vorgehend
Amtsgericht München, 481 H 7435/1, 01.06.2016

Gericht

Landgericht München I

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Amtsgerichts München vom 01.06.2016, Az. 481 H 7435/16 WEG, aufgehoben und das Amtsgericht angewiesen, einen Beschluss über die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zu den in der Antragsschrift vom 7.4.2016 zu Ziffer 1., 2., 3. und 4. gestellten Beweisfragen zu erholen.

2. Die Auswahl des Sachverständigen und die Entscheidung über die Einholung eines geeigneten Kostenvorschusses für den Sachverständigen obliegt dem Amtsgericht.

3. Die Antragsgegner tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 15.6.2016, bei Gericht eingegangen am 15.6.2016, gegen den Beschluss des Amtsgerichts München vom 1.6.2016, dem Antragsteller zugestellt am 9.6.2016, ist zulässig und in der Sache auch erfolgreich.

Die Voraussetzungen für die Einleitung eines selbstständigen Beweisverfahrens gemäß § 485 II ZPO sind gegeben.

Gemäß § 485 II Satz 1 ZPO kann eine Partei, wenn ein Rechtsstreit noch nicht anhängig ist, die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen u. a. beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass der Zustand einer Sache, die Ursache eines Sachschadens oder Sachmangels und/oder der Aufwand für die Beseitigung eines Sachschadens oder Sachmangels festgestellt wird. Ein rechtliches Interesse ist gemäß § 485 II Satz 2 ZPO anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann. Der Begriff des „rechtlichen Interesses“ ist dabei weit zu fassen. Insbesondere ist es dem Gericht grundsätzlich verwehrt, bereits im Rahmen des selbstständigen Beweisverfahrens eine Schlüssigkeits- und Erheblichkeitsprüfung vorzunehmen. Dementsprechend kann ein rechtliches Interesse dann verneint werden, wenn ein Rechtsverhältnis, ein möglicher Prozessgegner oder ein Anspruch nicht ersichtlich ist. Dabei kann es sich nur um völlig eindeutige Fälle handeln, in denen evident ist, dass der behauptete Anspruch keinesfalls bestehen kann (BGH, Beschluss vom 16.09.2004, Az: III ZB 33/04, juris Rn. 5). Das kann im vorliegenden Fall nicht angenommen werden. Der Antragsteller behauptet hier Mängel am Balkongeländer, einem Fensterrahmen, einem Brandschutzglas und dem Bereich zwischen Fensterbänken und Laibungen in Folge von Fassadensanierungsarbeiten und Malerung der Balkonbrüstungen. Soweit es sich um Sondereigentum handelt, kommt ein Anspruch aus § 14 Nr. 4 WEG in Betracht. Soweit es sich um Gemeinschaftseigentum handelt, ist es gemeinschaftliche Aufgabe der Wohnungseigentümer, gemäß § 21 III, V Nr. 2 WEG für eine ordnungsgemäßen Instandhaltung und Instandsetzung zu sorgen. Vor einer Entscheidung hierüber haben die Eigentümer freilich zunächst zu klären, ob ein Schaden und Sanierungsbedarf überhaupt besteht. Ohne Vorbefassung der Eigentümergemeinschaft kann der einzelne Eigentümer daher nicht unmittelbar gerichtlich vorgehen, um zum Beispiel einen Beschluss der Gemeinschaft ersetzen zu lassen. Das selbstständige Beweisverfahren stellt aber kein solches unmittelbares gerichtliches Geltendmachen eines Anspruchs dar, für welches mangels Vorbefassung das Rechtsschutzbedürfnis fehlt.

Es kann deshalb dahinstehen, ob mit dem Beschluss zu TOP 9a der Eigentümerversammlung vom 29.6.2016 eine hinreichende und vergebliche Vorbefassung zur Beauftragung eines Sachverständigen mit der Mangelfeststellung und -ursachenklärung vorliegen würde.

Denn das selbstständige Beweisverfahren führt nicht zu einer die Entscheidungsautonomonie der Eigentümer übergehenden gerichtlichen Entscheidung. Das Beweisverfahren dient lediglich der Beweissicherung und etwaigen Streitvermeidung.

Die Erholung eines Sachverständigengutachtens zu den von Antragstellerseite behaupteten Schäden kann durchaus dazu dienen, einen Rechtsstreit zu vermeiden. Insbesondere kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass bei Feststellung der Schäden durch den gerichtlich bestellten Sachverständigen die Eigentümer entsprechend reagieren. Ebenso erscheint es naheliegend, dass dann, wenn der Sachverständige die vom Antragsteller behaupteten Mängel und/oder Ursachen nicht bestätigen kann, der Antragsteller von der Einleitung weiterer rechtlicher Schritte und einer etwaigen Klageerhebung absehen wird.

Den Antragsgegnern entsteht durch die Durchführung des selbstständigen Beweisverfahrens auch kein erheblicher Nachteil. Eine Belastung mit Kosten durch das selbstständige Beweisverfahren können sie gegebenenfalls mit einem Antrag nach § 494 a ZPO abwenden. Sie müssten eine Belastung mit Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens dann fürchten, wenn sie tatsächlich erforderliche Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen - und ggfs vorgelagerte Schadens- und Ursachenklärung - zumindest fahrlässig nicht durchgeführt haben bzw. nicht durchführen. In diesem Fall wäre es aber auch nicht unbillig, dass sie mit Kosten belastet werden.

II.

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 97 I ZPO.

Die Rechtsbeschwerde war gemäß § 574 I Satz 1 Nr. 2, II ZPO nicht zuzulassen, da die vorliegende Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erforderlich ist. Es ging um eine reine Einzelfallentscheidung.

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 131/17 vom 14. März 2018 in dem selbständigen Beweisverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 485; WEG § 21 Abs. 4 und Abs. 5 Nr. 2 Die Durchführung eines gegen die übrigen Wohnungse

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 33/04
vom
16. September 2004
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) In dem selbständigen Beweisverfahren auf Begutachtung durch einen Sachverständigen
(§ 485 Abs. 2 ZPO) ist der Sachvortrag des Antragstellers hinsichtlich des Hauptanspruchs
, zu dessen Geltendmachung die Begutachtung dienen soll, grundsätzlich
nicht auf seine Schlüssigkeit oder Erheblichkeit zu prüfen. Ausnahmen können etwa
gelten, wenn von vornherein ein Rechtsverhältnis, ein möglicher Prozeßgegner oder
ein Anspruch nicht erkennbar ist.

b) Der Streitwert des selbständigen Beweisverfahrens ist mit dem Hauptsachewert oder
mit dem Teil des Hauptsachewertes anzusetzen, auf den sich die Beweiserhebung bezieht.
BGH, Beschluß vom 16. September 2004 - III ZB 33/04 - OLG Schleswig
LG Kiel
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. September 2004 durch
den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr
und Galke

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der Antragsteller werden die Beschlüsse des 16. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 13. April 2004 und der 11. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 21. November 2003 aufgehoben.
Es ist nach Maßgabe der Antragsschrift vom 23. Oktober 2003 Beweis zu erheben.
Die weiter erforderlichen Anordnungen und Maßnahmen werden dem Landgericht übertragen.
Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


Die Antragsteller begehren im selbständigen Beweisverfa hren die Begutachtung von Gebäudemängeln an einem Grundstück, das sie aufgrund des
Zuschlagsbeschlusses vom 30. August 2002 für 195.000 € im Zwangsversteigerungsverfahren erworben haben. Der Antragsgegner, ein von der Industrieund Handelskammer zuK. öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken, hatte zuvor auf Ersuchen des Zwangsversteigerungsgerichts den Verkehrswert des Grundstücks mit 248.000 € ermittelt; in dieser Höhe hatte das Gericht den Wert festgesetzt. Die Antragsteller werfen dem Antragsgegner Fehler bei der Wertermittlung vor, nämlich daß er zahlreiche Gebäudemängel und -schäden unberücksichtigt gelassen habe, deren Beseitigung einen Aufwand von weit mehr als 50.000 € erfordern werde und die sich deshalb deutlich verkehrswertmindernd hätten auswirken müssen.
Das Landgericht hat den auf Einholung eines Sachverständ igengutachtens über die behaupteten Mängel und die Kosten von deren Beseitigung sowie über die Frage, ob das vom Antragsgegner erstellte Wertgutachten zutreffend war oder zu einem niedrigeren Ergebnis hätte führen müssen, gerichteten Antrag zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Antragsteller ist erfolglos geblieben. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen die Antragsteller ihr Begehren weiter.

II.


Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und auch begründet.
1. Die durch das Rechtspflege-Vereinfachungsgesetz vom 17. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2847) mit Wirkung vom 1. April 1991 neu gestalteten Bestim-
mungen über das selbständige Beweisverfahren ermöglichen in § 485 Abs. 2 ZPO eine von einem Beweissicherungsbedürfnis, wie es etwa § 485 Abs. 1 ZPO voraussetzt, unabhängige Erhebung des Sachverständigenbeweises (Zöller /Herget ZPO 24. Aufl. 2004 § 485 Rn. 6 m.w.N.). Voraussetzung ist lediglich, daß der Antragsteller ein rechtliches Interesse an der zu treffenden Feststellung hat; ein solches ist anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann.
2. Der Begriff des "rechtlichen Interesses" ist weit zu fassen. Insbesondere ist es dem Gericht grundsätzlich verwehrt, bereits im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens eine Schlüssigkeits- oder Erheblichkeitsprüfung vorzunehmen. Dementsprechend kann ein rechtliches Interesse dann verneint werden , wenn ein Rechtsverhältnis, ein möglicher Prozeßgegner oder ein Anspruch nicht ersichtlich ist (Zöller/Herget aaO Rn. 7a m.w.N.). Dabei kann es sich nur um völlig eindeutige Fälle handeln, in denen evident ist, daß der behauptete Anspruch keinesfalls bestehen kann (vgl. OLG Köln NJW-RR 1996, 573, 574; OLG Düsseldorf NJW-RR 2001, 1725, 1726).
3. Das Beschwerdegericht meint, ein rechtliches Interesse fehle bereits dann, wenn eine Anspruchsgrundlage für den behaupteten Schadensersatzanspruch zwar theoretisch denkbar, aber offensichtlich nicht gegeben sei. Eine derartige Fallkonstellation liege hier vor.
4. Darin vermag der Senat dem Beschwerdegericht nicht zu folgen. Eine ganz offensichtliche Aussichtslosigkeit des Rechtsschutzbegehrens, zu dessen Vorbereitung das hier in Rede stehende selbständige Beweisverfahren dienen soll, kann hier nicht festgestellt werden.


a) Die Antragsteller berühmen sich eines Anspruchs gegen den Antragsgegner , weil dieser als gerichtlich bestellter Sachverständiger in einem Zwangsversteigerungsverfahren grob fahrlässig ein Wertgutachten falsch erstellt habe. Es seien gröbste Mängel des Hauses übersehen worden, so daß ein Wert von 248.000 € statt richtigerweise von allenfalls 190.000 € ermittelt worden sei. Das Amtsgericht habe den Verkehrswert auf der Basis des falschen Gutachtens mit 248.000 € festgesetzt, woraufhin sie, die Antragsteller, das Grundstück für 195.500 € ersteigert hätten. Wäre der Verkehrswert aufgrund eines zutreffenden Wertgutachtens mit etwa 190.000 € festgesetzt worden , hätten sie das Grundstück für einen beträchtlich niedrigeren Betrag als 195.000 € ersteigert.

b) Auf der Grundlage dieses Vorbringens hat das Beschwer degericht einen Schadensersatzanspruch der Antragsteller gegen den Antragsgegner nach § 839a BGB in Betracht gezogen. Diese Bestimmung ist durch das Zweite Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 1 9. Juli 2002 (BGBl. I S. 2674) in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt worden und schafft eine systematisch im Umfeld der Amtshaftung angesiedelte Haftung des gerichtlichen Sachverständigen für solche Schäden, die einem Verfahrensbeteiligten durch eine gerichtliche Entscheidung entstehen, die auf einem vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtigen Gutachten beruht. Das Beschwerdegericht geht auch zutreffend davon aus, daß das hier in Rede stehende Schadensereignis - die Ersteigerung des Grundstücks - zeitlich in den Geltungsbereich dieser Bestimmung fallen kann, da es nach dem 31. Juli 2002 eingetreten ist (Art. 229 § 8 Abs. 1 EGBGB).

c) Das Beschwerdegericht meint, eine Haftung des Antragsg egners wegen des behaupteten Fehlers nach § 839a BGB scheide schon deshalb aus, weil die gerichtliche Entscheidung, nämlich der Zuschlag vom 30. August 2002, nicht auf dem angeblich falschen Wertgutachten beruhe. Das Wertfestsetzungsverfahren nach dem ZVG sei als selbständiges Nebenverfahren ausgestaltet. Der Zuschlagsbeschluß werde nicht dadurch materiell unrichtig, daß zuvor der Wert des Grundstücks falsch festgesetzt worden sei. § 74a Abs. 5 Satz 4 ZVG schließe eine Anfechtung des Zuschlags wegen einer unrichtigen, aber rechtskräftigen Wertfestsetzung ausdrücklich aus. Folglich beruhe lediglich der rechtskräftige Wertfestsetzungsbeschluß, nicht aber der Zuschlagsbeschluß auf dem angeblich falschen Wertgutachten des Antragsgegners. Erst der Zuschlagsbeschluß könne aber zu einem Schaden der Antragsteller geführt haben.

d) Mit dieser Argumentation verläßt das Beschwerdegerich t die ihm im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens zustehende eingeschränkte Prüfungskompetenz , ob ein rechtliches Interesse der Antragsteller an der begehrten Tatsachenfeststellung anzunehmen ist. Die vom Berufungsgericht erörterten Gesichtspunkte betreffen rechtsgrundsätzliche Fragen zum Umfang der Haftung des gerichtlichen Sachverständigen nach § 839a BGB. Dementsprechend hat auch der Bundesgerichtshof in zwei noch zum früheren Recht ergangenen Entscheidungen für vergleichbare Fallkonstellationen in Betracht gezogen, daß nach neuem Recht eine Haftung des gerichtlichen Sachverständigen nach § 839a BGB eintreten könne (Senatsurteil vom 6. Februar 2003 - III ZR 44/02 = VersR 2003, 1535, 1536; Urteil des VI. Zivilsenats vom 20. Mai 2003 - VI ZR 312/02 = NJW 2003, 2825, 2826 = VersR 2003, 1049, 1050). Das selbständige Beweisverfahren ist - wie die Rechtsbeschwerde mit Recht rügt -
nicht dazu geeignet, diese Fragen abschließend zu entscheiden; vielmehr nimmt der angefochtene Beschluß in unzulässiger Weise die Hauptsache vorweg.
5. Die Sachentscheidungen beider Vorinstanzen können daher keinen Bestand haben. Der Senat macht von der ihm durch § 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO eingeräumten Befugnis, in der Sache zu entscheiden, insoweit Gebrauch, als er die Anordnung trifft, daß die beantragte Beweisaufnahme durchzuführen ist. Die weiter erforderlichen Maßnahmen werden gemäß § 572 Abs. 3 ZPO dem Landgericht als dem Gericht des ersten Rechtszuges übertragen.

III.


Der Senat bemißt den Streitwert für das Rechtsbeschwerd everfahren nach dem vollen mutmaßlichen Hauptsachewert, hier also nach dem in der Antragsschrift angegebenen Minderwert des Grundstücks von 50.000 €.
1. Die Frage nach dem Streitwert des selbständigen Beweisverfahrens ist in der Rechtsprechung, insbesondere derjenigen der Oberlandesgerichte, umstritten. Die weit überwiegende Meinung bemißt ihn nach dem vollen Hauptsachewert ; dem stimmt das Schrifttum nahezu einmütig zu. Einige Oberlandesgerichte setzen dagegen nur einen Bruchteil des Hauptsachewertes an (umfassende Darstellung des Meinungsstandes bei Zöller/Herget aaO § 3 Rn. 16 Stichwort: "Selbständiges Beweisverfahren"). Auch das Beschwerdegericht teilt diese letztere Auffassung und hat im vorliegenden Fall den Streitwert daher auf
die Hälfte des von den Antragstellern angegebenen Minderwerts, d.h. auf 25.000 €, festgesetzt.
2. Der Senat entscheidet diese Streitfrage nunmehr im Sinne der herrschenden Meinung.

a) Die unterschiedlichen Positionen treten besonders char akteristisch einerseits in dem Beschluß des OLG Köln, NJW-RR 1994, 761 f - voller Hauptsachewert -, andererseits in dem Beschluß des OLG Schleswig (des jetzigen Beschwerdegerichts), SchlHA 2003, 257 ff - in der Regel die Hälfte des Hauptsachewertes - zutage. Das OLG Schleswig erblickt das zentrale Argument für den Abschlag darin, daß der Antrag gerade nicht auf Verurteilung zur Zahlung einer bestimmten Geldsumme, sondern auf Feststellung von Tatsachen und die Ermittlung von Grundlagen für einen möglichen künftigen Prozeß gerichtet sei. Es liege auf der Hand, daß dieses Verfahren keinen höheren Wert haben könne als eine statt des Beweisverfahrens angestrengte Feststellungsklage mit gleichem Ziel. Würde in deren Rahmen Beweis erhoben, bestünde kein Streit, daß sich die Beweisgebühr nach dem bei Feststellungsklagen ermäßigten Hauptsachewert richte, obwohl eine erfolgreiche Feststellungsklage wegen der mit dem Feststellungsurteil verbundenen Rechtskraftwirkung ein ungleich höheres wirtschaftliches Gewicht hätte als eine im Sinne des Antragstellers erfolgreiche Beweisaufnahme im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens.

b) Dem hält das Oberlandesgericht Köln jedoch mit Recht entgegen, daß das selbständige Beweisverfahren nach der gesetzlichen Neuregelung als vorweggenommener Teil des späteren Hauptsacheverfahrens anzusehen ist. Dies
ergibt sich mit besonderer Deutlichkeit aus dem Verwertungsgebot des § 493 Abs. 1 ZPO, wonach die selbständige Beweiserhebung einer Beweisaufnahme vor dem Prozeßgericht gleichsteht. Sie dient damit nicht der Verfolgung eines im Verhältnis dazu geringeren Rechtsschutzziels. Es kommt nicht darauf an, daß das selbständige Beweisverfahren nicht als solches auf die Schaffung eines Titels ausgerichtet ist (was wegen § 492 Abs. 3 ZPO auch nur mit Einschränkungen richtig ist), sondern darauf, daß es bestimmt und geeignet ist, in einem solchen Verfahren verwendet zu werden. Dem schließt sich der Senat an.
3. Dabei ist der vom Antragsteller bei Verfahrenseinleitung geschätzte Wert (§ 23 GKG a.F.; § 61 GKG n.F.) weder bindend noch maßgeblich; das Gericht hat nach Einholung des Gutachtens den "richtigen" Hauptsachewert, bezogen auf den Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung und das Interesse des Antragstellers, festzusetzen (OLG Hamburg NJW-RR 2000, 827, 828; Zöller /Herget aaO m.w.N.). Dies kann beispielsweise bedeuten, daß dann, wenn im Beweisverfahren nicht alle behaupteten Mängel bestätigt werden, für die Streitwertfestsetzung diejenigen Kosten zu schätzen sind, die sich ergeben hätten, wenn jene Mängel festgestellt worden wären (OLG Jena OLG-Report 2001, 132). Für das jetzige Rechtsbeschwerdeverfahren hat es indessen - mangels entgegengesetzter Anhaltspunkte - bei den Angaben der Antragsteller als Grundlage für die Wertfestsetzung zu verbleiben.
Schlick Wurm Kapsa
Dörr Galke

(1) Jeder Wohnungseigentümer ist gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verpflichtet,

1.
die gesetzlichen Regelungen, Vereinbarungen und Beschlüsse einzuhalten und
2.
das Betreten seines Sondereigentums und andere Einwirkungen auf dieses und das gemeinschaftliche Eigentum zu dulden, die den Vereinbarungen oder Beschlüssen entsprechen oder, wenn keine entsprechenden Vereinbarungen oder Beschlüsse bestehen, aus denen ihm über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus kein Nachteil erwächst.

(2) Jeder Wohnungseigentümer ist gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern verpflichtet,

1.
deren Sondereigentum nicht über das in Absatz 1 Nummer 2 bestimmte Maß hinaus zu beeinträchtigen und
2.
Einwirkungen nach Maßgabe des Absatzes 1 Nummer 2 zu dulden.

(3) Hat der Wohnungseigentümer eine Einwirkung zu dulden, die über das zumutbare Maß hinausgeht, kann er einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen.