Bundesgerichtshof Urteil, 07. Nov. 2007 - VIII ZR 341/06
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien streiten um den Ersatz von Anwaltskosten.
- 2
- Mit Mietvertrag vom 4. April 2005 vermieteten die Kläger zu 1 bis 3 eine Wohnung an die Beklagten. Die Miete betrug monatlich 750 € zuzüglich einer Nebenkostenpauschale von 85 €. Da die Beklagten mit der Miete in Verzug gerieten und auch die Kaution nicht zahlten, beauftragten die Kläger im November 2005 einen Rechtsanwalt, der die Beklagten zur Zahlung der rückständigen Miete sowie der Kaution aufforderte. Da die Beklagten auch die Miete für Januar 2006 nicht zahlten, erklärte der Rechtsanwalt der Kläger mit Schreiben vom 19. Januar 2006 die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses. In der Folgezeit zahlten die Beklagten die rückständige Miete und die Kaution.
- 3
- Die Kläger haben die Beklagten auf Ersatz der Anwaltskosten in Höhe von insgesamt 1.852,52 € nebst Zinsen in Anspruch genommen.
- 4
- Das Amtsgericht hat den Klägern Ersatz der Anwaltskosten in Höhe von 1.062,78 € nebst Zinsen zugesprochen, die ihnen infolge der Kündigung und aufgrund der Beitreibung der rückständigen Mieten entstanden seien. Hinsichtlich des Anteils der Anwaltskosten für die Zahlungsaufforderung bezüglich der Kaution hat das Amtsgericht die Klage mangels Verzugs der Beklagten abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung der Kläger hatte keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision haben die Kläger zunächst die Zahlung weiterer 789,74 € geltend gemacht. Nach Rücknahme der Revision in Höhe von 670,02 € nehmen die Kläger die Beklagten jetzt noch auf Zahlung weiterer 119,72 € in Anspruch.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revision der Kläger hat Erfolg.
I.
- 6
- Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, ausgeführt:
- 7
- Das Amtsgericht habe von der errechneten Honorarforderung zu Recht nur den prozentualen Anteil zugesprochen, der nicht die Geltendmachung des Kautionsrückstands betreffe, und nicht die Anwaltsgebühren aufgrund eines um den Kautionsbetrag verminderten Gegenstandswertes berechnet. Nur dieses Verfahren trage dem nicht linearen Ansteigen der Anwaltsgebühren nach Maßgabe der Anlage 2 zu § 13 Abs. 1 RVG und dem mit der Klage geltend gemachten einheitlichen Gebührenanspruch Rechnung.
II.
- 8
- Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
- 9
- Den Klägern steht gegen die Beklagten ein Schadensersatzanspruch auf Erstattung der ihnen entstandenen Kosten für die außergerichtliche Tätigkeit ihres Rechtsanwalts in Höhe weiterer 119,72 € gemäß § 280 Abs. 1, Abs. 2, § 286 i.V.m. § 249 BGB zu.
- 10
- 1. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht die geltend gemachten Anwaltsgebühren "streitwertanteilig" verteilt, d.h. den Gegenstandswert zunächst unter Einbeziehung des Betrags für die Kaution berechnet und anschließend den den Klägern zugesprochenen Betrag um den prozentualen Anteil, der dem Verhältnis des Kautionsbetrags zum Gesamtgegenstandswert entspricht, gekürzt. Die Berechnung des Berufungsgerichts führt aufgrund der degressiv ausgestalteten Gebührentabelle der Anlage 2 zu § 13 Abs. 1 RVG zu einem geringeren Betrag als die Berechnung nach dem Gegenstandswert, wie er sich ohne den Kautionsbetrag ergibt. Dies führt zu einer unzulässigen Reduzierung des Erstattungsanspruchs der Kläger.
- 11
- a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann der den Klägern entstandene Schaden im Sinne von § 249 BGB nicht aus der "Einheitlichkeit" des Gebührenanspruchs des Rechtsanwalts hergeleitet werden. Zu unterscheiden ist das Innenverhältnis zwischen Auftraggeber und Rechtsanwalt einerseits und der schadensersatzrechtliche Erstattungsanspruch im Verhältnis des Geschädigten zum Schädiger andererseits.
- 12
- Der den Klägern entstandene Schaden besteht in der anwaltlichen Vergütung , die sie ihrem Rechtsanwalt für dessen außergerichtliche Tätigkeit - Aufforderung der Beklagten zur Zahlung rückständiger Miete und Erklärung der Kündigung des Mietverhältnisses - schulden. Denn die Beklagten befanden sich mit Mietzahlungen für mehrere Monate in Verzug. Die Einschaltung des Rechtsanwalts zur außergerichtlichen Wahrnehmung der Interessen der Kläger beruhte auf dieser Pflichtverletzung.
- 13
- b) Zwar beauftragten die Kläger ihren Rechtsanwalt gleichzeitig auch mit der Geltendmachung der Kaution. Mangels Verzugs der Beklagten insoweit sind diese hierfür - wie vom Berufungsgericht zutreffend zugrunde gelegt - jedoch nicht schadensersatzpflichtig. Der Umfang der Beauftragung ist jedoch nur für die Abrechnung zwischen dem Geschädigten und seinem Anwalt maßgebend (Innenverhältnis). Kostenerstattung aufgrund des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs kann der Geschädigte dagegen insoweit verlangen , als seine Forderung diesem gegenüber besteht (BGH, Urteil vom 18. Januar 2005 - VI ZR 73/04, NJW 2005, 1112, unter II 2). Dem Erstattungs- anspruch des Geschädigten hinsichtlich der ihm entstandenen Anwaltskosten ist im Verhältnis zum Schädiger somit grundsätzlich der Gegenstandswert zugrunde zu legen, der der berechtigten Schadensersatzforderung entspricht (BGH, aaO, m.w.N.).
- 14
- 2. Der Berechnung der von den Beklagten als Verzugsschaden zu erstattenden Anwaltsgebühren sind folglich der Gegenstandswert der Kündigung, der sich gemäß § 23 RVG, § 41 Abs. 2 GKG (Senatsurteil vom 14. März 2007 - VIII ZR 184/06, NJW 2007, 2050, unter II 2 c) nach dem einjährigen Betrag der Nettomiete richtet (12 x 750 € = 9.000 €), sowie der Betrag für die rückständigen Mieten (2.505 €) zugrunde zu legen, mithin insgesamt 11.505 €.
- 15
- Es kann dahinstehen, ob die Nebenkostenpauschale in Höhe von (12 x 85 € =) 1.020 €, wie die Revision meint, hier dem Gegenstandswert hinzuzurechnen ist. Selbst wenn dies der Fall wäre, berührte dies die Gebührenforderung nicht, weil hinsichtlich der Erhöhung des Gegenstandswerts von 11.505 € auf 12.525 € kein Gebührensprung zu verzeichnen ist.
- 16
- Danach steht den Klägern gegen die Beklagten ein Erstattungsanspruch für eine 1,3 Geschäftsgebühr nach §§ 13, 14 RVG i.V.m. Nr. 2400 aF (jetzt Nr. 2300) VV RVG zuzüglich einer 0,6 Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV RVG in Höhe von (1,9 x 526 € =) 999,40 € sowie der Auslagenpauschale von 20 € - jeweils zuzüglich der seinerzeit geltenden Mehrwertsteuer von 16 % -, somit insgesamt in Höhe von 1.182,50 € zu. Abzüglich des den Klägern von den Vorinstanzen zugesprochenen Betrags von 1.062,78 € verbleibt ein den Klägern zu ersetzender Restbetrag von 119,72 €.
III.
- 17
- Da die Revision in dem zuletzt noch weiterverfolgten Umfang Erfolg hat, ist das Berufungsurteil insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Über die entscheidungsreife Sache hat der Senat selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Auf die Berufung der Kläger ist das angefochtene Urteil des Amtsgerichts abzuändern und der Klage, soweit sie noch Gegenstand des Revisionsverfahrens ist, stattzugeben. Die Klage ist in Höhe eines weiteren Betrags von 119,72 €, wie ausgeführt, begründet. Ball Wiechers Hermanns Dr. Milger Dr. Hessel
AG Gießen, Entscheidung vom 26.06.2006 - 48-M C 308/06 -
LG Gießen, Entscheidung vom 15.11.2006 - 1 S 238/06 -
ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 07. Nov. 2007 - VIII ZR 341/06
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 07. Nov. 2007 - VIII ZR 341/06
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenBundesgerichtshof Urteil, 07. Nov. 2007 - VIII ZR 341/06 zitiert oder wird zitiert von 16 Urteil(en).
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
(1) Wenn sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, beträgt bei einem Gegenstandswert bis 500 Euro die Gebühr 49 Euro. Die Gebühr erhöht sich bei einem
Gegen- standswert bis ... Euro | für jeden angefangenen Betrag von weiteren ... Euro | um ... Euro |
---|---|---|
2 000 | 500 | 39 |
10 000 | 1 000 | 56 |
25 000 | 3 000 | 52 |
50 000 | 5 000 | 81 |
200 000 | 15 000 | 94 |
500 000 | 30 000 | 132 |
über 500 000 | 50 000 | 165 |
Eine Gebührentabelle für Gegenstandswerte bis 500 000 Euro ist diesem Gesetz als Anlage 2 beigefügt.
(2) Bei der Geschäftsgebühr für eine außergerichtliche Inkassodienstleistung, die eine unbestrittene Forderung betrifft (Absatz 2 der Anmerkung zu Nummer 2300 des Vergütungsverzeichnisses), beträgt bei einem Gegenstandswert bis 50 Euro die Gebühr abweichend von Absatz 1 Satz 1 30 Euro.
(3) Der Mindestbetrag einer Gebühr ist 15 Euro.
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
(1) Wenn sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, beträgt bei einem Gegenstandswert bis 500 Euro die Gebühr 49 Euro. Die Gebühr erhöht sich bei einem
Gegen- standswert bis ... Euro | für jeden angefangenen Betrag von weiteren ... Euro | um ... Euro |
---|---|---|
2 000 | 500 | 39 |
10 000 | 1 000 | 56 |
25 000 | 3 000 | 52 |
50 000 | 5 000 | 81 |
200 000 | 15 000 | 94 |
500 000 | 30 000 | 132 |
über 500 000 | 50 000 | 165 |
Eine Gebührentabelle für Gegenstandswerte bis 500 000 Euro ist diesem Gesetz als Anlage 2 beigefügt.
(2) Bei der Geschäftsgebühr für eine außergerichtliche Inkassodienstleistung, die eine unbestrittene Forderung betrifft (Absatz 2 der Anmerkung zu Nummer 2300 des Vergütungsverzeichnisses), beträgt bei einem Gegenstandswert bis 50 Euro die Gebühr abweichend von Absatz 1 Satz 1 30 Euro.
(3) Der Mindestbetrag einer Gebühr ist 15 Euro.
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin ist Eigentümerin eines Grundstücks, das mit einem Wohnhaus bebaut war. Dessen Fundament wurde im Januar 2002 infolge eines Bruchs der von der Beklagten betriebenen Frischwasserleitung unterspült. Das Gebäude stürzte teilweise ein und mußte abgerissen werden. Es entstand wirtschaftlicher Totalschaden. Die Haftung der Beklagten dafür steht außer Streit. Die Klägerin unterhielt für dieses Gebäude eine Leitungswasserversicherung , nach deren Bedingungen der Neuwert des Gebäudes ohne einen Abzug „neu für alt“ sowie ein pauschaler Mietausfallschaden von 18.000 € zu ersetzen waren. Sie ließ den Schaden durch ihre Rechtsanwälte bei dem Versicherer anmelden, der daraufhin insgesamt 533.399,46 € erstattete. Diesen Betrag ha-ben die Rechtsanwälte als Geschäftswert ihrer Schadensanmeldung zugrunde gelegt und Zahlung von 7.349,76 € verlangt. Die Klägerin begehrt die Freistellung von dieser Gebührenforderung. Die Beklagte hat 5.632,96 € ersetzt. Sie berechnet den Gegenstandswert nach dem Wert des Hauses unter Berücksichtigung eines Abzuges „neu für alt“ mit nur 347.560,34 €. Das Amtsgericht hat der Klage im wesentlichen stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht geht davon aus, daß zu den infolge eines Schadensereignisses adäquat kausal angefallenen und gemäß § 249 Satz 2 BGB a.F. zu ersetzenden Rechtsverfolgungskosten auch die Rechtsanwaltskosten zählen, die dem Geschädigten aufgrund der Geltendmachung des Schadens bei seinem eigenen Versicherer entstehen. Dies gelte allerdings nur, soweit der Schaden von dem Schädiger zu ersetzen sei. Denn durch die Entscheidung des Geschädigten, seinen eigenen Versicherer in Anspruch zu nehmen, dürfe der Ersatzpflichtige nicht schlechter gestellt werden, als wenn er oder sein Haftpflichtversicherer direkt in Anspruch genommen worden wäre. Soweit der bei dem Versicherer angemeldete Schaden den Zeitwert des Hauses übersteige, sei die Beklagte aber nicht ersatzpflichtig. Deshalb bestehe insoweit auch kein Kostenerstattungsanspruch. Das gelte auch hinsichtlich des Mietausfalls, den die Klägerin nicht dargetan habe.II.
Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. 1. Da das schädigende Ereignis vor dem 1. August 2002 eingetreten ist, bestimmt sich der Umfang der auf §§ 2, 10 HPflG beruhenden Ersatzpflicht der Beklagten nach den Vorschriften der §§ 249 ff. BGB in der seinerzeit geltenden Fassung (Art. 229 § 8 Abs. 1 EGBGB). Rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht davon aus, daß die Wiederherstellung des zerstörten Hauses möglich ist und die Klägerin deshalb nach § 249 Satz 2 BGB a.F. den zum Wiederaufbau erforderlichen Geldbetrag verlangen kann. Zu den ersatzpflichtigen Aufwendungen des Geschädigten zählen grundsätzlich auch die erforderlichen Rechtsverfolgungskosten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Senatsurteile BGHZ 127, 348, 350 ff. und vom 1. Oktober 1968 - VI ZR 159/67 - VersR 1968, 1145, 1147; BGHZ 39, 73, 74 und Urteil vom 23. Oktober 2003 - IX ZR 249/02 - NJW 2004, 444, 446; jeweils m.w.N.) hat der Schädiger allerdings nicht schlechthin alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus der Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren. Dabei sind an die Voraussetzungen des materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Es kommt nämlich darauf an, wie sich die voraussichtliche Abwicklung des Schadensfalls aus der Sicht des Geschädigten darstellt. Ist die Verantwortlichkeit für den Schaden und damit die Haftung von vornherein nach Grund und Höhe derart klar, daß aus der Sicht des Geschädigten kein vernünftiger Zweifel daran bestehen kann, daß der Schädiger ohne weiteres seiner Ersatzpflicht nachkommen werde, so wird es grundsätzlich nicht erforderlich sein, schon für die erstmalige Geltendmachung des Schadens gegenüber dem Schädiger einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen (Senatsurteil BGHZ 127, 348, 351 f.). Einesolche Fallgestaltung hat das Berufungsgericht vorliegend angesichts des Schadensumfangs und der Schwierigkeiten seiner Berechnung rechtsfehlerfrei verneint. Teil der Schadensabwicklung ist auch die Entscheidung, den Schadensfall einem Versicherer zu melden. Ist es aus Sicht des Geschädigten erforderlich , anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, so gilt dies grundsätzlich auch für die Anmeldung des Versicherungsfalles bei dem eigenen Versicherer (vgl. zur Kaskoversicherung OLG Hamm, ZfS 1983, 12; OLG Karlsruhe, VRS 77, 6, 9; VersR 1991, 1297 und NZV 1990, 431; LG Kaiserslautern, DAR 1993, 196, 197; Böhm, DAR 1988, 213 f.; Notthoff, VersR 1995, 1399, 1401 f.; Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, BRAGO, 15. Aufl., Rdn. 33 zu § 118; Göttlich/Mümmler/Rehberg/Xanke, BRAGO, 20. Aufl., Stichwort: „Kaskoversicherung“ , Anm. 2, jeweils m.w.N.; Bamberger/Roth/Grüneberg, BGB, Rdn. 75 zu § 249; zur Sachversicherung bei Brandschäden LG Münster, VersR 2003, 98 f.). 2. Beauftragt der Geschädigte einen Rechtsanwalt mit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegenüber dem Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer, so ist der Umfang des Ersatzverlangens nur für die Abrechnung zwischen dem Geschädigten und seinem Anwalt maßgebend (Innenverhältnis ). Kostenerstattung aufgrund des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs kann der Geschädigte vom Schädiger dagegen grundsätzlich nur insoweit verlangen, als seine Forderung diesem gegenüber objektiv auch berechtigt ist. Denn Kosten, die dadurch entstehen, daß er einen Anwalt zur Durchsetzung eines unbegründeten Anspruchs beauftragt, können dem Schädiger nicht mehr als Folgen seines Verhaltens zugerechnet werden (vgl. Senatsurteil vom 1. Oktober 1968 - VI ZR 159/67 - aaO; BGH, Urteil vom 13. April 1970 - III ZR 75/69 - NJW 1970, 1122, 1123).
Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn der Geschädigte eine Ersatzforderung nicht gegen den Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer, sondern (zunächst) gegen den eigenen Versicherer geltend machen läßt und später den Ersatz der dadurch entstandenen Rechtsverfolgungskosten von dem Schädiger begehrt. Übersteigt die von dem Geschädigten bei seinem Versicherer angemeldete und nach den Versicherungsbedingungen begründete Forderung den Betrag, den der Schädiger zu ersetzen hat, ist zu prüfen, inwieweit die durch die Anmeldung entstandenen Anwaltskosten dem Schädiger als Folgen seines Verhaltens zugerechnet werden können. Im Vordergrund steht dabei das Interesse des Geschädigten an einer vollständigen Restitution (Senatsurteile vom 20. April 2004 - VI ZR 109/03 - VersR 2004, 876 und vom 6. Juli 2004 - VI ZR 266/03 - VersR 2004, 1180, 1181 m.w.N.; BGH, Urteil vom 25. Oktober 1996 - V ZR 158/95 - NJW 1997, 520). Deshalb müssen die nach § 249 Satz 2 BGB a.F. zur Verfügung zu stellenden Mittel so bemessen sein, daß sich die Vermögenslage des Geschädigten , sofern er nur wirtschaftlich vernünftig verfährt, nicht besser, aber auch nicht schlechter darstellt, als wenn der Schadensfall nicht eingetreten wäre. Der danach „erforderliche“ Herstellungsaufwand wird nicht nur durch Art und Ausmaß des Schadens sowie die örtlichen und zeitlichen Gegebenheiten für seine Beseitigung , sondern auch von den Erkenntnis- und Einflußmöglichkeiten des Geschädigten mitbestimmt. In diesem Sinne ist der Schaden nicht „normativ“ zu bestimmen, sondern subjektbezogen (Senatsurteile BGHZ 63, 182, 184 und vom 6. Juli 2004 - VI ZR 266/03 - aaO, jeweils m.w.N.). Deshalb darf der Geschädigte zur Schadensbeseitigung grundsätzlich den Weg einschlagen, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint (vgl. Senatsurteil vom 1. Oktober 1968 - VI ZR 159/67 - aaO; BGH, Urteil vom 13. April 1970 - III ZR 75/69 - aaO; jeweils m.w.N.). Die Grenze der Ersatzpflicht ist dort zu ziehen, wo die Aufwendungen des Geschädigten nicht mehr allein der Wie-
derherstellung der zerstörten Sache dienen, sondern eine Wertsteigerung bewirken , denn der Geschädigte, dem ein Zahlungsanspruch nach § 249 Satz 2 BGB a.F. zusteht, kann die Herstellungskosten insoweit nicht verlangen, als sie zu einem Wertzuwachs des Gebäudes, zu dessen erhöhter Lebensdauer oder zur Ersparung von Aufwendungen durch Hinausschieben künftiger Reparaturen führen (Senatsurteile BGHZ 30, 29, 34; 102, 322, 331; BGH, Urteile vom 28. Mai 1962 - III ZR 213/60 - VersR 1962, 765, 767). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts belaufen sich die gemäß § 249 Satz 2 BGB a.F. für die Wiederherstellung des Gebäudes erforderlichen Kosten (mit Ausnahme der Rechtsverfolgungskosten) unter Berücksichtigung des gebotenen Abzugs „neu für alt“ (vgl. Senatsurteil BGHZ 102, 321, 331) auf insgesamt 347.560,34 €. Soweit die Versicherungsleistung diesen Betrag übersteigt , führt sie bei der Klägerin zu einem Wertzuwachs, der von der Beklagten nicht auszugleichen ist. Bei den auf der Geltendmachung des Mehrbetrages beruhenden Rechtsanwaltskosten handelt es sich mithin nicht um Kosten, die zur Wiederherstellung des zerstörten Gebäudes erforderlich sind. Die höheren Anwaltskosten sind vielmehr durch die Wertsteigerung veranlaßt und deshalb ebenso wie andere Nebenkosten, soweit diese zu einem Wertzuwachs führen (vgl. Senatsurteil BGHZ 102, 322, 331), von der Beklagten nicht zu ersetzen. Der Umstand, daß die Einschaltung eines Rechtsanwalts aus der Sicht der Klägerin vorliegend insgesamt notwendig gewesen sein mag, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Zwar kann auch die Belastung mit einer Verbindlichkeit einen ersatzfähigen Schaden darstellen (vgl. BGHZ 59, 148, 150), doch ist der Erstattungsanspruch des Geschädigten hinsichtlich seiner Anwaltskosten grundsätzlich auf die Gebühren nach demjenigen Geschäftswert beschränkt, welcher der letztlich festgestellten oder unstreitig gewordenen Schadenshöhe entspricht (Senatsurteil vom 1. Oktober 1968 - VI ZR 159/67 - VersR 1968,
1145, 1147; BGHZ 39, 60, 72; 39, 73, 76 und BGH, Urteil vom 13. April 1970 - III ZR 75/69 - NJW 1970, 1122, 1123). 3. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Ersatz der Anwaltskosten, die ihr durch die Anmeldung eines pauschalen Mietausfallschadens bei ihrem eigenen Versicherer entstanden sind. Mietausfall kann der Geschädigte von dem Schädiger nach § 249 Satz 2 BGB a.F. nur dann erstattet verlangen, wenn ein solcher Schaden tatsächlich eingetreten ist. Das ist nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts vorliegend nicht der Fall. Mithin steht der Klägerin insoweit auch kein Anspruch auf Ersatz von Rechtsverfolgungskosten zu.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Pauge Stöhr Zoll
(1) Soweit sich die Gerichtsgebühren nach dem Wert richten, bestimmt sich der Gegenstandswert im gerichtlichen Verfahren nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. In Verfahren, in denen Kosten nach dem Gerichtskostengesetz oder dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen erhoben werden, sind die Wertvorschriften des jeweiligen Kostengesetzes entsprechend anzuwenden, wenn für das Verfahren keine Gerichtsgebühr oder eine Festgebühr bestimmt ist. Diese Wertvorschriften gelten auch entsprechend für die Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, wenn der Gegenstand der Tätigkeit auch Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könnte. § 22 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) In Beschwerdeverfahren, in denen Gerichtsgebühren unabhängig vom Ausgang des Verfahrens nicht erhoben werden oder sich nicht nach dem Wert richten, ist der Wert unter Berücksichtigung des Interesses des Beschwerdeführers nach Absatz 3 Satz 2 zu bestimmen, soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt. Der Gegenstandswert ist durch den Wert des zugrunde liegenden Verfahrens begrenzt. In Verfahren über eine Erinnerung oder eine Rüge wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs richtet sich der Wert nach den für Beschwerdeverfahren geltenden Vorschriften.
(3) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gelten in anderen Angelegenheiten für den Gegenstandswert die Bewertungsvorschriften des Gerichts- und Notarkostengesetzes und die §§ 37, 38, 42 bis 45 sowie 99 bis 102 des Gerichts- und Notarkostengesetzes entsprechend. Soweit sich der Gegenstandswert aus diesen Vorschriften nicht ergibt und auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen; in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nichtvermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandswert mit 5 000 Euro, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500 000 Euro anzunehmen.
(1) Ist das Bestehen oder die Dauer eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses streitig, ist der Betrag des auf die streitige Zeit entfallenden Entgelts und, wenn das einjährige Entgelt geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung maßgebend. Das Entgelt nach Satz 1 umfasst neben dem Nettogrundentgelt Nebenkosten dann, wenn diese als Pauschale vereinbart sind und nicht gesondert abgerechnet werden.
(2) Wird wegen Beendigung eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses die Räumung eines Grundstücks, Gebäudes oder Gebäudeteils verlangt, ist ohne Rücksicht darauf, ob über das Bestehen des Nutzungsverhältnisses Streit besteht, das für die Dauer eines Jahres zu zahlende Entgelt maßgebend, wenn sich nicht nach Absatz 1 ein geringerer Streitwert ergibt. Wird die Räumung oder Herausgabe auch aus einem anderen Rechtsgrund verlangt, ist der Wert der Nutzung eines Jahres maßgebend.
(3) Werden der Anspruch auf Räumung von Wohnraum und der Anspruch nach den §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Fortsetzung des Mietverhältnisses über diesen Wohnraum in demselben Prozess verhandelt, werden die Werte nicht zusammengerechnet.
(4) Bei Ansprüchen nach den §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist auch für die Rechtsmittelinstanz der für den ersten Rechtszug maßgebende Wert zugrunde zu legen, sofern nicht die Beschwer geringer ist.
(5) Bei Ansprüchen auf Erhöhung der Miete für Wohnraum ist der Jahresbetrag der zusätzlich geforderten Miete, bei Feststellung einer Minderung der Miete für Wohnraum der Jahresbetrag der Mietminderung, bei Ansprüchen des Mieters auf Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen der Jahresbetrag einer angemessenen Mietminderung und bei Ansprüchen des Vermieters auf Duldung einer Durchführung von Modernisierungs- oder Erhaltungsmaßnahmen der Jahresbetrag einer möglichen Mieterhöhung, in Ermangelung dessen einer sonst möglichen Mietminderung durch den Mieter maßgebend. Endet das Mietverhältnis vor Ablauf eines Jahres, ist ein entsprechend niedrigerer Betrag maßgebend.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin vermietete dem Beklagten mit Vertrag vom 22. März 2005 eine Wohnung in F. zu einem monatlichen Mietzins von 360 € zuzüglich abzurechnender Nebenkosten sowie 33,50 € für einen Tiefgaragenplatz. Der Beklagte erbrachte keinerlei Mietzahlungen und geriet mit neun Monatsmieten in Verzug. Die Klägerin beauftragte ihre späteren Prozessbevollmächtigten deshalb zunächst mit der außergerichtlichen Wahrnehmung ihrer Interessen. Diese erklärten mit Schreiben an den Beklagten vom 8. Dezember 2005 die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs. Für ihre außergerichtliche Tätigkeit stellten sie der Klägerin Gebühren in Höhe von insgesamt 876,73 € in Rechnung. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus 735,80 € für eine 1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 (jetzt: Nr. 2300) VV RVG, §§ 13, 14 RVG, der Gebühr gemäß 7002 VV RVG für Post- und Telekommunikationsleistungen (20 €) sowie der auf die vorstehenden Positionen entfallenden Mehrwertsteuer. Als Gegenstandswert für die 1,3 Geschäftsgebühr ist in der anwaltlichen Gebührenrechnung unter Hinweis auf §§ 13 RVG, 25 Abs. 1 KostO der dreifache Jahresbetrag der Nettomiete für die Wohnung nebst Garage zu Grunde gelegt (14.166 €).
- 2
- Das Amtsgericht hat den Beklagten zur Räumung der Wohnung und Zahlung des rückständigen Mietzinses sowie vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 250,15 € verurteilt und die Klage wegen des weitergehenden Zahlungsanspruchs abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung der Klägerin gegen die Teilabweisung der Klage zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Erstattung der restlichen vorgerichtlichen Anwaltskosten (626,58 €) weiter.
Entscheidungsgründe:
- 3
- Die Revision hat teilweise Erfolg. Insoweit ist über das Rechtsmittel antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden, da der Beklagte in der mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht anwaltlich vertreten war. Inhaltlich beruht das Urteil indessen auch insoweit nicht auf einer Säumnis des Beklagten, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. BGHZ 37, 79, 82 f.).
I.
- 4
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt :
- 5
- Der Klägerin stehe über den vom Amtsgericht zugesprochenen Betrag hinaus kein Anspruch auf Erstattung von Anwaltsgebühren zu. Der Gegenstandswert für die Kündigung sei gemäß § 23 Abs. 1 RVG, § 41 GKG nach dem Jahresbetrag der Nettomiete (4.722 €) zu bemessen. Die hierfür angefallene 1,3 Geschäftsgebühr könne nach § 2 RVG Anlage 1 Teil 3, Vorbemerkung 2 Abs. 4 nur mit einem Gebührensatz von 0,65 berücksichtigt werden, denn sie betreffe denselben Gegenstand wie der Räumungsrechtsstreit.
- 6
- Der gebührenrechtliche Begriff ziele auf das Recht oder das Rechtsverhältnis ab, auf das sich die anwaltliche Tätigkeit beziehe. Zwar handele es sich bei der auf die Beendigung des Mietvertrags abzielenden Kündigung als solcher nicht um ein Rechtsverhältnis, sondern um eine Willenserklärung. Die Frage nach der Identität des Gegenstands anwaltlicher Tätigkeit sei aber nicht formalistisch zu betrachten. Zwischen der anwaltlichen Tätigkeit im Zusammenhang mit der Kündigung und dem anschließend auf die Kündigung gestützten Räumungsrechtsstreit bestehe ein inhaltlicher Zusammenhang, der eine entspre- chende Anwendung der für die Gerichtsgebühren geltenden Vorschriften gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 RVG rechtfertige. Die Kündigungserklärung als Ergebnis der vorgerichtlichen Tätigkeit könne insoweit Gegenstand einer Klage sein, als über deren Wirksamkeit inzidenter in einer Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Mietverhältnisses oder in einem Räumungsprozess entschieden werde. Die dem Räumungsrechtsstreit vorangehende Kündigungserklärung unterliege als Vorbereitungshandlung den gleichen Wertvorschriften wie die Klage.
II.
- 7
- Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
- 8
- 1. Der Klägerin steht allerdings aus § 280 Abs. 1, 2, § 286 BGB dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch auf Erstattung der ihr entstandenen Kosten für die außergerichtliche Tätigkeit ihrer Prozessbevollmächtigten zu, denn der Beklagte befand sich mit Mietzahlungen für mehrere Monate in Verzug. Auf dieser Pflichtverletzung beruhte die Einschaltung der Rechtsanwälte zur außergerichtlichen Wahrnehmung der Interessen der Klägerin, insbesondere zwecks Erklärung der - gemäß § 543 Abs. 1, 2 Nr. 3 Buchst. a BGB berechtigten - fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses.
- 9
- 2. Der der Klägerin insoweit entstandene Schaden besteht in der anwaltlichen Vergütung, die sie ihren späteren Prozessbevollmächtigten für deren vorgerichtliche Tätigkeit im Hinblick auf die Kündigung des Mietverhältnisses schuldet.
- 10
- a) Für die außergerichtliche Vertretung in einer zivilrechtlichen Angelegenheit steht dem Rechtsanwalt nach Nr. 2400 VV RVG in Verbindung mit §§ 13, 14 RVG eine Geschäftsgebühr in Höhe von 0,5 bis 2,5 des Gebührensatzes zu, wobei die - auch hier in Rechnung gestellte - Regelgebühr 1,3 beträgt. Gemäß Anlage 1 Teil 3, Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG ist die Gebühr nach Nr. 2400 jedoch zur Hälfte, höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75, auf die wegen desselben Gegenstandes angefallene Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen. Die Frage, ob die vorgerichtliche anwaltliche Tätigkeit im Zusammenhang mit einer Kündigungserklärung und die anschließende Räumungsklage denselben Gegenstand betreffen, ist außerdem für die Bemessung des Gegenstandswertes von Bedeutung, denn gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 RVG richtet sich auch für eine außergerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts der Gegenstandswert nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften, wenn der Gegenstand dieser anwaltlichen Tätigkeit auch Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könnte. Diese Verweisung auf die für das gerichtliche Verfahren geltenden Wertvorschriften soll für den Fall einer erforderlichen Anrechnung vorgerichtlicher Gebühren sicherstellen , dass die Berechnung des Gegenstandswertes nach denselben Regeln erfolgt wie im gerichtlichen Verfahren (vgl. Mayer in Mayer/Kroiß, RVG, 2. Aufl., § 23 Rdnr. 13).
- 11
- b) Die Frage, ob die vorgerichtliche anwaltliche Tätigkeit im Zusammenhang mit einer Kündigungserklärung und die anschließende Räumungsklage denselben Gegenstand betreffen, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.
- 12
- aa) Nach einer verbreiteten Auffassung handelt es sich bei der außergerichtlichen Kündigung eines Mietverhältnisses und der darauf gestützten späteren Räumungsklage um zwei unterschiedliche Gegenstände anwaltlicher Tätigkeit (LG Karlsruhe, NJW 2006, 1526 f.; LG Mönchengladbach NJW 2006, 705; Mayer, aaO, Teil 3, Vorb. 3, Rdnr. 61; Onderka/N. Schneider in AnwK- RVG, 3. Aufl., VV Vorb. 3, Rdnr. 197; Jungjohann, MDR 2005, 904, 905; Peter, NZM 2006, 801; OLG Köln, MDR 2004, 178 [zu § 118 BRAGO]). Dies wird damit begründet, dass zwischen der Kündigung des Mietverhältnisses und dem Räumungsprozess kein innerer Zusammenhang bestehe (Onderka/N. Schneider , aaO). Bei der Kündigung handele es sich um eine Vorfrage der Räumung. Während die Kündigung auf die Beendigung des Mietverhältnisses abziele, setze der Räumungsanspruch die Beendigung gerade voraus (LG Mönchengladbach , aaO). Hierfür spreche auch, dass allenfalls die Feststellung, ob das Mietverhältnis noch bestehe, Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könne , nicht aber die Kündigung als solche (LG Karlsruhe, aaO, S. 1527).
- 13
- bb) Die auch vom Berufungsgericht vertretene Gegenmeinung stellt demgegenüber auf eine wertende Betrachtung ab (Madert in Gerold /Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 17. Aufl., VV 2300, Rdnr. 40; OLG Frankfurt/Main, AGS 2005, 390 [zu § 118 BRAGO]; vgl. auch Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl., § 23 RVG Rdnr. 8). Die Kündigung sei als anspruchsbegründende Voraussetzung für den Herausgabeanspruch Gegenstand des Räumungsprozesses. Die Aufspaltung der anwaltlichen Tätigkeit in zwei unterschiedliche Gegenstände sei willkürlich. Sie widerspreche dem gesetzgeberischen Ziel der Anrechnungsnorm (Anlage 1 Teil 3, Vorb. 3 Abs. 4 VV RVG), die verhindern solle, dass die gleiche Tätigkeit zweimal honoriert werde, wenn sie zunächst als außergerichtliche und erst später als gerichtliche betrieben werde, während sie nur einmal vergütet werde, wenn die Angelegenheit sofort zu Gericht gebracht werde (Madert, aaO).
- 14
- cc) Die zuletzt genannte Auffassung verdient den Vorzug.
- 15
- Der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit wird nach allgemeiner Auffassung durch das Recht oder das Rechtsverhältnis definiert, auf das sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts im Rahmen des ihm von seinem Mandanten erteil- ten Auftrags bezieht (Hartmann, aaO, § 2 RVG Rdnr. 4; Römermann in Hartung /Römermann/Schons, RVG, 2. Aufl., § 2 Rdnr. 10 f.; Madert, aaO, § 2 Rdnr. 3 f.; Fraunholz in Riedel/Sußbauer, RVG, 9. Aufl., § 2 Rdnr. 2 f.). Gegenstand einer vom Anwalt erklärten Kündigung ist dementsprechend das Mietverhältnis , auf dessen Beendigung die Kündigung zielt. Dies legt zwar nach dem Wortlaut eher die Annahme nahe, dass es sich um zwei unterschiedliche Gegenstände handele; das Begehren eines Vermieters, der einen Rechtsanwalt wegen aufgelaufener Mietrückstände mit der außergerichtlichen Wahrnehmung seiner Interessen, insbesondere der Beratung über eine Kündigung und mit deren Ausspruch beauftragt, ist aber bei lebensnaher Betrachtung darauf gerichtet , dass der Mieter die Wohnung räumt und sie dem Vermieter zurückgibt. Die Beendigung des Mietverhältnisses durch den Ausspruch einer Kündigung ist insoweit lediglich das Mittel zur Verwirklichung des von dem Mandanten des Rechtsanwalts verfolgten Rechtsschutzziels. Dies zeigt sich auch daran, dass der Mieter in einem anwaltlichen Kündigungsschreiben regelmäßig - wie auch hier - ausdrücklich zur Räumung der Wohnung aufgefordert wird. Überdies betrifft die vom Anwalt zu entfaltende Tätigkeit in beiden Fällen dieselben rechtlichen und tatsächlichen Punkte, so dass, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, ein enger inhaltlicher Zusammenhang besteht. Für den im Räumungsprozess vom Vermieter beauftragten Rechtsanwalt reduziert sich der mit der Prozessführung verbundene Aufwand in der Regel wesentlich, wenn er zuvor schon mit der außergerichtlichen Wahrnehmung der Interessen seines Mandanten beauftragt war und die Kündigung erklärt oder ausdrücklich den Räumungsanspruch im Auftrag seines Mandanten geltend gemacht hat. Die vom Rechtsanwaltsvergütungsgesetz vorgesehene (teilweise) Anrechnung der Gebühren für die denselben Gegenstand betreffende vorgerichtliche Tätigkeit beruht gerade auf der Erwägung, den in diesen Fällen typischerweise geringeren Aufwand des Rechtsanwalts bei der Höhe der insgesamt verdienten Gebühren zu berücksichtigen (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs, BTDrs. 15/1971, S. 209). Deshalb ist der wirtschaftlichen Betrachtungsweise, die Kündigung und Räumungsverlangen als einen Gegenstand anwaltlicher Tätigkeit wertet, hier der Vorzug einzuräumen.
- 16
- Die von der Revision vertretene "formale" Betrachtungsweise würde dazu führen, dass sich allein die Gebühren für die außergerichtliche Tätigkeit des Anwalts - die Beratung des Vermieters über das Kündigungsrecht und den Ausspruch der Kündigung - auf einen Betrag in der Größenordnung der gesamten Gebühren eines späteren Räumungsprozesses belaufen würden (vgl. dazu das Rechenbeispiel bei N. Schneider, NZM 2006, 252, 253). Darüber hinaus müsste dem Rechtsanwalt gegenüber seinem Auftraggeber für seine vorgerichtliche Tätigkeit konsequenterweise noch eine weitere Vergütung zugebillligt werden, soweit er den Mieter - wie auch hier - vor Erhebung der Räumungsklage zur Räumung aufgefordert hat. Denn neben den Gebühren für die Kündigung fielen bei einer formalen Betrachtungsweise zusätzlich außergerichtliche Gebühren für die Tätigkeit im Rahmen des gesonderten Gegenstands "Räumung" an (die allerdings teilweise auf die Verfahrensgebühr des Räumungsrechtsstreites anzurechnen wären). Die "formale" Betrachtungsweise wird daher dem gesetzgeberischen Anliegen, die Gebühren des Rechtsanwalts - wenn auch in generalisierender Weise - an dem Aufwand der anwaltlichen Tätigkeit auszurichten, im Ergebnis nicht gerecht.
- 17
- c) Dem Berufungsgericht ist auch darin beizupflichten, dass sich der Gegenstandswert der außergerichtlichen Tätigkeit im Zusammenhang mit der Kündigung nicht nach § 25 KostO, sondern nach §§ 23 RVG, 41 Abs. 2 GKG richtet. Bei der gebotenen wertenden Betrachtung ist - wie dargelegt - auch im außergerichtlichen Verfahren das Räumungsverlangen des Vermieters Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit. Die zu einem verhältnismäßig niedrigen Ge- genstandswert führende Regelung des § 41 GKG beruht auf sozialen Erwägungen des Gesetzgebers; insbesondere Wohnraummietstreitigkeiten sollen für die Beteiligten "bezahlbar" bleiben (vgl. Hartmann, aaO, § 41 Rdnr. 2). Auch diese Zielsetzung spricht gegen die von der Revision bevorzugte Berechnung der Geschäftsgebühr nach dem sich aus § 25 KostO ergebenden weitaus höheren Gegenstandswert.
- 18
- Das Berufungsgericht hat deshalb der Berechnung der Anwaltsgebühren zutreffend den einjährigen Bezug der Nettomiete (12 x 393,50 € = 4.722 €) zugrunde gelegt, so dass sich bei einer 1,3 Gebühr unter Berücksichtigung der Auslagenpauschale und der Mehrwertsteuer für die außergerichtliche Tätigkeit ein Betrag von 477,11 € ergibt. Der von der Klägerin erhobene Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 876,73 € besteht somit in Höhe von 399,62 € nicht, so dass die Rechtsmittel der Klägerin gegen die Klagabweisung in diesem Umfang unbegründet sind.
- 19
- d) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht aber angenommen, dass die in Anlage 1, Teil 2, Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG angeordnete Anrechnung der Geschäftsgebühr eine entsprechende Reduzierung dieser Gebühr bewirke und der Klägerin deshalb nur der vom Amtsgericht zuerkannte Anspruch auf Erstattung eines Teils der Geschäftsgebühr in Höhe von 250,15 € zustehe. Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmung erfolgt die Anrechnung auf die Verfahrensgebühr des nachfolgenden gerichtlichen Verfahrens, so dass sich die letztgenannte Gebühr, nicht dagegen die Geschäftsgebühr, im Umfang der Anrechnung reduziert (BGH, Urteil vom 7. März 2007 - VIII ZR 86/06, zur Veröffentlichung bestimmt, unter II a). Diese Anrechnung ist, wie die Revision zutreffend geltend macht, erst im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens zu berücksichtigen.
III.
- 20
- Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben, soweit der Anspruch der Klägerin auf Erstattung der vollen Geschäftsgebühr erfolglos geblieben ist. Insoweit ist der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif, da es keiner weiteren Feststellungen bedarf (§ 563 Abs. 3 ZPO). Der Beklagte ist unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zur Zahlung weiterer 226,96 € zu verurteilen. Die weitergehende Revision ist zurückzuweisen (§ 561 ZPO). Ball Dr. Wolst Hermanns Dr. Milger Dr. Koch
AG Freising, Entscheidung vom 06.02.2006 - 22 C 1498/05 -
LG Landshut, Entscheidung vom 17.05.2006 - 12 S 476/06 -
(1) Wenn sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, beträgt bei einem Gegenstandswert bis 500 Euro die Gebühr 49 Euro. Die Gebühr erhöht sich bei einem
Gegen- standswert bis ... Euro | für jeden angefangenen Betrag von weiteren ... Euro | um ... Euro |
---|---|---|
2 000 | 500 | 39 |
10 000 | 1 000 | 56 |
25 000 | 3 000 | 52 |
50 000 | 5 000 | 81 |
200 000 | 15 000 | 94 |
500 000 | 30 000 | 132 |
über 500 000 | 50 000 | 165 |
Eine Gebührentabelle für Gegenstandswerte bis 500 000 Euro ist diesem Gesetz als Anlage 2 beigefügt.
(2) Bei der Geschäftsgebühr für eine außergerichtliche Inkassodienstleistung, die eine unbestrittene Forderung betrifft (Absatz 2 der Anmerkung zu Nummer 2300 des Vergütungsverzeichnisses), beträgt bei einem Gegenstandswert bis 50 Euro die Gebühr abweichend von Absatz 1 Satz 1 30 Euro.
(3) Der Mindestbetrag einer Gebühr ist 15 Euro.
(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.
(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.
(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.
(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.
(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.
(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.