Landgericht Köln Urteil, 02. Nov. 2016 - 28 O 249/15
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, wobei die Ordnungshaft insgesamt 2 Jahre nicht übersteigen darf und an ihrem Vorstand zu vollstrecken ist, zu unterlassen, den Ergebnislink http://anonym1.htm mit dem Inhalt wie aus Anlage K8 ersichtlich bei Eingabe des Nachnamens des Klägers in der Ergebnisliste der Internetsuchmaschine H anzuzeigen, wenn dies geschieht, wie auf der fünften Seite der Anlage K16.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3.
Das Urteil ist hinsichtlich des Unterlassungstenors gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5000,- EUR und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Der Kläger ist seit 2007 als Rechtsanwalt tätig. Er vertrat im Jahre 2008 einen Mandanten gegen die C-Gesellschaft Frankfurt a.M.
3Nach der mündlichen Verhandlung am 15.07.2009 veröffentlichte die C-Gesellschaft auf der Internetseite http://anonym.de einen Artikel über dieselbe. Hinsichtlich der Einzelheiten des Artikels wird auf die Anlage K1 Bezug genommen.
4Mit Beschluss vom 21.07.2009 untersagte das Landgericht Düsseldorf – Az. 12 O 289/09 - u.a. der C-Gesellschaft die folgenden Äußerungen:
5„Junger Anwalt D hilflos
6Herr C unterschrieb später eine Unterlassungserklärung. Für die Entfernung des unter seinem Namen verbreiteten Falschberichtes aus dem Internet sieht er allerdings bis heute keine Veranlassung. Sein junger Anwalt, D, Rechtsanwälte in Düsseldorf, lehnte es ab sich hierzu zu äußern, nicht ohne damit den Eindruck der Hilflosigkeit zu unterlassen.“ Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlage K2 Bezug genommen. Die C-Gesellschaft gab in der Folge eine Abschlusserklärung ab und legte – erfolglos – Kostenwiderspruch ein.
7Am 24.07.2009 veröffentlichte die C-Gesellschaft einen weiteren Artikel auf der o.g. Internetseite. Mit Beschluss vom 21.08.2009 untersagte das Landgericht Düsseldorf – Az. 12 O 323/09 – der C-Gesellschaft über den Kläger zu behaupten: „Durch Antragsschrift Ds nicht umfänglich informiertes Landgericht erlässt einstweilige Verfügung gegen Prozessbericht“ und „Landgericht durch Antragsschrift absichtlich nicht vollständig informiert“. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlage K6 Bezug genommen. Die C-Gesellschaft gab auch insofern eine Abschlusserklärung ab.
8Am 14.09.2009 erschien auf der Internetseite www.k.co.uk des Internet-Blogs „C. C.s“ ein Artikel mit der Überschrift „Landgericht Düsseldorf unterrichtet Rechtsanwalt D über Möglichkeit eine erfolgreicheren Antragstellung, juristische Beobachter diskutieren peinliche Situation“, der bei Eingabe des Nachnamens des Klägers in der Suchmaschine der Beklagten auf der Internetseite www.H.de in den Suchergebnissen erscheint und hinsichtlich dessen Einzelheiten auf die Anlage K8 Bezug genommen wird.
9Mit anwaltlichen Schreiben vom 14.05.2014 forderte der Kläger die H GmbH zur Entfernung des streitgegenständlichen Links bis zum 30.05.2014 auf. Nachdem dieses Schreibens an die Beklagte weitergeleitet worden war und der Kläger zudem das seitens der Beklagten zur Verfügung gestellte Online-Formular für datenschutzrechtliche Anlagen ausgefüllt hatte, bat die Beklagte den Kläger mit E-Mails vom 02.06.2014 und vom 19.06.2014 um Geduld und lehnte sein Begehren mit E-Mail vom 25.06.2014 ab. Die Beklagte lehnte die Entfernung des streitgegenständlichen Links erneut mit Schreiben vom 16.10.2014 ab.
10Der Kläger ist der Auffassung, dass die Klage zulässig sei, da sie zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung den Anforderungen des § 253 ZPO genüge. Zudem sei die Beklagte mit Einwänden gegen die Ordnungsgemäßheit der Zustellung wegen vermeintlicher Verstöße gegen das HZÜ ausgeschlossen, da sie annahmebereit gewesen sei und die entsprechenden Fristen nicht eingehalten habe.
11Der Kläger ist in der Sache der Auffassung, dass ihm vor dem Hintergrund des Urteils des EuGH vom 13.05.2014 – Az. C 131/12 - ein Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 BGB analog i.V.m. Artt. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG bzw. § 35 Abs. 2 BDSG i.V.m. Artt. 7, 8 Abs. 2 S. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union hinsichtlich der Darstellung des streitgegenständlichen Links in den Suchergebnissen der Suchmaschine der Beklagten nach Eingabe seines Nachnamens zustehe, da die abrufbaren Inhalte personenbezogene Daten i.S.d. BDSG seien, die sowohl sachlich unrichtig als auch nicht mehr aktuell seien. In dem streitgegenständlichen Artikel, der auf einem Internetpranger der C-Gesellschaft veröffentlicht worden sei, werde der unzutreffende Eindruck erweckt, er habe die einstweilige Verfügung nur deshalb erhalten, weil er im Wege eines vorsätzlichen Prozessbetruges „Abläufe nach Ende der Verhandlung unterdrückt“ habe. Diese offenkundig unwahre Tatsachenbehauptung, er habe durch vorsätzliche Unterdrückung von Informationen einen Titel erwirkt, wiege gerade gegenüber einem Rechtsanwalt schwer, beeinträchtige sein berufliches Fortkommen als Rechtsanwalt, führe zu wirtschaftlichen Nachteilen und sei durch kein seine Privatsphäre überwiegendes Informationsinteresse gerechtfertigt.
12Ferner werde in dem streitgegenständlichen Artikel die wesentliche Information unterdrückt, dass es sich bei dem mitgeteilten Widerspruch lediglich um einen erfolglosen Kostenwiderspruch gehandelt habe. Schon aufgrund der Ankündigung in dem Artikel selbst, über den Ausgang des Widerspruchsverfahrens an selber Stelle berichten zu wollen, fehle es heute an der Aktualität des streitgegenständlichen Artikels.
13Schließlich sei – so meint der Kläger – nach Ablauf von mehr als sechs Jahren seit der Erstveröffentlichung und aufgrund der Erledigung des dem Artikel zu Grunde liegenden Sachverhalts ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit nicht mehr gegeben, da bei einer tagesaktuellen Gerichtsberichterstattung von einer absoluten Aktualitätsgrenze nach Ablauf von drei Jahren auszugehen sei. Hieran ändere auch nichts, dass er – unstreitig - auf der Internetseite der Partnerschaft als Rechtsanwalt für Medienrecht präsentiert wird und Pressemitteilungen für Mandanten herausgibt, da in der Ausübung seiner anwaltlichen Tätigkeit für seine Mandanten keine mediale Selbstinszenierung zu sehen sei.
14Der Kläger ist zuletzt der Auffassung, dass die Beklagte ihre Prüfpflichten verletzt habe, da sie trotz seiner Schreiben vom 14.05.2014 und vom 02.06.2014, in denen er unter Vorlage der relevanten Gerichtsentscheidungen substantiiert dargelegt habe, dass sich der Löschungsanspruch auf die Unvollständigkeit bzw. fehlende Aktualität der unter dem Link abrufbaren Inhalte stütze, und trotz der Klagebegründung untätig geblieben sei.
15Der Kläger beantragt zuletzt,
161. die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, den Ergebnislink htttp://k.co.uk/sites/14_09_09.htm mit dem Inhalt wie aus Anlage K8 ersichtlich bei Eingabe des Nachnamens des Klägers in der Ergebnisliste der Internetsuchmaschine H anzuzeigen, wenn dies geschieht, wie auf der fünften Seite der Anlage K16;
17hilfsweise,
18der Beklagten aufzugeben, es zu unterlassen, den Ergebnislink htttp://k.co.uk/sites/14_09_09.htm mit dem auf den Webseiteninhalt wie aus Anlage K8 ersichtlich weitergeleitet wird und der die Äußerungen enthält:
19„(…) Dass das Landgericht die Verfügung dennoch erließ, dürfte sich daraus erklären, dass die Antragsschrift insbesondere die Abläufe nach der Verhandlung unterdrückt hat und dass diese folglich dem Gericht unbekannt geblieben sind.“
20und/oder
21„Die Redaktion hat Widerspruch gegen die Verfügung eingelegt. Wir werden an dieser Stelle über den Fortgang der Auseinandersetzung berichten (…)“ – ohne dass auf die Abschlusserklärung vom 27.07.2009 (Anlage K4) und/oder die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 26.05.2010 über den Kostenwiderspruch (Anlage K5 hingewiesen wird. –
22bei Eingabe des Nachnamens des Klägers, allein oder in Verbindung mit weiteren Suchbegriffen, in der Ergebnisliste der Internetsuchmaschine H, die im Anschluss anhand einer mit dem Nachnamen des Klägers durchgeführten Suche erscheint, anzuzeigen und/oder zum Abruf bereitzuhalten, wenn dies geschieht, wie nachstehend eingeblendet:
232. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das gerichtliche Verbot gem. Ziff. 1 als Zwangsvollstreckungsmaßnahmen Ordnungsgeld bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, wobei Ordnungshaft an dem gesetzlichen Vertreter der Beklagten zu vollziehen ist, angedroht.
24Die Beklagte beantragt,
25die Klage abzuweisen.
26Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Klage unzulässig sei, da es mangels Begründung der Klage an einer ordnungsgemäßen Klageerhebung gefehlt habe. Eine Heilung dieses Mangels sei ausgeschlossen, weil ihr rechtsmissbräuchlich und unter bewusster Missachtung des Schutzgedankens des § 183 ZPO i.V.m. Art. 5 HZÜ i.V.m. §§ 26, 50 ZRHO das Kosten- und insbesondere das Insolvenzrisiko des Klägers für notwendige Übersetzungskosten der nachgereichten Klagebegründung aufgebürdet werde. Ferner habe sie aus dem zugestellten übersetzten Schriftstück nicht erkennen können, gegen welchen Anspruch sie sich verteidigen müsse, wodurch ihr absichtlich keine ausreichende Verteidigungsgrundlage mitgeteilt worden sei.
27Sie ist ferner der Meinung, dass eine teilweise Klagerücknahme vorliege und dass die nunmehr angekündigten Klageanträge eine nicht sachdienliche Klageänderung darstellten, der sie nicht zustimme, und die nicht dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO entsprächen. Insbesondere sei der Inhalt, der unter einer bestimmten Internetadresse erreichbar sei, könne jederzeit durch den Betreiber verändert werden. Ein Verbot, ein auf diese Internetseite verweisendes Suchergebnis in den Suchergebnislisten anzuzeigen, ohne einen konkreten Bezug auf die dort auffindbaren personenbezogenen Daten, ginge zu weit. Im Übrigen seien die nunmehr angekündigten Anträge zu 1. bis 4. hinsichtlich der Begrifflichkeit „in Verbindung mit weiteren Suchbegriffen“ mangels entsprechenden Vortrags unschlüssig.
28In der Sache ist die Beklagte der Meinung, dass ein Anspruch auf Entfernung der streitgegenständlichen Verknüpfung nicht bestehe, da die ihrerseits durchgeführte Datenverarbeitung nach Abwägung der widerstreitenden Interessen zulässig sei. Denn es sei zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Inhalt des verknüpften Artikels um zulässige Äußerungen über den Kläger handele. Sie bestreitet in diesem Zusammenhang mit Nichtwissen, dass die Antragsschrift nicht einen schlüssigen, jedoch einseitigen Sachverhalt enthalten habe, der das Gericht dazu veranlasst habe, eine einstweilige Verfügung zu erlassen und dass die einstweilige Verfügung des Landgerichts Düsseldorf vom 21.08.2009 – 12 O 323/09 - Bestand habe. Überdies würden die dort verbotenen Äußerungen in dem streitgegenständlichen Artikel ebenso wenig wiedergegeben, wie die Äußerung über den Kläger, die das Landgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 21.07.2009 – 12 O 289/09 - verboten habe. Die Äußerungen in dem streitgegenständlichen Artikel stellten vielmehr unbestrittene und damit wahre Tatsachenbehauptungen oder – mangels Schmähung des Klägers – zulässige Meinungsäußerungen dar, die den Kläger jeweils lediglich in seiner Sozialsphäre beträfen, da sie sich mit seiner beruflichen Funktion als Rechtsanwalt befassten, die er – unstreitig - weiterhin ausübt, und die er selbst medial in die Öffentlichkeit getragen habe (vgl. Anlage B2). Aus diesem Grunde und seiner Teilnahme an einer öffentlichen mündlichen Verhandlung habe er auch eine namentliche Nennung hinzunehmen. Sie ist schließlich der Meinung, dass es sich bei den abschließenden Worten des streitgegenständlichen Artikels, von denen der Kläger behauptet, sie seien unwahr bzw. nicht aktuell, nicht um Äußerungen über den Kläger handele, die ihn in seinen Rechten verletzten, sondern um eine Information über den Stand eines einstweiligen Verfügungsverfahrens. Vor diesem Hintergrund würden ihr Interesse an der Erbringung ihrer wirtschaftlichen Leistungen und das Interesse der Verfasser der Artikel und der Internetnutzer an einer ungehinderten Auffindbarkeit von Informationen die Interessen des Klägers überwiegen. Denn der Kläger ist – unstreitig – weiterhin als Rechtsanwalt tätig und vertritt überwiegend Mandanten im Bereich des Medien- und Urheberrechts. Da er selbst – unstreitig – mit seinem Namen und seiner Berufsbezeichnung durch eine Vielzahl von Pressemitteilungen in die Öffentlichkeit trat, müsse er als in der Öffentlichkeit stehende Person auch Wertungen über seine Tätigkeit hinnehmen, die vor sechs Jahren veröffentlicht wurden.
29Sie ist überdies der Auffassung, dass sie keine Prüfpflichten verletzt habe. Denn aus den der Löschungsaufforderung vom 02.06.2014 beigefügten Anlagen habe sich nicht ergeben, aus welchem Grund die Informationen in dem streitgegenständlichen Artikel den Kläger in seinen Rechten verletzten, da die durch das Landgericht Düsseldorf verbotenen Äußerungen nicht mehr in dem streitgegenständlichen Artikel auffindbar gewesen seien.
30Zuletzt ist die Beklagte der Auffassung, dass der Kläger keinen Anspruch wegen der Verletzung seines Allgemeinen Persönlichkeitsrechtes habe, da insofern kein schlüssiger Vortrag vorliege, § 35 BDSG abschließend sei, die Abwägung der widerstreitenden Interessen eine Rechtswidrigkeit des unterstellten Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers ausschlösse, sie schon grundsätzlich und hilfsweise mangels Verletzung von Prüfungspflichten nicht als Störerin in Betracht komme und dass aufgrund der – von ihr behaupteten - nunmehrigen Unauffindbarkeit des Suchergebnisses bei Eingabe des Nachnamens des Klägers die Wiederholungsgefahr entfallen sei.
31Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird ergänzend auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
32Entscheidungsgründe
33Die Klage ist zulässig und begründet.
34I.
35Die Klage ist zulässig.
361.
37Es kann dahinstehen, ob die Klage ursprünglich unbestimmt und die Zustellung derselben deshalb unwirksam war, da die Klageschrift vom 15.06.2015 lediglich den angekündigten Antrag enthielt, ohne Angaben zum Gegenstand und zum Grund des erhobenen Anspruchs mitzuteilen, vgl. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Es kann ferner offen bleiben, ob die zugestellten Schriftstücke die Beklagte in die Lage versetzen konnten, ihre Rechte in einem gerichtlichen Verfahren geltend zu machen, da sich aus den zugestellten Schriftstücken nicht mit Bestimmtheit zumindest Gegenstand und Grund des Antrags entnehmen lassen konnten (vgl. EuGH, NJW 2008, 1721, Rn. 73 zu Art. 8 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000; Bacher in: Beck'scher Online-Kommentar ZPO, 19. Edition, Stand: 01.12.2015, § 253 ZPO, Rn. 88).
38Denn die Unbestimmtheit der Klage und die Unwirksamkeit der Zustellung derselben sind durch die Zustellung des hinreichend bestimmten Schriftsatzes vom 27.10.2015 an die Prozessbevollmächtigten der Beklagten geheilt worden (vgl. hierzu Greger in: Zöller, Kommentar zur ZPO, 30. Auflage 2014, § 253 ZPO, Rn. 23 und 26 f.)
392.
40Der Antrag ist entgegen der Auffassung der Beklagten hinreichend bestimmt i.S.d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, da Art und Umfang des klägerischen Begehrens eindeutig bezeichnet werden (vgl. Greger, a.a.O., Rn. 13).
41Sofern die Beklagte die Auffassung vertritt, dass der Antrag zu weitgehend sei, da ein Verbot auch bei der Veränderung der verknüpften Internetseite bestehen bleiben würde, ist dies eine Frage der Begründetheit des Antrags (vgl. Greger, a.a.O., Rn. 13b).
42II.
43Die Klage ist begründet.
44Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung der Anzeige des streitgegenständlichen Suchergebnisses bei der Eingabe seines Nachnamens in die Suchmaschine auf der Internetseite www.H.de gemäß den §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Artt. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG.
451.
46Es findet deutsches Recht Anwendung.
47Nach Art. 40 Abs. 1 S. 1 EGBGB unterliegen Ansprüche aus unerlaubter Handlung grundsätzlich dem Recht desjenigen Staates, in dem der Ersatzpflichtige gehandelt hat. Der Verletzte kann jedoch nach Art. 40 Abs. 1 S. 2 und 3 EGBGB im ersten Rechtszug bis zum Ende des frühen ersten Termins oder dem Ende des Vorverfahrens verlangen, dass anstelle dieses Rechts das Recht des Staates angewandt wird, in dem auch der Erfolg eingetreten ist (vgl. BGH, Urteile vom 14.05.2013, - VI ZR 269/12 - und vom 08.05.2012 - VI ZR 217/08).
48Von dieser Möglichkeit hat der Kläger vorliegend Gebrauch gemacht. Der nach Art. 40 Abs. 1 S. 2 EGBGB maßgebliche Erfolgsort liegt in Deutschland, da hier das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des in Deutschland wohnhaften und tätigen Klägers gestört bzw. gefährdet wird. Ferner hat der Kläger durch das Heranziehen allein deutscher Normen zur Begründung seiner Ansprüche in dem Schriftsatz vom 27.10.2015 das ihm zustehende Optionsrecht ausgeübt.
492.
50Sofern die Beklagte der Auffassung ist, dass der Antrag des Klägers zu weitgehend sei, weil der Inhalt, der unter einer bestimmten Internetadresse erreichbar sei, jederzeit durch den Betreiber verändert werden könne, so dass ein Verbot, ein auf diese Internetseite verweisendes Suchergebnis in den Suchergebnislisten anzuzeigen, ohne einen konkreten Bezug auf die dort auffindbaren personenbezogenen Daten, zu weit ginge, ist dies zwar zutreffend. Diesen Bedenken ist der Kläger jedoch durch die Bezugnahme auf den konkreten Artikel in der beanstandeten Form (Anlage K8) in seinem Antrag nachgekommen.
51Entgegen der Auffassung der Beklagten ist es jedoch nicht erforderlich, die konkret beanstandete(n) Äußerung(en) ebenfalls in den Antrag aufzunehmen. Denn der Tenor gibt genau dasjenige wieder, was der Beklagten untersagt wird, namentlich die Anzeige eines bestimmten Suchergebnisses nach der Eingabe des Nachnamens des Klägers in die Suchmaschine der Beklagten. Die Begründung für das Verbot, namentlich der Umstand, dass der streitgegenständliche Artikel – zumindest - eine unwahre Tatsachenbehauptung enthält, muss nach Auffassung der Kammer nicht im Tenor wiedergegeben werden, sondern ist den Entscheidungsgründen zu entnehmen, welche auch im Falle eines eventuellen Zwangsvollstreckungsverfahrens zur Prüfung eines Verstoßes gegen das Verbot zu Rate zu ziehen sind.
52Auch der Einwand der Beklagten, dass durch das begehrte Verbot der jeweils Betroffene von der Beklagten mehr verlangen könnte als von dem sich jeweils Äußernden, greift im Ergebnis nicht durch.
53Zwar kann der sich jeweils Äußernde lediglich dazu verpflichtet werden, bestimmte Äußerungen zu unterlassen und in der Folge von der jeweiligen Internetseite zu entfernen, ohne dass der Artikel im Übrigen angetastet würde. Demgegenüber wäre die Beklagte durch das begehrte Verbot dazu verpflichtet, eine Verknüpfung auf eine Internetseite zu entfernen, obwohl sich auf dieser möglicherweise lediglich eine unzulässige Äußerung befindet.
54Ferner ist zu berücksichtigen, dass dem Störer grundsätzlich nicht mehr verboten werden darf als dem eigentlichen Verfasser des Artikels, da jeweils nur bestimmte Inhalte bzw. Äußerungen rechtswidrig sein können, welche sodann sowohl von dem Verfasser als auch von dem Störer zu beseitigen bzw. zu unterlassen sind.
55Außerdem ist zu beachten, dass die Auswahl unter mehreren tatsächlich möglichen Abhilfemaßnahmen dem Störer überlassen bleiben muss. Dies hat seinen Grund darin, dass die Rechte des Störers nicht weitergehend eingeschränkt werden sollen, als der Schutz des Berechtigten vor Beeinträchtigungen seiner Rechte es erfordert. Abgesehen davon trägt der Störer ggf. das Risiko der Zwangsvollstreckung, wenn die gewählte Maßnahme die Störung nicht beseitigt (vgl. BGH, Urteil vom 28.07.2015 - Aktenzeichen VI ZR 340/14, Rn. 40).
56Andererseits ist dem zuvor genannten Urteil des BGH zu entnehmen, dass „die Auswahl unter mehreren tatsächlich möglichen Abhilfemaßnahmen dem Störer überlassen bleiben muss.“ Die Beklagte hat jedoch rein tatsächlich nur die Möglichkeit, die Verknüpfung und damit die Anzeige im Rahmen der Suchergebnisse zu entfernen, da sie den Artikel inhaltlich weder rechtlich noch tatsächlich ändern kann.
57Hinzu kommt, dass der EuGH (Urteil vom 13.05.2014 – C-131/12, Rn. 88) explizit ausführt, „dass der Suchmaschinenbetreiber zur Wahrung der in diesen Bestimmungen vorgesehenen Rechte, sofern deren Voraussetzungen erfüllt sind, dazu verpflichtet ist, von der Ergebnisliste, die im Anschluss an eine anhand des Namens einer Person durchgeführte Suche angezeigt wird, Links zu von Dritten veröffentlichten Internetseiten mit Informationen zu dieser Person zu entfernen, auch wenn der Name oder die Informationen auf diesen Internetseiten nicht vorher oder gleichzeitig gelöscht werden und gegebenenfalls auch dann, wenn ihre Veröffentlichung auf den Internetseiten als solche rechtmäßig ist.“
58Schließlich ist zu beachten, dass der Beklagten nicht aufgegeben wird, den Artikel zu löschen, sondern lediglich die Anzeige einer Verknüpfung bei Eingabe eines bestimmten Suchwortes.
59Deshalb ist nach Auffassung der Kammer die gewählte Formulierung des Antrages, der die für die Beklagte allein mögliche Beseitigungshandlung beschreibt, zulässig.
603.
61Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung der Anzeige der streitgegenständlichen Verknüpfung htttp://k.co.uk/sites/14_09_09.htm nach Eingabe seines Nachnamens in die Suchmaschine auf der Internetseite www.H.de gemäß den §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Artt. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG.
62a.
63Es kommt auf die – wohl zu bejahende (vgl. BGH, NJW 1986, 2505; LG Berlin, Urteil vom 27.11.2013 - 10 O 125/13) - Frage, ob § 35 Abs. 1 BDSG eine in seinem Anwendungsbereich abschließende Regelung darstellt und einen Entfernungsanspruch aus den §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. den Artt. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG ausschließt, nicht an, da der Kläger mit seinem Hauptantrag einen Unterlassungsanspruch geltend macht, der von § 35 Abs. 1 BDSG nicht erfasst wird.
64Hinzu kommt, dass der Kläger die hilfsweise geltend gemachten Ansprüche auf Entfernung eines Suchergebnisses nicht auf § 35 Abs. 1 BDSG stützen kann. Denn die in dieser Norm enthaltene Pflicht, personenbezogene Daten unter bestimmten Umständen zu löschen, entspricht nicht dem Rechtsschutzziel des Klägers. Er macht mit der vorliegenden Klage keine Verpflichtung der Beklagten geltend, eine eventuell vorhandene statische Ergebnisliste in ihrem Speicher zu löschen, sondern will erreichen, dass die Beklagte bei Eingabe des beanstandeten Suchbegriffs im Rahmen einer Internetsuche den Nutzern ein bestimmtes Ergebnis nicht mehr anzeigt. Insofern kann ein Löschungsanspruch des Klägers, der sich lediglich auf die ggf. auf den Servern der Beklagten vorgehaltenen Informationen beziehen kann, dieses Ziel nicht erreichen. Denn da die Tätigkeit der von der Beklagten betriebenen Suchmaschine einen dynamischen Prozess darstellt, bei dem – ausgehend von den durch die Nutzer eingegebenen Suchworten – das Internet aktuell durchsucht und mit den gefundenen Treffern jeweils eine (neue) Ergebnisliste erstellt wird, würde die Beklagte nach Löschung der beanstandeten Treffer von ihren Servern bei einer erneuten Suche diesen Treffer wieder finden und an die Nutzer übermitteln können. Ein solches Verhalten kann lediglich mit einem Unterlassungsanspruch verhindert werden, da die Beklagte dann verpflichtet wäre, dafür zu sorgen, dass der entsprechende Treffer bei einer erneuten Suche künftig nicht mehr auf der Ergebnisliste erscheint (vgl. OLG Köln, Urteil vom 31.05.2016 – 15 U 197/15).
65b.
66Das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers ist vorliegend durch die von der Beklagten erstellte Ergebnisliste mit den streitgegenständlichen Treffern auch beeinträchtigt. Denn das allgemeine Persönlichkeitsrecht beinhaltet das Recht des Einzelnen, in gewählter Anonymität zu bleiben und die eigene Person nicht in der Öffentlichkeit dargestellt zu sehen (vgl. BGH, Urteil vom 21.11.2006 – VI ZR 259/05 - Rn. 11 m.w.N.). Insbesondere das Recht auf informationelle Selbstbestimmung flankiert und erweitert den grundrechtlichen Schutz von Verhaltensfreiheit und Privatheit. Es umfasst die aus dem Gedanken der Selbstbestimmung folgende Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (vgl. BGH, Urteil vom 05.11.2013 – VI ZR 304/12).
67Durch die von der Beklagten auf die Suchanfrage mit dem Namen des Klägers hin erstellte Ergebnisliste und die Übermittlung der streitgegenständlichen Treffer an die Nutzer wird das Interesse des Klägers beeinträchtigt, da ihm durch die in dem streitgegenständlichen Artikel enthaltene Äußerung „Dass das Landgericht die Verfügung dennoch erließ, dürfte sich daraus erklären, dass die Antragsschrift insbesondere die Abläufe nach Ende der Verhandlung unterdrückt hat und diese folglich dem Gericht unbekannt geblieben sind.“ unterstellt wird, er habe allein durch das Vorenthalten relevanter Umstände einen gerichtlichen Titel erlangt, sich diesen mithin erschlichen, was ihn in der Öffentlichkeit in einem abträglichen Bild darstellen kann.
68Betroffen ist von diesem Eingriff die Sozialsphäre, die denjenigen Bereich menschlichen Lebens und menschlicher Betätigung umfasst, der sich außerhalb der Privatsphäre in oder vor einer eingeschränkten oder auch unbeschränkten Öffentlichkeit abspielt und damit nicht mehr innerhalb desjenigen Rahmens, der einer Erörterung durch die Öffentlichkeit üblicherweise entzogen ist. Die Zuordnung zur Sozialsphäre beruht vorliegend auf dem Umstand, dass sich der Artikel auf die berufliche Tätigkeit des Klägers bezieht.
69c.
70Der Kläger ist in seinem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht rechtswidrig verletzt.
71Bei der Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts handelt es sich um einen sogenannten offenen Tatbestand, d. h. die Rechtswidrigkeit ist nicht durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert, sondern im Rahmen einer Gesamtabwägung der widerstreitenden Interessen unter sorgfältiger Würdigung aller Umstände des konkreten Einzelfalles und Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit positiv festzustellen (Sprau in: Palandt, Kommentar zum BGB, 74. Auflage 2015, § 823 BGB, Rn. 95 m. w. N.). Stehen sich als widerstreitende Interessen die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und das Allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG) gegenüber, kommt es für die Zulässigkeit einer Äußerung maßgeblich darauf an, ob es sich um Tatsachenbehauptungen oder Meinungsäußerungen handelt. Tatsachen sind innere und äußere Vorgänge, die zumindest theoretisch dem Beweis zugänglich sind und sich damit als wahr oder unwahr feststellen lassen, während Meinungsäußerungen durch das Element der Stellungnahme, des Meines und Dafürhaltens geprägt sind. Unabdingbare Voraussetzung für eine zutreffende Einordnung einer Äußerung ist die Ermittlung des Aussagegehalts. Dabei darf nicht isoliert auf den durch den Antrag herausgehobenen Text abgestellt werden. Vielmehr ist dieser im Zusammenhang mit dem gesamten Aussagetext zu deuten. Dabei ist auf den objektiven Sinn der Äußerung aus der Sicht eines unvoreingenommenen Durchschnittslesers abzustellen (vgl. BGH, NJW 1998, 3047). Maßgeblich für das Verständnis der Behauptung ist dabei weder die subjektive Sicht des sich Äußernden noch das subjektive Verständnis der von der Äußerung Betroffenen, sondern der Sinn, den sie nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittspublikums hat (BVerfG, NJW 2006, 207).
72Vor diesem Hintergrund versteht der maßgebliche Durchschnittsrezipient die o.g. Äußerung dahingehend, dass das Gericht die einstweilige Verfügung nur deshalb erließ, weil der Kläger das Gericht absichtlich nicht vollständig über für die Entscheidung relevante Umstände informierte. Diese Äußerung stellt eine Tatsachenbehauptung dar, da diese Vorgänge dem Beweis zugänglich sind.
73Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit und die Meinungs- und Pressefreiheit des Verfassers des verknüpften Artikels überwiegen das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers jedoch nicht.
74Es ist zwar zu berücksichtigen, dass die von dem Kläger monierten Äußerungen ihn entgegen seiner Auffassung lediglich in seiner Sozialsphäre betreffen, da sie sein berufliches Wirken als Rechtsanwalt im Rahmen eines Rechtsstreits betreffen und der Kläger weiterhin als Rechtsanwalt tätig ist und in diesem Zusammenhang medial präsent ist. Äußerungen, welche die Sozialsphäre betreffen, müssen jedoch grundsätzlich hingenommen werden, denn das Persönlichkeitsrecht verleiht seinem Träger keinen Anspruch darauf, nur so in der Öffentlichkeit dargestellt zu werden, wie es ihm genehm ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.06.2010 - 1 BvR 1745/06). Zu den hinzunehmenden Folgen der eigenen Entscheidungen und Verhaltensweisen gehören deshalb auch solche Beeinträchtigungen des Einzelnen, die sich aus nachteiligen Reaktionen Dritter auf die Offenlegung wahrer Tatsachen ergeben, solange sie sich im Rahmen der üblichen Grenzen seiner Entfaltungschancen halten (vgl. BVerfG, a.a.O.).
75Bei Tatsachenbehauptungen kommt es jedoch im Rahmen der anzustellenden Abwägung für die Zulässigkeit ihrer Äußerung entscheidend auf den Wahrheitsgehalt der Tatsachenbehauptung an. Bewusst unwahre Tatsachen oder Tatsachen, deren Unwahrheit im Zeitpunkt der Äußerung zweifelsfrei feststeht, fallen nicht unter den Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG. Ihre Äußerung ist daher grundsätzlich unzulässig (Sprau, a.a.O., Rn. 101a m. w. N.).
76Die streitgegenständliche Tatsachenbehauptung ist als unwahr zu behandeln, weil die gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 186 StGB darlegungs- und beweisbelastete Beklagte weder substantiiert dargelegt noch Beweis dafür angeboten hat, dass der Kläger dem erkennenden Gericht in der Antragsschrift entscheidungsrelevante Umstände vorenthalten hat. Ihr diesbezügliches Bestreiten mit Nichtwissen gemäß § 138 Abs. 4 ZPO ist nicht von Bedeutung.
77Denn die Beklagte trägt nach Auffassung der Kammer die Beweislast gemäß der über § 823 Abs. 2 BGB in das Deliktsrecht transformierten Beweisregel des § 186 StGB (vgl. hierzu: BGH, Urteil vom 11.12.2012 – VI ZR 314/10), weil dem Kläger durch die o.g. Tatsachenbehauptung unterstellt wird, er habe sich durch die Unterdrückung von wesentlichen Informationen im Wege eines Prozessbetrugs einen gerichtlichen Titel erschlichen. Gerade gegenüber einem Rechtsanwalt ist dieser Vorwurf so schwerwiegend, dass die Äußerung geeignet ist, ihn in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen.
78Sofern die Beklagte die Auffassung vertritt, dass eine Beweislastumkehr nicht in Betracht komme, da sie keine Verbreiterin der Äußerung sei, so ist dies – wie noch auszuführen sein wird (vgl. Ziffer 4.) – nach Auffassung der Kammer nicht überzeugend. Dass § 186 StGB jedoch bei Vorliegen seiner weiteren Voraussetzungen auch auf den – hier technischen - Verbreiter einer Äußerung anzuwenden ist, ergibt sich bereits aus seinem Wortlaut.
79Selbst wenn man dies anders sähe, träfe die Beklagte zumindest eine sekundäre Darlegungslast (vgl. BVerfG, NJW 1999, 1322 ff.). Da sie dieser Obliegenheit nicht nachgekommen ist, ist die Behauptung des Klägers, dass die streitgegenständliche Äußerung unwahr sei, nach den allgemeinen Regeln über die sekundäre Darlegungslast nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden zu bewerten (vgl. BGH, Urteil vom 22.04.2008 - VI ZR 83/07). Sofern die Beklagte in diesem Zusammenhang der Meinung ist, dass es ihr unmöglich sei, den jeweils Äußernden zu kontaktieren, so vermag dies nicht zu überzeugen, da ihr dieselben Kontaktmöglichkeiten zur Verfügung stehen wie jeder anderen Person, die eine von einem Dritten getätigte Äußerung verbreitet.
80Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers überwiegende Interessen der Beklagten oder des Verfassers des Artikels an der Aufrechterhaltung dieser unwahren Tatsachenbehauptung sind nicht ersichtlich. Weder die Meinungsfreiheit des Verfassers des Artikels noch die wirtschaftlichen Interessen der Beklagten sind geeignet, die Verbreitung dieser unwahren Tatsachenbehauptung zu rechtfertigen.
81Vor diesem Hintergrund kann es dahinstehen, ob der Kläger aufgrund des Umstandes, dass der Artikel bereits sechs Jahre alt ist, ein „Recht auf Vergessenwerden“ hat, ob – wie er meint - insofern eine Aktualitätsgrenze von drei Jahren besteht und ob der Artikel hinsichtlich der Mitteilung über die Einlegung des Widerspruchs unvollständig ist, weil nicht mitgeteilt wird, dass es sich lediglich um einen – erfolglosen- Kostenwiderspruch handelte.
82d.
83Die Beklagte haftet als Störerin.
84Sie kann als Störerin in Anspruch genommen werden, da sie nach den erforderlichen und ausreichenden Hinweisen durch den Kläger nicht die ihr möglichen und zumutbaren Schritte unternommen hat, um weitere Rechtsverletzungen zu verhindern. Somit hat sie die ihr obliegenden Prüf- und Kontrollpflichten verletzt.
85Die streitgegenständliche Anzeige des Suchergebnisses ist am Maßstab der Störerhaftung zu messen (vgl. EuGH, Entscheidung vom 13.05.2014 - C-131/12; LG Hamburg, Urteil vom 07.11.2014 - 324 O 660/12; OLG München, Beschluss vom 27.04.2015 - 18 W 591/15; OLG Köln, Urteil vom 31.05.2016 – 15 U 197/15). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist als mittelbarer Störer anzusehen, wer, ohne unmittelbarer Störer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Beeinträchtigung des Rechtsguts beiträgt. Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (vgl. BGH, Urteil vom 28.07.2015 - VI ZR 340/14; BGH, Urteil vom 25.10.2011 - VI ZR 93/10). Als Störer ist folglich jeder anzusehen, der an der Verbreitung der beanstandeten Behauptung mitgewirkt hat, ohne dass es für einen Unterlassungsanspruch auf ein Verschulden ankommt. Technischer Verbreiter – und damit grundsätzlich Störer - ist, wer die Äußerung verbreitet, ohne zu ihr eine gedankliche Beziehung zu haben (vgl. BGH, NJW 1976, 799; NJW 1997, 1147; GRUR 2012, 311, 313, Rn. 21). Vor dem Hintergrund dieses weiten Verbreiterbegriffs haftet auch die Beklagte als Betreiberin einer Suchmaschine grundsätzlich als technische Verbreiterin, weil sie den Abruf von Internetseiten ermöglicht und damit willentlich und adäquat kausal zur Verbreitung von Äußerungen beiträgt, die das allgemeine Persönlichkeitsrecht Dritter beeinträchtigen.
86Die Störerhaftung darf jedoch nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, welche die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben. Sie setzt die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfungspflichten voraus; deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat, eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urteil vom 01.03.2016 – VI ZR 34/15; BGH, Urteil vom 14.05.2013 – VI ZR 269/12; BGH, Urteil vom 25.10.2011 – VI ZR 93/10; BGH, Urteil vom 30.6.2009 – VI ZR 210/08; OLG München, NJW-RR 2016, 162; OLG Köln, Urteil vom 31.05.2016 – 15 U 197/15).
87Vorliegend hat die Beklagte ihre Prüfpflichten verletzt.
88Die Beklagte ist nach Auffassung der Kammer nicht verpflichtet, die von ihr verbreiteten Suchergebnisse vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Sie ist aber verantwortlich, sobald sie Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Weist ein Betroffener die Beklagte auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch ein Suchergebnis so konkret hin, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptungen des Betroffenen unschwer – d.h. ohne eingehende rechtliche und tatsächliche Überprüfung – bejaht werden kann, ist die Beklagte als Störerin verpflichtet, zukünftig derartige Verletzungen zu unterlassen.
89Ein solcher hinreichend konkreter Hinweis seitens des Klägers liegt hier vor.
90Zwar beziehen sich die Schreiben des Klägers vom 14.05.2014 und vom 02.06.2014 nicht explizit auf die Unwahrheit der streitgegenständlichen Äußerung, sodass die Zurückweisung des Entfernungsbegehrens seitens der Beklagten möglicherweise rechtmäßig erfolgte.
91Der Kläger wies die Beklagte jedoch mit seinem Schriftsatz vom 27.10.2015 auf die Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch die Unwahrheit dieser konkreten Tatsachenbehauptung hin (dort Seite 7, Bl. 40 GA). Spätestens dieser Hinweis war jedoch hinreichend konkret, d.h. schlüssig (BGH, Urteil vom 01.03.2016 – VI ZR 34/15 – Rn. 24) vorgetragen, dass der Rechtsverstoß von der Beklagten auf der Grundlage der Behauptungen des Betroffenen unschwer – d.h. ohne eingehende rechtliche und tatsächliche Überprüfung – bejaht werden konnte.
92Sofern sie in diesem Zusammenhang die Auffassung vertritt, dass der Kläger nicht hinreichend konkret die Unwahrheit der streitgegenständlichen Äußerung dargelegt habe, weil das LG Düsseldorf in seinen Entscheidungen aus dem Jahre 2009 – Anlagen K2 und K6 – eine Rechtsverletzung durch diese Äußerung verneint habe, ist dies bereits deshalb nicht überzeugend, weil sich das LG Düsseldorf mit dem streitgegenständlichen Artikel nicht zu befassen hatte und die einstweilige Verfügung vom 21.08.2009 – 12 O 323/09 – sich nicht zu mit der streitgegenständlichen Äußerung zumindest kerngleichen Äußerungen verhält.
93Die Beklagte hat die ihr möglichen und zumutbaren Maßnahmen in der Folge nicht ergriffen, da sie nach diesem konkreten Hinweis keine Sperrung der beanstandeten Inhalte in Verbindung mit der konkreten Suchworteingabe veranlasste, um zukünftig eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers zu verhindern.
94Auch die §§ 8 – 10 TMG finden keine Anwendung, obgleich die Beklagte nur wegen der Durchleitung, Zwischenspeicherung oder Speicherung fremder Informationen und nicht wegen einer eigenen Information in Anspruch genommen wird.
95Denn die Beklagte kann sich in dem hier relevanten Zusammenhang nicht auf die in den §§ 8 – 10 TMG enthaltenen Haftungsprivilegierungen berufen. Zwar werden auch Internetsuchmaschinen nach § 1 Abs. 1 S. 1 TMG als „Telemedien“ angesehen und die „Betreiber“ von Suchmaschinen als Diensteanbieter im Sinne von § 2 S. 1 Nr. 1 und 2 TMG qualifiziert. Zum einen steht § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG zwar einer allgemeinen Prüfungspflicht entgegen. Eine solche wird der Beklagten jedoch nicht auferlegt. Vielmehr geht es lediglich um eine auf einen konkreten Hinweis erfolgende und damit anlassbezogene Einzelfallprüfung der widerstreitenden Interessen im Nachhinein, ohne dass die Beklagte verpflichtet wäre, im Vorhinein die von ihr verbreiteten Informationen zu überwachen oder anlasslos deren Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Zum anderen bleiben schon nach dem Wortlaut des § 7 Abs. 2 S. 2 TMG Verpflichtungen zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen – und nichts anderes begehrt der Kläger - auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters nach den §§ 8 bis 10 TMG unberührt (vgl. auch BGH, GRUR 2012, 311, 313, Rn. 19). Zum anderen bezieht sich die Haftungsprivilegierung lediglich auf die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die Schadensersatzhaftung, nicht jedoch auf Unterlassungsansprüche (vgl. BGH, Urteil vom 27.03.2007 - VI ZR 101/06; BGH, Urteil vom 30.06.2009 - VI ZR 210/08; BGH, Urteil vom 25.10.2011 – VI ZR 93/10; BGH, Urteil vom 27.03.2012 – VI ZR 144/11; BGH, Urteil vom 01.03.2016 – VI ZR 34/15).
96Auch durch das Inkrafttreten des § 8 Abs. 3 TMG hat sich - unabhängig von der Frage, ob das anvisierte Ziel durch diese Norm erreicht werden kann – an dieser Bewertung nichts geändert, da der Gesetzgeber trotz Kenntnis der Rechtsprechung keine Veranlassung zu einer klarstellenden Regelung über die Haftung des WLAN-Betreibers hinaus sah.
97Ferner vermag die Kammer der Beklagten nicht dahingehend zu folgen, dass ihre Haftung als Störerin gegenüber der Haftung des Verfassers des streitgegenständlichen Artikels subsidiärer Natur ist. Denn die zivilrechtliche Verantwortlichkeit des Suchmaschinenbetreibers entfällt nicht deshalb, weil dem Verletzten die Identität des Autors bekannt ist. Denn ebenso wie der Betreiber eines Internetforums für eine von dort ausgehende Störung verantwortlich sein kann (vgl. BGH, Urteil vom 27.03.2007 – VI ZR 101/06), der Verleger eine von seinem Presseerzeugnis ausgehende Störung beherrscht und deshalb grundsätzlich neben dem Autor eines beanstandeten Artikels verantwortlich ist (vgl. BGH, NJW 1952, 660; NJW 1954, 1682), sowie das Sendeunternehmen als „Herr der Sendung” zur Unterlassung verpflichtet sein kann (vgl. BGH, NJW 1976, 1198), kann auch die Beklagte als Suchmaschinenbetreiberin unter den bereits dargestellten Umständen und unabhängig von den Ansprüchen des Betroffenen gegen den Autor eines dort eingestellten Beitrags für die Anzeige bestimmter Suchergebnisse haften. Sofern die Beklagte in diesem Zusammenhang auf Urteile des BGH (Urteil vom 26.11.2015 - I ZR 3/14 und Urteil vom 26.11.2015 – I ZR 174/14) verweist, vermag auch dies nicht zu überzeugen, da sich diese Urteile mit der subsidiären Haftung des Access-Providers befassen. Mit einem solchen ist die Suchmaschine der Beklagten jedoch nicht zu vergleichen, da sie ihren Nutzern nicht die Möglichkeit bietet, in das Internet zu gelangen, sondern durch Suchanfragen bestimmte Internetseiten zu erreichen, mithin einen Beitrag zur Verbreitung eventuell rechtsverletzender Inhalte leistet, der über denjenigen des Access-Providers hinausgeht.
98e.
99Auch eine Wiederholungsgefahr ist gegeben, obschon die Beklagte vorträgt, dass das streitgegenständliche Suchergebnis bei der Eingabe des Nachnamens in ihre Suchmaschine nicht mehr erscheine. Denn selbst wenn man dies als zutreffend unterstellte, kann es nicht ausgeschlossen werden, dass das Suchergebnis ebenso schnell wieder in den Suchergebnissen auftaucht, wie es nunmehr nach dem Vortrag der Beklagten verschwunden ist. Aufgrund des Umstandes, dass die Beklagte jedoch als Störerin haftet, würde allein die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zum Entfallen der Wiederholungsgefahr führen.
1004.
101Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2, 709 ZPO. Denn aufgrund des Umstandes, dass der Kläger zunächst (Seite 2 des Schriftsatzes vom 15.06.2015, Bl. 2 GA) noch die Anzeige mehrerer Suchergebnisse nach der Eingabe verschiedener Suchworte begehrte, hat er dieses Begehren nunmehr auf die Anzeige des Suchergebnisses nach der Eingabe allein seines Nachnamens beschränkt.
102Streitwert: bis zum 27.10.2015: 15.000,- EUR
103danach: 10.000,- EUR
104Rechtsbehelfsbelehrung:
105Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
1061. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
1072. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist.
108Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Köln, Reichenspergerplatz 1, 50670 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
109Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Köln zu begründen.
110Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
111Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Köln Urteil, 02. Nov. 2016 - 28 O 249/15
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Referenzen - Gesetze
Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen
Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht
Zivilprozessordnung - ZPO | § 253 Klageschrift
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 5
Zivilprozessordnung - ZPO | § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht
Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1004 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch
Strafgesetzbuch - StGB | § 186 Üble Nachrede
Telemediengesetz - TMG | § 7 Allgemeine Grundsätze
Zivilprozessordnung - ZPO | § 183 Zustellung im Ausland
Telemediengesetz - TMG | § 8 Durchleitung von Informationen
Bundesdatenschutzgesetz - BDSG 2018 | § 35 Recht auf Löschung
Telemediengesetz - TMG | § 2 Begriffsbestimmungen
Telemediengesetz - TMG | § 1 Anwendungsbereich
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenLandgericht Köln Urteil, 02. Nov. 2016 - 28 O 249/15 zitiert oder wird zitiert von 16 Urteil(en).
Bundesgerichtshof Urteil, 14. Mai 2013 - VI ZR 269/12
Bundesgerichtshof Urteil, 26. Nov. 2015 - I ZR 174/14
Bundesgerichtshof Urteil, 25. Okt. 2011 - VI ZR 93/10
Bundesgerichtshof Urteil, 27. März 2007 - VI ZR 101/06
Bundesgerichtshof Urteil, 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08
Bundesgerichtshof Urteil, 22. Apr. 2008 - VI ZR 83/07
Bundesgerichtshof Urteil, 05. Nov. 2013 - VI ZR 304/12
Bundesgerichtshof Urteil, 27. März 2012 - VI ZR 144/11
Bundesgerichtshof Urteil, 21. Nov. 2006 - VI ZR 259/05
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Bundesgerichtshof Urteil, 01. März 2016 - VI ZR 34/15
Bundesgerichtshof Urteil, 26. Nov. 2015 - I ZR 3/14
Bundesgerichtshof Urteil, 28. Juli 2015 - VI ZR 340/14
(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).
(2) Die Klageschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts; - 2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.
(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen; - 2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht; - 3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.
(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.
(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
(1) Ist eine Löschung im Fall nicht automatisierter Datenverarbeitung wegen der besonderen Art der Speicherung nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich und ist das Interesse der betroffenen Person an der Löschung als gering anzusehen, besteht das Recht der betroffenen Person auf und die Pflicht des Verantwortlichen zur Löschung personenbezogener Daten gemäß Artikel 17 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 ergänzend zu den in Artikel 17 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Ausnahmen nicht. In diesem Fall tritt an die Stelle einer Löschung die Einschränkung der Verarbeitung gemäß Artikel 18 der Verordnung (EU) 2016/679. Die Sätze 1 und 2 finden keine Anwendung, wenn die personenbezogenen Daten unrechtmäßig verarbeitet wurden.
(2) Ergänzend zu Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe b und c der Verordnung (EU) 2016/679 gilt Absatz 1 Satz 1 und 2 entsprechend im Fall des Artikels 17 Absatz 1 Buchstabe a und d der Verordnung (EU) 2016/679, solange und soweit der Verantwortliche Grund zu der Annahme hat, dass durch eine Löschung schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt würden. Der Verantwortliche unterrichtet die betroffene Person über die Einschränkung der Verarbeitung, sofern sich die Unterrichtung nicht als unmöglich erweist oder einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde.
(3) Ergänzend zu Artikel 17 Absatz 3 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2016/679 gilt Absatz 1 entsprechend im Fall des Artikels 17 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2016/679, wenn einer Löschung satzungsgemäße oder vertragliche Aufbewahrungsfristen entgegenstehen.
(1) Für die Durchführung
- 1.
der Verordnung (EU) 2020/1784 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2020 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (Zustellung von Schriftstücken) (ABl. L 405 vom 2.12.2020, S. 40; L 173 vom 30.6.2022, S. 133) in ihrer jeweils geltenden Fassung sowie - 2.
des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark vom 19. Oktober 2005 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen (ABl. L 300 vom 17.11.2005, S. 55; L 120 vom 5.5.2006, S. 23), das durch die Mitteilung Dänemarks vom 22. Dezember 2020 (ABl. L 19 vom 21.1.2021, S. 1) geändert worden ist,
(2) Eine Zustellung im Ausland ist nach den völkerrechtlichen Vereinbarungen vorzunehmen, die im Verhältnis zu dem jeweiligen Staat gelten. Wenn Schriftstücke aufgrund solcher Vereinbarungen unmittelbar durch die Post zugestellt werden dürfen, dann soll dies durch Einschreiben mit Rückschein oder mittels eines gleichwertigen Nachweises bewirkt werden, anderenfalls soll die Zustellung auf Ersuchen des Vorsitzenden des Prozessgerichts unmittelbar durch die Behörden des ausländischen Staates erfolgen. Eine Zustellung durch die zuständige deutsche Auslandsvertretung soll nur in den Fällen des Absatzes 4 erfolgen.
(3) Bestehen keine völkerrechtlichen Vereinbarungen zur Zustellung, so erfolgt die Zustellung vorbehaltlich des Absatzes 4 auf Ersuchen des Vorsitzenden des Prozessgerichts durch die Behörden des ausländischen Staates.
(4) Folgende Zustellungen in den Fällen der Absätze 2 und 3 erfolgen auf Ersuchen des Vorsitzenden des Prozessgerichts durch die zuständige deutsche Auslandsvertretung:
- 1.
Zustellungen, deren Erledigung durch die Behörden des ausländischen Staates nicht oder nicht innerhalb einer angemessenen Zeit zu erwarten ist oder für die ein sonstiger begründeter Ausnahmefall vorliegt, - 2.
Zustellungen an ausländische Staaten sowie - 3.
Zustellungen an entsandte Beschäftigte einer deutschen Auslandsvertretung und die in ihrer Privatwohnung lebenden Personen.
(5) Zum Nachweis der Zustellung nach Absatz 2 Satz 2 erster Halbsatz genügt der Rückschein oder ein gleichwertiger Nachweis. Im Übrigen wird die Zustellung durch das Zeugnis der ersuchten Behörde nachgewiesen.
(6) Soweit völkerrechtliche Vereinbarungen eine Zustellung außergerichtlicher Schriftstücke ermöglichen, ist für die Übermittlung solcher Schriftstücke in das Ausland das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Person, die die Zustellung betreibt, ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Bei notariellen Urkunden ist auch das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der beurkundende Notar seinen Amtssitz hat. Bei juristischen Personen tritt an die Stelle des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts der Sitz der juristischen Person.
(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).
(2) Die Klageschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts; - 2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.
(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen; - 2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht; - 3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.
(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.
(1) Ist eine Löschung im Fall nicht automatisierter Datenverarbeitung wegen der besonderen Art der Speicherung nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich und ist das Interesse der betroffenen Person an der Löschung als gering anzusehen, besteht das Recht der betroffenen Person auf und die Pflicht des Verantwortlichen zur Löschung personenbezogener Daten gemäß Artikel 17 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 ergänzend zu den in Artikel 17 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Ausnahmen nicht. In diesem Fall tritt an die Stelle einer Löschung die Einschränkung der Verarbeitung gemäß Artikel 18 der Verordnung (EU) 2016/679. Die Sätze 1 und 2 finden keine Anwendung, wenn die personenbezogenen Daten unrechtmäßig verarbeitet wurden.
(2) Ergänzend zu Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe b und c der Verordnung (EU) 2016/679 gilt Absatz 1 Satz 1 und 2 entsprechend im Fall des Artikels 17 Absatz 1 Buchstabe a und d der Verordnung (EU) 2016/679, solange und soweit der Verantwortliche Grund zu der Annahme hat, dass durch eine Löschung schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt würden. Der Verantwortliche unterrichtet die betroffene Person über die Einschränkung der Verarbeitung, sofern sich die Unterrichtung nicht als unmöglich erweist oder einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde.
(3) Ergänzend zu Artikel 17 Absatz 3 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2016/679 gilt Absatz 1 entsprechend im Fall des Artikels 17 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2016/679, wenn einer Löschung satzungsgemäße oder vertragliche Aufbewahrungsfristen entgegenstehen.
(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).
(2) Die Klageschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts; - 2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.
(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen; - 2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht; - 3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.
(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.
(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin zu 1, eine Aktiengesellschaft, die im Internet über ein "Network -Marketing-System" Nahrungsergänzungsmittel und Kosmetika vertreibt, sowie der Kläger zu 2, ihr Gründer und Vorstandsvorsitzender, machen gegen die Beklagte mit Sitz in den USA, die unter der Internetadresse "www.google.de" eine Internet-Suchmaschine betreibt, Unterlassungs- und Geldentschädigungsansprüche geltend. Durch Eingabe von Suchbegriffen in die Suchmaschine der Beklagten können Nutzer über eine angezeigte Trefferliste auf von Dritten ins Internet eingestellte Inhalte Zugriff nehmen. Seit April 2009 hat die Beklagte eine "Autocomplete"-Funktion in ihre Suchmaschine inte- griert, mit deren Hilfe dem Internetnutzer während der Eingabe seiner Suchbegriffe variierend mit der Reihenfolge der eingegebenen Buchstaben in einem sich daraufhin öffnenden Fenster automatisch verschiedene Suchvorschläge ("predictions") in Form von Wortkombinationen angezeigt werden. Die im Rahmen dieser Suchergänzungsfunktion angezeigten Suchvorschläge werden auf der Basis eines Algorithmus ermittelt, der u.a. die Anzahl der von anderen Nutzern eingegebenen Suchanfragen einbezieht.
- 2
- Der Kläger zu 2 stellte im Mai 2010 fest, dass bei Eingabe seines Namens R.S. in dem sich im Rahmen der "Autocomplete"-Funktion öffnenden Fenster als Suchvorschläge die Wortkombinationen "R.S. (voller Name) Scientology" und "R.S. (voller Name) Betrug" erschienen. Dadurch sehen sich die Kläger in ihrem Persönlichkeitsrecht und geschäftlichen Ansehen verletzt. Sie haben u.a. behauptet, der Kläger stehe weder in irgendeinem Zusammenhang mit Scientology noch sei ihm ein Betrug vorzuwerfen noch ein entsprechendes Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet worden. In keinem einzigen Suchergebnis sei eine Verbindung zwischen dem Kläger und "Scientology" bzw. "Betrug" ersichtlich.
- 3
- Die Kläger haben zunächst im Beschlusswege eine einstweilige Verfügung vom 12. Mai 2010 erwirkt, durch die der Beklagten untersagt wurde, auf der Internetseite ihrer Suchmaschine nach Eingabe des Namens des Klägers zu 2 als Suchbegriff im Rahmen der "Autocomplete"-Funktion die ergänzenden Kombinationsbegriffe "Scientology" und "Betrug" vorzuschlagen. Nach der Zustellung der Beschlussverfügung an die damalige administrative Ansprechpartnerin der Beklagten in Deutschland am 27. Mai 2010 erschienen die beanstandeten Ergänzungsvorschläge nicht mehr. Die Beklagte hat eine Abschlusserklärung verweigert. Im vorliegenden Hauptsacheverfahren verlangen die Kläger über das bereits im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes geltend gemachte Unterlassungsbegehren hinaus Ersatz vorprozessualer Rechtsverfolgungskosten und der Kläger zu 2 zusätzlich die Zahlung einer Geldentschädigung. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Kläger hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 4
- Das Berufungsgericht (Urteil veröffentlicht u.a. in GRUR-RR 2012, 486 und ZUM 2012, 987 m. Anm. Seitz) hat sowohl die internationale Zuständigkeit als auch die Anwendbarkeit deutschen Rechts bejaht. Es hat jedoch die Klage nicht als begründet erachtet, weil den automatisierten Suchergänzungsvorschlägen in der Suchmaschine der Beklagten bei Eingabe des Namens des Klägers zu 2 kein eigener Aussagegehalt beizumessen sei. Die angezeigten Suchergänzungsbegriffe "R.S. Scientology" und "R.S. Betrug" enthielten keine (eigene) Aussage der Beklagten mit dem Inhalt, dass R.S. Mitglied bei Scientology sei oder dieser Sekte zumindest positiv gegenüberstehe oder Täter oder Teilnehmer eines Betruges sei. Es begegne bereits Zweifeln, ob den Begriffskombinationen überhaupt eine solche Konnotation bzw. ein insofern aus sich heraus verständlicher Sinngehalt beigemessen werden könne. Letztlich könne dies indessen offenbleiben, da es nach dem Erfahrungshorizont der Nutzer der Suchmaschine der Beklagten fernliege, die streitgegenständlichen Ergänzungssuchbegriffe als Äußerungen zu verstehen, mit denen inhaltliche Bezüge zwischen dem eingegebenen Suchbegriff und den dazu angezeigten Ergänzungsvorschlägen durch die Beklagte hergestellt würden. Eine hiervon abweichende Würdigung ergebe sich weder aus den von den Klägern vorgebrachten Manipu- lationsversuchen noch aus Presseberichterstattungen über ähnliche Vorgänge noch aus den Ergebnissen der von den Klägern zur Akte gereichten Verkehrsbefragung. Ein Anlass für die von den Klägern beantragte Einholung eines demoskopischen Sachverständigengutachtens bestehe nicht, da die Mitglieder des erkennenden Senats zu dem angesprochenen Adressatenkreis, nämlich dem unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittsrezipienten der streitgegenständlichen Ergänzungssuchbegriffe, gehörten. Aus Sicht eines solchen Durchschnittsrezipienten lasse sich der Anzeige der Ergänzungssuchbegriffe lediglich die eigene Aussage der Suchmaschine der Beklagten entnehmen , dass andere vorherige Nutzer die gewählten Begriffskombinationen zur Recherche eingegeben hätten oder dass sich die Ergänzungssuchbegriffe in verlinkten Drittinhalten jeweils als solche auffinden ließen. Diese Aussage sei wahr und daher von den Klägern hinzunehmen.
II.
- 5
- Das Berufungsurteil hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
- 6
- 1. Das Berufungsgericht hat allerdings mit Recht die Klage für zulässig erachtet.
- 7
- a) Zutreffend hat das Berufungsgericht die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte in entsprechender Anwendung des § 32 ZPO bejaht. Zwar genügt es nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Begründung der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte im Rahmen des § 32 ZPO nicht, dass der Kläger den Mittelpunkt seiner Interessen im Inland hat; erforderlich ist vielmehr, dass die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland in dem Sinne aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen - Interesse des Klägers an der Achtung seines Persönlichkeitsrechts einerseits, Interesse des Beklagten an der Gestaltung seines Internetauftritts andererseits - nach den Umständen des konkreten Falles, insbesondere aufgrund des Inhalts der konkreten Meldung , im Inland tatsächlich eingetreten ist oder eintreten kann (vgl. Senatsurteile vom 29. März 2011 - VI ZR 111/10, NJW 2011, 2059 und vom 2. März 2010 - VI ZR 23/09, BGHZ 184, 313). Diese Voraussetzungen sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im Streitfall gegeben, da eine Kenntnisnahme der beanstandeten Suchergänzungsvorschläge im Inland erheblich näher liegt als es aufgrund der bloßen Abrufbarkeit der Meldung der Fall wäre und die von den Klägern geltend gemachte Beeinträchtigung ihres Persönlichkeitsrechts durch Kenntnisnahme der Suchergänzungsvorschläge auch im Inland eintreten würde. Im Übrigen ergibt sich die Zuständigkeit entsprechend § 39 ZPO auch aufgrund rügeloser Einlassung (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 1987 - II ZR 280/86, BGHZ 101, 296, 301).
- 8
- b) Das Berufungsgericht hat den - auch die alternative Verwendung der streitgegenständlichen Ergänzungsbegriffe umfassenden - Unterlassungsantrag für hinreichend bestimmt angesehen im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Das nimmt die Revision als ihr günstig hin und begegnet auch keinen rechtlichen Bedenken.
- 9
- 2. Die Begründetheit der Klage kann jedoch - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen nicht verneint werden.
- 10
- a) Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler deutsches Recht angewandt. Nach Art. 40 Abs. 1 Satz 1 EGBGB unterliegen Ansprüche aus uner- laubter Handlung grundsätzlich dem Recht des Staates, in dem der Ersatzpflichtige gehandelt hat. Der Verletzte kann jedoch nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 und 3 EGBGB im ersten Rechtszug bis zum Ende des frühen ersten Termins oder dem Ende des schriftlichen Vorverfahrens verlangen, dass anstelle dieses Rechts das Recht des Staates angewandt wird, in dem der Erfolg eingetreten ist. Von dieser Möglichkeit haben die Kläger im Streitfall Gebrauch gemacht. Der nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB maßgebliche Erfolgsort liegt in Deutschland. Hier wird die Achtung des in Deutschland wohnhaften Klägers zu 2 bzw. der Klägerin zu 1 mit Sitz in Deutschland gestört bzw. gefährdet (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, VersR 2012, 994 Rn. 31 - auch zur Nichtanwendbarkeit der Rom II-Verordnung (Rn. 22) und zu § 3 TMG als sachlichrechtliches Beschränkungsverbot (Rn. 30)).
- 11
- b) Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch der Kläger entsprechend §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB i.V.m. Artt. 1, 2 GG gegen die Beklagte als Betreiberin der Internet-Suchmaschine rechtsfehlerhaft verneint.
- 12
- aa) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts beinhalten die Suchwortergänzungsvorschläge "Scientology" und "Betrug" bei Eingabe des Vor- und Zunamens des Klägers zu 2 in die Internet-Suchmaschine der Beklagten eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Kläger, da ihnen ein verletzender Aussagegehalt innewohnt.
- 13
- (1) Der mit dem Begriff "Scientology" in Verbindung mit dem Namen einer real existierenden Person zum Ausdruck gebrachte Sinngehalt lässt sich - wie schon das Berufungsgericht in Betracht gezogen hat - hinreichend dahin spezifizieren, dass zwischen dieser Sekte, zu der im Verkehr nicht zuletzt durch eine vorangegangene Medienberichterstattung konkrete Vorstellungen existieren , und der namentlich erwähnten Person eine Verbindung besteht. Diese Verbindung ist geeignet, eine aus sich heraus aussagekräftige Vorstellung hervorzurufen.
- 14
- (2) Dem Berufungsgericht kann nicht gefolgt werden, soweit es dem Begriff des Betrugs eine inhaltliche Aussagekraft mit der Begründung absprechen will, dass mit diesem Begriff ein vielfältiges, unspezifisches Bedeutungsspektrum verbunden sei. Maßgeblich für die Deutung einer Äußerung ist die Ermittlung ihres objektiven Sinns aus Sicht eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums (vgl. BVerfGE 93, 266, 295). Zwar mag es zutreffen, dass von einem durchschnittlichen Internetnutzer unter "Betrug" nicht die Verwirklichung eines rechtlich präzise bestimmten Straftatbestandes verstanden werden muss. Jedoch verbindet der Durchschnittsleser mit der Verwendung diesesBegriffes zumindest ein sittlich vorwerfbares Übervorteilen eines anderen und verleiht ihm damit einen hinreichend konkreten Aussagegehalt (vgl. BVerfG, NJW 2012, 1643 Rn. 42).
- 15
- (3) Das Berufungsgericht hat den von der Suchmaschine der Beklagten angezeigten Ergänzungssuchvorschlägen lediglich die Aussage entnommen, dass andere vorherige Nutzer die gewählten Begriffskombinationen zur Recherche eingegeben haben oder dass sich die Ergänzungssuchbegriffe in verlinkten Drittinhalten auffinden lassen (vgl. auch Härting K & R 2012, 633; Heckmann AnwZert ITR 18/2012 Anm. 1; Brosch AnwZert ITR 20/2012 Anm. 2; a.A. Weltig MMR 2011 Nr. 12 V f.; Seitz ZUM 2012, 994, 995 f.; s. auch Meyer K & R 2013, 221, 225 f. mwN auch zur Rechtsprechung ausländischer Gerichte ). Dem vermag der Senat nicht beizutreten.
- 16
- Der mittels der Suchmaschine der Beklagten nach Informationen forschende Internetnutzer erwartet von den ihm nach der Eingabe des Suchbegriffs angezeigten ergänzenden Suchvorschlägen durchaus einen inhaltlichen Bezug zu dem von ihm verwandten Suchbegriff, hält ihn jedenfalls für möglich. Aus dem "Ozean von Daten" werden dem suchenden Internetnutzer von der Suchmaschine der Beklagten nicht x-beliebige ergänzende Suchvorschläge präsentiert, die nur zufällig "Treffer" liefern. Die Suchmaschine ist, um für Internetnutzer möglichst attraktiv zu sein - und damit den gewerblichen Kunden der Beklagten ein möglichst großes Publikum zu eröffnen - auf inhaltlich weiterführende ergänzende Suchvorschläge angelegt. Das algorithmusgesteuerte Suchprogramm bezieht die schon gestellten Suchanfragen ein und präsentiert dem Internetnutzer als Ergänzungsvorschläge die Wortkombinationen, die zu dem fraglichen Suchbegriff am häufigsten eingegeben worden waren. Das geschieht in der - in der Praxis oft bestätigten - Erwartung, dass die mit dem Suchbegriff bereits verwandten Wortkombinationen - je häufiger desto eher - dem aktuell suchenden Internetnutzer hilfreich sein können, weil die zum Suchbegriff ergänzend angezeigten Wortkombinationen inhaltliche Bezüge widerspiegeln. Diese Erwartung hat das Berufungsgericht bei der Bestimmung des Aussagegehalts der von der Suchmaschine der Beklagten angezeigten Ergänzungssuchvorschläge nicht berücksichtigt. Sie führt im Streitfall dazu, dass den bei Eingabe von Vor- und Zuname des Klägers zu 2 "automatisch" angezeigten Ergänzungssuchvorschlägen "r. s. scientology" und "r. s. betrug" die Aussage zu entnehmen ist, zwischen dem Kläger zu 2 und den - negativ konnotierten - Begriffen "Scientology" und/oder "Betrug" bestehe ein sachlicher Zusammenhang.
- 17
- bb) Diese Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Kläger ist der Beklagten auch unmittelbar zuzurechnen. Sie hat mit dem von ihr geschaffenen Computerprogramm das Nutzerverhalten ausgewertet und den Benutzern der Suchmaschine die entsprechenden Vorschläge unterbreitet. Die Verknüpfungen der Begriffe werden von der Suchmaschine der Beklagten und nicht von einem Dritten hergestellt. Sie werden von der Beklagten im Netz zum Abruf bereitgehalten und stammen deshalb unmittelbar von ihr.
- 18
- c) Daraus folgt allerdings noch nicht, dass die Beklagte für jede Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung durch Suchvorschläge haftet.
- 19
- aa) Zwar ist die Beklagte nicht bereits nach § 10 Telemediengesetz (künftig: TMG) von der Verantwortlichkeit für den Inhalt der von ihr betriebenen Website befreit.
- 20
- Das Berufungsgericht hat die Beklagte zutreffend als Diensteanbieter (§ 2 Satz 1 Nr. 1 TMG) qualifiziert, der eigene Informationen zur Nutzung bereit hält und deshalb gemäß § 7 Abs. 1 TMG nach den allgemeinen Gesetzen - mithin auch nach §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB - verantwortlich ist (vgl. Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328 Rn. 13 f. s. auch Heckmann , aaO; a.A. Brosch, aaO). Die Kläger nehmen die Beklagte nicht wegen der Durchleitung, Zwischenspeicherung oder Speicherung fremder Informationen , sondern wegen einer eigenen Information in Anspruch, konkret wegen der als Ergebnisse ihres Autocomplete-Hilfsprogramms dem Nutzer ihrer InternetSuchmaschine angezeigten Suchwortergänzungsvorschläge. Es geht mithin um einen von der Suchmaschine der Beklagten angebotenen "eigenen" Inhalt und nicht um das Zugänglichmachen und/oder Präsentieren von Fremdinhalten, für die der Diensteanbieter gemäß §§ 8 bis 10 TMG nur eingeschränkt verantwortlich ist.
- 21
- bb) Es bedarf aber wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts einer Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind (vgl. Se- natsurteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, VersR 2004, 522, 523; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06, VersR 2008, 695 Rn. 13 und - VI ZR 7/07, VersR 2008, 793 Rn. 12; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07, VersR 2009, 555 Rn. 17; vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08, VersR 2009, 1545 Rn. 16; vom 20. April 2010 - VI ZR 245/08, NJW 2010, 2728 Rn. 12; BVerfGE 114, 339, 348 mwN; 120, 180, 200 f.; BVerfG, NJW 2009, 3357 Rn. 17; AfP 2009, 480 Rn. 61). Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteile vom 21. Juni 2005 - VI ZR 122/04, VersR 2005, 1403, 1404; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, VersR 2010, 220 Rn. 20 ff. mwN; vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08, BGHZ 183, 353 Rn. 11 - Onlinearchiv I; vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08, VersR 2010, 673 Rn. 14 - Onlinearchiv II und vom 20. April 2010 - VI ZR 245/08, aaO).
- 22
- cc) Danach sind das Interesse der Kläger am Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte einerseits und die durch Artt. 2, 5 Abs. 1 und 14 GG geschützten Interessen der Beklagten auf Meinungs- und wirtschaftliche Handlungsfreiheit andererseits abzuwägen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte die Suchmaschinenfunktion zwar in ihrem eigenen geschäftlichen Interesse in der beschriebenen Weise betreibt, um Nutzer wegen der Effektivität der Suche an sich zu binden. Doch ziehen die Nutzer ihrerseits daraus den Vorteil einer begriffsorientierten Suche nach Daten und Informationen. Auch die Kläger wenden sich nicht dagegen, dass mittels der Suchmaschine persönliche Daten, wie der Name des Klägers zu 2 und sein Bezug zur Klägerin zu 1, aufgefunden werden können. Auf Seiten der Kläger ist für die Abwägung entscheidend, dass die verknüpften Begriffe einen unwahren Aussagegehalt haben, weil der Kläger zu 2 - wovon nach dem Vortrag der Kläger revisionsrechtlich auszugehen ist - weder in Verbindung mit einem Betrug gebracht werden kann noch Scientology angehört oder auch nur nahe steht. Äußerungen von unwahren Tatsachen müssen nicht hingenommen werden (vgl. Senatsurteile vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, VersR 2012, 994 Rn. 37; vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, VersR 2013, 63, Rn. 12, jeweils mwN; BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 62 mwN; NJW 2012, 1500 Rn. 39).
- 23
- d) Ist mithin nach den vorstehenden Grundsätzen davon auszugehen, dass die beanstandeten Suchwortergänzungsvorschläge das Persönlichkeitsrecht der Kläger verletzen, kann eine Haftung der Beklagten als Störerin nicht von vornherein verneint werden.
- 24
- aa) Als Störer im Sinne von § 1004 BGB ist - ohne Rücksicht darauf, ob ihn ein Verschulden trifft - jeder anzusehen, der die Störung herbeigeführt hat oder dessen Verhalten eine Beeinträchtigung befürchten lässt. Sind bei einer Beeinträchtigung mehrere Personen beteiligt, so kommt es für die Frage, ob ein Unterlassungsanspruch gegeben ist, grundsätzlich nicht auf Art und Umfang des Tatbeitrags oder auf das Interesse des einzelnen Beteiligten an der Verwirklichung der Störung an. Im Allgemeinen ist ohne Belang, ob er sonst nach der Art seines Tatbeitrags als Täter oder Gehilfe anzusehen wäre (vgl. Senat, Urteile vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/72, NJW 1976, 799, 800; vom 27. Mai 1986 - VI ZR 169/85, VersR 1986, 1075, 1076; vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, VersR 2004, 522, 524). Als (Mit-)Störer kann auch jeder haften, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte. Dem negatorischen Unterlassungsbegehren steht nicht entgegen, dass dem in Anspruch Genommenen die Kenntnis der die Tatbestandsmäßigkeit und die Rechtswidrigkeit begründenden Umstände fehlt. Ebenso ist Verschulden nicht erforderlich (vgl. Senatsurteile vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, VersR 2009, 1417 Rn. 13, vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, aaO mwN; BGH, Urteil vom 17. Dezember 2010 - V ZR 44/10, NJW 2011, 753 Rn. 9 ff.; Diederichsen, FS Müller, 2009 S. 507, 523).
- 25
- bb) Das bedeutet jedoch nicht, dass die Beklagte deshalb uneingeschränkt und unabhängig von Zumutbarkeitsgesichtspunkten haftet. Denn nach den besonderen Umständen des Streitfalles liegt der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit in einem Unterlassen.
- 26
- (1) Das Entwickeln und die Verwendung der die Suchvorschläge erarbeitenden Software ist der Beklagten nicht vorzuwerfen; hierbei handelt es sich vielmehr um eine durch Artt. 2, 14 GG geschützte wirtschaftliche Tätigkeit. Das Suchmaschinenangebot der Beklagten zielt auch nicht von vornherein auf eine Rechtsverletzung durch eine gegen eine bestimmte Person gerichtete unwahre Tatsachenbehauptung ab. Nur durch das Hinzutreten eines bestimmten Nutzerverhaltens können ehrverletzende Begriffsverbindungen entstehen. Die Tätigkeit der Beklagten ist andererseits aber nicht nur rein technischer, automatischer und passiver Art (anders liegen die Fälle: Google France/Louis Vuitton EuGH, Urteil vom 23. März 2010 - C-236/08 bis C-238/08, NJW 2010, 2029 Rn. 114 und BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 69/08, BGHZ 185, 291 Rn. 39 - Vorschaubilder - jeweils zum Hostprivileg nach Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG). Sie ist nicht ausschließlich beschränkt auf die Bereitstellung von Informationen für den Zugriff durch Dritte. Die Beklagte verarbeitet vielmehr die Abfragedaten der Nutzer in einem eigenen Programm, das Begriffsverbindungen bildet. Für deren Angebot in Form eigener Suchvorschläge ist die Beklagte grundsätzlich aufgrund der ihr zuzurechnenden Erarbeitung verantwortlich. Der Beklagten kann deshalb grundsätzlich nur vorgeworfen werden , keine hinreichenden Vorkehrungen getroffen zu haben, um zu verhindern, dass die von der Software generierten Suchvorschläge Rechte Dritter verletzen.
- 27
- (2) Bei Beeinträchtigungen, die eine pflichtwidrige Unterlassung als (Mit-) Ursache haben, ist zur Vermeidung einer zu weitgehenden Haftung eine fallweise wertende Betrachtung erforderlich. Die Verantwortlichkeit des Unterlassenden wird durch die Kriterien der Möglichkeit und Zumutbarkeit der Erfolgsverhinderung begrenzt.
- 28
- Dabei kann sich die Möglichkeit der Beseitigung einer Beeinträchtigung daraus ergeben, dass der Betroffene die Quelle der Störung beherrscht oder Einfluss auf jemanden nehmen kann, der zur Beendigung der Beeinträchtigung in der Lage ist (Erman/Ebbing, BGB, 13. Aufl., § 1004 Rn. 120). Ist dies der Fall, kann für die Zumutbarkeit der Beseitigung der Beeinträchtigung eine dem Betroffenen obliegende Überwachungspflicht von Bedeutung sein (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Dezember 1960 - GSZ 1/60, BGHZ 34, 99, 108 f.).
- 29
- Voraussetzung einer Haftung des Betreibers einer Suchmaschine mit entsprechender Hilfsfunktion ist daher ebenso wie bei der Haftung eines Hostproviders wegen der Verbreitung einer in einem Blog enthaltenen Äußerung eines Dritten (vgl. hierzu Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219) eine Verletzung von Prüfungspflichten. Deren Bestehen wie deren Umfang richtet sich im Einzelfall nach einer Abwägung aller betroffenen Interessen und relevanten rechtlichen Wertungen. Überspannte Anforderungen dürfen im Hinblick darauf, dass es sich um eine erlaubte Teilnahme am geschäftlichen Verkehr handelt, nicht gestellt werden. Entsprechend den zur Störerhaftung entwickelten Grundsätzen kommt es entscheidend darauf an, ob und inwieweit dem in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urteile vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 38; vom 10. Oktober 1996 - I ZR 129/94, NJW 1997, 2180, 2181 f. = WRP 1997, 325 - Architektenwettbewerb; Urteil vom 17. Mai 2001 - I ZR 251/99, BGHZ 148, 13, 17 f. - ambiente.de; Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 - Internetversteigerung I, vom 17. Dezember 2010 - V ZR 44/10, NJW 2011, 753 Rn. 9 ff., jeweils mwN).
- 30
- Der Betreiber einer Suchmaschine ist danach grundsätzlich nicht verpflichtet , die durch eine Software generierten Suchergänzungsvorschläge generell vorab auf etwaige Rechtsverletzungen zu überprüfen. Dies würde den Betrieb einer Suchmaschine mit einer der schnellen Recherche der Nutzer dienenden Suchergänzungsfunktion wenn nicht gar unmöglich machen, so doch unzumutbar erschweren. Eine entsprechende präventive Filterfunktion kann zwar für bestimmte Bereiche, wie etwa Kinderpornographie, erforderlich und realisierbar sein, sie vermag jedoch nicht allen denkbaren Fällen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung vorzubeugen. Den Betreiber einer InternetSuchmaschine trifft deshalb grundsätzlich erst dann eine Prüfungspflicht, wenn er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Weist ein Betroffener den Betreiber einer Internet-Suchmaschine auf eine rechtswidrige Verletzung seines Persönlichkeitsrechts hin, ist der Betreiber der Suchmaschine verpflichtet, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern (vgl. Senatsurteil vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, VersR 2012, 992 Rn. 19).
- 31
- 3. Das Berufungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - eine rechtliche Würdigung unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Prüfungspflichten ebenso wenig vorgenommen wie unter dem Gesichtspunkt des - nur in engen Grenzen zu gewährenden (vgl. Senatsurteil vom 20. März 2012 - VI ZR 123/11, VersR 2012, 630 Rn. 15 mwN) - Anspruchs auf Geldentschädigung und des Anspruchs auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Dies wird es nachzuholen haben. Galke Wellner Diederichsen Pauge von Pentz
LG Köln, Entscheidung vom 19.10.2011 - 28 O 116/11 -
OLG Köln, Entscheidung vom 10.05.2012 - 15 U 199/11 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung der individualisierenden Berichterstattung über eine Straftat in Anspruch.
- 2
- Der in Deutschland wohnhafte Kläger wurde im Jahr 1993 zusammen mit seinem Bruder wegen Mordes an dem bekannten Schauspieler Walter Sedlmayr zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Die Tat hatte erhebliches Aufsehen erregt. Der Kläger stellte mehrfach, zuletzt im Jahr 2004, Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens, vor deren Bescheidung er sich an die Presse wandte. Sein letzter Wiederaufnahmeantrag wurde im Jahr 2005 verworfen. Im Januar 2008 wurde der Kläger auf Bewährung aus der Strafhaft entlassen. Die in der Republik Österreich niedergelassene Beklagte betreibt das Internetportal www.rainbow.at. Dort hielt sie auf den für Altmeldungen vorgesehenen Seiten bis zum 18. Juni 2007 eine auf den 23. August 1999 datierte Meldung mit dem Titel "Wird der Sedlmayr-Mord neu verhandelt?" zum freien Abruf durch die Öffentlichkeit bereit. Darin heißt es unter voller Namensnennung der Betroffenen u.a.:
- 3
- "W. und L. wollen beide ihre Unschuld nachweisen …
- 4
- …Neun Jahre nach demMord an dem bayerischen Volksschauspieler Walter Sedlmayr wollen die beiden Verurteilten eine Neuauflage des Prozesses erzwingen. Der zu lebenslanger Haft verurteilte W. (44) reichte vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe Beschwerde gegen das Urteil ein. Sein Halbbruder L. (46) ... will im September ebenfalls vor das Verfassungsgericht gehen. ... Sedlmayr war am 15. Juli 1990 tot im Schlafzimmer seiner Wohnung gefunden worden. Er hatte schwere Schädelverletzungen durch Hammerschläge und Stichwunden. W. und L. wurden 1993 in einem aufwendigen Indizienprozess nach 53 Verhandlungstagen verurteilt. Die beiden Brüder beauftragten mit der Verfassungsbeschwerde den Frankfurter Rechtsanwalt W. "Wir wollen beweisen, dass mehrere Hauptbelastungszeugen beim Prozess nicht die Wahrheit gesagt haben. Damit wären die Grundlagen für das Urteil erschüttert. Meine Mandanten sind unschuldig." …"
- 5
- Der Kläger sieht in dem Bereithalten der seinen Namen enthaltenden Altmeldung zum Abruf im Internet eine Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Mit der Klage verlangt er von der Beklagten, es zu unterlassen, über ihn im Zusammenhang mit der Tat unter voller Namensnennung zu berich- ten. Die Klage hatte in beiden Vorinstanzen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.
- 6
- Der erkennende Senat hat das Verfahren mit Beschluss vom 10. November 2009 (VersR 2010, 226) ausgesetzt und den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (nachfolgend: Gerichtshof) gemäß Art. 234 EG um eine Vorabentscheidung zur Auslegung von Art. 5 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivilund Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1 ff., nachfolgend: EuGVVO) und von Art. 3 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs , im Binnenmarkt (ABl. L 178, S. 1, nachfolgend: e-commerce-Richtlinie) ersucht. Der Gerichtshof hat hierüber durch Urteil vom 25. Oktober 2011 (Rs. C-509/09, AfP 2011, 565 - eDate Advertising) entschieden.
Entscheidungsgründe:
I.
- 7
- Das Berufungsgericht hat die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach Art. 5 Nr. 3 EuGVVO bejaht. Das schädigende Ereignis drohe in Deutschland einzutreten, da der Internetauftritt der Beklagten bestimmungsgemäß hier abgerufen werden könne. Dementsprechend sei der vom Kläger geltend gemachte Anspruch gemäß Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB nach deutschem Recht zu beurteilen. Aus § 3 Abs. 2 TMG folge nichts anderes, da diese Norm keinen kollisionsrechtlicher Charakter habe. In dem Bereithalten der den Kläger identifizierenden Meldung zum Abruf im Internet liege eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers, die einen Unterlassungsanspruch aus den § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 BGB analog in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG begründe. Der Kläger habe sich Mitte des Jahres 2006, als die Meldung noch abrufbar gewesen sei, kurz vor der Entlassung aus der Strafhaft unter Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung befunden, weshalb eine Konstellation gegeben gewesen sei, wie sie der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Juni 1973 (BVerfGE 35, 202 ff. - Lebach I) zugrunde gelegen habe. Das im Hinblick auf seine bevorstehende Wiedereingliederung in die Gesellschaft besonders schutzwürdige Interesse des Klägers, nicht weiterhin öffentlich mit der Tat konfrontiert zu werden, überwiege das Interesse der Beklagten an der weiteren Verbreitung der Meldung umso mehr, als die Einschränkungen, die dem Verbreiter solcher Meldungen auferlegt würden, denkbar gering seien. Diesem werde nämlich nicht die Berichterstattung über die Tat, sondern nur die Nennung der Namen der Täter untersagt.
- 8
- Der Umstand, dass - wie auch im Streitfall - Meldungen im Internet häufig dauerhaft abrufbar gehalten würden und als ältere Meldungen erkennbar seien, rechtfertige keine andere Beurteilung. Es mache keinen Unterschied, ob die Identität des Betroffenen in einer neuen oder in einer älteren Meldung preisgegeben werde. Es komme auch nicht darauf an, ob die beanstandete Meldung mittels Suchmaschinen oder Querverweisen über ein auf die Tat bezogenes Schlagwort oder über den Namen des Täters auffindbar sei. Auch der Umstand, dass über das Internet verbreiteten Meldungen in der Regel ein geringerer Verbreitungsgrad zukomme als Meldungen, die über die Tagespresse, Rundfunk oder Fernsehen verbreitet würden, lasse nicht die Anlegung anderer als der vom Bundesverfassungsgericht für die Massenmedien entwickelten Maßstäbe zu.
- 9
- Die Beklagte sei hinsichtlich der Rechtsbeeinträchtigung auch Störer. Ihre Störereigenschaft könne insbesondere nicht im Hinblick darauf verneint werden , dass es sich bei dem Teil des Internetauftritts, in dem die beanstandete Meldung zum Abruf bereitgehalten worden sei, um ein privilegiertes Internetarchiv handle. Denn eine über das Internet allgemein zugängliche, in die Rubrik "Archiv" eingestellte Äußerung werde ebenso verbreitet wie jede andere Äußerung auch. Der Rubrik, in der die beanstandete Meldung zum Abruf bereitgehalten werde, komme auch unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit einer Kontrolle über den eigenen Internetauftritt keine Bedeutung zu. Ferner sei unerheblich , ob bereits die erstmalige Veröffentlichung der beanstandeten Inhalte rechtswidrig oder ob die Verbreitung der Meldung ursprünglich rechtmäßig gewesen sei.
- 10
- Aus dem Herkunftslandprinzip des § 3 Abs. 2 TMG folge nichts anderes, da das weitere Zugänglichhalten der Meldung unter Namensnennung auch nach österreichischem Recht unzulässig gewesen sei. Nach österreichischem Recht stehe dem Kläger ein Unterlassungsanspruch aus § 1330 Abs. 1 des Österreichischen Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches in Verbindung mit § 7a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Österreichischen Mediengesetzes zu. Die große Bedeutung , die das österreichische Recht dem Schutz der Resozialisierung eines aus der Strafhaft entlassenen verurteilten Straftäters beimesse, komme in § 113 des Österreichischen Strafgesetzbuches zum Ausdruck.
II.
- 11
- Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Dem Kläger steht kein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG zu.
- 12
- 1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bejaht, die auch unter der Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz zu prüfen ist (vgl. Senatsurteile vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, VersR 2012, 114 Rn. 10 - Blog-Eintrag; vom 31. Mai 2011 - VI ZR 154/10, BGHZ 190, 28 Rn. 16, jeweils mwN). Sie ergibt sich, wie das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen hat, aus Art. 5 Nr. 3 EuGVVO. Nach dieser Bestimmung kann eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, vor dem Gericht desjenigen Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden.
- 13
- a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Gerichtshofs sind die Begriffe "unerlaubte Handlung" und "Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist" in Art. 5 Nr. 3 EuGVVO autonom und weit auszulegen. In diesem Gerichtsstand sind alle Klagen zulässig, mit denen eine Schadenshaftung geltend gemacht wird, die nicht an einen Vertrag im Sinne des Art. 5 Nr. 1 EuGVVO anknüpft (vgl. EuGH, Urteile vom 25. Oktober 2011 - Rs. C-509/09, AfP 2011, 565 Rn. 38 - eDate Advertising; zu Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ: EuGH, Urteil vom 1. Oktober 2002 - Rs. C-167/00, NJW 2002, 3617 Rn. 36 - Henkel, jeweils mwN). Abzugrenzen ist die unerlaubte Handlung ebenso wie die ihr gleichgestellte Handlung von einem Vertrag, d.h. von einer freiwillig eingegangenen Verpflichtung. Unter den Begriff der unerlaubten Handlung fallen daher auch Persönlichkeitsrechts- oder Ehrverletzungen (vgl. EuGH, Urteile vom 25. Oktober 2011 - Rs. C-509/09, aaO Rn. 42 ff. - eDate Advertising; vom 7. März 1995 - Rs. C-68/93 - Slg. 1995, I-415 Rn. 17 ff. - Shevill). Erfasst werden neben Ansprüchen auf Geldersatz auch Unterlassungsansprüche. Auf den Eintritt eines Schadens kommt es nicht an. Ausweislich des Wortlauts des Art. 5 Nr. 3 EuGVVO fallen auch vorbeugende Klagen in den Anwendungsbereich der Bestimmung (vgl. EuGH, Urteile vom 25. Oktober 2011 - Rs. C-509/09, aaO Rn. 35 - eDate Advertising; vom 1. Oktober 2002 - Rs. C-167/00, aaO Rn. 44 ff. - Henkel; BGH, Urteil vom 24. Oktober 2005 - II ZR 329/03, VersR 2006, 566; MünchKommZPO/Gottwald, 3. Aufl., Art. 5 EuGVVO, Rn. 56, 59).
- 14
- b) Die Frage, wie das Tatbestandsmerkmal "Ort, an dem das schädigende Ereignis einzutreten droht" in Art. 5 Nr. 3 EuGVVO bei (drohenden) Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Inhalte auf einer Internet-Website auszulegen ist, hat der Senat dem Gerichtshof mit Beschluss vom 10. November 2009 ge- mäß Art. 234 EGV (jetzt: Art. 267 AEUV) zur Vorabentscheidung vorgelegt (VersR 2010, 226). Der Gerichtshof hat die Frage mit Urteil vom 25. Oktober 2011 (Rs. C-509/09, aaO - eDate Advertising) wie folgt beantwortet:
- 15
- "Art. 5 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass im Fall der Geltendmachung einer Verletzung von Persönlichkeitsrechten durch Inhalte, die auf einer Website veröffentlicht worden sind, die Person, die sich in ihren Rechten verletzt fühlt, die Möglichkeit hat, entweder bei den Gerichten des Mitgliedstaats, in dem der Urheber dieser Inhalte niedergelassen ist, oder bei den Gerichten des Mitgliedstaats, in dem sich der Mittelpunkt ihrer Interessen befindet, eine Haftungsklage auf Ersatz des gesamten entstandenen Schadens zu erheben. Anstelle einer Haftungsklage auf Ersatz des gesamten entstandenen Schadens kann diese Person ihre Klage auch vor den Gerichten jedes Mitgliedstaats erheben, in dessen Hoheitsgebiet ein im Internet veröffentlichter Inhalt zugänglich ist oder war. Diese sind nur für die Entscheidung über den Schaden zuständig, der im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats des angerufenen Gerichts verursacht worden ist."
- 16
- Zur Begründung hat der Gerichtshof ausgeführt, dass die von ihm für Schadensersatzklagen wegen ehrverletzender Äußerungen in einem Druckerzeugnis entwickelten Kriterien (vgl. Urteil vom 7. März 1995, C-68/93, aaO, - Shevill) für Internetsachverhalte fortzuschreiben seien. Die Auswirkungen eines im Internet veröffentlichten Inhalts auf die Persönlichkeitsrechte einer Person könnten am besten von dem Gericht des Ortes beurteilt werden, an dem das mutmaßliche Opfer den Mittelpunkt seiner Interessen habe. Der Ort, an dem eine Person den Mittelpunkt ihrer Interessen habe, entspreche im Allgemeinen ihrem gewöhnlichen Aufenthalt. Allerdings könne eine Person den Mit- telpunkt ihrer Interessen auch in einem anderen Mitgliedstaat haben, in dem sie sich gewöhnlich nicht aufhalte, sofern andere Indizien wie die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit einen besonders engen Bezug zu diesem Staat herstellten (vgl. EuGH, Urteil vom 25. Oktober 2011 - Rs. C-509/09, aaO Rn. 48 f. - eDate Advertising).
- 17
- Diese Grundsätze gelten auch für Unterlassungsklagen (vgl. EuGH, Urteil vom 25. Oktober 2011 - Rs. C-509/09, aaO Rn. 35 - eDate Advertising; Hess, JZ 2012, 189, 191).
- 18
- c) Danach ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte vorliegend gegeben. Der Mittelpunkt der Interessen des Klägers befand und befindet sich in Deutschland. Hier hat er seinen gewöhnlichen Aufenthalt und Lebensmittelpunkt. Hier wohnt er und ist sozial und familiär eingebunden (zum Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts vgl. Hess, JZ 2012, 189, 191 f.; Mankowski , EWiR 2011, 743 f.). Hier wirkt sich eine Verletzung seines Achtungsanspruchs aus.
- 19
- 2. Die Klage ist auch im Übrigen zulässig. Entgegen der Auffassung der Revision ist der Klageantrag hinreichend bestimmt. Er ist dahingehend auszulegen , dass der Beklagten untersagt werden soll, auf ihrer Internetseite nicht mehr aktuelle Meldungen zum Abruf bereit zu halten, in denen im Zusammenhang mit dem Mord an Walter Sedlmayr der Name des Klägers genannt wird. Der Klageantrag ist dagegen nicht auf Unterlassung jedweder künftigen Berichterstattung gerichtet. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus der Klagebegründung, die zur Ermittlung des Klagebegehrens heranzuziehen ist (vgl. Senatsurteile vom 26. Mai 2009 - VI ZR 174/08 - VersR 2009, 1269 Rn. 13; vom 22. Februar 2011 - VI ZR 346/09, AfP 2011, 180 Rn. 8 - Internetportal faz.net; BGH, Urteil vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 17 - jugendgefährdende Medien bei e-Bay, jeweils mwN). Der Kläger hat schriftsätzlich deutlich gemacht , dass er sich lediglich gegen das weitere Vorhalten ihn identifizierender Altmeldungen wie der konkret angegriffenen zum Abruf im Internet wendet. In diesem Sinne haben auch die Vorinstanzen das Begehren des Klägers verstanden. Dieses Verständnis hat der Kläger auch in der Revisionserwiderung bestätigt.
- 20
- 3. Die Klage ist aber nicht begründet.
- 21
- a) Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass der vom Kläger geltend gemachte Anspruch nach deutschem Recht zu beurteilen ist. Dieses Ergebnis folgt aus Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB.
- 22
- aa) Die Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (nachfolgend: Rom II-Verordnung) ist im Streitfall nicht anwendbar, da gemäß deren Art. 1 Abs. 2 lit. g außervertragliche Schuldverhältnisse aus der Verletzung der Persönlichkeitsrechte vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgenommen sind.
- 23
- bb) Art. 40 EGBGB wird auch nicht durch § 3 Abs. 2 TMG in der hier noch maßgeblichen Fassung vom 26. Februar 2007 verdrängt. Denn diese Bestimmung enthält keine Kollisionsnorm.
- 24
- (1) Der mit dem Begriff "Herkunftslandprinzip" überschriebene § 3 TMG regelt in seinem Absatz 1, dass in der Bundesrepublik Deutschland niedergelassene Diensteanbieter und ihre Telemedien den Anforderungen des deutschen Rechts auch dann unterliegen, wenn die Telemedien in einem anderen Staat innerhalb des Geltungsbereichs der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (nachfolgend: e-commerceRichtlinie ) geschäftsmäßig angeboten oder erbracht werden. Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 TMG wird der freie Dienstleistungsverkehr von Telemedien, die in der Bundesrepublik Deutschland von Diensteanbietern geschäftsmäßig angeboten oder erbracht werden, die in einem anderen Staat innerhalb des Geltungsbereichs der e-commerce-Richtlinie niedergelassen sind, nicht eingeschränkt.
- 25
- (2) Die Rechtsnatur und Reichweite des in § 3 TMG angeordneten Herkunftslandprinzips sind im Einklang mit Art. 3 der e-commerce-Richtlinie zu bestimmen , dessen Umsetzung die genannte nationale Vorschrift dient (vgl. BTDrucks. 14/7345, S. 31; 16/3078, S. 14; Vorlagebeschluss vom 10. November 2009, AfP 2010, 150; vgl. auch Nickels, Der Betrieb 2001, 1919, 1923; ders., CR 2002, 302, 304).
- 26
- (a) Der Senat hat deshalb mit Beschluss vom 10. November 2009 dem Gerichtshof die Frage zur Vorabentscheidung gemäß Art. 234 EG (jetzt: Art. 267 AEUV) vorgelegt, ob die Bestimmungen des Art. 3 Abs. 1 und 2 der e-commerce-Richtlinie kollisionsrechtlichen Charakter in dem Sinne haben, dass sie auch für den Bereich des Zivilrechts unter Verdrängung der nationalen Kollisionsnormen die alleinige Anwendung des im Herkunftsland geltenden Rechts anordnen oder ob es sich bei diesen Vorschriften um ein Korrektiv auf materiell-rechtlicher Ebene handelt, durch das das sachlich-rechtliche Ergebnis des nach den nationalen Kollisionsnormen für anwendbar erklärten Rechts inhaltlich modifiziert und auf die Anforderungen des Herkunftslandes reduziert wird.
- 27
- (b) Der Gerichtshof hat die Frage mit Urteil vom 25. Oktober 2011 (C509 /09, aaO - eDate Advertising) wie folgt beantwortet:
- 28
- "Art. 3 der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft , insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt ("Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr") ist dahin auszulegen, dass er keine Umsetzung in Form einer speziellen Kollisionsregel verlangt. Die Mitgliedstaaten müssen jedoch vorbehaltlich der bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 2001/31 gestatteten Ausnahmen im koordinierten Bereich sicherstellen, dass der Anbieter eines Dienstes des elektronischen Geschäftsverkehrs keinen strengeren Anforderungen unterliegt , als sie das im Sitzmitgliedstaat dieses Anbieters geltende Sachrecht vorsieht."
- 29
- Zur Begründung hat der Gerichtshof (aaO, Rn. 60 ff.) u.a. ausgeführt, dass bei der Auslegung des Art. 3 der Richtlinie deren Art. 1 Abs. 4 zu berücksichtigen sei, wonach die Richtlinie keine zusätzlichen Regeln im Bereich des internationalen Privatrechts hinsichtlich des anwendbaren Rechts schaffe. Eine Auslegung des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie dahin, dass sie zu einer Anwendung des im Sitzmitgliedstaat geltenden Sachrechts führe, ziehe nicht ihre Einordnung als Regel im Bereich des internationalen Privatrechts nach sich. Dieser Absatz verpflichte die Mitgliedstaaten in erster Linie dazu, dafür Sorge zu tragen , dass die Dienste der Informationsgesellschaft, die von einem in ihrem Hoheitsgebiet niedergelassenen Diensteanbieter erbracht würden, den in diesen Mitgliedstaaten geltenden innerstaatlichen Vorschriften entsprächen, die in den koordinierten Bereich fallen. Die Auferlegung einer solchen Verpflichtung weise nicht die Merkmale einer Kollisionsregel auf, die dazu bestimmt wäre, einen spezifischen Konflikt zwischen mehreren zur Anwendung berufenen Rechtsordnungen zu lösen. Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie untersage den Mitgliedstaaten, den freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft aus einem anderen Mitgliedstaat aus Gründen einzuschränken, die in den koordinierten Bereich fallen. Aus Art. 1 Abs. 4 in Verbindung mit dem 23. Erwägungsgrund der Richtlinie folge dagegen, dass es den Aufnahmemitgliedstaaten grundsätzlich freistehe , das anwendbare Sachrecht anhand ihres internationalen Privatrechts zu bestimmen, soweit sich daraus keine Einschränkung der Freiheit zur Erbringung von Diensten des elektronischen Geschäftsverkehrs ergebe.
- 30
- (c) Danach enthält auch die Bestimmung des § 3 TMG, die wie Art. 3 der e-commerce-Richtlinie auszulegen ist (BT-Drucks. 14/7345, S. 31; Nickels, Der Betrieb 2001, 1919, 1923; ders., CR 2002, 302, 304), keine Kollisionsnorm, sondern ein sachrechtliches Beschränkungsverbot (vgl. auch Sack, EWS 2011, 513 ff.; Hess, JZ 2012, 189, 192; Spindler, CR 2012, 176, 177; Brand, NJW 2012, 127, 130).
- 31
- cc) Der nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB maßgebliche Erfolgsortliegt in Deutschland. Hier wird die Achtung, die der in Deutschland wohnhafte Kläger in seinem Lebenskreis in Deutschland genießt, gestört bzw. gefährdet (vgl. zur Störung des Achtungsanspruchs am Wohnort des Betroffenen: Senatsurteile vom 3. Mai 1977 - VI ZR 24/75, NJW 1977, 1590 f.; vom 2. März 2010 - VI ZR 23/09, BGHZ 184, 313 Rn. 23). Hier kollidiert sein Interesse an der Unterlassung der sein Persönlichkeitsrecht berührenden Veröffentlichung mit dem Interesse der Beklagten an der Gestaltung ihres Internetauftritts und an einer Berichterstattung.
- 32
- dd) Sein Bestimmungsrecht zugunsten deutschen Rechts gemäß Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB hat der Kläger in der Klageschrift ausgeübt.
- 33
- b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger aber kein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG zu.
- 34
- aa) Das Berufungsgericht hat allerdings mit Recht angenommen, dass das Bereithalten der den Kläger namentlich als wegen Mordes Verurteilten bezeichnenden Meldung zum Abruf im Internet einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers darstellt. Denn die Berichterstattung über eine Straftat unter namentlicher Nennung des Straftäters beeinträchtigt zwangsläufig dessen Recht auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seines Privatlebens , weil sie sein Fehlverhalten öffentlich bekannt macht und seine Person in den Augen der Adressaten von vornherein negativ qualifiziert (vgl. Senatsurteile vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08, BGHZ 183, 353 Rn. 10 - Online-Archiv I mit NA-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Juli 2010 - 1 BvR 535/10; vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08 - Online-Archiv II mit NABeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Juli 2010 - 1 BvR 923/10; vom 20. April 2010 - VI ZR 245/08, AfP 2010, 261 Rn. 11 mit NA-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Juni 2010 - 1 BvR 1316/10; vom 22. Februar 2011 - VI ZR 346/09, AfP 2011, 180 Rn. 10 - Internetportal faz.net; BVerfGE 35, 202, 226; BVerfG, NJW 2006, 2835 Rn. 10; AfP 2009, 365 Rn. 15). Dies gilt nicht nur bei aktiver Informationsübermittlung durch die Medien , wie es im Rahmen der herkömmlichen Berichterstattung in Tagespresse, Rundfunk oder Fernsehen geschieht, sondern auch dann, wenn - wie im Streitfall - den Täter identifizierende Inhalte lediglich auf einer passiven Darstellungsplattform im Internet zum Abruf bereitgehalten werden (vgl. BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 17). Diese Inhalte sind nämlich grundsätzlich jedem interessierten Internetnutzer zugänglich (vgl. Senatsurteile vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08, aaO - Online-Archiv I; vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08, aaO - Online-Archiv II; vom 20. April 2010 - VI ZR 245/08, aaO; Verweyen/Schulz, AfP 2008, 133, 137).
- 35
- bb) Im Ausgangspunkt zutreffend hat es das Berufungsgericht auch für geboten erachtet, über den Unterlassungsantrag aufgrund einer Abwägung des Rechts des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seines Privatlebens aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungs - und Medienfreiheit zu entscheiden. Die Beklagte als ausländische juristische Person mit Sitz in der Europäischen Union kann sich in europarechtskonformer Erweiterung des Anwendungsbereichs des Art. 19 Abs. 3 GG im vorliegenden Zusammenhang auf das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 GG berufen (vgl. BVerfG, NJW 2011, 3428 Rn. 69 ff.). Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteile vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08, aaO Rn. 11 - Online-Archiv I; vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08, aaO Rn. 14 - Online-Archiv II; vom 20. April 2010 - VI ZR 245/08, aaO; vom 22. Februar 2011 - VI ZR 346/09, AfP 2011, 180 Rn. 11 - Internetportal faz.net, jeweils mwN). Insoweit ist die Rechtslage anders als bei der Verletzung absoluter Rechte wie beispielsweise des Urheberrechts, bei der der Eingriff in das Recht die Rechtswidrigkeit regelmäßig indiziert (vgl. BGH, Beschluss vom 4. März 1957 - GSZ 1/56, BGHZ 24, 21, 27 f.; Urteile vom 12. Juli 1996 - V ZR 280/94, VersR 1997, 119; vom 5. Oktober 2010 - I ZR 127/09, GRUR 2011, 335 Rn. 12, 24; Dauner-Lieb/Langen/Katzenmeier, BGB, 2. Aufl., § 823 Rn. 7 mwN).
- 36
- cc) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers durch das Bereithalten der beanstandeten Inhalte zum Abruf im Internet in rechtswidriger Weise verletzt worden sei. Das Berufungsgericht hat die besonderen Umstände des Streitfalles nicht ausreichend berücksichtigt und das von der Beklagten verfolgte Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihr Recht auf freie Meinungsäußerung mit einem zu geringen Gewicht in die Abwägung eingestellt.
- 37
- (1) In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind verschiedene Kriterien entwickelt worden, die Leitlinien für den konkreten Abwägungsvorgang vorgeben (vgl. BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 17; AfP 2009, 480 Rn. 61 f., jeweils mwN). Danach müssen wahre Tatsachenbehauptungen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht. Allerdings kann auch eine wahre Darstellung das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen, wenn sie einen Persönlichkeitsschaden anzurichten droht, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Aussagen geeignet sind, eine erhebliche Breitenwirkung zu entfalten und eine besondere Stigmatisierung des Betroffenen nach sich zu ziehen, so dass sie zum Anknüpfungspunkt für eine soziale Ausgrenzung und Isolierung zu werden drohen (vgl. BVerfGE 97, 391, 404 f.; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 17).
- 38
- Geht es um eine Berichterstattung über eine Straftat, so ist zu berücksichtigen , dass eine solche Tat zum Zeitgeschehen gehört, dessen Vermittlung Aufgabe der Medien ist. Die Verletzung der Rechtsordnung und die Beeinträchtigung individueller Rechtsgüter, die Sympathie mit den Opfern, die Furcht vor Wiederholungen solcher Straftaten und das Bestreben, dem vorzubeugen, begründen grundsätzlich ein anzuerkennendes Interesse der Öffentlichkeit an näherer Information über Tat und Täter. Dieses wird umso stärker sein, je mehr sich die Tat in Begehungsweise und Schwere von der gewöhnlichen Kriminalität abhebt. Bei schweren Gewaltverbrechen ist in der Regel ein über bloße Neugier und Sensationslust hinausgehendes Interesse an näherer Information über die Tat und ihren Hergang, über die Person des Täters und seine Motive sowie über die Strafverfolgung anzuerkennen (vgl. BVerfGE 35, 202, 230 f.; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 18; vgl. auch Senatsurteil vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99, BGHZ 143, 199, 204).
- 39
- Bei der Abwägung des Informationsinteresses der Öffentlichkeit an einer Berichterstattung mit der damit zwangsläufig verbundenen Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Täters verdient für die aktuelle Berichterstattung über Straftaten das Informationsinteresse im Allgemeinen den Vorrang. Denn wer den Rechtsfrieden bricht und durch diese Tat und ihre Folgen Mitmenschen angreift oder verletzt, muss sich nicht nur den hierfür verhängten strafrechtlichen Sanktionen beugen, sondern er muss auch dulden, dass das von ihm selbst erregte Informationsinteresse der Öffentlichkeit auf den dafür üblichen Wegen befriedigt wird (vgl. BVerfGE 35, 202, 231 f.; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 19; vgl. auch Senatsurteile vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99, BGHZ 143, 199, 204; vom 28. Oktober 2008 - VI ZR 307/07, BGHZ 178, 213 Rn. 22 f.; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04, VersR 2006, 274 Rn. 14).
- 40
- Mit zeitlicher Distanz zur Straftat gewinnt dagegen das Interesse des Täters , von einer Reaktualisierung seiner Verfehlung verschont zu bleiben, zunehmende Bedeutung. Das Persönlichkeitsrecht bietet Schutz vor einer zeitlich uneingeschränkten Befassung der Medien mit der Person des Straftäters und seiner Privatsphäre (vgl. BVerfGE 35, 202, 233; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 21).
die Privatsphäre des Betroffenen dar als eine Wortberichterstattung (vgl. BVerfG, NJW 2000, 1859, 1860 und AfP 2009, 365 Rn. 21, jeweils mwN).
- 41
- (2) Nach diesen Grundsätzen hat das Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit und an der Achtung seines Privatlebens vorliegend hinter dem von der Beklagten verfolgten Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung zurückzutreten. Zwar kommt dem Interesse des Klägers, von einer Reaktualisierung seiner Verfehlung verschont zu bleiben, vorliegend erhöhtes Gewicht zu. Die von ihm begangene Straftat und die Verurteilung liegen lange zurück; der Kläger ist im Januar 2008 aus der Strafhaft entlassen worden. Andererseits beeinträchtigt die beanstandete Meldung sein Persönlichkeitsrecht einschließlich seines Resozialisierungsinteresses unter den besonderen Umständen des Streitfalls nicht in erheblicher Weise. Sie ist insbesondere nicht geeignet, den Kläger "ewig an den Pranger" zu stellen oder in einer Weise "an das Licht der Öffentlichkeit zu zerren", die ihn als Straftäter (wieder) neu stigmatisieren könnte.
- 42
- Die Meldung enthält wahrheitsgemäße Aussagen über ein Kapitalverbrechen an einem bekannten Schauspieler, das erhebliches öffentliches Aufsehen erregt hatte. In ihr werden die Umstände der Tat und das Strafverfahren sachbezogen und objektiv dargestellt. Die den Kläger identifizierenden Angaben in der Meldung waren unter Berücksichtigung der Schwere des Verbrechens, der Bekanntheit des Opfers, des erheblichen Aufsehens, das die Tat in der Öffentlichkeit erregt hatte, und des Umstands, dass sich der Kläger noch im Jahr 2004 unter Inanspruchnahme aller denkbaren Rechtsbehelfe um die Aufhebung seiner Verurteilung bemüht und sich zu diesem Zweck gezielt an die Öffentlichkeit gewandt hatte, zum Zeitpunkt der Einstellung der Meldung in den Internetauftritt der Beklagten zulässig. Der Kläger stand zu diesem Zeitpunkt "im Licht der Öffentlichkeit"; durch die erstmalige Veröffentlichung der streitgegenständli- chen Meldung wurde er nicht in unzulässiger Weise "erneut in das Licht der Öffentlichkeit gezerrt" (vgl. BVerfG, AfP 2010, 365 Rn. 30, 33).
- 43
- In der Art und Weise, wie die Meldung in der Folgezeit zum Abruf bereitgehalten wurde, kam ihr eine nur geringe Breitenwirkung zu. Der Verbreitungsgrad des konkret gewählten Mediums war gering; eine Fallgestaltung, wie sie der Lebach-I-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 35, 202) zugrunde lag, ist nicht gegeben. Gegenstand dieser Entscheidung war eine Fernsehdokumentation zur besten Sendezeit, die zu einem intensiven Nacherleben der Straftat unter Betonung der emotionalen Komponente führte (vgl. BVerfGE 35, 202, 228 f.). Unter den damaligen Fernsehbedingungen war gerade für eine solche Sendung mit einer besonders hohen Einschaltquote zu rechnen (BVerfGE 35, 202, 227 f.). Hingegen setzte eine Kenntnisnahme vom Inhalt der beanstandeten Meldung im Streitfall eine gezielte Suche voraus. Die Meldung wurde nur auf einer als passive Darstellungsplattform geschalteten Website angeboten, die typischerweise nur von solchen Nutzern zur Kenntnis genommen wird, die sich selbst aktiv informieren (vgl. BVerfG, NJW 2003, 2818, 2819; NJW 2008, 1298 Rn. 20; Feldmann, JurisPR-ITR 15/2009 Anm. 5). Sie war auch nicht (mehr) auf den aktuellen Seiten des Internetauftritts der Beklagten zugänglich, wo sie dem Nutzer unmittelbar nach Aufruf der Homepage der Beklagten ins Auge hätte fallen können. Vielmehr war sie ausweislich der Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, nur noch auf den für Altmeldungen vorgesehenen Seiten des Internetauftritts der Beklagten zugänglich und ausdrücklich - und für den Nutzer ohne weiteres ersichtlich - als Altmeldung gekennzeichnet. Sie war auch nicht in sonstiger Weise in einen Kontext eingebettet, der ihr den Anschein der Aktualität oder den Charakter einer erneuten Berichterstattung verlieh und die Annahme rechtfertigen würde, die Beklagte habe sich erneut bzw. zeitlich uneingeschränkt mit der Person des Straftäters befasst (vgl. dazu Hoecht, AfP 2009, 342, 346 f.; von Petersdorff-Campen, ZUM 2008, 102, 107; Feldmann, aaO; LG Düsseldorf, ZUM 2008, 156).
- 44
- Zugunsten der Beklagten fällt darüber hinaus ins Gewicht, dass ein anerkennenswertes Interesse der Öffentlichkeit nicht nur an der Information über das aktuelle Zeitgeschehen, sondern auch an der Möglichkeit besteht, vergangene zeitgeschichtliche Ereignisse zu recherchieren (vgl. Senatsurteile vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08, aaO Rn. 20 - Online-Archiv I; vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08, aaO Rn. 23 - Online-Archiv II; vom 20. April 2010 - VI ZR 245/08, aaO Rn. 21; vom 22. Februar 2011 - VI ZR 346/09, AfP 2011, 180 Rn. 20 - Internetportal faz.net; OLG Köln, AfP 2007, 126, 127; KG, AfP 2006, 561, 563; OLG Frankfurt, ZUM 2007, 915, 917; AfP 2006, 568, 569; Hoecht, aaO, 345 ff.; Libertus, MMR 2007, 143, 148). Dementsprechend nehmen die Medien ihre Aufgabe, in Ausübung der Meinungsfreiheit die Öffentlichkeit zu informieren und an der demokratischen Willensbildung mitzuwirken, auch dadurch wahr, dass sie nicht mehr aktuelle Veröffentlichungen für interessierte Mediennutzer verfügbar halten. Ein generelles Verbot der Einsehbarkeit und Recherchierbarkeit bzw. ein Gebot der Löschung aller früheren den Straftäter identifizierenden Darstellungen in "Online-Archiven" würde dazu führen, dass Geschichte getilgt und der Straftäter vollständig immunisiert würde (vgl. Senatsurteile vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08, aaO - Online-Archiv I; vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08, aaO - Online-Archiv II; vom 20. April 2010 - VI ZR 245/08, aaO; vom 22. Februar 2011 - VI ZR 346/09, AfP 2011, 180 Rn. 20 - Internetportal faz.net; Hoecht, aaO, S. 345 f.; Dreier, FS Loewenheim, 2009, S. 67, 68, 76 mwN). Hierauf hat der Täter aber keinen Anspruch (vgl. BVerfG, NJW 2000, 1859, 1860; AfP 2009, 365 Rn. 21). Dies gilt insbesondere bei einem schweren Kapitalverbrechen wie im vorliegenden Fall, das in der Öffentlichkeit besondere Aufmerksamkeit erregt hat.
- 45
- Weiterhin ist zu beachten, dass das vom Kläger begehrte Verbot einen abschreckenden Effekt auf den Gebrauch der Meinungs- und Pressefreiheit hätte, der den freien Informations- und Kommunikationsprozess einschnüren würde (vgl. Senatsurteile vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08, aaO Rn. 21 - Online-Archiv I; vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08, aaO Rn. 24 - OnlineArchiv II; vom 20. April 2010 - VI ZR 245/08, aaO Rn. 22; vom 1. Februar 2011 - VI ZR 345/09, aaO Rn. 22; BVerfGE 93, 266, 292; 99, 185, 197; BVerfG AfP 2009, 480 Rn. 62; vgl. ferner BGH, Urteil vom 1. April 2004 - I ZR 317/01, BGHZ 158, 343, 353). Die Beklagte könnte ihren verfassungsrechtlichen Auftrag , in Wahrnehmung der Meinungsfreiheit die Öffentlichkeit zu informieren, nicht vollumfänglich erfüllen, wenn es ihr generell verwehrt wäre, dem interessierten Nutzer den Zugriff auf frühere Veröffentlichungen zu ermöglichen. Würde auch das weitere Bereithalten als solcher erkennbarer und im Zeitpunkt der erstmaligen Veröffentlichung zulässiger Altmeldungen auf für Altmeldungen vorgesehenen Seiten zum Abruf im Internet nach Ablauf einer gewissen Zeit oder nach Veränderung der zugrunde liegenden Umstände ohne weiteres unzulässig und wäre die Beklagte verpflichtet, sämtliche archivierten Beiträge von sich aus immer wieder auf ihre Rechtmäßigkeit zu kontrollieren, würde die Meinungs - und Medienfreiheit in unzulässiger Weise eingeschränkt. Angesichts des mit einer derartigen Kontrolle verbundenen personellen und zeitlichen Aufwands bestünde die erhebliche Gefahr, dass die Beklagte entweder ganz von einer der Öffentlichkeit zugänglichen Archivierung absehen oder bereits bei der erstmaligen Veröffentlichung die Umstände ausklammern würde, die - wie vorliegend der Name des Straftäters - das weitere Vorhalten des Beitrags später rechtswidrig werden lassen könnten, an deren Mitteilung die Öffentlichkeit aber im Zeitpunkt der erstmaligen Berichterstattung ein schützenswertes Interesse hat.
- 46
- dd) Eine andere rechtliche Beurteilung ist auch nicht nach den Grundsätzen des Datenschutzrechts geboten. Der Anwendungsbereich des Bundesdatenschutzgesetzes ist im Streitfall nicht eröffnet. Selbst wenn es sich bei dem Bereithalten der den Namen des Klägers enthaltenden Meldung zum Abruf im Internet um ein "Verarbeiten" personenbezogener Daten im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 1 BDSG handelte, wäre die Anwendung des Bundesdatenschutzgesetzes jedenfalls nach dessen § 1 Abs. 5 Satz 1 ausgeschlossen. Danach findet das Gesetz keine Anwendung, wenn eine in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum belegene verantwortliche Stelle personenbezogene Daten im Inland erhebt, verarbeitet oder nutzt, es sei denn, dies erfolgt durch eine Niederlassung im Inland (vgl. auch BT-Drucks. 14/4329, S. 29; Jotzo, MMR 2009, 232, 233). Die beanstandete Meldung wurde aber von der in Österreich - und damit in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union - ansässigen Beklagten zum Abruf im Internet bereitgehalten.
- 47
- 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Galke Wellner Pauge Stöhr von Pentz
LG Hamburg, Entscheidung vom 18.01.2008 - 324 O 548/07 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 29.07.2008 - 7 U 22/08 -
(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
(1) Ist eine Löschung im Fall nicht automatisierter Datenverarbeitung wegen der besonderen Art der Speicherung nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich und ist das Interesse der betroffenen Person an der Löschung als gering anzusehen, besteht das Recht der betroffenen Person auf und die Pflicht des Verantwortlichen zur Löschung personenbezogener Daten gemäß Artikel 17 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 ergänzend zu den in Artikel 17 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Ausnahmen nicht. In diesem Fall tritt an die Stelle einer Löschung die Einschränkung der Verarbeitung gemäß Artikel 18 der Verordnung (EU) 2016/679. Die Sätze 1 und 2 finden keine Anwendung, wenn die personenbezogenen Daten unrechtmäßig verarbeitet wurden.
(2) Ergänzend zu Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe b und c der Verordnung (EU) 2016/679 gilt Absatz 1 Satz 1 und 2 entsprechend im Fall des Artikels 17 Absatz 1 Buchstabe a und d der Verordnung (EU) 2016/679, solange und soweit der Verantwortliche Grund zu der Annahme hat, dass durch eine Löschung schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt würden. Der Verantwortliche unterrichtet die betroffene Person über die Einschränkung der Verarbeitung, sofern sich die Unterrichtung nicht als unmöglich erweist oder einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde.
(3) Ergänzend zu Artikel 17 Absatz 3 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2016/679 gilt Absatz 1 entsprechend im Fall des Artikels 17 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2016/679, wenn einer Löschung satzungsgemäße oder vertragliche Aufbewahrungsfristen entgegenstehen.
(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
(1) Ist eine Löschung im Fall nicht automatisierter Datenverarbeitung wegen der besonderen Art der Speicherung nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich und ist das Interesse der betroffenen Person an der Löschung als gering anzusehen, besteht das Recht der betroffenen Person auf und die Pflicht des Verantwortlichen zur Löschung personenbezogener Daten gemäß Artikel 17 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 ergänzend zu den in Artikel 17 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Ausnahmen nicht. In diesem Fall tritt an die Stelle einer Löschung die Einschränkung der Verarbeitung gemäß Artikel 18 der Verordnung (EU) 2016/679. Die Sätze 1 und 2 finden keine Anwendung, wenn die personenbezogenen Daten unrechtmäßig verarbeitet wurden.
(2) Ergänzend zu Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe b und c der Verordnung (EU) 2016/679 gilt Absatz 1 Satz 1 und 2 entsprechend im Fall des Artikels 17 Absatz 1 Buchstabe a und d der Verordnung (EU) 2016/679, solange und soweit der Verantwortliche Grund zu der Annahme hat, dass durch eine Löschung schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt würden. Der Verantwortliche unterrichtet die betroffene Person über die Einschränkung der Verarbeitung, sofern sich die Unterrichtung nicht als unmöglich erweist oder einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde.
(3) Ergänzend zu Artikel 17 Absatz 3 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2016/679 gilt Absatz 1 entsprechend im Fall des Artikels 17 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2016/679, wenn einer Löschung satzungsgemäße oder vertragliche Aufbewahrungsfristen entgegenstehen.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 18.11.2015 (28 O 495/14) in der Fassung des Berichtungsbeschlusses vom 14.1.2016 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe:
2I.
3Die Klägerin nimmt die Beklagte als Betreiberin der Suchmaschine „H“ unter Berufung auf das sog. „Recht auf Vergessen“ auf Unterlassung der Anzeige von fünf Treffern (URLs) in Ergebnislisten in Anspruch, welche die Beklagte bei einer Suche nach dem Namen der Klägerin – ggf. in Verbindung mit weiteren Suchworten – dem Nutzer übermittelt.
4Die Klägerin war bis Oktober 2010 Geschäftsführerin der N Media GmbH, die – heute unter der Bezeichnung G GmbH – unter anderem das Online-Dating-Portal „G“ (www.G.de) betreibt. Die streitgegenständlichen Treffer auf der von der Beklagten erstellten Ergebnisliste leiten weiter zu Internetseiten, auf denen Handelsregistereinträge betreffend die N Media GmbH abgebildet bzw. Blogbeiträge enthalten sind, in denen über die frühere Position der Klägerin als Geschäftsführerin berichtet wird. So führen die in der Ergebnisliste aufgeführten Treffer http://B.blogspot.com/2010/04/G-abzocke-und-kein-ende-in.html (vgl. Anlage K 4.4) und http://B.blogspot.com/2010/12/G-ver-bei-der-betreiberfirma.html (vgl. Anlage K 4.5) auf eine Unterseite der Website www.B.blogspot.com, auf der in Beiträgen vom 2.12.2010 und 9.4.2010 kritisch über das Online-Dating-Portal „G“ berichtet und die Klägerin als Geschäftsführerin namentlich genannt wird. Der Treffer http://B2.today/mm8WH (vgl. Anlage K 6.4) führt über eine dort vorhandene Verlinkung mit dem Namen der Klägerin, der sich an der linken Seite in einer alphabetisch geordneten Menüleiste findet, wiederum auf eine Unterseite der Website www.B.blogspot.com und zu dem oben erwähnten Beitrag vom 9.4.2010 (G-abzocke-und-kein-ende-in.html). Der Treffer http://B3.info/thread_6162p1 (vgl. Anl. K 4.3) führt über eine automatische Weiterleitung zu einem Austausch zwischen anonymen Internetnutzern („C“, „T“, „B4“), die in der Zeit vom 13.10.2010 bis zum 24.12.2010 über Erfahrungen mit dem Portal „G.de“ berichtet haben und u.a. das Impressum der N Media GmbH mit dem Name der Klägerin als Geschäftsführerin anzeigen. Der Treffer http://Q.de/handelsregister/NW-HRB_59723-201236 (vgl. Anlage K 6.3) führt schließlich zu einer Seite, auf welcher ein Handelsregisterauszug vom 21.2.2007 abgebildet ist, der die Klägerin als Geschäftsführerin der N Media GmbH ausweist.
5Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes, des erstinstanzlichen Vortrages der Parteien sowie der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 205 ff. d.A.) Bezug genommen.
6Mit Urteil vom 18.11.2015 hat das Landgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, ein Anspruch nach § 35 BDSG scheide aus, weil diese Regelung nur die Berichtigung, Löschung und Sperrung von Daten regele, die Klägerin jedoch Unterlassung der Anzeige der fünf Treffer verlange. Ein Unterlassungsanspruch aus §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG bzw. aus §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 4 Abs. 1 BDSG stehe ihr ebenfalls nicht zu, da die Abwägung der widerstreitenden Interessen, die auch im Rahmen von § 29 BDSG vorzunehmen sei, zu dem Ergebnis führe, dass das Informationsinteresse der Öffentlichkeit das Interesse der Klägerin überwiege, nicht mehr mit der N Media GmbH bzw. der G GmbH in Verbindung gebracht zu werden.
7Hinsichtlich des Hauptantrages auf Unterlassung der Trefferanzeige bei Eingabe ihres Namens und beliebiger weiterer Suchbegriffe sei zu berücksichtigen, dass dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 (C-131/12) ein Fall zugrunde liege, in dem die beanstandeten Seiten allein durch Eingabe des Namens des Betroffenen in der Ergebnisliste aufgeführt wurden. Bei der Eingabe des Namens der Klägerin in Verbindung mit weiteren Suchwörtern – so beispielsweise mit dem Namen der früher von ihr geleiteten Firma – sei die Verbindung zwischen der Klägerin und ihrer früheren beruflichen Tätigkeit jedoch schon vom Nutzer vorgenommen worden, ohne dass eine solche Verbindung durch die Beklagte hergestellt werde. Das Unterbinden von solchen expliziten Suchanfragen sei jedoch mit dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit, die bereits über bestimmte Informationen verfüge und gezielt nach diesen Informationen und Verknüpfungen suche, nicht zu vereinbaren.
8Auch hinsichtlich des Hilfsantrages auf Unterlassung der Trefferanzeige bei der Eingabe nur des Namens der Klägerin ergebe die Abwägung der widerstreitenden Interessen ein Überwiegen des Informationsinteresses der Öffentlichkeit. Zwar sei zugunsten der Klägerin – unterstellt – zu berücksichtigen, dass sie seit fünf Jahren keine Verbindung zu ihrer früheren Firma mehr habe und nicht mehr berufstätig sei. Auch enthielten die Internetseiten, auf die die streitgegenständlichen Links verwiesen, nur einen veralteten Handelsregisterauszug sowie anonyme kritische Kommentare zum Geschäftsgebaren der früheren Gesellschaft der Klägerin, so dass der Informationswert für den Nutzer aufgrund der fehlenden Aktualität gering sei. Andererseits sei aber zu berücksichtigen, dass sich auf den verlinkten Internetseiten lediglich wahre Tatsachenbehauptungen und zulässige Meinungsäußerungen befänden, welche allein die Sozialsphäre der Klägerin beträfen. Die Schwelle zu einer Persönlichkeitsrechtsverletzung werde durch die betreffenden Äußerungen nicht überschritten. Anders als in dem vom Europäischen Gerichtshof entschiedenen Fall würden weder Umstände aus der Privatsphäre der Klägerin mitgeteilt, noch lägen die betreffenden Ereignisse 16 Jahre zurück. Vielmehr seien die mitgeteilten Informationen der beruflichen Tätigkeit der Klägerin zuzuordnen und wiesen daher keine „Sensibilität für das Privatleben“ auf. Sofern das auch von der Klägerin gesteuerte Geschäftsgebaren ihrer früheren Firma zu (nicht näher konkretisierten) Auswirkungen auf ihr Privatleben geführt haben sollte, sei dies allein in ihrem freien Entschluss begründet, als Geschäftsführerin einer Gesellschaft tätig zu werden.
9Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge in vollem Umfang weiter. Sie macht geltend, das Landgericht habe verkannt, dass es im vorliegenden Rechtsstreit nicht um Presserecht, sondern um Datenschutzrecht gehe und damit andere Grundrechte und Abwägungsmaßstäbe einschlägig seien. Im Hinblick auf den Hauptantrag sei es datenschutzrechtlich nicht relevant, ob die Nutzer neben dem Namen der Klägerin weitere Suchbegriffe eingeben würden oder ob ihnen die frühere Tätigkeit der Klägerin bereits bekannt gewesen sei. Denn die von der Beklagten verlangte Unterlassung beziehe sich nicht auf ein etwaiges Nutzerverhalten, sondern auf die Zurverfügungstellung von indexierten Informationen, die personenbezogene Daten enthielten. Des weiteren habe das Landgericht verkannt, dass nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 von einem im Grundsatz überwiegenden Interesse des Betroffenen auszugehen sei, seine Daten der Öffentlichkeit nicht (mehr) zur Verfügung zu stellen. Eine Ausnahme habe der Europäische Gerichtshof lediglich „in besonders gelagerten Fällen“ bzw. „aus besonderen Gründen“ angenommen, in denen eventuell das Interesse der Nutzer überwiegen könne. Dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis und den daraus resultierenden erhöhten Begründungs- bzw. Rechtfertigungsaufwand habe das Landgericht verkannt. Soweit Nutzer bei einer gezielten Suche nach dem Namen der Klägerin in Verbindung mit den beiden Firmennamen eine entsprechende Verbindung bereits hergestellt hätten, stehe dies dem vom Europäischen Gerichtshof bejahten „Recht auf Vergessen“ nicht entgegen. Denn maßgeblich sei insofern die durch die Suchmaschine verursachte Verbreitungshandlung mit den erleichterten Zugangsmöglichkeiten. Die dadurch geschaffene datenschutzrechtliche Gefährdungslage (Möglichkeit der Erstellung eines detaillierten Profils der Person durch strukturierten Überblick mittels Ergebnissen der Suchmaschine) liege auch vor, wenn einzelne Nutzer bereits von der früheren beruflichen Tätigkeit der Klägerin Kenntnis hätten. Auch soweit potentielle Arbeitgeber möglicherweise ein Interesse an einer früheren Tätigkeit der Klägerin haben könnten, überwiege ihr Interesse, nach Ablauf einer gewissen Zeit ihre berufliche Tätigkeit unbehelligt von veralteter Kritik fortzusetzen.
10Hinsichtlich des Hilfsantrages macht die Klägerin geltend, es sei nicht erheblich, ob die auf den betreffenden Internetseiten veröffentlichten Äußerungen die Schwelle zur Persönlichkeitsrechtsverletzung überschritten. Denn ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung sei – wie der Regelungsgehalt des Bundesdatenschutzgesetzes zeige – auch bei Verarbeitung von wahren personenbezogenen Daten verletzt. Es sei gerade das Wesen des „Rechts auf Vergessen(werden)“, dass sich Betroffene gegen die Verarbeitung und Verbreitung wahrer Informationen wehren könnten. Im Rahmen der Abwägung sei auch nicht das Interesse der Öffentlichkeit an der Ursprungsmeldung mit den Interessen der Klägerin abzuwägen, sondern vielmehr die spezifische Gefährdungslage aufgrund der „Hbarkeit“ von Informationen und ihrer dadurch erleichterten bzw. erst ermöglichten Auffindbarkeit. Im Hinblick darauf sei auch nicht beachtlich, inwiefern die frühere Stellung der Klägerin als Geschäftsführerin im Handelsregister nachvollziehbar sei, zumal dort eine gezielte Suche nach Geschäftsführern nicht möglich sei. Schließlich könne auch nicht zu Lasten der Klägerin damit argumentiert werden, dass lediglich Informationen über ihre berufliche Tätigkeit betroffen seien. Das Landgericht habe – abweichend von der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 – den Begriff „Privatsphäre“ mit dem Begriff „Privatleben“ gleichgesetzt, was aber dem Schutzbereich von Art. 7 der Grundrechtscharta bzw. Art. 8 EMRK nicht gerecht werde, der sich jeweils auch auf die Sozialsphäre und insbesondere auf die berufliche und geschäftliche Tätigkeit des Betroffenen beziehe. Auch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 betreffe eine Information aus der Sozialsphäre des dortigen Betroffenen, nämlich die Versteigerung seines Grundstücks im Zusammenhang mit einer Pfändung wegen rückständiger Sozialversicherungsbeiträge. Soweit das Landgericht die aus seiner Sicht geringe Beeinträchtigung der Klägerin damit begründet habe, dass ihr auf den betreffenden Internetseiten kein persönlicher Vorwurf gemacht werde, handele es sich um einen Zirkelschluss. Denn die an dem Unternehmen geäußerte Kritik falle selbstverständlich auf die Klägerin als damalige Geschäftsführerin zurück, was letztlich auch der Grund sei, dass sie mit den betreffenden Informationen nicht mehr in Verbindung gebracht werden wolle.
11Schließlich ist die Klägerin der Ansicht, dass die im Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 genannte Zeitspanne von 16 Jahren keine feste Zeitgrenze für das sog. „Recht auf Vergessen“ sei. Vielmehr ergebe sich aus § 35 Abs. 2 Nr. 4 BDSG, dass eine Zeitspanne von drei bis vier Jahren angesetzt werden müsse. Angesichts dessen sei vorliegend der Nachweis der streitgegenständlichen Treffer durch die Beklagte schon allein wegen des Zeitfaktors unzulässig. Im Übrigen gebe es auch keine besonderen Gründe für ein überwiegendes öffentliches Interesse. Sie spiele keine Rolle im öffentlichen Leben und sei seit ihrer Aufgabe der Geschäftsführertätigkeit nur noch Hausfrau und Mutter ohne politische oder ehrenamtliche Ämter oder sonstige Funktionen in der Öffentlichkeit. Ein eventuelles Informationsinteresse der Öffentlichkeit an dem Geschäftsgebaren der G GmbH rechtfertige nicht, dass entsprechende Äußerungen im Falle einer Suchmaschinenrecherche über die Klägerin angezeigt würden.
12Die Klägerin ist der Ansicht, dass mit der vom Europäischen Gerichtshof bejahten „Entfernungsverpflichtung“ der Sache nach nur eine Unterlassungsverpflichtung gemeint sein könne. Denn bei den von der Beklagten veröffentlichten Suchtreffern handele es sich nicht um statistische Auflistungen, sondern um das Ergebnis immer wieder neu durchgeführter Suchvorgänge auf Basis geheimer Algorithmen. Damit also eine bestimmte URL künftig nicht mehr als Suchtreffer zu einer bestimmten Suchanfrage angezeigt werde, müsse der Betreiber daher die betreffende URL aktiv aus künftigen Listen ausschließen.
13Die Klägerin beantragt,
14unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 18.11.2015 (28 O 495/14) die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollstrecken an ihrem Vorstand, zu unterlassen, bei Suchanfragen über die Suchmaschine „H.de“, die die Worte „E“, „W“, „E2“ kumulativ – gleich in welcher Reihenfolge – enthalten, wobei die betreffenden Suchanfragen neben den genannten Worten auch weitere Begriffe enthalten können, die URLs
15http://B.blogspot.com/2010/04/G-abzocke-und-kein-ende-in.html
16und/oder
17http://B.blogspot.com/2010/12/G-ver-bei-der-betreiberfirma.html
18und/oder
19http://B2.today/mm8WH
20und/oder
21http://B3.info/thread_6162p1
22und/oder
23http://Q.de/handelsregister/NW-HRB_59723-201236
24als Suchergebnisse anzuzeigen,
25hilfsweise,
26unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 18.11.2015 (28 O 495/14) die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollstrecken an ihrem Vorstand, zu unterlassen, bei Suchanfragen über die Suchmaschine „H.de“, die ausschließlich und zugleich kumulativ die Worte „E“, „W“, „E2“ – gleich in welcher Reihenfolge – enthalten, die URLs
27http://B.blogspot.com/2010/04/G-abzocke-und-kein-ende-in.html
28und/oder
29http://B.blogspot.com/2010/12/G-ver-bei-der-betreiberfirma.html
30und/oder
31http://B2.today/mm8WH
32und/oder
33http://B3.info/thread_6162p1
34und/oder
35http://Q.de/handelsregister/NW-HRB_59723-201236
36als Suchergebnisse anzuzeigen.
37Die Beklagte beantragt,
38die Berufung zurückzuweisen.
39Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und macht geltend, die Klägerin werde nach wie vor im Handelsregister aufgeführt, in welches die Einsicht bereits bei einem bloßen Informationsinteresse möglich sei. Durch die auf der Ergebnisliste nachgewiesenen Internetseiten würden lediglich wahre Tatsachen aus der Sozialsphäre der Kläger mitgeteilt und kein umfassendes Bild über sie oder ihr Privatleben erstellt. Handele es sich jedoch um Informationen aus dem Berufsleben, in dem sich der Betroffene ohnehin in Kontakt mit der Öffentlichkeit bewege, komme es auf die vom Europäischen Gerichtshof in der Entscheidung vom 13.5.2014 betonte besondere Schutzwürdigkeit nicht an. Die Beklagte bestreitet im Übrigen mit Nichtwissen, dass es zwischen der Klägerin und der G GmbH keine Verbindungen mehr gibt und die Klägerin derzeit keiner beruflichen Tätigkeit nachgeht.
40Die Beklagte ist weiter der Ansicht, der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch scheide schon deshalb aus, weil das Bundesdatenschutzgesetz den Vorgang der Entfernung personenbezogener Daten abschließend regele und dies mit einem Anspruch auf Beseitigung, nicht Unterlassung, geltend zu machen sei. Angesichts des Umstandes, dass die Klägerin den von ihr geltend gemachten Anspruch auf §§ 1004, 823 BGB stütze, könne sie dem Landgericht nicht zum Vorwurf machen, eine persönlichkeitsrechtliche Abwägung durchgeführt zu haben. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 beschränke sich auf diejenige Fallgestaltung, in der eine bloße Namenssuche ohne Beifügung weiterer Suchbegriffe durchgeführt werde. Insofern unterscheide der Europäische Gerichtshof zwischen einer allgemeinen Namenssuche, bei der der Betroffene vor „Zufallsfunden“ geschützt werden müsse, und sonstigen gezielten Suchen, bei denen der Suchende bereits durch die Eingabe der Suchbegriffe deutliche mache, dass er (ihm bekannte) Informationen zu einem bestimmten Sachverhalt suche.
41Bereits im Zusammenhang mit dem Bewertungsportal www.T2.de habe der Bundesgerichtshof entschieden, dass die nationalen datenschutzrechtlichen Vorschriften verfassungskonform ausgelegt werden müssten, soweit sie die Kommunikationsfreiheit durch unzumutbare Anforderungen an einen Portalbetreiber einschränkten. Auch die Norm des § 35 BDSG sei zu einer Zeit eingeführt worden, als Internetsuchmaschinen im Bewusstsein des Gesetzgebers noch keine Rolle gespielt hätten und damit auch keine Berücksichtigung hätten finden können. Bei der gebotenen Interessenabwägung seien die Interessen der Klägerin mit den wirtschaftlichen Interessen der Beklagten am Betrieb der Suchmaschine, dem Recht der Internetnutzer auf Informationsfreiheit sowie der Meinungsfreiheit der jeweiligen Verfasser der Inhalte abzuwägen. Da die Meinungsfreiheit auch das Recht umfasse, die äußere Form der Berichterstattung und die Art ihrer Verbreitung frei zu wählen, sei auch die vermittelnde Tätigkeit von Suchmaschinen durch den Gewährleistungsgehalt von Art. 5 GG geschützt. Selbst bei Annahme des von der Klägerin vertretenen umgekehrten Regel-Ausnahme-Verhältnisses bei der Abwägung komme man angesichts der Rolle, die die Klägerin im öffentlichen Leben eingenommen habe, sowie der geringen Intensität der Beeinträchtigung zu demselben Ergebnis wie das Landgericht. Die Tätigkeit der Klägerin als Geschäftsführerin sei im Hinblick auf §§ 35a, 39 GmbHG, § 5 TMG, §§ 9, 103 OWiG ein Umstand, dessen Kenntnis generell im öffentlichen Interesse stehe. Auch sei zu berücksichtigen, dass unter bestimmten Voraussetzungen Ansprüche gegen den Geschäftsführer einer GmbH geltend gemacht werden könnten. Schließlich sehe die Regelung in § 35 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 BDSG keine „Halbwertszeit“ für Daten vor, aus der eine Löschungspflicht resultiere, sondern bestimmte lediglich ein Prüfintervall mit offenem Abwägungsergebnis.
42Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
43II.
44Die Berufung der Klägerin ist unbegründet.
45Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Klägerin weder der mit dem Hauptantrag geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung der Anzeige der streitgegenständlichen Suchergebnisse bei Eingabe ihres Namens und weiterer Begriffe noch der mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung dieser Suchergebnisse bei Eingabe ausschließlich ihres Vor- und Nachnamens zusteht. Die Klägerin kann einen solchen Anspruch – auch unter Berücksichtigung der vom Europäischen Gerichtshof festgelegten Grundsätze über das sog. „Recht auf Vergessen“ – weder aus § 1004 analog, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG noch aus § 1004 analog, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 29 BDSG herleiten.
46Im Einzelnen:
471. Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin gemäß § 1004 analog, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG ergibt sich weder im Hinblick auf den Haupt- noch auf den Hilfsantrag. Denn die Rechte der Klägerin auf Anonymität und informationelle Selbstbestimmung als Ausprägungen ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts werden durch die Beklagte bei Abwägung der vorliegenden widerstreitenden Interessen nicht rechtswidrig verletzt.
48a. Der Anspruch der Klägerin ist nicht bereits wegen der Haftungsprivilegierungen nach §§ 8 – 10 TMG ausgeschlossen. Zwar werden auch Internetsuchmaschinen nach § 1 Abs. 1 S. 1 TMG als „Telemedien“ angesehen und die „Betreiber“ von Suchmaschinen als Diensteanbieter im Sinne von § 2 S. 1 Nr. 1 und 2 TMG qualifiziert. Jedoch bezieht sich die Haftungsprivilegierung lediglich auf die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die Schadensersatzhaftung, nicht jedoch auf Unterlassungsansprüche (vgl. BGH, Urt. v. 27.3.2007 - VI ZR 101/06, VersR 2007, 1004; BGH, Urt. v. 30.6.2009 - VI ZR 210/08, VersR 2009, 1417; BGH, Urt. v. 22.7.2010 - I ZR 139/08, GRUR 2011, 152; BGH, Urt. v. 25.10.2011 – VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219).
49b. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin ist vorliegend durch die von der Beklagten erstellte Ergebnisliste mit den streitgegenständlichen Treffern auch beeinträchtigt. Denn das allgemeine Persönlichkeitsrecht beinhaltet das Recht des Einzelnen, in gewählter Anonymität zu bleiben und die eigene Person nicht in der Öffentlichkeit dargestellt zu sehen (vgl. BGH, Urt. v. 21.11.2006 – VI ZR 259/05, juris Rn. 11 m.w.N.). Insbesondere das Recht auf informationelle Selbstbestimmung flankiert und erweitert den grundrechtlichen Schutz von Verhaltensfreiheit und Privatheit. Es umfasst die aus dem Gedanken der Selbstbestimmung folgende Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (vgl. BGH, Urt. v. 5.11.2013 – VI ZR 304/12, juris Rn. 11).
50Durch die von der Beklagten auf die Suchanfrage mit dem Namen der Klägerin – mit oder ohne Zufügung weiterer Suchwörter – hin erstellte Ergebnisliste und die Übermittlung der streitgegenständlichen Treffer an die Nutzer wird das Interesse der Klägerin beeinträchtigt, ihre frühere Position als Geschäftsführerin der N Media GmbH für sich zu behalten. Ebenso wird das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin insoweit beeinträchtigt, als sie von den Nutzern als (frühere) Geschäftsführerin einer Gesellschaft namentlich identifiziert werden kann, die auf den betreffenden Seiten einer kritischen Wertung der Nutzer („Abzocke“, „Betrug“) unterzogen wird, was potentiell auch auf die Klägerin als damalige Geschäftsführerin abstrahlen und sie daher in der Öffentlichkeit in einem abträglichen Bild darstellen kann.
51Betroffen ist von diesem Eingriff die Sozialsphäre, die denjenigen Bereich menschlichen Lebens und menschlicher Betätigung umfasst, der sich außerhalb der Privatsphäre in oder vor einer eingeschränkten oder auch unbeschränkten Öffentlichkeit abspielt und damit nicht mehr innerhalb desjenigen Rahmens, der einer Erörterung durch die Öffentlichkeit üblicherweise entzogen ist. Die Zuordnung zur Sozialsphäre beruht vorliegend auf dem Umstand, dass sich die Informationen und Wertungen auf den von der Beklagten nachgewiesenen Seiten auf die frühere Tätigkeit der Klägerin als Geschäftsführerin der N Media GmbH und damit auf ihre berufliche Tätigkeit beziehen.
52c. Im Hinblick auf den Nachweis dieser Seiten und die Übermittlung der Treffer an die anfragenden Nutzer haftet die Beklagte jedoch nicht als Störerin. Dies gilt sowohl im Hinblick auf eine mögliche Betreiberhaftung nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (Urt. v. 13.5.2014 – C 131/12, juris Rn. 35-38 und 83) als auch unter dem Gesichtspunkt einer Störerhaftung wegen Verletzung zumutbarer Prüfpflichten. Denn die Beklagte hat weder in Ansehung eines der Klägerin zustehenden „Rechts auf Vergessen“ noch durch die Verletzung ihr obliegender Prüfpflichten rechtswidrig in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin eingegriffen.
53aa. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes beruht die mögliche Haftung des Betreibers einer Internetsuchmaschine auf dem Umstand, dass er eine zusätzliche Beeinträchtigung des Betroffenen durch die Ausweisung der Daten verursacht, weil er in der Masse der im Internet vorhandenen Informationen dem Nutzer überhaupt erst die strukturierte Auffindbarkeit personenbezogener Daten ermöglicht (Urt. v. 13.5.2014 – C 131/12, juris Rn. 35-38 und 83). Soweit das vom Europäischen Gerichtshof angenommene „Recht auf Vergessen“ eingreift, kann in einem solchen Nachweis von personenbezogenen Daten eine zu unterlassende Persönlichkeitsrechtsverletzung liegen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist als mittelbarer Störer anzusehen, wer, ohne unmittelbarer Störer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Beeinträchtigung des Rechtsguts beiträgt. Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (vgl. BGH, Urt. v. 28.7.2015 - VI ZR 340/14, AfP 2015, 425; BGH, Urt. v. 25.10.2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219). Die Haftung als mittelbarer Störer darf nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung aber nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben. Sie setzt deshalb die Verletzung von Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfpflichten, voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als mittelbaren Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen des Einzelfalls eine Verhinderung der Verletzung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urt. v. 1.3.2016 – VI ZR 34/15, MDR 2016, 518, juris Rn. 22 m.w.N.; BGH, Urt. v. 14.5.2013 – VI ZR 269/12, BGHZ 197, 213; BGH, Urt. v. 25.10.2011 – VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219; BGH, Urt. v. 30.6.2009 – VI ZR 210/08, NJW-RR 2009, 1413). Vorliegend hat die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 29.9.2014 (Anlage K 15) zur Unterlassung aufgefordert und dabei die von ihr beanstandeten Treffer in der von der Beklagten erstellten Ergebnisliste konkret bezeichnet. Die Beklagte war nach dieser Beanstandung gehalten, die von der Klägerin geltend gemachten Rechtsverletzungen zu überprüfen und ggf. die weitere Ausweisung dieser Treffer auf den Ergebnislisten zu unterlassen, um künftige Störungen zu verhindern. Zwar hat sich die Klägerin in ihrem Schreiben vom 29.9.2014 (Anlage K 15) primär darauf bezogen, dass die von der Beklagten nachgewiesenen Seiten keine „relevanten Nachrichtenartikel“ enthielten, an deren erleichterter Auffindbarkeit ein überwiegendes öffentliches Interesse bestünde, so dass ihre Anzeige „nach der neuesten Rechtsprechung des EuGH … datenschutzrechtlich unzulässig“ sei. Damit hat sie sich auf das sog. „Recht auf Vergessen“ und nicht gleichzeitig auch ausdrücklich auf eine vermeintliche Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts durch die konkreten Inhalte der nachgewiesenen Seiten berufen. Allerdings hat die Klägerin sich jedenfalls in der Klageschrift darauf berufen, dass sie ein berechtigtes Interesse daran habe, nunmehr ihrer beruflichen Tätigkeit „unbehelligt von veralteter Kritik“ fortsetzen zu können. Sie hat insoweit die Ansicht vertreten, dass dann, wenn selbst schwersten Straftätern eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft ermöglicht werden müsse, dies erst recht für Berufsträger gelten müsse, deren Arbeitgeber kritischen Berichten im Internet zum Opfer gefallen sei. Aus diesen Ausführungen ergibt sich, dass sie die Berichte auf den nachgewiesenen Seiten auch inhaltlich dahingehend beanstanden will, dass es sich um Äußerungen handelt, die sie im Hinblick auf ihre in den Berichten enthaltene namentliche Nennung nicht hinnehmen müsse.
54Unter Beachtung der oben dargestellten Grundsätze zur Haftung eines Suchmaschinenbetreibers als mittelbarer Störer scheidet ein Anspruch gegen die Beklagte indes aus, weil es an einer rechtswidrigen Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin fehlt. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BGH, Urt. v. 17.12.2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237; BGH, Urt. v. 15.9.2015 - VI ZR 175/14, VersR 2015, 1437; BGH, Urt. v. 28.7.2015 - VI ZR 340/14, AfP 2015, 425; BGH, Urt. v. 13.1.2015 - VI ZR 386/13, VersR 2015, 336) liegt wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als Rahmenrecht seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. BGH, Urt. v. 1.3.2016 – VI ZR 34/15, MDR 2016, 518, juris Rn. 30 m.w.N.). Insofern hat hier das Landgericht zutreffend festgestellt, dass eine Abwägung der vorliegend kollidierenden Rechtspositionen nicht zum Erfolg des klägerischen Unterlassungsbegehrens – sowohl mit dem Haupt- als auch mit dem Hilfsantrag – führt, weil kein rechtswidriger Eingriff der Beklagten festgestellt werden kann.
55bb. Die Einträge auf den von der Beklagten mit den streitgegenständlichen Treffern nachgewiesenen Seiten enthalten aus Sicht des durchschnittlichen Rezipienten zunächst die tatsächliche Behauptung, dass die Klägerin bei Abfassung der entsprechenden Blog-Beiträge bzw. im Zeitpunkt der dort als sog. Screenshot abgebildeten Handelsregisterveröffentlichung vom 21.2.2007 Geschäftsführerin der N Media GmbH war. Dabei handelt es sich unstreitig um eine wahre Tatsache, da die Klägerin diese Stellung bis Oktober 2010 tatsächlich innehatte. Es liegt auch keine von der Beklagten per Treffer auf der Ergebnisliste nachgewiesene falsche Tatsachenbehauptungen insoweit vor, als der durchschnittliche Rezipient die Äußerungen (auch) so verstehen könnte, dass die Klägerin diese Position noch im Zeitpunkt der späteren Internetrecherche innehatte. Dagegen spricht schon, dass sämtliche Einträge mit Daten versehen sind (vgl. Bl. 157, 159, 160 AO). Weiter wird auf der Seite www.Q.de (Bl. 155 AO) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Eintrag nicht vollständig dem aktuellen Sachstand entspreche und es zu der betreffenden Firma aktuellere Registerveröffentlichungen gebe. Schließlich enthält der Blogeintrag vom 2.12.2010 auf der Seite B.blogspot.com (Bl. 159 AO) unmittelbar nach der Wiedergabe des Impressums die Angabe: „Aus dem aktuellen Auszug des Handelsregisters geht zudem hervor, dass neben der Änderung des Firmennamens auch die Geschäftsführung gewechselt hat“. Insofern handelt es sich insgesamt nicht um mehrdeutige (und insoweit teilweise unwahre) Äußerungen.
56cc. Die weiteren Einträge auf den von der Beklagten nachgewiesenen Seiten, die sich mit dem Geschäftsgebaren der N Media GmbH befassen, stellen entweder eine inhaltlich zutreffende Wiedergabe von damaligen Geschehnissen um diese Gesellschaft oder aber zulässige Meinungsäußerungen der betreffenden Nutzer dar.
57Im Einzelnen:
58Die über den Treffer http://www.Q.de/handelsregister/NW-HRB_59723-201236 nachgewiesene Seite enthält außer dem Abdruck der Handelsregisterveröffentlichung vom 21.2.2007 keine weiteren tatsächlichen Informationen oder Meinungsäußerungen über die Person der Klägerin.
59Der unter dem Treffer http://auktionshilfs.info/thread_6162p1 auffindbare Austausch dreier Nutzer über die N Media GmbH gibt zunächst die im Zeitpunkt der Blogeinträge (Oktober bis Dezember 2010) wahre Tatsache wieder, dass sich im Internet zahlreiche negative Erfahrungsberichte von Kunden dieser Gesellschaft finden, die „immer wieder angeblich nicht akzeptierte Kündigungen“ beklagen. Neben der Wiedergabe des im damaligen Zeitpunkt aktuellen Impressums der N Media GmbH findet sich der Hinweis, dass „B509“ und „B52010“ über das Portal www.G.de recherchiert haben und beide Berichte „auf Z“ sowie eine Presseinformation der Verbraucherzentrale Hamburg nicht mehr zu finden seien. Weiter wird aus einem Interview zwischen Herrn Oberstaatsanwalt G2 von der Staatsanwaltschaft Köln mit dem Fernsehsender T3 zitiert, in dem es heißt: „Seit etlichen Monaten beschäftigen wir uns mit der Firma bzw. deren Verantwortlichen und zwar unter dem Gesichtspunkt des Betruges und der unlauteren Werbung. Wir haben hier etwa 350 Anzeigen aus dem gesamten Bundesgebiet vorliegen, wegen eben des Verdachts dieser strafbaren Handlungen“ (vgl. Bl. 88 AO). Dass diese im betreffenden Blog enthaltenen tatsächlichen Informationen unwahr seien, macht die Klägerin selbst nicht geltend.
60Unter dem Treffer http://B.blogspot.com/2010/12/G-ver-bei-der-betreiberfirma.html findet sich im Eintrag vom 9.4.2010 folgende Äußerung:„G, Abzocke und kein Ende in Sicht. Über einen langen Zeitraum ist es der Geschäftsführerin E W E2 von der N Media GmbH viel zu oft gelungen, kritische Berichte in Foren und Blogs zu verhindern oder verbieten zu lassen. Vor einem Jahr ist B509 den Hinweisen von Betroffenen nachgegangen und hatte darüber berichtet. (…) Die Verbraucherzentrale warnt schon seit langem vor den Machenschaften bei G. Zahlen Sie keinesfalls für Rechnungen und Mahnungen von dieser Firma, sondern erstatten Sie besser direkt Strafanzeige gegen die Betreiberfirma und den Rechtsanwälten wegen Verdacht auf Betrug. Den Fernsehbeitrag aus der B5-Sendung gab es kurzzeitig als Video auf Z zu sehen. Aber auch dort war das Video recht schnell wieder verschwunden. (…) Und immer noch fallen User auf diesem Portal rein und fragen in Foren um Hilfe.“ Die Klägerin macht vorliegend nicht geltend, dass es eine unwahre Tatsache darstellt, dass sie Berichte über die N Media GmbH in Foren und Blogs verhindert hat. Dass dies aus Sicht der Blog-Autoren „viel zu oft“ geschah, die Geschehnisse im Zusammenhang mit der N Media GmbH als „Abzocke“ eingestuft werden und vermeintlich betroffenen Kunden der Rat erteilt wird, keine Zahlungen zu leisten, sondern Anzeige zu erstatten, ist in der Gesamtbetrachtung eine zulässige Meinungsäußerung. Denn gerade im Hinblick darauf, dass der enthaltene Tatsachenkern – es lagen im Zeitpunkt des Blogeintrags unstreitig eine Vielzahl von Beschwerden und Strafanzeigen von Seiten der Kunden vor – zutreffend ist, handelt sich weder um eine unsachliche Auseinandersetzung im Sinne einer Schmähkritik noch um eine grundlose Überzeichnung mit persönlicher Diffamierung der Klägerin. Soweit den Kunden empfohlen wird, Rechnungen nicht zu bezahlen, sondern Anzeige zu erstatten, beruht dies ersichtlich nicht auf eine konkreten Prüfung des einzelnen Sachverhalts, sondern stellt einen pauschalen Rechtsrat dar, der – vor dem vorgenannten Hintergrund – ebenfalls als zulässige Meinungsäußerung einzustufen ist. Denn es wird dem Leser kein hinreichender Tatsachengehalt vermittelt, der einen Tatbestand erkennbar macht, aus dem der Rückschluss auf die Bewertung als „Betrug“ gezogen werden kann.
61Unter dem Treffer http://B.blogspot.com/2010/04/G-abzocke-und-kein-ende-in.html finden sich im Eintrag vom 2.12.2010 unter der Überschrift „G.de – Veränderungen bei der Betreiberfirma“ folgende Äußerungen: „In den letzten Tagen und Wochen gab es in diversen Foren und Blogs wieder vermehrt Beschwerden und Anfragen rund um das Singleportal G.de, der bisherigen Betreiberfirma N Media GmbH (…) Aus dem aktuellen Auszug des Handelsregisters geht zudem hervor, dass neben der Änderung des Firmennamens auch die Geschäftsführung gewechselt hat. (…) Nicht mehr Geschäftsführer: W E2, E (…) Das dubiose Geschäftsgebaren der Betreiber von G.de war bereits mehrfach Anlass für eine Berichterstattung in den Medien. Über die Kostenfalle der N Media GmbH hatte B52010 zuletzt in der Sendung vom 1.6.2010 berichtet (…) Die Verbraucherzentrale Hamburg hatte schon im Oktober kritisch über die Flirtfallen berichtet.“ Auch hier macht die Klägerin nicht geltend, dass die Berichte der Verbraucherzentrale bzw. die sonstige Berichterstattung in den Medien über vermeintlich irreführende Testabonnements oder sonstige Beschwerden im Blog unzutreffend wiedergegeben werden, sondern bemängelt vielmehr lediglich, dass sie mit diesen kritischen (Meinungs-) Äußerungen zum Geschäftsgebaren der Gesellschaft nicht (mehr) in Verbindung gebracht werden will.
62dd. Wird die Klägerin damit durch die mittels der streitgegenständlichen Treffer nachgewiesenen Seiten nur damit konfrontiert, dass sie vor einigen Jahren Geschäftsführerin einer Gesellschaft war, die wegen ihrer Geschäftspraktiken beim Betrieb eines Online-Dating-Portals in der Kritik stand, sind diese wahren Tatsachenbehauptungen aus der Sozialsphäre der Klägerin und damit auch der Nachweis der streitgegenständlichen Treffer durch die Beklagte im Rahmen des geltend gemachten Anspruchs nach § 1004 analog, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden. Denn wahre Tatsachenbehauptungen aus der Sozialsphäre des Betroffenen dürfen nur im Falle schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht mit negativen Sanktionen verknüpft werden, so etwa dann, wenn eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen sind (vgl. BGH, Urt. v. 21.11.2006 – VI ZR 259/05, juris Rn. 13 m.w.N.). Solche Auswirkungen sind hier allerdings nicht ersichtlich.
63(1) Zugunsten der Klägerin ist zwar die erhebliche Verbreitungs- und Aufbereitungsfunktion der Suchmaschine der Beklagten zu berücksichtigen, ohne die die Nutzer die überwiegende Zahl der Meldungen im Internet überhaupt nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen auffinden könnte. Allein dies kann jedoch hier nicht dazu führen, eine Stigmatisierung der Person der Klägerin oder eine unzulässige Prangerwirkung zu bejahen. Dies gilt zunächst im Hinblick auf die auf den nachgewiesenen Seiten enthaltene Angabe, dass die Klägerin früher Geschäftsführerin einer in der Öffentlichkeit kritisierten Gesellschaft war. Denn mit der Wiedergabe dieser Tatsache wird lediglich in zutreffender Weise ihre gesellschaftsrechtliche Position in der betreffenden Zeitspanne beschrieben. Soweit in den Blogbeiträgen darüber hinaus auch das Geschäftsgebaren der N Media GmbH kritisiert wird, handelt es sich – wie oben dargelegt – um Meinungsäußerungen, die den Grad einer Schmähkritik nicht erreichen. Eine solche Art von Kritik gehört zur Vergangenheit der beruflichen und damit nach außen gerichteten und von der Öffentlichkeit wahrgenommenen Tätigkeit der Klägerin.
64Die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung behauptete Gefahr, dass sie aufgrund der auf einigen Seiten enthaltenen Begriffe „Abzocke“ und „Betrug“ in ihrem Umfeld negativen Auswirkungen ausgesetzt sei oder künftig ausgesetzt sein könnte, ist insoweit – unabhängig von der Frage, ob die Klägerin mit diesem Vortrag wegen Verspätung nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen ist – unbeachtlich. Denn selbst wenn die Klägerin im Hinblick auf ihre offenbarte Position als damalige Geschäftsführerin der N Media GmbH mit den gegen diese Gesellschaft erhobenen Vorwürfen in Verbindung gebracht wird, stellt auch dies keine Stigmatisierung oder Prangerwirkung in einem Ausmaß dar, das die Mitteilung wahrer Tatsachen aus der Sozialsphäre verhindern könnte. Eine speziell auf die Person der Klägerin bezogene Stigmatisierung oder aber Angriffe speziell gegen ihre Person sind dagegen in den betreffenden Blogbeiträgen nicht enthalten. Als zum damaligen Zeitpunkt tätige Geschäftsführerin war die Klägerin aufgrund ihrer Stellung in der Gesellschaft für deren Auftreten im Rechts- und Geschäftsverkehr und damit auch für die Vorgänge, die den auf den Internetseiten geäußerten Vorgängen zugrunde liegen, gesellschaftsrechtlich verantwortlich. Die Klägerin mag durch die Meinungsäußerungen auf den betreffenden Internetseiten in der Öffentlichkeit dergestalt negativ belegt werden, dass sie für die dort geäußerten Vorwürfe möglicherweise (auch) persönlich verantwortlich gemacht wird. Dies ist jedoch mit ihrer freiwillig eingenommenen früheren Position als Geschäftsführerin verbunden und damit eine Folge der beruflichen Tätigkeit, welche die Klägerin insbesondere deswegen hinzunehmen hat, weil diese Bewertungen im Hinblick auf die Einleitung einer Vielzahl von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren einer tatsächlichen Grundlage nicht entbehrten.
65(2) Demgegenüber kann sich die Beklagte neben ihrem eigenen wirtschaftlichen Interesse am Betrieb der Suchmaschine – das für sich allein die grundrechtlich geschützte Position der Klägerin nicht überwiegen kann – zwar wohl nicht selbst auf das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 GG berufen. Denn anders als beim Betrieb eines Bewertungsportals, welches aus Sicht des Nutzers den Anspruch erhebt, ein vollständiges Bild über die abgegebenen und den vorgegebenen Richtlinien entsprechenden Nutzerbewertungen zu zeichnen, besteht die Arbeit einer Suchmaschine in einer rein technischen Verbreitung, deren Schutz durch Art. 5 Abs. 1 GG jedenfalls fraglich sein dürfte (vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.6.2009 – 1 BvR 134/03, NJW-RR 2010, 470; BGH, Urt. v. 23.9.2014 – VI ZR 358/13, BGHZ 202, 242). Letztlich kann diese Frage jedoch dahinstehen, weil im Rahmen der Abwägung auf Seiten der Beklagten jedenfalls die in Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Meinungs- und Informationsfreiheit der Nutzer zu berücksichtigen ist. Denn ohne die Hilfe einer Suchmaschine wie die der Beklagten wäre angesichts der heutigen Informationsflut des Internets eine sinnvolle Nutzung der dort vorhandenen Informationen im Sinne eines Zugangs zu diesen und zum Meinungsaustausch mit anderen Nutzern weitgehend ausgeschlossen. Des Weiteren sind auch die Rechte der Blog-Autoren aus Art. 5 Abs. 1 GG zu berücksichtigen, deren Beiträge zur (öffentlichen) Meinungsbildung und Diskussion nur mithilfe der von der Beklagten betriebenen Suchmaschine aufgefunden werden können.
66(3) Eine Abwägung zwischen dem Interesse der Nutzer und der Blog-Autoren einerseits, sich im Internet über die frühere Firmenstruktur der N Media GmbH und deren Bewertung durch Blog-Autoren zu informieren und auszutauschen mit den Interessen der Klägerin andererseits, über die Veröffentlichung ihrer personenbezogenen Daten selbst zu entscheiden bzw. ihre frühere Position als Geschäftsführerin der N Media GmbH nicht (mehr) öffentlich werden zu lassen, geht vorliegend zu Lasten der Klägerin aus:
67Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung beinhaltet die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, ob und wann sowie innerhalb welcher Grenzen seine persönlichen Daten in die Öffentlichkeit gebracht werden. In der Rechtsprechung sind wegen der Eigenart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als Rahmenrecht, dessen Reichweite nicht absolut feststeht, Abwägungskriterien u.a. nach Maßgabe einer abgestuften Schutzwürdigkeit bestimmter Sphären, in denen sich die Persönlichkeit verwirklicht, herausgearbeitet worden. Danach genießen besonders hohen Schutz die sogenannten sensitiven Daten, die der Intim- und Geheimsphäre zuzuordnen sind. Dieser Bereich ist allerdings im vorliegenden Fall aufgrund der Berufsbezogenheit der Daten der Klägerin nicht betroffen. Geschützt ist aber auch das Recht auf Selbstbestimmung bei der Offenbarung von persönlichen Lebenssachverhalten, die lediglich zur Sozial- und Privatsphäre gehören. Allerdings hat der Einzelne keine absolute, uneingeschränkte Herrschaft über "seine" Daten, denn er entfaltet seine Persönlichkeit innerhalb der sozialen Gemeinschaft. In dieser stellt die entsprechende Information, auch soweit sie personenbezogen ist, einen Teil der sozialen Realität dar, der nicht ausschließlich dem Betroffenen allein zugeordnet werden kann. Vielmehr ist über die Spannungslage zwischen Individuum und Gemeinschaft im Sinne der Gemeinschaftsbezogenheit und -gebundenheit der Person zu entscheiden. Aus diesem Grunde muss der Einzelne dann Einschränkungen seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung bzw. Anonymität hinnehmen, wenn und soweit solche Beschränkungen von hinreichenden Gründen des Gemeinwohls oder überwiegenden Rechtsinteressen Dritter getragen werden und bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze des Zumutbaren noch gewahrt ist.
68Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze gilt hier Folgendes: Durch die Übermittlung von Treffern, die die Klägerin als ehemalige Geschäftsführerin der U Online Media GmbH unter Nennung ihres Namens ausweisen, wird die Klägerin in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung berührt. Insgesamt handelt es sich dabei jedoch unter Berücksichtigung der Gesamtumstände nicht um schutzwürdige Belange, die dem Nachweise dieser Seiten durch die Beklagte entgegenstehen. Denn die von der Beklagten erhobenen und an die Nutzer übermittelten Daten der Klägerin betreffen wahre Tatsachenbehauptungen und zulässige Werturteile, welche jeweils die Sozialsphäre der Klägerin tangieren, weil sie ihre berufliche Tätigkeit und damit einen Bereich betreffen, in dem sich die persönliche Entfaltung von vornherein im Kontakt mit der Umwelt vollzieht. Der einzig negative Gesichtspunkt aus Sicht der Klägerin ist derjenige, dass durch die Auffindbarkeit der alten Blogbeiträge die Öffentlichkeit (wieder) an die gegenüber der N GmbH erhobene Kritik erinnert und die Klägerin aufgrund der Nennung ihres Namens mit dieser Kritik in Verbindung gebracht wird.
69Der zwischenzeitliche Zeitablauf sowie die Abberufung der Klägerin als Geschäftsführerin steht dem Informationsinteresse der Nutzer vorliegend nicht entgegen, da grundsätzlich auch ein Interesse anzuerkennen ist, über vergangene Sachverhalte zu recherchieren. Dieses Informationsinteresse begründet sich im vorliegenden Fall insbesondere daraus, dass die Betreiberin des Online-Dating-Portals „G“ auch aktuell noch in der Kritik bei Kunden und Verbrauchschützern steht. Da die Klägerin als Geschäftsführerin für die unter ihrer Leitung erfolgten Vorkommnisse wenn nicht persönlich, so doch jedenfalls repräsentativ einzustehen hat, ist ein Bedürfnis sowohl der ehemaligen als auch der aktuellen Kunden anzuerkennen, sich in diesem Zusammenhang über ihre Person zu informieren. Ein solches Interesse ist daneben auch für sonstige Geschäftspartner und/oder künftige Arbeitgeber anzuerkennen, die sich über die Person der Klägerin und ihre vergangenen Tätigkeiten im Geschäftsleben informieren wollen. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang geltend macht, ihre Stellung als ehemalige Geschäftsführerin würde sich ebenso aus dem einem künftigen Arbeitgeber vorzulegenden Lebenslauf ergeben, steht dies nicht dem Interesse entgegen, sich über die von der Beklagten nachgewiesenen Internetseiten weitergehend zu informieren. Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, dass nicht in allen Fällen einer Geschäftsanbahnung tatsächlich auch ein Lebenslauf vorgelegt wird bzw. vorgelegt werden muss. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass nicht nur die frühere Stellung der Klägerin als Geschäftsführerin, sondern auch die kritische Bewertung der ehemals von ihr geleiteten Gesellschaft zum Inhalt der berichtenswerten und von der Beklagten nachgewiesenen Informationen zählt. Gerade die auf den streitgegenständlichen Seiten wiedergegebenen Inhalte über eine kritische Betrachtung der Geschäftspraktiken der N Media GmbH sind Informationen, die ein potentieller Arbeitgeber und/oder Geschäftspartner aus einem Lebenslauf der Klägerin nicht erfahren würde.
70ee. Ein anderes Ergebnis dieser Abwägung folgt auch nicht aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 (C-131/12, MMR 2014, 455). Denn die in dieser Entscheidung enthaltenen Erwägungen führen nicht dazu, dass den persönlichkeitsrechtlichen Belangen der Klägerin der Vorrang vor dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit einzuräumen ist.
71(1) Weder im Hinblick auf die vom Europäischen Gerichtshof durchgeführte Prüfung eines Eingriffs in das „Privatleben“ noch hinsichtlich des Umstandes, dass in der dort entschiedenen Fallkonstellation die Internetsuche ausschließlich mit dem Namen des Betroffenen durchgeführt wurde, ist allerdings eine Übertragung der Erwägungen des Europäischen Gerichtshofs auf den vorliegenden Sachverhalt schon grundsätzlich ausgeschlossen.
72(a) Zwar wird das sog. „Recht auf Vergessen“ vom Europäischen Gerichtshof in der betreffenden Entscheidung damit begründet, dass ein Eingriff in das „Privatleben“ des Betroffenen vorliegt. Mit diesem Begriff des „Privatlebens“ ist jedoch nicht der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung definierte Bereich der sog. Privatsphäre gemeint, was zur Folge hätte, dass die Klägerin, deren allgemeines Persönlichkeitsrecht vorliegend lediglich im Hinblick auf ihre berufliche Tätigkeit und damit hinsichtlich der Sozialsphäre beeinträchtigt ist, generell von dem durch den Europäischen Gerichtshof zugebilligten Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung gegenüber der von der Beklagten betriebenen Suchmaschine ausgeschlossen wäre. Denn nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH, Urt. v. 9.11.2010 – C-92/09, MMR 2011, 122, juris Rn. 59 m.w.N.; vgl. zum Begriff des „Privatlebens“ auch EGMR, Urt. v. 16.12.1992 – 72/1991/324/396, NJW 1993, 718) ist mit dem Begriff des „Privatlebens“ ein weiterer Anwendungsbereich als der der „Privatsphäre“ umfasst, der sich nicht nur auf üblicherweise als privat geltende Umstände des Betroffenen, sondern unter anderem auch auf die berufliche Tätigkeit erstreckt.
73(b) Die Beklagte kann gegen die Berücksichtigung der Erwägungen aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 im vorliegenden Fall auch nicht einwenden, das sog. Recht auf Vergessen könne überhaupt nur dann in Betracht kommen, wenn die Nutzer ausschließlich den Namen einer Privatperson in die Suchmaschine eingegeben hätten. Denn der vorgenannten Entscheidung ist eine solche Einschränkung nicht zu entnehmen, so dass sich das sog. „Recht auf Vergessen“ auch auf Fälle beziehen kann, in denen nicht ausschließlich der Name einer natürlichen Person, sondern daneben auch weitere Suchbegriffe in die Suchmaschine eingegeben werden. Denn auch wenn die entsprechende Vorlagefragen an den Europäischen Gerichtshof weit gefasst waren, ergibt sich aus den Formulierungen in den Entscheidungsgründen, dass zwar auch, aber nicht ausschließlich nach dem Namen des Betroffenen gesucht werden muss. Diesem Ergebnis steht auch nicht entgegen, dass der Europäische Gerichtshof mit seiner Entscheidung angestrebt hat, sog. Zufallsfunde zu verhindern, damit Nutzer sich durch eine beiläufige Recherche im Internet nicht ein detailliertes Profil einer anderen Person verschaffen könnten. Denn der mit der Entscheidung verfolgte Zweck, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dadurch zu stärken, dass personenbezogene Informationen unter bestimmten Umständen dem Zugriff einer Suchmaschine entzogen und damit faktisch vom Nutzer in der Datenflut des Internet nicht mehr gefunden werden können, würde in der Praxis regelmäßig unterlaufen, wenn der Nutzer durch schlichte Eingabe eines völlig beliebigen Zusatzwortes neben dem Namen des Betroffenen die Unterlassungsverpflichtung des Suchmaschinenbetreibers umgehen könnte.
74(2) Nach Ansicht des Senates ist es auch durchaus erwägenswert, der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 13.5.2014 (C-131/12) zugunsten des Betroffenen ein abweichendes Regel-Ausnahmeverhältnis für die Prüfung eines Eingriffs in sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung im Rahmen der Sozialsphäre zu entnehmen. Denn während nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – wie oben ausgeführt – eine Veröffentlichung von wahren (personenbezogenen) Tatsachen aus der Sozialsphäre des Betroffenen regelmäßig nur dann unzulässig ist, wenn schwerwiegende Auswirkungen wie etwa eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen sind (vgl. BGH, Urt. v. 21.11.2006 – VI ZR 259/05, juris Rn. 13 m.w.N.), wird in der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 der zulässige Nachweis von Informationen, die das Privatleben – und damit auch das hier betroffene Berufsleben der Klägerin – betreffen, abweichenden Anforderungen unterworfen.
75Der Europäische Gerichtshof geht insofern davon aus, dass die durch Art. 7 und 8 der Grundrechtscharta geschützten Rechte der betroffenen Person grundsätzlich nicht nur gegenüber dem wirtschaftlichen Interesse des Suchmaschinenbetreibers, sondern auch gegenüber dem Interesse der Öffentlichkeit daran überwiegen, die Information bei einer Internetsuche anhand des Namens der betroffenen Person zu finden. In besonders gelagerten Fällen könne der Ausgleich von der Art der betreffenden Information, von deren Sensibilität für das Privatleben der betroffenen Person sowie vom Interesse der Öffentlichkeit am Zugang zu der Information abhängen. Insbesondere aus der Rolle der betreffenden Person im öffentlichen Leben könne sich ergeben, dass der Eingriff in die Grundrechte dieser Person durch das überwiegende Interesse der breiten Öffentlichkeit daran, über die Einbeziehung in eine derartige Ergebnisliste Zugang zu der betreffenden Information zu haben, gerechtfertigt ist (vgl. EuGH, Urt. v. 13.5.2014 – C-131/12, juris Rn. 81, 97). Unter Beachtung dieser Grundsätze könnte daher auch bei der Mitteilung von Treffern, die zu Veröffentlichung von wahren, die Sozialsphäre betreffenden Tatsachen führen zu prüfen sein, ob besondere Gründe vorliegen, die es rechtfertigen, dass personenbezogen Daten des Betroffenen durch eine Internetsuche mittels seines Namens aufgefunden werden.
76(3) Die Frage, ob durch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 die an die Zulässigkeit der Wiedergabe wahrer Tatsachenbehauptungen und zulässiger Werturteile aus dem Bereich der Sozialsphäre anzusetzenden Maßstäbe verändert werden, kann im vorliegenden Fall allerdings im Ergebnis offen bleiben. Denn der Senat ist nach Abwägung aller im vorliegenden Fall relevanten Umstände der Ansicht, dass hier ein besonders gelagerter Fall im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vorliegt, der den Eingriff in das Privatleben der Klägerin jedenfalls im aktuellen Zeitpunkt noch rechtfertigt.
77(a) Dabei kann in diesem Zusammenhang zugunsten der Klägerin die streitige Behauptung als wahr unterstellt werden, dass sie aktuell keine Verbindung zum Betreiber des Online-Dating-Portals „G“ mehr hat und ausschließlich Hausfrau und Mutter ist. Denn dieser Umstand stellt nicht in Abrede, dass die Klägerin in ihrer Zeit als Geschäftsführerin eine Rolle im öffentlichen Leben gespielt hat und sämtliche Äußerungen auf den nachgewiesenen Internetseiten eine Zeit betreffen, in der sie für die Leitung der betreffenden Gesellschaft, eines Marktführers bei Internet-Partnerschaftsbörsen, verantwortlich war. Anders als in dem vom Europäischen Gerichtshof entschiedenen Fall handelt es sich vorliegend auch nicht um Tatsachen, die einen 16 Jahre zurückliegenden Zeitraum betreffen, sondern vielmehr um solche, die erst knapp sechs Jahre zurückliegen. Allein dieser erhebliche Unterschied beim Zeitmoment macht deutlich – auch wenn der Europäische Gerichtshof insofern keine starre Fristenregelung begründen wollte – dass die gegenseitige Interessenlage zwischen der Klägerin, der Beklagten und den beteiligten Nutzern bzw. Blog-Autoren hier nicht vergleichbar ist. Daneben ist auch zu berücksichtigen, dass sich die Information über die frühere Stellung der Klägerin als Geschäftsführerin der N Media GmbH nicht nur aus den betreffenden Internetseiten, sondern auch aus dem Handelsregister als einem öffentlichen und für jedermann ohne besondere Beschränkungen einsehbaren Register ergeben. Des Weiteren spielt diese Information über die frühere berufliche Tätigkeit der Klägerin auch für ihr Privatleben keine derart gravierende Rolle, dass eine Sensibilität der entsprechenden Daten im Sinne der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 bejaht werden könnte. Es handelt sich vielmehr um eine überwiegend sachlich geprägte und berufsbezogene Information, die weder Rückschlüsse auf das sonstige Privatleben der Klägerin zulässt noch es dem Nutzer ermöglicht, ein detailliertes Profil über ihre Person zu erstellen.
78Soweit sich die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf beruft, die besondere Beeinträchtigung und damit eine Sensibilität der Information für ihr Privatleben resultiere aus dem Kontext, in welchem auf den von der Beklagten nachgewiesenen Internetseiten ihr Name genannt werde, hält der Senat dies nicht für durchgreifend. Wie bereits oben ausgeführt, besteht der Inhalt der von der Beklagten nachgewiesenen Seiten überwiegend aus der Mitteilung wahrer Tatsachen sowie aus zulässigen Meinungsäußerungen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Name der Klägerin in zwei Fällen im Zusammenhang mit den Begriffen „Abzocke“ und „Betrug“ genannt wird. Denn diese Vorwürfe beziehen sich auf das Geschäftsgebaren der N Media GmbH, welches sich die Klägerin in ihrer Position als damalige Geschäftsführerin und Verantwortliche zurechnen lassen muss. Die beiden Werturteile werden im Übrigen im Zusammenhang mit der Wiedergabe einer in der Vergangenheit erfolgten Medienberichterstattung verwendet („Vor einem Jahr ist B509 den Hinweisen von Betroffenen nachgegangen und hatte darüber berichtet“), die sich kritisch mit dem Aufbau des Online-Dating-Portals befasst hatte („Flirtportale und Singlebörsen wie z.B. die Seite „G“ sind manchmal trickreich aufgebaut und häufig merken die Nutzer erst zu spät, dass sie auch hier am Ende kräftig zur Kasse gebeten werden!“). Einer solch kritischen Würdigung des Geschäftsgebarens der von ihr geleiteten Gesellschaft muss sich die Klägerin jedoch schon deshalb stellen, weil dies einen Teil ihrer nur einige Jahre zurückliegenden beruflichen Vergangenheit darstellt. Darüber hinaus treffen diese Vorwürfe mangels Mitteilung substantieller Tatsachen aus Sicht des durchschnittlichen Rezipienten keine Aussagen über ein vermeintliches persönliches Fehlverhalten der Klägerin. Vielmehr werden sie in einer nur pauschalen Art und Weise gebraucht und vermitteln dem Rezipienten keine Details, die einen Rückschluss auf eine eventuelle persönliche Verfehlung der Klägerin zuließen.
79(b) Im Hinblick auf diese in der Gesamtschau nur geringe Beeinträchtigung der Klägerin überwiegt das Interesse der Öffentlichkeit, die betreffenden Seiten mithilfe der Suchmaschine der Beklagten weiter auffinden zu können. Dies gilt sowohl bei der im Rahmen des Hauptantrages beanstandeten Suche mittels des Namens der Klägerin und weiteren Suchbegriffen als auch bei der im Rahmen des Hilfsantrages beanstandeten Suche nur mittels des Namens der Klägerin.
80(aa) Soweit die Nutzer, wie mit dem Hauptantrag angegriffen, neben dem Namen der Klägerin noch weitere Suchbegriffe in die Suchmaschine der Beklagten eingeben, hat bereits das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend darauf hingewiesen, dass damit notwendigerweise auch diejenigen Fälle erfasst sind, in denen die Nutzer den Namen der Gesellschaft oder andere Details der früheren beruflichen Tätigkeit der Klägerin kennen und gezielt nach weiteren Informationen aus diesem Bereich suchen. In einem solchen Fall ist aber dem Informationsinteresse der Nutzer schon deshalb der Vorrang gegenüber dem Recht der Klägerin auf informationelle Selbstbestimmung einzuräumen, weil diese nicht ‑ gleichsam zufällig oder beliebig - ein Persönlichkeitsprofil des Betroffenen mithilfe der Suchmaschine der Beklagten erstellen, sondern vielmehr die Suchmaschine nutzen, um bereits vorhandene Informationen auf „einfachem“ Wege zu vervollständigen.
81Zwar werden vom Hauptantrag nicht nur solche Sucheinträge umfasst, die neben dem Namen der Klägerin berufsbezogene Suchworte wie beispielsweise den Namen der N Media GmbH oder den Begriff „G“ enthalten, sondern auch solche Sucheinträge, die neben dem Namen der Klägerin völlig beliebige weitere Begriffe aufweisen, die ihrerseits keinen Bezug zur ehemaligen beruflichen Tätigkeit der Klägerin haben müssen. In diesen Fällen kann daher nicht zwingend von einer bestehenden Vorinformation des Nutzers ausgegangen werden, die durch eine gezielte Suche im Internet lediglich erweitert werden soll. Insofern besteht allerdings keine prozessuale Möglichkeit, der Klägerin den geltend gemachten Anspruch zumindest teilweise zuzusprechen. Denn hier hätte es der Klägerin oblegen, ihren Antrag näher zu konkretisieren oder bestimmte „berufsbezogene“ Suchbegriffe anzugeben, die von der Unterlassungsverpflichtung der Beklagten hätten ausgenommen werden sollen. Ohne eine solche Darlegung ist nicht ersichtlich, wie durch eine abstrakte Umschreibung oder enumerative Aufzählung bestimmter Suchwörter ein hinreichend bestimmter und damit vollstreckungsfähiger Tenor erreicht werden kann.
82(bb) Auch in den vom Hilfsantrag der Klägerin umfassten Fällen, in denen lediglich der Name der Klägerin eingegeben wird, kann nach Ansicht des Senats ein besonders gelagerter Fall im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bejaht werden, der den Eingriff in das Privatleben der Klägerin jedenfalls im aktuellen Zeitpunkt noch rechtfertigt.
83Die Öffentlichkeit hat angesichts der Tatsache, dass die früher von der Klägerin geleitete Firma weiterhin in demselben Geschäftsfeld tätig ist und weiterhin mit ihren Geschäftspraktiken in der Kritik steht, auch ein berechtigtes Interesse daran zu erfahren, wer für diese Vorkommnisse verantwortlich zeichnet und dies in zumindest nicht zu lange zurückliegender Zeit getan hat. Anders als in der von der Klägerin herangezogenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 ist nämlich vorliegend noch kein Zeitraum von 16 Jahren vergangen, bei dem – unter Heranziehung weiterer Umstände des Einzelfalls – ein Informationsinteresse der Öffentlich nicht mehr bejaht wurde. Vielmehr ist der hier in Rede stehende Zeitraum von knapp sechs Jahren noch nicht als so lang einzustufen, dass das Interesse der Öffentlichkeit als zu schwach bewertet werden müsste.
84Neben diesem Interesse an der Gesellschaft besteht auch ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit an der Person der Klägerin als ehemaliger Geschäftsführerin. Ihr bisheriger beruflicher Werdegang ist nicht nur für potentielle Arbeitgeber und/oder Geschäftspartner von Bedeutung, sondern auch für sonstige Nutzer der Suchmaschine der Beklagten. Da die Klägerin die Tätigkeit als Geschäftsführerin freiwillig übernommen und über mehrere Jahre hinweg ausgeübt hat, stellen die diesbezüglichen im Internet noch vorhandenen Informationen einen Teil ihres der Öffentlichkeit zugewandten Berufslebens dar, womit sie jedenfalls im aktuellen Zeitpunkt eine entsprechende Identifizierung durch die Öffentlichkeit noch hinzunehmen hat. Anders als in der von der Klägerin zitierten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 sind die von der Beklagten nachgewiesenen Seiten auch nicht eindeutig ohne jeglichen Informationswert. Der Europäische Gerichtshof hat in dem von ihm entschiedenen Fall eine Abwägung der jeweiligen Interessen im Einzelfall vorgenommen, wobei zum einen – das mit der vorliegend verstrichenen Frist nicht vergleichbare – Zeitmoment und zum anderen der Gesichtspunkt einer Zweckerreichung eine Rolle spielten: Die personenbezogenen Daten des dort Betroffenen waren zu dem Zweck in einer Zeitungsanzeige veröffentlicht worden, eine möglichst große Zahl von Bietern zur Teilnahme an einem Versteigerungstermin zu bewegen und damit einen möglichst großen Erlös zugunsten der pfändenden Sozialkasse zu ermöglichen. Diese Zielsetzung war mit Beendigung der Pfändungsmaßnahmen erledigt, so dass durch die weitere Verbreitung der Information im Internet der ursprüngliche Zweck nicht mehr gefördert werden konnte. Vorliegend geht es dagegen um die Stellung der Klägerin als (ehemalige) Geschäftsführerin, die – auch wenn diese Stellung nach dem klägerischen Vortrag nunmehr seit einigen Jahren bei der konkreten Firma beendet ist – im Hinblick auf neue bzw. weitere Tätigkeiten der Klägerin von Bedeutung sein kann.
852. Die Klägerin hat gegen die Beklagte ebenfalls keinen Anspruch auf Unterlassung der Anzeige der beanstandeten Suchergebnisse – und zwar sowohl nach dem Haupt- als auch nach dem Hilfsantrag – gemäß § 1004 analog, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 29 BDSG.
86a. Zwar ist das BDSG vorliegend nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG anwendbar, weil die Beklagte als juristische Person des privaten Rechts eine nicht-öffentliche Stelle im Sinne von § 2 Abs. 4 S. 1 BDSG ist und unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen personenbezogene Daten der Klägerin im Sinne von § 3 BDSG verarbeitet.
87Der Begriff der personenbezogenen Daten umfasst alle Informationen, die über eine Bezugsperson etwas aussagen oder mit ihr in Verbindung zu bringen sind. Das sind nicht nur klassische Daten wie etwa der Name oder der Geburtsort, sondern auch Meinungsäußerungen, Beurteilungen und Werturteile, die sich auf einen bestimmten oder bestimmbaren Betroffenen beziehen, die Wiedergabe von mündlichen und schriftlichen Aussagen eines Betroffenen und die Darstellung des privaten oder des dienstlichen Verhaltens eines Betroffenen (vgl. BGH, Urt. v. 23.6.2009 – VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328; Simitis (Dammann), BDSG, 8. Auflage 2014, § 3 BDSG Rn. 7). Personenbezogene Daten sind vorliegend der Name der Klägerin, die mit der Nennung dieses Namens verbundene Identifizierung ihrer Stellung als (ehemaliger) Geschäftsführerin der N Media GmbH sowie die über die Gesellschaft geäußerten Werturteile.
88Diese Daten werden von der Beklagten im Sinne von § 3 BDSG verarbeitet, weil sie diese durch systematische Durchsuchung des Internets auffindet, indexiert, speichert und sodann in Form von Ergebnislisten an die Nutzer nach Eingabe entsprechender Suchwörter bzw. Suchwortkombinationen übermittelt. Soweit der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 13.5.2014 (C-131/12, juris Rn. 25 und 28) diese Tätigkeit der Beklagten generalisierend als „Verarbeitung“ bezeichnet, liegt dies darin begründet, dass die Richtlinie 95/46/EG in Art. 2 b) anders als das Bundesdatenschutzgesetz nicht zwischen Erheben, Verarbeiten (in Form des Speicherns, Veränderns, Übermittelns, Sperren und Löschens) und Nutzen von personenbezogenen Daten differenziert, sondern vielmehr den Begriff „Verarbeiten“ als einheitlichen Oberbegriff verwendet.
89b. Dem Anspruch der Klägerin steht auch nicht das Medienprivileg nach § 41 Abs. 1 BDSG i.V.m. § 57 des Rundfunkstaatsvertrages entgegen. Denn diese Sonderstellung der Medien ist daran gebunden, dass die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten einer pressemäßigen Veröffentlichung dient, die Daten also ausschließlich für eigene journalistisch-redaktionelle oder literarische Zwecke bestimmt sind. Übertragen auf den Bereich der Telemedien kann mithin die reine Übermittlung von erhobenen Daten an Nutzer nicht unter den besonderen Schutz der Presse fallen, weil die bloße automatische Auflistung von redaktionellen Beiträgen noch nicht eine eigene journalistisch-redaktionelle Gestaltung darstellt (vgl. BGH, Urt. v. 23.9.2014 – VI ZR 358/13, juris Rn. 13; BGH, Urt. v. 23.6.2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328). Selbst die Beklagte macht vorliegend nicht geltend, dass eine journalistisch-redaktionelle Bearbeitung der Ergebnisliste erfolgt und daher das Medienprivileg für sie einschlägig wäre.
90c. Der Unterlassungsanspruch der Klägerin scheitert jedoch daran, dass die geschäftsmäßige Erhebung der Daten zum Zwecke der Übermittlung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 BDSG und deren Übermittlung durch die Beklagte an die Nutzer in Form einer Ergebnisliste nach § 29 Abs. 2 BDSG zulässig ist.
91aa. Entscheidend für die Abgrenzung von § 28 BDSG und § 29 BDSG ist der vom privatwirtschaftlichen Datenverarbeiter verfolgte Zweck. Erfolgt die Datenverarbeitung "als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke", ist sie also lediglich Hilfsmittel zur Erfüllung bestimmter anderer, eigener Zwecke der datenverarbeitenden Stelle, so beurteilt sich ihre Zulässigkeit nach § 28 BDSG (vgl. BGH, Urt. v. 23.6.2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328). Werden die Daten hingegen geschäftsmäßig "zum Zwecke der Übermittlung" verarbeitet, ist die Datenübermittlung selbst also eigentlicher Geschäftsgegenstand, so gilt § 29 BDSG (vgl. BGH, Urt. v. 23.9.2014 – VI ZR 358/13, juris Rn. 15). Unter Beachtung dieser Grundsätze ist vorliegend § 29 BDSG anzuwenden. Denn unmittelbarer Zweck der Suchmaschine der Beklagten und mithin Gegenstand ihrer Tätigkeit ist es, den Nutzern die im Internet recherchierten und auf Servern der Beklagten gespeicherten (personenbezogenen) Daten zu übermitteln. Weil diese Tätigkeit auf Wiederholung gerichtet und auch auf eine gewisse Dauer angelegt ist, erfolgen Datenerhebung und Datenspeicherung, wie für die Anwendung des § 29 BDSG erforderlich, auch geschäftsmäßig (vgl. Simitis (Simitis), BDSG, 8. Auflage 2014, § 29 BSDG Rn. 108).
92Zwar hat die Beklagte in den einzelnen europäischen Ländern und so auch in Deutschland, Zweigniederlassungen bzw. Tochtergesellschaften gegründet, deren Geschäftszweck darin besteht, Werbeflächen auf der Internetseite www.H.com zu vermarkten, auf denen Unternehmen für ihre Waren oder Dienstleistungen Werbeanzeigen einbetten können, die mit den vom Nutzer eingegebenen Suchwörtern verknüpft sind. Dies führt jedoch nicht dazu, dass die Beklagte im Sinne von § 28 BDSG die Daten als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke erhebt bzw. übermittelt. Denn durch die gleichzeitige Ermöglichung von Werbeeinnahmen wird die Verwendung von Daten noch nicht zum Hilfsmittel für die Erfüllung geschäftlicher, beruflicher oder gewerblicher Zwecke (vgl. Simitis (Simitis), BDSG, 8. Auflage 2014, § 28 BDSG Rn. 22: Nutzung der im Rahmen von Kauf-, Kredit-, Miet- oder Reiseverträgen anfallenden Kundendaten für die spezifischen Vertragsziele). Vielmehr sind die im Internet von der Beklagten recherchierten Informationen, die teilweise auch personenbezogene Daten enthalten, die eigentliche „Ware“, mit deren Übermittlung an die Nutzer – zur leichteren Auffindbarkeit der von diesen nachgesuchten Informationen – die Beklagte Geld zu verdienen versucht. Dass zur Finanzierung der Website auch Werbeanzeigen verbreitet werden, ist dagegen nicht Zweck der Datenerhebung. Diese Erhebung erfolgt vielmehr im Informationsinteresse der Nutzer, denen die Beklagte die grundsätzliche bzw. schnellere Auffindbarkeit von Informationen im Internet ermöglicht.
93bb. Die Beklagte durfte die personenbezogenen Daten der Klägerin nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 BDSG zum Zwecke der Übermittlung erheben. Denn diese Daten konnten aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden und das schutzwürdige Interesse der Klägerin am Ausschluss dieser Erhebung überwiegt nicht offensichtlich.
94(1) Die Beklagte hat die Daten der Klägerin aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen. Allgemein zugänglich sind solche Quellen, die sich nach ihrer technischen Ausgestaltung und Zielsetzung dazu eignen, einem individuell nicht bestimmbaren Personenkreis Informationen zu vermitteln (vgl. Simitis (Simitis), BDSG, 8. Auflage 2014, § 28 BDSG Rn. 152). Dazu zählen nicht nur Angaben in Massenmedien wie Zeitung, Rundfunk oder Fernsehen, sondern auch Daten auf Internetseiten, CD-ROM-Dateien, Lexika, Adressen- und Telefonverzeichnissen etc. (vgl. Simitis (Simitis), BDSG, 8. Auflage 2014, § 28 BDSG Rn. 151 m.w.N.). Kann sich die Beklagte also schon deshalb auf die grundsätzliche Zulässigkeit ihrer Datenerhebung berufen, weil die von ihr erhobenen Daten der Klägerin, wie sie den streitgegenständlichen Treffern der Ergebnisliste zugrunde liegen, ausschließlich von Internetseiten stammen, streitet im vorliegenden Fall ein weiterer Grund für die Zulässigkeit der Datenerhebung: Die Klägerin wendet sich maßgeblich dagegen, dass mithilfe der Tätigkeit der Beklagten Seiten aufgefunden werden können, die die Klägerin als frühere Geschäftsführerin der N Media GmbH benennen und sie mit den auf einigen dieser Seiten enthaltenen kritischen Bewertungen des Geschäftsgebarens der N Media GmbH in Verbindung bringen. Die Stellung der Klägerin als (ehemalige) Geschäftsführerin ist jedoch eine Information, die sich nicht nur aus dem Internet, sondern auch aus dem Handelsregister als einer allgemein zugänglichen Quelle ergibt. Zu den allgemein zugänglichen Quellen im Sinne des § 29 Abs. 1 Nr. 2 BDSG zählen auch öffentliche Register, wenn die Einsichtnahme nicht bestimmten, wie auch immer abgegrenzten Personenkreisen vorbehalten ist oder von dem Vorliegen eines berechtigten Interesses oder einer damit vergleichbaren Anforderung abhängt (vgl. Simitis (Simitis), BDSG, 8. Auflage 2014, § 28 BDSG Rn. 153). Diesen Quellen unterfällt damit auch das Handelsregister, bei dem die Einsichtnahme zwar unter Umständen kostenpflichtig ist, jedoch nicht von der Darlegung eines berechtigten Interesses abhängt. Vielmehr ist nach § 9 Abs. 1 S. 1 HGB die Einsichtnahme in das Handelsregister selbst sowie in die zu diesem eingereichten Dokumente jedem Dritten zu Informationszwecken gestattet (vgl. BGH, Beschl. v. 12.7.1989 – IVa ARZ (VZ) 9/88, NJW 1989, 2818). Im Rahmen einer solchen Auskunft kann zwar nicht gezielt nach dem Namen eines Geschäftsführers einer Gesellschaft gesucht werden, jedoch steht für die einzelnen Gesellschaften auch ein sog. chronologischer Ausdruck zur Verfügung (vgl. § 10 Abs. 2 S. 1 HRV), in welchem z.B. auch ehemalige Geschäftsführer aufgeführt werden.
95(2) Bei Abwägung der beiderseitigen Interessen vermag der Senat nicht festzustellen, dass das schutzwürdige Interesse der Klägerin an dem Ausschluss der Erhebung der Daten zum Zwecke der Übermittlung offensichtlich überwiegt. In diesem Zusammenhang ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Europäische Gerichtshof nicht über den Fall zu entscheiden hatte, dass die personenbezogenen Daten aus einem öffentlichen Register entnommen wurden, welches nach § 7 HRV elektronisch geführt wird, der Öffentlichkeit zur Einsichtnahme frei zugänglich ist und in welchem die Daten nicht nach einem bestimmten Zeitablauf oder nach „Zweckerreichung“ wieder gelöscht werden. Vielmehr hat sich der Gesetzgeber hinsichtlich der im Handelsregister enthaltenen Daten und damit auch hinsichtlich der Namen der (ehemaligen) Geschäftsführer dafür entschieden, auch bei Änderung einer eingetragenen Tatsache die ursprüngliche Information in diesem öffentlichen Register beizubehalten (vgl. § 12 S. 2 HRV: „Aus dem Register darf nichts durch technische Eingriffe oder sonstige Maßnahmen entfernt werden“), wodurch ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit auch an diesem vergangenen Sachverhalt indiziert wird. Im Hinblick darauf, dass die Klägerin weiterhin, wenn auch gemäß § 16 Abs. 1 S. 2 HRV nur in geröteter Form, im Handelsregister als ehemalige Geschäftsführerin genannt wird und dies bei einer entsprechenden Recherche in Form eines chronologischen Ausdrucks (vgl. § 10 Abs. 2 S. 1 HRV) auch für die Öffentlichkeit ersichtlich ist, ist jedenfalls kein offensichtlich überwiegendes Interesse ihrerseits zu erkennen, dass diese Information nicht (auch) über die erleichterte Zugänglichkeit einer Internetsuchmaschine erreichbar ist.
96Soweit die Klägerin unter Hinweise auf die Informationsfunktion des Handelsregisters darauf abstellt, dass eventuelle Ansprüche gegen sie als (ehemalige) Geschäftsführerin zwischenzeitlich verjährt seien und damit auch kein Interesse der Öffentlichkeit mehr ersichtlich sei, die Verbindung zwischen ihr und der N Media GmbH zu ziehen, greift dies ebenfalls nicht durch. Denn der Gesetzgeber hat sich gerade dafür entschieden, auch bei Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse keine Veränderungen am Handelsregister vorzunehmen, so dass dies auf ein schutzwürdiges Interesse der Öffentlichkeit schließen lässt, auch Sachverhalte zu recherchieren, in denen Ansprüche möglicherweise bereits verjährt sind. Vor dem Hintergrund dieser Regelung sowie des – im Vergleich zum Urteil des Europäischen Gerichtshofes – vergleichsweise kurzen Zeitraums von sechs Jahren, der seit der Abberufung der Klägerin als Geschäftsführerin verstrichen ist, kann daher jedenfalls kein offensichtlich überwiegendes Interesse der Klägerin festgestellt werden.
97cc. Die Beklagte durfte die damit zulässigerweise erhobenen personenbezogenen Daten der Klägerin des Weiteren auch im Rahmen von Suchanfragen – entweder nur unter Nennung des Namens der Klägerin oder aber unter Nennung des Namens in Kombination mit weiteren Suchbegriffen – in Form von Ergebnislisten an die Nutzer gemäß § 29 Abs. 2 BDSG übermitteln. Eine solche Übermittlung ist zulässig, wenn der Dritte, dem die Daten übermittelt werden, ein berechtigtes Interesse an ihrer Kenntnis glaubhaft dargelegt hat, die Übermittlung sich im Rahmen der Zwecke nach § 29 Abs. 1 BDSG hält und kein Grund zu der Annahme besteht, dass der Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Übermittlung hat. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt:
98(1) Soweit die Zulässigkeit der Datenübermittlung § 29 Abs. 2 Nr. 1 BDSG grundsätzlich daran gebunden ist, dass der Empfänger ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis der Daten glaubhaft darlegt, steht dies im vorliegenden Fall einer zulässigen Übermittlung nicht entgegen. Zwar können die Nutzer, welche nach Eingabe von bestimmten Suchwörtern eine Ergebnisliste von der Beklagten erhalten, im Rahmen dieser Suchworteingabe weder ein berechtigtes Interesse darlegen noch dieses glaubhaft machen. Jedoch ist § 29 Abs. 2 Nr. 1 BDSG im Hinblick auf diese Anforderung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verfassungskonform auszulegen, um das Grundrecht der Meinungsfreiheit gebührend zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urt. v. 23.6.2009 – VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328).
99(a) Im Falle der Übermittlung von Daten durch ein Meinungsportal hat der Bundesgerichtshof darauf abgestellt, dass der durch den Portalbetreiber im Internet organisierte Informationsaustausch bei Einführung des § 29 BDSG am 1.6.1991 weder technisch möglich noch vorhersehbar gewesen sei. Vielmehr habe § 29 BDSG die "klassischen" geschäftlichen Datenverarbeitungen wie beispielsweise den gewerbsmäßigen Adresshandel oder Auskunftsdateien reglementieren sollen. Für Datenabfragen aus Bewertungsforen führe mithin die wortgetreue Anwendung der Vorschriften in § 29 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und S. 4 BDSG zu einem Widerspruch zu dem sich aus Art. 5 Abs. 1 GG ergebenden Recht auf uneingeschränkte Kommunikationsfreiheit, da das Recht der Meinungsfreiheit auch das Recht umfasse, mit seiner Meinung gehört zu werden und diese zu verbreiten. Würde man jedoch die Verbreitung von Beiträgen zur Meinungsbildung in Form der Teilnahme an einem Meinungsforum im Internet nur für zulässig erachten, sofern dabei keine persönliche Daten übermittelt würden, dann würden Meinungs- und Informationsfreiheit auf Äußerungen ohne datenmäßig geschützten Inhalt beschränkt, außer es läge die Einwilligung des Betroffenen vor. Auch wenn sich Bewertungsportale naturgemäß in einem Spannungsfeld bewegten, in dem der Betroffene bei negativen Bewertungen ein Interesse an dem Ausschluss der Verwendung seiner Daten habe, seien Beschränkungen der grundrechtlich geschützten Meinungs- und Informationsfreiheit nur dann rechtmäßig, wenn sie verhältnismäßig seien (vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 28.8.2000 – 1 BvR 1307/91, NJW 2001, 503). Die Zulässigkeit der Übermittlung der Daten an die abfragenden Nutzer müsse deshalb aufgrund einer Gesamtabwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und dem Informationsinteresse desjenigen, dem die Daten über das Internet übermittelt werden, beurteilt werden.
100(b) Diese Erwägungen des Bundesgerichtshofs zur verfassungskonformen Auslegung von § 29 Abs. 2 Nr. 1 BDSG sind nach Ansicht des Senats auch auf Datenabfragen mittels einer Suchmaschine anwendbar. Auch wenn die Beklagte vorliegend kein Portal betreibt, welches dem Meinungsaustausch dient, sondern vielmehr im Internet Informationen sammelt und auswählt, um sie den Nutzern in Abstimmung mit den von diesen eingegebenen Suchwörtern zur Verfügung zu stellen, ist zu konstatieren, dass ohne die Hilfestellung einer solchen Suchmaschine das Internet aufgrund der nicht mehr überschaubaren Flut von Einzeldaten für den Einzelnen nicht mehr nutzbar wäre. Letztlich ist damit die Nutzung des Internet durch den Einzelnen insgesamt auf die Existenz und Verfügbarkeit von Suchmaschinen angewiesen. Auch wenn die Beklagte also nicht den Meinungsaustausch über ein konkretes Thema im Rahmen eines Portals sicherstellt, muss die Nutzung ihrer Suchmaschine in gleicher Weise Schutz in Form einer verfassungskonformen Auslegung von § 29 Abs. 2 Nr. 1 BDSG genießen. Denn sie dient dem schutzwürdigen Interesse des Einzelnen, sich im Internet durch Eingabe selbst gewählter Suchwörter schnell und umfassend über bestimmte Themen zu informieren und die dazu maßgeblichen Seiten mittels der Ergebnislisten der Beklagten überhaupt bzw. schneller auffinden zu können.
101(c) Die Anwendung dieser Grundsätze führt dazu, dass die Zulässigkeit der Datenübermittlung durch die Beklagte an die Nutzer in Form der Einblendung einer Ergebnisliste nicht daran scheitert, dass die Nutzer im Zeitpunkt der Suchworteingabe kein berechtigtes Interesse an Inhalt ihrer Suche glaubhaft dargelegt haben. Vielmehr kommt es im Rahmen der erforderlichen verfassungskonformen Auslegung darauf an, zu welchem Ergebnis eine Abwägung des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen mit dem Informationsinteresse der Suchmaschinennutzer und dem Interesse des Suchmaschinenbetreibers an einer Übermittlung der Daten führt. Entsprechend den obigen Ausführungen ist vorliegend dem Informationsinteresse der Nutzer der Vorrang vor den persönlichkeitsrechtlichen Interessen der Klägerin einzuräumen.
102(2) Die Beklagte hat die Übermittlung der Daten an die Nutzer auch im Rahmen der Zwecke nach § 29 Abs. 1 BDSG vorgenommen, da dessen Voraussetzungen – Erhebung der personenbezogenen Daten aus allgemein zugänglichen Quellen – wie oben bereits dargelegt gewahrt sind.
103(3) Schließlich stehen auch schutzwürdige Interessen der Klägerin der Übermittlung ihrer Daten durch die Beklagte an die anfragenden Nutzer nicht entgegen. Schutzwürdige Interessen des Betroffenen, die bei der im Rahmen von § 29 Abs. 2 Nr. 2 BDSG vorzunehmenden Abwägung zu berücksichtigen sind, können in der Wahrung seines Persönlichkeitsrechts, aber auch in der Abwehr von wirtschaftlichen Nachteilen liegen, die bei der Veröffentlichung der Daten zu besorgen sind. Bietet die am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ausgerichtete Abwägung keinen Grund zu der Annahme, dass die Übermittlung der in Frage stehenden Daten zu dem damit verfolgten Zweck schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt, ist die Übermittlung zulässig. Die im Streitfall damit vorzunehmende Abwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Klägerin in Form ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, dem wirtschaftlichen Interesse der Beklagten sowie dem von ihrer Tätigkeit ermöglichten bzw. unterstützten Recht auf Informations- und Kommunikationsfreiheit der Nutzer und der Blog-Autoren nach Art. 5 Abs. 1 GG ergibt sowohl im Rahmen des Haupt- als auch des Hilfsantrages kein schutzwürdiges Interesse der Klägerin, das die entgegenstehenden Interessen der Beklagten und der Nutzer überwiegt und damit zum Ausschluss der Übermittlung führen kann. Insofern kann auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden.
104dd. Auch unter Berücksichtigung der europarechtlichen Vorgaben folgt kein anderes Ergebnis aus der vorgenannten Abwägung der kollidierenden Rechtspositionen. Denn auch die Anwendung der Grundsätze, wie sie der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 13.5.2014 (C-131/12) aufgestellt hat, führt nicht dazu, dass den persönlichkeitsrechtlichen Belangen der Klägerin der Vorrang vor dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit einzuräumen ist.
105(1) Wie bereits oben ausgeführt, scheitert die Übertragung der Erwägungen des Europäischen Gerichtshofs aus der Entscheidung vom 13.5.2014 (C-131/12) nicht daran, dass in der dort entschiedenen Fallkonstellation ein Eingriff in das „Privatleben“ geprüft bzw. die Internetsuche ausschließlich mit dem Namen des Betroffenen durchgeführt wurde. Auch hält der Senat es für erwägenswert, der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 13.5.2014 (C-131/12) ein abweichendes Regel-Ausnahmeverhältnis für die Prüfung eines Eingriffs in das im Rahmen der Sozialsphäre des Betroffenen angesiedelte Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu entnehmen. Insofern wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen, wonach bei einem Nachweis von Informationen des Privatlebens des Betroffenen durch eine Suchmaschine die durch Art. 7 und 8 der Grundrechtscharta geschützten Rechte der betroffenen Person grundsätzlich nicht nur gegenüber dem wirtschaftlichen Interesse des Suchmaschinenbetreibers, sondern auch gegenüber dem Interesse der breiten Öffentlichkeit überwiegen und nur in besonders gelagerten Fällen der Ausgleich von der Art der betreffenden Information, von deren Sensibilität für das Privatleben der betroffenen Person und vom Interesse der Öffentlichkeit am Zugang zu der Information abhängt (vgl. EuGH, Urt. v. 13.5.2014 – C-131/12, juris Rn. 81, 97). Der Senat ist allerdings nach Abwägung aller im vorliegenden Fall relevanter Umstände der Ansicht, dass hier ein solcher besonders gelagerter Fall vorliegt, der den Eingriff in das Privatleben der Klägerin jedenfalls im aktuellen Zeitpunkt noch rechtfertigt. Auch insoweit kann auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden.
106(2) Die Klägerin kann sich im Rahmen eines Unterlassungsanspruchs nach § 1004 analog, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 29 BDSG auch nicht mit Erfolg auf die Fristenregelung in § 35 Abs. 2 Nr. 4 BDSG berufen. Dabei mag zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass es sich bei ihrer früheren Stellung als Geschäftsführerin der N Media GmbH um einen „erledigten Sachverhalt“ im Sinne dieser Vorschrift handelt. Denn jedenfalls spricht entscheidend gegen eine Übertragung dieser Fristenregelung bzw. ihres Rechtsgedankens auf den vorliegenden Abwägungsvorgang, dass in § 35 Abs. 2 Nr. 4 BDSG keine Löschungspflicht der speichernden Stelle nach Ablauf der jeweiligen Zeitdauer statuiert wird, sondern lediglich eine Pflicht zur Prüfung der datenschutzrechtlichen Belange, deren Ausgang vom Ergebnis einer Erforderlichkeitsprüfung im Einzelfall abhängt und damit völlig offen ist.
107Die Regelung in § 35 Abs. 2 Nr. 4 BDSG ist auch nicht im Hinblick auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 (C-131/12) dahingehend auszulegen, dass sie bei Betroffenheit von personenbezogenen Daten eine Löschungspflicht nach Ablauf der dort genannten Fristen festlegt. Denn der Europäische Gerichtshof hat in der vorgenannten Entscheidung nicht generell festgelegt, dass im Internet vorhandene personenbezogene Daten des Betroffenen nach Ablauf einer festen Frist vom Suchmaschinenbetreiber nicht mehr nachgewiesen werden dürfen, sondern hat eine Abwägung der jeweiligen Interessen im Einzelfall vorgenommen. Bei dieser Abwägung spielte zwar auch das Zeitmoment von 16 Jahren eine Rolle. Dieses ist jedoch der vorliegenden Zeitspanne von sechs Jahren zum einen nicht vergleichbar und zum anderen stellte der Zeitablauf auch nur einen Gesichtspunkt von mehreren in der Abwägung der gegenseitigen Interessen dar.
1083. Schließlich kann die Klägerin den geltend gemachten Anspruch auch nicht auf § 35 Abs. 1 BDSG stützen. Denn die in dieser Norm enthaltene Pflicht, personenbezogene Daten unter bestimmten Umständen zu löschen, entspricht nicht dem Rechtsschutzziel der Klägerin. Sie macht mit der vorliegenden Klage keine Verpflichtung der Beklagten geltend, eine eventuell vorhandene statische Ergebnisliste in ihrem Speicher zu löschen, sondern will unter Berufung auf das sog. „Recht auf Vergessen“ erreichen, dass die Beklagte bei Eingabe der beanstandeten Suchbegriffe im Rahmen einer Internetsuche den Nutzern bestimmte Ergebnisse nicht mehr anzeigt. Insofern kann ein Löschungsanspruch der Klägerin, der sich lediglich auf die ggf. auf den Servern der Beklagten vorgehaltenen Informationen beziehen kann, dieses Ziel nicht erreichen. Denn da die Tätigkeit der von der Beklagten betriebenen Suchmaschine einen dynamischen Prozess darstellt, bei dem – ausgehend von den durch die Nutzer eingegebenen Suchworten – das Internet aktuell durchsucht und mit den gefundenen Treffern jeweils eine (neue) Ergebnisliste erstellt wird, würde die Beklagte nach Löschung der beanstandeten Treffer von ihren Servern bei einer erneuten Suche diesen Treffer wieder finden und an die Nutzer übermitteln können. Ein solches Verhalten kann lediglich mit einem Unterlassungsanspruch verhindert werden, da die Beklagte dann verpflichtet wäre, dafür zu sorgen, dass der entsprechende Treffer bei einer erneuten Suche künftig nicht mehr auf der Ergebnisliste erscheint.
1094. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf § 97 Abs. 1 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 S. 1 und 2 ZPO. Für die Zulassung der Revision bestand kein Anlass, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Zwar handelt es sich bei der Frage, ob und ggf. in welchem Maße die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 Auswirkungen auf die Maßstäbe hat, die bei einer Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts im Bereich der Sozialsphäre abwägungsrelevant sind, um eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, die sich künftig möglicherweise in einer Vielzahl von Fällen stellen wird. Jedoch ist diese Frage im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich, weil der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch – wie oben ausgeführt – auch dann nicht besteht, wenn man die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 zugunsten der Klägerin in die Abwägung mit einbezieht.
110Streitwert: 50.000 Euro
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger, der seit dem 10. Juli 2000 Geschäftsführer der Klinikum N. GmbH war, die drei Krankenhäuser in Brandenburg mit ca. 900 Mitarbeitern betreibt, verlangt von der beklagten Presseagentur Unterlassung einer identifizierenden Berichterstattung unter Nennung seines Namens über die Tatsache und die Umstände seiner Abberufung im Juni 2002.
- 2
- Am 18. Juni 2002 wurde der Vertrag mit dem Kläger ordentlich zum 31. Dezember 2002 gekündigt und der Kläger wurde gemäß der in seinem An- stellungsvertrag enthaltenen Regelung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist von der Verpflichtung zur Dienstleistung freigestellt.
- 3
- Am 20. Juni 2002 brachte die Beklagte über ihre Nachrichtenagentur im Landesspiegel Berlin-Brandenburg unter namentlicher Nennung des Klägers folgende Pressemeldung heraus:
- 4
- "Klinik-Geschäftsführer abberufen Der Geschäftsführer der Klinikum N. GmbH in S., H.-W. I. [Anonymisierungen durch den Senat], ist mit sofortiger Wirkung beurlaubt worden. Die Gesellschafterversammlung fasste am Dienstag einen entsprechenden Beschluss, teilte Landrat H. B. (SPD) als Vorsitzender der Versammlung am Mittwoch mit. Das Vertrauensverhältnis zwischen I. und einem Großteil der Mitarbeiter im Klinikum sei nachhaltig gestört. Mitarbeiter werfen I. Beleidigungen, massive Bedrohungen, Lügen, Verleumdungen und Diffamierungen vor. Die Belegschaft hatte in einem offenen Brief die sofortige Entlassung I. gefordert."
- 5
- Mit seiner Klage hat der Kläger beantragt, die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, in identifizierender Weise im Zusammenhang mit der Abberufung des Klägers als Geschäftsführer der Klinikum N. GmbH in S. die in ihrem Wortlaut wiedergegebene Pressemeldung wörtlich oder sinngemäß zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen.
- 6
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Kammergericht unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils der Klage stattgegeben. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Beru- fungsgericht zugelassenen Revision, mit der sie die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erstrebt.
Entscheidungsgründe:
I.
- 7
- Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch des Klägers analog § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG im Sinne des Klagebegehrens als begründet erachtet, weil die angegriffene Agenturmeldung, mit der die Beklagte unter Nennung des Namens des Klägers über dessen Abberufung als Geschäftsführer der Klinikum N. GmbH im gesamten Raum Berlin-Brandenburg und damit überregional berichtet habe, den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletze. Dass der Kläger ein öffentliches Informationsinteresse gerade auch in Bezug auf seine Person geweckt habe, das sein Recht auf Anonymität überrage und die Mitteilung der Abberufung als Geschäftsführer unter Hinweis auf eine angeblich nachhaltige Störung des Verhältnisses zu den Mitarbeitern, deren Forderung nach einer Entlassung und die sofortige Freistellung von der Dienstverpflichtung rechtfertige, könne für das Verbreitungsgebiet der angegriffenen Meldung nicht angenommen werden. Zwar sei der Kläger bereits vorher in den Medien in Erscheinung getreten. Die Presseveröffentlichungen aus dem Jahr 2000, in denen der Kläger erwähnt und teilweise auch zitiert werde, bezögen sich jedoch auf Probleme des Klinikbetriebes, insbesondere zum Zeitpunkt der Übernahme der Geschäftsführung durch den Kläger. In keinem der Artikel sei es in erster Linie um die Person des Klägers gegangen, insbesondere sei dieser nicht im Zusammenhang mit den angeblich der Kündigung vorausgegangenen Vorgängen an die Öffentlichkeit getreten. Ein überwiegendes Informationsinteresse an der Namensnennung des Klägers habe allenfalls in der Region Niederlausitz bestanden ; allenfalls dort sei der Kläger als relative Person der Zeitgeschichte anzusehen. Dies gelte jedoch nicht für die Region Berlin-Brandenburg. Dort habe das Informationsinteresse der Öffentlichkeit auch ohne Namensnennung des Klägers befriedigt werden können. Bei den in der Berichterstattung der Beklagten wiedergegebenen Vorwürfen, die von Falschinformationen über persönliche Beleidigung, massive Bedrohungen bis zu Lügen, Verleumdungen und sogar Diffamierungen reiche, handele es sich um einseitige Vorwürfe, die den Kläger in ein besonders schlechtes Licht rückten und die - unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zur Verdachtsberichtserstattung bei Straftaten - eine einseitige Berichterstattung unter Namensnennung nicht rechtfertigen könnten.
II.
- 8
- Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision nicht stand.
- 9
- 1. Entgegen der Auffassung der Revision scheitert die Zulässigkeit der vorliegenden Unterlassungsklage nicht daran, dass der Klageantrag zu unbestimmt wäre. Der Unterlassungsantrag umfasst durch den Zusatz "in identifizierender Weise" in Verbindung mit "wörtlich oder sinngemäß" lediglich auch sonstige leicht abgewandelte Verletzungshandlungen, die im Kern und Wesen der konkret genannten Verletzungshandlung entsprechen und deshalb ebenfalls von einem Unterlassungsanspruch aufgrund der konkreten Verletzungshandlung getragen werden können. Der Begriff der identifizierenden Berichterstattung ist ein durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs geprägter allgemeiner Rechtsbegriff (vgl. etwa BVerfGE 35, 202, 219 ff. - Lebach; Senatsurteil vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274, 275), dessen Sinngehalt jedenfalls im vorliegenden Kontext nicht zweifelhaft oder zwischen den Parteien streitig ist und deshalb als Verallgemeinerung der konkreten Verletzungsform im Interesse einer sachgerechten Titulierung unbedenklich ist (vgl. etwa Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht , 24. Aufl. 2006, § 12 Rn. 2.38 m.w.N.).
- 10
- 2. Die Angriffe der Revision haben jedoch in der Sache Erfolg. Das Berufungsgericht hat bei seiner Abwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers und dem Grundrecht der Beklagten auf Meinungs- und Pressefreiheit einen unzutreffenden rechtlichen Maßstab angelegt. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch analog § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG auf Unterlassung der angegriffenen Berichterstattung.
- 11
- a) Das Berufungsgericht ist zwar im Grundsatz zutreffend davon ausgegangen , dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht das Recht beinhaltet, in gewählter Anonymität zu bleiben und die eigene Person nicht in der Öffentlichkeit dargestellt zu sehen (vgl. BVerfGE 35, 202, 220 - Lebach; 54, 148, 155 - Eppler). Dieses Grundrecht wird jedoch auch in dieser Ausprägung nicht grenzenlos gewährt. Vielmehr können im Einzelfall das Informationsinteresse der Öffentlichkeit und die Pressefreiheit Vorrang haben. Dies ist hier der Fall.
- 12
- Es geht um eine namentliche Berichterstattung der Beklagten über die berufliche Tätigkeit des Klägers, an der die Öffentlichkeit nach Lage des Falles ein beträchtliches Interesse hat. Dass es sich bei der beruflichen Tätigkeit des Klägers um seine "Sozialsphäre" handelt, hat das Berufungsgericht im Ansatz zwar nicht verkannt. Es legt aber bei der auch hier erforderlichen Abwägung zwischen Persönlichkeitsrecht und den Grundrechten aus Art. 5 GG Maßstäbe an, die dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit nicht gerecht werden, zu- mal diese durch Vorgänge im Gesundheitswesen angesichts der aktuellen Diskussion über dieses Thema unmittelbar berührt wird.
- 13
- Äußerungen zu der Sozialsphäre desjenigen, über den berichtet wird, dürfen nur im Falle schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht mit negativen Sanktionen verknüpft werden, so etwa dann, wenn eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen sind. Tritt der Einzelne als ein in der Gemeinschaft lebender Bürger in Kommunikation mit anderen, wirkt er durch sein Verhalten auf andere ein und berührt er dadurch die persönliche Sphäre von Mitmenschen oder Belange des Gemeinschaftslebens , dann ergibt sich aufgrund des Sozialbezuges nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine Einschränkung des Bestimmungsrechts desjenigen, über den berichtet wird (vgl. BVerfGE 35, 202, 220 - Lebach; 97, 391, 406; BVerfG, Beschluss vom 23. Februar 2000 - 1 BvR 1582/94 - NJW 2000, 2413, 2414; BVerfG Beschlüsse vom 17. Dezember 2002 - 1 BvR 755/99 und 756/99 - AfP 2003, 43, 46).
- 14
- b) Der erkennende Senat hat für eine Berichterstattung über die berufliche Sphäre des Betroffenen klargestellt, dass der Einzelne sich in diesem Bereich von vornherein auf die Beobachtung seines Verhaltens durch eine breitere Öffentlichkeit wegen der Wirkungen, die seine Tätigkeit hier für andere hat, einstellen muss (vgl. Senatsurteil vom 20. Januar 1981 - VI ZR 163/79 - VersR 1981, 384, 385). Wer sich im Wirtschaftsleben betätigt, setzt sich in erheblichem Umfang der Kritik an seinen Leistungen aus (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 1994 - I ZR 216/92 - AfP 1995, 404, 407 f. - Dubioses Geschäftsgebaren - und Senatsurteil BGHZ 138, 311, 320 m.w.N.). Zu einer solchen Kritik gehört auch die Namensnennung. Die Öffentlichkeit hat in solchen Fällen ein legitimes Interesse daran zu erfahren, um wen es geht und die Presse könnte durch eine anonymisierte Berichterstattung ihre meinungsbildenden Aufgaben nicht erfüllen. Insoweit drückt sich die Sozialbindung des Individuums in Beschränkungen seines Persönlichkeitsschutzes aus. Denn dieser darf nicht dazu führen, Bereiche des Gemeinschaftslebens von öffentlicher Kritik und Kommunikation allein deshalb auszusperren, weil damit beteiligte Personen gegen ihren Willen ins Licht der Öffentlichkeit geraten (vgl. Senatsurteil vom 20. Januar 1981 - VI ZR 163/79 - aaO).
- 15
- c) Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen war der Kläger Geschäftsführer einer landeseigenen GmbH, die ein Klinikum mit ca. 900 Mitarbeitern in einer strukturschwachen Region Brandenburgs unweit von Berlin betreibt. Er war nach einem medienwirksamen Skandal im Zusammenhang mit der Abberufung seines Vorgängers angetreten, um als neuer Geschäftsführer das Klinikum aus der Krise herauszuführen und ist damit über den lokalen Bereich hinaus auch mit Interviews an die Öffentlichkeit getreten. Wer im Wirtschaftsleben - noch dazu im Bereich der öffentlichen Hand - als Geschäftsführer eines großen Klinikums eine solch herausragende Position wie der Kläger innehat, muss es grundsätzlich hinnehmen, dass die Presse auch über seine Abberufung wegen einer nachhaltigen Störung des Vertrauensverhältnisses mit einem Großteil der Mitarbeiter als Vorgang von öffentlichem Interesse unter namentlicher Nennung des Betroffenen berichtet. Da der Kläger nicht in seiner Privat-, sondern in der Sozialsphäre betroffen ist, kann er, - wie oben ausgeführt - der Beklagten eine entsprechende Berichterstattung nur im Falle schwerwiegender Auswirkungen auf sein Persönlichkeitsrecht verbieten, so etwa dann, wenn eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen ist. Anhaltspunkte hierfür lassen sich den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entnehmen. Die in der Pressemitteilung des Landrats mitgeteilten Umstände der Abberufung des Klägers hat der Kläger ebenso wenig in Frage gestellt wie die Tatsache, dass Mitarbeiter in einem offenen Brief Vorwürfe gegen ihn erhoben haben.
- 16
- d) Auch kann es der Beklagten nicht verwehrt werden, die Pressemeldung über die Abberufung des Klägers im vorgenannten Umfang über den regionalen Bereich Niederlausitz hinaus in den Bundesländern Berlin und Brandenburg zu verbreiten. Ist eine Berichterstattung im Hinblick auf das Informationsinteresse der Öffentlichkeit grundsätzlich gerechtfertigt, so ist es in erster Linie Sache der Presse, zu entscheiden, in welchem geographischen Bereich sie ein öffentliches Interesse ihrer Leser an der Meldung erwartet. Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als es sich bei der Beklagten um eine Presseagentur handelt, welche eine Meldung in den entsprechenden Landesdienst einstellt, um es den dort ansässigen Presseorganen zu überlassen, die von ihnen veröffentlichten Agenturmeldungen nach dem mutmaßlichen Interesse ihrer Leserschaft und ihrem Verbreitungsgebiet selbst auszuwählen. Darüber hinaus ist im Streitfall zu berücksichtigen, dass der Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts - wenn auch nur vereinzelt und im Zusammenhang mit der Übernahme der Geschäftsführung und sonstigen allgemeinen Problemen des Klinikbetriebs - überregional über die Medien an die Öffentlichkeit getreten ist. Schließlich vermag auch der Umstand, dass das Klinikum nach den weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts von einer landeseigenen GmbH betrieben wird, ein überregionales Interesse zu begründen, welches unter den Umständen des Streitfalles dem geltend gemachten Interesse des Klägers, in der Pressemeldung der Beklagten nicht namentlich genannt zu werden, vorgeht.
- 17
- 4. Da keine weiteren Feststellungen mehr erforderlich sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden.
III.
- 18
- Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 2 ZPO.
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 17.08.2004 - 27 O 343/04 -
KG Berlin, Entscheidung vom 07.11.2005 - 10 U 218/04 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin, Mascha S., begehrt von der Beklagten, die Veröffentlichung zu unterlassen, sie sei die Tochter von Günther J.
- 2
- Im Jahr 2000 wurde die Klägerin von dem Fernsehmoderator Günther J. und seiner Ehefrau Thea S.-J. als Kind angenommen. Bis in das Jahr 2008 wurde in mehreren Presseveröffentlichungen darüber unter Nennung des Vornamens und des Alters der Klägerin berichtet. Bei Eingabe des Suchbegriffes "Mascha S." in die Suchmaschine "Google" wurden zum Zeitpunkt der Entscheidung des Landgerichts 2430 Treffer erzielt. Um zu verhindern, dass das Kindschaftsverhältnis zu Günther J. schon aufgrund des Familiennamens offenbar würde, bestimmten die Eheleute, dass die Klägerin den Familiennamen S. trägt. Die Beklagte veröffentlichte in der von ihr verlegten Zeitschrift "Viel Spaß" aus Anlass der Verleihung der Goldenen Kamera an Günther J. einen Beitrag über die Eltern der Klägerin mit der Überschrift "Ehekrise". Darin wurden der Umgang der Eheleute miteinander bei öffentlichen Auftritten und die Auswirkung der starken beruflichen Beanspruchung von Günther J. auf die ehelichen Beziehungen thematisiert. Die familiären Aufgaben von Thea S.-J. werden unter anderem wie folgt beschrieben: "Sie kümmert sich im heimischen Potsdam um die vier Kinder: Die beiden leiblichen Töchter Svenja (21) und Kristin (18) sowie die adoptierten Mädchen Katja (14) und Mascha (10)."
- 3
- Die Klägerin wendet sich gegen die Veröffentlichung, da sie durch Nennung ihres Vornamens, Alters sowie die Angabe des vollen Namens ihrer Eltern als Tochter von Günther J. erkennbar werde. Eine Abmahnung blieb erfolglos.
- 4
- Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen zu veröffentlichen , dass die Klägerin ein Kind von Günther J. ist. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte das Begehren, die Klage abzuweisen , weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 5
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
- 6
- Das allgemeine Unterlassungsgebot im Urteil des Landgerichts begegne keinen Bedenken. Es mache hinreichend deutlich, dass die Beklagte nicht in einer Art und Weise über die Klägerin berichten dürfe, die - insbesondere durch Nennung ihres Namens - für Dritte das Kindschaftsverhältnis zu Günther J. erkennbar mache. Davon nicht erfasst würden Berichterstattungen, in denen schlicht davon die Rede sei, dass und gegebenenfalls wie viele Kinder Günther J. habe.
- 7
- Der Schutz des Persönlichkeitsrechts der Klägerin rechtfertige das Unterlassungsgebot , weil die Klägerin keinen Anlass zu einem Bericht über sich gegeben habe und ein berechtigtes öffentliches Interesse an einer Berichterstattung über sie nicht dadurch begründet werde, dass sie das Kind eines bekannten Fernsehmoderators sei. Selbst wenn die Zugehörigkeit eines Menschen zu einer bestimmten Familie eher der Sozialsphäre zuzuordnen sei, bedürfe es einer Abwägung zwischen dem Interesse der von der Berichterstattung betroffenen Person, nicht in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt zu werden, und dem allgemeinen Informationsinteresse. Dabei sei maßgebend, ob über Verhaltensweisen oder Verhältnisse der betroffenen Person berichtet werde, die auf ihr eigenes Verhalten zurückzuführen seien. Die Klägerin sei als Kind unter 14 Jahren besonders schutzwürdig und habe ein besonderes Interesse daran, in dieser Phase der Entwicklung nicht durch das Interesse der Öffentlichkeit gestört zu werden, so dass sie sich in ihrer Umwelt nicht so unbefangen verhalten könne, wie dies für andere Kinder ihres Alters möglich sei. Aufgrund der Entscheidung der Eltern der Klägerin, sie nicht an der Prominenz ihres Vaters teilhaben zu lassen, sondern sie aufwachsen zu lassen wie ein Kind, dessen Eltern nicht über große Bekanntheit verfügen, erfahre das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin durch den Grundrechtsschutz aus Art. 6 Abs. 1 und 2 GG zudem eine Verstärkung. Demgegenüber bestehe ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit daran, über die Klägerin informiert zu werden, allen- falls in so geringem Maße, dass es hinter den Persönlichkeitsschutz der Klägerin zurücktrete. Veröffentlichungen über die persönlichen Verhältnisse des Vaters der Klägerin könnten auch erfolgen, ohne dass über die Klägerin in einer Weise berichtet werde, die eine individualisierte Feststellung der Vater-TochterStellung ermögliche.
II.
- 8
- Die Revision hat Erfolg. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Klägerin gegen die Beklagte keinen Anspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2, § 823 Abs. 1 BGB, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK auf Unterlassung der beanstandeten Veröffentlichung.
- 9
- 1. Das Berufungsgericht hat allerdings mit Recht das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin durch die angegriffene Veröffentlichung beeinträchtigt gesehen.
- 10
- a) Der Eigenart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als offenes Rahmenrecht entspricht es, dass sein Inhalt nicht abschließend umschrieben ist, sondern seine Ausprägungen jeweils anhand des zu entscheidenden Falles herausgearbeitet werden müssen (BVerfGE 54, 148, 153 f. - Eppler). So sind als Schutzgüter des allgemeinen Persönlichkeitsrechts anerkannt die Privatsphäre , Geheimsphäre und Intimsphäre (vgl. etwa BVerfGE 27, 1, 6 - Mikrozensus ; 27, 344, 350 f. - Scheidungsakten; 32, 373, 379 - Arztkartei; 34, 238, 245 f. - heimliche Tonbandaufnahme; 47, 46, 73 - Sexualkundeunterricht; 49, 286, 298 - Transsexuelle), die persönliche Ehre, das Verfügungsrecht über die Darstellung der eigenen Person (BVerfGE 35, 202, 220 - Lebach), das Recht am eigenen Bild und am gesprochenen Wort (BVerfGE 34, 238, 246) und unter bestimmten Umständen das Recht, von der Unterschiebung nicht getaner Äußerungen verschont zu bleiben (vgl. BVerfGE 34, 269, 282 f. - Soraya; 54, 148, 153 f. - Eppler). Diese Ausformungen des verfassungsrechtlich geschützten Persönlichkeitsrechts müssen entsprechend beachtet werden, wenn es sich um gerichtliche Entscheidungen über kollidierende Interessen nach den Vorschriften des Privatrechts handelt (vgl. BVerfGE 35, 202, 221; 54, 148, 153 f. - Eppler
).
- 11
- b) Im Streitfall ist als besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts das Recht auf informationelle Selbstbestimmung betroffen. Es geht über den Schutz der Privatsphäre des Einzelnen hinaus und gibt ihm die Befugnis, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen (vgl. BVerfGE 65, 1, 43, juris Rn. 146 - Mikrozensus ; 84, 192, 194; Senatsurteile vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328 Rn. 28 und vom 23. November 1990 - VI ZR 104/90, VersR 1991, 433, 434). Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung flankiert und erweitert den grundrechtlichen Schutz von Verhaltensfreiheit und Privatheit. Es umfasst die aus dem Gedanken der Selbstbestimmung folgende Befugnis des Einzelnen , grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (vgl. BVerfGE 65, 1 ff. aaO; Durner in Maunz/Dürig, GG-Kommentar, 57. Erg.Lieferung, Art. 10 Rn. 54). Auch dieses Recht ist nicht schrankenlos gewährleistet. Seine Schranken sind in der Wechselwirkung mit den Rechten anderer und den Bedürfnissen der sozialen Gemeinschaft zu finden. Der Einzelne hat keine absolute, uneingeschränkte Herrschaft über "seine" Daten. Er entfaltet seine Persönlichkeit innerhalb der sozialen Gemeinschaft. In dieser stellt die Information, auch soweit sie personenbezogen ist, einen Teil der sozialen Realität dar, der nicht ausschließlich dem Betroffenen allein zugeordnet werden kann.
- 12
- Über die Spannungslage zwischen Individuum und Gemeinschaft ist im Sinne einer Gemeinschaftsbezogenheit und -gebundenheit der Person zu entscheiden. Deshalb muss der Einzelne grundsätzlich Einschränkungen seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung hinnehmen, wenn und soweit solche Beschränkungen von hinreichenden Gründen des Gemeinwohls getragen werden und bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze des Zumutbaren noch gewahrt ist (vgl. BVerfGE 65, 1, 44 ff., juris Rn. 150; 78, 77, 85).
- 13
- Als Norm des objektiven Rechts erstreckt sich das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aber auch in das Privatrecht. Es schützt nicht nur vor einer überzogenen Ausforschung von personenbezogenen Daten durch den Staat, sondern es weist auf der Ebene bürgerlichrechtlicher Verhältnisse dem Schutzbedürfnis einer Person einen entsprechend hohen Rang gegenüber Eingriffen zu, die sie gegen ihren Willen für die Öffentlichkeit verfügbar machen (vgl. BVerfGE 84, 192, 194 f.; BVerfG, VersR 2006, 1669, Rn. 27; WM 2013, 1772 Rn. 17 ff.; Senatsurteile vom 12. Juli 1994 - VI ZR 1/94, VersR 1994, 1116, 1117 und vom 13. November 1990 - VI ZR 104/90, aaO; BAG NJW 1990, 2272). Grundsätzlich obliegt es zwar dem Grundrechtsträger, seine Kommunikationsbeziehungen zu gestalten und in diesem Rahmen darüber zu entscheiden , ob er bestimmte Informationen preisgibt oder zurückhält (vgl. BVerfG, VersR 2006, 1669 Rn. 28). Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gewährt dem Einzelnen im privatrechtlichen Umgang jedoch nicht ein unbeschränktes dingliches Herrschaftsrecht über bestimmte Informationen. Es wird nicht vorbehaltlos gewährleistet. Vielmehr kann im privatrechtlichen Bereich das Recht auf informationelle Selbstbestimmung seine Grenze in den Rechten Dritter finden, beispielsweise in Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK. Die Grenzen sind dann im Wege einer Gesamtabwägung der betroffenen Grundrechtspositionen auszuloten (vgl. BVerfGE 84, 192, 195; BVerfG WM 2013, 1772 Rn. 17).
- 14
- c) Im Streitfall steht der Persönlichkeitsschutz im Spannungsverhältnis zu der von Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK garantierten Meinungs- und Pressefreiheit. Die personenbezogene Wortberichterstattung privater Presseorgane verletzt nicht in jedem Fall das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des davon Betroffenen, denn Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleisten nicht, dass der Einzelne nur so dargestellt und nur dann Gegenstand öffentlicher Berichterstattung werden kann, wenn und wie er es wünscht (BVerfG, NJW 2011, 740 Rn. 53). Zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht gehört zwar die Befugnis des Einzelnen selbst zu entscheiden, wie er sich Dritten gegenüber darstellen will und inwieweit von Dritten über seine Person verfügt werden kann (vgl. BVerfGE 54, 148, 154). Die dem Grundrechtsträger hiermit eingeräumte ausschließliche Rechtsmacht erstreckt sich jedoch allein auf die tatsächlichen Grundlagen seines sozialen Geltungsanspruchs (BVerfG, NJW 2011, 740 Rn. 56). So kann sich auf das Recht, gegen seinen Willen nicht zum Objekt einer öffentlichen Berichterstattung gemacht zu werden, jedenfalls nicht derjenige Grundrechtsträger berufen, der sich in freier Entscheidung der Medienöffentlichkeit aussetzt. Denn eine umfassende Verfügungsbefugnis über die Darstellung der eigenen Person im Sinne der Herrschaft des Grundrechtsträgers auch über den Umgang der Öffentlichkeit mit Aussagen oder Verhaltensweisen , deren er sich öffentlich entäußert hat, gewährleistet das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht (BVerfG NJW 2011, 740 Rn. 56). Tritt der Einzelne in Kommunikation mit anderen, wirkt er durch sein Verhalten auf andere ein oder berührt er auf sonstige Weise Belange anderer oder des Gemeinschaftslebens, können Informationsinteressen vorhanden sein, denen gegenüber den persönlichen Belangen der Vorrang einzuräumen ist. Der Konflikt zwischen dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und der Meinungs- und Pressefreiheit ist dann in einem möglichst schonenden Ausgleich zueinander im Wege einer Güter- und Interessenabwä- gung zu lösen (vgl. BVerfGE 35, 202, 221 - Lebach; Di Fabio in Maunz/Dürig aaO, 39. Erg.Lieferung, Art. 2 Rn. 233).
- 15
- 2. Im Streitfall hat der Persönlichkeitsschutz der Klägerin hinter dem Recht der Beklagten auf Freiheit der Berichterstattung zurückzutreten.
- 16
- a) Zweifellos berührt die Veröffentlichung der Abstammung, des Vornamens und des Alters die Klägerin in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Auch bewertet das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit dem Landgericht den Grundrechtsschutz der Klägerin zutreffend als dadurch verstärkt , weil es sich bei ihr um ein Kind handelt.
- 17
- Kinder bedürfen eines besonderen Schutzes, weil sie sich zu eigenverantwortlichen Personen erst entwickeln müssen (vgl. BVerfGE 101, 361, 385). Ihre Persönlichkeitsentfaltung kann durch eine Berichterstattung empfindlicher gestört werden als die von Erwachsenen. Der erkennende Senat teilt die Auffassung des Landgerichts und des Berufungsgerichts, dass eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts eines Kindes nicht nur dann vorliegen kann, wenn das Kind die persönlichkeitserheblichen Einwirkungen Dritter bemerkt, sondern schon dann gegeben ist, wenn Dritte persönlichkeitsbezogene Informationen verbreiten und dies dazu führen kann, dass dem Kind in Zukunft nicht unbefangen begegnet wird oder dass es sich speziellen Verhaltenserwartungen ausgesetzt sieht. Der Bereich, in dem Kinder sich frei von öffentlicher Beobachtung fühlen und entfalten dürfen, muss deswegen umfassender geschützt sein als derjenige erwachsener Personen (BVerfGE 101, 361, 385; 119, 1, 24; 120, 180, 199). Der Schutzgehalt des allgemeinen Persönlichkeitsrechts erfährt durch Art. 6 Abs. 1 und 2 GG eine Verstärkung, die den Staat verpflichtet, die Lebensbedingungen des Kindes zu sichern, die für sein gesundes Aufwachsen erforderlich sind und zu denen insbesondere die elterliche Fürsorge gehört.
- 18
- b) Zutreffend ist danach der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts und des Landgerichts, dass die Presse bei der Nennung des Namens von Kindern in der Berichterstattung besondere Rücksicht auf die Beteiligten zu nehmen hat. Das Gebot der Rücksichtnahme auf die Persönlichkeit der Betroffenen gebietet der Presse, hier mit besonderer Sorgfalt abzuwägen, ob dem Informationsinteresse nicht ohne Namensnennung genügt werden kann. Im Streitfall haben die Eltern der Klägerin deren besonderem Schutzbedürfnis dadurch Rechnung getragen , dass sie den Geburtsnamen der Mutter (S.) und nicht des "berühmten" Vaters (J.) zum Familiennamen der Klägerin bestimmten und diese von öffentlichen Auftritten fernhielten.
- 19
- Gleichwohl sind Vorname, Alter und Abstammung der Klägerin durch die Presseberichterstattung über die Adoption, die sich zum Teil auf Äußerungen des Vaters der Klägerin stützte, im Jahr 2000 öffentlich bekannt geworden. Im landgerichtlichen Urteil, auf das das Berufungsgericht Bezug genommen hat, ist festgestellt, dass diverse Presseveröffentlichungen aus den Jahren 2006 bis 2008 erwähnen, dass Günter J. im Jahr 2000 das aus Russland stammende Mädchen Mascha adoptierte. Bei Eingabe des Suchbegriffes "Mascha S." in der Suchmaschine "Google" wurden zum Zeitpunkt der Entscheidung des Landgerichts 2430 Treffer erzielt. Danach kann nicht angenommen werden, dass die Klägerin aufgrund des Zeitablaufs die von ihr beanspruchte Anonymität bereits wiedererlangt hat. Vielmehr sind ihre Daten weiterhin in der Öffentlichkeit präsent und betrifft die Berichterstattung Umstände, die von jedermann mit Hilfe gängiger Systeme problemlos recherchiert werden können.
- 20
- c) Demgegenüber kann sich die Beklagte auf das Recht derMeinungsund Medienfreiheit berufen (vgl. Senatsurteil vom 10. März 2009 - VI ZR 261/07, BGHZ 180, 114 Rn. 19), auch wenn die Veröffentlichung der Daten den Bericht über die Ehe der Eltern der Klägerin lediglich in seinem Unterhaltungswert aufwertet (vgl. Senatsurteil vom 1. Juli 2008 - VI ZR 243/06, VersR 2008, 1506 Rn. 23 f.). Unterhaltende Beiträge sind ein zulässiger wesentlicher Bestandteil der Medienbetätigung, der durch die Pressefreiheit geschützt wird, zumal der publizistische und wirtschaftliche Erfolg der Presse auf unterhaltende Inhalte und entsprechende Abbildungen angewiesen sein kann. Allerdings bedarf es bei unterhaltenden Inhalten in besonderem Maße der abwägenden Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen der Betroffenen. Eine Regelvermutung des grundsätzlichen Vorrangs des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gegenüber der Pressefreiheit, sobald schutzbedürftige Interessen von Kindern und Jugendlichen in Reden stehen, von der das Berufungsgericht ausgeht , ist jedoch aus verfassungsrechtlicher Sicht zu eng und undifferenziert (vgl. BVerfG, NJW 2012, 1500 Rn. 42).
- 21
- d) Bei der hiernach gebotenen Abwägung der betroffenen Rechtspositionen überwiegt im Streitfall das Recht der Beklagten auf freie Berichterstattung den Schutz des Rechts der Klägerin auf informationelle Selbstbestimmung. Dabei ist für die Zulässigkeit der Veröffentlichung freilich nicht maßgebend, dass darin auf den von der Klägerin tatsächlich geführten Familiennamen nicht ausdrücklich hingewiesen wird. Von einem Leser kann wegen der namentlichen Nennung der Eltern ohne weiteres darauf geschlossen werden, wie die Klägerin heißt. Ausschlaggebend wirkt sich jedoch bei der im Zuge der Abwägung gebotenen Gesamtbetrachtung der Umstand aus, dass die mitgeteilten Daten bereits vor der Veröffentlichung einer breiten Öffentlichkeit bekannt waren. Wie oben ausgeführt, waren die betreffenden Daten der Klägerin aufgrund der Presseberichte über die Adoption in den Jahren 2006 bis 2008 einer großen Zahl von Personen bekannt geworden, die sie ihrerseits weitergeben konnten. Hinzu kommt, dass die persönlichen Daten der Klägerin im Zeitpunkt der angegriffenen Veröffentlichung im Internet zugänglich waren. Selbst wenn die vorhergehenden Veröffentlichungen teilweise gegen den Willen der Klägerin bzw. den Willen der für sie verantwortlichen sorgeberechtigten Eltern erfolgt wären, ist der damit verbundene Wegfall der Anonymität rechtlich nicht unbeachtlich (vgl. BVerfG, AfP 2010, 365 Rn. 33). Die Sicht der Öffentlichkeit auf die betroffene Person ist dann schon gegeben und wird wesentlich durch die bereits vorhandenen Informationen mitgeprägt. Das Gewicht des Eingriffs durch die Weiterverbreitung einer bereits bekannten Information ist mithin gegenüber dem Ersteingriff im Allgemeinen verringert (vgl. hierzu Senatsurteil vom 29. Juni 1999 - VI ZR 264/98, VersR 1999, 1250, 1252; EGMR, NJW 1999, 1315, 1318).
- 22
- Danach muss sich die Beklagte nicht darauf verweisen lassen, über die Klägerin nur in einer Weise zu berichten, die sie für dritte Personen nicht erkennbar macht. Die angegriffene Veröffentlichung tangiert zwar das Recht der Klägerin auf informationelle Selbstbestimmung, doch hat sie die Beeinträchtigung hinzunehmen, zumal über die Veröffentlichung hinausgehende Rechtsbeeinträchtigungen nicht ersichtlich sind.
- 23
- 3. Die Urteile der Vorinstanzen haben danach keinen Bestand. Darauf, dass der Tenor der angegriffenen Urteile zu weit gefasst ist, kommt es nicht mehr an (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 11. Dezember 2012 - VI ZR 314/10, VersR 2013, 321 Rn. 32).
- 24
- 4. Da es keiner weiteren Feststellungen mehr bedarf, kann der erkennende Senat gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden.
- 25
- Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Galke Zoll Wellner Diederichsen von Pentz
LG Hamburg, Entscheidung vom 13.01.2012 - 324 O 454/11 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 24.04.2012 - 7 U 5/12 -
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.
(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.
(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.
(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Berichterstattung über seine angebliche Tätigkeit als inoffizieller Mitarbeiter (IM) für das Ministerium für Staatssicherheit der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) in Anspruch.
- 2
- Der Kläger war Professor an der Universität Leipzig, Fraktionsvorsitzender der Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) im Sächsischen Landtag und Spitzenkandidat dieser Partei für die Landtagswahl am 19. September 2004. Die Beklagte verlegt die Zeitungen "Sächsische Zeitung", "Dresdner Mor- genpost" und "Dresdner Morgenpost am Sonntag". In diesen Zeitungen wurde in der Zeit vom 8. bis 17. August 2004 in fünf Artikeln über den Verdacht berichtet , der Kläger habe seit 1970 als inoffizieller Mitarbeiter "IM Christoph" mit dem Ministerium für Staatssicherheit zusammengearbeitet und dabei insbesondere seine damalige Freundin und jetzige Frau bespitzelt.
- 3
- Der Kläger sieht sich durch die Veröffentlichungen in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Er behauptet, er habe keine Kenntnis davon gehabt , dass das Ministerium für Staatssicherheit ihn als "IM Christoph" geführt habe. Er sei ohne sein Wissen "abgeschöpft" worden.
- 4
- Das Landgericht hat die Beklagte zur Unterlassung der Verbreitung verschiedener Passagen der Artikel verurteilt. Die Berufung der Beklagten war erfolglos. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 5
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die vom Kläger beanstandeten Textpassagen seien jeweils Teil einer unzulässigen Verdachtsberichterstattung und verletzten den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Ihre Veröffentlichung sei insbesondere nicht deshalb zulässig, weil die darin als Verdacht geäußerten Behauptungen zutreffend seien. Es sei nicht erwiesen, dass der Kläger wissentlich und willentlich mit dem Staatssicherheitsdienst der DDR zusammengearbeitet habe. Die Beweislast für die Wahrheit der Behauptungen liege bei der Beklagten. Der Beweis sei durch die vorgelegten Dokumente der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der DDR (nachfolgend: Bundesbeauftragte) und die Aussagen der Zeugen nicht erbracht worden. Zwar bleibe ein erheblicher Verdacht, dass die Behauptung des Klägers, nicht gewusst zu haben, dass die Zeugen Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit gewesen seien, nicht zutreffe. Denn den vorgelegten Unterlagen und den Aussagen der Zeugen sei zu entnehmen, dass der Kläger über Jahre vielfach und unter konspirativen Umständen Kontakt mit Mitarbeitern des Staatssicherheitsdienstes gehabt und er diesen gegenüber höchst private und politisch brisante Einzelheiten über Freunde, Bekannte und seine damalige Lebensgefährtin berichtet habe. Sie ließen aber nicht den zwingenden Schluss zu, dass dem Kläger bekannt gewesen sei, wer seine Gesprächspartner waren. Der Möglichkeit, dass der Kläger unwissentlich mit Vertretern der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) gesprochen habe, stehe insbesondere nicht zwingend entgegen, dass die HVA im Jahre 1970 für den Kläger eine Karteikarte mit dem Decknamen "IM Christoph" angelegt habe und dass in der Aktennotiz des Zeugen O. vom 5. März 1984 festgehalten worden sei, dass der Kläger bei der HVA positiv erfasst sei und zuverlässig arbeite. Hieraus ergäben sich zwar erhebliche Verdachtsmomente. Eine Gewissheit über eine positive Kenntnis des Klägers bestehe hingegen nicht.
- 6
- Die Berichterstattung sei auch nicht etwa deshalb zulässig, weil es sich um die Verbreitung eines Verdachts gehandelt habe. Ihre Zulässigkeit scheitere jedenfalls daran, dass die Beklagte, die ihre Informationen ausschließlich Berichten des Nachrichtenmagazins "FOCUS" entnommen habe, vor der Veröffentlichung keine eigenen Recherchen durchgeführt habe. In Anbetracht der Konsequenzen, die der Vorwurf, der Kläger sei als "IM" der "Stasi" tätig gewesen , für diesen hätte haben müssen, habe die Beklagte selbst die im Nachrichtenmagazin "FOCUS" auszugsweise zitierten Dokumente der Bundesbeauftragten überprüfen und den Verfasser der darin enthaltenen Berichte, den Zeugen O., zu den Umständen ihrer Entstehung befragen müssen. Die Tatsache, dass sich der Kläger im Landtagswahlkampf befunden habe, stehe dem nicht entge- gen, sondern habe im Gegenteil wegen der absehbaren schwerwiegenden Folgen für den Kläger zu einer genaueren Überprüfung führen müssen. Die Beklagte habe sich nicht gänzlich auf die Einschätzung der Bundesbeauftragten verlassen dürfen, die die Voraussetzungen für eine Herausgabe der Unterlagen an die Presse für gegeben hielt, sondern die ihr zur Verfügung stehenden eigenen Recherchemöglichkeiten nutzen müssen. Die Beklagte habe nicht vorgetragen , dass sie irgendein Dokument der Bundesbeauftragten in den Händen gehabt habe.
- 7
- In der Abhaltung einer Pressekonferenz am 19. August 2004 durch den Kläger liege keine Einwilligung in die Veröffentlichungen. Da sie erst nach dem Erscheinen der Beiträge stattgefunden habe, entfalle durch sie nicht die Rechtswidrigkeit der Berichterstattung. Es bestehe auch weiterhin Wiederholungsgefahr , zumal die Beklagte nicht konkret vorgetragen habe, zu welchen konkreten Äußerungen der Kläger sich mit welchen Worten in dieser Pressekonferenz geäußert habe.
II.
- 8
- Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , dem Kläger stehe gegen die Beklagte wegen der angegriffenen Äußerungen ein Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG zu.
- 9
- 1. Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass die angegriffenen Äußerungen einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers darstellen. Es hat den Sinngehalt der beanstandeten Äußerungen zutreffend erfasst, indem es angenommen hat, die Beklagte habe dadurch in jeweils unterschiedlichen Formen den Verdacht geäußert, der Kläger habe als informeller Mitarbeiter (IM) mit dem Ministerium für Staatssicherheit der DDR (MfS) zusammengearbeitet und "Spitzeldienste" erbracht. Es hat die Äußerungen auch zu Recht als Tatsachenbehauptungen eingestuft. Die Äußerung des Verdachts, mit dem MfS zusammengearbeitet zu haben, ist geeignet, sich abträglich auf das Ansehen des Klägers, insbesondere sein Bild in der Öffentlichkeit , auszuwirken (vgl. BVerfGE 114, 339, 346; BVerfGE 119, 1, 24, jeweils mwN; siehe auch Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 332/09, VersR 2012, 66 Rn. 20 f.; BVerfG, AfP 2010, 562 Rn. 56; EGMR, NJW 2012, 1058 Rn. 83).
- 10
- 2. Die Revision wendet sich aber mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers werde durch die angegriffenen Äußerungen in rechtswidriger Weise verletzt.
- 11
- a) Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (Senatsurteile vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, VersR 2012, 994 Rn. 35; vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, z.V.b., Rn. 10, jeweils mwN).
- 12
- Im Streitfall sind das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und seines guten Rufs mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit abzuwägen (vgl. Se- natsurteile vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 332/09, VersR 2012, 66 Rn. 24; vom 22. November 2011 - VI ZR 26/11, VersR 2012, 192 Rn. 14, jeweils mwN; BVerfG, NJW 2012, 756 Rn. 18; NJW 2012, 1500 Rn. 33). Bei Tatsachenbehauptungen wie im vorliegenden Fall hängt die Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen vom Wahrheitsgehalt ab. Wahre Tatsachenbehauptungen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht (vgl. Senatsurteile vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, VersR 2012, 994 Rn. 37; vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, z.V.b., Rn. 12, jeweils mwN; BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 62 mwN; NJW 2012, 1500 Rn. 39). Außerhalb des Schutzbereichs des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG liegen aber nur bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen und solche, deren Unwahrheit bereits im Zeitpunkt der Äußerung feststeht. Alle übrigen Tatsachenbehauptungen mit Meinungsbezug genießen den Grundrechtsschutz, auch wenn sie sich später als unwahr herausstellen (vgl. Senatsurteil vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07, BGHZ 176, 175 Rn. 34; BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 62, jeweils mwN).
- 13
- b) Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , die angegriffenen Äußerungen seien nicht (erweislich) wahr.
- 14
- aa) Die Revision macht allerdings ohne Erfolg geltend, bei der Wiedergabe der gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe durch die Beklagte handele es sich nicht um eine Verdachtsberichterstattung, sondern um eine wahrheitsgemäße und deshalb zulässige Berichterstattung über das Zeitgeschehen, nämlich über die Berichterstattung des Nachrichtenmagazins "FOCUS" und die bis zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Ergebnisse der Bundesbeauftragten. Denn die Beklagte hat sich die Erkenntnisse des "FOCUS" bzw. der Bundesbeauftragten über den Verdacht einer IM-Tätigkeit des Klägers jeweils zu Eigen gemacht. Sie hat die jeweiligen Artikel selbst verfasst und sich mit den fremden Äußerungen identifiziert, so dass sie als eigene erscheinen; sie hat sie zum Be- standteil eigener Verdachtsberichterstattungen gemacht (vgl. Senatsurteile vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, VersR 2009, 1417 Rn. 19; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, VersR 2010, 220 Rn. 11; vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, VersR 2012, 992 Rn. 11; BVerfG, NJW 2004, 590, 591 jeweils mwN).
- 15
- bb) Mit Erfolg rügt die Revision aber die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe nicht bewiesen, dass die von ihr als Verdacht geäußerten Behauptungen wahr seien. Das Berufungsgericht ist zwar im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass die Beweislast für die Wahrheit der Tatsachenbehauptungen nach der über § 823 Abs. 2 BGB in das Deliktsrecht transformierten Beweisregel des § 186 StGB der auf Unterlassung in Anspruch genommenen Beklagten als Äußernden obliegt (vgl. Senatsurteile vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 23; vom 22. April2008 - VI ZR 83/07, BGH 176, 175 Rn. 21; vom 28. Februar 2012 - VI ZR 79/11, VersR 2012, 502 Rn. 13; BVerfGE 114, 339, 352). Wie die Revision jedoch zu Recht beanstandet, beruht die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe nicht bewiesen, dass der Kläger wissentlich und willentlich mit dem Staatssicherheitsdienst zusammengearbeitet habe, auf einer Verletzung von § 286 Abs. 1 ZPO.
- 16
- (1) Nach dieser Vorschrift hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist. Diese Würdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. An dessen Feststellungen ist das Revisionsgericht nach § 559 ZPO gebunden. Revisionsrechtlich ist lediglich zu überprüfen, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (vgl. Senatsurteile vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 309/10, VersR 2012, 454 Rn. 13 mwN; vom 10. Juli 2012 - VI ZR 341/10, VersR 2012, 1261 Rn. 28 mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
- 17
- Der revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt ferner das Beweismaß. Nach § 286 ZPO hat der Tatrichter ohne Bindung an Beweisregeln und nur seinem Gewissen unterworfen die Entscheidung zu treffen, ob er an sich mögliche Zweifel überwinden und sich von einem bestimmten Sachverhalt als wahr überzeugen kann. Jedoch setzt das Gesetz eine von allen Zweifeln freie Überzeugung nicht voraus. Das Gericht darf keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen und keine unumstößliche Gewissheit bei der Prüfung verlangen, ob eine Behauptung wahr und erwiesen ist. Vielmehr darf und muss sich der Richter in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (vgl. Senatsurteile vom 8. Juli 2008 - VI ZR 259/06, VersR 2008, 1265 Rn. 22; vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 241/09, VersR 2011, 223 Rn. 21; BGH, Urteile vom 17. Februar 1970 - III ZR 139/67, BGHZ 53, 245, 255 f.; vom 14. Januar 1993 - IX ZR 238/91, NJW 1993, 935, 937; vom 13. März 2003 - X ZR 100/00, GRUR 2003, 507, 508, jeweils mwN). Zweifel, die sich auf lediglich theoretische Möglichkeiten gründen, für die tatsächliche Anhaltspunkte nicht bestehen, sind nicht von Bedeutung (vgl. Senatsurteil vom 8. Juli 2008 - VI ZR 259/06, aaO).
- 18
- (2) Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht hinreichend beachtet.
- 19
- (a) Die Beweiswürdigung ist unvollständig und verstößt gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze. Die Revision beanstandet zu Recht, dass die Deutung der in den Akten des MfS verwendeten Begriffe durch das Landgericht, auf dessen Würdigung das Berufungsgericht Bezug genommen hat, zum Teil weit hergeholt und mit dem natürlichen Sprachempfingen kaum in Einklang zu bringen ist. So rügt die Revision mit Erfolg, dass das Berufungsgericht, das insoweit auf die Würdigung des Landgerichts Bezug genommen hat, den Bericht der Bezirksverwaltung Leipzig des Ministeriums für Staatssicherheit vom 9. März 1984 als mit dem Vortrag des Klägers, er sei lediglich ohne sein Wissen "abgeschöpft" worden, vereinbar angesehen hat. Der Bericht vom 9. März 1984 betrifft nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die erste Kontaktaufnahme der Bezirksverwaltung Leipzig mit dem Kläger, der bis zu dieser Zeit nur bei der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) als inoffizieller Mitarbeiter erfasst war. In diesem Bericht führt Oberleutnant O. von der Bezirksverwaltung Leipzig aus: "Entsprechend der Mitteilung der HVA konnte mit diesem IM die Verbindung zur zeitweiligen Nutzung aufgenommen werden. Dazu wurden die Telefonnummer des IM und ein Erkennungswort mitgeteilt. Die Verbindungsaufnahme zum IM erfolgte telefonisch und geschah ohne Schwierigkeiten." Die Revision beanstandet mit Recht, dass die Würdigung des Landgerichts, unter dem Erkennungswort könne auch der Arbeitsname zu verstehen sein, unter dem alle durch den Kläger erlangten Informationen zwischen der Hauptverwaltung und der Bezirksverwaltung Leipzig auszutauschen seien, unvertretbar ist. Sie trägt insbesondere dem anerkannten Grundsatz nicht Rechnung, wonach der Sinngehalt von Erklärungen unter Berücksichtigung des Wortlautes und des Zusammenhangs zu erfassen und hierbei das übliche Verständnis der betroffenen Verkehrskreise zu berücksichtigen ist. Nach dem Gesamtzusammenhang der Äußerung erfolgte die Mitteilung des Erkennungswortes an die Bezirksverwaltung gemeinsam mit der Bekanntgabe der Telefonnummer des IM zum Zwecke der Kontaktaufnahme mit diesem. Im unmittelbar auf die Verwendung des Erkennungswortes folgenden Satz wird mitgeteilt, dass die Kontaktaufnahme telefonisch erfolgt und ohne Schwierigkeiten geschehen sei. Weshalb in diesem Zusammenhang das Erkennungswort den Arbeitsnamen bezeichnen soll, unter dem die Informationen zwischen der Hauptverwaltung und der Bezirksverwal- tung auszutauschen waren, ist schlechterdings nicht nachvollziehbar. Dies gilt umso mehr, wenn man die Aussage der Mitarbeiterin derBundesbeauftragten in der Sitzung des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunitätsangelegenheiten des Sächsischen Landtags vom 10. Januar 2006 berücksichtigt, wonach es üblich gewesen sei, zur Herstellung des Kontakts mit einem dem inoffiziellen Mitarbeiter bislang unbekannten Offizier des Ministeriums für Staatssicherheit Kennwörter zu vereinbaren.
- 20
- (b) Die Revision rügt auch mit Erfolg, dass das Berufungsgericht die Anforderungen an die richterliche Überzeugung überspannt hat. Das Landgericht hat rechtfehlerhaft eine mathematische, jede Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs ausschließende Gewissheit gefordert. Es hat die Hinweise in den Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes jeweils isoliert gewürdigt und theoretische Erklärungen dafür gefunden, warum es nicht "gänzlich undenkbar", "nicht unmöglich" oder "nicht gänzlich unplausibel" sei, dass die Darstellung des Klägers zutreffend sei und er nicht gewusst habe, dass er seine umfassende Spitzeltätigkeit tatsächlich für den Staatssicherheitsdienst erbrachte. Die erheblichen Verdachtsmomente wiesen nicht "zwingend" darauf hin, dass der Kläger Kenntnis von der Identität seiner Gesprächspartner gehabt habe.
- 21
- Das Berufungsgericht hat zwar zutreffend ausgeführt, dass für die richterliche Überzeugungsbildung ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit genüge, der Zweifeln Schweigen gebiete, ohne sie völlig auszuschließen. In der Sache hat es aber keine geringeren Anforderungen an die Überzeugungsbildung als das Landgericht gestellt. Es hat sich uneingeschränkt dessen rechtsfehlerhafter Beweiswürdigung angeschlossen und ebenfalls darauf abgestellt, dass die "durchaus erheblichen Verdachtsmomente" nicht den "zwingenden" bzw. "alleinigen Schluss" auf eine Kenntnis des Klägers zuließen bzw. seiner Unkenntnis "nicht zwingend entgegen" ständen.
- 22
- c) Die Revision wendet sich darüber hinaus mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die angegriffenen Äußerungen seien auch nicht nach den Grundsätzen der Verdachtsberichterstattung zulässig.
- 23
- aa) Soweit die Berichterstattung in den Artikeln vom 9., 10., 11. und 17. August 2004 betroffen ist, rügt die Revision zu Recht, dass das Berufungsgericht entscheidungserheblichen Vortrag der Beklagten bei seiner Entscheidungsfindung nicht berücksichtigt hat. Die Beklagte hatte in der Klageerwiderung unter Benennung eines Zeugen und unter Verweis auf Anlagen vorgetragen , dass sich der Kläger in einer Pressekonferenz vom 8. August 2004, zu der sämtliche Medien eingeladen worden seien, ausführlich zu den angekündigten FOCUS-Enthüllungen und den darin enthaltenen Verdachtsmomenten geäußert habe. Er habe insbesondere ausgeführt, dass er keine Stasi-Vergangenheit als IM Christoph habe, "nie bewusst" mit dem MfS zusammengearbeitet und "nie wissentlich" einen Stasioffizier getroffen habe. Zu dem - unter Bezugnahme auf den Bericht in den Stasi-Unterlagen erhobenen - konkreten Vorwurf, dass er als IM Christoph über eine Lesung der Autorin Christa Moog berichtet habe, habe er spekuliert, bei seinen "öffentlichen Reden über diese Veranstaltung" von der Stasi "abgeschöpft" worden zu sein. Die Beklagte hatte darüber hinaus in der Klageerwiderung vorgetragen, die vom Kläger als Fraktionschef gesteuerte PDS habe in ihrem Internetportal eine Meldung vom 8. August 2004 zum Abruf bereit gehalten, in der u.a. Folgendes ausgeführt gewesen sei: "Der PDSFraktionschef im Landtag von Sachsen, P., hat Stasi-Vorwürfe zurückgewiesen. … Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "FOCUS" soll P. von Mai 1970 bis in die 80er Jahre als "IM Christoph" der DDR - Auslandsspionage Informationen geliefert und außerdem seine damalige Freundin und heutige Ehefrau R. bespitzelt haben."
- 24
- Dieser Vortrag der Beklagten ist entscheidungserheblich. Die Beklagte hat damit geltend gemacht, der Kläger habe sich - vor der Berichterstattung durch die Beklagte in den Artikeln vom 9., 10., 11. und 17. August 2004 - gezielt an die Öffentlichkeit gewandt, um seine Reaktion auf die Vorwürfe bekannt zu geben, und über die PDS eine Berichterstattung veranlasst, in der die angegriffenen Verdachtsäußerungen bereits verbreitet worden seien. Dieses Verhalten des Klägers kann entweder als eine die Rechtswidrigkeit ausschließende Einwilligung in die Berichterstattung der Beklagten zu werten sein oder jedenfalls dazu führen, dass sein Interesse an einem Schutz seiner Persönlichkeit im Rahmen der Abwägung hinter dem Interesse der Beklagten an einer Berichterstattung zurückzutreten hat (vgl. zur Einwilligung in eine Persönlichkeitsbeeinträchtigung : BVerfGE 106, 28, 45 f.; Senatsurteile vom 28. September 2004 - VI ZR 305/03, VersR 2005, 83 mwN; vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03, VersR 2005, 84, 86; LG Köln, AfP 1989, 766 f.; siehe auch OLG Karlsruhe, OLGR 2006, 598, 599; OLG Frankfurt, ZUM 2007, 915, 916; LG München, ZUM-RD 2008, 309; Prinz/Peters, Medienrecht, 1999, Rn. 249; vgl. zur Berücksichtigung bei der Abwägung: Senatsurteile vom 3. Mai 1977 - VI ZR 36/74, NJW 1977, 1288, 1289, insoweit in BGHZ 68, 331 nicht abgedruckt; vom 26. Mai 2009 - VI ZR 191/08, VersR 2009, 1085 Rn. 26; BVerfG, AfP 2010, 365 Rn. 32; BVerfGK 9, 54, 62). Denn haben der Kläger bzw. auf seine Veranlassung und mit seinem Wissen die PDS sich mit den für seine StasiVergangenheit sprechenden Verdachtsmomenten öffentlich auseinandergesetzt , kann es der Presse nicht untersagt sein, diese Vorwürfe anschließend zum Gegenstand einer Berichterstattung zu machen.
- 25
- bb) Die Revision rügt auch mit Erfolg, dass das Berufungsgericht bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der in den Artikeln vom 10., 11. und 17. August 2004 enthaltenen Äußerungen die Anforderungen an eine zulässige Verdachtsberichterstattung überspannt hat.
- 26
- (1) Das Berufungsgericht ist im Ansatz allerdings zutreffend davon ausgegangen , dass eine Tatsachenbehauptung, deren Wahrheitsgehalt ungeklärt ist und die eine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Angelegenheit betrifft, demjenigen, der sie aufstellt oder verbreitet, solange nicht untersagt werden darf, wie er sie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für erforderlich halten darf (Art. 5 GG, § 193 StGB). Eine Berufung hierauf setzt voraus, dass der auf Unterlassung in Anspruch Genommene vor Aufstellung oder Verbreitung der Behauptung hinreichend sorgfältige Recherchen über den Wahrheitsgehalt angestellt hat (vgl. Senatsurteile vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 23 mwN; vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07, BGHZ 176, 175 Rn. 35; BVerfGE 114, 339, 353; BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 62). Erforderlich ist ein Mindestbestand an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der Information sprechen und ihr damit erst "Öffentlichkeitswert" verleihen. Die Darstellung darf keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalten, also durch eine präjudizierende Darstellung den unzutreffenden Eindruck erwecken, der Betroffene sei der ihm vorgeworfenen Handlung bereits überführt. Auch ist vor der Veröffentlichung regelmäßig eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen. Schließlich muss es sich um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handeln, dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt ist (vgl. Senatsurteil vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99, BGHZ 143, 199, 203 f. mwN).
- 27
- (2) Die Revision beanstandet mit Recht, dass das Berufungsgericht den erforderlichen Mindestbestand an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der angegriffenen Äußerungen sprechen, verneint und zu hohe Anforderungen an die von der Beklagten einzuhaltende Sorgfalt gestellt hat.
- 28
- (a) Die Pflichten zur sorgfältigen Recherche über den Wahrheitsgehalt richten sich nach den Aufklärungsmöglichkeiten. Sie sind für die Medien strenger als für Privatleute. An die Wahrheitspflicht dürfen im Interesse der Mei- nungsfreiheit keine Anforderungen gestellt werden, die die Bereitschaft zum Gebrauch des Grundrechts herabsetzen und so den freien Kommunikationsprozess einschnüren. Andererseits ist aber auch zu berücksichtigen, dass die Wahrheitspflicht Ausdruck der Schutzpflicht ist, die aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht folgt. Je schwerwiegender die Äußerung das Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt, umso höhere Anforderungen sind deshalb an die Erfüllung der Sorgfaltspflichten zu stellen. Allerdings ist auch das Interesse der Öffentlichkeit an derartigen Äußerungen zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 62 mwN, sowie Senatsurteil vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99, BGHZ 143, 199, 203 f.; BVerfGE 114, 339, 353 f.; BVerfGK 9, 317, 321; BVerfGK 10, 485, 489; siehe auch EGMR, NJW 2000, 1015 Rn. 66; NJW 2006, 1645 Rn. 78; NJW 2012, 1058 Rn. 82).
- 29
- (b) Die Revision beanstandet zu Recht, dass das Berufungsgericht die Stellungnahme des Pressesprechers der Bundesbeauftragten, Herrn B., vom 9. August 2004 rechtsfehlerhaft nicht als privilegierte Quelle gewertet hat, der die Beklagte ein gesteigertes Vertrauen entgegenbringen durfte. Wie die Beklagte in der Klageerwiderung geltend gemacht und was das Berufungsgericht durch Bezugnahme auf die entsprechenden Ausführungen des Landgerichts seiner Entscheidung als unstreitig zugrunde gelegt hat, hatte der Pressesprecher der Bundesbeauftragten erklärt, aus den gefundenen Unterlagen gehe zweifelsfrei hervor, dass der Kläger als "IM Christoph" für den Staatssicherheitsdienst tätig gewesen sei.
- 30
- Bei dem Bundesbeauftragten handelt es sich gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 StUG um eine Bundesoberbehörde. In der Rechtsprechung und im Schrifttum ist anerkannt, dass den Verlautbarungen amtlicher Stellen ein gesteigertes Vertrauen entgegengebracht werden darf (vgl. BVerfG, AfP 2010, 365 Rn. 35; OLG Hamburg, ArchPR 1972, 86; OLG Stuttgart, AfP 1990, 145, 147; NJW-RR 1993, 733, 734; KG, AfP 1992, 302, 303; ZUM-RD 2011, 468, 472; OLG Karlsruhe, NJW-RR 1993, 732, 733; OLG Dresden, NJW 2004, 1181, 1183; LG Oldenburg , AfP 1988, 79, 80; siehe auch EGMR, NJW 2000, 1015 Rn. 72; NJW 2012, 1058 Rn. 105; Peters, NJW 1997, 1334, 1336; Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 6 Rn. 136; Damm/Rehbock, Widerruf, Unterlassung und Schadensersatz in den Medien, 3. Aufl., Rn. 986). Denn Behörden sind in ihrer Informationspolitik unmittelbar an die Grundrechte, namentlich das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen, gebunden und zur Objektivität verpflichtet (vgl. BGH, Urteil vom 17. März 1994 - III ZR 15/93, NJW 1994, 1950, 1951; BVerfG, NJW-RR 2010, 1195 Rn. 35; BeckOK GG/ Huster/Rux, Art. 20 GG Rn. 156 ff. [Stand: 1. Oktober 2012]).
- 31
- Der Berücksichtigung der Auskünfte steht nicht entgegen, dass es sich dabei nur um sekundäre Quellen handelt. Der Bundesbeauftragte ist für solche Auskünfte besonders kompetent und kann das Vorliegen einer IM-Tätigkeit in aller Regel besser beurteilen als Presseorgane. Die Unterrichtung der Öffentlichkeit , die gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 5 StUG zu seinen Aufgaben und Befugnissen gehört, setzt fundierte und umfassende Kenntnisse über den Staatssicherheitsdienst und seinen Wirkungsbereich voraus (vgl. Pietrkiewicz/Burth in Geiger /Klinghardt, StUG, 2. Aufl., § 37 Rn. 15). Deshalb ist beim Bundesbeauftragten auch eine Forschungsabteilung gebildet worden (Stoltenberg/Bossack, StUG, 1. Aufl., § 37 Rn. 11).
III.
- 32
- Das Berufungsurteil ist aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen treffen kann (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der freien Beweiswürdigung unterlie- gen; im Einzelfall kann ihnen durchaus ein hoher Beweiswert zukommen (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteile vom 23. September 1998 - 2 L 5/96, S. 12 mwN, und vom 18. November 1998 - 2 L 76/97, juris Rn. 20; OLG Brandenburg , Urteil vom 13. November 2007 - 10 UF 161/07, juris Rn. 32; RappLücke in Geiger/Klinghardt, StUG, 2. Aufl., § 19 Rn. 69; siehe auch BVerfGE 96, 189, 202 f.; BAGE 74, 257, 265; VG Meiningen, LKV 1995, 298, 299 f.). Vorsorglich weist der Senat auch darauf hin, dass der Tenor des Landgerichtsurteils zu weit gefasst ist. Ein Verbot der angegriffenen Äußerungen setzt eine Abwägung zwischen dem Recht des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und dem Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit unter Berücksichtigung des Kontextes der Äußerungen voraus. Ein Verbot ohne Bezugnahme auf den Kontext geht daher grundsätzlich zu weit (vgl. auch OLG Hamburg, ZUM 2010, 606, 609; für die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen Senatsur- teile vom 13. November 2007 - VI ZR 265/06, BGHZ 174, 262 Rn. 13 f.; vom 6. Oktober 2009 - VI ZR 314/08, VersR 2009, 1675 Rn. 7 mwN).
Pauge von Pentz
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 15.08.2008 - 324 O 774/04 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 12.10.2010 - 7 U 89/08 -
Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.
(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.
(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.
(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Die Bundesrepublik Deutschland hat die Beklagte wegen der Veröffentlichung eines Presseartikels, der das Ansehen des Bundeskriminalamts (BKA) herabwürdige, auf Unterlassung und Richtigstellung in Anspruch genommen. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur noch die Verpflichtung der Beklagten zur Veröffentlichung einer Richtigstellung.
- 2
- Das Politmagazin CICERO veröffentlichte im April 2005 einen Artikel des Journalisten S. über den Terroristen Abu Mussab al-Sarkawi, durch den Detailinformationen aus einem geheimen Bericht des BKA vom 6. September 2004 bekannt wurden. Nachdem das BKA deshalb im Juni 2005 Strafanzeige erstattet hatte und es zu Durchsuchungen der Redaktion und des Privathauses des Journalisten gekommen war (vgl. BVerfGE 117, 224), erschien am 17. Septem- ber 2005 in dem von der Beklagten verlegten Nachrichtenmagazin FOCUS ein Artikel, in dem es u.a. heißt: "Leck verzweifelt gesucht Bei der Fahndung nach einem Verräter in den eigenen Reihen lancierte das Bundeskriminalamt manipulierte Terrorismus-Akten … Auf der verzweifelten Suche nach einer undichten Stelle im BKA manipulierte die Sicherheitsbehörde offenbar streng geheime Dossiers, um anschließend den Abfluss brisanter Informationen an bestimmte Journalisten nachvollziehen zu können. Auf mehrere in- und ausländische Partner wie Bundesnachrichtendienst, FBI, CIA oder Mossad, die allesamt die BKA-Akte bestückt hatten, nahmen Schilys Sonderermittler keine Rücksicht. Sie sahen sich letztlich bestätigt: Zielperson S. tappte offenbar in eine raffiniert ausgelegte Falle. April 2005. Der freiberufliche Nahost-Spezialist (S.) … veröffentlicht im Monatsmagazin „Cicero“ eine fünfseitige Story über den jordanischen Terroristenführer ... Sarkawi. In seinem Portrait mit der Überschrift „Der gefährlichste Mann der Welt“ bezieht sich S. unter anderem auf einen – wie er selbst freimütig im Text offenbart – 125-seitigen geheimen „Auswertungsbericht des BKA vom 6. September 2004“… Zur Ausschmückung seines Artikels hatte der arglose „Cicero“-Autor … mehrere Nummern von Satellitentelefonen genannt, die Sarkawi … genutzt haben soll. Genau das war der versteckte Köder. Vor der Verteilung des Sarkawi-Dossiers an verschiedene Staatsschutzreferate des BKA in Meckenheim hatte eine Sondertruppe die mehr als zehnstelligen Satellitennummern mit unauffälligen Zahlendrehern versehen… Beamte mehrerer Referate, die allesamt unter dem Generalverdacht des Geheimnisverrats standen, erhielten somit manipulierte Berichte. Die Sarkawi-Akte, auf den ersten Blick identisch, unterschied sich in Wirklichkeit in kleinen Nuancen. Die befreundeten Geheimdienst- und Polizeibehörden erfuhren nichts von dem Räuber- und Gendarm-Spiel. Jetzt hieß es nur noch warten. Im April erschien dann die Sarkawi-Story von S. … Auch S. Artikel lieferte offensichtlich noch nicht den eindeutigen Hinweis auf die undichte Stelle im Amt. ... Katzenjammer unterdessen bei den Nachrichtendiensten. Mossad, CIA und auch der BND müssen sich damit abfinden, dass ihr sensibles Sarkawi-Material für eine zweifelhafte BKA-Operation verheizt worden ist. Ein hochrangiger Berliner Sicherheitsbeamter spöttisch zum FOCUS: Da wollten wohl ein paar Polizisten ein bisschen Geheimdienst spielen.“ Zusätzlich enthielt der Artikel noch folgenden Text: "Die Verfälschung. Im April 2005 veröffentlichte das Magazin CICERO diesen Artikel über den Top-Terroristen al-Sarkawi. Die Story stützte sich an einigen Stellen auf eine gezielte Desinformation des Bundeskriminalamts."
- 3
- Die Klägerin bestreitet, dass das BKA für interne Ermittlungen die Sarkawi -Akte manipuliert und in Umlauf gebracht habe. Sie hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die erneute Veröffentlichung oder Verbreitung mehrerer Passagen des Artikels zu unterlassen und die nachfolgende Richtigstellung zu veröffentlichen. "Richtigstellung In unserer Ausgabe vom 17. September 2005 haben wir auf den Seiten 42 f. unter der Überschrift "Leck verzweifelt gesucht" berichtet, das Bundeskriminalamt habe bei der Fahndung nach einem Verräter in den eigenen Reihen Terrorismus-Akten, namentlich die sogenannte Sarkawi-Akte manipuliert , diese manipulierte Akte verwendet und dadurch ausländische Geheimdienste brüskiert. Diese Behauptungen treffen, was wir hiermit richtig stellen, nicht zu. Das BKA hat im Rahmen von internen Ermittlungen wegen Geheimnisverrats weder die Sarkawi-Akte noch sonst irgendeine Akte manipuliert oder manipulierte Akten verwendet und daher auch nicht ausländische Geheimdienste brüskiert. Focus Magazin Verlag GmbH"
- 4
- Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung und Richtigstellung verurteilt. Ihre Berufung wurde zurückgewiesen. Bezüglich des Anspruchs auf Richtigstellung hat das Berufungsgericht die Revision zugelassen , da die Frage von grundsätzlicher Bedeutung sei, ob einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ein Richtigstellungsanspruch zustehen könne.
Entscheidungsgründe:
I.
- 5
- Das Berufungsgericht (OLGR Hamburg 2007, 448) hat ausgeführt, der Klägerin stünden Ansprüche auf Unterlassung und auf Richtigstellung aus §§ 823 Abs. 2, 1004 BGB analog in Verbindung mit § 186 StGB zu.
- 6
- Der beanstandete Artikel enthalte ehrenrührige Tatsachenbehauptungen. Es werde behauptet, das BKA habe geheimhaltungsbedürftiges Material nach vorheriger Manipulation bewusst an eine Vielzahl von Staatsschutzreferaten übersandt, obwohl es selbst davon ausgegangen sei, dass es von dort an die Presse weitergegeben werde. Durch die Verwendung des Begriffs "Verteilung" des Materials sowie insbesondere die Äußerung "Mossad, CIA und auch der BND müssen sich damit abfinden, dass ihr sensibles Sarkawi-Material für eine zweifelhafte BKA-Aktion verheizt worden ist" werde dem Leser mitgeteilt, dass das BKA zu dem Zweck der Aufdeckung einer "undichten Stelle" dieses Material an viele Adressaten gerichtet habe und somit die Lancierung an die Presse gewollt gewesen sei, obgleich es sich um sensible und geheime Informationen anderer Geheimdienste gehandelt habe. Damit werde das BKA als unsicherer Partner anderer Geheimdienste dargestellt, der Geheiminformationen nicht nur nicht vor dem Zugriff der Presse zu schützen wisse, sondern solche Informationen sogar für die Ermittlung von Informanten einsetze und damit entwerte.
- 7
- Prozessual sei von der Unwahrheit dieser Behauptungen auszugehen. Zwar trage die Klägerin beim Richtigstellungsanspruch die Beweislast für die Unrichtigkeit der Äußerung. Es hätte zur Benennung von Beweismitteln aber zunächst eines präzisen Vortrags der Beklagten bedurft, über dessen Unrichtigkeit auf entsprechenden Antrag der Klägerin möglicherweise hätte Beweis erhoben werden können. Dieser erweiterten Darlegungslast sei die Beklagte nicht nachgekommen. Der Vortrag, einer ihrer Mitarbeiter sei von einem unbekannten Informanten unterrichtet worden, genüge nicht.
- 8
- Ein Anspruch auf Richtigstellung stehe auch Körperschaften des öffentlichen Rechts zu. Weniger einschneidende Mittel stünden ihnen nicht zur Verfügung. Insbesondere seien eine Richtigstellung durch die eigene Pressestelle oder ein in einer anderen Zeitung abgedrucktes Dementi des Präsidenten des BKA nicht geeignet, die erfolgte Ehrbeeinträchtigung zu beseitigen. Die Presse werde dadurch auch nicht unzumutbar belastet. Im Hinblick auf deren Wächteramt könne einer öffentlichen Stelle ein Anspruch auf Richtigstellung allerdings nur in besonders gravierenden Einzelfällen zuerkannt werden. Ein solcher Fall liege vor, weil die Vertrauenswürdigkeit des BKA in Frage gestellt und die Funktionsfähigkeit des Amtes gefährdet sei, da befreundete Staaten besonders geheimhaltungsbedürftige Informationen möglicherweise nicht mehr zugänglich machten.
II.
- 9
- A. Die Beschränkung der Revisionszulassung auf den Anspruch auf Richtigstellung ist wirksam. Es handelt sich um einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffes, über den gesondert durch Teilurteil hätte entschieden werden können. Ebenso wie das Widerrufsbegehren (vgl. Senat, Beschluss vom 12. Juli 1994 - VI ZB 43/93 - NJW-RR 1994, 1404 f.) ist auch das Richtigstellungsbegehren gegenüber dem Unterlassungsbegehren seinem Wesen nach verschieden und daher ein anderer Streitgegenstand.
- 10
- B. Die Revision der Beklagten bleibt ohne Erfolg.
- 11
- In Anlehnung an § 1004 BGB und verwandte Bestimmungen hat die Rechtsprechung den Grundsatz entwickelt, dass der Betroffene vom Störer die Berichtigung einer unwahren Tatsachenbehauptung verlangen kann, um einem Zustand fortdauernder Rufbeeinträchtigung ein Ende zu machen und so die rechtswidrige Störung abzustellen (vgl. Senat, BGHZ 128, 1, 6; Urteil vom 17. Februar 1987 - VI ZR 77/86 - GRUR 1987, 397, 398 sowie BGHZ [GS] 34, 99, 102). Formen der Berichtigung sind insbesondere der Widerruf oder die für den Störer weniger einschneidende Richtigstellung (vgl. BVerfGE 99, 185, 199; Senat, Urteil vom 25. November 1997 - VI ZR 306/96 - VersR 1998, 195, 196 m.w.N.; Prinz/Peters, Medienrecht, 1999, Rn. 688 ff.; Soehring, Presserecht, 3. Aufl., Rn. 31.11 ff.; Wenzel/Gamer, Das Recht der Wort- und Bildberichter- stattung, 5. Aufl., Kap. 13 Rn. 6 ff.). Im Streitfall hat das Berufungsgericht zu Recht die Voraussetzungen eines Richtigstellungsanspruchs als erfüllt erachtet.
- 12
- 1. Das Berufungsgericht entnimmt dem Artikel zutreffend äußere Tatsachen (das BKA habe unterschiedliche Versionen der Sarkawi-Akte hergestellt; diese enthielten geheimhaltungsbedürftiges Material, das z.T. von anderen Geheimdiensten stamme) und innere Tatsachen (Zweck sei gewesen, einen Geheimnisverräter in den eigenen Reihen zu enttarnen; die Weitergabe der Akte an Dritte bzw. die Presse sei deshalb gewollt gewesen, um von der Version der weitergegebenen Akte auf den Geheimnisverräter rückschließen zu können), die zusammen die Tatsachenbehauptung ergeben, das BKA habe die SarkawiAkte manipuliert und ohne Rücksicht auf seine Informanten für eigene Zwecke verwendet.
- 13
- In diesen Aussagen hat das Berufungsgericht zu Recht eine Rufbeeinträchtigung im Sinne der §§ 823 Abs. 2 BGB, 186 StGB gesehen. Der Vorwurf, Geheiminformationen über einen Top-Terroristen zweckwidrig zur Suche nach einem internen Geheimnisverräter einzusetzen und die Zusammenarbeit mit anderen Geheimdiensten zu gefährden, deren sensibles Material für eine zweifelhafte Operation verheizt worden sei, ist geeignet, das Vertrauen in die Arbeit des BKA und dessen Funktionsfähigkeit zu gefährden.
- 14
- a) Die Revision kann demgegenüber keinen Erfolg haben mit der Erwägung , der Artikel könne (auch) dahin verstanden werden, das Vorhandensein unterschiedlicher Versionen der "Sarkawi-Akte" sei nur eine reine Vorsichtsmaßnahme für den Fall gewesen, dass "wider Erwarten" ein Exemplar an die Öffentlichkeit gerate. Der Artikel spricht nämlich nicht nur von einer "Verteilung" der Akte, sondern auch davon, das BKA habe die manipulierte TerrorismusAkte lanciert, und von einem "Räuber-und-Gendarm-Spiel". Außerdem sei die Sarkawi-Akte ein "versteckter Köder" gewesen und "verheizt" worden. Schließlich ist von einer "gezielten Desinformation" die Rede und wird die Äußerung zitiert, es hätten "wohl ein paar Polizisten ein bisschen Geheimdienst spielen" wollen. All dies steht einem solchen Verständnis entgegen.
- 15
- b) Ebenfalls ohne Erfolg macht die Revision geltend, die Formulierung, das BKA habe "offenbar" streng geheime Dossiers manipuliert, zeige, dass der Artikel nur die persönliche Schlussfolgerung des Verfassers wiedergebe und deshalb als Meinungsäußerung zu bewerten sei.
- 16
- aa) Die Revision zielt damit darauf ab, dass mit einem Berichtigungsanspruch nur Tatsachenbehauptungen bekämpft werden können, wenn deren Unwahrheit feststeht. Dagegen kann die Berichtigung von Äußerungen, die auf ihren Wahrheitsgehalt im Beweisweg objektiv nicht überprüft werden können, weil sie nur eine (subjektive) Meinung, also ein wertendes Urteil enthalten, nicht verlangt werden, selbst wenn die in ihnen zum Ausdruck kommende Kritik nicht haltbar ist. Art. 5 Abs. 1 GG, der die freie Meinungsäußerung gewährleistet, verbietet es, auf diese Weise das Aufgeben einer nur wertenden Kritik mit staatlichen Mitteln zu erzwingen (vgl. Senat, Urteile vom 4. Juni 1974 - VI ZR 68/73 - VersR 1974, 1080, 1081; vom 22. Juni 1982 - VI ZR 251/80 - VersR 1982, 904, 905). Zu beachten ist zudem, dass sich der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG auch auf die Äußerung von Tatsachen erstreckt, soweit sie Dritten zur Meinungsbildung dienen können, indem sie etwa darauf gerichtet sind, dem Leser ein eigenes Urteil über ein geschildertes Verhalten zu ermöglichen (vgl. BVerfGE 90, 241, 247 f.; BVerfG NJW 2003, 1109; NJW 2003, 3760; Senat, Urteile vom 26. November 1996 - VI ZR 323/95 - VersR 1997, 325, 326; vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05 - VersR 2007, 249, 250). Gleiches gilt, wenn es um eine Äußerung geht, in der sich Tatsachen und Meinungen vermengen und die insgesamt durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt wird (vgl. Senat, BGHZ 132, 13, 20 f.; 139, 95, 101 f.; Urteile vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445, 446; vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05 - aaO). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Der veröffentlichte Artikel wird vielmehr maßgeblich durch die darin enthaltenen Tatsachenbehauptungen und nicht durch Elemente einer Meinungsäußerung geprägt.
- 17
- bb) Für die Einstufung als Tatsachenbehauptung kommt es wesentlich darauf an, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist (vgl. Senat, Urteil vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 278 m.w.N.). Eine solche Überprüfung ist hinsichtlich der hier maßgeblichen Aussagen des Artikels möglich, die weiter oben bereits gewürdigt worden sind und im Richtigstellungsausspruch zusammengefasst werden.
- 18
- Dem steht die Verwendung des Einschubs "offenbar" nicht entgegen. Der Ansehensschutz würde leerlaufen, wenn es der Äußernde in der Hand hätte , allein durch solche Einschübe aus seinen Tatsachenbehauptungen zivilrechtlich weniger angreifbare Meinungsäußerungen zu machen. Deshalb stehen z.B. Formulierungen wie "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" (vgl. Senat, Urteil vom 26. November 1996 - VI ZR 323/95 - VersR 1997, 325, 326), "sollen angeblich" (vgl. Senat, Urteil vom 27. Mai 1986 - VI ZR 169/85 - VersR 1986, 1075, 1076), "ich meine, dass" (Wenzel/Burkhardt, aaO, Kap. 4 Rn. 55), "so viel ich weiß" oder "offenbar" (Löffler/Steffen, Presserecht, 5. Aufl., § 6 LPG Rn. 93) einer Qualifizierung als Tatsachenbehauptung nicht prinzipiell entgegen. Jedenfalls dann, wenn sich aus dem Gesamtzusammenhang des beanstandeten Artikels vom Verfasser aufgestellte rufbeeinträchtigende Behauptungen ergeben und der einschränkende Einschub den unbefangenen Leser nicht davon abhalten kann, die Äußerungen in diesem Sinne zu verstehen, liegt eine dem Beweis zugängliche Tatsachenbehauptung vor. Dies ist hinsichtlich der für den Anspruch auf Richtigstellung maßgeblichen Behauptung, das BKA habe Akten, insbesondere die Sarkawi-Akte manipuliert und verwendet und dadurch ausländische Geheimdienste brüskiert, der Fall. Entgegen der Auffassung der Revision ist es deshalb nicht erforderlich, den Einschub "offenbar" in den Urteilsausspruch aufzunehmen.
- 19
- Die Einstufung als Tatsachenbehauptung gilt auch für die im Artikel genannten inneren Tatsachen. Zwar kann bei einer inneren Tatsache auch eine Meinungsäußerung vorliegen, wenn der Äußernde auf die innere Tatsache nur mit Hilfe von Indizien schließt und daraus sein subjektives Urteil bzw. seine persönliche Meinung ableitet. Äußerungen über Motive oder Absichten eines Dritten können jedoch eine Tatsachenbehauptung darstellen, falls Gegenstand der Äußerung ein in der Vergangenheit liegendes Verhalten eines Dritten ist und die Klärung seiner Motivlage anhand äußerer Indiztatsachen möglich erscheint (vgl. BVerfG, NJW 2007, 2686, 2688; Damm/Rehbock, Widerruf, Unterlassung und Schadensersatz in Presse und Rundfunk, 3. Aufl., Rn. 592). So liegt es etwa bei der Behauptung, jemand habe wissentlich falsche Zahlen genannt, damit ein Vorgang bei einer Überprüfung nicht aufgedeckt werden könne (vgl. Senat, Urteil vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91 - NJW 1992, 1314, 1316). Entsprechendes gilt hier.
- 20
- 2. Der Anspruch auf Richtigstellung setzt grundsätzlich voraus, dass die Unwahrheit der Behauptung feststeht, weil niemand durch Richterspruch verpflichtet werden darf, etwas als unrichtig zu bezeichnen, was möglicherweise wahr ist (vgl. Senat, BGHZ 37, 187, 189 f.; 69, 181, 182 f.; Urteil vom 17. Februar 1987 - VI ZR 77/86 - GRUR 1987, 397, 399; Löffler/Steffen, aaO, Rn. 285; Wenzel/Gamer, aaO, Kap. 13 Rn. 17 ff.). Diese Unwahrheit hat das Berufungsgericht unter den Umständen des Streitfalls aus prozessualen Gründen in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise bejaht.
- 21
- a) Werden aufgrund einer unwahren Tatsachenbehauptung zivilrechtliche Ansprüche geltend gemacht, liegt die Beweislast für die Unwahrheit nach allgemeinen Regeln grundsätzlich beim Kläger (vgl. Damm/Rehbock, aaO, Rn. 826, 903 f.). Dies gilt auch bei einem Berichtigungsanspruch, bei dem eine Beweislastumkehr gemäß der über § 823 Abs. 2 BGB in das Zivilrecht transformierten Beweisregel des § 186 StGB nicht erfolgt (vgl. Senat, BGHZ 37, 187, 189 f.; 69, 181, 183; Löffler/Steffen, aaO; Soehring, Presserecht, 3. Aufl., Rn. 31.22 ff.; Wenzel/Gamer, aaO, Kap. 13 Rn. 18; a.A. Teile der Literatur, vgl. Larenz/Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts, Band II/2, 13. Aufl., § 88 II 2 a, Seite 712 und die Übersicht bei Wenzel/Gamer, aaO, Kap. 13 Rn. 19 m.w.N.).
- 22
- Unabhängig von der Beweislast kann den Beklagten in Streitigkeiten der vorliegenden Art allerdings eine erweiterte (sekundäre) Darlegungslast treffen, die ihn anhält, Belegtatsachen für seine Behauptung anzugeben (vgl. Senat, Urteile vom 9. Juli 1974 - VI ZR 112/73 - GRUR 1975, 36, 38; vom 14. Januar 1975 - VI ZR 135/73 - AfP 1975, 801, 803). Der vom Betroffenen zu führende Beweis lässt sich nämlich regelmäßig nur führen, wenn ihm die konkreten Fakten bekannt sind, auf die der Äußernde seine Vorwürfe stützt. Ist das nicht der Fall, so ist es dem Betroffenen schlechthin nicht zuzumuten, sich gewissermaßen ins Blaue hinein rechtfertigen zu müssen und dabei Umstände aus seinem persönlichen oder geschäftlichen Bereich in einem Umfang zu offenbaren, der bei ordnungsmäßiger Einlassung des Äußernden vermeidbar wäre. Kommt dieser der ihm hiernach obliegenden erweiterten Darlegungslast nicht nach, ist nach § 138 Abs. 3 ZPO von der Unwahrheit seiner Behauptung auszugehen (vgl. Senat, Urteile vom 9. Juli 1974 - VI ZR 112/73 - aaO; vom 17. Februar 1987 - VI ZR 77/86 - aaO; vom 20. November 2007 - VI ZR 144/07 - juris, Rn. 12 = ZUM-RD 2008, 117, 119; Löffler/Steffen, aaO, § 6 LPG Rn. 285; Prinz/Peters, aaO, Rn. 677 ff.; Soehring, aaO, Rn. 31.22; Wenzel/Gamer, aaO, Kap. 13 Rn. 18). Das begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, solange an die Darlegungslast keine überzogenen Anforderungen gestellt werden, die sich auf den Gebrauch der Meinungsfreiheit abschreckend auswirken könnten (BVerfGE 85, 1, 21; 99, 185, 198 f.; BVerfG, NJW-RR 2000, 1209, 1210).
- 23
- b) Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht zu Recht die Unwahrheit der für den Anspruch auf Richtigstellung maßgebenden Behauptung angenommen, das BKA habe im Rahmen von internen Ermittlungen wegen Geheimnisverrats Akten, insbesondere die "Sarkawi-Akte" manipuliert oder manipulierte Akten verwendet und daher ausländische Geheimdienste brüskiert. Deren Unwahrheit ist gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen, weil die Beklagte nach der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Würdigung des Berufungsgerichts ihrer erweiterten Darlegungslast nicht ausreichend nachgekommen ist.
- 24
- aa) Allerdings war die Beklagte nicht verpflichtet, ihren Informanten zu nennen (vgl. Senat, Urteil vom 14. Januar 1975 - VI ZR 135/73 - aaO, 802). Die Gewährleistungsbereiche der Presse- und Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) schließen diejenigen Voraussetzungen und Hilfstätigkeiten mit ein, ohne welche die Medien ihre Funktion nicht in angemessener Weise erfüllen können. Geschützt sind namentlich die Geheimhaltung der Informationsquellen und das Vertrauensverhältnis zwischen Presse und Informanten. Dieser Schutz ist unentbehrlich, weil die Presse auf private Mitteilungen nicht verzichten kann, diese Informationsquelle aber nur dann ergiebig fließt, wenn sich der Informant grundsätzlich auf die Wahrung des Redaktionsgeheimnisses verlassen kann (vgl. BVerfGE 117, 244, 259 m.w.N.).
- 25
- bb) Andererseits bliebe die Klägerin weitgehend schutzlos, wenn die Beklagte zum Beleg ihrer umstrittenen Behauptung allein auf einen nicht namentlich benannten Informanten verweisen dürfte. In solchen Fällen kann deshalb die Beklagtenseite gehalten sein, nähere Umstände vorzutragen, aus denen auf die Richtigkeit der Information geschlossen werden kann (vgl. Senat, Urteil vom 14. Januar 1975 - VI ZR 135/73 - aaO, 803; OLG Hamburg, NJW-RR 1992, 1378, 1379; OLG Köln, AfP 2001, 524, 525 f.; LG Köln, AfP 2007, 153, 154 f.; Damm/Rehbock, aaO, Rn. 827; Soehring, aaO, Rn. 30.24, 31.22; Wenzel /Gamer, aaO, Kap. 12 Rn. 135).
- 26
- Hier hat das Berufungsgericht den Vortrag der Beklagten ohne Rechtsfehler als nicht ausreichend angesehen. Ihr Vortrag, von einer "ihr als zuverlässig bekannten Quelle aus dem BKA kontaktiert worden" zu sein, enthält keine Anhaltspunkte dazu, warum die Quelle zuverlässig ist; dies allein zu behaupten genügt regelmäßig nicht (vgl. Wenzel/Burkhardt, aaO, Kap. 6 Rn. 137). Dass es beim BKA interne Ermittlungen wegen Geheimnisverrats gegeben haben mag, lässt keine Rückschlüsse zu, ob im Rahmen solcher Ermittlungen Akten manipuliert wurden. Auch dass es unterschiedliche Versionen der Sarkawi-Akte gegeben haben mag, rechtfertigt für sich allein nicht die Tatsachenbehauptung, dass diese gezielt zur Aufdeckung eines Geheimnisverräters hergestellt wurden. Ob die äußeren Tatsachen hinreichende Anhaltspunkte für eine Verdachtsberichterstattung hätten geben können (vgl. dazu Senat BGHZ 143, 199, 202 ff. sowie Urteile vom 5. März 1963 - VI ZR 61/62 - VersR 1963, 534 ff. und vom 3. Mai 1977 - VI ZR 36/74 - NJW 1977, 1288, 1289 und vom 26. November 1996 - VI ZR 323/95 - VersR 1997, 325, 327), braucht nach Lage des Falles nicht entschieden zu werden, da die Beklagte den Vorgang ohne hinreichende Recherchierung (dazu unten 4 a sowie Senat BGHZ 132, 12, 24 m.w.N.) als feststehende Tatsache dargestellt hat. Soweit die Beklagte auf Zahlendreher und "abgeänderte" Hausnummern verweist, fehlen ebenfalls hinreichende An- haltspunkte, aus denen über eine Verdachtberichterstattung hinaus auf eine Manipulation der Beklagten geschlossen werden könnte. Dass sich das BKA von der seiner Strafanzeige nachfolgenden Durchsuchung Aufschlüsse darüber versprochen haben mag, auf welchem Weg die Sarkawi-Akte nach außen gelangt war, reicht als Beleg für Manipulationen zu internen Zwecken ebenfalls nicht aus, so dass es keiner Vernehmung der hierzu angebotenen Zeugen bedurfte. Beim Richtigstellungsanspruch geht es nicht darum, ob unterschiedliche Versionen der Akten mit Zahlendrehern oder fehlerhaften Adressen in Umlauf gekommen und weiter gegeben worden sind, sondern um die Frage, ob dies auf Manipulationen des BKA zur Entdeckung eines internen Informanten beruht. Dazu hat die Beklagte mit Ausnahme des Hinweises auf einen "zuverlässigen Informanten" keine Fakten vorgetragen. Den hier maßgeblichen Vorwurf hätte die Klägerin aber nur substantiiert bestreiten können, wenn die Beklagte nähere Angaben dazu gemacht hätte, auf welche Fakten sie den Vorwurf der Manipulation stützt. Da solche nicht vorgetragen wurden, ist die Auffassung des Berufungsgerichts , dass die Beklagte ihrer erweiterten Darlegungslast nicht ausreichend nachgekommen sei, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
- 27
- 3. Entgegen der Auffassung der Revision steht der Bundesrepublik Deutschland ein Anspruch auf Richtigstellung zu.
- 28
- a) Die Revision stellt nicht in Frage, dass auch juristische Personen des öffentlichen Rechts grundsätzlich zivilrechtlichen Ehrenschutz gegenüber Angriffen in Anspruch nehmen können, durch die ihr Ruf in der Öffentlichkeit in unzulässiger Weise herabgesetzt wird. Zwar haben sie weder eine "persönliche" Ehre noch können sie wie eine natürliche Person Träger des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sein; sie genießen jedoch, wie § 194 Abs. 3 StGB zeigt, im Zusammenhang mit der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben strafrechtlichen Ehrenschutz, der über §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 185 ff.
- 29
- Ein solcher Anspruch steht jedenfalls unter den Umständen des Streitfalls auch der Bundesrepublik Deutschland als Klägerin zu. Die üble Nachrede richtet sich gegen eine konkrete Behörde, die als Bundesoberbehörde bzw. Behördentypus eigener Art dem Bundesministerium des Inneren nachgeordnet ist und dieses im Rechtsstreit vertritt (vgl. Ahlf/Daub/Lersch/Störzer, Kommentar zum BKAG, § 2 Rn. 4). In einem solchen Fall gilt in gleicher Weise wie bei anderen Behörden, die als juristische Personen des öffentlichen Rechts klagen, der in § 194 Abs. 3 StGB zum Ausdruck gekommene Grundsatz, dass auch Behörden ein Anspruch auf soziale Achtung zukommt, in dem sie verletzt werden können. Soweit im Schrifttum die Auffassung vertreten wird, "der Bund" bzw. die Bundesrepublik sei auf den strafrechtlichen Sonderschutz des § 90a StGB beschränkt und daher zur Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche als Folge von Medienberichterstattung nicht befugt (vgl. Damm/Rehbock, aaO, Rn. 394; Prinz/Peters, aaO, Rn. 141; Soehring, aaO, Rn. 13.19; Wenzel /Burkhardt, aaO, Kap. 5 Rn. 126), trifft dies jedenfalls dann nicht zu, wenn die konkrete Äußerung geeignet ist, die Behörde schwerwiegend in ihrer Funktion zu beeinträchtigen. So liegt der Fall hier.
- 30
- b) Soweit die Revision meint, einer Behörde stehe im Regelfall ein Richtigstellungsanspruch nicht zu, weil dieser besonders intensiv in die Pressefreiheit eingreife und auch nicht verhältnismäßig sei, kann dem nicht gefolgt werden.
- 31
- Der erkennende Senat hat entschieden, dass einer Kassenärztlichen Vereinigung, also einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, ein Anspruch auf Widerruf zustehen kann (vgl. Urteil vom 22. Juni 1982 - VI ZR 251/80 - aaO; ebenso Damm/Rehbock, aaO, Rn. 395). Dies entspricht dem Grundsatz, dass auch juristische Personen des öffentlichen Rechts grundsätzlich zivilrechtlichen Ehrenschutz gegenüber Angriffen in Anspruch nehmen können , durch die ihr Ruf in der Öffentlichkeit in unzulässiger Weise herabgesetzt wird. Im Hinblick darauf ist nicht ersichtlich, warum ein gegenüber dem Widerruf weniger einschneidender Antrag auf Richtigstellung unzulässig sein sollte. Die etwaige Befürchtung, aus der Eröffnung solcher Ansprüche könnten sich unzumutbare Belastungen für die Wahrnehmung der Meinungs- und Pressefreiheit ergeben, ist nicht begründet. Zwar darf der zivilrechtliche Ehrenschutz nicht der öffentlichen Verwaltung dazu dienen, sachliche Kritik an ihrer Amtstätigkeit abzublocken oder sich gegen öffentliche Kritik abzuschirmen. Dem kann aber ausreichend bei der erforderlichen Interessen- und Güterabwägung (vgl. § 193 StGB) Rechnung getragen werden, indem Art. 5 Abs. 1, 2 GG eine gesteigerte Bedeutung eingeräumt wird, wenn es um das Ansehen einer Behörde und nicht um den Schutz der persönlichen Ehre geht (vgl. BVerfGE 93, 266, 291; Senat, Urteil vom 16. November 1982 - VI ZR 122/80 - aaO; Staudinger/Hager, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 13. Bearb., § 823 Rn. C 31).
- 32
- 4. Die hiernach gebotene Abwägung führt zu dem Ergebnis, dass die Verurteilung zur Richtigstellung nicht zu beanstanden ist.
- 33
- a) Zwar fällt zugunsten der Beklagten erheblich ins Gewicht, dass die Kontrolle der Institutionen öffentlicher Gewalt eine originäre Aufgabe der Presse ist und der Gegenstand ihres Berichts angesichts vielfältiger terroristischer Bedrohungen von erheblichem öffentlichem Interesse war. Daher bedarf die Pres- se bei der Wahrnehmung ihrer Kontrollfunktion des besonderen Schutzes vor staatlichen Eingriffen, wenn sie diese Aufgabe wirkungsvoll wahrnehmen will.
- 34
- Andererseits handelt es sich bei der Behauptung, das BKA habe Geheiminformationen über einen international gesuchten "Top-Terroristen" manipuliert , der als "der gefährlichste Mann der Welt" bezeichnet worden ist, und diese durch eine zweckwidrige Verwendung entwertet, so dass befreundete Geheimdienste brüskiert worden seien, um einen schwerwiegenden Vorwurf. Dadurch wird insbesondere die ordnungsgemäße Zusammenarbeit mit anderen ausländischen Diensten bei der internationalen Verbrechensbekämpfung gefährdet , die eine wichtige Funktion des BKA darstellt (vgl. Ahlf/Daub/Lersch/Störzer, aaO, § 1 Rn. 6; §§ 3, 14, 15 BKAG; Art. 73 Nr. 10, 2. Halbsatz GG). Zudem besteht an der Aufrechterhaltung und Weiterverbreitung herabsetzender Tatsachenbehauptungen, die - wie hier - als unwahr anzusehen sind, unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit regelmäßig kein schützenswertes Interesse (vgl. BVerfGE 90, 241, 247; 99, 185, 196; 114, 339, 352). Das bedeutet zwar nicht, dass unwahre Tatsachenbehauptungen von vornherein aus dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit herausfallen. Außerhalb des Schutzbereichs von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG liegen nur bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen und solche, deren Unwahrheit bereits im Zeitpunkt der Äußerung unzweifelhaft feststeht. Alle übrigen Tatsachenbehauptungen mit Meinungsbezug genießen an sich Grundrechtsschutz, auch wenn sie sich später als unwahr herausstellen. Der Wahrheitsgehalt fällt aber bei der Abwägung jedenfalls dann zu Lasten des Äußernden ins Gewicht, wenn sich der Äußernde in einem Fall der vorliegenden Art nicht auf eine Verdachtsberichterstattung beschränkt, sondern die Tatsachen als wahr hinstellt (vgl. BVerfGE 94, 1, 8; 99, 185, 197; BVerfG NJW-RR 2000, 1209, 1210; NJW 2007, 2686, 2687).
- 35
- Freilich darf die Wahrheitspflicht nicht überspannt und dadurch der freie Kommunikationsprozess, den Art. 5 Abs. 1 GG im Sinn hat, unangemessen behindert werden (vgl. BVerfGE 114, 339, 353). Daher kann bei einer Tatsachenbehauptung , die eine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Angelegenheit betrifft, eine Rechtfertigung unter dem Gesichtspunkt der Wahrnehmung berechtigter Interessen in Betracht kommen, wenn der in Anspruch Genommene vor Aufstellung oder Verbreitung der Behauptung hinreichend sorgfältige Recherchen über den Wahrheitsgehalt angestellt hat (vgl. Senat, BGHZ 132, 13, 23 f.; Urteil vom 26. November 1996 - VI ZR 323/95 - VersR 1997, 325, 327). Ist diese Sorgfaltspflicht eingehalten, stellt sich aber später die Unwahrheit der Äußerung heraus, ist die Äußerung als im Äußerungszeitpunkt rechtmäßig anzusehen, so dass weder Bestrafung noch Widerruf oder Schadensersatz in Betracht kommen (vgl. BVerfG NJW-RR 2000, 1209, 1210). Demgegenüber wird der verschuldensunabhängige Anspruch auf Richtigstellung bei einer fortdauernden Beeinträchtigung nicht ausgeschlossen, weil kein rechtfertigender Grund erkennbar ist, an Behauptungen festzuhalten, die - wie hier - als unwahr anzusehen sind (vgl. BVerfGE 97, 125, 149; BGH, Urteil vom 12. Januar 1960 - I ZR 30/58 - MDR 1960, 371; Damm/Rehbock, aaO, Rn. 869; Soehring, aaO, Rn. 31.4; Soehring/Seelmann-Eggebert, NJW 2005, 571, 581). Überdies hat die Beklagte die Erfüllung ihrer journalistischen Sorgfaltspflicht nicht dargetan , weil sie weder Einzelheiten zu deren Erfüllung noch zur Zuverlässigkeit ihres Informanten vorgetragen hat.
- 36
- Nach allem führt die Abwägung dazu, dass eine schwerwiegende Rufbeeinträchtigung der Klägerin vorliegt, die ihr ein Recht auf Beseitigung durch einen Richtigstellungsantrag gibt.
- 37
- b) Die Fortdauer der Rufbeeinträchtigung ist gegeben, da die (Hauptsache -) Klage bereits am 29. November 2005 eingereicht worden ist und der erhobene Vorwurf weiterhin das Ansehen der Klägerin beeinträchtigt.
- 38
- c) Entgegen der Auffassung der Revision ist die zugesprochene Richtigstellung auch erforderlich und geeignet, die erfolgte Störung zu beseitigen. Grundsätzlich vermögen eigene Erklärungen des Betroffenen die Berichtigungsverpflichtung nicht zu berühren, jedenfalls wenn es um die Wahrheitsfrage geht (vgl. Wenzel/Gamer, aaO, Kap. 13 Rn. 41; Wenzel/Burkhardt, aaO, Kap. 6 Rn. 70). Im Übrigen hat die Berichtigung grundsätzlich gegenüber denjenigen zu erfolgen, die Empfänger der Erstmitteilung waren (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 1967 - I b ZR 141/65 - NJW 1968, 644, 646; Wenzel/Gamer, aaO, Kap. 13 Rn. 88), also im selben Publikationsorgan, gerade wenn es wie hier auflagenstark ist. Die Möglichkeit der Klägerin, durch die eigene Pressestelle und Kontakte zu anderen Medien und Schreiben an befreundete Geheimdienste ihre Sicht darzulegen, lässt daher die Notwendigkeit der Veröffentlichung einer Richtigstellung durch die Beklagte nicht entfallen.
- 39
- 5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr
LG Hamburg, Entscheidung vom 01.09.2006 - 324 O 932/05 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 27.02.2007 - 7 U 121/06 -
Gründe
B E R I C H T I G U N G
Oberlandesgericht München
Az.: 18 W 591/15
25 O 3403/15 LG München I
In Sachen
…
- Antragstellerin und Beschwerdeführerin -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …
gegen
…
- Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin -
wegen Unterlassung
hier: Beschwerde
erlässt das Oberlandesgericht München - 18. Zivilsenat - durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht …, den Richter am Oberlandesgericht … und die Richterin am Oberlandesgericht …
am 04.05.2015
folgenden
Beschluss
Der Beschluss des Senats vom 27.04.2015 wird dahingehend berichtigt, dass es in Ziffer 2. des Beschlusstenors statt „Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens“ heißt: „Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens“.
Gründe:
Es liegt, wie aus Ziffer III., erster Satz der Gründe des Beschlusses vom 27.04.2015 ersichtlich, ein offensichtliches Schreibversehen vor, §§ 319 Abs. 2, 329 ZPO.
Oberlandesgericht München
Az.: 18 W 591/15
25 O 3403/15 LG München I
In Sachen
...
- Antragstellerin und Beschwerdeführerin -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...
gegen
...
- Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin -
wegen Unterlassung
hier: Beschwerde
erlässt das Oberlandesgericht München - 18. Zivilsenat - durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ...
am 27.04.2015
folgenden
Beschluss
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Landgerichts München I
Einstweilige Verfügung:
Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder der Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland bei Eingabe der Suchworte „f. betrugsverdacht“ in die Suchmaske der Antragsgegnerin unter www...de das folgende und aus Anlage LHR 1 ersichtliche Suchergebnis aufzuzeigen:
und dabei auf die Webseite mit der URL ... zu verlinken, wenn aus dieser Inhalte wie aus Anlage LHR 2 (Anlage zu dieser einstweiligen Verfügung) ersichtlich sind.
2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
II.
III.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 18.11.2015 (28 O 495/14) in der Fassung des Berichtungsbeschlusses vom 14.1.2016 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe:
2I.
3Die Klägerin nimmt die Beklagte als Betreiberin der Suchmaschine „H“ unter Berufung auf das sog. „Recht auf Vergessen“ auf Unterlassung der Anzeige von fünf Treffern (URLs) in Ergebnislisten in Anspruch, welche die Beklagte bei einer Suche nach dem Namen der Klägerin – ggf. in Verbindung mit weiteren Suchworten – dem Nutzer übermittelt.
4Die Klägerin war bis Oktober 2010 Geschäftsführerin der N Media GmbH, die – heute unter der Bezeichnung G GmbH – unter anderem das Online-Dating-Portal „G“ (www.G.de) betreibt. Die streitgegenständlichen Treffer auf der von der Beklagten erstellten Ergebnisliste leiten weiter zu Internetseiten, auf denen Handelsregistereinträge betreffend die N Media GmbH abgebildet bzw. Blogbeiträge enthalten sind, in denen über die frühere Position der Klägerin als Geschäftsführerin berichtet wird. So führen die in der Ergebnisliste aufgeführten Treffer http://B.blogspot.com/2010/04/G-abzocke-und-kein-ende-in.html (vgl. Anlage K 4.4) und http://B.blogspot.com/2010/12/G-ver-bei-der-betreiberfirma.html (vgl. Anlage K 4.5) auf eine Unterseite der Website www.B.blogspot.com, auf der in Beiträgen vom 2.12.2010 und 9.4.2010 kritisch über das Online-Dating-Portal „G“ berichtet und die Klägerin als Geschäftsführerin namentlich genannt wird. Der Treffer http://B2.today/mm8WH (vgl. Anlage K 6.4) führt über eine dort vorhandene Verlinkung mit dem Namen der Klägerin, der sich an der linken Seite in einer alphabetisch geordneten Menüleiste findet, wiederum auf eine Unterseite der Website www.B.blogspot.com und zu dem oben erwähnten Beitrag vom 9.4.2010 (G-abzocke-und-kein-ende-in.html). Der Treffer http://B3.info/thread_6162p1 (vgl. Anl. K 4.3) führt über eine automatische Weiterleitung zu einem Austausch zwischen anonymen Internetnutzern („C“, „T“, „B4“), die in der Zeit vom 13.10.2010 bis zum 24.12.2010 über Erfahrungen mit dem Portal „G.de“ berichtet haben und u.a. das Impressum der N Media GmbH mit dem Name der Klägerin als Geschäftsführerin anzeigen. Der Treffer http://Q.de/handelsregister/NW-HRB_59723-201236 (vgl. Anlage K 6.3) führt schließlich zu einer Seite, auf welcher ein Handelsregisterauszug vom 21.2.2007 abgebildet ist, der die Klägerin als Geschäftsführerin der N Media GmbH ausweist.
5Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes, des erstinstanzlichen Vortrages der Parteien sowie der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 205 ff. d.A.) Bezug genommen.
6Mit Urteil vom 18.11.2015 hat das Landgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, ein Anspruch nach § 35 BDSG scheide aus, weil diese Regelung nur die Berichtigung, Löschung und Sperrung von Daten regele, die Klägerin jedoch Unterlassung der Anzeige der fünf Treffer verlange. Ein Unterlassungsanspruch aus §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG bzw. aus §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 4 Abs. 1 BDSG stehe ihr ebenfalls nicht zu, da die Abwägung der widerstreitenden Interessen, die auch im Rahmen von § 29 BDSG vorzunehmen sei, zu dem Ergebnis führe, dass das Informationsinteresse der Öffentlichkeit das Interesse der Klägerin überwiege, nicht mehr mit der N Media GmbH bzw. der G GmbH in Verbindung gebracht zu werden.
7Hinsichtlich des Hauptantrages auf Unterlassung der Trefferanzeige bei Eingabe ihres Namens und beliebiger weiterer Suchbegriffe sei zu berücksichtigen, dass dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 (C-131/12) ein Fall zugrunde liege, in dem die beanstandeten Seiten allein durch Eingabe des Namens des Betroffenen in der Ergebnisliste aufgeführt wurden. Bei der Eingabe des Namens der Klägerin in Verbindung mit weiteren Suchwörtern – so beispielsweise mit dem Namen der früher von ihr geleiteten Firma – sei die Verbindung zwischen der Klägerin und ihrer früheren beruflichen Tätigkeit jedoch schon vom Nutzer vorgenommen worden, ohne dass eine solche Verbindung durch die Beklagte hergestellt werde. Das Unterbinden von solchen expliziten Suchanfragen sei jedoch mit dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit, die bereits über bestimmte Informationen verfüge und gezielt nach diesen Informationen und Verknüpfungen suche, nicht zu vereinbaren.
8Auch hinsichtlich des Hilfsantrages auf Unterlassung der Trefferanzeige bei der Eingabe nur des Namens der Klägerin ergebe die Abwägung der widerstreitenden Interessen ein Überwiegen des Informationsinteresses der Öffentlichkeit. Zwar sei zugunsten der Klägerin – unterstellt – zu berücksichtigen, dass sie seit fünf Jahren keine Verbindung zu ihrer früheren Firma mehr habe und nicht mehr berufstätig sei. Auch enthielten die Internetseiten, auf die die streitgegenständlichen Links verwiesen, nur einen veralteten Handelsregisterauszug sowie anonyme kritische Kommentare zum Geschäftsgebaren der früheren Gesellschaft der Klägerin, so dass der Informationswert für den Nutzer aufgrund der fehlenden Aktualität gering sei. Andererseits sei aber zu berücksichtigen, dass sich auf den verlinkten Internetseiten lediglich wahre Tatsachenbehauptungen und zulässige Meinungsäußerungen befänden, welche allein die Sozialsphäre der Klägerin beträfen. Die Schwelle zu einer Persönlichkeitsrechtsverletzung werde durch die betreffenden Äußerungen nicht überschritten. Anders als in dem vom Europäischen Gerichtshof entschiedenen Fall würden weder Umstände aus der Privatsphäre der Klägerin mitgeteilt, noch lägen die betreffenden Ereignisse 16 Jahre zurück. Vielmehr seien die mitgeteilten Informationen der beruflichen Tätigkeit der Klägerin zuzuordnen und wiesen daher keine „Sensibilität für das Privatleben“ auf. Sofern das auch von der Klägerin gesteuerte Geschäftsgebaren ihrer früheren Firma zu (nicht näher konkretisierten) Auswirkungen auf ihr Privatleben geführt haben sollte, sei dies allein in ihrem freien Entschluss begründet, als Geschäftsführerin einer Gesellschaft tätig zu werden.
9Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge in vollem Umfang weiter. Sie macht geltend, das Landgericht habe verkannt, dass es im vorliegenden Rechtsstreit nicht um Presserecht, sondern um Datenschutzrecht gehe und damit andere Grundrechte und Abwägungsmaßstäbe einschlägig seien. Im Hinblick auf den Hauptantrag sei es datenschutzrechtlich nicht relevant, ob die Nutzer neben dem Namen der Klägerin weitere Suchbegriffe eingeben würden oder ob ihnen die frühere Tätigkeit der Klägerin bereits bekannt gewesen sei. Denn die von der Beklagten verlangte Unterlassung beziehe sich nicht auf ein etwaiges Nutzerverhalten, sondern auf die Zurverfügungstellung von indexierten Informationen, die personenbezogene Daten enthielten. Des weiteren habe das Landgericht verkannt, dass nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 von einem im Grundsatz überwiegenden Interesse des Betroffenen auszugehen sei, seine Daten der Öffentlichkeit nicht (mehr) zur Verfügung zu stellen. Eine Ausnahme habe der Europäische Gerichtshof lediglich „in besonders gelagerten Fällen“ bzw. „aus besonderen Gründen“ angenommen, in denen eventuell das Interesse der Nutzer überwiegen könne. Dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis und den daraus resultierenden erhöhten Begründungs- bzw. Rechtfertigungsaufwand habe das Landgericht verkannt. Soweit Nutzer bei einer gezielten Suche nach dem Namen der Klägerin in Verbindung mit den beiden Firmennamen eine entsprechende Verbindung bereits hergestellt hätten, stehe dies dem vom Europäischen Gerichtshof bejahten „Recht auf Vergessen“ nicht entgegen. Denn maßgeblich sei insofern die durch die Suchmaschine verursachte Verbreitungshandlung mit den erleichterten Zugangsmöglichkeiten. Die dadurch geschaffene datenschutzrechtliche Gefährdungslage (Möglichkeit der Erstellung eines detaillierten Profils der Person durch strukturierten Überblick mittels Ergebnissen der Suchmaschine) liege auch vor, wenn einzelne Nutzer bereits von der früheren beruflichen Tätigkeit der Klägerin Kenntnis hätten. Auch soweit potentielle Arbeitgeber möglicherweise ein Interesse an einer früheren Tätigkeit der Klägerin haben könnten, überwiege ihr Interesse, nach Ablauf einer gewissen Zeit ihre berufliche Tätigkeit unbehelligt von veralteter Kritik fortzusetzen.
10Hinsichtlich des Hilfsantrages macht die Klägerin geltend, es sei nicht erheblich, ob die auf den betreffenden Internetseiten veröffentlichten Äußerungen die Schwelle zur Persönlichkeitsrechtsverletzung überschritten. Denn ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung sei – wie der Regelungsgehalt des Bundesdatenschutzgesetzes zeige – auch bei Verarbeitung von wahren personenbezogenen Daten verletzt. Es sei gerade das Wesen des „Rechts auf Vergessen(werden)“, dass sich Betroffene gegen die Verarbeitung und Verbreitung wahrer Informationen wehren könnten. Im Rahmen der Abwägung sei auch nicht das Interesse der Öffentlichkeit an der Ursprungsmeldung mit den Interessen der Klägerin abzuwägen, sondern vielmehr die spezifische Gefährdungslage aufgrund der „Hbarkeit“ von Informationen und ihrer dadurch erleichterten bzw. erst ermöglichten Auffindbarkeit. Im Hinblick darauf sei auch nicht beachtlich, inwiefern die frühere Stellung der Klägerin als Geschäftsführerin im Handelsregister nachvollziehbar sei, zumal dort eine gezielte Suche nach Geschäftsführern nicht möglich sei. Schließlich könne auch nicht zu Lasten der Klägerin damit argumentiert werden, dass lediglich Informationen über ihre berufliche Tätigkeit betroffen seien. Das Landgericht habe – abweichend von der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 – den Begriff „Privatsphäre“ mit dem Begriff „Privatleben“ gleichgesetzt, was aber dem Schutzbereich von Art. 7 der Grundrechtscharta bzw. Art. 8 EMRK nicht gerecht werde, der sich jeweils auch auf die Sozialsphäre und insbesondere auf die berufliche und geschäftliche Tätigkeit des Betroffenen beziehe. Auch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 betreffe eine Information aus der Sozialsphäre des dortigen Betroffenen, nämlich die Versteigerung seines Grundstücks im Zusammenhang mit einer Pfändung wegen rückständiger Sozialversicherungsbeiträge. Soweit das Landgericht die aus seiner Sicht geringe Beeinträchtigung der Klägerin damit begründet habe, dass ihr auf den betreffenden Internetseiten kein persönlicher Vorwurf gemacht werde, handele es sich um einen Zirkelschluss. Denn die an dem Unternehmen geäußerte Kritik falle selbstverständlich auf die Klägerin als damalige Geschäftsführerin zurück, was letztlich auch der Grund sei, dass sie mit den betreffenden Informationen nicht mehr in Verbindung gebracht werden wolle.
11Schließlich ist die Klägerin der Ansicht, dass die im Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 genannte Zeitspanne von 16 Jahren keine feste Zeitgrenze für das sog. „Recht auf Vergessen“ sei. Vielmehr ergebe sich aus § 35 Abs. 2 Nr. 4 BDSG, dass eine Zeitspanne von drei bis vier Jahren angesetzt werden müsse. Angesichts dessen sei vorliegend der Nachweis der streitgegenständlichen Treffer durch die Beklagte schon allein wegen des Zeitfaktors unzulässig. Im Übrigen gebe es auch keine besonderen Gründe für ein überwiegendes öffentliches Interesse. Sie spiele keine Rolle im öffentlichen Leben und sei seit ihrer Aufgabe der Geschäftsführertätigkeit nur noch Hausfrau und Mutter ohne politische oder ehrenamtliche Ämter oder sonstige Funktionen in der Öffentlichkeit. Ein eventuelles Informationsinteresse der Öffentlichkeit an dem Geschäftsgebaren der G GmbH rechtfertige nicht, dass entsprechende Äußerungen im Falle einer Suchmaschinenrecherche über die Klägerin angezeigt würden.
12Die Klägerin ist der Ansicht, dass mit der vom Europäischen Gerichtshof bejahten „Entfernungsverpflichtung“ der Sache nach nur eine Unterlassungsverpflichtung gemeint sein könne. Denn bei den von der Beklagten veröffentlichten Suchtreffern handele es sich nicht um statistische Auflistungen, sondern um das Ergebnis immer wieder neu durchgeführter Suchvorgänge auf Basis geheimer Algorithmen. Damit also eine bestimmte URL künftig nicht mehr als Suchtreffer zu einer bestimmten Suchanfrage angezeigt werde, müsse der Betreiber daher die betreffende URL aktiv aus künftigen Listen ausschließen.
13Die Klägerin beantragt,
14unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 18.11.2015 (28 O 495/14) die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollstrecken an ihrem Vorstand, zu unterlassen, bei Suchanfragen über die Suchmaschine „H.de“, die die Worte „E“, „W“, „E2“ kumulativ – gleich in welcher Reihenfolge – enthalten, wobei die betreffenden Suchanfragen neben den genannten Worten auch weitere Begriffe enthalten können, die URLs
15http://B.blogspot.com/2010/04/G-abzocke-und-kein-ende-in.html
16und/oder
17http://B.blogspot.com/2010/12/G-ver-bei-der-betreiberfirma.html
18und/oder
19http://B2.today/mm8WH
20und/oder
21http://B3.info/thread_6162p1
22und/oder
23http://Q.de/handelsregister/NW-HRB_59723-201236
24als Suchergebnisse anzuzeigen,
25hilfsweise,
26unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 18.11.2015 (28 O 495/14) die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollstrecken an ihrem Vorstand, zu unterlassen, bei Suchanfragen über die Suchmaschine „H.de“, die ausschließlich und zugleich kumulativ die Worte „E“, „W“, „E2“ – gleich in welcher Reihenfolge – enthalten, die URLs
27http://B.blogspot.com/2010/04/G-abzocke-und-kein-ende-in.html
28und/oder
29http://B.blogspot.com/2010/12/G-ver-bei-der-betreiberfirma.html
30und/oder
31http://B2.today/mm8WH
32und/oder
33http://B3.info/thread_6162p1
34und/oder
35http://Q.de/handelsregister/NW-HRB_59723-201236
36als Suchergebnisse anzuzeigen.
37Die Beklagte beantragt,
38die Berufung zurückzuweisen.
39Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und macht geltend, die Klägerin werde nach wie vor im Handelsregister aufgeführt, in welches die Einsicht bereits bei einem bloßen Informationsinteresse möglich sei. Durch die auf der Ergebnisliste nachgewiesenen Internetseiten würden lediglich wahre Tatsachen aus der Sozialsphäre der Kläger mitgeteilt und kein umfassendes Bild über sie oder ihr Privatleben erstellt. Handele es sich jedoch um Informationen aus dem Berufsleben, in dem sich der Betroffene ohnehin in Kontakt mit der Öffentlichkeit bewege, komme es auf die vom Europäischen Gerichtshof in der Entscheidung vom 13.5.2014 betonte besondere Schutzwürdigkeit nicht an. Die Beklagte bestreitet im Übrigen mit Nichtwissen, dass es zwischen der Klägerin und der G GmbH keine Verbindungen mehr gibt und die Klägerin derzeit keiner beruflichen Tätigkeit nachgeht.
40Die Beklagte ist weiter der Ansicht, der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch scheide schon deshalb aus, weil das Bundesdatenschutzgesetz den Vorgang der Entfernung personenbezogener Daten abschließend regele und dies mit einem Anspruch auf Beseitigung, nicht Unterlassung, geltend zu machen sei. Angesichts des Umstandes, dass die Klägerin den von ihr geltend gemachten Anspruch auf §§ 1004, 823 BGB stütze, könne sie dem Landgericht nicht zum Vorwurf machen, eine persönlichkeitsrechtliche Abwägung durchgeführt zu haben. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 beschränke sich auf diejenige Fallgestaltung, in der eine bloße Namenssuche ohne Beifügung weiterer Suchbegriffe durchgeführt werde. Insofern unterscheide der Europäische Gerichtshof zwischen einer allgemeinen Namenssuche, bei der der Betroffene vor „Zufallsfunden“ geschützt werden müsse, und sonstigen gezielten Suchen, bei denen der Suchende bereits durch die Eingabe der Suchbegriffe deutliche mache, dass er (ihm bekannte) Informationen zu einem bestimmten Sachverhalt suche.
41Bereits im Zusammenhang mit dem Bewertungsportal www.T2.de habe der Bundesgerichtshof entschieden, dass die nationalen datenschutzrechtlichen Vorschriften verfassungskonform ausgelegt werden müssten, soweit sie die Kommunikationsfreiheit durch unzumutbare Anforderungen an einen Portalbetreiber einschränkten. Auch die Norm des § 35 BDSG sei zu einer Zeit eingeführt worden, als Internetsuchmaschinen im Bewusstsein des Gesetzgebers noch keine Rolle gespielt hätten und damit auch keine Berücksichtigung hätten finden können. Bei der gebotenen Interessenabwägung seien die Interessen der Klägerin mit den wirtschaftlichen Interessen der Beklagten am Betrieb der Suchmaschine, dem Recht der Internetnutzer auf Informationsfreiheit sowie der Meinungsfreiheit der jeweiligen Verfasser der Inhalte abzuwägen. Da die Meinungsfreiheit auch das Recht umfasse, die äußere Form der Berichterstattung und die Art ihrer Verbreitung frei zu wählen, sei auch die vermittelnde Tätigkeit von Suchmaschinen durch den Gewährleistungsgehalt von Art. 5 GG geschützt. Selbst bei Annahme des von der Klägerin vertretenen umgekehrten Regel-Ausnahme-Verhältnisses bei der Abwägung komme man angesichts der Rolle, die die Klägerin im öffentlichen Leben eingenommen habe, sowie der geringen Intensität der Beeinträchtigung zu demselben Ergebnis wie das Landgericht. Die Tätigkeit der Klägerin als Geschäftsführerin sei im Hinblick auf §§ 35a, 39 GmbHG, § 5 TMG, §§ 9, 103 OWiG ein Umstand, dessen Kenntnis generell im öffentlichen Interesse stehe. Auch sei zu berücksichtigen, dass unter bestimmten Voraussetzungen Ansprüche gegen den Geschäftsführer einer GmbH geltend gemacht werden könnten. Schließlich sehe die Regelung in § 35 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 BDSG keine „Halbwertszeit“ für Daten vor, aus der eine Löschungspflicht resultiere, sondern bestimmte lediglich ein Prüfintervall mit offenem Abwägungsergebnis.
42Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
43II.
44Die Berufung der Klägerin ist unbegründet.
45Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Klägerin weder der mit dem Hauptantrag geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung der Anzeige der streitgegenständlichen Suchergebnisse bei Eingabe ihres Namens und weiterer Begriffe noch der mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung dieser Suchergebnisse bei Eingabe ausschließlich ihres Vor- und Nachnamens zusteht. Die Klägerin kann einen solchen Anspruch – auch unter Berücksichtigung der vom Europäischen Gerichtshof festgelegten Grundsätze über das sog. „Recht auf Vergessen“ – weder aus § 1004 analog, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG noch aus § 1004 analog, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 29 BDSG herleiten.
46Im Einzelnen:
471. Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin gemäß § 1004 analog, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG ergibt sich weder im Hinblick auf den Haupt- noch auf den Hilfsantrag. Denn die Rechte der Klägerin auf Anonymität und informationelle Selbstbestimmung als Ausprägungen ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts werden durch die Beklagte bei Abwägung der vorliegenden widerstreitenden Interessen nicht rechtswidrig verletzt.
48a. Der Anspruch der Klägerin ist nicht bereits wegen der Haftungsprivilegierungen nach §§ 8 – 10 TMG ausgeschlossen. Zwar werden auch Internetsuchmaschinen nach § 1 Abs. 1 S. 1 TMG als „Telemedien“ angesehen und die „Betreiber“ von Suchmaschinen als Diensteanbieter im Sinne von § 2 S. 1 Nr. 1 und 2 TMG qualifiziert. Jedoch bezieht sich die Haftungsprivilegierung lediglich auf die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die Schadensersatzhaftung, nicht jedoch auf Unterlassungsansprüche (vgl. BGH, Urt. v. 27.3.2007 - VI ZR 101/06, VersR 2007, 1004; BGH, Urt. v. 30.6.2009 - VI ZR 210/08, VersR 2009, 1417; BGH, Urt. v. 22.7.2010 - I ZR 139/08, GRUR 2011, 152; BGH, Urt. v. 25.10.2011 – VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219).
49b. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin ist vorliegend durch die von der Beklagten erstellte Ergebnisliste mit den streitgegenständlichen Treffern auch beeinträchtigt. Denn das allgemeine Persönlichkeitsrecht beinhaltet das Recht des Einzelnen, in gewählter Anonymität zu bleiben und die eigene Person nicht in der Öffentlichkeit dargestellt zu sehen (vgl. BGH, Urt. v. 21.11.2006 – VI ZR 259/05, juris Rn. 11 m.w.N.). Insbesondere das Recht auf informationelle Selbstbestimmung flankiert und erweitert den grundrechtlichen Schutz von Verhaltensfreiheit und Privatheit. Es umfasst die aus dem Gedanken der Selbstbestimmung folgende Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (vgl. BGH, Urt. v. 5.11.2013 – VI ZR 304/12, juris Rn. 11).
50Durch die von der Beklagten auf die Suchanfrage mit dem Namen der Klägerin – mit oder ohne Zufügung weiterer Suchwörter – hin erstellte Ergebnisliste und die Übermittlung der streitgegenständlichen Treffer an die Nutzer wird das Interesse der Klägerin beeinträchtigt, ihre frühere Position als Geschäftsführerin der N Media GmbH für sich zu behalten. Ebenso wird das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin insoweit beeinträchtigt, als sie von den Nutzern als (frühere) Geschäftsführerin einer Gesellschaft namentlich identifiziert werden kann, die auf den betreffenden Seiten einer kritischen Wertung der Nutzer („Abzocke“, „Betrug“) unterzogen wird, was potentiell auch auf die Klägerin als damalige Geschäftsführerin abstrahlen und sie daher in der Öffentlichkeit in einem abträglichen Bild darstellen kann.
51Betroffen ist von diesem Eingriff die Sozialsphäre, die denjenigen Bereich menschlichen Lebens und menschlicher Betätigung umfasst, der sich außerhalb der Privatsphäre in oder vor einer eingeschränkten oder auch unbeschränkten Öffentlichkeit abspielt und damit nicht mehr innerhalb desjenigen Rahmens, der einer Erörterung durch die Öffentlichkeit üblicherweise entzogen ist. Die Zuordnung zur Sozialsphäre beruht vorliegend auf dem Umstand, dass sich die Informationen und Wertungen auf den von der Beklagten nachgewiesenen Seiten auf die frühere Tätigkeit der Klägerin als Geschäftsführerin der N Media GmbH und damit auf ihre berufliche Tätigkeit beziehen.
52c. Im Hinblick auf den Nachweis dieser Seiten und die Übermittlung der Treffer an die anfragenden Nutzer haftet die Beklagte jedoch nicht als Störerin. Dies gilt sowohl im Hinblick auf eine mögliche Betreiberhaftung nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (Urt. v. 13.5.2014 – C 131/12, juris Rn. 35-38 und 83) als auch unter dem Gesichtspunkt einer Störerhaftung wegen Verletzung zumutbarer Prüfpflichten. Denn die Beklagte hat weder in Ansehung eines der Klägerin zustehenden „Rechts auf Vergessen“ noch durch die Verletzung ihr obliegender Prüfpflichten rechtswidrig in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin eingegriffen.
53aa. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes beruht die mögliche Haftung des Betreibers einer Internetsuchmaschine auf dem Umstand, dass er eine zusätzliche Beeinträchtigung des Betroffenen durch die Ausweisung der Daten verursacht, weil er in der Masse der im Internet vorhandenen Informationen dem Nutzer überhaupt erst die strukturierte Auffindbarkeit personenbezogener Daten ermöglicht (Urt. v. 13.5.2014 – C 131/12, juris Rn. 35-38 und 83). Soweit das vom Europäischen Gerichtshof angenommene „Recht auf Vergessen“ eingreift, kann in einem solchen Nachweis von personenbezogenen Daten eine zu unterlassende Persönlichkeitsrechtsverletzung liegen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist als mittelbarer Störer anzusehen, wer, ohne unmittelbarer Störer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Beeinträchtigung des Rechtsguts beiträgt. Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (vgl. BGH, Urt. v. 28.7.2015 - VI ZR 340/14, AfP 2015, 425; BGH, Urt. v. 25.10.2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219). Die Haftung als mittelbarer Störer darf nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung aber nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben. Sie setzt deshalb die Verletzung von Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfpflichten, voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als mittelbaren Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen des Einzelfalls eine Verhinderung der Verletzung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urt. v. 1.3.2016 – VI ZR 34/15, MDR 2016, 518, juris Rn. 22 m.w.N.; BGH, Urt. v. 14.5.2013 – VI ZR 269/12, BGHZ 197, 213; BGH, Urt. v. 25.10.2011 – VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219; BGH, Urt. v. 30.6.2009 – VI ZR 210/08, NJW-RR 2009, 1413). Vorliegend hat die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 29.9.2014 (Anlage K 15) zur Unterlassung aufgefordert und dabei die von ihr beanstandeten Treffer in der von der Beklagten erstellten Ergebnisliste konkret bezeichnet. Die Beklagte war nach dieser Beanstandung gehalten, die von der Klägerin geltend gemachten Rechtsverletzungen zu überprüfen und ggf. die weitere Ausweisung dieser Treffer auf den Ergebnislisten zu unterlassen, um künftige Störungen zu verhindern. Zwar hat sich die Klägerin in ihrem Schreiben vom 29.9.2014 (Anlage K 15) primär darauf bezogen, dass die von der Beklagten nachgewiesenen Seiten keine „relevanten Nachrichtenartikel“ enthielten, an deren erleichterter Auffindbarkeit ein überwiegendes öffentliches Interesse bestünde, so dass ihre Anzeige „nach der neuesten Rechtsprechung des EuGH … datenschutzrechtlich unzulässig“ sei. Damit hat sie sich auf das sog. „Recht auf Vergessen“ und nicht gleichzeitig auch ausdrücklich auf eine vermeintliche Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts durch die konkreten Inhalte der nachgewiesenen Seiten berufen. Allerdings hat die Klägerin sich jedenfalls in der Klageschrift darauf berufen, dass sie ein berechtigtes Interesse daran habe, nunmehr ihrer beruflichen Tätigkeit „unbehelligt von veralteter Kritik“ fortsetzen zu können. Sie hat insoweit die Ansicht vertreten, dass dann, wenn selbst schwersten Straftätern eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft ermöglicht werden müsse, dies erst recht für Berufsträger gelten müsse, deren Arbeitgeber kritischen Berichten im Internet zum Opfer gefallen sei. Aus diesen Ausführungen ergibt sich, dass sie die Berichte auf den nachgewiesenen Seiten auch inhaltlich dahingehend beanstanden will, dass es sich um Äußerungen handelt, die sie im Hinblick auf ihre in den Berichten enthaltene namentliche Nennung nicht hinnehmen müsse.
54Unter Beachtung der oben dargestellten Grundsätze zur Haftung eines Suchmaschinenbetreibers als mittelbarer Störer scheidet ein Anspruch gegen die Beklagte indes aus, weil es an einer rechtswidrigen Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin fehlt. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BGH, Urt. v. 17.12.2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237; BGH, Urt. v. 15.9.2015 - VI ZR 175/14, VersR 2015, 1437; BGH, Urt. v. 28.7.2015 - VI ZR 340/14, AfP 2015, 425; BGH, Urt. v. 13.1.2015 - VI ZR 386/13, VersR 2015, 336) liegt wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als Rahmenrecht seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. BGH, Urt. v. 1.3.2016 – VI ZR 34/15, MDR 2016, 518, juris Rn. 30 m.w.N.). Insofern hat hier das Landgericht zutreffend festgestellt, dass eine Abwägung der vorliegend kollidierenden Rechtspositionen nicht zum Erfolg des klägerischen Unterlassungsbegehrens – sowohl mit dem Haupt- als auch mit dem Hilfsantrag – führt, weil kein rechtswidriger Eingriff der Beklagten festgestellt werden kann.
55bb. Die Einträge auf den von der Beklagten mit den streitgegenständlichen Treffern nachgewiesenen Seiten enthalten aus Sicht des durchschnittlichen Rezipienten zunächst die tatsächliche Behauptung, dass die Klägerin bei Abfassung der entsprechenden Blog-Beiträge bzw. im Zeitpunkt der dort als sog. Screenshot abgebildeten Handelsregisterveröffentlichung vom 21.2.2007 Geschäftsführerin der N Media GmbH war. Dabei handelt es sich unstreitig um eine wahre Tatsache, da die Klägerin diese Stellung bis Oktober 2010 tatsächlich innehatte. Es liegt auch keine von der Beklagten per Treffer auf der Ergebnisliste nachgewiesene falsche Tatsachenbehauptungen insoweit vor, als der durchschnittliche Rezipient die Äußerungen (auch) so verstehen könnte, dass die Klägerin diese Position noch im Zeitpunkt der späteren Internetrecherche innehatte. Dagegen spricht schon, dass sämtliche Einträge mit Daten versehen sind (vgl. Bl. 157, 159, 160 AO). Weiter wird auf der Seite www.Q.de (Bl. 155 AO) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Eintrag nicht vollständig dem aktuellen Sachstand entspreche und es zu der betreffenden Firma aktuellere Registerveröffentlichungen gebe. Schließlich enthält der Blogeintrag vom 2.12.2010 auf der Seite B.blogspot.com (Bl. 159 AO) unmittelbar nach der Wiedergabe des Impressums die Angabe: „Aus dem aktuellen Auszug des Handelsregisters geht zudem hervor, dass neben der Änderung des Firmennamens auch die Geschäftsführung gewechselt hat“. Insofern handelt es sich insgesamt nicht um mehrdeutige (und insoweit teilweise unwahre) Äußerungen.
56cc. Die weiteren Einträge auf den von der Beklagten nachgewiesenen Seiten, die sich mit dem Geschäftsgebaren der N Media GmbH befassen, stellen entweder eine inhaltlich zutreffende Wiedergabe von damaligen Geschehnissen um diese Gesellschaft oder aber zulässige Meinungsäußerungen der betreffenden Nutzer dar.
57Im Einzelnen:
58Die über den Treffer http://www.Q.de/handelsregister/NW-HRB_59723-201236 nachgewiesene Seite enthält außer dem Abdruck der Handelsregisterveröffentlichung vom 21.2.2007 keine weiteren tatsächlichen Informationen oder Meinungsäußerungen über die Person der Klägerin.
59Der unter dem Treffer http://auktionshilfs.info/thread_6162p1 auffindbare Austausch dreier Nutzer über die N Media GmbH gibt zunächst die im Zeitpunkt der Blogeinträge (Oktober bis Dezember 2010) wahre Tatsache wieder, dass sich im Internet zahlreiche negative Erfahrungsberichte von Kunden dieser Gesellschaft finden, die „immer wieder angeblich nicht akzeptierte Kündigungen“ beklagen. Neben der Wiedergabe des im damaligen Zeitpunkt aktuellen Impressums der N Media GmbH findet sich der Hinweis, dass „B509“ und „B52010“ über das Portal www.G.de recherchiert haben und beide Berichte „auf Z“ sowie eine Presseinformation der Verbraucherzentrale Hamburg nicht mehr zu finden seien. Weiter wird aus einem Interview zwischen Herrn Oberstaatsanwalt G2 von der Staatsanwaltschaft Köln mit dem Fernsehsender T3 zitiert, in dem es heißt: „Seit etlichen Monaten beschäftigen wir uns mit der Firma bzw. deren Verantwortlichen und zwar unter dem Gesichtspunkt des Betruges und der unlauteren Werbung. Wir haben hier etwa 350 Anzeigen aus dem gesamten Bundesgebiet vorliegen, wegen eben des Verdachts dieser strafbaren Handlungen“ (vgl. Bl. 88 AO). Dass diese im betreffenden Blog enthaltenen tatsächlichen Informationen unwahr seien, macht die Klägerin selbst nicht geltend.
60Unter dem Treffer http://B.blogspot.com/2010/12/G-ver-bei-der-betreiberfirma.html findet sich im Eintrag vom 9.4.2010 folgende Äußerung:„G, Abzocke und kein Ende in Sicht. Über einen langen Zeitraum ist es der Geschäftsführerin E W E2 von der N Media GmbH viel zu oft gelungen, kritische Berichte in Foren und Blogs zu verhindern oder verbieten zu lassen. Vor einem Jahr ist B509 den Hinweisen von Betroffenen nachgegangen und hatte darüber berichtet. (…) Die Verbraucherzentrale warnt schon seit langem vor den Machenschaften bei G. Zahlen Sie keinesfalls für Rechnungen und Mahnungen von dieser Firma, sondern erstatten Sie besser direkt Strafanzeige gegen die Betreiberfirma und den Rechtsanwälten wegen Verdacht auf Betrug. Den Fernsehbeitrag aus der B5-Sendung gab es kurzzeitig als Video auf Z zu sehen. Aber auch dort war das Video recht schnell wieder verschwunden. (…) Und immer noch fallen User auf diesem Portal rein und fragen in Foren um Hilfe.“ Die Klägerin macht vorliegend nicht geltend, dass es eine unwahre Tatsache darstellt, dass sie Berichte über die N Media GmbH in Foren und Blogs verhindert hat. Dass dies aus Sicht der Blog-Autoren „viel zu oft“ geschah, die Geschehnisse im Zusammenhang mit der N Media GmbH als „Abzocke“ eingestuft werden und vermeintlich betroffenen Kunden der Rat erteilt wird, keine Zahlungen zu leisten, sondern Anzeige zu erstatten, ist in der Gesamtbetrachtung eine zulässige Meinungsäußerung. Denn gerade im Hinblick darauf, dass der enthaltene Tatsachenkern – es lagen im Zeitpunkt des Blogeintrags unstreitig eine Vielzahl von Beschwerden und Strafanzeigen von Seiten der Kunden vor – zutreffend ist, handelt sich weder um eine unsachliche Auseinandersetzung im Sinne einer Schmähkritik noch um eine grundlose Überzeichnung mit persönlicher Diffamierung der Klägerin. Soweit den Kunden empfohlen wird, Rechnungen nicht zu bezahlen, sondern Anzeige zu erstatten, beruht dies ersichtlich nicht auf eine konkreten Prüfung des einzelnen Sachverhalts, sondern stellt einen pauschalen Rechtsrat dar, der – vor dem vorgenannten Hintergrund – ebenfalls als zulässige Meinungsäußerung einzustufen ist. Denn es wird dem Leser kein hinreichender Tatsachengehalt vermittelt, der einen Tatbestand erkennbar macht, aus dem der Rückschluss auf die Bewertung als „Betrug“ gezogen werden kann.
61Unter dem Treffer http://B.blogspot.com/2010/04/G-abzocke-und-kein-ende-in.html finden sich im Eintrag vom 2.12.2010 unter der Überschrift „G.de – Veränderungen bei der Betreiberfirma“ folgende Äußerungen: „In den letzten Tagen und Wochen gab es in diversen Foren und Blogs wieder vermehrt Beschwerden und Anfragen rund um das Singleportal G.de, der bisherigen Betreiberfirma N Media GmbH (…) Aus dem aktuellen Auszug des Handelsregisters geht zudem hervor, dass neben der Änderung des Firmennamens auch die Geschäftsführung gewechselt hat. (…) Nicht mehr Geschäftsführer: W E2, E (…) Das dubiose Geschäftsgebaren der Betreiber von G.de war bereits mehrfach Anlass für eine Berichterstattung in den Medien. Über die Kostenfalle der N Media GmbH hatte B52010 zuletzt in der Sendung vom 1.6.2010 berichtet (…) Die Verbraucherzentrale Hamburg hatte schon im Oktober kritisch über die Flirtfallen berichtet.“ Auch hier macht die Klägerin nicht geltend, dass die Berichte der Verbraucherzentrale bzw. die sonstige Berichterstattung in den Medien über vermeintlich irreführende Testabonnements oder sonstige Beschwerden im Blog unzutreffend wiedergegeben werden, sondern bemängelt vielmehr lediglich, dass sie mit diesen kritischen (Meinungs-) Äußerungen zum Geschäftsgebaren der Gesellschaft nicht (mehr) in Verbindung gebracht werden will.
62dd. Wird die Klägerin damit durch die mittels der streitgegenständlichen Treffer nachgewiesenen Seiten nur damit konfrontiert, dass sie vor einigen Jahren Geschäftsführerin einer Gesellschaft war, die wegen ihrer Geschäftspraktiken beim Betrieb eines Online-Dating-Portals in der Kritik stand, sind diese wahren Tatsachenbehauptungen aus der Sozialsphäre der Klägerin und damit auch der Nachweis der streitgegenständlichen Treffer durch die Beklagte im Rahmen des geltend gemachten Anspruchs nach § 1004 analog, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden. Denn wahre Tatsachenbehauptungen aus der Sozialsphäre des Betroffenen dürfen nur im Falle schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht mit negativen Sanktionen verknüpft werden, so etwa dann, wenn eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen sind (vgl. BGH, Urt. v. 21.11.2006 – VI ZR 259/05, juris Rn. 13 m.w.N.). Solche Auswirkungen sind hier allerdings nicht ersichtlich.
63(1) Zugunsten der Klägerin ist zwar die erhebliche Verbreitungs- und Aufbereitungsfunktion der Suchmaschine der Beklagten zu berücksichtigen, ohne die die Nutzer die überwiegende Zahl der Meldungen im Internet überhaupt nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen auffinden könnte. Allein dies kann jedoch hier nicht dazu führen, eine Stigmatisierung der Person der Klägerin oder eine unzulässige Prangerwirkung zu bejahen. Dies gilt zunächst im Hinblick auf die auf den nachgewiesenen Seiten enthaltene Angabe, dass die Klägerin früher Geschäftsführerin einer in der Öffentlichkeit kritisierten Gesellschaft war. Denn mit der Wiedergabe dieser Tatsache wird lediglich in zutreffender Weise ihre gesellschaftsrechtliche Position in der betreffenden Zeitspanne beschrieben. Soweit in den Blogbeiträgen darüber hinaus auch das Geschäftsgebaren der N Media GmbH kritisiert wird, handelt es sich – wie oben dargelegt – um Meinungsäußerungen, die den Grad einer Schmähkritik nicht erreichen. Eine solche Art von Kritik gehört zur Vergangenheit der beruflichen und damit nach außen gerichteten und von der Öffentlichkeit wahrgenommenen Tätigkeit der Klägerin.
64Die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung behauptete Gefahr, dass sie aufgrund der auf einigen Seiten enthaltenen Begriffe „Abzocke“ und „Betrug“ in ihrem Umfeld negativen Auswirkungen ausgesetzt sei oder künftig ausgesetzt sein könnte, ist insoweit – unabhängig von der Frage, ob die Klägerin mit diesem Vortrag wegen Verspätung nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen ist – unbeachtlich. Denn selbst wenn die Klägerin im Hinblick auf ihre offenbarte Position als damalige Geschäftsführerin der N Media GmbH mit den gegen diese Gesellschaft erhobenen Vorwürfen in Verbindung gebracht wird, stellt auch dies keine Stigmatisierung oder Prangerwirkung in einem Ausmaß dar, das die Mitteilung wahrer Tatsachen aus der Sozialsphäre verhindern könnte. Eine speziell auf die Person der Klägerin bezogene Stigmatisierung oder aber Angriffe speziell gegen ihre Person sind dagegen in den betreffenden Blogbeiträgen nicht enthalten. Als zum damaligen Zeitpunkt tätige Geschäftsführerin war die Klägerin aufgrund ihrer Stellung in der Gesellschaft für deren Auftreten im Rechts- und Geschäftsverkehr und damit auch für die Vorgänge, die den auf den Internetseiten geäußerten Vorgängen zugrunde liegen, gesellschaftsrechtlich verantwortlich. Die Klägerin mag durch die Meinungsäußerungen auf den betreffenden Internetseiten in der Öffentlichkeit dergestalt negativ belegt werden, dass sie für die dort geäußerten Vorwürfe möglicherweise (auch) persönlich verantwortlich gemacht wird. Dies ist jedoch mit ihrer freiwillig eingenommenen früheren Position als Geschäftsführerin verbunden und damit eine Folge der beruflichen Tätigkeit, welche die Klägerin insbesondere deswegen hinzunehmen hat, weil diese Bewertungen im Hinblick auf die Einleitung einer Vielzahl von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren einer tatsächlichen Grundlage nicht entbehrten.
65(2) Demgegenüber kann sich die Beklagte neben ihrem eigenen wirtschaftlichen Interesse am Betrieb der Suchmaschine – das für sich allein die grundrechtlich geschützte Position der Klägerin nicht überwiegen kann – zwar wohl nicht selbst auf das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 GG berufen. Denn anders als beim Betrieb eines Bewertungsportals, welches aus Sicht des Nutzers den Anspruch erhebt, ein vollständiges Bild über die abgegebenen und den vorgegebenen Richtlinien entsprechenden Nutzerbewertungen zu zeichnen, besteht die Arbeit einer Suchmaschine in einer rein technischen Verbreitung, deren Schutz durch Art. 5 Abs. 1 GG jedenfalls fraglich sein dürfte (vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.6.2009 – 1 BvR 134/03, NJW-RR 2010, 470; BGH, Urt. v. 23.9.2014 – VI ZR 358/13, BGHZ 202, 242). Letztlich kann diese Frage jedoch dahinstehen, weil im Rahmen der Abwägung auf Seiten der Beklagten jedenfalls die in Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Meinungs- und Informationsfreiheit der Nutzer zu berücksichtigen ist. Denn ohne die Hilfe einer Suchmaschine wie die der Beklagten wäre angesichts der heutigen Informationsflut des Internets eine sinnvolle Nutzung der dort vorhandenen Informationen im Sinne eines Zugangs zu diesen und zum Meinungsaustausch mit anderen Nutzern weitgehend ausgeschlossen. Des Weiteren sind auch die Rechte der Blog-Autoren aus Art. 5 Abs. 1 GG zu berücksichtigen, deren Beiträge zur (öffentlichen) Meinungsbildung und Diskussion nur mithilfe der von der Beklagten betriebenen Suchmaschine aufgefunden werden können.
66(3) Eine Abwägung zwischen dem Interesse der Nutzer und der Blog-Autoren einerseits, sich im Internet über die frühere Firmenstruktur der N Media GmbH und deren Bewertung durch Blog-Autoren zu informieren und auszutauschen mit den Interessen der Klägerin andererseits, über die Veröffentlichung ihrer personenbezogenen Daten selbst zu entscheiden bzw. ihre frühere Position als Geschäftsführerin der N Media GmbH nicht (mehr) öffentlich werden zu lassen, geht vorliegend zu Lasten der Klägerin aus:
67Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung beinhaltet die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, ob und wann sowie innerhalb welcher Grenzen seine persönlichen Daten in die Öffentlichkeit gebracht werden. In der Rechtsprechung sind wegen der Eigenart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als Rahmenrecht, dessen Reichweite nicht absolut feststeht, Abwägungskriterien u.a. nach Maßgabe einer abgestuften Schutzwürdigkeit bestimmter Sphären, in denen sich die Persönlichkeit verwirklicht, herausgearbeitet worden. Danach genießen besonders hohen Schutz die sogenannten sensitiven Daten, die der Intim- und Geheimsphäre zuzuordnen sind. Dieser Bereich ist allerdings im vorliegenden Fall aufgrund der Berufsbezogenheit der Daten der Klägerin nicht betroffen. Geschützt ist aber auch das Recht auf Selbstbestimmung bei der Offenbarung von persönlichen Lebenssachverhalten, die lediglich zur Sozial- und Privatsphäre gehören. Allerdings hat der Einzelne keine absolute, uneingeschränkte Herrschaft über "seine" Daten, denn er entfaltet seine Persönlichkeit innerhalb der sozialen Gemeinschaft. In dieser stellt die entsprechende Information, auch soweit sie personenbezogen ist, einen Teil der sozialen Realität dar, der nicht ausschließlich dem Betroffenen allein zugeordnet werden kann. Vielmehr ist über die Spannungslage zwischen Individuum und Gemeinschaft im Sinne der Gemeinschaftsbezogenheit und -gebundenheit der Person zu entscheiden. Aus diesem Grunde muss der Einzelne dann Einschränkungen seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung bzw. Anonymität hinnehmen, wenn und soweit solche Beschränkungen von hinreichenden Gründen des Gemeinwohls oder überwiegenden Rechtsinteressen Dritter getragen werden und bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze des Zumutbaren noch gewahrt ist.
68Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze gilt hier Folgendes: Durch die Übermittlung von Treffern, die die Klägerin als ehemalige Geschäftsführerin der U Online Media GmbH unter Nennung ihres Namens ausweisen, wird die Klägerin in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung berührt. Insgesamt handelt es sich dabei jedoch unter Berücksichtigung der Gesamtumstände nicht um schutzwürdige Belange, die dem Nachweise dieser Seiten durch die Beklagte entgegenstehen. Denn die von der Beklagten erhobenen und an die Nutzer übermittelten Daten der Klägerin betreffen wahre Tatsachenbehauptungen und zulässige Werturteile, welche jeweils die Sozialsphäre der Klägerin tangieren, weil sie ihre berufliche Tätigkeit und damit einen Bereich betreffen, in dem sich die persönliche Entfaltung von vornherein im Kontakt mit der Umwelt vollzieht. Der einzig negative Gesichtspunkt aus Sicht der Klägerin ist derjenige, dass durch die Auffindbarkeit der alten Blogbeiträge die Öffentlichkeit (wieder) an die gegenüber der N GmbH erhobene Kritik erinnert und die Klägerin aufgrund der Nennung ihres Namens mit dieser Kritik in Verbindung gebracht wird.
69Der zwischenzeitliche Zeitablauf sowie die Abberufung der Klägerin als Geschäftsführerin steht dem Informationsinteresse der Nutzer vorliegend nicht entgegen, da grundsätzlich auch ein Interesse anzuerkennen ist, über vergangene Sachverhalte zu recherchieren. Dieses Informationsinteresse begründet sich im vorliegenden Fall insbesondere daraus, dass die Betreiberin des Online-Dating-Portals „G“ auch aktuell noch in der Kritik bei Kunden und Verbrauchschützern steht. Da die Klägerin als Geschäftsführerin für die unter ihrer Leitung erfolgten Vorkommnisse wenn nicht persönlich, so doch jedenfalls repräsentativ einzustehen hat, ist ein Bedürfnis sowohl der ehemaligen als auch der aktuellen Kunden anzuerkennen, sich in diesem Zusammenhang über ihre Person zu informieren. Ein solches Interesse ist daneben auch für sonstige Geschäftspartner und/oder künftige Arbeitgeber anzuerkennen, die sich über die Person der Klägerin und ihre vergangenen Tätigkeiten im Geschäftsleben informieren wollen. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang geltend macht, ihre Stellung als ehemalige Geschäftsführerin würde sich ebenso aus dem einem künftigen Arbeitgeber vorzulegenden Lebenslauf ergeben, steht dies nicht dem Interesse entgegen, sich über die von der Beklagten nachgewiesenen Internetseiten weitergehend zu informieren. Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, dass nicht in allen Fällen einer Geschäftsanbahnung tatsächlich auch ein Lebenslauf vorgelegt wird bzw. vorgelegt werden muss. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass nicht nur die frühere Stellung der Klägerin als Geschäftsführerin, sondern auch die kritische Bewertung der ehemals von ihr geleiteten Gesellschaft zum Inhalt der berichtenswerten und von der Beklagten nachgewiesenen Informationen zählt. Gerade die auf den streitgegenständlichen Seiten wiedergegebenen Inhalte über eine kritische Betrachtung der Geschäftspraktiken der N Media GmbH sind Informationen, die ein potentieller Arbeitgeber und/oder Geschäftspartner aus einem Lebenslauf der Klägerin nicht erfahren würde.
70ee. Ein anderes Ergebnis dieser Abwägung folgt auch nicht aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 (C-131/12, MMR 2014, 455). Denn die in dieser Entscheidung enthaltenen Erwägungen führen nicht dazu, dass den persönlichkeitsrechtlichen Belangen der Klägerin der Vorrang vor dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit einzuräumen ist.
71(1) Weder im Hinblick auf die vom Europäischen Gerichtshof durchgeführte Prüfung eines Eingriffs in das „Privatleben“ noch hinsichtlich des Umstandes, dass in der dort entschiedenen Fallkonstellation die Internetsuche ausschließlich mit dem Namen des Betroffenen durchgeführt wurde, ist allerdings eine Übertragung der Erwägungen des Europäischen Gerichtshofs auf den vorliegenden Sachverhalt schon grundsätzlich ausgeschlossen.
72(a) Zwar wird das sog. „Recht auf Vergessen“ vom Europäischen Gerichtshof in der betreffenden Entscheidung damit begründet, dass ein Eingriff in das „Privatleben“ des Betroffenen vorliegt. Mit diesem Begriff des „Privatlebens“ ist jedoch nicht der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung definierte Bereich der sog. Privatsphäre gemeint, was zur Folge hätte, dass die Klägerin, deren allgemeines Persönlichkeitsrecht vorliegend lediglich im Hinblick auf ihre berufliche Tätigkeit und damit hinsichtlich der Sozialsphäre beeinträchtigt ist, generell von dem durch den Europäischen Gerichtshof zugebilligten Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung gegenüber der von der Beklagten betriebenen Suchmaschine ausgeschlossen wäre. Denn nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH, Urt. v. 9.11.2010 – C-92/09, MMR 2011, 122, juris Rn. 59 m.w.N.; vgl. zum Begriff des „Privatlebens“ auch EGMR, Urt. v. 16.12.1992 – 72/1991/324/396, NJW 1993, 718) ist mit dem Begriff des „Privatlebens“ ein weiterer Anwendungsbereich als der der „Privatsphäre“ umfasst, der sich nicht nur auf üblicherweise als privat geltende Umstände des Betroffenen, sondern unter anderem auch auf die berufliche Tätigkeit erstreckt.
73(b) Die Beklagte kann gegen die Berücksichtigung der Erwägungen aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 im vorliegenden Fall auch nicht einwenden, das sog. Recht auf Vergessen könne überhaupt nur dann in Betracht kommen, wenn die Nutzer ausschließlich den Namen einer Privatperson in die Suchmaschine eingegeben hätten. Denn der vorgenannten Entscheidung ist eine solche Einschränkung nicht zu entnehmen, so dass sich das sog. „Recht auf Vergessen“ auch auf Fälle beziehen kann, in denen nicht ausschließlich der Name einer natürlichen Person, sondern daneben auch weitere Suchbegriffe in die Suchmaschine eingegeben werden. Denn auch wenn die entsprechende Vorlagefragen an den Europäischen Gerichtshof weit gefasst waren, ergibt sich aus den Formulierungen in den Entscheidungsgründen, dass zwar auch, aber nicht ausschließlich nach dem Namen des Betroffenen gesucht werden muss. Diesem Ergebnis steht auch nicht entgegen, dass der Europäische Gerichtshof mit seiner Entscheidung angestrebt hat, sog. Zufallsfunde zu verhindern, damit Nutzer sich durch eine beiläufige Recherche im Internet nicht ein detailliertes Profil einer anderen Person verschaffen könnten. Denn der mit der Entscheidung verfolgte Zweck, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dadurch zu stärken, dass personenbezogene Informationen unter bestimmten Umständen dem Zugriff einer Suchmaschine entzogen und damit faktisch vom Nutzer in der Datenflut des Internet nicht mehr gefunden werden können, würde in der Praxis regelmäßig unterlaufen, wenn der Nutzer durch schlichte Eingabe eines völlig beliebigen Zusatzwortes neben dem Namen des Betroffenen die Unterlassungsverpflichtung des Suchmaschinenbetreibers umgehen könnte.
74(2) Nach Ansicht des Senates ist es auch durchaus erwägenswert, der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 13.5.2014 (C-131/12) zugunsten des Betroffenen ein abweichendes Regel-Ausnahmeverhältnis für die Prüfung eines Eingriffs in sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung im Rahmen der Sozialsphäre zu entnehmen. Denn während nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – wie oben ausgeführt – eine Veröffentlichung von wahren (personenbezogenen) Tatsachen aus der Sozialsphäre des Betroffenen regelmäßig nur dann unzulässig ist, wenn schwerwiegende Auswirkungen wie etwa eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen sind (vgl. BGH, Urt. v. 21.11.2006 – VI ZR 259/05, juris Rn. 13 m.w.N.), wird in der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 der zulässige Nachweis von Informationen, die das Privatleben – und damit auch das hier betroffene Berufsleben der Klägerin – betreffen, abweichenden Anforderungen unterworfen.
75Der Europäische Gerichtshof geht insofern davon aus, dass die durch Art. 7 und 8 der Grundrechtscharta geschützten Rechte der betroffenen Person grundsätzlich nicht nur gegenüber dem wirtschaftlichen Interesse des Suchmaschinenbetreibers, sondern auch gegenüber dem Interesse der Öffentlichkeit daran überwiegen, die Information bei einer Internetsuche anhand des Namens der betroffenen Person zu finden. In besonders gelagerten Fällen könne der Ausgleich von der Art der betreffenden Information, von deren Sensibilität für das Privatleben der betroffenen Person sowie vom Interesse der Öffentlichkeit am Zugang zu der Information abhängen. Insbesondere aus der Rolle der betreffenden Person im öffentlichen Leben könne sich ergeben, dass der Eingriff in die Grundrechte dieser Person durch das überwiegende Interesse der breiten Öffentlichkeit daran, über die Einbeziehung in eine derartige Ergebnisliste Zugang zu der betreffenden Information zu haben, gerechtfertigt ist (vgl. EuGH, Urt. v. 13.5.2014 – C-131/12, juris Rn. 81, 97). Unter Beachtung dieser Grundsätze könnte daher auch bei der Mitteilung von Treffern, die zu Veröffentlichung von wahren, die Sozialsphäre betreffenden Tatsachen führen zu prüfen sein, ob besondere Gründe vorliegen, die es rechtfertigen, dass personenbezogen Daten des Betroffenen durch eine Internetsuche mittels seines Namens aufgefunden werden.
76(3) Die Frage, ob durch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 die an die Zulässigkeit der Wiedergabe wahrer Tatsachenbehauptungen und zulässiger Werturteile aus dem Bereich der Sozialsphäre anzusetzenden Maßstäbe verändert werden, kann im vorliegenden Fall allerdings im Ergebnis offen bleiben. Denn der Senat ist nach Abwägung aller im vorliegenden Fall relevanten Umstände der Ansicht, dass hier ein besonders gelagerter Fall im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vorliegt, der den Eingriff in das Privatleben der Klägerin jedenfalls im aktuellen Zeitpunkt noch rechtfertigt.
77(a) Dabei kann in diesem Zusammenhang zugunsten der Klägerin die streitige Behauptung als wahr unterstellt werden, dass sie aktuell keine Verbindung zum Betreiber des Online-Dating-Portals „G“ mehr hat und ausschließlich Hausfrau und Mutter ist. Denn dieser Umstand stellt nicht in Abrede, dass die Klägerin in ihrer Zeit als Geschäftsführerin eine Rolle im öffentlichen Leben gespielt hat und sämtliche Äußerungen auf den nachgewiesenen Internetseiten eine Zeit betreffen, in der sie für die Leitung der betreffenden Gesellschaft, eines Marktführers bei Internet-Partnerschaftsbörsen, verantwortlich war. Anders als in dem vom Europäischen Gerichtshof entschiedenen Fall handelt es sich vorliegend auch nicht um Tatsachen, die einen 16 Jahre zurückliegenden Zeitraum betreffen, sondern vielmehr um solche, die erst knapp sechs Jahre zurückliegen. Allein dieser erhebliche Unterschied beim Zeitmoment macht deutlich – auch wenn der Europäische Gerichtshof insofern keine starre Fristenregelung begründen wollte – dass die gegenseitige Interessenlage zwischen der Klägerin, der Beklagten und den beteiligten Nutzern bzw. Blog-Autoren hier nicht vergleichbar ist. Daneben ist auch zu berücksichtigen, dass sich die Information über die frühere Stellung der Klägerin als Geschäftsführerin der N Media GmbH nicht nur aus den betreffenden Internetseiten, sondern auch aus dem Handelsregister als einem öffentlichen und für jedermann ohne besondere Beschränkungen einsehbaren Register ergeben. Des Weiteren spielt diese Information über die frühere berufliche Tätigkeit der Klägerin auch für ihr Privatleben keine derart gravierende Rolle, dass eine Sensibilität der entsprechenden Daten im Sinne der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 bejaht werden könnte. Es handelt sich vielmehr um eine überwiegend sachlich geprägte und berufsbezogene Information, die weder Rückschlüsse auf das sonstige Privatleben der Klägerin zulässt noch es dem Nutzer ermöglicht, ein detailliertes Profil über ihre Person zu erstellen.
78Soweit sich die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf beruft, die besondere Beeinträchtigung und damit eine Sensibilität der Information für ihr Privatleben resultiere aus dem Kontext, in welchem auf den von der Beklagten nachgewiesenen Internetseiten ihr Name genannt werde, hält der Senat dies nicht für durchgreifend. Wie bereits oben ausgeführt, besteht der Inhalt der von der Beklagten nachgewiesenen Seiten überwiegend aus der Mitteilung wahrer Tatsachen sowie aus zulässigen Meinungsäußerungen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Name der Klägerin in zwei Fällen im Zusammenhang mit den Begriffen „Abzocke“ und „Betrug“ genannt wird. Denn diese Vorwürfe beziehen sich auf das Geschäftsgebaren der N Media GmbH, welches sich die Klägerin in ihrer Position als damalige Geschäftsführerin und Verantwortliche zurechnen lassen muss. Die beiden Werturteile werden im Übrigen im Zusammenhang mit der Wiedergabe einer in der Vergangenheit erfolgten Medienberichterstattung verwendet („Vor einem Jahr ist B509 den Hinweisen von Betroffenen nachgegangen und hatte darüber berichtet“), die sich kritisch mit dem Aufbau des Online-Dating-Portals befasst hatte („Flirtportale und Singlebörsen wie z.B. die Seite „G“ sind manchmal trickreich aufgebaut und häufig merken die Nutzer erst zu spät, dass sie auch hier am Ende kräftig zur Kasse gebeten werden!“). Einer solch kritischen Würdigung des Geschäftsgebarens der von ihr geleiteten Gesellschaft muss sich die Klägerin jedoch schon deshalb stellen, weil dies einen Teil ihrer nur einige Jahre zurückliegenden beruflichen Vergangenheit darstellt. Darüber hinaus treffen diese Vorwürfe mangels Mitteilung substantieller Tatsachen aus Sicht des durchschnittlichen Rezipienten keine Aussagen über ein vermeintliches persönliches Fehlverhalten der Klägerin. Vielmehr werden sie in einer nur pauschalen Art und Weise gebraucht und vermitteln dem Rezipienten keine Details, die einen Rückschluss auf eine eventuelle persönliche Verfehlung der Klägerin zuließen.
79(b) Im Hinblick auf diese in der Gesamtschau nur geringe Beeinträchtigung der Klägerin überwiegt das Interesse der Öffentlichkeit, die betreffenden Seiten mithilfe der Suchmaschine der Beklagten weiter auffinden zu können. Dies gilt sowohl bei der im Rahmen des Hauptantrages beanstandeten Suche mittels des Namens der Klägerin und weiteren Suchbegriffen als auch bei der im Rahmen des Hilfsantrages beanstandeten Suche nur mittels des Namens der Klägerin.
80(aa) Soweit die Nutzer, wie mit dem Hauptantrag angegriffen, neben dem Namen der Klägerin noch weitere Suchbegriffe in die Suchmaschine der Beklagten eingeben, hat bereits das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend darauf hingewiesen, dass damit notwendigerweise auch diejenigen Fälle erfasst sind, in denen die Nutzer den Namen der Gesellschaft oder andere Details der früheren beruflichen Tätigkeit der Klägerin kennen und gezielt nach weiteren Informationen aus diesem Bereich suchen. In einem solchen Fall ist aber dem Informationsinteresse der Nutzer schon deshalb der Vorrang gegenüber dem Recht der Klägerin auf informationelle Selbstbestimmung einzuräumen, weil diese nicht ‑ gleichsam zufällig oder beliebig - ein Persönlichkeitsprofil des Betroffenen mithilfe der Suchmaschine der Beklagten erstellen, sondern vielmehr die Suchmaschine nutzen, um bereits vorhandene Informationen auf „einfachem“ Wege zu vervollständigen.
81Zwar werden vom Hauptantrag nicht nur solche Sucheinträge umfasst, die neben dem Namen der Klägerin berufsbezogene Suchworte wie beispielsweise den Namen der N Media GmbH oder den Begriff „G“ enthalten, sondern auch solche Sucheinträge, die neben dem Namen der Klägerin völlig beliebige weitere Begriffe aufweisen, die ihrerseits keinen Bezug zur ehemaligen beruflichen Tätigkeit der Klägerin haben müssen. In diesen Fällen kann daher nicht zwingend von einer bestehenden Vorinformation des Nutzers ausgegangen werden, die durch eine gezielte Suche im Internet lediglich erweitert werden soll. Insofern besteht allerdings keine prozessuale Möglichkeit, der Klägerin den geltend gemachten Anspruch zumindest teilweise zuzusprechen. Denn hier hätte es der Klägerin oblegen, ihren Antrag näher zu konkretisieren oder bestimmte „berufsbezogene“ Suchbegriffe anzugeben, die von der Unterlassungsverpflichtung der Beklagten hätten ausgenommen werden sollen. Ohne eine solche Darlegung ist nicht ersichtlich, wie durch eine abstrakte Umschreibung oder enumerative Aufzählung bestimmter Suchwörter ein hinreichend bestimmter und damit vollstreckungsfähiger Tenor erreicht werden kann.
82(bb) Auch in den vom Hilfsantrag der Klägerin umfassten Fällen, in denen lediglich der Name der Klägerin eingegeben wird, kann nach Ansicht des Senats ein besonders gelagerter Fall im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bejaht werden, der den Eingriff in das Privatleben der Klägerin jedenfalls im aktuellen Zeitpunkt noch rechtfertigt.
83Die Öffentlichkeit hat angesichts der Tatsache, dass die früher von der Klägerin geleitete Firma weiterhin in demselben Geschäftsfeld tätig ist und weiterhin mit ihren Geschäftspraktiken in der Kritik steht, auch ein berechtigtes Interesse daran zu erfahren, wer für diese Vorkommnisse verantwortlich zeichnet und dies in zumindest nicht zu lange zurückliegender Zeit getan hat. Anders als in der von der Klägerin herangezogenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 ist nämlich vorliegend noch kein Zeitraum von 16 Jahren vergangen, bei dem – unter Heranziehung weiterer Umstände des Einzelfalls – ein Informationsinteresse der Öffentlich nicht mehr bejaht wurde. Vielmehr ist der hier in Rede stehende Zeitraum von knapp sechs Jahren noch nicht als so lang einzustufen, dass das Interesse der Öffentlichkeit als zu schwach bewertet werden müsste.
84Neben diesem Interesse an der Gesellschaft besteht auch ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit an der Person der Klägerin als ehemaliger Geschäftsführerin. Ihr bisheriger beruflicher Werdegang ist nicht nur für potentielle Arbeitgeber und/oder Geschäftspartner von Bedeutung, sondern auch für sonstige Nutzer der Suchmaschine der Beklagten. Da die Klägerin die Tätigkeit als Geschäftsführerin freiwillig übernommen und über mehrere Jahre hinweg ausgeübt hat, stellen die diesbezüglichen im Internet noch vorhandenen Informationen einen Teil ihres der Öffentlichkeit zugewandten Berufslebens dar, womit sie jedenfalls im aktuellen Zeitpunkt eine entsprechende Identifizierung durch die Öffentlichkeit noch hinzunehmen hat. Anders als in der von der Klägerin zitierten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 sind die von der Beklagten nachgewiesenen Seiten auch nicht eindeutig ohne jeglichen Informationswert. Der Europäische Gerichtshof hat in dem von ihm entschiedenen Fall eine Abwägung der jeweiligen Interessen im Einzelfall vorgenommen, wobei zum einen – das mit der vorliegend verstrichenen Frist nicht vergleichbare – Zeitmoment und zum anderen der Gesichtspunkt einer Zweckerreichung eine Rolle spielten: Die personenbezogenen Daten des dort Betroffenen waren zu dem Zweck in einer Zeitungsanzeige veröffentlicht worden, eine möglichst große Zahl von Bietern zur Teilnahme an einem Versteigerungstermin zu bewegen und damit einen möglichst großen Erlös zugunsten der pfändenden Sozialkasse zu ermöglichen. Diese Zielsetzung war mit Beendigung der Pfändungsmaßnahmen erledigt, so dass durch die weitere Verbreitung der Information im Internet der ursprüngliche Zweck nicht mehr gefördert werden konnte. Vorliegend geht es dagegen um die Stellung der Klägerin als (ehemalige) Geschäftsführerin, die – auch wenn diese Stellung nach dem klägerischen Vortrag nunmehr seit einigen Jahren bei der konkreten Firma beendet ist – im Hinblick auf neue bzw. weitere Tätigkeiten der Klägerin von Bedeutung sein kann.
852. Die Klägerin hat gegen die Beklagte ebenfalls keinen Anspruch auf Unterlassung der Anzeige der beanstandeten Suchergebnisse – und zwar sowohl nach dem Haupt- als auch nach dem Hilfsantrag – gemäß § 1004 analog, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 29 BDSG.
86a. Zwar ist das BDSG vorliegend nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG anwendbar, weil die Beklagte als juristische Person des privaten Rechts eine nicht-öffentliche Stelle im Sinne von § 2 Abs. 4 S. 1 BDSG ist und unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen personenbezogene Daten der Klägerin im Sinne von § 3 BDSG verarbeitet.
87Der Begriff der personenbezogenen Daten umfasst alle Informationen, die über eine Bezugsperson etwas aussagen oder mit ihr in Verbindung zu bringen sind. Das sind nicht nur klassische Daten wie etwa der Name oder der Geburtsort, sondern auch Meinungsäußerungen, Beurteilungen und Werturteile, die sich auf einen bestimmten oder bestimmbaren Betroffenen beziehen, die Wiedergabe von mündlichen und schriftlichen Aussagen eines Betroffenen und die Darstellung des privaten oder des dienstlichen Verhaltens eines Betroffenen (vgl. BGH, Urt. v. 23.6.2009 – VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328; Simitis (Dammann), BDSG, 8. Auflage 2014, § 3 BDSG Rn. 7). Personenbezogene Daten sind vorliegend der Name der Klägerin, die mit der Nennung dieses Namens verbundene Identifizierung ihrer Stellung als (ehemaliger) Geschäftsführerin der N Media GmbH sowie die über die Gesellschaft geäußerten Werturteile.
88Diese Daten werden von der Beklagten im Sinne von § 3 BDSG verarbeitet, weil sie diese durch systematische Durchsuchung des Internets auffindet, indexiert, speichert und sodann in Form von Ergebnislisten an die Nutzer nach Eingabe entsprechender Suchwörter bzw. Suchwortkombinationen übermittelt. Soweit der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 13.5.2014 (C-131/12, juris Rn. 25 und 28) diese Tätigkeit der Beklagten generalisierend als „Verarbeitung“ bezeichnet, liegt dies darin begründet, dass die Richtlinie 95/46/EG in Art. 2 b) anders als das Bundesdatenschutzgesetz nicht zwischen Erheben, Verarbeiten (in Form des Speicherns, Veränderns, Übermittelns, Sperren und Löschens) und Nutzen von personenbezogenen Daten differenziert, sondern vielmehr den Begriff „Verarbeiten“ als einheitlichen Oberbegriff verwendet.
89b. Dem Anspruch der Klägerin steht auch nicht das Medienprivileg nach § 41 Abs. 1 BDSG i.V.m. § 57 des Rundfunkstaatsvertrages entgegen. Denn diese Sonderstellung der Medien ist daran gebunden, dass die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten einer pressemäßigen Veröffentlichung dient, die Daten also ausschließlich für eigene journalistisch-redaktionelle oder literarische Zwecke bestimmt sind. Übertragen auf den Bereich der Telemedien kann mithin die reine Übermittlung von erhobenen Daten an Nutzer nicht unter den besonderen Schutz der Presse fallen, weil die bloße automatische Auflistung von redaktionellen Beiträgen noch nicht eine eigene journalistisch-redaktionelle Gestaltung darstellt (vgl. BGH, Urt. v. 23.9.2014 – VI ZR 358/13, juris Rn. 13; BGH, Urt. v. 23.6.2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328). Selbst die Beklagte macht vorliegend nicht geltend, dass eine journalistisch-redaktionelle Bearbeitung der Ergebnisliste erfolgt und daher das Medienprivileg für sie einschlägig wäre.
90c. Der Unterlassungsanspruch der Klägerin scheitert jedoch daran, dass die geschäftsmäßige Erhebung der Daten zum Zwecke der Übermittlung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 BDSG und deren Übermittlung durch die Beklagte an die Nutzer in Form einer Ergebnisliste nach § 29 Abs. 2 BDSG zulässig ist.
91aa. Entscheidend für die Abgrenzung von § 28 BDSG und § 29 BDSG ist der vom privatwirtschaftlichen Datenverarbeiter verfolgte Zweck. Erfolgt die Datenverarbeitung "als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke", ist sie also lediglich Hilfsmittel zur Erfüllung bestimmter anderer, eigener Zwecke der datenverarbeitenden Stelle, so beurteilt sich ihre Zulässigkeit nach § 28 BDSG (vgl. BGH, Urt. v. 23.6.2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328). Werden die Daten hingegen geschäftsmäßig "zum Zwecke der Übermittlung" verarbeitet, ist die Datenübermittlung selbst also eigentlicher Geschäftsgegenstand, so gilt § 29 BDSG (vgl. BGH, Urt. v. 23.9.2014 – VI ZR 358/13, juris Rn. 15). Unter Beachtung dieser Grundsätze ist vorliegend § 29 BDSG anzuwenden. Denn unmittelbarer Zweck der Suchmaschine der Beklagten und mithin Gegenstand ihrer Tätigkeit ist es, den Nutzern die im Internet recherchierten und auf Servern der Beklagten gespeicherten (personenbezogenen) Daten zu übermitteln. Weil diese Tätigkeit auf Wiederholung gerichtet und auch auf eine gewisse Dauer angelegt ist, erfolgen Datenerhebung und Datenspeicherung, wie für die Anwendung des § 29 BDSG erforderlich, auch geschäftsmäßig (vgl. Simitis (Simitis), BDSG, 8. Auflage 2014, § 29 BSDG Rn. 108).
92Zwar hat die Beklagte in den einzelnen europäischen Ländern und so auch in Deutschland, Zweigniederlassungen bzw. Tochtergesellschaften gegründet, deren Geschäftszweck darin besteht, Werbeflächen auf der Internetseite www.H.com zu vermarkten, auf denen Unternehmen für ihre Waren oder Dienstleistungen Werbeanzeigen einbetten können, die mit den vom Nutzer eingegebenen Suchwörtern verknüpft sind. Dies führt jedoch nicht dazu, dass die Beklagte im Sinne von § 28 BDSG die Daten als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke erhebt bzw. übermittelt. Denn durch die gleichzeitige Ermöglichung von Werbeeinnahmen wird die Verwendung von Daten noch nicht zum Hilfsmittel für die Erfüllung geschäftlicher, beruflicher oder gewerblicher Zwecke (vgl. Simitis (Simitis), BDSG, 8. Auflage 2014, § 28 BDSG Rn. 22: Nutzung der im Rahmen von Kauf-, Kredit-, Miet- oder Reiseverträgen anfallenden Kundendaten für die spezifischen Vertragsziele). Vielmehr sind die im Internet von der Beklagten recherchierten Informationen, die teilweise auch personenbezogene Daten enthalten, die eigentliche „Ware“, mit deren Übermittlung an die Nutzer – zur leichteren Auffindbarkeit der von diesen nachgesuchten Informationen – die Beklagte Geld zu verdienen versucht. Dass zur Finanzierung der Website auch Werbeanzeigen verbreitet werden, ist dagegen nicht Zweck der Datenerhebung. Diese Erhebung erfolgt vielmehr im Informationsinteresse der Nutzer, denen die Beklagte die grundsätzliche bzw. schnellere Auffindbarkeit von Informationen im Internet ermöglicht.
93bb. Die Beklagte durfte die personenbezogenen Daten der Klägerin nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 BDSG zum Zwecke der Übermittlung erheben. Denn diese Daten konnten aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden und das schutzwürdige Interesse der Klägerin am Ausschluss dieser Erhebung überwiegt nicht offensichtlich.
94(1) Die Beklagte hat die Daten der Klägerin aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen. Allgemein zugänglich sind solche Quellen, die sich nach ihrer technischen Ausgestaltung und Zielsetzung dazu eignen, einem individuell nicht bestimmbaren Personenkreis Informationen zu vermitteln (vgl. Simitis (Simitis), BDSG, 8. Auflage 2014, § 28 BDSG Rn. 152). Dazu zählen nicht nur Angaben in Massenmedien wie Zeitung, Rundfunk oder Fernsehen, sondern auch Daten auf Internetseiten, CD-ROM-Dateien, Lexika, Adressen- und Telefonverzeichnissen etc. (vgl. Simitis (Simitis), BDSG, 8. Auflage 2014, § 28 BDSG Rn. 151 m.w.N.). Kann sich die Beklagte also schon deshalb auf die grundsätzliche Zulässigkeit ihrer Datenerhebung berufen, weil die von ihr erhobenen Daten der Klägerin, wie sie den streitgegenständlichen Treffern der Ergebnisliste zugrunde liegen, ausschließlich von Internetseiten stammen, streitet im vorliegenden Fall ein weiterer Grund für die Zulässigkeit der Datenerhebung: Die Klägerin wendet sich maßgeblich dagegen, dass mithilfe der Tätigkeit der Beklagten Seiten aufgefunden werden können, die die Klägerin als frühere Geschäftsführerin der N Media GmbH benennen und sie mit den auf einigen dieser Seiten enthaltenen kritischen Bewertungen des Geschäftsgebarens der N Media GmbH in Verbindung bringen. Die Stellung der Klägerin als (ehemalige) Geschäftsführerin ist jedoch eine Information, die sich nicht nur aus dem Internet, sondern auch aus dem Handelsregister als einer allgemein zugänglichen Quelle ergibt. Zu den allgemein zugänglichen Quellen im Sinne des § 29 Abs. 1 Nr. 2 BDSG zählen auch öffentliche Register, wenn die Einsichtnahme nicht bestimmten, wie auch immer abgegrenzten Personenkreisen vorbehalten ist oder von dem Vorliegen eines berechtigten Interesses oder einer damit vergleichbaren Anforderung abhängt (vgl. Simitis (Simitis), BDSG, 8. Auflage 2014, § 28 BDSG Rn. 153). Diesen Quellen unterfällt damit auch das Handelsregister, bei dem die Einsichtnahme zwar unter Umständen kostenpflichtig ist, jedoch nicht von der Darlegung eines berechtigten Interesses abhängt. Vielmehr ist nach § 9 Abs. 1 S. 1 HGB die Einsichtnahme in das Handelsregister selbst sowie in die zu diesem eingereichten Dokumente jedem Dritten zu Informationszwecken gestattet (vgl. BGH, Beschl. v. 12.7.1989 – IVa ARZ (VZ) 9/88, NJW 1989, 2818). Im Rahmen einer solchen Auskunft kann zwar nicht gezielt nach dem Namen eines Geschäftsführers einer Gesellschaft gesucht werden, jedoch steht für die einzelnen Gesellschaften auch ein sog. chronologischer Ausdruck zur Verfügung (vgl. § 10 Abs. 2 S. 1 HRV), in welchem z.B. auch ehemalige Geschäftsführer aufgeführt werden.
95(2) Bei Abwägung der beiderseitigen Interessen vermag der Senat nicht festzustellen, dass das schutzwürdige Interesse der Klägerin an dem Ausschluss der Erhebung der Daten zum Zwecke der Übermittlung offensichtlich überwiegt. In diesem Zusammenhang ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Europäische Gerichtshof nicht über den Fall zu entscheiden hatte, dass die personenbezogenen Daten aus einem öffentlichen Register entnommen wurden, welches nach § 7 HRV elektronisch geführt wird, der Öffentlichkeit zur Einsichtnahme frei zugänglich ist und in welchem die Daten nicht nach einem bestimmten Zeitablauf oder nach „Zweckerreichung“ wieder gelöscht werden. Vielmehr hat sich der Gesetzgeber hinsichtlich der im Handelsregister enthaltenen Daten und damit auch hinsichtlich der Namen der (ehemaligen) Geschäftsführer dafür entschieden, auch bei Änderung einer eingetragenen Tatsache die ursprüngliche Information in diesem öffentlichen Register beizubehalten (vgl. § 12 S. 2 HRV: „Aus dem Register darf nichts durch technische Eingriffe oder sonstige Maßnahmen entfernt werden“), wodurch ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit auch an diesem vergangenen Sachverhalt indiziert wird. Im Hinblick darauf, dass die Klägerin weiterhin, wenn auch gemäß § 16 Abs. 1 S. 2 HRV nur in geröteter Form, im Handelsregister als ehemalige Geschäftsführerin genannt wird und dies bei einer entsprechenden Recherche in Form eines chronologischen Ausdrucks (vgl. § 10 Abs. 2 S. 1 HRV) auch für die Öffentlichkeit ersichtlich ist, ist jedenfalls kein offensichtlich überwiegendes Interesse ihrerseits zu erkennen, dass diese Information nicht (auch) über die erleichterte Zugänglichkeit einer Internetsuchmaschine erreichbar ist.
96Soweit die Klägerin unter Hinweise auf die Informationsfunktion des Handelsregisters darauf abstellt, dass eventuelle Ansprüche gegen sie als (ehemalige) Geschäftsführerin zwischenzeitlich verjährt seien und damit auch kein Interesse der Öffentlichkeit mehr ersichtlich sei, die Verbindung zwischen ihr und der N Media GmbH zu ziehen, greift dies ebenfalls nicht durch. Denn der Gesetzgeber hat sich gerade dafür entschieden, auch bei Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse keine Veränderungen am Handelsregister vorzunehmen, so dass dies auf ein schutzwürdiges Interesse der Öffentlichkeit schließen lässt, auch Sachverhalte zu recherchieren, in denen Ansprüche möglicherweise bereits verjährt sind. Vor dem Hintergrund dieser Regelung sowie des – im Vergleich zum Urteil des Europäischen Gerichtshofes – vergleichsweise kurzen Zeitraums von sechs Jahren, der seit der Abberufung der Klägerin als Geschäftsführerin verstrichen ist, kann daher jedenfalls kein offensichtlich überwiegendes Interesse der Klägerin festgestellt werden.
97cc. Die Beklagte durfte die damit zulässigerweise erhobenen personenbezogenen Daten der Klägerin des Weiteren auch im Rahmen von Suchanfragen – entweder nur unter Nennung des Namens der Klägerin oder aber unter Nennung des Namens in Kombination mit weiteren Suchbegriffen – in Form von Ergebnislisten an die Nutzer gemäß § 29 Abs. 2 BDSG übermitteln. Eine solche Übermittlung ist zulässig, wenn der Dritte, dem die Daten übermittelt werden, ein berechtigtes Interesse an ihrer Kenntnis glaubhaft dargelegt hat, die Übermittlung sich im Rahmen der Zwecke nach § 29 Abs. 1 BDSG hält und kein Grund zu der Annahme besteht, dass der Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Übermittlung hat. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt:
98(1) Soweit die Zulässigkeit der Datenübermittlung § 29 Abs. 2 Nr. 1 BDSG grundsätzlich daran gebunden ist, dass der Empfänger ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis der Daten glaubhaft darlegt, steht dies im vorliegenden Fall einer zulässigen Übermittlung nicht entgegen. Zwar können die Nutzer, welche nach Eingabe von bestimmten Suchwörtern eine Ergebnisliste von der Beklagten erhalten, im Rahmen dieser Suchworteingabe weder ein berechtigtes Interesse darlegen noch dieses glaubhaft machen. Jedoch ist § 29 Abs. 2 Nr. 1 BDSG im Hinblick auf diese Anforderung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verfassungskonform auszulegen, um das Grundrecht der Meinungsfreiheit gebührend zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urt. v. 23.6.2009 – VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328).
99(a) Im Falle der Übermittlung von Daten durch ein Meinungsportal hat der Bundesgerichtshof darauf abgestellt, dass der durch den Portalbetreiber im Internet organisierte Informationsaustausch bei Einführung des § 29 BDSG am 1.6.1991 weder technisch möglich noch vorhersehbar gewesen sei. Vielmehr habe § 29 BDSG die "klassischen" geschäftlichen Datenverarbeitungen wie beispielsweise den gewerbsmäßigen Adresshandel oder Auskunftsdateien reglementieren sollen. Für Datenabfragen aus Bewertungsforen führe mithin die wortgetreue Anwendung der Vorschriften in § 29 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und S. 4 BDSG zu einem Widerspruch zu dem sich aus Art. 5 Abs. 1 GG ergebenden Recht auf uneingeschränkte Kommunikationsfreiheit, da das Recht der Meinungsfreiheit auch das Recht umfasse, mit seiner Meinung gehört zu werden und diese zu verbreiten. Würde man jedoch die Verbreitung von Beiträgen zur Meinungsbildung in Form der Teilnahme an einem Meinungsforum im Internet nur für zulässig erachten, sofern dabei keine persönliche Daten übermittelt würden, dann würden Meinungs- und Informationsfreiheit auf Äußerungen ohne datenmäßig geschützten Inhalt beschränkt, außer es läge die Einwilligung des Betroffenen vor. Auch wenn sich Bewertungsportale naturgemäß in einem Spannungsfeld bewegten, in dem der Betroffene bei negativen Bewertungen ein Interesse an dem Ausschluss der Verwendung seiner Daten habe, seien Beschränkungen der grundrechtlich geschützten Meinungs- und Informationsfreiheit nur dann rechtmäßig, wenn sie verhältnismäßig seien (vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 28.8.2000 – 1 BvR 1307/91, NJW 2001, 503). Die Zulässigkeit der Übermittlung der Daten an die abfragenden Nutzer müsse deshalb aufgrund einer Gesamtabwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und dem Informationsinteresse desjenigen, dem die Daten über das Internet übermittelt werden, beurteilt werden.
100(b) Diese Erwägungen des Bundesgerichtshofs zur verfassungskonformen Auslegung von § 29 Abs. 2 Nr. 1 BDSG sind nach Ansicht des Senats auch auf Datenabfragen mittels einer Suchmaschine anwendbar. Auch wenn die Beklagte vorliegend kein Portal betreibt, welches dem Meinungsaustausch dient, sondern vielmehr im Internet Informationen sammelt und auswählt, um sie den Nutzern in Abstimmung mit den von diesen eingegebenen Suchwörtern zur Verfügung zu stellen, ist zu konstatieren, dass ohne die Hilfestellung einer solchen Suchmaschine das Internet aufgrund der nicht mehr überschaubaren Flut von Einzeldaten für den Einzelnen nicht mehr nutzbar wäre. Letztlich ist damit die Nutzung des Internet durch den Einzelnen insgesamt auf die Existenz und Verfügbarkeit von Suchmaschinen angewiesen. Auch wenn die Beklagte also nicht den Meinungsaustausch über ein konkretes Thema im Rahmen eines Portals sicherstellt, muss die Nutzung ihrer Suchmaschine in gleicher Weise Schutz in Form einer verfassungskonformen Auslegung von § 29 Abs. 2 Nr. 1 BDSG genießen. Denn sie dient dem schutzwürdigen Interesse des Einzelnen, sich im Internet durch Eingabe selbst gewählter Suchwörter schnell und umfassend über bestimmte Themen zu informieren und die dazu maßgeblichen Seiten mittels der Ergebnislisten der Beklagten überhaupt bzw. schneller auffinden zu können.
101(c) Die Anwendung dieser Grundsätze führt dazu, dass die Zulässigkeit der Datenübermittlung durch die Beklagte an die Nutzer in Form der Einblendung einer Ergebnisliste nicht daran scheitert, dass die Nutzer im Zeitpunkt der Suchworteingabe kein berechtigtes Interesse an Inhalt ihrer Suche glaubhaft dargelegt haben. Vielmehr kommt es im Rahmen der erforderlichen verfassungskonformen Auslegung darauf an, zu welchem Ergebnis eine Abwägung des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen mit dem Informationsinteresse der Suchmaschinennutzer und dem Interesse des Suchmaschinenbetreibers an einer Übermittlung der Daten führt. Entsprechend den obigen Ausführungen ist vorliegend dem Informationsinteresse der Nutzer der Vorrang vor den persönlichkeitsrechtlichen Interessen der Klägerin einzuräumen.
102(2) Die Beklagte hat die Übermittlung der Daten an die Nutzer auch im Rahmen der Zwecke nach § 29 Abs. 1 BDSG vorgenommen, da dessen Voraussetzungen – Erhebung der personenbezogenen Daten aus allgemein zugänglichen Quellen – wie oben bereits dargelegt gewahrt sind.
103(3) Schließlich stehen auch schutzwürdige Interessen der Klägerin der Übermittlung ihrer Daten durch die Beklagte an die anfragenden Nutzer nicht entgegen. Schutzwürdige Interessen des Betroffenen, die bei der im Rahmen von § 29 Abs. 2 Nr. 2 BDSG vorzunehmenden Abwägung zu berücksichtigen sind, können in der Wahrung seines Persönlichkeitsrechts, aber auch in der Abwehr von wirtschaftlichen Nachteilen liegen, die bei der Veröffentlichung der Daten zu besorgen sind. Bietet die am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ausgerichtete Abwägung keinen Grund zu der Annahme, dass die Übermittlung der in Frage stehenden Daten zu dem damit verfolgten Zweck schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt, ist die Übermittlung zulässig. Die im Streitfall damit vorzunehmende Abwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Klägerin in Form ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, dem wirtschaftlichen Interesse der Beklagten sowie dem von ihrer Tätigkeit ermöglichten bzw. unterstützten Recht auf Informations- und Kommunikationsfreiheit der Nutzer und der Blog-Autoren nach Art. 5 Abs. 1 GG ergibt sowohl im Rahmen des Haupt- als auch des Hilfsantrages kein schutzwürdiges Interesse der Klägerin, das die entgegenstehenden Interessen der Beklagten und der Nutzer überwiegt und damit zum Ausschluss der Übermittlung führen kann. Insofern kann auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden.
104dd. Auch unter Berücksichtigung der europarechtlichen Vorgaben folgt kein anderes Ergebnis aus der vorgenannten Abwägung der kollidierenden Rechtspositionen. Denn auch die Anwendung der Grundsätze, wie sie der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 13.5.2014 (C-131/12) aufgestellt hat, führt nicht dazu, dass den persönlichkeitsrechtlichen Belangen der Klägerin der Vorrang vor dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit einzuräumen ist.
105(1) Wie bereits oben ausgeführt, scheitert die Übertragung der Erwägungen des Europäischen Gerichtshofs aus der Entscheidung vom 13.5.2014 (C-131/12) nicht daran, dass in der dort entschiedenen Fallkonstellation ein Eingriff in das „Privatleben“ geprüft bzw. die Internetsuche ausschließlich mit dem Namen des Betroffenen durchgeführt wurde. Auch hält der Senat es für erwägenswert, der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 13.5.2014 (C-131/12) ein abweichendes Regel-Ausnahmeverhältnis für die Prüfung eines Eingriffs in das im Rahmen der Sozialsphäre des Betroffenen angesiedelte Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu entnehmen. Insofern wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen, wonach bei einem Nachweis von Informationen des Privatlebens des Betroffenen durch eine Suchmaschine die durch Art. 7 und 8 der Grundrechtscharta geschützten Rechte der betroffenen Person grundsätzlich nicht nur gegenüber dem wirtschaftlichen Interesse des Suchmaschinenbetreibers, sondern auch gegenüber dem Interesse der breiten Öffentlichkeit überwiegen und nur in besonders gelagerten Fällen der Ausgleich von der Art der betreffenden Information, von deren Sensibilität für das Privatleben der betroffenen Person und vom Interesse der Öffentlichkeit am Zugang zu der Information abhängt (vgl. EuGH, Urt. v. 13.5.2014 – C-131/12, juris Rn. 81, 97). Der Senat ist allerdings nach Abwägung aller im vorliegenden Fall relevanter Umstände der Ansicht, dass hier ein solcher besonders gelagerter Fall vorliegt, der den Eingriff in das Privatleben der Klägerin jedenfalls im aktuellen Zeitpunkt noch rechtfertigt. Auch insoweit kann auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden.
106(2) Die Klägerin kann sich im Rahmen eines Unterlassungsanspruchs nach § 1004 analog, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 29 BDSG auch nicht mit Erfolg auf die Fristenregelung in § 35 Abs. 2 Nr. 4 BDSG berufen. Dabei mag zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass es sich bei ihrer früheren Stellung als Geschäftsführerin der N Media GmbH um einen „erledigten Sachverhalt“ im Sinne dieser Vorschrift handelt. Denn jedenfalls spricht entscheidend gegen eine Übertragung dieser Fristenregelung bzw. ihres Rechtsgedankens auf den vorliegenden Abwägungsvorgang, dass in § 35 Abs. 2 Nr. 4 BDSG keine Löschungspflicht der speichernden Stelle nach Ablauf der jeweiligen Zeitdauer statuiert wird, sondern lediglich eine Pflicht zur Prüfung der datenschutzrechtlichen Belange, deren Ausgang vom Ergebnis einer Erforderlichkeitsprüfung im Einzelfall abhängt und damit völlig offen ist.
107Die Regelung in § 35 Abs. 2 Nr. 4 BDSG ist auch nicht im Hinblick auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 (C-131/12) dahingehend auszulegen, dass sie bei Betroffenheit von personenbezogenen Daten eine Löschungspflicht nach Ablauf der dort genannten Fristen festlegt. Denn der Europäische Gerichtshof hat in der vorgenannten Entscheidung nicht generell festgelegt, dass im Internet vorhandene personenbezogene Daten des Betroffenen nach Ablauf einer festen Frist vom Suchmaschinenbetreiber nicht mehr nachgewiesen werden dürfen, sondern hat eine Abwägung der jeweiligen Interessen im Einzelfall vorgenommen. Bei dieser Abwägung spielte zwar auch das Zeitmoment von 16 Jahren eine Rolle. Dieses ist jedoch der vorliegenden Zeitspanne von sechs Jahren zum einen nicht vergleichbar und zum anderen stellte der Zeitablauf auch nur einen Gesichtspunkt von mehreren in der Abwägung der gegenseitigen Interessen dar.
1083. Schließlich kann die Klägerin den geltend gemachten Anspruch auch nicht auf § 35 Abs. 1 BDSG stützen. Denn die in dieser Norm enthaltene Pflicht, personenbezogene Daten unter bestimmten Umständen zu löschen, entspricht nicht dem Rechtsschutzziel der Klägerin. Sie macht mit der vorliegenden Klage keine Verpflichtung der Beklagten geltend, eine eventuell vorhandene statische Ergebnisliste in ihrem Speicher zu löschen, sondern will unter Berufung auf das sog. „Recht auf Vergessen“ erreichen, dass die Beklagte bei Eingabe der beanstandeten Suchbegriffe im Rahmen einer Internetsuche den Nutzern bestimmte Ergebnisse nicht mehr anzeigt. Insofern kann ein Löschungsanspruch der Klägerin, der sich lediglich auf die ggf. auf den Servern der Beklagten vorgehaltenen Informationen beziehen kann, dieses Ziel nicht erreichen. Denn da die Tätigkeit der von der Beklagten betriebenen Suchmaschine einen dynamischen Prozess darstellt, bei dem – ausgehend von den durch die Nutzer eingegebenen Suchworten – das Internet aktuell durchsucht und mit den gefundenen Treffern jeweils eine (neue) Ergebnisliste erstellt wird, würde die Beklagte nach Löschung der beanstandeten Treffer von ihren Servern bei einer erneuten Suche diesen Treffer wieder finden und an die Nutzer übermitteln können. Ein solches Verhalten kann lediglich mit einem Unterlassungsanspruch verhindert werden, da die Beklagte dann verpflichtet wäre, dafür zu sorgen, dass der entsprechende Treffer bei einer erneuten Suche künftig nicht mehr auf der Ergebnisliste erscheint.
1094. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf § 97 Abs. 1 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 S. 1 und 2 ZPO. Für die Zulassung der Revision bestand kein Anlass, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Zwar handelt es sich bei der Frage, ob und ggf. in welchem Maße die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 Auswirkungen auf die Maßstäbe hat, die bei einer Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts im Bereich der Sozialsphäre abwägungsrelevant sind, um eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, die sich künftig möglicherweise in einer Vielzahl von Fällen stellen wird. Jedoch ist diese Frage im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich, weil der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch – wie oben ausgeführt – auch dann nicht besteht, wenn man die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 zugunsten der Klägerin in die Abwägung mit einbezieht.
110Streitwert: 50.000 Euro
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger zu 1 (künftig: Kläger) nimmt die Beklagte zu 2 (künftig: Beklagte ) wegen der Verbreitung einer Äußerung, die sich auf der Webseite m….blogspot.com befindet, auf Unterlassung in Anspruch.
- 2
- Der Kläger ist im Immobiliengeschäft tätig. Er war Geschäftsführer einer in Deutschland ansässigen GmbH, die nach Abweisung eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse im Jahr 2003 aufgelöst wurde. Ferner war er Geschäftsführer einer spanischen Bauträgergesellschaft mit Sitz in Palma de Mallorca. Nunmehr ist der Kläger Geschäftsführer einer anderen spanischen Gesellschaft.
- 3
- Die Beklagte, die ihren Sitz im Bundesstaat Kalifornien der Vereinigten Staaten hat, stellt die technische Infrastruktur und den Speicherplatz für die Website www.blogger.com und für die unter www.blogspot.com von Nutzern eingerichteten Weblogs (Blogs), also journal- oder tagebuchartig angelegte Webseiten, zur Verfügung.
- 4
- Ein an dem Rechtsstreit nicht beteiligter Dritter richtete auf der Webseite www.blogspot.com den Blog m...blogspot.com ein. Dort hieß es in einem auf den 2. August 2007 datierten Eintrag unter der Überschrift "Hat Pleitier … F… ein Intelligenzproblem?" unter anderem: "Apropos Banco S…, im Frühjahr 2000 hat das Institut Herrn F…s Firmen … Visakarte auf Veranlassung seines Steuerberaters!!!, … gesperrt und eingezogen. Begründung: F… nützte diese Visa-Karteim Wesentlichen zur Begleichung von Sex-Club Rechnungen und sei allem Anschein nach ‚manchen Situationen nicht gewachsen.‘ Honi soit qui mal y pense!"
- 5
- Der Kläger verlangt von der Beklagten, es zu unterlassen, folgende Be- hauptung zu verbreiten: "F… nützte diese Visa-Karteim Wesentlichen zur Begleichung von Sex-Club Rechnungen", hilfsweise Beseitigung der Äußerung.
- 6
- Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich dieses Unterlassungsbegehrens stattgegeben, allerdings nur bezogen auf die Verbreitung im Bereich der Bundesrepublik Deutschland. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte vollumfängliche Klageabweisung. Hinsichtlich einer Reihe weiterer vom Kläger beanstandeter Äußerungen sowie hinsichtlich der Beklag- ten zu 1 und der Klägerin zu 2 ist die Klage in den Vorinstanzen rechtskräftig abgewiesen worden.
Entscheidungsgründe:
I.
- 7
- Das Berufungsgericht, dessen Urteil in MMR 2010, 490 veröffentlicht ist, hat ausgeführt: Das Landgericht habe die Anwendbarkeit deutschen materiellen Rechts zu Recht und mit zutreffender Begründung aus Art. 40 EGBGB hergelei- tet. Bezüglich der Verbreitung des Satzes "F… nützte diese Visa-Karte im We- sentlichen zur Begleichung von Sex-Club-Rechnungen…" auf der von der Beklagten "gehosteten" Seite bestehe ein Unterlassungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte als Störerin. Die Beklagte habe nicht vorgetragen, dass die in dem Beitrag erwähnte Visa-Karte der Banco S… zur Begleichung einer SexClub -Rechnung verwendet worden sei. Der Kläger habe bestritten, jemals SexClub -Rechnungen mit Visa-Karte beglichen zu haben, und vorgetragen, dass die Banco S… der Firma C… niemals eine Kreditkarte ausgestellt habe. Diese Aussage sei hinreichend bestimmt. Der Kläger bringe damit zum Ausdruck, dass es keine Anhaltspunkte für die verbreitete Behauptung gebe, sondern dass es sich um eine freie Erfindung handele. Weitere Ausführungen zu einem nicht geschehenen Ereignis könne eine Partei naturgemäß nicht machen. Diese Erklärung des Klägers habe die Beklagte veranlassen müssen, in eine Prüfung einzutreten, ob die unzweifelhaft ehrenrührige Behauptung zutreffe, und, sofern dies nicht zu klären gewesen sei, den Betreiber zur Löschung der Passage zu veranlassen. Da die Beklagte abgesehen von der Weiterleitung der Beanstandung nichts unternommen habe, um den Verfasser zur Löschung zu veranlassen , und da sie auch weder dargetan noch bewiesen habe, dass die Tatsa- chenbehauptung zutreffend gewesen sei, sei sie insoweit ihrer Pflicht als technische Verbreiterin nicht nachgekommen. Dass ihr ein Handeln nicht zumutbar oder möglich gewesen wäre, habe sie selbst nicht behauptet. Daher bestehe insoweit ein Unterlassungsanspruch des Klägers.
II.
- 8
- Über die Revision der Beklagten ist, da der Kläger trotz ordnungsgemäßer Ladung im Termin nicht vertreten war, durch Versäumnisurteil zu entscheiden , das aber inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer sachlichen Prüfung des Antrags beruht (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81).
- 9
- Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 10
- 1. Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte angenommen, die in jedem Verfahrensabschnitt , auch im Revisionsverfahren, von Amts wegen zu prüfen ist (Senatsurteile vom 29. März 2011 - VI ZR 111/10, VersR 2011, 900 Rn. 6; vom 29. Juni 2010 - VI ZR 122/09, VersR 2011, 137 Rn. 10; BGH, Urteile vom 28. November 2002 - III ZR 102/02, BGHZ 153, 82, 84 ff.; vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 16 - Internet-Versteigerung II).
- 11
- Zur Entscheidung über Klagen wegen Persönlichkeitsbeeinträchtigungen durch im Internet abrufbare Veröffentlichungen sind die deutschen Gerichte nach § 32 ZPO international zuständig, wenn die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland in dem Sinne aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen nach den Um- ständen des konkreten Falls im Inland tatsächlich eingetreten sein kann oder eintreten kann. Dies ist dann anzunehmen, wenn eine Kenntnisnahme der beanstandeten Meldung nach den Umständen des konkreten Falls im Inland erheblich näher liegt als es aufgrund der bloßen Abrufbarkeit des Angebots der Fall wäre und die vom Kläger behauptete Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts durch eine Kenntnisnahme von der Meldung (auch) im Inland eintreten würde (Senatsurteile vom 29. März 2011 - VI ZR 111/10, aaO Rn. 8 ff.; vom 2. März 2010 - VI ZR 23/09, BGHZ 184, 313 Rn. 16 ff.). Nach diesen Kriterien bestimmt sich der für die internationale Zuständigkeit maßgebliche Erfolgsort auch dann, wenn gegen den Hostprovider als Störer geklagt wird, ungeachtet der eventuell strengeren Voraussetzungen für dessen Haftung (dazu nachfolgend
).
- 12
- Danach ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben. Der Kläger hat im Streitfall spätestens zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung einen deutlichen Inlandsbezug des beanstandeten Blogs schlüssig vorgetragen. Maßgebend ist der Inlandsbezug der behaupteten Verletzung von Persönlichkeitsrechten des Klägers. Insoweit ist auf den Inhalt des beanstandeten Blogs abzustellen. Dieser richtet sich vorrangig an auf Mallorca und in Deutschland ansässige Personen, die - etwa als "Residenten" oder "Immobilienbesitzer" - einen Bezug zu Mallorca und Interesse an den in der BlogÜberschrift angekündigten "Insiderinfos" und "Fakten" haben. Der Blogeintrag vom 2. August 2007, der die angegriffene Äußerung enthält, ist in deutscher Sprache abgefasst und der Kläger ist unter Angabe seines Wohnorts in Deutschland mit vollem Namen genannt. In dem Blogeintrag wird auch die angeblich fortdauernde Geschäftstätigkeit des Klägers in Deutschland angesprochen.
- 13
- 2. Das Berufungsgericht geht zu Recht von der Anwendbarkeit deutschen materiellen Rechts aus. Die richtige Anwendung des deutschen Internationalen Privatrechts ist in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen (vgl. Senatsurteil vom 15. Juli 2008 - VI ZR 105/07, BGHZ 177, 237 Rn. 8 mwN; BGH, Urteil vom 2. Oktober 1997 - I ZR 88/95, BGHZ 136, 380, 386; Zöller/ Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 293 Rn. 9 ff.).
- 14
- a) Das anwendbare Recht bestimmt sich nach den Art. 40 ff. EGBGB. Denn außervertragliche Schuldverhältnisse aus der Verletzung der Persönlichkeitsrechte sind nach Art. 1 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II-VO) vom Anwendungsbereich der Rom II-VO ausgenommen (vgl. dazu MünchKomm BGB/Junker, 5. Aufl., Art. 1 Rom II-VO Rn. 43). Auch § 3 TMG, dessen kollisionsrechtlicher Charakter streitig ist (vgl. Senat, Vorabentscheidungsersuchen vom 10. November 2009 - VI ZR 217/08, VersR 2010, 226 Rn. 31 ff. mwN), greift nicht ein. Denn die Beklagte hat ihren Sitz nicht in dem Geltungsbereich der Richtlinien 2000/31/EG und 89/552/EWG, sondern in den Vereinigten Staaten (vgl. MünchKommBGB/Martiny, 5. Aufl., Art. 9 Rom I-VO Anh. III. Rn. 71).
- 15
- b) Maßgebend ist Art. 40 EGBGB, dem auch der Persönlichkeitsschutz einschließlich sich daraus herleitender Unterlassungsansprüche unterfällt (vgl. MünchKommBGB/Junker, 5. Aufl., Art. 40 EGBGB Rn. 85, und die Begründung des zugrunde liegenden Gesetzentwurfs BT-Drucks. 14/343, S. 10). Im Streitfall ergibt sich die Anwendbarkeit deutschen Rechts jedenfalls daraus, dass der Kläger sein Bestimmungsrecht zugunsten deutschen Rechts gemäß Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB in der Klageschrift ausgeübt hat.
- 16
- aa) Dem Kläger stand ein Bestimmungsrecht nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB zu. Nach den von den Parteien nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsurteil Bezug nimmt, liegt der nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB maßgebliche Erfolgsort in Deutschland. Der Kläger, der in Deutschland wohnt und Geschäfte betreibt, ist hier in seinem Persönlichkeitsrecht betroffen; hier kollidiert sein Interesse an der Unterlassung der ehrverletzenden Veröffentlichung mit dem Interesse des Bloggers daran, ein deutsches Publikum über die behaupteten Machenschaften des Klägers zu informieren. Daran ist auch im Fall der Klage gegen den Hostprovider anzuknüpfen.
- 17
- bb) Den nicht angegriffenen Feststellungen der Vorinstanzen ist auch eine Ausübung des Bestimmungsrechts durch den Kläger zu entnehmen. Im Streitfall hat der Kläger sich in der Klageschrift vom 8. Juli 2008 auf deutsche Rechtsnormen berufen und auch auf den vorgerichtlichen Schriftwechsel verwiesen. Dazu gehört das Anwaltsschreiben vom 8. Februar 2008 (Anlage K6 zur Klageschrift vom 8. Juli 2008), auf das im Tatbestand des Berufungsurteils Bezug genommen wird. In dem Schreiben bezieht sich der Kläger auf deutsches Recht und widerspricht der E-Mail der Beklagten zu 1 vom 7. Februar 2008, in der sie für die Beklagte zu 2 die Auffassung vertreten hat, nur Recht der Vereinigten Staaten sei anwendbar. Danach hat der Kläger bereits mit der Klageschrift klar zum Ausdruck gebracht, dass deutsches Recht zur Anwendung kommen soll.
- 18
- 3. Auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen kann nach deutschem Recht (§ 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 BGB, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG) ein Unterlassungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte nicht bejaht werden.
- 19
- a) Allerdings ist die Beklagte nicht bereits nach § 10 Satz 1 TMG von der Verantwortlichkeit für den Inhalt der von ihr betriebenen Website befreit. Sie hält zwar als Diensteanbieter nach § 2 Satz 1 Nr. 1 Halbs. 1 TMG Telemedien im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 TMG zur Nutzung bereit. Sie unterhält die Website www.blogger.com und speichert die unter www.blogspot.com eingerichteten Blogs, journal- oder tagebuchartige Webseiten mit chronologisch sortierten Beiträgen des "Bloggers" (vgl. Heckmann in jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl., Kap. 1.7 Rn. 34), zum Zwecke des Abrufs. Die Beklagte fungiert damit als Hostprovider (vgl. Art. 14 - "Hosting" - der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs , im Binnenmarkt). Die Haftungsbeschränkung des § 10 Satz 1 TMG gilt aber nicht für Unterlassungsansprüche (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 27. März 2007 - VI ZR 101/06, VersR 2007, 1004 Rn. 7 - Meinungsforum; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, VersR 2009, 1417 Rn. 17 - Domainverpächter ; BGH, Urteile vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 19 - Internet-Versteigerung II; vom 22. Juli 2010 - I ZR 139/08, GRUR 2011, 152 Rn. 26 - Kinderhochstühle im Internet). Wie sich aus § 7 Abs. 2 Satz 2 TMG und dem Gesamtzusammenhang der gesetzlichen Regelung ergibt, betrifft § 10 TMG lediglich die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die Schadensersatzhaftung (vgl. Senatsurteil vom 27. März 2007 - VI ZR 101/06, aaO; BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 245 ff. - InternetVersteigerung I, zur Vorgängerregelung des § 11 Teledienstegesetz).
- 20
- b) Die Beklagte trifft aber hinsichtlich des vom Kläger beanstandeten Eintrags nur eine eingeschränkte Verantwortlichkeit, weil sie ihn weder verfasst noch sich seinen Inhalt zu Eigen gemacht hat. Sie kann lediglich als Störerin in Anspruch genommen werden, weil sie die technischen Möglichkeiten des Blogs zur Verfügung gestellt hat.
- 21
- aa) Als Störer ist verpflichtet, wer, ohne Täter oder Teilnehmer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Beeinträchtigung des Rechtsguts beiträgt (vgl. Senatsurteil vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, aaO Rn. 13 f. - Domainverpächter; BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 - Internet-Versteigerung I; Urteil vom 22. Juli 2010 - I ZR 139/08, aaO Rn. 45 - Kinderhochstühle im Internet; Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, Rn. 20 - Stiftparfüm ). Indem die Beklagte die Website www.blogspot.com betreibt, dabei den Speicherplatz für die von den Nutzern eingerichteten Webseiten bereitstellt und den Abruf dieser Webseiten über das Internet ermöglicht, trägt sie willentlich und adäquat kausal zur Verbreitung von Äußerungen bei, die das allgemeine Persönlichkeitsrecht Dritter beeinträchtigen.
- 22
- bb) Die Störerhaftung darf jedoch nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, welche die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben. Sie setzt die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfungspflichten voraus; deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat, eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. Senatsurteil vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, aaO Rn. 18 - Domainverpächter; BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 - Internet-Versteigerung I; vom 30. April 2008 - I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Rn. 50 - Internet-Versteigerung III; Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, aaO Rn. 20 - Stiftparfüm, jeweils mwN).
- 23
- c) Unter Berücksichtigung der widerstreitenden Interessen gelten für die Inanspruchnahme des Hostproviders unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung für das Persönlichkeitsrecht verletzende Blogs die folgenden Maßstäbe.
- 24
- aa) Ein Hostprovider ist nicht verpflichtet, die von den Nutzern in das Netz gestellten Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Er ist aber verantwortlich, sobald er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Weist ein Betroffener den Hostprovider auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch den Nutzer eines Blogs hin, kann der Hostprovider als Störer verpflichtet sein, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 252 - Internet-Versteigerung I; Urteil vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 - Internet-Versteigerung II; Urteil vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 43 - Jugendgefährdende Medien bei eBay; Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, aaO Rn. 26 - Stiftparfüm). Diese Erwägungen stehen im Einklang mit den Maßstäben, die der Gerichtshof der Europäischen Union und der Bundesgerichtshof hinsichtlich der Verantwortlichkeit von Betreibern eines Internet-Marktplatzes für Markenrechtsverletzungen aufgestellt haben (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - C-324/09, EuZW 2011, 754 - L’Oreal/eBay; BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, aaO Rn. 22 ff. - Stiftparfüm).
- 25
- bb) Allerdings wird sich bei der behaupteten Verletzung von Persönlichkeitsrechten eine Rechtsverletzung nicht stets ohne weiteres feststellen lassen. Sie erfordert eine Abwägung zwischen dem Recht des Betroffenen auf Schutz seiner Persönlichkeit sowie Achtung seines Privatlebens aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK und dem durch Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK geschützten Recht des Providers auf Meinungs- und Medienfreiheit. Ist der Provider mit der Beanstandung eines Betroffenen konfrontiert, die richtig oder falsch sein kann, ist eine Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den Blog Verantwortlichen erforderlich. Hiernach ergeben sich für den Provider regelmäßig folgende Pflichten:
- 26
- Ein Tätigwerden des Hostproviders ist nur veranlasst, wenn der Hinweis so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptungen des Betroffenen unschwer - das heißt ohne eingehende rechtliche und tatsächliche Überprüfung - bejaht werden kann. Dabei hängt das Ausmaß des insoweit vom Provider zu verlangenden Prüfungsaufwandes von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere vom Gewicht der angezeigten Rechtsverletzungen auf der einen und den Erkenntnismöglichkeiten des Providers auf der anderen Seite.
- 27
- Regelmäßig ist zunächst die Beanstandung des Betroffenen an den für den Blog Verantwortlichen zur Stellungnahme weiterzuleiten. Bleibt eine Stellungnahme innerhalb einer nach den Umständen angemessenen Frist aus, ist von der Berechtigung der Beanstandung auszugehen und der beanstandete Eintrag zu löschen. Stellt der für den Blog Verantwortliche die Berechtigung der Beanstandung substantiiert in Abrede und ergeben sich deshalb berechtigte Zweifel, ist der Provider grundsätzlich gehalten, dem Betroffenen dies mitzuteilen und gegebenenfalls Nachweise zu verlangen, aus denen sich die behauptete Rechtsverletzung ergibt. Bleibt eine Stellungnahme des Betroffenen aus oder legt er gegebenenfalls erforderliche Nachweise nicht vor, ist eine weitere Prüfung nicht veranlasst. Ergibt sich aus der Stellungnahme des Betroffenen oder den vorgelegten Belegen auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Äußerung des für den Blog Verantwortlichen eine rechtswidrige Verletzung des Persönlichkeitsrechts , ist der beanstandete Eintrag zu löschen.
- 28
- d) Danach kann ein Unterlassungsanspruch des Klägers derzeit nicht bejaht werden.
- 29
- Nicht zu beanstanden ist die Auffassung des Berufungsgerichts, der Kläger habe hinreichend deutlich gemacht, dass es sich bei der beanstandeten Mitteilung betreffend die Verwendung der Visakarte um eine freie Erfindung handelte, so dass die Beklagte in eine Prüfung habe eintreten müssen.
- 30
- Dies hat die Beklagte indes zunächst getan, indem sie über die Beklagte zu 1 in einen Schriftwechsel eintrat. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts widersprach der Kläger dem Angebot der Beklagten zu 1 vom 7. Februar 2008, die Abmahnung des Klägers an den Blogger weiterzuleiten, unter dem 8. Februar 2008 und erteilte der Klägervertreter erst nach Klageerhebung durch Schreiben vom 11. Dezember 2008 gegenüber den Beklagten die Erlaubnis zur Weiterleitung an den Blogger, was die Beklagte unverzüglich veranlasste. Hinsichtlich des weiteren Verlaufs stellt das Berufungsgericht lediglich fest, dass die Seiten weiterhin abrufbar blieben.
- 31
- Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass die Parteien weiter hätten vortragen können und vorgetragen hätten, wenn sie die oben dargestellten Maßstäbe zu dem der Beklagten obliegenden Prüfungsvorgang in den Blick genommen hätten. Hierzu ist ihnen nunmehr rechtliches Gehör zu gewähren.
III.
- 32
- Die Sache ist demnach an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieses - eventuell nach ergänzendem Tatsachenvortrag der Parteien - die noch notwendigen Feststellungen treffen kann. Gegebenenfalls wird auch die Frage einer bestehenden Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr zu prüfen sein (vgl. dazu BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, aaO Rn. 37 ff. - Stiftparfüm). Für den Fall, dass das Berufungsgericht erneut zu einer Verurteilung der Beklagten gelangt, wird es die Ausführungen der Revision zur Fassung des Unterlassungsausspruchs in Erwägung ziehen müssen.
Diederichsen Stöhr
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 22.05.2009 - 325 O 145/08 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 02.03.2010 - 7 U 70/09 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin zu 1, eine Aktiengesellschaft, die im Internet über ein "Network -Marketing-System" Nahrungsergänzungsmittel und Kosmetika vertreibt, sowie der Kläger zu 2, ihr Gründer und Vorstandsvorsitzender, machen gegen die Beklagte mit Sitz in den USA, die unter der Internetadresse "www.google.de" eine Internet-Suchmaschine betreibt, Unterlassungs- und Geldentschädigungsansprüche geltend. Durch Eingabe von Suchbegriffen in die Suchmaschine der Beklagten können Nutzer über eine angezeigte Trefferliste auf von Dritten ins Internet eingestellte Inhalte Zugriff nehmen. Seit April 2009 hat die Beklagte eine "Autocomplete"-Funktion in ihre Suchmaschine inte- griert, mit deren Hilfe dem Internetnutzer während der Eingabe seiner Suchbegriffe variierend mit der Reihenfolge der eingegebenen Buchstaben in einem sich daraufhin öffnenden Fenster automatisch verschiedene Suchvorschläge ("predictions") in Form von Wortkombinationen angezeigt werden. Die im Rahmen dieser Suchergänzungsfunktion angezeigten Suchvorschläge werden auf der Basis eines Algorithmus ermittelt, der u.a. die Anzahl der von anderen Nutzern eingegebenen Suchanfragen einbezieht.
- 2
- Der Kläger zu 2 stellte im Mai 2010 fest, dass bei Eingabe seines Namens R.S. in dem sich im Rahmen der "Autocomplete"-Funktion öffnenden Fenster als Suchvorschläge die Wortkombinationen "R.S. (voller Name) Scientology" und "R.S. (voller Name) Betrug" erschienen. Dadurch sehen sich die Kläger in ihrem Persönlichkeitsrecht und geschäftlichen Ansehen verletzt. Sie haben u.a. behauptet, der Kläger stehe weder in irgendeinem Zusammenhang mit Scientology noch sei ihm ein Betrug vorzuwerfen noch ein entsprechendes Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet worden. In keinem einzigen Suchergebnis sei eine Verbindung zwischen dem Kläger und "Scientology" bzw. "Betrug" ersichtlich.
- 3
- Die Kläger haben zunächst im Beschlusswege eine einstweilige Verfügung vom 12. Mai 2010 erwirkt, durch die der Beklagten untersagt wurde, auf der Internetseite ihrer Suchmaschine nach Eingabe des Namens des Klägers zu 2 als Suchbegriff im Rahmen der "Autocomplete"-Funktion die ergänzenden Kombinationsbegriffe "Scientology" und "Betrug" vorzuschlagen. Nach der Zustellung der Beschlussverfügung an die damalige administrative Ansprechpartnerin der Beklagten in Deutschland am 27. Mai 2010 erschienen die beanstandeten Ergänzungsvorschläge nicht mehr. Die Beklagte hat eine Abschlusserklärung verweigert. Im vorliegenden Hauptsacheverfahren verlangen die Kläger über das bereits im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes geltend gemachte Unterlassungsbegehren hinaus Ersatz vorprozessualer Rechtsverfolgungskosten und der Kläger zu 2 zusätzlich die Zahlung einer Geldentschädigung. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Kläger hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 4
- Das Berufungsgericht (Urteil veröffentlicht u.a. in GRUR-RR 2012, 486 und ZUM 2012, 987 m. Anm. Seitz) hat sowohl die internationale Zuständigkeit als auch die Anwendbarkeit deutschen Rechts bejaht. Es hat jedoch die Klage nicht als begründet erachtet, weil den automatisierten Suchergänzungsvorschlägen in der Suchmaschine der Beklagten bei Eingabe des Namens des Klägers zu 2 kein eigener Aussagegehalt beizumessen sei. Die angezeigten Suchergänzungsbegriffe "R.S. Scientology" und "R.S. Betrug" enthielten keine (eigene) Aussage der Beklagten mit dem Inhalt, dass R.S. Mitglied bei Scientology sei oder dieser Sekte zumindest positiv gegenüberstehe oder Täter oder Teilnehmer eines Betruges sei. Es begegne bereits Zweifeln, ob den Begriffskombinationen überhaupt eine solche Konnotation bzw. ein insofern aus sich heraus verständlicher Sinngehalt beigemessen werden könne. Letztlich könne dies indessen offenbleiben, da es nach dem Erfahrungshorizont der Nutzer der Suchmaschine der Beklagten fernliege, die streitgegenständlichen Ergänzungssuchbegriffe als Äußerungen zu verstehen, mit denen inhaltliche Bezüge zwischen dem eingegebenen Suchbegriff und den dazu angezeigten Ergänzungsvorschlägen durch die Beklagte hergestellt würden. Eine hiervon abweichende Würdigung ergebe sich weder aus den von den Klägern vorgebrachten Manipu- lationsversuchen noch aus Presseberichterstattungen über ähnliche Vorgänge noch aus den Ergebnissen der von den Klägern zur Akte gereichten Verkehrsbefragung. Ein Anlass für die von den Klägern beantragte Einholung eines demoskopischen Sachverständigengutachtens bestehe nicht, da die Mitglieder des erkennenden Senats zu dem angesprochenen Adressatenkreis, nämlich dem unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittsrezipienten der streitgegenständlichen Ergänzungssuchbegriffe, gehörten. Aus Sicht eines solchen Durchschnittsrezipienten lasse sich der Anzeige der Ergänzungssuchbegriffe lediglich die eigene Aussage der Suchmaschine der Beklagten entnehmen , dass andere vorherige Nutzer die gewählten Begriffskombinationen zur Recherche eingegeben hätten oder dass sich die Ergänzungssuchbegriffe in verlinkten Drittinhalten jeweils als solche auffinden ließen. Diese Aussage sei wahr und daher von den Klägern hinzunehmen.
II.
- 5
- Das Berufungsurteil hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
- 6
- 1. Das Berufungsgericht hat allerdings mit Recht die Klage für zulässig erachtet.
- 7
- a) Zutreffend hat das Berufungsgericht die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte in entsprechender Anwendung des § 32 ZPO bejaht. Zwar genügt es nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Begründung der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte im Rahmen des § 32 ZPO nicht, dass der Kläger den Mittelpunkt seiner Interessen im Inland hat; erforderlich ist vielmehr, dass die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland in dem Sinne aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen - Interesse des Klägers an der Achtung seines Persönlichkeitsrechts einerseits, Interesse des Beklagten an der Gestaltung seines Internetauftritts andererseits - nach den Umständen des konkreten Falles, insbesondere aufgrund des Inhalts der konkreten Meldung , im Inland tatsächlich eingetreten ist oder eintreten kann (vgl. Senatsurteile vom 29. März 2011 - VI ZR 111/10, NJW 2011, 2059 und vom 2. März 2010 - VI ZR 23/09, BGHZ 184, 313). Diese Voraussetzungen sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im Streitfall gegeben, da eine Kenntnisnahme der beanstandeten Suchergänzungsvorschläge im Inland erheblich näher liegt als es aufgrund der bloßen Abrufbarkeit der Meldung der Fall wäre und die von den Klägern geltend gemachte Beeinträchtigung ihres Persönlichkeitsrechts durch Kenntnisnahme der Suchergänzungsvorschläge auch im Inland eintreten würde. Im Übrigen ergibt sich die Zuständigkeit entsprechend § 39 ZPO auch aufgrund rügeloser Einlassung (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 1987 - II ZR 280/86, BGHZ 101, 296, 301).
- 8
- b) Das Berufungsgericht hat den - auch die alternative Verwendung der streitgegenständlichen Ergänzungsbegriffe umfassenden - Unterlassungsantrag für hinreichend bestimmt angesehen im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Das nimmt die Revision als ihr günstig hin und begegnet auch keinen rechtlichen Bedenken.
- 9
- 2. Die Begründetheit der Klage kann jedoch - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen nicht verneint werden.
- 10
- a) Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler deutsches Recht angewandt. Nach Art. 40 Abs. 1 Satz 1 EGBGB unterliegen Ansprüche aus uner- laubter Handlung grundsätzlich dem Recht des Staates, in dem der Ersatzpflichtige gehandelt hat. Der Verletzte kann jedoch nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 und 3 EGBGB im ersten Rechtszug bis zum Ende des frühen ersten Termins oder dem Ende des schriftlichen Vorverfahrens verlangen, dass anstelle dieses Rechts das Recht des Staates angewandt wird, in dem der Erfolg eingetreten ist. Von dieser Möglichkeit haben die Kläger im Streitfall Gebrauch gemacht. Der nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB maßgebliche Erfolgsort liegt in Deutschland. Hier wird die Achtung des in Deutschland wohnhaften Klägers zu 2 bzw. der Klägerin zu 1 mit Sitz in Deutschland gestört bzw. gefährdet (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, VersR 2012, 994 Rn. 31 - auch zur Nichtanwendbarkeit der Rom II-Verordnung (Rn. 22) und zu § 3 TMG als sachlichrechtliches Beschränkungsverbot (Rn. 30)).
- 11
- b) Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch der Kläger entsprechend §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB i.V.m. Artt. 1, 2 GG gegen die Beklagte als Betreiberin der Internet-Suchmaschine rechtsfehlerhaft verneint.
- 12
- aa) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts beinhalten die Suchwortergänzungsvorschläge "Scientology" und "Betrug" bei Eingabe des Vor- und Zunamens des Klägers zu 2 in die Internet-Suchmaschine der Beklagten eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Kläger, da ihnen ein verletzender Aussagegehalt innewohnt.
- 13
- (1) Der mit dem Begriff "Scientology" in Verbindung mit dem Namen einer real existierenden Person zum Ausdruck gebrachte Sinngehalt lässt sich - wie schon das Berufungsgericht in Betracht gezogen hat - hinreichend dahin spezifizieren, dass zwischen dieser Sekte, zu der im Verkehr nicht zuletzt durch eine vorangegangene Medienberichterstattung konkrete Vorstellungen existieren , und der namentlich erwähnten Person eine Verbindung besteht. Diese Verbindung ist geeignet, eine aus sich heraus aussagekräftige Vorstellung hervorzurufen.
- 14
- (2) Dem Berufungsgericht kann nicht gefolgt werden, soweit es dem Begriff des Betrugs eine inhaltliche Aussagekraft mit der Begründung absprechen will, dass mit diesem Begriff ein vielfältiges, unspezifisches Bedeutungsspektrum verbunden sei. Maßgeblich für die Deutung einer Äußerung ist die Ermittlung ihres objektiven Sinns aus Sicht eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums (vgl. BVerfGE 93, 266, 295). Zwar mag es zutreffen, dass von einem durchschnittlichen Internetnutzer unter "Betrug" nicht die Verwirklichung eines rechtlich präzise bestimmten Straftatbestandes verstanden werden muss. Jedoch verbindet der Durchschnittsleser mit der Verwendung diesesBegriffes zumindest ein sittlich vorwerfbares Übervorteilen eines anderen und verleiht ihm damit einen hinreichend konkreten Aussagegehalt (vgl. BVerfG, NJW 2012, 1643 Rn. 42).
- 15
- (3) Das Berufungsgericht hat den von der Suchmaschine der Beklagten angezeigten Ergänzungssuchvorschlägen lediglich die Aussage entnommen, dass andere vorherige Nutzer die gewählten Begriffskombinationen zur Recherche eingegeben haben oder dass sich die Ergänzungssuchbegriffe in verlinkten Drittinhalten auffinden lassen (vgl. auch Härting K & R 2012, 633; Heckmann AnwZert ITR 18/2012 Anm. 1; Brosch AnwZert ITR 20/2012 Anm. 2; a.A. Weltig MMR 2011 Nr. 12 V f.; Seitz ZUM 2012, 994, 995 f.; s. auch Meyer K & R 2013, 221, 225 f. mwN auch zur Rechtsprechung ausländischer Gerichte ). Dem vermag der Senat nicht beizutreten.
- 16
- Der mittels der Suchmaschine der Beklagten nach Informationen forschende Internetnutzer erwartet von den ihm nach der Eingabe des Suchbegriffs angezeigten ergänzenden Suchvorschlägen durchaus einen inhaltlichen Bezug zu dem von ihm verwandten Suchbegriff, hält ihn jedenfalls für möglich. Aus dem "Ozean von Daten" werden dem suchenden Internetnutzer von der Suchmaschine der Beklagten nicht x-beliebige ergänzende Suchvorschläge präsentiert, die nur zufällig "Treffer" liefern. Die Suchmaschine ist, um für Internetnutzer möglichst attraktiv zu sein - und damit den gewerblichen Kunden der Beklagten ein möglichst großes Publikum zu eröffnen - auf inhaltlich weiterführende ergänzende Suchvorschläge angelegt. Das algorithmusgesteuerte Suchprogramm bezieht die schon gestellten Suchanfragen ein und präsentiert dem Internetnutzer als Ergänzungsvorschläge die Wortkombinationen, die zu dem fraglichen Suchbegriff am häufigsten eingegeben worden waren. Das geschieht in der - in der Praxis oft bestätigten - Erwartung, dass die mit dem Suchbegriff bereits verwandten Wortkombinationen - je häufiger desto eher - dem aktuell suchenden Internetnutzer hilfreich sein können, weil die zum Suchbegriff ergänzend angezeigten Wortkombinationen inhaltliche Bezüge widerspiegeln. Diese Erwartung hat das Berufungsgericht bei der Bestimmung des Aussagegehalts der von der Suchmaschine der Beklagten angezeigten Ergänzungssuchvorschläge nicht berücksichtigt. Sie führt im Streitfall dazu, dass den bei Eingabe von Vor- und Zuname des Klägers zu 2 "automatisch" angezeigten Ergänzungssuchvorschlägen "r. s. scientology" und "r. s. betrug" die Aussage zu entnehmen ist, zwischen dem Kläger zu 2 und den - negativ konnotierten - Begriffen "Scientology" und/oder "Betrug" bestehe ein sachlicher Zusammenhang.
- 17
- bb) Diese Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Kläger ist der Beklagten auch unmittelbar zuzurechnen. Sie hat mit dem von ihr geschaffenen Computerprogramm das Nutzerverhalten ausgewertet und den Benutzern der Suchmaschine die entsprechenden Vorschläge unterbreitet. Die Verknüpfungen der Begriffe werden von der Suchmaschine der Beklagten und nicht von einem Dritten hergestellt. Sie werden von der Beklagten im Netz zum Abruf bereitgehalten und stammen deshalb unmittelbar von ihr.
- 18
- c) Daraus folgt allerdings noch nicht, dass die Beklagte für jede Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung durch Suchvorschläge haftet.
- 19
- aa) Zwar ist die Beklagte nicht bereits nach § 10 Telemediengesetz (künftig: TMG) von der Verantwortlichkeit für den Inhalt der von ihr betriebenen Website befreit.
- 20
- Das Berufungsgericht hat die Beklagte zutreffend als Diensteanbieter (§ 2 Satz 1 Nr. 1 TMG) qualifiziert, der eigene Informationen zur Nutzung bereit hält und deshalb gemäß § 7 Abs. 1 TMG nach den allgemeinen Gesetzen - mithin auch nach §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB - verantwortlich ist (vgl. Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328 Rn. 13 f. s. auch Heckmann , aaO; a.A. Brosch, aaO). Die Kläger nehmen die Beklagte nicht wegen der Durchleitung, Zwischenspeicherung oder Speicherung fremder Informationen , sondern wegen einer eigenen Information in Anspruch, konkret wegen der als Ergebnisse ihres Autocomplete-Hilfsprogramms dem Nutzer ihrer InternetSuchmaschine angezeigten Suchwortergänzungsvorschläge. Es geht mithin um einen von der Suchmaschine der Beklagten angebotenen "eigenen" Inhalt und nicht um das Zugänglichmachen und/oder Präsentieren von Fremdinhalten, für die der Diensteanbieter gemäß §§ 8 bis 10 TMG nur eingeschränkt verantwortlich ist.
- 21
- bb) Es bedarf aber wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts einer Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind (vgl. Se- natsurteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, VersR 2004, 522, 523; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06, VersR 2008, 695 Rn. 13 und - VI ZR 7/07, VersR 2008, 793 Rn. 12; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07, VersR 2009, 555 Rn. 17; vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08, VersR 2009, 1545 Rn. 16; vom 20. April 2010 - VI ZR 245/08, NJW 2010, 2728 Rn. 12; BVerfGE 114, 339, 348 mwN; 120, 180, 200 f.; BVerfG, NJW 2009, 3357 Rn. 17; AfP 2009, 480 Rn. 61). Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteile vom 21. Juni 2005 - VI ZR 122/04, VersR 2005, 1403, 1404; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, VersR 2010, 220 Rn. 20 ff. mwN; vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08, BGHZ 183, 353 Rn. 11 - Onlinearchiv I; vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08, VersR 2010, 673 Rn. 14 - Onlinearchiv II und vom 20. April 2010 - VI ZR 245/08, aaO).
- 22
- cc) Danach sind das Interesse der Kläger am Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte einerseits und die durch Artt. 2, 5 Abs. 1 und 14 GG geschützten Interessen der Beklagten auf Meinungs- und wirtschaftliche Handlungsfreiheit andererseits abzuwägen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte die Suchmaschinenfunktion zwar in ihrem eigenen geschäftlichen Interesse in der beschriebenen Weise betreibt, um Nutzer wegen der Effektivität der Suche an sich zu binden. Doch ziehen die Nutzer ihrerseits daraus den Vorteil einer begriffsorientierten Suche nach Daten und Informationen. Auch die Kläger wenden sich nicht dagegen, dass mittels der Suchmaschine persönliche Daten, wie der Name des Klägers zu 2 und sein Bezug zur Klägerin zu 1, aufgefunden werden können. Auf Seiten der Kläger ist für die Abwägung entscheidend, dass die verknüpften Begriffe einen unwahren Aussagegehalt haben, weil der Kläger zu 2 - wovon nach dem Vortrag der Kläger revisionsrechtlich auszugehen ist - weder in Verbindung mit einem Betrug gebracht werden kann noch Scientology angehört oder auch nur nahe steht. Äußerungen von unwahren Tatsachen müssen nicht hingenommen werden (vgl. Senatsurteile vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, VersR 2012, 994 Rn. 37; vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, VersR 2013, 63, Rn. 12, jeweils mwN; BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 62 mwN; NJW 2012, 1500 Rn. 39).
- 23
- d) Ist mithin nach den vorstehenden Grundsätzen davon auszugehen, dass die beanstandeten Suchwortergänzungsvorschläge das Persönlichkeitsrecht der Kläger verletzen, kann eine Haftung der Beklagten als Störerin nicht von vornherein verneint werden.
- 24
- aa) Als Störer im Sinne von § 1004 BGB ist - ohne Rücksicht darauf, ob ihn ein Verschulden trifft - jeder anzusehen, der die Störung herbeigeführt hat oder dessen Verhalten eine Beeinträchtigung befürchten lässt. Sind bei einer Beeinträchtigung mehrere Personen beteiligt, so kommt es für die Frage, ob ein Unterlassungsanspruch gegeben ist, grundsätzlich nicht auf Art und Umfang des Tatbeitrags oder auf das Interesse des einzelnen Beteiligten an der Verwirklichung der Störung an. Im Allgemeinen ist ohne Belang, ob er sonst nach der Art seines Tatbeitrags als Täter oder Gehilfe anzusehen wäre (vgl. Senat, Urteile vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/72, NJW 1976, 799, 800; vom 27. Mai 1986 - VI ZR 169/85, VersR 1986, 1075, 1076; vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, VersR 2004, 522, 524). Als (Mit-)Störer kann auch jeder haften, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte. Dem negatorischen Unterlassungsbegehren steht nicht entgegen, dass dem in Anspruch Genommenen die Kenntnis der die Tatbestandsmäßigkeit und die Rechtswidrigkeit begründenden Umstände fehlt. Ebenso ist Verschulden nicht erforderlich (vgl. Senatsurteile vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, VersR 2009, 1417 Rn. 13, vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, aaO mwN; BGH, Urteil vom 17. Dezember 2010 - V ZR 44/10, NJW 2011, 753 Rn. 9 ff.; Diederichsen, FS Müller, 2009 S. 507, 523).
- 25
- bb) Das bedeutet jedoch nicht, dass die Beklagte deshalb uneingeschränkt und unabhängig von Zumutbarkeitsgesichtspunkten haftet. Denn nach den besonderen Umständen des Streitfalles liegt der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit in einem Unterlassen.
- 26
- (1) Das Entwickeln und die Verwendung der die Suchvorschläge erarbeitenden Software ist der Beklagten nicht vorzuwerfen; hierbei handelt es sich vielmehr um eine durch Artt. 2, 14 GG geschützte wirtschaftliche Tätigkeit. Das Suchmaschinenangebot der Beklagten zielt auch nicht von vornherein auf eine Rechtsverletzung durch eine gegen eine bestimmte Person gerichtete unwahre Tatsachenbehauptung ab. Nur durch das Hinzutreten eines bestimmten Nutzerverhaltens können ehrverletzende Begriffsverbindungen entstehen. Die Tätigkeit der Beklagten ist andererseits aber nicht nur rein technischer, automatischer und passiver Art (anders liegen die Fälle: Google France/Louis Vuitton EuGH, Urteil vom 23. März 2010 - C-236/08 bis C-238/08, NJW 2010, 2029 Rn. 114 und BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 69/08, BGHZ 185, 291 Rn. 39 - Vorschaubilder - jeweils zum Hostprivileg nach Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG). Sie ist nicht ausschließlich beschränkt auf die Bereitstellung von Informationen für den Zugriff durch Dritte. Die Beklagte verarbeitet vielmehr die Abfragedaten der Nutzer in einem eigenen Programm, das Begriffsverbindungen bildet. Für deren Angebot in Form eigener Suchvorschläge ist die Beklagte grundsätzlich aufgrund der ihr zuzurechnenden Erarbeitung verantwortlich. Der Beklagten kann deshalb grundsätzlich nur vorgeworfen werden , keine hinreichenden Vorkehrungen getroffen zu haben, um zu verhindern, dass die von der Software generierten Suchvorschläge Rechte Dritter verletzen.
- 27
- (2) Bei Beeinträchtigungen, die eine pflichtwidrige Unterlassung als (Mit-) Ursache haben, ist zur Vermeidung einer zu weitgehenden Haftung eine fallweise wertende Betrachtung erforderlich. Die Verantwortlichkeit des Unterlassenden wird durch die Kriterien der Möglichkeit und Zumutbarkeit der Erfolgsverhinderung begrenzt.
- 28
- Dabei kann sich die Möglichkeit der Beseitigung einer Beeinträchtigung daraus ergeben, dass der Betroffene die Quelle der Störung beherrscht oder Einfluss auf jemanden nehmen kann, der zur Beendigung der Beeinträchtigung in der Lage ist (Erman/Ebbing, BGB, 13. Aufl., § 1004 Rn. 120). Ist dies der Fall, kann für die Zumutbarkeit der Beseitigung der Beeinträchtigung eine dem Betroffenen obliegende Überwachungspflicht von Bedeutung sein (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Dezember 1960 - GSZ 1/60, BGHZ 34, 99, 108 f.).
- 29
- Voraussetzung einer Haftung des Betreibers einer Suchmaschine mit entsprechender Hilfsfunktion ist daher ebenso wie bei der Haftung eines Hostproviders wegen der Verbreitung einer in einem Blog enthaltenen Äußerung eines Dritten (vgl. hierzu Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219) eine Verletzung von Prüfungspflichten. Deren Bestehen wie deren Umfang richtet sich im Einzelfall nach einer Abwägung aller betroffenen Interessen und relevanten rechtlichen Wertungen. Überspannte Anforderungen dürfen im Hinblick darauf, dass es sich um eine erlaubte Teilnahme am geschäftlichen Verkehr handelt, nicht gestellt werden. Entsprechend den zur Störerhaftung entwickelten Grundsätzen kommt es entscheidend darauf an, ob und inwieweit dem in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urteile vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 38; vom 10. Oktober 1996 - I ZR 129/94, NJW 1997, 2180, 2181 f. = WRP 1997, 325 - Architektenwettbewerb; Urteil vom 17. Mai 2001 - I ZR 251/99, BGHZ 148, 13, 17 f. - ambiente.de; Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 - Internetversteigerung I, vom 17. Dezember 2010 - V ZR 44/10, NJW 2011, 753 Rn. 9 ff., jeweils mwN).
- 30
- Der Betreiber einer Suchmaschine ist danach grundsätzlich nicht verpflichtet , die durch eine Software generierten Suchergänzungsvorschläge generell vorab auf etwaige Rechtsverletzungen zu überprüfen. Dies würde den Betrieb einer Suchmaschine mit einer der schnellen Recherche der Nutzer dienenden Suchergänzungsfunktion wenn nicht gar unmöglich machen, so doch unzumutbar erschweren. Eine entsprechende präventive Filterfunktion kann zwar für bestimmte Bereiche, wie etwa Kinderpornographie, erforderlich und realisierbar sein, sie vermag jedoch nicht allen denkbaren Fällen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung vorzubeugen. Den Betreiber einer InternetSuchmaschine trifft deshalb grundsätzlich erst dann eine Prüfungspflicht, wenn er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Weist ein Betroffener den Betreiber einer Internet-Suchmaschine auf eine rechtswidrige Verletzung seines Persönlichkeitsrechts hin, ist der Betreiber der Suchmaschine verpflichtet, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern (vgl. Senatsurteil vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, VersR 2012, 992 Rn. 19).
- 31
- 3. Das Berufungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - eine rechtliche Würdigung unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Prüfungspflichten ebenso wenig vorgenommen wie unter dem Gesichtspunkt des - nur in engen Grenzen zu gewährenden (vgl. Senatsurteil vom 20. März 2012 - VI ZR 123/11, VersR 2012, 630 Rn. 15 mwN) - Anspruchs auf Geldentschädigung und des Anspruchs auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Dies wird es nachzuholen haben. Galke Wellner Diederichsen Pauge von Pentz
LG Köln, Entscheidung vom 19.10.2011 - 28 O 116/11 -
OLG Köln, Entscheidung vom 10.05.2012 - 15 U 199/11 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger zu 1 (künftig: Kläger) nimmt die Beklagte zu 2 (künftig: Beklagte ) wegen der Verbreitung einer Äußerung, die sich auf der Webseite m….blogspot.com befindet, auf Unterlassung in Anspruch.
- 2
- Der Kläger ist im Immobiliengeschäft tätig. Er war Geschäftsführer einer in Deutschland ansässigen GmbH, die nach Abweisung eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse im Jahr 2003 aufgelöst wurde. Ferner war er Geschäftsführer einer spanischen Bauträgergesellschaft mit Sitz in Palma de Mallorca. Nunmehr ist der Kläger Geschäftsführer einer anderen spanischen Gesellschaft.
- 3
- Die Beklagte, die ihren Sitz im Bundesstaat Kalifornien der Vereinigten Staaten hat, stellt die technische Infrastruktur und den Speicherplatz für die Website www.blogger.com und für die unter www.blogspot.com von Nutzern eingerichteten Weblogs (Blogs), also journal- oder tagebuchartig angelegte Webseiten, zur Verfügung.
- 4
- Ein an dem Rechtsstreit nicht beteiligter Dritter richtete auf der Webseite www.blogspot.com den Blog m...blogspot.com ein. Dort hieß es in einem auf den 2. August 2007 datierten Eintrag unter der Überschrift "Hat Pleitier … F… ein Intelligenzproblem?" unter anderem: "Apropos Banco S…, im Frühjahr 2000 hat das Institut Herrn F…s Firmen … Visakarte auf Veranlassung seines Steuerberaters!!!, … gesperrt und eingezogen. Begründung: F… nützte diese Visa-Karteim Wesentlichen zur Begleichung von Sex-Club Rechnungen und sei allem Anschein nach ‚manchen Situationen nicht gewachsen.‘ Honi soit qui mal y pense!"
- 5
- Der Kläger verlangt von der Beklagten, es zu unterlassen, folgende Be- hauptung zu verbreiten: "F… nützte diese Visa-Karteim Wesentlichen zur Begleichung von Sex-Club Rechnungen", hilfsweise Beseitigung der Äußerung.
- 6
- Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich dieses Unterlassungsbegehrens stattgegeben, allerdings nur bezogen auf die Verbreitung im Bereich der Bundesrepublik Deutschland. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte vollumfängliche Klageabweisung. Hinsichtlich einer Reihe weiterer vom Kläger beanstandeter Äußerungen sowie hinsichtlich der Beklag- ten zu 1 und der Klägerin zu 2 ist die Klage in den Vorinstanzen rechtskräftig abgewiesen worden.
Entscheidungsgründe:
I.
- 7
- Das Berufungsgericht, dessen Urteil in MMR 2010, 490 veröffentlicht ist, hat ausgeführt: Das Landgericht habe die Anwendbarkeit deutschen materiellen Rechts zu Recht und mit zutreffender Begründung aus Art. 40 EGBGB hergelei- tet. Bezüglich der Verbreitung des Satzes "F… nützte diese Visa-Karte im We- sentlichen zur Begleichung von Sex-Club-Rechnungen…" auf der von der Beklagten "gehosteten" Seite bestehe ein Unterlassungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte als Störerin. Die Beklagte habe nicht vorgetragen, dass die in dem Beitrag erwähnte Visa-Karte der Banco S… zur Begleichung einer SexClub -Rechnung verwendet worden sei. Der Kläger habe bestritten, jemals SexClub -Rechnungen mit Visa-Karte beglichen zu haben, und vorgetragen, dass die Banco S… der Firma C… niemals eine Kreditkarte ausgestellt habe. Diese Aussage sei hinreichend bestimmt. Der Kläger bringe damit zum Ausdruck, dass es keine Anhaltspunkte für die verbreitete Behauptung gebe, sondern dass es sich um eine freie Erfindung handele. Weitere Ausführungen zu einem nicht geschehenen Ereignis könne eine Partei naturgemäß nicht machen. Diese Erklärung des Klägers habe die Beklagte veranlassen müssen, in eine Prüfung einzutreten, ob die unzweifelhaft ehrenrührige Behauptung zutreffe, und, sofern dies nicht zu klären gewesen sei, den Betreiber zur Löschung der Passage zu veranlassen. Da die Beklagte abgesehen von der Weiterleitung der Beanstandung nichts unternommen habe, um den Verfasser zur Löschung zu veranlassen , und da sie auch weder dargetan noch bewiesen habe, dass die Tatsa- chenbehauptung zutreffend gewesen sei, sei sie insoweit ihrer Pflicht als technische Verbreiterin nicht nachgekommen. Dass ihr ein Handeln nicht zumutbar oder möglich gewesen wäre, habe sie selbst nicht behauptet. Daher bestehe insoweit ein Unterlassungsanspruch des Klägers.
II.
- 8
- Über die Revision der Beklagten ist, da der Kläger trotz ordnungsgemäßer Ladung im Termin nicht vertreten war, durch Versäumnisurteil zu entscheiden , das aber inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer sachlichen Prüfung des Antrags beruht (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81).
- 9
- Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 10
- 1. Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte angenommen, die in jedem Verfahrensabschnitt , auch im Revisionsverfahren, von Amts wegen zu prüfen ist (Senatsurteile vom 29. März 2011 - VI ZR 111/10, VersR 2011, 900 Rn. 6; vom 29. Juni 2010 - VI ZR 122/09, VersR 2011, 137 Rn. 10; BGH, Urteile vom 28. November 2002 - III ZR 102/02, BGHZ 153, 82, 84 ff.; vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 16 - Internet-Versteigerung II).
- 11
- Zur Entscheidung über Klagen wegen Persönlichkeitsbeeinträchtigungen durch im Internet abrufbare Veröffentlichungen sind die deutschen Gerichte nach § 32 ZPO international zuständig, wenn die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland in dem Sinne aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen nach den Um- ständen des konkreten Falls im Inland tatsächlich eingetreten sein kann oder eintreten kann. Dies ist dann anzunehmen, wenn eine Kenntnisnahme der beanstandeten Meldung nach den Umständen des konkreten Falls im Inland erheblich näher liegt als es aufgrund der bloßen Abrufbarkeit des Angebots der Fall wäre und die vom Kläger behauptete Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts durch eine Kenntnisnahme von der Meldung (auch) im Inland eintreten würde (Senatsurteile vom 29. März 2011 - VI ZR 111/10, aaO Rn. 8 ff.; vom 2. März 2010 - VI ZR 23/09, BGHZ 184, 313 Rn. 16 ff.). Nach diesen Kriterien bestimmt sich der für die internationale Zuständigkeit maßgebliche Erfolgsort auch dann, wenn gegen den Hostprovider als Störer geklagt wird, ungeachtet der eventuell strengeren Voraussetzungen für dessen Haftung (dazu nachfolgend
).
- 12
- Danach ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben. Der Kläger hat im Streitfall spätestens zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung einen deutlichen Inlandsbezug des beanstandeten Blogs schlüssig vorgetragen. Maßgebend ist der Inlandsbezug der behaupteten Verletzung von Persönlichkeitsrechten des Klägers. Insoweit ist auf den Inhalt des beanstandeten Blogs abzustellen. Dieser richtet sich vorrangig an auf Mallorca und in Deutschland ansässige Personen, die - etwa als "Residenten" oder "Immobilienbesitzer" - einen Bezug zu Mallorca und Interesse an den in der BlogÜberschrift angekündigten "Insiderinfos" und "Fakten" haben. Der Blogeintrag vom 2. August 2007, der die angegriffene Äußerung enthält, ist in deutscher Sprache abgefasst und der Kläger ist unter Angabe seines Wohnorts in Deutschland mit vollem Namen genannt. In dem Blogeintrag wird auch die angeblich fortdauernde Geschäftstätigkeit des Klägers in Deutschland angesprochen.
- 13
- 2. Das Berufungsgericht geht zu Recht von der Anwendbarkeit deutschen materiellen Rechts aus. Die richtige Anwendung des deutschen Internationalen Privatrechts ist in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen (vgl. Senatsurteil vom 15. Juli 2008 - VI ZR 105/07, BGHZ 177, 237 Rn. 8 mwN; BGH, Urteil vom 2. Oktober 1997 - I ZR 88/95, BGHZ 136, 380, 386; Zöller/ Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 293 Rn. 9 ff.).
- 14
- a) Das anwendbare Recht bestimmt sich nach den Art. 40 ff. EGBGB. Denn außervertragliche Schuldverhältnisse aus der Verletzung der Persönlichkeitsrechte sind nach Art. 1 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II-VO) vom Anwendungsbereich der Rom II-VO ausgenommen (vgl. dazu MünchKomm BGB/Junker, 5. Aufl., Art. 1 Rom II-VO Rn. 43). Auch § 3 TMG, dessen kollisionsrechtlicher Charakter streitig ist (vgl. Senat, Vorabentscheidungsersuchen vom 10. November 2009 - VI ZR 217/08, VersR 2010, 226 Rn. 31 ff. mwN), greift nicht ein. Denn die Beklagte hat ihren Sitz nicht in dem Geltungsbereich der Richtlinien 2000/31/EG und 89/552/EWG, sondern in den Vereinigten Staaten (vgl. MünchKommBGB/Martiny, 5. Aufl., Art. 9 Rom I-VO Anh. III. Rn. 71).
- 15
- b) Maßgebend ist Art. 40 EGBGB, dem auch der Persönlichkeitsschutz einschließlich sich daraus herleitender Unterlassungsansprüche unterfällt (vgl. MünchKommBGB/Junker, 5. Aufl., Art. 40 EGBGB Rn. 85, und die Begründung des zugrunde liegenden Gesetzentwurfs BT-Drucks. 14/343, S. 10). Im Streitfall ergibt sich die Anwendbarkeit deutschen Rechts jedenfalls daraus, dass der Kläger sein Bestimmungsrecht zugunsten deutschen Rechts gemäß Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB in der Klageschrift ausgeübt hat.
- 16
- aa) Dem Kläger stand ein Bestimmungsrecht nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB zu. Nach den von den Parteien nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsurteil Bezug nimmt, liegt der nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB maßgebliche Erfolgsort in Deutschland. Der Kläger, der in Deutschland wohnt und Geschäfte betreibt, ist hier in seinem Persönlichkeitsrecht betroffen; hier kollidiert sein Interesse an der Unterlassung der ehrverletzenden Veröffentlichung mit dem Interesse des Bloggers daran, ein deutsches Publikum über die behaupteten Machenschaften des Klägers zu informieren. Daran ist auch im Fall der Klage gegen den Hostprovider anzuknüpfen.
- 17
- bb) Den nicht angegriffenen Feststellungen der Vorinstanzen ist auch eine Ausübung des Bestimmungsrechts durch den Kläger zu entnehmen. Im Streitfall hat der Kläger sich in der Klageschrift vom 8. Juli 2008 auf deutsche Rechtsnormen berufen und auch auf den vorgerichtlichen Schriftwechsel verwiesen. Dazu gehört das Anwaltsschreiben vom 8. Februar 2008 (Anlage K6 zur Klageschrift vom 8. Juli 2008), auf das im Tatbestand des Berufungsurteils Bezug genommen wird. In dem Schreiben bezieht sich der Kläger auf deutsches Recht und widerspricht der E-Mail der Beklagten zu 1 vom 7. Februar 2008, in der sie für die Beklagte zu 2 die Auffassung vertreten hat, nur Recht der Vereinigten Staaten sei anwendbar. Danach hat der Kläger bereits mit der Klageschrift klar zum Ausdruck gebracht, dass deutsches Recht zur Anwendung kommen soll.
- 18
- 3. Auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen kann nach deutschem Recht (§ 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 BGB, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG) ein Unterlassungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte nicht bejaht werden.
- 19
- a) Allerdings ist die Beklagte nicht bereits nach § 10 Satz 1 TMG von der Verantwortlichkeit für den Inhalt der von ihr betriebenen Website befreit. Sie hält zwar als Diensteanbieter nach § 2 Satz 1 Nr. 1 Halbs. 1 TMG Telemedien im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 TMG zur Nutzung bereit. Sie unterhält die Website www.blogger.com und speichert die unter www.blogspot.com eingerichteten Blogs, journal- oder tagebuchartige Webseiten mit chronologisch sortierten Beiträgen des "Bloggers" (vgl. Heckmann in jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl., Kap. 1.7 Rn. 34), zum Zwecke des Abrufs. Die Beklagte fungiert damit als Hostprovider (vgl. Art. 14 - "Hosting" - der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs , im Binnenmarkt). Die Haftungsbeschränkung des § 10 Satz 1 TMG gilt aber nicht für Unterlassungsansprüche (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 27. März 2007 - VI ZR 101/06, VersR 2007, 1004 Rn. 7 - Meinungsforum; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, VersR 2009, 1417 Rn. 17 - Domainverpächter ; BGH, Urteile vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 19 - Internet-Versteigerung II; vom 22. Juli 2010 - I ZR 139/08, GRUR 2011, 152 Rn. 26 - Kinderhochstühle im Internet). Wie sich aus § 7 Abs. 2 Satz 2 TMG und dem Gesamtzusammenhang der gesetzlichen Regelung ergibt, betrifft § 10 TMG lediglich die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die Schadensersatzhaftung (vgl. Senatsurteil vom 27. März 2007 - VI ZR 101/06, aaO; BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 245 ff. - InternetVersteigerung I, zur Vorgängerregelung des § 11 Teledienstegesetz).
- 20
- b) Die Beklagte trifft aber hinsichtlich des vom Kläger beanstandeten Eintrags nur eine eingeschränkte Verantwortlichkeit, weil sie ihn weder verfasst noch sich seinen Inhalt zu Eigen gemacht hat. Sie kann lediglich als Störerin in Anspruch genommen werden, weil sie die technischen Möglichkeiten des Blogs zur Verfügung gestellt hat.
- 21
- aa) Als Störer ist verpflichtet, wer, ohne Täter oder Teilnehmer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Beeinträchtigung des Rechtsguts beiträgt (vgl. Senatsurteil vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, aaO Rn. 13 f. - Domainverpächter; BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 - Internet-Versteigerung I; Urteil vom 22. Juli 2010 - I ZR 139/08, aaO Rn. 45 - Kinderhochstühle im Internet; Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, Rn. 20 - Stiftparfüm ). Indem die Beklagte die Website www.blogspot.com betreibt, dabei den Speicherplatz für die von den Nutzern eingerichteten Webseiten bereitstellt und den Abruf dieser Webseiten über das Internet ermöglicht, trägt sie willentlich und adäquat kausal zur Verbreitung von Äußerungen bei, die das allgemeine Persönlichkeitsrecht Dritter beeinträchtigen.
- 22
- bb) Die Störerhaftung darf jedoch nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, welche die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben. Sie setzt die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfungspflichten voraus; deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat, eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. Senatsurteil vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, aaO Rn. 18 - Domainverpächter; BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 - Internet-Versteigerung I; vom 30. April 2008 - I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Rn. 50 - Internet-Versteigerung III; Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, aaO Rn. 20 - Stiftparfüm, jeweils mwN).
- 23
- c) Unter Berücksichtigung der widerstreitenden Interessen gelten für die Inanspruchnahme des Hostproviders unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung für das Persönlichkeitsrecht verletzende Blogs die folgenden Maßstäbe.
- 24
- aa) Ein Hostprovider ist nicht verpflichtet, die von den Nutzern in das Netz gestellten Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Er ist aber verantwortlich, sobald er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Weist ein Betroffener den Hostprovider auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch den Nutzer eines Blogs hin, kann der Hostprovider als Störer verpflichtet sein, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 252 - Internet-Versteigerung I; Urteil vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 - Internet-Versteigerung II; Urteil vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 43 - Jugendgefährdende Medien bei eBay; Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, aaO Rn. 26 - Stiftparfüm). Diese Erwägungen stehen im Einklang mit den Maßstäben, die der Gerichtshof der Europäischen Union und der Bundesgerichtshof hinsichtlich der Verantwortlichkeit von Betreibern eines Internet-Marktplatzes für Markenrechtsverletzungen aufgestellt haben (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - C-324/09, EuZW 2011, 754 - L’Oreal/eBay; BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, aaO Rn. 22 ff. - Stiftparfüm).
- 25
- bb) Allerdings wird sich bei der behaupteten Verletzung von Persönlichkeitsrechten eine Rechtsverletzung nicht stets ohne weiteres feststellen lassen. Sie erfordert eine Abwägung zwischen dem Recht des Betroffenen auf Schutz seiner Persönlichkeit sowie Achtung seines Privatlebens aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK und dem durch Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK geschützten Recht des Providers auf Meinungs- und Medienfreiheit. Ist der Provider mit der Beanstandung eines Betroffenen konfrontiert, die richtig oder falsch sein kann, ist eine Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den Blog Verantwortlichen erforderlich. Hiernach ergeben sich für den Provider regelmäßig folgende Pflichten:
- 26
- Ein Tätigwerden des Hostproviders ist nur veranlasst, wenn der Hinweis so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptungen des Betroffenen unschwer - das heißt ohne eingehende rechtliche und tatsächliche Überprüfung - bejaht werden kann. Dabei hängt das Ausmaß des insoweit vom Provider zu verlangenden Prüfungsaufwandes von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere vom Gewicht der angezeigten Rechtsverletzungen auf der einen und den Erkenntnismöglichkeiten des Providers auf der anderen Seite.
- 27
- Regelmäßig ist zunächst die Beanstandung des Betroffenen an den für den Blog Verantwortlichen zur Stellungnahme weiterzuleiten. Bleibt eine Stellungnahme innerhalb einer nach den Umständen angemessenen Frist aus, ist von der Berechtigung der Beanstandung auszugehen und der beanstandete Eintrag zu löschen. Stellt der für den Blog Verantwortliche die Berechtigung der Beanstandung substantiiert in Abrede und ergeben sich deshalb berechtigte Zweifel, ist der Provider grundsätzlich gehalten, dem Betroffenen dies mitzuteilen und gegebenenfalls Nachweise zu verlangen, aus denen sich die behauptete Rechtsverletzung ergibt. Bleibt eine Stellungnahme des Betroffenen aus oder legt er gegebenenfalls erforderliche Nachweise nicht vor, ist eine weitere Prüfung nicht veranlasst. Ergibt sich aus der Stellungnahme des Betroffenen oder den vorgelegten Belegen auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Äußerung des für den Blog Verantwortlichen eine rechtswidrige Verletzung des Persönlichkeitsrechts , ist der beanstandete Eintrag zu löschen.
- 28
- d) Danach kann ein Unterlassungsanspruch des Klägers derzeit nicht bejaht werden.
- 29
- Nicht zu beanstanden ist die Auffassung des Berufungsgerichts, der Kläger habe hinreichend deutlich gemacht, dass es sich bei der beanstandeten Mitteilung betreffend die Verwendung der Visakarte um eine freie Erfindung handelte, so dass die Beklagte in eine Prüfung habe eintreten müssen.
- 30
- Dies hat die Beklagte indes zunächst getan, indem sie über die Beklagte zu 1 in einen Schriftwechsel eintrat. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts widersprach der Kläger dem Angebot der Beklagten zu 1 vom 7. Februar 2008, die Abmahnung des Klägers an den Blogger weiterzuleiten, unter dem 8. Februar 2008 und erteilte der Klägervertreter erst nach Klageerhebung durch Schreiben vom 11. Dezember 2008 gegenüber den Beklagten die Erlaubnis zur Weiterleitung an den Blogger, was die Beklagte unverzüglich veranlasste. Hinsichtlich des weiteren Verlaufs stellt das Berufungsgericht lediglich fest, dass die Seiten weiterhin abrufbar blieben.
- 31
- Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass die Parteien weiter hätten vortragen können und vorgetragen hätten, wenn sie die oben dargestellten Maßstäbe zu dem der Beklagten obliegenden Prüfungsvorgang in den Blick genommen hätten. Hierzu ist ihnen nunmehr rechtliches Gehör zu gewähren.
III.
- 32
- Die Sache ist demnach an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieses - eventuell nach ergänzendem Tatsachenvortrag der Parteien - die noch notwendigen Feststellungen treffen kann. Gegebenenfalls wird auch die Frage einer bestehenden Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr zu prüfen sein (vgl. dazu BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, aaO Rn. 37 ff. - Stiftparfüm). Für den Fall, dass das Berufungsgericht erneut zu einer Verurteilung der Beklagten gelangt, wird es die Ausführungen der Revision zur Fassung des Unterlassungsausspruchs in Erwägung ziehen müssen.
Diederichsen Stöhr
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 22.05.2009 - 325 O 145/08 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 02.03.2010 - 7 U 70/09 -
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 18.11.2015 (28 O 495/14) in der Fassung des Berichtungsbeschlusses vom 14.1.2016 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe:
2I.
3Die Klägerin nimmt die Beklagte als Betreiberin der Suchmaschine „H“ unter Berufung auf das sog. „Recht auf Vergessen“ auf Unterlassung der Anzeige von fünf Treffern (URLs) in Ergebnislisten in Anspruch, welche die Beklagte bei einer Suche nach dem Namen der Klägerin – ggf. in Verbindung mit weiteren Suchworten – dem Nutzer übermittelt.
4Die Klägerin war bis Oktober 2010 Geschäftsführerin der N Media GmbH, die – heute unter der Bezeichnung G GmbH – unter anderem das Online-Dating-Portal „G“ (www.G.de) betreibt. Die streitgegenständlichen Treffer auf der von der Beklagten erstellten Ergebnisliste leiten weiter zu Internetseiten, auf denen Handelsregistereinträge betreffend die N Media GmbH abgebildet bzw. Blogbeiträge enthalten sind, in denen über die frühere Position der Klägerin als Geschäftsführerin berichtet wird. So führen die in der Ergebnisliste aufgeführten Treffer http://B.blogspot.com/2010/04/G-abzocke-und-kein-ende-in.html (vgl. Anlage K 4.4) und http://B.blogspot.com/2010/12/G-ver-bei-der-betreiberfirma.html (vgl. Anlage K 4.5) auf eine Unterseite der Website www.B.blogspot.com, auf der in Beiträgen vom 2.12.2010 und 9.4.2010 kritisch über das Online-Dating-Portal „G“ berichtet und die Klägerin als Geschäftsführerin namentlich genannt wird. Der Treffer http://B2.today/mm8WH (vgl. Anlage K 6.4) führt über eine dort vorhandene Verlinkung mit dem Namen der Klägerin, der sich an der linken Seite in einer alphabetisch geordneten Menüleiste findet, wiederum auf eine Unterseite der Website www.B.blogspot.com und zu dem oben erwähnten Beitrag vom 9.4.2010 (G-abzocke-und-kein-ende-in.html). Der Treffer http://B3.info/thread_6162p1 (vgl. Anl. K 4.3) führt über eine automatische Weiterleitung zu einem Austausch zwischen anonymen Internetnutzern („C“, „T“, „B4“), die in der Zeit vom 13.10.2010 bis zum 24.12.2010 über Erfahrungen mit dem Portal „G.de“ berichtet haben und u.a. das Impressum der N Media GmbH mit dem Name der Klägerin als Geschäftsführerin anzeigen. Der Treffer http://Q.de/handelsregister/NW-HRB_59723-201236 (vgl. Anlage K 6.3) führt schließlich zu einer Seite, auf welcher ein Handelsregisterauszug vom 21.2.2007 abgebildet ist, der die Klägerin als Geschäftsführerin der N Media GmbH ausweist.
5Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes, des erstinstanzlichen Vortrages der Parteien sowie der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 205 ff. d.A.) Bezug genommen.
6Mit Urteil vom 18.11.2015 hat das Landgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, ein Anspruch nach § 35 BDSG scheide aus, weil diese Regelung nur die Berichtigung, Löschung und Sperrung von Daten regele, die Klägerin jedoch Unterlassung der Anzeige der fünf Treffer verlange. Ein Unterlassungsanspruch aus §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG bzw. aus §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 4 Abs. 1 BDSG stehe ihr ebenfalls nicht zu, da die Abwägung der widerstreitenden Interessen, die auch im Rahmen von § 29 BDSG vorzunehmen sei, zu dem Ergebnis führe, dass das Informationsinteresse der Öffentlichkeit das Interesse der Klägerin überwiege, nicht mehr mit der N Media GmbH bzw. der G GmbH in Verbindung gebracht zu werden.
7Hinsichtlich des Hauptantrages auf Unterlassung der Trefferanzeige bei Eingabe ihres Namens und beliebiger weiterer Suchbegriffe sei zu berücksichtigen, dass dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 (C-131/12) ein Fall zugrunde liege, in dem die beanstandeten Seiten allein durch Eingabe des Namens des Betroffenen in der Ergebnisliste aufgeführt wurden. Bei der Eingabe des Namens der Klägerin in Verbindung mit weiteren Suchwörtern – so beispielsweise mit dem Namen der früher von ihr geleiteten Firma – sei die Verbindung zwischen der Klägerin und ihrer früheren beruflichen Tätigkeit jedoch schon vom Nutzer vorgenommen worden, ohne dass eine solche Verbindung durch die Beklagte hergestellt werde. Das Unterbinden von solchen expliziten Suchanfragen sei jedoch mit dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit, die bereits über bestimmte Informationen verfüge und gezielt nach diesen Informationen und Verknüpfungen suche, nicht zu vereinbaren.
8Auch hinsichtlich des Hilfsantrages auf Unterlassung der Trefferanzeige bei der Eingabe nur des Namens der Klägerin ergebe die Abwägung der widerstreitenden Interessen ein Überwiegen des Informationsinteresses der Öffentlichkeit. Zwar sei zugunsten der Klägerin – unterstellt – zu berücksichtigen, dass sie seit fünf Jahren keine Verbindung zu ihrer früheren Firma mehr habe und nicht mehr berufstätig sei. Auch enthielten die Internetseiten, auf die die streitgegenständlichen Links verwiesen, nur einen veralteten Handelsregisterauszug sowie anonyme kritische Kommentare zum Geschäftsgebaren der früheren Gesellschaft der Klägerin, so dass der Informationswert für den Nutzer aufgrund der fehlenden Aktualität gering sei. Andererseits sei aber zu berücksichtigen, dass sich auf den verlinkten Internetseiten lediglich wahre Tatsachenbehauptungen und zulässige Meinungsäußerungen befänden, welche allein die Sozialsphäre der Klägerin beträfen. Die Schwelle zu einer Persönlichkeitsrechtsverletzung werde durch die betreffenden Äußerungen nicht überschritten. Anders als in dem vom Europäischen Gerichtshof entschiedenen Fall würden weder Umstände aus der Privatsphäre der Klägerin mitgeteilt, noch lägen die betreffenden Ereignisse 16 Jahre zurück. Vielmehr seien die mitgeteilten Informationen der beruflichen Tätigkeit der Klägerin zuzuordnen und wiesen daher keine „Sensibilität für das Privatleben“ auf. Sofern das auch von der Klägerin gesteuerte Geschäftsgebaren ihrer früheren Firma zu (nicht näher konkretisierten) Auswirkungen auf ihr Privatleben geführt haben sollte, sei dies allein in ihrem freien Entschluss begründet, als Geschäftsführerin einer Gesellschaft tätig zu werden.
9Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge in vollem Umfang weiter. Sie macht geltend, das Landgericht habe verkannt, dass es im vorliegenden Rechtsstreit nicht um Presserecht, sondern um Datenschutzrecht gehe und damit andere Grundrechte und Abwägungsmaßstäbe einschlägig seien. Im Hinblick auf den Hauptantrag sei es datenschutzrechtlich nicht relevant, ob die Nutzer neben dem Namen der Klägerin weitere Suchbegriffe eingeben würden oder ob ihnen die frühere Tätigkeit der Klägerin bereits bekannt gewesen sei. Denn die von der Beklagten verlangte Unterlassung beziehe sich nicht auf ein etwaiges Nutzerverhalten, sondern auf die Zurverfügungstellung von indexierten Informationen, die personenbezogene Daten enthielten. Des weiteren habe das Landgericht verkannt, dass nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 von einem im Grundsatz überwiegenden Interesse des Betroffenen auszugehen sei, seine Daten der Öffentlichkeit nicht (mehr) zur Verfügung zu stellen. Eine Ausnahme habe der Europäische Gerichtshof lediglich „in besonders gelagerten Fällen“ bzw. „aus besonderen Gründen“ angenommen, in denen eventuell das Interesse der Nutzer überwiegen könne. Dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis und den daraus resultierenden erhöhten Begründungs- bzw. Rechtfertigungsaufwand habe das Landgericht verkannt. Soweit Nutzer bei einer gezielten Suche nach dem Namen der Klägerin in Verbindung mit den beiden Firmennamen eine entsprechende Verbindung bereits hergestellt hätten, stehe dies dem vom Europäischen Gerichtshof bejahten „Recht auf Vergessen“ nicht entgegen. Denn maßgeblich sei insofern die durch die Suchmaschine verursachte Verbreitungshandlung mit den erleichterten Zugangsmöglichkeiten. Die dadurch geschaffene datenschutzrechtliche Gefährdungslage (Möglichkeit der Erstellung eines detaillierten Profils der Person durch strukturierten Überblick mittels Ergebnissen der Suchmaschine) liege auch vor, wenn einzelne Nutzer bereits von der früheren beruflichen Tätigkeit der Klägerin Kenntnis hätten. Auch soweit potentielle Arbeitgeber möglicherweise ein Interesse an einer früheren Tätigkeit der Klägerin haben könnten, überwiege ihr Interesse, nach Ablauf einer gewissen Zeit ihre berufliche Tätigkeit unbehelligt von veralteter Kritik fortzusetzen.
10Hinsichtlich des Hilfsantrages macht die Klägerin geltend, es sei nicht erheblich, ob die auf den betreffenden Internetseiten veröffentlichten Äußerungen die Schwelle zur Persönlichkeitsrechtsverletzung überschritten. Denn ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung sei – wie der Regelungsgehalt des Bundesdatenschutzgesetzes zeige – auch bei Verarbeitung von wahren personenbezogenen Daten verletzt. Es sei gerade das Wesen des „Rechts auf Vergessen(werden)“, dass sich Betroffene gegen die Verarbeitung und Verbreitung wahrer Informationen wehren könnten. Im Rahmen der Abwägung sei auch nicht das Interesse der Öffentlichkeit an der Ursprungsmeldung mit den Interessen der Klägerin abzuwägen, sondern vielmehr die spezifische Gefährdungslage aufgrund der „Hbarkeit“ von Informationen und ihrer dadurch erleichterten bzw. erst ermöglichten Auffindbarkeit. Im Hinblick darauf sei auch nicht beachtlich, inwiefern die frühere Stellung der Klägerin als Geschäftsführerin im Handelsregister nachvollziehbar sei, zumal dort eine gezielte Suche nach Geschäftsführern nicht möglich sei. Schließlich könne auch nicht zu Lasten der Klägerin damit argumentiert werden, dass lediglich Informationen über ihre berufliche Tätigkeit betroffen seien. Das Landgericht habe – abweichend von der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 – den Begriff „Privatsphäre“ mit dem Begriff „Privatleben“ gleichgesetzt, was aber dem Schutzbereich von Art. 7 der Grundrechtscharta bzw. Art. 8 EMRK nicht gerecht werde, der sich jeweils auch auf die Sozialsphäre und insbesondere auf die berufliche und geschäftliche Tätigkeit des Betroffenen beziehe. Auch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 betreffe eine Information aus der Sozialsphäre des dortigen Betroffenen, nämlich die Versteigerung seines Grundstücks im Zusammenhang mit einer Pfändung wegen rückständiger Sozialversicherungsbeiträge. Soweit das Landgericht die aus seiner Sicht geringe Beeinträchtigung der Klägerin damit begründet habe, dass ihr auf den betreffenden Internetseiten kein persönlicher Vorwurf gemacht werde, handele es sich um einen Zirkelschluss. Denn die an dem Unternehmen geäußerte Kritik falle selbstverständlich auf die Klägerin als damalige Geschäftsführerin zurück, was letztlich auch der Grund sei, dass sie mit den betreffenden Informationen nicht mehr in Verbindung gebracht werden wolle.
11Schließlich ist die Klägerin der Ansicht, dass die im Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 genannte Zeitspanne von 16 Jahren keine feste Zeitgrenze für das sog. „Recht auf Vergessen“ sei. Vielmehr ergebe sich aus § 35 Abs. 2 Nr. 4 BDSG, dass eine Zeitspanne von drei bis vier Jahren angesetzt werden müsse. Angesichts dessen sei vorliegend der Nachweis der streitgegenständlichen Treffer durch die Beklagte schon allein wegen des Zeitfaktors unzulässig. Im Übrigen gebe es auch keine besonderen Gründe für ein überwiegendes öffentliches Interesse. Sie spiele keine Rolle im öffentlichen Leben und sei seit ihrer Aufgabe der Geschäftsführertätigkeit nur noch Hausfrau und Mutter ohne politische oder ehrenamtliche Ämter oder sonstige Funktionen in der Öffentlichkeit. Ein eventuelles Informationsinteresse der Öffentlichkeit an dem Geschäftsgebaren der G GmbH rechtfertige nicht, dass entsprechende Äußerungen im Falle einer Suchmaschinenrecherche über die Klägerin angezeigt würden.
12Die Klägerin ist der Ansicht, dass mit der vom Europäischen Gerichtshof bejahten „Entfernungsverpflichtung“ der Sache nach nur eine Unterlassungsverpflichtung gemeint sein könne. Denn bei den von der Beklagten veröffentlichten Suchtreffern handele es sich nicht um statistische Auflistungen, sondern um das Ergebnis immer wieder neu durchgeführter Suchvorgänge auf Basis geheimer Algorithmen. Damit also eine bestimmte URL künftig nicht mehr als Suchtreffer zu einer bestimmten Suchanfrage angezeigt werde, müsse der Betreiber daher die betreffende URL aktiv aus künftigen Listen ausschließen.
13Die Klägerin beantragt,
14unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 18.11.2015 (28 O 495/14) die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollstrecken an ihrem Vorstand, zu unterlassen, bei Suchanfragen über die Suchmaschine „H.de“, die die Worte „E“, „W“, „E2“ kumulativ – gleich in welcher Reihenfolge – enthalten, wobei die betreffenden Suchanfragen neben den genannten Worten auch weitere Begriffe enthalten können, die URLs
15http://B.blogspot.com/2010/04/G-abzocke-und-kein-ende-in.html
16und/oder
17http://B.blogspot.com/2010/12/G-ver-bei-der-betreiberfirma.html
18und/oder
19http://B2.today/mm8WH
20und/oder
21http://B3.info/thread_6162p1
22und/oder
23http://Q.de/handelsregister/NW-HRB_59723-201236
24als Suchergebnisse anzuzeigen,
25hilfsweise,
26unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 18.11.2015 (28 O 495/14) die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollstrecken an ihrem Vorstand, zu unterlassen, bei Suchanfragen über die Suchmaschine „H.de“, die ausschließlich und zugleich kumulativ die Worte „E“, „W“, „E2“ – gleich in welcher Reihenfolge – enthalten, die URLs
27http://B.blogspot.com/2010/04/G-abzocke-und-kein-ende-in.html
28und/oder
29http://B.blogspot.com/2010/12/G-ver-bei-der-betreiberfirma.html
30und/oder
31http://B2.today/mm8WH
32und/oder
33http://B3.info/thread_6162p1
34und/oder
35http://Q.de/handelsregister/NW-HRB_59723-201236
36als Suchergebnisse anzuzeigen.
37Die Beklagte beantragt,
38die Berufung zurückzuweisen.
39Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und macht geltend, die Klägerin werde nach wie vor im Handelsregister aufgeführt, in welches die Einsicht bereits bei einem bloßen Informationsinteresse möglich sei. Durch die auf der Ergebnisliste nachgewiesenen Internetseiten würden lediglich wahre Tatsachen aus der Sozialsphäre der Kläger mitgeteilt und kein umfassendes Bild über sie oder ihr Privatleben erstellt. Handele es sich jedoch um Informationen aus dem Berufsleben, in dem sich der Betroffene ohnehin in Kontakt mit der Öffentlichkeit bewege, komme es auf die vom Europäischen Gerichtshof in der Entscheidung vom 13.5.2014 betonte besondere Schutzwürdigkeit nicht an. Die Beklagte bestreitet im Übrigen mit Nichtwissen, dass es zwischen der Klägerin und der G GmbH keine Verbindungen mehr gibt und die Klägerin derzeit keiner beruflichen Tätigkeit nachgeht.
40Die Beklagte ist weiter der Ansicht, der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch scheide schon deshalb aus, weil das Bundesdatenschutzgesetz den Vorgang der Entfernung personenbezogener Daten abschließend regele und dies mit einem Anspruch auf Beseitigung, nicht Unterlassung, geltend zu machen sei. Angesichts des Umstandes, dass die Klägerin den von ihr geltend gemachten Anspruch auf §§ 1004, 823 BGB stütze, könne sie dem Landgericht nicht zum Vorwurf machen, eine persönlichkeitsrechtliche Abwägung durchgeführt zu haben. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 beschränke sich auf diejenige Fallgestaltung, in der eine bloße Namenssuche ohne Beifügung weiterer Suchbegriffe durchgeführt werde. Insofern unterscheide der Europäische Gerichtshof zwischen einer allgemeinen Namenssuche, bei der der Betroffene vor „Zufallsfunden“ geschützt werden müsse, und sonstigen gezielten Suchen, bei denen der Suchende bereits durch die Eingabe der Suchbegriffe deutliche mache, dass er (ihm bekannte) Informationen zu einem bestimmten Sachverhalt suche.
41Bereits im Zusammenhang mit dem Bewertungsportal www.T2.de habe der Bundesgerichtshof entschieden, dass die nationalen datenschutzrechtlichen Vorschriften verfassungskonform ausgelegt werden müssten, soweit sie die Kommunikationsfreiheit durch unzumutbare Anforderungen an einen Portalbetreiber einschränkten. Auch die Norm des § 35 BDSG sei zu einer Zeit eingeführt worden, als Internetsuchmaschinen im Bewusstsein des Gesetzgebers noch keine Rolle gespielt hätten und damit auch keine Berücksichtigung hätten finden können. Bei der gebotenen Interessenabwägung seien die Interessen der Klägerin mit den wirtschaftlichen Interessen der Beklagten am Betrieb der Suchmaschine, dem Recht der Internetnutzer auf Informationsfreiheit sowie der Meinungsfreiheit der jeweiligen Verfasser der Inhalte abzuwägen. Da die Meinungsfreiheit auch das Recht umfasse, die äußere Form der Berichterstattung und die Art ihrer Verbreitung frei zu wählen, sei auch die vermittelnde Tätigkeit von Suchmaschinen durch den Gewährleistungsgehalt von Art. 5 GG geschützt. Selbst bei Annahme des von der Klägerin vertretenen umgekehrten Regel-Ausnahme-Verhältnisses bei der Abwägung komme man angesichts der Rolle, die die Klägerin im öffentlichen Leben eingenommen habe, sowie der geringen Intensität der Beeinträchtigung zu demselben Ergebnis wie das Landgericht. Die Tätigkeit der Klägerin als Geschäftsführerin sei im Hinblick auf §§ 35a, 39 GmbHG, § 5 TMG, §§ 9, 103 OWiG ein Umstand, dessen Kenntnis generell im öffentlichen Interesse stehe. Auch sei zu berücksichtigen, dass unter bestimmten Voraussetzungen Ansprüche gegen den Geschäftsführer einer GmbH geltend gemacht werden könnten. Schließlich sehe die Regelung in § 35 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 BDSG keine „Halbwertszeit“ für Daten vor, aus der eine Löschungspflicht resultiere, sondern bestimmte lediglich ein Prüfintervall mit offenem Abwägungsergebnis.
42Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
43II.
44Die Berufung der Klägerin ist unbegründet.
45Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Klägerin weder der mit dem Hauptantrag geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung der Anzeige der streitgegenständlichen Suchergebnisse bei Eingabe ihres Namens und weiterer Begriffe noch der mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung dieser Suchergebnisse bei Eingabe ausschließlich ihres Vor- und Nachnamens zusteht. Die Klägerin kann einen solchen Anspruch – auch unter Berücksichtigung der vom Europäischen Gerichtshof festgelegten Grundsätze über das sog. „Recht auf Vergessen“ – weder aus § 1004 analog, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG noch aus § 1004 analog, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 29 BDSG herleiten.
46Im Einzelnen:
471. Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin gemäß § 1004 analog, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG ergibt sich weder im Hinblick auf den Haupt- noch auf den Hilfsantrag. Denn die Rechte der Klägerin auf Anonymität und informationelle Selbstbestimmung als Ausprägungen ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts werden durch die Beklagte bei Abwägung der vorliegenden widerstreitenden Interessen nicht rechtswidrig verletzt.
48a. Der Anspruch der Klägerin ist nicht bereits wegen der Haftungsprivilegierungen nach §§ 8 – 10 TMG ausgeschlossen. Zwar werden auch Internetsuchmaschinen nach § 1 Abs. 1 S. 1 TMG als „Telemedien“ angesehen und die „Betreiber“ von Suchmaschinen als Diensteanbieter im Sinne von § 2 S. 1 Nr. 1 und 2 TMG qualifiziert. Jedoch bezieht sich die Haftungsprivilegierung lediglich auf die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die Schadensersatzhaftung, nicht jedoch auf Unterlassungsansprüche (vgl. BGH, Urt. v. 27.3.2007 - VI ZR 101/06, VersR 2007, 1004; BGH, Urt. v. 30.6.2009 - VI ZR 210/08, VersR 2009, 1417; BGH, Urt. v. 22.7.2010 - I ZR 139/08, GRUR 2011, 152; BGH, Urt. v. 25.10.2011 – VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219).
49b. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin ist vorliegend durch die von der Beklagten erstellte Ergebnisliste mit den streitgegenständlichen Treffern auch beeinträchtigt. Denn das allgemeine Persönlichkeitsrecht beinhaltet das Recht des Einzelnen, in gewählter Anonymität zu bleiben und die eigene Person nicht in der Öffentlichkeit dargestellt zu sehen (vgl. BGH, Urt. v. 21.11.2006 – VI ZR 259/05, juris Rn. 11 m.w.N.). Insbesondere das Recht auf informationelle Selbstbestimmung flankiert und erweitert den grundrechtlichen Schutz von Verhaltensfreiheit und Privatheit. Es umfasst die aus dem Gedanken der Selbstbestimmung folgende Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (vgl. BGH, Urt. v. 5.11.2013 – VI ZR 304/12, juris Rn. 11).
50Durch die von der Beklagten auf die Suchanfrage mit dem Namen der Klägerin – mit oder ohne Zufügung weiterer Suchwörter – hin erstellte Ergebnisliste und die Übermittlung der streitgegenständlichen Treffer an die Nutzer wird das Interesse der Klägerin beeinträchtigt, ihre frühere Position als Geschäftsführerin der N Media GmbH für sich zu behalten. Ebenso wird das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin insoweit beeinträchtigt, als sie von den Nutzern als (frühere) Geschäftsführerin einer Gesellschaft namentlich identifiziert werden kann, die auf den betreffenden Seiten einer kritischen Wertung der Nutzer („Abzocke“, „Betrug“) unterzogen wird, was potentiell auch auf die Klägerin als damalige Geschäftsführerin abstrahlen und sie daher in der Öffentlichkeit in einem abträglichen Bild darstellen kann.
51Betroffen ist von diesem Eingriff die Sozialsphäre, die denjenigen Bereich menschlichen Lebens und menschlicher Betätigung umfasst, der sich außerhalb der Privatsphäre in oder vor einer eingeschränkten oder auch unbeschränkten Öffentlichkeit abspielt und damit nicht mehr innerhalb desjenigen Rahmens, der einer Erörterung durch die Öffentlichkeit üblicherweise entzogen ist. Die Zuordnung zur Sozialsphäre beruht vorliegend auf dem Umstand, dass sich die Informationen und Wertungen auf den von der Beklagten nachgewiesenen Seiten auf die frühere Tätigkeit der Klägerin als Geschäftsführerin der N Media GmbH und damit auf ihre berufliche Tätigkeit beziehen.
52c. Im Hinblick auf den Nachweis dieser Seiten und die Übermittlung der Treffer an die anfragenden Nutzer haftet die Beklagte jedoch nicht als Störerin. Dies gilt sowohl im Hinblick auf eine mögliche Betreiberhaftung nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (Urt. v. 13.5.2014 – C 131/12, juris Rn. 35-38 und 83) als auch unter dem Gesichtspunkt einer Störerhaftung wegen Verletzung zumutbarer Prüfpflichten. Denn die Beklagte hat weder in Ansehung eines der Klägerin zustehenden „Rechts auf Vergessen“ noch durch die Verletzung ihr obliegender Prüfpflichten rechtswidrig in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin eingegriffen.
53aa. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes beruht die mögliche Haftung des Betreibers einer Internetsuchmaschine auf dem Umstand, dass er eine zusätzliche Beeinträchtigung des Betroffenen durch die Ausweisung der Daten verursacht, weil er in der Masse der im Internet vorhandenen Informationen dem Nutzer überhaupt erst die strukturierte Auffindbarkeit personenbezogener Daten ermöglicht (Urt. v. 13.5.2014 – C 131/12, juris Rn. 35-38 und 83). Soweit das vom Europäischen Gerichtshof angenommene „Recht auf Vergessen“ eingreift, kann in einem solchen Nachweis von personenbezogenen Daten eine zu unterlassende Persönlichkeitsrechtsverletzung liegen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist als mittelbarer Störer anzusehen, wer, ohne unmittelbarer Störer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Beeinträchtigung des Rechtsguts beiträgt. Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (vgl. BGH, Urt. v. 28.7.2015 - VI ZR 340/14, AfP 2015, 425; BGH, Urt. v. 25.10.2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219). Die Haftung als mittelbarer Störer darf nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung aber nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben. Sie setzt deshalb die Verletzung von Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfpflichten, voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als mittelbaren Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen des Einzelfalls eine Verhinderung der Verletzung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urt. v. 1.3.2016 – VI ZR 34/15, MDR 2016, 518, juris Rn. 22 m.w.N.; BGH, Urt. v. 14.5.2013 – VI ZR 269/12, BGHZ 197, 213; BGH, Urt. v. 25.10.2011 – VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219; BGH, Urt. v. 30.6.2009 – VI ZR 210/08, NJW-RR 2009, 1413). Vorliegend hat die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 29.9.2014 (Anlage K 15) zur Unterlassung aufgefordert und dabei die von ihr beanstandeten Treffer in der von der Beklagten erstellten Ergebnisliste konkret bezeichnet. Die Beklagte war nach dieser Beanstandung gehalten, die von der Klägerin geltend gemachten Rechtsverletzungen zu überprüfen und ggf. die weitere Ausweisung dieser Treffer auf den Ergebnislisten zu unterlassen, um künftige Störungen zu verhindern. Zwar hat sich die Klägerin in ihrem Schreiben vom 29.9.2014 (Anlage K 15) primär darauf bezogen, dass die von der Beklagten nachgewiesenen Seiten keine „relevanten Nachrichtenartikel“ enthielten, an deren erleichterter Auffindbarkeit ein überwiegendes öffentliches Interesse bestünde, so dass ihre Anzeige „nach der neuesten Rechtsprechung des EuGH … datenschutzrechtlich unzulässig“ sei. Damit hat sie sich auf das sog. „Recht auf Vergessen“ und nicht gleichzeitig auch ausdrücklich auf eine vermeintliche Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts durch die konkreten Inhalte der nachgewiesenen Seiten berufen. Allerdings hat die Klägerin sich jedenfalls in der Klageschrift darauf berufen, dass sie ein berechtigtes Interesse daran habe, nunmehr ihrer beruflichen Tätigkeit „unbehelligt von veralteter Kritik“ fortsetzen zu können. Sie hat insoweit die Ansicht vertreten, dass dann, wenn selbst schwersten Straftätern eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft ermöglicht werden müsse, dies erst recht für Berufsträger gelten müsse, deren Arbeitgeber kritischen Berichten im Internet zum Opfer gefallen sei. Aus diesen Ausführungen ergibt sich, dass sie die Berichte auf den nachgewiesenen Seiten auch inhaltlich dahingehend beanstanden will, dass es sich um Äußerungen handelt, die sie im Hinblick auf ihre in den Berichten enthaltene namentliche Nennung nicht hinnehmen müsse.
54Unter Beachtung der oben dargestellten Grundsätze zur Haftung eines Suchmaschinenbetreibers als mittelbarer Störer scheidet ein Anspruch gegen die Beklagte indes aus, weil es an einer rechtswidrigen Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin fehlt. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BGH, Urt. v. 17.12.2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237; BGH, Urt. v. 15.9.2015 - VI ZR 175/14, VersR 2015, 1437; BGH, Urt. v. 28.7.2015 - VI ZR 340/14, AfP 2015, 425; BGH, Urt. v. 13.1.2015 - VI ZR 386/13, VersR 2015, 336) liegt wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als Rahmenrecht seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. BGH, Urt. v. 1.3.2016 – VI ZR 34/15, MDR 2016, 518, juris Rn. 30 m.w.N.). Insofern hat hier das Landgericht zutreffend festgestellt, dass eine Abwägung der vorliegend kollidierenden Rechtspositionen nicht zum Erfolg des klägerischen Unterlassungsbegehrens – sowohl mit dem Haupt- als auch mit dem Hilfsantrag – führt, weil kein rechtswidriger Eingriff der Beklagten festgestellt werden kann.
55bb. Die Einträge auf den von der Beklagten mit den streitgegenständlichen Treffern nachgewiesenen Seiten enthalten aus Sicht des durchschnittlichen Rezipienten zunächst die tatsächliche Behauptung, dass die Klägerin bei Abfassung der entsprechenden Blog-Beiträge bzw. im Zeitpunkt der dort als sog. Screenshot abgebildeten Handelsregisterveröffentlichung vom 21.2.2007 Geschäftsführerin der N Media GmbH war. Dabei handelt es sich unstreitig um eine wahre Tatsache, da die Klägerin diese Stellung bis Oktober 2010 tatsächlich innehatte. Es liegt auch keine von der Beklagten per Treffer auf der Ergebnisliste nachgewiesene falsche Tatsachenbehauptungen insoweit vor, als der durchschnittliche Rezipient die Äußerungen (auch) so verstehen könnte, dass die Klägerin diese Position noch im Zeitpunkt der späteren Internetrecherche innehatte. Dagegen spricht schon, dass sämtliche Einträge mit Daten versehen sind (vgl. Bl. 157, 159, 160 AO). Weiter wird auf der Seite www.Q.de (Bl. 155 AO) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Eintrag nicht vollständig dem aktuellen Sachstand entspreche und es zu der betreffenden Firma aktuellere Registerveröffentlichungen gebe. Schließlich enthält der Blogeintrag vom 2.12.2010 auf der Seite B.blogspot.com (Bl. 159 AO) unmittelbar nach der Wiedergabe des Impressums die Angabe: „Aus dem aktuellen Auszug des Handelsregisters geht zudem hervor, dass neben der Änderung des Firmennamens auch die Geschäftsführung gewechselt hat“. Insofern handelt es sich insgesamt nicht um mehrdeutige (und insoweit teilweise unwahre) Äußerungen.
56cc. Die weiteren Einträge auf den von der Beklagten nachgewiesenen Seiten, die sich mit dem Geschäftsgebaren der N Media GmbH befassen, stellen entweder eine inhaltlich zutreffende Wiedergabe von damaligen Geschehnissen um diese Gesellschaft oder aber zulässige Meinungsäußerungen der betreffenden Nutzer dar.
57Im Einzelnen:
58Die über den Treffer http://www.Q.de/handelsregister/NW-HRB_59723-201236 nachgewiesene Seite enthält außer dem Abdruck der Handelsregisterveröffentlichung vom 21.2.2007 keine weiteren tatsächlichen Informationen oder Meinungsäußerungen über die Person der Klägerin.
59Der unter dem Treffer http://auktionshilfs.info/thread_6162p1 auffindbare Austausch dreier Nutzer über die N Media GmbH gibt zunächst die im Zeitpunkt der Blogeinträge (Oktober bis Dezember 2010) wahre Tatsache wieder, dass sich im Internet zahlreiche negative Erfahrungsberichte von Kunden dieser Gesellschaft finden, die „immer wieder angeblich nicht akzeptierte Kündigungen“ beklagen. Neben der Wiedergabe des im damaligen Zeitpunkt aktuellen Impressums der N Media GmbH findet sich der Hinweis, dass „B509“ und „B52010“ über das Portal www.G.de recherchiert haben und beide Berichte „auf Z“ sowie eine Presseinformation der Verbraucherzentrale Hamburg nicht mehr zu finden seien. Weiter wird aus einem Interview zwischen Herrn Oberstaatsanwalt G2 von der Staatsanwaltschaft Köln mit dem Fernsehsender T3 zitiert, in dem es heißt: „Seit etlichen Monaten beschäftigen wir uns mit der Firma bzw. deren Verantwortlichen und zwar unter dem Gesichtspunkt des Betruges und der unlauteren Werbung. Wir haben hier etwa 350 Anzeigen aus dem gesamten Bundesgebiet vorliegen, wegen eben des Verdachts dieser strafbaren Handlungen“ (vgl. Bl. 88 AO). Dass diese im betreffenden Blog enthaltenen tatsächlichen Informationen unwahr seien, macht die Klägerin selbst nicht geltend.
60Unter dem Treffer http://B.blogspot.com/2010/12/G-ver-bei-der-betreiberfirma.html findet sich im Eintrag vom 9.4.2010 folgende Äußerung:„G, Abzocke und kein Ende in Sicht. Über einen langen Zeitraum ist es der Geschäftsführerin E W E2 von der N Media GmbH viel zu oft gelungen, kritische Berichte in Foren und Blogs zu verhindern oder verbieten zu lassen. Vor einem Jahr ist B509 den Hinweisen von Betroffenen nachgegangen und hatte darüber berichtet. (…) Die Verbraucherzentrale warnt schon seit langem vor den Machenschaften bei G. Zahlen Sie keinesfalls für Rechnungen und Mahnungen von dieser Firma, sondern erstatten Sie besser direkt Strafanzeige gegen die Betreiberfirma und den Rechtsanwälten wegen Verdacht auf Betrug. Den Fernsehbeitrag aus der B5-Sendung gab es kurzzeitig als Video auf Z zu sehen. Aber auch dort war das Video recht schnell wieder verschwunden. (…) Und immer noch fallen User auf diesem Portal rein und fragen in Foren um Hilfe.“ Die Klägerin macht vorliegend nicht geltend, dass es eine unwahre Tatsache darstellt, dass sie Berichte über die N Media GmbH in Foren und Blogs verhindert hat. Dass dies aus Sicht der Blog-Autoren „viel zu oft“ geschah, die Geschehnisse im Zusammenhang mit der N Media GmbH als „Abzocke“ eingestuft werden und vermeintlich betroffenen Kunden der Rat erteilt wird, keine Zahlungen zu leisten, sondern Anzeige zu erstatten, ist in der Gesamtbetrachtung eine zulässige Meinungsäußerung. Denn gerade im Hinblick darauf, dass der enthaltene Tatsachenkern – es lagen im Zeitpunkt des Blogeintrags unstreitig eine Vielzahl von Beschwerden und Strafanzeigen von Seiten der Kunden vor – zutreffend ist, handelt sich weder um eine unsachliche Auseinandersetzung im Sinne einer Schmähkritik noch um eine grundlose Überzeichnung mit persönlicher Diffamierung der Klägerin. Soweit den Kunden empfohlen wird, Rechnungen nicht zu bezahlen, sondern Anzeige zu erstatten, beruht dies ersichtlich nicht auf eine konkreten Prüfung des einzelnen Sachverhalts, sondern stellt einen pauschalen Rechtsrat dar, der – vor dem vorgenannten Hintergrund – ebenfalls als zulässige Meinungsäußerung einzustufen ist. Denn es wird dem Leser kein hinreichender Tatsachengehalt vermittelt, der einen Tatbestand erkennbar macht, aus dem der Rückschluss auf die Bewertung als „Betrug“ gezogen werden kann.
61Unter dem Treffer http://B.blogspot.com/2010/04/G-abzocke-und-kein-ende-in.html finden sich im Eintrag vom 2.12.2010 unter der Überschrift „G.de – Veränderungen bei der Betreiberfirma“ folgende Äußerungen: „In den letzten Tagen und Wochen gab es in diversen Foren und Blogs wieder vermehrt Beschwerden und Anfragen rund um das Singleportal G.de, der bisherigen Betreiberfirma N Media GmbH (…) Aus dem aktuellen Auszug des Handelsregisters geht zudem hervor, dass neben der Änderung des Firmennamens auch die Geschäftsführung gewechselt hat. (…) Nicht mehr Geschäftsführer: W E2, E (…) Das dubiose Geschäftsgebaren der Betreiber von G.de war bereits mehrfach Anlass für eine Berichterstattung in den Medien. Über die Kostenfalle der N Media GmbH hatte B52010 zuletzt in der Sendung vom 1.6.2010 berichtet (…) Die Verbraucherzentrale Hamburg hatte schon im Oktober kritisch über die Flirtfallen berichtet.“ Auch hier macht die Klägerin nicht geltend, dass die Berichte der Verbraucherzentrale bzw. die sonstige Berichterstattung in den Medien über vermeintlich irreführende Testabonnements oder sonstige Beschwerden im Blog unzutreffend wiedergegeben werden, sondern bemängelt vielmehr lediglich, dass sie mit diesen kritischen (Meinungs-) Äußerungen zum Geschäftsgebaren der Gesellschaft nicht (mehr) in Verbindung gebracht werden will.
62dd. Wird die Klägerin damit durch die mittels der streitgegenständlichen Treffer nachgewiesenen Seiten nur damit konfrontiert, dass sie vor einigen Jahren Geschäftsführerin einer Gesellschaft war, die wegen ihrer Geschäftspraktiken beim Betrieb eines Online-Dating-Portals in der Kritik stand, sind diese wahren Tatsachenbehauptungen aus der Sozialsphäre der Klägerin und damit auch der Nachweis der streitgegenständlichen Treffer durch die Beklagte im Rahmen des geltend gemachten Anspruchs nach § 1004 analog, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden. Denn wahre Tatsachenbehauptungen aus der Sozialsphäre des Betroffenen dürfen nur im Falle schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht mit negativen Sanktionen verknüpft werden, so etwa dann, wenn eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen sind (vgl. BGH, Urt. v. 21.11.2006 – VI ZR 259/05, juris Rn. 13 m.w.N.). Solche Auswirkungen sind hier allerdings nicht ersichtlich.
63(1) Zugunsten der Klägerin ist zwar die erhebliche Verbreitungs- und Aufbereitungsfunktion der Suchmaschine der Beklagten zu berücksichtigen, ohne die die Nutzer die überwiegende Zahl der Meldungen im Internet überhaupt nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen auffinden könnte. Allein dies kann jedoch hier nicht dazu führen, eine Stigmatisierung der Person der Klägerin oder eine unzulässige Prangerwirkung zu bejahen. Dies gilt zunächst im Hinblick auf die auf den nachgewiesenen Seiten enthaltene Angabe, dass die Klägerin früher Geschäftsführerin einer in der Öffentlichkeit kritisierten Gesellschaft war. Denn mit der Wiedergabe dieser Tatsache wird lediglich in zutreffender Weise ihre gesellschaftsrechtliche Position in der betreffenden Zeitspanne beschrieben. Soweit in den Blogbeiträgen darüber hinaus auch das Geschäftsgebaren der N Media GmbH kritisiert wird, handelt es sich – wie oben dargelegt – um Meinungsäußerungen, die den Grad einer Schmähkritik nicht erreichen. Eine solche Art von Kritik gehört zur Vergangenheit der beruflichen und damit nach außen gerichteten und von der Öffentlichkeit wahrgenommenen Tätigkeit der Klägerin.
64Die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung behauptete Gefahr, dass sie aufgrund der auf einigen Seiten enthaltenen Begriffe „Abzocke“ und „Betrug“ in ihrem Umfeld negativen Auswirkungen ausgesetzt sei oder künftig ausgesetzt sein könnte, ist insoweit – unabhängig von der Frage, ob die Klägerin mit diesem Vortrag wegen Verspätung nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen ist – unbeachtlich. Denn selbst wenn die Klägerin im Hinblick auf ihre offenbarte Position als damalige Geschäftsführerin der N Media GmbH mit den gegen diese Gesellschaft erhobenen Vorwürfen in Verbindung gebracht wird, stellt auch dies keine Stigmatisierung oder Prangerwirkung in einem Ausmaß dar, das die Mitteilung wahrer Tatsachen aus der Sozialsphäre verhindern könnte. Eine speziell auf die Person der Klägerin bezogene Stigmatisierung oder aber Angriffe speziell gegen ihre Person sind dagegen in den betreffenden Blogbeiträgen nicht enthalten. Als zum damaligen Zeitpunkt tätige Geschäftsführerin war die Klägerin aufgrund ihrer Stellung in der Gesellschaft für deren Auftreten im Rechts- und Geschäftsverkehr und damit auch für die Vorgänge, die den auf den Internetseiten geäußerten Vorgängen zugrunde liegen, gesellschaftsrechtlich verantwortlich. Die Klägerin mag durch die Meinungsäußerungen auf den betreffenden Internetseiten in der Öffentlichkeit dergestalt negativ belegt werden, dass sie für die dort geäußerten Vorwürfe möglicherweise (auch) persönlich verantwortlich gemacht wird. Dies ist jedoch mit ihrer freiwillig eingenommenen früheren Position als Geschäftsführerin verbunden und damit eine Folge der beruflichen Tätigkeit, welche die Klägerin insbesondere deswegen hinzunehmen hat, weil diese Bewertungen im Hinblick auf die Einleitung einer Vielzahl von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren einer tatsächlichen Grundlage nicht entbehrten.
65(2) Demgegenüber kann sich die Beklagte neben ihrem eigenen wirtschaftlichen Interesse am Betrieb der Suchmaschine – das für sich allein die grundrechtlich geschützte Position der Klägerin nicht überwiegen kann – zwar wohl nicht selbst auf das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 GG berufen. Denn anders als beim Betrieb eines Bewertungsportals, welches aus Sicht des Nutzers den Anspruch erhebt, ein vollständiges Bild über die abgegebenen und den vorgegebenen Richtlinien entsprechenden Nutzerbewertungen zu zeichnen, besteht die Arbeit einer Suchmaschine in einer rein technischen Verbreitung, deren Schutz durch Art. 5 Abs. 1 GG jedenfalls fraglich sein dürfte (vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.6.2009 – 1 BvR 134/03, NJW-RR 2010, 470; BGH, Urt. v. 23.9.2014 – VI ZR 358/13, BGHZ 202, 242). Letztlich kann diese Frage jedoch dahinstehen, weil im Rahmen der Abwägung auf Seiten der Beklagten jedenfalls die in Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Meinungs- und Informationsfreiheit der Nutzer zu berücksichtigen ist. Denn ohne die Hilfe einer Suchmaschine wie die der Beklagten wäre angesichts der heutigen Informationsflut des Internets eine sinnvolle Nutzung der dort vorhandenen Informationen im Sinne eines Zugangs zu diesen und zum Meinungsaustausch mit anderen Nutzern weitgehend ausgeschlossen. Des Weiteren sind auch die Rechte der Blog-Autoren aus Art. 5 Abs. 1 GG zu berücksichtigen, deren Beiträge zur (öffentlichen) Meinungsbildung und Diskussion nur mithilfe der von der Beklagten betriebenen Suchmaschine aufgefunden werden können.
66(3) Eine Abwägung zwischen dem Interesse der Nutzer und der Blog-Autoren einerseits, sich im Internet über die frühere Firmenstruktur der N Media GmbH und deren Bewertung durch Blog-Autoren zu informieren und auszutauschen mit den Interessen der Klägerin andererseits, über die Veröffentlichung ihrer personenbezogenen Daten selbst zu entscheiden bzw. ihre frühere Position als Geschäftsführerin der N Media GmbH nicht (mehr) öffentlich werden zu lassen, geht vorliegend zu Lasten der Klägerin aus:
67Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung beinhaltet die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, ob und wann sowie innerhalb welcher Grenzen seine persönlichen Daten in die Öffentlichkeit gebracht werden. In der Rechtsprechung sind wegen der Eigenart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als Rahmenrecht, dessen Reichweite nicht absolut feststeht, Abwägungskriterien u.a. nach Maßgabe einer abgestuften Schutzwürdigkeit bestimmter Sphären, in denen sich die Persönlichkeit verwirklicht, herausgearbeitet worden. Danach genießen besonders hohen Schutz die sogenannten sensitiven Daten, die der Intim- und Geheimsphäre zuzuordnen sind. Dieser Bereich ist allerdings im vorliegenden Fall aufgrund der Berufsbezogenheit der Daten der Klägerin nicht betroffen. Geschützt ist aber auch das Recht auf Selbstbestimmung bei der Offenbarung von persönlichen Lebenssachverhalten, die lediglich zur Sozial- und Privatsphäre gehören. Allerdings hat der Einzelne keine absolute, uneingeschränkte Herrschaft über "seine" Daten, denn er entfaltet seine Persönlichkeit innerhalb der sozialen Gemeinschaft. In dieser stellt die entsprechende Information, auch soweit sie personenbezogen ist, einen Teil der sozialen Realität dar, der nicht ausschließlich dem Betroffenen allein zugeordnet werden kann. Vielmehr ist über die Spannungslage zwischen Individuum und Gemeinschaft im Sinne der Gemeinschaftsbezogenheit und -gebundenheit der Person zu entscheiden. Aus diesem Grunde muss der Einzelne dann Einschränkungen seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung bzw. Anonymität hinnehmen, wenn und soweit solche Beschränkungen von hinreichenden Gründen des Gemeinwohls oder überwiegenden Rechtsinteressen Dritter getragen werden und bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze des Zumutbaren noch gewahrt ist.
68Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze gilt hier Folgendes: Durch die Übermittlung von Treffern, die die Klägerin als ehemalige Geschäftsführerin der U Online Media GmbH unter Nennung ihres Namens ausweisen, wird die Klägerin in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung berührt. Insgesamt handelt es sich dabei jedoch unter Berücksichtigung der Gesamtumstände nicht um schutzwürdige Belange, die dem Nachweise dieser Seiten durch die Beklagte entgegenstehen. Denn die von der Beklagten erhobenen und an die Nutzer übermittelten Daten der Klägerin betreffen wahre Tatsachenbehauptungen und zulässige Werturteile, welche jeweils die Sozialsphäre der Klägerin tangieren, weil sie ihre berufliche Tätigkeit und damit einen Bereich betreffen, in dem sich die persönliche Entfaltung von vornherein im Kontakt mit der Umwelt vollzieht. Der einzig negative Gesichtspunkt aus Sicht der Klägerin ist derjenige, dass durch die Auffindbarkeit der alten Blogbeiträge die Öffentlichkeit (wieder) an die gegenüber der N GmbH erhobene Kritik erinnert und die Klägerin aufgrund der Nennung ihres Namens mit dieser Kritik in Verbindung gebracht wird.
69Der zwischenzeitliche Zeitablauf sowie die Abberufung der Klägerin als Geschäftsführerin steht dem Informationsinteresse der Nutzer vorliegend nicht entgegen, da grundsätzlich auch ein Interesse anzuerkennen ist, über vergangene Sachverhalte zu recherchieren. Dieses Informationsinteresse begründet sich im vorliegenden Fall insbesondere daraus, dass die Betreiberin des Online-Dating-Portals „G“ auch aktuell noch in der Kritik bei Kunden und Verbrauchschützern steht. Da die Klägerin als Geschäftsführerin für die unter ihrer Leitung erfolgten Vorkommnisse wenn nicht persönlich, so doch jedenfalls repräsentativ einzustehen hat, ist ein Bedürfnis sowohl der ehemaligen als auch der aktuellen Kunden anzuerkennen, sich in diesem Zusammenhang über ihre Person zu informieren. Ein solches Interesse ist daneben auch für sonstige Geschäftspartner und/oder künftige Arbeitgeber anzuerkennen, die sich über die Person der Klägerin und ihre vergangenen Tätigkeiten im Geschäftsleben informieren wollen. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang geltend macht, ihre Stellung als ehemalige Geschäftsführerin würde sich ebenso aus dem einem künftigen Arbeitgeber vorzulegenden Lebenslauf ergeben, steht dies nicht dem Interesse entgegen, sich über die von der Beklagten nachgewiesenen Internetseiten weitergehend zu informieren. Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, dass nicht in allen Fällen einer Geschäftsanbahnung tatsächlich auch ein Lebenslauf vorgelegt wird bzw. vorgelegt werden muss. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass nicht nur die frühere Stellung der Klägerin als Geschäftsführerin, sondern auch die kritische Bewertung der ehemals von ihr geleiteten Gesellschaft zum Inhalt der berichtenswerten und von der Beklagten nachgewiesenen Informationen zählt. Gerade die auf den streitgegenständlichen Seiten wiedergegebenen Inhalte über eine kritische Betrachtung der Geschäftspraktiken der N Media GmbH sind Informationen, die ein potentieller Arbeitgeber und/oder Geschäftspartner aus einem Lebenslauf der Klägerin nicht erfahren würde.
70ee. Ein anderes Ergebnis dieser Abwägung folgt auch nicht aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 (C-131/12, MMR 2014, 455). Denn die in dieser Entscheidung enthaltenen Erwägungen führen nicht dazu, dass den persönlichkeitsrechtlichen Belangen der Klägerin der Vorrang vor dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit einzuräumen ist.
71(1) Weder im Hinblick auf die vom Europäischen Gerichtshof durchgeführte Prüfung eines Eingriffs in das „Privatleben“ noch hinsichtlich des Umstandes, dass in der dort entschiedenen Fallkonstellation die Internetsuche ausschließlich mit dem Namen des Betroffenen durchgeführt wurde, ist allerdings eine Übertragung der Erwägungen des Europäischen Gerichtshofs auf den vorliegenden Sachverhalt schon grundsätzlich ausgeschlossen.
72(a) Zwar wird das sog. „Recht auf Vergessen“ vom Europäischen Gerichtshof in der betreffenden Entscheidung damit begründet, dass ein Eingriff in das „Privatleben“ des Betroffenen vorliegt. Mit diesem Begriff des „Privatlebens“ ist jedoch nicht der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung definierte Bereich der sog. Privatsphäre gemeint, was zur Folge hätte, dass die Klägerin, deren allgemeines Persönlichkeitsrecht vorliegend lediglich im Hinblick auf ihre berufliche Tätigkeit und damit hinsichtlich der Sozialsphäre beeinträchtigt ist, generell von dem durch den Europäischen Gerichtshof zugebilligten Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung gegenüber der von der Beklagten betriebenen Suchmaschine ausgeschlossen wäre. Denn nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH, Urt. v. 9.11.2010 – C-92/09, MMR 2011, 122, juris Rn. 59 m.w.N.; vgl. zum Begriff des „Privatlebens“ auch EGMR, Urt. v. 16.12.1992 – 72/1991/324/396, NJW 1993, 718) ist mit dem Begriff des „Privatlebens“ ein weiterer Anwendungsbereich als der der „Privatsphäre“ umfasst, der sich nicht nur auf üblicherweise als privat geltende Umstände des Betroffenen, sondern unter anderem auch auf die berufliche Tätigkeit erstreckt.
73(b) Die Beklagte kann gegen die Berücksichtigung der Erwägungen aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 im vorliegenden Fall auch nicht einwenden, das sog. Recht auf Vergessen könne überhaupt nur dann in Betracht kommen, wenn die Nutzer ausschließlich den Namen einer Privatperson in die Suchmaschine eingegeben hätten. Denn der vorgenannten Entscheidung ist eine solche Einschränkung nicht zu entnehmen, so dass sich das sog. „Recht auf Vergessen“ auch auf Fälle beziehen kann, in denen nicht ausschließlich der Name einer natürlichen Person, sondern daneben auch weitere Suchbegriffe in die Suchmaschine eingegeben werden. Denn auch wenn die entsprechende Vorlagefragen an den Europäischen Gerichtshof weit gefasst waren, ergibt sich aus den Formulierungen in den Entscheidungsgründen, dass zwar auch, aber nicht ausschließlich nach dem Namen des Betroffenen gesucht werden muss. Diesem Ergebnis steht auch nicht entgegen, dass der Europäische Gerichtshof mit seiner Entscheidung angestrebt hat, sog. Zufallsfunde zu verhindern, damit Nutzer sich durch eine beiläufige Recherche im Internet nicht ein detailliertes Profil einer anderen Person verschaffen könnten. Denn der mit der Entscheidung verfolgte Zweck, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dadurch zu stärken, dass personenbezogene Informationen unter bestimmten Umständen dem Zugriff einer Suchmaschine entzogen und damit faktisch vom Nutzer in der Datenflut des Internet nicht mehr gefunden werden können, würde in der Praxis regelmäßig unterlaufen, wenn der Nutzer durch schlichte Eingabe eines völlig beliebigen Zusatzwortes neben dem Namen des Betroffenen die Unterlassungsverpflichtung des Suchmaschinenbetreibers umgehen könnte.
74(2) Nach Ansicht des Senates ist es auch durchaus erwägenswert, der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 13.5.2014 (C-131/12) zugunsten des Betroffenen ein abweichendes Regel-Ausnahmeverhältnis für die Prüfung eines Eingriffs in sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung im Rahmen der Sozialsphäre zu entnehmen. Denn während nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – wie oben ausgeführt – eine Veröffentlichung von wahren (personenbezogenen) Tatsachen aus der Sozialsphäre des Betroffenen regelmäßig nur dann unzulässig ist, wenn schwerwiegende Auswirkungen wie etwa eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen sind (vgl. BGH, Urt. v. 21.11.2006 – VI ZR 259/05, juris Rn. 13 m.w.N.), wird in der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 der zulässige Nachweis von Informationen, die das Privatleben – und damit auch das hier betroffene Berufsleben der Klägerin – betreffen, abweichenden Anforderungen unterworfen.
75Der Europäische Gerichtshof geht insofern davon aus, dass die durch Art. 7 und 8 der Grundrechtscharta geschützten Rechte der betroffenen Person grundsätzlich nicht nur gegenüber dem wirtschaftlichen Interesse des Suchmaschinenbetreibers, sondern auch gegenüber dem Interesse der Öffentlichkeit daran überwiegen, die Information bei einer Internetsuche anhand des Namens der betroffenen Person zu finden. In besonders gelagerten Fällen könne der Ausgleich von der Art der betreffenden Information, von deren Sensibilität für das Privatleben der betroffenen Person sowie vom Interesse der Öffentlichkeit am Zugang zu der Information abhängen. Insbesondere aus der Rolle der betreffenden Person im öffentlichen Leben könne sich ergeben, dass der Eingriff in die Grundrechte dieser Person durch das überwiegende Interesse der breiten Öffentlichkeit daran, über die Einbeziehung in eine derartige Ergebnisliste Zugang zu der betreffenden Information zu haben, gerechtfertigt ist (vgl. EuGH, Urt. v. 13.5.2014 – C-131/12, juris Rn. 81, 97). Unter Beachtung dieser Grundsätze könnte daher auch bei der Mitteilung von Treffern, die zu Veröffentlichung von wahren, die Sozialsphäre betreffenden Tatsachen führen zu prüfen sein, ob besondere Gründe vorliegen, die es rechtfertigen, dass personenbezogen Daten des Betroffenen durch eine Internetsuche mittels seines Namens aufgefunden werden.
76(3) Die Frage, ob durch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 die an die Zulässigkeit der Wiedergabe wahrer Tatsachenbehauptungen und zulässiger Werturteile aus dem Bereich der Sozialsphäre anzusetzenden Maßstäbe verändert werden, kann im vorliegenden Fall allerdings im Ergebnis offen bleiben. Denn der Senat ist nach Abwägung aller im vorliegenden Fall relevanten Umstände der Ansicht, dass hier ein besonders gelagerter Fall im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vorliegt, der den Eingriff in das Privatleben der Klägerin jedenfalls im aktuellen Zeitpunkt noch rechtfertigt.
77(a) Dabei kann in diesem Zusammenhang zugunsten der Klägerin die streitige Behauptung als wahr unterstellt werden, dass sie aktuell keine Verbindung zum Betreiber des Online-Dating-Portals „G“ mehr hat und ausschließlich Hausfrau und Mutter ist. Denn dieser Umstand stellt nicht in Abrede, dass die Klägerin in ihrer Zeit als Geschäftsführerin eine Rolle im öffentlichen Leben gespielt hat und sämtliche Äußerungen auf den nachgewiesenen Internetseiten eine Zeit betreffen, in der sie für die Leitung der betreffenden Gesellschaft, eines Marktführers bei Internet-Partnerschaftsbörsen, verantwortlich war. Anders als in dem vom Europäischen Gerichtshof entschiedenen Fall handelt es sich vorliegend auch nicht um Tatsachen, die einen 16 Jahre zurückliegenden Zeitraum betreffen, sondern vielmehr um solche, die erst knapp sechs Jahre zurückliegen. Allein dieser erhebliche Unterschied beim Zeitmoment macht deutlich – auch wenn der Europäische Gerichtshof insofern keine starre Fristenregelung begründen wollte – dass die gegenseitige Interessenlage zwischen der Klägerin, der Beklagten und den beteiligten Nutzern bzw. Blog-Autoren hier nicht vergleichbar ist. Daneben ist auch zu berücksichtigen, dass sich die Information über die frühere Stellung der Klägerin als Geschäftsführerin der N Media GmbH nicht nur aus den betreffenden Internetseiten, sondern auch aus dem Handelsregister als einem öffentlichen und für jedermann ohne besondere Beschränkungen einsehbaren Register ergeben. Des Weiteren spielt diese Information über die frühere berufliche Tätigkeit der Klägerin auch für ihr Privatleben keine derart gravierende Rolle, dass eine Sensibilität der entsprechenden Daten im Sinne der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 bejaht werden könnte. Es handelt sich vielmehr um eine überwiegend sachlich geprägte und berufsbezogene Information, die weder Rückschlüsse auf das sonstige Privatleben der Klägerin zulässt noch es dem Nutzer ermöglicht, ein detailliertes Profil über ihre Person zu erstellen.
78Soweit sich die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf beruft, die besondere Beeinträchtigung und damit eine Sensibilität der Information für ihr Privatleben resultiere aus dem Kontext, in welchem auf den von der Beklagten nachgewiesenen Internetseiten ihr Name genannt werde, hält der Senat dies nicht für durchgreifend. Wie bereits oben ausgeführt, besteht der Inhalt der von der Beklagten nachgewiesenen Seiten überwiegend aus der Mitteilung wahrer Tatsachen sowie aus zulässigen Meinungsäußerungen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Name der Klägerin in zwei Fällen im Zusammenhang mit den Begriffen „Abzocke“ und „Betrug“ genannt wird. Denn diese Vorwürfe beziehen sich auf das Geschäftsgebaren der N Media GmbH, welches sich die Klägerin in ihrer Position als damalige Geschäftsführerin und Verantwortliche zurechnen lassen muss. Die beiden Werturteile werden im Übrigen im Zusammenhang mit der Wiedergabe einer in der Vergangenheit erfolgten Medienberichterstattung verwendet („Vor einem Jahr ist B509 den Hinweisen von Betroffenen nachgegangen und hatte darüber berichtet“), die sich kritisch mit dem Aufbau des Online-Dating-Portals befasst hatte („Flirtportale und Singlebörsen wie z.B. die Seite „G“ sind manchmal trickreich aufgebaut und häufig merken die Nutzer erst zu spät, dass sie auch hier am Ende kräftig zur Kasse gebeten werden!“). Einer solch kritischen Würdigung des Geschäftsgebarens der von ihr geleiteten Gesellschaft muss sich die Klägerin jedoch schon deshalb stellen, weil dies einen Teil ihrer nur einige Jahre zurückliegenden beruflichen Vergangenheit darstellt. Darüber hinaus treffen diese Vorwürfe mangels Mitteilung substantieller Tatsachen aus Sicht des durchschnittlichen Rezipienten keine Aussagen über ein vermeintliches persönliches Fehlverhalten der Klägerin. Vielmehr werden sie in einer nur pauschalen Art und Weise gebraucht und vermitteln dem Rezipienten keine Details, die einen Rückschluss auf eine eventuelle persönliche Verfehlung der Klägerin zuließen.
79(b) Im Hinblick auf diese in der Gesamtschau nur geringe Beeinträchtigung der Klägerin überwiegt das Interesse der Öffentlichkeit, die betreffenden Seiten mithilfe der Suchmaschine der Beklagten weiter auffinden zu können. Dies gilt sowohl bei der im Rahmen des Hauptantrages beanstandeten Suche mittels des Namens der Klägerin und weiteren Suchbegriffen als auch bei der im Rahmen des Hilfsantrages beanstandeten Suche nur mittels des Namens der Klägerin.
80(aa) Soweit die Nutzer, wie mit dem Hauptantrag angegriffen, neben dem Namen der Klägerin noch weitere Suchbegriffe in die Suchmaschine der Beklagten eingeben, hat bereits das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend darauf hingewiesen, dass damit notwendigerweise auch diejenigen Fälle erfasst sind, in denen die Nutzer den Namen der Gesellschaft oder andere Details der früheren beruflichen Tätigkeit der Klägerin kennen und gezielt nach weiteren Informationen aus diesem Bereich suchen. In einem solchen Fall ist aber dem Informationsinteresse der Nutzer schon deshalb der Vorrang gegenüber dem Recht der Klägerin auf informationelle Selbstbestimmung einzuräumen, weil diese nicht ‑ gleichsam zufällig oder beliebig - ein Persönlichkeitsprofil des Betroffenen mithilfe der Suchmaschine der Beklagten erstellen, sondern vielmehr die Suchmaschine nutzen, um bereits vorhandene Informationen auf „einfachem“ Wege zu vervollständigen.
81Zwar werden vom Hauptantrag nicht nur solche Sucheinträge umfasst, die neben dem Namen der Klägerin berufsbezogene Suchworte wie beispielsweise den Namen der N Media GmbH oder den Begriff „G“ enthalten, sondern auch solche Sucheinträge, die neben dem Namen der Klägerin völlig beliebige weitere Begriffe aufweisen, die ihrerseits keinen Bezug zur ehemaligen beruflichen Tätigkeit der Klägerin haben müssen. In diesen Fällen kann daher nicht zwingend von einer bestehenden Vorinformation des Nutzers ausgegangen werden, die durch eine gezielte Suche im Internet lediglich erweitert werden soll. Insofern besteht allerdings keine prozessuale Möglichkeit, der Klägerin den geltend gemachten Anspruch zumindest teilweise zuzusprechen. Denn hier hätte es der Klägerin oblegen, ihren Antrag näher zu konkretisieren oder bestimmte „berufsbezogene“ Suchbegriffe anzugeben, die von der Unterlassungsverpflichtung der Beklagten hätten ausgenommen werden sollen. Ohne eine solche Darlegung ist nicht ersichtlich, wie durch eine abstrakte Umschreibung oder enumerative Aufzählung bestimmter Suchwörter ein hinreichend bestimmter und damit vollstreckungsfähiger Tenor erreicht werden kann.
82(bb) Auch in den vom Hilfsantrag der Klägerin umfassten Fällen, in denen lediglich der Name der Klägerin eingegeben wird, kann nach Ansicht des Senats ein besonders gelagerter Fall im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bejaht werden, der den Eingriff in das Privatleben der Klägerin jedenfalls im aktuellen Zeitpunkt noch rechtfertigt.
83Die Öffentlichkeit hat angesichts der Tatsache, dass die früher von der Klägerin geleitete Firma weiterhin in demselben Geschäftsfeld tätig ist und weiterhin mit ihren Geschäftspraktiken in der Kritik steht, auch ein berechtigtes Interesse daran zu erfahren, wer für diese Vorkommnisse verantwortlich zeichnet und dies in zumindest nicht zu lange zurückliegender Zeit getan hat. Anders als in der von der Klägerin herangezogenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 ist nämlich vorliegend noch kein Zeitraum von 16 Jahren vergangen, bei dem – unter Heranziehung weiterer Umstände des Einzelfalls – ein Informationsinteresse der Öffentlich nicht mehr bejaht wurde. Vielmehr ist der hier in Rede stehende Zeitraum von knapp sechs Jahren noch nicht als so lang einzustufen, dass das Interesse der Öffentlichkeit als zu schwach bewertet werden müsste.
84Neben diesem Interesse an der Gesellschaft besteht auch ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit an der Person der Klägerin als ehemaliger Geschäftsführerin. Ihr bisheriger beruflicher Werdegang ist nicht nur für potentielle Arbeitgeber und/oder Geschäftspartner von Bedeutung, sondern auch für sonstige Nutzer der Suchmaschine der Beklagten. Da die Klägerin die Tätigkeit als Geschäftsführerin freiwillig übernommen und über mehrere Jahre hinweg ausgeübt hat, stellen die diesbezüglichen im Internet noch vorhandenen Informationen einen Teil ihres der Öffentlichkeit zugewandten Berufslebens dar, womit sie jedenfalls im aktuellen Zeitpunkt eine entsprechende Identifizierung durch die Öffentlichkeit noch hinzunehmen hat. Anders als in der von der Klägerin zitierten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 sind die von der Beklagten nachgewiesenen Seiten auch nicht eindeutig ohne jeglichen Informationswert. Der Europäische Gerichtshof hat in dem von ihm entschiedenen Fall eine Abwägung der jeweiligen Interessen im Einzelfall vorgenommen, wobei zum einen – das mit der vorliegend verstrichenen Frist nicht vergleichbare – Zeitmoment und zum anderen der Gesichtspunkt einer Zweckerreichung eine Rolle spielten: Die personenbezogenen Daten des dort Betroffenen waren zu dem Zweck in einer Zeitungsanzeige veröffentlicht worden, eine möglichst große Zahl von Bietern zur Teilnahme an einem Versteigerungstermin zu bewegen und damit einen möglichst großen Erlös zugunsten der pfändenden Sozialkasse zu ermöglichen. Diese Zielsetzung war mit Beendigung der Pfändungsmaßnahmen erledigt, so dass durch die weitere Verbreitung der Information im Internet der ursprüngliche Zweck nicht mehr gefördert werden konnte. Vorliegend geht es dagegen um die Stellung der Klägerin als (ehemalige) Geschäftsführerin, die – auch wenn diese Stellung nach dem klägerischen Vortrag nunmehr seit einigen Jahren bei der konkreten Firma beendet ist – im Hinblick auf neue bzw. weitere Tätigkeiten der Klägerin von Bedeutung sein kann.
852. Die Klägerin hat gegen die Beklagte ebenfalls keinen Anspruch auf Unterlassung der Anzeige der beanstandeten Suchergebnisse – und zwar sowohl nach dem Haupt- als auch nach dem Hilfsantrag – gemäß § 1004 analog, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 29 BDSG.
86a. Zwar ist das BDSG vorliegend nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG anwendbar, weil die Beklagte als juristische Person des privaten Rechts eine nicht-öffentliche Stelle im Sinne von § 2 Abs. 4 S. 1 BDSG ist und unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen personenbezogene Daten der Klägerin im Sinne von § 3 BDSG verarbeitet.
87Der Begriff der personenbezogenen Daten umfasst alle Informationen, die über eine Bezugsperson etwas aussagen oder mit ihr in Verbindung zu bringen sind. Das sind nicht nur klassische Daten wie etwa der Name oder der Geburtsort, sondern auch Meinungsäußerungen, Beurteilungen und Werturteile, die sich auf einen bestimmten oder bestimmbaren Betroffenen beziehen, die Wiedergabe von mündlichen und schriftlichen Aussagen eines Betroffenen und die Darstellung des privaten oder des dienstlichen Verhaltens eines Betroffenen (vgl. BGH, Urt. v. 23.6.2009 – VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328; Simitis (Dammann), BDSG, 8. Auflage 2014, § 3 BDSG Rn. 7). Personenbezogene Daten sind vorliegend der Name der Klägerin, die mit der Nennung dieses Namens verbundene Identifizierung ihrer Stellung als (ehemaliger) Geschäftsführerin der N Media GmbH sowie die über die Gesellschaft geäußerten Werturteile.
88Diese Daten werden von der Beklagten im Sinne von § 3 BDSG verarbeitet, weil sie diese durch systematische Durchsuchung des Internets auffindet, indexiert, speichert und sodann in Form von Ergebnislisten an die Nutzer nach Eingabe entsprechender Suchwörter bzw. Suchwortkombinationen übermittelt. Soweit der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 13.5.2014 (C-131/12, juris Rn. 25 und 28) diese Tätigkeit der Beklagten generalisierend als „Verarbeitung“ bezeichnet, liegt dies darin begründet, dass die Richtlinie 95/46/EG in Art. 2 b) anders als das Bundesdatenschutzgesetz nicht zwischen Erheben, Verarbeiten (in Form des Speicherns, Veränderns, Übermittelns, Sperren und Löschens) und Nutzen von personenbezogenen Daten differenziert, sondern vielmehr den Begriff „Verarbeiten“ als einheitlichen Oberbegriff verwendet.
89b. Dem Anspruch der Klägerin steht auch nicht das Medienprivileg nach § 41 Abs. 1 BDSG i.V.m. § 57 des Rundfunkstaatsvertrages entgegen. Denn diese Sonderstellung der Medien ist daran gebunden, dass die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten einer pressemäßigen Veröffentlichung dient, die Daten also ausschließlich für eigene journalistisch-redaktionelle oder literarische Zwecke bestimmt sind. Übertragen auf den Bereich der Telemedien kann mithin die reine Übermittlung von erhobenen Daten an Nutzer nicht unter den besonderen Schutz der Presse fallen, weil die bloße automatische Auflistung von redaktionellen Beiträgen noch nicht eine eigene journalistisch-redaktionelle Gestaltung darstellt (vgl. BGH, Urt. v. 23.9.2014 – VI ZR 358/13, juris Rn. 13; BGH, Urt. v. 23.6.2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328). Selbst die Beklagte macht vorliegend nicht geltend, dass eine journalistisch-redaktionelle Bearbeitung der Ergebnisliste erfolgt und daher das Medienprivileg für sie einschlägig wäre.
90c. Der Unterlassungsanspruch der Klägerin scheitert jedoch daran, dass die geschäftsmäßige Erhebung der Daten zum Zwecke der Übermittlung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 BDSG und deren Übermittlung durch die Beklagte an die Nutzer in Form einer Ergebnisliste nach § 29 Abs. 2 BDSG zulässig ist.
91aa. Entscheidend für die Abgrenzung von § 28 BDSG und § 29 BDSG ist der vom privatwirtschaftlichen Datenverarbeiter verfolgte Zweck. Erfolgt die Datenverarbeitung "als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke", ist sie also lediglich Hilfsmittel zur Erfüllung bestimmter anderer, eigener Zwecke der datenverarbeitenden Stelle, so beurteilt sich ihre Zulässigkeit nach § 28 BDSG (vgl. BGH, Urt. v. 23.6.2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328). Werden die Daten hingegen geschäftsmäßig "zum Zwecke der Übermittlung" verarbeitet, ist die Datenübermittlung selbst also eigentlicher Geschäftsgegenstand, so gilt § 29 BDSG (vgl. BGH, Urt. v. 23.9.2014 – VI ZR 358/13, juris Rn. 15). Unter Beachtung dieser Grundsätze ist vorliegend § 29 BDSG anzuwenden. Denn unmittelbarer Zweck der Suchmaschine der Beklagten und mithin Gegenstand ihrer Tätigkeit ist es, den Nutzern die im Internet recherchierten und auf Servern der Beklagten gespeicherten (personenbezogenen) Daten zu übermitteln. Weil diese Tätigkeit auf Wiederholung gerichtet und auch auf eine gewisse Dauer angelegt ist, erfolgen Datenerhebung und Datenspeicherung, wie für die Anwendung des § 29 BDSG erforderlich, auch geschäftsmäßig (vgl. Simitis (Simitis), BDSG, 8. Auflage 2014, § 29 BSDG Rn. 108).
92Zwar hat die Beklagte in den einzelnen europäischen Ländern und so auch in Deutschland, Zweigniederlassungen bzw. Tochtergesellschaften gegründet, deren Geschäftszweck darin besteht, Werbeflächen auf der Internetseite www.H.com zu vermarkten, auf denen Unternehmen für ihre Waren oder Dienstleistungen Werbeanzeigen einbetten können, die mit den vom Nutzer eingegebenen Suchwörtern verknüpft sind. Dies führt jedoch nicht dazu, dass die Beklagte im Sinne von § 28 BDSG die Daten als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke erhebt bzw. übermittelt. Denn durch die gleichzeitige Ermöglichung von Werbeeinnahmen wird die Verwendung von Daten noch nicht zum Hilfsmittel für die Erfüllung geschäftlicher, beruflicher oder gewerblicher Zwecke (vgl. Simitis (Simitis), BDSG, 8. Auflage 2014, § 28 BDSG Rn. 22: Nutzung der im Rahmen von Kauf-, Kredit-, Miet- oder Reiseverträgen anfallenden Kundendaten für die spezifischen Vertragsziele). Vielmehr sind die im Internet von der Beklagten recherchierten Informationen, die teilweise auch personenbezogene Daten enthalten, die eigentliche „Ware“, mit deren Übermittlung an die Nutzer – zur leichteren Auffindbarkeit der von diesen nachgesuchten Informationen – die Beklagte Geld zu verdienen versucht. Dass zur Finanzierung der Website auch Werbeanzeigen verbreitet werden, ist dagegen nicht Zweck der Datenerhebung. Diese Erhebung erfolgt vielmehr im Informationsinteresse der Nutzer, denen die Beklagte die grundsätzliche bzw. schnellere Auffindbarkeit von Informationen im Internet ermöglicht.
93bb. Die Beklagte durfte die personenbezogenen Daten der Klägerin nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 BDSG zum Zwecke der Übermittlung erheben. Denn diese Daten konnten aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden und das schutzwürdige Interesse der Klägerin am Ausschluss dieser Erhebung überwiegt nicht offensichtlich.
94(1) Die Beklagte hat die Daten der Klägerin aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen. Allgemein zugänglich sind solche Quellen, die sich nach ihrer technischen Ausgestaltung und Zielsetzung dazu eignen, einem individuell nicht bestimmbaren Personenkreis Informationen zu vermitteln (vgl. Simitis (Simitis), BDSG, 8. Auflage 2014, § 28 BDSG Rn. 152). Dazu zählen nicht nur Angaben in Massenmedien wie Zeitung, Rundfunk oder Fernsehen, sondern auch Daten auf Internetseiten, CD-ROM-Dateien, Lexika, Adressen- und Telefonverzeichnissen etc. (vgl. Simitis (Simitis), BDSG, 8. Auflage 2014, § 28 BDSG Rn. 151 m.w.N.). Kann sich die Beklagte also schon deshalb auf die grundsätzliche Zulässigkeit ihrer Datenerhebung berufen, weil die von ihr erhobenen Daten der Klägerin, wie sie den streitgegenständlichen Treffern der Ergebnisliste zugrunde liegen, ausschließlich von Internetseiten stammen, streitet im vorliegenden Fall ein weiterer Grund für die Zulässigkeit der Datenerhebung: Die Klägerin wendet sich maßgeblich dagegen, dass mithilfe der Tätigkeit der Beklagten Seiten aufgefunden werden können, die die Klägerin als frühere Geschäftsführerin der N Media GmbH benennen und sie mit den auf einigen dieser Seiten enthaltenen kritischen Bewertungen des Geschäftsgebarens der N Media GmbH in Verbindung bringen. Die Stellung der Klägerin als (ehemalige) Geschäftsführerin ist jedoch eine Information, die sich nicht nur aus dem Internet, sondern auch aus dem Handelsregister als einer allgemein zugänglichen Quelle ergibt. Zu den allgemein zugänglichen Quellen im Sinne des § 29 Abs. 1 Nr. 2 BDSG zählen auch öffentliche Register, wenn die Einsichtnahme nicht bestimmten, wie auch immer abgegrenzten Personenkreisen vorbehalten ist oder von dem Vorliegen eines berechtigten Interesses oder einer damit vergleichbaren Anforderung abhängt (vgl. Simitis (Simitis), BDSG, 8. Auflage 2014, § 28 BDSG Rn. 153). Diesen Quellen unterfällt damit auch das Handelsregister, bei dem die Einsichtnahme zwar unter Umständen kostenpflichtig ist, jedoch nicht von der Darlegung eines berechtigten Interesses abhängt. Vielmehr ist nach § 9 Abs. 1 S. 1 HGB die Einsichtnahme in das Handelsregister selbst sowie in die zu diesem eingereichten Dokumente jedem Dritten zu Informationszwecken gestattet (vgl. BGH, Beschl. v. 12.7.1989 – IVa ARZ (VZ) 9/88, NJW 1989, 2818). Im Rahmen einer solchen Auskunft kann zwar nicht gezielt nach dem Namen eines Geschäftsführers einer Gesellschaft gesucht werden, jedoch steht für die einzelnen Gesellschaften auch ein sog. chronologischer Ausdruck zur Verfügung (vgl. § 10 Abs. 2 S. 1 HRV), in welchem z.B. auch ehemalige Geschäftsführer aufgeführt werden.
95(2) Bei Abwägung der beiderseitigen Interessen vermag der Senat nicht festzustellen, dass das schutzwürdige Interesse der Klägerin an dem Ausschluss der Erhebung der Daten zum Zwecke der Übermittlung offensichtlich überwiegt. In diesem Zusammenhang ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Europäische Gerichtshof nicht über den Fall zu entscheiden hatte, dass die personenbezogenen Daten aus einem öffentlichen Register entnommen wurden, welches nach § 7 HRV elektronisch geführt wird, der Öffentlichkeit zur Einsichtnahme frei zugänglich ist und in welchem die Daten nicht nach einem bestimmten Zeitablauf oder nach „Zweckerreichung“ wieder gelöscht werden. Vielmehr hat sich der Gesetzgeber hinsichtlich der im Handelsregister enthaltenen Daten und damit auch hinsichtlich der Namen der (ehemaligen) Geschäftsführer dafür entschieden, auch bei Änderung einer eingetragenen Tatsache die ursprüngliche Information in diesem öffentlichen Register beizubehalten (vgl. § 12 S. 2 HRV: „Aus dem Register darf nichts durch technische Eingriffe oder sonstige Maßnahmen entfernt werden“), wodurch ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit auch an diesem vergangenen Sachverhalt indiziert wird. Im Hinblick darauf, dass die Klägerin weiterhin, wenn auch gemäß § 16 Abs. 1 S. 2 HRV nur in geröteter Form, im Handelsregister als ehemalige Geschäftsführerin genannt wird und dies bei einer entsprechenden Recherche in Form eines chronologischen Ausdrucks (vgl. § 10 Abs. 2 S. 1 HRV) auch für die Öffentlichkeit ersichtlich ist, ist jedenfalls kein offensichtlich überwiegendes Interesse ihrerseits zu erkennen, dass diese Information nicht (auch) über die erleichterte Zugänglichkeit einer Internetsuchmaschine erreichbar ist.
96Soweit die Klägerin unter Hinweise auf die Informationsfunktion des Handelsregisters darauf abstellt, dass eventuelle Ansprüche gegen sie als (ehemalige) Geschäftsführerin zwischenzeitlich verjährt seien und damit auch kein Interesse der Öffentlichkeit mehr ersichtlich sei, die Verbindung zwischen ihr und der N Media GmbH zu ziehen, greift dies ebenfalls nicht durch. Denn der Gesetzgeber hat sich gerade dafür entschieden, auch bei Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse keine Veränderungen am Handelsregister vorzunehmen, so dass dies auf ein schutzwürdiges Interesse der Öffentlichkeit schließen lässt, auch Sachverhalte zu recherchieren, in denen Ansprüche möglicherweise bereits verjährt sind. Vor dem Hintergrund dieser Regelung sowie des – im Vergleich zum Urteil des Europäischen Gerichtshofes – vergleichsweise kurzen Zeitraums von sechs Jahren, der seit der Abberufung der Klägerin als Geschäftsführerin verstrichen ist, kann daher jedenfalls kein offensichtlich überwiegendes Interesse der Klägerin festgestellt werden.
97cc. Die Beklagte durfte die damit zulässigerweise erhobenen personenbezogenen Daten der Klägerin des Weiteren auch im Rahmen von Suchanfragen – entweder nur unter Nennung des Namens der Klägerin oder aber unter Nennung des Namens in Kombination mit weiteren Suchbegriffen – in Form von Ergebnislisten an die Nutzer gemäß § 29 Abs. 2 BDSG übermitteln. Eine solche Übermittlung ist zulässig, wenn der Dritte, dem die Daten übermittelt werden, ein berechtigtes Interesse an ihrer Kenntnis glaubhaft dargelegt hat, die Übermittlung sich im Rahmen der Zwecke nach § 29 Abs. 1 BDSG hält und kein Grund zu der Annahme besteht, dass der Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Übermittlung hat. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt:
98(1) Soweit die Zulässigkeit der Datenübermittlung § 29 Abs. 2 Nr. 1 BDSG grundsätzlich daran gebunden ist, dass der Empfänger ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis der Daten glaubhaft darlegt, steht dies im vorliegenden Fall einer zulässigen Übermittlung nicht entgegen. Zwar können die Nutzer, welche nach Eingabe von bestimmten Suchwörtern eine Ergebnisliste von der Beklagten erhalten, im Rahmen dieser Suchworteingabe weder ein berechtigtes Interesse darlegen noch dieses glaubhaft machen. Jedoch ist § 29 Abs. 2 Nr. 1 BDSG im Hinblick auf diese Anforderung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verfassungskonform auszulegen, um das Grundrecht der Meinungsfreiheit gebührend zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urt. v. 23.6.2009 – VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328).
99(a) Im Falle der Übermittlung von Daten durch ein Meinungsportal hat der Bundesgerichtshof darauf abgestellt, dass der durch den Portalbetreiber im Internet organisierte Informationsaustausch bei Einführung des § 29 BDSG am 1.6.1991 weder technisch möglich noch vorhersehbar gewesen sei. Vielmehr habe § 29 BDSG die "klassischen" geschäftlichen Datenverarbeitungen wie beispielsweise den gewerbsmäßigen Adresshandel oder Auskunftsdateien reglementieren sollen. Für Datenabfragen aus Bewertungsforen führe mithin die wortgetreue Anwendung der Vorschriften in § 29 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und S. 4 BDSG zu einem Widerspruch zu dem sich aus Art. 5 Abs. 1 GG ergebenden Recht auf uneingeschränkte Kommunikationsfreiheit, da das Recht der Meinungsfreiheit auch das Recht umfasse, mit seiner Meinung gehört zu werden und diese zu verbreiten. Würde man jedoch die Verbreitung von Beiträgen zur Meinungsbildung in Form der Teilnahme an einem Meinungsforum im Internet nur für zulässig erachten, sofern dabei keine persönliche Daten übermittelt würden, dann würden Meinungs- und Informationsfreiheit auf Äußerungen ohne datenmäßig geschützten Inhalt beschränkt, außer es läge die Einwilligung des Betroffenen vor. Auch wenn sich Bewertungsportale naturgemäß in einem Spannungsfeld bewegten, in dem der Betroffene bei negativen Bewertungen ein Interesse an dem Ausschluss der Verwendung seiner Daten habe, seien Beschränkungen der grundrechtlich geschützten Meinungs- und Informationsfreiheit nur dann rechtmäßig, wenn sie verhältnismäßig seien (vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 28.8.2000 – 1 BvR 1307/91, NJW 2001, 503). Die Zulässigkeit der Übermittlung der Daten an die abfragenden Nutzer müsse deshalb aufgrund einer Gesamtabwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und dem Informationsinteresse desjenigen, dem die Daten über das Internet übermittelt werden, beurteilt werden.
100(b) Diese Erwägungen des Bundesgerichtshofs zur verfassungskonformen Auslegung von § 29 Abs. 2 Nr. 1 BDSG sind nach Ansicht des Senats auch auf Datenabfragen mittels einer Suchmaschine anwendbar. Auch wenn die Beklagte vorliegend kein Portal betreibt, welches dem Meinungsaustausch dient, sondern vielmehr im Internet Informationen sammelt und auswählt, um sie den Nutzern in Abstimmung mit den von diesen eingegebenen Suchwörtern zur Verfügung zu stellen, ist zu konstatieren, dass ohne die Hilfestellung einer solchen Suchmaschine das Internet aufgrund der nicht mehr überschaubaren Flut von Einzeldaten für den Einzelnen nicht mehr nutzbar wäre. Letztlich ist damit die Nutzung des Internet durch den Einzelnen insgesamt auf die Existenz und Verfügbarkeit von Suchmaschinen angewiesen. Auch wenn die Beklagte also nicht den Meinungsaustausch über ein konkretes Thema im Rahmen eines Portals sicherstellt, muss die Nutzung ihrer Suchmaschine in gleicher Weise Schutz in Form einer verfassungskonformen Auslegung von § 29 Abs. 2 Nr. 1 BDSG genießen. Denn sie dient dem schutzwürdigen Interesse des Einzelnen, sich im Internet durch Eingabe selbst gewählter Suchwörter schnell und umfassend über bestimmte Themen zu informieren und die dazu maßgeblichen Seiten mittels der Ergebnislisten der Beklagten überhaupt bzw. schneller auffinden zu können.
101(c) Die Anwendung dieser Grundsätze führt dazu, dass die Zulässigkeit der Datenübermittlung durch die Beklagte an die Nutzer in Form der Einblendung einer Ergebnisliste nicht daran scheitert, dass die Nutzer im Zeitpunkt der Suchworteingabe kein berechtigtes Interesse an Inhalt ihrer Suche glaubhaft dargelegt haben. Vielmehr kommt es im Rahmen der erforderlichen verfassungskonformen Auslegung darauf an, zu welchem Ergebnis eine Abwägung des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen mit dem Informationsinteresse der Suchmaschinennutzer und dem Interesse des Suchmaschinenbetreibers an einer Übermittlung der Daten führt. Entsprechend den obigen Ausführungen ist vorliegend dem Informationsinteresse der Nutzer der Vorrang vor den persönlichkeitsrechtlichen Interessen der Klägerin einzuräumen.
102(2) Die Beklagte hat die Übermittlung der Daten an die Nutzer auch im Rahmen der Zwecke nach § 29 Abs. 1 BDSG vorgenommen, da dessen Voraussetzungen – Erhebung der personenbezogenen Daten aus allgemein zugänglichen Quellen – wie oben bereits dargelegt gewahrt sind.
103(3) Schließlich stehen auch schutzwürdige Interessen der Klägerin der Übermittlung ihrer Daten durch die Beklagte an die anfragenden Nutzer nicht entgegen. Schutzwürdige Interessen des Betroffenen, die bei der im Rahmen von § 29 Abs. 2 Nr. 2 BDSG vorzunehmenden Abwägung zu berücksichtigen sind, können in der Wahrung seines Persönlichkeitsrechts, aber auch in der Abwehr von wirtschaftlichen Nachteilen liegen, die bei der Veröffentlichung der Daten zu besorgen sind. Bietet die am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ausgerichtete Abwägung keinen Grund zu der Annahme, dass die Übermittlung der in Frage stehenden Daten zu dem damit verfolgten Zweck schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt, ist die Übermittlung zulässig. Die im Streitfall damit vorzunehmende Abwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Klägerin in Form ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, dem wirtschaftlichen Interesse der Beklagten sowie dem von ihrer Tätigkeit ermöglichten bzw. unterstützten Recht auf Informations- und Kommunikationsfreiheit der Nutzer und der Blog-Autoren nach Art. 5 Abs. 1 GG ergibt sowohl im Rahmen des Haupt- als auch des Hilfsantrages kein schutzwürdiges Interesse der Klägerin, das die entgegenstehenden Interessen der Beklagten und der Nutzer überwiegt und damit zum Ausschluss der Übermittlung führen kann. Insofern kann auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden.
104dd. Auch unter Berücksichtigung der europarechtlichen Vorgaben folgt kein anderes Ergebnis aus der vorgenannten Abwägung der kollidierenden Rechtspositionen. Denn auch die Anwendung der Grundsätze, wie sie der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 13.5.2014 (C-131/12) aufgestellt hat, führt nicht dazu, dass den persönlichkeitsrechtlichen Belangen der Klägerin der Vorrang vor dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit einzuräumen ist.
105(1) Wie bereits oben ausgeführt, scheitert die Übertragung der Erwägungen des Europäischen Gerichtshofs aus der Entscheidung vom 13.5.2014 (C-131/12) nicht daran, dass in der dort entschiedenen Fallkonstellation ein Eingriff in das „Privatleben“ geprüft bzw. die Internetsuche ausschließlich mit dem Namen des Betroffenen durchgeführt wurde. Auch hält der Senat es für erwägenswert, der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 13.5.2014 (C-131/12) ein abweichendes Regel-Ausnahmeverhältnis für die Prüfung eines Eingriffs in das im Rahmen der Sozialsphäre des Betroffenen angesiedelte Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu entnehmen. Insofern wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen, wonach bei einem Nachweis von Informationen des Privatlebens des Betroffenen durch eine Suchmaschine die durch Art. 7 und 8 der Grundrechtscharta geschützten Rechte der betroffenen Person grundsätzlich nicht nur gegenüber dem wirtschaftlichen Interesse des Suchmaschinenbetreibers, sondern auch gegenüber dem Interesse der breiten Öffentlichkeit überwiegen und nur in besonders gelagerten Fällen der Ausgleich von der Art der betreffenden Information, von deren Sensibilität für das Privatleben der betroffenen Person und vom Interesse der Öffentlichkeit am Zugang zu der Information abhängt (vgl. EuGH, Urt. v. 13.5.2014 – C-131/12, juris Rn. 81, 97). Der Senat ist allerdings nach Abwägung aller im vorliegenden Fall relevanter Umstände der Ansicht, dass hier ein solcher besonders gelagerter Fall vorliegt, der den Eingriff in das Privatleben der Klägerin jedenfalls im aktuellen Zeitpunkt noch rechtfertigt. Auch insoweit kann auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden.
106(2) Die Klägerin kann sich im Rahmen eines Unterlassungsanspruchs nach § 1004 analog, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 29 BDSG auch nicht mit Erfolg auf die Fristenregelung in § 35 Abs. 2 Nr. 4 BDSG berufen. Dabei mag zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass es sich bei ihrer früheren Stellung als Geschäftsführerin der N Media GmbH um einen „erledigten Sachverhalt“ im Sinne dieser Vorschrift handelt. Denn jedenfalls spricht entscheidend gegen eine Übertragung dieser Fristenregelung bzw. ihres Rechtsgedankens auf den vorliegenden Abwägungsvorgang, dass in § 35 Abs. 2 Nr. 4 BDSG keine Löschungspflicht der speichernden Stelle nach Ablauf der jeweiligen Zeitdauer statuiert wird, sondern lediglich eine Pflicht zur Prüfung der datenschutzrechtlichen Belange, deren Ausgang vom Ergebnis einer Erforderlichkeitsprüfung im Einzelfall abhängt und damit völlig offen ist.
107Die Regelung in § 35 Abs. 2 Nr. 4 BDSG ist auch nicht im Hinblick auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 (C-131/12) dahingehend auszulegen, dass sie bei Betroffenheit von personenbezogenen Daten eine Löschungspflicht nach Ablauf der dort genannten Fristen festlegt. Denn der Europäische Gerichtshof hat in der vorgenannten Entscheidung nicht generell festgelegt, dass im Internet vorhandene personenbezogene Daten des Betroffenen nach Ablauf einer festen Frist vom Suchmaschinenbetreiber nicht mehr nachgewiesen werden dürfen, sondern hat eine Abwägung der jeweiligen Interessen im Einzelfall vorgenommen. Bei dieser Abwägung spielte zwar auch das Zeitmoment von 16 Jahren eine Rolle. Dieses ist jedoch der vorliegenden Zeitspanne von sechs Jahren zum einen nicht vergleichbar und zum anderen stellte der Zeitablauf auch nur einen Gesichtspunkt von mehreren in der Abwägung der gegenseitigen Interessen dar.
1083. Schließlich kann die Klägerin den geltend gemachten Anspruch auch nicht auf § 35 Abs. 1 BDSG stützen. Denn die in dieser Norm enthaltene Pflicht, personenbezogene Daten unter bestimmten Umständen zu löschen, entspricht nicht dem Rechtsschutzziel der Klägerin. Sie macht mit der vorliegenden Klage keine Verpflichtung der Beklagten geltend, eine eventuell vorhandene statische Ergebnisliste in ihrem Speicher zu löschen, sondern will unter Berufung auf das sog. „Recht auf Vergessen“ erreichen, dass die Beklagte bei Eingabe der beanstandeten Suchbegriffe im Rahmen einer Internetsuche den Nutzern bestimmte Ergebnisse nicht mehr anzeigt. Insofern kann ein Löschungsanspruch der Klägerin, der sich lediglich auf die ggf. auf den Servern der Beklagten vorgehaltenen Informationen beziehen kann, dieses Ziel nicht erreichen. Denn da die Tätigkeit der von der Beklagten betriebenen Suchmaschine einen dynamischen Prozess darstellt, bei dem – ausgehend von den durch die Nutzer eingegebenen Suchworten – das Internet aktuell durchsucht und mit den gefundenen Treffern jeweils eine (neue) Ergebnisliste erstellt wird, würde die Beklagte nach Löschung der beanstandeten Treffer von ihren Servern bei einer erneuten Suche diesen Treffer wieder finden und an die Nutzer übermitteln können. Ein solches Verhalten kann lediglich mit einem Unterlassungsanspruch verhindert werden, da die Beklagte dann verpflichtet wäre, dafür zu sorgen, dass der entsprechende Treffer bei einer erneuten Suche künftig nicht mehr auf der Ergebnisliste erscheint.
1094. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf § 97 Abs. 1 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 S. 1 und 2 ZPO. Für die Zulassung der Revision bestand kein Anlass, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Zwar handelt es sich bei der Frage, ob und ggf. in welchem Maße die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 Auswirkungen auf die Maßstäbe hat, die bei einer Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts im Bereich der Sozialsphäre abwägungsrelevant sind, um eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, die sich künftig möglicherweise in einer Vielzahl von Fällen stellen wird. Jedoch ist diese Frage im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich, weil der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch – wie oben ausgeführt – auch dann ni