Landgericht München I Beschluss, 24. Aug. 2017 - 36 T 8948/17

bei uns veröffentlicht am24.08.2017

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts München vom 08.06.2017, Az. 481 H 9320/17 WEG, wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Der Antragsteller und die Antragsgegner zu 1) gehören der WEG B.-straße .../R.-straße ...,  M., der Antragsgegnerin zu 2), an.

Mit Schriftsatz vom 10.05.2017 beantragte der Antragsteller, im Wege des selbständigen Beweisverfahrens über den Schaden, der an der im Gemeinschaftseigentum der WEG und auf der Sondernutzungsfläche des Antragstellers stehenden Rotbuche entstanden sei, und die Kosten der Behebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis zu erheben. Begehrt wird eine Beweiserhebung zu den folgenden Fragen:

  • 1.Es liegen folgende Mängel/Schäden vor:

    • a)Die Rotbuche weist zwei sehr große Astwunden auf, welche durch das Abhacken der Äste entstanden sind. Eine der Wunden weist bereits Fruchtkörper eines Baumpilzes auf, was zu Holzabbau und Fäule geführt hat.

    • b)Es sind holzzersetzende Pilze aufgetreten.

    • c)Die Statik des Baumes ist gefährdet. Es besteht Umsturzgefahr.

    • d)Es besteht die Gefahr, dass Äste aufgrund der Erkrankung des Baumes auf die daneben liegende Straße abbrechen (Bruchgefahr).

  • 2.Welche Maßnahmen sind zur fachgerechten Schadensbeseitigung erforderlich?

  • 3.Welche Kosten fallen für diese Maßnahmen an?

  • 4.Kann der Baum überhaupt geheilt werden oder ist eine Neubepflanzung/Fällung erforderlich?

  • 5.Welche Kosten würde ein Austausch/Fällung verursachen?

Zur Begründung trägt der Antragsteller vor, dass durch das Abhacken der Äste zwei sehr große Wunden an der Rotbuche entstanden seien, von denen eine so groß sei, dass ein natürlicher Wundverschluss nicht mehr möglich sei. Die holzzersetzenden Pilze könnten zum Absterben des gesamten Baumes führen. Aufgrund der Gefahr des Umsturzes und des Abbrechens von Ästen bestehe eine Gefährdung für Passanten auf der vorbeiführenden Straße. Die Äste seien mittels Seilen provisorisch gesichert. Der Antragsteller ist der Auffassung, dass im Falle einer Bestätigung der oben bezeichneten Schäden und der Erforderlichkeit der Beseitigung des Baumes durch das Gutachten mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Hauptsacheprozess vermieden würde, da die Antragsgegner freiwillig die Mängel beheben würden. Das selbständige Beweisverfahren sei auch ohne Vorbefassung der Eigentümerversammlung zulässig.

Mit Beschluss vom 08.06.2017, dem Prozessvertreter des Antragstellers zugestellt am 10.06.2017, hat das Amtsgericht München den Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Amtsgericht München angeführt, dass dem Antrag mangels Vorbefassung der Eigentümerversammlung das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Die Entscheidung über das „Ob“ und „Wie“ von Instandsetzungsmaßnahmen sei gemäß § 21 Abs. 1 und 3 WEG der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer vorbehalten. Soweit es um die Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer an einer ordnungsgemäßen Verwaltung gehe, müsse sich der Kläger vor Anrufung des Gerichts um die Beschlussfassung der Versammlung bemühen, weil einer Klage sonst das Rechtsschutzbedürfnis fehle; gleiches müsse grundsätzlich für den Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens gelten. Nach Auffassung des Amtsgerichts würde es das Selbstorganisationsrecht der Wohnungseigentümer als Ausfluss ihrer Privatautonomie aushöhlen, wenn einzelne Wohnungseigentümer im Wege eines selbständigen Beweisverfahrens jederzeit etwaigen Instandsetzungsbedarf von Gemeinschaftseigentum gerichtlich feststellen lassen könnten, ohne vorher den übrigen Wohnungseigentümern durch Befassung der Eigentümerversammlung mit einem entsprechenden Beschlussantrag überhaupt Gelegenheit zu geben, sich darüber Gedanken zu machen und einen Beschluss im Sinne aller Wohnungseigentümer über Art, Umfang und Konditionen einer Schadensfeststellung zu fassen. Im vorliegenden Fall trete der Grund für den Grundsatz, zunächst die Eigentümerversammlung zu befassen, besonders offenkundig zu Tage, da es sich um einen alltäglichen Fall der Instandhaltung von Gemeinschaftseigentum handele. Wäre in einem solchen Fall die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens ohne Vorbefassung der Eigentümerversammlung möglich, wäre ersichtlich nicht dem Sinn und Zweck des § 482 Abs. 2 Satz 2 ZPO gedient, Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden; vielmehr würde dies zahllose Gerichtsverfahren in Fällen alltäglicher Instandhaltung und Instandsetzung, die in aller Regel problemlos und ohne Einschaltung eines Gerichts gelöst werden, gerade erst ermöglichen. Ein Fall besonderer Eilbedürftigkeit sei ebenso wenig gegeben wie eine Situation, in der die Vorbefassung der Eigentümerversammlung eine unnötige Förmelei sei, da ohnehin keine Mehrheit für den Antrag gefunden würde. Hinsichtlich der Antragsgegnerin zu 2) sei der Antrag darüber hinaus auch als unbegründet abzuweisen, da diese nicht passivlegitimiert sei. Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf den Beschluss vom 08.06.2017 (Bl. 6/10 d.A.) Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 20.06.2017, bei Gericht eingegangen am 21.06.2017, hat der Antragsteller gegen den Beschluss des Amtsgerichts München hinsichtlich der Antragsgegner zu 1) sofortige Beschwerde eingelegt und dies damit begründet, dass das Vorbefassungsgebot nicht für Anträge im selbständigen Beweisverfahren gelte. Im Beweissicherungsverfahren gehe es nicht um eine Klage, sondern gerade um die Vermeidung eines möglichen künftigen Rechtsstreits. Die Begründetheit der Hauptsache sei nicht im Rahmen der Zulässigkeit des selbständigen Beweisverfahrens zu prüfen. Das rechtliche Interesse an der beantragten Beweiserhebung ergebe sich daraus, dass die begehrte Feststellung zu einer Vermeidung eines Hauptsacheprozesses führen könnte und auch, sofern dies nicht der Fall sein sollte, der Vorbereitung des Hauptsacheprozesses dienten. In das Ermessen der Eigentümer über das Ob und Wie von Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung werde durch die begehrte Beweiserhebung nicht eingegriffen; es werde lediglich festgestellt, ob ein Mangel tatsächlich vorliege. Sofern kein Mangel festgestellt werde, trage der Antragsteller die Kosten des Beweisverfahrens alleine. Es liege im ureigenen Interesse der Eigentümerversammlung, wenn ein Eigentümer auf eigenes Kostenrisiko einen Mangel begutachten lasse. Es treffe nicht zu, dass die Zulassung des selbständigen Beweisverfahrens ohne Vorbefassung der Eigentümerversammlung zu einer Häufung von Rechtsstreitigkeiten führen würde; vielmehr würden diese in ganz massivem Umfang verhindert. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung vom 20.06.2017 (Bl. 11/17 d.A.) Bezug genommen.

Der Antragsteller und Beschwerdeführer beantragt:

I. Der Beschluss des AG München vom 8.6.2017 wird hinsichtlich der Antragsgegner zu 1) aufgehoben.

II. Es wird antragsgemäß Beweisbeschluss ausschließlich gegen die Antragsgegner zu 1) erlassen.

Die Antragsgegner zu 1) und Beschwerdegegner beantragen,

der sofortigen Beschwerde nicht abzuhelfen und die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung führen die Beschwerdegegner aus, dass der Antrag auf Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens bereits unzulässig sei, da es mangels Vorbefassung der Eigentümerversammlung am Rechtsschutzbedürfnis fehle. Die Rechtsprechung zur notwendigen Vorbefassung der Eigentümerversammlung vor Klageerhebung sei auf das selbständige Beweisverfahren zu übertragen. Das Selbstorganisationsrecht der Eigentümer würde verletzt, wenn es möglich wäre, ohne Vorbefassung der Eigentümerversammlung die Einholung eines gerichtlichen Gutachtens veranlassen zu können, da ihnen damit zahlreiche Entscheidungsmöglichkeiten genommen würden. Im Übrigen unterliege der streitgegenständliche Baum einer regelmäßigen Kontrolle. Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf die Beschwerdeerwiderung vom 29.06.2017 (Bl. 19/24 d.A.) Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 30.06.2017 (Bl. 25/26 d.A.) hat das Amtsgericht München der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten mit Verfügung vom selben Tag dem Landgericht München I vorgelegt. Zur Begründung hat das Amtsgericht München nochmals auf die Ausführungen im angegriffenen Beschluss hingewiesen und erneut ausgeführt, dass ein selbständiges Beweisverfahren zur Prüfung möglichen Instandhaltungs- und Instandsetzungsbedarfs ohne jegliche vorherige Befassung der übrigen Eigentümer gerade nicht der Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten und damit nicht dem Sinn und Zweck von § 485 Abs. 2 S. 2 ZPO diene.

Die zuständige Einzelrichterin hat das Verfahren mit Beschluss vom 20.07.2017 (Bl. 37/39 d.A.), im Rubrum berichtigt durch Beschluss vom 27.07.2017 (Bl. 41/43 d.A.), gemäß § 568 ZPO der Kammer zur Entscheidung übertragen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Die gegen die Ablehnung des Antrags gegen die Antragsgegner zu 1) gerichtete sofortige Beschwerde ist statthaft (§ 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO; Zöller/Herget, ZPO, 30. Auflage, § 490 Rn. 4) und wurde frist- und formgerecht eingelegt, § 569 ZPO.

2. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.

Das Amtsgericht hat dem Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens zu Recht wegen fehlender Vorbefassung der Eigentümerversammlung nicht stattgegeben.

a) Die Frage, ob das wohnungseigentumsrechtliche Vorbefassungsgebot auch im Rahmen eines Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens zwischen Wohnungseigentümern gilt, ist umstritten (dafür: LG München I, Beschluss vom 17.11.2015, Az. 36 T 15903/15; AG Siegburg, Beschluss vom 23.11.2015, Az. 150 H 1/15; a.A.: LG München I, Beschluss vom 25.07.2016, Az: 1 T 10029/16; LG München I, Beschluss vom 18.07.2016, Az: 1 T 7429/16; Briesemeister, IMR 2016, 441; Bub/Bernhard, FD-MietR 2016, 380820).

Nach Auffassung des Beschwerdegerichts bedarf ein Antrag eines Wohnungseigentümers gegen die übrigen Wohnungseigentümer auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens mit dem Ziel, Mängel am Gemeinschaftseigentum festzustellen, in der Regel einer vorherigen Befassung der Eigentümerversammlung mit dem Begehren. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das selbständige Beweisverfahren der Durchsetzung eines Anspruchs auf ordnungsgemäße Verwaltung in Gestalt einer entsprechenden Beschlussfassung der Wohnungseigentümer nach § 21 Abs. 4 bzw. § 21 Abs. 8 WEG dient. Im Falle der fehlenden Vorbefassung der Eigentümerversammlung ist der Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens gemäß § 485 Abs. 2 ZPO nach Auffassung der Kammer mangels Rechtschutzbedürfnisses unzulässig.

aa) Gemäß 485 Abs. 2 Satz 1 ZPO kann eine Partei, wenn ein Rechtsstreit noch nicht anhängig ist, die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen unter anderem beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass der Zustand einer Sache, die Ursache eines Sachschadens oder Sachmangels und/oder der Aufwand für die Beseitigung eines Sachschadens oder Sachmangels festgestellt wird. Nach § 485 Abs. 2 Satz 2 ZPOist ein rechtliches Interesse anzunehmen, wenn die begehrte Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann.

Der Begriff des „rechtlichen Interesses“ ist dabei grundsätzlich weit zu fassen. Insbesondere ist es dem Gericht regelmäßig verwehrt, bereits im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens eine Schlüssigkeits- und Erheblichkeitsprüfung vorzunehmen. Dementsprechend kann ein rechtliches Interesse dann verneint werden, wenn ein Rechtsverhältnis, ein möglicher Prozessgegner oder ein Anspruch nicht ersichtlich ist. Dabei handelt es sich grundsätzlich nur um völlig eindeutige Fälle, in denen evident ist, dass der behauptete Anspruch keinesfalls bestehen kann (BGH, Beschluss vom 16.09.2004, Az. III ZB 33/04, juris Rn. 5). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

bb) Jedoch fehlt einem Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens im Falle fehlender Vorbefassung der Eigentümerversammlung ebenso wie einer Klage das allgemeine Rechtschutzbedürfnis.

Das Rechtschutzbedürfnis für die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens wird im allgemeinen Zivilrecht sehr weit gesehen. Dies beruht auf dem Gedanken, dass auch im Rahmen des Hauptsacheverfahrens, etwa bei entsprechenden Leistungsklagen auf Mängelbeseitigung oder Schadenersatz im Gewährleistungsrecht, der Klagepartei das Rechtschutzbedürfnis nur selten abgesprochen werden kann. Die Klagepartei riskiert im Falle einer fehlenden vorgerichtlichen Leistungsaufforderung so im Wesentlichen die Kostenfolge des § 93 ZPO, nicht jedoch eine Klageabweisung als unzulässig.

Anders liegt es nach Auffassung der Kammer allerdings im Wohnungseigentumsrecht auf Grund des besonderen Gemeinschaftsverhältnisses der Wohnungseigentümer und der hierzu entwickelten Grundsätze der Vorbefassung, welche hier die allgemeinen zivilprozessualen Vorschriften überlagern.

In Sachverhaltskonstellationen, in der es ersichtlich um die Vorbereitung einer entsprechenden Beschlussfassung durch die Wohnungseigentümer geht, hat die fehlende Vorbefassung der Eigentümerversammlung daher nach Auffassung der Kammer zur Folge, dass nicht nur einer Klage im Hauptsacheverfahren, sondern auch einem Antrag auf Durchführung selbständigen Beweisverfahrens das Rechtschutzbedürfnis fehlt.

Das Begehren des Antragstellers ist hier auf die Feststellung von Mängeln im Gemeinschaftseigentum gerichtet. Der Antragsteller hat als Miteigentümer grundsätzlich einen Anspruch auf ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums gemäß §§ 21 Abs. 4, Abs. 5 Nr. 2 WEG. Hierfür sind die Antragsgegner zu 1), die übrigen Wohnungseigentümer, auch passivlegitimiert, da es gemäß § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG Sache der Eigentümer ist, das Gemeinschaftseigentum instand zu halten und instand zu setzen. Inhalt eines gegen die übrigen Eigentümer gerichteten Anspruchs ist daher die Mitwirkung an einer ordnungsmäßigen Verwaltung durch Fassung entsprechender Beschlüsse zur Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums.

Stehen Mängel oder Schäden am Gemeinschaftseigentum im Raum, so ist in der Regel ein zweistufiges Verfahren angezeigt:

(1) Im Rahmen der ersten Stufe sind das Vorliegen der Mängel oder Schäden und die Ursachen desselben umgehend zu ermitteln (BayObLG, NZM 1998, 583; OLG Hamm, OLGZ 1994, 22 ff.; Vandenhouten, in: Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 11. Auflage, § 21 Rn. 70). Der Verwalter ist verpflichtet, das hierzu Erforderliche zu veranlassen, was grundsätzlich die Fassung eines entsprechenden Eigentümerbeschlusses über das weitere Vorgehen, etwa im Wege der Beauftragung eines geeigneten Sachverständigen, bedeuten wird (vgl. zu den Pflichten des Verwalters OLG München, ZWE 2007, 100 ff.).

(2) In einem zweiten Schritt ist dann auf der Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse die Entscheidung der Eigentümer über die erforderlichen Instandsetzungsmaßnahmen vorzubereiten und herbeizuführen.

Auf beiden Stufen ist in der Regel eine Befassung der Eigentümerversammlung und eine entsprechende Beschlussfassung der Wohnungseigentümer nötig, auf nach § 21 Abs. 4 WEG ein Anspruch des einzelnen Wohnungseigentümers besteht, den dieser gerichtlich geltend machen kann.

Einem Antrag, der auf die Ersetzung einer grundsätzlich durch die Eigentümergemeinschaft vorzunehmenden Regelung abzielt, fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn die Eigentümergemeinschaft nicht zuvor mit dem Thema befasst worden ist (OLG Hamm, ZMR 2008, 156 ff.). Soweit es um die Mitwirkung der übrigen Eigentümer an einer ordnungsgemäßen Verwaltung geht, muss sich ein Kläger, wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, vor der Anrufung des Gerichts um die Beschlussfassung in der Versammlung bemühen, weil sonst einer Klage das Rechtsschutzbedürfnis fehlen würde (BGH, NJW 2010, 2129 ff.).

Gleiches gilt nach Auffassung der Kammer für den Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens. Es mag zwar sein, dass durch ein selbständiges Beweisverfahren zur Ermittlung von Mängeln im Gemeinschaftseigentum nicht bereits die Entscheidung über die endgültige Instandsetzungsmaßnahme vorweggenommen wird. Das Beschwerdegericht ist jedoch der Ansicht, dass das Vorbefassungsgebot nicht allein die Maßnahmen der Instandsetzung selbst, sondern ebenfalls vorbereitende Maßnahmen betrifft. Denn den Wohnungseigentümern steht auch ein Ermessen im Rahmen der entsprechenden Vorbereitungsmaßnahmen zu. Dies gilt sowohl hinsichtlich des „Ob“, wie auch des „Wie“ einer möglichen Gutachtenserstellung.

cc) Das Beschwerdegericht verkennt dabei nicht, dass es sich bei dem im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens erholten Gutachten in der Regel nicht um exakt diejenige Maßnahme handelt, welche im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung zu beschließen wäre.

Dies spricht jedoch nach hiesiger Auffassung nicht gegen die Annahme eines Vorbefassungsgebots, sondern vielmehr dafür. Denn nach § 493 Abs. 1 ZPO steht die Beweiserhebung im selbständigen Beweisverfahren einer Beweisaufnahme vor dem Prozessgericht gleich. Mit dem Gutachten aus einem selbständigen Beweisverfahren, welches vom Prozessgericht in einem späteren Klageverfahren von Amts wegen zu verwerten ist, ist der Beweis gesichert und erbracht. Damit geht die Wirkung eines im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens erholten Gutachtens in rechtlicher Hinsicht weit über diejenige eines sog. Privatgutachtens hinaus, welches nur als qualifizierter Parteivortrag in ein späteres Verfahren eingebracht werden kann.

Soweit bereits im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens die Erholung eines Sachverständigengutachtens erfolgt, wird dies in der Regel die Ursachenermittlung der Wohnungseigentümer nicht lediglich ergänzen, sondern ersetzen. Diesen Gedanken hat auch das LG Stuttgart im Rahmen seiner Entscheidung vom 23.04.1999 (Az. 2 T 98/99, Justiz 2000, 88) aufgegriffen und dies als eine Art „Vorwegnahme der Hauptsache“ gewertet. Das selbständige Beweisverfahren tritt hier an die Stelle der eigentlich geschuldeten Verwaltungsmaßnahme. Dabei gibt der Antragsteller die zu beantwortenden Fragen in den Grenzen des § 485 Abs. 2 ZPO einseitig vor. Die Einflussmöglichkeiten der Gegenseite sind hierbei auf die Rüge unzulässiger Beweisfragen bzw. die Stellung von Gegenanträgen, welche sich ebenfalls im Rahmen des § 485 Abs. 2 ZPO halten müssen, beschränkt.

Der Inhalt der im Wege des selbstständigen Beweisverfahrens vorgenommenen Ursachenermittlung ist daher im Verhältnis zu den Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen eines Eigentümerbeschlusses beschränkt. Darüber hinaus wird den Wohnungseigentümern die Entscheidung über die Person des Gutachters und den Umfang der Gutachtenerstellung genommen.

dd) Die Verlagerung der Ursachenermittlung in das selbständige Beweisverfahren bringt auch Probleme im Hinblick auf die Kostenverteilung mit sich. Während die Kosten für ein durch die Gemeinschaft zur Mängelfeststellung eingeholtes Sachverständigengutachten in der Regel nach dem allgemeinen Kostenverteilungsschlüssel zu verteilen wären, würde eine Behandlung als Kosten des Rechtsstreits zu einer Kostenbelastung nur der unterlegenen Partei führen. Dies kann zu unbilligen Ergebnissen führen.

ee) Es ist auch nicht ersichtlich, warum das auf wohnungseigentumsrechtlichen Treue- und Rücksichtnahmepflichten beruhende Gebot der Vorbefassung der Eigentümerversammlung gerade unter Berufung auf eine mögliche Streitvermeidung umgangen werden sollte. Wie bereits ausgeführt, liegt eben hierin der entscheidende Unterschied zum allgemeinen Zivilprozessrecht.

Eine Vorbefassung der Eigentümer dient ebenfalls der Vermeidung unnötiger gerichtlicher Auseinandersetzungen. Erscheint die Vorbefassung im Einzelfall aus bloße Förmelei, weil von vornherein feststeht, dass die Wohnungseigentümer eine Beschlussfassung zur gebotenen Ursachenermittlung ablehnen, so ist das eine andere Frage, die dem grundsätzlichen Gebot einer Vorbefassung nicht entgegensteht.

ff) Die Antragstellerin ist durch das Gebot der Vorbefassung der Eigentümerversammlung auch in ihrem Anspruch auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) auch nicht unbillig eingeschränkt. Dieses Erfordernis wurzelt gerade in der zwischen den Wohnungseigentümern bestehenden Sonderverbindung und schränkt den Zugang zu den Gerichten auch nicht unbillig ein. Soweit die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens zur Beweissicherung erforderlich ist, ist ein solches bereits nach § 485 Abs. 1 ZPO zulässig (so auch LG Stuttgart, Justiz 2000, 88).

gg) Die Kammer verkennt nicht, dass ein Vorgehen im Wege des selbständigen Beweisverfahrens auch für die Gemeinschaft durchaus Vorteile bringt. Es kann eine weitere, gegebenenfalls im Wege eines gerichtlichen Verfahrens erforderliche Begutachtung vermieden werden, was auch zur Kostensenkung führt. Die Begutachtung durch einen vom Gericht bestellten Sachverständigen und die anschließende Verwertung im Prozess kann zur Rechtssicherheit und Verfahrensbeschleunigung beitragen. Dieser WEG steht den Beteiligten jedoch auch nach einer Befassung der Eigentümerversammlung – gegebenenfalls auch einverständlich, § 485 Abs. 1 ZPO – offen.

b) Gründe, warum die grundsätzlich erforderliche Vorbefassung vorliegend ausnahmsweise entbehrlich sein sollte, sind nicht ersichtlich.

Eine Vorbefassung der Gemeinschaft wäre dann entbehrlich, wenn sich diese als unnötige Förmelei darstellen würde; wenn also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden könnte, dass ein Antrag des Antragstellers auf Ursachenfeststellung nicht die erforderliche Mehrheit finden würde (BGH, a.a.O. OLG München, NZM 2007, 132). Anhaltspunkte hierfür bestehen im vorliegenden Fall jedoch nicht.

c) Rechtsfolge der fehlenden Vorbefassung ist daher, dass der Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens mangels Rechtschutzbedürfnisses des Antragstellers unzulässig und die auf Aufhebung der amtsgerichtlichen Entscheidung gerichtete Beschwerde somit als unbegründet zurückzuweisen war.

III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Zwar ist im selbständigen Beweisverfahren grundsätzlich eine Kostenentscheidung nicht veranlasst, weil eine Kostenerstattung nur und erst im Hauptsacheverfahren möglich ist; etwas anderes gilt jedoch im Beschwerdeverfahren (Zöller/Herget, § 490 Rn. 5, OLG Frankfurt, BauR 2015, 725).

2. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 ZPO sind erfüllt.

Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO liegt vor, wenn eine für den vorliegenden Rechtsstreit entscheidungserhebliche Rechtsfrage bisher höchstrichterlich nicht geklärt, klärungsbedürftig und klärungsfähig ist und wenn sie das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, weil sie sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann (vgl. BVerfG, NJW 2009, 572; BGH, NJW 2002, 3029). Im vorliegenden Fall ist eine höchstrichterliche Entscheidung zu der Frage, ob ein Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens eines Wohnungseigentümers gegen die übrigen Eigentümer im Zusammenhang mit behaupteten Mängeln des Gemeinschaftseigentums auch dann zulässig ist, wenn eine Vorbefassung der Eigentümerversammlung insoweit nicht erfolgt ist, noch nicht ergangen; diese Frage ist auch in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen relevant.

Darüber hinaus erfordert auch die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Sinne des § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO die Zulassung der Rechtsbeschwerde, da die Frage sowohl in der Literatur streitig erörtert wird als auch in der Rechtsprechung der Amts- und Landgerichte bereits unterschiedliche Entscheidungen hierzu ergangen sind.

3. Zur Entscheidung berufen war die Kammer, da das Verfahren mit Beschluss vom 19.07.2017 gemäß § 568 ZPO wegen grundsätzlicher Bedeutung auf diese übertragen worden ist.

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2.
deren Kosten sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren.
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(3) Die Kosten anderer als der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten baulichen Veränderungen haben die Wohnungseigentümer, die sie beschlossen haben, nach dem Verhältnis ihrer Anteile (§ 16 Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Ihnen gebühren die Nutzungen entsprechend § 16 Absatz 1.

(4) Ein Wohnungseigentümer, der nicht berechtigt ist, Nutzungen zu ziehen, kann verlangen, dass ihm dies nach billigem Ermessen gegen angemessenen Ausgleich gestattet wird. Für seine Beteiligung an den Nutzungen und Kosten gilt Absatz 3 entsprechend.

(5) Die Wohnungseigentümer können eine abweichende Verteilung der Kosten und Nutzungen beschließen. Durch einen solchen Beschluss dürfen einem Wohnungseigentümer, der nach den vorstehenden Absätzen Kosten nicht zu tragen hat, keine Kosten auferlegt werden.

(1) Während oder außerhalb eines Streitverfahrens kann auf Antrag einer Partei die Einnahme des Augenscheins, die Vernehmung von Zeugen oder die Begutachtung durch einen Sachverständigen angeordnet werden, wenn der Gegner zustimmt oder zu besorgen ist, dass das Beweismittel verloren geht oder seine Benutzung erschwert wird.

(2) Ist ein Rechtsstreit noch nicht anhängig, kann eine Partei die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass

1.
der Zustand einer Person oder der Zustand oder Wert einer Sache,
2.
die Ursache eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels,
3.
der Aufwand für die Beseitigung eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels
festgestellt wird. Ein rechtliches Interesse ist anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann.

(3) Soweit eine Begutachtung bereits gerichtlich angeordnet worden ist, findet eine neue Begutachtung nur statt, wenn die Voraussetzungen des § 412 erfüllt sind.

Das Beschwerdegericht entscheidet durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung, wenn

1.
die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder
2.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.

(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die sofortige Beschwerde ist, soweit keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Beschlusses. Liegen die Erfordernisse der Nichtigkeits- oder der Restitutionsklage vor, so kann die Beschwerde auch nach Ablauf der Notfrist innerhalb der für diese Klagen geltenden Notfristen erhoben werden.

(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.

(3) Die Beschwerde kann auch durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden, wenn

1.
der Rechtsstreit im ersten Rechtszug nicht als Anwaltsprozess zu führen ist oder war,
2.
die Beschwerde die Prozesskostenhilfe betrifft oder
3.
sie von einem Zeugen, Sachverständigen oder Dritten im Sinne der §§ 142, 144 erhoben wird.

Tenor

wird der Antrag der Antragstellerinnen auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerinnen.


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Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Amtsgerichts München vom 01.06.2016, Az. 481 H 7435/16 WEG, aufgehoben und das Amtsgericht angewiesen, einen Beschluss über die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zu den in der Antragsschrift vom 7.4.2016 zu Ziffer 1., 2., 3. und 4. gestellten Beweisfragen zu erholen.

2. Die Auswahl des Sachverständigen und die Entscheidung über die Einholung eines geeigneten Kostenvorschusses für den Sachverständigen obliegt dem Amtsgericht.

3. Die Antragsgegner tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 15.6.2016, bei Gericht eingegangen am 15.6.2016, gegen den Beschluss des Amtsgerichts München vom 1.6.2016, dem Antragsteller zugestellt am 9.6.2016, ist zulässig und in der Sache auch erfolgreich.

Die Voraussetzungen für die Einleitung eines selbstständigen Beweisverfahrens gemäß § 485 II ZPO sind gegeben.

Gemäß § 485 II Satz 1 ZPO kann eine Partei, wenn ein Rechtsstreit noch nicht anhängig ist, die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen u. a. beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass der Zustand einer Sache, die Ursache eines Sachschadens oder Sachmangels und/oder der Aufwand für die Beseitigung eines Sachschadens oder Sachmangels festgestellt wird. Ein rechtliches Interesse ist gemäß § 485 II Satz 2 ZPO anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann. Der Begriff des „rechtlichen Interesses“ ist dabei weit zu fassen. Insbesondere ist es dem Gericht grundsätzlich verwehrt, bereits im Rahmen des selbstständigen Beweisverfahrens eine Schlüssigkeits- und Erheblichkeitsprüfung vorzunehmen. Dementsprechend kann ein rechtliches Interesse dann verneint werden, wenn ein Rechtsverhältnis, ein möglicher Prozessgegner oder ein Anspruch nicht ersichtlich ist. Dabei kann es sich nur um völlig eindeutige Fälle handeln, in denen evident ist, dass der behauptete Anspruch keinesfalls bestehen kann (BGH, Beschluss vom 16.09.2004, Az: III ZB 33/04, juris Rn. 5). Das kann im vorliegenden Fall nicht angenommen werden. Der Antragsteller behauptet hier Mängel am Balkongeländer, einem Fensterrahmen, einem Brandschutzglas und dem Bereich zwischen Fensterbänken und Laibungen in Folge von Fassadensanierungsarbeiten und Malerung der Balkonbrüstungen. Soweit es sich um Sondereigentum handelt, kommt ein Anspruch aus § 14 Nr. 4 WEG in Betracht. Soweit es sich um Gemeinschaftseigentum handelt, ist es gemeinschaftliche Aufgabe der Wohnungseigentümer, gemäß § 21 III, V Nr. 2 WEG für eine ordnungsgemäßen Instandhaltung und Instandsetzung zu sorgen. Vor einer Entscheidung hierüber haben die Eigentümer freilich zunächst zu klären, ob ein Schaden und Sanierungsbedarf überhaupt besteht. Ohne Vorbefassung der Eigentümergemeinschaft kann der einzelne Eigentümer daher nicht unmittelbar gerichtlich vorgehen, um zum Beispiel einen Beschluss der Gemeinschaft ersetzen zu lassen. Das selbstständige Beweisverfahren stellt aber kein solches unmittelbares gerichtliches Geltendmachen eines Anspruchs dar, für welches mangels Vorbefassung das Rechtsschutzbedürfnis fehlt.

Es kann deshalb dahinstehen, ob mit dem Beschluss zu TOP 9a der Eigentümerversammlung vom 29.6.2016 eine hinreichende und vergebliche Vorbefassung zur Beauftragung eines Sachverständigen mit der Mangelfeststellung und -ursachenklärung vorliegen würde.

Denn das selbstständige Beweisverfahren führt nicht zu einer die Entscheidungsautonomonie der Eigentümer übergehenden gerichtlichen Entscheidung. Das Beweisverfahren dient lediglich der Beweissicherung und etwaigen Streitvermeidung.

Die Erholung eines Sachverständigengutachtens zu den von Antragstellerseite behaupteten Schäden kann durchaus dazu dienen, einen Rechtsstreit zu vermeiden. Insbesondere kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass bei Feststellung der Schäden durch den gerichtlich bestellten Sachverständigen die Eigentümer entsprechend reagieren. Ebenso erscheint es naheliegend, dass dann, wenn der Sachverständige die vom Antragsteller behaupteten Mängel und/oder Ursachen nicht bestätigen kann, der Antragsteller von der Einleitung weiterer rechtlicher Schritte und einer etwaigen Klageerhebung absehen wird.

Den Antragsgegnern entsteht durch die Durchführung des selbstständigen Beweisverfahrens auch kein erheblicher Nachteil. Eine Belastung mit Kosten durch das selbstständige Beweisverfahren können sie gegebenenfalls mit einem Antrag nach § 494 a ZPO abwenden. Sie müssten eine Belastung mit Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens dann fürchten, wenn sie tatsächlich erforderliche Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen - und ggfs vorgelagerte Schadens- und Ursachenklärung - zumindest fahrlässig nicht durchgeführt haben bzw. nicht durchführen. In diesem Fall wäre es aber auch nicht unbillig, dass sie mit Kosten belastet werden.

II.

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 97 I ZPO.

Die Rechtsbeschwerde war gemäß § 574 I Satz 1 Nr. 2, II ZPO nicht zuzulassen, da die vorliegende Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erforderlich ist. Es ging um eine reine Einzelfallentscheidung.

(1) Die Kosten einer baulichen Veränderung, die einem Wohnungseigentümer gestattet oder die auf sein Verlangen nach § 20 Absatz 2 durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durchgeführt wurde, hat dieser Wohnungseigentümer zu tragen. Nur ihm gebühren die Nutzungen.

(2) Vorbehaltlich des Absatzes 1 haben alle Wohnungseigentümer die Kosten einer baulichen Veränderung nach dem Verhältnis ihrer Anteile (§ 16 Absatz 1 Satz 2) zu tragen,

1.
die mit mehr als zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen wurde, es sei denn, die bauliche Veränderung ist mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden, oder
2.
deren Kosten sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren.
Für die Nutzungen gilt § 16 Absatz 1.

(3) Die Kosten anderer als der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten baulichen Veränderungen haben die Wohnungseigentümer, die sie beschlossen haben, nach dem Verhältnis ihrer Anteile (§ 16 Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Ihnen gebühren die Nutzungen entsprechend § 16 Absatz 1.

(4) Ein Wohnungseigentümer, der nicht berechtigt ist, Nutzungen zu ziehen, kann verlangen, dass ihm dies nach billigem Ermessen gegen angemessenen Ausgleich gestattet wird. Für seine Beteiligung an den Nutzungen und Kosten gilt Absatz 3 entsprechend.

(5) Die Wohnungseigentümer können eine abweichende Verteilung der Kosten und Nutzungen beschließen. Durch einen solchen Beschluss dürfen einem Wohnungseigentümer, der nach den vorstehenden Absätzen Kosten nicht zu tragen hat, keine Kosten auferlegt werden.

(1) Während oder außerhalb eines Streitverfahrens kann auf Antrag einer Partei die Einnahme des Augenscheins, die Vernehmung von Zeugen oder die Begutachtung durch einen Sachverständigen angeordnet werden, wenn der Gegner zustimmt oder zu besorgen ist, dass das Beweismittel verloren geht oder seine Benutzung erschwert wird.

(2) Ist ein Rechtsstreit noch nicht anhängig, kann eine Partei die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass

1.
der Zustand einer Person oder der Zustand oder Wert einer Sache,
2.
die Ursache eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels,
3.
der Aufwand für die Beseitigung eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels
festgestellt wird. Ein rechtliches Interesse ist anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann.

(3) Soweit eine Begutachtung bereits gerichtlich angeordnet worden ist, findet eine neue Begutachtung nur statt, wenn die Voraussetzungen des § 412 erfüllt sind.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 33/04
vom
16. September 2004
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) In dem selbständigen Beweisverfahren auf Begutachtung durch einen Sachverständigen
(§ 485 Abs. 2 ZPO) ist der Sachvortrag des Antragstellers hinsichtlich des Hauptanspruchs
, zu dessen Geltendmachung die Begutachtung dienen soll, grundsätzlich
nicht auf seine Schlüssigkeit oder Erheblichkeit zu prüfen. Ausnahmen können etwa
gelten, wenn von vornherein ein Rechtsverhältnis, ein möglicher Prozeßgegner oder
ein Anspruch nicht erkennbar ist.

b) Der Streitwert des selbständigen Beweisverfahrens ist mit dem Hauptsachewert oder
mit dem Teil des Hauptsachewertes anzusetzen, auf den sich die Beweiserhebung bezieht.
BGH, Beschluß vom 16. September 2004 - III ZB 33/04 - OLG Schleswig
LG Kiel
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. September 2004 durch
den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr
und Galke

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der Antragsteller werden die Beschlüsse des 16. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 13. April 2004 und der 11. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 21. November 2003 aufgehoben.
Es ist nach Maßgabe der Antragsschrift vom 23. Oktober 2003 Beweis zu erheben.
Die weiter erforderlichen Anordnungen und Maßnahmen werden dem Landgericht übertragen.
Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


Die Antragsteller begehren im selbständigen Beweisverfa hren die Begutachtung von Gebäudemängeln an einem Grundstück, das sie aufgrund des
Zuschlagsbeschlusses vom 30. August 2002 für 195.000 € im Zwangsversteigerungsverfahren erworben haben. Der Antragsgegner, ein von der Industrieund Handelskammer zuK. öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken, hatte zuvor auf Ersuchen des Zwangsversteigerungsgerichts den Verkehrswert des Grundstücks mit 248.000 € ermittelt; in dieser Höhe hatte das Gericht den Wert festgesetzt. Die Antragsteller werfen dem Antragsgegner Fehler bei der Wertermittlung vor, nämlich daß er zahlreiche Gebäudemängel und -schäden unberücksichtigt gelassen habe, deren Beseitigung einen Aufwand von weit mehr als 50.000 € erfordern werde und die sich deshalb deutlich verkehrswertmindernd hätten auswirken müssen.
Das Landgericht hat den auf Einholung eines Sachverständ igengutachtens über die behaupteten Mängel und die Kosten von deren Beseitigung sowie über die Frage, ob das vom Antragsgegner erstellte Wertgutachten zutreffend war oder zu einem niedrigeren Ergebnis hätte führen müssen, gerichteten Antrag zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Antragsteller ist erfolglos geblieben. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen die Antragsteller ihr Begehren weiter.

II.


Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und auch begründet.
1. Die durch das Rechtspflege-Vereinfachungsgesetz vom 17. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2847) mit Wirkung vom 1. April 1991 neu gestalteten Bestim-
mungen über das selbständige Beweisverfahren ermöglichen in § 485 Abs. 2 ZPO eine von einem Beweissicherungsbedürfnis, wie es etwa § 485 Abs. 1 ZPO voraussetzt, unabhängige Erhebung des Sachverständigenbeweises (Zöller /Herget ZPO 24. Aufl. 2004 § 485 Rn. 6 m.w.N.). Voraussetzung ist lediglich, daß der Antragsteller ein rechtliches Interesse an der zu treffenden Feststellung hat; ein solches ist anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann.
2. Der Begriff des "rechtlichen Interesses" ist weit zu fassen. Insbesondere ist es dem Gericht grundsätzlich verwehrt, bereits im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens eine Schlüssigkeits- oder Erheblichkeitsprüfung vorzunehmen. Dementsprechend kann ein rechtliches Interesse dann verneint werden , wenn ein Rechtsverhältnis, ein möglicher Prozeßgegner oder ein Anspruch nicht ersichtlich ist (Zöller/Herget aaO Rn. 7a m.w.N.). Dabei kann es sich nur um völlig eindeutige Fälle handeln, in denen evident ist, daß der behauptete Anspruch keinesfalls bestehen kann (vgl. OLG Köln NJW-RR 1996, 573, 574; OLG Düsseldorf NJW-RR 2001, 1725, 1726).
3. Das Beschwerdegericht meint, ein rechtliches Interesse fehle bereits dann, wenn eine Anspruchsgrundlage für den behaupteten Schadensersatzanspruch zwar theoretisch denkbar, aber offensichtlich nicht gegeben sei. Eine derartige Fallkonstellation liege hier vor.
4. Darin vermag der Senat dem Beschwerdegericht nicht zu folgen. Eine ganz offensichtliche Aussichtslosigkeit des Rechtsschutzbegehrens, zu dessen Vorbereitung das hier in Rede stehende selbständige Beweisverfahren dienen soll, kann hier nicht festgestellt werden.


a) Die Antragsteller berühmen sich eines Anspruchs gegen den Antragsgegner , weil dieser als gerichtlich bestellter Sachverständiger in einem Zwangsversteigerungsverfahren grob fahrlässig ein Wertgutachten falsch erstellt habe. Es seien gröbste Mängel des Hauses übersehen worden, so daß ein Wert von 248.000 € statt richtigerweise von allenfalls 190.000 € ermittelt worden sei. Das Amtsgericht habe den Verkehrswert auf der Basis des falschen Gutachtens mit 248.000 € festgesetzt, woraufhin sie, die Antragsteller, das Grundstück für 195.500 € ersteigert hätten. Wäre der Verkehrswert aufgrund eines zutreffenden Wertgutachtens mit etwa 190.000 € festgesetzt worden , hätten sie das Grundstück für einen beträchtlich niedrigeren Betrag als 195.000 € ersteigert.

b) Auf der Grundlage dieses Vorbringens hat das Beschwer degericht einen Schadensersatzanspruch der Antragsteller gegen den Antragsgegner nach § 839a BGB in Betracht gezogen. Diese Bestimmung ist durch das Zweite Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 1 9. Juli 2002 (BGBl. I S. 2674) in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt worden und schafft eine systematisch im Umfeld der Amtshaftung angesiedelte Haftung des gerichtlichen Sachverständigen für solche Schäden, die einem Verfahrensbeteiligten durch eine gerichtliche Entscheidung entstehen, die auf einem vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtigen Gutachten beruht. Das Beschwerdegericht geht auch zutreffend davon aus, daß das hier in Rede stehende Schadensereignis - die Ersteigerung des Grundstücks - zeitlich in den Geltungsbereich dieser Bestimmung fallen kann, da es nach dem 31. Juli 2002 eingetreten ist (Art. 229 § 8 Abs. 1 EGBGB).

c) Das Beschwerdegericht meint, eine Haftung des Antragsg egners wegen des behaupteten Fehlers nach § 839a BGB scheide schon deshalb aus, weil die gerichtliche Entscheidung, nämlich der Zuschlag vom 30. August 2002, nicht auf dem angeblich falschen Wertgutachten beruhe. Das Wertfestsetzungsverfahren nach dem ZVG sei als selbständiges Nebenverfahren ausgestaltet. Der Zuschlagsbeschluß werde nicht dadurch materiell unrichtig, daß zuvor der Wert des Grundstücks falsch festgesetzt worden sei. § 74a Abs. 5 Satz 4 ZVG schließe eine Anfechtung des Zuschlags wegen einer unrichtigen, aber rechtskräftigen Wertfestsetzung ausdrücklich aus. Folglich beruhe lediglich der rechtskräftige Wertfestsetzungsbeschluß, nicht aber der Zuschlagsbeschluß auf dem angeblich falschen Wertgutachten des Antragsgegners. Erst der Zuschlagsbeschluß könne aber zu einem Schaden der Antragsteller geführt haben.

d) Mit dieser Argumentation verläßt das Beschwerdegerich t die ihm im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens zustehende eingeschränkte Prüfungskompetenz , ob ein rechtliches Interesse der Antragsteller an der begehrten Tatsachenfeststellung anzunehmen ist. Die vom Berufungsgericht erörterten Gesichtspunkte betreffen rechtsgrundsätzliche Fragen zum Umfang der Haftung des gerichtlichen Sachverständigen nach § 839a BGB. Dementsprechend hat auch der Bundesgerichtshof in zwei noch zum früheren Recht ergangenen Entscheidungen für vergleichbare Fallkonstellationen in Betracht gezogen, daß nach neuem Recht eine Haftung des gerichtlichen Sachverständigen nach § 839a BGB eintreten könne (Senatsurteil vom 6. Februar 2003 - III ZR 44/02 = VersR 2003, 1535, 1536; Urteil des VI. Zivilsenats vom 20. Mai 2003 - VI ZR 312/02 = NJW 2003, 2825, 2826 = VersR 2003, 1049, 1050). Das selbständige Beweisverfahren ist - wie die Rechtsbeschwerde mit Recht rügt -
nicht dazu geeignet, diese Fragen abschließend zu entscheiden; vielmehr nimmt der angefochtene Beschluß in unzulässiger Weise die Hauptsache vorweg.
5. Die Sachentscheidungen beider Vorinstanzen können daher keinen Bestand haben. Der Senat macht von der ihm durch § 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO eingeräumten Befugnis, in der Sache zu entscheiden, insoweit Gebrauch, als er die Anordnung trifft, daß die beantragte Beweisaufnahme durchzuführen ist. Die weiter erforderlichen Maßnahmen werden gemäß § 572 Abs. 3 ZPO dem Landgericht als dem Gericht des ersten Rechtszuges übertragen.

III.


Der Senat bemißt den Streitwert für das Rechtsbeschwerd everfahren nach dem vollen mutmaßlichen Hauptsachewert, hier also nach dem in der Antragsschrift angegebenen Minderwert des Grundstücks von 50.000 €.
1. Die Frage nach dem Streitwert des selbständigen Beweisverfahrens ist in der Rechtsprechung, insbesondere derjenigen der Oberlandesgerichte, umstritten. Die weit überwiegende Meinung bemißt ihn nach dem vollen Hauptsachewert ; dem stimmt das Schrifttum nahezu einmütig zu. Einige Oberlandesgerichte setzen dagegen nur einen Bruchteil des Hauptsachewertes an (umfassende Darstellung des Meinungsstandes bei Zöller/Herget aaO § 3 Rn. 16 Stichwort: "Selbständiges Beweisverfahren"). Auch das Beschwerdegericht teilt diese letztere Auffassung und hat im vorliegenden Fall den Streitwert daher auf
die Hälfte des von den Antragstellern angegebenen Minderwerts, d.h. auf 25.000 €, festgesetzt.
2. Der Senat entscheidet diese Streitfrage nunmehr im Sinne der herrschenden Meinung.

a) Die unterschiedlichen Positionen treten besonders char akteristisch einerseits in dem Beschluß des OLG Köln, NJW-RR 1994, 761 f - voller Hauptsachewert -, andererseits in dem Beschluß des OLG Schleswig (des jetzigen Beschwerdegerichts), SchlHA 2003, 257 ff - in der Regel die Hälfte des Hauptsachewertes - zutage. Das OLG Schleswig erblickt das zentrale Argument für den Abschlag darin, daß der Antrag gerade nicht auf Verurteilung zur Zahlung einer bestimmten Geldsumme, sondern auf Feststellung von Tatsachen und die Ermittlung von Grundlagen für einen möglichen künftigen Prozeß gerichtet sei. Es liege auf der Hand, daß dieses Verfahren keinen höheren Wert haben könne als eine statt des Beweisverfahrens angestrengte Feststellungsklage mit gleichem Ziel. Würde in deren Rahmen Beweis erhoben, bestünde kein Streit, daß sich die Beweisgebühr nach dem bei Feststellungsklagen ermäßigten Hauptsachewert richte, obwohl eine erfolgreiche Feststellungsklage wegen der mit dem Feststellungsurteil verbundenen Rechtskraftwirkung ein ungleich höheres wirtschaftliches Gewicht hätte als eine im Sinne des Antragstellers erfolgreiche Beweisaufnahme im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens.

b) Dem hält das Oberlandesgericht Köln jedoch mit Recht entgegen, daß das selbständige Beweisverfahren nach der gesetzlichen Neuregelung als vorweggenommener Teil des späteren Hauptsacheverfahrens anzusehen ist. Dies
ergibt sich mit besonderer Deutlichkeit aus dem Verwertungsgebot des § 493 Abs. 1 ZPO, wonach die selbständige Beweiserhebung einer Beweisaufnahme vor dem Prozeßgericht gleichsteht. Sie dient damit nicht der Verfolgung eines im Verhältnis dazu geringeren Rechtsschutzziels. Es kommt nicht darauf an, daß das selbständige Beweisverfahren nicht als solches auf die Schaffung eines Titels ausgerichtet ist (was wegen § 492 Abs. 3 ZPO auch nur mit Einschränkungen richtig ist), sondern darauf, daß es bestimmt und geeignet ist, in einem solchen Verfahren verwendet zu werden. Dem schließt sich der Senat an.
3. Dabei ist der vom Antragsteller bei Verfahrenseinleitung geschätzte Wert (§ 23 GKG a.F.; § 61 GKG n.F.) weder bindend noch maßgeblich; das Gericht hat nach Einholung des Gutachtens den "richtigen" Hauptsachewert, bezogen auf den Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung und das Interesse des Antragstellers, festzusetzen (OLG Hamburg NJW-RR 2000, 827, 828; Zöller /Herget aaO m.w.N.). Dies kann beispielsweise bedeuten, daß dann, wenn im Beweisverfahren nicht alle behaupteten Mängel bestätigt werden, für die Streitwertfestsetzung diejenigen Kosten zu schätzen sind, die sich ergeben hätten, wenn jene Mängel festgestellt worden wären (OLG Jena OLG-Report 2001, 132). Für das jetzige Rechtsbeschwerdeverfahren hat es indessen - mangels entgegengesetzter Anhaltspunkte - bei den Angaben der Antragsteller als Grundlage für die Wertfestsetzung zu verbleiben.
Schlick Wurm Kapsa
Dörr Galke

Hat der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben, so fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt.

(1) Die Kosten einer baulichen Veränderung, die einem Wohnungseigentümer gestattet oder die auf sein Verlangen nach § 20 Absatz 2 durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durchgeführt wurde, hat dieser Wohnungseigentümer zu tragen. Nur ihm gebühren die Nutzungen.

(2) Vorbehaltlich des Absatzes 1 haben alle Wohnungseigentümer die Kosten einer baulichen Veränderung nach dem Verhältnis ihrer Anteile (§ 16 Absatz 1 Satz 2) zu tragen,

1.
die mit mehr als zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen wurde, es sei denn, die bauliche Veränderung ist mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden, oder
2.
deren Kosten sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren.
Für die Nutzungen gilt § 16 Absatz 1.

(3) Die Kosten anderer als der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten baulichen Veränderungen haben die Wohnungseigentümer, die sie beschlossen haben, nach dem Verhältnis ihrer Anteile (§ 16 Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Ihnen gebühren die Nutzungen entsprechend § 16 Absatz 1.

(4) Ein Wohnungseigentümer, der nicht berechtigt ist, Nutzungen zu ziehen, kann verlangen, dass ihm dies nach billigem Ermessen gegen angemessenen Ausgleich gestattet wird. Für seine Beteiligung an den Nutzungen und Kosten gilt Absatz 3 entsprechend.

(5) Die Wohnungseigentümer können eine abweichende Verteilung der Kosten und Nutzungen beschließen. Durch einen solchen Beschluss dürfen einem Wohnungseigentümer, der nach den vorstehenden Absätzen Kosten nicht zu tragen hat, keine Kosten auferlegt werden.

(1) Beruft sich eine Partei im Prozess auf Tatsachen, über die selbständig Beweis erhoben worden ist, so steht die selbständige Beweiserhebung einer Beweisaufnahme vor dem Prozessgericht gleich.

(2) War der Gegner in einem Termin im selbständigen Beweisverfahren nicht erschienen, so kann das Ergebnis nur benutzt werden, wenn der Gegner rechtzeitig geladen war.

(1) Während oder außerhalb eines Streitverfahrens kann auf Antrag einer Partei die Einnahme des Augenscheins, die Vernehmung von Zeugen oder die Begutachtung durch einen Sachverständigen angeordnet werden, wenn der Gegner zustimmt oder zu besorgen ist, dass das Beweismittel verloren geht oder seine Benutzung erschwert wird.

(2) Ist ein Rechtsstreit noch nicht anhängig, kann eine Partei die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass

1.
der Zustand einer Person oder der Zustand oder Wert einer Sache,
2.
die Ursache eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels,
3.
der Aufwand für die Beseitigung eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels
festgestellt wird. Ein rechtliches Interesse ist anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann.

(3) Soweit eine Begutachtung bereits gerichtlich angeordnet worden ist, findet eine neue Begutachtung nur statt, wenn die Voraussetzungen des § 412 erfüllt sind.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Während oder außerhalb eines Streitverfahrens kann auf Antrag einer Partei die Einnahme des Augenscheins, die Vernehmung von Zeugen oder die Begutachtung durch einen Sachverständigen angeordnet werden, wenn der Gegner zustimmt oder zu besorgen ist, dass das Beweismittel verloren geht oder seine Benutzung erschwert wird.

(2) Ist ein Rechtsstreit noch nicht anhängig, kann eine Partei die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass

1.
der Zustand einer Person oder der Zustand oder Wert einer Sache,
2.
die Ursache eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels,
3.
der Aufwand für die Beseitigung eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels
festgestellt wird. Ein rechtliches Interesse ist anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann.

(3) Soweit eine Begutachtung bereits gerichtlich angeordnet worden ist, findet eine neue Begutachtung nur statt, wenn die Voraussetzungen des § 412 erfüllt sind.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

Das Beschwerdegericht entscheidet durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung, wenn

1.
die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder
2.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.