Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, es zur Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,00 Euro, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) zu unterlassen,

1. zu behaupten, zu verbreiten und/oder behaupten oder verbreiten zu lassen:

„2014 haben wir schockierende Zustände in einem B. Seniorenheim aufgedeckt.“

und dazu folgendes Bild zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen:

Bild entfernt

2. ...

3. durch die Berichterstattung

„[G. W. aus dem Off:] Der ehemalige Mitarbeiter aus dem Pflegehaus sagt mir, bei großer Zeitnot würde bei einigen Bewohnern die morgendliche Pflege komplett ausgelassen.

[Anonymer Mitarbeiter:] Das Problem ist, dass natürlich aufgrund des Personalmangels halt des Öfteren halt Bewohner nicht versorgt werden und dann halt dokumentiert wird: ‚Bewohner lehnte dies ab, die Grundversorgung.‘

[GW:] Das heißt, weil zu wenige Pfleger zum Waschen da sind, würden die Akten manipuliert. Es würde der Einfachheit halber vermerkt, dass die Bewohner die Körperpflege verweigert hätten.

[Off-Stimme:] Wir haben das Pflegehaus K. mit unseren Rechercheergebnissen konfrontiert. Sie schreiben bezüglich unserer Behauptungen über die Morgenpflege: ‚Nein das stimmt nicht. Wir wissen nichts von wahrheitswidrigen Dokumentationen. Schon gar nicht duldet die Einrichtungsleitung so etwas.‘“

den Verdacht zu erwecken, es würden im Pflegehaus K. Akten manipuliert, indem zu Bewohnern, die aus Zeitnot nicht gewaschen worden seien, wahrheitswidrig vermerkt werde, die Bewohner hätten die Körperpflege verweigert;

4. durch die Berichterstattung

„[Praktikantin L. aus dem Off:] soll ich die alte Dame [im Beitrag ‚Frau L.‘ genannt] halbnackt über den Flur [...] schieben, auf einem Toilettenstuhl, der so verrostet ist, dass er sich kaum bewegen lässt.

[Frage G. W.s an den anonymen Informanten:] Wie sieht‘s mit dem Material aus, Toilettenstühle? Ist denn da wenigstens nachgerüstet worden, was ja beteuert wurde?

[Informant:] Toilettenstühle wurde beantragt. Wurde abgelehnt in H..

[G. W.:] Mit welchem Argument wurde das denn abgelehnt?

[Informant:] Dass kein Geld da wär.

[G. W. aus dem Off:] So stellt er es dar. Bis zum Frühjahr dieses Jahres habe H., also der Hauptsitz der M. K. AG, diese Bestellungen abgelehnt. Die M.- K. AG hat im Geschäftsjahr 15/16 einen Jahresüberschuss von 10,9 Millionen Euro erwirtschaftet.

[Weibliche Off-Stimme:] Das Pflegehaus schreibt, eine Bestellung für Toilettenstühle sei aufgrund einer Fehleingabe abgelehnt worden. Und: Die vorhandenen Toilettenstühle sind uneingeschränkt verwendungsfähig. Es sind in den letzten Monaten fünf neue Toilettenstühle gekauft und geliefert worden.

[Praktikantin L.:] Ich ziehe Frau L. leider trotzdem auf einem rostigen Toilettenstuhl über die Station.“

den Verdacht zu erwecken, das Pflegehaus K. habe wahrheitswidrig

a.

die Anschaffung neuer Toilettenstühle behauptet,

b.

eine Fehleingabe als Grund für die tatsächlich aus Ersparnisgründen erfolgte Ablehnung einer Bestellung für Toilettenstühle vorgegeben;

5. zu behaupten, zu verbreiten und/oder behaupten oder verbreiten zu lassen:

„[L. zu Frau L. in deren Zimmer:] Ich weiß ja gar nicht, wo Sie ihre Kleidung haben.“

6. zu behaupten, zu verbreiten und/oder behaupten oder verbreiten zu lassen:

„[L.:] Ich laufe zurück, denn Frau L. sitzt ja ohne Aufsicht in einem Stuhl mit Rädern.“

7. ...

8. durch die Berichterstattung

„[L. aus dem Off:] Pfleger J. [...] erklärt mir, wie oft oder besser wie selten die Leute hier geduscht werden.

[Pfleger J.:] Normalerweise in anderen Einrichtungen kenne ich das so, dass mindestens jeder Bewohner einmal in der Woche geduscht wird, hier, in diesem Haus: einmal im Monat.

[Off-Stimme:] Das Pflegehaus K. bestreitet, dass Bewohner nur einmal im Monat geduscht werden [...]“,

den Verdacht zu erwecken, im Pflegehaus K. werde jeder Bewohner nur einmal im Monat geduscht;

9. zu behaupten, zu verbreiten und/oder behaupten oder verbreiten zu lassen:

„[L. aus dem Off:] Am letzten Tag erlebe ich, woran man in einer Pflegeeinrichtung noch sparen kann [...] Ich erlebe, wie alle, die hier noch nicht bettlägerig sind, nach dem Frühstück vor dem Fernseher geparkt werden.“;

10. zu behaupten, zu verbreiten und/oder behaupten oder verbreiten zu lassen:

„[L. aus dem Off zu Bildern aus dem Aufenthaltsraum mit dem Fernseher und zu Gesprächen mit Kolleginnen:] Ich mache mich auf die Suche nach Getränken für die Bewohner. [...] Nirgendwo in den Schränken finde ich Gläser [...] Ich frage meine Kolleginnen, wo ich Gläser finden könnte.

[Kollegin:] Ihr habt doch eine Küche da. Da ist kein Glas mehr? Wo sind denn alle Gläser?

[L.:] Keine Ahnung. Aber schon die ganzen letzten Tage war da immer nichts.“;

11. zu behaupten, zu verbreiten und/oder behaupten oder verbreiten zu lassen:

„Die haben halt alle Durst.“;

12. ...

13. den Verdacht zu behaupten, zu verbreiten und/oder behaupten oder verbreiten zu lassen:

„[Informant:] Es gab beispielsweise fünf, sechs Tassen für die Bewohner für eine Etage [...] Fünf Tassen für 20 Bewohner, 22 Bewohner [...]“;

14. zu behaupten, zu verbreiten und/oder behaupten oder verbreiten zu lassen:

„[Mitarbeiter 1: Es kann nicht sein, dass nur eine Fachkraft für das ganze Haus zuständig ist.]

[Mitarbeiter 2:] Das kann auch nicht sein, dass hier einer alleine ist [...] mir looft immer das Adrenalin raus, so ‘ne Unruhe [...] weil ich alleine bin.“;

jeweils wie im Beitrag „T. W. R. p. n.: N.- C. i. v. B.“ geschehen.

II. Die Beklagte wird verurteilt, nach Rechtskraft der Entscheidung in der nächsten erreichbaren Sendung des Fernsehmagazins „T. W. -R. u.“ die folgende Richtigstellung unter Verwendung des gesprochenen Hinweises „Richtigstellung zum Beitrag ‚T. W. R. p. n.: N.- C. i. v. B.‘ vom 28.08.2017“ während der Sendung verlesen zu lassen:

„Richtigstellung

In der Sendung vom 28.08.2017 brachten wir einen Beitrag mit dem Titel ‚T. W. R. p. n.: N.- C. i. v. B.‘. Darin erweckten wir den Verdacht, es würden im Pflegehaus K. Akten manipuliert, in denen zu Bewohnern, die aus Zeitnot nicht gewaschen worden seien, wahrheitswidrig vermerkt worden sei, die Bewohner hätten die Körperpflege verweigert.

Hierzu stellen wir richtig: Im Pflegehaus K. ist in keinem Fall zu Bewohnern, die aus Zeitnot nicht gewaschen wurden, wahrheitswidrig in Akten vermerkt worden, diese Bewohner hätten die Körperpflege verweigert.

R. T. GmbH“

III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägerinnen sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihnen durch die Veröffentlichung und/oder Verbreitung der Berichterstattung gemäß Ziffer I. des Tenors entstanden ist und/oder entstehen wird.

IV. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerinnen 742,23 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.12.2017 zu zahlen.

V. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

VI. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 77 % und die Klägerinnen zu jeweils 11,5 %.

VII. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich Ziffer I. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 150.000,00 Euro, hinsichtlich Ziffer II. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 20.000,00 Euro und hinsichtlich der Ziffern III., IV. und VI. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.

und beschließt:

Der Streitwert wird auf 355.000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Kläger nehmen die Beklagte auf Unterlassung einer Fernsehberichterstattung, Richtigstellung, Schadensersatzfeststellung und Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch.

2

Die Klägerin zu 1) betreibt das „Pflegehaus K.“, eine vollstationäre Senioren- und Pflegeeinrichtung in B., die überwiegend chronisch psychisch Kranke betreut. Sie ist ein Tochterunternehmen der Klägerin zu 2).

3

Die Beklagte ist Veranstalterin des TV-Programms R. (Impressum Anlage K 2). Auf diesem Sender strahlte sie am 28.08.2017 die Sendung „T. W. R. p. n.: N. i. v. B.“ (Sendungsmitschnitt CD-ROM Anlage K 4, Transskript Anlage K 5) aus, in der sie sich u.a. mit dem „Pflegehaus K.“ beschäftigt und die die streitgegenständlichen Passagen enthält. Für den Inhalt der Berichterstattung wird auf Anlage K 4 Bezug genommen. Die „Undercover-Recherche“ erfolgte durch eine Journalistin der Beklagten als „Praktikantin L.“ im Frühjahr 2017. Der im Beitrag gezeigte „Informant“ ist der ehemalige Pflegedienstleister S. R.- F., der in der Einrichtung in der Zeit vom 15.06.2014 bis 31.10.2015 sowie 01.04.2017 bis 23.06.2017 tätig war. Die Sendung wurde vorübergehend auch auf den Webseiten www. r..de und www. t..de veröffentlicht, nach der Abmahnung der Beklagten aber entfernt.

4

Bereits 2014 hatte die Beklagte im Rahmen der Sendereihe „T. W.“ einen Beitrag über das „Pflegehaus K.“ (Sendungsmitschnitt CD-ROM Anlage B 1) veröffentlicht. Die Parteien führten dazu einen Rechtsstreit vor dem Landgericht und Oberlandesgericht Köln.

5

Vor der streitgegenständlichen Sendung hatte die für das „T. W.“ tätige i. GmbH mit Schreiben vom 17.07.2017 (Anlage K 16) die Klägerinnen um eine Stellungnahme gebeten. Darauf hatte die Klägerin zu 1) mit Schreiben vom 31.07.2017 (Anlage K 17) geantwortet.

6

Die Klägerinnen mahnten die Beklagte wegen der streitgegenständlichen Sendung mit Schreiben vom 14.09.2017 (Anlage K 6) ab; die Abmahnung blieb unbeantwortet.

7

Daraufhin beantragten sie am 19.09.2017 (Anlage K 7), ergänzt durch Schriftsatz vom 25.09.2017 (Anlage K 8), den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Die Kammer erließ die einstweilige Verfügung mit Beschluss vom 27.09.2017 (Az. 324 O 443/17, Anlage K 9). Auf die sofortige Beschwerde der Klägerinnen erließ das Hanseatische Oberlandesgericht mit Beschluss vom 30.10.2017 (Anlage K 15) ein Verbot betreffend weitere Äußerungen.

8

Die Klage wurde der Beklagten am 27.12.2017 zugestellt.

9

Die Klägerinnen sind der Auffassung, dass die mit Klageantrag zu Ziffer I. angegriffenen Passagen sie in ihrem Unternehmenspersönlichkeitsrecht verletzten. Die im Klageantrag I.1. angegriffene Szene zeige ein Bild aus der Sendung von 2014 und dokumentiere keinen Missstand, sondern ein Fußbad, das eine besonders engagierte Mitarbeiterin des Pflegehauses einer Bewohnerin habe angedeihen lassen, und das im damaligen Filmbeitrag als „liebevoller Umgang“ bezeichnet worden sei. Schon die Veröffentlichung des Bildes in der Sendung von 2014 sei laut OLG Köln rechtswidrig gewesen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 21.09.2017, Az. 15 U 187 /16, Anlage K 23). Die Beklagte könne sich auch nicht zu ihren Gunsten auf die Entscheidung des BGH vom 10.04.2018 (Az. VI ZR 396/16) berufen, da die Aufnahme gerade keinen Missstand enthülle. Zudem habe die Beklagte hier einen eigenen Rechtsbruch begangen und nicht lediglich rechtswidrig erlangtes Material verwendet.

10

Auch die mit dem Klageantrag I.2. angegriffene Passage sei rechtswidrig verbreitet worden. Das Zimmer habe einem schwerst alkoholkranken ehemaligen Obdachlosen gehört, der die Reinigung seines Zimmers abgelehnt habe und aggressiv gegenüber dem Pflegepersonal aufgetreten sei. Er sei am 02.09.2014 in eine geschlossene psychiatrische Einrichtung entlassen worden. Eine Reinigung des Zimmers gegen den Willen der Bewohner sei menschenverachtend. Die Auffassung der Beklagten offenbare ein antiquiertes Pflegeverständnis; heute stehe vielmehr der Respekt gegenüber den Bewohnern im Mittelpunkt der Pflege. Diesen Sachverhalt hätten sie, die Klägerinnen, der Beklagten mit Schreiben vom 23.09.2015 (Anlage K 18) auch mitgeteilt. Die Beklagte habe ihn nicht verschweigen dürfen, da der Vorgang dadurch ein anderes Gewicht erhalte. Eine Rechtfertigung der Verbreitung des rechtswidrig erlangten Filmmaterials scheide aus, da es keine Missstände von erheblichem Gewicht offenbare.

11

Der mit dem Klageantrag I.3. angegriffene Verdacht sei rechtswidrig verbreitet worden, da er unwahr sei (Beweisangebot: Zeugin E.). Die Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung lägen nicht vor, da es schon am nötigen Mindestbestand an Beweistatsachen fehle. Der Informant der Beklagten, Herr R.- F., habe in offensichtlichem Belastungseifer agiert. Zudem seien die Klägerinnen im Rahmen der gebotenen Möglichkeit zur Stellungnahme nicht mit konkreten, nachprüfbaren Fällen konfrontiert worden.

12

Auch die mit dem Klageantrag I.4. angegriffene Verdachtsberichterstattung sei rechtswidrig. Der jeweils angegriffene Verdacht werde erweckt, insbesondere konstruiere die Aussage „leider trotzdem“ einen Widerspruch zwischen der Aussage der Klägerinnen und der tatsächlichen Situation. Der Verdacht sei auch jeweils unwahr: Im Juli 2017 seien fünf neue Toilettenstühle angeschafft worden (vgl. Lieferschein vom 20.07.2017 Anlage K 21, Beweisangebot: Zeugin L1). Die erste Bestellung am 16.06.2017 sei wegen einer fehlerhaften Eingabe abgelehnt worden (vgl. Anlage K 22).

13

Die mit Klageantrag I.5. angegriffene Behauptung der Beklagten verstehe der Zuschauer so, dass für die Praktikantin ein unmittelbarer Zugriff auf die Kleidung der Bewohnerin nicht möglich gewesen sei. Dies sei aber unwahr, da sich ein Kleiderschrank mit Kleidung im Zimmer der Bewohnerin befunden habe (Beweisangebot: Zeugin E.); dies sei auf dem Rohmaterial der Beklagten (Anlage B 3 bei 00:09:18, 00:09:40) auch erkennbar.

14

Aufgrund der Äußerung im Klagantrag I.6. nehme der Zuschauer an, dass der Rollstuhl mit Rädern eine Gefahrenquelle darstelle, weil die Räder sich nicht arretieren ließen. Dies sei aber unwahr, da der Rollstuhl eine Vorrichtung zur Rad-Arretierung gehabt habe und sich ordnungsgemäß habe arretieren lassen (Beweisangebot: Zeugin E.).

15

Die Äußerung im Klagantrag I.7. verstehe der Zuschauer so, dass aus Nachlässigkeit an dem Schrank keine Türen seien. Dies sei aber unwahr: Tatsächlich sei die Bewohnerin so krank, dass sie vermute, es befänden sich Menschen im Schrank, die ihr nach dem Leben trachteten; sie habe die Schranktüren deshalb mehrfach gewaltsam entfernt, bis diese seitens des Pflegehauses zum Schutz vor Verletzungen und auf ihren Wunsch entfernt worden seien (Beweisangebot: Zeuge R. d. N.). Die Beklagte habe dazu in ihrer schriftlichen Anfrage an sie, die Klägerinnen, auch nur einen allgemeinen Vorhalt (Anlage K 16 Ziff. 4) gemacht und insbesondere nicht nach dem Grund für die fehlenden Schranktüren gefragt.

16

Der Klageantrag I.8. sei begründet, dass sich um eine rechtswidrige Verdachtsberichterstattung handele. Der angegriffene Verdacht sei unwahr (Beweisangebot: Zeugin L.- K.). Es fehle auch am erforderlichen Mindestbestand an Beweistatsachen; aus der Anfrage der Beklagten (Anlage K 17 Frage 7) ergebe sich bereits, dass auch die Beklagte nicht davon ausgehe, dass wie behauptet alle Bewohner nur einmal im Monat geduscht würden.

17

Die mit dem Klageantrag I.9. angegriffene Berichterstattung sei unwahr. Tatsächlich sei nur ein kleiner Teil der nicht bettlägerigen Bewohner vor dem Fernseher versammelt gewesen, dies sei auch freiwillig erfolgt. Auch in den einzelnen Wohnbereichen gebe es weit mehr nicht bettlägerige Bewohner als vor dem Fernseher zu sehen seien (Beweisangebot für beides: Zeugin E.).

18

Auch die Äußerung im Klageantrag I.10. stelle eine Falschbehauptung der Beklagten dar. Im Erdgeschoss des Pflegehauses stünden im Speisesaal ausreichend Gläser und Getränke zur Verfügung (Beweisangebot: Zeugin E.). Auch im Aufenthaltsraum selbst befänden sich Trinkgefäße, was durch die Filmaufnahmen gezielt kaschiert worden sei.

19

Die im Klagantrag I.11. aufgestellte Behauptung sei ebenfalls unwahr. Die Bewohner hätten gerade gefrühstückt und hinreichend getrunken (Beweisangebot: Zeugin E.). Es handele sich auch nicht um eine wertneutrale Falschbehauptung, da dem Nichtvorhandensein von Gläsern eine andere Bedeutung zukomme, wenn die Bewohner keinen Durst hätten.

20

Die mit dem Klageantrag I.12. angegriffene Äußerung verstehe der Zuschauer falsch als Bestätigung des angeblichen Problems, dass die Bewohner Durst hätten, weil es zu wenige Gläser gebe. Tatsächlich habe sich die Aussage der Mitarbeiterin Frau C. jedoch auf das Problem bezogen, dass Gläser „verbummelt“ würden und anderswo wieder auftauchten (Beweisangebot: Zeugin C.).

21

Der im Klageantrag I.13. geäußerte Verdacht sei unwahr. Es sei zuletzt vor Monaten vorgekommen, dass beim Kaffeetrinken nicht ausreichend viele Tassen zur Verfügung gestanden hätten; Ursache sei gewesen, dass Tassen in andere Wohnbereiche verbracht, gehortet oder weggeworfen worden seien (Beweisangebot: Zeugin E.). Das in die Berichterstattung aufgenommene Dementi der Klägerinnen sei aufgrund der vagen Anfrage der Beklagten und des unterbliebenen Vorhalts zu pauschal.

22

Die mit dem Klageantrag I.14. angegriffene Berichterstattung enthalte die Behauptung, der gezeigte und gehörte Pfleger sei als einzige Fachkraft im Haus allein gewesen. Der gezeigte Pfleger Herr G. sei jedoch nie allein im Haus tätig gewesen (Beweisangebot: Zeugin E.). Die Anforderung, dass mindestens eine Fachkraft im Haus verfügbar sein müsse, sei im Pflegehauses K. auch immer erfüllt; auf jedem der beiden Wohnbereiche sei mindestens eine Pflegefachkraft tätig (Beweisangebot: Zeugin E.). Es liege auch keine wertneutrale Falschbehauptung vor, da schon ein weiterer Mitarbeiter eine Verdopplung des Betreuungsverhältnisses bedeutet hätte.

23

Sie, die Klägerinnen, hätten auch Anspruch auf Veröffentlichung der mit dem Klageantrag zu Ziffer II. geltend gemachten Richtigstellung. Bezüglich des Vorwurfs der Aktenmanipulation liege eine von Anfang an unzulässige Verdachtsberichterstattung vor, weshalb eine Verpflichtung der Beklagten zur Veröffentlichung einer Richtigstellung zu bejahen sei (vgl. BGH ZUM 2015, 248, 252). Es liege auch eine fortwirkende Rufbeeinträchtigung vor, da eine bewusste Täuschung zur Vertuschung eines Personalmangels einen schwerwiegenden Vorwurf darstelle und die angebliche Beseitigung der Missstände durch sie, die Klägerinnen, damit bloße Augenwischerei sein solle. Der zweite Teil der Richtigstellung, die behauptete Alleinzuständigkeit, stelle eine unwahre Tatsachenbehauptung dar, da tatsächlich eine Fachkraft nie allein für das ganze Haus zuständig sei. Auch hier sei die fortwirkende Rufbeeinträchtigung zu bejahen, da diese Falschbehauptung von erheblichem Gewicht und geeignet sei, Interessenten von dem Abschluss eines Heimvertrages abzuhalten und so ihr Geschäft zu schädigen.

24

Der mit dem Klageantrag zu Ziffer III. geltend gemachte Feststellungsanspruch bestehe ebenfalls. Das Feststellungsinteresse ergebe sich aus der Gefährdung der Schadensersatzansprüche durch Verjährung. Mit hoher Wahrscheinlichkeit sei davon auszugehen, dass an Dienstleistungen der Klägerinnen Interessierte genauso wie Mitarbeiter durch die Beschuldigungen abgeschreckt worden seien und so ihr wirtschaftliches Fortkommen beeinträchtigt worden sei.

25

Die Klägerinnen berechnen Abmahnkosten nach einem Gegenstandswert von 128.800 Euro (36 % von 330.000 Euro gemäß der Kostenentscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren plus 10.000 Euro für den Antrag zu I.2.) mit einer 0,65 Geschäftsgebühr (1.087,45 Euro) zuzüglich Auslagenpauschale (20,00 Euro) und 19 % Mehrwertsteuer (220,91 Euro) in Höhe von insgesamt 1.328,36 Euro.

26

Sie beantragen,

27

die Beklagte zu verurteilen,

I.

28

es zur Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,00 Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) zu unterlassen,

29

1. zu behaupten, zu verbreiten und/oder behaupten oder verbreiten zu lassen:

30

„2014 haben wir schockierende Zustände in einem B. Seniorenheim aufgedeckt.“
und dazu folgendes Bild zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen:
Bild entfernt

31

2. zu behaupten, zu verbreiten und/oder behaupten oder verbreiten zu lassen:

32

„[G. W. aus dem Off:] Vor drei Jahren waren wir schon mal undercover im Pflegehaus K. und haben erschreckende Missstände aufgedeckt: [...] die Zimmer waren teilweise verdreckt.

33

[Praktikantin O.:] Also hier kann eigentlich gar keiner wohnen.“
und dazu
das folgende Bild zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen:
Bild entfernt
sofern nicht zugleich mitgeteilt wird, dass der alkoholkranke Bewohner des Zimmers das Reinigen seines Zimmers verboten hatte,

34

3. durch die Berichterstattung

35

„[G. W. aus dem Off:] Der ehemalige Mitarbeiter aus dem Pflegehaus sagt mir, bei großer Zeitnot würde bei einigen Bewohnern die morgendliche Pflege komplett ausgelassen.

36

[Anonymer Mitarbeiter:] Das Problem ist, dass natürlich aufgrund des Personalmangels halt des Öfteren halt Bewohner nicht versorgt werden und dann halt dokumentiert wird: ‚Bewohner lehnte dies ab, die Grundversorgung.‘

37

[GW:] Das heißt, weil zu wenige Pfleger zum Waschen da sind, würden die Akten manipuliert. Es würde der Einfachheit halber vermerkt, dass die Bewohner die Körperpflege verweigert hätten.

38

[Off-Stimme:] Wir haben das Pflegehaus K. mit unseren Rechercheergebnissen konfrontiert. Sie schreiben bezüglich unserer Behauptungen über die Morgenpflege: ‚Nein das stimmt nicht. Wir wissen nichts von wahrheitswidrigen Dokumentationen. Schon gar nicht duldet die Einrichtungsleitung so etwas.‘“

39

den Verdacht zu erwecken, es würden im Pflegehaus K. Akten manipuliert, indem zu Bewohnern, die aus Zeitnot nicht gewaschen worden seien, wahrheitswidrig vermerkt werde, die Bewohner hätten die Körperpflege verweigert;

40

4. durch die Berichterstattung

41

„[Praktikantin L. aus dem Off:] soll ich die alte Dame [im Beitrag ‚Frau L.‘ genannt] halbnackt über den Flur [...] schieben, auf einem Toilettenstuhl, der so verrostet ist, dass er sich kaum bewegen lässt.

42

[Frage G. W.s an den anonymen Informanten:] Wie sieht‘s mit dem Material aus, Toilettenstühle? Ist denn da wenigstens nachgerüstet worden, was ja beteuert wurde?

43

[Informant:] Toilettenstühle wurde beantragt. Wurde abgelehnt in Hamburg.

44

[G. W.:] Mit welchem Argument wurde das denn abgelehnt?

45

[Informant:] Dass kein Geld da wär.

46

[G. W. aus dem Off:] So stellt er es dar. Bis zum Frühjahr dieses Jahres habe H., also der Hauptsitz der M. K. AG, diese Bestellungen abgelehnt. Die M.- K. AG hat im Geschäftsjahr 15/16 einen Jahresüberschuss von 10,9 Millionen Euro erwirtschaftet.

47

[Weibliche Off-Stimme:] Das Pflegehaus schreibt, eine Bestellung für Toilettenstühle sei aufgrund einer Fehleingabe abgelehnt worden. Und: Die vorhandenen Toilettenstühle sind uneingeschränkt verwendungsfähig. Es sind in den letzten Monaten fünf neue Toilettenstühle gekauft und geliefert worden.

48

[Praktikantin L.:] Ich ziehe Frau L. leider trotzdem auf einem rostigen Toilettenstuhl über die Station.“

49

den Verdacht zu erwecken, das Pflegehaus K. habe wahrheitswidrig

50

a. die Anschaffung neuer Toilettenstühle behauptet,
b. eine Fehleingabe als Grund für die tatsächlich aus Ersparnisgründen erfolgte Ablehnung einer Bestellung für Toilettenstühle vorgegeben;

51

5. zu behaupten, zu verbreiten und/oder behaupten oder verbreiten zu lassen:

52

„[L. zu Frau L. in deren Zimmer:] Ich weiß ja gar nicht, wo Sie ihre Kleidung haben.“

53

hilfsweise:

54

sofern nicht zugleich mitgeteilt wird, dass sich Kleidung der Bewohnerin in deren Kleiderschrank in dem gezeigten Zimmer befand;

55

6. zu behaupten, zu verbreiten und/oder behaupten oder verbreiten zu lassen:

56

„[L.:] Ich laufe zurück, denn Frau L sitzt ja ohne Aufsicht in einem Stuhl mit Rädern.“

57

hilfsweise:

58

sofern nicht zugleich mitgeteilt wird, dass die Räder des Stuhls sich arretieren ließen;

59

7. zu behaupten, zu verbreiten und/oder behaupten oder verbreiten zu lassen:

60

„[L. aus dem Off:] Als ich das Frühstück ins Zimmer von Frau S. bringe, bemerke ich einen unangenehmen Geruch. Außerdem sieht das Zimmer verwahrlost und unsauber aus. [...]

61

[Frau S.:] Ich weine viel.

62

[L. aus dem Off:] [...], nicht mal Türen an den Schränken [...]“

63

hilfsweise:

64

sofern nicht zugleich mitgeteilt wird, dass die psychisch kranke Bewohnerin dieses Zimmers randaliert hat, dass die Spuren immer wieder beseitigt werden sowie dass die Bewohnerin dieses Zimmers aufgrund ihrer psychischen Erkrankung vermutet, dass sich in ihrem Schrank Menschen befinden, die ihr nach dem Leben trachteten, weshalb sie wiederholt selbst die Schranktüren gewaltsam entfernt hatte und diese schließlich ausgebaut wurden;

65

8. durch die Berichterstattung

66

„[L. aus dem Off:] Pfleger J. [...] erklärt mir, wie oft oder besser wie selten die Leute hier geduscht werden.

67

[Pfleger J.:] Normalerweise in anderen Einrichtungen kenne ich das so, dass mindestens jeder Bewohner einmal in der Woche geduscht wird, hier, in diesem Haus: einmal im Monat.

68

[Off-Stimme:] Das Pflegehaus K. bestreitet, dass Bewohner nur einmal im Monat geduscht werden [...]“,

69

den Verdacht zu erwecken, im Pflegehaus K. werde jeder Bewohner nur einmal im Monat geduscht;

70

9. zu behaupten, zu verbreiten und/oder behaupten oder verbreiten zu lassen:

71

„[L. aus dem Off:] Am letzten Tag erlebe ich, woran man in einer Pflegeeinrichtung noch sparen kann [...] Ich erlebe, wie alle, die hier noch nicht bettlägerig sind, nach dem Frühstück vor dem Fernseher geparkt werden.“;

72

10. zu behaupten, zu verbreiten und/oder behaupten oder verbreiten zu lassen:

73

„[L. aus dem Off zu Bildern aus dem Aufenthaltsraum mit dem Fernseher und zu Gesprächen mit Kolleginnen:] Ich mache mich auf die Suche nach Getränken für die Bewohner. [...] Nirgendwo in den Schränken finde ich Gläser [...] Ich frage meine Kolleginnen, wo ich Gläser finden könnte.

74

[Kollegin:] Ihr habt doch eine Küche da. Da ist kein Glas mehr? Wo sind denn alle Gläser?

75

[L.:] Keine Ahnung. Aber schon die ganzen letzten Tage war da immer nichts.“;

76

11. zu behaupten, zu verbreiten und/oder behaupten oder verbreiten zu lassen:
„Die haben halt alle Durst.“;

77

12. zu behaupten, zu verbreiten und/oder behaupten oder verbreiten zu lassen:

78

„[L. aus dem Off:] Ich mache mich auf die Suche nach Getränken für die Bewohner [...] Nirgendwo in den Schränken finde ich Gläser [...] Ich frage meine Kolleginnen, wo ich Gläser finden könnte.

79

[Kollegin:] Ihr habt doch eine Küche da. Da ist kein Glas mehr? Wo sind denn alle Gläser?

80

[L.:] Keine Ahnung. [...]

81

[L. aus dem Off:] Wenigstens gibt mir diese Mitarbeiterin schon mal drei Gläser ab. Das reicht aber noch lange nicht für alle Bewohner im Aufenthaltsraum.

82

Die haben halt [...] Durst.

83

[Mitarbeiterin:] Na ja, das ewige Problem [...]“;

84

13. den Verdacht zu behaupten, zu verbreiten und/oder behaupten oder verbreiten zu lassen:

85

„[Informant:] Es gab beispielsweise fünf, sechs Tassen für die Bewohner für eine Etage [...] Fünf Tassen für 20 Bewohner, 22 Bewohner [...]“;

86

hilfsweise,

87

zu behaupten, zu verbreiten und/oder behaupten oder verbreiten zu lassen:

88

„[G. W.:] Das Problem mit den Gläsern ist wohl nicht neu, bestätigt der ehemalige Mitarbeiter.

89

[Informant:] Es gab beispielsweise fünf, sechs Tassen für die Bewohner für eine Etage [...] Fünf Tassen für 20 Bewohner, 22 Bewohner [...]

90

[Pflegeexperte R.:] [...] So ein Heim gehört, bzw. das Heim gehört nicht geschlossen, diese Menschen, die das zu verantworten haben, gehören aus der Pflege entfernt, die gehören Berufsverbot, eigentlich gehören die eingesperrt.

91

[Off-Stimme:] Das Pflegehaus K. schreibt dazu. ‚In der Einrichtung werden ausreichend Gläser und Tassen bereitgestellt, so dass weder Kaffee in Schichten serviert wird, noch ein Ausspülen von Hand erforderlich ist. Einen Mangel hat es seit Monaten nicht gegeben. Die Einrichtungsleiterin hat die Rücklaufprozesse optimiert und neue Trinkgefäße gekauft.
[...]

92

[G. W.:] Anscheinend nicht mal Geld da für Gläser [...] Das ist schon ganz schön zynisch. Dann aber die teuersten Anwälte zu beauftragen, die kategorisch alles abstreiten, Dafür ist Geld genug da. Ich muss sagen, ich bin enttäuscht [...]“

93

und dadurch den Verdacht zu erwecken,
es seien während der Tätigkeit des Informanten im Pflegehaus K. dort nur fünf Tassen für 20 Bewohner, 22 Bewohner vorhanden gewesen;

94

14. zu behaupten, zu verbreiten und/oder behaupten oder verbreiten zu lassen:

95

„[Mitarbeiter 1: Es kann nicht sein, dass nur eine Fachkraft für das ganze Haus zuständig ist.]

96

[Mitarbeiter 2:] Das kann auch nicht sein, dass hier einer alleine ist [...] mir looft immer das Adrenalin raus, so ‘ne Unruhe [...] weil ich alleine bin.“;

97

jeweils wie im Beitrag „T. W. R. p. n.: N.- C. i. v. B.“ geschehen;

II.

98

in der nächsten erreichbaren Sendung des Fernsehmagazins „T. W. -R. u.“ die folgende Richtigstellung unter Verwendung des gesprochenen Hinweises „Richtigstellung zum Beitrag ‚T. W. R. p. n.: N.- C. i. v. B.‘ vom 28.08.2017“ während der Sendung verlesen zu lassen:

99

„Richtigstellung

100

In der Sendung vom 28.08.2017 brachten wir einen Beitrag mit dem Titel ‚T. W. R. p. n.: N.- C. i. v. B.‘. Darin erweckten wir den Verdacht, es würden im Pflegehaus K. Akten manipuliert, in denen zu Bewohnern, die aus Zeitnot nicht gewaschen worden seien, wahrheitswidrig vermerkt worden sei, die Bewohner hätten die Körperpflege verweigert.

101

Hierzu stellen wir richtig: Im Pflegehaus K. ist in keinem Fall zu Bewohnern, die aus Zeitnot nicht gewaschen wurden, wahrheitswidrig in Akten vermerkt worden, diese Bewohner hätten die Körperpflege verweigert.

102

Ferner haben wir in dem Beitrag einen Mitarbeiter gezeigt, der behauptet, dass er für das ganze Haus zuständig sei.

103

Hierzu stellen wir richtig: Der gezeigte Mitarbeiter ist im Pflegehaus K. nie alleine tätig gewesen.

104

R. T. GmbH“

III.

105

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägerinnen sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihnen durch die Veröffentlichung und/oder Verbreitung von Berichterstattung gemäß Ziffer I. dieses Klageantrags entstanden ist und/oder entstehen wird;

IV.

106

die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 1.328,36 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

107

Die Beklagte beantragt,

108

die Klage abzuweisen.

109

Sie ist der Auffassung, dass schon der mit Klageantrag zu Ziffer I. geltend gemachte Unterlassungsanspruch der Klägerin nicht bestehe. Die mit dem Klageantrag I.1. angegriffene Szene verletze nicht das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Klägerinnen. Das gezeigte Bild sei eingebettet in die Berichterstattung von 2014 über die Zerrissenheit des Pflegepersonals zwischen Personalmangel und den Bedürfnissen der Bewohner (Anlage B 1 ab 00:48:40). Der Zustand, dass sogar ungelernte Praktikantin das dokumentierte Fußbad hätten mit übernehmen müssen, könne als „schockierend“ bezeichnet werden. Das Bild verleihe auch der streitgegenständlichen Berichterstattung als Bericht über die fortwährend unzureichende Personalsituation Authentizität. Zudem sei zu ihren Gunsten die Entscheidung des BGH vom 10.04.2018 (Az. VI ZR 396/16) zu berücksichtigen; die Zustände in Alten- und Pflegeheimen und der Personalmangel im Pflegewesen seien ein Thema von hoher öffentlicher Bedeutung. Nach ihrer Berichterstattung 2014, im Rahmen derer sie, die Beklagte, erhebliche Missstände aufgedeckt habe, habe ein erhebliches Informationsinteresse bestanden, ob die Mängel behoben worden seien.

110

Das mit dem Klageantrag I.2. angegriffene Bild zeige unstreitig einen für eine Pflegeeinrichtung nicht akzeptablen Hygiene- und Ordnungszustand und damit einen Missstand von öffentlicher Bedeutung. Die Klägerinnen seien verpflichtet, eine Zimmerreinigung notfalls auch gegen den Willen des Bewohners durchzusetzen; andernfalls müssten sie die Aufnahme von alkoholkranken Bewohnern ablehnen. Der Bewohner sei überhaupt nicht mehr in der Lage gewesen, seine Situation hinreichend einzuschätzen. Die Auffassung der Klägerinnen habe zur Konsequenz, dass sie den alkoholkranken Heimbewohner bei entsprechendem Wunsch verdreckt und ungepflegt zurückließen, was jedoch sämtlichen geltenden Fürsorgepflichten widerspreche.

111

Der mit Klageantrag I.3. angegriffene Verdacht sei rechtmäßig verbreitet worden, die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung seien eingehalten. Der Informant R.- F. habe oft erlebt, dass wahrheitswidrig in der Pflegedokumentation eingetragen worden sei, dass der Bewohner sich der Grundversorgung verweigert habe (Eidesstattliche Versicherung des Zeugen R.- F. Anlage B 2, Beweisangebot: Zeuge R.- F.). Die Anfrage der Redaktion an die Klägerinnen (Anlage K 16 Ziffer 8) sei auch hinreichend konkret formuliert gewesen; eine weitergehende Konkretisierung habe die Gefahr beinhaltet, die Identität des Informanten zu offenbaren.

112

Auch die mit Klageantrag I.4. angegriffene Verdachtsberichterstattung sei rechtmäßig. Die im Klageantrag formulierten Verdachte würden schon nicht erweckt. Der Zuschauer gewinne aus der Berichterstattung nur den Eindruck, dass die Klägerinnen zu wenige Toilettenstühle angeschafft hätten, was wahrheitsgemäß sei (Beweisangebot: Zeugin P.). Der Zeuge R.- F. habe bekundet, dass seine im Mai 2017 vorgenommene Bestellung von neuen Toilettenstühlen aus Kostengründen abgelehnt worden sei (Eidesstattliche Versicherung des Zeugen R.- F. Anlage B 2, Beweisangebot: Zeuge R.- F.). Die Journalistin der Beklagten habe dann persönlich festgestellt, dass die ihr zur Verfügung stehenden Toilettenstühle verrostet gewesen seien (Beweisangebot: Zeugin P.).

113

Das Verständnis, dass die Klägerinnen der Äußerung im Klageantrag I.5. zugrunde legten, sei fernliegend. Die Äußerung der Praktikantin sei vielmehr dahingehend zu verstehen, dass sie noch keine hinreichende Kenntnis über die Aufbewahrungsstelle der Kleidung gehabt habe, da ihr die örtlichen Gegebenheiten in dem Zimmer der Heimbewohner nicht hinreichend bekannt gewesen seien; dieses Verständnis sei wahr (Beweisangebot: Zeugin P.).

114

Die Äußerung im Klagantrag I.6. sei rechtmäßig verbreitet worden. Die Reporterin habe die Befürchtung geäußert, dass die Heimbewohnerin nicht ohne Aufsicht auf dem Toilettenstuhl alleine gelassen werden dürfe, was angesichts ihres gesundheitlichen Zustands und des mangelhaften Zustands des Stuhls nachvollziehbar sei. Der im Beitrag gezeigte Rollstuhl habe sich nicht ordnungsgemäß arretieren lassen; die Heimbewohnerin sei gebrechlich und sturzgefährdet gewesen (Beweisangebot für beides: Zeugin P.).

115

Die von den Klägerinnen im Rahmen des Klageantrags I.7. behauptete Erklärung für die fehlenden Schranktüren werde bestritten. Aufgrund des Gesundheitszustands der Bewohnerin, die bettlägerig und gebrechlich sei (Beweisangebot: Zeugin P.), sei es fernliegend, dass diese körperlich überhaupt in der Lage gewesen sei, die Schranktüren gewaltsam zu entfernen. Zudem hätten die Klägerinnen zu dem Vorwurf auf Nachfrage keine konkrete Stellung genommen.

116

Die Äußerung im Klageantrag I.8. sei zulässig. Es handele sich um ein bloßes Zitat von „Pfleger J.“, das die Beklagte sich nicht zu eigen gemacht habe. Der Pfleger habe die Aussage so wie wiedergegeben auch getätigt (Beweisangebot: Zeuge K.). Die Darlegungs- und Beweislast für die Unwahrheit der Berichterstattung trügen die Klägerinnen.

117

Die Äußerung im Klageantrag I.9. sei ebenfalls rechtmäßig. Es werde nicht behauptet, dass alle nicht bettlägerigen Bewohner des Hauses vor dem Fernseher versammelt gewesen seien; der Beitrag nehme nur Bezug auf die Station, auf der die Journalistin in diesem Moment eingesetzt gewesen sei; das ergebe sich aus dem „hier“ („Ich erlebe, wie alle, die hier noch nicht bettlägerig sind,...“).

118

Die Äußerung im Klageantrag I.10. sei wahr. Die Reporterin habe im gesamten Erdgeschoss erfolglos nach Gläsern gesucht. Die von der Journalistin zusammengesuchten Gläser seien unzureichend gewesen, um alle Bewohner im Aufenthaltsraum mit Getränken zu versorgen (Beweisangebot für beides: Zeugin P.). Der Zeuge R.- F. habe bestätigt, dass nicht genügend Trinkgläser und Tassen für die Bewohner auf den Wohngruppen zur Verfügung gestanden hätten (eidesstattliche Versicherung des Zeugen R.- F. Anlage B 2, Beweisangebot: Zeuge R.- F.).

119

Die Verbreitung der Äußerung im Klagantrag I.11. sei rechtmäßig erfolgt. Mehrere Bewohner hätten auf die Frage der Reporterin, ob sie Durst hätten, aufgezeigt (Beweisangebot: Zeugin P.). Jedenfalls handele es sich um eine wertneutrale Falschbehauptung.

120

Bezüglich des Klageantrags I.12. bestreitet die Beklagte den von den Klägerinnen behaupteten Aussageinhalt der Mitarbeiterin Frau C.. Ausweislich des Rohmaterials (Anlage B 3 ab 00:18:19) füge die Zeugin C. ihrem Satz gerade keine weiteren Kommentare bei.

121

Der mit dem Klageantrag I.13. angegriffene Verdacht sei rechtmäßig verbreitet worden. In den Wohnbereichen hätten manchmal nur fünf Tassen für 24 Bewohner zur Verfügung gestanden (Beweisangebot: Zeuge R.- F., Eidesstattliche Versicherung des Zeugen R.- F. Anlage B 2); dies stelle eine hinreichende Verdachtsgrundlage dar. Auch 2014 hätten unstreitig ebenfalls nicht ausreichend Tassen zur Verfügung gestanden. Sie, die Beklagte, habe den Klägerinnen diesen Missstand auch konkret vorgehalten in Anlage K 16 Ziffer 12 mit einem konkreten Vorhalt, sodass diese hätten Stellung beziehen können.

122

Die mit dem Klageantrag I.14. angegriffene Behauptung des Zeugen G. sei wahrheitsgemäß (Beweisangebot: Zeuge G.). Es fehle ein substantiierter Vortrag der Klägerinnen dazu, wie viele Pfleger, Helfer und Fachkräfte sich tatsächlich im Pflegehaus befunden hätten. Allenfalls handele sich um eine wertneutrale Falschbehauptung.

123

Der von den Klägerinnen begehrte Richtigstellungsanspruch (Klageantrag zu Ziffer II.) bestehe nicht, da keine rechtswidrige und erhebliche Rufbeeinträchtigung vorliege. Die begehrte Richtigstellung führe den Rezipienten in die Irre, da die Klägerinnen in Anlage K 17 selbst einräumten, dass auch eine andere Mitarbeiterin Andeutungen über wahrheitswidrige Dokumentationen gemacht habe; demgegenüber hätten die Klägerinnen nicht positiv den Beweis erbracht, dass ein derartiger Vorfall tatsächlich niemals vorgefallen sei. Hinsichtlich des Vorwurfs der Alleinzuständigkeit fehle es der Richtigstellung an der erforderlichen Konkretisierung, da weder der monierte Vorfall noch die vermeintliche Falschdarstellung für den Rezipienten nachvollziehbar seien.

124

Bezüglich der mit dem Klageantrag zu IV. geltend gemachten Abmahnkosten bestreitet die Beklagte, dass die Klägerinnen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt seien, weshalb die Umsatzsteuer nicht erstattungsfähig sei. Zudem handele es sich gebührenrechtlich um eine Angelegenheit mit der Abmahnung gegenüber R. I. GmbH (Parallelverfahren zum Az. 324 O 554/17).

125

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der Sitzung vom 07.09.2018 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

126

Die zulässige Klage ist lediglich in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang begründet.

127

1. Die Klägerinnen haben gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung der streitgegenständlichen Berichterstattung aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog i.V.m. Artt. 2 Abs. 1, 19 Abs. 3 GG in dem zu Ziffer I. tenorierten Umfang, da die untersagten Passagen sie bei jeweils fortbestehender Wiederholungsgefahr (dazu b.) in ihrem Unternehmenspersönlichkeitsrecht verletzen (dazu a.). Ein darüber hinausgehender Unterlassungsanspruch besteht nicht.

128

a. Die mit dem Klageantrag zu Ziffer I.1., I.3., I.4.a. und b., I.5., I.6., I.8., I.9., I.10., I.11., I.13. und I.14. angegriffenen Passagen der streitgegenständlichen Sendung verletzen die Klägerinnen in ihrem Unternehmenspersönlichkeitsrecht; bezüglich der weiteren mit dem Klageantrag zu Ziffer I.2., I.7. und I.12. angegriffenen Passagen scheidet eine Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts der Klägerinnen dagegen aus.

129

Bei dem Persönlichkeitsrecht handelt es sich um einen offenen Tatbestand, bei dem die Feststellung einer rechtswidrigen Verletzung eine ordnungsgemäße Abwägung aller Umstände des konkreten Einzelfalles und Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit voraussetzt (Palandt-Sprau, BGB, 77. Auflage 2018, § 823 Rn. 95; Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Auflage 2003, Kap. 5 Rn. 13 m.w.Nw.). Das Grundrecht der Meinungsfreiheit ist nicht vorbehaltlos gewährt, sondern verlangt eine Abwägung zwischen dem Recht auf freie Meinungsäußerung nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG und dem Recht der persönlichen Ehre und auf öffentliches Ansehen des Klägers (BGH, Urteil vom 16.11.2004, VI ZR 298/03, Juris Rn. 29). Bei der verfassungsrechtlich gebotenen Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht und der Freiheit der Meinungsäußerung kommt es für die Zulässigkeit einer Äußerung maßgeblich mit darauf an, ob es sich um wahre oder unwahre Tatsachenbehauptungen handelt. Denn Tatsachenbehauptungen, die nicht zur verfassungsmäßig vorausgesetzten Meinungsbildung beitragen können, sind nicht geschützt; das ist bei bewusst oder erwiesen unwahren Tatsachenbehauptungen der Fall (BVerfG, Beschluss vom 16.03.1999, 1 BvR 734/98, Juris Rn. 30; Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 6 Rn. 14). Wahre Tatsachenbehauptungen sind dagegen in weitem Umfang hinzunehmen, denn das Persönlichkeitsrecht verleiht seinem Träger keinen Anspruch darauf, nur so in der Öffentlichkeit dargestellt zu werden, wie es ihm genehm ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.03.1998, 1 BvR 131/96Missbrauchsvorwurf, Juris Abs. 4. b)). Handelt es sich bei einer Äußerung um einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung, so spricht nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine Vermutung zugunsten der Zulässigkeit der Äußerung (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2010, 1 BvR 369/04Ausländer-Rück-Führung, Juris Rn. 25; Beschluss vom 10.10.1995, 1 BvR 1476/91Soldaten sind Mörder, Juris Rn. 3c). Die freie Meinungsäußerung findet ihre Grenze aber zum einen im Fall der Schmähkritik (BVerfG, a.a.O., Juris Rn. 3c m.w.Nw.), zum anderen dort, wo es für eine bestimmte und einen anderen belastende Meinung schlechthin keine tatsächlichen Bezugspunkte gibt (BGH, Urteil vom 18.06.1974, VI ZR 16/73Deutschland-Stiftung, Juris Rn. 25; HansOLG Beschluss vom 03.03.2000, 7 U 69/99, Juris Rn. 8; Soehring, Presserecht, 5. Auflage 2013, § 20 Rn. 9).

130

Ausgehend von diesen Grundsätzen gilt für die einzelnen Äußerungen Folgendes:

131

(1) Die mit dem Klageantrag I.1. angegriffene Wortberichterstattung in Verbindung mit dem dazu gezeigten Bild verletzt das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Klägerinnen, da sie in diesem konkreten Kontext eine unzulässige Meinungsäußerung enthält. Der Zuschauer entnimmt der Berichterstattung, dass sie „schockierende Zustände“ bzw. einen konkreten schockierenden Zustand dokumentiert. Tatsächlich stellt das Bild jedoch keine hinreichende Anknüpfungstatsache für diese Meinungsäußerung der Beklagten dar; denn unstreitig stammt es aus der Berichterstattung der Beklagten von 2014 und zeigt das Pflegepersonal dabei, wie es einer Bewohnerin ein Fußbad angedeihen lässt. Dies stellt also entgegen der Argumentation der Beklagten eine positive Zuwendung seitens des Pflegepersonals, nicht jedoch einen „schockierenden Zustand“ dar. Zudem ist zugunsten der Klägerinnen davon auszugehen, dass die Erstellung des Bildmaterials durch die Beklagte unter Verletzung des Hausrechts der Klägerinnen erfolgt ist. Zwar fällt die Verbreitung rechtswidrig erlangter Informationen in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG (BVerfG, Beschluss vom 25.01.1984, 1 BvR 272/81G. W., Juris Rn. 55). Eine Rechtfertigung der Verbreitung des rechtswidrig erlangten Bildmaterials entsprechend der Vorgaben der W.-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts scheidet hier aber schon deshalb aus, weil die Filmaufnahme gerade keinen Missstand dokumentiert. Eine abweichende Einschätzung ergibt sich auch nicht aus der von der Beklagten angeführten Entscheidung des BGH vom 10.04.2018 (Az. VI ZR 396/16, Anlage K 24). Denn hinsichtlich solchen Materials, dass der Verbreiter sich selbst rechtswidrig beschafft hat – was hier unstreitig der Fall ist – stellt die Entscheidung keine von der „W.-Entscheidung“ abweichenden Maßstäbe auf, ohne dass es hier darauf ankommt.

132

(2) Die mit dem Klageantrag I.2. angegriffene Berichterstattung ist dagegen rechtmäßig verbreitet worden. Die Wortberichterstattung in Verbindung mit dem gezeigten Bild enthält nach dem Verständnis des Zuschauers die Tatsachenbehauptung, dass das ursprünglich im Rahmen der Sendung von 2014 gezeigte Zimmer eines Bewohners verdreckt gewesen sei. Diese Tatsachenbehauptung ist unstreitig wahr. Zwar hat die Beklagte auch dieses Bildmaterial unter Verletzung des Hausrechts der Klägerinnen rechtswidrig erlangt. Die Veröffentlichung ist jedoch durch überwiegende Interessen der Beklagten gerechtfertigt. Im Rahmen der erforderlichen Abwägung zwischen dem Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Klägerinnen einerseits und der durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützten Grundrechte der Beklagten andererseits ist maßgeblich auf den Zweck der beanstandeten Veröffentlichung und auf das Mittel abzustellen, mit dem dieser Zweck verfolgt wird (BVerfG, Beschluss vom 25.01.1984, 1 BvR 272/81G. W., Juris Rn. 55ff.). In den Fällen, in denen der Publizierende sich die Informationen widerrechtlich durch Täuschung in der Absicht verschafft hat, sie gegen den Getäuschten zu verwerten, hat die Veröffentlichung grundsätzlich zu unterbleiben. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kommt nur in Betracht, wenn die Bedeutung der Information für die Unterrichtung der Öffentlichkeit und für die öffentliche Meinungsbildung eindeutig die Nachteile überwiegt, die der Rechtsbruch für den Betroffenen und die Geltung der Rechtsordnung nach sich ziehen muss. Das wird in der Regel dann nicht der Fall sein, wenn die in der dargelegten Weise widerrechtlich beschaffte und verwertete Information Zustände oder Verhaltensweisen offenbart, die ihrerseits nicht rechtswidrig sind; denn dies deutet darauf hin, dass es sich nicht um Missstände von erheblichem Gewicht handelt, an deren Aufdeckung ein überragendes öffentliches Interesse besteht (BGH, Urteil vom 10.04.2018, VI ZR 396/16, Juris Rn. 23 m.w.Nw.; BVerfG a.a.O. Juris Rn. 57). Vorliegend offenbart die gezeigte Passage der Sendung – die Nichteinhaltung von Hygienevorgaben in einer Pflegeeinrichtung – aber gerade solche Missstände von erheblichem Gewicht. Die Argumentation der Klägerinnen, dass eine Reinigung des Zimmers gegen den Willen des Bewohners hätte erfolgen müssen, was menschenverachtend sei, ändert an dieser Einschätzung nichts. Denn nach Überzeugung der Kammer ist es Aufgabe der Klägerinnen, unabhängig vom Krankheitsbild der Bewohner einen angemessenen Hygienezustand der Zimmer zu gewährleisten.

133

(3) Der von der Beklagten mit der im Klageantrag I.3. angegriffenen Passage verbreitete Verdacht verletzt die Klägerinnen in ihrem Unternehmenspersönlichkeitsrecht, da die Grundsätze einer zulässigen Verdachtsberichterstattung nicht eingehalten sind. Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Verdachtsberichterstattung ist das Vorliegen eines Mindestbestandes an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der Information sprechen und ihr damit erst "Öffentlichkeitswert" verleihen. Dabei sind die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht umso höher anzusetzen, je schwerer und nachhaltiger das Ansehen des Betroffenen durch die Veröffentlichung beeinträchtigt wird. Die Darstellung darf ferner keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalten, also durch eine präjudizierende Darstellung den unzutreffenden Eindruck erwecken, der Betroffene sei der ihm vorgeworfenen Handlung bereits überführt. Unzulässig ist nach diesen Grundsätzen eine auf Sensationen ausgehende, bewusst einseitige oder verfälschende Darstellung; vielmehr müssen auch die zur Verteidigung des Beschuldigten vorgetragenen Tatsachen und Argumente berücksichtigt werden. Auch ist vor der Veröffentlichung regelmäßig eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen. Schließlich muss es sich um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handeln, dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt ist (zu alledem BGH, Urteil vom 07.12.1999, VI ZR 51/99, Juris Rn. 20).

134

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Verdachtsberichterstattung der Beklagten bereits deshalb unzulässig, weil sie den Klägerinnen in Bezug auf den konkret geäußerten Verdacht, im Pflegehaus K. würden Akten in der dargestellten Weise manipuliert, keine hinreichende Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt hat. Die schriftliche Anfrage vom 17.07.2017 (Anlage K 16) enthält in Ziffer 8 zwar auch eine Anfrage zu diesem Aspekt der Aktenmanipulation. In Ziffer 8 fragt die Beklagte jedoch lediglich allgemein danach, ob Bewohner in den vergangenen drei Jahren, insbesondere im Zeitraum „April, Mai 2017“ häufig gar keine Morgenpflege bekommen hätten und dann wahrheitswidrig in der Dokumentation vermerkt worden sei, der Betreffende habe die Pflege verweigert. Die Anfrage der Beklagten enthält also nur vage Angaben zum fraglichen Zeitraum (drei Jahre) und zur Frequenz („häufig“); insbesondere werden auch keine konkreten Vorfälle geschildert, zu denen die Klägerinnen Stellung nehmen könnten. Angesichts dieser lediglich pauschal erhobenen Vorwürfe enthielt die Anfrage der Beklagten keine ausreichende Gelegenheit für die Klägerinnen, dazu Stellung zu nehmen. Sofern die Beklagte Beweis angeboten hat für die Wahrheit des von ihr geäußerten Verdachts, sah die Kammer sich nicht zu einer entsprechenden Beweiserhebung veranlasst. Denn der Vortrag der Beklagten, der Informant R.- F. habe oft erlebt, dass die geschilderten wahrheitswidrigen Eintragungen in der Pflegedokumentation erfolgt seien, ist mangels Schilderung spezifischer Einzelfälle bereits nicht hinreichend konkret.

135

(4) Auch der mit Klageantrag I.4. geltend gemachte Unterlassungsanspruch der Klägerinnen ist begründet. Insoweit wird auf das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg verwiesen, das dazu in seinem Beschluss vom 30.10.2017 im einstweiligen Verfügungsverfahren (Az. 7 W 112/17) ausgeführt hat:

136

„In der mit dem Antrag zu Ziffer 7. beanstandeten Textpassage stellt die Antragsgegnerin der Stellungnahme der Antragstellerin zu 1., dass eine Bestellung für Toilettenstühle aufgrund einer Fehleingabe abgelehnt worden sei und dass in den letzten Monaten fünf neue Toilettenstühle gekauft und geliefert worden seien, die Aussage ihres Informanten gegenüber, dass ein Antrag für Toilettenstühle in H. mit der Begründung, dass kein Geld da wäre, abgelehnt worden sei. Damit wird dem Zuschauer der Verdacht unterbreitet, dass das Pflegehaus K. wahrheitswidrig die Anschaffung neuer Toilettenstühle behauptet und eine Fehleingabe als Grund für die tatsächlich aus Ersparnisgründen erfolgte Ablehnung einer Bestellung für Toilettenstühle vorgegeben habe. Die Antragstellerinnen haben glaubhaft gemacht, dass die Angaben des Pflegehauses K. wahr sind (Anlage Ast. 17, 18). Die Berichterstattung der Antragsgegnerin ist auch nicht gerechtfertigt, da sie die Voraussetzungen einer rechtmäßigen Verdachtsberichterstattung nicht einhält. Insbesondere wird dem Zuschauer nicht deutlich gemacht, dass sich die im Beitrag präsentierten Angaben des Informanten und des Pflegehauses mit unterschiedlichen Zeiträumen befassen. Das Pflegehaus befasst sich in seiner Stellungnahme vom 31.08.2017 mit einer im Juni 2017 wegen einer Fehleingabe abgelehnten Bestellung, einer anschließenden Neubestellung und Lieferung von fünf Toilettenstühlen. Der Informant – der, so die Glaubhaftmachung der Antragstellerinnen (Anlage Ast. 19), nur bis zum 12.06.2017 im Pflegehaus tätig war – äußert sich hingegen zu einer bis zum Frühjahr 2017 erfolgten Bestellung. Verstärkt wird der Verdacht, dass die Angaben des Pflegehauses K. unwahr sein könnten, zudem durch den Satz „Ich ziehe Frau L. leider trotzdem auf einem rostigen Toilettenstuhl über die Station.“, obwohl die Filmaufnahmen vor der Lieferung der fünf neuen Stühle angefertigt wurden.“

137

(5) Auch die Äußerung im Klageantrag I.5. ist rechtswidrig verbreitet worden. Der unbefangenen Durchschnittszuschauer versteht die Äußerung der Praktikantin L. „Ich weiß ja gar nicht, wo Sie ihre Kleidung haben.“ zwingend dahingehend, dass für sie ein unmittelbarer Zugriff auf die Kleidung der Bewohnerin nicht möglich gewesen sei. Dies folgt aus dem Wortlaut der konkreten Äußerung und dem Kontext, in dem die Praktikantin diese äußert, nämlich einer Situation, in der die Bewohnerin dringend auf neue Kleidung angewiesen ist, die Praktikantin ihr jedoch – zunächst – keine anzieht. Dieses Verständnis ist jedoch unwahr, da sich der Kleiderschrank unstreitig im Zimmer der Bewohnerin befand. Dass die Journalistin in der konkreten Situation das von ihr behauptete Verständnis, nicht ausreichend Bescheid zu wissen, wo die Bewohnerin ihrer Kleider habe, so empfunden haben mag, steht dem nicht entgegen. Insoweit kommt es jedoch auf das Verständnis des Zuschauers an, das vorliegend von der vorgetragenen Einschätzung der Journalistin abweicht.

138

(6) Der mit Klageantrag I.6. geltend gemachte Unterlassungsanspruch der Klägerinnen besteht ebenfalls. Der Zuschauer entnimmt der Äußerung der Praktikantin das Verständnis, dass der Rollstuhl mit Rädern eine Gefahrenquelle für die Heimbewohnerin darstelle, weil die Räder sich nicht arretieren ließen. Dies folgt schon aus dem Wortlaut der Äußerung, in der ausdrücklich betont wird, dass Frau L. „ohne Aufsicht in einem Stuhl mit Rädern“ sitze. Prozessual ist von der Unwahrheit dieser Tatsachenbehauptung auszugehen. Die Klägerinnen haben die Wahrheit der Tatsachenbehauptung bestritten. Die analog § 186 StGB darlegungs- und beweispflichtige Beklagte hat zwar Beweis angeboten für den Umstand, dass sich der Stuhl nicht ordnungsgemäß habe arretieren lassen, durch Vernehmung der Zeugin P.. Sie hat jedoch nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, aufgrund welcher eigener Wahrnehmungen die Zeugin zu dieser Schlussfolgerung kommt, wie konkrete eigene – vergebliche – Versuche, den Stuhl zu arretieren, oder ob es sich lediglich um eine Wertung aufgrund des rostigen Erscheinungsbild des Stuhls handelt. Vor diesem Hintergrund lagen die Voraussetzungen für eine Beweisaufnahme nicht vor.

139

(7) Hinsichtlich des Klageantrags I.7. sind sowohl der Haupt- als auch der Hilfsantrag unbegründet. Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei dem aus der Berichterstattung ergebenden Verständnis des Zuschauers, dass sich an dem gezeigten Schrank aus Nachlässigkeit keine Türen befunden hätten, um eine unwahre Tatsachenbehauptung handelt. Denn die Beklagte kann sich analog § 193 StGB jedenfalls auf die Wahrnehmung berechtigter Interessen berufen. Danach kann die Verbreitung einer unwahren Äußerung in der Annahme, sie sei wahr, als rechtmäßig bzw. gerechtfertigt angesehen werden, wenn an der Tatsachenbehauptung, soweit sie wahr gewesen wäre, ein überwiegendes Informationsinteresse bestand, und die Beklagte im Rahmen der Recherche die journalistische Sorgfalt gewahrt hat (BGH, Urteil vom 30.01.1996, VI ZR 386/94, Juris Rn. 31). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, da an dem mit der streitgegenständlichen Äußerung behaupteten Missstand ein erhebliches öffentliches Informationsinteresse bestand und die Beklagte ihre Pflicht zur sorgfältigen Recherche erfüllt hat. Insbesondere hat sie die Klägerin im Rahmen ihrer schriftlichen Anfrage (Anlage K 16 Ziffer 4) mit dem Vorwurf in hinreichend konkreter Form konfrontiert und sowohl einen genauen Zeitraum (April/Mai 2017) als auch einen spezifischen Ort (einzelne Zimmer des Wohnbereichs 2) genannt. Aufgrund dessen war es den Klägerinnen in hinreichendem Maße möglich, auf diese konkrete Anfrage einzugehen und im Zuge dessen beispielsweise auch die von ihr nunmehr behauptete Alternativbegründung für die fehlenden Schranktüren der Beklagten mitzuteilen. Vor dem Hintergrund, dass sie dies gerade nicht getan hat, war die Beklagte auch nicht gehalten, die abweichende Erklärung der Klägerinnen in ihre Berichterstattung aufzunehmen.

140

(8) Bei der mit Klageantrag I.8. angegriffenen Passage handelt es sich wiederum um eine rechtswidrige Verdachtsberichterstattung. Durch die angegriffene Berichterstattung wird der Verdacht erweckt, im Pflegehaus K. werde jeder Bewohner nur einmal im Monat geduscht. Die Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung sind jedoch nicht erfüllt, es fehlt bereits am erforderlichen Mindestbestand an Beweistatsachen. Dafür ist die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig. Sofern sie auf die angebliche Aussage des „Pflegers J.“ verweist, begründet diese noch keinen hinreichenden Mindestbestand für den Verdacht, im Pflegehaus werde jeder Bewohner nur einmal im Monat geduscht, da diese Aussage ganz allgemein gehalten ist. Auch in ihrer eigenen schriftlichen Anfrage an die Klägerinnen ging die Beklagte selbst nicht davon aus, dass tatsächlich alle Heimbewohner nur einmal im Monat geduscht werden (vgl. Anlage K 16 Ziffer 7: „Wir haben Kenntnis, dass nicht mobile Bewohner meist nur einmal im Monat geduscht [...] werden.“.) Es ist auch von der Beklagten weder vorgetragen noch darüber hinaus ersichtlich, dass die Bewohner des Pflegehauses K. in einem so geringen Umfang geduscht werden, dass die streitgegenständliche Äußerung eine wertneutrale Falschbehauptung darstellt.

141

(9) Die Äußerung in Klageantrag I.9. verletzt das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Klägerinnen, da sie sie nach den Grundsätzen der sog. Stolpe-Rechtsprechung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25.10.2005, 1 BvR 1696/98„IM-Sekretär“ Stolpe, Juris Rn. 31) zwei jeweils nicht fernliegende Verständnismöglichkeiten enthält, die beide unwahr sind. Danach enthält die Äußerung für den unbefangenen Durchschnittszuschauer, ausgehend von Wortlaut und Kontext, zum einen die nicht fernliegende Verständnismöglichkeit, dass alle nicht bettlägerigen Bewohner des Hauses in der gezeigten Szene vor dem Fernseher sitzen, sowie zum anderen die ebenfalls nicht fernliegende Verständnismöglichkeit, dass alle nicht bettlägerigen Bewohner einer Station sich vor dem Fernseher befinden. Prozessual ist von der Unwahrheit beider Verständnismöglichkeiten auszugehen, da die Klägerinnen beide Verständnismöglichkeiten in Abrede nehmen und die insoweit analog § 186 StGB darlegungs- und beweispflichtige Beklagte für die Richtigkeit sowohl der einen als auch der anderen Verständnismöglichkeit nichts vorgetragen oder entsprechenden Beweis angeboten hat.

142

(10) Die Verbreitung der Äußerung im Klagantrag I.10. erfolgte rechtswidrig, da sie eine unwahre Tatsachenbehauptung enthält. Die Reporterin äußert darin, dass schon „die ganzen letzten Tage“ keine Gläser für die Bewohner vorhanden gewesen seien. Prozessual ist von der Unwahrheit dieser Tatsachenbehauptung auszugehen. Die Klägerinnen bestreiten die Richtigkeit dieser Aussage. Die Beklagte hat jedoch die ihr analog § 186 StGB obliegende Darlegungs- und Beweispflicht nicht erfüllt. Sofern sie zum Beweis die Journalistin P. als Zeugin anbietet, fehlt es an einem hinreichend substantiierten Vortrag. Denn die Beklagte trägt hier lediglich zu der konkret im Film gezeigten Suche der Journalistin vor dahingehend, dass sie im gesamten Erdgeschoss erfolglos nach Gläsern gesucht habe und die zusammengesuchten Gläser unzureichend gewesen seien. Im Beitrag selbst heißt es aber ausdrücklich, dass „schon die ganzen letzten Tage“ keine Gläser vorhanden gewesen seien. Es fehlt also an einem substantiierten Vortrag der Beklagten dahingehend, dass die Journalistin in einem Zeitraum von mehreren Tagen keine Gläser finden konnte.

143

(11) Auf bezüglich der Äußerung im Klagantrag I.11. besteht ein Unterlassungsanspruch der Klägerinnen, da diese eine unwahre Tatsachenbehauptung enthält. Der Zuschauer versteht die Äußerung dahingehend, dass alle im Aufenthaltsraum gezeigten Bewohner Durst hätten. Es ist jedoch prozessual von der Unwahrheit dieser Äußerung auszugehen. Die Klägerinnen nehmen in Abrede, dass dies der Fall gewesen sei. Die Beklagte behauptet selbst nicht, dass tatsächlich alle Bewohner Durst hatten, wenn sie darauf verweist, dass mehrere Bewohner auf die Frage der Reporterin aufgezeigt hätten (was im Film auch erkennbar ist). Die Unterscheidung, ob alle oder lediglich mehrere Bewohner Durst hatten, ist für das Ansehen der Klägerinnen auch nicht wertneutral. Es ist auch weder erkennbar noch von der Beklagten vorgetragen, dass tatsächlich ein Großteil der anwesenden Heimbewohner Durst gehabt hat und es sich insofern lediglich um eine Übertreibung handelt.

144

(12) Der Klageantrag zu I.12. ist dagegen unbegründet, da es sich um eine zulässige Meinungsäußerung handelt. Die Äußerung der Mitarbeiterin Frau C. enthält zunächst lediglich die Bewertung, dass es im Pflegeheim ein „ewiges Problem“ gebe. Nach dem Verständnis des Zuschauers kann sich dies auf verschiedene Umstände beziehen, nämlich dass die Mitarbeiter keine Gläser finden, dass zu wenig Gläser vorhanden sind, dass die Bewohner Durst haben. Prozessual ist auch davon auszugehen, dass für diese Meinungsäußerung hinreichende Anknüpfungstatsachen vorliegen. Zwar tragen die Klägerinnen vor, dass die Mitarbeiterin sich nur in einem einzigen Kontext geäußert habe dahingehend, dass das Problem sei, dass Gläser verbummelt würden und anderswo wieder auftauchten; dazu haben sie auch Beweis angeboten. Alle anderen Verständnismöglichkeiten (zu wenig Gläser vorhanden, Bewohner haben keinen Durst) nehmen sie in Abrede. Dieser Vortrag reicht vorliegend jedoch nicht aus. Zum einen handelt es sich nach dem Verständnis des Zuschauers gerade um eine offene Meinungsäußerung der Mitarbeiterin, die gerade nicht nur in dem einen, von den Klägerinnen angeführten Kontext gefallen sein muss. Denn weder aus dem Wortlaut noch aus dem Kontext ergibt sich die von den Klägerinnen behauptete Einschränkung. Zudem haben die Klägerinnen das Vorliegen von Anknüpfungstatsachen nicht hinreichend substantiiert bestritten. Denn sowohl im Beitrag als auch im dazugehörigen Rohmaterial wird ein Gespräch von drei Mitarbeiterinnen der Klägerinnen dokumentiert, die im weiteren Verlauf gemeinschaftlich an verschiedenen Orten nach Gläsern suchen und dort nur wenige finden. Darüber hinaus räumen auch die Klägerinnen selbst ein, dass in der Vergangenheit nicht ausreichend viele Tassen zur Verfügung gestanden hätten, was gegenüber dem Fehlen von Gläsern wertneutral ist. Diese Umstände stellen zur Überzeugung der Kammer hinreichende Anknüpfungstatsache für die fragliche Meinungsäußerung dar. Insofern greift auch die Argumentation der Klägerinnen, dass das Problem letztlich die Bewohner seien, die die Gläser wegen aufgrund ihres Krankheitsbildes „verbummelten“, nicht durch, da es in den Verantwortungsbereich der Klägerin fällt, durch eine ausreichende, möglicherweise besonders große Anzahl von Gläsern sicherzustellen, dass trotz dieses Verhaltens stets eine ausreichende Anzahl von Gläsern verfügbar sei.

145

(13) Der mit Klageantrag I.13. geltend gemachte Unterlassungsanspruch besteht. Die Anforderungen an eine zulässige Verdachtsberichterstattung sind nicht erfüllt, da die Berichterstattung nicht hinreichend ausgewogen, sondern präjudizierend ist. Zwar enthält die Berichterstattung die Stellungnahme des Pflegehauses K., im Rahmen derer diese den dargestellten Missstand in Abrede nimmt und angibt, in der Einrichtung würden ausreichend Gläser und Tassen bereitgestellt, die Rücklaufprozesse seien optimiert und neue Trinkgefäße gekauft worden. Diese Stellungnahme wird jedoch durch die weitere Berichterstattung der Beklagten entwertet. So äußert der Pflegeexperte R. noch vor Wiedergabe der Stellungnahme des Pflegehauses, dass Menschen, die „das zu verantworten haben“, aus der Pflege entfernt bzw. eingesperrt gehören bzw. gegen sie ein Berufsverbot verhängt werden solle, was quasi einem Schuldspruch gleichkommt. Zudem folgt gleich im Anschluss an die Stellungnahme des Pflegehauses K. die ironische Bemerkung von G. W., dass zwar bei den Klägerinnen anscheinend nicht genug Geld für Gläser da sei, sie aber die teuersten Anwälte beauftragten, die kategorisch alles abstritten, wofür Geld genug da sei, was der Stellungnahme des Pflegehauses K. ebenfalls jede Bedeutung abspricht.

146

(14) Schließlich besteht auch hinsichtlich des Klagantrags I.14. ein Unterlassungsanspruch der Klägerinnen. Die Passage enthält die Behauptung der Beklagten, der gezeigte Pfleger sei als einzige Fachkraft im Pflegehauses K. allein tätig gewesen. Diese Tatsachenbehauptung gilt prozessual als unwahr. Die Klägerinnen haben sowohl in Abrede genommen, dass der gezeigte Pfleger Herr G. als einzige Fachkraft im Haus allein tätig gewesen sei, noch dass dies auf eine andere Fachkraft zutreffe; vielmehr sei auf jedem der beiden Wohnbereiche immer mindestens eine Pflegefachkraft tätig (Beweisangebot: Zeugin E.). Die Beklagte hat demgegenüber die ihr analog § 186 StGB obliegende Darlegungs- und Beweislast nicht erfüllt. Sie trägt lediglich vor, die Behauptung des Zeugen G. sei wahrheitsgemäß, konkretisiert diesen Vortrag jedoch weder hinsichtlich des Zeitraums noch einzelner Vorfälle, an denen dieser angeblich alleine tätig gewesen sei. Vor diesem Hintergrund liegen die Voraussetzungen für eine Beweiserhebung durch Vernehmung des Zeugen G. mangels hinreichend konkreten Beweisantritts nicht vor.

147

b. Es besteht auch die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr. Die Wiederholungsgefahr wird durch die Erstbegehung indiziert. Die Beklagte hat hinsichtlich der streitgegenständlichen Berichterstattung keine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben und auch sonst sind keine Umstände ersichtlich, die eine Wiederholungsgefahr entfallen lassen könnten.

148

2. Die Klägerinnen haben gegen die Beklagte auch einen Anspruch auf Veröffentlichung der tenorierten Richtigstellung aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog. Ein solcher Berichtigungsanspruch setzt eine unwahre Tatsachenbehauptung voraus, durch die eine rechtswidrig fortwirkende Beeinträchtigung verursacht wird (HH-Ko/MedienR/Meyer, 3. Auflage 2016, 41. Abschnitt Rn. 1ff. m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich des Vorwurfs der Aktenmanipulation erfüllt (dazu a.), der darüber hinaus geltend gemachte Anspruch der Klägerinnen in Bezug auf die Alleinzuständigkeit einer Fachkraft besteht jedoch nicht (dazu b.).

149

a. Die mit dem ersten Teil des Richtigstellungsantrags angegriffene Berichterstattung transportiert den Verdacht, im Pflegehauses K. würden Akten manipuliert, indem zu Bewohnern, die aus Zeitnot nicht gewaschen worden seien, wahrheitswidrig vermerkt worden sei, die Bewohner hätten die Körperpflege verweigert. Dabei handelt es sich um eine von Anfang an unzulässige Verdachtsberichterstattung, da es an einer hinreichenden Gelegenheit der Klägerin zur Stellungnahme fehlt (s.o. I.1.a.(3)). Insofern kommt grundsätzlich ein Anspruch auf Veröffentlichung einer Richtigstellung und nicht nur ein Nachtrag in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 18.11.2014, VI ZR 76/14Chefjustiziar, Juris Rn. 14). Prozessual ist auch von der Unwahrheit dieses Verdachts auszugehen. Zwar tragen grundsätzlich die Klägerinnen die Darlegungs- und Beweislast für die Unwahrheit des angegriffenen Verdachts, also für den Umstand, es habe keine Aktenmanipulation gegeben. Da es sich dabei aber um eine Negativtatsache handelt, darf sich die Beklagte nicht auf ein einfaches Bestreiten beschränken; sie trifft vielmehr eine sekundäre Darlegungslast und die Pflicht zur Darlegung der für das Gegenteil sprechenden Tatsachen und Umstände (vgl. BGH, Urteil vom 07.12.1998, II ZR 266/97, Juris Rn. 11). Diese sekundäre Darlegungslast hat die Beklagte vorliegend jedoch nicht erfüllt, da sie keinen konkreten Fall anführt, in dem eine solche Aktenmanipulation vorgekommen sein soll.

150

Dieser Teil der Berichterstattung stellt für die Klägerinnen auch eine fortwirkende Quelle der Rufbeeinträchtigung dar. Voraussetzung für die Berichtigungsforderung ist, dass eine Beeinträchtigung des Rufes oder des Selbstbestimmungsrechts über das eigene Erscheinungsbild vorliegt (vgl. BGH, Urteil vom 15.11.1994, VI ZR 56/94, Juris Rn. 61). Nicht jede unzutreffende Berichterstattung kann einen Berichtigungsanspruch auslösen. Vielmehr kommt die Zuerkennung einer Berichtigungsforderung dann in Betracht, wenn die Unwahrheit eine Ehrverletzung oder Ansehensschädigung beinhaltet und der durch die Rufverletzung geschaffene Zustand für den Betroffenen eine fortwirkende Quelle gegenwärtige Rufbeeinträchtigung bedeutet (LG Hamburg, Urteil vom 13.08.2010, 324 O 194/10, Juris Rn. 22). Der in der streitgegenständlichen Berichterstattung aufgestellte, unwahre Verdacht, die Klägerinnen hätten Pflegedokumentationen in den Bewohnerakten manipuliert, um die Auswirkungen des bestehenden Personalmangels zu vertuschen, ist für sie ihn in hohem Maße ehrabträglich. Denn damit wird ihnen gegenüber nicht nur der Vorwurf erhoben, sie ignorierten den Missstand des Mangels an Pflegepersonal, sondern vertuschten diesen durch vorsätzliches Handeln auch noch. Angesichts dieses schwerwiegenden Vorwurfs ist eine fortdauernde Rufbeeinträchtigung der Klägerinnen zu bejahen.

151

b. Dagegen scheidet ein Richtigstellungsanspruch in Bezug auf den zweiten von den Klägerinnen begehrten Teil der Berichterstattung aus. Die angegriffene Sendungspassage enthält zwar die prozessual unwahre Tatsachenbehauptung, der sich äußernde Pfleger G. sei als einzige Fachkraft im Haus allein tätig gewesen (s.o. I.1.a.(14)). Der darin liegende Vorwurf gegenüber den Klägerinnen beinhaltet zur Überzeugung der Kammer jedoch keine fortwirkende Rufbeeinträchtigung, da es im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung am hinreichend schweren Gewicht des Vorwurfs fehlt. Denn insoweit ist zu berücksichtigen, dass die streitgegenständliche Sendung der Beklagten zahlreiche zulässige Äußerungen enthält, die von den Klägerinnen schon gar nicht angegriffen worden sind oder bezüglich derer keine einstweilige Verfügung erlassen worden ist, die aber das Pflegehaus in keinem guten Licht dastehen lassen. Dies gilt beispielsweise für die Episode um die ältere Dame, die über einen längeren Zeitraum in ihrem Kot liegen gelassen werden musste, weil in der konkreten Situation nicht genug Pflegepersonal für alle Bedürfnisse der Bewohner vorhanden war, weiterhin die verunreinigten Zimmer einzelner Bewohner, die vergebliche Suche nach Trinkgefäßen, die Aussagen der Mitarbeiter zur Personalsituation und den kritikwürdigen Umgang des Pflegers J. mit einer älteren Dame („Ja du mich auch“). Dem Vorwurf der Alleinzuständigkeit einer Fachkraft für das ganze Haus kommt auch keine vergleichbare Schwere zu wie dem Vorwurf, die Klägerinnen manipulierten zur Vertuschung des bestehenden Personalmangels Akten von Bewohnern. Vor diesem Hintergrund ist eine Rufbeeinträchtigung gerade in Bezug auf diesen Aspekt der Berichterstattung zu verneinen.

152

c. Die Kammer konnte abweichend von dem Antrag der Klägerinnen auf Abdruck einer Richtigstellung den hier tenorierten Abdruck der Richtigstellung zusprechen, ohne gegen § 308 ZPO zu verstoßen. Es handelt sich vorliegend nicht um den Fall, dass den Klägerinnen „mehr“ zugesprochen wurde, als sie beantragt haben, oder dass etwas „anderes“ ausgeurteilt wurde; vielmehr hat die Kammer ein in dem beantragten „Mehr“ steckendes „Weniger“ in Verbindung mit der entsprechenden Klagabweisung zugesprochen. Gleiches gilt für die notwendige Einschränkung der Veröffentlichung der Richtigstellung ab Rechtskraft der Entscheidung.

153

3. Der Klagantrag zu III. auf Schadensersatzfeststellung ist begründet. Im Rahmen eines Schadensersatzfeststellungsanspruchs sind für die Feststellung der Ersatzpflicht bezüglich künftiger Schäden an die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts nicht zu hohe Anforderungen zu stellen, um dem Betroffenen nicht vorschnell die Möglichkeit zum Ersatz eines später wirklich entstandenen Schadens abzuschneiden (vgl. Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 14. Rn. 29 m.w.N). Erforderlich ist eine nach der Lebenserfahrung und dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge hinreichende Wahrscheinlichkeit, die spätere Verwirklichung eines weiteren Schadens muss in absehbarer Zeit möglich erscheinen (Wenzel a.a.O Rn. 29 m.w.N). So liegt es auch hier. Die mit den Klageanträgen zu Ziffer I.1., I.3., I.4.a. und b., I.5., I.6., I.8., I.9., I.10., I.11., I.13. und I.14. angegriffenen Passagen der streitgegenständlichen Sendung verletzen die Klägerinnen in ihrem Unternehmenspersönlichkeitsrecht. Aufgrund der ehrenrührigen Berichterstattung ist es jedenfalls möglich, dass aufgrund dessen Schäden bei den Klägerinnen eintreten. Die Veröffentlichung im August 2017 liegt auch noch nicht so lange zurück, dass ein Schaden bereits beziffert werden könnte und die Klägerinnen Leistungsklage hätten erheben müssen.

154

4. Die Klägerinnen haben schließlich auch Anspruch auf Ersatz ihrer außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus §§ 823 Abs. 1, 249 BGB (i.V. mit Art. 2 Abs. 1, 19 Abs. 3 GG) in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang. Die mit Ziffer IV. des Klageantrags geltend gemachten Abmahnkosten sind lediglich in Höhe von 742,23 Euro erstattungsfähig, da es sich nur insoweit um die Kosten einer erforderlichen und gebotenen Rechtsverfolgung handelt.

155

Den Klägerinnen stand hinsichtlich zwölf der mit Abmahnung vom 14.09.2017 (Anlage K 6) beanstandeten Äußerungen ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu (s.o. 1.), dies betrifft die Äußerungen zu Ziffer I.1., I.5., I.7.aa. und bb., I.9., I.10., I.14., I.16., I.18., I.19., I.21., I.22. aus der begehrten Unterlassungsverpflichtung (Anlage K 6). Die erstattungsfähigen Kosten für die außergerichtliche Rechtsverfolgung sind nach dem Gegenstandswert der berechtigten Forderung und somit nach einem (fiktiven) Einzelstreitwert zu berechnen (vgl. BGH, Urteil vom 07.11.2007, VIII ZR 341/06, Juris Rn. 10; OLG Köln, Urteil vom 09.06.2015, I-15 U 217/14, Juris Rn. 31). Den fiktiven Gesamtstreitwert setzt die Kammer vorliegend – entsprechend ihrem Streitwertgefüge – auf 240.000 Euro fest; dies entspricht 10.000 Euro je Äußerung (zwei Kläger x 12 Äußerungen à 10.000 Euro).

156

Die Abmahnkosten berechnen sich dementsprechend wie folgt:

157

Gegenstandswert: 240.000 €

        

0,65 Geschäftsgebühr auf 240.000 Euro:

1.464,45 Euro

zzgl. Post- und Telekommunikationspauschale

+ 20,00 Euro

        

1.484,45 Euro

158

Die von den Klägerinnen geltend gemachte Mehrwertsteuer ist nicht erstattungsfähig, da die Klägerinnen vorsteuerabzugsberechtigt sind.

159

Allerdings ist bei der Berechnung der Abmahnkosten zu berücksichtigen, dass die Klägerinnen mit gesondertem Schreiben vom 27.09.2017 (Parallelverfahren 324 O 554/17 Anlage K 8) die R. i. GmbH abgemahnt haben und von dieser ebenfalls die Erstattung ihrer außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten verlangen. Insoweit ist davon auszugehen, dass es sich bei den beiden Abmahnungen um dieselbe Angelegenheit im Sinne von § 15 Abs. 2 RVG handelt. Ob es sich gebührenrechtlich um eine oder mehrere Angelegenheiten handelt, kann nach der Rechtsprechung des BGH nur im Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweiligen Lebensverhältnisse und des dem Anwalt vom Mandanten erteilten Auftrags beurteilt werden (BGH, Urteil vom 12.07.2011, VI ZR 214/10Rosenkrieg II, Juris Rn. 20; Urteil vom 27.07.2010, VI ZR 261/09Unrichtige Presseberichterstattung, Juris Rn. 16). Soll getrennt abgerechnet werden, ist es Sache des Geschädigten darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass die getrennte Anspruchsverfolgung mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig war (BGH, Urteil vom 26.05.2009, VI ZR 174/08, Juris Rn. 28). An einem solchen Vortrag der Klägerinnen fehlt es hier. Dementsprechend können die Klägerinnen von der Beklagten nur die Erstattung der hälftigen Abmahnkosten in Höhe von 742,23 Euro verlangen.

160

Der Zinsanspruch ab Rechtshängigkeit folgt aus §§ 291, 288 BGB i.V.m. § 187 Abs. 1 BGB analog.

II.

161

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO und die Vollstreckbarkeitsentscheidung beruht auf § 709 ZPO. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus §§ 3, 4 ZPO; dabei entfallen auf den Unterlassungsanspruch jeweils 150.000 Euro, auf den Richtigstellungsanspruch jeweils 20.000 Euro und auf den Feststellungsanspruchs pro Klägerin 7.500 Euro.

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 5


(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 291 Prozesszinsen


Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Ab

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 187 Fristbeginn


(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. (2) Ist der Beginn

Zivilprozessordnung - ZPO | § 308 Bindung an die Parteianträge


(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen. (2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch oh

Zivilprozessordnung - ZPO | § 4 Wertberechnung; Nebenforderungen


(1) Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der Einreichung der Klage, in der Rechtsmittelinstanz der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels, bei der Verurteilung der Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht,

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 15 Abgeltungsbereich der Gebühren


(1) Die Gebühren entgelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit. (2) Der Rechtsanwalt kann die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern.

Strafgesetzbuch - StGB | § 186 Üble Nachrede


Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe

Strafgesetzbuch - StGB | § 193 Wahrnehmung berechtigter Interessen


Tadelnde Urteile über wissenschaftliche, künstlerische oder gewerbliche Leistungen, desgleichen Äußerungen oder Tathandlungen nach § 192a, welche zur Ausführung oder Verteidigung von Rechten oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen vorgenommen we

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(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 298/03 Verkündet am:
16. November 2004
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Wiedergabe des Zitats eines Dritten im Rahmen einer komplexen Äußerung kann
in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG fallen, wenn es mit der eigenen Auffassung
des Äußernden verknüpft ist und sich die Aussage in i hrer Gesamtheit betrachtet
als Meinungsäußerung darstellt.
BGH, Urteil vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - OLG Frankfurt a.M.
LG Frankfurt a.M.
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. November 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 25. September 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu seinem Nachteil erkannt worden ist. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 23. Januar 2003 wird zurückgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten wird das vorgenannte Urteil teilweise abgeändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft, die sich auf dem Gebiet der Prozeßkostenfinanzierung betätigt. Sie finanziert u.a. Musterverfahren, mit denen
durch Rechtsanwalt F. vertretene Kapitalanleger Schadensersatzansprüche gegen Banken wegen angeblich mangelnder Beratung bei Immobiliengeschäften geltend machen. Dabei läßt sich die Klägerin jeweils die Hälfte des Betrages versprechen, den der betreffende Anleger in dem Prozeß erstreitet. In den Vertragsbedingungen der Klägerin heißt es auszugsweise: „8. Vergleichsvorschlag durch das Gericht oder Gegenseite 8.1 Der Anspruchsinhaber verpflichtet sich, einem von der Gegenseite oder dem Gericht vorgeschlagenen Vergleich über die streitigen Ansprüche zuzustimmen , wenn die Fo. Beteiligungs AG (scil. die Klägerin) diesen aufgrund des erreichten Verfahrensstandes für sachgerecht hält. 8.2 Der Anspruchsinhaber ist allerdings berechtigt, für den Fall, daß er einem derartigen Vergleich nicht zustimmen will, diese Vereinbarung zu kündigen. In diesem Fall hat er der Fo. Beteiligungs AG den Betrag zu erstatten, der im Fall des vorgesehenen Vergleichs auf die Fo. Beteiligungs AG entfallen wäre.“ Am 21. Oktober 1998 erschien in der Ausgabe 43/1998 des Brancheninformationsdienstes „k.m.-intern“ ein Artikel, in dem darüber berichtet wurde, daß die Klägerin unter der Anwaltschaft eine Aktienbeteiligung akquiriere. Die Verfasser dieses Berichts gingen dabei irrtümlich von einer Aktien-Zeichnungsfrist von drei Wochen aus. Wörtlich heißt es dort: „ ...Ohne hier die Frage prüfen zu wollen, ob es sich für Kläger tatsächlich lohnt, sich mit Fo., deren Ziel es ist, Prozesse zu finanzieren, einzulassen, da im Fall des gewünschten Prozeßgewinns 50 % der Klagesumme an Fo. abzuführen sind, womit wir grundsätzlich Zweifel am Klage-Finanzierungssystem von Fo. äußern wollen, halten wir eine derart kurze Fristsetzung zur Aktien-
zeichnung, wie Fo. sie derzeit praktiziert, für unseriös. Potentiellen Kunden gegenüber mit der Wurst zu winken und gleichzeitig zu suggerieren, die Wurst habe ein nach Stunden zu berechnendes Verfallsdatum, ist u.E. nichts anderes als Bauernfängerei...“. Der Beklagte ist Rechtsanwalt. Er vertritt Mandanten, die an der Vermittlung der betreffenden Immobiliengeschäfte beteiligt waren. Er verfaßte eine Abhandlung mit dem Titel „Das Interesse an der Lüge - Auch im Zivilrecht?“. Diese sandte er u.a. an verschiedene Landgerichte, Redaktionen von Wirtschaftszeitschriften , Staatsanwaltschaften, eine betroffene Bank, die Notarkammer H. und an die Bundesnotarkammer. Über die Klägerin heißt es darin: „Die öffentliche Resonanz ist gemischt: Der Brancheninformationsdienst k.m.-intern (43/1998 Seite 2) bezeichnete dies als 'Bauernfängerei' und hat gerade im Fall F. recht damit: ...“. Weiter wird dort ausgeführt: „Weder die Fo. AG in ihrem Werbeblatt noch F. klärten ferner darüber auf, daß der Mandant sich zur Zahlung einer sehr hohen Vertragsstrafe verpflichten muß, wenn das gerichtliche Verfahren durch einen gerichtlichen Vergleich beendet werden soll, dem zwar Fo. AG zustimmt, den aber der Mandant ablehnt (Ströbel, BRAK-Mitt. 1998, 263, 264).“ Die Klägerin begehrt die Verurteilung des Beklagten zur Unterlassung einzelner in seiner Abhandlung enthaltener Äußerungen . Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und den Beklagten u.a. verurteilt, die Behauptung zu unterlassen, der Brancheninformationsdienst „k.m.-intern“ habe das Prozeßfinanzierungsmodell der Klägerin als Bauernfängerei bezeichnet. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Auf die Berufung der
Klägerin hat das Oberlandesgericht den Beklagten verurteilt, auch die Behauptung zu unterlassen, der Mandant, dessen Prozeß durch die Klägerin finanziert wird, müsse sich zur Zahlung einer sehr hohen Vertragsstrafe für den Fall verpflichten , daß das gerichtliche Verfahren durch einen gerichtlichen Vergleich beendet werden soll, dem zwar die Klägerin zustimmt, den aber der Mandant ablehnt. Die Berufung des Beklagten hatte teilweise Erfolg und führte zur Klageabweisung , soweit er vom Landgericht zur Unterlassung einer weiteren Äußerung verurteilt worden war. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die vollständige Klageabweisung.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die beiden von ihm untersagten Äußerungen seien Tatsachenbehauptungen. Der Begriff „V ertragsstrafe“ sei ein feststehendes juristisches Rechtsinstitut. Bei der Auslegung einer Äußerung sei darauf abzustellen, wie der verständige Durchschnittsleser sie verstehen durfte, nicht darauf, wie der Autor sie gemeint habe oder verstanden wissen wollte. Gerade weil der Beklagte Jurist sei und seine Abhandlung unter Hinweis darauf verfaßt habe, dürfe der verständige Durchschnittsleser davon ausgehen, daß der Autor den Begriff „Vertragsstrafe“ tatsächlich im Rechtssinne gemeint habe. Bei den Adressaten seiner Abhandlung könne ohne weiteres unterstellt werden, daß ihnen dieser Begriff als Rechtsinstitut bekannt sei. Insbesondere weil der Beklagte im nachfolgenden Absatz zwischen „Vertragsstrafe“ einerseits und „Abstandssumme“ andererseits unterscheide, erwarte der Leser nicht, daß hier
ein Begriff falsch angewandt werde. Daß der Beklagte seine Abhandlung als „Gutachten“ bezeichne, ändere nichts an dem Charakter der Äußerung; sie enthalte keine Wertung des Beklagten. Die Äußerung sei u nwahr und geeignet, die Klägerin in ihrer wirtschaftlichen Betätigung zu beeinträchtigen. Der Berufsstand des Beklagten führe zu keiner anderen Beurteilung. Der Beklagte werde nicht als Rechtsanwalt, sondern als Autor der Abhandlung in Anspruch genommen. Diese sei kein anwaltliches Gutachten; die Schrift sei nicht in einer konkreten Rechtssache seiner Mandanten gefertigt worden, sondern aus Anlaß eines Aufsatzes von Rechtsanwalt F. et. al. in einer wissenschaftlichen Zeitschrift. Solche Veröffentlichungen unterfielen nicht der grundgesetzlich geschützten Mandantenvertretung. Der Beklagte behaupte nicht, die Äußerungen namens und im Auftrag seiner Mandanten abg egeben zu haben. Selbst wenn er die Abhandlung auf deren Initiative und zu deren Verteidigung abgefaßt haben sollte, rechtfertige das nicht das Aufstellen und die Verbreitung unwahrer Tatsachenbehauptungen über die Klägerin, mit der kein Streit bestanden habe. Auch die mit einer Belegstelle versehene Behauptung, der Brancheninformationsdienst „k.m.-intern“ habe das Prozeßfinanzierungssystem der Klägerin als Bauernfängerei bezeichnet, sei unwahr. In dem zitierten Artikel beziehe sich der Ausdruck „Bauernfängerei“ nämlich nicht auf das Prozeßfinanzierungsmodell der Klägerin, sondern auf die Aktien-Zeichnungsfrist. Der Beklagte könne sich nicht damit rechtfertigen, dies anders verstanden zu haben. Der Wortlaut der Belegstelle sei sprachlich eindeutig und nicht mißzuverstehen.

II.



Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. 1. Ohne Erfolg macht die Revision allerdings geltend, das durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Recht des Rechtsanwalts auf freie, unreglementierte Berufsausübung stehe der Inanspruchnahme des Beklagten auf Unterlassung im Streitfall entgegen.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats können ehrenkränkende Äußerungen, die der Rechtsverfolgung ode r -verteidigung in einem Gerichtsverfahren oder dessen konkreter Vorbereitung dienen, in aller Regel nicht mit Ehrenschutzklagen abgewehrt werden. Das sogenannte Ausgangsverfahren soll nämlich nicht durch eine Beschneidung der Äußerungsfreiheit der daran Beteiligten beeinträchtigt werden (vgl. Senatsurteil vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91 - VersR 1992, 443 m.w.N.). Vielmehr sollen die Parteien und infolgedessen auch die von ihnen bevollmächtigten Rechtsanwälte in einem Gerichtsverfahren alles vortragen dürfen, was sie zur Wahrung der Rechte der Parteien für erforderlich halten, auch wenn hierdurch die Ehre eines anderen berührt wird. Ob das Vorbringen wahr und erheblich ist, soll allein in dem seiner eigenen Ordnung unterliegenden Ausgangsverfahren geprüft werden. Mit den schutzwürdigen Belangen der Betroffenen und mit den Erfordernissen eines sachgerechten Funktionierens der Rechtspflege wäre es nämlich unvereinbar, wenn die Kompetenzen des Gerichts des Ausgangsverfahrens durch die Möglichkeit einer Geltendmachung von Abwehransprüchen in einem gesonderten Prozeß vor einem anderen Gericht unterlaufen werden könnten. Deshalb fehlt in derartigen Fällen für eine Ehrenschutzklage grundsätzlich das
Rechtsschutzbedürfnis. Diese Grundsätze gelten auch für Verfahren vor Verwaltungsbehörden (vgl. Senatsurteile vom 24. November 1970 - VI ZR 70/69 - NJW 1971, 284; vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91 - aaO und vom 18. Oktober 1994 - VI ZR 74/94 - VersR 1995, 176, 177 m.w.N.; Senatsbeschluß vom 13. Juli 2004 - VI ZB 63/03).
b) Entgegen der Auffassung der Revision können die aufgezeigten Grundsätze den Ausschluß von Ehrenschutzklagen jedoch nicht rechtfertigen, wenn die beanstandeten Äußerungen - wie im vorliegend en Fall - in einer ähnlich einem Rundschreiben verteilten Abhandlung zur Durchsetzung von Interessen außerhalb der prozessualen Rechtsverfolgung aufgestellt werden. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats finden sie auf Äuße rungen, mit denen der Äußernde in einer außergerichtlichen Kampagne an die Öffentlichkeit tritt, keine Anwendung. Der Ausschluß der Ehrenschutzklage gegenüber dem Prozeßgegner stellt sich nämlich als einschneidende Beschränkung des Ehrenschutzes dar, die nur mit der besonderen Interessenlage anläßlich eines laufenden oder im Hinblick auf ein konkret bevorstehendes gerichtliches oder behördliches Verfahren gerechtfertigt werden kann. Das Interesse des Äußernden daran, seine Rechtsverfolgung oder -verteidigung in einem anhängigen oder künftigen Verfahren führen oder vorbereiten zu können, ohne sich damit einem Ehrenschutzverfahren auszusetzen, ist nicht betroffen, wenn er mit solchen Beschränkungen für eine Verfolgung seiner Angelegenheit außerhalb eines Verfahrens durch öffentliche Angriffe, Rundschreiben und ähnliches belastet wird (Senatsurteil vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91 - aaO; vgl. auch Senatsurteil vom 5. Mai 1981 - VI ZR 184/79 - NJW 1981, 2117, 2118; BVerfG, NJW 1991, 2074, 2075). Zu Unrecht mißt die Revision im Streitfall dem Umstand besondere Bedeutung bei, daß die Mandanten des Beklagten durch eine Medienkampagne beeinträchtigt worden seien, die ihnen eine besondere Abwehrsituation auferlegt habe. Im Rahmen des nach Art. 5 Abs. 1 GG Zulässigen kann der
Rechtsanwalt als Vertreter seines Mandanten zwar auch an die Öffentlichkeit gehen, um dessen Interessen zu wahren. Dabei müssen die Befugnisse desjenigen , der seine Rechte hierdurch beeinträchtigt sieht, jedoch ungeschmälert erhalten bleiben, da er ansonsten die grundrechtlich garantierte Möglichkeit verlöre , seine Rechte in einem gerichtlichen Verfahren zu wahren (vgl. BVerfG, aaO m.w.N.). Die durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Berufsfreiheit gewährt dem Rechtsanwalt insoweit keinen weitergehenden Schutz, als er der Partei selbst zukommt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unterliegt die anwaltliche Berufsausübung grundsätzlich der freien und unreglementierten Selbstbestimmung des einzelnen (BVerfGE 50, 16, 29 = NJW 1979, 1159, 1160; 63, 266, 284 = NJW 1983, 1535, 1536; BVerfG, NJW 1996, 3267 m.w.N.). Die Berufsausübungsfreiheit des Rechtsanwalts ist jedoch nicht schrankenlos gewährleistet. Gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG kann seine Berufsausübung durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes geregelt werden (BVerfGE 50, 16, 29 = NJW 1979, 1159, 1160 m.w.N.; 63, 266, 284 = NJW 1983, 1535, 1536; 76, 171, 184 = NJW 1988, 191). Als unabhängiges Organ der Rechtspflege ist es Aufgabe des Rechtsanwalts, die Interessen seines Mandanten unabhängig zu vertreten und wahrzunehmen, um dessen Rechte zu wahren und zu verfolgen und Gerichte und Behörden vor Fehlentscheidungen zum Nachteil seines Mandanten zu bewahren. Soweit er sich im Interesse eines Mandanten äußert, wird er nicht als Privatperson tätig, sondern in seiner Funktion als Rechtsanwalt und Vertreter seines Mandanten. Regelmäßig macht er sich den Sachverhalt, den ihm sein Mandant schildert, nicht als persönliche Behauptung zu eigen und stellt, indem er diesen wiedergibt, keine eigene persönliche Behauptung auf. Materiell-rechtlich ist in diesen Fällen gegebenenfalls nicht er, sondern sein Mandant als Störer anzusehen (vgl. KG, MDR 1998, 504). Die Zulässigkeit einer gegen den Rechtsanwalt gerichteten
Unterlassungsklage wird dadurch nicht berührt. Das gilt auch dann, wenn seine Äußerung im Zusammenhang mit einer Medienkampagne im Vorfeld oder am Rande einer gerichtlichen Auseinandersetzung erfolgt. 2. In der Sache steht der Klägerin jedoch hinsichtlich beider beanstandeter Äußerungen ein Unterlassungsanspruch entsprechend §§ 823, 824, 1004 BGB nicht zu.
a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts handelt es sich bei der Behauptung des Beklagten, der Mandant, dessen Prozeß durch die Klägerin finanziert wird, müsse sich zur Zahlung einer sehr hohen Vertragsstrafe für den Fall verpflichten, daß das gerichtliche Verfahren durch einen gerichtlichen Vergleich beendet werden soll, dem zwar die Klägerin zustimmt, den aber der Mandant ablehnt, nicht um eine Tatsachenbehauptung, sondern um eine zulässige Meinungsäußerung. aa) Ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als W erturteil einzustufen ist, ist eine Rechtsfrage, welche vom Revisionsgericht uneingeschränkt zu überprüfen ist (vgl. Senatsurteile vom 28. Juni 1994 - VI ZR 252/93 - VersR 1994, 1120, 1121 und vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - VersR 2000, 1162, 1163 f. m.w.N.). Tatsachenbehauptungen unterscheiden sich von Werturteilen dadurch, daß bei diesen die subjektive Beziehung zwischen der Äußerung und der Wirklichkeit im Vor dergrund steht, während für jene die objektive Beziehung des sich Äußer nden zum Inhalt seiner Äußerung charakteristisch ist (vgl. BVerfG, NJW 2000, 199 , 200 m.w.N.). Für die Einstufung als Tatsachenbehauptung kommt es wesentlich darauf an, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist, was bei Meinungsäußerungen ausscheidet, weil sie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet werden
und sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen lassen (Senatsurteile vom 23. Februar 1999 - VI ZR 140/98 - VersR 1999, 1162 f. und vom 27. April 1999 - VI ZR 174/97 - NJW-RR 1999, 1251, 1252 m.w.N.; BGHZ 154, 54, 60; BVerfGE 61, 1, 9 = NJW 1983, 1415, 1416; 85, 1, 14 = NJW 1992, 1439, 1440). Für die Ermittlung des Aussagegehalts einer Äußerung ist darauf abzustellen, wie sie unter Berücksichtigung des allgemeinen Sprachgebrauchs von einem unvoreingenommenen Durchschnittsleser verstanden wird, wobei eine isolierte Betrachtung eines umstrittenen Äußerungsteils regelmäßig nicht zulässig ist, sondern auch der sprachliche Kontext und die sonstigen erkennbaren Begleitumstände zu berücksichtigen sind (vgl. Senatsurteile BGHZ 139, 95, 102 und vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - aaO, S. 1163). Enthält eine Äußerung einen rechtlichen Fachbegriff, so deutet dies darauf hin, daß sie als Rechtsauffassung und damit als Meinungsäußerung einzustufen ist (vgl. Senatsurteile vom 22. Juni 1982 - VI ZR 251/80 - VersR 1982, 904, 905 f. und - VI ZR 255/80 - VersR 1982, 906, 907). Als Tatsachenmitteilung ist eine solche Äußerung hingegen dann zu qualifiz ieren, wenn die Beurteilung nicht als bloße Rechtsauffassung kenntlich gemacht ist, sondern beim Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorruft, die als solche einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind. Hierfür ist der Kontext entscheidend, in dem der Rechtsbegriff verwendet wird (Senatsurteil vom 27. April 1999 - VI ZR 174/97 - aaO m.w.N.). bb) Ob eine vertragliche Bestimmung ein Vertragsstrafeversprechen enthält , ist durch Auslegung zu ermitteln. Denn ein solches kann nicht nur dann vorliegen, wenn die Parteien eine für den Eintritt bestimmter Umstände ausbedungene Zahlung als Vertragsstrafe bezeichnet haben. Andererseits muß nicht jede von den Parteien so bezeichnete Zahlung eine Vertragsstrafe im Rechts-
sinne darstellen. Die Beurteilung der Vertragsbestimmung erfordert - anders als die Deutung einfacher, auch in der Alltagssprache gängiger Rechtsbegriffe - eine rechtliche Bewertung (vgl. Senatsurteile vom 22. Juni 1982 - VI ZR 251/80 - aaO und - VI ZR 255/80 - aaO; vom 28. Juni 1994 - VI ZR 252/93 - aaO S. 1121 f.; vom 23. Februar 1999 - VI ZR 140/98 - aaO und vom 27. April 1999 - VI ZR 174/97 - aaO; siehe auch BVerfG, NJW 2000, 199, 200; BVerfG, NJW-RR 2001, 411 f.; BVerfG, NJW 2003, 1109 f.; MünchKomm -BGB/Wagner, 4. Aufl., § 824, Rdn. 21 f. m.w.N.). Ob sich diese im Ergebnis als vertretbar oder unvertretbar erweist, macht die Verwendung des Rechtsbegriffs nicht zu einer Tatsachenbehauptung, sondern hält sich im Rahmen des subjektiven Dafürhaltens und Meinens. Die rechtliche Subsumtion ist nicht einem Beweis zugänglich, sondern erfordert eine eigene Bewertung. Eine solche Beurteilung hat der Beklagte hier vorgenommen. Die rechtliche Bewertung der von der Klägerin verwendeten Vertragsbestimmung als Vertragsstrafeversprechen gibt die subjektive Beurteilung des Beklagten wieder. Ihr kann zwar eine andere Auffassung entgegengehalten werden, doch stellt sie sich, worauf die Revision zutreffend hinweist, gerade deshalb als Meinungsäußerung dar. Hinzu kommt, daß sich die von der Klägerin beanstandete Äußerung im Rahmen einer rechtlichen Abhandlung findet, die als solche insgesamt von Elementen der Wertung durchdrungen ist. cc) Allerdings ist die Meinungsfreiheit nicht vorbehaltlos gewährleistet, sondern unterliegt den Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG. Zu diesen gehört das Recht der persönlichen Ehre und auf öffentliches Ansehen, zu dessen Wahrung auch juristische Personen Ehrenschutz in Anspruch nehmen können (vgl. Senatsurteil vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - aaO; BVerfGE 99, 185, 195 ff. = NJW 1999, 1322, 1323 f.). Im Streitfall führt die gebotene Abwägung zwischen den Rechten der Klägerin und der Meinungsfreiheit des Beklagten dazu, daß
diese den Vorrang verdient. Die Behauptung, jemand lasse sich eine Vertragsstrafe versprechen, stellt weder eine Schmähkritik dar, noch ist sie aus sich heraus oder in dem von dem Beklagten geschaffenen Kontext ehrenrührig. Die Rechtsordnung erlaubt die Vereinbarung einer Vertragsstrafe ausdrücklich und setzt dieser Möglichkeit zugleich Grenzen. Jedenfalls solange - wie im Streitfall - nicht der Eindruck erweckt wird, jemand überschreite diesbezüglich die Grenze des rechtlich Zulässigen, beeinträchtigt die bloße rechtliche Bewertung eines Vertragspassus‘ als Vertragsstrafe denjenigen, der sich eine Zahlung für den Fall des Eintritts bestimmter Umstände versprechen läßt, nicht derart, daß im Hinblick auf die grundlegende Bedeutung der Meinungsfreiheit für die Entfaltung der Persönlichkeit des Einzelnen ein Unterlassungsanspruch bestehen könnte.
b) Ebenfalls mit Erfolg wendet sich die Revision dagegen, daß das Berufungsgericht die Äußerung des Beklagten, der Branchenin formationsdienst „k.m.-intern“ habe das Prozeßfinanzierungsmodell der Klägerin als Bauernfängerei bezeichnet, im Streitfall als Tatsachenbehauptung gewertet hat. aa) Für die Beurteilung der Frage, ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder Meinungsäußerung bzw. Werturteil einzustufen ist, bedarf es nach gefestigter Rechtsprechung der Ermittlung ihres vollständigen Aussagegehalts. Insbesondere ist jede beanstandete Äußerung in dem Gesamtzusammenhang zu beurteilen, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (Senatsurteile BGHZ 132, 13, 21 und vom 28. Juni 1994 - VI ZR 252/93 - aaO, jeweils m.w.N.). So dürfen aus einer komplexen Äußerung nicht Sätze oder Satzteile mit tatsächlichem Gehalt herausgegriffen werden und als unrichtige Tatsachenbehauptung untersagt werden, wenn die Äußerung nach ihrem - zu würdigenden - Gesamtzusammenhang in den Schutz-
bereich des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung gemäß Art. 5 Abs. 1 GG fallen kann und in diesem Fall eine Abwägung zwischen den verletzten Grundrechtspositionen erforderlich wird (Senatsurteil vom 25. März 1997 - VI ZR 102/96 - VersR 1997, 842; BVerfGE 85, 1, 15 f. = NJW 1992, 1439, 1440). bb) Die Revision beanstandet mit Recht, daß das Berufungsgericht die betreffende Äußerung des Beklagten zwar insgesamt wiede rgegeben, aber nur deren ersten Teil, der einen tatsächlichen Gehalt aufweist, gewürdigt hat. Diese Aufspaltung führt notwendigerweise zu einer isolierten Betrachtungsweise, die den Aussagegehalt der gesamten Äußerung nicht erfaßt. H ierfür muß vielmehr auch der zweite sich anschließende, nicht in den Klageantrag aufgenommene Halbsatz gewürdigt werden, welcher lautet: „und hat gerade im Fall F. recht damit.“. Dieser zweite Teil der Äußerung gibt nicht n ur die Auffassung des Beklagten wieder. Durch die Bezugnahme auf den ersten Satzteil macht sich der Äußernde hier vielmehr auch den Inhalt des von ihm dor t wiedergegebenen Zitats zu eigen. Er setzt dieses Zitat, von dem er sich nicht etwa distanziert (vgl. hierzu Senatsurteil BGH 132, 13, 18 f.), sondern das er durch den Nachsatz sogar inhaltlich bekräftigt, an dieser Stelle gezielt ein, um seiner eigenen Meinungsäußerung durch den Hinweis auf die übereinstimmende Meinung eines Dritten ein größeres Gewicht zu verleihen. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Beklagte das Zitat richtig oder unrichtig wiedergegeben hat. Durch die Verknüpfung des Zitats mit der Wiedergabe der eigenen Auffassung des Äußernden stellt sich die Aussage in ihrer Gesamtheit betrachtet als ein Zusammenspiel von Tatsachenbehauptung und Meinungsäußerung dar. Daß mit dem Klageantrag lediglich der Teil herausgegriffen und vom restlichen Teil der Äußerung abgetrennt worden ist, der einen tatsächlichen Gehalt hat, kann nicht zu einer anderen Beurteilung führen (vgl. Senatsurteil vom 25. März 1997 - VI ZR 102/96 - aaO). Für den Leser der Abhandlung liegt der Akzent der Ge-
samtaussage in dem Vorwurf des Beklagten, das Prozeßfinanzierungsmodell der Klägerin sei - jedenfalls im Fall F. - Bauernfängerei. Damit stellt sich die Aussage insgesamt als eine Meinungsäußerung dar, die grundsätzlich in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG fällt. cc) Die danach im Streitfall gebotene Abwägung zwischen den Rechten der Klägerin und der Meinungsfreiheit des Beklagten führt dazu, daß letztere den Vorrang verdient. Die Äußerung, das Prozeßfinanzie rungsmodell der Klägerin sei - jedenfalls im Fall F. - Bauernfängerei, stellt weder eine Schmähkritik dar, noch ist sie aus sich heraus oder in dem von dem Beklagten geschaffenen Kontext ehrenrührig. (1.) Wegen seines die Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG verdrängenden Effekts ist der Begriff der Schmähkritik eng auszulegen. Auch eine überzogene, ungerechte oder gar ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Von einer solchen kann vielmehr nur dann die Rede sein, wenn bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung des Betroffenen im Vordergrund steht, der jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll (vgl. z.B. Senatsurteil vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99 - VersR 2000, 327, 320 und vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - aaO S. 1163, jeweils m.w.N.; vgl. auch BVerfG, NJW 2003, 3760 und NJW 2004, 590, 591). Eine wertende Kritik an der gewerblichen Leistung eines Wirtschaftsunternehmens ist in der Regel auch dann vom Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt, wenn sie scharf und überzogen formuliert ist; sie kann nur unter engen Voraussetzungen als Schmähkritik angesehen werden (Senatsurteil BGHZ 138, 311, 320 und vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445).
(2.) Diese Anforderungen an eine unzulässige Schmähkritik erfüllt die in Rede stehende Bezeichnung als Bauernfängerei nicht. Die hierin enthaltene Bewertung des geschäftlichen Vorgehens der Klägerin kann nicht als bloße Diffamierung angesehen werden; sie entbehrt vielmehr keineswegs des erforderlichen Sachbezugs im Rahmen der Abhandlung des Beklagten. Letzterer setzt sich - wenn auch an dieser Stelle in recht scharfer Form - mit dem Prozeßfinanzierungsmodell der Klägerin auseinander. Er bewertet die vertraglichen Rechte und Pflichten der von der Klägerin angesprochenen Kapitalanleger und gelangt zu dem Ergebnis, daß für sie das System der Klägerin unvorteilhaft sei. Eine solche Bewertung ist, auch wenn sie sich teilweise überzogener Formulierungen bedient, unter Berücksichtigung der erörterten Rechtsgrundsätze noch vom Grundrecht des Beklagten auf freie Meinungsäußerung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt.

III.

Da weitere Feststellungen nicht in Betracht kommen, kann der Senat gem. § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden und die Klage insgesamt abweisen.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

23
Bei der Bewertung des Mittels, mit dem der Zweck derVeröffentlichung verfolgt wird, ist zu berücksichtigen, dass es im Hinblick auf die Art der Erlangung der Information verschiedene Stufungen geben kann, einerseits etwa den vorsätzlichen Rechtsbruch, um die auf diese Weise verschaffte Information zu publizieren oder gegen hohes Entgelt weiterzugeben, andererseits die bloße Kenntniserlangung von einer rechtswidrig beschafften Information, bei der die Rechtswidrigkeit der Beschaffung möglicherweise auch bei Wahrung der publizistischen Sorgfaltspflicht nicht einmal erkennbar ist. In den Fällen, in denen der Publizierende sich die Informationen widerrechtlich durch Täuschung in der Absicht verschafft hat, sie gegen den Getäuschten zu verwerten, hat die Veröffentlichung grundsätzlich zu unterbleiben. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kommt nur in Betracht, wenn die Bedeutung der Information für die Unterrichtung der Öffentlichkeit und für die öffentliche Meinungsbildung eindeutig die Nachteile überwiegt, die der Rechtsbruch für den Betroffenen und die Geltung der Rechtsordnung nach sich ziehen muss. Das wird in der Regel dann nicht der Fall sein, wenn die in der dargelegten Weise widerrechtlich beschaffte und verwertete Information Zustände oder Verhaltensweisen offenbart, die ihrerseits nicht rechtswidrig sind; denn dies deutet darauf hin, dass es sich nicht um Missstände von erheblichem Gewicht handelt, an deren Aufdeckung ein überragendes öffentliches Interesse besteht (Senatsurteil vom 30. September 2014 - VI ZR 490/12, AfP 2014, 534, juris Rn. 21; BVerfGE 66, 116, 139; vgl. auch Senatsurteil vom 21. April 1998 - VI ZR 196/97, BGHZ 138, 311, juris Rn. 21).

Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Tadelnde Urteile über wissenschaftliche, künstlerische oder gewerbliche Leistungen, desgleichen Äußerungen oder Tathandlungen nach § 192a, welche zur Ausführung oder Verteidigung von Rechten oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen vorgenommen werden, sowie Vorhaltungen und Rügen der Vorgesetzten gegen ihre Untergebenen, dienstliche Anzeigen oder Urteile von seiten eines Beamten und ähnliche Fälle sind nur insofern strafbar, als das Vorhandensein einer Beleidigung aus der Form der Äußerung oder aus den Umständen, unter welchen sie geschah, hervorgeht.

Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR76/14
Verkündet am:
18. November 2014
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Hat ein Presseorgan unter Beachtung der Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung
über den Verdacht einer Straftat berichtet, kann der Betroffene
bei späterer Ausräumung des Verdachts und Fortwirken der Beeinträchtigung
von dem Presseorgan nicht die Richtigstellung der ursprünglichen Berichterstattung
, sondern nur die nachträgliche Mitteilung (Nachtrag) verlangen, dass
nach Klärung des Sachverhalts der berichtete Verdacht nicht mehr aufrechterhalten
werde.
BGH, Urteil vom 18. November 2014 - VI ZR 76/14 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Oktober 2014 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter
Wellner und Pauge sowie die Richterinnen von Pentz und Dr. Oehler

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten zu 1 wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 28. Januar 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu ihrem Nachteil erkannt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges , an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger, früher Chefjustiziar der H.-Bank, nimmt die auf Beklagtenseite allein noch beteiligte Beklagte zu 1 (im Folgenden: Beklagte) auf Richtigstellung einer ihn betreffenden Berichterstattung in Anspruch. Die Beklagte verlegt ein Nachrichtenmagazin, in dem am 23. August 2010 unter der Überschrift "Angst und Verfolgungswahn" unter voller Nennung der im Folgenden abgekürzt wiedergegebenen Namen und Firmen über die H.-Bank berichtet wurde:
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Der Beitrag behandelt zunächst die im Jahr 2009 erfolgte Entlassung des Vorstandsmitglieds R. wegen des Verdachts, Journalisten vertrauliches Material zugespielt zu haben. Weiter heißt es, im Zuge der Ermittlungen sei die Staatsanwaltschaft zu der Einschätzung gelangt, es könne "nicht ausgeschlossen werden, dass R. nach der Methode des Spurenlegens Opfer einer Falschbezichtigung geworden sei." Erst kürzlich sei ein Ermittlungsverfahren gegen einen früheren Sicherheitsberater der Bank eingeleitet worden, einen ehemaligen Subunternehmer der für die Bank tätigen Consultingfirma P. AG. Dieser solle R.'s Büro verwanzt, dessen Privatwohnung durchsucht und zudem mitgeholfen haben, Dokumente zu frisieren und zu verschicken, die R. seinen Job gekostet hätten. Weiter heißt es: "Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, wäre das eine neue Dimension in der Skandalchronik der Katastrophenbank," die mehrheitlich im Staatseigentum stehe, wegen hochriskanter und verlustreicher Geschäfte mit "Schrottpapieren" ins Visier der Strafverfolger geraten sei und mit staatlichen Mitteln in Milliardenhöhe habe "vor dem Untergang bewahrt" werden müssen. Ausgelöst worden seien die neuen Ermittlungen durch Schilderungen des früheren Sicherheitsberaters gegenüber Vertretern der H.-Bank bei einem vertraulichen Treffen vom 29. Juli 2010. Diesbezüglich heißt es in dem Beitrag: "Anfang 2009 habe ihn ein P.-Mitarbeiter gebeten, spätabends zum Seiteneingang der H.-Bank-Zentrale in der […] Innenstadt zu kommen, um einen heiklen Spezialauftrag auszuführen. Chefjustitiar G. [der Kläger] persönlich habe ihn ins Haus gelassen und in das Büro von F. begleitet, der damaligen Chefin der Unternehmenskommunikation. Dort sei zu seiner Überraschung auch ein hochrangiger Berater der P. AG gewesen. Die drei hätten ihm erklärt, R. sei ein übler Bursche, der überwacht werden müsse. Später habe er in R.´s Büro eine Wanze installiert. ‚Zielsetzung sei gewesen, einen Nachweis hinsichtlich inkorrekten Verhaltens gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, eventuell auch sexueller Belästigung am Arbeitsplatz, zu erhalten’, heißt es im Protokoll."
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Im Folgenden wird in dem Beitrag eine Stellungnahme des P.-Vertreters wiedergegeben, der sich zwar an ein Treffen mit dem früheren Sicherheitsberater , dem Kläger und F. erinnern könne, das aber - so der P.-Vertreter - eine andere Angelegenheit betroffen habe; "illegale Aktionen des Mannes kenne man nicht". Im Anschluss daran heißt es in dem Beitrag, der frühere Sicherheitsberater habe laut dem Protokoll des Treffens vom 29. Juli 2010 weiter berichtet, er sei auch in R.´s Privatwohnung eingedrungen und habe dort vergebens versucht , die Telefonleitung so zu manipulieren, dass R. auch zu Hause habe abgehört werden können. Ferner - so der Beitrag - habe der frühere Sicherheitsberater erklärt, er - und nicht R. - sei es gewesen, der jene Papiere "verschickt" habe, die zu R.'s Kündigung geführt hätten. "In diese Aufträge sei seiner Wahrnehmung nach jedes Mal der Leiter der Rechtsabteilung involviert gewesen." Weiter heißt es in dem Beitrag, G. - der Kläger - dementiere mit Nachdruck. Er habe über seinen Anwalt mitteilen lassen, von den angeblichen Vorgängen keine Kenntnis zu haben und erst recht nicht in irgendeiner Weise daran beteiligt gewesen zu sein. Dennoch - so der Beitrag - sei G. "momentan" von seinen Aufgaben entbunden worden. Auf Grund der Aussagen des früheren Sicherheitsberaters habe eine vom Aufsichtsratsvorsitzenden der Bank beauftragte Anwaltskanzlei Anzeige gegen den Berater erstattet. Ferner habe ein bei dem Treffen vom 29. Juli 2010 anwesender Vertreter der Bank sich bei der Staatsanwaltschaft als Zeuge gemeldet. Weiter heißt es: "Im Kern geht es um eine Frage: Ist es vorstellbar, dass der Justitiar der Bank tatsächlich bei angeblichen Spitzelaktionen gegen R. mitgemischt hat, ohne Wissen und Billigung des H.-Vorstandsvorsitzenden?"
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Im weiteren Text heißt es schließlich: "Fest steht, dass G. [der Kläger] und N. [der Vorstandsvorsitzende] im Februar 2009 eine Geheimoperation star- teten, um R. und drei weitere Vorstandskollegen des Geheimnisverrats zu überführen."
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Dem Beitrag lag ein nicht unterzeichnetes Protokoll über den angeblichen Inhalt des Gesprächs vom 29. Juli 2010 zugrunde, demzufolge ein Herr U. als ehemaliger Subunternehmer der P. AG gegenüber Vertretern der H.-Bank eingeräumt hatte, die in dem Beitrag geschilderten, gegen R. gerichteten Handlungen vorgenommen zu haben. In dem Protokoll heißt es, "in diese Aufträge sei Herrn U.'s Wahrnehmung nach jedes Mal der Leiter der Rechtsabteilung involviert gewesen." Nachdem U. von diesem Protokoll Kenntnis erlangt hatte, erklärte er am 22. August 2010 vor einem Notar, er habe die im Protokoll festgehaltenen Aussagen so zu keinem Zeitpunkt gemacht; die Aussagen seien auch inhaltlich falsch. Der Beklagten war diese notarielle Erklärung zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Beitrags nicht bekannt. Ein gegen U. und den Kläger eingeleitetes Ermittlungsverfahren wurde im Oktober 2012 mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt.
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Das Landgericht hat die Beklagte sinngemäß verurteilt richtigzustellen, dass der Kläger an Abhörmaßnahmen wie den im Bericht vom 23. August 2010 beschriebenen angeblichen Maßnahmen gegen R. nicht mitgewirkt habe. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert. Gemäß einem erstmals im Berufungsverfahren gestellten Hilfsantrag des Klägers hat es die Beklagte stattdessen verurteilt, in der nach Eintritt der Rechtskraft nächsten erreichbaren Ausgabe ihres Nachrichtenmagazins im redaktionellen Teil mit entsprechender Aufmachung wie die Erstmitteilung unter Verwendung der Überschrift "Richtigstellung" und mit Ankündigung im Inhaltsverzeichnis eine Erklärung des Inhalts zu veröffentlichen, dass sie in dem Bericht vom 23. August 2010 durch die oben in Kursivschrift zitierten und in der Erklärung wiederzugebenden Äußerungen den Verdacht erweckt habe, der Kläger habe an den beschriebenen angeblichen Abhörmaßnahmen gegen R. mitgewirkt, und sie diesen Verdacht nicht aufrechterhalte. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe:

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Die zulässige Revision hat Erfolg. Sie führt, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist, zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

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Das Berufungsgericht, dessen Urteil in ZUM-RD 2014, 354 veröffentlicht ist, hat ausgeführt, dem Kläger stehe der mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Berichtigungsanspruch in entsprechender Anwendung von § 1004 BGB i.V.m. § 823 BGB, § 186 StGB zu. Bei einer unzutreffenden Verdachtsäußerung, die nicht in Form einer echten Frage erfolge, komme ein Berichtigungsanspruch in Betracht, wenn der geäußerte Verdacht geeignet sei, das Ansehen des Betroffenen in beträchtlicher Weise herabzusetzen, und diese Rufbeeinträchtigung fortdauere. Dem stehe die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht entgegen. Denn danach begegne es keinen verfassungsrechtlichen Bedenken , bei einer Verdachtsberichterstattung einen Folgenbeseitigungsanspruch anzunehmen, wenn eine rechtmäßige Meldung über eine Straftat sich aufgrund späterer gerichtlicher Erkenntnisse in einem anderen Licht darstelle und die durch die Meldung hervorgerufene Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts andauere. Nach dieser Rechtsprechung sei es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Gerichte dem Betroffenen das Recht zubillig- ten, eine ergänzende Meldung über den für ihn günstigen Ausgang des Strafverfahrens zu verlangen. Eine Erklärung, dass der Verdacht unberechtigt sei, könne nicht verlangt werden, da die Beklagte nicht behauptet habe, der Verdacht sei berechtigt.
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Abgesehen von den Fällen, in denen ein strafrechtliches Verfahren mit einem Freispruch beendet worden sei und der Betroffene insoweit eine ergänzende Mitteilung verlangen könne, setze ein Anspruch auf Berichtigung einer Verdachtsberichterstattung voraus, dass sich nach der Berichterstattung herausstelle, dass der Verdacht unberechtigt sei. Dafür trage der Anspruchsteller die Beweislast. Im Streitfall sei der Senat nach der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Verdacht, der Kläger habe an Abhörmaßnahmen gegen R. mitgewirkt, unberechtigt sei. Ausgangspunkt für den Verdacht seien die Angaben U.'s, die dieser nach der Behauptung der Beklagten zunächst in einer Besprechung vom 29. Juli 2010 gemacht und sodann in Telefonaten gegenüber den Autoren des Berichts wiederholt habe. Selbst wenn U. diese Angaben tatsächlich gemacht haben sollte, seien sie nach den glaubhaften Aussagen der dazu vernommenen Zeugen jedenfalls inhaltlich unwahr.
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Der von der Beklagten verbreitete Verdacht sei schwerwiegend und ehrabschneidend. Da die mit dem Verdacht verbundene Rufbeeinträchtigung ohne Zweifel fortdauere, bestehe ein Anspruch des Klägers auf Veröffentlichung einer Erklärung, wonach der Verdacht nicht aufrechterhalten werde. Die vom Landgericht zuerkannte Fassung der Erklärung gehe demgegenüber zu weit.
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Ob die Verdachtsberichterstattung der Beklagten rechtmäßig gewesen sei, sei für den zuerkannten Berichtigungsanspruch nicht von Bedeutung. Es reiche, dass der von ihr geschaffene Störungszustand als rechtswidrig fortdauere. Davon abgesehen habe die Beklagte nicht dargelegt, die Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung eingehalten zu haben. Sie habe keinen hinreichenden Mindestbestand an Beweistatsachen dargetan. Selbst wenn man meinte, die Angaben U.´s rechtfertigten den Verdacht, sei der Beklagten vorzuwerfen, jedenfalls ihrer Recherchepflicht nicht genügt zu haben. Angesichts des für den Kläger außerordentlich schwerwiegenden Vorwurfs habe es nach der Bestätigung der Vorwürfe durch U. nahe gelegen, die übrigen an dem angeblichen spätabendlichen Treffen beteiligten Personen anzuhören. Zwar habe die Beklagte nach ihrem Vorbringen den hochrangigen Vertreter der P. AG und den Kläger angehört. Sie habe es aber ohne erkennbaren Grund unterlassen, auch F. als weitere angeblich Beteiligte zu dem Treffen zu befragen.

II.

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Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, dem Kläger stehe gegen die Beklagte unabhängig davon , ob eine zulässige Verdachtsberichterstattung vorgelegen habe oder nicht, ein Richtigstellungsanspruch in entsprechender Anwendung von § 1004 BGB i.V.m. § 823 BGB mit dem ausgeurteilten Inhalt zu. Auch die Hilfsbegründung, die Beklagte habe nicht dargelegt, die Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung eingehalten zu haben, erweist sich als rechtsfehlerhaft.
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1. In Anlehnung an § 1004 BGB und verwandte Bestimmungen hat die Rechtsprechung den Grundsatz entwickelt, dass der Betroffene vom Störer die Berichtigung einer unwahren Tatsachenbehauptung verlangen kann, um einem Zustand fortdauernder Rufbeeinträchtigung ein Ende zu machen und so die rechtswidrige Störung abzustellen (BGH, Großer Zivilsenat, Beschluss vom 19. Dezember 1960 - GSZ 1/60, BGHZ 34, 99, 102; Senatsurteile vom 15. No- vember 1994 - VI ZR 56/94, BGHZ 128, 1, 6 und vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07, BGHZ 176, 175 Rn. 11). Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen des Berichtigungsanspruchs müssen jeweils grundrechtskonform konkretisiert werden. Dementsprechend unterscheidet die Rechtsprechung des Senats zwischen verschiedenen Abstufungen des Berichtigungsanspruchs, etwa einem Widerruf (Senatsurteil vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94, BGHZ 128, 1, 6), einer Richtigstellung bei entstellender Einseitigkeit der Reportage (Senatsurteil vom 22. Dezember 1959 - VI ZR 175/58, BGHZ 31, 308, 318 f.), einem Abrücken von übernommenen Äußerungen Dritter (Senatsurteil vom 6. April 1976 - VI ZR 246/74, BGHZ 66, 182, 189 ff.) oder einer Richtigstellung, wenn eine Äußerung nur in einem Teilaspekt unwahr ist, der dem Leser durch ihren Kontext übermittelt wird (Senatsurteil vom 22. Juni 1982 - VI ZR 251/80, NJW 1982, 2246, 2248; vgl. BVerfGE 97, 125, 150). Auch ein von der Rechtsprechung entwickelter "äußerungsrechtlicher Folgenbeseitigungsanspruch", gerichtet auf eine ergänzende Meldung oder Mitteilung bei günstigem Ausgang eines Strafverfahrens nach ursprünglich rechtmäßiger Meldung über das Verfahren, begegnet grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BVerfG, NJW 1997, 2589). Schon in seinem Urteil vom 30. November 1971 (VI ZR 115/70, BGHZ 57, 325) hat der Senat dem Betroffenen nach einem Bericht über seine nicht rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung einen "Ergänzungsanspruch" hinsichtlich des späteren Freispruchs zuerkannt. Auch die Erklärung, dass eine Behauptung nicht aufrechterhalten wird, teilweise als eingeschränkter Widerruf bezeichnet (vgl. dazu Soehring in ders./Hoene, Presserecht, 5. Aufl., § 31 Rn. 14), stellt eine Konkretisierung des Berichtigungsanspruchs dar (vgl. BVerfG, NJW 2004, 354, 355).
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2. Um der Eigenart der hier in Rede stehenden Verdachtsberichterstattung gerecht zu werden und im Streitfall die dem Ausgleich der Interessen angemessene Konkretisierung eines Berichtigungsanspruch zu bestimmen, kommt es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts darauf an, ob die angegriffene Berichterstattung den Voraussetzungen einer rechtmäßigen Verdachtsberichterstattung genügte. Nur im Falle einer von Anfang an unzulässigen Verdachtsberichterstattung wäre ein Richtigstellungsanspruch gegeben. Soweit das Berufungsgericht die Rechtmäßigkeit in seiner Hilfsbegründung verneint hat, erweist sich dies als rechtsfehlerhaft.
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a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats und des Bundesverfassungsgerichts darf eine Tatsachenbehauptung, deren Wahrheitsgehalt ungeklärt ist und die eine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Angelegenheit betrifft, demjenigen, der sie aufstellt oder verbreitet, solange nicht untersagt werden, wie er sie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für erforderlich halten darf (Art. 5 GG, § 193 StGB). Eine Berufung hierauf setzt voraus, dass vor Aufstellung oder Verbreitung der Behauptung hinreichend sorgfältige Recherchen über den Wahrheitsgehalt angestellt werden. Die Pflichten zur sorgfältigen Recherche über den Wahrheitsgehalt richten sich dabei nach den Aufklärungsmöglichkeiten. Sie sind für die Medien grundsätzlich strenger als für Privatleute. An die Wahrheitspflicht dürfen im Interesse der Meinungsfreiheit keine Anforderungen gestellt werden, die die Bereitschaft zum Gebrauch des Grundrechts herabsetzen. Andererseits sind die Anforderungen umso höher, je schwerwiegender die Äußerung das Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt (vgl. Senatsurteile vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 23 f.; vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07, BGHZ 176, 175 Rn. 35 und vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 26 mwN).
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Erforderlich ist jedenfalls ein Mindestbestand an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der Information sprechen und ihr damit erst "Öffentlichkeitswert" verleihen. Die Darstellung darf keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalten; sie darf also nicht durch eine präjudizierende Darstellung den unzu- treffenden Eindruck erwecken, der Betroffene sei der ihm vorgeworfenen Handlung bereits überführt. Auch ist vor der Veröffentlichung regelmäßig eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen. Schließlich muss es sich um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handeln, dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt ist (vgl. Senatsurteile vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99, BGHZ 143, 199, 203 f. mwN; vom 11. Dezember 2012 - VI ZR 314/10, NJW 2013, 790 Rn. 26 und vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, aaO).
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b) Ausgehend von diesen Grundsätzen kann mit der Begründung des Berufungsgerichts eine rechtmäßige Verdachtsberichterstattung nicht verneint werden.
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aa) Zutreffend hat das Berufungsgericht die angegriffenen Äußerungen in dem Beitrag vom 23. August 2010 als Tatsachenbehauptungen in Gestalt einer Verdachtsberichterstattung angesehen. Einerseits lässt sich den Äußerungen entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht die Behauptung eines feststehenden Sachverhalts entnehmen. Andererseits macht die Revision ohne Erfolg geltend, es werde nur eine Frage aufgeworfen, die einem Werturteil gleichstehe.
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(1) Bei der Erfassung des Aussagegehalts, die in vollem Umfang der Nachprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (Senatsurteile vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 21 und vom 27. Mai 2014 - VI ZR 153/13, VersR 2014, 970 Rn. 13; jeweils mwN), muss eine beanstandete Äußerung ausgehend von dem Verständnis eines unbefangenen Durchschnittslesers und dem allgemeinen Sprachgebrauch stets in dem Gesamtzusammenhang beurteilt werden, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (st.
Rspr.; z.B. Senatsurteile vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94, BGHZ 128, 1, 6; vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, aaO, 20; vom 27. Mai 2014 - VI ZR 153/13, aaO; jeweils mwN). Dies gilt auch für die Beurteilung, ob es sich bei einer Äußerung um eine echte Frage handelt (Senatsurteil vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 38/03, NJW 2004, 1034 f.; BVerfGE 85, 23, 33; BVerfG NJW 2014, 766, 767).
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(2) Nach diesen Grundsätzen enthalten die angegriffenen Äußerungen die Darstellung des Verdachts, der Kläger sei an den angeblichen auf eine Falschbezichtigung R.'s abzielenden Maßnahmen beteiligt gewesen.
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Der Beitrag vom 23. August 2010 berichtet über das gegen einen früheren Sicherheitsberater der Bank eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts, R.'s Büro verwanzt, dessen Privatwohnung durchsucht sowie beim Frisieren von Dokumenten mitgeholfen zu haben. In diesem Zusammenhang zitiert der Bericht Aussagen des Beraters, wonach der Kläger an der Beauftragung dieser von ihm - dem Berater - durchgeführten Maßnahmen mitgewirkt habe. Dem stellt der Beitrag Stellungnahmen des Klägeranwalts und des angeblich ebenfalls beteiligten P.-Vertreters gegenüber, in denen die Vorwürfe bestritten werden. Sodann wird geschildert, dass Vertreter der Bank sich auf Grund der Aussagen des früheren Sicherheitsberaters an die Staatsanwaltschaft gewandt hätten.
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Dieser Darstellung entnimmt ein unbefangener Durchschnittsleser, dass eine Beteiligung des Klägers an den angeblichen Spitzelaktionen möglich erscheint. Er nimmt an, dass der Kläger Bestrebungen unterstützte, R. aus dem Vorstand zu drängen, und damit ein Motiv für die angeblichen Spitzelaktionen hatte; darauf zielen die Ausführungen im Artikel "R. stand seit Januar 2009 auf N.'s Abschussliste" und sei "von nun an sein [des Klägers] Gegner". Mit den protokollierten angeblichen Aussagen des früheren Sicherheitsberaters wird dann ein Anhaltspunkt für eine tatsächliche Beteiligung geliefert und so vermittelt , dass ein Verdacht "krimineller Methoden" und strafbarer Handlungen des Klägers besteht. Dies wird noch bekräftigt durch die weitere Darstellung, dass offenbar Ermittlungsergebnisse aus dem Verfahren gegen R. mit dem korrespondierten , was der "Security-Mann" (U.) zu Protokoll gegeben habe. Vor diesem Hintergrund fasst er auch die nachfolgenden Sätze "Im Kern geht es um eine Frage: Ist es vorstellbar, dass der Justitiar der Bank tatsächlich bei angeblichen Spitzelaktionen gegen R. mitgemischt hat, ohne Wissen und Billigung des H.-Vorstandsvorsitzenden?" als Bestandteil der Verdachtsäußerung auf (vgl. Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 10 Rn. 159). Denn es handelt sich bei dem in Frageform gefassten zweiten Satz nicht um eine echte Frage, die einem Werturteil gleichstünde und wegen der eine Richtigstellung nicht verlangt werden könnte. Ein Fragesatz ist nämlich keine echte Frage in diesem Sinne, wenn er nicht auf eine Antwort durch einen Dritten gerichtet oder nicht für verschiedene Antworten offen ist (Senatsurteil vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 38/03, NJW 2004, 1034 f.; BVerfGE 85, 23, 31 ff.; BVerfG, NJW 2003, 660, 661; BVerfG NJW 2014, 766, 767). Der im Streitfall zu beurteilende Fragesatz ist im Gesamtzusammenhang des Artikels schon nicht für verschiedene Antworten offen. Er zielt, wie sich aus dem Kontext ergibt, nur auf eine affirmative Antwort ab, nämlich "Ja, das (Mitmischen bei angeblichen Spitzelaktionen) ist vorstellbar." Die Darstellungen der Motivationslage des Klägers und N.'s, der Entlastung des als Opfer dargestellten R.'s, der Suspendierung des Klägers, die Wiedergabe des Protokolls, die Erwähnung bisheriger Vorwürfe an die Manager - Leichtsinn, Inkompetenz, Größenwahn und das Versenken von Milliarden - und der Hinweis auf die Ermittlungsergebnisse aus dem Verfahren gegen R. nehmen insgesamt einen breiten Raum ein und lassen die Stellungnahmen des Klägers und des P.-Vertreters in den Hintergrund treten. Damit wird dem unbefangenen Leser der Weg zu einer Verneinung verstellt. Mit dem Begriff der Vorstellbarkeit weisen die Autoren aber deutlich darauf hin, dass die Beteiligung des Klägers an den angeblichen Spitzelaktionen gegen R. eben noch nicht feststeht, sondern es nur um einen Verdacht geht. Sie lassen offen, ob die Aussagen der Wahrheit entsprechen. Etwas anderes folgt auch nicht aus der zutreffenden Information über die vorläufige Suspendierung des Klägers.
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bb) Nach dem in der Revisionsinstanz zugrunde zu legenden Sachvortrag der Beklagten ist von der Zulässigkeit der Verdachtsberichterstattung auszugehen.
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Die möglichen Verfehlungen von Führungskräften der H.-Bank, deren Anteile überwiegend von der öffentlichen Hand gehalten wurden und die im Zuge der Finanzkrise verstärkt in das Blickfeld der Öffentlichkeit geraten war, waren ein Vorgang von gravierendem Gewicht, dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt war. Dies zieht auch die Revisionserwiderung nicht in Zweifel.
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Entgegen ihrer Auffassung hat die Beklagte auch einen Mindestbestand an Beweistatsachen dargetan, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Beitrags für eine Beteiligung des Klägers an den fraglichen Vorgängen sprachen. Nach dem vom Berufungsgericht wiedergegebenen Beklagtenvortrag hatte U. den beiden Autoren des Berichts gegenüber erklärt, der Kläger habe ihn bei einem spätabendlichen Treffen beauftragt, R.'s Büro zu verwanzen und dessen Privatwohnung zu durchsuchen. Diese Erklärung stand in Einklang mit den im Protokoll vom 29. Juli 2010 festgehaltenen Angaben U.'s, die dieser den beiden Autoren nach dem von der Revision berufenen Beklagtenvortrag bestätigt hatte. Den Angaben U.'s kam ein nicht unerheblicher Beweiswert zu, weil er sich selbst belastete und ein Motiv für eine Falschbezichtigung des Klägers nicht ersichtlich war. Zudem ergab sich nach dem von der Revision angeführten Beklagtenvortrag aus einem Vermerk der Staatsanwaltschaft, dass U. sich dort gemeldet hatte, um - gegen Straffreiheit - über die angeblichen Abhörmaßnahmen auszusagen. Schließlich zeigte die vorläufige Suspendierung des Klägers, dass auch die H.-Bank die Aussagen U.'s ernst nahm.
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An einem Mindestbestand an Beweistatsachen fehlte es auch nicht deshalb , weil die Autoren keine Stellungnahme F.'s eingeholt hatten, die nach den Angaben U.'s an dem spätabendlichen Treffen beteiligt gewesen war. Die Revision macht zu Recht geltend, dass die Sorgfaltspflichten überspannt würden, wollte man von der Presse verlangen, grundsätzlich alle Personen zu befragen, die zu einem Verdacht Auskunft geben können. Die Autoren des Berichts vom 23. August 2010 haben nach dem Vorbringen der Beklagten mit dem Kläger und dem P.-Vertreter zwei der drei Personen angehört, die bei dem Treffen auf U. eingewirkt haben sollen. Dies war unter den konkreten Umständen des Streitfalles auch unter Berücksichtigung der Schwere des im Raum stehenden Vorwurfs ausreichend. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass eine Befragung F.'s einen wesentlichen zusätzlichen Erkenntnisgewinn erbracht hätte, waren nicht ersichtlich.
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Der Bericht enthält schließlich auch keine Vorverurteilung des Klägers. Er erweckt bezüglich der "Spitzelaktionen" nicht den Eindruck, der Kläger sei einer Beteiligung an den angeblichen gegen R. gerichteten Maßnahmen bereits überführt.
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3. Sind mithin nach dem für die revisionsrechtliche Prüfung maßgeblichen Vortrag der Beklagten die Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung eingehalten, so kann der Kläger nicht die begehrte Richtigstel- lung, sondern nur eine nachträgliche Mitteilung verlangen, die die ursprüngliche Rechtmäßigkeit der Berichterstattung nicht in Frage stellt und unter Hinweis auf die zwischenzeitlich erfolgte Klärung des Sachverhalts ausführt, dass der Verdacht nicht mehr aufrechterhalten wird.
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a) Die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Berichtigungsanspruch liegen vor.
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Mit der angegriffenen Berichterstattung ist die Tatsachenbehauptung erhoben worden, der Kläger stehe im Verdacht, sich an Straftaten des U. beteiligt zu haben (s.o.). Infolge dieser Verdachtsberichterstattung liegt eine mittlerweile rechtswidrige Störung in Gestalt eines Zustandes fortdauernder Rufbeeinträchtigung vor.
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aa) Die angegriffenen Äußerungen greifen in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers ein. Denn sie betreffen die mögliche Beteiligung des Klägers an Straftaten des früheren SicherheitsberatersU. (§ 148 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a TKG, § 123 Abs. 1, § 201 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 269 Abs. 1 StGB). Eine Berichterstattung über den Verdacht von Straftaten unter namentlicher Nennung des Verdächtigen beeinträchtigt zwangsläufig dessen Recht auf Schutz seiner Persönlichkeit und seines guten Rufs, weil sie sein mögliches Fehlverhalten öffentlich bekannt macht und seine Person in den Augen der Adressaten negativ qualifiziert (vgl. nur Senatsurteile vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99, BGHZ 143, 199, 202 und vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, NJW 2013, 229 Rn. 9 mwN).
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Ferner hat das Berufungsgericht mit Recht angenommen, dass die Rufbeeinträchtigung fortdauert. Hiergegen wendet die Revision ohne Erfolg ein, fast vier Jahre nach der Veröffentlichung sei wegen fehlender Prominenz des Klägers allenfalls eine theoretisch vorhandene gegenwärtige Beeinträchtigung vorhanden. Insoweit kommt es nämlich in der Regel nicht auf den der Verfahrensdauer geschuldeten Zeitablauf an (vgl. Senatsurteil vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 38/03, NJW 2004, 1034; Soehring in ders./Hoene, Presserecht, 5. Aufl., § 31 Rn. 8 c). Besondere Umstände, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen würden, sind weder ersichtlich noch dargetan. Hinzu kommt, dass zwischen der Berichterstattung und der Klageerhebung nur circa vier Monate lagen.
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bb) Der fortdauernde Störungszustand ist spätestens seit der Ausräumung des Tatverdachts rechtswidrig.
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Der in Anlehnung an § 1004 BGB entwickelte Berichtigungsanspruch zielt auf eine Folgenbeseitigung. Er setzt deshalb nicht voraus, dass eine in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eingreifende Äußerung als von Anfang an rechtswidrig anzusehen ist. Abzustellen ist vielmehr auf die fortdauernde Wirkung einer Äußerung. In dieser Wirkung kann auch dann ein rechtswidriger Zustand liegen, wenn die Äußerung zwar zunächst gerechtfertigt war, die den Rechtfertigungsgrund ergebenden Tatsachen aber in der Folgezeit fortgefallen sind (Senatsurteile vom 10. Juli 1959 - VI ZR 149/58, NJW 1959, 2011, 2012; vom 11. Januar 1966 - VI ZR 221/63, NJW 1966, 647, 649; vom 30. November 1971 - VI ZR 115/70, BGHZ 57, 325, 328 f.; BGH, Urteile vom 25. April 1958 - I ZR 97/57, NJW 1958, 1043 und vom 12. Januar 1960 - I ZR 30/58, JZ 1960, 701, 702; Kamps in Götting/Schertz/Seitz, Handbuch des Persönlichkeitsrechts , § 49 Rn. 19; Wenzel/Gamer, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung , 5. Aufl., Kap. 13 Rn. 23 f.; a.A. Soehring in ders./Hoene, Presserecht, 5. Aufl., § 31 Rn. 3a f.). Dem widerspricht es entgegen den von der Revision geäußerten Zweifeln (ebenso Soehring, aaO Rn. 4a) nicht, dass die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Besorgnis künftiger Beeinträchtigungen (§ 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB) in solchen Fällen nicht vermutet wird, sondern konkret festgestellt werden muss (vgl. Senatsurteil vom 12. Mai1987 - VI ZR 195/86, NJW 1987, 2225, 2227 mwN); denn insoweit geht es um die spezifischen Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs.
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In der fortdauernden Wirkung einer rufbeeinträchtigenden Tatsachenbehauptung liegt demzufolge unabhängig von ihrer ursprünglichen Rechtmäßigkeit ein von dem Betroffenen nicht zu duldender Störungszustand, wenn der Wahrheitsgehalt der Behauptung zwar zunächst ungeklärt war, sie sich aber nachträglich als unrichtig herausstellt. Zwar fallen solche Behauptungen nicht von vornherein aus dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) heraus. Bei der deshalb erforderlichen Abwägung überwiegen jedoch die Belange des Betroffenen. Denn es gibt kein legitimes Interesse daran, an einer Behauptung auch nach Feststellung der Unwahrheit festzuhalten (Senatsurteil vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07, BGHZ 176, 175 Rn. 34 f. mwN; BVerfGE 97, 125, 149; 99, 185, 197 f. mwN).
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Danach liegt im Streitfall eine rechtswidrige Störung vor, auch wenn die Berichterstattung als im Veröffentlichungszeitpunkt rechtmäßig anzusehen ist. Denn nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Verdachtsbehauptung, der Kläger sei an den angeblichen Maßnahmen gegen R. beteiligt gewesen, als widerlegt anzusehen. Die von der Verdachtsberichterstattung ausgehende Rufbeeinträchtigung muss der Kläger deshalb nicht länger hinnehmen.
37
cc) Die Beklagte ist auch für die rechtswidrige Störung verantwortlich. Als Störer im Sinne von § 1004 BGB ist nämlich - ohne Rücksicht darauf, ob ihn ein Verschulden trifft - jeder anzusehen, der die Störung herbeigeführt hat (Senatsurteil vom 14. Mai 2013 - VI ZR 269/12, BGHZ 197, 213 Rn. 24 mwN). Im Streitfall hat die Beklagte mit ihrer Verdachtsberichterstattung die Gefahr einer Per- sönlichkeitsrechtsverletzung begründet, die sich mit der Ausräumung des Verdachts verwirklicht hat (vgl. Senatsurteil vom 30. November 1971 - VI ZR 115/70, BGHZ 57, 325, 328). Dass sich dem Beitrag entnehmen lässt, dass die Autoren von der Vorläufigkeit des Berichteten ausgingen, ist insoweit unerheblich (gegen eine Verantwortlichkeit des Äußernden in solchen Fällen allerdings Wenzel/Gamer, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 13 Rn. 75).
38
b) Mit dem Berufungsgericht ist demnach davon auszugehen, dass auch bei zulässiger Verdachtsberichterstattung bei späterer Entkräftung des Verdachts grundsätzlich ein Berichtigungsanspruch bestehen kann. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts erfordert indes die eingetretene Störung bei zulässiger Verdachtsberichterstattung keine Richtigstellung wie vom Kläger begehrt.
39
Der Presse kann es nach den obigen Ausführungen zur Verdachtsberichterstattung nicht verwehrt werden, nach sorgfältiger Recherche auch über Vorgänge oder Umstände zu berichten, deren Wahrheit im Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht mit Sicherheit feststeht. Andernfalls könnte sie ihre Aufgabe, auf eine Klärung öffentlich bedeutsamer Vorgänge hinzuwirken, nicht erfüllen. Ebenso wenig wie es einen rechtfertigenden Grund gibt, an Behauptungen festzuhalten , deren Unwahrheit sich herausgestellt hat, ist aber ein rechtfertigender Grund erkennbar, derartige Behauptungen unberichtigt zu lassen, wenn sie die Rechte Dritter fortwirkend beeinträchtigen (BVerfGE 97, 125, 149; BVerfG, NJW 2004, 354, 355) und diese die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen.
40
Ein Anspruch auf Abgabe einer die fortwirkende Beeinträchtigung beseitigenden Erklärung muss sich in den Grenzen des Notwendigen und Zumutbaren halten. Unter Abwägung der beiderseitigen Grundrechtspositionen ist die schonendste Maßnahme zu wählen, die zur Beseitigung des Störungszustandes geeignet ist (Senatsurteile vom 3. Juni 1969 - VI ZR 17/68, WM 1969, 915, 917; vom 30. November 1971 - VI ZR 115/70, BGHZ 57, 325, 333; vom 25. November 1986 - VI ZR 57/86, BGHZ 99, 133, 138; BGH, Urteil vom 21. Januar 1960 - I ZR 30/58, JZ 1960, 701, 702 f.; Seyfarth, NJW 1999, 1287, 1294; MünchKomm-BGB/Rixecker, 6. Aufl., Anhang zu § 12 Rn. 223; Wenzel/Gamer, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 13 Rn. 25; Kamps in Götting/Schertz/Seitz, Handbuch des Persönlichkeitsrechts, § 49 Rn. 33 f., 49; vgl. auch BVerfGE 97, 125, 150).
41
Die Verpflichtung eines Presseunternehmens zur Veröffentlichung einer Richtigstellung stellt einen erheblichen Eingriff in dessen Rechte aus Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 10 Abs. 1 EMRK dar, denn die Presse darf zur Wahrung der Pressefreiheit und zur Vermeidung einer vom Grundgesetz untersagten Zensur selbst nach publizistischen Kriterien entscheiden, worüber sie berichten will (Senatsurteil vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06, BGHZ 171, 275 Rn. 18 f.). Dieser Eingriff kann zwar nach einer Abwägung mit dem durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleisteten Interesse des Betroffenen am Schutz seiner Persönlichkeit und seines guten Rufs gerechtfertigt sein, wenn eine Verdachtsäußerung als von Anfang an rechtswidrig anzusehen ist, etwa weil sie eine Vorverurteilung des Betroffenen enthält. Dies gilt jedoch nicht im Fall einer rechtmäßigen Verdachtsberichterstattung, in dem der Äußernde offen darlegt, dass die mitgeteilte Einschätzung nicht endgültig ist, sondern auf Grund späterer Erkenntnisse möglicherweise revidiert werden muss. Tritt dieser von vornherein in Betracht gezogene Fall ein, ist es nicht erforderlich, dass der Äußernde von seiner Erklärung abrückt (vgl. BVerfG, NJW 1997, 2589; Lehr, AfP 2013, 7, 14). Würde die erst nachträglich als unwahr erkannte Äußerung uneingeschränkt mit Sanktionen belegt, stünde zu befürchten, dass der Kommunikationsprozess litte, weil risikofrei nur noch unumstößliche Wahrheiten geäußert werden dürften. Damit wäre ein vom Grundrechtsgebrauch abschreckender Effekt verbunden, der bereits aus Gründen der Meinungsfreiheit vermieden werden muss (BVerfG, AfP 2009, 480 ff.). Andererseits kann dem Betroffenen nicht zugemutet werden, dass sein berechtigtes Interesse an einer Rehabilitierung zum Schutze der Pressefreiheit gänzlich zurücktritt.
42
Diese Güterabwägung führt zu einer gegenüber der Richtigstellung für die Presse weniger einschneidenden Abstufung des Berichtigungsanspruchs. Um die durch die Verdachtsäußerung hervorgerufene Störung abzustellen, ist es geeignet, erforderlich aber auch ausreichend, dass auf Verlangen des Betroffenen nachträglich mitgeteilt wird, dass der berichtete Verdacht nach Klärung des Sachverhalts nicht aufrechterhalten werde.
43
Bei zulässiger Verdachtsberichterstattung kann das Presseorgan nicht verpflichtet werden, sich selbst ins Unrecht zu setzen, wenn der geäußerte Verdacht sich später als unrichtig erweist. Deshalb kann der Anspruch nicht darauf gerichtet sein, dass auf die nachträgliche Mitteilung im Inhaltsverzeichnis oder im Text unter der Überschrift "Richtigstellung" hingewiesen wird. Denn mit dieser Bezeichnung verbindet der unbefangene Durchschnittsleser, der sie nicht als Fachbegriff der Rechtssprache begreift, nicht nur die Vorstellung, dass der frühere Verdacht ausgeräumt worden ist, sondern dass die Berichterstattung falsch oder unzulässig war. Stattdessen ist ein neutraler Begriff zu wählen, der beispielsweise "Nachtrag zum Bericht vom ..." lauten kann.
44
Das Berufungsgericht hat bei der Entscheidung über das schonendste Mittel diesem Gedanken bereits insoweit Rechnung getragen, als es die Erklärung für ausreichend erachtet hat, dass der Verdacht nicht aufrechterhalten werde (vgl. BVerfG, NJW 2004, 354, 355; BGH, Urteile vom 25. April 1958 - I ZR 97/57, NJW 1958, 1043 und vom 12. Januar 1960 - I ZR 30/58, JZ 1960, 701, 703; vgl. Soehring in ders./Hoene, Presserecht, 5. Aufl., § 31 Rn. 4a). Um den Eindruck eines Fehlers durch die frühere Berichterstattung zu vermeiden, ist dabei ein Hinweis auf die zwischenzeitliche Klärung des Sachverhalts, deren Einzelheiten nicht ausgeführt werden müssen, aufzunehmen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 1960 - I ZR 30/58, aaO).
45
4. Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Die Sache ist gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen , da sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Bezüglich des Berichtigungsbegehrens fehlt es an den erforderlichen Feststellungen zu den von der Beklagten behaupteten Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung. Galke Wellner Pauge von Pentz Oehler
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 20.04.2012 - 324 O 628/10 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 28.01.2014 - 7 U 44/12 -

(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen.

(2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

10
1. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht die geltend gemachten Anwaltsgebühren "streitwertanteilig" verteilt, d.h. den Gegenstandswert zunächst unter Einbeziehung des Betrags für die Kaution berechnet und anschließend den den Klägern zugesprochenen Betrag um den prozentualen Anteil, der dem Verhältnis des Kautionsbetrags zum Gesamtgegenstandswert entspricht, gekürzt. Die Berechnung des Berufungsgerichts führt aufgrund der degressiv ausgestalteten Gebührentabelle der Anlage 2 zu § 13 Abs. 1 RVG zu einem geringeren Betrag als die Berechnung nach dem Gegenstandswert, wie er sich ohne den Kautionsbetrag ergibt. Dies führt zu einer unzulässigen Reduzierung des Erstattungsanspruchs der Kläger.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 3.12.2014 (28 O 284/14) teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.016,97 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.7.2014 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt der Kläger.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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(1) Die Gebühren entgelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit.

(2) Der Rechtsanwalt kann die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern.

(3) Sind für Teile des Gegenstands verschiedene Gebührensätze anzuwenden, entstehen für die Teile gesondert berechnete Gebühren, jedoch nicht mehr als die aus dem Gesamtbetrag der Wertteile nach dem höchsten Gebührensatz berechnete Gebühr.

(4) Auf bereits entstandene Gebühren ist es, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, ohne Einfluss, wenn sich die Angelegenheit vorzeitig erledigt oder der Auftrag endigt, bevor die Angelegenheit erledigt ist.

(5) Wird der Rechtsanwalt, nachdem er in einer Angelegenheit tätig geworden ist, beauftragt, in derselben Angelegenheit weiter tätig zu werden, erhält er nicht mehr an Gebühren, als er erhalten würde, wenn er von vornherein hiermit beauftragt worden wäre. Ist der frühere Auftrag seit mehr als zwei Kalenderjahren erledigt, gilt die weitere Tätigkeit als neue Angelegenheit und in diesem Gesetz bestimmte Anrechnungen von Gebühren entfallen. Satz 2 gilt entsprechend, wenn ein Vergleich mehr als zwei Kalenderjahre nach seinem Abschluss angefochten wird oder wenn mehr als zwei Kalenderjahre nach Zustellung eines Beschlusses nach § 23 Absatz 3 Satz 1 des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes der Kläger einen Antrag nach § 23 Absatz 4 des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes auf Wiedereröffnung des Verfahrens stellt.

(6) Ist der Rechtsanwalt nur mit einzelnen Handlungen oder mit Tätigkeiten, die nach § 19 zum Rechtszug oder zum Verfahren gehören, beauftragt, erhält er nicht mehr an Gebühren als der mit der gesamten Angelegenheit beauftragte Rechtsanwalt für die gleiche Tätigkeit erhalten würde.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 214/10 Verkündet am:
12. Juli 2011
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BRAGO §§ 7 Abs. 2, 13 Abs. 2 Satz 1
Zur Ersatzfähigkeit von Anwaltskosten bei getrennter Abmahnung der Verletzung
des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch Wortberichterstattung einerseits
und Bildberichterstattung andererseits.
BGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - VI ZR 214/10 - LG Berlin
AG Berlin-Mitte
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren mit
Schriftsatzfrist bis 20. Juni 2011 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den
Richter Wellner, die Richterin Diederichsen, den Richter Stöhr und die Richterin
von Pentz

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der Zivilkammer 8 des Landgerichts Berlin vom 4. Juni 2010 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Erstattung eines Teils der Rechtsanwaltsgebühren in Anspruch, die ihm im Zusammenhang mit der Abmahnung einer Veröffentlichung in der von der Beklagten verlegten "Abendzeitung" entstanden sind. Die Beklagte begehrt widerklagend die Feststellung, dass dem Kläger wegen der abgemahnten Veröffentlichung kein weitergehender Kostenerstattungsanspruch zusteht.
2
Mit zwei Schreiben vom 21. April 2004 forderten die anwaltlichen Vertreter des Klägers die Beklagte auf, zwei strafbewehrte Unterlassungserklärungen hinsichtlich eines bebilderten Artikels mit der Überschrift "Rosenkrieg bei O.: Ehefrau will Millionen" abzugeben, und zwar je eine Erklärung über die Wortund die Bildberichterstattung. Mit Schreiben vom 22. April 2004 übersandten die Prozessbevollmächtigten der Beklagten die beiden unterzeichneten Erklärungen. Mit Schreiben vom 23. April 2004 übersandten die Prozessbevollmächtigten des Klägers der Beklagten zwei Rechnungen. Die Rechnung Nr. 0400488 in Höhe von 993,89 € betraf die Wortberichterstattung und berechnete eine 8/10-Geschäftsgebühr aus einem Streitwert von 50.000 € nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer. Die Rechnung Nr. 0400489 in Höhe von 726,62 € berechnete für die Bildberichterstattung eine 8/10-Gebühr nebst Nebenkosten aus einem Streitwert von 30.000 €. Mit der Klage hat der Kläger den Betrag von 993,89 € aus der erstgenannten Rechnung geltend gemacht. Die Beklagte hat die Klageforderung in Höhe von 421,08 € anerkannt und widerklagend die Feststellung begehrt, dass der Kläger aus der streitgegenständlichen Berichterstattung in der "Abendzeitung" vom 6. April 2004 mit dem Titel "O.V. - 750 Millionen Euro für zehn Ehejahre" inklusive der damit verbundenen Bildveröffentlichungen nur noch weitere 125,28 € Schadensersatz für außergerichtliche Rechtsanwaltskosten verlangen kann. Sie hat geltend gemacht, dem Kläger stehe wegen der beiden Abmahnungen lediglich ein Schadensersatzanspruch in Höhe von insgesamt 546,36 € zu. Der Unterlassensanspruch hinsichtlich der Wortberichterstattung sei mit einem Gegenstandswert von 25.000 € und der Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Bildberichterstattung mit einem Gegenstandswert von 15.000 € zu bewerten. Da die beiden Unterlassungsansprüche eine Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne beträfen, sei nur eine Geschäftsgebühr in Höhe von 5/10 nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer entstanden und von ihr zu ersetzen.
3
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht das Urteil des Amtsgerichts teilweise abgeändert und die Zahlungsklage in Höhe von 60,67 € abgewiesen. Im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Auf die Revision der Beklagten hat der erkennende Senat die Entscheidung des Landgerichts mit Urteil vom 4. Dezember 2007 (VI ZR 277/06, VersR 2008, 413) aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Mit Urteil vom 22. Mai 2008 hat das Landgericht das Urteil des Amtsgerichts erneut auf die Berufung der Beklagten teilweise abgeändert und die Zahlungsklage in Höhe von 60,67 € abgewiesen. Die weitergehende Berufung der Beklagten hat es erneut zurückgewiesen. Auf die Revision der Beklagten hat der erkennende Senat die Entscheidung des Landgerichts mit Urteil vom 26. Mai 2009 (VI ZR 174/08, VersR 2009, 1269) insoweit aufgehoben , als die Berufung der Beklagten gegen die Abweisung ihrer Widerklage zurückgewiesen worden ist, und die Sache im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Die weitergehende Revision der Beklagten hat der erkennende Senat als unzulässig verworfen. Mit Urteil vom 4. Juni 2010 hat das Landgericht das Urteil des Amtsgerichts auf die Berufung der Beklagten in Ziffer 2 des Tenors geändert und entsprechend dem neu gefassten Widerklageantrag der Beklagten festgestellt , dass der Kläger aus der Berichterstattung in der "Abendzeitung" vom 6. April 2004 mit dem Titel "O.V. - 750 Millionen Euro für zehn Ehejahre" inklusive der damit verbundenen Bildveröffentlichung keinen Schadensersatz für außergerichtliche Rechtsanwaltskosten verlangen kann, der den mit der Leistungsklage geltend gemachten Betrag in Höhe von 993,89 € übersteigt. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag auf Abweisung der Widerklage weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist die Widerklage zulässig und begründet. Der Zulässigkeit der Widerklage stehe nicht entgegen, dass die Beklagte ihren Antrag nach Erlass des Urteils des erkennenden Senats vom 26. Mai 2009 umgestellt habe. Denn hierbei handele es sich nicht um eine Klageänderung , sondern lediglich um eine Anpassung des Wortlauts des Antrags an die mit ihm auch schon zuvor angestrebte Sachentscheidung. Es fehle auch nicht an dem erforderlichen Feststellungsinteresse. Ein solches sei dadurch begründet worden, dass sich der Kläger durch die Aufforderung der Beklagten zur Zahlung von 726,62 € mit Rechnung vom 23. April 2004 einer - über den mit der Leistungsklage geltend gemachten Betrag hinausgehenden - Forderung berühmt habe. Das Feststellungsinteresse sei auch nicht wegen einer etwaigen Verjährung des geltend gemachten Anspruchs weggefallen. Die möglicherweise eingetretene Verjährung habe keine endgültige Sicherung der Beklagten zur Folge. Ihre hieraus resultierende Rechtsposition biete ihr nicht dieselbe Rechtssicherheit wie ein der negativen Feststellungsklage stattgebendes Urteil.
5
Die Widerklage habe auch in der Sache Erfolg. Dem Kläger stehe kein über den mit der Leistungsklage geltend gemachten Betrag hinausgehender Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten zu. Der Kläger sei schon im Innenverhältnis zu seinem Anwalt nicht zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet, da die Abmahnungen der Wortberichterstattung einerseits und der Bildberichterstattung andererseits dieselbe Angelegenheit im Sinne der § 7 Abs. 2, § 13 Abs. 2 Satz 1 BRAGO beträfen. Diese anwaltlichen Leistungen ständen in innerem Zusammenhang, da sie bei objektiver Betrachtung und unter Berücksichtigung des mit der anwaltlichen Tätigkeit nach dem Inhalt des Auftrags erstrebten Erfolgs ein einheitlich zu beurteilendes Ganzes seien. Die Wort- und Bildberichterstattung seien Bestandteil eines Zeitungsartikels. Die Zulässigkeit der Bildberichterstattung könne nicht ohne Berücksichtigung des Begleittextes beurteilt werden. Durch den Untertitel "Lassen sich scheiden: A. und C.O." sei das Bild offensichtlich in einen Zusammenhang mit der Wortberichterstattung gestellt worden. Der Kläger habe auch nicht hinreichend dargelegt, dass er mit den anwaltlichen Leistungen in Bezug auf die Textberichterstattung einerseits und die Bildberichterstattung andererseits unterschiedliche Ziele verfolgt habe. Sein Vortrag, mit dem anwaltlichen Vorgehen gegen die Textberichterstattung habe er eine erneute Berichterstattung über sein Scheidungsverfahren verhindern wollen, während das anwaltliche Vorgehen gegen die Bildberichterstattung seinem persönlichen Schutz vor Entführungen und Übergriffen gedient habe, greife schon deswegen nicht durch, weil sich die Abmahnung der Bildberichterstattung ausdrücklich auf die Veröffentlichung des Fotos "unter Bezugnahme auf eine Berichterstattung über die Scheidung zwischen Herrn A.O. und Frau C.O." beziehe. Es liege auch ein einheitlicher Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit vor.
6
Abgesehen davon sei die im Streitfall entfaltete anwaltliche Tätigkeit aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten unter Berücksichtigung seiner speziellen Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte gegenüber dem Schädiger nicht erforderlich und zweckmäßig gewesen. Der Kläger habe keine sachlichen Gründe für eine getrennte Geltendmachung seiner Ansprüche wegen der Wortberichterstattung einerseits und der Bildberichterstattung andererseits dargetan. Soweit er sich auf eine größere Übersichtlichkeit im Hinblick auf die umfangreichen ihn betreffenden Berichterstattungen und die darauf beruhende Vielzahl der von ihm betriebenen Verfahren berufe, fehle es an ausreichend konkretem Sachvortrag zu den ihn betreffenden Berichterstattungen, deren Anzahl und der Art der von ihm betriebenen Verfahren. Es sei auch nicht ersicht- lich, warum einem Schädiger im Falle einer einheitlichen Abmahnung einer Text- und Bildberichterstattung eine längere Frist gesetzt werden müsse als im Falle zweier getrennter, denselben Streitstoff betreffender Abmahnungen, die dem Schädiger am selben Tag übersandt würden. Die Gefahr, dass sich ein späteres einheitliches Verfügungsverfahren komplexer als zwei getrennte Verfahren gestalte, könne ebenso wie unterschiedliche gerichtliche Zuständigkeiten allenfalls eine getrennte gerichtliche, nicht hingegen eine getrennte außergerichtliche Geltendmachung rechtfertigen.
7
Der Gegenstandswert der Angelegenheit sei insgesamt mit nicht mehr als 50.000 € zu bewerten. Der Gegenstandswert für die Wortberichterstattung sei dabei mit maximal 35.000 € und der für die Bildberichterstattung mit allenfalls 15.000 € anzusetzen. Zu berücksichtigen sei dabei, dass die angegriffene Veröffentlichung eine maßvolle Auflage in einem regional auf den süddeutschen Raum begrenzten Verbreitungsbereich aufgewiesen habe, die inhaltliche Richtigkeit der Berichterstattung nicht zu beanstanden gewesen sei, die Berichterstattung als solche nicht kränkend und herabsetzend gewesen sei und die neutrale Bildberichterstattung den Kläger nicht kompromittiere.

II.

8
Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
9
1. Die Widerklage ist zulässig.
10
a) Entgegen der Auffassung der Revision liegt in der Neufassung des Widerklageantrags nach Erlass des Urteils des erkennenden Senats in dieser Sache vom 26. Mai 2009 (VI ZR 174/08, VersR 2009, 1269) keine Klageänderung , sondern lediglich eine Klarstellung des missverständlich formulierten Antrags unter Beibehaltung des bisherigen Rechtsschutzziels. Wie der erkennende Senat in diesem Urteil und in dem die Anhörungsrüge des Klägers zurückweisenden Beschluss vom 4. August 2009 im Einzelnen ausgeführt hat, war bereits der ursprüngliche Widerklageantrag dahingehend zu verstehen, dass die Beklagte die Feststellung begehrte, dass dem Kläger wegen der angegriffenen Wort- und Bildberichterstattung kein über den mit der Zahlungsklage geltend gemachten Betrag hinausgehender Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten zusteht. Es kann offen bleiben, ob der erkennende Senat nach dem Grundgedanken des § 563 Abs. 2 ZPO an die von ihm vorgenommene Auslegung des Widerklageantrags im Urteil vom 26. Mai 2009 gebunden ist (vgl. dazu BGH, Urteile vom 18. September 1957 - V ZR 153/56, BGHZ 25, 200, 203 f.; vom 23. Januar 1963 - Ib ZR 167/61, NJW 1963, 956 f.; GemS-OGB, Beschluss vom 6. Februar 1973 - GmS-OGB 1/72, BGHZ 60, 392, 398 f.; Musielak/Ball, ZPO, 8. Aufl., § 563 Rn. 14; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl., § 563 Rn. 10). Denn er hält an seiner Rechtsauffassung aus den in diesem Urteil und im Beschluss vom 4. August 2009 ausgeführten Gründen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, fest.
11
b) Mit zutreffenden Erwägungen hat das Berufungsgericht auch das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse bejaht. Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (vgl. Senatsurteil vom 16. September 2008 - VI ZR 244/07, VersR 2009, 121 Rn. 13; BGH, Urteile vom 22. Juni 1977 - VIII ZR 5/76, BGHZ 69, 144, 147; vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 351/08, NJW 2010, 1877 Rn. 12; vom 14. April 2010 - IV ZR 135/08, FamRZ 2010, 1068 Rn. 8, jeweils mwN). Eine solche Gefährdung liegt in der Regel schon darin, dass der (Wider)Beklagte sich eines Anspruchs gegen den (Wider)Kläger berühmt (vgl. Senatsurteil vom 16. September 2008 - VI ZR 244/07, aaO Rn. 14; BGH, Urteile vom 10. Oktober 1991 - IX ZR 38/91, VersR 1992, 762, 763; vom 14. April 2010 - IV ZR 135/08, aaO, jeweils mwN). Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt, da der Kläger die Beklagte nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen mit Schreiben vom 23. April 2004 zur Zahlung von 726,62 € wegen der Abmahnung der Bildberichterstattung aufgefordert und damit einen ihm zustehenden Anspruch behauptet hat. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger in der Folgezeit weder die Erfüllung des ihm nach seiner Behauptung zustehenden Anspruchs angemahnt noch den Anspruch gerichtlich geltend gemacht hat. Denn entgegen der Auffassung der Revision erfordert ein - ein Feststellungsinteresse begründendes - Berühmen keine über die Bestandsbehauptung der vom (Wider)Kläger verneinten Rechtslage hinausgehenden Maßnahmen (vgl. BGH, Urteile vom 10. Oktober 1991 - IX ZR 38/91, aaO; vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 351/08, aaO Rn. 19 mwN).
12
Entgegen der Auffassung der Revision ist das Feststellungsinteresse auch nicht dadurch entfallen, dass sich die Beklagte seit 1. Januar 2008 möglicherweise auf die Verjährungseinrede berufen könnte. Wie das Berufungsge- richt zutreffend ausgeführt hat, würden die Rechte des Schuldners in unzulässiger Weise verkürzt, wenn ihm nach langer Prozessdauer der Anspruch auf Feststellung des Nichtbestehens einer Forderung genommen und er auf die Erhebung der Verjährungseinrede verwiesen würde. Während durch ein dem negativen Feststellungsantrag stattgebendes Urteil das Nichtbestehen der Forderung festgestellt wird, berechtigt die Verjährungseinrede den Schuldner nur dazu, die an sich geschuldete Leistung zu verweigern (§ 214 Abs. 1 BGB). Eine Aufrechung oder Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts durch den Gläubiger bleibt unter Umständen möglich (§ 215 BGB).
13
Abgesehen davon ist das Feststellungsinteresse vorliegend schon deshalb nicht entfallen, weil sich der Kläger auch in der Sache gegen die Widerklage verteidigt und damit weiterhin das Bestehen der den Gegenstand der negativen Feststellungsklage bildenden Forderung behauptet hat.
14
2. Die Widerklage ist auch begründet. Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, dem Kläger stehe wegen der angegriffenen Wort- und Bildberichterstattung kein über den mit der Zahlungsklage geltend gemachten Betrag in Höhe von 993,89 € hinausgehender Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten zu.
15
a) Die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs ist in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders freigestellten Tatrichters. Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (vgl. Senatsurteile vom 11. Januar 2011 - VI ZR 64/10, NJW 2011, 784 Rn. 10; vom 1. März 2011 - VI ZR 127/10, AfP 2011, 184 Rn. 6, jeweils mwN).
16
b) Entscheidungserhebliche Rechtsfehler dieser Art sind vorliegend nicht gegeben.
17
aa) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass bei der Beurteilung der Frage, ob und in welchem Umfang der dem Geschädigten zustehende Schadensersatzanspruch auch die Erstattung von Rechtsanwaltskosten umfasst, zwischen dem Innenverhältnis des Geschädigten zu dem für ihn tätigen Rechtsanwalt und dem Außenverhältnis des Geschädigten zum Schädiger zu unterscheiden ist. Es hat seiner Entscheidung zutreffend zugrunde gelegt, dass ein Erstattungsanspruch im geltend gemachten Umfang grundsätzlich voraussetzt, dass der Geschädigte im Innenverhältnis zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet ist und die konkrete anwaltliche Tätigkeit im Außenverhältnis aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig war (vgl. Senatsurteile vom 11. Januar 2011 - VI ZR 64/10, aaO Rn. 11; vom 1. März 2011 - VI ZR 127/10, aaO Rn. 7, jeweils mwN).
18
bb) Es kann dahinstehen, ob die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Kläger sei schon im Innenverhältnis zu seinem Anwalt nicht zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet, den Angriffen der Revision standhält. Insbesondere kann offen bleiben, ob die Rüge der Revision durchgreift, das Berufungsgericht habe bei der Beurteilung der Frage, ob die anwaltlichen Leistungen des für den Kläger tätigen Rechtsanwalts dieselbe Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne betreffen, Vorbringen des Klägers zu dem - in diesem Zusammenhang durchaus maßgebenden (vgl. Senatsurteile vom 26. Mai 2009 - VI ZR 174/08, aaO Rn. 24; vom 11. Januar 2011 - VI ZR 64/10, aaO Rn. 13; vom 1. März 2011 - VI ZR 127/10, aaO Rn. 8) - Inhalt des erteilten Auf- trags verfahrensfehlerhaft nicht berücksichtigt. Auf diese Frage kommt es nicht an.
19
cc) Die angegriffene Entscheidung wird jedenfalls von der weiteren Erwägung des Berufungsgerichts getragen, die Gegenstand der Widerklage bildenden Anwaltskosten seien im Außenverhältnis des Klägers zur Beklagten nicht erstattungsfähig. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision ohne Erfolg.
20
(1) Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats ist ein Anspruch des Geschädigten auf Erstattung der Kosten eines mit der Sache befassten Anwalts nur unter der Voraussetzung gegeben, dass die konkrete anwaltliche Tätigkeit aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig war. Hierbei handelt es sich um eine echte, vom Geschädigten darzulegende und zu beweisende Anspruchsvoraussetzung und nicht lediglich um einen im Rahmen des § 254 BGB bedeutsamen, die Ersatzpflicht beschränkenden und damit in die Darlegungs- und Beweislast des Schädigers fallenden Umstand. Die Frage, ob diese Voraussetzung erfüllt ist, lässt sich nicht allgemein, sondern nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Frage beantworten, ob im konkreten Fall vertretbare sachliche Gründe für eine getrennte Verfolgung der jeweiligen Ansprüche bestanden haben oder ob hierdurch lediglich Mehrkosten verursacht worden sind (vgl. Senatsurteile vom 26. Mai 2009 - VI ZR 174/08, aaO Rn. 28 f.; vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 152/09, NJW 2011, 782 Rn. 16, jeweils mwN).
21
(2) Es ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht sachliche Gründe für eine getrennte außergerichtliche Geltendmachung der Unterlassungsansprüche wegen der Wortberichterstattung einerseits und der Bildberichterstattung andererseits nicht gesehen hat. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hätten die Abmahnungen auch in einem einheitlichen Schreiben ausgesprochen werden und als eine Angelegenheit bearbeitet werden können.
22
(a) Auftragsgemäß erbrachte anwaltliche Leistungen betreffen in der Regel ein und dieselbe Angelegenheit, wenn zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit gesprochen werden kann (vgl. Senatsurteile vom 26. Mai 2009 - VI ZR 174/08, aaO Rn. 23; vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 152/09, NJW 2011, 782 Rn. 16, jeweils mwN).
23
(b) Diese Voraussetzungen hat das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise bejaht. Es hat zutreffend darauf abgestellt, dass die Wort- und Bildberichterstattung Bestandteil eines Zeitungsartikels war und dass das die Eheleute O. abbildende Foto durch die räumliche Gestaltung und die Beifügung des Untertitels "Lassen sich scheiden: A. und C.O." offensichtlich in einen Zusammenhang mit der Wortberichterstattung gestellt worden ist. Entgegen der Auffassung der Revision ist es bei dieser Sachlage aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht der Frage, wo das Bild aufgenommen wurde, keine Bedeutung beigemessen hat.
24
(c) Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts , die im Rahmen der außergerichtlichen Geltendmachung der Unterlassungsansprüche entfalteten anwaltlichen Leistungen stimmten in ihrer Zielsetzung im Wesentlichen überein. Denn das mit ihnen verfolgte Rechtsschutzziel war gleichgerichtet. Der Kläger begehrte die Unterlassung zukünftigen rechtswidrigen Tuns. Aus welcher Motivation heraus er die erneute Veröf- fentlichung des Textes einerseits und des Bildes andererseits unterbinden wollte , ist demgegenüber unerheblich.
25
(d) Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich ein berechtigtes Interesse des Klägers an einer getrennten Verfolgung der Ansprüche auch nicht daraus, dass durch eine getrennte Bearbeitung eine bessere Übersichtlichkeit über die bereits anerkannten und die noch zu verfolgenden Ansprüche gegeben wäre. Hiervon kann nicht schon von vornherein ausgegangen werden. Vielmehr bleibt abzuwarten, ob eine differenziertere Bearbeitung durch den Rechtsanwalt erforderlich wird und infolgedessen aus der ursprünglich einheitlichen Angelegenheit mehrere Angelegenheiten entstehen (vgl. Senatsurteil vom 1. März 2011 - VI ZR 127/10, aaO Rn. 14 mwN). Aus diesem Grund kommt es auch nicht darauf an, dass jede Abmahnung ein eigenes rechtliches Schicksal haben kann und deswegen schwer absehbar war, wie sich der Streitfall entwickeln würde (vgl. Senatsurteil vom 1. März 2011 - VI ZR 127/10, aaO Rn. 10 mwN).
26
(e) Es ist auch nicht ersichtlich, warum die Gefahr einer erneuten rechtswidrigen Berichterstattung durch die Beklagte - wie die Revision geltend macht - unter den Umständen des Streitfalles nur durch den Ausspruch getrennter Abmahnungen beseitigt werden konnte. Die bis auf zwei Sätze und den Betreff (Unterlassung Text bzw. Unterlassung Foto) identischen Abmahnschreiben datieren vom selben Tag und enthalten dieselbe Fristsetzung für die Abgabe einer Unterlassungserklärung. Warum eine Beanstandung der Wortund Bildberichterstattung in einem einheitlichen Schreiben unter diesen Umständen zu einer Rechtsverkürzung geführt hätte, zeigt die Revision nicht auf. Eine Verletzung von Art. 8 EMRK durch das Landgericht scheidet bei dieser Sachlage aus.
27
dd) Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht auch nicht verkannt, dass die Gegenstandswerte für die Abmahnung der Wortberichterstattung einerseits und der Bildberichterstattung andererseits zu addieren sind. Die Annahme eines Gegenstandswerts für die Wortberichterstattung von 35.000 € und für die Bildberichterstattung von 15.000 € hält sich ebenso wie die Nichtbeanstandung des von den Prozessbevollmächtigten des Klägers angesetzten Gebührensatzes von 8/10 im Rahmen des dem Tatrichter eingeräumten Ermessens (§ 287 ZPO).
28
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Galke Wellner Diederichsen Stöhr von Pentz
Vorinstanzen:
AG Berlin-Mitte, Entscheidung vom 11.10.2005 - 25 C 40/05 -
LG Berlin, Entscheidung vom 04.06.2010 - 8 S 3/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 261/09 Verkündet am:
27. Juli 2010
Böhringer-Mangold,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Wird ein Rechtsanwalt beauftragt, gegen eine unrichtige Presseberichterstattung
vorzugehen, so kann eine Tätigkeit in derselben Angelegenheit auch
dann vorliegen, wenn durch die unrichtigen Äußerungen sowohl eine GmbH
als auch deren Geschäftsführer betroffen sind und sich die für die Betroffenen
ausgesprochenen Abmahnungen sowohl gegen den für das Printprodukt
verantwortlichen Verlag als auch gegen die für die Verbreitung der Berichterstattung
im Internet Verantwortlichen richten.

b) Sind durch eine falsche Berichterstattung eine GmbH und ihre Geschäftsführer
in gleicher Weise betroffen und sollen sich die Abmahnungen wegen der
wortgleichen Berichterstattung an den Verlag der Printausgabe, an die Do-
maininhaberin sowie an die Betreiberin des Online-Angebots richten, wird die
Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit einer getrennten Beauftragung derselben
Anwaltssozietät und einer getrennten anwaltlichen Bearbeitung in der
Regel jedenfalls dann zu verneinen sein, wenn die Abmahnungen ohne weiteren
Aufwand zu Unterlassungserklärungen der für die Berichterstattung
Verantwortlichen führen und die Sache bis dahin ohne weiteres als eine Angelegenheit
bearbeitet werden kann.
BGH, Urteil vom 27. Juli 2010 - VI ZR 261/09 - LG Berlin
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren mit
Schriftsatzfrist bis zum 10. Juli 2010 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die
Richter Zoll und Wellner sowie die Richterinnen Diederichsen und von Pentz

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 27. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 7. Juli 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger, neben H. Geschäftsführer der N-GmbH, beansprucht von der beklagten Verlagsgruppe die Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren. Diese sind nach Ansicht des Klägers im Hinblick auf eine von mehreren Abmahnungen wegen einer Berichterstattung über die N-GmbH, in der auch die beiden Geschäftsführer namentlich genannt sind, entstanden. Die Berichterstattung betraf die angebliche Beteiligung der N-GmbH und ihrer Ge- schäftsführer an der Sammlung der Telefonverbindungsdaten von Mitgliedern des Aufsichtsrats und des Konzernbetriebsrats eines großen Unternehmens und am Abgleich mit Telefonverbindungsdaten von Journalisten. Sie erfolgte in der von der Beklagten verlegten H-Zeitung und auf mehreren Internetseiten, die von der E-GmbH, einem Tochterunternehmen der Beklagten, angeboten wurden. Unstreitig war die Berichterstattung unzutreffend. Der Kläger ließ die Beklagte und die E-GmbH durch seine Rechtsanwälte abmahnen. Entsprechende Abmahnungen erfolgten durch dieselbe Anwaltskanzlei namens des Mitgeschäftsführers und der N-GmbH.
2
Die Beklagte sagte auch namens der E-GmbH zu, die beanstandeten Äußerungen nicht mehr zu verbreiten. Sie errechnete wegen der Abmahnungen und wegen eines zusätzlichen Abmahnschreibens der N-GmbH gegenüber dem Verlag der Printausgabe die vorgerichtlichen Abmahnkosten auf der Grundlage einer 1,3 Geschäftsgebühr nach dem kumulierten Gegenstandswert von 140.000 € (7 x 20.000 €) mit 2.356,20 €. Dieser Betrag wurde bezahlt und teilweise mit dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch verrechnet. Der Kläger ist der Ansicht, es handele sich um sieben selbstständige Angelegenheiten, für die jeweils eine Gebühr nach einem Gegenstandswert von 20.000,00 € entstanden sei. Er hat von der Beklagten deshalb mit der Klage Freistellung von der Inanspruchnahme durch seine Rechtsanwälte in Höhe von restlichen 686,56 € verlangt.
3
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte nur Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger Ansprüche auf Rückgewähr zu viel gezahlten Anwaltshonorars gegen die Rechtsanwälte des Klägers zu zahlen hat. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


I.

4
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung bei Juris veröffentlicht ist (Urteil vom 7. Juli 2009 - 27 S 16/08), führt aus:
5
Aufgrund der Verletzungshandlung der Beklagten stehe dem Kläger ein Freistellungsanspruch für die Abfassung eines hierfür durch seine außergerichtlich beauftragten Rechtsanwälte verfassten Abmahnschreibens zu. Es hätten insgesamt sieben individuelle Unterlassungsansprüche bestanden. Ein Anspruch auf Schadensersatz in Form vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten bestehe allerdings nur insoweit, als diese zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen seien. Danach komme es auch darauf an, ob die geltend gemachten Kosten vom Geschädigten im Innenverhältnis an den für ihn tätigen Rechtsanwalt zu zahlen seien. Dies sei vorliegend der Fall. Der Gebührenforderung der Anwälte stehe nicht der Einwand entgegen, bei der außergerichtlichen Geltendmachung der Unterlassungsansprüche habe es sich um nur eine Angelegenheit (§ 15 Abs. 2 RVG) gehandelt.
6
Mehrere Aufträge beträfen regelmäßig dieselbe Angelegenheit, wenn zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang bestehe und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielrichtung so weitgehend übereinstimmten, dass von einem einheitlichen Rahmen der Tätigkeit gesprochen werden könne und insbesondere die innerlich zusammengehörenden Gegenstände von dem Rechtsanwalt einheitlich bearbeitet werden könnten, also die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der jeweiligen Berichterstattung so weitgehend parallel laufe, dass nicht mehr von zwei getrennten Prüfungsaufgaben des Rechtsanwalts gesprochen werden könne. Bei der Verfolgung der Ansprüche verschiedener Personen handele es sich auch im Rahmen einer einheitlichen Veröffentlichung nach ständiger Rechtsprechung der Kammer um verschiedene Angelegenheiten. Die Frage der Rechtmäßigkeit der Textberichterstattung bezüglich einer natürlichen Person hänge nicht ohne weiteres von den weiteren, in dem Artikel genannten natürlichen und/oder juristischen Personen ab. Selbst wenn sich im Ergebnis herausstelle , dass die Textberichterstattung aus den gleichen Gründen rechtswidrig gewesen sei, müsse der Rechtsanwalt dies in getrennten Überprüfungen, und zwar unter Beachtung der Besonderheiten der jeweils betroffenen Personen, feststellen.
7
Zwar beruhten sämtliche Abmahnungen auf derselben Ausgangsmitteilung in der H-Zeitung, in der sämtliche Unterlassungsgläubiger erwähnt worden seien. Alle Abmahnschreiben seien zudem von einem Rechtsanwaltsbüro, den Prozessbevollmächtigten des Klägers, bearbeitet worden. Der Annahme eines inneren Zusammenhanges stehe aber zunächst entgegen, dass es sich vorliegend um drei verschiedene Auftraggeber gehandelt habe. Zwar schließe dies die Annahme einer Angelegenheit im Sinne von § 15 Abs. 2 RVG nicht zwangsläufig aus, wie sich aus § 22 Abs. 2 Satz 2 RVG ergebe. Doch bestünden vorliegend sachliche Gründe, warum neben der N-GmbH deren Geschäftsführer gesondert abgemahnt hätten. Der vom Kläger geltend gemachte Unterlassungsanspruch sei ein höchstpersönlicher Anspruch. Die Berichterstattung sei zudem geeignet, den Kläger nicht nur in seiner beruflichen Tätigkeit als Geschäftsführer , sondern auch als Privatperson zu beeinträchtigen. Auf den ähnlichen Wortlaut der übrigen Abmahnungen könne danach nicht abgestellt werden.
8
Auch die Tatsache, dass sich die Abmahnungen gegen verschiedene Unterlassungsschuldner, nämlich die Verantwortliche der Online-Ausgabe, die Beklagte als Domaininhaberin der Internetseite und die Verlegerin der PrintAusgabe , gerichtet hätten, stehe der Anwendung von § 15 Abs. 2 RVG vorliegend entgegen. Zwar seien die betroffenen Gesellschaften konzernrechtlich verflochten. Doch sei unstreitig, dass der Entschluss, auch gegen die Beklagte vorzugehen, erst erfolgt sei, nachdem sich die bis dato erteilten und durchgeführten Aufträge als unzureichend erwiesen hätten, die Störung - also: Veröffentlichung des Artikels - zu beenden, obwohl die Beklagte auch an der Beantwortung der anderen Unterlassungsbegehren beteiligt gewesen sei.
9
Schließlich sei der mit den Abmahnschreiben befasste Rechtsanwalt auch zu verschiedenen Zeiten beauftragt worden. Zwar stehe auch dies der Annahme einer Angelegenheit im Sinne von § 15 Abs. 2 RVG nicht grundsätzlich entgegen. Es müsse aber Einigkeit bestehen, dass die Ansprüche gemeinsam behandelt werden sollten. Hiervon sei vorliegend aufgrund der individuellen Interessenlage der Unterlassungsgläubiger nicht auszugehen. Auch habe der Kläger den Rechtsanwalt erst zwei Tage nach der Abmahnung im Namen der N-GmbH nunmehr für sich selbst beauftragt.
10
Darauf, der Rechtsanwalt des Klägers habe diesen nicht ausreichend über die verschiedenen möglichen Vorgehensweisen, insbesondere die kostengünstigste , belehrt, könne sich die Beklagte im vorliegenden Fall nicht berufen.

II.

11
Die dagegen gerichtete Revision hat Erfolg. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen hat das Berufungsgericht einen Freistellungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte mit der Begründung, die von ihm veranlasste Abmahnung betreffe nicht dieselbe Angelegenheitim Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG wie die weiteren Abmahnungen, rechtsfehlerhaft bejaht.
12
1. Rechtsfehlerfrei und von der Revision unbeanstandet geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Beklagte wegen der abgemahnten Veröffentlichungen zum Schadensersatz verpflichtet ist, und dass die Kosten eines mit der Sache befassten Rechtsanwalts ersatzfähig sein können, soweit sie zur Wahrnehmung der Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (vgl. dazu Senat , BGHZ 127, 348, 350; Urteile vom 10. Januar 2006 - VI ZR 43/05 - VersR 2006, 521, 522; vom 12. Dezember 2006 - VI ZR 175/05 - VersR 2007, 505; vom 12. Dezember 2006 - VI ZR 188/05 - VersR 2007, 506 f.; vom 4. Dezember 2007 - VI ZR 277/06 - VersR 2008, 413, 414; vom 4. März 2008 - VI ZR 176/07 - VersR 2008, 985; vom 26. Mai 2009 - VI ZR 174/08 - VersR 2009, 1269, 1271).
13
2. Die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs ist in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders frei gestellten Tatrichters. Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (vgl. Senatsurteile BGHZ 92, 85, 86 f.; 102, 322, 330; 161, 151, 154; vom 9. Dezember 2008 - VI ZR 173/07 - VersR 2009, 408, 409; vom 26. Mai 2009 - VI ZR 174/08 - aaO). Derartige Fehler des Berufungsgerichts liegen hier vor.
14
a) Bei der Beurteilung der Frage, ob und in welchem Umfang der dem Geschädigten zustehende Schadensersatzanspruch auch die Erstattung von Rechtsanwaltskosten umfasst, ist zwischen dem Innenverhältnis des Geschädigten zu dem für ihn tätigen Rechtsanwalt und dem Außenverhältnis des Geschädigten zum Schädiger zu unterscheiden. Voraussetzung für einen Erstattungsanspruch im geltend gemachten Umfang ist grundsätzlich, dass der Geschädigte im Innenverhältnis zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet ist und die konkrete anwaltliche Tätigkeit im Außenverhältnis aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig war (Senatsurteile vom 4. Dezember 2007 - VI ZR 277/06 - aaO; vom 26. Mai 2009 - VI ZR 174/08 - aaO).
15
b) Das Berufungsgericht meint, der Kläger sei im Innenverhältnis zu sei- nen Anwälten zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten, berechnet auf der Grundlage von sieben selbstständigen Angelegenheiten, verpflichtet. Dem kann, jedenfalls auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen, nicht gefolgt werden.
16
aa) Auftragsgemäß erbrachte anwaltliche Leistungen betreffen in der Regel ein und dieselbe Angelegenheit, wenn zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit gesprochen werden kann. Die Frage, ob von einer oder von mehreren Angelegenheiten auszugehen ist, lässt sich nicht allgemein, sondern nur im Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweiligen Lebensverhältnisse beantworten , wobei insbesondere der Inhalt des erteilten Auftrags maßgebend ist. Die Annahme derselben Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne setzt nicht voraus, dass der Anwalt nur eine Prüfungsaufgabe zu erfüllen hat. Von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit kann vielmehr grundsätzlich auch dann noch gesprochen werden, wenn der Anwalt zur Wahrnehmung der Rechte des Geschädigten verschiedene, in ihren Voraussetzungen voneinander abweichende Anspruchsgrundlagen zu prüfen bzw. mehrere getrennte Prüfungsaufgaben zu erfüllen hat. Denn unter derselben Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne ist das gesamte Geschäft zu verstehen, das der Rechtsanwalt für den Auftraggeber besorgen soll. Ihr Inhalt bestimmt den Rahmen , innerhalb dessen der Rechtsanwalt tätig wird. Die Angelegenheit ist von dem Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit abzugrenzen, der das konkrete Recht oder Rechtsverhältnis bezeichnet, auf das sich die anwaltliche Tätigkeit bezieht. Eine Angelegenheit kann mehrere Gegenstände umfassen. Für die Annahme eines einheitlichen Rahmens der anwaltlichen Tätigkeit ist es grundsätzlich ausreichend, wenn die verschiedenen Gegenstände in dem Sinne einheitlich vom Anwalt bearbeitet werden können, dass sie verfahrensrechtlich zusammengefasst bzw. in einem einheitlichen Vorgehen geltend gemacht werden können. Ein innerer Zusammenhang ist zu bejahen, wenn die verschiedenen Gegenstände bei objektiver Betrachtung und unter Berücksichtigung des mit der anwaltlichen Tätigkeit nach dem Inhalt des Auftrags erstrebten Erfolgs zusammengehören (vgl. zu allem Vorstehenden Senatsurteile vom 4. Dezember 2007 - VI ZR 277/06 - aaO; vom 4. März 2008 - VI ZR 176/07 - aaO, S. 985 f.; vom 26. Mai 2009 - VI ZR 174/08 - aaO, S. 1271 f., jeweils m.w.N.).
17
bb) Der Annahme einer Angelegenheit steht nicht entgegen, dass der Anwalt mehrere Geschädigte vertreten soll und dass ein Vorgehen gegen mehrere Schädiger erforderlich ist.
18
(1) Ein einheitlicher Auftrag kann auch dann vorliegen, wenn der Anwalt von mehreren Mandanten beauftragt wird; gegebenenfalls muss durch Auslegung ermittelt werden, ob der Anwalt für die verschiedenen Auftraggeber ge- meinsam oder ob er für jeden von ihnen gesondert tätig werden sollte (LG Hamburg, AfP 2010, 185, 187; AG Hamburg, AfP 2008, 233, 234; RVGAnwaltkommentar /N. Schneider, 5. Aufl., § 15 Rn. 27 f.; Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, 19. Aufl., § 15 Rn. 8; Mayer/Kroiß/Winkler, RVG, 4. Aufl., § 15 Rn. 46; Hartmann, Kostengesetze, 40. Aufl., § 15 RVG Rn. 15).
19
(2) Auch die Inanspruchnahme mehrerer Schädiger kann eine Angelegenheit sein. Dies kommt in Fällen wie dem vorliegenden insbesondere dann in Betracht, wenn den Schädigern eine gleichgerichtete Verletzungshandlung vorzuwerfen ist und demgemäß die erforderlichen Abmahnungen einen identischen oder zumindest weitgehend identischen Inhalt haben sollen. Mit Recht wird das Vorliegen einer Angelegenheit bejaht, wenn Unterlassungsansprüche die gleiche Berichterstattung betreffen, an deren Verbreitung die in Anspruch Genommenen in unterschiedlicher Funktion mitwirken (AG Hamburg, AfP 2009, 92, 94 f.; AG Tempelhof-Kreuzberg, AfP 2009, 90 f.; vgl. auch OLG Düsseldorf, AnwBl. 1983, 31 zur Fertigung gleichlautender Abmahnungen wegen einer gleichartigen Wettbewerbsverletzung an viele rechtlich selbstständige Unternehmen eines Konzerns; zustimmend RVG-Anwaltkommentar/N. Schneider, aaO, Rn. 75). Abweichendes mag gelten, wenn es um - auch unternehmerisch - eigenständige Publikationen geht (vgl. LG Hamburg, AfP 2010, 197, 198).
20
In der Regel kommt es nicht darauf an, dass jede Abmahnung wegen der verschiedenen Rechtspersönlichkeiten gegenüber jedem Schädiger ein eigenes rechtliches Schicksal haben kann. Sofern die Reaktionen der verschiedenen Schädiger auf die gleichgerichteten Abmahnungen nicht einheitlich ausfallen und deshalb eine differenzierte Bearbeitung durch den Rechtsanwalt erfordern, können aus der ursprünglich einheitlichen Angelegenheit mehrere Angelegenheiten entstehen (vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 2005 - IX ZR 401/00 - NJW 2005, 2927, Rn. 13 bei Juris; vgl. auch BGH, Urteil vom 11. Dezember 2003 - IX ZR 109/00 - NJW 2004, 1043, Rn. 33 bei Juris).
21
Der Beurteilung als eine Angelegenheit steht auch nicht entgegen, dass die Rechtmäßigkeit einer Berichterstattung hinsichtlich verschiedener in Anspruch zu nehmender Personen - etwa des Autors des Artikels und des Verlags aufgrund der Verbreiterhaftung - getrennt zu prüfen ist (LG Frankfurt am Main, AfP 2009, 77, 78; a.A. LG Berlin, JurBüro 2009, 421, 422; AfP 2009, 86, 87). Insofern mag es sich um verschiedene Gegenstände handeln (vgl. dazu BGH, Beschlüsse vom 5. Oktober 2005 - VIII ZB 52/04 - NJW 2005, 3786, 3787; vom 15. April 2008 - X ZB 12/06 - AnwBl. 2008, 638; OLG Stuttgart, JurBüro 1998, 302 f.). In einer Angelegenheit können indes mehrere Gegenstände bzw. Prüfungsaufgaben behandelt werden (Senatsurteil vom 26. Mai 2009 - VI ZR 174/08 - aaO, S. 1272, Rn. 25 bei Juris; Gerold/Schmidt/Mayer, aaO, Rn. 6, 8).
22
cc) Eine Angelegenheit kann auch vorliegen, wenn ein dem Rechtsanwalt zunächst erteilter Auftrag vor dessen Beendigung später ergänzt wird (Gerold /Schmidt/Mayer, aaO, Rn. 7; RVG-Anwaltkommentar/N. Schneider, aaO, Rn. 24). Ob eine Ergänzung des ursprünglichen Auftrags vorliegt oder ein neuer Auftrag erteilt wurde, ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls festzustellen.
23
dd) Diesen vom Berufungsgericht zum Teil verkannten Grundsätzen wird seine Beurteilung auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen nicht gerecht.
24
Die Revision weist mit Recht darauf hin, dass die Beklagte unter Vorlage der Abmahnschreiben vorgetragen habe, alle Abmahnungen trügen dasselbe Aktenzeichen des Verfahrensbevollmächtigten des Klägers und seien allesamt am 28. Mai 2008 im Minutentakt ausgeführt worden. Sie weist ferner ins Einzel- ne gehend darauf hin, dass die Beklagte den Vortrag des Klägers zur Beauftragung seiner Rechtsanwälte durch ihn, den Mitgeschäftsführer und die N-GmbH bestritten und unter Hinweis auf die Zeugenaussage einer Rechtsanwältin der vom Kläger beauftragten Kanzlei in einem anderen Rechtsstreit geltend gemacht hat, es habe einen pauschalen Auftrag gegeben, das Internet insgesamt von dem Beitrag zu bereinigen. Zu dem danach streitigen Vortrag des für das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs beweispflichtigen Klägers hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen.
25
c) Hinsichtlich der Beurteilung des Außenverhältnisses hat das Berufungsgericht einen falschen rechtlichen Ansatz gewählt. Es geht davon aus, ein Verletzter müsse sich ein im Hinblick auf die anfallenden Gebühren möglicherweise gegebenes Fehlverhalten des mit der Geltendmachung der Rechte beauftragten Rechtsanwaltes nicht zurechnen lassen. Ein solches Fehlverhalten unterbreche den Zurechnungszusammenhang zwischen schädigender Handlung und Schaden grundsätzlich nicht. Der Zurechnungszusammenhang entfalle nur bei ungewöhnlich grobem Fehlverhalten des Dritten, was hier jedenfalls zu verneinen sei.
26
Diese Argumentation verkennt, dass ein Anspruch des Geschädigten auf Erstattung der Kosten eines mit der Sache befassten Anwalts nur unter der Voraussetzung gegeben ist, dass die konkrete anwaltliche Tätigkeit aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig war. Hierbei handelt es sich um eine echte, vom Geschädigten darzulegende und zu beweisende Anspruchsvoraussetzung und nicht lediglich um einen im Rahmen des § 254 BGB bedeutsamen, die Ersatzpflicht beschränkenden und damit in die Darlegungs- und Beweislast des Schädigers fallenden Umstand (vgl. Senatsur- teile vom 4. Dezember 2007 - VI ZR 277/06 - aaO; vom 4. März 2008 - VI ZR 176/07 - aaO; vom 26. Mai 2009 - VI ZR 174/08 - aaO, jeweils m.w.N.).
27
Die Frage, ob diese Voraussetzung erfüllt ist, lässt sich nicht allgemein, sondern nur unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls beantworten (vgl. Senatsurteil vom 26. Mai 2009 - VI ZR 174/08 - aaO). Insoweit muss festgestellt werden, ob im Streitfall vertretbare sachliche Gründe für eine getrennte Beauftragung der mit den diversen Abmahnungen befassten Anwaltskanzlei bestanden haben. Dies bedarf in einem Fall wie dem vorliegenden eines näheren Vortrags. Sind durch eine falsche Berichterstattung eine Kapitalgesellschaft und ihre Geschäftsführer in gleicher Weise betroffen und sollen sich die Abmahnungen wegen der wortgleichen Berichterstattung an den Verlag der Printausgabe, an die Domaininhaberin sowie an die Betreiberin des OnlineAngebots richten, wird die Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit einer getrennten Beauftragung derselben Anwaltssozietät und einer getrennten anwaltlichen Bearbeitung in der Regel zu verneinen sein, da die Sache, jedenfalls dann, wenn die Abmahnungen ohne weiteren Aufwand zu Unterlassungserklärungen der Schädiger führen, ohne weiteres als eine Angelegenheit bearbeitet werden kann.

III.

28
Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, den Sachverhalt unter Beachtung der vorstehenden Rechtsgrundsätze neu zu würdigen und, soweit erforderlich, dem zum Teil streitigen und gegebenenfalls ergänzungsbedürftigen Sachvortrag der Parteien nachzugehen. Galke Zoll Wellner Diederichsen von Pentz
Vorinstanzen:
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg, Entscheidung vom 28.10.2008 - 9 C 113/08 -
LG Berlin, Entscheidung vom 07.07.2009 - 27 S 16/08 -
28
(b) Bei der Beurteilung des Außenverhältnisses hat das Berufungsgericht schon im Ausgangspunkt einen falschen rechtlichen Ansatz gewählt. Es hat verkannt, dass ein Anspruch des Geschädigten auf Erstattung der Kosten eines mit der Sache befassten Anwalts nur unter der Voraussetzung gegeben ist, dass die konkrete anwaltliche Tätigkeit - hier die getrennte Verfolgung der Unterlassungsansprüche wegen der Wortberichterstattung einerseits und der Bildberichterstattung andererseits - aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig war (sog. subjektbezogene Schadensbetrachtung, vgl. Senatsurteile vom 4. Dezember 2007 - VI ZR 277/06 - aaO; vom 4. März 2008 - VI ZR 176/07 - aaO, jeweils m.w.N.). Hierbei handelt es sich um eine echte, vom Geschädigten darzulegende und zu beweisende Anspruchvoraussetzung und nicht lediglich - wie das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft angenommen hat - um einen im Rahmen des § 254 BGB bedeutsamen, die Ersatzpflicht beschränkenden und damit in die Darlegungs- und Beweislast des Schädigers fallenden Umstand.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der Einreichung der Klage, in der Rechtsmittelinstanz der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels, bei der Verurteilung der Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, entscheidend; Früchte, Nutzungen, Zinsen und Kosten bleiben unberücksichtigt, wenn sie als Nebenforderungen geltend gemacht werden.

(2) Bei Ansprüchen aus Wechseln im Sinne des Wechselgesetzes sind Zinsen, Kosten und Provision, die außer der Wechselsumme gefordert werden, als Nebenforderungen anzusehen.