Landgericht Freiburg Beschluss, 16. Mai 2012 - 4 T 93/12
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Verfahrenspflegerin wird unter Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichts Emmendingen vom 29.03.2012 – XVII 358/05 - die Unterbringung der Betroffenen in einer geschlossenen Einrichtung bis zum 06.07.2012 betreuungsgerichtlich genehmigt.
2. Von der Erhebung von Kosten wird abgesehen.
3. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
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(1) Das Recht der Beschwerde steht der zuständigen Behörde gegen Entscheidungen über
- 1.
die Bestellung eines Betreuers oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts, - 2.
Umfang, Inhalt oder Bestand einer in Nummer 1 genannten Maßnahme
(2) Das Recht der Beschwerde gegen eine von Amts wegen ergangene Entscheidung steht im Interesse des Betroffenen
- 1.
dessen Ehegatten oder Lebenspartner, wenn die Ehegatten oder Lebenspartner nicht dauernd getrennt leben, sowie den Eltern, Großeltern, Pflegeeltern, Abkömmlingen und Geschwistern des Betroffenen sowie - 2.
einer Person seines Vertrauens
(3) Das Recht der Beschwerde steht dem Verfahrenspfleger zu.
(4) Der Betreuer oder der Vorsorgebevollmächtigte kann gegen eine Entscheidung, die seinen Aufgabenkreis betrifft, auch im Namen des Betroffenen Beschwerde einlegen. Führen mehrere Betreuer oder Vorsorgebevollmächtigte ihr Amt gemeinschaftlich, kann jeder von ihnen für den Betroffenen selbständig Beschwerde einlegen.
(1) Hält das Gericht, dessen Beschluss angefochten wird, die Beschwerde für begründet, hat es ihr abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt, wenn die Beschwerde sich gegen eine Endentscheidung in einer Familiensache richtet.
(2) Das Beschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(3) Das Beschwerdeverfahren bestimmt sich im Übrigen nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Das Beschwerdegericht kann von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder einzelner Verfahrenshandlungen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.
(4) Das Beschwerdegericht kann die Beschwerde durch Beschluss einem seiner Mitglieder zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen; § 526 der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe entsprechend, dass eine Übertragung auf einen Richter auf Probe ausgeschlossen ist. Zudem kann das Beschwerdegericht die persönliche Anhörung des Kindes durch Beschluss einem seiner Mitglieder als beauftragtem Richter übertragen, wenn es dies aus Gründen des Kindeswohls für sachgerecht hält oder das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun. Gleiches gilt für die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks von dem Kind.
(5) Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 finden keine Anwendung, wenn die Beschwerde ein Hauptsacheverfahren betrifft, in dem eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:
- 1.
die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs, - 2.
der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder - 3.
eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 oder § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
(1) Die Aufnahme des Zeugenbeweises darf einem Mitglied des Prozessgerichts oder einem anderen Gericht nur übertragen werden, wenn von vornherein anzunehmen ist, dass das Prozessgericht das Beweisergebnis auch ohne unmittelbaren Eindruck von dem Verlauf der Beweisaufnahme sachgemäß zu würdigen vermag, und
- 1.
wenn zur Ausmittlung der Wahrheit die Vernehmung des Zeugen an Ort und Stelle dienlich erscheint oder nach gesetzlicher Vorschrift der Zeuge nicht an der Gerichtsstelle, sondern an einem anderen Ort zu vernehmen ist; - 2.
wenn der Zeuge verhindert ist, vor dem Prozessgericht zu erscheinen und eine Zeugenvernehmung nach § 128a Abs. 2 nicht stattfindet; - 3.
wenn dem Zeugen das Erscheinen vor dem Prozessgericht wegen großer Entfernung unter Berücksichtigung der Bedeutung seiner Aussage nicht zugemutet werden kann und eine Zeugenvernehmung nach § 128a Abs. 2 nicht stattfindet.
(1a) Einem Mitglied des Prozessgerichts darf die Aufnahme des Zeugenbeweises auch dann übertragen werden, wenn dies zur Vereinfachung der Verhandlung vor dem Prozessgericht zweckmäßig erscheint und wenn von vornherein anzunehmen ist, dass das Prozessgericht das Beweisergebnis auch ohne unmittelbaren Eindruck von dem Verlauf der Beweisaufnahme sachgemäß zu würdigen vermag.
(2) Der Bundespräsident ist in seiner Wohnung zu vernehmen.
Tenor
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1. § 8 Absatz 2 Satz 2 des baden-württembergischen Gesetzes über die Unterbringung psychisch Kranker (Unterbringungsgesetz - UBG) vom 2. Dezember 1991 (Gesetzblatt für Baden-WürttembergSeite 794) ist mit Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 in Verbindung mit Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig.
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2. Die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 8. Februar 2011 - 2 Ws 161/10 - und des Landgerichts Heidelberg vom 3. Mai 2010 - 7 StVK 139/09 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes. Sie werden aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht Heidelberg zurückverwiesen.
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3. ...
Gründe
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A.
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I.
- 1
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1. Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Zwangsbehandlung eines im Maßregelvollzug Untergebrachten auf der Grundlage des baden-württembergischen Gesetzes über die Unterbringung psychisch Kranker (Unterbringungsgesetz - UBG BW) vom 2. Dezember 1991 (GBl S. 794, zuletzt geändert durch Art. 9 des Vierten Gesetzes zur Bereinigung des baden-württembergischen Landesrechts vom 4. Mai 2009, GBl S. 195, 199). Die einschlägigen Bestimmungen dieses Gesetzes lauten:
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§ 8
- 3
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Heilbehandlung
- 4
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(1) Wer auf Grund dieses Gesetzes in einer anerkannten Einrichtung untergebracht ist, hat Anspruch auf notwendige Heilbehandlung. Die Heilbehandlung umfaßt auch Maßnahmen, die erforderlich sind, um dem Untergebrachten nach seiner Entlassung ein eigenverantwortliches Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen.
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(2) Der Untergebrachte ist über die beabsichtigte Untersuchung oder Behandlung angemessen aufzuklären. Er hat diejenigen Untersuchungs- und Behandlungsmaßnahmen zu dulden, die nach den Regeln der ärztlichen Kunst erforderlich sind, um die Krankheit zu untersuchen und zu behandeln, soweit die Untersuchung oder Behandlung nicht unter Absatz 3 fällt.
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(3) Erfordert die Untersuchung oder Behandlung einen operativen Eingriff oder ist sie mit einer erheblichen Gefahr für Leben oder Gesundheit verbunden, darf sie nur mit der Einwilligung des Untergebrachten vorgenommen werden.
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(4) Ist der Untergebrachte in den Fällen des Absatzes 3 nicht fähig, Grund, Bedeutung oder Tragweite der Untersuchung oder Behandlung einzusehen oder seinen Willen nach dieser Einsicht zu bestimmen, so ist die Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters maßgeblich. Besitzt der Untergebrachte die in Satz 1 genannten Fähigkeiten, ist er aber geschäftsunfähig oder beschränkt geschäftsfähig, so ist neben der Einwilligung des Untergebrachten die des gesetzlichen Vertreters erforderlich.
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§ 12
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Unmittelbarer Zwang
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(1) Bedienstete der anerkannten Einrichtungen dürfen gegen Untergebrachte unmittelbaren Zwang nur dann anwenden, wenn der Untergebrachte zur Duldung der Maßnahme verpflichtet ist. Unmittelbarer Zwang zur Untersuchung und Behandlung ist nur auf ärztliche Anordnung zulässig.
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(2) Unmittelbarer Zwang ist vorher anzukündigen. Die Ankündigung darf nur dann unterbleiben, wenn die Umstände sie nicht zulassen.
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§ 15
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Maßregelvollzug
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(1) Für den Vollzug der durch rechtskräftige strafgerichtliche Entscheidung angeordneten Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt gelten die §§ 7 bis 10 und 12 entsprechend.
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(...)
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2. Der Beschwerdeführer ist seit dem Jahr 2005, unterbrochen nur durch vorübergehende Verlegung, im Maßregelvollzug im Psychiatrischen Zentrum Nordbaden (PZN), Wiesloch, untergebracht. Nach dem Strafurteil, das der Unterbringung zugrundeliegt, leidet er an einer multiplen Störung der Sexualpräferenz und einer kombinierten Persönlichkeitsstörung. Im Juni 2009 kündigte die Maßregelvollzugsklinik dem Beschwerdeführer an, dass er mit dem Neuroleptikum Abilify behandelt werden und diese Behandlung erforderlichenfalls auch gegen seinen Willen - durch Injektion unter Fesselung - durchgeführt werden solle.
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Hiergegen beantragte der Beschwerdeführer den Erlass einer einstweiligen Anordnung sowie die gerichtliche Entscheidung gemäß § 109 StVollzG. Eine zwangsweise Medikamentengabe, insbesondere die Verabreichung von Neuroleptika, sei seit Beginn seiner Unterbringung niemals angeordnet oder für erforderlich gehalten worden und auch derzeit nicht erforderlich. Zur Begründung der Maßnahme habe man ihm erklärt, dass die Anordnung unter anderem deswegen erfolgt sei, weil er stets seine Interessen auf juristischem Wege verfolge und man ihn nunmehr zur Einsicht zwingen werde. Die zwangsweise Verabreichung von Neuroleptika sei für ihn jedoch wegen einer Herzerkrankung (Mitralklappenprolapssyndrom, bereits erlittener Herzinfarkt, Herzrhythmusstörungen) mit erheblicher Gefahr für Leben und Gesundheit verbunden. Nach § 15 Abs. 1, § 8 Abs. 3 UBG BW sei sie daher ohne seine Einwilligung nicht zulässig. Die geplante Verabreichung gegen seinen ausdrücklichen Willen verstoße darüber hinaus gegen sein allgemeines Persönlichkeits- und Selbstbestimmungsrecht. Sie sei zudem medizinisch nicht indiziert; auch insoweit sei eine unabhängige sachverständige Begutachtung erforderlich. Zur Behandlung von Persönlichkeitsstörungen sei die Verabreichung von Neuroleptika nicht zwingend erforderlich. Das medizinische Risiko stehe angesichts der massiven Nebenwirkungen außer Verhältnis zum beabsichtigten Behandlungserfolg.
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3. Nachdem die Strafvollstreckungskammer der Maßregelvollzugsklinik zunächst im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig die Verabreichung von Abilify oder anderen Neuroleptika untersagt und zur Frage der Behandlungsrisiken aus kardiologischer und internistischer Sicht ein Sachverständigengutachten eingeholt hatte, wies sie mit angegriffenem Beschluss vom 3. Mai 2010 den Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unbegründet zurück.
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Nach dem eingeholten Gutachten und der Stellungnahme der Klinik hierzu könnten aus kardiologischer und internistischer Sicht gesundheitliche Risiken, die den Nutzen der Medikation überstiegen, ausgeschlossen werden. Aus dem Sachverständigengutachten ergebe sich ausdrücklich, dass aus kardiologischer Sicht Kontraindikationen für die Anwendung eines Neuroleptikums nicht bestünden. Dem Gutachten zufolge habe die Untersuchung des Beschwerdeführers keinen wesentlichen Mitralklappenprolaps nachweisen können; es zeige sich allenfalls eine minimale Mitralklappeninsuffizienz, die einer Behandlung mit Neuroleptika nicht entgegenstehe. Nach diesem überzeugenden Gutachten, dem die Klinik sich angeschlossen habe und das die Kammer sich zu eigen mache, könne der Antrag des Beschwerdeführers keinen Erfolg haben. Die Behandlung solle jedoch mit den vom Sachverständigen beschriebenen Vorsichtsmaßnahmenerfolgen. Dem weiteren Antrag auf Einholung eines Gutachtens zur Notwendigkeit der Behandlung mit Neuroleptika sei nicht nachzukommen gewesen. Die Klinik habe die Notwendigkeit einer solchen Behandlung im bisherigen Verfahren bereits dezidiert und überzeugend damit begründet, dass wegen des Misstrauens und der Feindseligkeit, die der Beschwerdeführer seinen Behandlern entgegenbringe und die auf sei- ne Persönlichkeitsstörung zurückzuführen seien, allein mit einer psychotherapeutischen Behandlung, wie der Behandlungsverlauf der letzten vier Jahre eindeutig belege, keine Fortschritte erzielt werden könnten. Die zusätzliche Behandlung mit Neuroleptika sei nach den Ausführungen der Klinik erforderlich, um die paranoiden Anteile der Persönlichkeitsstörung zurückzudrängen und das Misstrauen des Beschwerdeführers zu verringern, da sonst mit einer unabsehbar langen Verweildauer in der Unterbringung zu rechnen sei. Dem schließe die Kammer sich an.
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4. Der Beschwerdeführer erhob Rechtsbeschwerde (§ 116 StVollzG). Die Ausführungen des Sachverständigen hätten zu einer anderen als der getroffenen Beurteilung führen müssen. Die Auflistung der erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen im Sachverständigengutachten wecke nicht nur Ängste, sondern werfe auch die Frage der Verhältnismäßigkeit auf. Das mit der Medikation verfolgte Ziel sei nicht klar definiert, nach derzeitigem Kenntnisstand solle eher "herumexperimentiert" werden. Der Sachverständige verweise zudem auf eine weitere Einschränkung, nämlich auf die zwingende Notwendigkeit einer strengen psychiatrischen Indikationsstellung. Daran fehle es. Allein Psychosen seien mit Neuroleptika zu behandeln. Beim Beschwerdeführer seien bislang nur Persönlichkeitsstörungen, von keinem einzigen Gutachter dagegen eine Psychose diagnostiziert worden. Die Klinik nenne allein den Grund, dass der Beschwerdeführer endlich eine vermeintliche Pädophilie einräumen solle, die er bislang abstreite. Mit der Verabreichung von Neuroleptika könne dieses Ziel aber nicht erreicht werden. Aus medizinischer Sicht spreche im Gegenteil einiges dafür, dass aufgrund der inneren Abwehrhaltung des Beschwerdeführers das Neuroleptikum den gewünschten Zielerfolg gerade nicht erreichen werde, denn Neuroleptika seien nicht zur Beseitigung einer inneren Abwehrhaltung, sondern allein zur Beseitigung von Psychosen geeignet. Demgemäß habe der Beschwerdeführer im Verfahren vor der Strafvollstreckungskammer die Einschaltung eines unabhängigen psychiatrischen Gutachters zur Klärung der psychiatrischen Indikation beantragt.
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5. Das Oberlandesgericht verwarf mit angegriffenem Beschluss vom 8. Februar 2011 die Rechtsbeschwerde als unzulässig. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 116 Abs. 1 StVollzG lägen nicht vor.
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Es sei nicht geboten, die Nachprüfung der gerichtlichen Entscheidung zur Fortbildung des Rechts zu ermöglichen. Der vorliegende Einzelfall gebe keinen Anlass zur Aufstellung von Leitsätzen für die Auslegung gesetzlicher Vorschriften oder zur Ausfüllung von Gesetzeslücken. Rechtsgrundlage der Zwangsbehandlung sei § 138 Abs. 1 StVollzG in Verbindung mit den landesrechtlichen Unterbringungsgesetzen. Eine Behandlung gegen den Willen des Untergebrachten sei daher zulässig, wenn sie auf der Grundlage und unter Berücksichtigung der Voraussetzungen einer landesrechtlichen Vorschrift erfolge und der Bekämpfung der Anlasserkrankung diene. In diesen Fällen stelle die erzwungene Behandlung - die Wahrung der Verhältnismäßigkeitvorausgesetzt - auch keinen unzulässigen Eingriff in das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG dar. Maßnahmen, die nach den Regeln der ärztlichen Kunst erforderlich seien, um die Krankheit zu untersuchen und zu behandeln, hätten Maßregelvollzugspatienten gemäß § 15 Abs. 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 2 Satz 2 UBG BW zu dulden. Eingriffe und Behandlungen, die mit erheblichen Gefahren für Leben oder Gesundheit verbunden seien, bedürften nach § 8 Abs. 3 UBG BW allerdings der Einwilligung des Untergebrachten. Eine zwangsweise Gabe von Psychopharmaka zur Behandlung der Anlasskrankheit sei danach zulässig, wenn sie nach den Regeln der ärztlichen Kunst indiziert und erforderlich sei und keine erheblichen Gesundheitsgefahren damit verbunden seien. Die behandelnden Ärzte verfügten in Bezug auf Diagnose und Indikation über einen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Entscheidungsspielraum. Da der vorliegende Fall hinsichtlich dieser gesetzlichen Vorgaben keine besonderen rechtlichen Probleme aufgeworfen habe, sei eine Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts nicht gefordert.
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Die Nachprüfung des angegriffenen Beschlusses sei auch nicht zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsordnung geboten, weil die angefochtene Entscheidung rechtsfehlerfrei ergangen sei. Die - gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare - medizinische Indikation habe die Strafvollstreckungskammer auf die nachvollziehbare Stellungnahme der Klinik gestützt, die im besonderen Fall des Beschwerdeführers eine Behandlung der Persönlichkeitsstörung auch mit Neuroleptika für angezeigt halte. Es sei nicht ersichtlich, dass die Regeln der ärztlichen Kunst dabei außer Acht gelassen worden seien. Hinsichtlich der weiteren und für den Beschwerdeführer ersichtlich bedeutsamen Frage, ob die Gabe von Neuroleptika wegen einer kardialen Vorerkrankung mit erheblichen Gefahren für Leben oder Gesundheit im Sinne des § 8 Abs. 3 UBG BW verbunden sei, habe die Strafvollstreckungskammer ein externes kardiologisches Gutachten eingeholt und das Vorliegen dieser Gefahren auf der Grundlage des Gutachtens nachvollziehbar verneint.
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II.
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1. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt der - hier nicht mehr anwaltlich vertretene - Beschwerdeführer, die angegriffenen Beschlüsse verletzten ihn in seinem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit. Die zwangsweise Verabreichung von Medikamenten gegen den ausdrücklichen Willen des Betroffenen sei nicht zulässig. Eine mit einer erheblichen Gefahr für Leib und Leben verbundene Behandlung bedürfe nach § 15 Abs. 1 und § 8 Abs. 3 UBG BW der Einwilligung des Betroffenen. Sein Herzklappenfehler und die Unverträglichkeiten, an denen er leide, würden einfach ignoriert. Die Klinik wolle nur seine Einsicht wecken und unterstelle eine Denkblockade. Man dürfe ihm nicht zwangsweise Medikamente verabreichen, wenn keine Psychose vorliege, erst recht nicht, wenn es nie zu Bedrohungen oder Übergriffen gekommen sei, und schon gar nicht wegen einer bloßen - angeblichen - Denkblockade. Neuroleptika seien nur zur Behandlung von Psychosen entwickelt worden. Das Land Baden-Württemberg nehme damit, dass es hier möglich sein solle, jemanden auch dann zwangszumedizieren, wenn, wie in seinem Fall, keine Psychose, sondern nur eine Persönlichkeitsstörung vorliege, eine Sonderrolle ein. Eine scharfe psychiatrische Indikation sei nicht gestellt. Er leide massivst unter den Nebenwirkungen der Medikation; diese verursache ihm Kopfschmerzen, Müdigkeit, Übelkeit, Erbrechen, unangenehmes Gefühl im Magen, Benommenheit, Schläfrigkeit, verschwommenes Sehen und Blickfeldeinengung. Mit diesen Nebenwirkungen könne er sich auch nicht wie im Normalzustand konzentrieren. Im Übrigen verweist der Beschwerdeführer auf seine Schriftsätze aus dem fachgerichtlichen Verfahren.
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2. Auf Antrag des Beschwerdeführers hat die 3. Kammer des Zweiten Senats durch Beschluss vom 21. April 2011 (- 2 BvR 633/11 -, EuGRZ 2011, S. 339 f.) dem Psychiatrischen Zentrum Nordbaden, Wiesloch, sowie dem Klinikum am Weissenhof, Weinsberg, in das der Beschwerdeführer zwischenzeitlich vorübergehend verlegt worden war, im Wege der einstweiligen Anordnung (§ 32 BVerfGG) bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde, längstens für die Dauer von sechs Monaten, untersagt, die angedrohte Zwangsbehandlung des Beschwerdeführers mit dem Neuroleptikum Abilify zu vollziehen.
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III.
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1. Neben dem gemäß § 94 Abs. 2 BVerfGG anzuhörenden baden-württembergischen Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren erhielten gemäß § 94 Abs. 4 in Verbindung mit § 77 Nr. 1, § 76 Abs. 1 Nr. 1 BVerfGG der Deutsche Bundestag, der Bundesrat, die Bundesregierung, der Landtag und die Landesregierung von Baden-Württemberg, jeweils unter Hinweis auf den zu Fragen der Zwangsbehandlung im Maßregelvollzug ergangenen Beschluss des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 23. März 2011 - 2 BvR 882/09 -, Gelegenheit zur Äußerung.
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Das baden-württembergische Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren hat wie folgt Stellung genommen: Gemäß § 15 Abs. 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 3 UBG BW bedürfe eine Untersuchung oder Behandlung nur dann der Einwilligung des Untergebrachten, wenn sie einen operativen Eingriff erfordere oder mit einer erheblichen Gefahr für Leben oder Gesundheit verbunden sei. Beides sei bei der vorliegenden Art der Medikation nicht der Fall. Eine Einwilligung des Beschwerdeführers sei daher nicht erforderlich gewesen. Die von ihm befürchteten lebensgefährlichen Nebenwirkungen hätten nach dem eingeholten Gutachten ausgeschlossen werden können. Im Übrigen handele es sich bei Neuroleptika um eine der weltweit am häufigsten verordneten Medikamentengruppen, bei denen der Nutzen bei weitem etwaige seltene ernstere Risiken überwiege. Die von der Maßregelvollzugsklinik beabsichtigte Medikation habe den Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 2 Satz 2 UBG BW entsprochen, da mit ihr die Krankheit des Beschwerdeführers habe behandelt werden sollen. Im Unterschied zu dem Fall, der der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 23. März 2011 zugrundegelegen habe - dort sei eine für die Anlasstat ursächliche paranoide Psychose behandelt worden -, leide der Beschwerdeführer unter einer kombinierten Persönlichkeitsstörung. Bei einer Persönlichkeitsstörung könne die Behandlung mit Neuroleptika erforderlich sein, um die paranoiden Anteile der Störung zurückzudrängen und das Misstrauen des Patienten gegenüber seinen Behandlern zu verringern. Dies könne dazu beitragen, dem betroffenen Patienten eine konkrete Entlassungsperspektive zu eröffnen. Diesen Zweck verfolge die beabsichtigte Behandlung. Eine zwangsweise Verabreichung der Medikamente sei insbesondere dann angezeigt, wenn der Patient ohne die Medikation krankheitsbedingt nicht einsichtsfähig sei und der Eingriff darauf abziele, die tatsächlichen Voraussetzungen freier Selbstbestimmung des Untergebrachten wiederherzustellen.Vorliegend sei ohne die Medikation mit einer unabsehbar langen Verweildauer des Beschwerdeführers im Maßregelvollzug zu rechnen. Dem solle mit der Zwangsmedikation entgegengewirkt werden. Die Forensischen Kliniken in Baden-Württemberg seien sich stets bewusst, dass Zwangsbehandlungen gravierende Eingriffe in die grundgesetzlich geschützten Rechte der untergebrachten Patienten darstellten. Daher sollten diese, sofern überhaupt für notwendig erachtet, mit großer Umsicht durchgeführt werden. Stets werde der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet. Die Zwangsmedikation erfolge nur dann, wenn weniger einschneidende Maßnahmen - wie beispielsweise eine Psychotherapie - zu keinen oder nur zu geringen Fortschritten bei der Behandlung der Krankheit führten und die medikamentöse Behandlung damit ein geeignetes und im Hinblick auf den Erfolg das mildeste Mittel sei. Aus diesem Grund habe sich auch das Psychiatrische Zentrum Nordbaden entschlossen, dem Beschwerdeführer die Medikamente zu verabreichen. Im Übrigen sei Voraussetzung jeder Zwangsmedikation deren ärztliche Verordnung und Überwachung.
- 28
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Die weiteren Äußerungsberechtigten haben keine Stellungnahme abgegeben.
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-
2. Dem Senat haben die Akten des fachgerichtlichen Verfahrens vorgelegen.
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B.
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I.
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Die Verfassungsbeschwerde ist im Wesentlichen zulässig.
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1. Unzulässig sind allerdings die Rügen, mit denen der Beschwerdeführer geltend macht, die Bedeutung einer bei ihm vorliegenden Herzerkrankung und damit zusammenhängender Unverträglichkeiten für die Zulässigkeit der angefochtenen Zwangsmedikation mit Neuroleptika sei von den Gerichten unter Verstoß gegen grundrechtliche Anforderungen unzutreffend gewürdigt worden. Insoweit ist die Verfassungsbeschwerde nicht ausreichend begründet, weil der Beschwerdeführer das im Verfahren vor der Strafvollstreckungskammer eingeholte Sachverständigengutachten, auf dessen Grundlage die Gerichte entschieden haben und ohne dessen Kenntnis die Berechtigung seiner diesbezüglichen Rügen sich nicht beurteilen lässt, weder vorgelegt noch im Einzelnen wiedergegeben hat (vgl. BVerfGE 112, 304 <314 f.>; BVerfGK 5, 170 <171>).
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2. Die Unzulässigkeit der den Umgang mit der behaupteten Vorerkrankung betreffenden Rügen berührt nicht die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde im Übrigen. Der Beschwerdeführer sieht sich auch dadurch in Grundrechten verletzt, dass die angegriffenen Beschlüsse die von ihm beanstandete neuroleptische Zwangsmedikation als rechtmäßig bestätigt haben, obwohl sie in seinem - durch das Vorliegen einer bloßen Persönlichkeitsstörung, keiner Psychose, gekennzeichneten - Fall medizinisch nicht angezeigt, zur Erreichung des angestrebten Behandlungserfolgs daher nicht geeignet und auch im Übrigen, ganz unabhängig von den bei ihm bestehenden besonderen gesundheitlichen Risiken, unverhältnismäßig sei, und obwohl die insoweit erforderliche Sachverhaltsaufklärung durch Einholung eines unabhängigen Gutachtens nicht stattgefunden habe.
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3. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht insoweit auch nicht der Grundsatz der materiellen Subsidiarität (vgl. BVerfGE 107, 395 <414>; 112, 50 <60>) im Hinblick darauf entgegen, dass der Beschwerdeführer im fachgerichtlichen Verfahren nicht ausdrücklich auch die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Grundlagen seiner Zwangsbehandlung in Frage gestellt hat. Es kann offen bleiben, ob und gegebenenfalls inwieweit bereits sein Vorbringen vor den Fachgerichten, da objektiv auch die gesetzlichen Grundlagen einer Zwangsbehandlung nach dem baden-württembergischen Unterbringungsgesetz betreffend, als sinngemäß auch gegen diese gerichtet auszulegen war. Auch wenn davon auszugehen wäre, dass der Beschwerdeführer sich im fachgerichtlichen Verfahren darauf beschränkt hat, auf eine seine Grundrechte nicht verletzende Anwendung der ihn betreffenden Gesetzesbestimmungen hinzuwirken, wäre ihm dies nicht als unzureichende Wahrung des Subsidiaritätsgrundsatzes entgegenzuhalten (vgl. BVerfGE 112, 50 <60 ff., 63>). Insbesondere handelt es sich bei den Fragen, die der vorliegende Fall hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der angewendeten gesetzlichen Vorschriften aufwirft, nicht um solche, zu deren Prüfung die Gerichte nur auf der Grundlage - hinreichend substantiierten - klägerischen Vorbringens angehalten sind (vgl. BVerfGE 112, 50 <62>; Beispiel etwa BVerfGE 115, 118 <135 f.>).
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II.
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Die Verfassungsbeschwerde ist, soweit zulässig, begründet. Die angegriffenen Beschlüsse verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG.
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1. Die medizinische Zwangsbehandlung eines Untergebrachten greift in dessen Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ein, das die körperliche Integrität des Grundrechtsträgersund damit auch das diesbezügliche Selbstbestimmungsrecht schützt (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 23. März 2011 - 2 BvR 882/09 -, EuGRZ 2011, S. 321 <326>). Entsprechendes gilt für die angegriffenen Entscheidungen, die die Zwangsbehandlung des Beschwerdeführers als rechtmäßig bestätigen.
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Die Eingriffsqualität entfällt nicht bereits dann, wenn der Betroffene der abgelehnten Behandlung keinen physischen Widerstand entgegensetzt (vgl. BVerfG, a.a.O., S. 326). Eine Zwangsbehandlung im Sinne einer medizinischen Behandlung, die gegen den Willen des Betroffenen erfolgt, liegt unabhängig davon vor, ob eine gewaltsame Durchsetzung der Maßnahme erforderlich wird oder der Betroffene sich, etwa weil er die Aussichtslosigkeit eines körperlichen Widerstandes erkennt, ungeachtet fortbestehender Ablehnung in die Maßnahme fügt und damit die Anwendung körperlicher Gewalt entbehrlich macht (vgl. BVerfG, a.a.O., S. 332). Dem grundrechtseingreifenden Charakter der angegriffenen Entscheidungen steht es daher nicht entgegen, dass der Beschwerdeführer sich unter der Drohung, dass man ihm das Neuroleptikum anderenfalls zwangsweise unter Fesselung injizieren würde, zur Vermeidung des zusätzlichen Übels der Gewaltanwendung zunächst auf die Einnahme der Medikamente eingelassen hatte.
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2. Die Zwangsbehandlung eines Untergebrachten kann allerdings ungeachtet der besonderen Schwere des darin liegenden Eingriffs durch das grundrechtlich geschützte Freiheitsinteresse des Untergebrachten selbst gerechtfertigt sein. Dies gilt auch für eine Zwangsbehandlung zur Erreichung des Ziels des Maßregelvollzuges.Die Voraussetzungen hierfür hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 23. März 2011 geklärt (vgl. BVerfG, a.a.O., S. 327 f.).
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3. Nach den in diesem Beschluss konkretisierten Maßstäben verletzen die angegriffenen Entscheidungen den Beschwerdeführer bereits deshalb in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, weil es für die Zwangsbehandlung des Beschwerdeführers, die sie als rechtmäßig bestätigen, an einer verfassungsmäßigen gesetzlichen Grundlage fehlt. § 8 Abs. 2 Satz 2 UBG BW ist mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG unvereinbar und nichtig.
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a) Die medizinische Zwangsbehandlung des Untergebrachten zur Erreichung des Vollzugsziels ist nach dieser Vorschrift nicht, wie verfassungsrechtlich geboten (s. im Einzelnen BVerfG, a.a.O., S. 328 f., 332), auf die Fälle seiner krankheitsbedingt fehlenden Einsichtsfähigkeit begrenzt.
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Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 UBG BW hat der Betroffene diejenigen Untersuchungs- und Heilmaßnahmen zu dulden, die nach den Regeln der ärztlichen Kunst erforderlich sind, um die Krankheit zu untersuchen und zu behandeln, soweit die Untersuchung oder Behandlung nicht unter Absatz 3 - d. h. unter das Einwilligungserfordernis für operative Eingriffe und Eingriffe, die mit einer erheblichen Gefahr für Leben oder Gesundheit verbunden sind - fällt.
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In der vorgesehenen Bindung an die Regeln der ärztlichen Kunst liegt keine hinreichend deutliche gesetzliche Begrenzung der Möglichkeit der Zwangsbehandlung auf Fälle der fehlenden Einsichtsfähigkeit. Bereits der Umstand, dass eine Einwilligungsfähigkeit des Betroffenen nur für operative Eingriffe und für Maßnahmen, die mit einer erheblichen Gefahr für Leben oder Gesundheit des Untergebrachten verbunden sind, verlangt wird - nur diese bedürfen nach § 8 Abs. 4 Satz 1 UBG BW einer Einwilligung des Betroffenen, die dessen Einwilligungsfähigkeit voraussetzt -, spricht dafür, dass Eingriffe unterhalb der genannten Schwelle unabhängig von der Frage einer krankheitsbedingten Selbstbestimmungsunfähigkeit zugelassen sein sollen. Auch wenn man annehmen wollte, dass zwischen der Fähigkeit zu wirksamer rechtfertigender Einwilligung in eine medizinisch indizierte Behandlung und der Fähigkeit zur Einsicht in die Notwendigkeit der Behandlung zu unterscheiden ist, weil eine psychische Krankheit speziell die letztere Fähigkeit - insbesondere die Fähigkeit, die Risiken der Behandlung nicht zu überschätzen - beeinträchtigen kann, stellt jedenfalls nicht schon der Verweis auf die Regeln der ärztlichen Kunst in der notwendigen Weise klar, dass krankheitsbedingtfehlende Einsichtsfähigkeit Voraussetzung der Zwangsbehandlung ist. In Deutschland existieren, nachdem von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) in den neunziger Jahren initiierte Versuche zur Etablierung medizinischer Standards für Zwangsbehandlungen nicht zu einem Ergebnis geführt haben (vgl. Steinert, in: Ketelsen/Schulz/Zechert, Seelische Krise und Aggressivi- tät,2004, S. 44 <47>), keine medizinischen Standards für psychiatrische Zwangsbehandlungen, aus denen mit der notwendigen Deutlichkeit hervorginge, dass Zwangsbehandlungen mit dem Ziel, den Untergebrachten entlassungsfähig zu machen, ausschließlich im Fall krankheitsbedingter Einsichtsunfähigkeit zulässig sind. Dass dementsprechend ein Bewusstsein hierfür in den medizinischen und juristischen Fachkreisen noch nicht allgemein verbreitet und eine gesetzliche Regelung, wie im Beschluss des Senats vom 23. März 2011 festgestellt, unverzichtbar ist, illustriert nicht zuletzt der vorliegende Fall, in dem weder die Klinik noch die Fachgerichte sich mit der Frage, ob beim Beschwerdeführer eine krankheitsbedingte Unfähigkeit zur Einsicht in die Notwendigkeit der Behandlung besteht, auch nur ansatzweise auseinandergesetzt haben. Die bloße Feststellung einer Persönlichkeitsstörung beantwortet diese Frage nicht.
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b) § 8 Abs. 2 Satz 2 UBG BW entspricht auch nicht den weiteren aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz abzuleitenden Anforderungen, denen ein zur medizinischen Zwangsbehandlung eines Untergebrachten ermächtigendes Gesetz genügen muss. Voraussetzung der Zulässigkeit für nicht unter § 8 Abs. 3 UBG BW (operativer Eingriff, erhebliche Lebens- oder Gesundheitsgefahr) fallende Maßnahmen der Zwangsbehandlung ist nach dieser Vorschrift nur, dass sie nach den Regeln der ärztlichen Kunst erforderlich sind, um die Krankheit zu untersuchen und zu behandeln. Damit ist dem Erfordernis, die Voraussetzungen einer Zwangsbehandlung über abstrakte Verhältnismäßigkeitsanforderungen hinaus gesetzlich zu konkretisieren (vgl. BVerfG, a.a.O., S. 331 f.), nicht genügt.
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In verfahrensrechtlicher Hinsicht fehlt es beispielsweise an einer angemessenen Regelung des - unabhängig von der Einsichts- und Einwilligungsfähigkeit des Betroffe- nen bestehenden - Erfordernisses der vorherigen Bemühung um eine auf Vertrauen gegründete, im Rechtssinne freiwillige Zustimmung (vgl. im Einzelnen BVerfG, a.a.O., S. 329, 332). Eine hinreichend konkretisierte Ankündigung ist ebenfalls nicht vorgesehen.§ 8UBG BW enthält hierzu nichts. § 12 Abs. 2 UBG BW fordert eine vorherige Ankündigung nur - sofern die Umstände sie zulassen - für die Anwendung unmittelbaren Zwangs. Mit einer Regelung, die eine Androhung allein für die Anwendung physischen Zwangs vorschreibt, sind jedoch die Fälle, für die das Ankündigungserfordernis von Verfassungs wegen besteht, schon im Ansatz nicht ausreichend erfasst (vgl. BVerfG, a.a.O., S. 329, 332). Entsprechendes gilt für das Erfordernis der Anordnung und Überwachung durch einen Arzt (vgl. BVerfG, a.a.O., S. 330). Auch hier greift die Regelung des baden-württembergischen Unterbringungsgesetzes zu kurz, indem sie ein Erfordernis ärztlicher Anordnung nur für den Fall der Anwendung unmittelbaren Zwangs vorsieht (§ 12 Abs. 1 Satz 2 UBG BW). Weiter fehlt es an der erforderlichen gesetzlichen Regelung zur Dokumentation (vgl. BVerfG, a.a.O., S. 330, 332). Entgegen den verfassungsrechtlichen Erfordernissen ist auch eine vorausgehende Überprüfung der Maßnahme durch Dritte in gesicherter Unabhängigkeit von der Unterbringungseinrichtung (vgl. BVerfG, a.a.O., S. 330, 332) nicht vorgesehen.
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c) Angesichts der festgestellten Mängel der gesetzlichen Eingriffsgrundlage bedarf es keiner Entscheidung, ob diese selbst und die auf sie gestützten gerichtlichen Entscheidungen den verfassungsrechtlichen Anforderungen (vgl. BVerfG, a.a.O., S. 327 ff.) noch in weiteren Hinsichten nicht genügen.
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III.
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1. Die Verfassungswidrigkeit des § 8 Abs. 2 Satz 2 UBG BW führt zur Nichtigkeit der Vorschrift. Die Voraussetzungen für eine bloße Unvereinbarerklärung liegen nicht vor (vgl. BVerfG, a.a.O., S. 332).
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2. Die angegriffenen Beschlüsse sind aufzuheben, und die Sache ist gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG an das Landgericht Heidelberg zurückzuverweisen.
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3. Die Anordnung der Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG.
Tenor
1. Die Beschwerde der Beteiligten Ziff. 1 gegen den Beschluss des Amtsgerichts L. vom 26.01.2012 wird zurückgewiesen.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.
3. Die Rechtsbeschwerde wird gem. § 70 Abs. 2 FamFG zugelassen.
Gründe
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(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Für die Betroffene besteht seit Oktober 2009 eine rechtliche Betreuung. Sie leidet an einer organischen psychotischen Störung und ist an Multipler Sklerose erkrankt. Sie hat sechs Kinder von vier Vätern.
- 2
- Durch die angefochtenen Beschlüsse hat das Amtsgericht die Unterbringung der Betroffenen genehmigt, die sich seit Januar 2011 in einer Klinik befindet. Außerdem hat es die Betreuung um die Aufgabenkreise "Wohnungsangelegenheiten" und "Entgegennahme und Öffnen der Post" erweitert. Dagegen hat der Verfahrenspfleger Beschwerde eingelegt, die vom Landgericht nach einer vom beauftragten Richter durchgeführten Anhörung der Betroffenen zurückgewiesen worden ist. Mit der von ihr eingelegten Rechtsbeschwerde erstrebt die Betroffene die Aufhebung der amtsgerichtlichen Beschlüsse.
II.
- 3
- Die gemäß § 70 Abs. 3 Nr. 1 und 2 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist teilweise begründet und führt insoweit zur Aufhebung der Beschwerdeentscheidung.
- 4
- 1. a) Das Landgericht hat die Voraussetzungen der Genehmigung einer Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BGB als gegeben erachtet. Die Erkrankung der Betroffenen mache auch eine "fach(pflege)psychiatrische Behandlung" erforderlich. Die Behandlung im Krankenhaus habe bereits eine signifikante Verbesserung erreichen können. Die Behandlung mit einem Depotmedikament sei weiterhin notwendig, was nur geschlossen-stationär möglich sei, weil die Betroffene mutmaßlich damit überfordert wäre, die Medikation ambulant fortzusetzen. Ein Absetzen der Medikation und eine weniger strukturierte Umgebung bzw. das Fehlen eines engen therapeutischen Rahmens würde alsbald eine Verschlechterung bewirken. Daneben sei die Maßnahme auch im Sinne einer beschützenden Unterbringung gemäß § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB zur Abwehr einer erheblichen Eigengefährdung gerechtfertigt. Die Betroffene sei nicht wohnfähig und wäre alsbald akut von Obdachlosigkeit bedroht. Die Unterbringung sei auch verhältnismäßig. Da die Betroffene ihre Medikamente mittlerweile freiwillig nehme, bedürfe es keiner Entscheidung über die aus Rechtsgründen ohnehin nicht erforderliche ausdrückliche Genehmigung der Zwangsmedikation.
- 5
- b) Die Betroffene sei wegen ihrer psychischen Krankheit auch nicht in der Lage, ihre Angelegenheiten in den Aufgabenkreisen "Entgegennahme und Öffnen der Post" sowie "Wohnungsangelegenheiten" selbstständig zu besorgen. Die Notwendigkeit der Betreuung in Wohnungsangelegenheiten ergebe sich daraus, dass die Betroffene nach Lage der Dinge nicht in ihre Wohnung zurückkehren könne und die Suche nach einer neuen Unterkunft für die Zeit nach der geschlossenen Unterbringung anstehe. Der Aufgabenkreis "Entgegennahme und Öffnen der Post" sei notwendig, weil die Betroffene ihre Mitwirkung nahezu vollständig verweigere und die Betreuerin nicht über den laufenden Schriftverkehr informiere.
- 6
- 2. Das hält hinsichtlich der Genehmigung der Unterbringung den von der Rechtsbeschwerde erhobenen Verfahrensrügen nicht stand. Die vom Landgericht durchgeführte Sachaufklärung genügt insoweit nicht den Anforderungen nach § 26 FamFG.
- 7
- a) Die Rechtsbeschwerde rügt zu Recht, dass die Voraussetzungen für die Genehmigung der Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB nicht hinreichend festgestellt sind.
- 8
- aa) Eine Unterbringung ist nach § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB nur zulässig, solange sie zum Wohl des Betreuten erforderlich ist, weil auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung des Betreuten die Gefahr besteht, dass er sich selbst tötet oder erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt. Zwar kann nach der Rechtsprechung des Senats auch die Gefahr einer völligen Verwahrlosung des Betroffenen die Unterbringung rechtfertigen , wenn damit eine Gesundheitsgefahr durch körperliche Verelendung und Unterversorgung verbunden ist (Senatsbeschluss vom 13. Januar 2010 - XII ZB 248/09 - FamRZ 2010, 365 Rn. 14 mwN). Die Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB muss aber auch erforderlich sein. Das ist zu verneinen , wenn die Gefahr durch andere Mittel als die freiheitsentziehende Unterbringung abgewendet werden kann (Senatsbeschluss vom 13. Januar 2010 - XII ZB 248/09 - FamRZ 2010, 365 Rn. 14 mwN).
- 9
- Im vorliegenden Fall ist die Erforderlichkeit nicht festgestellt. Die Rechtsbeschwerde weist zutreffend darauf hin, dass nach dem SachverständigenGutachten anstelle der Unterbringung für die Betroffene auch eine betreute Wohneinrichtung in Frage kommt, die - ggf. als mildere Maßnahme - gegenüber der Unterbringung vorrangig ist. Warum von dieser Möglichkeit kein Gebrauch gemacht worden ist, lässt sich dem angefochtenen Beschluss nicht entnehmen. Damit fehlt es im Hinblick auf die Erforderlichkeit einer Unterbringung an einer hinreichenden Aufklärung.
- 10
- bb) Auch die Voraussetzungen einer Unterbringung zur Heilbehandlung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB sind nicht hinreichend festgestellt worden.
- 11
- Vor einer Unterbringungsmaßnahme hat nach § 321 Abs. 1 Satz 1 FamFG eine förmliche Beweisaufnahme durch Einholung eines Gutachtens über die Notwendigkeit der Maßnahme stattzufinden. Der vom Amtsgericht beauftragte Sachverständige hat in seinem Gutachten die Voraussetzungen der Unterbringung zur Heilbehandlung jedoch als nicht gegeben erachtet. Das Landgericht hat die geschlossen-stationäre Behandlung dennoch für erforderlich gehalten, weil die Betroffene mutmaßlich damit überfordert würde, die Medikation ambulant fortzusetzen. Dafür hat es sich auf die Angaben des behandelnden Arztes gestützt.
- 12
- Nach der Rechtsprechung des Senats vermag die Anhörung des behandelnden Arztes eine förmliche Beweisaufnahme indessen nicht zu ersetzen (Senatsbeschluss vom 15. September 2010 - XII ZB 383/10 - FamRZ 2010, 1726 Rn. 17). Das gilt nicht nur, wenn das Gericht von der Beauftragung eines geeigneten Gutachters absieht, sondern auch, wenn es zwar ein Sachverständigen -Gutachten einholt, im Ergebnis aber - wie hier - davon abweicht, ohne die Abweichung zu begründen und sich mit der abweichenden Einschätzung des Gutachters auseinanderzusetzen. Von dem Mangel ist auch die vom Amtsgericht ausdrücklich ausgesprochene Genehmigung der Zwangsmedikation mit einem Depotmedikament erfasst, weil schon ein hinreichender Grund für die Unterbringung zur Heilbehandlung demnach nicht festgestellt ist.
- 13
- cc) Dass die Anhörung der Betroffenen vor dem beauftragten Richter und nicht vor der gesamten Kammer stattgefunden hat, ist schließlich nicht zu beanstanden. Den persönlichen Eindruck hat das Landgericht in der Beschwerdeentscheidung nur zur Stützung der vom Gutachter angestellten Diagnose verwertet , die schon für sich genommen eine hinreichende Grundlage für die Feststellung einer psychischen Krankheit im Sinne von § 1906 Abs. 1 BGB bietet.
- 14
- b) Im Hinblick auf die Erweiterung der Aufgabenkreise der Betreuung greifen die von der Rechtsbeschwerde erhobenen Verfahrensrügen nicht durch. Von der weiteren Begründung wird insoweit gemäß § 74 Abs. 7 FamFG abgesehen.
- 15
- 3. Die Entscheidung zur Unterbringung beruht auf den aufgezeigten Verfahrensfehlern. Eine abschließende Sachentscheidung ist dem Senat insoweit nicht möglich, weil entsprechend den Vorgaben des Senats weitere tatrichterliche Feststellungen erforderlich sind.
Vorinstanzen:
AG Hamburg-Wandsbek, Entscheidung vom 25.01.2011 - 707a XVII M 1819 -
LG Hamburg, Entscheidung vom 11.03.2011 - 301 T 91/11 -
(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.
(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn
- 1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat; - 2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste; - 3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat; - 4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat; - 5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.
(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.
(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.
(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.