch bestehende Zinsrisiko für die Restlaufzeit im Falle der Wiederaufnahme der Einzahlungen jederzeit überschaubar. Sie war dadurch in der Lage, durch Aufforderung des Bausparers, seinen Einzahlungspflichten wieder nachzukommen, den Vertrag wieder in Vollzug zu setzen. Damit konnte sie das mit dem Vertrag von vornherein übernommene Zinsänderungsrisiko und die faktische Verlängerung der Zinsbindung jederzeit steuern. Sie hatte es also in der Hand, eine Zinsbindung von mehr als zehn Jahren zu vermeiden.
76 
d. Die Beklagte kann die Kündigung auch nicht auf § 490 Abs. 3, §§ 314, 313 Abs. 3 BGB stützen (zum Verhältnis der Bestimmungen zueinander vgl. Senat, Urteil vom 23. September 2015 - 9 U 31/15, WM 2016, 311, Rn. 147).
77 
aa. Zu Recht beruft sich die Beklagte in der Berufung nicht mehr auf ein Kündigungsrecht aus § 490 Abs. 3, § 314 BGB. Nach § 314 BGB ist eine Kündigung zulässig, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Wie bereits ausgeführt, stellt die Nichtabnahme des Bauspardarlehens kein vertragswidriges Verhalten des Bausparers dar. Hinsichtlich der Nichtzahlung der Regelsparbeiträge hat die Bausparkasse ein spezielleres Kündigungsrecht aus § 5 Abs. 3 ABB, dessen Voraussetzungen nicht vorliegen. Die Schaffung der Kündigungsvoraussetzungen und die sich daran anschließende Möglichkeit der Ausübung dieses Kündigungsrechts ist ihr zuzumuten. Die Nichtausübung in der Vergangenheit beruhte auf einer eigenen freien Entscheidung.
78 
bb. Auch aus § 490 Abs. 3, § 313 Abs. 3 BGB ergibt sich ein Kündigungsrecht nicht. Nach § 313 BGB kann eine Vertragsanpassung verlangt werden, wenn sich die Umstände, die Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert haben, die Parteien deshalb den Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten und das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zumutbar ist. Die Geschäftsgrundlage eines Vertrages wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gebildet durch die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut (statt aller BGH, Urteil vom 24. März 2010 - VIII ZR 235/09, juris). Diese Vorstellungen müssen sich als falsch herausgestellt haben. Die Parteien müssten, wenn sie dies vorausgesehen hätten, den Vertrag anders geschlossen haben (BGH, Urteil vom 7. März 2013 - VII ZR 68/10, WM 2014, 134). Eine Anpassung des Vertrages kann zudem nur gefordert werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Bei der Auflösung eines Vertrags wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB handelt es sich um eine von vornherein auf besondere Ausnahmefälle beschränkte rechtliche Möglichkeit, die zur Vermeidung untragbarer, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin unvereinbarer Folgen unabweisbar erscheinen muss (BGH, Urteil vom 8. Mai 2014 - I ZR 210/12 NZG 2014, 1036). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
79 
(1) Die Geschäftsgrundlage wäre nicht entfallen, wenn die Klägerin ihre Absicht zur Inanspruchnahme des Bauspardarlehens endgültig aufgegeben hätte. Zwar war Vertragszweck nach § 1 BauSparkG, § 1 ABB die Erlangung von Mitteln zur wohnwirtschaftlichen Verwendung (s. bereits oben unter II.2.c.cc.[2][c]). Doch ist zum einen die Beklagte hinsichtlich dieses Vorbringens beweisfällig geblieben. Zum anderen ist der Wegfall dieser Geschäftsgrundlage nicht allein aus der über zehn Jahre dauernden nicht erfolgten Inanspruchnahme des Bauspardarlehens abzuleiten. Schon der seit Abschluss des Bausparvertrages bis zur Zuteilungsreife vergehende Zeitraum legt es angesichts der Notwendigkeit der wohnwirtschaftlichen Verwendung des Bauspardarlehens nahe, dass aufgrund veränderter Umstände das Bauspardarlehen nicht in Anspruch genommen wird. Auch für diesen Fall ist nach der vertraglichen Vereinbarung die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses vorgesehen, mithin eine Risikoverteilung vorgenommen worden.
80 
(2) Die Geschäftsgrundlage wäre auch nicht entfallen, wenn das Gleichgewicht zwischen Bauspareinlagen und -darlehen mit der Folge dauerhaft gestört wäre, dass die Beklagte ihre Verpflichtungen nicht mehr erfüllen könnte. Die Beklagte hat über den gesetzlich vorgegebenen Rahmen hinaus insoweit das vertragsspezifische Risiko übernommen, was ein weiteres Festhalten am Vertrag nicht als unzumutbar erscheinen lässt. Eine solche vertragliche Risikoübernahme schließt die Rechte aus § 313 BGB regelmäßig aus (BGH, Urteil vom 21. Februar 2014 - V ZR 176/12, NJW 2014, 2177). Eine Abweichung hiervon ist hier nicht geboten. Es hätte der Beklagten oblegen, von der bestehenden Möglichkeit Gebrauch zu machen, das Risiko der Zinsentwicklung durch eine geeignete Vertragsgestaltung anders zu gewichten oder ihre vereinbarten Rechte auszuüben.
81 
3. a. Die Verpflichtung zur Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren folgt aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB, weil die Beklagte durch die unberechtigte Kündigung ihre Pflicht zur Rücksichtnahme nach § 241 Abs. 2 BGB verletzt hat.
82 
b. Die notwendigen Rechtsverfolgungskosten betragen unter Berücksichtigung einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr, einer Auslagenpauschale von 20,00 EUR und der Umsatzsteuer insgesamt 413,64 EUR, weil für die Gebührenrechnung ein Gegenstandswert von 3.167,66 EUR anzusetzen ist.
83 
aa. Der Gegenstandswert für die vorgerichtlichen Anwaltskosten ist gemäß § 23 Abs. 3 RVG i. V. m. § 48 GKG, § 3 ZPO nach dem maßgeblichen wahren Interesse der Klägerin an dem Urteil (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juni 1976 - VI ZR 154/75) zu schätzen.
84 
bb. Bei der Klage auf Feststellung des Fortbestehens eines Bausparvertrages kommt es dem Kläger hinsichtlich des Bausparguthabens nicht auf den Rückerhalt oder die eigene Nichtzahlung eines Kapitalbetrages in Höhe des Guthabens an, sondern auf den fortgesetzten Erhalt des vereinbarten Entgelts für die Kapitalüberlassung. Im Rahmen der Feststellungsklage kann zudem der Gedanke des § 9 ZPO berücksichtigt werden (BGH, Beschluss vom 30. April 2008 - III ZR 202/07, juris, Rn. 2; MünchKommZPO/Wöstmann, 4. Aufl. 2013, § 9 Rn. 2). Soweit § 9 ZPO voraussetzt, dass das Stammrecht selbst im Streit ist (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 9 Rn. 1; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11. April 2005 - 17 W 21/05), ist diese Voraussetzung hier erfüllt, da die Feststellung des Fortbestands des Bausparvertrages die des Bezugsrechts des Bausparers für die künftigen Zinsen umfasst. Diesbezüglich ist daher der 3,5-fache Jahreszins aus dem Bausparguthaben bei Mandatierung anzusetzen.
85 
cc. Neben dem Zinsinteresse ist auch das mögliche Interesse des Klägers am Erhalt des Bauspardarlehens in Höhe der Differenz zwischen der Bausparsumme und dem angesparten Guthaben zu berücksichtigen. Dieses besteht alternativ zum Zinsinteresse, weil die Inanspruchnahme des Darlehens die Verzinsungspflicht des Bausparguthabens entfallen lässt. Wegen des Alternativverhältnisses der Interessen des Bausparers und der Ungewissheit, ob das Bauspardarlehen in Anspruch genommen wird, hält es der Senat im Rahmen der Feststellungsklage für gerechtfertigt, das wirtschaftliche Interesse beider Ansprüche zu kumulieren und sie mit einem Abschlag von 50% zu berücksichtigen.
86 
dd. Die Zinserwartung aus dem zum Zeitpunkt der Mandatierung bestehenden Bausparguthaben in Höhe von 15.772,48 EUR betrug bei einem Zinssatz von 3 % p.a. für einen Zeitraum von 3,5 Jahren 1.656,11 EUR. Diese ist mit einem 50-prozentigen Abschlag mit einem Betrag von 828,06 EUR anzusetzen.
87 
Zum Zeitpunkt der Mandatierung bestand ein Darlehensanspruch in Höhe von 4.679,20 EUR, der ebenfalls mit 50 %, also 2.339,60 EUR, anzusetzen ist, woraus sich der Gegenstandswert von 3.167,66 EUR errechnet.
III.
88 
1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2, § 269 Abs. 3 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO. Hinsichtlich der Streitwertbemessung wird auf die oben stehenden Ausführungen zum Gegenstandswert der vorgerichtlichen Anwaltskosten Bezug genommen. Durch den Instanzenzug haben sich keine wesentlichen Wertveränderungen ergeben.
89 
2. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO zuzulassen, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung hat und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung von den Hinweisbeschlüssen und Entscheidungen der Oberlandesgerichte Hamm, Koblenz, Köln und Celle ab, die eine auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gestützte Kündigung des Bausparvertrages für rechtmäßig halten.

Tenor

Die Beschwerde des Klägervertreters gegen die Festsetzung des Streitwerts in der Entscheidung der 12. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 12.03.2015, Az 12 O 502/14, wird zurückgewiesen.

Gründe

 
Die gem. § 68 Abs. 1 GKG statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Das Landgericht hat mit zutreffender Begründung, die der Senat sich zu Eigen macht, den Streitwert festgesetzt und der Beschwerde nicht abgeholfen.
Das Landgericht hat zutreffend den Streitwert auf bis zu 3.000 EUR festgesetzt, ohne dabei den Wert des bezifferten Antrags zu übergehen. Dieser übersteigt einschließlich der vom Landgericht errechneten Zinsen nicht den festgesetzten Wert.
Das Landgericht hat zu Recht das Interesse nach dem Interesse des Klägers an dem Erhalt der Verzinsung bewertet und nicht nach dem Wert des Bausparguthabens. Gem. § 48 Abs. 1, § 3 ZPO ist der Wert des Verfahrens nach freiem Ermessen zu schätzen, wobei es maßgeblich auf das Interesse des Klägers ankommt. Bei der Klage auf Feststellung des Fortbestehens eines Bausparvertrages kommt es ihm nicht auf den Rückerhalt oder die eigene Nichtzahlung eines Kapitalbetrages, sondern auf den fortgesetzten Erhalt des vereinbarten Entgelts für die Kapitalüberlassung an (vgl. für den umgekehrten Fall des Darlehenswiderrufs: OLG Stuttgart, Beschluss vom 30. April 2015 - 6 W 25/15; Senat, Beschluss vom 28.1.2015 - 9 U 119/14).
Im Rahmen der Feststellungsklage kann der Gedanke des § 9 ZPO berücksichtigt werden (BGH, Beschluss vom 30. April 2008 - III ZR 202/07 -, Rn. 2; MünchKommZPO/Wöstmann, 4. Aufl., § 9 Rn. 2). Es liegen auch im Hinblick auf die Bonuszinsregelung wirtschaftlich gleichbleibende Raten vor. Zwar erfordert die Zahlung des Bonuszinses eine Erklärung des Bausparers. Diese hat gem. § 6 Abs. 1 UAbs. 2 der Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge eine rückwirkende Berechnung ab Vertragsbeginn zur Folge und steht somit einem erhöhten Zinssatz gleich.
Das Verfahren ist gebührenfrei. Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, § 68 Abs. 3 GKG. Die Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG.

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 27. November 2015 - 10 O 452/15 - aufgehoben und der Streitwert von Amts wegen für die erste Instanz auf 1.548,80 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Parteien streiten in der Hauptsache um die Wirksamkeit der Kündigung eines Bausparvertrags.
Der Kläger schloss am 02.10.1980 mit der Beklagten, einer Bausparkasse, einen Bausparvertrag über eine Bausparsumme von ursprünglich 40.000 DM, welche zum 01.12.1995 auf 80.000 DM erhöht wurde. Die Guthabenverzinsung in der Ansparphase beträgt 2,5 %, der Darlehenszins für das vorgesehene Bauspardarlehen 4,5 %. Der Bausparvertrag ist seit 30.06.2002 zuteilungsreif. Zum 31.12.2014 wies der Bausparvertrag ein Bausparguthaben von 22.125,86 EUR auf.
Die Beklagte wies den Kläger ab Zuteilungsreife regelmäßig auf diese hin und bot ihm die Ausreichung eines Bauspardarlehens oder die Auszahlung des Bausparguthabens an. Mit Schreiben vom 15.03.2015 erklärte die Beklagte die Kündigung des Bausparvertrags zum 30.09.2015.
Der Kläger ist der Auffassung, sich nicht vertragswidrig verhalten zu haben. Er hält die Kündigung für unwirksam und hat die Feststellung des Fortbestehens des Bausparvertrags begehrt.
Dem ist die Beklagte entgegen getreten.
Das Landgericht hat die Klage unter Berufung auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit Urteil vom 27.11.2015 abgewiesen und mit Beschluss vom gleichen Tag den Streitwert auf 22.125,86 EUR festgesetzt. Hiergegen hat der Kläger mit Schriftsatz vom 11.12.2015 Beschwerde eingelegt und beantragt, den Streitwert auf 4.305 EUR herabzusetzen. Der Wert des Feststellungsantrags bemesse sich nicht nach dem angesparten Bausparguthaben, sondern - ausgehend von der gesamten Bausparsumme - nach der Differenz zwischen dem vertraglich zugesicherten Guthabenzins und dem aktuell marktüblichen Zins, allerdings begrenzt auf den dreieinhalbfachen Jahresbetrag.
Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 23.12.2015 nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Die Beklagte hat im Rahmen ihrer Stellungnahme auf die einschlägige Rechtsprechung namentlich des Oberlandesgerichts Stuttgart hingewiesen.
Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache hat der Einzelrichter das Verfahren dem Senat zur Entscheidung übertragen (§ 68 Abs. 2 Satz 7 i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 2 GKG).
II.
Die Streitwertbeschwerde des Klägers, mit der dieser eine Herabsetzung des vom Landgericht auf 22.125,86 EUR festgesetzten Streitwerts begehrt, ist zulässig, insbesondere wurde sie fristgerecht eingelegt (§ 68 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG) und übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstands 200 EUR (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG). Auch in der Sache hat die Streitwertbeschwerde Erfolg; der Streitwert ist danach gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG von Amts wegen auf 1.548,80 EUR festzusetzen.
10 
1. Gemäß § 48 Abs. 1 GKG richtet sich der Gebührenstreitwert in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, d.h. nach §§ 3 ff. ZPO. In vermögensrechtlichen Streitigkeiten hat das Gericht daher gemäß § 3 ZPO den Wert nach freiem Ermessen festzusetzen. Im Rahmen einer positiven Feststellungsklage ist grundsätzlich auf das wahre wirtschaftliche Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung - nach § 40 GKG im Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung - abzustellen (BGH, Beschl. v. 01.06.1976 - VI ZR 154/75, juris); dabei ist der Wert des Rechtsverhältnisses zugrunde zu legen und regelmäßig ein Abschlag von 20 % gegenüber dem Wert einer entsprechenden Leistungsklage vorzunehmen (BGH, NJW-RR 2000, 1266; OLG Stuttgart, JurBüro 2007, 144; Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 3 Rn. 16 Stichwort „Feststellungsklagen“). Maßgebend sind jeweils die Umstände des Einzelfalls (Schneider/Herget/Onderka, Streitwertkommentar, 13. Aufl., Rn. 6120 f.).
11 
2. Maßstab für die Festsetzung des Streitwerts ist folglich das objektive wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses der Parteien. Maß und Richtung des wirtschaftlichen Interesses des Klägers orientieren sich dabei grundsätzlich an den in der Klagschrift dargelegten objektiven Erwartungen des Klägers, wenn sich hierfür hinreichend objektive Anhaltspunkte ergeben (BGH, NJW 2006, 3060, juris Rn. 8). Zu bewerten ist vorliegend daher das Interesse des Klägers, den Bausparvertrag weiterhin in der Ansparphase belassen und unter Inanspruchnahme der vereinbarten Guthabenverzinsung fortführen zu können.
12 
Denn anders als in dem vom Landgericht zur Begründung der angegriffenen Entscheidung herangezogenen Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 25.02.1997 (WM 1997, 741) geht es vorliegend nicht um die Kündigung eines an den Bausparer ausgereichten Bauspardarlehens durch die Bausparkasse, nach der die sofortige Rückzahlung der Darlehensvaluta in Streit steht. Das erklärte wirtschaftliche Interesse des Klägers besteht vielmehr allein darin, sich auch für die Zukunft die - gegenüber dem aktuellen Markt höheren - vertraglich vereinbarten Guthabenzinsen auf das Bausparguthaben zu sichern (OLG Stuttgart, Beschl. v. 19.06.2015 - 9 W 25/15; OLG Koblenz, Beschl. v. 20.08.2015 - 8 W 536/15; Beschl. v. 21.08.2015 - 8 U 319/15). Im Rahmen der Feststellungsklage ist zudem der Rechtsgedanke des § 9 Satz 1 ZPO zu berücksichtigen, wonach sich das wirtschaftliche Interesse des Klägers aus dem dreieinhalbfachen Wert der einjährigen Zinserwartung berechnet (BGH, NVwZ-RR 2008, 741; MünchKomm/Wöstmann, ZPO, 4. Aufl., § 9 Rn. 2).
13 
Bei einem Bausparguthaben zum Zeitpunkt der Klageinreichung in Höhe von 22.125,86 EUR ist bei einem Zinssatz von 2,5 % von einem jährlichen Zinsertrag von 553,15 EUR auszugehen. Der dreieinhalbfache Betrag beläuft sich auf 1.936,01 EUR, der Wert des Feststellungsbegehrens damit - abzüglich 20 % - auf 1.548,81 EUR.
14 
3. Entgegen der von der Beklagten herangezogenen jüngeren Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Stuttgart (Beschl. v. 28.10.2015 - 9 W 65/15; Beschl. v. 28.10.2015 - 9 W 66/15; Beschl. v. 10.11.2015 - 9 W 68/15; Beschl. v. 10.11.2015 - 9 W 70/15) sieht der Senat jedenfalls in dem vorliegenden Fall davon ab, zusätzlich den bestehenden Anspruch des Klägers auf Inanspruchnahme eines Bauspardarlehens zu berücksichtigen. Nach den maßgeblichen, in der Klagschrift dokumentierten und objektiv nachvollziehbaren Umständen des konkreten Falls erschöpft sich das wirtschaftliche Interesse des Klägers am Fortbestand des Bausparvertrages im Streitfall nämlich in der Guthabenverzinsung. Das - ihm von der Beklagten vorgerichtlich mehrfach angebotene - Bauspardarlehen wollte und will er dagegen gerade nicht in Anspruch nehmen. Eine schematische Einbeziehung des theoretisch bestehenden Anspruchs auf Ausreichung eines Bauspardarlehens gegen den erklärten Willen des Anspruchsberechtigten ist daher nicht vorzunehmen, zumal sich das wirtschaftliche Interesse des Bausparers am Fortbestand seines Bausparvertrags nicht für den gleichen Zeitraum sowohl auf die Guthabenverzinsung als auch auf die Ausreichung eines Bauspardarlehens richten kann, beides sich insoweit vielmehr in einem Alternativverhältnis befindet.
III.
15 
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).
16 
Die Rechtsbeschwerde findet nicht statt (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 31.08.2015 zurückzuweisen.

2. Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis 12.02.2016.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten über den Fortbestand eines Bausparvertrags Tarif „Classic“, den der Kläger und seine Frau am 3.12.1997 mit der Beklagten abgeschlossen haben (Anlage K 1, GA Bl. 6).

2

Gemäß § 6 Abs. 1 der zum Gegenstand des Vertrages gemachten Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (AAB, Anlage B 3, GA 56) wird das Bausparguthaben jährlich mit 2,5 % verzinst.

3

Mit Schreiben vom 5.02.2004 wurde dem Kläger die am 30.04.2004 eintretende Zuteilungsreife des Vertrages über die Bausparsumme von 16.000,00 € mitgeteilt (Anlage K 2, GA Bl. 8).

4

Von 2004 bis 2009 erhöhte sich das angesparte Bausparguthaben aufgrund der Zinsen auf 8.656,32 € und von 2010 bis 31.12.2013 - aufgrund weiterer Einzahlungen des Klägers - auf 13.577,87 €. Zum 31.12.2014 belief es sich auf 13.836,70 €.

5

Mit Schreiben vom 22.09.2014 kündigte die Beklagte den Bausparvertrag zum 31.03.2015 gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB (Anlage K 9, GA Bl. 15); der Kläger widersprach der Kündigung.

6

Der Kläger hat beantragt,

7

festzustellen, dass die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung des Bausparvertrages mit der Nummer …27 vom 22. September 2014 unwirksam sei und dass das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis über den 31.03.2015 hinaus fortbestehe.

8

Die Beklagte hat beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Mit Urteil vom 31.08.2015, auf das zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird (GA Bl. 84 - 90), hat das Landgericht die Klage abgewiesen und ein Kündigungsrecht der Beklagten gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB bejaht, da die 10-Jahres-Frist mit Eintritt der Zuteilungsreife zu laufen begonnen habe.

11

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er sein erstinstanzliches Klageziel weiterverfolgt.

12

Er wiederholt und vertieft im Wesentlichen seinen erstinstanzlichen Rechtsstandpunkt und rügt die Verletzung materiellen Rechts. Wegen der Einzelheiten seines Vorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 28.10.2015 verwiesen.

13

Die Beklagte beantragt,

14

die Berufung zurückzuweisen.

15

Wegen ihres Vorbringens wird auf die Berufungserwiderung vom 18.12.2015 Bezug genommen.

II.

16

Der Senat beabsichtigt nach vorläufiger Beratung, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.

17

Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einem Rechtsfehler (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

18

Die Klage ist unbegründet.

19

Dem Kläger steht kein Anspruch gegen die Beklagte auf Feststellung zu, dass der Bausparvertrag über den 31.03.2015 hinaus fortbestehe. Die Beklagte hat diesen Vertrag gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB wirksam zum 31.03.2015 gekündigt.

1.)

20

Nach herrschender Meinung ist der Bausparvertrag ein auf längerfristige Bindung der Vertragspartner abzielender einheitlicher Darlehensvertrag mit der Besonderheit, dass Bausparkasse und Bausparer mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre jeweiligen Rollen als Darlehensgeber bzw. Darlehensnehmer tauschen (OLG Hamm, Beschluss vom 26.10.2015 - I - 31 U 182/15 -, juris; OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.10.2011 - 9 U 151/11, Rn. 7, WM 13, 508; OLG Frankfurt, Beschluss vom 2.10.2013, Rn. 14 - 19 U 106/13 -, juris; OLG Koblenz, Urteil vom 22.05.2015 - 8 U 668/14 -; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rn. 539 m. w. N.).

21

Die Einlagen des Bausparers während der Ansparphase stellen damit ein Darlehen des Bausparers an die Bausparkasse dar, für dessen Rückerstattung eine Zeit nicht bestimmt ist.

2.)

22

Somit unterliegt der Bausparvertrag - unter Berücksichtigung von vertragsspezifischen Besonderheiten - den darlehensvertraglichen Bestimmungen der §§ 488 ff. BGB.

23

Da die beklagte Bausparkasse als Anstalt des öffentlichen Rechts nicht zu den in § 489 Abs. 4 S. 2 BGB explizit genannten Institutionen gehört, gilt das Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 S. 2 BGB unabdingbar und zwingend auch für sie (Palandt/Weidenkaff, BGB, 75. Aufl., § 489 Rn. 13; s. dazu Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800-1806).

3.)

24

§ 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gilt unabhängig davon, ob es sich bei dem Darlehensnehmer um einen Verbraucher handelt oder nicht. Es handelt sich um eine - vom Gesetzgeber in das allgemeine Darlehensrecht und nicht in die Verbraucherkreditregelungen aufgenommene - Schuldnerschutzbestimmung ohne Einschränkung des personellen Anwendungsbereichs (Staudinger/Mülbert, a. a. O., § 489 Rn. 2; Palandt, a. a. O., § 489 Rn. 1; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079-3084).

25

Die Regelung soll den Nehmer eines festverzinslichen Darlehens nach Ablauf einer längeren Zeit vor der Bindung an einen nicht mehr zeitgemäßen Zins bewahren (Staudinger, a. a. O., Rn 11 m. w. N.). Dieser Schutzgedanke gilt auch für die beklagte Bausparkasse, deren wirtschaftliche Bewegungsfreiheit durch die vorgenannte Norm im Kernbestand erhalten werden soll.

4.)

26

Zu Recht hat das Landgericht den „vollständigen Empfang“ der Darlehensvaluta durch die Beklagte i. S. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB bejaht.

27

Ein vollständiger Empfang i. S. dieser Vorschrift ist nämlich aufgrund der strukturellen Eigenheiten des Bausparvertrages mit Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife anzunehmen (Staudinger, a. a. O., § 489 Rn. 51; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800 m. w. N.).

28

Bereits mit erstmaligem Eintritt der Zuteilungsreife ist das für den Bausparvertrag charakteristische Ziel der Vertragsparteien erreicht; gemäß § 1 Abs. 2 S. 1 BauSparkG erwirbt der Bausparer nach Leistung von Bauspareinlagen - also durch einseitiges Tun - einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens. Der Vertragszweck ergibt sich auch aus § 1 der AAB (Anlage B 3, GA Bl. 56): der Erwerb des „Anspruchs, aus den angesammelten Beträgen der Bausparer ein ... Tilgungsdarlehen (Bauspardarlehen) zu erhalten“.

29

Zweck des Bausparvertrages ist folglich nicht, die dauerhafte zinsgünstige Anlage von Geld, sondern die Erlangung eines Bauspardarlehens (OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.10.2011 - 9 U 151/11 Rn. 12 -, juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 2.09.2013 - 19 U 106/13 Rn. 2 - juris). Mit erstmaligem Eintritt der Zuteilungsreife ist es dem Bausparer überlassen und allein in seiner Hand, seinen Anspruch auf Erhalt der Bausparsumme geltend zu machen. Für die Beklagte realisiert sich im Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife das durch § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB geschützte Risiko der Bindung an den vereinbarten Zinssatz über die Dauer von 10 Jahren.

30

Der Bausparer ist zwar zur Inanspruchnahme des Bauspardarlehens nicht verpflichtet; des Weiteren kann er seinen Bausparvertrag trotz Zuteilungsreife fortsetzen und weiter besparen. Wie oben angegeben, entspricht die „überlange“ Besparung eines Bausparvertrages jedoch nicht dem Zweck des Bausparvertrages, nämlich der Erlangung eines (aus der Sicht bei Ver-tragsabschluss zinsgünstigen) Darlehens. Demzufolge kann die Dauer der Ansparphase nicht in das uneingeschränkte Belieben des Bausparers gestellt werden. Damit könnte er in Niedrigzinsphasen den Bausparvertrag zweckentfremden, nämlich ihn dazu nutzen, die bei Abschluss des Vertrags versprochenen, nicht mehr marktgerechten Zinsen für die eingezahlte Valuta für eine von ihm zu bestimmende Zeit zu generieren.

31

Unter Berücksichtigung des vorgenannten Zwecks des § 489 Abs. 1 S. 2 BGB, bei dem es sich um eine Schuldnerschutzvorschrift zu Gunsten des Darlehensnehmers - hier der beklagten Bausparkasse - handelt, ist es nach Auffassung des Senats interessengerecht, auf den Zeitpunkt des Eintritts der Zuteilungsreife als den „vollständigen Empfang“ des Darlehens durch die Bausparkasse abzustellen.

32

Nach alledem ist die Berufung unbegründet.

33

Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme und Prüfung, ob er seine Berufung aufrecht erhalten will. Im Fall der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses, Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG).

III.

34

Bezüglich des Streitwerts weist der Senat darauf hin, dass er beabsichtigt, diesen für die Berufungsinstanz und - in Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung gemäß § 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG - auch für die erste Instanz auf 1.210,71 € festzusetzen.

35

Der Wert einer Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung bemisst sich nach dem objektiv zu ermittelnden wirtschaftlichen Interesse des Klägers an der Fortführung des Vertrages. Bei der vorliegenden Klage auf Feststellung des Fortbestehens des Bausparvertrages kommt es maßgeblich auf den Wert der Leistungen an, welche der Kläger sich damit erhalten will. Dies ist bei objektiver Betrachtung vorliegend die Verzinsung seines Bausparguthabens (OLG Koblenz, Beschluss vom 20.08.2015 - 8 W 536/15; OLG Hamm, Beschluss vom 26.10.2015 - I - 31 U 182/15 Rn. 22 - juris).

36

Bei dieser jährlichen Verzinsung handelt es sich um wiederkehrende Leistungen i. S. d. § 9 S. 1 ZPO mit der Folge, dass der Streitwert in Höhe des dreieinhalbfachen Wertes des einjährigen Bezugs berechnet wird. Dies ergibt vorliegend einen Betrag in Höhe von 1.210,71€ (13.836,70 € x 2,5 % x 3 1/2).

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Streitwertbeschluss des Einzelrichters der 14. Zivilkammer des Landgerichts Münster vom 01.09.2015 abgeändert.

Der Streitwert für das Verfahren wird auf 858,97 € festgesetzt.


1 2 3

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 27. November 2015 - 10 O 452/15 - aufgehoben und der Streitwert von Amts wegen für die erste Instanz auf 1.548,80 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Parteien streiten in der Hauptsache um die Wirksamkeit der Kündigung eines Bausparvertrags.
Der Kläger schloss am 02.10.1980 mit der Beklagten, einer Bausparkasse, einen Bausparvertrag über eine Bausparsumme von ursprünglich 40.000 DM, welche zum 01.12.1995 auf 80.000 DM erhöht wurde. Die Guthabenverzinsung in der Ansparphase beträgt 2,5 %, der Darlehenszins für das vorgesehene Bauspardarlehen 4,5 %. Der Bausparvertrag ist seit 30.06.2002 zuteilungsreif. Zum 31.12.2014 wies der Bausparvertrag ein Bausparguthaben von 22.125,86 EUR auf.
Die Beklagte wies den Kläger ab Zuteilungsreife regelmäßig auf diese hin und bot ihm die Ausreichung eines Bauspardarlehens oder die Auszahlung des Bausparguthabens an. Mit Schreiben vom 15.03.2015 erklärte die Beklagte die Kündigung des Bausparvertrags zum 30.09.2015.
Der Kläger ist der Auffassung, sich nicht vertragswidrig verhalten zu haben. Er hält die Kündigung für unwirksam und hat die Feststellung des Fortbestehens des Bausparvertrags begehrt.
Dem ist die Beklagte entgegen getreten.
Das Landgericht hat die Klage unter Berufung auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit Urteil vom 27.11.2015 abgewiesen und mit Beschluss vom gleichen Tag den Streitwert auf 22.125,86 EUR festgesetzt. Hiergegen hat der Kläger mit Schriftsatz vom 11.12.2015 Beschwerde eingelegt und beantragt, den Streitwert auf 4.305 EUR herabzusetzen. Der Wert des Feststellungsantrags bemesse sich nicht nach dem angesparten Bausparguthaben, sondern - ausgehend von der gesamten Bausparsumme - nach der Differenz zwischen dem vertraglich zugesicherten Guthabenzins und dem aktuell marktüblichen Zins, allerdings begrenzt auf den dreieinhalbfachen Jahresbetrag.
Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 23.12.2015 nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Die Beklagte hat im Rahmen ihrer Stellungnahme auf die einschlägige Rechtsprechung namentlich des Oberlandesgerichts Stuttgart hingewiesen.
Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache hat der Einzelrichter das Verfahren dem Senat zur Entscheidung übertragen (§ 68 Abs. 2 Satz 7 i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 2 GKG).
II.
Die Streitwertbeschwerde des Klägers, mit der dieser eine Herabsetzung des vom Landgericht auf 22.125,86 EUR festgesetzten Streitwerts begehrt, ist zulässig, insbesondere wurde sie fristgerecht eingelegt (§ 68 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG) und übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstands 200 EUR (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG). Auch in der Sache hat die Streitwertbeschwerde Erfolg; der Streitwert ist danach gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG von Amts wegen auf 1.548,80 EUR festzusetzen.
10 
1. Gemäß § 48 Abs. 1 GKG richtet sich der Gebührenstreitwert in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, d.h. nach §§ 3 ff. ZPO. In vermögensrechtlichen Streitigkeiten hat das Gericht daher gemäß § 3 ZPO den Wert nach freiem Ermessen festzusetzen. Im Rahmen einer positiven Feststellungsklage ist grundsätzlich auf das wahre wirtschaftliche Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung - nach § 40 GKG im Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung - abzustellen (BGH, Beschl. v. 01.06.1976 - VI ZR 154/75, juris); dabei ist der Wert des Rechtsverhältnisses zugrunde zu legen und regelmäßig ein Abschlag von 20 % gegenüber dem Wert einer entsprechenden Leistungsklage vorzunehmen (BGH, NJW-RR 2000, 1266; OLG Stuttgart, JurBüro 2007, 144; Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 3 Rn. 16 Stichwort „Feststellungsklagen“). Maßgebend sind jeweils die Umstände des Einzelfalls (Schneider/Herget/Onderka, Streitwertkommentar, 13. Aufl., Rn. 6120 f.).
11 
2. Maßstab für die Festsetzung des Streitwerts ist folglich das objektive wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses der Parteien. Maß und Richtung des wirtschaftlichen Interesses des Klägers orientieren sich dabei grundsätzlich an den in der Klagschrift dargelegten objektiven Erwartungen des Klägers, wenn sich hierfür hinreichend objektive Anhaltspunkte ergeben (BGH, NJW 2006, 3060, juris Rn. 8). Zu bewerten ist vorliegend daher das Interesse des Klägers, den Bausparvertrag weiterhin in der Ansparphase belassen und unter Inanspruchnahme der vereinbarten Guthabenverzinsung fortführen zu können.
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Denn anders als in dem vom Landgericht zur Begründung der angegriffenen Entscheidung herangezogenen Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 25.02.1997 (WM 1997, 741) geht es vorliegend nicht um die Kündigung eines an den Bausparer ausgereichten Bauspardarlehens durch die Bausparkasse, nach der die sofortige Rückzahlung der Darlehensvaluta in Streit steht. Das erklärte wirtschaftliche Interesse des Klägers besteht vielmehr allein darin, sich auch für die Zukunft die - gegenüber dem aktuellen Markt höheren - vertraglich vereinbarten Guthabenzinsen auf das Bausparguthaben zu sichern (OLG Stuttgart, Beschl. v. 19.06.2015 - 9 W 25/15; OLG Koblenz, Beschl. v. 20.08.2015 - 8 W 536/15; Beschl. v. 21.08.2015 - 8 U 319/15). Im Rahmen der Feststellungsklage ist zudem der Rechtsgedanke des § 9 Satz 1 ZPO zu berücksichtigen, wonach sich das wirtschaftliche Interesse des Klägers aus dem dreieinhalbfachen Wert der einjährigen Zinserwartung berechnet (BGH, NVwZ-RR 2008, 741; MünchKomm/Wöstmann, ZPO, 4. Aufl., § 9 Rn. 2).
13 
Bei einem Bausparguthaben zum Zeitpunkt der Klageinreichung in Höhe von 22.125,86 EUR ist bei einem Zinssatz von 2,5 % von einem jährlichen Zinsertrag von 553,15 EUR auszugehen. Der dreieinhalbfache Betrag beläuft sich auf 1.936,01 EUR, der Wert des Feststellungsbegehrens damit - abzüglich 20 % - auf 1.548,81 EUR.
14 
3. Entgegen der von der Beklagten herangezogenen jüngeren Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Stuttgart (Beschl. v. 28.10.2015 - 9 W 65/15; Beschl. v. 28.10.2015 - 9 W 66/15; Beschl. v. 10.11.2015 - 9 W 68/15; Beschl. v. 10.11.2015 - 9 W 70/15) sieht der Senat jedenfalls in dem vorliegenden Fall davon ab, zusätzlich den bestehenden Anspruch des Klägers auf Inanspruchnahme eines Bauspardarlehens zu berücksichtigen. Nach den maßgeblichen, in der Klagschrift dokumentierten und objektiv nachvollziehbaren Umständen des konkreten Falls erschöpft sich das wirtschaftliche Interesse des Klägers am Fortbestand des Bausparvertrages im Streitfall nämlich in der Guthabenverzinsung. Das - ihm von der Beklagten vorgerichtlich mehrfach angebotene - Bauspardarlehen wollte und will er dagegen gerade nicht in Anspruch nehmen. Eine schematische Einbeziehung des theoretisch bestehenden Anspruchs auf Ausreichung eines Bauspardarlehens gegen den erklärten Willen des Anspruchsberechtigten ist daher nicht vorzunehmen, zumal sich das wirtschaftliche Interesse des Bausparers am Fortbestand seines Bausparvertrags nicht für den gleichen Zeitraum sowohl auf die Guthabenverzinsung als auch auf die Ausreichung eines Bauspardarlehens richten kann, beides sich insoweit vielmehr in einem Alternativverhältnis befindet.
III.
15 
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).
16 
Die Rechtsbeschwerde findet nicht statt (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 15. September 2015, Az. 25 O 89/15, teilweise abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass der bei der Beklagten bestehende Bausparvertrag Nr. 1 938 … vom 13. September 1978 über den 24. Juli 2015 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von der Zahlung der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren gegenüber ihren Prozessbevollmächtigten in Höhe von 413,64 EUR freizustellen.

2. Im Übrigen werden die Klage ab- und die Berufung zurückgewiesen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, die Klägerin leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages.

5. Die Revision der Beklagten wird zugelassen.

Streitwertbeschluss:

Der Streitwert für beide Instanzen wird auf bis zu 4.000 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Klägerin verlangt die Feststellung des Fortbestehens ihres Bausparvertrages, den sie am 13. September 1978 über die Bausparsumme von 40.000 DM (= 20.451,68 EUR) abgeschlossen hat. Die dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge II (im Folgenden ABB) enthalten folgende Bestimmungen:
§ 1 Vertragszweck
(1) Zweck des Bausparvertrages ist die Erlangung eines unkündbaren, in der Regel zweitstellig zu sichernden Tilgungsdarlehens (Bauspardarlehen) aufgrund planmäßiger Sparleistungen nach Maßgabe dieser Allgemeinen Bedingungen.
§ 5 Sparzahlungen
(1) Der monatliche Bausparbeitrag beträgt 4,2 vom Tausend der Bausparsumme (Regelsparbeitrag). Er ist bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme am Ersten jeden Monats kostenfrei an die Bausparkasse zu entrichten.
(2) Sonderzahlungen sind grundsätzlich zulässig. Die Bausparkasse kann deren Annahme von ihrer Zustimmung abhängig machen.
(3) Ist der Bausparer unter Anrechnung von Sonderzahlungen mit mehr als 6 Regelsparbeiträgen rückständig und hat er der schriftlichen Aufforderung der Bausparkasse, nicht geleistete Bausparbeiträge zu entrichten, länger als 2 Monate nach Zugang der Aufforderung nicht entsprochen, so kann die Bausparkasse den Bausparvertrag kündigen. (…)
(4) Ist der Bausparvertrag zugeteilt, so tritt an die Stelle des Rechtes der Bausparkasse, den Bausparvertrag zu kündigen, das Recht, das dem Bausparer bereitgestellte (§ 13) oder bereitzustellende (§ 14) Bauspardarlehen um die rückständigen Bausparbeiträge samt deren Zinsen zu kürzen.
§ 12 Zuteilungsnachricht
10 
(1) Die Zuteilung wird dem Bausparer unverzüglich schriftlich mitgeteilt mit der Aufforderung, binnen 4 Wochen ab Datum der Zuteilung zu erklären, ob er die Zuteilung annimmt.
11 
(2) Der Bausparer kann die Annahme der Zuteilung widerrufen, solange die Auszahlung der Bausparsumme noch nicht begonnen hat.
12 
§ 13 Bereithaltung der Bausparsumme
13 
(1) Mit Annahme der Zuteilung stellt die Bausparkasse dem Bausparer sein Bausparguthaben und ein Bauspardarlehen in Höhe des das Bausparguthaben übersteigenden Teiles der Bausparsumme bereit.
(2) (…)
14 
§ 14 Vertragsfortsetzung
15 
(1) Nimmt der Bausparer die Zuteilung nicht an oder gibt er die Annahmeerklärung nicht fristgemäß ab oder wird die Annahme der Zuteilung widerrufen, so wird der Bausparvertrag fortgesetzt.
16 
(2) Setzt der Bausparer seinen Bausparvertrag fort, so kann er seine Rechte aus der Zuteilung jederzeit wieder geltend machen. (…)
17 
Gemäß § 6 Abs. 1 ABB ist das Bausparguthaben mit 3 % p.a. zu verzinsen und gemäß § 20 Abs. 1 ABB ist das Bauspardarlehen mit einem Zinssatz von 5 % p.a. zu gewähren.
18 
Der Vertrag wurde am 1. April 1993 zuteilungsreif. Am 1. Januar 2015 bestand ein Bausparguthaben in Höhe von 15.772,48 EUR. Die Beklagte kündigte am 12. Januar 2015 den Bausparvertrag unter Berufung auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zum 24. Juli 2015.
19 
Auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.
20 
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Bausparkasse könne sich auf das Kündigungsrecht gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen. Das Tatbestandsmerkmal des vollständigen Empfangs des Darlehens sei mit der eingetretenen Zuteilungsreife erfüllt.
21 
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie ist der Auffassung, die Tatbestandsvoraussetzungen des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB seien nicht erfüllt. Sie beabsichtige, das Bauspardarlehen in zwei bis drei Jahren für ihre Kinder in Anspruch zu nehmen.
22 
Wegen der Nebenforderung hat die Klägerin die Klage teilweise zurückgenommen.
23 
Die Klägerin beantragt:
24 
1. Das Urteil des Landgerichts Stuttgart Az. 25 O 89/15, verkündet am 15. September 2015, wird aufgehoben und es wird festgestellt, dass der bei der Beklagten bestehende Bausparvertrag mit der Nummer „1 938 …“ vom 13. September 1978 über den 24. Juli 2015 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.
25 
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 571,44 EUR freizustellen.
26 
Die Beklagte beantragt:
27 
Die Berufung wird zurückgewiesen.
28 
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens.
II.
29 
Die gemäß § 511 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung ist zulässig und - mit Ausnahme eines geringfügigen Teils der Nebenforderung - begründet. Der Beklagten steht kein Kündigungsrecht zu.
30 
1. Die dem Vertrag zugrundeliegenden ABB vermögen die erklärte Kündigung nicht zu rechtfertigen; das macht die Beklage auch nicht geltend. Sie geht zu Recht davon aus, dass die Voraussetzungen der Bestimmung des § 5 Abs. 3 ABB nicht vorliegen.
31 
2. Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, sie sei kraft Gesetzes berechtigt, den Vertrag zu kündigen, muss ihr der Erfolg versagt werden. Auf das Vertragsverhältnis findet gemäß Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) seit dem 1. Januar 2003 Anwendung. Die von der Beklagten erklärte Kündigung findet ihre Rechtfertigung weder in § 488 Abs. 3 BGB (a.) noch ist hier die Regelung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB direkt (b.) oder entsprechend (c.) anwendbar. Auch aus § 490 Abs. 3, §§ 314, 313 Abs. 3 Satz 2 BGB, ergibt sich ein Kündigungsrecht nicht (d.).
32 
a. Die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung des Bausparvertrages durch die Bausparkasse gemäß § 488 Abs. 3 BGB liegen nicht vor.
33 
aa. Allerdings entspricht es der herrschenden Meinung, dass ein Bausparvertrag durch die Bausparkasse dann gemäß § 488 Abs. 3 BGB gekündigt werden kann, wenn er bis zur Bausparsumme vollständig angespart ist. Denn beim Bausparvertrag handelt es sich während der Ansparphase um einen Darlehensvertrag i. S. d. § 488 BGB, bei dem der Bausparer Darlehensgeber und die Bausparkasse Darlehensnehmerin ist. Der Bausparvertrag dient dem in § 1 ABB i. V. m. § 1 BauSparkG besonders definierten Zweck der Erlangung eines Bauspardarlehens in Höhe der Differenz zwischen Bausparsumme und Bauspareinlagen. Mit vollständiger Ansparung des Vertrages bis zur Bausparsumme kann dieser Zweck nicht mehr erreicht werden (Senat, Beschluss vom 14. Oktober 2011 - 9 U 151/11, juris; OLG Köln, Beschluss vom 23. März 2015 - 13 U 104/14, juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 2. Oktober 2013 - 19 U 106/13, juris; Staudinger/Mülbert [2015] BGB § 488 Rn. 548).
34 
bb. Eine Vollbesparung liegt jedoch nicht vor.
35 
(1) Unstreitig betrug das angesparte Bausparguthaben des über eine Bausparsumme von 20.451,68 EUR abgeschlossenen Vertrages zum Zeitpunkt der Kündigung 15.772,48 EUR.
36 
(2) Die Auffassung der Beklagten, die rückständigen Beiträge würden die Differenz zwischen dem aktuellen Bausparguthaben und der Bausparsumme übersteigen, so dass kein Bauspardarlehen mehr ausgezahlt werden müsste und daher ein Kündigungsrecht wie bei einer Vollbesparung bestehe, trifft nicht zu. Die Bestimmung des § 5 Abs. 4 ABB führt nicht dazu, dass die Bausparsumme erreicht ist. Nach dieser Vorschrift tritt an die Stelle des Rechts der Bausparkasse, den Bausparvertrag im Falle der Nichtzahlung der Regelsparbeiträge gemäß § 5 Abs. 3 ABB zu kündigen, das Recht, das dem Bausparer bereitgestellte (§ 13 ABB) oder bereitzustellende (§ 14 ABB) Bauspardarlehen um die rückständigen Bausparbeiträge samt deren Zinsen zu kürzen. Es kann dahinstehen, in welcher Höhe Rückstände aufgelaufen sind. Denn das Vorliegen dieser Voraussetzungen macht die Beklagte, die sich für die Berechtigung ihrer Kündigung gerade nicht auf § 5 Abs. 3 ABB stützt, weder geltend, noch sind sie sonst ersichtlich. § 5 Abs. 3 ABB erfordert eine vorherige schriftliche, erfolglose Aufforderung der Bausparkasse, die nicht geleisteten Bausparbeiträge zu entrichten; dazu ist nichts vorgetragen.
37 
Im Übrigen findet § 5 Abs. 4 ABB nur bei zugeteilten Bausparverträgen Anwendung. Die Zuteilung nach § 1 Abs. 5 BauSparkG liegt erst mit ihrer Annahme durch den Bausparer gemäß § 12 Abs. 1 ABB vor. Erst dann wird das Bauspardarlehen nach § 13 Abs. 1 ABB bereitgestellt oder ist es im Fall des § 14 Abs. 2 ABB bereitzustellen.
38 
Deshalb kann offen bleiben, ob eine Bausparkasse, die jahrelang die Nichtzahlung von Regelsparbeiträgen hinnimmt, ihr Kündigungsrecht verwirkt und es erst nach erneuter Zahlungsaufforderung bei zukünftigen Rückständen ausüben kann (so Weber, ZIP 2015, 961 [966]).
39 
cc. Die ordentliche Kündigung lässt sich auch nicht mit dem Argument des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Klägerin rechtfertigen, weil diese das Ziel des Erhalts eines Bauspardarlehens aufgegeben habe, wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung gemeint hat. Aus der gegenwärtigen Niedrigzinsphase lässt sich nicht ableiten, die Klägerin habe endgültig ihr Interesse an ein Bauspardarlehen verloren. Die weitere Zinsentwicklung lässt sich nicht sicher prognostizieren und die gegenwärtige Markteinschätzung der Beklagten erlaubt keine Feststellungen über die Absicht der Klägerin, ein Bauspardarlehen auf keinen Fall mehr in Anspruch nehmen zu wollen. Ein offenkundig rechtsmissbräuchliches Verhalten der Klägerin liegt nicht vor. Sie hat die Niedrigzinsphase nicht zu verantworten und macht aus nachvollziehbaren wirtschaftlichen Gründen die Rechte aus der Zuteilung nicht geltend.
40 
b. Die Voraussetzungen einer ordentlichen Kündigung durch die Bausparkasse gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegen nicht vor. Es kann dahinstehen, ob die Bestimmung von ihrem Sinn und Zweck her auf Sparverträge Anwendung findet, bei denen Einlagen an sogenannte „professionelle Darlehensnehmer“ geleistet werden (vgl. zum Meinungsstand: Senat, Urteil vom 23. September 2015 - 9 U 31/15, juris, Rn. 101; Weber, ZIP 2015, 961; ders., beck-Online.Großkommentar [BeckOGK]/Weber, Stand 1. Februar 2016, BGB, § 489 Rn. 9.1, Rn. 13ff.; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800). Jedenfalls ist der erstmalige Eintritt der Zuteilungsreife des Bauspardarlehens an den Bausparer nicht der vollständige Empfang des von dem Bausparer an die Bausparkasse gegebenen Darlehens.
41 
aa. Gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kann der Darlehensnehmer einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten ganz oder teilweise kündigen.
42 
(1) Allerdings handelt es sich bei einem Bausparvertrag um einen einheitlichen Darlehensvertrag mit gebundenen Sollzinssatz, der die Besonderheit aufweist, dass Bausparkasse und Bausparer mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre jeweiligen Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer tauschen. Die Einlagen des Bausparers stellen daher ein Darlehen an die Bausparkasse dar, für dessen Rückerstattung eine Zeit nicht bestimmt ist (Senat, Beschluss vom 14. Oktober 2011 - 9 U 151/11, juris, und Beschluss vom 4. Februar 2014 - 9 U 202/13; Mülbert/Schmitz FS Horn (2006), S. 777; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800; Weber, BB 2015, 961).
43 
(2) Der Zeitpunkt des vollständigen Darlehensempfangs unterliegt jedoch grundsätzlich der Disposition der Parteien, die privatautonom die Auszahlungsmodalitäten vereinbaren können. Denn die Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB begrenzt nicht die Privatautonomie der Parteien bezüglich der Regelung des Zeitpunkts des Darlehensempfangs und der Höhe des Darlehensbetrages. Bereits die in § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F. enthaltene Vorgängernorm diente nach der Gesetzesbegründung dem Schuldnerschutz vor überlangen Zinsbindungen. Sie geht auf § 18 Abs. 2 Hypothekenbankgesetz (HypBG, RGBl I 1899, 375) zurück, die für Hypothekendarlehen dieses zwingende Kündigungsrecht schon seit vielen Jahren enthielt (BT-Drucks. 10/4741, S. 22 f.). Weder diese Vorschrift noch § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F. oder § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB lassen den Schutz bereits in der Valutierungsphase beginnen. Ein Darlehen ist vollständig empfangen, wenn der Darlehensgeber es dem Darlehensnehmer entsprechend der darlehensvertraglichen Vereinbarung in Höhe des Darlehensnettobetrages zur Verfügung gestellt hat. Werden mehrere Teilzahlungen vereinbart, liegt ein vollständiger Empfang erst mit dem Eingang der letzten Teilzahlung vor (MünchKommBGB/Berger, 7. Aufl., § 489 Rn. 12; Staudinger/Mülbert, aaO, § 489 Rn. 43 m.w.N; Herberger/Martinek/Rüßmann/Schwintowski, jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 489 BGB Rn. 9; Palandt/Weidenkaff, BGB, 75. Aufl., § 489 Rn. 5). Somit kommt es entscheidend darauf an, welche Teilzahlungen die Parteien vereinbart haben. Erst wenn diese Vereinbarung erfüllt und keine weiteren Teilzahlungen mehr offen sind, ist das gesamte Darlehen empfangen.
44 
bb. Zum Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife liegt kein vollständiger Empfang des Darlehens i.S.v. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB vor.
45 
(1) Der Eintritt der Zuteilungsreife (§ 11 ABB) hat gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 ABB auf die Verpflichtung zur Entrichtung des Regelsparbeitrags, also zur Valutierung des vom Bausparer der Bausparkasse zu gewährenden Darlehens, keinen Einfluss, weshalb er zur Bestimmung der vereinbarten Darlehenshöhe nicht geeignet ist (BeckOGK/Weber, aaO, § 489 Rn. 49.1).
46 
Nach § 14 Abs. 1 ABB wird der Bausparvertrag im Falle einer Nichtannahme der Zuteilung oder einer nicht fristgemäß abgegebenen Annahmeerklärung fortgesetzt. Die vertragliche Pflicht zur Zahlung des Regelsparbeitrages gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 ABB gilt weiter.
47 
(2) Die Höhe der vereinbarten Darlehenssumme ist durch Auslegung der Allgemeinen Bausparbedingungen unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Bausparvertrages zu bestimmen. Der einzige im Vertrag konkret bestimmte Betrag ist die Bausparsumme von 20.154,68 EUR, die allerdings nach § 2 ABB sowohl das Bausparguthaben als auch das Bauspardarlehen umfasst. Das Bausparguthaben ist das Darlehen des Bausparers an die Bausparkasse. Aus § 11 Abs. 1 lit. a und b der ABB ergibt sich eine Mindestlaufzeit von 18 Monaten und ein Mindestsparguthaben von 40 % der Bausparsumme, also von 8.061,87 EUR. Daraus lässt sich jedoch die Vereinbarung eines Nettodarlehensbetrages noch nicht ableiten. Aus den § 13 Abs. 1, § 11 Abs. 1 lit. b ABB i. V. m. § 1 ABB ist lediglich erkennbar, dass dieser durch die Bausparsumme begrenzt ist, also zwischen dem Mindestsparguthaben von 40 % und 100 % der Bausparsumme liegt. Bei dem Bausparvertrag und damit auch bei dem Bausparguthaben sind zudem die Ungewissheit sowohl des Zeitpunkts des Eintritts der Zuteilungsreife als auch des Abrufs des Bauspardarlehens seitens des Bausparers, der zur Auszahlung führt, zu berücksichtigen. Den ersten Zeitpunkt hat der Bausparer nicht allein in der Hand. Der zweite Zeitpunkt, der von dem ersten abhängig ist, kann von dem Bausparer bestimmt werden. Daher lässt sich die Höhe des Darlehens allenfalls nach dem Umfang der Pflicht zur Zahlung der vereinbarten Sparbeiträge des Bausparers ermitteln (BeckOGK/Weber, aaO, § 489 Rn. 47ff.).Zudem ist die Bausparkasse nicht berechtigt, den vertraglichen Zinsanspruch des Bausparers durch Verweigerung der Annahme der vereinbarten Sparbeiträge zu vereiteln.
48 
(3) Auch aus den Bestimmungen über die Regelsparbeiträge lässt sich die vereinbarte Nettodarlehenssumme indessen nicht ermitteln:
49 
Nach § 5 Abs. 1 S. 2 ABB ist der Bausparer berechtigt und verpflichtet, Regelsparbeiträge bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme zu entrichten. Daher ist die volle Ansparphase bis zum Auszahlungszeitpunkt eine Phase der fortlaufenden Teilvalutierungen. Da der Bausparer weder zur Annahme der Zuteilung noch zum Auszahlungsverlangen des Darlehens verpflichtet ist (arg. e § 13 Abs. 1, § 14 Abs. 1, § 18 ABB) und der Bausparvertrag dann nach § 14 Abs. 1 ABB fortgesetzt wird, ist die maximale Höhe des „Darlehens“ des Bausparers durch die Höhe der Bausparsumme begrenzt. Im Fall der erfolgten Zuteilung steht es dem Bausparer als Darlehensgeber folglich durch sein Auszahlungsverlangen frei, die Darlehenssumme zu begrenzen.
50 
(4) Das erhellt zugleich, dass auch die Zuteilungsnachricht (§ 12 ABB) als Wissens- und Willenserklärung der Bausparkasse (Mülbert/Schmitz, FS Horn, aaO, S. 781) und selbst die Annahme der Zuteilung auf die vereinbarte Darlehenssumme keinen Einfluss hat. Gemäß § 13 Abs. 1 ABB führt die Annahme der Zuteilung lediglich zur Verpflichtung der Bausparkasse, die Bausparsumme in der Form des Bausparguthabens und des Bauspardarlehens bereitzuhalten. Die Auszahlung hängt zusätzlich von dem Abruf durch den Bausparer ab. Bis dahin bleibt er nach § 5 Abs. 1 S. 2 ABB zur Zahlung der Regelsparbeiträge berechtigt und verpflichtet.
51 
(5) Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich aus § 489 Abs. 1 Nr. 2, 2. Hs. BGB nichts anderes. Gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kann, wie bereits ausgeführt, der Vertrag nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens gekündigt werden. Nach dem 2. Halbsatz dieser Regelung tritt dann, wenn nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen wird, der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Empfangs. Damit setzt die dort geregelte Maßgeblichkeit der Vereinbarung für den Fristbeginn voraus, dass diese nach dem vollständigen Darlehensempfang getroffen wurde. Auf die Vollständigkeit des Empfangs des Darlehens wird nicht verzichtet. Der 2. Halbsatz des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB stellt mit der Vereinbarung vielmehr eine zusätzliche Voraussetzung für die Möglichkeit der Kündigung auf, die im Vergleich zum 1. Halbsatz der Bestimmung, der ausschließlich auf den vollständigen Erhalt des Darlehens abstellt, zu einem weiteren Hinausschieben der Kündigungsmöglichkeit führt (Staudinger/Mülbert, aaO, § 489 Rn. 45).
52 
cc. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB lässt sich auch nicht dahingehend auslegen, dass der „vollständige Empfang“ den Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife mit erfasst (so aber Staudinger/Mülbert, aaO, § 489 Rn. 51, sowie Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800 [1803]). Sinn und Zweck der Vorschrift erfordern eine solche Auslegung auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Bausparvertrages nicht. Diesen werden vielmehr durch die ABB und sonstigen gesetzlichen Bestimmungen Rechnung getragen. Die gegenteilige Auslegung widerspricht dem Wesen des Bausparvertrages. Ob ein Darlehen vollständig empfangen ist, ist nicht nur aus Sicht des Schuldners des Darlehens zu beurteilen, wie die Beklagte meint, sondern auch aus Sicht der Bausparkasse, die insoweit die Interessen der Zweckgemeinschaft der Bausparer wahrzunehmen hat. Diese hat ein Interesse, durch einen stetigen Zufluss von Sparbeiträgen die Zuteilungsmasse zu vergrößern, um die Zuteilung von Bauspardarlehen zu beschleunigen. Der Erwerb eines bedingten Anspruchs auf ein Bauspardarlehen während der Ansparphase setzt die im Wechselverhältnis stehenden vertraglichen Hauptleistungspflichten von Leistung der Sparbeiträge und Gewährung eines Bauspardarlehens nicht außer Kraft.
53 
c. Eine rechtsentsprechende Anwendung der Bestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf den erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife bei Bausparverträgen kommt nicht in Betracht. Der Meinung der Beklagten, eine normzweckorientierte Anwendung der Vorschrift unter Berücksichtigung der für Bausparverträge charakteristischen Interessen- und Pflichtenlage der Vertragsparteien rechtfertige die Gleichstellung des vollständigen Empfangs der Darlehensvaluta im Sinne des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit dem erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife (so auch Mülbert/Schmitz, FS Horn, aaO, S. 786; daran anknüpfend Edelmann/Suchowerskyj, WM 2015, 1800; sowie Rollberg, EWiR 2016, 3; Simon, EWiR 2015, 723; OLG Celle, Beschluss vom 3. Februar 2016 - 3 U 192/15; OLG Koblenz, Beschluss vom 18. Januar 2016 - 5 O 38/15; OLG Köln, Beschluss vom 11. Januar 2016 - 13 U 151/15; OLG Hamm, Beschluss vom 30. Dezember 2015 - 31 U 191/15, juris), vermag der Senat nicht zu folgen.
54 
Eine Analogie setzt eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus. Ob eine derartige Lücke vorhanden ist, ist vom Standpunkt des Gesetzes und der ihm zugrunde liegenden Regelungsabsicht zu beurteilen. Das Vorliegen der vom Gesetzgeber unbeabsichtigt gelassenen Lücke und ihre Planwidrigkeit muss dabei aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden können, weil sonst jedes Schweigen des Gesetzgebers - und das ist der Normalfall, wenn er etwas nicht regeln will - als planwidrige Lücke im Wege der Analogie von den Gerichten ausgefüllt werden könnte. Für eine Analogie ist weiter erforderlich, dass der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem gesetzlich geregelten Tatbestand vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen (BGH, Beschluss vom 20. November 2014 - IX ZB 16/14, WM 2015, 131).
55 
aa. Eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit liegt nicht vor. Dass vom Gesetz mit der Bestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB bei von herkömmlichen Darlehensverträgen abweichenden Bausparverträgen auch der erstmalige Eintritt der Zuteilungsreife erfasst werden sollte, lässt sich den Gesetzgebungsmaterialien nicht entnehmen. Der historische Gesetzgeber hat sich bei der Einführung des § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F., der Vorgängerbestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, von der zu diesem Zeitpunkt schon seit langem geltenden Vorschrift des § 18 Abs. 2 HypBG a.F. leiten lassen (BT-Drucks. 10/4741, S. 23, s. bereits oben unter II.2.b.aa [2]). Nach § 18 Abs. 2 S. 1 HypBG a.F. durfte das Recht der Rückzahlung nur bis zu einem Zeitraume von zehn Jahren ausgeschlossen werden. Nach Satz 2 dieser Bestimmung begann dieser Zeitraum mit der Auszahlung des Darlehens, im Falle der Auszahlung in Teilbeträgen mit der letzten Zahlung. Der 2. Halbsatz entspricht § 489 Abs. 1 Nr. 2 2. Hs. BGB.
56 
Nach der Gesetzesbegründung zur Einführung der Kündigungsrechte in § 609a BGB a.F. wollte der Gesetzgeber die zu weite Schuldnerschutzvorschrift des § 247 Abs. 1 BGB a.F. auf ein angemessenes Maß zurückführen und insbesondere im Bereich der festverzinslichen Kredite das Prinzip der vertraglichen Bindung und Risikozuweisung durchsetzen. Dem widersprach das freie Kündigungsrecht nach § 247 BGB a.F. bei einem Zinssatz von mehr als 6 % unabhängig von der Marktentwicklung. Der Gesetzgeber hat bei dieser Gelegenheit - ohne nähere Begründung - die Vorschrift des § 18 Abs. 2 HypBG auf sämtliche festverzinslichen Kredite ausgedehnt (BT-Drucks. 10/4741, S. 22). Ziel war also im Wesentlichen nicht die von der Beklagten vertretene Ausweitung, sondern die Begrenzung der Kündigungsmöglichkeiten.
57 
Dass insoweit nicht eine vom Gesetzgeber nicht geplante, sondern vielmehr eine bewusste Regelungslücke vorliegt, ist insbesondere an der durch Gesetz vom 21. Dezember 2015 erfolgten Änderung des Bausparkassengesetzes ersichtlich. In Kenntnis der Kleine[n] Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 4. Februar 2015 (BT-Drucks. 18/3944) sowohl bezüglich der Kündigungen von Bausparkassen infolge der durch die Niedrigzinsphase bedingten wirtschaftlichen Schwierigkeiten als auch bezüglich eines Kündigungsrechts nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zehn Jahre nach Eintritt der Zuteilungsreife (Nr. 9), hat die Bundesregierung im Oktober 2015 den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes der Bausparkassen vorgelegt (BT-Drucks. 18/6418). Dieser - durch den Gesetzgeber am 21. Dezember 2015 insoweit umgesetzte - Entwurf sah trotz der bestehenden Rechtsunsicherheit eine klarstellende oder verdeutlichende Ausweitung des „vollständigen Empfangs“ eines Darlehens auf den erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife in § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gerade nicht vor, obwohl Ziel u. a. die Verbesserung der Reaktionsmöglichkeiten auf die anhaltende Niedrigzinsphase war (BT-Drucks. 18/6418, S. 1). Die Bundesregierung sah ausweislich ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage vom 4. Februar 2015 bzgl. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB keinen - klarstellenden - Handlungsbedarf (vgl. BT-Drucks. 18/4195, S. 3 zu Nr. 9).
58 
bb. Gleichfalls ist der rechtlich hier zu beurteilende Sachverhalt nicht mit dem gesetzlich geregelten Tatbestand vergleichbar. Das ergibt sich auch daraus, dass die Beklagte den Schutz der Bausparergemeinschaft bemüht, einer Gemeinschaft, die gerade im Vergleich zu herkömmlichen Darlehensverträgen im Rahmen rechtlicher Beurteilungen andere Schlussfolgerungen zulässt (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360).
59 
cc. Es kann nicht angenommen werden, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen, weil die Interessenabwägung keine Analogie rechtfertigt.
60 
(1) Der Zweck des Bausparvertrages ist aus Sicht des Bausparers der Erhalt eines zinsgünstigen, nur nachrangig zu besichernden Darlehens unterhalb des Marktniveaus. Die Voraussetzungen hierfür hat er durch die Leistung der vertraglichen Regelsparbeiträge an die Zweckgemeinschaft der Bausparer zu schaffen, für die er - nach der herkömmlichen Ausgestaltung - eine unterhalb des Marktniveaus liegende Habenverzinsung in Kauf zu nehmen hat. Dieses sich gegenseitig bedingende Wechselverhältnis zwischen Bauspareinlagen und Bauspardarlehen innerhalb der beschränkten Personengruppe der Bausparer ist maßgebend für das Bauspargeschäft und wird in § 1 Abs. 1 und 2 BauSparkG definiert (Schäfer/Cirpka/Zehnder, Bausparkassengesetz, 5. Aufl. § 1 Anm. 1). Die charakteristische Prägung des Bauspargeschäfts ergibt sich zusätzlich aus der Vertragszweckbestimmung des § 1 ABB sowie den Erläuterungen zu den Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge II, die auf das zinsgünstige Bauspardarlehen auf Grund von bedingungsgemäßen Ansparleistungen hinweisen.
61 
(2) Es lässt sich nicht mit den gesetzlichen Regelungen in Einklang bringen, das „charakteristische gemeinsame Sparziel“ des Bausparvertrages lediglich mit der Erlangung der „Möglichkeit der Ausübung der Option zur Erlangung eines Bauspardarlehens“ zu definieren, wie die Beklagte meint.
62 
(a) Aus § 1 Abs. 2 BauSparkG ergibt sich keine einschränkende Zweckbestimmung. Zwar ist nach der dort enthaltenen Legaldefinition Bausparer, wer mit einer Bausparkasse einen Vertrag schließt, durch den er nach Leistung von Bauspareinlagen einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens erwirbt (Bausparvertrag). Diese Vorschrift darf aber nicht isoliert als allein Zweck bestimmend herangezogen werden (so aber Mülbert/Schmitz, FS Horn, aaO, S. 786; Staudinger/Mülbert, aaO, § 488 Rn. 550). Mit der Formulierung, der Bausparer erwerbe einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens, bringt der Gesetzgeber vielmehr zum Ausdruck, dass, anders als bei einem gewöhnlichen Darlehen oder einem Forward-Darlehen, der Darlehensauszahlungsanspruch nicht bereits mit Vertragsschluss begründet wird, sondern von der bausparvertragstypischen Ansparleistung des Bausparers und den Sparleistungen des Kollektivs abhängig ist. Insbesondere ist § 1 Abs. 2 BauSparkG im Zusammenhang mit der zentralen Begriffsbestimmung des Bauspargeschäfts in § 1 Abs. 1 BauSparkG (s.o.) sowie der damit bezweckten Wohnungsbauförderung (§ 1 Abs. 3 BauSparkG) zu sehen. Er ergänzt lediglich die tatsächlich begriffsprägende Vorschrift des § 1 Abs. 1 BauSparkG.
63 
Auch die Gesetzesmaterialien geben für die einschränkende Zweckbestimmung keinen Anhaltspunkt. Die Gesetzesbegründung zum Bauspargesetz (BT-Drucks. VI/1900, S. 9 ff.) beschreibt das Wesen des Bauspargeschäfts in der Ansammlung von Kapital zur nachstelligen Finanzierung des Wohnungsbaus. Als charakteristisch wird das Kollektiv, also die Geschlossenheit des Personenkreises beschrieben, deren Mitglieder zunächst bis zur Auszahlung des Bausparguthabens Gläubiger und später nach Zuteilung des Bauspardarlehens Schuldner der Bausparkasse werden. Dabei betont der Gesetzgeber das Wechselverhältnis von Verzicht auf einen nicht marktgerechten Einlagenzins zu Gunsten eines niedrigen Darlehenszinses. Das Entstehen des bedingten Anspruchs auf ein Bauspardarlehen nach Eintritt der Zuteilungsreife wird nicht als Zwischenziel erwähnt. Es wird auf den Auszahlungszeitpunkt abgestellt. Dem entspricht § 5 Abs. 1 S. 2 ABB.
64 
(b) Die Auffassung der Beklagten, Zweck des Bauspargeschäfts sei lediglich die Erlangung des Optionsrechts, anstelle des Darlehens selbst, widerspricht zudem dem von ihr in § 1 ABB selbst definierten Vertragszweck. Ihre Auffassung beachtet nicht die Nachteile des Bausparers bei der Hinnahme einer unterhalb des Marktniveaus liegenden Verzinsung des Bausparguthabens. Hierzu ist der Bausparer bereit, weil ihm die daraus resultierenden Vorteile der Zweckgemeinschaft der Bausparer zugutekommen. Anschließend kann er ein zinsgünstiges Bauspardarlehen unterhalb des Marktniveaus nutzen. Der Anspruch auf Abschluss eines Darlehensvertrages selbst stellt daher noch nicht den wirtschaftlichen Ausgleich für die bereits in der Ansparphase hingenommenen wirtschaftlichen Nachteile dar.
65 
(c) Der Erhalt eines Anspruchs auf ein Darlehen ist lediglich ein notwendiges Zwischenziel. Dem kommt entgegen der Auffassung der Beklagten (so auch Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800) keine überragende Bedeutung im Sinne einer Zweckerreichung zu. Dies folgt aus den Besonderheiten der Vergabe der Bauspardarlehen aus den begrenzten Mitteln des Kollektivs der Bausparer.
66 
Gemäß § 4 Abs. 5 BauSparkG können sich Bausparkassen vor Zuteilung eines Bausparvertrages nicht verpflichten, die Bausparsumme zu einem bestimmten Zeitpunkt auszuzahlen. Die Bausparkasse kann erst dann Bauspardarlehen ausreichen, wenn ihr von den Mitgliedern des Bausparkollektivs ausreichend Mittel zur Verfügung gestellt wurden. Die Mindestwartezeit lässt sich anhand der Bausparbedingungen errechnen. Bei dem vertraglich vereinbarten Regelsparbeitrag in Höhe von 4,2 Promille der Bausparsumme (§ 5 Abs. 1 S. 1 ABB) sowie einem Mindestsparguthaben von 40 % der Bausparsumme als Zuteilungsvoraussetzung (§ 11 Abs. 1 lit. b ABB) dauert die Ansparphase auch unter Berücksichtigung der Guthabenzinsen von 3 % p.a. (§ 6 Abs. 1 ABB) etwas mehr als sieben Jahre. Diese bausparvertragstypische, regelmäßig mehrjährige Wartezeit bringt es mit sich, dass der Bausparer bei Vertragsabschluss noch nicht absehen kann, wann ihm ein Bauspardarlehen gewährt werden kann (BT-Drucks. VI/1900, S. 10ff.). Ihm ist eine verlässliche Planung nicht möglich.
67 
Zudem besteht eine auf wohnungswirtschaftliche Maßnahmen beschränkte Verwendungsmöglichkeit des Darlehens, § 1 Abs. 2 ABB. Für den Bausparer besteht somit das Risiko, dass ihm die angebotene Zuteilung der Bausparsumme zeitlich ungelegen kommt, weil sein geplanter Verwendungszweck sich zwischenzeitlich erledigt hat oder erst später ansteht. Daher besteht keine Pflicht zur Annahme der Zuteilung, worauf in den Erläuterungen zu den Allgemeinen Bausparbedingungen ausdrücklich hingewiesen wird.
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(3) Der Eintritt der Zuteilungsreife verschafft dem Bausparer nicht eine besondere Rechtsposition, mit der er die Bausparkasse unangemessen lange an einen bereits bei Vertragsschluss fest vereinbarten Guthabenzinssatz binden kann.
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Fehl geht das Argument der Beklagten, mit Erreichen der Zuteilungsreife könne der Bausparer seine Sparleistungen einstellen, aber gleichzeitig die Bausparkasse an die bei Vertragsabschluss fest vereinbarten Guthabenzinsen binden. Die ABB sehen kein Recht des Bausparers vor, die Regelsparbeiträge einzustellen (vgl. Senat, Urteil vom 17. Februar 2016 - 9 U 137/15). § 5 Abs. 1 ABB enthält die Verpflichtung des Bausparers, über den Eintritt der Zuteilungsreife hinaus und sogar noch nach der Annahme der Zuteilung die Regelsparbeiträge bis zum ersten Auszahlungszeitpunkt zu bezahlen. Die vereinzelt vertretene Auffassung, es bestehe keine Pflicht zur Zahlung der Regelsparbeiträge, der Sparer könne vielmehr die Zahlungen aussetzen oder der Höhe nach variieren (Laux, VW 1996, 328; Verlautbarung des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen [BAKred], ZIP 1995, 691 [695]; Oiwoh, Zur Kündigung von Bausparverträgen im deutschen und österreichischen Recht, Diplomarbeit 2016, Graz, S. 9), trifft nicht zu. Bei der Zweckspargemeinschaft der Bausparer ist die Einzahlung der Sparbeiträge Hauptleistungspflicht der Bausparer (Schäfer/Cirpka/Zehnder, aaO, § 5 Anm. 27; Staudinger/Mülbert, aaO, § 488 Rn. 542). Nur durch ihre Einlagenzahlungen ist die Ausreichung der Bauspardarlehen an andere Mitglieder möglich. Sie sind prägend für das Kollektivsystem zwischen Bausparern und Kreditnehmern (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 Rn. 46; Schimansky/Bunte/Lwowski/Rümker/Winterfeld, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 124 Rn. 167). Die Regelung über die Verpflichtung zur Zahlung des Regelsparbeitrags in den ABB der Beklagten ist nach dem Wortlaut eindeutig als Vertragspflicht ausgestaltet (vgl. Senat, Urteil vom 17. Februar 2016 - 9 U 137/15). Systematisch regelt § 5 Abs. 1 ABB die Leistungspflicht. § 5 Abs. 2 ABB enthält die Möglichkeit des Bausparers, über den Regelsparbeitrag hinaus mit Zustimmung der Bausparkasse freiwillig höhere Sonderzahlungen zu leisten. § 5 Abs. 3 ABB enthält das Kündigungsrecht der Bausparkasse bei Nichtzahlung der Raten. Dadurch hat die Bausparkasse ein wirkungsvolles Instrument, die mit dem Vertrag vereinbarte Risikoverteilung hinsichtlich der Zinsentwicklung sowie der Verwendungseignung aufrechtzuerhalten. Das Recht des Bausparers, niedrigere Sparbeiträge zu zahlen oder die Zahlung einzustellen, ist in den ABB nicht vorgesehen und wäre mit dem ausdrücklich geregelten Kündigungsrecht der Bausparkasse unvereinbar. Von einer echten Leistungspflicht geht im Übrigen auch das Bausparkassengesetz aus. Nach § 5 Abs. 3 Nr. 1 BauSparkG müssen die Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge Bestimmungen über die Höhe und Fälligkeit der Leistungen des Bausparers sowie über die Rechtsfolgen, die bei Leistungsverzug eintreten, enthalten.
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(4) Eine analoge Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB scheidet hier zudem aus, weil selbst bei fiktiver Gleichstellung des Darlehensempfangs mit dem Zeitpunkt der ersten Zuteilungsreife nach der bausparvertragstypischen Vertragsgestaltung eine überlange Zinsbindung der Bausparkasse von mehr als zehn Jahren nicht gegen ihren Willen eintreten kann.
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(a) Bei der vertragskonformen Durchführung des Bausparvertrages ist eine Bindung der Bausparkasse von mehr als zehn Jahren nach erstmaliger Erlangung der Zuteilungsreife ausgeschlossen. Die längste vertragliche Laufzeit nach Zuteilungsreife für das hier als Darlehen zu wertende Bausparguthaben lässt sich anhand der Höhe des Regelsparbeitrags, des Habenzinssatzes und des Mindestsparguthabens ermitteln. Bei der geschuldeten monatlichen Sparzahlung in Höhe von 4,2 Promille der Bausparsumme gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 ABB und einem Habenzinssatz von 3 % p.a. gemäß § 6 Abs. 1 ABB beträgt die maximale Laufzeit bis zur Vollbesparung der Bausparsumme ca. 16 Jahre. Die Zuteilungsreife bei einem vertraglichen Mindestsparguthaben von 40 % der Bausparsumme (§ 11 Abs. 1 lit. b ABB) tritt nach etwas mehr als sieben Jahren ein. Die Bausparkasse ist bei vertragsmäßiger Durchführung ab Zuteilungsreife längstens neun Jahre gebunden. Im Falle einer vorherigen Annahme der Zuteilung endet die Verzinsungspflicht gemäß § 6 Abs. 2 S. 3 ABB vorzeitig spätestens mit Ablauf des Monats der Bereitstellung. Damit ist das Darlehen zinslos.
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(b) Die von der Beklagten zur Begründung der Analogie angeführte überlange Zinsbindung der Bausparkasse von mehr als zehn Jahren kann nur bei einer Einstellung der Zahlung der Regelsparbeiträge entstehen. Diese stellt aber ein vertragswidriges Verhalten des Bausparers dar, welches die Bausparkasse nach § 5 Abs. 3 ABB zur Kündigung berechtigt. Die eigenmächtige Abweichung des Bausparers vom Vertrag ist kein bausparvertragstypisches Risiko, dem mit einer analogen Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB begegnet werden müsste.
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(aa) Das Ruhenlassen eines zuteilungsreifen Bausparvertrages ist nicht charakteristisch für das Bauspargeschäft. Es lässt sich weder den gesetzlichen Vorschriften noch den ABB entnehmen. Die Einsammlung von Kapital, um den Bausparern schnellstmöglich Bauspardarlehen aus Mitteln des Kollektivs zur Verfügung stellen zu können, gehört zum Wesen des Bausparvertrages (BT-Drucks. IV/1900, S. 11). Die Einstellung der Sparleistungen widerspricht dem. Es mag zwar ständige Praxis der Bausparkassen sein, die Einstellung der Zahlung der Regelsparbeiträge nach erstmaliger Zuteilungsreife hinzunehmen. Hieraus lassen sich aber keine rechtlichen Schlüsse ziehen. Diese Praxis kann der Bausparkasse mangels Vertragsänderung nicht einseitig aufgedrängt werden. Sie hat vielmehr einen Anspruch auf Zahlung der Regelsparbeiträge (vgl. bereits oben unter II.2.b.bb [3]).
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(bb) Allerdings entsprach die Einstellung der Regelsparbeiträge in der Vergangenheit dem Interesse der Bausparkassen. Außerhalb der gegenwärtigen Niedrigzinsphase war das Ruhenlassen der zuteilungsreifen Bausparverträge für die Bausparkasse günstig, da ihr die Mittel zur Zuteilung anderer Bauspardarlehen zur Verfügung blieben und sie aus der Zinsdifferenz zu den Zinssätzen der ausgereichten Bauspardarlehen risikolos Erträge erwirtschaften konnte. Lange Zeit lagen zudem die Habenzinssätze unterhalb des Marktniveaus. Zudem dürfte diese Praxis die Attraktivität des Bausparens gesteigert und die Werbung neuer Bausparer erleichtert haben.
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Weiter war während des Ruhens des Bausparvertrages für die Bausparkasse das noch bestehende Zinsrisiko für die Restlaufzeit im Falle der Wiederaufnahme der Einzahlungen jederzeit überschaubar. Sie war dadurch in der Lage, durch Aufforderung des Bausparers, seinen Einzahlungspflichten wieder nachzukommen, den Vertrag wieder in Vollzug zu setzen. Damit konnte sie das mit dem Vertrag von vornherein übernommene Zinsänderungsrisiko und die faktische Verlängerung der Zinsbindung jederzeit steuern. Sie hatte es also in der Hand, eine Zinsbindung von mehr als zehn Jahren zu vermeiden.
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d. Die Beklagte kann die Kündigung auch nicht auf § 490 Abs. 3, §§ 314, 313 Abs. 3 BGB stützen (zum Verhältnis der Bestimmungen zueinander vgl. Senat, Urteil vom 23. September 2015 - 9 U 31/15, WM 2016, 311, Rn. 147).
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aa. Zu Recht beruft sich die Beklagte in der Berufung nicht mehr auf ein Kündigungsrecht aus § 490 Abs. 3, § 314 BGB. Nach § 314 BGB ist eine Kündigung zulässig, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Wie bereits ausgeführt, stellt die Nichtabnahme des Bauspardarlehens kein vertragswidriges Verhalten des Bausparers dar. Hinsichtlich der Nichtzahlung der Regelsparbeiträge hat die Bausparkasse ein spezielleres Kündigungsrecht aus § 5 Abs. 3 ABB, dessen Voraussetzungen nicht vorliegen. Die Schaffung der Kündigungsvoraussetzungen und die sich daran anschließende Möglichkeit der Ausübung dieses Kündigungsrechts ist ihr zuzumuten. Die Nichtausübung in der Vergangenheit beruhte auf einer eigenen freien Entscheidung.
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bb. Auch aus § 490 Abs. 3, § 313 Abs. 3 BGB ergibt sich ein Kündigungsrecht nicht. Nach § 313 BGB kann eine Vertragsanpassung verlangt werden, wenn sich die Umstände, die Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert haben, die Parteien deshalb den Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten und das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zumutbar ist. Die Geschäftsgrundlage eines Vertrages wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gebildet durch die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut (statt aller BGH, Urteil vom 24. März 2010 - VIII ZR 235/09, juris). Diese Vorstellungen müssen sich als falsch herausgestellt haben. Die Parteien müssten, wenn sie dies vorausgesehen hätten, den Vertrag anders geschlossen haben (BGH, Urteil vom 7. März 2013 - VII ZR 68/10, WM 2014, 134). Eine Anpassung des Vertrages kann zudem nur gefordert werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Bei der Auflösung eines Vertrags wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB handelt es sich um eine von vornherein auf besondere Ausnahmefälle beschränkte rechtliche Möglichkeit, die zur Vermeidung untragbarer, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin unvereinbarer Folgen unabweisbar erscheinen muss (BGH, Urteil vom 8. Mai 2014 - I ZR 210/12 NZG 2014, 1036). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
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(1) Die Geschäftsgrundlage wäre nicht entfallen, wenn die Klägerin ihre Absicht zur Inanspruchnahme des Bauspardarlehens endgültig aufgegeben hätte. Zwar war Vertragszweck nach § 1 BauSparkG, § 1 ABB die Erlangung von Mitteln zur wohnwirtschaftlichen Verwendung (s. bereits oben unter II.2.c.cc.[2][c]). Doch ist zum einen die Beklagte hinsichtlich dieses Vorbringens beweisfällig geblieben. Zum anderen ist der Wegfall dieser Geschäftsgrundlage nicht allein aus der über zehn Jahre dauernden nicht erfolgten Inanspruchnahme des Bauspardarlehens abzuleiten. Schon der seit Abschluss des Bausparvertrages bis zur Zuteilungsreife vergehende Zeitraum legt es angesichts der Notwendigkeit der wohnwirtschaftlichen Verwendung des Bauspardarlehens nahe, dass aufgrund veränderter Umstände das Bauspardarlehen nicht in Anspruch genommen wird. Auch für diesen Fall ist nach der vertraglichen Vereinbarung die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses vorgesehen, mithin eine Risikoverteilung vorgenommen worden.
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(2) Die Geschäftsgrundlage wäre auch nicht entfallen, wenn das Gleichgewicht zwischen Bauspareinlagen und -darlehen mit der Folge dauerhaft gestört wäre, dass die Beklagte ihre Verpflichtungen nicht mehr erfüllen könnte. Die Beklagte hat über den gesetzlich vorgegebenen Rahmen hinaus insoweit das vertragsspezifische Risiko übernommen, was ein weiteres Festhalten am Vertrag nicht als unzumutbar erscheinen lässt. Eine solche vertragliche Risikoübernahme schließt die Rechte aus § 313 BGB regelmäßig aus (BGH, Urteil vom 21. Februar 2014 - V ZR 176/12, NJW 2014, 2177). Eine Abweichung hiervon ist hier nicht geboten. Es hätte der Beklagten oblegen, von der bestehenden Möglichkeit Gebrauch zu machen, das Risiko der Zinsentwicklung durch eine geeignete Vertragsgestaltung anders zu gewichten oder ihre vereinbarten Rechte auszuüben.
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3. a. Die Verpflichtung zur Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren folgt aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB, weil die Beklagte durch die unberechtigte Kündigung ihre Pflicht zur Rücksichtnahme nach § 241 Abs. 2 BGB verletzt hat.
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b. Die notwendigen Rechtsverfolgungskosten betragen unter Berücksichtigung einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr, einer Auslagenpauschale von 20,00 EUR und der Umsatzsteuer insgesamt 413,64 EUR, weil für die Gebührenrechnung ein Gegenstandswert von 3.167,66 EUR anzusetzen ist.
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aa. Der Gegenstandswert für die vorgerichtlichen Anwaltskosten ist gemäß § 23 Abs. 3 RVG i. V. m. § 48 GKG, § 3 ZPO nach dem maßgeblichen wahren Interesse der Klägerin an dem Urteil (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juni 1976 - VI ZR 154/75) zu schätzen.
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bb. Bei der Klage auf Feststellung des Fortbestehens eines Bausparvertrages kommt es dem Kläger hinsichtlich des Bausparguthabens nicht auf den Rückerhalt oder die eigene Nichtzahlung eines Kapitalbetrages in Höhe des Guthabens an, sondern auf den fortgesetzten Erhalt des vereinbarten Entgelts für die Kapitalüberlassung. Im Rahmen der Feststellungsklage kann zudem der Gedanke des § 9 ZPO berücksichtigt werden (BGH, Beschluss vom 30. April 2008 - III ZR 202/07, juris, Rn. 2; MünchKommZPO/Wöstmann, 4. Aufl. 2013, § 9 Rn. 2). Soweit § 9 ZPO voraussetzt, dass das Stammrecht selbst im Streit ist (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 9 Rn. 1; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11. April 2005 - 17 W 21/05), ist diese Voraussetzung hier erfüllt, da die Feststellung des Fortbestands des Bausparvertrages die des Bezugsrechts des Bausparers für die künftigen Zinsen umfasst. Diesbezüglich ist daher der 3,5-fache Jahreszins aus dem Bausparguthaben bei Mandatierung anzusetzen.
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cc. Neben dem Zinsinteresse ist auch das mögliche Interesse des Klägers am Erhalt des Bauspardarlehens in Höhe der Differenz zwischen der Bausparsumme und dem angesparten Guthaben zu berücksichtigen. Dieses besteht alternativ zum Zinsinteresse, weil die Inanspruchnahme des Darlehens die Verzinsungspflicht des Bausparguthabens entfallen lässt. Wegen des Alternativverhältnisses der Interessen des Bausparers und der Ungewissheit, ob das Bauspardarlehen in Anspruch genommen wird, hält es der Senat im Rahmen der Feststellungsklage für gerechtfertigt, das wirtschaftliche Interesse beider Ansprüche zu kumulieren und sie mit einem Abschlag von 50% zu berücksichtigen.
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dd. Die Zinserwartung aus dem zum Zeitpunkt der Mandatierung bestehenden Bausparguthaben in Höhe von 15.772,48 EUR betrug bei einem Zinssatz von 3 % p.a. für einen Zeitraum von 3,5 Jahren 1.656,11 EUR. Diese ist mit einem 50-prozentigen Abschlag mit einem Betrag von 828,06 EUR anzusetzen.
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Zum Zeitpunkt der Mandatierung bestand ein Darlehensanspruch in Höhe von 4.679,20 EUR, der ebenfalls mit 50 %, also 2.339,60 EUR, anzusetzen ist, woraus sich der Gegenstandswert von 3.167,66 EUR errechnet.
III.
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1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2, § 269 Abs. 3 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO. Hinsichtlich der Streitwertbemessung wird auf die oben stehenden Ausführungen zum Gegenstandswert der vorgerichtlichen Anwaltskosten Bezug genommen. Durch den Instanzenzug haben sich keine wesentlichen Wertveränderungen ergeben.
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2. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO zuzulassen, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung hat und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung von den Hinweisbeschlüssen und Entscheidungen der Oberlandesgerichte Hamm, Koblenz, Köln und Celle ab, die eine auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gestützte Kündigung des Bausparvertrages für rechtmäßig halten.