Gericht

Landgericht München I

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klagepartei trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Beklagte ist Arzt und Facharzt für Psychiatrie. Er ist seit dem 01.10.1991 als Landgerichtsarzt bei dem ... des Klägers tätig.

Die Parteien streiten um einen Rückzahlungsanspruch des Klägers gegen den Beklagten.

Streitgegenständlich sind dabei vom Kläger an den Beklagten gezahlte ärztliche Honorare zwischen dem 01.09.2004 und dem 31.12.2006.

Der Beklagte nahm in der streitgegenständlichen Zeit als Landgerichtsarzt auf gerichtliches oder auch staatsanwaltschaftliches Ersuchen hin gutachterliche Untersuchungen vor. Dazu zählten unter anderem sog. Drogen-Screening-Untersuchungen.

Der Beklagte wurde so durch verschiedene Gerichte und die Staatsanwaltschaft ... beauftragt, Screening-Untersuchungen durchzuführen. Die Kosten dafür waren teils durch die Staatskasse und teils durch die zu untersuchenden Probanden zu tragen.

Zur Vorgeschichte:

Dieser Übung war die Folgende vorausgegangen:

Die im Landgerichtsbezirk... veranlassten Screening-Untersuchungen waren durch den Landgerichtlichen Dienst, dort u. a. durch den Beklagten, beim Landgericht ... durchgeführt worden. Mit den Kosten für die Untersuchungen war ein Titel aus dem Verwaltungshaushalt des Gerichts belastet worden.

Der damalige Landgerichtspräsident hatte die damit einhergehende Belastung des Haushalts beklagt. Es waren Wege erwogen worden, um die Kosten auf die jeweiligen Verfahren bzw. die untersuchten Verurteilten/Probanden umlegen zu können.

Zum streitgegenständlichen Geschehen:

Am 16.01.1997 schrieb das ...

„...Nach Auffassung des ... ist das Gericht als Auftrag gebende Stelle anzusehen. Nur das Gericht kann im Rahmen der Führungsaufsicht gemäß §§ 68 b, 68 d StGB dem Verurteilten die Weisung erteilen, sich Drogentests oder Leberwertuntersuchungen zu unterziehen...“

Auf dieses Schreiben bat der Herr... des Landgerichts ... unter dem 10.02.1997 an den Beklagten, er möge ihm mitteilen, wie viele Drogentestes 1996 nach dem JMS angefallen seien.

Dieser teilte am 17.02.1997 mit, dass im Jahr 1996 85 Tests durchgeführt worden seien.

Am 14.03.1997 wandte sich der ... an die beiden Landgerichtsärzte, also den Beklagten und Herrn ... Dabei teilte er u. a. folgendes mit:

„... bezugnehmend auf das Ihnen mit meiner Verfügung vom 10.02.1997 zur Kenntnis gebrachte JMS vom 16.01.1997 ... setze ich Sie davon in Kenntnis, dass es auch haushaltstechnischen Gründen nicht länger angeht, dass die solchermaßen entstehenden Kosten zulasten der Verwaltung des Landgerichts abgerechnet werden.

Ich habe den ... der ... angewiesen, künftig darauf zu achten, dass die Auszahlung von Entschädigungen für Drogentests oder Leberwertuntersuchungen von derjenigen Stelle zu veranlassen ist, welche Ihnen den entsprechenden Auftrag erteilt hat.

Sollte sich aus Ihrer Sicht eine Gesprächsnotwendigkeit zu dem gesamten Komplex ergeben, stehe ich selbstverständlich jederzeit zur Verfügung.“

Am 18.03.1997 schrieb der Beklagte u. a. an den Kläger:

„Nachdem ich von de... die Genehmigung erhalten habe, privatärztlich tätig zu sein und eine Privatpraxis zu unterhalten, lediglich mit der Einschränkung, keine Kassenpatienten zu behandeln, biete ich folgende Lösung an:

Die Probanden, die im Rahmen von Bewährungsauflagen sich Drogentests unterziehen müssen, werden zukünftig über meine Praxis zur Abgabe einbestellt, die Auswertung, Bereitstellung von Materialien etc. erfolgt über meine Praxis. Auch der kurze Befundbericht wird in meiner Praxis erstellt, so dass mein Vorzimmer mit den Drogentests zeitlich nicht belastet ist (zusätzlicher Vorteil). Selbstverständlich sichere ich hierbei Kostenneutralität zu. Ich muss zwar künftig die Kostenrechnung mit GoÄ-Ziffern belegen, hierbei ergibt sich aber lediglich eine Verteuerung von knapp acht Mark pro Drogenscreening, so dass mir kaum eine Bereicherungsabsicht unterstellt werden kann. Nachdem Drogenscreenings nach unserem Aufgabenkatalog ohnehin nicht zu den Dienstaufgaben der Landgerichtsärzten gehören, gehe ich davon aus, dass der Verdacht einer unzulässigen Vermischung von Dienstaufgaben und Privatinteressen nicht aufkommen kann.

(...)

Zum konkreten Vorgehen möchte ich folgenden Vorschlag machen:

Der Auftrag für das Drogenscreening sowie die Abschrift des Beschlusses sollten weiterhin an meine Dienststelle, aber mit meinem Namen versehen werden. Sämtliche weiteren Schritte werden dann privatärztlich erbracht. Auf diese Weise ergeben sich auch für die zuständigen Richter keinerlei Veränderungen.

(...)“

Am 26.03.1997 wandte sich der ... an die ... und führte u. a. aus:

„Der bei dem ... tätige Landgerichtsarz... hat mir zu Frage der Durchführung dieser Tests einen Vorschlag unterbreitet, wie er aus anliegendem Schreiben des Arztes vom 18.03.1997 des näheren ersichtlich ist.

Bislang wurde die gesamte Angelegenheit wie folgt gehandhabt:

Das für die Durchführung der Tests erforderliche Labormaterial wurde den Landgerichtsärzten zulasten des Haushaltstitels ... von der Verwaltung des Landgerichts zur Verfügung gestellt. Ein Rückfluss dieser sich im Jahresdurchschnitt auf mehr als DM 4.000,- addierenden Mittel erfolgte nicht, weil die entsprechenden Kosten zu den jeweiligen Verfahrensakten (vorrangig Strafakten) zu Soll gestellt wurden.

In einem Gespräch mit ... habe ich die Frage diskutiert, welche Möglichkeiten bestünden, den Haushaltstitel ... von derartigen „sachfremden“ Ausgaben zu entlasten. ... schlägt nunmehr die aus seinem Schreiben vom 18.03.1997 ersichtliche Regelung vor, wonach er die entsprechenden Labormaterialen über seine Privatpraxis zur Verfügung stellt und auch entsprechend mit den jeweiligen Auftraggebern abrechnet.

Da die Angelegenheit nicht ausschließbar von grundsätzlicher Bedeutung ist, bitte ich um Mitteilung, ob gegen die von Herrn Landgerichtsarz... vorgeschlagene Regelung, die ich befürworte, Bedenken bestehen. Zwar ist gegenwärtig noch entsprechendes, im Februar 1997 für DM 1.217,- angeschafftes Labormaterial vorrätig, voraussichtlich spätestens Ende April muss jedoch ein erneuter Einkauf erfolgen, weshalb ich um alsbaldige Weisung bitte...“

Am 16.04.1997 ging beim Landgericht ... ein Musterbeispiel einer Rechnung des Beklagten, firmierend als ... Facharzt für Psychiatrie, Ltd. Landgerichtsarzt“ und unter Nennung mehrerer GoÄ-Ziffern ein.

Am 14.05.1997 schrieb de... an den Direktor des Amtsgerichts ... u. a.:

„Mit Wirkung vom 01.04.1997 habe ich die bis dahin übliche Verfahrensweise bezüglich der o.e. Kosten eingestellt, wonach die für die Durchführung der Tests erforderlichen Labormaterialien den Landgerichtsärzten zulasten des Haushaltstitels ... der Verwaltung des Landgerichts zur Verfügung gestellt wurden.

Eine von mir mit Schreiben vom 26.03.1997 seitens de... erbetene Weisung, wie künftig in dieser Sache zu verfahren ist, liegt mir bisher nicht vor.

Bezugnehmend auf das JMS vom 16.01.1997 ... bleibt es daher vorerst bei dem Grundsatz, dass die Auszahlung der Entschädigungen für Drogentests oder Leberwertuntersuchungen nach den haushaltsrechtlichen Vorschriften diejenige Stelle zu veranlassen hat, welche den Sachverständigen beauftragt hat.

Die strittige Frage, ob diese Regelung auch dann gilt, wenn als Sachverständiger ein Landgerichtsarzt tätig wird, der auch eine Privatpraxis unterhält und im Rahmen dieser Privatpraxis die Drogentests durchführt, ist noch nicht entschieden. Ich weise jedoch darauf hin, dass in anderen Landgerichtsbezirken entsprechende Aufträge an niedergelassene Ärzte vergeben werden.

Wesentlich erscheint mir, dass im Vordergrund jeglicher Betrachtungsweise die Gewährleistung einer rigorosen, konsequenten und glaubwürdigen Kontrolle der entsprechenden Bewährungsauflagen stehen muss. Dies geschieht sicherlich am besten dadurch, dass entsprechende Aufträge weiterhin an die landgerichtsärztliche Dienststelle - zu Hdn... - gestellt werden. Für das Gericht ergeben sich damit keinerlei Änderungen, eine schnelle, auf kurzem Wege erfolgende und auch verwaltungstechnisch unkomplizierte Regelung bleibt erhalten. Da Landgerichtsarzt ... die Tests dann im Rahmen seiner Privatpraxis durchführt, entstehen zunächst für den Justizhaushalt keinerlei Vorhaltekosten für die erforderlichen Labormaterialien.

Selbstverständlich muss dann aber auch sein, dass ... auch „privatärztlich“ abrechnet, und zwar gegenüber dem Gericht als der auftraggebenden Stelle.

Nachdem mittlerweile auch bezüglich der von ... in Ansatz gebrachten Berechnungssätze Einigung erzielt ist, bitte ich bis auf weiteres hinsichtlich sämtlicher seit 01.04.1997 vorgelegter Rechnungen dahingehend zu verfahren, dass entsprechende Rechnungen nach den einschlägigen haushaltsrechtlichen Vorschriften (vgl. das JMS vom 16.01.1997) behandelt werden...

Abschrift Herrn Landgerichtsarzt ... zur Kenntnisnahme ...“

Am 20.05.1997 übersandte die ... durch den Richter am Oberlandesgericht ... ein JMS vom 13.05.1997, von dem dem Beklagten am 04.06.1997 eine Abschrift erteilt werden sollte, in dem es u. a. heißt:

„Die von den Gerichten und Staatsanwaltschaften in Rechtssachen herangezogenen Zeugen, Sachverständigen, Übersetzer und Dolmetscher sind nach dem ZSEG zu entschädigen. Dass die entsprechenden Ausgaben bei Kap... zu buchen sind, ergibt sich bereits aus den allgemeinen Verwaltungsvorschriften... im JMS vom 28.02.1983... wurde deshalb eine ausdrückliche Regelung der Frage, bei welchem Ausgabetitel die im Rahmen der Führungsaufsicht anfallenden Kosten für Urinuntersuchungen zu buchen sind, nicht für erforderlich gehalten. Ein Hinweis war nur für die Kosten von Urinuntersuchungen veranlasst, die im Rahmen der Bewährungshilfe anfallen und vom Probanden als Veranlasser zu tragen sind, wegen dessen ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen jedoch ausnahmsweise von der Staatskasse übernommen werden ... Da in diesen Fällen die Ausgaben nicht vom Gericht oder der Staatsanwaltschaft veranlasst werden, handelt es sich um unmittelbare Auslagen in Rechtssachen.

Soweit die im Rahmen der Führungsaufsicht über drogenabhängige Probanden erforderlichen Untersuchungen vom gerichtsärztlichen Dienst durchgeführt werden, werden die Gutachten in Erfüllung der Dienstaufgabe erstattet (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 1 AVGDG). Dem Landgerichtsarzt steht deshalb kein persönlicher Entschädigungsanspruch zu (vgl. § 1 Abs. 3 ZSEG). Aus diesen Gründen könnten auch die Kosten für Labormaterialien, die für die Untersuchungen erforderlich sind, nur dann vom Landgerichtsarzt privat abgerechnet werden, wenn die Sachverständigentätigkeit im Rahmen einer genehmigten Tätigkeit ausgeübt würde. Dies dürfte im Allgemeinen nicht der Fall sein (vgl. Nr. 2 des Schreibens des Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit vom 14.11.1994 ..., übersandt mit JMS vom 16.12.1994...). Die erforderlichen Labormaterialien sind deshalb dem Landgerichtsarzt grundsätzlich als sonstige Sachmittel vom Präsidenten des Landgerichts zur Verfügung zu stellen (vgl. Nr. 3 der Bekanntmachung des Staatsministeriums des Innern vom 13.01.1987 ...) ...“

Der Beklagte schrieb dabei am 05.06.1997 an den ... u. a.

„Kosten für Drogentests - Durchführung von Drogenscreenings

Hier: Besprechung vom 04.06.97

Sehr geehrter Herr Präsident,

bezugnehmend auf unsere Unterredung vom 4.6.1997 möchte ich noch folgende Gedanken kurz schriftlichfesthalten.

Bei den von mir in meiner Praxis durchgeführten Drogenscreenings handelt es sich ausschließlich um eine labortechnische medizinische Leistung. Diese Leistung wird von mir auch gegenüber anderen Institutionen, so z. B. den Zulassungsbehörden der Stadt und den Landratsämtern erbracht. Auch diese bedienen sich meiner Person, da ich für eine besonders rigide und konsequente Verfahrensweise sowie eine gute Kooperation mit den Auftraggebern bekannt bin.

Selbstverständlich steht mit dieser Art von privatärztlicher Leistungserbringung zu, da mir mit Schreiben vom 9.10.1996 von der Regierung von Oberbayern die Genehmigung erteilt wurde: „Sprechstunden für jedermann zur ärztlichen Behandlung (Privatpraxis), nicht jedoch die Tätigkeit für die gesetzlichen Krankenkassen, als Krankenhausarzt, als Bade- oder Kurarzt und die Behandlung nach dem Bundesversorgungsgesetz und dem Bundessozialhilfegesetz“ durchzuführen. Eine Einschränkung meiner Nebentätigkeit erfolgt lediglich im Hinblick auf die Durchführung von Leichenschauen, da diese selbstverständlich Dienstaufgaben sind.

Dienstlichen Interessen werden durch diese medizinische Leistungserbringung definitiv nicht berührt bzw. beeinträchtigt, im Gegenteil sollte es im Interesse aller sein, auch in diesem Bereich eine Entlastung öffentlicher Institutionen herbeizuführen.

Besonders betonen möchte ich auch noch, dass von anderen landgerichtsärztlichen Dienststellen diese Leistung (Drogenscreenings) nicht erbracht werden, da sie auch nicht zu unserem Aufgabenkatalog gehören. Es handelt sich, wenn man so will, um eine zusätzliche Leistung, welche auf Anregung von verschiedenen Richtern an Amtsgerichten aufgenommen wurde, da sich diese über eine laxe und jeder Manipulation offenstehende Überwachungspraxis bei dem früheren Vorgehen beklagten.

Ein weiterer Aspekt ist, dass bei einer nicht geringen Zahl von Probanden die Kostenfrage bereits dahingehend geklärt ist, dass diese für die Kosten selbst aufkommen müssen und die Kosten auch stets einzahlen. Dies erfordert lediglich die Aufnahme dieser Weisung in den Bewährungsbeschluss. Um eine entsprechende Anregung bei den Amtsgerichten wäre ich dankbar.

Entsprechend unseres Unterredungsergebnisses fahre ich mit der nunmehr begonnenen Vorgehensweise fort und möchte Sie bitten, den zuständigen Amtsgerichten ... das Ergebnis unseres Gesprächs kurz mitzuteilen, damit die Kostenregulierungen von dort auch vorgenommen werden...“

Am 10.06.1997 schrieb der ... an den dortigen Präsidenten u. a. wie folgt:

„Bezugnehmend auf den gesamten Vorgang und im Hinblick auf eine unbürokratische und praxisgerechte Handhabung erhebe ich in meiner Eigenschaft als Vertreter der Staatskasse keine Einwendungen, wenn die bei den Amtsgerichte... noch offene Beträge nicht dem Landgerichtsarzt ..., sondern der genehmigten Privatpraxis ... überwiesen werden (zum Teil erfolgte bisher auch keine Überweisung, sondern lediglich eine Vormerkung in den Akten). Maßgebend für mich ist dabei die Tatsache, dass insbesondere die nicht unerheblichen Kosten für die Labormaterialien (Drogenschnelltests) auf alle Fälle von der Justiz getragen werden müssen. Wobei lediglich die anweisende Stelle, bzw. der Haushaltstitel strittig sind.

Für künftige Fälle wäre allerdings eine Darstellung dahingehend wünschenswert, dass die erkennenden Richter in den jeweiligen Entscheidungen nicht mehr den LG-Arzt, sondern z. B. die Privatpraxis ... mit der Untersuchung, bzw. Überwachung auf Kosten des Probanden beauftragen...“

Dem Beklagten hatte der ... unter dem 12.06.1997 u. a. geantwortet:

„Mit Wirkung vom 01.04.1997 habe ich die ... bis dahin übliche Verfahrensweise bezüglich der o.e. Kosten eingestellt, wonach die für die Durchführung des Tests erforderlichen Labormaterialien den Landgerichtsärzten zulasten des Haushaltstitels ... der Verwaltung des Landgerichts zur Verfügung gestellt werden.

Nach einer nunmehr vorliegenden dienstlichen Stellungnahme des Leiters der Landgerichtsärztlichen ... werden diese sogenannten „Drogenscreenings“ von anderen Landgerichtsärztlichen Dienststellen nicht erbracht, da sie nicht zum Aufgabenkatalog über die Dienstaufgaben von Landgerichtsärzten gehören.

Dadurch nun, dass entsprechende Untersuchungen durch die Landgerichtliche Dienststelle in ... durchgeführt wurden, war bislang eine rigide, manipulationsfreie und korrekte Überwachungspraxis gewährleistet. Andererseits sah ich auch unter Zugrundelegung einschlägiger Regelungen seitens des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz (JMS vom 28.02.1983, Gz.: 4263-II-2187/80) nicht länger Veranlassung, entsprechende Kosten zulasten des Verwaltungshaushaltes des Landgerichtspräsidenten zu übernehmen.

Herr Landgerichtsarzt ... hat von der Regierung von Oberbayern, die Genehmigung zur Einrichtung und Führung einer Privatpraxis im Rahmen einer Nebentätigkeitsgenehmigung erhalten. Er ist bereit, im Rahmen dieser Privatpraxis entsprechende Drogenscreenings durchzuführen. Aus haushaltsrechtlichen Gründen ist dann aber geboten, dass die Richter bei der Anordnung entsprechender Drogenscreenings (etwa in Bewährungsbeschlüssen) die Weisung erteilen, dass der jeweilige Angeklagte oder Proband für die Kosten selbst aufkommen muss und dass die Untersuchung von ... durchgeführt wird. Entspreche Anforderungsschreiben an den Sachverständigen sind also nicht an „die Landgerichtsärztliche Dienststelle“ zu richten.

In Fällen, in denen entsprechende Untersuchungen von Gerichten oder Staatsanwaltschaften außerhalb von Führungsaufsicht oder Bewährungsauflagen bzw. -weisungen veranlasst werden, handelt es sich um unmittelbare Auslagen in Rechtssachen; der Sachverständige ist entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen zu entschädigen, die Kosten sind wie üblich in den Sachakten zu vermerken.

Ergänzend bitte ich, dass noch offenstehende Rechnungen der Privatpraxis ... überwiesen werden auch in den Fällen, in denen der ursprüngliche richterliche Auftrag dem „Landgerichtsarzt ... erteilt wurde. Der ... des Landgerichts ... hat hiergegen keine Einwendungen erhoben.

In Fällen, in denen im Rahmen der Bewährungshilfe Kosten anfallen und diese vom jeweiligen Probanden als Veranlasser wegen seiner ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnisse ausnahmsweise nicht getragen werden können, übernimmt die Kosten weiterhin die Staatskasse. Da in diesen Fällen die Ausgaben nicht vom Gericht oder der Staatsanwaltschaft veranlasst werden, handelt es sich nicht um unmittelbare Auslagen in Rechtssachen. Es ist jedoch ein jeweiliger Antrag des Probanden und eine entsprechende Entscheidung erforderlich.

Im Rahmen der Führungsaufsicht über drogenabhängige Probanden erforderliche Untersuchungen werden weiterhin vom landgerichtsärztlichen Dienst durchgeführt, entsprechende Gutachten in Erfüllung seiner Dienstaufgabe (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 1 AVGDG) erstattet.“

Der Beklagte erhielt einen Abdruck des Schreibens.

Am 13.06.1997 teilte der ... der ... u. a. Folgendes mit:

„In meinem Bezirk ist die Frage streitig geworden, ob die Durchführung von Drogentest oder Leberwertuntersuchungen im Zusammenhang etwa der Bewährungsüberwachung zu den Dienstaufgaben des Landgerichtsarztes zählt.

Einerseits wird die Auffassung vertreten, die Verordnung über den gerichtsärztlichen Dienst vom 06.10.1950 ... bestimme in § 10 pauschal die Vornahme aller ärztlichen Untersuchungen und die Abgabe ärztlicher Gutachten in gerichtlichen Angelegenheiten zu Dienstaufgaben des Landgerichtsarztes.

Andererseits vertritt der Leiter der landgerichtsärztlichen Dienststelle des Landgerichts ... die Auffassung, Drogenscreenings und Leberwertuntersuchungen könnten schon deshalb nicht vom Gesetz über den gerichtsärztlichen Dienst vom 27.07.1950, bzw. der Ausführungsverordnung vom 06.10.1950 umfasst sein, weil zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Bestimmungen derartige Tätigkeiten noch nicht einmal angedacht waren. Zudem brachte mir der leitende Landgerichtsarzt zur Kenntnis, dass andere landgerichtsärztliche Dienststellen derartige Leistungen nicht erbrächten.

Meine eigenen Recherchen haben dies - jedenfalls teilweise - bestätigt:

- Für ... sollen entsprechende Untersuchungen seitens der Medizinischen Klinik ... Innenstadt durchgeführt werden, ... arbeiten die Gerichte mit niedergelassenen Ärzten zusammen.

- Im Bezirk des Landgerichts ... treten zwar irgendwelche Probleme schon deshalb nicht auf, weil einer der hier tätigen Landgerichtsärzte eine Nebentätigkeitsgenehmigung zur Führung einer privatärztlichen Praxis erhalten hat (Bescheid der Regierung von Oberbayern vom 09.10.1996) und bereit ist, entsprechende Untersuchungen auf Weisung der Gericht in seiner privatärztlichen Praxis durchzuführen.

Gleichwohl bitte ich zur Klarstellung um Abklärung der Eingangs gestellten Frage nach dem Umfang der Dienstaufgaben des landgerichtsärztlichen Dienstes.“

... übermittelte mit Schreiben vom 05.05.1998 durch den ... eine Antwort des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit vom 18.03.1996, in dem es u. a. heißt:

„Die Dienstaufgaben der Landgerichtsärzte sind in dem Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst ... in Verbindung mit der Verordnung zur Ausführung des Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst (AVGDG) geregelt. Aufgrund des Artikel 3, Abs. 2 GDG in Verbindung mit § 4 AVGDG ist es Aufgabe der Landgerichtsärzte, auf richterliches oder staatsanwaltschaftliches Ersuchen ärztliche Untersuchungen vorzunehmen und ärztliche Gutachten in Gerichtssachen zu erstellen.

Nach unserer Auffassung steht außer Zweifel, dass dazu auch die Vornahme von Drogentests oder Untersuchungen der Leberwerte zählen. Dies sind reguläre Dienstaufgaben der landgerichtsärztlichen Dienststelle. Darunter fallen z. B. die Abnahme der Untersuchungsprobe, die Kontrolle bei der Abnahme, der Versand der Probe, der Empfang des Untersuchungsbefundes, die Einleitung aller notwendigen Schritte nach Erhalt des Befundes und alle die mit der Vornahme von Drogentests oder der Untersuchung von Leberwerten zusammenhängenden Verwaltungsmaßnahmen und ärztlichen Beurteilungen. Bei der Ausführung der technischen Laborleistung handelt es sich dagegen nicht um eine Dienstaufgabe der Landgerichtsärzte.

Die Regierungen erhalten Abdruck dieses Schreibens mit der Bitte, die Landgerichtsärzte entsprechend zu unterrichten...“

Zum weiteren Sachverhalt:

Der Beklagte stellte dem Kläger die durchgeführten Laboruntersuchungen in Rechnung. Hierzu rechnete er die ärztlichen Laborleistungen gemäß Abschnitt M III der GoÄ 2002 entsprechend der dafür vorgesehenen Gebührenziffern ab.

Die Rechnungen wurden jeweils im normalen Geschäftsgang beglichen.

Ab November 2004 erbrachte der Beklagte die Leistungen nicht mehr selber, sondern beauftragte das MVZ für Laboratoriumsmedizin ... (inzwischen Synlab Labordienstleistungen) mit der Durchführung der Laborleistungen.

Ab November 2007 beauftragte der Beklagte dann anstelle des ...

Unter dem 27.01.2012 erstellte das Staatliche Rechnungsprüfungsamt ... Prüfungsmitteilungen zur Organisation und Wirtschaftlichkeit des gerichtsärztlichen Dienstes bei den Landgerichten. Darin wird berichtet, dass das Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz im Jahr 2003 die Regierung von Oberbayern aufgefordert habe, im Hinblick auf die durch den Beklagten erzielten Einnahmen aus der Nebentätigkeit, die Art der Nebentätigkeit und deren finanziellen Umfang abzuklären, ggf. sei auch eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen abzuklären. Die Überprüfung habe ergeben, dass der Beamte angab, seit 1998 jährlich etwa 840-880 Tests durchzuführen und für jeden Test etwa 85 Euro gezahlt würden. Der Gewinn aus der Privatpraxis betrage ca. 14.000,00 Euro. Das Ergebnis der Überprüfung sei dem Ministerium mit Schreiben vom 14.12.2004 mitgeteilt worden.

Das Ministerium habe sodann mit Schreiben vom 27.12.2004 gegenüber der ... festgestellt, dass die Screenings Aufgabe des landgerichtsärztlichen Dienstes seien und nicht Gegenstand einer Nebentätigkeit sein könnten. Dem Justizministerium habe man eine Abschrift mit der Bitte zugeleitet, den ... entsprechend zu informieren. Die Leistungen seien darüber hinaus vom Beklagten ohne die erforderliche Fachkunde (da kein Laborarzt) erbracht worden.

Der Beklagte verfügte über eine Nebentätigkeitsgenehmigung. Die ... teilte dem Beklagten mit Bescheid vom 13.01.2005 mit, dass man zwar weiterhin eine Nebentätigkeitsgenehmigung für eine Privatpraxis erteile, zugleich jedoch darauf hinwiese, dass die bislang durchgeführten Drogenscreenings gem. Art. 5 Abs. 2 Sätze 1 und 2 AVGDG eine Dienstaufgabe des Landgerichtsarztes... sei und daher nicht im Rahmen einer Nebentätigkeit durchgeführt werden dürften.

Der ... wurde entsprechend unterrichtet.

Am 25.05.2012 wandte sich der ... an den Beklagten und forderte diesen unter Hinweis auf die Grenzen des landgerichtsärztlichen Aufgabenbereichs zur Rückzahlung von insgesamt 118.415,83 Euro bis zum 31.08.2012 auf. Dabei bezog er sich auf in den Jahren 2005 bis 2009 durchgeführte Screenings.

Der Beklagte ließ mit Schreiben vom 25.07.2012 Widerspruch gegen die Rückforderung einlegen. Er zweifelte die Aktivlegitimation des ... an und wandte auch formelle Bedenken (Bescheid, Rechtsbehelfsbelehrung, gerichtliche Festsetzung) ein. Außerdem wies er darauf hin, dass der Beklagte diese Tätigkeit mit einer zum 01.01.2008 erloschenen Nebentätigkeitsgenehmigung auf Bitten des ... vom 12.06.1997 durchgeführt hatte. Er habe entsprechende Gerätschaften geleast. Obendrein sei der Anspruch verjährt, § 2 Abs. 4 JVEG.

Am 06.08.2012 teilte de... dem Beklagtenvertreter folgendes mit:

„...infolge der in Ihrem Schreiben vom 25.07.2012 enthaltenen Verjährungsreinrede wird die Rückforderung der jetzt geltend gemachten, zu viel gezahlten Sachverständigenvergütungen nicht weiter verfolgt (§ 2 Abs. 4 JVEG). Mein Schreiben vom 25.05.2012 ist damit erledigt.“

Der Kläger trägt vor,

er könne die Rückforderung nach § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Var. sowie nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 StGB verlangen. Für letztere Rechtsgrundlage verweise man auf die Entscheidung BGH, Urt. v. 25.01.2012, 1 StR 45/11.

Als gesetzliche Dienstaufgabe seien unter anderem die Abnahme der Untersuchungsprobe, die Kontrolle bei der Abnahme, der Versand der Probe, der Empfang des Untersuchungsbefundes, die Einleitung aller erforderlichen Schritte nach Erhalt des Befundes sowie die Durchführung der mit diesen Schritten erforderlichen Verwaltungsaufgaben und die Erstellung der ärztlichen Beurteilung zu sehen.

Indes falle die Untersuchung der Blut- bzw. Urinprobe nicht in den gesetzlichen Aufgabenkatalog eines Landgerichtsarztes und sei daher zwangsläufig von einem entsprechend ausgestatteten und fachlich qualifizierten Laborarzt auszuführen. Dieser sei dann auch zur persönlichen Rechnungsstellung befugt.

Die Leistungen seien aus dem Abschnitt M III Nr. 18 der GoÄ 2002 ausschließlich fachkundigen Ärzten, nämlich Fachärzten für Labormedizin oder auch für klinische Chemie, vorbehalten.

Auch bei Weiterversand der Unterlagen an einen Laborarzt dürfe die Rechnung allein von dem Laborarzt gestellt werden.

Dem Beklagten fehle insoweit ein Fachkundenachweis.

Der Beklagte könne den Inhalt der Abrechnungen nicht bestreiten, da er selber die Leistungen erbracht habe.

Die Leistungen des Klägers seien deshalb ohne Rechtsgrund erfolgt.

Zugleich habe der Beklagte den Bediensteten des Klägers vorgespiegelt, erbrachte Leistungen ordnungsgemäß abzurechnen. Die so getäuschten Mitarbeiter seien dann zur Zahlung aus dem Vermögen des Klägers veranlasst worden.

Entsprechend könne nach § 286 Abs. 2 Ziffer 4 BGB bereits ab dem01.01.2006 ein Verzugszins verlangt werden.

Die Ansprüche seien auch nicht verjährt. Die Ansprüche unterlägen gem. § 823 Abs. 2 BGB, § 263 StGB i. V. m. § 199 Abs. 3 Ziffer 1 BGB einer zehnjährigen Verjährungsfrist, beginnend mit der Entstehung des Anspruchs. In jedem Falle sei zusätzlich § 852 BGB zu berücksichtigen, so dass der Kläger auch nach Eintritt der Verjährung bereicherungsrechtlich vorgehen könne.

Die bereicherungsrechtlichen Ansprüche wiederum verjährten nach § 195, § 199 Abs. 1 Ziffer 1 BGB zwar binnen drei Jahren, indes erst ab dem Zeitpunkt der Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen. Man habe jedoch stets auf die Abrechnung des überlegen sachverständigen Beklagten vertraut.

Erst eine Prüfmitteilung des Staatlichen Rechnungsprüfungsamts ... - vom 27.01.2012 habe die Auffassung vertreten, dass die Erbringung technischer Laborleistungen das Vorhandensein eines entsprechenden Fachkundenachweises erfordere. Erst ab diesem Zeitpunkt habe Anlass bestanden, die frühere Praxis, die im Jahr 2009 eingestellt worden sei, infrage zu stellen. Positive Kenntnis über einen fehlenden oder vorhandenen Fachkundenachweis habe man bis heute nicht.

Die Schreiben des ... führten zu keinem anderen Ergebnis: Die Schreiben bezögen sich zum einen nicht auf das Jahr 2004, sondern nur auf die Jahre 2005 bis 2009. Außerdem sei der ... rechtsirrig von einer Verjährung nach dem JVEG ausgegangen. Tatsächlich habe der Beklagte hier Leistungen nach der GoÄ, nicht aber nach dem JVEG erbracht. Die Untersuchung der körpereigenen Flüssigkeiten sei durch Beschluss angeordnet worden. Auftraggeber sei der Proband gewesen. Der Beklagte sei nicht als Sachverständiger herangezogen worden; nur dann wäre aber ein Vorgehen nach dem JVEG möglich gewesen. Der Beklagte selbst habe hier privatärztlich erbrachte Leistungen nach der GoÄ abgerechnet. Das Schreiben des ... habe sich indes nur auf Ansprüche nach dem JVEG bezogen.

Auch könne man der Forderung keinen Einwand nach § 242 BGB entgegenhalten, im Einzelnen:

1. Dem Schreiben des ... vom 12.06.1997 sei das Schreiben des Beklagten vom 05.06.1997 vorangegangen, mit dem dieser behauptet habe, zur Erbringung und Abrechnung der Leistungen berechtigt zu sein.

Die jahrelange Praxis sei damit nicht vom LG-Präsidenten sondern vom Beklagten initiiert worden. Mithin scheide ein „venire contra factum proprium“ aus.

Diesem Briefwechsel wiederum sei ein Telefonat sowie das Schreiben des Beklagten vom 18.03.1997 vorausgegangen.

Zusammengenommen werde aus alldem deutlich, dass der ... in dieser Frage keinerlei Aufsichtsfunktion gegenüber dem Beklagten innegehabt habe, sondern allein dieser sich der Berechtigung, die Leistungen auch abrechnen zu dürfen, hätte versichern müssen.

2. Selbst wenn man aber das Verhalten des ... beurteilen wolle, so sei diesem doch gar nicht bekannt gewesen, dass der Beklagte die Leistungen weder habe selbst erbringen noch abrechnen dürfen. Der Beklagte sei insoweit überlegen sachkundig gewesen und hätte den Präsidenten informieren müssen.

3. Auch das Schreiben der Regierung von Oberbayern vom 13.01.2005 gebiete keine andere Bewertung. Dieses weise lediglich - in Übereinstimmung mit der Auffassung des Beklagten - darauf hin, dass die Screenings nicht zum Aufgabenbereich des Landgerichtsarztes gehörten. Gerade deshalb habe de... der Übertragung auf den Beklagten persönlich zugestimmt.

Im Übrigen habe sich der Präsident insoweit über die Rechtsauffassung der ... hinweggesetzt, ohne in einem Rechtsbehelfsverfahren eine Klärung herbeizuführen.

4. Dem Schreiben des Herr ... vom 06.08.2012 komme schon deshalb keine Bedeutung zu, weil es sich ersichtlich nur auf die Forderungen nach dem JVEG beziehe. Der Herr ... habe lediglich den Zustand wiederherstellen wollen, der vor seinem Rückforderungsschreiben bestanden habe.

5. Schließlich sei dem Kläger das Handeln des ... nicht ohne weiteres zuzurechnen. Dieser sei nicht als Vertreter des Dienstherrn, sondern als Verhandlungsführer eines potentiellen Vertragspartners aufgetreten, von dessen Vergabeentscheidung sich der Beklagte weitere Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit erhofft habe.

Der Kläger beantragte zunächst,

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 58.401,38 Euro zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.1.2006 zu zahlen.

Am 19.11.2015 erweiterte er die Klage und beantragt nunmehr:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 89.145,67 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz 48.401,38 Euro seit dem 27.08.2014 sowie aus weiteren 40.744,29 Euro seit Rechtshängigkeit zu zahlen

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Dazu führt er aus:

Der Beklagte sei jahrelang mit Wissen des Klägers im beschriebenen Umfang tätig gewesen. Es habe damit zumindest ein faktisches Vertragsverhältnis vorgelegen.

Zum Bereicherungsanspruch:

Die Durchführung der Screenings sei notwendig gewesen. Der Kläger sei daher nicht entreichert.

Zum deliktsrechtlichen Anspruch:

Es fehle an einem Schaden.

Jedenfalls sei jeweils an eine Geschäftsführung ohne Auftrag zu denken.

Schließlich erhebe man die Einrede der Verjährung. Der Kläger habe die die Verjährung ausräumenden Umstände (Kenntnis ab wann?) nicht ausreichend dargetan.

Abschließend sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte durch Schreiben de... vom 25.05.2012 auf die Durchsetzung der Ansprüche verzichtet habe. Die Anspruchsidentität ergebe sich aus dem Beklagtenschriftsatz vom 25.07.2014 sowie dem weiteren Schreiben des ... vom 25.05.2012.

Gründe

A.

Die zulässige Klage des Klägers gegen den Beklagten erweist sich als unbegründet.

I.

Ein bereicherungsrechtlicher Rückforderungsanspruch besteht nicht.

Der Kläger kann die im streitgegenständlichen Zeitraum an den Beklagten gezahlten Honorare vom Beklagten nicht zurückverlangen, § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Var. BGB.

1.

Zum ersten Zeitabschnitt (Laborleistung durch den Beklagten persönlich bis Ende Oktober 2004):

Insoweit steht dem Kläger kein durchsetzbarer Anspruch zu.

a.

Zur Entstehung des Anspruchs:

aa.

Etwas erlangt?

Der Beklagte hat den nun im Streit stehenden Betrag als Forderung gegen seine Bank erlangt.

bb.

durch Leistung?

Den Betrag hat er auch durch Leistung des Klägers erlangt. Aus seiner Sicht stellten sich die Zahlungen als Tilgung der in Rechnung gestellten ärztlichen Bemühungen dar.

cc.

ohne Rechtsgrund?

Die Parteien zweifeln die Richtigkeit der durchgeführten Laborleistungen nicht an. Auch steht nicht im Streit, dass die durchgeführten Leistungen im Grunde nach den abgerechneten Ziffern abgerechnet werden können.

Im Streit steht zwischen den Parteien allein die Frage, ob der Rechtsgrund der Zahlung dadurch wegfällt, dass der Beklagte als Landgerichtsarzt und Facharzt für Psychiatrie die Laborleistungen abgerechnet hat. Dies ist nicht der Fall. Die Kammer ordnet die Verträge zwischen dem Kläger und dem Beklagten als Gutachtensaufträge und nicht als Behandlungsverträge ein. Diese sind durch das Handeln außerhalb der formellen fachärztlichen Kompetenz nicht nichtig.

(1)

Die Kammer hat sich die insoweit rechtlichen Grundsätze wie folgt vergegenwärtigt:

(a)

Für die Wirksamkeit eines Behandlungsvertrags außerhalb des fachärztlich beherrschten Bereichs gilt, was das OLG Celle (Urt. v. 22.10.2007, 1 U 77/07, Abs. 20) ausführt wie folgt:

„a) Die Bezahlung der streitgegenständlichen Behandlungskosten für die Durchführung der MRT-Untersuchungen durch den Beklagten als Facharzt für Orthopädie erfolgte seitens der Versicherungsnehmer der Klägerin ohne rechtlichen Grund. Denn ein Anspruch aus §§ 611, 612 BGB i.V. mit den Regelungen der GoÄ auf Zahlung des ärztlichen Honorars für die Durchführung dieser Maßnahmen stand dem Beklagten gegen die Versicherungsnehmer der Klägerin nicht zu. Gem. § 1 Abs. 2 Satz 1 GoÄ darf der Arzt Vergütungen nur für Leistungen berechnen, die nach den Regeln der ärztlichen Kunst für eine medizinisch notwendige ärztliche Versorgung erforderlich sind. § 1 Abs. 2 Satz 1 GoÄ greift ein berufsrechtliches Leitbild für die ärztliche Tätigkeit auf und verknüpft damit den Vergütungsanspruch des Arztes. Auch im Rahmen einer Privatbehandlung ist dieser grundsätzlich, von begründeten Ausnahmefällen wie etwa Notfallbehandlungen abgesehen, an die Grenzen seines medizinischen Fachgebietes gebunden. Nur dann können seine Leistungen den Regeln der ärztlichen Kunst entsprechen. Erbringt der Arzt also fachfremde Leistungen, ohne dass dies ausnahmsweise - etwa in Notfällen - gerechtfertigt ist, hat er keinen Honoraranspruch gegen den Patienten (Uleer/Miebach/Patt, Abrechnung von Arzt- und Krankenhausleistungen, Kommentar, 3. Aufl., § 1 GoÄ Rnrn. 10,13 m. w. N.). So aber liegt es hier. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist davon auszugehen, dass der Beklagte mit der Vornahme der MRT-Untersuchungen an den Versicherungsnehmern der Klägerin damals im Jahre 2004 für ihn als zugelassenen Orthopäden fachfremde Leistungen erbracht hat.“ [Unterstreichung durch die Kammer]

Dieser Auffassung ist zwar jedenfalls insoweit zu widersprechen, als das ... ausführt, dass Leistungen nur dann den Regeln der ärztlichen Kunst entsprechen könnten, wenn sie innerhalb des medizinischen Fachgebietes erbracht würden. Dieser Automatismus besteht nicht. Insoweit widerspricht die Kammer auch der zitierten Fundstelle bzw. den dort angeführten Nachweisen. Auch ein Orthopäde (ohne Zusatzbezeichnung bezüglich der Röntgendiagnostik) mag einen Bildbefund zutreffend beurteilen.

Indes teilt die Kammer gleichwohl den diesen Überlegungen zugrunde liegenden Gedanken: Die Abrechenbarkeit ärztlichen Bemühens an die Einhaltung der Grenzen der eingeschlagenen Weiterbildungsordnung zu koppeln, dient dem Schutz der Patienten (so auch Uleer/Miebach/Patt, a. a. O., Rz. 13). Auch erscheint es sinnvoll, die Weiterbildungsordnungen insoweit als Schutzgesetze zu begreifen. Damit tritt die Nichtigkeit jedoch nur ein, wenn es mit dem Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes unvereinbar wäre, die durch das Rechtsgeschäft getroffene rechtliche Regelung hinzunehmen und bestehen zu lassen (Uleer/Miebach/Patt, ebendort). Dies ist aus den vorgenannten Gründen der Fall.

(b)

Für die Beauftragung in einem Sachverständigenverhältnis gilt indes anderes. Die strenge fachärztliche Grenzziehung mit der harten Konsequenz einer Vertragsnichtigkeit gilt insoweit nicht. Es fehlt insoweit bereits an einem Verbotsgesetz: Die fachärztlichen Ausbildungsordnungen stellen solche nicht dar. Patient und Gutachtensempfänger sind bereits nicht gleichermaßen schutzbedürftig. Auch ist die Tätigkeit des Sachverständigen eine andere als die eines behandelnden Arztes: Der Sachverständige kann in der Begutachtungssituation viel stärker aufgrund recherchierter Literatur vorgehen als der Arzt in der Situation einer Akutbehandlung. Das Gutachten wird zudem fachkundig durch ein Gericht und nicht einen nicht kundigen Laien gelesen. Anders als die akut wirkende Behandlung kann ein Gutachten durch Rückfragen hinterfragt werden, bevor es Wirkungen entfaltet.

(2)

Einordnung des hier gewählten Vertragstypus:

Die Kammer ordnet die hier inmitten stehenden Verträge zwischen den Parteien nicht als Behandlungsverträge, sondern als Gutachtensaufträge ein.

Der Beklagte wurde vorliegend vom Kläger jeweils mit der Durchführung von Laboruntersuchungen beauftragt. Diese dienten nicht einer aktuellen oder künftigen Behandlung der Probanden, sondern der Überprüfung, ob die den Probanden auferlegten Regeln eingehalten worden waren. Dies spricht gegen die Annahme eines Behandlungsvertrags. Auch das Schreiben der damalige... vom 20.05.1997 (siehe Zitat des Schreibens im Tatbestand) geht offenbar von einem Gutachtensauftrag aus, wenn es zwischen nach dem damals noch Anwendung findenden ZSEG und der unmittelbar landgerichtsärztlichen Tätigkeit unterscheidet jedoch nicht von einem Behandlungsvertrag ausgeht.

Weiterhin wurde der Beklagte mit einer Tätigkeit betraut, die zuvor der landgerichtsärztliche Dienst ausführte. Auch ein Landgerichtsarzt behandelt in aller Regel keine Patienten, sondern führt gerichtlich beauftragte Untersuchungen durch. Dass der Kläger dies auch so sah, ergibt sich aus dem Schreiben vom 14.05.1997 (siehe Zitat des Schreibens im Tatbestand).

Weiterhin spricht dafür das auch in der Korrespondenz erkennbare Interesse der Parteien, dass der Beklagte die Laboruntersuchungen schlicht als solche sicherstellen sollte, um den Gerichten die Entscheidung über die Einhaltung von Bewährungsauflagen bzw. Weisungen der Führungsaufsicht zu ermöglichen. Darüber hinaus wollte man auf diese Weise erreichen, dass der Beklagte nicht nur die Laboruntersuchungen sicherstellt, sondern auch die weitergehenden Leistungen (Ladung der Probanden, Blutabnahme, Versendung des Blutes, Auswertung des Befundberichts, Mitteilung an das Gericht) übernimmt. Dies entspricht der ständigen Übung bei der Vergabe von Gutachtensaufträgen durch Gerichte.

Auch hat der Beklagte auf die Ausübung dieser gutachterlichen Tätigkeit für andere Behörden hingewiesen: Damit präsentierte er sich jedoch weniger als erfahrener Laborarzt, denn als zuverlässiger Geschäftspartner und Gutachter. Eben dies schien auch den für den Kläger handelnden Präsidenten des Landgerichts Ingolstadt zu bewegen: Soweit dieser das Interesse des Klägers an einer „rigorosen, konsequenten und glaubwürdigen Kontrolle der entsprechenden Bewährungsauflagen“ betonte, bezieht sich dies sicherlich nicht auf eine exakte labortechnische Handhabung des Untersuchungsgeräts, sondern die unstreitig energisch und zuverlässig betriebene Einbestellung der Probanden sowie die zügige und direkte Mitteilung der Untersuchungsergebnisse.

Etwas anderes gilt auch nicht wegen der nach der GoÄ erfolgten Abrechnung. In Anbetracht der vom Beklagten an den damalige... übersandten Musterrechnung geht die Kammer von der Vereinbarung einer Taxe nach § 13 JVEG aus (siehe insoweit das Schreiben des... des ... vom 14.05.1997, im Tatbestand zitiert). Soweit man eine solche indes nicht annehmen würde, so wäre die Tätigkeit nach der üblichen Taxe abzurechnen, § 632 Abs. 2 BGB i. V. m. § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 JVEG i. V. m. der GoÄ (vgl. etwa Meyer/Höver/Bach/Oberlack, 26. Auflage, JVEG, § 12, Rz. 5 und Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG 3. Aufl. 2014, § 12, Rz. 2) bzw. (für den Zeitraum der Korrespondenz, der hier nicht streitgegenständlich ist) § 8 Abs. 1 Nr. 1 ZSEG (gültig bis 30.06.2004 und dann durch das JVEG ersetzt).

b.

Kein Anspruch wegen Saldotheorie:

Selbst wenn man das Vertragsverhältnis indes für nichtig hielte und dem Einwand nach § 242 nicht folgte, so ergäbe sich doch nach den Grundsätzen der Saldotheorie kein Anspruch des Klägers.

aa.

Rechtliche Grundsätze:

... hat insoweit beispielhaft zur ständigen Rechtsprechung ausgeführt (OLG Dresden, Urt. v. 21.04.2015, 4 U 731/14, Abs. 27):

„Die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung gegenseitiger Verträge hat nach den Grundsätzen der sogenannten Saldotheorie zu erfolgen. Danach ist der Bereicherungsanspruch bei beiderseits ausgeführten gegenseitigen nichtigen Verträgen ein von vornherein in sich beschränkter einheitlicher Anspruch auf Ausgleich aller mit der Vermögensverschiebung zurechenbar zusammenhängender Vorgänge in Höhe des sich dabei ergebenden Saldos. Es ist deshalb durch Vergleich der durch den Bereicherungsvorgang hervorgerufenen Vor- und Nachteile zu ermitteln, für welchen Beteiligten sich ein Überschuss ergibt. Leistung und Gegenleistung sind dabei in Fortgeltung des bei Vertragsschluss gewollten Austauschverhältnisses für die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung entsprechend § 818 Abs. 3 BGB grundsätzlich zu saldieren.“

bb.

Zum konkreten Fall:

Der Beklagte wäre dann nämlich zur Herausgabe des Erlangten verpflichtet, eben diese Pflicht träfe auch den Kläger.

Der Beklagte kann das erhaltene Honorar (damals mutmaßlich als Forderung gegen seine Bank erhalten) im Wege des Wertersatzes herausgeben.

Der Kläger kann die erhaltenen Laborleistungen nicht mehr herausgeben. Auch hier ist nach § 818 Abs. 2 Wertersatz zu leisten. Hierbei ist auf den objektiven Verkehrswert abzustellen, der ggf. nach der maßgeblichen Gebührenordnung zu bestimmen ist (Sprau, in: Palandt, 74. Auflage, München 2015, § 818, Rz. 22). Deshalb greift die Kammer auf die GoÄ zurück (vgl. dazu auch: OLG Köln, B. v. 24.02.2015, 5 U 156/14, Abs. 5). Unstreitig erfolgten die Behandlungen indes nicht nur fehlerfrei, sondern wurden auch zutreffend abgerechnet. Damit saldieren sich die jeweiligen Ansprüche auf null.

c.

Vorsorglich: Zur Durchsetzbarkeit des Anspruchs - anders wegen § 242 BGB?

Die Kammer hält eine Rückforderung darüber hinaus jedenfalls für treuwidrig.

Der Kläger hat durch das Schreiben des ..., das Verhalten de... und die späteren Schreiben des ... dem Beklagten eine Position verschafft, die den - im Grundsatz natürlich zulässigen - nunmehr erfolgten Auffassungswechsel als ein unzulässiges venire contra factum proprium darstellt, im Einzelnen:

aa.

Vorher wie nachher - Laborleistungen durch Psychiater:

Das Schreiben des ... vom 12.06.1997 bringt folgende wesentliche Punkte zum Ausdruck:

• Die Laborleistungen wurden bis dahin von der landgerichtsärztlichen Dienststelle erbracht. Diese Praxis wird als „rigide, manipulationsfreie und korrekte Überwachungspraxis“ bezeichnet.

• Der Beklagte war bereit, die von den ... bis dahin als geeignet erscheinende Übung durch Erbringung privatärztlicher Leistungen fortzuführen. Diese umfassten die Organisation und Gewährleistung einer qualitativ hochwertigen Überwachungspraxis.

• Diese Vorgehensweise wurde vom ... des ... so umfänglich gebilligt, dass er sie - zur Schonung des eigenen Etats - sogar rückwirkend billigte. Dabei betonte er, dass es nur so möglich sein würde, die anfallenden Kosten auf die jeweiligen Verfahren umzulegen.

Bereits damit ging der Kläger - die Kammer rechnet ihm das Verhalten des ... zu - sehenden Auges eine Vertragskonstellation ein, die notwendigerweise die nun vom Kläger beklagte Konsequenz (Tätigkeit jenseits des eigentlichen Fachbereichs) haben musste. Bereits deshalb hat die Kammer Zweifel, ob sich der Kläger nun auf die angeblich fehlende Fachkunde des Beklagten berufen kann.

bb.

Teils wohl weiterhin Laboruntersuchungen durch landgerichtsärztlichen Dienst, also keine Fachärzte:

Weiterhin bringt das Schreiben des ... konkludent zum Ausdruck, dass de... hierin die Möglichkeit einer Fortsetzung der bisherigen Untersuchungen, die er als „korrekte Überwachungspraxis“ bezeichnete, sah.

Die Untersuchung bei Führungsaufsichtsprobanden sollte sogar weiterhin ausdrücklich vom landgerichtsärztlichen Dienst durchgeführt werden. Auch insoweit hat man sich nicht an der fachärztlichen Qualifikation oder Nichtqualifikation orientiert.

cc.

Widersprüchliche Äußerungen zum zulässigen Umfang der Nebentätigkeit:

Darüber hinaus hat die ... im Bescheid vom 13.01.2005 ausgeführt, dass der Beklagte die durchgeführten Drogenscreenings nicht länger im Rahmen seiner Nebentätigkeit - also der genehmigten Privatpraxis - durchführen dürfe, da diese zu seinen landgerichtsärztlichen Dienstaufgaben gehörten.

Auch das Handeln der Regierung von Oberbayern ist dem Kläger zuzurechnen.

Weist die Regierung von Oberbayern - zugleich zuständig für die Aufsicht über Ärzte auch unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr - den Beklagten aber darauf hin, er dürfe die Drogenscreenings nur - aber immerhin dort - in seiner landgerichtsärztlichen Tätigkeit vornehmen, so kann sich der Kläger nun nicht darauf berufen, der Beklagte sei nicht ausreichend befähigt gewesen, sollte er doch tatsächlich als Landgerichtsarzt - also nicht nur auf eigene Verantwortung - nun wieder diese Aufgaben übernehmen.

Dies muss umso mehr gelten, als das Schreiben des für den Kläger zuständigen Ministeriums wiederum ausführt, dass die Laboruntersuchung selbst nicht zu dieser Tätigkeit gehöre.

Im Übrigen erstaunt, dass - obgleich das Schreiben im Abdruck an den ... gerichtet ist - die privatärztliche Beauftragung des Beklagten auch über 2005 beibehalten wurde.

dd.

„Erledigung“ durch Schreiben des Herrn ...

Schließlich hält die Kammer eine Rückforderung auch in Anbetracht der Ausführungen des ... des ... im Schreiben vom 06.08.2012 für treuwidrig. Nachdem der ... dessen Handeln die Kammer ebenfalls der Sphäre des Klägers zurechnete, ausgeführt hatte, dass sein Rückforderungsschreiben in Anbetracht der Verjährungseinrede „erledigt“ sei, musste der Beklagte nicht mit einer erneuten Geltendmachung ebendieser Forderungen rechnen. Dass der Kläger nun die Auffassung des ... im Nachhinein als „rechtsirrig“ (Seite 6 des Schriftsatzes vom 23.12.2014) bezeichnen lässt, vermag daran nichts zu ändern. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der ... seine Rückforderung seinerzeit auf das JVEG stützte. Der Beklagte als Nichtjurist konnte sich auf die ausdrückliche Ansage einer „Erledigung“ verlassen. Weiterhin enthält das JVEG keinen eigenen Rückforderungstatbestand, so dass alle Beteiligten von Anfang an von einer Rückforderung aus § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Var. BGB i. V. m. den Regeln des JVEG auszugehen hatten. Die Auffassung des Klägers, man könne zwischen der Kondiktion einerseits und einem Rückforderungsanspruch nach dem JVEG unterscheiden, teilt die Kammer also nicht.

ee.

Mangelnde Schutzbedürftigkeit des Klägers:

Schließlich ist es jedenfalls treuwidrig, das gezahlte Honorar zurückzufordern, weil der Kläger - anders als ein Patient - von Anfang an um die fehlende Fachkunde des Beklagten wusste und sich gleichwohl - wegen des Vertrauens auf seine zuverlässige Aufgabenerfüllung - zu seiner Beauftragung entschloss.

ff.

Zur Zurechnung des Handelns zum Beklagten:

Die Kammer hat ausgeführt, dass Sie das Wissen der jeweils Handelnden dem Kläger als Geschäftsherrn zurechnet. Die Zurechnung erfolgt gem. § 166 BGB bzw. nach dessen Rechtsgedanken. § 166 BGB betrifft das Verhältnis zwischen Vertragspartnern im Rahmen von rechtsgeschäftlichen Erklärungen und beruht auf dem Gedanken, dass ein Adressat darauf vertrauen darf, dass der Vertreter die ihm mitgeteilten Kenntnisse dem Geschäftsherrn mitteilt (zuletzt Brandenburgisches OLG, Urt. v. 23.12.2013, 2 U 17/12, Abs. 72 m. w. N.).

... sowie der ... traten jeweils als Vertreter des Klägers in Erscheinung. Dies gilt für den ... schon deshalb, weil er für den Kläger eine konkrete Regelung vorschlug und vereinbarte. ... wiederum erscheint in seinem Schreiben als übergeordnete Dienststelle, wenngleich die Kammer die Bedenken des Beklagtenvertreters bezüglich der Rechtsnatur des Schreibens (Bescheid? Privatrechtliche Zahlungsaufforderung?) teilt.

Die Kammer hat nicht übersehen, dass sich der Kläger freilich nicht das Wissen jeder - insbesondere einer der handelnden Behörde nicht untergeordneten - Behörde zurechnen lassen muss (vgl. dazu etwa zuletzt Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urt. v. 07.08.2008, 5 U 63/07, Abs. 28).

Hier liegt der Fall jedoch anders: Der Kläger setzte die relevanten Rechtsscheintatbestände jeweils durch die den Beklagten später auch beauftragenden Personen.

Ganz gleich also, in welchem Umfang aus Sicht des Klägers die eine Hand von der anderen wusste, stellte sich für den Beklagten ein scheinbar eindeutiges Bild dar.

d.

Vorsorglich: Anspruch verjährt

Ein etwaiger Kondiktionsanspruch ist jedenfalls verjährt.

aa.

Verjährung eingewandt:

Der Beklagte hat die Verjährung eingewandt.

bb.

Eintritt der Verjährung:

Die Verjährung tritt nach § 2 Abs. 4 Satz 1 JVEG in drei Jahren ab Ablauf des Kalenderjahres in dem die Zahlung erfolgte.

Die hier streitgegenständlichen Zahlungen sind damit mit Ablauf des Jahres 2007 (Zahlungen in 2004) verjährt.

2.

Zum zweiten Zeitabschnitt (Laborleistung durch das eingeschaltete Labor, ab November 2004):

Auch insoweit steht dem Kläger kein durchsetzbarer Anspruch zu.

a.

Zur Entstehung des Anspruchs:

aa.

Etwas erlangt?

Der Beklagte hat den nun im Streit stehenden Betrag als Forderung gegen seine Bank erlangt.

bb.

durch Leistung?

Der Beklagte hat die Forderungen auch durch eine Leistung des Klägers erlangt. Der Beklagte liquidierte - ob zulässig oder nicht - die Laborleistungen gegenüber dem Kläger.

cc.

ohne Rechtsgrund?

Hier nimmt die Kammer zunächst auf das oben ausgeführte Bezug. Auch insoweit ist von dem Vorliegen von Gutachtensaufträgen auszugehen.

Der Umstand einer Delegation einzelner Aufgaben führt nicht zum Wegfall des Vergütungsanspruchs. Vielmehr ist dies ausdrücklich vorgesehen: So ist es gerichtlich bestellten Sachverständigen grundsätzlich gestattet, einfache technische Leistungen - hier Laboruntersuchungen - auf Dritte zu delegieren (siehe etwa Greger, in: Zöller, ZPO, 31. Auflage, 2016, § 407 a, Rz. 2 a; ebenso OLG Nürnberg, B. v. 16.05.2006, 5 W 781/06, Abs. 22).

Der Mangel eines Rechtsgrundes besteht auch nicht darin, dass der Beklagte diese direkt abgerechnet hat und nicht etwa seine Bemühungen mit einem Stundensatz nach §§ 8, 9 JVEG in Rechnung gestellt hat und dieser Rechnung eine gesonderte Rechnung des Labors beigefügt hat.

Hiergegen spricht bereits, dass die Parteien sich auf die Gutachtenserstellung gegen die Abrechnung der durchzuführenden Laboruntersuchungen nach der GoÄ verständigt haben. War es dem Beklagten als Sachverständigen indes gestattet, die Untersuchungen eigenverantwortlich durch das Leasen von Geräten und die Einstellung von Mitarbeitern zu organisieren und so im Idealfall einen Gewinn bei der Eigendurchführung der Untersuchungen zu erzielen, so war ihm freie Hand gelassen, die Untersuchungen auch in anderer Weise sicherzustellen, solange er nur die vereinbarte Abrechnung nach der GoÄ weiterhin vornahm und den Honorarrahmen nicht überschritt.

Der Abrechnung durch den Beklagten steht auch nicht § 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ entgegen: Die Kammer geht, wie oben dargelegt, davon aus, dass sich die Parteien auf eine Abrechnung der Leistungen nach der GoÄ verständigt haben (siehe dazu das Schreiben des Beklagten an den Kläger vom 18.03.1997, die am 16.04.1997 eingegangene Musterrechnung sowie die dem Beklagten zur Kenntnis übersandte Mitteilung de... an den ... vom 14.05.1997 („Selbstverständlich muss dann aber auch sein, dass Herr ... auch „privatärztlich“ abrechnet, und zwar gegenüber dem Gericht als der Auftrag gebenden Stelle“)). Da der Kläger einen Facharzt für Psychiatrie mit durch Durchführung von Laboruntersuchungen beauftragt hatte, nahm er daher in Kauf, dass die Leistungen entweder fachfremd (dazu oben) oder aber delegiert (so für die hier zu diskutierende Zeit) erbracht werden würden. Mithin liegt es fern anzunehmen, dass sich die Parteien überhaupt auf eine persönliche, fachärztlich treffende Leistungserbringung verständigt haben. Darüber hinaus wäre, sähe man - wie nicht - keine Vereinbarung in dieser Weise getroffen, die Abrechnung entweder nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 JVEG i. V. m. der GoÄ (bei Erbringung durch das Fremdlabor) oder aber nach § 10 Abs. 1 JVEG i. V. m. Anlage 2 zum JVEG (bei Erbringung durch eigen Leistung) vorzunehmen gewesen. In keinem Fall wäre weniger als die taxmäßige Vergütung, hier im Fall der Fremdleistung als nach Maßgabe der GoÄ, anzusetzen gewesen. § 12 JVEG stellt nämlich nicht auf die Rohkosten, sondern auf die taxmäßige Vergütung mechanisch/technisch zu erbringender Leistungen ab (siehe etwa auch die im JVEG niedergelegten Entschädigungen für Kopierkosten, Schreibdienste etc.).

Darüber hinaus sprechen auch die teleologischen Erwägungen gegen die Anwendung von § 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ auf den vorliegenden Fall. Das Verbot, Kopplungsgeschäfte durchzuführen, soll der Vornahme nicht indizierter Untersuchungen allein zur Ausweitung der Einnahmen entgegenwirken (BGH, B. v. 25.01.2012, 1 StR 45/11, Abs. 48 m. w. N.). Indes war dies dem Beklagten hier ohnehin nicht möglich. Der Untersuchungsumfang war nämlich durch den gerichtlichen Auftrag vorgegeben.

b.

Zur Durchsetzbarkeit: Treuwidrigkeit nach § 242 BGB

Selbst wenn man Letzterem nicht folgte, so bliebe es doch dabei, dass der Kläger von dem Beklagten die Rückzahlung der in Rechnung gestellten Beträge nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht verlangen kann.

War der Kläger nämlich - wie oben ausgeführt - mit einer Abrechnung der Laborleistungen bei Erbringung durch den Beklagten als Facharzt für Psychiatrie ausdrücklich einverstanden und billigte er auch die dann tatsächlich erfolgte Abrechnung nach den Grundsätzen der GoÄ, so gilt nichts anderes, wenn der Kläger eine qualitative Besserstellung durch die Delegation der Aufgaben auf den zuständigen Facharzt vornimmt.

Ist es also treuwidrig, dass der Kläger die Rückforderung mit der sehenden Auges in Kauf genommenen fehlenden fachärztlichen Qualifikation begründet, so gilt dies erst recht, soweit der Beklagte den Kläger letztlich qualitativ nur bessergestellt hat.

Auch insoweit muss sich der Kläger anders behandeln lassen als ein dem Arzt ganz anders „ausgesetzter“ Patient. Der Kläger ist nicht nur Auftraggeber, sondern zugleich die Anstellungskörperschaft des Beklagten. Er hatte - gegenüber einem Patienten - ein weit überlegenes, jedenfalls aber ebenso großes Wissen über die Möglichkeiten und Grenzen des Beklagten.

Darüber hinaus ist auch insoweit zu berücksichtigen, dass der Kläger ausdrücklich von einem vereinbarten Honorarrahmen ausging. Dass es sich hierbei um eine bewusst durch gegenseitiges Fordern und Nachgeben erzielte Einigung handelt, wird schon dadurch deutlich, dass der Beklagte nie ein Stundenhonorar für die selbst aufgewendete Zeit angesetzt hat.

c.

Kein Anspruch wegen Saldotheorie:

Auch insoweit gilt - im Anschluss an das oben gesagte - indes, dass der Anspruch - selbst wenn man den Vertrag als Behandlungsvertrag und damit als nichtigen Vertrag einordnete - jedenfalls an der Saldotheorie scheitern würde.

Von dieser ist auch nicht ausnahmsweise abzuweichen: Eine Ausnahme ist nämlich nur dann zu machen, wenn Billigkeitsgesichtspunkte gegen eine solche Abwicklung sprechen. Dies soll etwa der Fall sein, wenn einer der beiden Vertragspartner arglistig getäuscht wurde. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Zwar mag der Kläger über die Erbringung der Leistungen durch ein Labor nicht informiert gewesen sein. Auch mag dies im Einzelfall eine strafbare Handlung darstellen können (vgl. BGH, B. v. 25.01.2012, 1 StR 45/11). Dies kann jedoch vorliegend nicht gelten: Der Kläger war damit einverstanden, dass der Beklagte als Nichtlaborarzt die Leistungen erbrachte. Schaltet dieser nun einen Laborarzt ein und legt dies nur bei der Abrechnung nicht offen, so ist diese Konstellation mit der vorgenannten, seinerzeit dem Bundesgerichtshof vorliegenden Situation nicht vergleichbar. Vielmehr hat der Kläger aus seiner Sicht hier die überfällige Verbesserung des Untersuchungsstandards erfahren. Der Wert der Gegenleistung ist nach der üblichen Taxe zu bestimmen, damit nach GoÄ. Jedenfalls kann sich - in Anbetracht der angesetzten niedrigen Faktoren - kein niedrigerer Wert ergeben.

d.

Vorsorglich: Anspruch verjährt:

Jedenfalls ist der Anspruch auch insoweit verjährt.

aa.

Verjährung eingewandt:

Der Beklagte hat die Verjährung eingewandt.

bb.

Verjährung eingetreten:

Die hier streitgegenständlichen Zahlungen sind damit mit Ablauf des Jahres 2007 (Zahlungen in 2004), 2008 (Zahlungen in 2005) und 2009 (Zahlungen in 2006) verjährt, § 2 Abs. 4 Satz 1 JVEG.

II.

Auch ein deliktischer Anspruch nach den §§ 823 Abs. 2 BGB i. V. m. 263 StGB kommt nicht in Betracht.

1.

Zum ersten Zeitabschnitt (Laborleistung durch den Beklagten persönlich):

Es fehlt insoweit bereits an einer Täuschung.

a.

Rechtliche Grundlagen:

Der Bundesgerichtshof hat insoweit in der grundlegenden Entscheidung u. a. ausgeführt (BGH, B. v. 25.01.2012, 1 StR 45/11, Abs. 44):

„Auch soweit der Angeklagte - wie in den Fällen der Speziallaborleistungen sowie der Abrechnung von Osteopathie- und Akupunkturleistungen - nicht selbst erbrachte ärztliche Leistungen als eigene hat abrechnen lassen, behauptete er nicht lediglich, zu deren Abrechnung berechtigt zu sein, sondern auch (zumindest konkludent, was vom möglichen Wortsinn des § 263 Abs. 1 StGB umfasst ist, vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2011 - 2 BvR 2500/09, 2 BvR 1857/10 Rn. 168), dass die Voraussetzungen der der Abrechnung zugrundeliegenden Rechtsvorschriften eingehalten worden seien. Dies entspricht gefestigter Rechtsprechung zum Abrechnungsbetrug bei Vertragsärzten (vgl. BGH, Urteil vom 1. September 1993 - 2 StR 258/93; BGH, Urteil vom 10. März 1993 - 3 StR 461/92; BGH, Urteil vom 21. Mai 1992 - 4 StR 577/91; BGH, Urteil vom 15. Oktober 1991 - 4 StR 420/91), für privatliquidierende Ärzte gilt nichts anderes. Wer eine Leistung einfordert, bringt damit zugleich das Bestehen des zugrunde liegenden Anspruchs (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 11. Juli 1996 - 3 Ws 164/96, NStZ 1997, 130 m. w. N.), hier also die Abrechnungsfähigkeit der in Rechnung gestellten ärztlichen Leistung zum Ausdruck (vgl. auch Schuhr in Spickhoff, Medizinrecht, § 263 StGB Rn. 16; Schubert, ZRP 2001, 154, 155; Dannecker in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, § 263 StGB Rn. 182 ff.). Zutreffend wird in dem von der Revision vorgelegten Rechtsgutachten darauf hingewiesen, dass der wertende Rückgriff auf die in der Abrechnung in Bezug genommene GoÄ die für den Rechnungsempfänger maßgebende Verkehrsauffassung vom Inhalt der mit der Rechnung abgegebenen Erklärung prägt (schon Tiedemann in LK-StGB, 11. Aufl., § 263 Rn. 30 m. w. N.).“

b.

Auf den hiesigen Fall bezogen heißt dies:

Der Beklagte nahm die Laboruntersuchungen als Facharzt für Psychiatrie vor. Über diese facharztfremde Erbringung der Leistung täuschte er den Kläger indes nicht. Der Kläger, insbesondere die den beauftragenden Beschluss sowie die Rechnungsanweisung zeichnenden Richter, wussten, dass der Beklagte kein Facharzt für Labormedizin war und ist. Sie hatten diesen gerade als Facharzt für Psychiatrie beauftragt. Auch war dies den gestellten Rechnungen, die Grundlage der Zahlungsanweisung waren, da auf sie der Anweisungsstempel gesetzt wird, stets zu entnehmen.

2.

Zum zweiten Zeitabschnitt (Laborleistung durch den Beklagten persönlich):

a.

Täuschung:

Die Kammer sieht bereits keine Täuschung.

Der Beklagte hat auf seinen Rechnungen weder notiert, dass er die Laboruntersuchungen selbst erbringen würde, noch durfte der Kläger damit rechnen. Dass ein Facharzt für Psychiatrie dauerhaft persönlich Laborleistungen erbringt, ist nicht zu erwarten. Selbst wenn man eine Täuschung darin sehen würde, dass der Beklagte die Leistungen zunächst persönlich erbrachte, war es doch nicht vereinbart, dass dies dauerhaft so bleiben müsse. Für eine solche Auslegung des Schriftverkehrs streiten die Ausführungen im Wortlaut, mit denen der Beklagte eine Durchführung in seiner Privatpraxis angekündigt, nur vorderhand. Tatsächlich bleibt hierbei offen, ob sich diese Ankündigung allein auf die Organisation, Blutabnahme etc. bezieht, oder auch auf die Durchführung der technischen Untersuchung als solcher, die - wie unstreitig - durch Laborgeräte erfolgt.

b.

Absicht der rechtswidrigen Bereicherung:

Die Kammer sieht die Absicht der rechtswidrigen Bereicherung als nicht nachgewiesen an.

Vorderhand mag die Kenntnis um die durchgeführte Praxis für eine solche Absicht sprechen.

Indes übersähe man dabei, dass der Beklagte nach unstreitigem Vortrag für keinen Gutachtensauftrag ein eigenes Stundenhonorar nach dem JVEG abgerechnet hat, obwohl ihm ein solches nach dem JVEG als Stundenhonorar zugestanden hätte. Hat der Beklagte aber eine naheliegend mögliche Form der Abrechnung nicht vorgenommen, so kann die Kammer nicht zum Nachweis der rechtswidrigen Bereicherung gelangen.

Weiterhin spricht gegen eine Bereicherungsabsicht, dass es gerichtlich bestellten Sachverständigen grundsätzlich gestattet ist, einfache technische Leistungen - hier Laboruntersuchungen - auf Dritte zu delegieren (siehe etwa Greger, in: Zöller, ZPO, 31. Auflage, 2016, § 407 a, Rz. 2 a; ebenso OLG Nürnberg, B. v. 16.05.2006, 5 W 781/06, Abs. 22). Der Kläger hat nicht nachgewiesen, dass der Beklagte hier verpflichtet gewesen wäre, diese Leistungen nur persönlich zu erbringen, jedenfalls aber nur die „Rohkosten“ abzurechnen. Schließlich stand es dem Beklagten auch frei, als er selber die Untersuchungen durchführte, durch geschickte Auslastung des Instrumentariums Gewinne zu erwirtschaften. Entsprechend kann die Kammer hier keine Absicht der rechtswidrigen Bereicherung erkennen.

Darüber hinaus wussten die Parteien auch, dass der Kläger so oder so für die taxmäßige Vergütung hätte aufkommen müssen. Auch ein Dritter hätte nämlich nicht anders - möglicherweise eher mit höheren Faktoren - abgerechnet. Soweit insoweit im Strafrecht auf den normativen Schaden abzustellen ist, kann dieser hier nicht genügen. Anderenfalls hätte der Kläger hier zwar von dem Ergebnis der Untersuchung profitiert, zugleich jedoch dafür gar keine Aufwendungen getätigt.

Die Kammer meint weiterhin, wie bereits oben dargelegt, dass die Restriktionen des § 4 Abs. 2 GoÄ auf den Beklagten keine Anwendung finden können. Wie ausgeführt, soll das Verbot Kopplungsgeschäfte durchzuführen der Vornahme nicht indizierter Untersuchungen allein zur Ausweitung der Einnahmen entgegenwirken (BGH, B. v. 25.01.2012, 1 StR 45/11, Abs. 48 m. w. N.). Indes war dies dem Beklagten hier nicht möglich. Der Beklagte war wie jeder andere Sachverständige beauftragt. Der Umfang der Untersuchung hing nicht von seiner Indikationsstellung ab. Rechnet ein Klinikum eine Röntgenleistung innerhalb eines Gutachtensauftrags ab, kann sie dies auch ungeachtet möglicherweise damit erzielter Gewinne zu den Sätzen der GoÄ tun. Entsprechend konnte sich auf solche Umstände kein Vorsatz beziehen.

Beweis für die innere Motivlage des Beklagten hat der Kläger nicht angetreten.

B.

Die Kostenentscheidung und die Vollstreckbarkeitsentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht München I Endurteil, 17. Feb. 2016 - 9 O 20894/14

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Landgericht München I Endurteil, 17. Feb. 2016 - 9 O 20894/14 zitiert 25 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Strafgesetzbuch - StGB | § 263 Betrug


(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 818 Umfang des Bereicherungsanspruchs


(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 166 Willensmängel; Wissenszurechnung


(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht. (2) H

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 612 Vergütung


(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. (2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 852 Herausgabeanspruch nach Eintritt der Verjährung


Hat der Ersatzpflichtige durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt, so ist er auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vor

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 632 Vergütung


(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Herstellung des Werkes den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. (2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige V

Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz - JVEG | § 9 Honorare für Sachverständige und für Dolmetscher


(1) Das Honorar des Sachverständigen bemisst sich nach der Anlage 1. Die Zuordnung der Leistung zu einem Sachgebiet bestimmt sich nach der Entscheidung über die Heranziehung des Sachverständigen. (2) Ist die Leistung auf einem Sachgebiet zu erbri

Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz - JVEG | § 8 Grundsatz der Vergütung


(1) Sachverständige, Dolmetscher und Übersetzer erhalten als Vergütung 1. ein Honorar für ihre Leistungen (§§ 9 bis 11),2. Fahrtkostenersatz (§ 5),3. Entschädigung für Aufwand (§ 6) sowie4. Ersatz für sonstige und für besondere Aufwendungen (§§ 7 und

Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz - JVEG | § 12 Ersatz für besondere Aufwendungen


(1) Soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, sind mit der Vergütung nach den §§ 9 bis 11 auch die üblichen Gemeinkosten sowie der mit der Erstattung des Gutachtens oder der Übersetzung üblicherweise verbundene Aufwand abgegolten. Es werde

Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz - JVEG | § 2 Geltendmachung und Erlöschen des Anspruchs, Verjährung


(1) Der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung erlischt, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat, geltend gemacht wird; hierüber und über den Beginn der Frist ist der Berechtigte zu b

Gebührenordnung für Ärzte - GOÄ 1982 | § 4 Gebühren


(1) Gebühren sind Vergütungen für die im Gebührenverzeichnis (Anlage) genannten ärztlichen Leistungen. (2) Der Arzt kann Gebühren nur für selbständige ärztliche Leistungen berechnen, die er selbst erbracht hat oder die unter seiner Aufsicht nach

Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz - JVEG | § 13 Besondere Vergütung


(1) Haben sich die Parteien oder Beteiligten dem Gericht gegenüber mit einer bestimmten oder einer von der gesetzlichen Regelung abweichenden Vergütung einverstanden erklärt, wird der Sachverständige, Dolmetscher oder Übersetzer unter Gewährung diese

Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz - JVEG | § 10 Honorar für besondere Leistungen


(1) Soweit ein Sachverständiger oder ein sachverständiger Zeuge Leistungen erbringt, die in der Anlage 2 bezeichnet sind, bemisst sich das Honorar oder die Entschädigung nach dieser Anlage. § 9 Absatz 6 gilt mit der Maßgabe, dass sich das Honorar des

Gebührenordnung für Ärzte - GOÄ 1982 | § 1 Anwendungsbereich


(1) Die Vergütungen für die beruflichen Leistungen der Ärzte bestimmen sich nach dieser Verordnung, soweit nicht durch Bundesgesetz etwas anderes bestimmt ist. (2) Vergütungen darf der Arzt nur für Leistungen berechnen, die nach den Regeln der ärztl

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Landgericht München I Endurteil, 17. Feb. 2016 - 9 O 20894/14 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Landgericht München I Endurteil, 17. Feb. 2016 - 9 O 20894/14 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Jan. 2012 - 1 StR 45/11

bei uns veröffentlicht am 25.01.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 45/11 vom 25. Januar 2012 BGHSt: ja BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja ______________________ StGB § 263 Abs. 1 und 3 Zum Abrechnungsbetrug eines privatliquidierenden Arztes für nicht persönlic

Oberlandesgericht Köln Beschluss, 24. Feb. 2015 - 5 U 156/14

bei uns veröffentlicht am 24.02.2015

Tenor Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung des Beklagten gegen das am 27. August 2014 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des  Landgerichts Bonn – 9 O 233/11 – gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuwe

Referenzen

(1) Der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung erlischt, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat, geltend gemacht wird; hierüber und über den Beginn der Frist ist der Berechtigte zu belehren. Die Frist beginnt

1.
im Fall der schriftlichen Begutachtung oder der Anfertigung einer Übersetzung mit Eingang des Gutachtens oder der Übersetzung bei der Stelle, die den Berechtigten beauftragt hat,
2.
im Fall der Vernehmung als Sachverständiger oder Zeuge oder der Zuziehung als Dolmetscher mit Beendigung der Vernehmung oder Zuziehung,
3.
bei vorzeitiger Beendigung der Heranziehung oder des Auftrags in den Fällen der Nummern 1 und 2 mit der Bekanntgabe der Erledigung an den Berechtigten,
4.
in den Fällen des § 23 mit Beendigung der Maßnahme und
5.
im Fall der Dienstleistung als ehrenamtlicher Richter oder Mitglied eines Ausschusses im Sinne des § 1 Abs. 4 mit Beendigung der Amtsperiode, jedoch nicht vor dem Ende der Amtstätigkeit.
Wird der Berechtigte in den Fällen des Satzes 2 Nummer 1 und 2 in demselben Verfahren, im gerichtlichen Verfahren in demselben Rechtszug, mehrfach herangezogen, ist für den Beginn aller Fristen die letzte Heranziehung maßgebend. Die Frist kann auf begründeten Antrag von der in Satz 1 genannten Stelle verlängert werden; lehnt sie eine Verlängerung ab, hat sie den Antrag unverzüglich dem nach § 4 Abs. 1 für die Festsetzung der Vergütung oder Entschädigung zuständigen Gericht vorzulegen, das durch unanfechtbaren Beschluss entscheidet. Weist das Gericht den Antrag zurück, erlischt der Anspruch, wenn die Frist nach Satz 1 abgelaufen und der Anspruch nicht binnen zwei Wochen ab Bekanntgabe der Entscheidung bei der in Satz 1 genannten Stelle geltend gemacht worden ist. Wurde dem Berechtigten ein Vorschuss nach § 3 bewilligt, so erlischt der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung nur insoweit, als er über den bewilligten Vorschuss hinausgeht.

(2) War der Berechtigte ohne sein Verschulden an der Einhaltung einer Frist nach Absatz 1 gehindert, gewährt ihm das Gericht auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn er innerhalb von zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses den Anspruch beziffert und die Tatsachen glaubhaft macht, welche die Wiedereinsetzung begründen. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Belehrung nach Absatz 1 Satz 1 unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 4 Abs. 4 Satz 1 bis 3 und Abs. 6 bis 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung verjährt in drei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der nach Absatz 1 Satz 2 maßgebliche Zeitpunkt eingetreten ist. Auf die Verjährung sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden. Durch den Antrag auf gerichtliche Festsetzung (§ 4) wird die Verjährung wie durch Klageerhebung gehemmt. Die Verjährung wird nicht von Amts wegen berücksichtigt.

(4) Der Anspruch auf Erstattung zu viel gezahlter Vergütung oder Entschädigung verjährt in drei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Zahlung erfolgt ist. § 5 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes gilt entsprechend.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

Hat der Ersatzpflichtige durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt, so ist er auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet. Dieser Anspruch verjährt in zehn Jahren von seiner Entstehung an, ohne Rücksicht auf die Entstehung in 30 Jahren von der Begehung der Verletzungshandlung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.

(3) (weggefallen)

(1) Die Vergütungen für die beruflichen Leistungen der Ärzte bestimmen sich nach dieser Verordnung, soweit nicht durch Bundesgesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Vergütungen darf der Arzt nur für Leistungen berechnen, die nach den Regeln der ärztlichen Kunst für eine medizinisch notwendige ärztliche Versorgung erforderlich sind. Leistungen, die über das Maß einer medizinisch notwendigen ärztlichen Versorgung hinausgehen, darf er nur berechnen, wenn sie auf Verlangen des Zahlungspflichtigen erbracht worden sind.

(1) Haben sich die Parteien oder Beteiligten dem Gericht gegenüber mit einer bestimmten oder einer von der gesetzlichen Regelung abweichenden Vergütung einverstanden erklärt, wird der Sachverständige, Dolmetscher oder Übersetzer unter Gewährung dieser Vergütung erst herangezogen, wenn ein ausreichender Betrag für die gesamte Vergütung an die Staatskasse gezahlt ist. Hat in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten die Verfolgungsbehörde eine entsprechende Erklärung abgegeben, bedarf es auch dann keiner Vorschusszahlung, wenn die Verfolgungsbehörde nicht von der Zahlung der Kosten befreit ist. In einem Verfahren, in dem Gerichtskosten in keinem Fall erhoben werden, genügt es, wenn ein die Mehrkosten deckender Betrag gezahlt worden ist, für den die Parteien oder Beteiligten nach Absatz 6 haften.

(2) Die Erklärung nur einer Partei oder eines Beteiligten oder die Erklärung der Strafverfolgungsbehörde oder der Verfolgungsbehörde genügt, soweit sie sich auf den Stundensatz nach § 9 oder bei schriftlichen Übersetzungen auf ein Honorar für jeweils angefangene 55 Anschläge nach § 11 bezieht und das Gericht zustimmt. Die Zustimmung soll nur erteilt werden, wenn das Doppelte des nach § 9 oder § 11 zulässigen Honorars nicht überschritten wird. Vor der Zustimmung hat das Gericht die andere Partei oder die anderen Beteiligten zu hören. Die Zustimmung und die Ablehnung der Zustimmung sind unanfechtbar.

(3) Derjenige, dem Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden ist, kann eine Erklärung nach Absatz 1 nur abgeben, die sich auf den Stundensatz nach § 9 oder bei schriftlichen Übersetzungen auf ein Honorar für jeweils angefangene 55 Anschläge nach § 11 bezieht. Wäre er ohne Rücksicht auf die Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe zur vorschussweisen Zahlung der Vergütung verpflichtet, hat er einen ausreichenden Betrag für das gegenüber der gesetzlichen Regelung oder der vereinbarten Vergütung (§ 14) zu erwartende zusätzliche Honorar an die Staatskasse zu zahlen; § 122 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a der Zivilprozessordnung ist insoweit nicht anzuwenden. Der Betrag wird durch unanfechtbaren Beschluss festgesetzt. Zugleich bestimmt das Gericht, welchem Stundensatz die Leistung des Sachverständigen ohne Berücksichtigung der Erklärungen der Parteien oder Beteiligten zuzuordnen oder mit welchem Betrag für 55 Anschläge in diesem Fall eine Übersetzung zu honorieren wäre.

(4) Ist eine Vereinbarung nach den Absätzen 1 und 3 zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig und ist derjenige, dem Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden ist, zur Zahlung des nach Absatz 3 Satz 2 erforderlichen Betrags außerstande, bedarf es der Zahlung nicht, wenn das Gericht seiner Erklärung zustimmt. Die Zustimmung soll nur erteilt werden, wenn das Doppelte des nach § 9 oder § 11 zulässigen Honorars nicht überschritten wird. Die Zustimmung und die Ablehnung der Zustimmung sind unanfechtbar.

(5) Im Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz ist die Vergütung unabhängig davon zu gewähren, ob ein ausreichender Betrag an die Staatskasse gezahlt ist. Im Fall des Absatzes 2 genügt die Erklärung eines Beteiligten des Musterverfahrens. Die Absätze 3 und 4 sind nicht anzuwenden. Die Anhörung der übrigen Beteiligten des Musterverfahrens kann dadurch ersetzt werden, dass die Vergütungshöhe, für die die Zustimmung des Gerichts erteilt werden soll, öffentlich bekannt gemacht wird. Die öffentliche Bekanntmachung wird durch Eintragung in das Klageregister nach § 4 des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes bewirkt. Zwischen der öffentlichen Bekanntmachung und der Entscheidung über die Zustimmung müssen mindestens vier Wochen liegen.

(6) Schuldet nach den kostenrechtlichen Vorschriften keine Partei oder kein Beteiligter die Vergütung, haften die Parteien oder Beteiligten, die eine Erklärung nach Absatz 1 oder Absatz 3 abgegeben haben, für die hierdurch entstandenen Mehrkosten als Gesamtschuldner, im Innenverhältnis nach Kopfteilen. Für die Strafverfolgungs- oder Verfolgungsbehörde haftet diejenige Körperschaft, der die Behörde angehört, wenn die Körperschaft nicht von der Zahlung der Kosten befreit ist. Der auf eine Partei oder einen Beteiligten entfallende Anteil bleibt unberücksichtigt, wenn das Gericht der Erklärung nach Absatz 4 zugestimmt hat. Der Sachverständige, Dolmetscher oder Übersetzer hat eine Berechnung der gesetzlichen Vergütung einzureichen.

(7) (weggefallen)

(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Herstellung des Werkes den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.

(3) Ein Kostenanschlag ist im Zweifel nicht zu vergüten.

(1) Soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, sind mit der Vergütung nach den §§ 9 bis 11 auch die üblichen Gemeinkosten sowie der mit der Erstattung des Gutachtens oder der Übersetzung üblicherweise verbundene Aufwand abgegolten. Es werden jedoch gesondert ersetzt

1.
die für die Vorbereitung und Erstattung des Gutachtens oder der Übersetzung aufgewendeten notwendigen besonderen Kosten, einschließlich der insoweit notwendigen Aufwendungen für Hilfskräfte, sowie die für eine Untersuchung verbrauchten Stoffe und Werkzeuge;
2.
für jedes zur Vorbereitung und Erstattung des Gutachtens erforderliche Foto 2 Euro und, wenn die Fotos nicht Teil des schriftlichen Gutachtens sind (§ 7 Absatz 2), 0,50 Euro für den zweiten und jeden weiteren Abzug oder Ausdruck eines Fotos;
3.
für die Erstellung des schriftlichen Gutachtens je angefangene 1 000 Anschläge 0,90 Euro, in Angelegenheiten, in denen der Sachverständige ein Honorar nach der Anlage 1 Teil 2 oder der Anlage 2 erhält, 1,50 Euro; ist die Zahl der Anschläge nicht bekannt, ist diese zu schätzen;
4.
die auf die Vergütung entfallende Umsatzsteuer, sofern diese nicht nach § 19 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes unerhoben bleibt;
5.
die Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen; Sachverständige und Übersetzer können anstelle der tatsächlichen Aufwendungen eine Pauschale in Höhe von 20 Prozent des Honorars fordern, höchstens jedoch 15 Euro.

(2) Ein auf die Hilfskräfte (Absatz 1 Satz 2 Nr. 1) entfallender Teil der Gemeinkosten wird durch einen Zuschlag von 15 Prozent auf den Betrag abgegolten, der als notwendige Aufwendung für die Hilfskräfte zu ersetzen ist, es sei denn, die Hinzuziehung der Hilfskräfte hat keine oder nur unwesentlich erhöhte Gemeinkosten veranlasst.

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

Tenor

Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung des Beklagten gegen das am 27. August 2014 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des  Landgerichts Bonn – 9 O 233/11 – gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.

Der Beklagte erhält Gelegenheit, zu dem Hinweis innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.

Der Antrag des Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird zurückgewiesen.


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Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht.

(2) Hat im Falle einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht) der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt, so kann sich dieser in Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die Unkenntnis des Vertreters berufen. Dasselbe gilt von Umständen, die der Vollmachtgeber kennen musste, sofern das Kennenmüssen der Kenntnis gleichsteht.

(1) Der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung erlischt, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat, geltend gemacht wird; hierüber und über den Beginn der Frist ist der Berechtigte zu belehren. Die Frist beginnt

1.
im Fall der schriftlichen Begutachtung oder der Anfertigung einer Übersetzung mit Eingang des Gutachtens oder der Übersetzung bei der Stelle, die den Berechtigten beauftragt hat,
2.
im Fall der Vernehmung als Sachverständiger oder Zeuge oder der Zuziehung als Dolmetscher mit Beendigung der Vernehmung oder Zuziehung,
3.
bei vorzeitiger Beendigung der Heranziehung oder des Auftrags in den Fällen der Nummern 1 und 2 mit der Bekanntgabe der Erledigung an den Berechtigten,
4.
in den Fällen des § 23 mit Beendigung der Maßnahme und
5.
im Fall der Dienstleistung als ehrenamtlicher Richter oder Mitglied eines Ausschusses im Sinne des § 1 Abs. 4 mit Beendigung der Amtsperiode, jedoch nicht vor dem Ende der Amtstätigkeit.
Wird der Berechtigte in den Fällen des Satzes 2 Nummer 1 und 2 in demselben Verfahren, im gerichtlichen Verfahren in demselben Rechtszug, mehrfach herangezogen, ist für den Beginn aller Fristen die letzte Heranziehung maßgebend. Die Frist kann auf begründeten Antrag von der in Satz 1 genannten Stelle verlängert werden; lehnt sie eine Verlängerung ab, hat sie den Antrag unverzüglich dem nach § 4 Abs. 1 für die Festsetzung der Vergütung oder Entschädigung zuständigen Gericht vorzulegen, das durch unanfechtbaren Beschluss entscheidet. Weist das Gericht den Antrag zurück, erlischt der Anspruch, wenn die Frist nach Satz 1 abgelaufen und der Anspruch nicht binnen zwei Wochen ab Bekanntgabe der Entscheidung bei der in Satz 1 genannten Stelle geltend gemacht worden ist. Wurde dem Berechtigten ein Vorschuss nach § 3 bewilligt, so erlischt der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung nur insoweit, als er über den bewilligten Vorschuss hinausgeht.

(2) War der Berechtigte ohne sein Verschulden an der Einhaltung einer Frist nach Absatz 1 gehindert, gewährt ihm das Gericht auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn er innerhalb von zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses den Anspruch beziffert und die Tatsachen glaubhaft macht, welche die Wiedereinsetzung begründen. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Belehrung nach Absatz 1 Satz 1 unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 4 Abs. 4 Satz 1 bis 3 und Abs. 6 bis 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung verjährt in drei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der nach Absatz 1 Satz 2 maßgebliche Zeitpunkt eingetreten ist. Auf die Verjährung sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden. Durch den Antrag auf gerichtliche Festsetzung (§ 4) wird die Verjährung wie durch Klageerhebung gehemmt. Die Verjährung wird nicht von Amts wegen berücksichtigt.

(4) Der Anspruch auf Erstattung zu viel gezahlter Vergütung oder Entschädigung verjährt in drei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Zahlung erfolgt ist. § 5 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes gilt entsprechend.

(1) Sachverständige, Dolmetscher und Übersetzer erhalten als Vergütung

1.
ein Honorar für ihre Leistungen (§§ 9 bis 11),
2.
Fahrtkostenersatz (§ 5),
3.
Entschädigung für Aufwand (§ 6) sowie
4.
Ersatz für sonstige und für besondere Aufwendungen (§§ 7 und 12).

(2) Soweit das Honorar nach Stundensätzen zu bemessen ist, wird es für jede Stunde der erforderlichen Zeit einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten gewährt. Die letzte bereits begonnene Stunde wird voll gerechnet, wenn sie zu mehr als 30 Minuten für die Erbringung der Leistung erforderlich war; anderenfalls beträgt das Honorar die Hälfte des sich für eine volle Stunde ergebenden Betrags.

(3) Soweit vergütungspflichtige Leistungen oder Aufwendungen auf die gleichzeitige Erledigung mehrerer Angelegenheiten entfallen, ist die Vergütung nach der Anzahl der Angelegenheiten aufzuteilen.

(4) Den Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, kann unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Verhältnisse, insbesondere ihres regelmäßigen Erwerbseinkommens, nach billigem Ermessen eine höhere als die in Absatz 1 bestimmte Vergütung gewährt werden.

(1) Das Honorar des Sachverständigen bemisst sich nach der Anlage 1. Die Zuordnung der Leistung zu einem Sachgebiet bestimmt sich nach der Entscheidung über die Heranziehung des Sachverständigen.

(2) Ist die Leistung auf einem Sachgebiet zu erbringen, das nicht in der Anlage 1 aufgeführt ist, so ist sie unter Berücksichtigung der allgemein für Leistungen dieser Art außergerichtlich und außerbehördlich vereinbarten Stundensätze nach billigem Ermessen mit einem Stundensatz zu vergüten, der den höchsten Stundensatz nach der Anlage 1 jedoch nicht übersteigen darf. Ist die Leistung auf mehreren Sachgebieten zu erbringen oder betrifft ein medizinisches oder psychologisches Gutachten mehrere Gegenstände und sind diesen Sachgebieten oder Gegenständen verschiedene Stundensätze zugeordnet, so bemisst sich das Honorar für die gesamte erforderliche Zeit einheitlich nach dem höchsten dieser Stundensätze. Würde die Bemessung des Honorars nach Satz 2 mit Rücksicht auf den Schwerpunkt der Leistung zu einem unbilligen Ergebnis führen, so ist der Stundensatz nach billigem Ermessen zu bestimmen.

(3) Für die Festsetzung des Stundensatzes nach Absatz 2 gilt § 4 entsprechend mit der Maßgabe, dass die Beschwerde gegen die Festsetzung auch dann zulässig ist, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro nicht übersteigt. Die Beschwerde ist nur zulässig, solange der Anspruch auf Vergütung noch nicht geltend gemacht worden ist.

(4) Das Honorar des Sachverständigen für die Prüfung, ob ein Grund für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vorliegt und welche Aussichten für eine Fortführung des Unternehmens des Schuldners bestehen, beträgt 120 Euro je Stunde. Ist der Sachverständige zugleich der vorläufige Insolvenzverwalter oder der vorläufige Sachwalter, so beträgt sein Honorar 95 Euro je Stunde.

(5) Das Honorar des Dolmetschers beträgt für jede Stunde 85 Euro. Der Dolmetscher erhält im Fall der Aufhebung eines Termins, zu dem er geladen war, eine Ausfallentschädigung, wenn

1.
die Aufhebung nicht durch einen in seiner Person liegenden Grund veranlasst war,
2.
ihm die Aufhebung erst am Terminstag oder an einem der beiden vorhergehenden Tage mitgeteilt worden ist und
3.
er versichert, in welcher Höhe er durch die Terminsaufhebung einen Einkommensverlust erlitten hat.
Die Ausfallentschädigung wird bis zu einem Betrag gewährt, der dem Honorar für zwei Stunden entspricht.

(6) Erbringt der Sachverständige oder der Dolmetscher seine Leistung zwischen 23 und 6 Uhr oder an Sonn- oder Feiertagen, so erhöht sich das Honorar um 20 Prozent, wenn die heranziehende Stelle feststellt, dass es notwendig ist, die Leistung zu dieser Zeit zu erbringen. § 8 Absatz 2 Satz 2 gilt sinngemäß.

(1) Gebühren sind Vergütungen für die im Gebührenverzeichnis (Anlage) genannten ärztlichen Leistungen.

(2) Der Arzt kann Gebühren nur für selbständige ärztliche Leistungen berechnen, die er selbst erbracht hat oder die unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht wurden (eigene Leistungen). Als eigene Leistungen gelten auch von ihm berechnete Laborleistungen des Abschnitts M II des Gebührenverzeichnisses (Basislabor), die nach fachlicher Weisung unter der Aufsicht eines anderen Arztes in Laborgemeinschaften oder in von Ärzten ohne eigene Liquidationsberechtigung geleiteten Krankenhauslabors erbracht werden. Als eigene Leistungen im Rahmen einer wahlärztlichen stationären, teilstationären oder vor- und nachstationären Krankenhausbehandlung gelten nicht

1.
Leistungen nach den Nummern 1 bis 62 des Gebührenverzeichnisses innerhalb von 24 Stunden nach der Aufnahme und innerhalb von 24 Stunden vor der Entlassung,
2.
Visiten nach den Nummern 45 und 46 des Gebührenverzeichnisses während der gesamten Dauer der stationären Behandlung sowie
3.
Leistungen nach den Nummern 56, 200, 250, 250a, 252, 271 und 272 des Gebührenverzeichnisses während der gesamten Dauer der stationären Behandlung,
wenn diese nicht durch den Wahlarzt oder dessen vor Abschluß des Wahlarztvertrages dem Patienten benannten ständigen ärztlichen Vertreter persönlich erbracht werden; der ständige ärztliche Vertreter muß Facharzt desselben Gebiets sein. Nicht persönlich durch den Wahlarzt oder dessen ständigen ärztlichen Vertreter erbrachte Leistungen nach Abschnitt E des Gebührenverzeichnisses gelten nur dann als eigene wahlärztliche Leistungen, wenn der Wahlarzt oder dessen ständiger ärztlicher Vertreter durch die Zusatzbezeichnung "Physikalische Therapie" oder durch die Gebietsbezeichnung "Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin" qualifiziert ist und die Leistungen nach fachlicher Weisung unter deren Aufsicht erbracht werden.

(2a) Für eine Leistung, die Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis ist, kann der Arzt eine Gebühr nicht berechnen, wenn er für die andere Leistung eine Gebühr berechnet. Dies gilt auch für die zur Erbringung der im Gebührenverzeichnis aufgeführten operativen Leistungen methodisch notwendigen operativen Einzelschritte. Die Rufbereitschaft sowie das Bereitstehen eines Arztes oder Arztteams sind nicht berechnungsfähig.

(3) Mit den Gebühren sind die Praxiskosten einschließlich der Kosten für den Sprechstundenbedarf sowie die Kosten für die Anwendung von Instrumenten und Apparaten abgegolten, soweit nicht in dieser Verordnung etwas anderes bestimmt ist. Hat der Arzt ärztliche Leistungen unter Inanspruchnahme Dritter, die nach dieser Verordnung selbst nicht liquidationsberechtigt sind, erbracht, so sind die hierdurch entstandenen Kosten ebenfalls mit der Gebühr abgegolten.

(4) Kosten, die nach Absatz 3 mit den Gebühren abgegolten sind, dürfen nicht gesondert berechnet werden. Eine Abtretung des Vergütungsanspruchs in Höhe solcher Kosten ist gegenüber dem Zahlungspflichtigen unwirksam.

(5) Sollen Leistungen durch Dritte erbracht werden, die diese dem Zahlungspflichtigen unmittelbar berechnen, so hat der Arzt ihn darüber zu unterrichten.

(1) Soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, sind mit der Vergütung nach den §§ 9 bis 11 auch die üblichen Gemeinkosten sowie der mit der Erstattung des Gutachtens oder der Übersetzung üblicherweise verbundene Aufwand abgegolten. Es werden jedoch gesondert ersetzt

1.
die für die Vorbereitung und Erstattung des Gutachtens oder der Übersetzung aufgewendeten notwendigen besonderen Kosten, einschließlich der insoweit notwendigen Aufwendungen für Hilfskräfte, sowie die für eine Untersuchung verbrauchten Stoffe und Werkzeuge;
2.
für jedes zur Vorbereitung und Erstattung des Gutachtens erforderliche Foto 2 Euro und, wenn die Fotos nicht Teil des schriftlichen Gutachtens sind (§ 7 Absatz 2), 0,50 Euro für den zweiten und jeden weiteren Abzug oder Ausdruck eines Fotos;
3.
für die Erstellung des schriftlichen Gutachtens je angefangene 1 000 Anschläge 0,90 Euro, in Angelegenheiten, in denen der Sachverständige ein Honorar nach der Anlage 1 Teil 2 oder der Anlage 2 erhält, 1,50 Euro; ist die Zahl der Anschläge nicht bekannt, ist diese zu schätzen;
4.
die auf die Vergütung entfallende Umsatzsteuer, sofern diese nicht nach § 19 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes unerhoben bleibt;
5.
die Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen; Sachverständige und Übersetzer können anstelle der tatsächlichen Aufwendungen eine Pauschale in Höhe von 20 Prozent des Honorars fordern, höchstens jedoch 15 Euro.

(2) Ein auf die Hilfskräfte (Absatz 1 Satz 2 Nr. 1) entfallender Teil der Gemeinkosten wird durch einen Zuschlag von 15 Prozent auf den Betrag abgegolten, der als notwendige Aufwendung für die Hilfskräfte zu ersetzen ist, es sei denn, die Hinzuziehung der Hilfskräfte hat keine oder nur unwesentlich erhöhte Gemeinkosten veranlasst.

(1) Soweit ein Sachverständiger oder ein sachverständiger Zeuge Leistungen erbringt, die in der Anlage 2 bezeichnet sind, bemisst sich das Honorar oder die Entschädigung nach dieser Anlage. § 9 Absatz 6 gilt mit der Maßgabe, dass sich das Honorar des Sachverständigen oder die Entschädigung des sachverständigen Zeugen um 20 Prozent erhöht, wenn die Leistung zu mindestens 80 Prozent zwischen 23 und 6 Uhr oder an Sonn- oder Feiertagen erbracht wird.

(2) Für Leistungen der in Abschnitt O des Gebührenverzeichnisses für ärztliche Leistungen (Anlage zur Gebührenordnung für Ärzte) bezeichneten Art bemisst sich das Honorar in entsprechender Anwendung dieses Gebührenverzeichnisses nach dem 1,3fachen Gebührensatz. § 4 Absatz 2 Satz 1, Absatz 2a Satz 1, Absatz 3 und 4 Satz 1 und § 10 der Gebührenordnung für Ärzte gelten entsprechend; im Übrigen bleiben die §§ 7 und 12 unberührt.

(3) Soweit für die Erbringung einer Leistung nach Absatz 1 oder Absatz 2 zusätzliche Zeit erforderlich ist, beträgt das Honorar für jede Stunde der zusätzlichen Zeit 80 Euro.

(1) Soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, sind mit der Vergütung nach den §§ 9 bis 11 auch die üblichen Gemeinkosten sowie der mit der Erstattung des Gutachtens oder der Übersetzung üblicherweise verbundene Aufwand abgegolten. Es werden jedoch gesondert ersetzt

1.
die für die Vorbereitung und Erstattung des Gutachtens oder der Übersetzung aufgewendeten notwendigen besonderen Kosten, einschließlich der insoweit notwendigen Aufwendungen für Hilfskräfte, sowie die für eine Untersuchung verbrauchten Stoffe und Werkzeuge;
2.
für jedes zur Vorbereitung und Erstattung des Gutachtens erforderliche Foto 2 Euro und, wenn die Fotos nicht Teil des schriftlichen Gutachtens sind (§ 7 Absatz 2), 0,50 Euro für den zweiten und jeden weiteren Abzug oder Ausdruck eines Fotos;
3.
für die Erstellung des schriftlichen Gutachtens je angefangene 1 000 Anschläge 0,90 Euro, in Angelegenheiten, in denen der Sachverständige ein Honorar nach der Anlage 1 Teil 2 oder der Anlage 2 erhält, 1,50 Euro; ist die Zahl der Anschläge nicht bekannt, ist diese zu schätzen;
4.
die auf die Vergütung entfallende Umsatzsteuer, sofern diese nicht nach § 19 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes unerhoben bleibt;
5.
die Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen; Sachverständige und Übersetzer können anstelle der tatsächlichen Aufwendungen eine Pauschale in Höhe von 20 Prozent des Honorars fordern, höchstens jedoch 15 Euro.

(2) Ein auf die Hilfskräfte (Absatz 1 Satz 2 Nr. 1) entfallender Teil der Gemeinkosten wird durch einen Zuschlag von 15 Prozent auf den Betrag abgegolten, der als notwendige Aufwendung für die Hilfskräfte zu ersetzen ist, es sei denn, die Hinzuziehung der Hilfskräfte hat keine oder nur unwesentlich erhöhte Gemeinkosten veranlasst.

(1) Gebühren sind Vergütungen für die im Gebührenverzeichnis (Anlage) genannten ärztlichen Leistungen.

(2) Der Arzt kann Gebühren nur für selbständige ärztliche Leistungen berechnen, die er selbst erbracht hat oder die unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht wurden (eigene Leistungen). Als eigene Leistungen gelten auch von ihm berechnete Laborleistungen des Abschnitts M II des Gebührenverzeichnisses (Basislabor), die nach fachlicher Weisung unter der Aufsicht eines anderen Arztes in Laborgemeinschaften oder in von Ärzten ohne eigene Liquidationsberechtigung geleiteten Krankenhauslabors erbracht werden. Als eigene Leistungen im Rahmen einer wahlärztlichen stationären, teilstationären oder vor- und nachstationären Krankenhausbehandlung gelten nicht

1.
Leistungen nach den Nummern 1 bis 62 des Gebührenverzeichnisses innerhalb von 24 Stunden nach der Aufnahme und innerhalb von 24 Stunden vor der Entlassung,
2.
Visiten nach den Nummern 45 und 46 des Gebührenverzeichnisses während der gesamten Dauer der stationären Behandlung sowie
3.
Leistungen nach den Nummern 56, 200, 250, 250a, 252, 271 und 272 des Gebührenverzeichnisses während der gesamten Dauer der stationären Behandlung,
wenn diese nicht durch den Wahlarzt oder dessen vor Abschluß des Wahlarztvertrages dem Patienten benannten ständigen ärztlichen Vertreter persönlich erbracht werden; der ständige ärztliche Vertreter muß Facharzt desselben Gebiets sein. Nicht persönlich durch den Wahlarzt oder dessen ständigen ärztlichen Vertreter erbrachte Leistungen nach Abschnitt E des Gebührenverzeichnisses gelten nur dann als eigene wahlärztliche Leistungen, wenn der Wahlarzt oder dessen ständiger ärztlicher Vertreter durch die Zusatzbezeichnung "Physikalische Therapie" oder durch die Gebietsbezeichnung "Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin" qualifiziert ist und die Leistungen nach fachlicher Weisung unter deren Aufsicht erbracht werden.

(2a) Für eine Leistung, die Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis ist, kann der Arzt eine Gebühr nicht berechnen, wenn er für die andere Leistung eine Gebühr berechnet. Dies gilt auch für die zur Erbringung der im Gebührenverzeichnis aufgeführten operativen Leistungen methodisch notwendigen operativen Einzelschritte. Die Rufbereitschaft sowie das Bereitstehen eines Arztes oder Arztteams sind nicht berechnungsfähig.

(3) Mit den Gebühren sind die Praxiskosten einschließlich der Kosten für den Sprechstundenbedarf sowie die Kosten für die Anwendung von Instrumenten und Apparaten abgegolten, soweit nicht in dieser Verordnung etwas anderes bestimmt ist. Hat der Arzt ärztliche Leistungen unter Inanspruchnahme Dritter, die nach dieser Verordnung selbst nicht liquidationsberechtigt sind, erbracht, so sind die hierdurch entstandenen Kosten ebenfalls mit der Gebühr abgegolten.

(4) Kosten, die nach Absatz 3 mit den Gebühren abgegolten sind, dürfen nicht gesondert berechnet werden. Eine Abtretung des Vergütungsanspruchs in Höhe solcher Kosten ist gegenüber dem Zahlungspflichtigen unwirksam.

(5) Sollen Leistungen durch Dritte erbracht werden, die diese dem Zahlungspflichtigen unmittelbar berechnen, so hat der Arzt ihn darüber zu unterrichten.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 45/11
vom
25. Januar 2012
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
______________________
Zum Abrechnungsbetrug eines privatliquidierenden Arztes für nicht persönlich
erbrachte Leistungen.
BGH, Beschluss vom 25. Januar 2012 - 1 StR 45/11 - LG München I
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Januar 2012 gemäß
§ 206a Abs. 1, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 27. August 2010 wird
a) die Verurteilung im Fall Nr. 71 der Urteilsgründe aufgehoben und das Verfahren insoweit eingestellt;
b) der Schuldspruch dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte wegen Betruges in 128 Fällen verurteilt ist. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last. Die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels hat der Beschwerdeführer zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in 129 Fällen (jeweils in einer unterschiedlichen Anzahl tateinheitlich begangener Einzeltaten, insgesamt 2.339) zu drei Jahren und drei Monaten Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt und ihm verboten, für die Dauer von drei Jahren als liquidationsberechtigter Arzt oder als angestellter Arzt mit eigenem Abrechnungsrecht tätig zu werden. Das Landgericht hat ferner festgestellt, dass der Angeklagte aus den Taten insgesamt Vermögen im Wert von 748.244,87 € erlangt hat, wobei auf die Taten vor dem 1. Januar 2007 ein Betrag in Höhe von 630.581,99 € und auf die Taten nach dem 1. Januar 2007 in Höhe von 117.662,88 € entfällt. Die „Fest- setzung von Wertersatz oder des Verfalls von Wertersatz“ unterbleibt, da Ansprüche geschädigter Dritter gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen.
2
Die hiergegen gerichtete, mit der Verletzung formellen und sachlichen Rechts begründete Revision hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO, nachfolgend B.), im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO). Die Revision zeigt weder einen durchgreifenden Verfahrensfehler auf (C.) noch hat die umfassende sachrechtliche Nachprüfung des Urteils im Schuldspruch (D.) oder im Rechtsfolgenausspruch (E.) einen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben.

A.


3
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
I. Der Angeklagte betrieb als Arzt für Allgemeinmedizin im Tatzeitraum (Oktober 2002 bis September 2007) eine mit der Erbringung von Naturheilverfahren , Homöopathie- und Osteopathieleistungen sowie Traditioneller Chinesischer Medizin beworbene Praxis, in der er grundsätzlich Privatpatienten behandelte ; eine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung hatte er nicht. Zur Abrechnung gegenüber den Patienten bediente er sich der (gutgläubigen) M. GmbH, der er die - für die von ihm gewünschte Abrechnung erforderlichen - Daten übermittelte.
5
Um sich neben Honoraransprüchen „eine auf Dauer gerichtete Einnah- memöglichkeit zu verschaffen“ (UA S. 19) ließ der Angeklagte an 129 Tagen mehr als 2.300 „inhaltlich unrichtige Abrechnungen“ an seine Patienten schicken , um „unter Täuschung seiner Patienten über die Richtigkeit dieser Ab- rechnungen bei diesen Honorare für tatsächlich nicht erbrachte, tatsächlich nicht von ihm erbrachte und tatsächlich nicht so erbrachte Leistungen zu be- rechnen und entsprechende Erlöse einzunehmen“ (UA S.14). Der Angeklagte ging dabei wie folgt vor:
6
1. Der Angeklagte hat in Absprache mit sechs seiner Patienten Rechnungen , die angeblich erbrachte und erstattungsfähige Leistungen auswiesen, erstellen lassen, obwohl er keine Leistungen oder nicht erstattungsfähige Leistungen erbracht hat (Lieferung nicht erstattungsfähiger Medikamente bzw. Injektionen ; Behandlung einer nicht privat versicherten Tochter einer privatversi- cherten Patientin; fingierte Hausbesuche zur „Ersparung“ eines Selbstbehalts; fingierte Leistungen zur hälftigen Teilung des Erstattungsbetrags mit dem Patienten ). Die Patienten reichten diese Rechnungen - wovon der Angeklagte sicher ausging (UA S.112) - bei ihren jeweiligen Versicherungen, in einem Fall zusätzlich bei einer Beihilfestelle ein und erhielten so die in Rechnung gestellten Kosten des Angeklagten erstattet. Wäre den Sachbearbeitern bei den Versicherungen bzw. der Beihilfestelle der wahre Sachverhalt bekannt gewesen, wäre eine Erstattung unterblieben.
7
2. Ferner hat der Angeklagte, der Mitglied einer Laborgemeinschaft war, von dieser Laborleistungen der Klasse M II bezogen, welche er gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) selbst abrechnen konnte, wobei hierfür gemäß § 5 Abs. 4 Satz 2 GOÄ ein Standard-Steigerungsfaktor von 1,15 vorgesehen ist. Mit dem Hinweis auf eine „sehr umfangreiche und zeitintensive Leistung aufgrund persönlicher Befundung“ ließ der Angeklagte demgegenüber Laborleistungen der Klasse M II mit dem Höchst-Steigerungs- faktor (§ 5 Abs. 4 Satz 1 GOÄ) von 1,3 abrechnen. Der Angeklagte wusste je- doch, „dass er keine einzige Befundung im Bereich M II selbst je durchgeführt hatte, sondern sämtliche Parameter bei der Laborgemeinschaft“ bezogen hatte (UA S. 109). Die Patienten „irrten entsprechend und bezahlten“ die um die Dif- ferenz zwischen dem 1,15- und dem 1,3-fachen „überhöhten Beträge“ (UA S. 24).
8
Zudem rechnete der Angeklagte die von der Laborgemeinschaft bezogenen Untersuchungen der Klasse M II als angeblich im eigenen Labor erbrachte Leistungen der Klasse M I ab, dies wiederum teilweise mit dem - unzutreffenden - Höchststeigerungsfaktor von 1,3. „Hätten die Patienten gewusst, dass es sich in Wirklichkeit um niedriger bewertete M II Leistungen gehandelt hat, hätten sie lediglich den Preis für M II Leistungen bezahlt“ (UA S. 27).
9
3. Darüber hinaus (und vor allem) hat der Angeklagte nicht persönlich erbrachte Leistungen abrechnen lassen.
10
a) Laborleistungen der Klassen M III und M IV (Speziallaborleistungen) konnte der Angeklagte nur von einem hierzu befähigten und einzig gegenüber dem Patienten liquidationsberechtigten Laborarzt (Speziallabor) erbringen lassen. Um dennoch Gewinne aus der Erbringung von Speziallaborleistungen zu erzielen, profitierte der Angeklagte von einer von der Laborgruppe des Dr. Sch. (Augsburg) „seit vielen Jahren vielen tausend interessier- ten Ärzten im Bundesgebiet“ (UA S. 21) angebotenen Kooperation (Rahmen- vereinbarung), die sich in gleicher Weise auch bei zwei weiteren Laboren wie folgt gestaltete:
11
Der Angeklagte sandte, wenn er Untersuchungen der Klassen M III oder M IV benötigte, die dafür erforderlichen Proben an die im Urteil näher feststell- ten Labore/Laborgruppen (im Folgenden: Laborarzt), wo die Proben seinen Wünschen entsprechend fachlich und medizinisch korrekt untersucht (beprobt) wurden (UA S. 21). Die Ergebnisse wurden ihm per Datenfernübertragung übermittelt. Die erbrachten Leistungen des Laborarztes wurden von diesem „gegenüber dem Patienten nicht geltend gemacht“ (UA S. 22). Vielmehr wurden den jeweiligen Einsendeärzten - so auch dem Angeklagten - die Laborleistungen zu einem niedrigen, der Höhe nach vom Gesamtbeauftragungsumfang abhängigen Betrag in Rechnung gestellt. Der Angeklagte zahlte je nach Labor zwischen 0,32 (Rabattstufe für „gute Kunden“) und 1,0 des für die Leistung maßgeblichen jeweiligen GOÄ-Satzes. Der Angeklagte rechnete sodann gegenüber Privatpatienten die durchgeführten Untersuchungen als eigene ab, „regelmäßig unter Geltendmachung des Standard-Erhöhungsfaktors nach § 5 Abs. 4 GOÄ, d.h. mit einem Faktor von 1,15“ (UA S. 22).
12
In allen der Verurteilung zugrunde liegenden Fällen waren die Laborleis- tungen „tatsächlich benötigt“ und wurden „fachlich und medizinisch korrekt“ er- bracht (UA S. 21). Nach den Feststellungen des Landgerichts wusste der An- geklagte, „dass er zur eigenen Liquidation dieser Laborleistungen nicht berech- tigt war. Hätten die Privatpatienten gewusst, dass der Angeklagte die Leistungen nicht selbst erbracht hat, zur Liquidation nicht berechtigt war, weil er nicht Inhaber der Forderung war und damit die Rechnung auch nicht erstattungsfähig war, hätten sie diese Leistung nicht auf die durch die M. GmbH erstellten Rechnungen hin auf das dort angegebene Konto bezahlt“ (UA S. 24).
13
b) Ferner ließ der Angeklagte Behandlungen als eigene abrechnen, die in seinen Praxisräumen tätige Therapeuten (ein Osteopath und ein aus China stammender Arzt für Traditionelle Chinesische Medizin) erbrachten, die im Tat- zeitraum weder approbiert noch niedergelassen waren und „daher keine Be- rechtigung hatten, selbständig Leistungen an Patienten zu erbringen und abzu- rechnen“ (UA S. 27 f.). Tatsächlich erbrachten diese an Patienten des Angeklagten „in eigener Verantwortung, ohne Aufsicht oder Kontrolle durch den Angeklagten“ (UA S. 28), aber fehlerfrei, osteopathische Leistungen und Akupunk- turleistungen. Der Angeklagte führte jeweils ein „Eingangsgespräch“ und ein „Abschlussgespräch“ mit den Patienten, er hatte aber nicht die fachlichen Kenntnisse, die Tätigkeit der Therapeuten zu überwachen. Diese erhielten vom Angeklagten zwischen 40 und 55 € für jede Behandlung. Der Angeklagte ließ diese („eingekauften“) Leistungen den Patienten sodann als selbst erbrachte ärztliche Leistung in Rechnung stellen: Leistungen des Osteopathen wurden meist mit 125,60 € berechnet, Leistungen des Akupunkteurs mit 71,17 € oder 83,76 €. Der Angeklagte verwendete zur Abrechnung jeweils eine „Kette“ ver- schiedener GOÄ-Ziffern, von denen einige Leistungen betreffen (Bsp: Injektionen gem. GOÄ-Ziffern 255 und 256), die tatsächlich nicht durchgeführt worden waren.
14
c) Des Weiteren ließ der Angeklagte bestimmte Untersuchungen der Klasse M III, die in einem Speziallabor hätten erbracht werden müssen, in der oben 2. genannten Laborgemeinschaft durchführen. Diese Laborleistungen ließ der Angeklagte sodann wie eigene Untersuchungen der Klasse M II gegenüber den Patienten abrechnen.
15
II. Die Strafkammer hat die Fälle oben 1. als mittäterschaftlich begangenen Betrug zum Nachteil der jeweiligen Versicherungen/Beihilfestellen gewertet , alle anderen Fälle als Betrugstaten zum Nachteil der jeweiligen Patienten.
16
In den Fällen oben 3.a. (Abrechnung von Speziallaborleistungen) sieht die Strafkammer einen Schaden beim Patienten darin, dass der Rechnung des Angeklagten keine durch die Zahlung erlöschende Forderung zugrunde liege.
Der Angeklagte selbst habe keine Leistung erbracht und könne auch keine Forderung des Laborarztes geltend machen. Eine im Verfahren vom Angeklagten behauptete Abtretung einer solchen Forderung im Rahmen eines FactoringGeschäfts sei mangels ausdrücklicher Einwilligung des Patienten nichtig, im Übrigen „ersichtlich vorgeschoben“ (UA S. 107); in Wahrheit handele es sich um eine gegen Art. 31 Musterberufsordnung für Ärzte verstoßende Zuwendung. Auch eine Forderung des Laborarztes werde nicht erfüllt, so dass die Gefahr einer weiteren Inanspruchnahme des Patienten durch diesen bestehe.
17
Das Erbringen der Laborleistungen stelle keine vollständige, unmittelbar mit der Verfügung des Patienten verbundene Kompensation dar. Überdies sei (1.) der Patient hinsichtlich einer Rückforderung bezahlter Beträge mit einem bereits konkretisierten Insolvenzrisiko des Angeklagten belastet, (2.) der tatsächliche Leistungserbringer, obgleich für den Patienten von besonderer Be- deutung, nicht erkennbar, was „ein zusätzliches Risiko bzw. eine Minderleistung , welches nicht kompensiert werden kann“ (UA S. 102) unter dem Ge- sichtspunkt des persönlichen Schadenseinschlages für den Patienten begründe und (3.) der Patient bei Bekanntwerden der wahren Verhältnisse dem Risiko einer von Versicherungen oder Beihilfestellen versagten Kostenerstattung oder einer Rückforderung gezahlter Beträge durch diese ausgesetzt.
18
III. Die vom Angeklagten geltend gemachte Spielsucht hat die Strafkammer - gestützt auf ein Sachverständigengutachten - als nicht krankheitswertiges Verhalten bewertet, das sich im normalpsychologischen Spektrum wie bei jedem Menschen mit einem ausgeprägten Hobby bewege, und daher uneingeschränkte Schuldfähigkeit bejaht.

B.


19
Hinsichtlich des Falles Nr. 71 der Urteilsgründe besteht ein zur Einstellung des Verfahrens führendes Verfahrenshindernis.
20
Der Generalbundesanwalt hat hierzu ausgeführt: „Fall Nr. 71 der Urteilsgründe betrifft eine Rechnung vom 19. Juli 2005 (…). Hinsichtlich dieser Tat ist das Verfahren mit Beschluss vom 25. Juni 2010 (…) gemäß § 154 Abs. 1 Nr.1, Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt worden; eine Wiedereinbeziehung dieses Tatvorwurfs ist nicht erfolgt. Die Verurteilung wegen Betruges wegen dieser Tat muss daher entfallen.“
21
Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat an. Mit der Einstellung durch einen Gerichtsbeschluss gemäß § 154 Abs. 2 StPO entsteht ein von Amts wegen zu beachtendes Verfahrenshindernis, zu dessen Beseitigung ein förmlicher Wiederaufnahmebeschluss erforderlich ist (BGH, Beschluss vom 18. April 2007 - 2 StR 144/07; BGH, Beschluss vom 7. März 2006 - 2 StR 534/05 mwN). Einen solchen Beschluss hat das Landgericht nicht erlassen.

C.


22
Die Revision zeigt - auch soweit sie den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügt - keinen durchgreifenden Verfahrensfehler auf.
23
I. Mit zulässig erhobener Verfahrensrüge macht die Revision einen Verstoß gegen § 243 Abs. 3 Satz 1 StPO geltend, den sie darin sieht, dass eine die einzelnen Taten auflistende (mehrere Ordner umfassende) Tabelle nicht im Anklagesatz aufgenommen und dementsprechend nicht verlesen worden war.
24
Der Rüge bleibt aus den vom Generalbundesanwalt zutreffend dargelegten Gründen der Erfolg versagt. Der vom Großen Senat für Strafsachen (vgl. Beschluss vom 12. Januar 2011 - GSSt 1/10) für unerlässlich erachtete Teil des Anklagesatzes wurde in der Hauptverhandlung verlesen. Trotz der gerügten Lückenhaftigkeit des Anklagesatzes erfüllt die Anklage ihre Umgrenzungsfunktion hinreichend, wenn der Angeklagte - wie hier - die einzelnen Tatvorwürfe dem wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen entnehmen kann. Die Informationsfunktion , die der Verlesung des Anklagesatzes in der Hauptverhandlung zukommt, wird durch die unvollständige Fassung des Anklagesatzesebenfalls nicht berührt; die die Einzeltaten näher individualisierenden tatsächlichen Umstände müssen nicht in der Hauptverhandlung verlesen werden. Daher stellt der Umstand, dass die näheren individualisierenden tatsächlichen Umstände der Einzeltaten oder der Einzelakte in Tabellen enthalten waren, die zwar Teil der Anklageschrift, aber nicht Teil des Anklagesatzes i.S.v. § 243 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 200 Abs. 1 StPO waren, keinen Verfahrensfehler dar, auf dem das Urteil beruht (BGH, Beschluss vom 15. März 2011 - 1 StR 260/09).
25
II. Die Rüge eines Verstoßes gegen § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO hat keinen Erfolg. Ihr liegt folgendes prozessuales Geschehen zugrunde:
26
In der Hauptverhandlung stellte der Angeklagte einen Antrag auf Zeugenvernehmung mit den Behauptungen, dass die Patienten wegen der vom Angeklagten abgerechneten Laborleistungen der Klassen M I, M III oder M IV keinem „latenten Rückforderungsanspruch einer Beihilfestelle oder eines privaten Versicherungsunternehmens ausgesetzt“ seien, weil sie entweder dieLeis- tungen nicht bezahlt hätten, oder sie im Zeitpunkt der jeweiligen Behandlung weder beihilfeberechtigt noch privat versichert gewesen seien, oder die Laborleistungen nicht vom Versicherungstarif umfasst seien, oder die Rechnungen nicht zur Erstattung bei Versicherung oder Beihilfestelle geltend gemacht worden seien oder weil die Erstattung der Laborleistungen abgelehnt worden sei. Ferner sollte bewiesen werden, dass keiner der Patienten tatsächlich auf Rückzahlung in Anspruch genommen worden sei.
27
Dem Antrag war eine Tabelle beigefügt, in der der jeweilige Zeuge mit ladungsfähiger Anschrift sowie zugehöriger Rechnungsnummer und die jeweils ihn betreffenden GOÄ-Ziffern der Leistungsgruppen M I, M III und M IV aufgeführt waren. Nach Hinweis auf die Fehlerhaftigkeit dieser Anlage, legte die Verteidigung zwei Leitzordner vor, die nunmehr als Anlage zum Beweisantrag genommen wurden. Hinsichtlich dieser wurde, ebenso wie zu einer vom nach Antragstellung gehörten Zeugen S. übergebenen Ausbuchungsliste der M. GmbH vom 2. August 2010 das Selbstleseverfahren angeordnet. Der Staatsanwalt gab eine Erklärung zum Beweisantrag ab und übergab sodann die Stellungnahme in schriftlicher Form zu den Akten (HV-Protokoll S. 58). Unter Bezugnahme auf die Aussagen des Zeugen S. erklärte der Verteidiger, eine Zeugeneinvernahme dazu „welche Rechnungen nicht bzw. nicht in voller Höhe bezahlt wurden“ werde nicht beantragt bzw. zurückgenommen (HV-Protokoll S. 59). Im Folgenden wurde mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und unter Bezugnahme auf vorerwähnte Ausbuchungsliste das Verfahren durch Beschluss der Strafkammer gemäß § 154a StPO beschränkt (HV-Protokoll S. 60). Ferner wurde ein „Schriftsatz des Verteidigers vom 20.08.2010 über die bisher geltend gemachten Rückforderungsansprüche der Krankenkassen und Beihil- festellen besprochen“ (HV-Protokoll S. 62).
28
Die Strafkammer hat den Antrag sodann durch Beschluss vom 26. August 2010 „gemäß § 244 Abs. 3 Satz 2 2. Alt. StPO abgelehnt, soweit er sich nicht durch die (teilweise) Rücknahme vom 12.08.2010“ erledigt hat. Es komme nicht darauf an, ob ein Geschädigter seinen Schaden von einer Versicherung ersetzt erhalten hat. Rechtlich entscheidend für die Annahme eines vollendeten Betruges sei, ob der Patient auf eine tatsächlich nicht oder nicht in dieser Höhe bestehende Forderung des Arztes gezahlt habe; ein Ausgleich durch eine Versicherung führe nur zu einer Schadensverlagerung nach Schadenseintritt.
29
1. Die Rüge ist bereits unzulässig.
30
Gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO sind bei Erhebung einer Verfahrensrüge die auf die jeweilige Angriffsrichtung bezogenen Verfahrenstatsachen vollständig und zutreffend so vorzutragen, dass das Revisionsgericht allein anhand der Revisionsbegründung die einzelnen Rügen darauf überprüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegen würde, wenn die behaupteten Tatsachen erwiesen wären (vgl. BGH, Beschluss vom 2. November 2010 - 1 StR 544/09 mwN; BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2005 - 2 BvR 656/99; Kuckein in KK-StPO, 6. Aufl., § 344 Rn. 38 mwN). Dem genügt der Revisionsvortrag nicht.
31
a) Der Revisionsvortrag ist unvollständig. Die Revision legt schon nicht die im mitgeteilten Beweisantrag in Bezug genommenen Anlagen in ihrer jeweiligen Fassung vor. Auch werden weder der Inhalt der staatsanwaltschaftlichen Stellungnahme zum Beweisantrag, noch der Schriftsatz der Verteidigung vom 20. August 2010 mitgeteilt, auf die das Revisionsvorbringen Bezug nimmt. Ebenso wenig trägt die Revision die für die Beurteilung des Beweisbegehrens erforderliche, auch im Teileinstellungsbeschluss in Bezug genommene „Ausbuchungsliste der M. “ vor, und auch nicht den sich „durch die heutige Einvernahme des Zeugen S. “ ergebenden Umfang, in dem die Beweisaufnahme „nicht beantragt bzw. zurückgenommen“ worden war. Dem Senat wird soins- besondere nicht die Überprüfung ermöglicht, in welchem Umfang und auf welcher Grundlage über den Beweisantrag nach dessen teilweiser Rücknahme und einer erfolgten Teileinstellung des Verfahrens noch zu entscheiden war.
32
b) Die Revision bleibt durch widersprüchliches Vorbringen auch die erforderliche klare Bezeichnung der Angriffsrichtung schuldig, mithin werden die den Mangel begründenden Tatsachen nicht in einer § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügenden Weise dargetan (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Januar 2010 - 1 StR 620/09; BGH, Beschluss vom 29. Juni 2010 - 1 StR 157/10).
33
Zum einen beruft sich die Revision darauf, die von der Strafkammer erörterte Gefahr der Inanspruchnahme der Patienten auf Rückzahlung von Versicherungen geleisteter Beträge könne nicht gegeben sein, wenn - wie im Antrag behauptet - ein Versicherungsschutz nicht bestehe, so dass diese Behauptung nicht bedeutungslos sei. Zum anderen macht die Revision geltend, bei der Strafzumessung hätte berücksichtigt werden müssen, dass kein einziger Patient auf Rückzahlung in Anspruch genommen worden sei, und insinuiert damit (anderes wäre offenkundig bedeutungslos), eine Rückforderung sei trotz bestehenden Versicherungsschutzes unterblieben. Damit aber macht die Revision zum einen geltend, der Beweisantrag sei von Bedeutung, weil kein Versicherungsschutz bestehe, zum anderen sei er deswegen nicht bedeutungslos, weil trotz bestehenden Versicherungsschutzes und erfolgter Erstattungen Rückforderungsansprüche nicht geltend gemacht worden waren. Nach dem Revisionsvortrag bleiben also mehrere Möglichkeiten, warum der Beweisantrag fehlerhaft abgelehnt worden sein könnte.
34
2. Die Rüge wäre überdies auch unbegründet.
35
Die Strafkammer hat - wie auch der Generalbundesanwalt zutreffend ausführt - den Antrag ohne durchgreifenden Rechtsfehler als bedeutungslos abgelehnt. Das Bestehen eines Versicherungsschutzes ist für den Schuldspruch (was auch nachfolgend noch aufgezeigt wird) ohne Bedeutung. Die nachträglichen Leistungen eines Versicherers sind für die Feststellung eines strafrechtlich relevanten Schadens bedeutungslos (vgl. Fischer, StGB, 59. Aufl., § 263 Rn. 155; Gercke/Leimenstoll, MedR 2010, 695 Fn. 9). Gleiches gilt für den Strafausspruch. Eine Erstattung des vom Patienten bereits an den Angeklagten bezahlten Betrages durch Versicherung und/oder Beihilfe führt lediglich zu einer Schadensverlagerung; sie entlastet den Angeklagten ebenso wenig, wie es einen Autodieb entlasten könnte, dass die Versicherung des Bestohlenen diesem den Schaden ersetzt (vgl. BGH, Beschluss vom 20.Oktober 2010 - 1 StR 400/10 mwN).
36
Es bedarf danach keiner Entscheidung, ob der rügegenständliche Antrag nicht ohnedies lediglich als Beweisermittlungsantrag zu qualifizieren wäre. Soll eine begehrte Beweisaufnahme erst ergeben, welche der als möglich hingestellten , sich gegenseitig aber ausschließenden Tatsachen vorliegen, fehlt es an einer für einen Beweisantrag erforderlichen bestimmten Beweisbehauptung, mögen auch beide Behauptungen nach dem Willen des Antragstellers auf das gleiche Ziel gerichtet sein (vgl. BGH, Beschluss vom 13. November 1997 - 1 StR 627/97). Auch die Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) nötigte das Gericht nicht zur Einvernahme der mehr als 2.300 Zeugen zu der unklaren Fragestellung. Schon gar nicht drängte die Aufklärungspflicht zur Beweisaufnahme über im Ergebnis bedeutungslose Tatsachen.
37
III. Der Rüge eines Verstoßes „gegen § 265 Abs. 1 StPO analog“, den die Revision darin sieht, dass die Kammer den Schuldspruch ohne vorherigen Hinweis auf eine im Vergleich zur Anklage (dort „Gefährdungsschaden“) andere tatsächliche Grundlage („auch Realschaden“) gestützt habe- die Revision vermisst einen Hinweis dahingehend, dass auch in der Nichterkennbarkeit des Leistungserbringers ein Schaden liegen könne - bleibt der Erfolg versagt.
38
Es bedarf keiner abschließenden Entscheidung, ob es hier überhaupt eines ausdrücklichen Hinweises entsprechend § 265 StPO bedurft hätte (mit beachtlichen Argumenten verneinend der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift ). Denn der Angeklagte konnte aus dem Gang der Hauptverhandlung die von der Kammer in den Blick genommene tatsächliche und rechtliche Bewertung in einem für sein Verteidigungsverhalten ausreichenden Umfang erkennen. Nach dem unwidersprochenen Vortrag (vgl. hierzu auch BGH, Beschluss vom 12. Januar 2011 - 1 StR 582/10, Rn. 16 mwN) in der vom Generalbundesanwalt in Bezug genommenen Gegenerklärung der Staatsanwaltschaft (inhaltsgleich zu einer dienstlichen Stellungnahme des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft) wurde „die Frage des Schadensbegriffs, insbesondere die Frage des möglichen Vorliegens eines Schadens in der Form eines Gefährdungs - oder Realschadens“ von Beginn der Sitzung an „vielfach vom Gericht mit der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft erörtert und diskutiert“. Die Strafkammer hat (auch) in der Begründung des von der Revision im Rahmen vorstehender Rüge angeführten Beschlusses zur Ablehnung eines Beweisantrags unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass sie der Sache nach auf einen „Realschaden“abstellt (Patient zahlt auf tatsächlich nicht oder nicht in dieser Höhe bestehende Forderung). Bei dieser Sachlage kann der Senat - worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hingewiesen hat - jedenfalls ausschließen , dass sich der Angeklagte, wäre der von der Revision vermisste Hin- weis ausdrücklich erteilt worden, anders, insbesondere erfolgreicher hätte verteidigen können (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 265 Rn. 48 mwN). Es kommt überdies - wie nachfolgend dargelegt wird - zur Schadensbestimmung nicht, worauf sich aber nach dem Revisionsvorbringen der Hinweis beziehen sollte, auf die Erkennbarkeit des Leistungserbringers an.

D.



39
In dem nach Teileinstellung verbleibenden Umfang hält der Schuldspruch revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Die unter anderem auf dem Geständnis und einer früheren Einlassung des Angeklagten beruhenden, rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen belegen in allen Fällen sowohl einen täuschungsbedingten Irrtum (I.) und den Eintritt eines dadurch verursachten, mit dem Vorteil des Angeklagten stoffgleichen Schadens i.S.v. § 263 StGB (II.) als auch die betrugsrelevante subjektive Tatseite (III.). Die konkurrenzrechtliche Bewertung durch das Landgericht ist ebenfalls rechtsfehlerfrei (IV.).
40
I. Der Angeklagte täuschte - vermittels der nach den Feststellungen gutgläubigen Mitarbeiter der M. GmbH und teils im Zusammenwirken mit den Patienten - über Tatsachen und erregte dadurch einen entsprechenden Irrtum.
41
1. In den Fällen kollusiven Zusammenwirkens mit den Patienten unterlagen die zuständigen Sachbearbeiter der Versicherungen / der Beihilfestelle im vorliegenden Fall einem mit Wissen und Wollen des Angeklagten herbeigeführten Irrtum über das tatsächliche Vorliegen eines zur Kostenerstattung ver- pflichtenden Versicherungsfalles. Bei Betrugsvorwürfen im Zusammenhang mit standardisierten, auf Massenerledigung angelegten Abrechnungsverfahren ist nicht erforderlich, dass der jeweilige Mitarbeiter hinsichtlich jeder einzelnen geltend gemachten Position die positive Vorstellung hatte, sie sei der Höhe nach berechtigt; vielmehr genügt die stillschweigende Annahme, die ihm vorliegende Abrechnung sei insgesamt „in Ordnung”. Daher setzt ein Irrtum nicht voraus, dass tatsächlich eine Überprüfung der Abrechnungen im Einzelfall durchgeführt wurde (BGH, Urteil vom 22. August 2006 - 1 StR 547/05).
42
2. In allen anderen Fällen täuschte der Angeklagte die Patienten über das Vorliegen der den geltend gemachten Zahlungsanspruch begründenden Tatsachen (a.). Eine damit zugleich behauptete Zahlungspflicht bestand indes nicht (b.). Die Patienten irrten entsprechend (c.).
43
a) Bei der hier in Rede stehenden privatärztlichen Liquidation wird dem Patienten eine gemäß § 12 GOÄ zu spezifizierende Rechnung übersandt, in der - neben dem Steigerungsfaktor, § 12 Abs. 2 Nr. 2 GOÄ - die erbrachte Leistung mit einer kurzen Bezeichnung anzugeben ist. Hierüber täuscht der Angeklagte ausdrücklich, wenn er - wie etwa im Fall nicht erbrachter Laborleistungen der Klasse M I oder im Fall der Abrechnung von Osteopathie- und Akupunkturleistungen durch tatsächliche nicht durchgeführte ärztliche Leistungen - in Rechnung gestellte Leistungen tatsächlich nicht erbracht hat. Gleiches gilt, soweit der Angeklagte zu der gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 GOÄ erforderlichen Begründung eines erhöhten Steigerungsfaktors eine in Wahrheit nie durchgeführte eigene Befundung angeben lässt (vgl. auch Freitag, Ärztlicher und zahnärztlicher Abrechnungsbetrug im deutschen Gesundheitswesen, 2008, S. 154; Hellmann/Herffs, Der ärztliche Abrechnungsbetrug, Rn. 348 - 351).
44
Auch soweit der Angeklagte - wie in den Fällen der Speziallaborleistungen sowie der Abrechnung von Osteopathie- und Akupunkturleistungen - nicht selbst erbrachte ärztliche Leistungen als eigene hat abrechnen lassen, behauptete er nicht lediglich, zu deren Abrechnung berechtigt zu sein, sondern auch (zumindest konkludent, was vom möglichen Wortsinn des § 263 Abs. 1 StGB umfasst ist, vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2011 - 2 BvR2500/09, 2 BvR 1857/10 Rn. 168), dass die Voraussetzungen der der Abrechnung zugrundeliegenden Rechtsvorschriften eingehalten worden seien. Dies entspricht gefestigter Rechtsprechung zum Abrechnungsbetrug bei Vertragsärzten (vgl. BGH, Urteil vom 1. September 1993 - 2 StR 258/93; BGH, Urteil vom 10. März 1993 - 3 StR 461/92; BGH, Urteil vom 21. Mai 1992 - 4 StR 577/91; BGH, Urteil vom 15. Oktober 1991 - 4 StR 420/91), für privatliquidierende Ärzte gilt nichts anderes. Wer eine Leistung einfordert, bringt damit zugleich das Bestehen des zugrunde liegenden Anspruchs (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 11. Juli 1996 - 3 Ws 164/96, NStZ 1997, 130 mwN), hier also die Abrechnungsfähigkeit der in Rechnung gestellten ärztlichen Leistung zum Ausdruck (vgl. auch Schuhr in Spickhoff, Medizinrecht, § 263 StGB Rn. 16; Schubert, ZRP 2001, 154, 155; Dannecker in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, § 263 StGB Rn. 182 ff.). Zutreffend wird in dem von der Revision vorgelegten Rechtsgutachten darauf hingewiesen, dass der wertende Rückgriff auf die in der Abrechnung in Bezug genommene GOÄ die für den Rechnungsempfänger maßgebende Verkehrsauffassung vom Inhalt der mit der Rechnung abgegebenen Erklärung prägt (schon Tiedemann in LK-StGB, 11. Aufl., § 263 Rn. 30 mwN).
45
b) Die tatsächlichen Voraussetzungen zur Geltendmachung der behaupteten Zahlungsansprüche lagen auch in Fällen nicht persönlich erbrachter Leistungen nicht vor. Unbeschadet des jeweiligen Erklärungsgehalts der Rechnun- gen ergibt sich dies vorliegend schon daraus, dass ein Zahlungsanspruch unter keinem denkbaren Gesichtspunkt bestand.
46
aa) Der Angeklagte konnte für die in Rechnung gestellten Laborleistungen der Klassen M III und M IV (Speziallaborleistungen) einen Zahlungsanspruch gegenüber dem Patienten weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht geltend machen.
47
(1.) Der Angeklagte hat mit jedem seiner Patienten einen wirksamen, als Dienstleistungsvertrag zu qualifizierenden (vgl. BGH, Urteil vom 25. März 1986 - VI ZR 90/85; BGH, Urteil vom 18. März 1980 - VI ZR 247/78; Müller-Glöge in MüKomm-BGB, 5. Aufl., § 611 Rn. 79; OLG Stuttgart, VersR 2003, 992; Gercke/Leimenstoll, MedR 2010, 695 jew. mwN) Behandlungsvertrag geschlossen. Dieser begründet selbst noch keine Zahlungspflicht für den Patienten ; der genaue Vertragsinhalt wird nicht im Vorhinein festgelegt, weil erst die Untersuchungen den Umfang der zu erbringenden Leistungen bestimmen (Kern, in Laufs/Kern, Handbuch des Arztrechts, 4. Aufl., § 42 Rn. 1). Der Angeklagte wird aber berechtigt (vgl. § 612 Abs. 1, Abs. 2 BGB), die sodann erbrachten ärztlichen Leistungen gegenüber dem Patienten unabhängig vom etwaigen Bestehen eines Versicherungsschutzes abzurechnen. Grundlage hierfür ist - von hier nicht gegebenen Sonderfällen (z.B. § 85 Abs. 1 SGB V, § 18c IV BVG u.a.) abgesehen - ausschließlich und abschließend die den Honoraranspruch inhaltlich ausfüllende Gebührenordnung.
48
Nach dieser ist dem Angeklagten die Abrechnung delegierter Laborleistungen nach den Abschnitten M III und M IV versagt, die er - wie hier - nicht selbst erbracht hat (§ 4 Abs. 2 GOÄ i.V.m. Nr. 3 der Allgemeinen Bestimmungen zur Anlage M, die als Bestandteil der GOÄ an deren normativen Charakter teilnehmen; vgl. Griebau in Ratzel/Luxenburger, Handbuch Medizinrecht, 2. Aufl., § 11 Rn. 81 mwN; Uleer/Miebach/Patt, Abrechnung von Arzt- und Krankenhausleistungen, 3. Aufl., § 4 GOÄ Rn. 3). Mit der durch die 4. Änderungsverordnung zur GOÄ vom 18. Dezember 1995 (BGBl. I, 1861) eingeführten Regelung des § 4 Abs. 2 Satz 2 GOÄ sollte zielgerichtet verhindert werden, dass Ärzte Laborleistungen von darauf spezialisierten (und entsprechend preisgünstiger arbeitenden) Laborärzten beziehen und aus der Differenz zwi- schen dem Preis der „eingekauften“ Laborleistungen und den dafür nach GOÄ in Rechnung gestellten Gebühren erhebliche Gewinne erzielen. Um der damit verbundenen Ausweitung medizinisch nicht indizierter Laborleistungen entgegen zu wirken, sollte dem (Einsende)Arzt jeglicher finanzieller Anreiz im Zusammenhang mit nicht selbst erbrachten Speziallaborleistungen genommen sein (vgl. BR-Drucks. 211/94 S. 88f, 91 f, 94; BR-Drucks. 688/95; Uleer/ Miebach/Patt, aaO, GOÄ § 4 Rn. 7; Spickhoff, aaO, § 4 GOÄ Rn. 20 f.).
49
(2.) Der Angeklagte kann auch - unabhängig von der Regelung des § 12 Abs. 2 Nr. 5 GOÄ - nicht die nach den Feststellungen an die Laborärzte gezahlten Beträge als Aufwendungen geltend machen. Gemäß § 10 GOÄ abrechenbare Versand- und Portokosten sind dem Angeklagten (wie Einsendeärzten regelmäßig, vgl. Uleer/Miebach/Patt, aaO, § 10 GOÄ Rn. 24) nach den Urteilsfeststellungen nicht entstanden, vielmehr wurden die „Proben mittels des Fahr- dienstes der Laborgruppe“ (UA S. 21) zum Laborarzt gebracht und die Befunde „oft per Datenfernübertragung an den Arzt übermittelt“ (UA S. 22).
50
Ein darüber hinausgehender Aufwendungsersatz besteht nicht. § 10 GOÄ regelt den Ersatz von Auslagen im Zusammenhang mit der Erbringung ärztlicher Leistungen abschließend. Die GOÄ stellt - verfassungsrechtlich unbedenklich - ein für alle Ärzte verbindliches zwingendes Preisrecht dar (BGH, Urteil vom 23. März 2006 - III ZR 223/05, Rn. 10; BGH, Urteil vom 12. Novem- ber 2009 - III ZR 110/09 Rn. 7 jew. mwN; vgl. auch Griebau, aaO, § 11 Rn. 10, 14), und regelt abschließend die berechenbaren Leistungen, die Höhe des zu entrichtenden Entgelts und die Art und Weise der Abrechnung (Griebau, aaO, § 11 Rn. 15, 41 mwN). Ein Aufwendungsersatz gemäß § 670 BGB, der ohnehin nur einen Ersatz erforderlicher Aufwendungen ermöglichte (vgl. auch BGH, Beschluss vom 26. Februar 2003 - 2 StR 411/02), kommt lediglich für andere als ärztliche Leistungen in Betracht (vgl. Uleer/Miebach/Patt, aaO, § 3 GOÄ Rn. 1, § 10 GOÄ Rn. 4; Spickhoff, aaO, § 10 GOÄ Rn. 2; Brück u.a., Kommentar zur GOÄ, 3. Aufl., § 10 Rn. 1; Kiesecker in Prütting, Medizinrecht, § 10 GOÄ Rn. 4; Schmatz/Goetz/Matzke, GOÄ, 2. Aufl., § 10 Vorbem.). Das ist nach dem Willen des Gesetzgebers etwa der Fall, wenn „Laborleistungen von Nichtärzten“ bezogen oder Aufwendungen geltend gemacht werden, „die durch nichtärztliche Leistungen bedingt sind“ (vgl. BR-Drucks.295/82, S. 15). Daher ist für die im Rahmen des Behandlungsvertrages vom Angeklagten beauftragten und - wie hier - von einem Laborarzt erbrachten Laborleistungen kein Raum für eine Anwendung des § 670 BGB neben der GOÄ (vgl. auch Brück u.a., aaO, § 10 Rn. 1).
51
(3.) Vertragliche Ansprüche des Laborarztes gegenüber den Patienten, die der Angeklagte aus abgetretenem Recht hätte geltend machen können, bestanden hier nicht. Die von der Strafkammer vertretene Auffassung, aus den Laborleistungen könne vorliegend „eine Forderung der Gemeinschaftspraxis Dr. Sch. gegen den Patienten“ (UA S. 22) resultieren, teilt der Senat nicht. Für einen zu einer solchen Forderung führenden Vertrag zwischen Laborarzt und Patient wäre jedenfalls erforderlich gewesen, dass der Angeklagte - wie dies bei regelkonform verlaufenden Fällen vermutet werden kann (vgl. dazu BGH, Urteil vom 14. Januar 2010 - III ZR 173/09; BGH, Urteil vom 14. Januar 2010 - III ZR 188/09; BGH, Urteil vom 29. Juni 1999 - VI ZR 24/98 jew. mwN) - bei Beauftragung des Laborarztes als Stellvertreter des Patienten im Rahmen seiner Vertretungsmacht und mit dem Willen handelte, hierbei den Patienten zu vertreten; dies ist hier jedoch nicht der Fall. Ob darüber hinaus der Annahme eines Vertrages zwischen Patient und Laborarzt bereits das Fehlen eines Hinweises nach § 4 Abs. 5 GOÄ (Unterrichtung des Patienten über das Hinzuziehen eines seinerseits liquidationsberechtigten Dritten) entgegen steht (so die h.M., z.B. LG Düsseldorf, Urteil vom 3. November 1995 - 20 S 58/95; Uleer/Miebach/Patt, aaO, § 4 GOÄ Rn. 115 mwN; Schmatz/Goetz/Matzke, aaO, § 4 Anm. 11; Brück u.a., aaO, § 4 Rn. 21; in diesem Sinn auch BGH, Urteil vom 19. Dezember 1995 - III ZR 233/94, NJW 1996, 781; a.A. Spickhoff, aaO, § 4 GOÄ Rn. 47; Griebaum, aaO, § 11 Rn. 95), bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung.
52
Der Angeklagte wollte hier jedenfalls nicht als Stellvertreter des jeweiligen Patienten mit dem Laborarzt kontrahieren; es fehlt nach dem festgestellten Sachverhalt schon - wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat - an einem Vertretungswillen. Nach den Feststellungen der Strafkammer beruht die Beauftragung des Laborarztes nämlich in jedem Einzelfall auf einer „zur Förderung einer dauerhaften Kooperation“ (UA S. 22) geschlossenen besonde- ren „Rahmenvereinbarung“, deren wesentliches Element darin bestand, dass - wie die Revision in anderem Zusammenhang konzediert - der Laborarzt keinen eigenen Anspruch gegenüber dem Patienten soll geltend machen können (UA S. 105). Die Abrechnung der Laborleistung sollte ausschließlich im Verhältnis zwischen Laborarzt und Angeklagtem erfolgen. Gegenüber dem Patienten soll ausschließlich der vereinbarungsgemäß nach außen als Leistungserbringer in Erscheinung tretende Angeklagte abrechnen. Schon dies belegt, dass nach übereinstimmendem Willen von Angeklagtem und Laborarzt nicht der Patient berechtigt und verpflichtet werden sollte (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 18. März 1998 - 13 U 75/97). Dementsprechend wäre hier sogar (wie sonst üblich, vgl. Gercke/Leimenstoll, MedR 2010, 695) eine „förmliche“ Überweisung der Patienten entbehrlich; auch liegt der von der Revision in anderem Zusammenhang gezogene Schluss nahe, Auskunfts- und Herausgabeansprüche betreffend die Laborleistungen richteten sich allenfalls gegen den Angeklagten. Der Angeklagte handelte - anders als in regelkonform verlaufenden Fällen - auch nicht im ausschließlichen Interesse der Patienten, sondern in erster Linie um sich aus dem „Weiterverkauf“ von Laborleistungen „eine auf Dauer gerich- tete Einnahmemöglichkeit“ (UA S. 19) zu verschaffen. In der Behauptung des Angeklagten, es sei ein „Factoring“ vereinbart, hat die Strafkammer rechtsfehlerfrei ein lediglich „vorgeschobenes“ Argument gesehen, um eine in Wahrheit gewollte Zuwendung zu verdecken (UA S. 22, 107 f.). Daher hat der Angeklagte nach den Feststellungen die Leistungen vom Labor selbst bezogen, hierfür „Einkaufskosten“ gehabt und dann „weiterverrechnet“ (vgl. UA S. 23).
53
Der Annahme fehlenden Vertretungswillens steht nicht entgegen, dass sowohl die „Rahmenvereinbarung“ als auch jede darauf fußende Einzelbeauftragung , mit der sich der Angeklagte in Abhängigkeit zur Zuweisung von Patienten stehende Vorteile vom Laborarzt hat versprechen lassen, als Koppelungsgeschäft gegen § 31 BayBOÄ verstößt (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juni 1989 - I ZR 120/87, MedR 1990, 77; OLG Koblenz, MedR 2003, 580; Wigge in Schnapp/Wigge, Handbuch des Vertragsarztrechts, 2. Auf., § 2 Rn. 44; Scholz in Spickhoff, Medizinrecht, § 31 MBO Rn. 4 mwN; Taupitz, MedR 1993, 365, 372) und deswegen (§ 31 BayBOÄ ist ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB, vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 1986 - VIII ZR 10/85; BayObLG, Urteil vom 6. November 2000 - 1Z RR 612/98; OLG Hamm, Urteil vom 22. Oktober 1984 - 2 U 172/83; a.A. Taupitz, MedR 1992, 272) ihrem gesamten Umfang nach nichtig sind und Angeklagter und Laborarzt dies erkannten.
54
Wirtschaftlich stellt die Vereinbarung zwischen dem Angeklagten und dem Laborarzt nichts anderes dar als die Vereinbarung einer umsatzabhängi- gen „kick-back“ Zahlung. Ob die Beauftragung des Laborarztes (deswegen) sogar als nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig anzusehen ist (vgl. OLG Köln, Urteil vom 3. Juni 2002 - 11 W 13/02, MedR 2003, 460), bedarf keiner Entscheidung. Die Hypothese der Revision, Laborarzt und Angeklagter hätten im Zweifel einen wirksamen Honoraranspruch gewollt (§ 140 BGB), ist urteilsfremd und übersieht, dass nach den Feststellungen Zweifel am tatsächlichen Willen des Angeklagten nicht verbleiben. Für die Anwendung einer Auslegungsregel, Vertragsparteien wollen sich gesetzeskonform verhalten und nichts Unredliches anstreben (dazu BGH, Urteil vom 3. Dezember 2003 - VIII ZR 86/03, NJW 2004, 1240; BGH, Urteil vom 16. Dezember 1999 - IX ZR 117/99, NJW 2000, 1333), ist kein Raum, wenn - wie hier festgestellt - Angeklagter und Laborarzt übereinkamen, unter „Verzicht auf die rechtlich gebotene Direktabrechnung“ gegenüber dem Patienten dem Laborarzt „eine stetige und möglichst umfang- reiche Weiterbeauftragung durch die Einsendeärzte, die ihrerseits an Honoraren beteiligt werden, auf die sie keinen Anspruch haben“, zu sichern (UA S. 22 f.).
55
Einer von der Revision erstrebten Umdeutung steht - abgesehen von der beiderseitigen Kenntnis der Nichtigkeit (vgl. Ellenberger in Palandt, BGB, 71. Aufl., § 140 Rn. 8) - überdies entgegen, dass jedes andere Rechtsgeschäft, das auf die Erreichung des von § 31 BayBOÄ untersagten wirtschaftlichen Ziels gerichtet ist (sei es als Forderungsabtretung im Rahmen des behaupteten „Factoring“ , sei es als Erfüllung der Patientenschuld durch Zahlung des Angeklagten mit notwendigerweise gleichzeitigem Erlassvertrag i.S.v. § 397 BGB), ebenfalls nichtig wäre. § 31 BayBOÄ missbilligt den vom Angeklagten und dem Laborarzt erstrebten Erfolg, nicht lediglich das hier gewählte Mittel zu dessen Erreichen.
Das Rechtsgeschäft kann nicht in ein solches mit einem anderen, nach den Urteilsfeststellungen tatsächlich aber nicht gewollten wirtschaftlichen Ziel (etwa dahingehend, der Angeklagte wolle eine Schuld des Patienten nur teilweise tilgen) umgedeutet werden.
56
(4.) Ebenso wenig sind sonstige Ansprüche des Laborarztes gegen die Patienten gegeben, die der Angeklagte aus abgetretenem Recht hätte geltend machen können. Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 677, 670 BGB) bestehen nicht. Der Laborarzt erbrachte die Laborunterleistungen - wenngleich aufgrund eines nichtigen, als solches erkannten aber gleichwohl in seiner Durchführung gewollten Rechtsgeschäfts - ausschließlich an den Angeklagten und handelte nach den Urteilsfeststellungen - unbeschadet einer naheliegender Weise anonymisierten Übersendung des Untersuchungsmaterials - nicht mit dem Willen, ein auch dem Patienten zugutekommendes Geschäft zu besorgen (vgl. §§ 687, 684 BGB). Vielmehr sollte allein der Angeklagte als vermeintlicher Leistungserbringer auftreten können. Auch auf § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative BGB gestützte Ansprüche - eine Nichtleistungskondiktion findet wegen deren Subsidiarität nicht statt (Schwab in MüKomm-BGB, 5. Aufl., § 812 Rn. 57 mwN) - kann der Laborarzt allenfalls (vgl. § 817 Satz 2 BGB) im Leistungsverhältnis gegenüber dem Angeklagten geltend machen; auch ein Anspruch nach § 822 BGB besteht nicht.
57
(5.) Der Verstoß gegen das Verbot aus § 31 BayBOÄ, das sich - wie auch das von der Revision vorgelegte Gutachten ausführt - nach Inhalt und Zweck gleichermaßen gegen Verpflichtungs- wie Verfügungsgeschäft richtet, würde überdies zu einem Abtretungsverbot (vgl. Ellenberger in Palandt, BGB, 71. Aufl., § 134 Rn. 13; Wendtland in BeckOK-BGB, § 134 Rn. 22) und zur Unwirksamkeit der von der Revision geltend gemachten Einziehungsermächtigung führen (vgl. BGH, Urteil vom 27. Februar 1992 - IX ZR 57/91; Bayreuther in MüKomm-BGB, 6. Aufl., § 185 Rn. 36; Grüneberg in Palandt, BGB, 71. Aufl., § 398 Rn. 37).
58
(6.) Der Angeklagte kann gegen die Patienten auch keine (eigenen) Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 677, 670 BGB) geltend machen. Für die im Rahmen und nicht nur gelegentlich des mit dem Patienten geschlossenen Behandlungsvertrages erbrachten Leistungen bestimmen die Regelungen der GOÄ mögliche Aufwendungsersatzansprüche wie aufgezeigt abschließend. Überdies resultieren die zur „Beschaffung“ der Laborleistungen getätigten „Aufwendungen“ allein aus einervom Gesetz verbotenen Tätigkeit. Der Angeklagte durfte sie also nicht für erforderlich i.S.v. § 670 BGB halten (gefestigte Rechtsprechung, vgl. BGH, Urteil vom 21. Oktober 2010 - IX ZR 48/10 mwN). Wegen grundsätzlicher Vorrangigkeit der vertraglichen Ansprüche scheiden auch bereicherungsrechtliche Ansprüche aus (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 1992 - XII ZR 253/90 mwN; Sprau in Palandt, BGB, 71. Aufl., vor § 812 Rn. 6 mwN). Überdies ist es, wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausführt und was auch für den - hier nicht gegebenen - Fall des von der Verteidigung geltend gemachten aber unwirksamen „Factoringgeschäfts“ gilt, „nicht Aufgabe des Bereicherungsrechts, Vermögensnachteile auszugleichen, die sich Ärzte durch eine bewusst den Vorschriften der GOÄ zuwiderlaufende Abrechnungsweise selbst einhandeln.“ Die von § 4 Abs. 2 Satz 2 GOÄ und § 31 BayBOÄ dem Angeklagten untersagte Vermögensmehrung kann diesem nicht auf dem Umweg des Bereicherungsrechts zufließen (vgl. §§ 814, 817 BGB).
59
bb) Dem Angeklagten steht gegen den Patienten auch kein Zahlungsanspruch hinsichtlich der in seinen Praxisräumen erbrachten Akupunktur- und Osteopathieleistungen zu.
60
(1.) Nach den Urteilsfeststellungen haben die Patienten allein mit dem Angeklagten einen Behandlungsvertrag geschlossen. Danach ist ihm die Abrechnung der nicht selbst erbrachten Leistungen verwehrt.
61
(a.) Die Therapeuten haben ihre Leistungen „aufgrund vorheriger Ver- schreibung entsprechender Leistungen durch den Angeklagten“ erbracht (UA S. 28), teilweise habe es auch „eine Art ‚Abschlussgespräch‘ mit dem Ange- klagten nach Durchführung der empfohlenen Behandlung durch B. /D. ge- geben“ (UA S. 74). Der Angeklagte hat die „eingekauften Leistungen“als eige- ne den Patienten verkaufen wollen (UA S. 50). Schon daraus ergibt sich, dass die Patienten, die sich „über die arbeitsrechtliche Einordnung der Herren B. und D. innerhalb der Praxis des Angeklagten keine näheren Gedanken ge- macht“ haben (UA S. 74), nicht mit dem Willen handelten, mit den Therapeuten einen Vertrag abzuschließen; in der schlichten (widerspruchslosen) Hinnahme der Vertreterleistung kann ein dahingehender Rechtsgeschäftswille nicht erblickt werden (vgl. OLG Karlsruhe NJW 1987, 1489; Spickhoff, aaO, § 4 GOÄ Rn. 18 mwN; Kuhla, NJW 2000, 841, 846 mwN).
62
Auch der Angeklagte handelte nach diesen Feststellungen nicht mit dem Willen, die Patienten bei einem solchen Vertragsschluss zu vertreten. Hinzu kommt, dass nach den Urteilsfeststellungen die Therapeuten nicht über eine Approbation oder Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde verfügten (UA S. 27 f.). Ohne eine solche sowohl für die Erbringung von Akupunkturleistungen (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 15. März 2011 - 8 ME 8/11; VG Trier, Urteil vom 18. August 2010 - 5 K 221/10.TR, 5 K 221/10 ) als auch für osteopathische Behandlungen (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 8. Dezember 2008 - 7 K 967/07) erforderliche Erlaubnis nach § 1 HeilPrG, würde im Übrigen auch die Wirksamkeit eines mit den Therapeuten geschlossenen Behandlungsvertrages durchgreifenden Bedenken begegnen (vgl. OLG Düsseldorf NJW 1988, 2308; OLG München NJW 1984, 1826; Armbrüster in MüKomm-BGB, 6. Aufl. 2012, § 134 Rn. 89 mwN).
63
(b.) Umfang und Höhe des für die Akupunktur- und der Osteopathieleistungen Abrechenbaren werden - wiederum ausschließlich und abschließend - durch die Regelungen der GOÄ bestimmt. Diese finden für alle „beruflichen Leistungen der Ärzte“ i.S.v. § 1 Abs. 1 GOÄ Anwendung, also alle Tätigkeiten, die sich auf die Ausübung der Heilkunde beziehen (Diagnose und Therapie) oder die damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Maßnahmen (Lang/Schäfer/Stiel/Vogt, GOÄ-Kommentar, 2. Aufl., § 1 Rn. 4), wozu auch Sonderleistungen der Alternativmedizin rechnen (vgl. § 6 Abs. 2 GOÄ und Lang/Schäfer/Stiel/Vogt, aaO, § 1 Rn. 16; Hoffmann, GOÄ, 3. Aufl., § 6 GOÄ Rn. 7). Die Hypothese der Revision, die Geltung der GOÄ sei hier - wenn auch nicht wirksam (§§ 125, 126 BGB) - abbedungen worden, wird von den Feststellungen nicht getragen. Vielmehr belegt das Fehlen einer sich auf konkret bestimmte einzelne Leistungen beziehenden (vgl. Lang/Schäfer/Stiel/Vogt, aaO, § 2 Rn. 8), schriftlichen Honorarvereinbarung (vgl. § 2 Abs. 2 GOÄ) und die nachfolgende Abrechnung unter Bezugnahme auf die GOÄ, dass ein Rechtsgeschäftswille zum Abschluss einer gesonderten Honorarvereinbarung nicht bestand.
64
Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 GOÄ, der als Einschränkung der Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung eng auszulegen ist (AG München, Urteil vom 9. Juni 1993 - 232 C 4391/93; Hübner in Prütting, Medizinrecht, § 4 GOÄ Rn. 4), kann der Angeklagte Gebühren (also Vergütungen für die im Gebührenverzeichnis genannten ärztlichen Leistungen) für die nicht selbst erbrachten Therapieleistungen nur abrechnen, wenn sie unter seiner Aufsicht und nach fachlicher Weisung erbracht worden wären (vgl. auch Uleer/Miebach/Patt, aaO, § 4 Rn. 6, 39 ff.). Nach den Feststellungen haben die Therapeuten indes ihre Leistungen „in eigener Verantwortung, ohne Aufsicht und Kontrolle durch den Angeklagten“ (UA S. 28) erbracht. Der Angeklagte hatdie Therapeuten nicht „persönlich überwacht“, teils war er ortsabwesend und auch wenn er zeitgleich mit den Therapeuten in den Praxisräumen anwesend war, hat er diesen keine Weisungen erteilt. Hierzu fehlte ihm auch „die fachliche Qualifikation“ (UA S. 51). Damit liegen die Voraussetzungen für eine Abrechenbarkeit der Thera- pieleistungen durch den Angeklagten nicht vor. Als nach „fachlicher“ Weisung erbracht können Leistungen schon nicht angesehen werden, die der Arzt selbst mangels entsprechender Ausbildung nicht fachgerecht durchführen kann (vgl. Brück u.a., aaO, Einl. u § 4; Lang/Schäfer/Stiel/Vogt, aaO, § 4 Rn. 6; Uleer/ Miebach/Patt, aaO, § 4 Rn. 40; Cramer/Henkel, MedR 2004, 593, 596). Der Hinweis der Revision auf § 5 Abs. 2 GOÄ verfängt nicht. Der Angeklagte hätte die Therapieleistungen - abgesehen davon, dass er nach den Urteilsfeststellungen auch nicht delegationsfähige, vom Arzt selbst zu erbringende Kernleistungen (Untersuchung, Beratung, Entscheidung über therapeutische Maßnahmen ) den Therapeuten übertragen hat - auch nicht an die dadurch gegen § 5 HeilPrG verstoßenden Therapeuten delegieren dürfen.
65
(2.) Im Hinblick auf den wirksamen Behandlungsvertrag mit den Patienten kann der Angeklagte - in gleicher Weise wie im Zusammenhang mit den „eingekauften“ Speziallaborleistungen - auch keine anderen als vertragliche Ansprüche (aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherungsrecht) geltend machen. Einem Aufwendungsersatz hinsichtlich der an die Therapeuten gezahlten Beträge steht die auch solche Ansprüche hier abschließend regelnde GOÄ entgegen. Für eine Anwendung des § 670 BGB besteht für die hier im Rahmen des Behandlungsvertrages erbrachten Osteopathie- und Akupunktur- leistungen kein Raum. Die Zahlungen des Angeklagten an die mangels Approbation oder Erlaubnis nach HeilPrG nicht zu Therapieleistungen befugten Therapeuten waren überdies wiederum nicht erforderlich i.S.v. § 670 BGB.
66
(3.) Der Angeklagte konnte auch keine von den Therapeuten abgetretenen Ansprüche, die diesen gegenüber den Patienten zustünden, geltend machen. Vertragliche Ansprüche der Therapeuten bestehen - wie aufgezeigt - nicht. Sonstige Ansprüche könnten sie - unbeschadet der Frage der Wirksamkeit der zugrunde liegenden Vereinbarung - allenfalls im Verhältnis zum Angeklagten geltend machen.
67
cc) Ein Zahlungsanspruch des Angeklagten - sei es aus eigenem oder abgetretenem Recht - besteht auch nicht hinsichtlich der als Leistungen der Klasse M II abgerechneten Laborleistungen der Klasse M III, die weder vom Angeklagten selbst noch unter seiner Aufsicht (§ 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 GOÄ) noch von einem einzig zur Leistungserbringung und -abrechnung ermächtigten Speziallabor erbracht wurden (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Anlage M zur GOÄ). Aufgrund der Gesetzwidrigkeit der Vereinbarung zwischen Laborarzt und der die Leistung tatsächlich erbringenden Laborgemeinschaft (vgl. auch LG Duisburg , Urteil vom 18. Juni 1996 - 1 O 139/96), konnte der Angeklagte in diesem Zusammenhang erbrachte Aufwendungen wiederum auch nicht für erforderlich i.S.d. § 670 BGB erachten.
68
c) Das Vorliegen eines durch die dargestellte Täuschung bei den Patienten hervorgerufenen Irrtums i.S.d. § 263 StGB - was Tatfrage ist (vgl. BGH, Urteil vom 22. August 2006 - 1 StR 547/05 mwN) - hat die Strafkammer (wie in Fällen kollusiven Zusammenwirkens mit den Patienten, siehe oben unter 1.) ohne Rechtsfehler bejaht. Nach den durch Zeugenaussagen gestützten, rechtsfehlerfreien Feststellungen unterlagen die Patienten, wie der Generalbundes- anwalt zutreffend ausführt, einer mit der Täuschung korrelierenden, der Wirklichkeit nicht entsprechenden Fehlvorstellung.
69
Ein Irrtum i.S.d. § 263 Abs. 1 StGB setzt grundsätzlich nicht voraus (zu Einschränkungen vgl. Dannecker in Graf/Jäger/Wittig, aaO, § 263 StGB Rn. 61), dass sich der Adressat einer auf einer Gebührenordnung basierenden (Ab)Rechnung eine konkrete Vorstellung über die Berechnung und die in Ansatz gebrachten Bemessungsgrundlagen macht. Entscheidend - aber auch ausreichend - ist das gedankliche Mitbewusstsein über die Ordnungsgemäßheit der Rechnungsstellung und sei es nur - wie es die Strafkammer hier feststellt - als „allgemein gehaltene Vorstellung, die Abrechnung sei in Ordnung“ (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juni 2009 - 5 StR 394/08 mwN; Tiedemann in LKStGB , 11. Aufl., § 263 Rn. 79, 91 mwN; Cramer/Perron in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 263 Rn. 37 ff.; Beukelmann in BeckOK-StGB, § 263 Rn. 25).
70
Nach den Urteilsfeststellungen mussten die Patienten - soweit die Straf- kammer nicht ohnehin ausdrücklich feststellt, dass „die Patientenirrten“ (UA S. 24) - in allen Fällen mangels hinreichender eigener Fachkenntnisse („Die gebührenrechtlichen Einzelheiten waren ihnen gänzlich unbekannt“, UA S. 103) auf die sachliche Richtigkeit der Rechnungen vertrauen und haben dies auch. Sie haben „darauf vertraut, dass die Rechnungen von dem Angeklagten korrekt erstellt werden“ (UA S. 103) und „an die Rechtmäßigkeit der Abrechnung geglaubt“ (UA S.109).
71
Demzufolge trifft die Auffassung hier jedenfalls aus tatsächlichen Gründen nicht zu, in Fällen nicht oder nicht selbst erbrachter Leistungen fehle es „in aller Regel“ wegen der Erkennbarkeit des tatsächlichen Leistungsumfangs und des tatsächlichen Leistungserbringers sowie der gemäß § 12 GOÄ spezifizierten Rechnung an einem Irrtum (Dahm, MedR 2003, 268, 269; Dannecker in Graf/Jäger/Wittig, aaO, § 263 StGB Rn. 185; Schuhr in Spickhoff, aaO, § 263 Rn. 25; Tsambikakis in Prütting, Medizinrecht, § 263 StGB Rn. 32).
72
Ein Patient kann nicht wissen, ob in seiner Abwesenheit vom Angeklagten - wie behauptet - Laboruntersuchungen selbst durchgeführt oder eine eigene Befundung vorgenommen werden. Patienten, denen - wie hier - die „gebüh- renrechtlichen Einzelheiten gänzlich unbekannt“ sind, kennen weder die Diffe- renzierung nach unterschiedlichen Laborleistungen, noch die Voraussetzungen, unter denen in der Praxis eines Arztes von Dritten erbrachte Leistungen (etwa bei der Blutentnahme) oder Osteopathieleistungen im Wege einer Analogbewertung gemäß § 6 Abs. 2 GOÄ vom Arzt abgerechnet werden können. Auch weiß ein solcher Patient nicht, ob der Angeklagte Labor- oder sonstige ärztliche oder heilkundliche Leistungen im gebührenrechtlichen Sinn selbst erbracht hat. Soweit die Patienten von anderen als dem Angeklagten, aber in dessen Praxis und nach einer Eingangsuntersuchung durch diesen behandelt wurden, haben sie „die Fehlerhaftigkeit der Abrechnungen“ nicht erkannt (UA S. 30), sie gingen vielmehr davon aus, dass die Rechnungen „inhaltlich richtig und den Abrech- nungsvorschriften entsprechend erstellt worden waren“ (UA S. 74).
73
Die Strafkammer hat nicht festgestellt, dass die Patienten Zweifel an der Richtigkeit der von der M. GmbH erstellten Rechnungen gehabt haben, die ohnedies einen Irrtum grundsätzlich nicht entfallen ließen (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2002 - 3 StR 161/02; BGH, Urteil vom 8. Mai 1990 - 1 StR 144/90; Satzger in SSW-StGB, § 263 Rn. 78 jew. mwN). Eine etwaige Leichtgläubigkeit der Patienten stünde der Annahme eines Irrtums ebenso wenig entgegen, wie die Erkennbarkeit der Täuschung bei hinreichend sorgfältiger Prüfung (BGH, Beschluss vom 15. Oktober 1991 - 4 StR 420/91 mwN). Weiter ist unerheblich, dass oder ob der Patient die Abrechnung bereits einer Versicherung oder Beihilfestelle vorgelegt hat (Schubert, ZRP 2001, 154, 155).
74
II. Auch die Annahme eines Schadens i.S.v. § 263 StGB wird von den Feststellungen belegt.
75
1. Nach ständiger Rechtsprechung ist unter Vermögensschaden i.S.d. § 263 StGB - gleichermaßen wie unter Nachteil i.S.d. § 266 StGB - jede durch die Tat verursachte Vermögensminderung zu verstehen, wobei diese nach dem Prinzip der Gesamtsaldierung auf Grund eines Vergleichs des Vermögensstandes vor und nach der Tat bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise festzustellen ist (vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 5. Juli 2011 - 3 StR 444/10; BGH, Beschluss vom 13. September 2010 - 1 StR 220/09; BGH, Urteil vom 4. März 1999 - 5 StR 355/98; BGH, Beschluss vom 30. Juli 1996 - 5 StR 168/96; Fischer, aaO, § 263 Rn. 110 ff. mwN). Normative Gesichtspunkte können bei der Bewertung von Schäden eine Rolle spielen; sie dürfen die wirtschaftliche Betrachtung allerdings nicht überlagern oder verdrängen (BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2011 - 2 BvR 1857/10 Rn. 176). Ein Schaden liegt nicht vor, wenn zugleich ein den Verlust aufwiegender Vermögenszuwachs begründet wird. Ein solcher Vermögenszuwachs tritt beispielsweise ein, soweit das Vermögen von einer Verbindlichkeit in Höhe des Verlustes befreit wird (BGH, Beschluss vom 5. Juli 2011 - 3 StR 444/10 mwN). Eine solche Kompensation scheidet hingegen regelmäßig dann aus, wenn sich die Vermögensmehrung nicht aus der Verfügung selbst ergibt, sondern durch eine andere, rechtlich selbständige Handlung hervorgebracht wird (vgl. BGH, Beschluss vom 13. September 2010 - 1 StR 220/09; BGH, Urteil vom 4. März 1999 - 5 StR 355/98).
76
Maßgeblich für den Vermögensvergleich ist der Zeitpunkt der täuschungsbedingten Vermögensverfügung, also der Vergleich des Vermögens- werts unmittelbar vor und nach der hier in der Zahlung an den Angeklagten liegenden Vermögensverfügung; spätere Entwicklungen, wie Schadensvertiefung oder Schadensausgleich, berühren den tatbestandlichen Schaden nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 14. April 2011 – 2 StR 616/10; BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08; BGH, Urteil vom 4. März 1999 - 5 StR 355/98 jew. mwN).
77
2. Gemessen hieran hält die Annahme eines Schadens i.S.v. § 263 Abs. 1 StGB auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen revisionsrechtlicher Prüfung stand.
78
a) In Fällen kollusiven Zusammenwirkens mit den Patienten zahlten die Versicherungen / die Beihilfestelle, ohne zur Zahlung verpflichtet zu sein, ohne also durch die Zahlung eine gleichwertige Forderung des beihilfeberechtigten Versicherungsnehmers zum Erlöschen zu bringen. Das Entstehen eines Rückforderungs - oder Schadenersatzanspruchs gegenüber dem Arzt kann - wie auch sonst bei durch die Tat entstehenden Schadens- und Gewährleistungsansprüchen (vgl. Satzger in aaO, § 263 Rn. 152; Fischer, aaO, § 263 Rn. 155) - nicht zu einer schadensausschließenden Kompensation führen.
79
b) In gleicher Weise stand in allen anderen Fällen den Zahlungen der Patienten kein äquivalenter Vermögensausgleich gegenüber. Dies gilt auch in den insoweit einzig näher zu erörternden (vgl. Schuhr, aaO, § 263 StGB Rn. 43) Fällen, in denen der Angeklagte nicht selbst erbrachte Leistungen abrechnete. Durch die irrtumsbedingte Zahlung der Patienten (nach den Feststellungen zahlten die Patienten in allen Fällen jeweils unmittelbar selbst nach Erhalt der Rechnung an die zum Einzug berechtigte M. GmbH vollständig „die jeweils in den Rechnungen ersichtlichen Beträge“; UA S. 15, auch S. 24, 25, 26) wird deren Vermögen gemindert, ohne dass dem ein äquivalenter Vermö- genszufluss gegenübersteht. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Zahlung war das Vermögen der Patienten - unbeschadet der Frage der Fälligkeit, vgl. BGH, Beschluss vom 5. Juli 2011 - 3 StR 444/10 - nicht mit einem Zahlungsanspruch belastet; ohne diesen hat die erbrachte ärztliche Leistung hier keinen eigenen, zur Bestimmung des tatbestandlichen Schadens i.S.v. § 263 Abs. 1 StGB maßgeblichen wirtschaftlichen Wert.
80
aa) Die Bewertung des Vermögens bzw. Schadens erfolgt nach objektiven wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Auf die subjektive Einschätzung des Patienten , ob er sich wegen der von einem anderen als dem Angeklagten erbrachten Leistung nicht geschädigt fühlt, kommt es nicht an. Maßgebend für den Vergleich von Leistung und Gegenleistung ist regelmäßig der Verkehrswert (vgl. Cramer/ Perron in Schönke/Schröder, aaO, § 263 Rn. 109 ff. mwN) oder ein an Angebot und Nachfrage orientierter Marktpreis, der auch nach dem von den Vertragsparteien vereinbarten Preis unter Berücksichtigung der für die Parteien des fraglichen Geschäfts maßgeblichen preisbildenden Faktoren bestimmt werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 2010 - 1 StR 245/09).
81
Für privatärztliche Leistungen, für die es weder einen Verkehrswert noch einen (objektiven) Markt oder einen von den Vertragsparteien frei zu vereinbarenden Preis gibt, bestimmen die materiell-rechtlichen Normen zur Abrechenbarkeit der Leistung, namentlich der GOÄ, zugleich deren wirtschaftlichen Wert. Ist etwa eine Behandlungsleistung zwar erbracht, gilt sie aber als mit einer anderen Leistung abgegolten (vgl. z.B. § 4 Abs. 2a GOÄ), kommt ihr kein eigener wirtschaftlicher Wert zu, mag auch der Patient, hätte er die Leistung alleine bezogen , daraus resultierende Aufwendungen gehabt haben. In dem Umfang, in dem die Rechtsordnung einer privatärztlichen Leistung die Abrechenbarkeit versagt, weil etwa die für die Abrechenbarkeit vorgesehenen Qualifikations- und Leistungsmerkmale nicht eingehalten sind, kann ihr kein für den tatbestandlichen Schaden i.S.v. § 263 StGB maßgeblicher wirtschaftlicher Wert zugesprochen werden (vgl. Beckemper/Wegner, NStZ 2003, 315, 316; für wahlärztliche Leistungen: Hellmann/Herffs, aaO, Rn. 391 ff.; Freitag, aaO, S. 175 f.). Führt die erbrachte ärztliche Leistung mangels Abrechenbarkeit nicht zum Entstehen eines Zahlungsanspruchs, findet eine saldierende Kompensation nicht statt. Zahlt der in Anspruch Genommene irrtumsbedingt ein nicht geschuldetes Honorar, ist er in Höhe des zu Unrecht Gezahlten geschädigt. Wer eine Leistung unter den jeweils gegebenen Umständen unentgeltlich erlangen oder bereits dafür Geleistetes zurückfordern kann, ohne hierfür Wertersatz leisten zu müssen, ist in Höhe desjenigen Betrages geschädigt, den er täuschungsbedingt gleichwohl hierfür aufgewandt hat.
82
Dies entspricht gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum vertragsärztlichen Abrechnungsbetrug (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2002 - 3 StR 161/02; BGH, Beschluss vom 28. September 1994 - 4 StR 280/94; BGH, Urteil vom 10. März 1993 - 3 StR 461/92; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 8. September 1997 - 2 BvR 2414/97), deren zugrunde liegendeWertung - unbeschadet sozialrechtlicher Besonderheiten - auf den Bereich privatärztlicher Leistungserbringung und Abrechnung übertragbar ist (vgl. auch Peickert, MedR 2000, 352, 354; a.A. Gercke/Leimenstoll, MedR 2010, 695).
83
Für privatärztliche Leistungen bestimmt die GOÄ den Inhalt der abrechnungsfähigen ärztlichen Leistungen und deren taxmäßige (standardisierte) Honorierbarkeit abschließend. Die Anspruchsvoraussetzungen sind jeweils - dort nach Sozialrecht, hier nach den materiell-rechtlichen Vorschriften der GOÄ - fest umschrieben, eine tatbestandliche Schadenskompensation allein mit erbrachter ärztlicher Leistung ist dadurch ausgeschlossen (zutreffend Tiedemann in LK-StGB, 11. Aufl., § 263 Rn. 267). Der Leistende wird nicht von einer Verpflichtung gegenüber dem Arzt befreit, eine wirtschaftliche Vermögenssaldierung ergibt daher ein Minus (Hellmann, NStZ 1995, 232; Beckemper/Wegner, NStZ 2003, 315, 316).
84
Dass der Arzt durch Leistungserbringung von einer Leistungspflicht be- freit wird, eine erneute Behandlung „wirtschaftlich unsinnig“ wäre (Gaizik, wistra 1998, 329, 332, ebenso Idler, JUS 2004, 1037, 1040; Stein, MedR 2001, 124, 127), ist für die Schadensbestimmung unbeachtlich. Auch eine von einem Laien durchgeführte und zufällig erfolgreiche Behandlung würde erneute Leistungserbringung „unsinnig“ machen (vgl. Grunst, NStZ 2004, 533, 535), ohne dass ihr ein wirtschaftlicher Wert zugesprochen werden könnte.
85
Im Bereich privatärztlicher Liquidation, bei der der behauptete Honoraranspruch nicht schon aus dem Behandlungsvertrag, sondern erst aufgrund der erbrachten Leistungen entsteht, kann eine Zahlung für die Leistungserbringung nicht kausal werden; die Zahlung ist ohne eigenen Vermögenswert, wenn nicht die Rechtsordnung durch Ansprüche eine Korrespondenzbeziehung herstellt (Schuhr, aaO, § 263 StGB, Rn. 44). Lediglich formalrechtliche „Leistungsge- währungsvoraussetzungen“, wie sie als Einschränkungen der zum Vertragsarztrecht entwickelten „streng formalen Betrachtungsweise“ diskutiert werden (vgl. Volk, NJW 2000, 3385, 3386) oder wie sie im Bereich des Subventionsbetruges zum Tragen kommen können (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Januar 2006 - 5 StR 334/05; Fischer, aaO, § 263 Rn. 142 mwN), sind der Abrechnung privatärztlicher Leistungen auf der Grundlage der an die Person des Leistungserbringers (z.B. § 4 Abs. 2 Satz 2 GOÄ) oder an die Art und Weise der Leistungserbringung (z.B. § 4 Abs. 2 Satz 1 GOÄ) anknüpfenden GOÄ fremd; auch wenn der zahlende Patient die Art der Leistungserbringung oder die Art der Ab- rechnung genehmigen wollte, bestünde dem Grunde nach ein materieller Anspruch nicht.
86
Auch sonst bestimmt sich der wirtschaftliche Wert einer Arbeitsleistung nach deren Abrechenbarkeit; die Möglichkeit, die eigene Arbeitskraft zur Erbringung von Dienstleistungen einzusetzen, hat Vermögenswert nur, soweit sie üblicher Weise gegen Entgelt erbracht wird (vgl. BGH, Urteil vom 18. Januar 2001 - 4 StR 315/00 mwN zu durch Betrug erlangter Arbeitsleistung). Indes wird gesetzeswidrigen Handlungen (vgl. BGH, Beschluss vom 27. November 2008 - 2 StR 421/08; BGH, Beschluss vom 2. Mai 2001 - 2 StR 128/01) oder Leistungen , die verboten sind oder unsittlichen Zwecken dienen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. April 1987 - 5 StR 566/86; BGH, Beschluss vom 20. Dezember1988 - 1 StR 654/88), mögen sie auch „üblicherweise“ nur gegen Entgelt (z.B. „Killer- lohn“) erbracht werden, kein Vermögenswert zuerkannt, da sich das Strafrecht ansonsten in Widerspruch zur übrigen Rechtsordnung setzen würde, wenn es im Rahmen des Betrugstatbestandes nichtigen - weil gesetzeswidrigen - Ansprüchen Schutz gewährte (vgl. auch Eckstein JZ 2012, 101, 104). Es entspricht einem allgemeinen Rechtsgedanken, wirtschaftliche Vorteile aus rechtsmissbräuchlichen Gestaltungen zu versagen (vgl. z.B. §§ 814, 817 S. 2 BGB, §§ 41, 42 AO); in Verbotenes Investiertes soll unwiederbringlich verloren sein (vgl. BT-Drucks. 11/1134, S.12 zum Verfall). Ebenso wird einer Arbeitsleistung ein wirtschaftlicher Wert abgesprochen, wenn Gesetz oder Verwaltungsvorschriften einer zu deren Entlohnung führenden Anstellung entgegenstanden, selbst wenn fachlich nicht zu beanstandende Leistungen erbracht wurden (BGH, Beschluss vom 18. Februar 1999 - 5 StR 193/98 mwN). Im Übrigen ist auch zur Frage der Rechtswidrigkeit des erlangten Vermögensvorteils allein das materiell-rechtliche Bestehen eines Anspruchs maßgeblich (vgl. BGH, Be- schluss vom 20. November 1981 - 2 StR 586/81; BayObLG, Beschluss vom 29. Juni 1994 - 2St RR 118/94).
87
Es kann nicht eingewandt werden, der Patient habe sich durch den Erhalt der Leistungen ansonsten erforderliche Aufwendungen erspart, er hätte die Leistungen auch vom Laborarzt (direkt) beziehen können und müssen. Die gegenteilige Ansicht (vgl. Gaizik, wistra 1998, 329, 331 ff. mwN, der allerdings zutreffend darauf hinweist, dass diese ersparten Aufwendungen kein unmittelbar aus der Zahlung fließendes Äquivalent darstellen) bezieht in unzulässiger Weise einen zwar anspruchsbegründenden, tatsächlich aber nicht gegebenen (und überdies nicht vorhersehbaren, vgl. Freitag, aaO, S. 139) Sachverhalt und somit hypothetische Reserveursachen ein, und überspielt damit im Wege einer Gesamtbetrachtung das Fehlen eines Anspruchs auf die durch Täuschung erlangte Leistung (zutreffend Tiedemann in LK-StGB, 11. Aufl., § 263 Rn. 267; ebenso Schuhr, aaO, § 263 StGB, Rn. 44; Fischer, aaO, § 263 Rn. 155; Grunst, NStZ 2004, 533, 537 jew. mwN).
88
bb) Dies zugrunde gelegt hat die Strafkammer im Ergebnis rechtsfehler- frei die „lege artis“ (Laborleistungen) bzw. „fehlerfrei“ (Akupunktur- undOsteo- pathieleistungen) erbrachten Leistungen nicht zur Verneinung des tatbestandlichen Schadens i.S.v. § 263 StGB herangezogen. Die erbrachten Leistungen haben das Vermögen des Patienten zum Zeitpunkt der Zahlung nicht mit einem Zahlungsanspruch in Höhe des Rechnungsbetrages belastet.
89
Wie bereits aufgezeigt, steht im Fall abgerechneter Speziallaborleistungen dem Angeklagten kein Zahlungsanspruch gegen den Patienten zu. Ebenso wenig ist das Vermögen des Patienten - wie auch die Revision in anderem Zusammenhang ausführt - mit einem Zahlungsanspruch des Laborarztes belastet.
90
Der Laborarzt, wiewohl er seine Leistung üblicherweise nur gegen Entgelt erbringt, leistet hier nicht an den Patienten, sondern erbringt seine Leistung - die Befundung, die sich in einem dem Angeklagten direkt übermittelten Datenwerk niederschlägt - ausschließlich im Verhältnis zum Angeklagten. Von diesem erhält er auch (bei „Verzicht auf die Abrechnung gegenüber dem Patienten“ ) das hierfür geforderte, der Höhe nach umsatzabhängige Entgelt. Erst aus dem Tätigwerden des Angeklagten, nämlich dessen „Weiterverkauf“ dieser Laborleistungen, erlangt der Patient etwas. Nach den abschließenden Regelungen der GOÄ erwachsen hieraus aber keine Zahlungsansprüche gegen den Patienten; der Angeklagte wird so gestellt, als habe er eine mit anderen Gebührenziffern bereits abgegoltene Leistung erbracht. Durch die materiell-rechtlichen Vorschriften der §§ 4 Abs. 2 und 10 GOÄ wird - der gesetzgeberischen Intention entsprechend - unterbunden, dass der Angeklagte aus dem Bezug erbrachter und sodann „weiterverkaufter“ Speziallaborleistungen einen wirtschaftlichen Wert schöpfen kann.
91
In gleicher Weise stehen die den taxmäßigen Wert der Akupunktur- und Osteopathieleistungen bestimmenden Regelungen der GOÄ deren Abrechnung durch den Angeklagten oder die Therapeuten entgegen. Die Leistungserbringung kann nicht zu einem das Vermögen des Patienten belastenden Zahlungsanspruch führen. Der auch mangels Approbation oder Erlaubnis nach HeilPrG nicht abrechenbaren Leistung kann ein zur Bestimmung des tatbestandsmäßigen Schadens i.S.v. § 263 StGB maßgeblicher wirtschaftlicher Wert nicht beigemessen werden. Dies gilt auch für Leistungen der nicht zur Erbringung von Laborleistungen der Klasse M III qualifizierten Laborgemeinschaft.
92
III. Die Feststellungen belegen, dass der Angeklagte auch vorsätzlich gehandelt hat. Nach ständiger Rechtsprechung genügt es für den Betrugsvor- satz, dass der Täter die schadensbegründenden Umstände kannte (BGH, Urteil vom 3. November 1987 - 1 StR 292/87 mwN). Entscheidend ist, ob er in der Annahme gehandelt hat, eine Zahlung in der geltend gemachten Höhe beanspruchen zu können (vgl. BGH, Urteil vom 15. Oktober 1991 - 4 StR 420/91 mwN).
93
Nach den Urteilsfeststellungen war dem Angeklagten in allen Fällen - auch in den Fällen abgerechneter Speziallaborleistungen - bewusst, dass er zur Liquidation nicht berechtigt war und sich durch Vortäuschen eines in Wahrheit nicht bestehenden Zahlungsanspruchs zu Unrecht bereicherte. Er handelte gleichwohl.
94
Der Einlassung des Angeklagten, er habe sein „Abrechnungsverhalten überwiegend als legal angesehen“ (UA S. 51), hat die Strafkammer auf der Grundlage einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung keinen Glauben geschenkt. Die Strafkammer konnte sich dabei auch auf eine frühere Einlassung des Angeklagten stützen, in der er einräumte, dass er die Abrechnungspraxis in Kenntnis ihrer Unrechtmäßigkeit beibehielt, „weil er das Geld benötigte“ (UA S. 69). „Er sei sich des wirtschaftlichen Vorteils durchaus bewusst gewesen und habe trotz zuletzt positiver Kenntnis von der Illegalität dieser Abrechnungen bis zuletzt daran festgehalten, da ihm ansonsten der Praxisumsatz zu abrupt ein- gebrochen wäre“ (UA S. 53).
95
Dies korreliert mit den Angaben einer Außendienstmitarbeiterin eines involvierten Labors, wonach die „veränderten gesetzlichen Vorgaben in der GOÄ“ nicht nur in internen Schulungen erörtert, sondern auch „mit den Ärzten die Möglichkeiten der Gebührenordnung“ besprochen worden waren, und der Angeklagte „sehr daran interessiert gewesen“ sei, „die wirtschaftlichen Vorteile der Direktabrechnung von Laborleistungen nicht zu verlieren“ (UA S. 66); seitens des Angeklagten habe „eine gewisse Erwartungshaltung bestanden“ (UA S. 68).
96
Die Einlassung des Angeklagten, er habe in der Annahme gehandelt, den Patienten entstehe wegen der erbrachten Leistungen kein Schaden, steht der Annahme eines Vorsatzes nicht entgegen. Derjenige, der weiß, dass er sich auf Kosten eines anderen durch Vortäuschen eines in Wahrheit nicht gegebenen Zahlungsanspruchs bereichert, weiß oder nimmt zumindest billigend in Kauf, dass er trotz erbrachter Leistungen keinerlei Zahlungsanspruch hat, der Zahlende also rechtsgrundlos leistet und dadurch in Höhe des Gezahlten geschädigt ist.
97
IV. Rechtsfehlerfrei geht die Strafkammer bei Rechnungen gleichen Datums von Tateinheit aus, auch soweit dabei mittäterschaftliche Begehung - zum Nachteil der Versicherungen - und mittelbare Täterschaft - zum Nachteil der Patienten - zusammentreffen. Da der Angeklagte die zur Abrechnung erforderlichen Daten an den entsprechenden Tagen „einheitlich an die M. GmbH übermittelt“ hat (UA S.15), liegt eine zu Tateinheit führende Teilidentität der Ausführungshandlung vor (vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 28. Juni 2011 - 3 StR 485/10; BGH, Beschluss vom 24. November 2010 - 2 StR 519/10; BGH, Beschluss vom 2. November 2010 - 1 StR 544/09; BGH, Urteil vom 16. Juli 2009 - 3 StR 148/09; v. Heintschel-Heinegg in MüKomm-StGB, § 52 Rn. 86 ff. mwN).
98
V. Eines Eingehens auf die von der Strafkammer zur Begründung des Schadens zusätzlich herangezogenen weiteren Gesichtspunkte bedarf es nicht. Hierauf hatte der Generalbundesanwalt in seinem Antrag, auf den die Revision mit einem Rechtsgutachten umfassend erwidert hat, bereits zutreffend hingewiesen. Es kann hier auch dahinstehen, ob vom Revisionsgericht analog § 265 StPO ein Hinweis auf die rechtlich etwas von der Auffassung des Landgerichts abweichende Begründung des Schadens zu erteilen wäre. Denn der Senat schließt im vorliegenden konkreten Einzelfall, in dem die maßgeblichen Rechtsfragen auch von der Verteidigung erörtert worden sind, aus, dass sich der Angeklagte anders, insbesondere erfolgreicher gegen den ihm gemachten Vorwurf hätte verteidigen können.

E.



99
Die Nachprüfung des Urteils hat auch hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruches keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben.
100
I. Der Strafausspruch hält revisionsrechtlicher Prüfung stand.
101
1. Die Strafkammer legt der Strafzumessung einen jeweils zutreffenden Strafrahmen zugrunde.
102
a) Das Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 21, 20 StGB „bei Begehung der Tat“ hat die insoweit sachkundig beratene Strafkammer rechtsfehler- frei verneint (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Juni 2011 - 1 StR 122/11).
103
b) Die Strafkammer musste auch - worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hinweist - ungeachtet der Annahme eines „überschießenden Geständ- nisses“ (UA S. 115) in den Fällen kollusiven Zusammenwirkens mit den Patien- ten den - hier bereits anwendbaren - § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB nicht aus- drücklich erörtern. Denn durch die Benennung der an den Taten beteiligten Patienten deckt der Angeklagte keine Katalogtat i.S.d. § 46b Abs. 1 StGB i.V.m. § 100a Abs. 2 StPO auf.
104
Die vom Angeklagten benannten Patienten handelten weder selbst gewerbsmäßig , noch kann ihnen die Gewerbsmäßigkeit im Handeln des Angeklagten , ein strafschärfendes persönliches Merkmal i.S.d. § 28 Abs. 2 StGB, zugerechnet werden (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Juli 2008 - 3 StR 193/08 (zu § 260 StGB); BGH, Beschluss vom 11. Januar 2005 - 1 StR 547/04 (zu § 152a Abs. 2 StGB); BGH, Beschluss vom 21. September 1995 - 1 StR 316/95 (zu § 243 Abs. 2 StGB); Kudlich in BeckOK-StGB, § 28 Rn. 24). Sie können also „nur“ wegen Betruges (§ 263 Abs. 1 StGB) bestraft werden.
105
Für eine Anwendbarkeit des § 46b Abs. 1 StGB reicht indes nicht aus, dass lediglich eine Nichtkatalogtat aufgedeckt wird, mag diese auch - wie hier - mit einer Katalogtat im Zusammenhang stehen. Dies folgt aus dem Wortlaut des § 46b Abs. 1 Satz 3 StGB. Der Täter einer Katalogtat soll nicht durch die Offenbarung einer Bagatelltat (nachgeordnete Beihilfehandlung zu einer vom Täter mitverwirklichten geringeren Tat) in den Genuss einer Strafrahmenverschiebung kommen können. Andernfalls würde sich überdies ein Wertungswiderspruch zu Fällen ergeben, in denen die offenbarte Tat als eigenständiges Delikt verfolgbar wäre, und in denen demzufolge eine Strafmilderung nur bei Aufdeckung einer als Katalogtat verfolgbaren Tat in Betracht kommt.
106
c) Grundsätzlich rechtsfehlerfrei hat die Strafkammer auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen, wonach der Angeklagte rund 30 % seines gesamten Praxisumsatzes mit den ihm zur Last liegenden (und nicht gemäß §§ 154, 154a StPO ausgeschiedenen) manipulierten Abrechnungen erwirtschaftete , sowohl das Regelbeispiel des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB (Ge- werbsmäßigkeit) als auch des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB (große Anzahl) bejaht (vgl. BGH, Beschluss vom 7. September 2011 - 1 StR 343/11). Ohne Erfolg rügt die Revision in diesem Zusammenhang, die Strafkammer habe in den Fällen mit festgestellten Schadenssummen unter 50 € (Fälle 16, 42, 66, 71, 108 und 117 der Urteilsgründe) die Regelung des § 263 Abs. 4 i.V.m. § 243 Abs. 2 StGB verkannt. Denn die Strafkammer geht in diesen, wie in allen Fällen mit Schadensbeträgen bis 2.500 € vom Regelstrafrahmen des § 263 Abs. 1 StGB aus, so dass es auf die Verwirklichung der Regelbeispiele insoweit nicht ankommt. Dass sie in allen anderen Fällen die Anwendung des erhöhten Strafrahmens des § 263 Abs. 3 StGB unter anderem mit der Verwirklichung zweier Regelbeispiele bejaht, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. auch Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 4. Aufl. Rn. 401).
107
2. Die Bemessung der Strafe innerhalb des rechtsfehlerfrei bestimmten Strafrahmens ist ebenfalls frei von den Angeklagten belastenden Rechtsfehlern.
108
In den unter Verstoß gegen § 5 HeilPrG erbrachten Osteopathie- und Akupunkturleistungen, zu denen der Angeklagte angestiftet hat, musste die Strafkammer ebenso wenig einen bestimmenden Milderungsgrund sehen, wie in dem Umstand, dass die Laborleistungen bei einem anderen als dem tatsächlichen - also hypothetischen - Sachverhalt anders hätten abgerechnet werden können.
109
Ob darüber hinaus bei der Strafzumessung in Fällen zu Unrecht abgerechneter ärztlicher Leistungen der Umstand tatsächlich erbrachter Leistungen und hierzu entstandener Aufwendungen strafmildernd berücksichtigt werden muss (vgl. für vertragsärztliche Abrechnungen BGH, Urteil vom 5. Dezember 2002 - 3 StR 161/02; BGH, Beschluss vom 28. September 1994 - 4 StR 280/94), oder ob - wozu der Senat neigt - sich dies im Bereich privatärztlicher Liquidation schon deswegen verbietet, weil hier die “Bereicherung” des Opfers dessen Schaden gerade nicht kompensiert und der Täter eigenmächtig und auf strafbare Weise den Ausgleich, den er materiell-rechtlich nicht beanspruchen kann, herbeiführt (vgl. Hellmann NStZ 1995, 232, 233), bedarf keiner abschließenden Entscheidung.
110
Nach der ausdrücklichen Hervorhebung in den Urteilsgründen ist nicht zu besorgen, die Strafkammer könnte bei der Strafzumessung nicht auch im Blick gehabt haben, dass die Speziallaborleistungen - nach der allgemeinen Handhabe und ohne dass dies für jeden Einzelfall festgestellt wurde - „tatsächlich benötigt“ und von einem dazu befähigten Laborarzt „fachlich und medizinisch korrekt“ erbracht wurden (UA S. 21). Auf UA S. 110 werden die Untersuchungsergebnisse erneut als „medizinisch korrekt“ bezeichnet und auf UA S. 122 wird generell festgestellt, dass die „Patienten mit der ärztlichen Leistung des Angeklagten ganz überwiegend sehr zufrieden waren“. Dass in den Straf- zumessungsgründen eine Erwägung nicht ausdrücklich wiederholt wird, lässt nicht ohne weiteres den Schluss zu, das Tatgericht habe sie bei der Zumessung der Strafe übersehen (BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 - 3 StR 413/11 mwN). Dies gilt gleichermaßen für den Umstand, dass eine fehlerhafte Behandlung durch die nicht abrechnungsbefugten Leistungserbringer nicht bekannt geworden sind (UA S. 28) und dass der Angeklagte zu deren „Beschaffung“ jeweils eigene, von der Strafkammer zu den jeweiligen Fallgruppen spezifizierte Aufwendungen hatte. Beleg für eine entsprechende Berücksichtigung sind auch die Annahme eines besonders schweren Falles erst ab Rechnungsbeträgen über 2.500 € und die gemessen an der von der Strafkammer festgestellten kriminellen Energie des Angeklagten und dem gesamten Tatbild geringen Einzelstrafen sowie die ebenfalls milde Gesamtfreiheitsstrafe.
111
3. Die Gesamtstrafe hat ebenfalls Bestand. Soweit die Teileinstellung des Verfahrens (oben B.) zum Wegfall der bezüglich Fall Nr. 71 der Urteils- gründe verhängten Einzelgeldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 30 € führt, schließt der Senat in Übereinstimmung mit dem Antrag des Generalbundesanwalts angesichts der Vielzahl der verbleibenden Fälle und der dafür verhängten Einzelstrafen bis zu einem Jahr und neun Monaten Freiheitsstrafe aus, dass die Strafkammer auf eine noch mildere als die verhängte Gesamtfreiheitstrafe erkannt hätte.
112
II. Rechtsfehlerfrei hat die Strafkammer auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen das auf die Ausübung als selbständig liquidierender oder liquidationsberechtigter Arzt beschränkte Berufsverbot (§ 70 Abs. 1 StGB) auf eine Gesamtwürdigung des Angeklagten und der Taten gestützt (vgl. BGH, Urteil vom 9. März 2011 - 2 StR 609/10; BGH, Urteil vom 2. Mai 1990 - 3 StR 59/89) und ebenso ohne Rechtsfehler im Rahmen ihres Ermessens (vgl. BGH, Urteil vom 7. November 2007 - 1 StR 164/07) die Gefahr weiterer erheblicher Straftaten und die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme bejaht.
113
Es kann dahinstehen, ob das Verhalten eines Angeklagten nach der Tat stets im Rahmen der für § 70 Abs. 1 StGB erforderlichen Gefahrprognose zu berücksichtigen ist (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 5. August 2009 - 5 StR 248/09). Denn hier hätte sich dabei ungeachtet der festgestellten Teilschadenswiedergutmachung Günstiges für den Angeklagten deswegen nicht ergeben können, da er - wie das Landgericht ebenfalls feststellt - nach der Durchsuchung seiner Praxisräume in diesem Verfahren weiterhin gegen § 31 BayBOÄ verstoßen hat, indem er nunmehr mit einem anderen Labor Beraterverträge abschloss, die ihm zukünftig umsatzabhängige (Rück)Vergütungen sichern sollten (UA S. 108).
114
III. Der vom Generalbundesanwalt angeregten Berichtigung des Ausspruchs nach § 111i Abs. 2 StPO bedarf es nicht.
115
Zwar hat für vor dem 1. Januar 2007 beendete Taten ein Ausspruch nach § 111i Abs. 2 StPO zu unterbleiben. Einer Anwendung der am 1. Januar 2007 in Kraft getretenen Regelung des § 111i Abs. 2 StPO auf bereits zuvor beendete Taten steht § 2 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 StGB entgegen (vgl. auch BGH, Urteil vom 7. Februar 2008 - 4 StR 502/07 mwN). Letzteres hat die Strafkammer indes gesehen und auch ausgeführt (UA S. 114), so dass nicht zu besorgen ist, ein Auffangrechtserwerb nach § 111i Abs. 5 StPO sollte oder könnte auf den im Tenor für Taten vor dem 1. Januar 2007 festgestellten Betrag erstreckt werden.
116
Durch die vom Generalbundesanwalt zutreffend aufgezeigte, rechtsfehlerhafte Annahme eines vorzeitigen Beendigungszeitpunktes und daraus resultierend einer zu geringen Bemessung des nach dem 1. Januar 2007 Erlangten ist der Angeklagte gerade nicht beschwert.
117
IV. Anhaltspunkte für eine - zu Kompensation nötigende, von der Verteidigung aber ohnehin nicht mit einer entsprechenden Verfahrensrüge geltend gemachte - rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung liegen nicht vor. Gemessen an Umfang, Bedeutung (vgl. Graf in BeckOK-StPO, § 198 GVG Rn. 8) und Schwierigkeit der Sache (Beleg hierfür ist u.a. das von der Revision in Erwiderung auf den Antrag des Generalbundesanwalts nachgereichte weitere Rechtsgutachten) wurde das Verfahren insgesamt innerhalb angemessener Frist (Art. 6 Abs. 1 EMRK) abgeschlossen; dies gilt auch für das Revisionsverfahren , in dem die Sache wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung zur Veröffentlichung vorgesehen ist.
Nack Rothfuß Hebenstreit Elf Graf

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 45/11
vom
25. Januar 2012
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
______________________
Zum Abrechnungsbetrug eines privatliquidierenden Arztes für nicht persönlich
erbrachte Leistungen.
BGH, Beschluss vom 25. Januar 2012 - 1 StR 45/11 - LG München I
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Januar 2012 gemäß
§ 206a Abs. 1, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 27. August 2010 wird
a) die Verurteilung im Fall Nr. 71 der Urteilsgründe aufgehoben und das Verfahren insoweit eingestellt;
b) der Schuldspruch dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte wegen Betruges in 128 Fällen verurteilt ist. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last. Die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels hat der Beschwerdeführer zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in 129 Fällen (jeweils in einer unterschiedlichen Anzahl tateinheitlich begangener Einzeltaten, insgesamt 2.339) zu drei Jahren und drei Monaten Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt und ihm verboten, für die Dauer von drei Jahren als liquidationsberechtigter Arzt oder als angestellter Arzt mit eigenem Abrechnungsrecht tätig zu werden. Das Landgericht hat ferner festgestellt, dass der Angeklagte aus den Taten insgesamt Vermögen im Wert von 748.244,87 € erlangt hat, wobei auf die Taten vor dem 1. Januar 2007 ein Betrag in Höhe von 630.581,99 € und auf die Taten nach dem 1. Januar 2007 in Höhe von 117.662,88 € entfällt. Die „Fest- setzung von Wertersatz oder des Verfalls von Wertersatz“ unterbleibt, da Ansprüche geschädigter Dritter gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen.
2
Die hiergegen gerichtete, mit der Verletzung formellen und sachlichen Rechts begründete Revision hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO, nachfolgend B.), im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO). Die Revision zeigt weder einen durchgreifenden Verfahrensfehler auf (C.) noch hat die umfassende sachrechtliche Nachprüfung des Urteils im Schuldspruch (D.) oder im Rechtsfolgenausspruch (E.) einen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben.

A.


3
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
I. Der Angeklagte betrieb als Arzt für Allgemeinmedizin im Tatzeitraum (Oktober 2002 bis September 2007) eine mit der Erbringung von Naturheilverfahren , Homöopathie- und Osteopathieleistungen sowie Traditioneller Chinesischer Medizin beworbene Praxis, in der er grundsätzlich Privatpatienten behandelte ; eine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung hatte er nicht. Zur Abrechnung gegenüber den Patienten bediente er sich der (gutgläubigen) M. GmbH, der er die - für die von ihm gewünschte Abrechnung erforderlichen - Daten übermittelte.
5
Um sich neben Honoraransprüchen „eine auf Dauer gerichtete Einnah- memöglichkeit zu verschaffen“ (UA S. 19) ließ der Angeklagte an 129 Tagen mehr als 2.300 „inhaltlich unrichtige Abrechnungen“ an seine Patienten schicken , um „unter Täuschung seiner Patienten über die Richtigkeit dieser Ab- rechnungen bei diesen Honorare für tatsächlich nicht erbrachte, tatsächlich nicht von ihm erbrachte und tatsächlich nicht so erbrachte Leistungen zu be- rechnen und entsprechende Erlöse einzunehmen“ (UA S.14). Der Angeklagte ging dabei wie folgt vor:
6
1. Der Angeklagte hat in Absprache mit sechs seiner Patienten Rechnungen , die angeblich erbrachte und erstattungsfähige Leistungen auswiesen, erstellen lassen, obwohl er keine Leistungen oder nicht erstattungsfähige Leistungen erbracht hat (Lieferung nicht erstattungsfähiger Medikamente bzw. Injektionen ; Behandlung einer nicht privat versicherten Tochter einer privatversi- cherten Patientin; fingierte Hausbesuche zur „Ersparung“ eines Selbstbehalts; fingierte Leistungen zur hälftigen Teilung des Erstattungsbetrags mit dem Patienten ). Die Patienten reichten diese Rechnungen - wovon der Angeklagte sicher ausging (UA S.112) - bei ihren jeweiligen Versicherungen, in einem Fall zusätzlich bei einer Beihilfestelle ein und erhielten so die in Rechnung gestellten Kosten des Angeklagten erstattet. Wäre den Sachbearbeitern bei den Versicherungen bzw. der Beihilfestelle der wahre Sachverhalt bekannt gewesen, wäre eine Erstattung unterblieben.
7
2. Ferner hat der Angeklagte, der Mitglied einer Laborgemeinschaft war, von dieser Laborleistungen der Klasse M II bezogen, welche er gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) selbst abrechnen konnte, wobei hierfür gemäß § 5 Abs. 4 Satz 2 GOÄ ein Standard-Steigerungsfaktor von 1,15 vorgesehen ist. Mit dem Hinweis auf eine „sehr umfangreiche und zeitintensive Leistung aufgrund persönlicher Befundung“ ließ der Angeklagte demgegenüber Laborleistungen der Klasse M II mit dem Höchst-Steigerungs- faktor (§ 5 Abs. 4 Satz 1 GOÄ) von 1,3 abrechnen. Der Angeklagte wusste je- doch, „dass er keine einzige Befundung im Bereich M II selbst je durchgeführt hatte, sondern sämtliche Parameter bei der Laborgemeinschaft“ bezogen hatte (UA S. 109). Die Patienten „irrten entsprechend und bezahlten“ die um die Dif- ferenz zwischen dem 1,15- und dem 1,3-fachen „überhöhten Beträge“ (UA S. 24).
8
Zudem rechnete der Angeklagte die von der Laborgemeinschaft bezogenen Untersuchungen der Klasse M II als angeblich im eigenen Labor erbrachte Leistungen der Klasse M I ab, dies wiederum teilweise mit dem - unzutreffenden - Höchststeigerungsfaktor von 1,3. „Hätten die Patienten gewusst, dass es sich in Wirklichkeit um niedriger bewertete M II Leistungen gehandelt hat, hätten sie lediglich den Preis für M II Leistungen bezahlt“ (UA S. 27).
9
3. Darüber hinaus (und vor allem) hat der Angeklagte nicht persönlich erbrachte Leistungen abrechnen lassen.
10
a) Laborleistungen der Klassen M III und M IV (Speziallaborleistungen) konnte der Angeklagte nur von einem hierzu befähigten und einzig gegenüber dem Patienten liquidationsberechtigten Laborarzt (Speziallabor) erbringen lassen. Um dennoch Gewinne aus der Erbringung von Speziallaborleistungen zu erzielen, profitierte der Angeklagte von einer von der Laborgruppe des Dr. Sch. (Augsburg) „seit vielen Jahren vielen tausend interessier- ten Ärzten im Bundesgebiet“ (UA S. 21) angebotenen Kooperation (Rahmen- vereinbarung), die sich in gleicher Weise auch bei zwei weiteren Laboren wie folgt gestaltete:
11
Der Angeklagte sandte, wenn er Untersuchungen der Klassen M III oder M IV benötigte, die dafür erforderlichen Proben an die im Urteil näher feststell- ten Labore/Laborgruppen (im Folgenden: Laborarzt), wo die Proben seinen Wünschen entsprechend fachlich und medizinisch korrekt untersucht (beprobt) wurden (UA S. 21). Die Ergebnisse wurden ihm per Datenfernübertragung übermittelt. Die erbrachten Leistungen des Laborarztes wurden von diesem „gegenüber dem Patienten nicht geltend gemacht“ (UA S. 22). Vielmehr wurden den jeweiligen Einsendeärzten - so auch dem Angeklagten - die Laborleistungen zu einem niedrigen, der Höhe nach vom Gesamtbeauftragungsumfang abhängigen Betrag in Rechnung gestellt. Der Angeklagte zahlte je nach Labor zwischen 0,32 (Rabattstufe für „gute Kunden“) und 1,0 des für die Leistung maßgeblichen jeweiligen GOÄ-Satzes. Der Angeklagte rechnete sodann gegenüber Privatpatienten die durchgeführten Untersuchungen als eigene ab, „regelmäßig unter Geltendmachung des Standard-Erhöhungsfaktors nach § 5 Abs. 4 GOÄ, d.h. mit einem Faktor von 1,15“ (UA S. 22).
12
In allen der Verurteilung zugrunde liegenden Fällen waren die Laborleis- tungen „tatsächlich benötigt“ und wurden „fachlich und medizinisch korrekt“ er- bracht (UA S. 21). Nach den Feststellungen des Landgerichts wusste der An- geklagte, „dass er zur eigenen Liquidation dieser Laborleistungen nicht berech- tigt war. Hätten die Privatpatienten gewusst, dass der Angeklagte die Leistungen nicht selbst erbracht hat, zur Liquidation nicht berechtigt war, weil er nicht Inhaber der Forderung war und damit die Rechnung auch nicht erstattungsfähig war, hätten sie diese Leistung nicht auf die durch die M. GmbH erstellten Rechnungen hin auf das dort angegebene Konto bezahlt“ (UA S. 24).
13
b) Ferner ließ der Angeklagte Behandlungen als eigene abrechnen, die in seinen Praxisräumen tätige Therapeuten (ein Osteopath und ein aus China stammender Arzt für Traditionelle Chinesische Medizin) erbrachten, die im Tat- zeitraum weder approbiert noch niedergelassen waren und „daher keine Be- rechtigung hatten, selbständig Leistungen an Patienten zu erbringen und abzu- rechnen“ (UA S. 27 f.). Tatsächlich erbrachten diese an Patienten des Angeklagten „in eigener Verantwortung, ohne Aufsicht oder Kontrolle durch den Angeklagten“ (UA S. 28), aber fehlerfrei, osteopathische Leistungen und Akupunk- turleistungen. Der Angeklagte führte jeweils ein „Eingangsgespräch“ und ein „Abschlussgespräch“ mit den Patienten, er hatte aber nicht die fachlichen Kenntnisse, die Tätigkeit der Therapeuten zu überwachen. Diese erhielten vom Angeklagten zwischen 40 und 55 € für jede Behandlung. Der Angeklagte ließ diese („eingekauften“) Leistungen den Patienten sodann als selbst erbrachte ärztliche Leistung in Rechnung stellen: Leistungen des Osteopathen wurden meist mit 125,60 € berechnet, Leistungen des Akupunkteurs mit 71,17 € oder 83,76 €. Der Angeklagte verwendete zur Abrechnung jeweils eine „Kette“ ver- schiedener GOÄ-Ziffern, von denen einige Leistungen betreffen (Bsp: Injektionen gem. GOÄ-Ziffern 255 und 256), die tatsächlich nicht durchgeführt worden waren.
14
c) Des Weiteren ließ der Angeklagte bestimmte Untersuchungen der Klasse M III, die in einem Speziallabor hätten erbracht werden müssen, in der oben 2. genannten Laborgemeinschaft durchführen. Diese Laborleistungen ließ der Angeklagte sodann wie eigene Untersuchungen der Klasse M II gegenüber den Patienten abrechnen.
15
II. Die Strafkammer hat die Fälle oben 1. als mittäterschaftlich begangenen Betrug zum Nachteil der jeweiligen Versicherungen/Beihilfestellen gewertet , alle anderen Fälle als Betrugstaten zum Nachteil der jeweiligen Patienten.
16
In den Fällen oben 3.a. (Abrechnung von Speziallaborleistungen) sieht die Strafkammer einen Schaden beim Patienten darin, dass der Rechnung des Angeklagten keine durch die Zahlung erlöschende Forderung zugrunde liege.
Der Angeklagte selbst habe keine Leistung erbracht und könne auch keine Forderung des Laborarztes geltend machen. Eine im Verfahren vom Angeklagten behauptete Abtretung einer solchen Forderung im Rahmen eines FactoringGeschäfts sei mangels ausdrücklicher Einwilligung des Patienten nichtig, im Übrigen „ersichtlich vorgeschoben“ (UA S. 107); in Wahrheit handele es sich um eine gegen Art. 31 Musterberufsordnung für Ärzte verstoßende Zuwendung. Auch eine Forderung des Laborarztes werde nicht erfüllt, so dass die Gefahr einer weiteren Inanspruchnahme des Patienten durch diesen bestehe.
17
Das Erbringen der Laborleistungen stelle keine vollständige, unmittelbar mit der Verfügung des Patienten verbundene Kompensation dar. Überdies sei (1.) der Patient hinsichtlich einer Rückforderung bezahlter Beträge mit einem bereits konkretisierten Insolvenzrisiko des Angeklagten belastet, (2.) der tatsächliche Leistungserbringer, obgleich für den Patienten von besonderer Be- deutung, nicht erkennbar, was „ein zusätzliches Risiko bzw. eine Minderleistung , welches nicht kompensiert werden kann“ (UA S. 102) unter dem Ge- sichtspunkt des persönlichen Schadenseinschlages für den Patienten begründe und (3.) der Patient bei Bekanntwerden der wahren Verhältnisse dem Risiko einer von Versicherungen oder Beihilfestellen versagten Kostenerstattung oder einer Rückforderung gezahlter Beträge durch diese ausgesetzt.
18
III. Die vom Angeklagten geltend gemachte Spielsucht hat die Strafkammer - gestützt auf ein Sachverständigengutachten - als nicht krankheitswertiges Verhalten bewertet, das sich im normalpsychologischen Spektrum wie bei jedem Menschen mit einem ausgeprägten Hobby bewege, und daher uneingeschränkte Schuldfähigkeit bejaht.

B.


19
Hinsichtlich des Falles Nr. 71 der Urteilsgründe besteht ein zur Einstellung des Verfahrens führendes Verfahrenshindernis.
20
Der Generalbundesanwalt hat hierzu ausgeführt: „Fall Nr. 71 der Urteilsgründe betrifft eine Rechnung vom 19. Juli 2005 (…). Hinsichtlich dieser Tat ist das Verfahren mit Beschluss vom 25. Juni 2010 (…) gemäß § 154 Abs. 1 Nr.1, Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt worden; eine Wiedereinbeziehung dieses Tatvorwurfs ist nicht erfolgt. Die Verurteilung wegen Betruges wegen dieser Tat muss daher entfallen.“
21
Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat an. Mit der Einstellung durch einen Gerichtsbeschluss gemäß § 154 Abs. 2 StPO entsteht ein von Amts wegen zu beachtendes Verfahrenshindernis, zu dessen Beseitigung ein förmlicher Wiederaufnahmebeschluss erforderlich ist (BGH, Beschluss vom 18. April 2007 - 2 StR 144/07; BGH, Beschluss vom 7. März 2006 - 2 StR 534/05 mwN). Einen solchen Beschluss hat das Landgericht nicht erlassen.

C.


22
Die Revision zeigt - auch soweit sie den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügt - keinen durchgreifenden Verfahrensfehler auf.
23
I. Mit zulässig erhobener Verfahrensrüge macht die Revision einen Verstoß gegen § 243 Abs. 3 Satz 1 StPO geltend, den sie darin sieht, dass eine die einzelnen Taten auflistende (mehrere Ordner umfassende) Tabelle nicht im Anklagesatz aufgenommen und dementsprechend nicht verlesen worden war.
24
Der Rüge bleibt aus den vom Generalbundesanwalt zutreffend dargelegten Gründen der Erfolg versagt. Der vom Großen Senat für Strafsachen (vgl. Beschluss vom 12. Januar 2011 - GSSt 1/10) für unerlässlich erachtete Teil des Anklagesatzes wurde in der Hauptverhandlung verlesen. Trotz der gerügten Lückenhaftigkeit des Anklagesatzes erfüllt die Anklage ihre Umgrenzungsfunktion hinreichend, wenn der Angeklagte - wie hier - die einzelnen Tatvorwürfe dem wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen entnehmen kann. Die Informationsfunktion , die der Verlesung des Anklagesatzes in der Hauptverhandlung zukommt, wird durch die unvollständige Fassung des Anklagesatzesebenfalls nicht berührt; die die Einzeltaten näher individualisierenden tatsächlichen Umstände müssen nicht in der Hauptverhandlung verlesen werden. Daher stellt der Umstand, dass die näheren individualisierenden tatsächlichen Umstände der Einzeltaten oder der Einzelakte in Tabellen enthalten waren, die zwar Teil der Anklageschrift, aber nicht Teil des Anklagesatzes i.S.v. § 243 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 200 Abs. 1 StPO waren, keinen Verfahrensfehler dar, auf dem das Urteil beruht (BGH, Beschluss vom 15. März 2011 - 1 StR 260/09).
25
II. Die Rüge eines Verstoßes gegen § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO hat keinen Erfolg. Ihr liegt folgendes prozessuales Geschehen zugrunde:
26
In der Hauptverhandlung stellte der Angeklagte einen Antrag auf Zeugenvernehmung mit den Behauptungen, dass die Patienten wegen der vom Angeklagten abgerechneten Laborleistungen der Klassen M I, M III oder M IV keinem „latenten Rückforderungsanspruch einer Beihilfestelle oder eines privaten Versicherungsunternehmens ausgesetzt“ seien, weil sie entweder dieLeis- tungen nicht bezahlt hätten, oder sie im Zeitpunkt der jeweiligen Behandlung weder beihilfeberechtigt noch privat versichert gewesen seien, oder die Laborleistungen nicht vom Versicherungstarif umfasst seien, oder die Rechnungen nicht zur Erstattung bei Versicherung oder Beihilfestelle geltend gemacht worden seien oder weil die Erstattung der Laborleistungen abgelehnt worden sei. Ferner sollte bewiesen werden, dass keiner der Patienten tatsächlich auf Rückzahlung in Anspruch genommen worden sei.
27
Dem Antrag war eine Tabelle beigefügt, in der der jeweilige Zeuge mit ladungsfähiger Anschrift sowie zugehöriger Rechnungsnummer und die jeweils ihn betreffenden GOÄ-Ziffern der Leistungsgruppen M I, M III und M IV aufgeführt waren. Nach Hinweis auf die Fehlerhaftigkeit dieser Anlage, legte die Verteidigung zwei Leitzordner vor, die nunmehr als Anlage zum Beweisantrag genommen wurden. Hinsichtlich dieser wurde, ebenso wie zu einer vom nach Antragstellung gehörten Zeugen S. übergebenen Ausbuchungsliste der M. GmbH vom 2. August 2010 das Selbstleseverfahren angeordnet. Der Staatsanwalt gab eine Erklärung zum Beweisantrag ab und übergab sodann die Stellungnahme in schriftlicher Form zu den Akten (HV-Protokoll S. 58). Unter Bezugnahme auf die Aussagen des Zeugen S. erklärte der Verteidiger, eine Zeugeneinvernahme dazu „welche Rechnungen nicht bzw. nicht in voller Höhe bezahlt wurden“ werde nicht beantragt bzw. zurückgenommen (HV-Protokoll S. 59). Im Folgenden wurde mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und unter Bezugnahme auf vorerwähnte Ausbuchungsliste das Verfahren durch Beschluss der Strafkammer gemäß § 154a StPO beschränkt (HV-Protokoll S. 60). Ferner wurde ein „Schriftsatz des Verteidigers vom 20.08.2010 über die bisher geltend gemachten Rückforderungsansprüche der Krankenkassen und Beihil- festellen besprochen“ (HV-Protokoll S. 62).
28
Die Strafkammer hat den Antrag sodann durch Beschluss vom 26. August 2010 „gemäß § 244 Abs. 3 Satz 2 2. Alt. StPO abgelehnt, soweit er sich nicht durch die (teilweise) Rücknahme vom 12.08.2010“ erledigt hat. Es komme nicht darauf an, ob ein Geschädigter seinen Schaden von einer Versicherung ersetzt erhalten hat. Rechtlich entscheidend für die Annahme eines vollendeten Betruges sei, ob der Patient auf eine tatsächlich nicht oder nicht in dieser Höhe bestehende Forderung des Arztes gezahlt habe; ein Ausgleich durch eine Versicherung führe nur zu einer Schadensverlagerung nach Schadenseintritt.
29
1. Die Rüge ist bereits unzulässig.
30
Gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO sind bei Erhebung einer Verfahrensrüge die auf die jeweilige Angriffsrichtung bezogenen Verfahrenstatsachen vollständig und zutreffend so vorzutragen, dass das Revisionsgericht allein anhand der Revisionsbegründung die einzelnen Rügen darauf überprüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegen würde, wenn die behaupteten Tatsachen erwiesen wären (vgl. BGH, Beschluss vom 2. November 2010 - 1 StR 544/09 mwN; BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2005 - 2 BvR 656/99; Kuckein in KK-StPO, 6. Aufl., § 344 Rn. 38 mwN). Dem genügt der Revisionsvortrag nicht.
31
a) Der Revisionsvortrag ist unvollständig. Die Revision legt schon nicht die im mitgeteilten Beweisantrag in Bezug genommenen Anlagen in ihrer jeweiligen Fassung vor. Auch werden weder der Inhalt der staatsanwaltschaftlichen Stellungnahme zum Beweisantrag, noch der Schriftsatz der Verteidigung vom 20. August 2010 mitgeteilt, auf die das Revisionsvorbringen Bezug nimmt. Ebenso wenig trägt die Revision die für die Beurteilung des Beweisbegehrens erforderliche, auch im Teileinstellungsbeschluss in Bezug genommene „Ausbuchungsliste der M. “ vor, und auch nicht den sich „durch die heutige Einvernahme des Zeugen S. “ ergebenden Umfang, in dem die Beweisaufnahme „nicht beantragt bzw. zurückgenommen“ worden war. Dem Senat wird soins- besondere nicht die Überprüfung ermöglicht, in welchem Umfang und auf welcher Grundlage über den Beweisantrag nach dessen teilweiser Rücknahme und einer erfolgten Teileinstellung des Verfahrens noch zu entscheiden war.
32
b) Die Revision bleibt durch widersprüchliches Vorbringen auch die erforderliche klare Bezeichnung der Angriffsrichtung schuldig, mithin werden die den Mangel begründenden Tatsachen nicht in einer § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügenden Weise dargetan (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Januar 2010 - 1 StR 620/09; BGH, Beschluss vom 29. Juni 2010 - 1 StR 157/10).
33
Zum einen beruft sich die Revision darauf, die von der Strafkammer erörterte Gefahr der Inanspruchnahme der Patienten auf Rückzahlung von Versicherungen geleisteter Beträge könne nicht gegeben sein, wenn - wie im Antrag behauptet - ein Versicherungsschutz nicht bestehe, so dass diese Behauptung nicht bedeutungslos sei. Zum anderen macht die Revision geltend, bei der Strafzumessung hätte berücksichtigt werden müssen, dass kein einziger Patient auf Rückzahlung in Anspruch genommen worden sei, und insinuiert damit (anderes wäre offenkundig bedeutungslos), eine Rückforderung sei trotz bestehenden Versicherungsschutzes unterblieben. Damit aber macht die Revision zum einen geltend, der Beweisantrag sei von Bedeutung, weil kein Versicherungsschutz bestehe, zum anderen sei er deswegen nicht bedeutungslos, weil trotz bestehenden Versicherungsschutzes und erfolgter Erstattungen Rückforderungsansprüche nicht geltend gemacht worden waren. Nach dem Revisionsvortrag bleiben also mehrere Möglichkeiten, warum der Beweisantrag fehlerhaft abgelehnt worden sein könnte.
34
2. Die Rüge wäre überdies auch unbegründet.
35
Die Strafkammer hat - wie auch der Generalbundesanwalt zutreffend ausführt - den Antrag ohne durchgreifenden Rechtsfehler als bedeutungslos abgelehnt. Das Bestehen eines Versicherungsschutzes ist für den Schuldspruch (was auch nachfolgend noch aufgezeigt wird) ohne Bedeutung. Die nachträglichen Leistungen eines Versicherers sind für die Feststellung eines strafrechtlich relevanten Schadens bedeutungslos (vgl. Fischer, StGB, 59. Aufl., § 263 Rn. 155; Gercke/Leimenstoll, MedR 2010, 695 Fn. 9). Gleiches gilt für den Strafausspruch. Eine Erstattung des vom Patienten bereits an den Angeklagten bezahlten Betrages durch Versicherung und/oder Beihilfe führt lediglich zu einer Schadensverlagerung; sie entlastet den Angeklagten ebenso wenig, wie es einen Autodieb entlasten könnte, dass die Versicherung des Bestohlenen diesem den Schaden ersetzt (vgl. BGH, Beschluss vom 20.Oktober 2010 - 1 StR 400/10 mwN).
36
Es bedarf danach keiner Entscheidung, ob der rügegenständliche Antrag nicht ohnedies lediglich als Beweisermittlungsantrag zu qualifizieren wäre. Soll eine begehrte Beweisaufnahme erst ergeben, welche der als möglich hingestellten , sich gegenseitig aber ausschließenden Tatsachen vorliegen, fehlt es an einer für einen Beweisantrag erforderlichen bestimmten Beweisbehauptung, mögen auch beide Behauptungen nach dem Willen des Antragstellers auf das gleiche Ziel gerichtet sein (vgl. BGH, Beschluss vom 13. November 1997 - 1 StR 627/97). Auch die Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) nötigte das Gericht nicht zur Einvernahme der mehr als 2.300 Zeugen zu der unklaren Fragestellung. Schon gar nicht drängte die Aufklärungspflicht zur Beweisaufnahme über im Ergebnis bedeutungslose Tatsachen.
37
III. Der Rüge eines Verstoßes „gegen § 265 Abs. 1 StPO analog“, den die Revision darin sieht, dass die Kammer den Schuldspruch ohne vorherigen Hinweis auf eine im Vergleich zur Anklage (dort „Gefährdungsschaden“) andere tatsächliche Grundlage („auch Realschaden“) gestützt habe- die Revision vermisst einen Hinweis dahingehend, dass auch in der Nichterkennbarkeit des Leistungserbringers ein Schaden liegen könne - bleibt der Erfolg versagt.
38
Es bedarf keiner abschließenden Entscheidung, ob es hier überhaupt eines ausdrücklichen Hinweises entsprechend § 265 StPO bedurft hätte (mit beachtlichen Argumenten verneinend der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift ). Denn der Angeklagte konnte aus dem Gang der Hauptverhandlung die von der Kammer in den Blick genommene tatsächliche und rechtliche Bewertung in einem für sein Verteidigungsverhalten ausreichenden Umfang erkennen. Nach dem unwidersprochenen Vortrag (vgl. hierzu auch BGH, Beschluss vom 12. Januar 2011 - 1 StR 582/10, Rn. 16 mwN) in der vom Generalbundesanwalt in Bezug genommenen Gegenerklärung der Staatsanwaltschaft (inhaltsgleich zu einer dienstlichen Stellungnahme des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft) wurde „die Frage des Schadensbegriffs, insbesondere die Frage des möglichen Vorliegens eines Schadens in der Form eines Gefährdungs - oder Realschadens“ von Beginn der Sitzung an „vielfach vom Gericht mit der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft erörtert und diskutiert“. Die Strafkammer hat (auch) in der Begründung des von der Revision im Rahmen vorstehender Rüge angeführten Beschlusses zur Ablehnung eines Beweisantrags unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass sie der Sache nach auf einen „Realschaden“abstellt (Patient zahlt auf tatsächlich nicht oder nicht in dieser Höhe bestehende Forderung). Bei dieser Sachlage kann der Senat - worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hingewiesen hat - jedenfalls ausschließen , dass sich der Angeklagte, wäre der von der Revision vermisste Hin- weis ausdrücklich erteilt worden, anders, insbesondere erfolgreicher hätte verteidigen können (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 265 Rn. 48 mwN). Es kommt überdies - wie nachfolgend dargelegt wird - zur Schadensbestimmung nicht, worauf sich aber nach dem Revisionsvorbringen der Hinweis beziehen sollte, auf die Erkennbarkeit des Leistungserbringers an.

D.



39
In dem nach Teileinstellung verbleibenden Umfang hält der Schuldspruch revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Die unter anderem auf dem Geständnis und einer früheren Einlassung des Angeklagten beruhenden, rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen belegen in allen Fällen sowohl einen täuschungsbedingten Irrtum (I.) und den Eintritt eines dadurch verursachten, mit dem Vorteil des Angeklagten stoffgleichen Schadens i.S.v. § 263 StGB (II.) als auch die betrugsrelevante subjektive Tatseite (III.). Die konkurrenzrechtliche Bewertung durch das Landgericht ist ebenfalls rechtsfehlerfrei (IV.).
40
I. Der Angeklagte täuschte - vermittels der nach den Feststellungen gutgläubigen Mitarbeiter der M. GmbH und teils im Zusammenwirken mit den Patienten - über Tatsachen und erregte dadurch einen entsprechenden Irrtum.
41
1. In den Fällen kollusiven Zusammenwirkens mit den Patienten unterlagen die zuständigen Sachbearbeiter der Versicherungen / der Beihilfestelle im vorliegenden Fall einem mit Wissen und Wollen des Angeklagten herbeigeführten Irrtum über das tatsächliche Vorliegen eines zur Kostenerstattung ver- pflichtenden Versicherungsfalles. Bei Betrugsvorwürfen im Zusammenhang mit standardisierten, auf Massenerledigung angelegten Abrechnungsverfahren ist nicht erforderlich, dass der jeweilige Mitarbeiter hinsichtlich jeder einzelnen geltend gemachten Position die positive Vorstellung hatte, sie sei der Höhe nach berechtigt; vielmehr genügt die stillschweigende Annahme, die ihm vorliegende Abrechnung sei insgesamt „in Ordnung”. Daher setzt ein Irrtum nicht voraus, dass tatsächlich eine Überprüfung der Abrechnungen im Einzelfall durchgeführt wurde (BGH, Urteil vom 22. August 2006 - 1 StR 547/05).
42
2. In allen anderen Fällen täuschte der Angeklagte die Patienten über das Vorliegen der den geltend gemachten Zahlungsanspruch begründenden Tatsachen (a.). Eine damit zugleich behauptete Zahlungspflicht bestand indes nicht (b.). Die Patienten irrten entsprechend (c.).
43
a) Bei der hier in Rede stehenden privatärztlichen Liquidation wird dem Patienten eine gemäß § 12 GOÄ zu spezifizierende Rechnung übersandt, in der - neben dem Steigerungsfaktor, § 12 Abs. 2 Nr. 2 GOÄ - die erbrachte Leistung mit einer kurzen Bezeichnung anzugeben ist. Hierüber täuscht der Angeklagte ausdrücklich, wenn er - wie etwa im Fall nicht erbrachter Laborleistungen der Klasse M I oder im Fall der Abrechnung von Osteopathie- und Akupunkturleistungen durch tatsächliche nicht durchgeführte ärztliche Leistungen - in Rechnung gestellte Leistungen tatsächlich nicht erbracht hat. Gleiches gilt, soweit der Angeklagte zu der gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 GOÄ erforderlichen Begründung eines erhöhten Steigerungsfaktors eine in Wahrheit nie durchgeführte eigene Befundung angeben lässt (vgl. auch Freitag, Ärztlicher und zahnärztlicher Abrechnungsbetrug im deutschen Gesundheitswesen, 2008, S. 154; Hellmann/Herffs, Der ärztliche Abrechnungsbetrug, Rn. 348 - 351).
44
Auch soweit der Angeklagte - wie in den Fällen der Speziallaborleistungen sowie der Abrechnung von Osteopathie- und Akupunkturleistungen - nicht selbst erbrachte ärztliche Leistungen als eigene hat abrechnen lassen, behauptete er nicht lediglich, zu deren Abrechnung berechtigt zu sein, sondern auch (zumindest konkludent, was vom möglichen Wortsinn des § 263 Abs. 1 StGB umfasst ist, vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2011 - 2 BvR2500/09, 2 BvR 1857/10 Rn. 168), dass die Voraussetzungen der der Abrechnung zugrundeliegenden Rechtsvorschriften eingehalten worden seien. Dies entspricht gefestigter Rechtsprechung zum Abrechnungsbetrug bei Vertragsärzten (vgl. BGH, Urteil vom 1. September 1993 - 2 StR 258/93; BGH, Urteil vom 10. März 1993 - 3 StR 461/92; BGH, Urteil vom 21. Mai 1992 - 4 StR 577/91; BGH, Urteil vom 15. Oktober 1991 - 4 StR 420/91), für privatliquidierende Ärzte gilt nichts anderes. Wer eine Leistung einfordert, bringt damit zugleich das Bestehen des zugrunde liegenden Anspruchs (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 11. Juli 1996 - 3 Ws 164/96, NStZ 1997, 130 mwN), hier also die Abrechnungsfähigkeit der in Rechnung gestellten ärztlichen Leistung zum Ausdruck (vgl. auch Schuhr in Spickhoff, Medizinrecht, § 263 StGB Rn. 16; Schubert, ZRP 2001, 154, 155; Dannecker in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, § 263 StGB Rn. 182 ff.). Zutreffend wird in dem von der Revision vorgelegten Rechtsgutachten darauf hingewiesen, dass der wertende Rückgriff auf die in der Abrechnung in Bezug genommene GOÄ die für den Rechnungsempfänger maßgebende Verkehrsauffassung vom Inhalt der mit der Rechnung abgegebenen Erklärung prägt (schon Tiedemann in LK-StGB, 11. Aufl., § 263 Rn. 30 mwN).
45
b) Die tatsächlichen Voraussetzungen zur Geltendmachung der behaupteten Zahlungsansprüche lagen auch in Fällen nicht persönlich erbrachter Leistungen nicht vor. Unbeschadet des jeweiligen Erklärungsgehalts der Rechnun- gen ergibt sich dies vorliegend schon daraus, dass ein Zahlungsanspruch unter keinem denkbaren Gesichtspunkt bestand.
46
aa) Der Angeklagte konnte für die in Rechnung gestellten Laborleistungen der Klassen M III und M IV (Speziallaborleistungen) einen Zahlungsanspruch gegenüber dem Patienten weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht geltend machen.
47
(1.) Der Angeklagte hat mit jedem seiner Patienten einen wirksamen, als Dienstleistungsvertrag zu qualifizierenden (vgl. BGH, Urteil vom 25. März 1986 - VI ZR 90/85; BGH, Urteil vom 18. März 1980 - VI ZR 247/78; Müller-Glöge in MüKomm-BGB, 5. Aufl., § 611 Rn. 79; OLG Stuttgart, VersR 2003, 992; Gercke/Leimenstoll, MedR 2010, 695 jew. mwN) Behandlungsvertrag geschlossen. Dieser begründet selbst noch keine Zahlungspflicht für den Patienten ; der genaue Vertragsinhalt wird nicht im Vorhinein festgelegt, weil erst die Untersuchungen den Umfang der zu erbringenden Leistungen bestimmen (Kern, in Laufs/Kern, Handbuch des Arztrechts, 4. Aufl., § 42 Rn. 1). Der Angeklagte wird aber berechtigt (vgl. § 612 Abs. 1, Abs. 2 BGB), die sodann erbrachten ärztlichen Leistungen gegenüber dem Patienten unabhängig vom etwaigen Bestehen eines Versicherungsschutzes abzurechnen. Grundlage hierfür ist - von hier nicht gegebenen Sonderfällen (z.B. § 85 Abs. 1 SGB V, § 18c IV BVG u.a.) abgesehen - ausschließlich und abschließend die den Honoraranspruch inhaltlich ausfüllende Gebührenordnung.
48
Nach dieser ist dem Angeklagten die Abrechnung delegierter Laborleistungen nach den Abschnitten M III und M IV versagt, die er - wie hier - nicht selbst erbracht hat (§ 4 Abs. 2 GOÄ i.V.m. Nr. 3 der Allgemeinen Bestimmungen zur Anlage M, die als Bestandteil der GOÄ an deren normativen Charakter teilnehmen; vgl. Griebau in Ratzel/Luxenburger, Handbuch Medizinrecht, 2. Aufl., § 11 Rn. 81 mwN; Uleer/Miebach/Patt, Abrechnung von Arzt- und Krankenhausleistungen, 3. Aufl., § 4 GOÄ Rn. 3). Mit der durch die 4. Änderungsverordnung zur GOÄ vom 18. Dezember 1995 (BGBl. I, 1861) eingeführten Regelung des § 4 Abs. 2 Satz 2 GOÄ sollte zielgerichtet verhindert werden, dass Ärzte Laborleistungen von darauf spezialisierten (und entsprechend preisgünstiger arbeitenden) Laborärzten beziehen und aus der Differenz zwi- schen dem Preis der „eingekauften“ Laborleistungen und den dafür nach GOÄ in Rechnung gestellten Gebühren erhebliche Gewinne erzielen. Um der damit verbundenen Ausweitung medizinisch nicht indizierter Laborleistungen entgegen zu wirken, sollte dem (Einsende)Arzt jeglicher finanzieller Anreiz im Zusammenhang mit nicht selbst erbrachten Speziallaborleistungen genommen sein (vgl. BR-Drucks. 211/94 S. 88f, 91 f, 94; BR-Drucks. 688/95; Uleer/ Miebach/Patt, aaO, GOÄ § 4 Rn. 7; Spickhoff, aaO, § 4 GOÄ Rn. 20 f.).
49
(2.) Der Angeklagte kann auch - unabhängig von der Regelung des § 12 Abs. 2 Nr. 5 GOÄ - nicht die nach den Feststellungen an die Laborärzte gezahlten Beträge als Aufwendungen geltend machen. Gemäß § 10 GOÄ abrechenbare Versand- und Portokosten sind dem Angeklagten (wie Einsendeärzten regelmäßig, vgl. Uleer/Miebach/Patt, aaO, § 10 GOÄ Rn. 24) nach den Urteilsfeststellungen nicht entstanden, vielmehr wurden die „Proben mittels des Fahr- dienstes der Laborgruppe“ (UA S. 21) zum Laborarzt gebracht und die Befunde „oft per Datenfernübertragung an den Arzt übermittelt“ (UA S. 22).
50
Ein darüber hinausgehender Aufwendungsersatz besteht nicht. § 10 GOÄ regelt den Ersatz von Auslagen im Zusammenhang mit der Erbringung ärztlicher Leistungen abschließend. Die GOÄ stellt - verfassungsrechtlich unbedenklich - ein für alle Ärzte verbindliches zwingendes Preisrecht dar (BGH, Urteil vom 23. März 2006 - III ZR 223/05, Rn. 10; BGH, Urteil vom 12. Novem- ber 2009 - III ZR 110/09 Rn. 7 jew. mwN; vgl. auch Griebau, aaO, § 11 Rn. 10, 14), und regelt abschließend die berechenbaren Leistungen, die Höhe des zu entrichtenden Entgelts und die Art und Weise der Abrechnung (Griebau, aaO, § 11 Rn. 15, 41 mwN). Ein Aufwendungsersatz gemäß § 670 BGB, der ohnehin nur einen Ersatz erforderlicher Aufwendungen ermöglichte (vgl. auch BGH, Beschluss vom 26. Februar 2003 - 2 StR 411/02), kommt lediglich für andere als ärztliche Leistungen in Betracht (vgl. Uleer/Miebach/Patt, aaO, § 3 GOÄ Rn. 1, § 10 GOÄ Rn. 4; Spickhoff, aaO, § 10 GOÄ Rn. 2; Brück u.a., Kommentar zur GOÄ, 3. Aufl., § 10 Rn. 1; Kiesecker in Prütting, Medizinrecht, § 10 GOÄ Rn. 4; Schmatz/Goetz/Matzke, GOÄ, 2. Aufl., § 10 Vorbem.). Das ist nach dem Willen des Gesetzgebers etwa der Fall, wenn „Laborleistungen von Nichtärzten“ bezogen oder Aufwendungen geltend gemacht werden, „die durch nichtärztliche Leistungen bedingt sind“ (vgl. BR-Drucks.295/82, S. 15). Daher ist für die im Rahmen des Behandlungsvertrages vom Angeklagten beauftragten und - wie hier - von einem Laborarzt erbrachten Laborleistungen kein Raum für eine Anwendung des § 670 BGB neben der GOÄ (vgl. auch Brück u.a., aaO, § 10 Rn. 1).
51
(3.) Vertragliche Ansprüche des Laborarztes gegenüber den Patienten, die der Angeklagte aus abgetretenem Recht hätte geltend machen können, bestanden hier nicht. Die von der Strafkammer vertretene Auffassung, aus den Laborleistungen könne vorliegend „eine Forderung der Gemeinschaftspraxis Dr. Sch. gegen den Patienten“ (UA S. 22) resultieren, teilt der Senat nicht. Für einen zu einer solchen Forderung führenden Vertrag zwischen Laborarzt und Patient wäre jedenfalls erforderlich gewesen, dass der Angeklagte - wie dies bei regelkonform verlaufenden Fällen vermutet werden kann (vgl. dazu BGH, Urteil vom 14. Januar 2010 - III ZR 173/09; BGH, Urteil vom 14. Januar 2010 - III ZR 188/09; BGH, Urteil vom 29. Juni 1999 - VI ZR 24/98 jew. mwN) - bei Beauftragung des Laborarztes als Stellvertreter des Patienten im Rahmen seiner Vertretungsmacht und mit dem Willen handelte, hierbei den Patienten zu vertreten; dies ist hier jedoch nicht der Fall. Ob darüber hinaus der Annahme eines Vertrages zwischen Patient und Laborarzt bereits das Fehlen eines Hinweises nach § 4 Abs. 5 GOÄ (Unterrichtung des Patienten über das Hinzuziehen eines seinerseits liquidationsberechtigten Dritten) entgegen steht (so die h.M., z.B. LG Düsseldorf, Urteil vom 3. November 1995 - 20 S 58/95; Uleer/Miebach/Patt, aaO, § 4 GOÄ Rn. 115 mwN; Schmatz/Goetz/Matzke, aaO, § 4 Anm. 11; Brück u.a., aaO, § 4 Rn. 21; in diesem Sinn auch BGH, Urteil vom 19. Dezember 1995 - III ZR 233/94, NJW 1996, 781; a.A. Spickhoff, aaO, § 4 GOÄ Rn. 47; Griebaum, aaO, § 11 Rn. 95), bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung.
52
Der Angeklagte wollte hier jedenfalls nicht als Stellvertreter des jeweiligen Patienten mit dem Laborarzt kontrahieren; es fehlt nach dem festgestellten Sachverhalt schon - wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat - an einem Vertretungswillen. Nach den Feststellungen der Strafkammer beruht die Beauftragung des Laborarztes nämlich in jedem Einzelfall auf einer „zur Förderung einer dauerhaften Kooperation“ (UA S. 22) geschlossenen besonde- ren „Rahmenvereinbarung“, deren wesentliches Element darin bestand, dass - wie die Revision in anderem Zusammenhang konzediert - der Laborarzt keinen eigenen Anspruch gegenüber dem Patienten soll geltend machen können (UA S. 105). Die Abrechnung der Laborleistung sollte ausschließlich im Verhältnis zwischen Laborarzt und Angeklagtem erfolgen. Gegenüber dem Patienten soll ausschließlich der vereinbarungsgemäß nach außen als Leistungserbringer in Erscheinung tretende Angeklagte abrechnen. Schon dies belegt, dass nach übereinstimmendem Willen von Angeklagtem und Laborarzt nicht der Patient berechtigt und verpflichtet werden sollte (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 18. März 1998 - 13 U 75/97). Dementsprechend wäre hier sogar (wie sonst üblich, vgl. Gercke/Leimenstoll, MedR 2010, 695) eine „förmliche“ Überweisung der Patienten entbehrlich; auch liegt der von der Revision in anderem Zusammenhang gezogene Schluss nahe, Auskunfts- und Herausgabeansprüche betreffend die Laborleistungen richteten sich allenfalls gegen den Angeklagten. Der Angeklagte handelte - anders als in regelkonform verlaufenden Fällen - auch nicht im ausschließlichen Interesse der Patienten, sondern in erster Linie um sich aus dem „Weiterverkauf“ von Laborleistungen „eine auf Dauer gerich- tete Einnahmemöglichkeit“ (UA S. 19) zu verschaffen. In der Behauptung des Angeklagten, es sei ein „Factoring“ vereinbart, hat die Strafkammer rechtsfehlerfrei ein lediglich „vorgeschobenes“ Argument gesehen, um eine in Wahrheit gewollte Zuwendung zu verdecken (UA S. 22, 107 f.). Daher hat der Angeklagte nach den Feststellungen die Leistungen vom Labor selbst bezogen, hierfür „Einkaufskosten“ gehabt und dann „weiterverrechnet“ (vgl. UA S. 23).
53
Der Annahme fehlenden Vertretungswillens steht nicht entgegen, dass sowohl die „Rahmenvereinbarung“ als auch jede darauf fußende Einzelbeauftragung , mit der sich der Angeklagte in Abhängigkeit zur Zuweisung von Patienten stehende Vorteile vom Laborarzt hat versprechen lassen, als Koppelungsgeschäft gegen § 31 BayBOÄ verstößt (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juni 1989 - I ZR 120/87, MedR 1990, 77; OLG Koblenz, MedR 2003, 580; Wigge in Schnapp/Wigge, Handbuch des Vertragsarztrechts, 2. Auf., § 2 Rn. 44; Scholz in Spickhoff, Medizinrecht, § 31 MBO Rn. 4 mwN; Taupitz, MedR 1993, 365, 372) und deswegen (§ 31 BayBOÄ ist ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB, vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 1986 - VIII ZR 10/85; BayObLG, Urteil vom 6. November 2000 - 1Z RR 612/98; OLG Hamm, Urteil vom 22. Oktober 1984 - 2 U 172/83; a.A. Taupitz, MedR 1992, 272) ihrem gesamten Umfang nach nichtig sind und Angeklagter und Laborarzt dies erkannten.
54
Wirtschaftlich stellt die Vereinbarung zwischen dem Angeklagten und dem Laborarzt nichts anderes dar als die Vereinbarung einer umsatzabhängi- gen „kick-back“ Zahlung. Ob die Beauftragung des Laborarztes (deswegen) sogar als nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig anzusehen ist (vgl. OLG Köln, Urteil vom 3. Juni 2002 - 11 W 13/02, MedR 2003, 460), bedarf keiner Entscheidung. Die Hypothese der Revision, Laborarzt und Angeklagter hätten im Zweifel einen wirksamen Honoraranspruch gewollt (§ 140 BGB), ist urteilsfremd und übersieht, dass nach den Feststellungen Zweifel am tatsächlichen Willen des Angeklagten nicht verbleiben. Für die Anwendung einer Auslegungsregel, Vertragsparteien wollen sich gesetzeskonform verhalten und nichts Unredliches anstreben (dazu BGH, Urteil vom 3. Dezember 2003 - VIII ZR 86/03, NJW 2004, 1240; BGH, Urteil vom 16. Dezember 1999 - IX ZR 117/99, NJW 2000, 1333), ist kein Raum, wenn - wie hier festgestellt - Angeklagter und Laborarzt übereinkamen, unter „Verzicht auf die rechtlich gebotene Direktabrechnung“ gegenüber dem Patienten dem Laborarzt „eine stetige und möglichst umfang- reiche Weiterbeauftragung durch die Einsendeärzte, die ihrerseits an Honoraren beteiligt werden, auf die sie keinen Anspruch haben“, zu sichern (UA S. 22 f.).
55
Einer von der Revision erstrebten Umdeutung steht - abgesehen von der beiderseitigen Kenntnis der Nichtigkeit (vgl. Ellenberger in Palandt, BGB, 71. Aufl., § 140 Rn. 8) - überdies entgegen, dass jedes andere Rechtsgeschäft, das auf die Erreichung des von § 31 BayBOÄ untersagten wirtschaftlichen Ziels gerichtet ist (sei es als Forderungsabtretung im Rahmen des behaupteten „Factoring“ , sei es als Erfüllung der Patientenschuld durch Zahlung des Angeklagten mit notwendigerweise gleichzeitigem Erlassvertrag i.S.v. § 397 BGB), ebenfalls nichtig wäre. § 31 BayBOÄ missbilligt den vom Angeklagten und dem Laborarzt erstrebten Erfolg, nicht lediglich das hier gewählte Mittel zu dessen Erreichen.
Das Rechtsgeschäft kann nicht in ein solches mit einem anderen, nach den Urteilsfeststellungen tatsächlich aber nicht gewollten wirtschaftlichen Ziel (etwa dahingehend, der Angeklagte wolle eine Schuld des Patienten nur teilweise tilgen) umgedeutet werden.
56
(4.) Ebenso wenig sind sonstige Ansprüche des Laborarztes gegen die Patienten gegeben, die der Angeklagte aus abgetretenem Recht hätte geltend machen können. Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 677, 670 BGB) bestehen nicht. Der Laborarzt erbrachte die Laborunterleistungen - wenngleich aufgrund eines nichtigen, als solches erkannten aber gleichwohl in seiner Durchführung gewollten Rechtsgeschäfts - ausschließlich an den Angeklagten und handelte nach den Urteilsfeststellungen - unbeschadet einer naheliegender Weise anonymisierten Übersendung des Untersuchungsmaterials - nicht mit dem Willen, ein auch dem Patienten zugutekommendes Geschäft zu besorgen (vgl. §§ 687, 684 BGB). Vielmehr sollte allein der Angeklagte als vermeintlicher Leistungserbringer auftreten können. Auch auf § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative BGB gestützte Ansprüche - eine Nichtleistungskondiktion findet wegen deren Subsidiarität nicht statt (Schwab in MüKomm-BGB, 5. Aufl., § 812 Rn. 57 mwN) - kann der Laborarzt allenfalls (vgl. § 817 Satz 2 BGB) im Leistungsverhältnis gegenüber dem Angeklagten geltend machen; auch ein Anspruch nach § 822 BGB besteht nicht.
57
(5.) Der Verstoß gegen das Verbot aus § 31 BayBOÄ, das sich - wie auch das von der Revision vorgelegte Gutachten ausführt - nach Inhalt und Zweck gleichermaßen gegen Verpflichtungs- wie Verfügungsgeschäft richtet, würde überdies zu einem Abtretungsverbot (vgl. Ellenberger in Palandt, BGB, 71. Aufl., § 134 Rn. 13; Wendtland in BeckOK-BGB, § 134 Rn. 22) und zur Unwirksamkeit der von der Revision geltend gemachten Einziehungsermächtigung führen (vgl. BGH, Urteil vom 27. Februar 1992 - IX ZR 57/91; Bayreuther in MüKomm-BGB, 6. Aufl., § 185 Rn. 36; Grüneberg in Palandt, BGB, 71. Aufl., § 398 Rn. 37).
58
(6.) Der Angeklagte kann gegen die Patienten auch keine (eigenen) Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 677, 670 BGB) geltend machen. Für die im Rahmen und nicht nur gelegentlich des mit dem Patienten geschlossenen Behandlungsvertrages erbrachten Leistungen bestimmen die Regelungen der GOÄ mögliche Aufwendungsersatzansprüche wie aufgezeigt abschließend. Überdies resultieren die zur „Beschaffung“ der Laborleistungen getätigten „Aufwendungen“ allein aus einervom Gesetz verbotenen Tätigkeit. Der Angeklagte durfte sie also nicht für erforderlich i.S.v. § 670 BGB halten (gefestigte Rechtsprechung, vgl. BGH, Urteil vom 21. Oktober 2010 - IX ZR 48/10 mwN). Wegen grundsätzlicher Vorrangigkeit der vertraglichen Ansprüche scheiden auch bereicherungsrechtliche Ansprüche aus (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 1992 - XII ZR 253/90 mwN; Sprau in Palandt, BGB, 71. Aufl., vor § 812 Rn. 6 mwN). Überdies ist es, wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausführt und was auch für den - hier nicht gegebenen - Fall des von der Verteidigung geltend gemachten aber unwirksamen „Factoringgeschäfts“ gilt, „nicht Aufgabe des Bereicherungsrechts, Vermögensnachteile auszugleichen, die sich Ärzte durch eine bewusst den Vorschriften der GOÄ zuwiderlaufende Abrechnungsweise selbst einhandeln.“ Die von § 4 Abs. 2 Satz 2 GOÄ und § 31 BayBOÄ dem Angeklagten untersagte Vermögensmehrung kann diesem nicht auf dem Umweg des Bereicherungsrechts zufließen (vgl. §§ 814, 817 BGB).
59
bb) Dem Angeklagten steht gegen den Patienten auch kein Zahlungsanspruch hinsichtlich der in seinen Praxisräumen erbrachten Akupunktur- und Osteopathieleistungen zu.
60
(1.) Nach den Urteilsfeststellungen haben die Patienten allein mit dem Angeklagten einen Behandlungsvertrag geschlossen. Danach ist ihm die Abrechnung der nicht selbst erbrachten Leistungen verwehrt.
61
(a.) Die Therapeuten haben ihre Leistungen „aufgrund vorheriger Ver- schreibung entsprechender Leistungen durch den Angeklagten“ erbracht (UA S. 28), teilweise habe es auch „eine Art ‚Abschlussgespräch‘ mit dem Ange- klagten nach Durchführung der empfohlenen Behandlung durch B. /D. ge- geben“ (UA S. 74). Der Angeklagte hat die „eingekauften Leistungen“als eige- ne den Patienten verkaufen wollen (UA S. 50). Schon daraus ergibt sich, dass die Patienten, die sich „über die arbeitsrechtliche Einordnung der Herren B. und D. innerhalb der Praxis des Angeklagten keine näheren Gedanken ge- macht“ haben (UA S. 74), nicht mit dem Willen handelten, mit den Therapeuten einen Vertrag abzuschließen; in der schlichten (widerspruchslosen) Hinnahme der Vertreterleistung kann ein dahingehender Rechtsgeschäftswille nicht erblickt werden (vgl. OLG Karlsruhe NJW 1987, 1489; Spickhoff, aaO, § 4 GOÄ Rn. 18 mwN; Kuhla, NJW 2000, 841, 846 mwN).
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Auch der Angeklagte handelte nach diesen Feststellungen nicht mit dem Willen, die Patienten bei einem solchen Vertragsschluss zu vertreten. Hinzu kommt, dass nach den Urteilsfeststellungen die Therapeuten nicht über eine Approbation oder Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde verfügten (UA S. 27 f.). Ohne eine solche sowohl für die Erbringung von Akupunkturleistungen (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 15. März 2011 - 8 ME 8/11; VG Trier, Urteil vom 18. August 2010 - 5 K 221/10.TR, 5 K 221/10 ) als auch für osteopathische Behandlungen (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 8. Dezember 2008 - 7 K 967/07) erforderliche Erlaubnis nach § 1 HeilPrG, würde im Übrigen auch die Wirksamkeit eines mit den Therapeuten geschlossenen Behandlungsvertrages durchgreifenden Bedenken begegnen (vgl. OLG Düsseldorf NJW 1988, 2308; OLG München NJW 1984, 1826; Armbrüster in MüKomm-BGB, 6. Aufl. 2012, § 134 Rn. 89 mwN).
63
(b.) Umfang und Höhe des für die Akupunktur- und der Osteopathieleistungen Abrechenbaren werden - wiederum ausschließlich und abschließend - durch die Regelungen der GOÄ bestimmt. Diese finden für alle „beruflichen Leistungen der Ärzte“ i.S.v. § 1 Abs. 1 GOÄ Anwendung, also alle Tätigkeiten, die sich auf die Ausübung der Heilkunde beziehen (Diagnose und Therapie) oder die damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Maßnahmen (Lang/Schäfer/Stiel/Vogt, GOÄ-Kommentar, 2. Aufl., § 1 Rn. 4), wozu auch Sonderleistungen der Alternativmedizin rechnen (vgl. § 6 Abs. 2 GOÄ und Lang/Schäfer/Stiel/Vogt, aaO, § 1 Rn. 16; Hoffmann, GOÄ, 3. Aufl., § 6 GOÄ Rn. 7). Die Hypothese der Revision, die Geltung der GOÄ sei hier - wenn auch nicht wirksam (§§ 125, 126 BGB) - abbedungen worden, wird von den Feststellungen nicht getragen. Vielmehr belegt das Fehlen einer sich auf konkret bestimmte einzelne Leistungen beziehenden (vgl. Lang/Schäfer/Stiel/Vogt, aaO, § 2 Rn. 8), schriftlichen Honorarvereinbarung (vgl. § 2 Abs. 2 GOÄ) und die nachfolgende Abrechnung unter Bezugnahme auf die GOÄ, dass ein Rechtsgeschäftswille zum Abschluss einer gesonderten Honorarvereinbarung nicht bestand.
64
Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 GOÄ, der als Einschränkung der Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung eng auszulegen ist (AG München, Urteil vom 9. Juni 1993 - 232 C 4391/93; Hübner in Prütting, Medizinrecht, § 4 GOÄ Rn. 4), kann der Angeklagte Gebühren (also Vergütungen für die im Gebührenverzeichnis genannten ärztlichen Leistungen) für die nicht selbst erbrachten Therapieleistungen nur abrechnen, wenn sie unter seiner Aufsicht und nach fachlicher Weisung erbracht worden wären (vgl. auch Uleer/Miebach/Patt, aaO, § 4 Rn. 6, 39 ff.). Nach den Feststellungen haben die Therapeuten indes ihre Leistungen „in eigener Verantwortung, ohne Aufsicht und Kontrolle durch den Angeklagten“ (UA S. 28) erbracht. Der Angeklagte hatdie Therapeuten nicht „persönlich überwacht“, teils war er ortsabwesend und auch wenn er zeitgleich mit den Therapeuten in den Praxisräumen anwesend war, hat er diesen keine Weisungen erteilt. Hierzu fehlte ihm auch „die fachliche Qualifikation“ (UA S. 51). Damit liegen die Voraussetzungen für eine Abrechenbarkeit der Thera- pieleistungen durch den Angeklagten nicht vor. Als nach „fachlicher“ Weisung erbracht können Leistungen schon nicht angesehen werden, die der Arzt selbst mangels entsprechender Ausbildung nicht fachgerecht durchführen kann (vgl. Brück u.a., aaO, Einl. u § 4; Lang/Schäfer/Stiel/Vogt, aaO, § 4 Rn. 6; Uleer/ Miebach/Patt, aaO, § 4 Rn. 40; Cramer/Henkel, MedR 2004, 593, 596). Der Hinweis der Revision auf § 5 Abs. 2 GOÄ verfängt nicht. Der Angeklagte hätte die Therapieleistungen - abgesehen davon, dass er nach den Urteilsfeststellungen auch nicht delegationsfähige, vom Arzt selbst zu erbringende Kernleistungen (Untersuchung, Beratung, Entscheidung über therapeutische Maßnahmen ) den Therapeuten übertragen hat - auch nicht an die dadurch gegen § 5 HeilPrG verstoßenden Therapeuten delegieren dürfen.
65
(2.) Im Hinblick auf den wirksamen Behandlungsvertrag mit den Patienten kann der Angeklagte - in gleicher Weise wie im Zusammenhang mit den „eingekauften“ Speziallaborleistungen - auch keine anderen als vertragliche Ansprüche (aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherungsrecht) geltend machen. Einem Aufwendungsersatz hinsichtlich der an die Therapeuten gezahlten Beträge steht die auch solche Ansprüche hier abschließend regelnde GOÄ entgegen. Für eine Anwendung des § 670 BGB besteht für die hier im Rahmen des Behandlungsvertrages erbrachten Osteopathie- und Akupunktur- leistungen kein Raum. Die Zahlungen des Angeklagten an die mangels Approbation oder Erlaubnis nach HeilPrG nicht zu Therapieleistungen befugten Therapeuten waren überdies wiederum nicht erforderlich i.S.v. § 670 BGB.
66
(3.) Der Angeklagte konnte auch keine von den Therapeuten abgetretenen Ansprüche, die diesen gegenüber den Patienten zustünden, geltend machen. Vertragliche Ansprüche der Therapeuten bestehen - wie aufgezeigt - nicht. Sonstige Ansprüche könnten sie - unbeschadet der Frage der Wirksamkeit der zugrunde liegenden Vereinbarung - allenfalls im Verhältnis zum Angeklagten geltend machen.
67
cc) Ein Zahlungsanspruch des Angeklagten - sei es aus eigenem oder abgetretenem Recht - besteht auch nicht hinsichtlich der als Leistungen der Klasse M II abgerechneten Laborleistungen der Klasse M III, die weder vom Angeklagten selbst noch unter seiner Aufsicht (§ 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 GOÄ) noch von einem einzig zur Leistungserbringung und -abrechnung ermächtigten Speziallabor erbracht wurden (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Anlage M zur GOÄ). Aufgrund der Gesetzwidrigkeit der Vereinbarung zwischen Laborarzt und der die Leistung tatsächlich erbringenden Laborgemeinschaft (vgl. auch LG Duisburg , Urteil vom 18. Juni 1996 - 1 O 139/96), konnte der Angeklagte in diesem Zusammenhang erbrachte Aufwendungen wiederum auch nicht für erforderlich i.S.d. § 670 BGB erachten.
68
c) Das Vorliegen eines durch die dargestellte Täuschung bei den Patienten hervorgerufenen Irrtums i.S.d. § 263 StGB - was Tatfrage ist (vgl. BGH, Urteil vom 22. August 2006 - 1 StR 547/05 mwN) - hat die Strafkammer (wie in Fällen kollusiven Zusammenwirkens mit den Patienten, siehe oben unter 1.) ohne Rechtsfehler bejaht. Nach den durch Zeugenaussagen gestützten, rechtsfehlerfreien Feststellungen unterlagen die Patienten, wie der Generalbundes- anwalt zutreffend ausführt, einer mit der Täuschung korrelierenden, der Wirklichkeit nicht entsprechenden Fehlvorstellung.
69
Ein Irrtum i.S.d. § 263 Abs. 1 StGB setzt grundsätzlich nicht voraus (zu Einschränkungen vgl. Dannecker in Graf/Jäger/Wittig, aaO, § 263 StGB Rn. 61), dass sich der Adressat einer auf einer Gebührenordnung basierenden (Ab)Rechnung eine konkrete Vorstellung über die Berechnung und die in Ansatz gebrachten Bemessungsgrundlagen macht. Entscheidend - aber auch ausreichend - ist das gedankliche Mitbewusstsein über die Ordnungsgemäßheit der Rechnungsstellung und sei es nur - wie es die Strafkammer hier feststellt - als „allgemein gehaltene Vorstellung, die Abrechnung sei in Ordnung“ (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juni 2009 - 5 StR 394/08 mwN; Tiedemann in LKStGB , 11. Aufl., § 263 Rn. 79, 91 mwN; Cramer/Perron in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 263 Rn. 37 ff.; Beukelmann in BeckOK-StGB, § 263 Rn. 25).
70
Nach den Urteilsfeststellungen mussten die Patienten - soweit die Straf- kammer nicht ohnehin ausdrücklich feststellt, dass „die Patientenirrten“ (UA S. 24) - in allen Fällen mangels hinreichender eigener Fachkenntnisse („Die gebührenrechtlichen Einzelheiten waren ihnen gänzlich unbekannt“, UA S. 103) auf die sachliche Richtigkeit der Rechnungen vertrauen und haben dies auch. Sie haben „darauf vertraut, dass die Rechnungen von dem Angeklagten korrekt erstellt werden“ (UA S. 103) und „an die Rechtmäßigkeit der Abrechnung geglaubt“ (UA S.109).
71
Demzufolge trifft die Auffassung hier jedenfalls aus tatsächlichen Gründen nicht zu, in Fällen nicht oder nicht selbst erbrachter Leistungen fehle es „in aller Regel“ wegen der Erkennbarkeit des tatsächlichen Leistungsumfangs und des tatsächlichen Leistungserbringers sowie der gemäß § 12 GOÄ spezifizierten Rechnung an einem Irrtum (Dahm, MedR 2003, 268, 269; Dannecker in Graf/Jäger/Wittig, aaO, § 263 StGB Rn. 185; Schuhr in Spickhoff, aaO, § 263 Rn. 25; Tsambikakis in Prütting, Medizinrecht, § 263 StGB Rn. 32).
72
Ein Patient kann nicht wissen, ob in seiner Abwesenheit vom Angeklagten - wie behauptet - Laboruntersuchungen selbst durchgeführt oder eine eigene Befundung vorgenommen werden. Patienten, denen - wie hier - die „gebüh- renrechtlichen Einzelheiten gänzlich unbekannt“ sind, kennen weder die Diffe- renzierung nach unterschiedlichen Laborleistungen, noch die Voraussetzungen, unter denen in der Praxis eines Arztes von Dritten erbrachte Leistungen (etwa bei der Blutentnahme) oder Osteopathieleistungen im Wege einer Analogbewertung gemäß § 6 Abs. 2 GOÄ vom Arzt abgerechnet werden können. Auch weiß ein solcher Patient nicht, ob der Angeklagte Labor- oder sonstige ärztliche oder heilkundliche Leistungen im gebührenrechtlichen Sinn selbst erbracht hat. Soweit die Patienten von anderen als dem Angeklagten, aber in dessen Praxis und nach einer Eingangsuntersuchung durch diesen behandelt wurden, haben sie „die Fehlerhaftigkeit der Abrechnungen“ nicht erkannt (UA S. 30), sie gingen vielmehr davon aus, dass die Rechnungen „inhaltlich richtig und den Abrech- nungsvorschriften entsprechend erstellt worden waren“ (UA S. 74).
73
Die Strafkammer hat nicht festgestellt, dass die Patienten Zweifel an der Richtigkeit der von der M. GmbH erstellten Rechnungen gehabt haben, die ohnedies einen Irrtum grundsätzlich nicht entfallen ließen (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2002 - 3 StR 161/02; BGH, Urteil vom 8. Mai 1990 - 1 StR 144/90; Satzger in SSW-StGB, § 263 Rn. 78 jew. mwN). Eine etwaige Leichtgläubigkeit der Patienten stünde der Annahme eines Irrtums ebenso wenig entgegen, wie die Erkennbarkeit der Täuschung bei hinreichend sorgfältiger Prüfung (BGH, Beschluss vom 15. Oktober 1991 - 4 StR 420/91 mwN). Weiter ist unerheblich, dass oder ob der Patient die Abrechnung bereits einer Versicherung oder Beihilfestelle vorgelegt hat (Schubert, ZRP 2001, 154, 155).
74
II. Auch die Annahme eines Schadens i.S.v. § 263 StGB wird von den Feststellungen belegt.
75
1. Nach ständiger Rechtsprechung ist unter Vermögensschaden i.S.d. § 263 StGB - gleichermaßen wie unter Nachteil i.S.d. § 266 StGB - jede durch die Tat verursachte Vermögensminderung zu verstehen, wobei diese nach dem Prinzip der Gesamtsaldierung auf Grund eines Vergleichs des Vermögensstandes vor und nach der Tat bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise festzustellen ist (vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 5. Juli 2011 - 3 StR 444/10; BGH, Beschluss vom 13. September 2010 - 1 StR 220/09; BGH, Urteil vom 4. März 1999 - 5 StR 355/98; BGH, Beschluss vom 30. Juli 1996 - 5 StR 168/96; Fischer, aaO, § 263 Rn. 110 ff. mwN). Normative Gesichtspunkte können bei der Bewertung von Schäden eine Rolle spielen; sie dürfen die wirtschaftliche Betrachtung allerdings nicht überlagern oder verdrängen (BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2011 - 2 BvR 1857/10 Rn. 176). Ein Schaden liegt nicht vor, wenn zugleich ein den Verlust aufwiegender Vermögenszuwachs begründet wird. Ein solcher Vermögenszuwachs tritt beispielsweise ein, soweit das Vermögen von einer Verbindlichkeit in Höhe des Verlustes befreit wird (BGH, Beschluss vom 5. Juli 2011 - 3 StR 444/10 mwN). Eine solche Kompensation scheidet hingegen regelmäßig dann aus, wenn sich die Vermögensmehrung nicht aus der Verfügung selbst ergibt, sondern durch eine andere, rechtlich selbständige Handlung hervorgebracht wird (vgl. BGH, Beschluss vom 13. September 2010 - 1 StR 220/09; BGH, Urteil vom 4. März 1999 - 5 StR 355/98).
76
Maßgeblich für den Vermögensvergleich ist der Zeitpunkt der täuschungsbedingten Vermögensverfügung, also der Vergleich des Vermögens- werts unmittelbar vor und nach der hier in der Zahlung an den Angeklagten liegenden Vermögensverfügung; spätere Entwicklungen, wie Schadensvertiefung oder Schadensausgleich, berühren den tatbestandlichen Schaden nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 14. April 2011 – 2 StR 616/10; BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08; BGH, Urteil vom 4. März 1999 - 5 StR 355/98 jew. mwN).
77
2. Gemessen hieran hält die Annahme eines Schadens i.S.v. § 263 Abs. 1 StGB auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen revisionsrechtlicher Prüfung stand.
78
a) In Fällen kollusiven Zusammenwirkens mit den Patienten zahlten die Versicherungen / die Beihilfestelle, ohne zur Zahlung verpflichtet zu sein, ohne also durch die Zahlung eine gleichwertige Forderung des beihilfeberechtigten Versicherungsnehmers zum Erlöschen zu bringen. Das Entstehen eines Rückforderungs - oder Schadenersatzanspruchs gegenüber dem Arzt kann - wie auch sonst bei durch die Tat entstehenden Schadens- und Gewährleistungsansprüchen (vgl. Satzger in aaO, § 263 Rn. 152; Fischer, aaO, § 263 Rn. 155) - nicht zu einer schadensausschließenden Kompensation führen.
79
b) In gleicher Weise stand in allen anderen Fällen den Zahlungen der Patienten kein äquivalenter Vermögensausgleich gegenüber. Dies gilt auch in den insoweit einzig näher zu erörternden (vgl. Schuhr, aaO, § 263 StGB Rn. 43) Fällen, in denen der Angeklagte nicht selbst erbrachte Leistungen abrechnete. Durch die irrtumsbedingte Zahlung der Patienten (nach den Feststellungen zahlten die Patienten in allen Fällen jeweils unmittelbar selbst nach Erhalt der Rechnung an die zum Einzug berechtigte M. GmbH vollständig „die jeweils in den Rechnungen ersichtlichen Beträge“; UA S. 15, auch S. 24, 25, 26) wird deren Vermögen gemindert, ohne dass dem ein äquivalenter Vermö- genszufluss gegenübersteht. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Zahlung war das Vermögen der Patienten - unbeschadet der Frage der Fälligkeit, vgl. BGH, Beschluss vom 5. Juli 2011 - 3 StR 444/10 - nicht mit einem Zahlungsanspruch belastet; ohne diesen hat die erbrachte ärztliche Leistung hier keinen eigenen, zur Bestimmung des tatbestandlichen Schadens i.S.v. § 263 Abs. 1 StGB maßgeblichen wirtschaftlichen Wert.
80
aa) Die Bewertung des Vermögens bzw. Schadens erfolgt nach objektiven wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Auf die subjektive Einschätzung des Patienten , ob er sich wegen der von einem anderen als dem Angeklagten erbrachten Leistung nicht geschädigt fühlt, kommt es nicht an. Maßgebend für den Vergleich von Leistung und Gegenleistung ist regelmäßig der Verkehrswert (vgl. Cramer/ Perron in Schönke/Schröder, aaO, § 263 Rn. 109 ff. mwN) oder ein an Angebot und Nachfrage orientierter Marktpreis, der auch nach dem von den Vertragsparteien vereinbarten Preis unter Berücksichtigung der für die Parteien des fraglichen Geschäfts maßgeblichen preisbildenden Faktoren bestimmt werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 2010 - 1 StR 245/09).
81
Für privatärztliche Leistungen, für die es weder einen Verkehrswert noch einen (objektiven) Markt oder einen von den Vertragsparteien frei zu vereinbarenden Preis gibt, bestimmen die materiell-rechtlichen Normen zur Abrechenbarkeit der Leistung, namentlich der GOÄ, zugleich deren wirtschaftlichen Wert. Ist etwa eine Behandlungsleistung zwar erbracht, gilt sie aber als mit einer anderen Leistung abgegolten (vgl. z.B. § 4 Abs. 2a GOÄ), kommt ihr kein eigener wirtschaftlicher Wert zu, mag auch der Patient, hätte er die Leistung alleine bezogen , daraus resultierende Aufwendungen gehabt haben. In dem Umfang, in dem die Rechtsordnung einer privatärztlichen Leistung die Abrechenbarkeit versagt, weil etwa die für die Abrechenbarkeit vorgesehenen Qualifikations- und Leistungsmerkmale nicht eingehalten sind, kann ihr kein für den tatbestandlichen Schaden i.S.v. § 263 StGB maßgeblicher wirtschaftlicher Wert zugesprochen werden (vgl. Beckemper/Wegner, NStZ 2003, 315, 316; für wahlärztliche Leistungen: Hellmann/Herffs, aaO, Rn. 391 ff.; Freitag, aaO, S. 175 f.). Führt die erbrachte ärztliche Leistung mangels Abrechenbarkeit nicht zum Entstehen eines Zahlungsanspruchs, findet eine saldierende Kompensation nicht statt. Zahlt der in Anspruch Genommene irrtumsbedingt ein nicht geschuldetes Honorar, ist er in Höhe des zu Unrecht Gezahlten geschädigt. Wer eine Leistung unter den jeweils gegebenen Umständen unentgeltlich erlangen oder bereits dafür Geleistetes zurückfordern kann, ohne hierfür Wertersatz leisten zu müssen, ist in Höhe desjenigen Betrages geschädigt, den er täuschungsbedingt gleichwohl hierfür aufgewandt hat.
82
Dies entspricht gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum vertragsärztlichen Abrechnungsbetrug (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2002 - 3 StR 161/02; BGH, Beschluss vom 28. September 1994 - 4 StR 280/94; BGH, Urteil vom 10. März 1993 - 3 StR 461/92; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 8. September 1997 - 2 BvR 2414/97), deren zugrunde liegendeWertung - unbeschadet sozialrechtlicher Besonderheiten - auf den Bereich privatärztlicher Leistungserbringung und Abrechnung übertragbar ist (vgl. auch Peickert, MedR 2000, 352, 354; a.A. Gercke/Leimenstoll, MedR 2010, 695).
83
Für privatärztliche Leistungen bestimmt die GOÄ den Inhalt der abrechnungsfähigen ärztlichen Leistungen und deren taxmäßige (standardisierte) Honorierbarkeit abschließend. Die Anspruchsvoraussetzungen sind jeweils - dort nach Sozialrecht, hier nach den materiell-rechtlichen Vorschriften der GOÄ - fest umschrieben, eine tatbestandliche Schadenskompensation allein mit erbrachter ärztlicher Leistung ist dadurch ausgeschlossen (zutreffend Tiedemann in LK-StGB, 11. Aufl., § 263 Rn. 267). Der Leistende wird nicht von einer Verpflichtung gegenüber dem Arzt befreit, eine wirtschaftliche Vermögenssaldierung ergibt daher ein Minus (Hellmann, NStZ 1995, 232; Beckemper/Wegner, NStZ 2003, 315, 316).
84
Dass der Arzt durch Leistungserbringung von einer Leistungspflicht be- freit wird, eine erneute Behandlung „wirtschaftlich unsinnig“ wäre (Gaizik, wistra 1998, 329, 332, ebenso Idler, JUS 2004, 1037, 1040; Stein, MedR 2001, 124, 127), ist für die Schadensbestimmung unbeachtlich. Auch eine von einem Laien durchgeführte und zufällig erfolgreiche Behandlung würde erneute Leistungserbringung „unsinnig“ machen (vgl. Grunst, NStZ 2004, 533, 535), ohne dass ihr ein wirtschaftlicher Wert zugesprochen werden könnte.
85
Im Bereich privatärztlicher Liquidation, bei der der behauptete Honoraranspruch nicht schon aus dem Behandlungsvertrag, sondern erst aufgrund der erbrachten Leistungen entsteht, kann eine Zahlung für die Leistungserbringung nicht kausal werden; die Zahlung ist ohne eigenen Vermögenswert, wenn nicht die Rechtsordnung durch Ansprüche eine Korrespondenzbeziehung herstellt (Schuhr, aaO, § 263 StGB, Rn. 44). Lediglich formalrechtliche „Leistungsge- währungsvoraussetzungen“, wie sie als Einschränkungen der zum Vertragsarztrecht entwickelten „streng formalen Betrachtungsweise“ diskutiert werden (vgl. Volk, NJW 2000, 3385, 3386) oder wie sie im Bereich des Subventionsbetruges zum Tragen kommen können (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Januar 2006 - 5 StR 334/05; Fischer, aaO, § 263 Rn. 142 mwN), sind der Abrechnung privatärztlicher Leistungen auf der Grundlage der an die Person des Leistungserbringers (z.B. § 4 Abs. 2 Satz 2 GOÄ) oder an die Art und Weise der Leistungserbringung (z.B. § 4 Abs. 2 Satz 1 GOÄ) anknüpfenden GOÄ fremd; auch wenn der zahlende Patient die Art der Leistungserbringung oder die Art der Ab- rechnung genehmigen wollte, bestünde dem Grunde nach ein materieller Anspruch nicht.
86
Auch sonst bestimmt sich der wirtschaftliche Wert einer Arbeitsleistung nach deren Abrechenbarkeit; die Möglichkeit, die eigene Arbeitskraft zur Erbringung von Dienstleistungen einzusetzen, hat Vermögenswert nur, soweit sie üblicher Weise gegen Entgelt erbracht wird (vgl. BGH, Urteil vom 18. Januar 2001 - 4 StR 315/00 mwN zu durch Betrug erlangter Arbeitsleistung). Indes wird gesetzeswidrigen Handlungen (vgl. BGH, Beschluss vom 27. November 2008 - 2 StR 421/08; BGH, Beschluss vom 2. Mai 2001 - 2 StR 128/01) oder Leistungen , die verboten sind oder unsittlichen Zwecken dienen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. April 1987 - 5 StR 566/86; BGH, Beschluss vom 20. Dezember1988 - 1 StR 654/88), mögen sie auch „üblicherweise“ nur gegen Entgelt (z.B. „Killer- lohn“) erbracht werden, kein Vermögenswert zuerkannt, da sich das Strafrecht ansonsten in Widerspruch zur übrigen Rechtsordnung setzen würde, wenn es im Rahmen des Betrugstatbestandes nichtigen - weil gesetzeswidrigen - Ansprüchen Schutz gewährte (vgl. auch Eckstein JZ 2012, 101, 104). Es entspricht einem allgemeinen Rechtsgedanken, wirtschaftliche Vorteile aus rechtsmissbräuchlichen Gestaltungen zu versagen (vgl. z.B. §§ 814, 817 S. 2 BGB, §§ 41, 42 AO); in Verbotenes Investiertes soll unwiederbringlich verloren sein (vgl. BT-Drucks. 11/1134, S.12 zum Verfall). Ebenso wird einer Arbeitsleistung ein wirtschaftlicher Wert abgesprochen, wenn Gesetz oder Verwaltungsvorschriften einer zu deren Entlohnung führenden Anstellung entgegenstanden, selbst wenn fachlich nicht zu beanstandende Leistungen erbracht wurden (BGH, Beschluss vom 18. Februar 1999 - 5 StR 193/98 mwN). Im Übrigen ist auch zur Frage der Rechtswidrigkeit des erlangten Vermögensvorteils allein das materiell-rechtliche Bestehen eines Anspruchs maßgeblich (vgl. BGH, Be- schluss vom 20. November 1981 - 2 StR 586/81; BayObLG, Beschluss vom 29. Juni 1994 - 2St RR 118/94).
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Es kann nicht eingewandt werden, der Patient habe sich durch den Erhalt der Leistungen ansonsten erforderliche Aufwendungen erspart, er hätte die Leistungen auch vom Laborarzt (direkt) beziehen können und müssen. Die gegenteilige Ansicht (vgl. Gaizik, wistra 1998, 329, 331 ff. mwN, der allerdings zutreffend darauf hinweist, dass diese ersparten Aufwendungen kein unmittelbar aus der Zahlung fließendes Äquivalent darstellen) bezieht in unzulässiger Weise einen zwar anspruchsbegründenden, tatsächlich aber nicht gegebenen (und überdies nicht vorhersehbaren, vgl. Freitag, aaO, S. 139) Sachverhalt und somit hypothetische Reserveursachen ein, und überspielt damit im Wege einer Gesamtbetrachtung das Fehlen eines Anspruchs auf die durch Täuschung erlangte Leistung (zutreffend Tiedemann in LK-StGB, 11. Aufl., § 263 Rn. 267; ebenso Schuhr, aaO, § 263 StGB, Rn. 44; Fischer, aaO, § 263 Rn. 155; Grunst, NStZ 2004, 533, 537 jew. mwN).
88
bb) Dies zugrunde gelegt hat die Strafkammer im Ergebnis rechtsfehler- frei die „lege artis“ (Laborleistungen) bzw. „fehlerfrei“ (Akupunktur- undOsteo- pathieleistungen) erbrachten Leistungen nicht zur Verneinung des tatbestandlichen Schadens i.S.v. § 263 StGB herangezogen. Die erbrachten Leistungen haben das Vermögen des Patienten zum Zeitpunkt der Zahlung nicht mit einem Zahlungsanspruch in Höhe des Rechnungsbetrages belastet.
89
Wie bereits aufgezeigt, steht im Fall abgerechneter Speziallaborleistungen dem Angeklagten kein Zahlungsanspruch gegen den Patienten zu. Ebenso wenig ist das Vermögen des Patienten - wie auch die Revision in anderem Zusammenhang ausführt - mit einem Zahlungsanspruch des Laborarztes belastet.
90
Der Laborarzt, wiewohl er seine Leistung üblicherweise nur gegen Entgelt erbringt, leistet hier nicht an den Patienten, sondern erbringt seine Leistung - die Befundung, die sich in einem dem Angeklagten direkt übermittelten Datenwerk niederschlägt - ausschließlich im Verhältnis zum Angeklagten. Von diesem erhält er auch (bei „Verzicht auf die Abrechnung gegenüber dem Patienten“ ) das hierfür geforderte, der Höhe nach umsatzabhängige Entgelt. Erst aus dem Tätigwerden des Angeklagten, nämlich dessen „Weiterverkauf“ dieser Laborleistungen, erlangt der Patient etwas. Nach den abschließenden Regelungen der GOÄ erwachsen hieraus aber keine Zahlungsansprüche gegen den Patienten; der Angeklagte wird so gestellt, als habe er eine mit anderen Gebührenziffern bereits abgegoltene Leistung erbracht. Durch die materiell-rechtlichen Vorschriften der §§ 4 Abs. 2 und 10 GOÄ wird - der gesetzgeberischen Intention entsprechend - unterbunden, dass der Angeklagte aus dem Bezug erbrachter und sodann „weiterverkaufter“ Speziallaborleistungen einen wirtschaftlichen Wert schöpfen kann.
91
In gleicher Weise stehen die den taxmäßigen Wert der Akupunktur- und Osteopathieleistungen bestimmenden Regelungen der GOÄ deren Abrechnung durch den Angeklagten oder die Therapeuten entgegen. Die Leistungserbringung kann nicht zu einem das Vermögen des Patienten belastenden Zahlungsanspruch führen. Der auch mangels Approbation oder Erlaubnis nach HeilPrG nicht abrechenbaren Leistung kann ein zur Bestimmung des tatbestandsmäßigen Schadens i.S.v. § 263 StGB maßgeblicher wirtschaftlicher Wert nicht beigemessen werden. Dies gilt auch für Leistungen der nicht zur Erbringung von Laborleistungen der Klasse M III qualifizierten Laborgemeinschaft.
92
III. Die Feststellungen belegen, dass der Angeklagte auch vorsätzlich gehandelt hat. Nach ständiger Rechtsprechung genügt es für den Betrugsvor- satz, dass der Täter die schadensbegründenden Umstände kannte (BGH, Urteil vom 3. November 1987 - 1 StR 292/87 mwN). Entscheidend ist, ob er in der Annahme gehandelt hat, eine Zahlung in der geltend gemachten Höhe beanspruchen zu können (vgl. BGH, Urteil vom 15. Oktober 1991 - 4 StR 420/91 mwN).
93
Nach den Urteilsfeststellungen war dem Angeklagten in allen Fällen - auch in den Fällen abgerechneter Speziallaborleistungen - bewusst, dass er zur Liquidation nicht berechtigt war und sich durch Vortäuschen eines in Wahrheit nicht bestehenden Zahlungsanspruchs zu Unrecht bereicherte. Er handelte gleichwohl.
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Der Einlassung des Angeklagten, er habe sein „Abrechnungsverhalten überwiegend als legal angesehen“ (UA S. 51), hat die Strafkammer auf der Grundlage einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung keinen Glauben geschenkt. Die Strafkammer konnte sich dabei auch auf eine frühere Einlassung des Angeklagten stützen, in der er einräumte, dass er die Abrechnungspraxis in Kenntnis ihrer Unrechtmäßigkeit beibehielt, „weil er das Geld benötigte“ (UA S. 69). „Er sei sich des wirtschaftlichen Vorteils durchaus bewusst gewesen und habe trotz zuletzt positiver Kenntnis von der Illegalität dieser Abrechnungen bis zuletzt daran festgehalten, da ihm ansonsten der Praxisumsatz zu abrupt ein- gebrochen wäre“ (UA S. 53).
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Dies korreliert mit den Angaben einer Außendienstmitarbeiterin eines involvierten Labors, wonach die „veränderten gesetzlichen Vorgaben in der GOÄ“ nicht nur in internen Schulungen erörtert, sondern auch „mit den Ärzten die Möglichkeiten der Gebührenordnung“ besprochen worden waren, und der Angeklagte „sehr daran interessiert gewesen“ sei, „die wirtschaftlichen Vorteile der Direktabrechnung von Laborleistungen nicht zu verlieren“ (UA S. 66); seitens des Angeklagten habe „eine gewisse Erwartungshaltung bestanden“ (UA S. 68).
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Die Einlassung des Angeklagten, er habe in der Annahme gehandelt, den Patienten entstehe wegen der erbrachten Leistungen kein Schaden, steht der Annahme eines Vorsatzes nicht entgegen. Derjenige, der weiß, dass er sich auf Kosten eines anderen durch Vortäuschen eines in Wahrheit nicht gegebenen Zahlungsanspruchs bereichert, weiß oder nimmt zumindest billigend in Kauf, dass er trotz erbrachter Leistungen keinerlei Zahlungsanspruch hat, der Zahlende also rechtsgrundlos leistet und dadurch in Höhe des Gezahlten geschädigt ist.
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IV. Rechtsfehlerfrei geht die Strafkammer bei Rechnungen gleichen Datums von Tateinheit aus, auch soweit dabei mittäterschaftliche Begehung - zum Nachteil der Versicherungen - und mittelbare Täterschaft - zum Nachteil der Patienten - zusammentreffen. Da der Angeklagte die zur Abrechnung erforderlichen Daten an den entsprechenden Tagen „einheitlich an die M. GmbH übermittelt“ hat (UA S.15), liegt eine zu Tateinheit führende Teilidentität der Ausführungshandlung vor (vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 28. Juni 2011 - 3 StR 485/10; BGH, Beschluss vom 24. November 2010 - 2 StR 519/10; BGH, Beschluss vom 2. November 2010 - 1 StR 544/09; BGH, Urteil vom 16. Juli 2009 - 3 StR 148/09; v. Heintschel-Heinegg in MüKomm-StGB, § 52 Rn. 86 ff. mwN).
98
V. Eines Eingehens auf die von der Strafkammer zur Begründung des Schadens zusätzlich herangezogenen weiteren Gesichtspunkte bedarf es nicht. Hierauf hatte der Generalbundesanwalt in seinem Antrag, auf den die Revision mit einem Rechtsgutachten umfassend erwidert hat, bereits zutreffend hingewiesen. Es kann hier auch dahinstehen, ob vom Revisionsgericht analog § 265 StPO ein Hinweis auf die rechtlich etwas von der Auffassung des Landgerichts abweichende Begründung des Schadens zu erteilen wäre. Denn der Senat schließt im vorliegenden konkreten Einzelfall, in dem die maßgeblichen Rechtsfragen auch von der Verteidigung erörtert worden sind, aus, dass sich der Angeklagte anders, insbesondere erfolgreicher gegen den ihm gemachten Vorwurf hätte verteidigen können.

E.



99
Die Nachprüfung des Urteils hat auch hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruches keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben.
100
I. Der Strafausspruch hält revisionsrechtlicher Prüfung stand.
101
1. Die Strafkammer legt der Strafzumessung einen jeweils zutreffenden Strafrahmen zugrunde.
102
a) Das Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 21, 20 StGB „bei Begehung der Tat“ hat die insoweit sachkundig beratene Strafkammer rechtsfehler- frei verneint (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Juni 2011 - 1 StR 122/11).
103
b) Die Strafkammer musste auch - worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hinweist - ungeachtet der Annahme eines „überschießenden Geständ- nisses“ (UA S. 115) in den Fällen kollusiven Zusammenwirkens mit den Patien- ten den - hier bereits anwendbaren - § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB nicht aus- drücklich erörtern. Denn durch die Benennung der an den Taten beteiligten Patienten deckt der Angeklagte keine Katalogtat i.S.d. § 46b Abs. 1 StGB i.V.m. § 100a Abs. 2 StPO auf.
104
Die vom Angeklagten benannten Patienten handelten weder selbst gewerbsmäßig , noch kann ihnen die Gewerbsmäßigkeit im Handeln des Angeklagten , ein strafschärfendes persönliches Merkmal i.S.d. § 28 Abs. 2 StGB, zugerechnet werden (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Juli 2008 - 3 StR 193/08 (zu § 260 StGB); BGH, Beschluss vom 11. Januar 2005 - 1 StR 547/04 (zu § 152a Abs. 2 StGB); BGH, Beschluss vom 21. September 1995 - 1 StR 316/95 (zu § 243 Abs. 2 StGB); Kudlich in BeckOK-StGB, § 28 Rn. 24). Sie können also „nur“ wegen Betruges (§ 263 Abs. 1 StGB) bestraft werden.
105
Für eine Anwendbarkeit des § 46b Abs. 1 StGB reicht indes nicht aus, dass lediglich eine Nichtkatalogtat aufgedeckt wird, mag diese auch - wie hier - mit einer Katalogtat im Zusammenhang stehen. Dies folgt aus dem Wortlaut des § 46b Abs. 1 Satz 3 StGB. Der Täter einer Katalogtat soll nicht durch die Offenbarung einer Bagatelltat (nachgeordnete Beihilfehandlung zu einer vom Täter mitverwirklichten geringeren Tat) in den Genuss einer Strafrahmenverschiebung kommen können. Andernfalls würde sich überdies ein Wertungswiderspruch zu Fällen ergeben, in denen die offenbarte Tat als eigenständiges Delikt verfolgbar wäre, und in denen demzufolge eine Strafmilderung nur bei Aufdeckung einer als Katalogtat verfolgbaren Tat in Betracht kommt.
106
c) Grundsätzlich rechtsfehlerfrei hat die Strafkammer auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen, wonach der Angeklagte rund 30 % seines gesamten Praxisumsatzes mit den ihm zur Last liegenden (und nicht gemäß §§ 154, 154a StPO ausgeschiedenen) manipulierten Abrechnungen erwirtschaftete , sowohl das Regelbeispiel des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB (Ge- werbsmäßigkeit) als auch des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB (große Anzahl) bejaht (vgl. BGH, Beschluss vom 7. September 2011 - 1 StR 343/11). Ohne Erfolg rügt die Revision in diesem Zusammenhang, die Strafkammer habe in den Fällen mit festgestellten Schadenssummen unter 50 € (Fälle 16, 42, 66, 71, 108 und 117 der Urteilsgründe) die Regelung des § 263 Abs. 4 i.V.m. § 243 Abs. 2 StGB verkannt. Denn die Strafkammer geht in diesen, wie in allen Fällen mit Schadensbeträgen bis 2.500 € vom Regelstrafrahmen des § 263 Abs. 1 StGB aus, so dass es auf die Verwirklichung der Regelbeispiele insoweit nicht ankommt. Dass sie in allen anderen Fällen die Anwendung des erhöhten Strafrahmens des § 263 Abs. 3 StGB unter anderem mit der Verwirklichung zweier Regelbeispiele bejaht, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. auch Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 4. Aufl. Rn. 401).
107
2. Die Bemessung der Strafe innerhalb des rechtsfehlerfrei bestimmten Strafrahmens ist ebenfalls frei von den Angeklagten belastenden Rechtsfehlern.
108
In den unter Verstoß gegen § 5 HeilPrG erbrachten Osteopathie- und Akupunkturleistungen, zu denen der Angeklagte angestiftet hat, musste die Strafkammer ebenso wenig einen bestimmenden Milderungsgrund sehen, wie in dem Umstand, dass die Laborleistungen bei einem anderen als dem tatsächlichen - also hypothetischen - Sachverhalt anders hätten abgerechnet werden können.
109
Ob darüber hinaus bei der Strafzumessung in Fällen zu Unrecht abgerechneter ärztlicher Leistungen der Umstand tatsächlich erbrachter Leistungen und hierzu entstandener Aufwendungen strafmildernd berücksichtigt werden muss (vgl. für vertragsärztliche Abrechnungen BGH, Urteil vom 5. Dezember 2002 - 3 StR 161/02; BGH, Beschluss vom 28. September 1994 - 4 StR 280/94), oder ob - wozu der Senat neigt - sich dies im Bereich privatärztlicher Liquidation schon deswegen verbietet, weil hier die “Bereicherung” des Opfers dessen Schaden gerade nicht kompensiert und der Täter eigenmächtig und auf strafbare Weise den Ausgleich, den er materiell-rechtlich nicht beanspruchen kann, herbeiführt (vgl. Hellmann NStZ 1995, 232, 233), bedarf keiner abschließenden Entscheidung.
110
Nach der ausdrücklichen Hervorhebung in den Urteilsgründen ist nicht zu besorgen, die Strafkammer könnte bei der Strafzumessung nicht auch im Blick gehabt haben, dass die Speziallaborleistungen - nach der allgemeinen Handhabe und ohne dass dies für jeden Einzelfall festgestellt wurde - „tatsächlich benötigt“ und von einem dazu befähigten Laborarzt „fachlich und medizinisch korrekt“ erbracht wurden (UA S. 21). Auf UA S. 110 werden die Untersuchungsergebnisse erneut als „medizinisch korrekt“ bezeichnet und auf UA S. 122 wird generell festgestellt, dass die „Patienten mit der ärztlichen Leistung des Angeklagten ganz überwiegend sehr zufrieden waren“. Dass in den Straf- zumessungsgründen eine Erwägung nicht ausdrücklich wiederholt wird, lässt nicht ohne weiteres den Schluss zu, das Tatgericht habe sie bei der Zumessung der Strafe übersehen (BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 - 3 StR 413/11 mwN). Dies gilt gleichermaßen für den Umstand, dass eine fehlerhafte Behandlung durch die nicht abrechnungsbefugten Leistungserbringer nicht bekannt geworden sind (UA S. 28) und dass der Angeklagte zu deren „Beschaffung“ jeweils eigene, von der Strafkammer zu den jeweiligen Fallgruppen spezifizierte Aufwendungen hatte. Beleg für eine entsprechende Berücksichtigung sind auch die Annahme eines besonders schweren Falles erst ab Rechnungsbeträgen über 2.500 € und die gemessen an der von der Strafkammer festgestellten kriminellen Energie des Angeklagten und dem gesamten Tatbild geringen Einzelstrafen sowie die ebenfalls milde Gesamtfreiheitsstrafe.
111
3. Die Gesamtstrafe hat ebenfalls Bestand. Soweit die Teileinstellung des Verfahrens (oben B.) zum Wegfall der bezüglich Fall Nr. 71 der Urteils- gründe verhängten Einzelgeldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 30 € führt, schließt der Senat in Übereinstimmung mit dem Antrag des Generalbundesanwalts angesichts der Vielzahl der verbleibenden Fälle und der dafür verhängten Einzelstrafen bis zu einem Jahr und neun Monaten Freiheitsstrafe aus, dass die Strafkammer auf eine noch mildere als die verhängte Gesamtfreiheitstrafe erkannt hätte.
112
II. Rechtsfehlerfrei hat die Strafkammer auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen das auf die Ausübung als selbständig liquidierender oder liquidationsberechtigter Arzt beschränkte Berufsverbot (§ 70 Abs. 1 StGB) auf eine Gesamtwürdigung des Angeklagten und der Taten gestützt (vgl. BGH, Urteil vom 9. März 2011 - 2 StR 609/10; BGH, Urteil vom 2. Mai 1990 - 3 StR 59/89) und ebenso ohne Rechtsfehler im Rahmen ihres Ermessens (vgl. BGH, Urteil vom 7. November 2007 - 1 StR 164/07) die Gefahr weiterer erheblicher Straftaten und die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme bejaht.
113
Es kann dahinstehen, ob das Verhalten eines Angeklagten nach der Tat stets im Rahmen der für § 70 Abs. 1 StGB erforderlichen Gefahrprognose zu berücksichtigen ist (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 5. August 2009 - 5 StR 248/09). Denn hier hätte sich dabei ungeachtet der festgestellten Teilschadenswiedergutmachung Günstiges für den Angeklagten deswegen nicht ergeben können, da er - wie das Landgericht ebenfalls feststellt - nach der Durchsuchung seiner Praxisräume in diesem Verfahren weiterhin gegen § 31 BayBOÄ verstoßen hat, indem er nunmehr mit einem anderen Labor Beraterverträge abschloss, die ihm zukünftig umsatzabhängige (Rück)Vergütungen sichern sollten (UA S. 108).
114
III. Der vom Generalbundesanwalt angeregten Berichtigung des Ausspruchs nach § 111i Abs. 2 StPO bedarf es nicht.
115
Zwar hat für vor dem 1. Januar 2007 beendete Taten ein Ausspruch nach § 111i Abs. 2 StPO zu unterbleiben. Einer Anwendung der am 1. Januar 2007 in Kraft getretenen Regelung des § 111i Abs. 2 StPO auf bereits zuvor beendete Taten steht § 2 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 StGB entgegen (vgl. auch BGH, Urteil vom 7. Februar 2008 - 4 StR 502/07 mwN). Letzteres hat die Strafkammer indes gesehen und auch ausgeführt (UA S. 114), so dass nicht zu besorgen ist, ein Auffangrechtserwerb nach § 111i Abs. 5 StPO sollte oder könnte auf den im Tenor für Taten vor dem 1. Januar 2007 festgestellten Betrag erstreckt werden.
116
Durch die vom Generalbundesanwalt zutreffend aufgezeigte, rechtsfehlerhafte Annahme eines vorzeitigen Beendigungszeitpunktes und daraus resultierend einer zu geringen Bemessung des nach dem 1. Januar 2007 Erlangten ist der Angeklagte gerade nicht beschwert.
117
IV. Anhaltspunkte für eine - zu Kompensation nötigende, von der Verteidigung aber ohnehin nicht mit einer entsprechenden Verfahrensrüge geltend gemachte - rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung liegen nicht vor. Gemessen an Umfang, Bedeutung (vgl. Graf in BeckOK-StPO, § 198 GVG Rn. 8) und Schwierigkeit der Sache (Beleg hierfür ist u.a. das von der Revision in Erwiderung auf den Antrag des Generalbundesanwalts nachgereichte weitere Rechtsgutachten) wurde das Verfahren insgesamt innerhalb angemessener Frist (Art. 6 Abs. 1 EMRK) abgeschlossen; dies gilt auch für das Revisionsverfahren , in dem die Sache wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung zur Veröffentlichung vorgesehen ist.
Nack Rothfuß Hebenstreit Elf Graf

(1) Der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung erlischt, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat, geltend gemacht wird; hierüber und über den Beginn der Frist ist der Berechtigte zu belehren. Die Frist beginnt

1.
im Fall der schriftlichen Begutachtung oder der Anfertigung einer Übersetzung mit Eingang des Gutachtens oder der Übersetzung bei der Stelle, die den Berechtigten beauftragt hat,
2.
im Fall der Vernehmung als Sachverständiger oder Zeuge oder der Zuziehung als Dolmetscher mit Beendigung der Vernehmung oder Zuziehung,
3.
bei vorzeitiger Beendigung der Heranziehung oder des Auftrags in den Fällen der Nummern 1 und 2 mit der Bekanntgabe der Erledigung an den Berechtigten,
4.
in den Fällen des § 23 mit Beendigung der Maßnahme und
5.
im Fall der Dienstleistung als ehrenamtlicher Richter oder Mitglied eines Ausschusses im Sinne des § 1 Abs. 4 mit Beendigung der Amtsperiode, jedoch nicht vor dem Ende der Amtstätigkeit.
Wird der Berechtigte in den Fällen des Satzes 2 Nummer 1 und 2 in demselben Verfahren, im gerichtlichen Verfahren in demselben Rechtszug, mehrfach herangezogen, ist für den Beginn aller Fristen die letzte Heranziehung maßgebend. Die Frist kann auf begründeten Antrag von der in Satz 1 genannten Stelle verlängert werden; lehnt sie eine Verlängerung ab, hat sie den Antrag unverzüglich dem nach § 4 Abs. 1 für die Festsetzung der Vergütung oder Entschädigung zuständigen Gericht vorzulegen, das durch unanfechtbaren Beschluss entscheidet. Weist das Gericht den Antrag zurück, erlischt der Anspruch, wenn die Frist nach Satz 1 abgelaufen und der Anspruch nicht binnen zwei Wochen ab Bekanntgabe der Entscheidung bei der in Satz 1 genannten Stelle geltend gemacht worden ist. Wurde dem Berechtigten ein Vorschuss nach § 3 bewilligt, so erlischt der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung nur insoweit, als er über den bewilligten Vorschuss hinausgeht.

(2) War der Berechtigte ohne sein Verschulden an der Einhaltung einer Frist nach Absatz 1 gehindert, gewährt ihm das Gericht auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn er innerhalb von zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses den Anspruch beziffert und die Tatsachen glaubhaft macht, welche die Wiedereinsetzung begründen. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Belehrung nach Absatz 1 Satz 1 unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 4 Abs. 4 Satz 1 bis 3 und Abs. 6 bis 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung verjährt in drei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der nach Absatz 1 Satz 2 maßgebliche Zeitpunkt eingetreten ist. Auf die Verjährung sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden. Durch den Antrag auf gerichtliche Festsetzung (§ 4) wird die Verjährung wie durch Klageerhebung gehemmt. Die Verjährung wird nicht von Amts wegen berücksichtigt.

(4) Der Anspruch auf Erstattung zu viel gezahlter Vergütung oder Entschädigung verjährt in drei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Zahlung erfolgt ist. § 5 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes gilt entsprechend.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Gebühren sind Vergütungen für die im Gebührenverzeichnis (Anlage) genannten ärztlichen Leistungen.

(2) Der Arzt kann Gebühren nur für selbständige ärztliche Leistungen berechnen, die er selbst erbracht hat oder die unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht wurden (eigene Leistungen). Als eigene Leistungen gelten auch von ihm berechnete Laborleistungen des Abschnitts M II des Gebührenverzeichnisses (Basislabor), die nach fachlicher Weisung unter der Aufsicht eines anderen Arztes in Laborgemeinschaften oder in von Ärzten ohne eigene Liquidationsberechtigung geleiteten Krankenhauslabors erbracht werden. Als eigene Leistungen im Rahmen einer wahlärztlichen stationären, teilstationären oder vor- und nachstationären Krankenhausbehandlung gelten nicht

1.
Leistungen nach den Nummern 1 bis 62 des Gebührenverzeichnisses innerhalb von 24 Stunden nach der Aufnahme und innerhalb von 24 Stunden vor der Entlassung,
2.
Visiten nach den Nummern 45 und 46 des Gebührenverzeichnisses während der gesamten Dauer der stationären Behandlung sowie
3.
Leistungen nach den Nummern 56, 200, 250, 250a, 252, 271 und 272 des Gebührenverzeichnisses während der gesamten Dauer der stationären Behandlung,
wenn diese nicht durch den Wahlarzt oder dessen vor Abschluß des Wahlarztvertrages dem Patienten benannten ständigen ärztlichen Vertreter persönlich erbracht werden; der ständige ärztliche Vertreter muß Facharzt desselben Gebiets sein. Nicht persönlich durch den Wahlarzt oder dessen ständigen ärztlichen Vertreter erbrachte Leistungen nach Abschnitt E des Gebührenverzeichnisses gelten nur dann als eigene wahlärztliche Leistungen, wenn der Wahlarzt oder dessen ständiger ärztlicher Vertreter durch die Zusatzbezeichnung "Physikalische Therapie" oder durch die Gebietsbezeichnung "Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin" qualifiziert ist und die Leistungen nach fachlicher Weisung unter deren Aufsicht erbracht werden.

(2a) Für eine Leistung, die Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis ist, kann der Arzt eine Gebühr nicht berechnen, wenn er für die andere Leistung eine Gebühr berechnet. Dies gilt auch für die zur Erbringung der im Gebührenverzeichnis aufgeführten operativen Leistungen methodisch notwendigen operativen Einzelschritte. Die Rufbereitschaft sowie das Bereitstehen eines Arztes oder Arztteams sind nicht berechnungsfähig.

(3) Mit den Gebühren sind die Praxiskosten einschließlich der Kosten für den Sprechstundenbedarf sowie die Kosten für die Anwendung von Instrumenten und Apparaten abgegolten, soweit nicht in dieser Verordnung etwas anderes bestimmt ist. Hat der Arzt ärztliche Leistungen unter Inanspruchnahme Dritter, die nach dieser Verordnung selbst nicht liquidationsberechtigt sind, erbracht, so sind die hierdurch entstandenen Kosten ebenfalls mit der Gebühr abgegolten.

(4) Kosten, die nach Absatz 3 mit den Gebühren abgegolten sind, dürfen nicht gesondert berechnet werden. Eine Abtretung des Vergütungsanspruchs in Höhe solcher Kosten ist gegenüber dem Zahlungspflichtigen unwirksam.

(5) Sollen Leistungen durch Dritte erbracht werden, die diese dem Zahlungspflichtigen unmittelbar berechnen, so hat der Arzt ihn darüber zu unterrichten.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 45/11
vom
25. Januar 2012
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
______________________
Zum Abrechnungsbetrug eines privatliquidierenden Arztes für nicht persönlich
erbrachte Leistungen.
BGH, Beschluss vom 25. Januar 2012 - 1 StR 45/11 - LG München I
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Januar 2012 gemäß
§ 206a Abs. 1, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 27. August 2010 wird
a) die Verurteilung im Fall Nr. 71 der Urteilsgründe aufgehoben und das Verfahren insoweit eingestellt;
b) der Schuldspruch dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte wegen Betruges in 128 Fällen verurteilt ist. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last. Die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels hat der Beschwerdeführer zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in 129 Fällen (jeweils in einer unterschiedlichen Anzahl tateinheitlich begangener Einzeltaten, insgesamt 2.339) zu drei Jahren und drei Monaten Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt und ihm verboten, für die Dauer von drei Jahren als liquidationsberechtigter Arzt oder als angestellter Arzt mit eigenem Abrechnungsrecht tätig zu werden. Das Landgericht hat ferner festgestellt, dass der Angeklagte aus den Taten insgesamt Vermögen im Wert von 748.244,87 € erlangt hat, wobei auf die Taten vor dem 1. Januar 2007 ein Betrag in Höhe von 630.581,99 € und auf die Taten nach dem 1. Januar 2007 in Höhe von 117.662,88 € entfällt. Die „Fest- setzung von Wertersatz oder des Verfalls von Wertersatz“ unterbleibt, da Ansprüche geschädigter Dritter gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen.
2
Die hiergegen gerichtete, mit der Verletzung formellen und sachlichen Rechts begründete Revision hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO, nachfolgend B.), im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO). Die Revision zeigt weder einen durchgreifenden Verfahrensfehler auf (C.) noch hat die umfassende sachrechtliche Nachprüfung des Urteils im Schuldspruch (D.) oder im Rechtsfolgenausspruch (E.) einen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben.

A.


3
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
I. Der Angeklagte betrieb als Arzt für Allgemeinmedizin im Tatzeitraum (Oktober 2002 bis September 2007) eine mit der Erbringung von Naturheilverfahren , Homöopathie- und Osteopathieleistungen sowie Traditioneller Chinesischer Medizin beworbene Praxis, in der er grundsätzlich Privatpatienten behandelte ; eine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung hatte er nicht. Zur Abrechnung gegenüber den Patienten bediente er sich der (gutgläubigen) M. GmbH, der er die - für die von ihm gewünschte Abrechnung erforderlichen - Daten übermittelte.
5
Um sich neben Honoraransprüchen „eine auf Dauer gerichtete Einnah- memöglichkeit zu verschaffen“ (UA S. 19) ließ der Angeklagte an 129 Tagen mehr als 2.300 „inhaltlich unrichtige Abrechnungen“ an seine Patienten schicken , um „unter Täuschung seiner Patienten über die Richtigkeit dieser Ab- rechnungen bei diesen Honorare für tatsächlich nicht erbrachte, tatsächlich nicht von ihm erbrachte und tatsächlich nicht so erbrachte Leistungen zu be- rechnen und entsprechende Erlöse einzunehmen“ (UA S.14). Der Angeklagte ging dabei wie folgt vor:
6
1. Der Angeklagte hat in Absprache mit sechs seiner Patienten Rechnungen , die angeblich erbrachte und erstattungsfähige Leistungen auswiesen, erstellen lassen, obwohl er keine Leistungen oder nicht erstattungsfähige Leistungen erbracht hat (Lieferung nicht erstattungsfähiger Medikamente bzw. Injektionen ; Behandlung einer nicht privat versicherten Tochter einer privatversi- cherten Patientin; fingierte Hausbesuche zur „Ersparung“ eines Selbstbehalts; fingierte Leistungen zur hälftigen Teilung des Erstattungsbetrags mit dem Patienten ). Die Patienten reichten diese Rechnungen - wovon der Angeklagte sicher ausging (UA S.112) - bei ihren jeweiligen Versicherungen, in einem Fall zusätzlich bei einer Beihilfestelle ein und erhielten so die in Rechnung gestellten Kosten des Angeklagten erstattet. Wäre den Sachbearbeitern bei den Versicherungen bzw. der Beihilfestelle der wahre Sachverhalt bekannt gewesen, wäre eine Erstattung unterblieben.
7
2. Ferner hat der Angeklagte, der Mitglied einer Laborgemeinschaft war, von dieser Laborleistungen der Klasse M II bezogen, welche er gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) selbst abrechnen konnte, wobei hierfür gemäß § 5 Abs. 4 Satz 2 GOÄ ein Standard-Steigerungsfaktor von 1,15 vorgesehen ist. Mit dem Hinweis auf eine „sehr umfangreiche und zeitintensive Leistung aufgrund persönlicher Befundung“ ließ der Angeklagte demgegenüber Laborleistungen der Klasse M II mit dem Höchst-Steigerungs- faktor (§ 5 Abs. 4 Satz 1 GOÄ) von 1,3 abrechnen. Der Angeklagte wusste je- doch, „dass er keine einzige Befundung im Bereich M II selbst je durchgeführt hatte, sondern sämtliche Parameter bei der Laborgemeinschaft“ bezogen hatte (UA S. 109). Die Patienten „irrten entsprechend und bezahlten“ die um die Dif- ferenz zwischen dem 1,15- und dem 1,3-fachen „überhöhten Beträge“ (UA S. 24).
8
Zudem rechnete der Angeklagte die von der Laborgemeinschaft bezogenen Untersuchungen der Klasse M II als angeblich im eigenen Labor erbrachte Leistungen der Klasse M I ab, dies wiederum teilweise mit dem - unzutreffenden - Höchststeigerungsfaktor von 1,3. „Hätten die Patienten gewusst, dass es sich in Wirklichkeit um niedriger bewertete M II Leistungen gehandelt hat, hätten sie lediglich den Preis für M II Leistungen bezahlt“ (UA S. 27).
9
3. Darüber hinaus (und vor allem) hat der Angeklagte nicht persönlich erbrachte Leistungen abrechnen lassen.
10
a) Laborleistungen der Klassen M III und M IV (Speziallaborleistungen) konnte der Angeklagte nur von einem hierzu befähigten und einzig gegenüber dem Patienten liquidationsberechtigten Laborarzt (Speziallabor) erbringen lassen. Um dennoch Gewinne aus der Erbringung von Speziallaborleistungen zu erzielen, profitierte der Angeklagte von einer von der Laborgruppe des Dr. Sch. (Augsburg) „seit vielen Jahren vielen tausend interessier- ten Ärzten im Bundesgebiet“ (UA S. 21) angebotenen Kooperation (Rahmen- vereinbarung), die sich in gleicher Weise auch bei zwei weiteren Laboren wie folgt gestaltete:
11
Der Angeklagte sandte, wenn er Untersuchungen der Klassen M III oder M IV benötigte, die dafür erforderlichen Proben an die im Urteil näher feststell- ten Labore/Laborgruppen (im Folgenden: Laborarzt), wo die Proben seinen Wünschen entsprechend fachlich und medizinisch korrekt untersucht (beprobt) wurden (UA S. 21). Die Ergebnisse wurden ihm per Datenfernübertragung übermittelt. Die erbrachten Leistungen des Laborarztes wurden von diesem „gegenüber dem Patienten nicht geltend gemacht“ (UA S. 22). Vielmehr wurden den jeweiligen Einsendeärzten - so auch dem Angeklagten - die Laborleistungen zu einem niedrigen, der Höhe nach vom Gesamtbeauftragungsumfang abhängigen Betrag in Rechnung gestellt. Der Angeklagte zahlte je nach Labor zwischen 0,32 (Rabattstufe für „gute Kunden“) und 1,0 des für die Leistung maßgeblichen jeweiligen GOÄ-Satzes. Der Angeklagte rechnete sodann gegenüber Privatpatienten die durchgeführten Untersuchungen als eigene ab, „regelmäßig unter Geltendmachung des Standard-Erhöhungsfaktors nach § 5 Abs. 4 GOÄ, d.h. mit einem Faktor von 1,15“ (UA S. 22).
12
In allen der Verurteilung zugrunde liegenden Fällen waren die Laborleis- tungen „tatsächlich benötigt“ und wurden „fachlich und medizinisch korrekt“ er- bracht (UA S. 21). Nach den Feststellungen des Landgerichts wusste der An- geklagte, „dass er zur eigenen Liquidation dieser Laborleistungen nicht berech- tigt war. Hätten die Privatpatienten gewusst, dass der Angeklagte die Leistungen nicht selbst erbracht hat, zur Liquidation nicht berechtigt war, weil er nicht Inhaber der Forderung war und damit die Rechnung auch nicht erstattungsfähig war, hätten sie diese Leistung nicht auf die durch die M. GmbH erstellten Rechnungen hin auf das dort angegebene Konto bezahlt“ (UA S. 24).
13
b) Ferner ließ der Angeklagte Behandlungen als eigene abrechnen, die in seinen Praxisräumen tätige Therapeuten (ein Osteopath und ein aus China stammender Arzt für Traditionelle Chinesische Medizin) erbrachten, die im Tat- zeitraum weder approbiert noch niedergelassen waren und „daher keine Be- rechtigung hatten, selbständig Leistungen an Patienten zu erbringen und abzu- rechnen“ (UA S. 27 f.). Tatsächlich erbrachten diese an Patienten des Angeklagten „in eigener Verantwortung, ohne Aufsicht oder Kontrolle durch den Angeklagten“ (UA S. 28), aber fehlerfrei, osteopathische Leistungen und Akupunk- turleistungen. Der Angeklagte führte jeweils ein „Eingangsgespräch“ und ein „Abschlussgespräch“ mit den Patienten, er hatte aber nicht die fachlichen Kenntnisse, die Tätigkeit der Therapeuten zu überwachen. Diese erhielten vom Angeklagten zwischen 40 und 55 € für jede Behandlung. Der Angeklagte ließ diese („eingekauften“) Leistungen den Patienten sodann als selbst erbrachte ärztliche Leistung in Rechnung stellen: Leistungen des Osteopathen wurden meist mit 125,60 € berechnet, Leistungen des Akupunkteurs mit 71,17 € oder 83,76 €. Der Angeklagte verwendete zur Abrechnung jeweils eine „Kette“ ver- schiedener GOÄ-Ziffern, von denen einige Leistungen betreffen (Bsp: Injektionen gem. GOÄ-Ziffern 255 und 256), die tatsächlich nicht durchgeführt worden waren.
14
c) Des Weiteren ließ der Angeklagte bestimmte Untersuchungen der Klasse M III, die in einem Speziallabor hätten erbracht werden müssen, in der oben 2. genannten Laborgemeinschaft durchführen. Diese Laborleistungen ließ der Angeklagte sodann wie eigene Untersuchungen der Klasse M II gegenüber den Patienten abrechnen.
15
II. Die Strafkammer hat die Fälle oben 1. als mittäterschaftlich begangenen Betrug zum Nachteil der jeweiligen Versicherungen/Beihilfestellen gewertet , alle anderen Fälle als Betrugstaten zum Nachteil der jeweiligen Patienten.
16
In den Fällen oben 3.a. (Abrechnung von Speziallaborleistungen) sieht die Strafkammer einen Schaden beim Patienten darin, dass der Rechnung des Angeklagten keine durch die Zahlung erlöschende Forderung zugrunde liege.
Der Angeklagte selbst habe keine Leistung erbracht und könne auch keine Forderung des Laborarztes geltend machen. Eine im Verfahren vom Angeklagten behauptete Abtretung einer solchen Forderung im Rahmen eines FactoringGeschäfts sei mangels ausdrücklicher Einwilligung des Patienten nichtig, im Übrigen „ersichtlich vorgeschoben“ (UA S. 107); in Wahrheit handele es sich um eine gegen Art. 31 Musterberufsordnung für Ärzte verstoßende Zuwendung. Auch eine Forderung des Laborarztes werde nicht erfüllt, so dass die Gefahr einer weiteren Inanspruchnahme des Patienten durch diesen bestehe.
17
Das Erbringen der Laborleistungen stelle keine vollständige, unmittelbar mit der Verfügung des Patienten verbundene Kompensation dar. Überdies sei (1.) der Patient hinsichtlich einer Rückforderung bezahlter Beträge mit einem bereits konkretisierten Insolvenzrisiko des Angeklagten belastet, (2.) der tatsächliche Leistungserbringer, obgleich für den Patienten von besonderer Be- deutung, nicht erkennbar, was „ein zusätzliches Risiko bzw. eine Minderleistung , welches nicht kompensiert werden kann“ (UA S. 102) unter dem Ge- sichtspunkt des persönlichen Schadenseinschlages für den Patienten begründe und (3.) der Patient bei Bekanntwerden der wahren Verhältnisse dem Risiko einer von Versicherungen oder Beihilfestellen versagten Kostenerstattung oder einer Rückforderung gezahlter Beträge durch diese ausgesetzt.
18
III. Die vom Angeklagten geltend gemachte Spielsucht hat die Strafkammer - gestützt auf ein Sachverständigengutachten - als nicht krankheitswertiges Verhalten bewertet, das sich im normalpsychologischen Spektrum wie bei jedem Menschen mit einem ausgeprägten Hobby bewege, und daher uneingeschränkte Schuldfähigkeit bejaht.

B.


19
Hinsichtlich des Falles Nr. 71 der Urteilsgründe besteht ein zur Einstellung des Verfahrens führendes Verfahrenshindernis.
20
Der Generalbundesanwalt hat hierzu ausgeführt: „Fall Nr. 71 der Urteilsgründe betrifft eine Rechnung vom 19. Juli 2005 (…). Hinsichtlich dieser Tat ist das Verfahren mit Beschluss vom 25. Juni 2010 (…) gemäß § 154 Abs. 1 Nr.1, Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt worden; eine Wiedereinbeziehung dieses Tatvorwurfs ist nicht erfolgt. Die Verurteilung wegen Betruges wegen dieser Tat muss daher entfallen.“
21
Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat an. Mit der Einstellung durch einen Gerichtsbeschluss gemäß § 154 Abs. 2 StPO entsteht ein von Amts wegen zu beachtendes Verfahrenshindernis, zu dessen Beseitigung ein förmlicher Wiederaufnahmebeschluss erforderlich ist (BGH, Beschluss vom 18. April 2007 - 2 StR 144/07; BGH, Beschluss vom 7. März 2006 - 2 StR 534/05 mwN). Einen solchen Beschluss hat das Landgericht nicht erlassen.

C.


22
Die Revision zeigt - auch soweit sie den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügt - keinen durchgreifenden Verfahrensfehler auf.
23
I. Mit zulässig erhobener Verfahrensrüge macht die Revision einen Verstoß gegen § 243 Abs. 3 Satz 1 StPO geltend, den sie darin sieht, dass eine die einzelnen Taten auflistende (mehrere Ordner umfassende) Tabelle nicht im Anklagesatz aufgenommen und dementsprechend nicht verlesen worden war.
24
Der Rüge bleibt aus den vom Generalbundesanwalt zutreffend dargelegten Gründen der Erfolg versagt. Der vom Großen Senat für Strafsachen (vgl. Beschluss vom 12. Januar 2011 - GSSt 1/10) für unerlässlich erachtete Teil des Anklagesatzes wurde in der Hauptverhandlung verlesen. Trotz der gerügten Lückenhaftigkeit des Anklagesatzes erfüllt die Anklage ihre Umgrenzungsfunktion hinreichend, wenn der Angeklagte - wie hier - die einzelnen Tatvorwürfe dem wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen entnehmen kann. Die Informationsfunktion , die der Verlesung des Anklagesatzes in der Hauptverhandlung zukommt, wird durch die unvollständige Fassung des Anklagesatzesebenfalls nicht berührt; die die Einzeltaten näher individualisierenden tatsächlichen Umstände müssen nicht in der Hauptverhandlung verlesen werden. Daher stellt der Umstand, dass die näheren individualisierenden tatsächlichen Umstände der Einzeltaten oder der Einzelakte in Tabellen enthalten waren, die zwar Teil der Anklageschrift, aber nicht Teil des Anklagesatzes i.S.v. § 243 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 200 Abs. 1 StPO waren, keinen Verfahrensfehler dar, auf dem das Urteil beruht (BGH, Beschluss vom 15. März 2011 - 1 StR 260/09).
25
II. Die Rüge eines Verstoßes gegen § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO hat keinen Erfolg. Ihr liegt folgendes prozessuales Geschehen zugrunde:
26
In der Hauptverhandlung stellte der Angeklagte einen Antrag auf Zeugenvernehmung mit den Behauptungen, dass die Patienten wegen der vom Angeklagten abgerechneten Laborleistungen der Klassen M I, M III oder M IV keinem „latenten Rückforderungsanspruch einer Beihilfestelle oder eines privaten Versicherungsunternehmens ausgesetzt“ seien, weil sie entweder dieLeis- tungen nicht bezahlt hätten, oder sie im Zeitpunkt der jeweiligen Behandlung weder beihilfeberechtigt noch privat versichert gewesen seien, oder die Laborleistungen nicht vom Versicherungstarif umfasst seien, oder die Rechnungen nicht zur Erstattung bei Versicherung oder Beihilfestelle geltend gemacht worden seien oder weil die Erstattung der Laborleistungen abgelehnt worden sei. Ferner sollte bewiesen werden, dass keiner der Patienten tatsächlich auf Rückzahlung in Anspruch genommen worden sei.
27
Dem Antrag war eine Tabelle beigefügt, in der der jeweilige Zeuge mit ladungsfähiger Anschrift sowie zugehöriger Rechnungsnummer und die jeweils ihn betreffenden GOÄ-Ziffern der Leistungsgruppen M I, M III und M IV aufgeführt waren. Nach Hinweis auf die Fehlerhaftigkeit dieser Anlage, legte die Verteidigung zwei Leitzordner vor, die nunmehr als Anlage zum Beweisantrag genommen wurden. Hinsichtlich dieser wurde, ebenso wie zu einer vom nach Antragstellung gehörten Zeugen S. übergebenen Ausbuchungsliste der M. GmbH vom 2. August 2010 das Selbstleseverfahren angeordnet. Der Staatsanwalt gab eine Erklärung zum Beweisantrag ab und übergab sodann die Stellungnahme in schriftlicher Form zu den Akten (HV-Protokoll S. 58). Unter Bezugnahme auf die Aussagen des Zeugen S. erklärte der Verteidiger, eine Zeugeneinvernahme dazu „welche Rechnungen nicht bzw. nicht in voller Höhe bezahlt wurden“ werde nicht beantragt bzw. zurückgenommen (HV-Protokoll S. 59). Im Folgenden wurde mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und unter Bezugnahme auf vorerwähnte Ausbuchungsliste das Verfahren durch Beschluss der Strafkammer gemäß § 154a StPO beschränkt (HV-Protokoll S. 60). Ferner wurde ein „Schriftsatz des Verteidigers vom 20.08.2010 über die bisher geltend gemachten Rückforderungsansprüche der Krankenkassen und Beihil- festellen besprochen“ (HV-Protokoll S. 62).
28
Die Strafkammer hat den Antrag sodann durch Beschluss vom 26. August 2010 „gemäß § 244 Abs. 3 Satz 2 2. Alt. StPO abgelehnt, soweit er sich nicht durch die (teilweise) Rücknahme vom 12.08.2010“ erledigt hat. Es komme nicht darauf an, ob ein Geschädigter seinen Schaden von einer Versicherung ersetzt erhalten hat. Rechtlich entscheidend für die Annahme eines vollendeten Betruges sei, ob der Patient auf eine tatsächlich nicht oder nicht in dieser Höhe bestehende Forderung des Arztes gezahlt habe; ein Ausgleich durch eine Versicherung führe nur zu einer Schadensverlagerung nach Schadenseintritt.
29
1. Die Rüge ist bereits unzulässig.
30
Gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO sind bei Erhebung einer Verfahrensrüge die auf die jeweilige Angriffsrichtung bezogenen Verfahrenstatsachen vollständig und zutreffend so vorzutragen, dass das Revisionsgericht allein anhand der Revisionsbegründung die einzelnen Rügen darauf überprüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegen würde, wenn die behaupteten Tatsachen erwiesen wären (vgl. BGH, Beschluss vom 2. November 2010 - 1 StR 544/09 mwN; BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2005 - 2 BvR 656/99; Kuckein in KK-StPO, 6. Aufl., § 344 Rn. 38 mwN). Dem genügt der Revisionsvortrag nicht.
31
a) Der Revisionsvortrag ist unvollständig. Die Revision legt schon nicht die im mitgeteilten Beweisantrag in Bezug genommenen Anlagen in ihrer jeweiligen Fassung vor. Auch werden weder der Inhalt der staatsanwaltschaftlichen Stellungnahme zum Beweisantrag, noch der Schriftsatz der Verteidigung vom 20. August 2010 mitgeteilt, auf die das Revisionsvorbringen Bezug nimmt. Ebenso wenig trägt die Revision die für die Beurteilung des Beweisbegehrens erforderliche, auch im Teileinstellungsbeschluss in Bezug genommene „Ausbuchungsliste der M. “ vor, und auch nicht den sich „durch die heutige Einvernahme des Zeugen S. “ ergebenden Umfang, in dem die Beweisaufnahme „nicht beantragt bzw. zurückgenommen“ worden war. Dem Senat wird soins- besondere nicht die Überprüfung ermöglicht, in welchem Umfang und auf welcher Grundlage über den Beweisantrag nach dessen teilweiser Rücknahme und einer erfolgten Teileinstellung des Verfahrens noch zu entscheiden war.
32
b) Die Revision bleibt durch widersprüchliches Vorbringen auch die erforderliche klare Bezeichnung der Angriffsrichtung schuldig, mithin werden die den Mangel begründenden Tatsachen nicht in einer § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügenden Weise dargetan (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Januar 2010 - 1 StR 620/09; BGH, Beschluss vom 29. Juni 2010 - 1 StR 157/10).
33
Zum einen beruft sich die Revision darauf, die von der Strafkammer erörterte Gefahr der Inanspruchnahme der Patienten auf Rückzahlung von Versicherungen geleisteter Beträge könne nicht gegeben sein, wenn - wie im Antrag behauptet - ein Versicherungsschutz nicht bestehe, so dass diese Behauptung nicht bedeutungslos sei. Zum anderen macht die Revision geltend, bei der Strafzumessung hätte berücksichtigt werden müssen, dass kein einziger Patient auf Rückzahlung in Anspruch genommen worden sei, und insinuiert damit (anderes wäre offenkundig bedeutungslos), eine Rückforderung sei trotz bestehenden Versicherungsschutzes unterblieben. Damit aber macht die Revision zum einen geltend, der Beweisantrag sei von Bedeutung, weil kein Versicherungsschutz bestehe, zum anderen sei er deswegen nicht bedeutungslos, weil trotz bestehenden Versicherungsschutzes und erfolgter Erstattungen Rückforderungsansprüche nicht geltend gemacht worden waren. Nach dem Revisionsvortrag bleiben also mehrere Möglichkeiten, warum der Beweisantrag fehlerhaft abgelehnt worden sein könnte.
34
2. Die Rüge wäre überdies auch unbegründet.
35
Die Strafkammer hat - wie auch der Generalbundesanwalt zutreffend ausführt - den Antrag ohne durchgreifenden Rechtsfehler als bedeutungslos abgelehnt. Das Bestehen eines Versicherungsschutzes ist für den Schuldspruch (was auch nachfolgend noch aufgezeigt wird) ohne Bedeutung. Die nachträglichen Leistungen eines Versicherers sind für die Feststellung eines strafrechtlich relevanten Schadens bedeutungslos (vgl. Fischer, StGB, 59. Aufl., § 263 Rn. 155; Gercke/Leimenstoll, MedR 2010, 695 Fn. 9). Gleiches gilt für den Strafausspruch. Eine Erstattung des vom Patienten bereits an den Angeklagten bezahlten Betrages durch Versicherung und/oder Beihilfe führt lediglich zu einer Schadensverlagerung; sie entlastet den Angeklagten ebenso wenig, wie es einen Autodieb entlasten könnte, dass die Versicherung des Bestohlenen diesem den Schaden ersetzt (vgl. BGH, Beschluss vom 20.Oktober 2010 - 1 StR 400/10 mwN).
36
Es bedarf danach keiner Entscheidung, ob der rügegenständliche Antrag nicht ohnedies lediglich als Beweisermittlungsantrag zu qualifizieren wäre. Soll eine begehrte Beweisaufnahme erst ergeben, welche der als möglich hingestellten , sich gegenseitig aber ausschließenden Tatsachen vorliegen, fehlt es an einer für einen Beweisantrag erforderlichen bestimmten Beweisbehauptung, mögen auch beide Behauptungen nach dem Willen des Antragstellers auf das gleiche Ziel gerichtet sein (vgl. BGH, Beschluss vom 13. November 1997 - 1 StR 627/97). Auch die Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) nötigte das Gericht nicht zur Einvernahme der mehr als 2.300 Zeugen zu der unklaren Fragestellung. Schon gar nicht drängte die Aufklärungspflicht zur Beweisaufnahme über im Ergebnis bedeutungslose Tatsachen.
37
III. Der Rüge eines Verstoßes „gegen § 265 Abs. 1 StPO analog“, den die Revision darin sieht, dass die Kammer den Schuldspruch ohne vorherigen Hinweis auf eine im Vergleich zur Anklage (dort „Gefährdungsschaden“) andere tatsächliche Grundlage („auch Realschaden“) gestützt habe- die Revision vermisst einen Hinweis dahingehend, dass auch in der Nichterkennbarkeit des Leistungserbringers ein Schaden liegen könne - bleibt der Erfolg versagt.
38
Es bedarf keiner abschließenden Entscheidung, ob es hier überhaupt eines ausdrücklichen Hinweises entsprechend § 265 StPO bedurft hätte (mit beachtlichen Argumenten verneinend der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift ). Denn der Angeklagte konnte aus dem Gang der Hauptverhandlung die von der Kammer in den Blick genommene tatsächliche und rechtliche Bewertung in einem für sein Verteidigungsverhalten ausreichenden Umfang erkennen. Nach dem unwidersprochenen Vortrag (vgl. hierzu auch BGH, Beschluss vom 12. Januar 2011 - 1 StR 582/10, Rn. 16 mwN) in der vom Generalbundesanwalt in Bezug genommenen Gegenerklärung der Staatsanwaltschaft (inhaltsgleich zu einer dienstlichen Stellungnahme des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft) wurde „die Frage des Schadensbegriffs, insbesondere die Frage des möglichen Vorliegens eines Schadens in der Form eines Gefährdungs - oder Realschadens“ von Beginn der Sitzung an „vielfach vom Gericht mit der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft erörtert und diskutiert“. Die Strafkammer hat (auch) in der Begründung des von der Revision im Rahmen vorstehender Rüge angeführten Beschlusses zur Ablehnung eines Beweisantrags unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass sie der Sache nach auf einen „Realschaden“abstellt (Patient zahlt auf tatsächlich nicht oder nicht in dieser Höhe bestehende Forderung). Bei dieser Sachlage kann der Senat - worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hingewiesen hat - jedenfalls ausschließen , dass sich der Angeklagte, wäre der von der Revision vermisste Hin- weis ausdrücklich erteilt worden, anders, insbesondere erfolgreicher hätte verteidigen können (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 265 Rn. 48 mwN). Es kommt überdies - wie nachfolgend dargelegt wird - zur Schadensbestimmung nicht, worauf sich aber nach dem Revisionsvorbringen der Hinweis beziehen sollte, auf die Erkennbarkeit des Leistungserbringers an.

D.



39
In dem nach Teileinstellung verbleibenden Umfang hält der Schuldspruch revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Die unter anderem auf dem Geständnis und einer früheren Einlassung des Angeklagten beruhenden, rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen belegen in allen Fällen sowohl einen täuschungsbedingten Irrtum (I.) und den Eintritt eines dadurch verursachten, mit dem Vorteil des Angeklagten stoffgleichen Schadens i.S.v. § 263 StGB (II.) als auch die betrugsrelevante subjektive Tatseite (III.). Die konkurrenzrechtliche Bewertung durch das Landgericht ist ebenfalls rechtsfehlerfrei (IV.).
40
I. Der Angeklagte täuschte - vermittels der nach den Feststellungen gutgläubigen Mitarbeiter der M. GmbH und teils im Zusammenwirken mit den Patienten - über Tatsachen und erregte dadurch einen entsprechenden Irrtum.
41
1. In den Fällen kollusiven Zusammenwirkens mit den Patienten unterlagen die zuständigen Sachbearbeiter der Versicherungen / der Beihilfestelle im vorliegenden Fall einem mit Wissen und Wollen des Angeklagten herbeigeführten Irrtum über das tatsächliche Vorliegen eines zur Kostenerstattung ver- pflichtenden Versicherungsfalles. Bei Betrugsvorwürfen im Zusammenhang mit standardisierten, auf Massenerledigung angelegten Abrechnungsverfahren ist nicht erforderlich, dass der jeweilige Mitarbeiter hinsichtlich jeder einzelnen geltend gemachten Position die positive Vorstellung hatte, sie sei der Höhe nach berechtigt; vielmehr genügt die stillschweigende Annahme, die ihm vorliegende Abrechnung sei insgesamt „in Ordnung”. Daher setzt ein Irrtum nicht voraus, dass tatsächlich eine Überprüfung der Abrechnungen im Einzelfall durchgeführt wurde (BGH, Urteil vom 22. August 2006 - 1 StR 547/05).
42
2. In allen anderen Fällen täuschte der Angeklagte die Patienten über das Vorliegen der den geltend gemachten Zahlungsanspruch begründenden Tatsachen (a.). Eine damit zugleich behauptete Zahlungspflicht bestand indes nicht (b.). Die Patienten irrten entsprechend (c.).
43
a) Bei der hier in Rede stehenden privatärztlichen Liquidation wird dem Patienten eine gemäß § 12 GOÄ zu spezifizierende Rechnung übersandt, in der - neben dem Steigerungsfaktor, § 12 Abs. 2 Nr. 2 GOÄ - die erbrachte Leistung mit einer kurzen Bezeichnung anzugeben ist. Hierüber täuscht der Angeklagte ausdrücklich, wenn er - wie etwa im Fall nicht erbrachter Laborleistungen der Klasse M I oder im Fall der Abrechnung von Osteopathie- und Akupunkturleistungen durch tatsächliche nicht durchgeführte ärztliche Leistungen - in Rechnung gestellte Leistungen tatsächlich nicht erbracht hat. Gleiches gilt, soweit der Angeklagte zu der gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 GOÄ erforderlichen Begründung eines erhöhten Steigerungsfaktors eine in Wahrheit nie durchgeführte eigene Befundung angeben lässt (vgl. auch Freitag, Ärztlicher und zahnärztlicher Abrechnungsbetrug im deutschen Gesundheitswesen, 2008, S. 154; Hellmann/Herffs, Der ärztliche Abrechnungsbetrug, Rn. 348 - 351).
44
Auch soweit der Angeklagte - wie in den Fällen der Speziallaborleistungen sowie der Abrechnung von Osteopathie- und Akupunkturleistungen - nicht selbst erbrachte ärztliche Leistungen als eigene hat abrechnen lassen, behauptete er nicht lediglich, zu deren Abrechnung berechtigt zu sein, sondern auch (zumindest konkludent, was vom möglichen Wortsinn des § 263 Abs. 1 StGB umfasst ist, vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2011 - 2 BvR2500/09, 2 BvR 1857/10 Rn. 168), dass die Voraussetzungen der der Abrechnung zugrundeliegenden Rechtsvorschriften eingehalten worden seien. Dies entspricht gefestigter Rechtsprechung zum Abrechnungsbetrug bei Vertragsärzten (vgl. BGH, Urteil vom 1. September 1993 - 2 StR 258/93; BGH, Urteil vom 10. März 1993 - 3 StR 461/92; BGH, Urteil vom 21. Mai 1992 - 4 StR 577/91; BGH, Urteil vom 15. Oktober 1991 - 4 StR 420/91), für privatliquidierende Ärzte gilt nichts anderes. Wer eine Leistung einfordert, bringt damit zugleich das Bestehen des zugrunde liegenden Anspruchs (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 11. Juli 1996 - 3 Ws 164/96, NStZ 1997, 130 mwN), hier also die Abrechnungsfähigkeit der in Rechnung gestellten ärztlichen Leistung zum Ausdruck (vgl. auch Schuhr in Spickhoff, Medizinrecht, § 263 StGB Rn. 16; Schubert, ZRP 2001, 154, 155; Dannecker in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, § 263 StGB Rn. 182 ff.). Zutreffend wird in dem von der Revision vorgelegten Rechtsgutachten darauf hingewiesen, dass der wertende Rückgriff auf die in der Abrechnung in Bezug genommene GOÄ die für den Rechnungsempfänger maßgebende Verkehrsauffassung vom Inhalt der mit der Rechnung abgegebenen Erklärung prägt (schon Tiedemann in LK-StGB, 11. Aufl., § 263 Rn. 30 mwN).
45
b) Die tatsächlichen Voraussetzungen zur Geltendmachung der behaupteten Zahlungsansprüche lagen auch in Fällen nicht persönlich erbrachter Leistungen nicht vor. Unbeschadet des jeweiligen Erklärungsgehalts der Rechnun- gen ergibt sich dies vorliegend schon daraus, dass ein Zahlungsanspruch unter keinem denkbaren Gesichtspunkt bestand.
46
aa) Der Angeklagte konnte für die in Rechnung gestellten Laborleistungen der Klassen M III und M IV (Speziallaborleistungen) einen Zahlungsanspruch gegenüber dem Patienten weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht geltend machen.
47
(1.) Der Angeklagte hat mit jedem seiner Patienten einen wirksamen, als Dienstleistungsvertrag zu qualifizierenden (vgl. BGH, Urteil vom 25. März 1986 - VI ZR 90/85; BGH, Urteil vom 18. März 1980 - VI ZR 247/78; Müller-Glöge in MüKomm-BGB, 5. Aufl., § 611 Rn. 79; OLG Stuttgart, VersR 2003, 992; Gercke/Leimenstoll, MedR 2010, 695 jew. mwN) Behandlungsvertrag geschlossen. Dieser begründet selbst noch keine Zahlungspflicht für den Patienten ; der genaue Vertragsinhalt wird nicht im Vorhinein festgelegt, weil erst die Untersuchungen den Umfang der zu erbringenden Leistungen bestimmen (Kern, in Laufs/Kern, Handbuch des Arztrechts, 4. Aufl., § 42 Rn. 1). Der Angeklagte wird aber berechtigt (vgl. § 612 Abs. 1, Abs. 2 BGB), die sodann erbrachten ärztlichen Leistungen gegenüber dem Patienten unabhängig vom etwaigen Bestehen eines Versicherungsschutzes abzurechnen. Grundlage hierfür ist - von hier nicht gegebenen Sonderfällen (z.B. § 85 Abs. 1 SGB V, § 18c IV BVG u.a.) abgesehen - ausschließlich und abschließend die den Honoraranspruch inhaltlich ausfüllende Gebührenordnung.
48
Nach dieser ist dem Angeklagten die Abrechnung delegierter Laborleistungen nach den Abschnitten M III und M IV versagt, die er - wie hier - nicht selbst erbracht hat (§ 4 Abs. 2 GOÄ i.V.m. Nr. 3 der Allgemeinen Bestimmungen zur Anlage M, die als Bestandteil der GOÄ an deren normativen Charakter teilnehmen; vgl. Griebau in Ratzel/Luxenburger, Handbuch Medizinrecht, 2. Aufl., § 11 Rn. 81 mwN; Uleer/Miebach/Patt, Abrechnung von Arzt- und Krankenhausleistungen, 3. Aufl., § 4 GOÄ Rn. 3). Mit der durch die 4. Änderungsverordnung zur GOÄ vom 18. Dezember 1995 (BGBl. I, 1861) eingeführten Regelung des § 4 Abs. 2 Satz 2 GOÄ sollte zielgerichtet verhindert werden, dass Ärzte Laborleistungen von darauf spezialisierten (und entsprechend preisgünstiger arbeitenden) Laborärzten beziehen und aus der Differenz zwi- schen dem Preis der „eingekauften“ Laborleistungen und den dafür nach GOÄ in Rechnung gestellten Gebühren erhebliche Gewinne erzielen. Um der damit verbundenen Ausweitung medizinisch nicht indizierter Laborleistungen entgegen zu wirken, sollte dem (Einsende)Arzt jeglicher finanzieller Anreiz im Zusammenhang mit nicht selbst erbrachten Speziallaborleistungen genommen sein (vgl. BR-Drucks. 211/94 S. 88f, 91 f, 94; BR-Drucks. 688/95; Uleer/ Miebach/Patt, aaO, GOÄ § 4 Rn. 7; Spickhoff, aaO, § 4 GOÄ Rn. 20 f.).
49
(2.) Der Angeklagte kann auch - unabhängig von der Regelung des § 12 Abs. 2 Nr. 5 GOÄ - nicht die nach den Feststellungen an die Laborärzte gezahlten Beträge als Aufwendungen geltend machen. Gemäß § 10 GOÄ abrechenbare Versand- und Portokosten sind dem Angeklagten (wie Einsendeärzten regelmäßig, vgl. Uleer/Miebach/Patt, aaO, § 10 GOÄ Rn. 24) nach den Urteilsfeststellungen nicht entstanden, vielmehr wurden die „Proben mittels des Fahr- dienstes der Laborgruppe“ (UA S. 21) zum Laborarzt gebracht und die Befunde „oft per Datenfernübertragung an den Arzt übermittelt“ (UA S. 22).
50
Ein darüber hinausgehender Aufwendungsersatz besteht nicht. § 10 GOÄ regelt den Ersatz von Auslagen im Zusammenhang mit der Erbringung ärztlicher Leistungen abschließend. Die GOÄ stellt - verfassungsrechtlich unbedenklich - ein für alle Ärzte verbindliches zwingendes Preisrecht dar (BGH, Urteil vom 23. März 2006 - III ZR 223/05, Rn. 10; BGH, Urteil vom 12. Novem- ber 2009 - III ZR 110/09 Rn. 7 jew. mwN; vgl. auch Griebau, aaO, § 11 Rn. 10, 14), und regelt abschließend die berechenbaren Leistungen, die Höhe des zu entrichtenden Entgelts und die Art und Weise der Abrechnung (Griebau, aaO, § 11 Rn. 15, 41 mwN). Ein Aufwendungsersatz gemäß § 670 BGB, der ohnehin nur einen Ersatz erforderlicher Aufwendungen ermöglichte (vgl. auch BGH, Beschluss vom 26. Februar 2003 - 2 StR 411/02), kommt lediglich für andere als ärztliche Leistungen in Betracht (vgl. Uleer/Miebach/Patt, aaO, § 3 GOÄ Rn. 1, § 10 GOÄ Rn. 4; Spickhoff, aaO, § 10 GOÄ Rn. 2; Brück u.a., Kommentar zur GOÄ, 3. Aufl., § 10 Rn. 1; Kiesecker in Prütting, Medizinrecht, § 10 GOÄ Rn. 4; Schmatz/Goetz/Matzke, GOÄ, 2. Aufl., § 10 Vorbem.). Das ist nach dem Willen des Gesetzgebers etwa der Fall, wenn „Laborleistungen von Nichtärzten“ bezogen oder Aufwendungen geltend gemacht werden, „die durch nichtärztliche Leistungen bedingt sind“ (vgl. BR-Drucks.295/82, S. 15). Daher ist für die im Rahmen des Behandlungsvertrages vom Angeklagten beauftragten und - wie hier - von einem Laborarzt erbrachten Laborleistungen kein Raum für eine Anwendung des § 670 BGB neben der GOÄ (vgl. auch Brück u.a., aaO, § 10 Rn. 1).
51
(3.) Vertragliche Ansprüche des Laborarztes gegenüber den Patienten, die der Angeklagte aus abgetretenem Recht hätte geltend machen können, bestanden hier nicht. Die von der Strafkammer vertretene Auffassung, aus den Laborleistungen könne vorliegend „eine Forderung der Gemeinschaftspraxis Dr. Sch. gegen den Patienten“ (UA S. 22) resultieren, teilt der Senat nicht. Für einen zu einer solchen Forderung führenden Vertrag zwischen Laborarzt und Patient wäre jedenfalls erforderlich gewesen, dass der Angeklagte - wie dies bei regelkonform verlaufenden Fällen vermutet werden kann (vgl. dazu BGH, Urteil vom 14. Januar 2010 - III ZR 173/09; BGH, Urteil vom 14. Januar 2010 - III ZR 188/09; BGH, Urteil vom 29. Juni 1999 - VI ZR 24/98 jew. mwN) - bei Beauftragung des Laborarztes als Stellvertreter des Patienten im Rahmen seiner Vertretungsmacht und mit dem Willen handelte, hierbei den Patienten zu vertreten; dies ist hier jedoch nicht der Fall. Ob darüber hinaus der Annahme eines Vertrages zwischen Patient und Laborarzt bereits das Fehlen eines Hinweises nach § 4 Abs. 5 GOÄ (Unterrichtung des Patienten über das Hinzuziehen eines seinerseits liquidationsberechtigten Dritten) entgegen steht (so die h.M., z.B. LG Düsseldorf, Urteil vom 3. November 1995 - 20 S 58/95; Uleer/Miebach/Patt, aaO, § 4 GOÄ Rn. 115 mwN; Schmatz/Goetz/Matzke, aaO, § 4 Anm. 11; Brück u.a., aaO, § 4 Rn. 21; in diesem Sinn auch BGH, Urteil vom 19. Dezember 1995 - III ZR 233/94, NJW 1996, 781; a.A. Spickhoff, aaO, § 4 GOÄ Rn. 47; Griebaum, aaO, § 11 Rn. 95), bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung.
52
Der Angeklagte wollte hier jedenfalls nicht als Stellvertreter des jeweiligen Patienten mit dem Laborarzt kontrahieren; es fehlt nach dem festgestellten Sachverhalt schon - wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat - an einem Vertretungswillen. Nach den Feststellungen der Strafkammer beruht die Beauftragung des Laborarztes nämlich in jedem Einzelfall auf einer „zur Förderung einer dauerhaften Kooperation“ (UA S. 22) geschlossenen besonde- ren „Rahmenvereinbarung“, deren wesentliches Element darin bestand, dass - wie die Revision in anderem Zusammenhang konzediert - der Laborarzt keinen eigenen Anspruch gegenüber dem Patienten soll geltend machen können (UA S. 105). Die Abrechnung der Laborleistung sollte ausschließlich im Verhältnis zwischen Laborarzt und Angeklagtem erfolgen. Gegenüber dem Patienten soll ausschließlich der vereinbarungsgemäß nach außen als Leistungserbringer in Erscheinung tretende Angeklagte abrechnen. Schon dies belegt, dass nach übereinstimmendem Willen von Angeklagtem und Laborarzt nicht der Patient berechtigt und verpflichtet werden sollte (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 18. März 1998 - 13 U 75/97). Dementsprechend wäre hier sogar (wie sonst üblich, vgl. Gercke/Leimenstoll, MedR 2010, 695) eine „förmliche“ Überweisung der Patienten entbehrlich; auch liegt der von der Revision in anderem Zusammenhang gezogene Schluss nahe, Auskunfts- und Herausgabeansprüche betreffend die Laborleistungen richteten sich allenfalls gegen den Angeklagten. Der Angeklagte handelte - anders als in regelkonform verlaufenden Fällen - auch nicht im ausschließlichen Interesse der Patienten, sondern in erster Linie um sich aus dem „Weiterverkauf“ von Laborleistungen „eine auf Dauer gerich- tete Einnahmemöglichkeit“ (UA S. 19) zu verschaffen. In der Behauptung des Angeklagten, es sei ein „Factoring“ vereinbart, hat die Strafkammer rechtsfehlerfrei ein lediglich „vorgeschobenes“ Argument gesehen, um eine in Wahrheit gewollte Zuwendung zu verdecken (UA S. 22, 107 f.). Daher hat der Angeklagte nach den Feststellungen die Leistungen vom Labor selbst bezogen, hierfür „Einkaufskosten“ gehabt und dann „weiterverrechnet“ (vgl. UA S. 23).
53
Der Annahme fehlenden Vertretungswillens steht nicht entgegen, dass sowohl die „Rahmenvereinbarung“ als auch jede darauf fußende Einzelbeauftragung , mit der sich der Angeklagte in Abhängigkeit zur Zuweisung von Patienten stehende Vorteile vom Laborarzt hat versprechen lassen, als Koppelungsgeschäft gegen § 31 BayBOÄ verstößt (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juni 1989 - I ZR 120/87, MedR 1990, 77; OLG Koblenz, MedR 2003, 580; Wigge in Schnapp/Wigge, Handbuch des Vertragsarztrechts, 2. Auf., § 2 Rn. 44; Scholz in Spickhoff, Medizinrecht, § 31 MBO Rn. 4 mwN; Taupitz, MedR 1993, 365, 372) und deswegen (§ 31 BayBOÄ ist ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB, vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 1986 - VIII ZR 10/85; BayObLG, Urteil vom 6. November 2000 - 1Z RR 612/98; OLG Hamm, Urteil vom 22. Oktober 1984 - 2 U 172/83; a.A. Taupitz, MedR 1992, 272) ihrem gesamten Umfang nach nichtig sind und Angeklagter und Laborarzt dies erkannten.
54
Wirtschaftlich stellt die Vereinbarung zwischen dem Angeklagten und dem Laborarzt nichts anderes dar als die Vereinbarung einer umsatzabhängi- gen „kick-back“ Zahlung. Ob die Beauftragung des Laborarztes (deswegen) sogar als nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig anzusehen ist (vgl. OLG Köln, Urteil vom 3. Juni 2002 - 11 W 13/02, MedR 2003, 460), bedarf keiner Entscheidung. Die Hypothese der Revision, Laborarzt und Angeklagter hätten im Zweifel einen wirksamen Honoraranspruch gewollt (§ 140 BGB), ist urteilsfremd und übersieht, dass nach den Feststellungen Zweifel am tatsächlichen Willen des Angeklagten nicht verbleiben. Für die Anwendung einer Auslegungsregel, Vertragsparteien wollen sich gesetzeskonform verhalten und nichts Unredliches anstreben (dazu BGH, Urteil vom 3. Dezember 2003 - VIII ZR 86/03, NJW 2004, 1240; BGH, Urteil vom 16. Dezember 1999 - IX ZR 117/99, NJW 2000, 1333), ist kein Raum, wenn - wie hier festgestellt - Angeklagter und Laborarzt übereinkamen, unter „Verzicht auf die rechtlich gebotene Direktabrechnung“ gegenüber dem Patienten dem Laborarzt „eine stetige und möglichst umfang- reiche Weiterbeauftragung durch die Einsendeärzte, die ihrerseits an Honoraren beteiligt werden, auf die sie keinen Anspruch haben“, zu sichern (UA S. 22 f.).
55
Einer von der Revision erstrebten Umdeutung steht - abgesehen von der beiderseitigen Kenntnis der Nichtigkeit (vgl. Ellenberger in Palandt, BGB, 71. Aufl., § 140 Rn. 8) - überdies entgegen, dass jedes andere Rechtsgeschäft, das auf die Erreichung des von § 31 BayBOÄ untersagten wirtschaftlichen Ziels gerichtet ist (sei es als Forderungsabtretung im Rahmen des behaupteten „Factoring“ , sei es als Erfüllung der Patientenschuld durch Zahlung des Angeklagten mit notwendigerweise gleichzeitigem Erlassvertrag i.S.v. § 397 BGB), ebenfalls nichtig wäre. § 31 BayBOÄ missbilligt den vom Angeklagten und dem Laborarzt erstrebten Erfolg, nicht lediglich das hier gewählte Mittel zu dessen Erreichen.
Das Rechtsgeschäft kann nicht in ein solches mit einem anderen, nach den Urteilsfeststellungen tatsächlich aber nicht gewollten wirtschaftlichen Ziel (etwa dahingehend, der Angeklagte wolle eine Schuld des Patienten nur teilweise tilgen) umgedeutet werden.
56
(4.) Ebenso wenig sind sonstige Ansprüche des Laborarztes gegen die Patienten gegeben, die der Angeklagte aus abgetretenem Recht hätte geltend machen können. Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 677, 670 BGB) bestehen nicht. Der Laborarzt erbrachte die Laborunterleistungen - wenngleich aufgrund eines nichtigen, als solches erkannten aber gleichwohl in seiner Durchführung gewollten Rechtsgeschäfts - ausschließlich an den Angeklagten und handelte nach den Urteilsfeststellungen - unbeschadet einer naheliegender Weise anonymisierten Übersendung des Untersuchungsmaterials - nicht mit dem Willen, ein auch dem Patienten zugutekommendes Geschäft zu besorgen (vgl. §§ 687, 684 BGB). Vielmehr sollte allein der Angeklagte als vermeintlicher Leistungserbringer auftreten können. Auch auf § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative BGB gestützte Ansprüche - eine Nichtleistungskondiktion findet wegen deren Subsidiarität nicht statt (Schwab in MüKomm-BGB, 5. Aufl., § 812 Rn. 57 mwN) - kann der Laborarzt allenfalls (vgl. § 817 Satz 2 BGB) im Leistungsverhältnis gegenüber dem Angeklagten geltend machen; auch ein Anspruch nach § 822 BGB besteht nicht.
57
(5.) Der Verstoß gegen das Verbot aus § 31 BayBOÄ, das sich - wie auch das von der Revision vorgelegte Gutachten ausführt - nach Inhalt und Zweck gleichermaßen gegen Verpflichtungs- wie Verfügungsgeschäft richtet, würde überdies zu einem Abtretungsverbot (vgl. Ellenberger in Palandt, BGB, 71. Aufl., § 134 Rn. 13; Wendtland in BeckOK-BGB, § 134 Rn. 22) und zur Unwirksamkeit der von der Revision geltend gemachten Einziehungsermächtigung führen (vgl. BGH, Urteil vom 27. Februar 1992 - IX ZR 57/91; Bayreuther in MüKomm-BGB, 6. Aufl., § 185 Rn. 36; Grüneberg in Palandt, BGB, 71. Aufl., § 398 Rn. 37).
58
(6.) Der Angeklagte kann gegen die Patienten auch keine (eigenen) Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 677, 670 BGB) geltend machen. Für die im Rahmen und nicht nur gelegentlich des mit dem Patienten geschlossenen Behandlungsvertrages erbrachten Leistungen bestimmen die Regelungen der GOÄ mögliche Aufwendungsersatzansprüche wie aufgezeigt abschließend. Überdies resultieren die zur „Beschaffung“ der Laborleistungen getätigten „Aufwendungen“ allein aus einervom Gesetz verbotenen Tätigkeit. Der Angeklagte durfte sie also nicht für erforderlich i.S.v. § 670 BGB halten (gefestigte Rechtsprechung, vgl. BGH, Urteil vom 21. Oktober 2010 - IX ZR 48/10 mwN). Wegen grundsätzlicher Vorrangigkeit der vertraglichen Ansprüche scheiden auch bereicherungsrechtliche Ansprüche aus (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 1992 - XII ZR 253/90 mwN; Sprau in Palandt, BGB, 71. Aufl., vor § 812 Rn. 6 mwN). Überdies ist es, wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausführt und was auch für den - hier nicht gegebenen - Fall des von der Verteidigung geltend gemachten aber unwirksamen „Factoringgeschäfts“ gilt, „nicht Aufgabe des Bereicherungsrechts, Vermögensnachteile auszugleichen, die sich Ärzte durch eine bewusst den Vorschriften der GOÄ zuwiderlaufende Abrechnungsweise selbst einhandeln.“ Die von § 4 Abs. 2 Satz 2 GOÄ und § 31 BayBOÄ dem Angeklagten untersagte Vermögensmehrung kann diesem nicht auf dem Umweg des Bereicherungsrechts zufließen (vgl. §§ 814, 817 BGB).
59
bb) Dem Angeklagten steht gegen den Patienten auch kein Zahlungsanspruch hinsichtlich der in seinen Praxisräumen erbrachten Akupunktur- und Osteopathieleistungen zu.
60
(1.) Nach den Urteilsfeststellungen haben die Patienten allein mit dem Angeklagten einen Behandlungsvertrag geschlossen. Danach ist ihm die Abrechnung der nicht selbst erbrachten Leistungen verwehrt.
61
(a.) Die Therapeuten haben ihre Leistungen „aufgrund vorheriger Ver- schreibung entsprechender Leistungen durch den Angeklagten“ erbracht (UA S. 28), teilweise habe es auch „eine Art ‚Abschlussgespräch‘ mit dem Ange- klagten nach Durchführung der empfohlenen Behandlung durch B. /D. ge- geben“ (UA S. 74). Der Angeklagte hat die „eingekauften Leistungen“als eige- ne den Patienten verkaufen wollen (UA S. 50). Schon daraus ergibt sich, dass die Patienten, die sich „über die arbeitsrechtliche Einordnung der Herren B. und D. innerhalb der Praxis des Angeklagten keine näheren Gedanken ge- macht“ haben (UA S. 74), nicht mit dem Willen handelten, mit den Therapeuten einen Vertrag abzuschließen; in der schlichten (widerspruchslosen) Hinnahme der Vertreterleistung kann ein dahingehender Rechtsgeschäftswille nicht erblickt werden (vgl. OLG Karlsruhe NJW 1987, 1489; Spickhoff, aaO, § 4 GOÄ Rn. 18 mwN; Kuhla, NJW 2000, 841, 846 mwN).
62
Auch der Angeklagte handelte nach diesen Feststellungen nicht mit dem Willen, die Patienten bei einem solchen Vertragsschluss zu vertreten. Hinzu kommt, dass nach den Urteilsfeststellungen die Therapeuten nicht über eine Approbation oder Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde verfügten (UA S. 27 f.). Ohne eine solche sowohl für die Erbringung von Akupunkturleistungen (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 15. März 2011 - 8 ME 8/11; VG Trier, Urteil vom 18. August 2010 - 5 K 221/10.TR, 5 K 221/10 ) als auch für osteopathische Behandlungen (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 8. Dezember 2008 - 7 K 967/07) erforderliche Erlaubnis nach § 1 HeilPrG, würde im Übrigen auch die Wirksamkeit eines mit den Therapeuten geschlossenen Behandlungsvertrages durchgreifenden Bedenken begegnen (vgl. OLG Düsseldorf NJW 1988, 2308; OLG München NJW 1984, 1826; Armbrüster in MüKomm-BGB, 6. Aufl. 2012, § 134 Rn. 89 mwN).
63
(b.) Umfang und Höhe des für die Akupunktur- und der Osteopathieleistungen Abrechenbaren werden - wiederum ausschließlich und abschließend - durch die Regelungen der GOÄ bestimmt. Diese finden für alle „beruflichen Leistungen der Ärzte“ i.S.v. § 1 Abs. 1 GOÄ Anwendung, also alle Tätigkeiten, die sich auf die Ausübung der Heilkunde beziehen (Diagnose und Therapie) oder die damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Maßnahmen (Lang/Schäfer/Stiel/Vogt, GOÄ-Kommentar, 2. Aufl., § 1 Rn. 4), wozu auch Sonderleistungen der Alternativmedizin rechnen (vgl. § 6 Abs. 2 GOÄ und Lang/Schäfer/Stiel/Vogt, aaO, § 1 Rn. 16; Hoffmann, GOÄ, 3. Aufl., § 6 GOÄ Rn. 7). Die Hypothese der Revision, die Geltung der GOÄ sei hier - wenn auch nicht wirksam (§§ 125, 126 BGB) - abbedungen worden, wird von den Feststellungen nicht getragen. Vielmehr belegt das Fehlen einer sich auf konkret bestimmte einzelne Leistungen beziehenden (vgl. Lang/Schäfer/Stiel/Vogt, aaO, § 2 Rn. 8), schriftlichen Honorarvereinbarung (vgl. § 2 Abs. 2 GOÄ) und die nachfolgende Abrechnung unter Bezugnahme auf die GOÄ, dass ein Rechtsgeschäftswille zum Abschluss einer gesonderten Honorarvereinbarung nicht bestand.
64
Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 GOÄ, der als Einschränkung der Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung eng auszulegen ist (AG München, Urteil vom 9. Juni 1993 - 232 C 4391/93; Hübner in Prütting, Medizinrecht, § 4 GOÄ Rn. 4), kann der Angeklagte Gebühren (also Vergütungen für die im Gebührenverzeichnis genannten ärztlichen Leistungen) für die nicht selbst erbrachten Therapieleistungen nur abrechnen, wenn sie unter seiner Aufsicht und nach fachlicher Weisung erbracht worden wären (vgl. auch Uleer/Miebach/Patt, aaO, § 4 Rn. 6, 39 ff.). Nach den Feststellungen haben die Therapeuten indes ihre Leistungen „in eigener Verantwortung, ohne Aufsicht und Kontrolle durch den Angeklagten“ (UA S. 28) erbracht. Der Angeklagte hatdie Therapeuten nicht „persönlich überwacht“, teils war er ortsabwesend und auch wenn er zeitgleich mit den Therapeuten in den Praxisräumen anwesend war, hat er diesen keine Weisungen erteilt. Hierzu fehlte ihm auch „die fachliche Qualifikation“ (UA S. 51). Damit liegen die Voraussetzungen für eine Abrechenbarkeit der Thera- pieleistungen durch den Angeklagten nicht vor. Als nach „fachlicher“ Weisung erbracht können Leistungen schon nicht angesehen werden, die der Arzt selbst mangels entsprechender Ausbildung nicht fachgerecht durchführen kann (vgl. Brück u.a., aaO, Einl. u § 4; Lang/Schäfer/Stiel/Vogt, aaO, § 4 Rn. 6; Uleer/ Miebach/Patt, aaO, § 4 Rn. 40; Cramer/Henkel, MedR 2004, 593, 596). Der Hinweis der Revision auf § 5 Abs. 2 GOÄ verfängt nicht. Der Angeklagte hätte die Therapieleistungen - abgesehen davon, dass er nach den Urteilsfeststellungen auch nicht delegationsfähige, vom Arzt selbst zu erbringende Kernleistungen (Untersuchung, Beratung, Entscheidung über therapeutische Maßnahmen ) den Therapeuten übertragen hat - auch nicht an die dadurch gegen § 5 HeilPrG verstoßenden Therapeuten delegieren dürfen.
65
(2.) Im Hinblick auf den wirksamen Behandlungsvertrag mit den Patienten kann der Angeklagte - in gleicher Weise wie im Zusammenhang mit den „eingekauften“ Speziallaborleistungen - auch keine anderen als vertragliche Ansprüche (aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherungsrecht) geltend machen. Einem Aufwendungsersatz hinsichtlich der an die Therapeuten gezahlten Beträge steht die auch solche Ansprüche hier abschließend regelnde GOÄ entgegen. Für eine Anwendung des § 670 BGB besteht für die hier im Rahmen des Behandlungsvertrages erbrachten Osteopathie- und Akupunktur- leistungen kein Raum. Die Zahlungen des Angeklagten an die mangels Approbation oder Erlaubnis nach HeilPrG nicht zu Therapieleistungen befugten Therapeuten waren überdies wiederum nicht erforderlich i.S.v. § 670 BGB.
66
(3.) Der Angeklagte konnte auch keine von den Therapeuten abgetretenen Ansprüche, die diesen gegenüber den Patienten zustünden, geltend machen. Vertragliche Ansprüche der Therapeuten bestehen - wie aufgezeigt - nicht. Sonstige Ansprüche könnten sie - unbeschadet der Frage der Wirksamkeit der zugrunde liegenden Vereinbarung - allenfalls im Verhältnis zum Angeklagten geltend machen.
67
cc) Ein Zahlungsanspruch des Angeklagten - sei es aus eigenem oder abgetretenem Recht - besteht auch nicht hinsichtlich der als Leistungen der Klasse M II abgerechneten Laborleistungen der Klasse M III, die weder vom Angeklagten selbst noch unter seiner Aufsicht (§ 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 GOÄ) noch von einem einzig zur Leistungserbringung und -abrechnung ermächtigten Speziallabor erbracht wurden (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Anlage M zur GOÄ). Aufgrund der Gesetzwidrigkeit der Vereinbarung zwischen Laborarzt und der die Leistung tatsächlich erbringenden Laborgemeinschaft (vgl. auch LG Duisburg , Urteil vom 18. Juni 1996 - 1 O 139/96), konnte der Angeklagte in diesem Zusammenhang erbrachte Aufwendungen wiederum auch nicht für erforderlich i.S.d. § 670 BGB erachten.
68
c) Das Vorliegen eines durch die dargestellte Täuschung bei den Patienten hervorgerufenen Irrtums i.S.d. § 263 StGB - was Tatfrage ist (vgl. BGH, Urteil vom 22. August 2006 - 1 StR 547/05 mwN) - hat die Strafkammer (wie in Fällen kollusiven Zusammenwirkens mit den Patienten, siehe oben unter 1.) ohne Rechtsfehler bejaht. Nach den durch Zeugenaussagen gestützten, rechtsfehlerfreien Feststellungen unterlagen die Patienten, wie der Generalbundes- anwalt zutreffend ausführt, einer mit der Täuschung korrelierenden, der Wirklichkeit nicht entsprechenden Fehlvorstellung.
69
Ein Irrtum i.S.d. § 263 Abs. 1 StGB setzt grundsätzlich nicht voraus (zu Einschränkungen vgl. Dannecker in Graf/Jäger/Wittig, aaO, § 263 StGB Rn. 61), dass sich der Adressat einer auf einer Gebührenordnung basierenden (Ab)Rechnung eine konkrete Vorstellung über die Berechnung und die in Ansatz gebrachten Bemessungsgrundlagen macht. Entscheidend - aber auch ausreichend - ist das gedankliche Mitbewusstsein über die Ordnungsgemäßheit der Rechnungsstellung und sei es nur - wie es die Strafkammer hier feststellt - als „allgemein gehaltene Vorstellung, die Abrechnung sei in Ordnung“ (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juni 2009 - 5 StR 394/08 mwN; Tiedemann in LKStGB , 11. Aufl., § 263 Rn. 79, 91 mwN; Cramer/Perron in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 263 Rn. 37 ff.; Beukelmann in BeckOK-StGB, § 263 Rn. 25).
70
Nach den Urteilsfeststellungen mussten die Patienten - soweit die Straf- kammer nicht ohnehin ausdrücklich feststellt, dass „die Patientenirrten“ (UA S. 24) - in allen Fällen mangels hinreichender eigener Fachkenntnisse („Die gebührenrechtlichen Einzelheiten waren ihnen gänzlich unbekannt“, UA S. 103) auf die sachliche Richtigkeit der Rechnungen vertrauen und haben dies auch. Sie haben „darauf vertraut, dass die Rechnungen von dem Angeklagten korrekt erstellt werden“ (UA S. 103) und „an die Rechtmäßigkeit der Abrechnung geglaubt“ (UA S.109).
71
Demzufolge trifft die Auffassung hier jedenfalls aus tatsächlichen Gründen nicht zu, in Fällen nicht oder nicht selbst erbrachter Leistungen fehle es „in aller Regel“ wegen der Erkennbarkeit des tatsächlichen Leistungsumfangs und des tatsächlichen Leistungserbringers sowie der gemäß § 12 GOÄ spezifizierten Rechnung an einem Irrtum (Dahm, MedR 2003, 268, 269; Dannecker in Graf/Jäger/Wittig, aaO, § 263 StGB Rn. 185; Schuhr in Spickhoff, aaO, § 263 Rn. 25; Tsambikakis in Prütting, Medizinrecht, § 263 StGB Rn. 32).
72
Ein Patient kann nicht wissen, ob in seiner Abwesenheit vom Angeklagten - wie behauptet - Laboruntersuchungen selbst durchgeführt oder eine eigene Befundung vorgenommen werden. Patienten, denen - wie hier - die „gebüh- renrechtlichen Einzelheiten gänzlich unbekannt“ sind, kennen weder die Diffe- renzierung nach unterschiedlichen Laborleistungen, noch die Voraussetzungen, unter denen in der Praxis eines Arztes von Dritten erbrachte Leistungen (etwa bei der Blutentnahme) oder Osteopathieleistungen im Wege einer Analogbewertung gemäß § 6 Abs. 2 GOÄ vom Arzt abgerechnet werden können. Auch weiß ein solcher Patient nicht, ob der Angeklagte Labor- oder sonstige ärztliche oder heilkundliche Leistungen im gebührenrechtlichen Sinn selbst erbracht hat. Soweit die Patienten von anderen als dem Angeklagten, aber in dessen Praxis und nach einer Eingangsuntersuchung durch diesen behandelt wurden, haben sie „die Fehlerhaftigkeit der Abrechnungen“ nicht erkannt (UA S. 30), sie gingen vielmehr davon aus, dass die Rechnungen „inhaltlich richtig und den Abrech- nungsvorschriften entsprechend erstellt worden waren“ (UA S. 74).
73
Die Strafkammer hat nicht festgestellt, dass die Patienten Zweifel an der Richtigkeit der von der M. GmbH erstellten Rechnungen gehabt haben, die ohnedies einen Irrtum grundsätzlich nicht entfallen ließen (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2002 - 3 StR 161/02; BGH, Urteil vom 8. Mai 1990 - 1 StR 144/90; Satzger in SSW-StGB, § 263 Rn. 78 jew. mwN). Eine etwaige Leichtgläubigkeit der Patienten stünde der Annahme eines Irrtums ebenso wenig entgegen, wie die Erkennbarkeit der Täuschung bei hinreichend sorgfältiger Prüfung (BGH, Beschluss vom 15. Oktober 1991 - 4 StR 420/91 mwN). Weiter ist unerheblich, dass oder ob der Patient die Abrechnung bereits einer Versicherung oder Beihilfestelle vorgelegt hat (Schubert, ZRP 2001, 154, 155).
74
II. Auch die Annahme eines Schadens i.S.v. § 263 StGB wird von den Feststellungen belegt.
75
1. Nach ständiger Rechtsprechung ist unter Vermögensschaden i.S.d. § 263 StGB - gleichermaßen wie unter Nachteil i.S.d. § 266 StGB - jede durch die Tat verursachte Vermögensminderung zu verstehen, wobei diese nach dem Prinzip der Gesamtsaldierung auf Grund eines Vergleichs des Vermögensstandes vor und nach der Tat bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise festzustellen ist (vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 5. Juli 2011 - 3 StR 444/10; BGH, Beschluss vom 13. September 2010 - 1 StR 220/09; BGH, Urteil vom 4. März 1999 - 5 StR 355/98; BGH, Beschluss vom 30. Juli 1996 - 5 StR 168/96; Fischer, aaO, § 263 Rn. 110 ff. mwN). Normative Gesichtspunkte können bei der Bewertung von Schäden eine Rolle spielen; sie dürfen die wirtschaftliche Betrachtung allerdings nicht überlagern oder verdrängen (BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2011 - 2 BvR 1857/10 Rn. 176). Ein Schaden liegt nicht vor, wenn zugleich ein den Verlust aufwiegender Vermögenszuwachs begründet wird. Ein solcher Vermögenszuwachs tritt beispielsweise ein, soweit das Vermögen von einer Verbindlichkeit in Höhe des Verlustes befreit wird (BGH, Beschluss vom 5. Juli 2011 - 3 StR 444/10 mwN). Eine solche Kompensation scheidet hingegen regelmäßig dann aus, wenn sich die Vermögensmehrung nicht aus der Verfügung selbst ergibt, sondern durch eine andere, rechtlich selbständige Handlung hervorgebracht wird (vgl. BGH, Beschluss vom 13. September 2010 - 1 StR 220/09; BGH, Urteil vom 4. März 1999 - 5 StR 355/98).
76
Maßgeblich für den Vermögensvergleich ist der Zeitpunkt der täuschungsbedingten Vermögensverfügung, also der Vergleich des Vermögens- werts unmittelbar vor und nach der hier in der Zahlung an den Angeklagten liegenden Vermögensverfügung; spätere Entwicklungen, wie Schadensvertiefung oder Schadensausgleich, berühren den tatbestandlichen Schaden nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 14. April 2011 – 2 StR 616/10; BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08; BGH, Urteil vom 4. März 1999 - 5 StR 355/98 jew. mwN).
77
2. Gemessen hieran hält die Annahme eines Schadens i.S.v. § 263 Abs. 1 StGB auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen revisionsrechtlicher Prüfung stand.
78
a) In Fällen kollusiven Zusammenwirkens mit den Patienten zahlten die Versicherungen / die Beihilfestelle, ohne zur Zahlung verpflichtet zu sein, ohne also durch die Zahlung eine gleichwertige Forderung des beihilfeberechtigten Versicherungsnehmers zum Erlöschen zu bringen. Das Entstehen eines Rückforderungs - oder Schadenersatzanspruchs gegenüber dem Arzt kann - wie auch sonst bei durch die Tat entstehenden Schadens- und Gewährleistungsansprüchen (vgl. Satzger in aaO, § 263 Rn. 152; Fischer, aaO, § 263 Rn. 155) - nicht zu einer schadensausschließenden Kompensation führen.
79
b) In gleicher Weise stand in allen anderen Fällen den Zahlungen der Patienten kein äquivalenter Vermögensausgleich gegenüber. Dies gilt auch in den insoweit einzig näher zu erörternden (vgl. Schuhr, aaO, § 263 StGB Rn. 43) Fällen, in denen der Angeklagte nicht selbst erbrachte Leistungen abrechnete. Durch die irrtumsbedingte Zahlung der Patienten (nach den Feststellungen zahlten die Patienten in allen Fällen jeweils unmittelbar selbst nach Erhalt der Rechnung an die zum Einzug berechtigte M. GmbH vollständig „die jeweils in den Rechnungen ersichtlichen Beträge“; UA S. 15, auch S. 24, 25, 26) wird deren Vermögen gemindert, ohne dass dem ein äquivalenter Vermö- genszufluss gegenübersteht. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Zahlung war das Vermögen der Patienten - unbeschadet der Frage der Fälligkeit, vgl. BGH, Beschluss vom 5. Juli 2011 - 3 StR 444/10 - nicht mit einem Zahlungsanspruch belastet; ohne diesen hat die erbrachte ärztliche Leistung hier keinen eigenen, zur Bestimmung des tatbestandlichen Schadens i.S.v. § 263 Abs. 1 StGB maßgeblichen wirtschaftlichen Wert.
80
aa) Die Bewertung des Vermögens bzw. Schadens erfolgt nach objektiven wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Auf die subjektive Einschätzung des Patienten , ob er sich wegen der von einem anderen als dem Angeklagten erbrachten Leistung nicht geschädigt fühlt, kommt es nicht an. Maßgebend für den Vergleich von Leistung und Gegenleistung ist regelmäßig der Verkehrswert (vgl. Cramer/ Perron in Schönke/Schröder, aaO, § 263 Rn. 109 ff. mwN) oder ein an Angebot und Nachfrage orientierter Marktpreis, der auch nach dem von den Vertragsparteien vereinbarten Preis unter Berücksichtigung der für die Parteien des fraglichen Geschäfts maßgeblichen preisbildenden Faktoren bestimmt werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 2010 - 1 StR 245/09).
81
Für privatärztliche Leistungen, für die es weder einen Verkehrswert noch einen (objektiven) Markt oder einen von den Vertragsparteien frei zu vereinbarenden Preis gibt, bestimmen die materiell-rechtlichen Normen zur Abrechenbarkeit der Leistung, namentlich der GOÄ, zugleich deren wirtschaftlichen Wert. Ist etwa eine Behandlungsleistung zwar erbracht, gilt sie aber als mit einer anderen Leistung abgegolten (vgl. z.B. § 4 Abs. 2a GOÄ), kommt ihr kein eigener wirtschaftlicher Wert zu, mag auch der Patient, hätte er die Leistung alleine bezogen , daraus resultierende Aufwendungen gehabt haben. In dem Umfang, in dem die Rechtsordnung einer privatärztlichen Leistung die Abrechenbarkeit versagt, weil etwa die für die Abrechenbarkeit vorgesehenen Qualifikations- und Leistungsmerkmale nicht eingehalten sind, kann ihr kein für den tatbestandlichen Schaden i.S.v. § 263 StGB maßgeblicher wirtschaftlicher Wert zugesprochen werden (vgl. Beckemper/Wegner, NStZ 2003, 315, 316; für wahlärztliche Leistungen: Hellmann/Herffs, aaO, Rn. 391 ff.; Freitag, aaO, S. 175 f.). Führt die erbrachte ärztliche Leistung mangels Abrechenbarkeit nicht zum Entstehen eines Zahlungsanspruchs, findet eine saldierende Kompensation nicht statt. Zahlt der in Anspruch Genommene irrtumsbedingt ein nicht geschuldetes Honorar, ist er in Höhe des zu Unrecht Gezahlten geschädigt. Wer eine Leistung unter den jeweils gegebenen Umständen unentgeltlich erlangen oder bereits dafür Geleistetes zurückfordern kann, ohne hierfür Wertersatz leisten zu müssen, ist in Höhe desjenigen Betrages geschädigt, den er täuschungsbedingt gleichwohl hierfür aufgewandt hat.
82
Dies entspricht gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum vertragsärztlichen Abrechnungsbetrug (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2002 - 3 StR 161/02; BGH, Beschluss vom 28. September 1994 - 4 StR 280/94; BGH, Urteil vom 10. März 1993 - 3 StR 461/92; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 8. September 1997 - 2 BvR 2414/97), deren zugrunde liegendeWertung - unbeschadet sozialrechtlicher Besonderheiten - auf den Bereich privatärztlicher Leistungserbringung und Abrechnung übertragbar ist (vgl. auch Peickert, MedR 2000, 352, 354; a.A. Gercke/Leimenstoll, MedR 2010, 695).
83
Für privatärztliche Leistungen bestimmt die GOÄ den Inhalt der abrechnungsfähigen ärztlichen Leistungen und deren taxmäßige (standardisierte) Honorierbarkeit abschließend. Die Anspruchsvoraussetzungen sind jeweils - dort nach Sozialrecht, hier nach den materiell-rechtlichen Vorschriften der GOÄ - fest umschrieben, eine tatbestandliche Schadenskompensation allein mit erbrachter ärztlicher Leistung ist dadurch ausgeschlossen (zutreffend Tiedemann in LK-StGB, 11. Aufl., § 263 Rn. 267). Der Leistende wird nicht von einer Verpflichtung gegenüber dem Arzt befreit, eine wirtschaftliche Vermögenssaldierung ergibt daher ein Minus (Hellmann, NStZ 1995, 232; Beckemper/Wegner, NStZ 2003, 315, 316).
84
Dass der Arzt durch Leistungserbringung von einer Leistungspflicht be- freit wird, eine erneute Behandlung „wirtschaftlich unsinnig“ wäre (Gaizik, wistra 1998, 329, 332, ebenso Idler, JUS 2004, 1037, 1040; Stein, MedR 2001, 124, 127), ist für die Schadensbestimmung unbeachtlich. Auch eine von einem Laien durchgeführte und zufällig erfolgreiche Behandlung würde erneute Leistungserbringung „unsinnig“ machen (vgl. Grunst, NStZ 2004, 533, 535), ohne dass ihr ein wirtschaftlicher Wert zugesprochen werden könnte.
85
Im Bereich privatärztlicher Liquidation, bei der der behauptete Honoraranspruch nicht schon aus dem Behandlungsvertrag, sondern erst aufgrund der erbrachten Leistungen entsteht, kann eine Zahlung für die Leistungserbringung nicht kausal werden; die Zahlung ist ohne eigenen Vermögenswert, wenn nicht die Rechtsordnung durch Ansprüche eine Korrespondenzbeziehung herstellt (Schuhr, aaO, § 263 StGB, Rn. 44). Lediglich formalrechtliche „Leistungsge- währungsvoraussetzungen“, wie sie als Einschränkungen der zum Vertragsarztrecht entwickelten „streng formalen Betrachtungsweise“ diskutiert werden (vgl. Volk, NJW 2000, 3385, 3386) oder wie sie im Bereich des Subventionsbetruges zum Tragen kommen können (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Januar 2006 - 5 StR 334/05; Fischer, aaO, § 263 Rn. 142 mwN), sind der Abrechnung privatärztlicher Leistungen auf der Grundlage der an die Person des Leistungserbringers (z.B. § 4 Abs. 2 Satz 2 GOÄ) oder an die Art und Weise der Leistungserbringung (z.B. § 4 Abs. 2 Satz 1 GOÄ) anknüpfenden GOÄ fremd; auch wenn der zahlende Patient die Art der Leistungserbringung oder die Art der Ab- rechnung genehmigen wollte, bestünde dem Grunde nach ein materieller Anspruch nicht.
86
Auch sonst bestimmt sich der wirtschaftliche Wert einer Arbeitsleistung nach deren Abrechenbarkeit; die Möglichkeit, die eigene Arbeitskraft zur Erbringung von Dienstleistungen einzusetzen, hat Vermögenswert nur, soweit sie üblicher Weise gegen Entgelt erbracht wird (vgl. BGH, Urteil vom 18. Januar 2001 - 4 StR 315/00 mwN zu durch Betrug erlangter Arbeitsleistung). Indes wird gesetzeswidrigen Handlungen (vgl. BGH, Beschluss vom 27. November 2008 - 2 StR 421/08; BGH, Beschluss vom 2. Mai 2001 - 2 StR 128/01) oder Leistungen , die verboten sind oder unsittlichen Zwecken dienen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. April 1987 - 5 StR 566/86; BGH, Beschluss vom 20. Dezember1988 - 1 StR 654/88), mögen sie auch „üblicherweise“ nur gegen Entgelt (z.B. „Killer- lohn“) erbracht werden, kein Vermögenswert zuerkannt, da sich das Strafrecht ansonsten in Widerspruch zur übrigen Rechtsordnung setzen würde, wenn es im Rahmen des Betrugstatbestandes nichtigen - weil gesetzeswidrigen - Ansprüchen Schutz gewährte (vgl. auch Eckstein JZ 2012, 101, 104). Es entspricht einem allgemeinen Rechtsgedanken, wirtschaftliche Vorteile aus rechtsmissbräuchlichen Gestaltungen zu versagen (vgl. z.B. §§ 814, 817 S. 2 BGB, §§ 41, 42 AO); in Verbotenes Investiertes soll unwiederbringlich verloren sein (vgl. BT-Drucks. 11/1134, S.12 zum Verfall). Ebenso wird einer Arbeitsleistung ein wirtschaftlicher Wert abgesprochen, wenn Gesetz oder Verwaltungsvorschriften einer zu deren Entlohnung führenden Anstellung entgegenstanden, selbst wenn fachlich nicht zu beanstandende Leistungen erbracht wurden (BGH, Beschluss vom 18. Februar 1999 - 5 StR 193/98 mwN). Im Übrigen ist auch zur Frage der Rechtswidrigkeit des erlangten Vermögensvorteils allein das materiell-rechtliche Bestehen eines Anspruchs maßgeblich (vgl. BGH, Be- schluss vom 20. November 1981 - 2 StR 586/81; BayObLG, Beschluss vom 29. Juni 1994 - 2St RR 118/94).
87
Es kann nicht eingewandt werden, der Patient habe sich durch den Erhalt der Leistungen ansonsten erforderliche Aufwendungen erspart, er hätte die Leistungen auch vom Laborarzt (direkt) beziehen können und müssen. Die gegenteilige Ansicht (vgl. Gaizik, wistra 1998, 329, 331 ff. mwN, der allerdings zutreffend darauf hinweist, dass diese ersparten Aufwendungen kein unmittelbar aus der Zahlung fließendes Äquivalent darstellen) bezieht in unzulässiger Weise einen zwar anspruchsbegründenden, tatsächlich aber nicht gegebenen (und überdies nicht vorhersehbaren, vgl. Freitag, aaO, S. 139) Sachverhalt und somit hypothetische Reserveursachen ein, und überspielt damit im Wege einer Gesamtbetrachtung das Fehlen eines Anspruchs auf die durch Täuschung erlangte Leistung (zutreffend Tiedemann in LK-StGB, 11. Aufl., § 263 Rn. 267; ebenso Schuhr, aaO, § 263 StGB, Rn. 44; Fischer, aaO, § 263 Rn. 155; Grunst, NStZ 2004, 533, 537 jew. mwN).
88
bb) Dies zugrunde gelegt hat die Strafkammer im Ergebnis rechtsfehler- frei die „lege artis“ (Laborleistungen) bzw. „fehlerfrei“ (Akupunktur- undOsteo- pathieleistungen) erbrachten Leistungen nicht zur Verneinung des tatbestandlichen Schadens i.S.v. § 263 StGB herangezogen. Die erbrachten Leistungen haben das Vermögen des Patienten zum Zeitpunkt der Zahlung nicht mit einem Zahlungsanspruch in Höhe des Rechnungsbetrages belastet.
89
Wie bereits aufgezeigt, steht im Fall abgerechneter Speziallaborleistungen dem Angeklagten kein Zahlungsanspruch gegen den Patienten zu. Ebenso wenig ist das Vermögen des Patienten - wie auch die Revision in anderem Zusammenhang ausführt - mit einem Zahlungsanspruch des Laborarztes belastet.
90
Der Laborarzt, wiewohl er seine Leistung üblicherweise nur gegen Entgelt erbringt, leistet hier nicht an den Patienten, sondern erbringt seine Leistung - die Befundung, die sich in einem dem Angeklagten direkt übermittelten Datenwerk niederschlägt - ausschließlich im Verhältnis zum Angeklagten. Von diesem erhält er auch (bei „Verzicht auf die Abrechnung gegenüber dem Patienten“ ) das hierfür geforderte, der Höhe nach umsatzabhängige Entgelt. Erst aus dem Tätigwerden des Angeklagten, nämlich dessen „Weiterverkauf“ dieser Laborleistungen, erlangt der Patient etwas. Nach den abschließenden Regelungen der GOÄ erwachsen hieraus aber keine Zahlungsansprüche gegen den Patienten; der Angeklagte wird so gestellt, als habe er eine mit anderen Gebührenziffern bereits abgegoltene Leistung erbracht. Durch die materiell-rechtlichen Vorschriften der §§ 4 Abs. 2 und 10 GOÄ wird - der gesetzgeberischen Intention entsprechend - unterbunden, dass der Angeklagte aus dem Bezug erbrachter und sodann „weiterverkaufter“ Speziallaborleistungen einen wirtschaftlichen Wert schöpfen kann.
91
In gleicher Weise stehen die den taxmäßigen Wert der Akupunktur- und Osteopathieleistungen bestimmenden Regelungen der GOÄ deren Abrechnung durch den Angeklagten oder die Therapeuten entgegen. Die Leistungserbringung kann nicht zu einem das Vermögen des Patienten belastenden Zahlungsanspruch führen. Der auch mangels Approbation oder Erlaubnis nach HeilPrG nicht abrechenbaren Leistung kann ein zur Bestimmung des tatbestandsmäßigen Schadens i.S.v. § 263 StGB maßgeblicher wirtschaftlicher Wert nicht beigemessen werden. Dies gilt auch für Leistungen der nicht zur Erbringung von Laborleistungen der Klasse M III qualifizierten Laborgemeinschaft.
92
III. Die Feststellungen belegen, dass der Angeklagte auch vorsätzlich gehandelt hat. Nach ständiger Rechtsprechung genügt es für den Betrugsvor- satz, dass der Täter die schadensbegründenden Umstände kannte (BGH, Urteil vom 3. November 1987 - 1 StR 292/87 mwN). Entscheidend ist, ob er in der Annahme gehandelt hat, eine Zahlung in der geltend gemachten Höhe beanspruchen zu können (vgl. BGH, Urteil vom 15. Oktober 1991 - 4 StR 420/91 mwN).
93
Nach den Urteilsfeststellungen war dem Angeklagten in allen Fällen - auch in den Fällen abgerechneter Speziallaborleistungen - bewusst, dass er zur Liquidation nicht berechtigt war und sich durch Vortäuschen eines in Wahrheit nicht bestehenden Zahlungsanspruchs zu Unrecht bereicherte. Er handelte gleichwohl.
94
Der Einlassung des Angeklagten, er habe sein „Abrechnungsverhalten überwiegend als legal angesehen“ (UA S. 51), hat die Strafkammer auf der Grundlage einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung keinen Glauben geschenkt. Die Strafkammer konnte sich dabei auch auf eine frühere Einlassung des Angeklagten stützen, in der er einräumte, dass er die Abrechnungspraxis in Kenntnis ihrer Unrechtmäßigkeit beibehielt, „weil er das Geld benötigte“ (UA S. 69). „Er sei sich des wirtschaftlichen Vorteils durchaus bewusst gewesen und habe trotz zuletzt positiver Kenntnis von der Illegalität dieser Abrechnungen bis zuletzt daran festgehalten, da ihm ansonsten der Praxisumsatz zu abrupt ein- gebrochen wäre“ (UA S. 53).
95
Dies korreliert mit den Angaben einer Außendienstmitarbeiterin eines involvierten Labors, wonach die „veränderten gesetzlichen Vorgaben in der GOÄ“ nicht nur in internen Schulungen erörtert, sondern auch „mit den Ärzten die Möglichkeiten der Gebührenordnung“ besprochen worden waren, und der Angeklagte „sehr daran interessiert gewesen“ sei, „die wirtschaftlichen Vorteile der Direktabrechnung von Laborleistungen nicht zu verlieren“ (UA S. 66); seitens des Angeklagten habe „eine gewisse Erwartungshaltung bestanden“ (UA S. 68).
96
Die Einlassung des Angeklagten, er habe in der Annahme gehandelt, den Patienten entstehe wegen der erbrachten Leistungen kein Schaden, steht der Annahme eines Vorsatzes nicht entgegen. Derjenige, der weiß, dass er sich auf Kosten eines anderen durch Vortäuschen eines in Wahrheit nicht gegebenen Zahlungsanspruchs bereichert, weiß oder nimmt zumindest billigend in Kauf, dass er trotz erbrachter Leistungen keinerlei Zahlungsanspruch hat, der Zahlende also rechtsgrundlos leistet und dadurch in Höhe des Gezahlten geschädigt ist.
97
IV. Rechtsfehlerfrei geht die Strafkammer bei Rechnungen gleichen Datums von Tateinheit aus, auch soweit dabei mittäterschaftliche Begehung - zum Nachteil der Versicherungen - und mittelbare Täterschaft - zum Nachteil der Patienten - zusammentreffen. Da der Angeklagte die zur Abrechnung erforderlichen Daten an den entsprechenden Tagen „einheitlich an die M. GmbH übermittelt“ hat (UA S.15), liegt eine zu Tateinheit führende Teilidentität der Ausführungshandlung vor (vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 28. Juni 2011 - 3 StR 485/10; BGH, Beschluss vom 24. November 2010 - 2 StR 519/10; BGH, Beschluss vom 2. November 2010 - 1 StR 544/09; BGH, Urteil vom 16. Juli 2009 - 3 StR 148/09; v. Heintschel-Heinegg in MüKomm-StGB, § 52 Rn. 86 ff. mwN).
98
V. Eines Eingehens auf die von der Strafkammer zur Begründung des Schadens zusätzlich herangezogenen weiteren Gesichtspunkte bedarf es nicht. Hierauf hatte der Generalbundesanwalt in seinem Antrag, auf den die Revision mit einem Rechtsgutachten umfassend erwidert hat, bereits zutreffend hingewiesen. Es kann hier auch dahinstehen, ob vom Revisionsgericht analog § 265 StPO ein Hinweis auf die rechtlich etwas von der Auffassung des Landgerichts abweichende Begründung des Schadens zu erteilen wäre. Denn der Senat schließt im vorliegenden konkreten Einzelfall, in dem die maßgeblichen Rechtsfragen auch von der Verteidigung erörtert worden sind, aus, dass sich der Angeklagte anders, insbesondere erfolgreicher gegen den ihm gemachten Vorwurf hätte verteidigen können.

E.



99
Die Nachprüfung des Urteils hat auch hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruches keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben.
100
I. Der Strafausspruch hält revisionsrechtlicher Prüfung stand.
101
1. Die Strafkammer legt der Strafzumessung einen jeweils zutreffenden Strafrahmen zugrunde.
102
a) Das Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 21, 20 StGB „bei Begehung der Tat“ hat die insoweit sachkundig beratene Strafkammer rechtsfehler- frei verneint (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Juni 2011 - 1 StR 122/11).
103
b) Die Strafkammer musste auch - worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hinweist - ungeachtet der Annahme eines „überschießenden Geständ- nisses“ (UA S. 115) in den Fällen kollusiven Zusammenwirkens mit den Patien- ten den - hier bereits anwendbaren - § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB nicht aus- drücklich erörtern. Denn durch die Benennung der an den Taten beteiligten Patienten deckt der Angeklagte keine Katalogtat i.S.d. § 46b Abs. 1 StGB i.V.m. § 100a Abs. 2 StPO auf.
104
Die vom Angeklagten benannten Patienten handelten weder selbst gewerbsmäßig , noch kann ihnen die Gewerbsmäßigkeit im Handeln des Angeklagten , ein strafschärfendes persönliches Merkmal i.S.d. § 28 Abs. 2 StGB, zugerechnet werden (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Juli 2008 - 3 StR 193/08 (zu § 260 StGB); BGH, Beschluss vom 11. Januar 2005 - 1 StR 547/04 (zu § 152a Abs. 2 StGB); BGH, Beschluss vom 21. September 1995 - 1 StR 316/95 (zu § 243 Abs. 2 StGB); Kudlich in BeckOK-StGB, § 28 Rn. 24). Sie können also „nur“ wegen Betruges (§ 263 Abs. 1 StGB) bestraft werden.
105
Für eine Anwendbarkeit des § 46b Abs. 1 StGB reicht indes nicht aus, dass lediglich eine Nichtkatalogtat aufgedeckt wird, mag diese auch - wie hier - mit einer Katalogtat im Zusammenhang stehen. Dies folgt aus dem Wortlaut des § 46b Abs. 1 Satz 3 StGB. Der Täter einer Katalogtat soll nicht durch die Offenbarung einer Bagatelltat (nachgeordnete Beihilfehandlung zu einer vom Täter mitverwirklichten geringeren Tat) in den Genuss einer Strafrahmenverschiebung kommen können. Andernfalls würde sich überdies ein Wertungswiderspruch zu Fällen ergeben, in denen die offenbarte Tat als eigenständiges Delikt verfolgbar wäre, und in denen demzufolge eine Strafmilderung nur bei Aufdeckung einer als Katalogtat verfolgbaren Tat in Betracht kommt.
106
c) Grundsätzlich rechtsfehlerfrei hat die Strafkammer auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen, wonach der Angeklagte rund 30 % seines gesamten Praxisumsatzes mit den ihm zur Last liegenden (und nicht gemäß §§ 154, 154a StPO ausgeschiedenen) manipulierten Abrechnungen erwirtschaftete , sowohl das Regelbeispiel des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB (Ge- werbsmäßigkeit) als auch des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB (große Anzahl) bejaht (vgl. BGH, Beschluss vom 7. September 2011 - 1 StR 343/11). Ohne Erfolg rügt die Revision in diesem Zusammenhang, die Strafkammer habe in den Fällen mit festgestellten Schadenssummen unter 50 € (Fälle 16, 42, 66, 71, 108 und 117 der Urteilsgründe) die Regelung des § 263 Abs. 4 i.V.m. § 243 Abs. 2 StGB verkannt. Denn die Strafkammer geht in diesen, wie in allen Fällen mit Schadensbeträgen bis 2.500 € vom Regelstrafrahmen des § 263 Abs. 1 StGB aus, so dass es auf die Verwirklichung der Regelbeispiele insoweit nicht ankommt. Dass sie in allen anderen Fällen die Anwendung des erhöhten Strafrahmens des § 263 Abs. 3 StGB unter anderem mit der Verwirklichung zweier Regelbeispiele bejaht, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. auch Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 4. Aufl. Rn. 401).
107
2. Die Bemessung der Strafe innerhalb des rechtsfehlerfrei bestimmten Strafrahmens ist ebenfalls frei von den Angeklagten belastenden Rechtsfehlern.
108
In den unter Verstoß gegen § 5 HeilPrG erbrachten Osteopathie- und Akupunkturleistungen, zu denen der Angeklagte angestiftet hat, musste die Strafkammer ebenso wenig einen bestimmenden Milderungsgrund sehen, wie in dem Umstand, dass die Laborleistungen bei einem anderen als dem tatsächlichen - also hypothetischen - Sachverhalt anders hätten abgerechnet werden können.
109
Ob darüber hinaus bei der Strafzumessung in Fällen zu Unrecht abgerechneter ärztlicher Leistungen der Umstand tatsächlich erbrachter Leistungen und hierzu entstandener Aufwendungen strafmildernd berücksichtigt werden muss (vgl. für vertragsärztliche Abrechnungen BGH, Urteil vom 5. Dezember 2002 - 3 StR 161/02; BGH, Beschluss vom 28. September 1994 - 4 StR 280/94), oder ob - wozu der Senat neigt - sich dies im Bereich privatärztlicher Liquidation schon deswegen verbietet, weil hier die “Bereicherung” des Opfers dessen Schaden gerade nicht kompensiert und der Täter eigenmächtig und auf strafbare Weise den Ausgleich, den er materiell-rechtlich nicht beanspruchen kann, herbeiführt (vgl. Hellmann NStZ 1995, 232, 233), bedarf keiner abschließenden Entscheidung.
110
Nach der ausdrücklichen Hervorhebung in den Urteilsgründen ist nicht zu besorgen, die Strafkammer könnte bei der Strafzumessung nicht auch im Blick gehabt haben, dass die Speziallaborleistungen - nach der allgemeinen Handhabe und ohne dass dies für jeden Einzelfall festgestellt wurde - „tatsächlich benötigt“ und von einem dazu befähigten Laborarzt „fachlich und medizinisch korrekt“ erbracht wurden (UA S. 21). Auf UA S. 110 werden die Untersuchungsergebnisse erneut als „medizinisch korrekt“ bezeichnet und auf UA S. 122 wird generell festgestellt, dass die „Patienten mit der ärztlichen Leistung des Angeklagten ganz überwiegend sehr zufrieden waren“. Dass in den Straf- zumessungsgründen eine Erwägung nicht ausdrücklich wiederholt wird, lässt nicht ohne weiteres den Schluss zu, das Tatgericht habe sie bei der Zumessung der Strafe übersehen (BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 - 3 StR 413/11 mwN). Dies gilt gleichermaßen für den Umstand, dass eine fehlerhafte Behandlung durch die nicht abrechnungsbefugten Leistungserbringer nicht bekannt geworden sind (UA S. 28) und dass der Angeklagte zu deren „Beschaffung“ jeweils eigene, von der Strafkammer zu den jeweiligen Fallgruppen spezifizierte Aufwendungen hatte. Beleg für eine entsprechende Berücksichtigung sind auch die Annahme eines besonders schweren Falles erst ab Rechnungsbeträgen über 2.500 € und die gemessen an der von der Strafkammer festgestellten kriminellen Energie des Angeklagten und dem gesamten Tatbild geringen Einzelstrafen sowie die ebenfalls milde Gesamtfreiheitsstrafe.
111
3. Die Gesamtstrafe hat ebenfalls Bestand. Soweit die Teileinstellung des Verfahrens (oben B.) zum Wegfall der bezüglich Fall Nr. 71 der Urteils- gründe verhängten Einzelgeldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 30 € führt, schließt der Senat in Übereinstimmung mit dem Antrag des Generalbundesanwalts angesichts der Vielzahl der verbleibenden Fälle und der dafür verhängten Einzelstrafen bis zu einem Jahr und neun Monaten Freiheitsstrafe aus, dass die Strafkammer auf eine noch mildere als die verhängte Gesamtfreiheitstrafe erkannt hätte.
112
II. Rechtsfehlerfrei hat die Strafkammer auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen das auf die Ausübung als selbständig liquidierender oder liquidationsberechtigter Arzt beschränkte Berufsverbot (§ 70 Abs. 1 StGB) auf eine Gesamtwürdigung des Angeklagten und der Taten gestützt (vgl. BGH, Urteil vom 9. März 2011 - 2 StR 609/10; BGH, Urteil vom 2. Mai 1990 - 3 StR 59/89) und ebenso ohne Rechtsfehler im Rahmen ihres Ermessens (vgl. BGH, Urteil vom 7. November 2007 - 1 StR 164/07) die Gefahr weiterer erheblicher Straftaten und die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme bejaht.
113
Es kann dahinstehen, ob das Verhalten eines Angeklagten nach der Tat stets im Rahmen der für § 70 Abs. 1 StGB erforderlichen Gefahrprognose zu berücksichtigen ist (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 5. August 2009 - 5 StR 248/09). Denn hier hätte sich dabei ungeachtet der festgestellten Teilschadenswiedergutmachung Günstiges für den Angeklagten deswegen nicht ergeben können, da er - wie das Landgericht ebenfalls feststellt - nach der Durchsuchung seiner Praxisräume in diesem Verfahren weiterhin gegen § 31 BayBOÄ verstoßen hat, indem er nunmehr mit einem anderen Labor Beraterverträge abschloss, die ihm zukünftig umsatzabhängige (Rück)Vergütungen sichern sollten (UA S. 108).
114
III. Der vom Generalbundesanwalt angeregten Berichtigung des Ausspruchs nach § 111i Abs. 2 StPO bedarf es nicht.
115
Zwar hat für vor dem 1. Januar 2007 beendete Taten ein Ausspruch nach § 111i Abs. 2 StPO zu unterbleiben. Einer Anwendung der am 1. Januar 2007 in Kraft getretenen Regelung des § 111i Abs. 2 StPO auf bereits zuvor beendete Taten steht § 2 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 StGB entgegen (vgl. auch BGH, Urteil vom 7. Februar 2008 - 4 StR 502/07 mwN). Letzteres hat die Strafkammer indes gesehen und auch ausgeführt (UA S. 114), so dass nicht zu besorgen ist, ein Auffangrechtserwerb nach § 111i Abs. 5 StPO sollte oder könnte auf den im Tenor für Taten vor dem 1. Januar 2007 festgestellten Betrag erstreckt werden.
116
Durch die vom Generalbundesanwalt zutreffend aufgezeigte, rechtsfehlerhafte Annahme eines vorzeitigen Beendigungszeitpunktes und daraus resultierend einer zu geringen Bemessung des nach dem 1. Januar 2007 Erlangten ist der Angeklagte gerade nicht beschwert.
117
IV. Anhaltspunkte für eine - zu Kompensation nötigende, von der Verteidigung aber ohnehin nicht mit einer entsprechenden Verfahrensrüge geltend gemachte - rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung liegen nicht vor. Gemessen an Umfang, Bedeutung (vgl. Graf in BeckOK-StPO, § 198 GVG Rn. 8) und Schwierigkeit der Sache (Beleg hierfür ist u.a. das von der Revision in Erwiderung auf den Antrag des Generalbundesanwalts nachgereichte weitere Rechtsgutachten) wurde das Verfahren insgesamt innerhalb angemessener Frist (Art. 6 Abs. 1 EMRK) abgeschlossen; dies gilt auch für das Revisionsverfahren , in dem die Sache wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung zur Veröffentlichung vorgesehen ist.
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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.