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| Die Betroffene befand sich erstmals wegen einer Suizidankündigung vom 09.03.1999 bis zum 10.03.1999 im Zentrum für Psychiatrie in Emmendingen. Anschließend wurde sie dort vom 23.03.1999 bis zum 05.05.1999 behandelt, nachdem sie in verworrenem Zustand am Straßenverkehr teilgenommen hatte. |
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| Mit Schreiben vom 21.08.2003 regte die Gemeinde F. die Betreuung der Betroffenen an, da diese tags und nachts auf der Straße herumirre und einen verwirrten Eindruck hinterlasse. |
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| Mit Beschluss vom 14.10.2003 genehmigte das Amtsgericht Emmendingen die Unterbringung der Betroffenen bis längstens 06.11.2003, da die Betroffene sich selbst und andere durch Beißen und Bedrohen sowie durch das Anzünden von Papierschnipseln auf der Herdplatte gefährde. |
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| Mit Beschluss vom 22.10.2003 ordnete das Amtsgericht Emmendingen eine Betreuung für die Betroffene mit den Aufgabenkreisen der Vermögenssorge, der Wohnungsangelegenheiten, der Geltendmachung von Ansprüchen auf Sozialhilfe, der Aufenthaltsbestimmung, der Entscheidung über die Unterbringung und der Gesundheitssorge an. |
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| Mit Beschluss vom 25.09.2008 wurde die bestehende Betreuung bis längstens 24.09.2013 verlängert. |
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| Mit Schreiben vom 06.03.2012 beantragte der Betreuer die Unterbringung der Betroffenen. Ziel der Unterbringung sei eine Heilbehandlung mit Medikamenten auch gegen den Willen der Betroffenen. Mit Beschluss vom 08.03.2012 bestellte das Amtsgericht Emmendingen für die Betroffene eine Verfahrenspflegerin. Zu einer Anhörung der Betroffenen kam es nicht, da die Betroffene am 15.03.2012 nicht zum Termin erschien. Mit Schreiben vom 16.03.2012 befürwortete die Betreuungsbehörde des Landratsamts Emmendingen die Unterbringung der Betroffenen. Mit Schreiben vom 21.03.2012 befürwortete auch die Verfahrenspflegerin die Unterbringung der Betroffenen. |
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| Mit Beschluss vom 29.03.2012 lehnte das Amtsgericht Emmendingen die Unterbringung der Betroffenen ab. Zur Begründung führte das Amtsgericht Emmendingen im wesentlichen aus, eine Genehmigung der Unterbringung sei nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht möglich, da die Unterbringung alleine den Zweck verfolge, die Betroffene gegen ihren Willen einer Behandlung zuzuführen. |
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| Mit Schreiben vom 09.04.2012 legte die Verfahrenspflegerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Emmendingen Beschwerde ein. Mit Schreiben vom 25.04.2012 befürwortete der Betreuer erneut eine Unterbringung der Betroffenen. Hierbei führte er erstmals an, diese gefährde sich selbst, da sie auf der Straße zwischen fahrenden Autos herumirre. Mit Schreiben vom 03.05.2012 legte der Betreuer eine E-Mail der Tochter der Betroffenen vor, nach welcher die Betroffene am 30.04.2012 mehrfach beinahe vor eine Straßenbahn gelaufen wäre, da sie Stimmen gehört habe. Auch habe sie vom Tod gesprochen, den „die“ von ihr wollten, wobei davon auszugehen sei, dass mit „die“ die Stimmen gemeint seien, welche die Betroffene höre. |
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| Die Kammer hat die Betroffene am 11.05.2012 durch die beauftragte Richterin im Zentrum für Psychiatrie persönlich angehört. |
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| Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen. |
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| Die zulässige (§ 303 Abs. 3 FamFG) Beschwerde ist begründet, da die Voraussetzungen für die Genehmigung der Unterbringung der Betroffenen durch den Betreuer gegeben sind. |
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| Zunächst liegen mittlerweile die Voraussetzungen der Genehmigung einer Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB vor. |
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| Gemäß § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist eine Unterbringung des Betreuten durch den Betreuer, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, nur zulässig, solange sie zum Wohl des Betreuten erforderlich ist, weil auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung des Betreuten die Gefahr besteht, dass er sich selbst tötet oder erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt. |
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| Nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Dr. R. leidet die Betroffene an einer paranoiden Schizophrenie, die sich durch Ich-Störungen, Wahnvorstellungen und Stimmen-Hören auszeichnet. Dies führt gegenwärtig dazu, dass die Betroffene in verwirrtem Zustand im öffentlichen Straßenverkehr zwischen Autos und Straßenbahnen herumirrt und hierbei die Verkehrssituation nicht adäquat einschätzen kann. Sie laufe deshalb Gefahr, einen Unfall zu verursachen und einen erheblichen gesundheitlichen Schaden davonzutragen. Diese gutachterlichen Feststellungen stimmen mit den Ausführungen der behandelnden Ärztin, Dr. Sch., sowie den Angaben des Betreuers, der Tochter der Betroffenen und der Verfahrenspflegerin überein. Darüber hinaus hört die Betroffene nach Angaben der Tochter der Betroffenen Stimmen, die ihr Todesphantasien vorgeben. In Anbetracht einer bereits im Jahr 1999 erfolgten Suizidankündigung ist deshalb auch vom Vorliegen einer konkreten Gefahr selbstschädigender Handlungen bis hin zur Selbsttötung auszugehen. |
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| Die Kammer hat die Betroffene am 11.05.2012 gemäß §§ 68 Abs. 3, 319 Abs. 1 FamFG iVm § 375 Abs. 1a ZPO durch die beauftragte Richterin im Zentrum für Psychiatrie Emmendingen aufgesucht, um diese persönlich anzuhören. Angesichts des Verhaltens der Betroffenen, welche sich dem Gespräch verweigerte und sich der Gesprächssituation fluchtartig zu entziehen versuchte, schließt sich die Kammer den Ausführungen der Sachverständigen vollumfänglich an. |
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| Darüber hinaus liegen auch die Voraussetzungen der Genehmigung der Unterbringung der Betroffenen nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB vor. |
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| Die Genehmigung der Unterbringung der Betroffenen zur Heilbehandlung scheitert nicht bereits an einer fehlenden Ermächtigungsgrundlage, obwohl diese allein darauf gerichtet ist, die Betroffene einer medikamentösen Behandlung gegen ihren natürlichen Willen zuzuführen. |
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| Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu § 6 Abs. 1 Satz 2 des rheinland-pfälzischen Landesgesetzes über den Vollzug freiheitsentziehender Maßregeln (BVerfG, Beschluss vom 23.03.2011- 2 BvR 882/09) und zu § 8 Abs. 2 Satz 2 des baden-württembergischen Landesgesetzes über die Unterbringung psychisch Kranker (BVerfG, Beschluss vom 12.10.2011 - 2 BvR 633/11) bietet keinen Anlass, an dem Vorliegen einer verfassungsmäßigen Ermächtigungsgrundlage im Betreuungsrecht für die Unterbringung zum Zwecke der Heilbehandlung gegen den Willen des Betroffenen zu zweifeln. |
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| In den genannten Entscheidungen stellte das Bundesverfassungsgericht klar, dass im Maßregelvollzug strenge Anforderungen an die gesetzlich normierte Zulässigkeit eines Eingriffs in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit gelten, welche sowohl die materiell-rechtlichen Eingriffsvoraussetzungen als auch das Verfahrensrecht betreffen. Insbesondere bedürfe es einer hinreichend klaren und bestimmten Regelung der Eingriffsvoraussetzungen, auf deren konkrete inhaltliche Ausgestaltung das Bundesverfassungsgericht näher eingeht (BVerfG, Beschluss vom 23.03.2011 – 2 BvR 882/09 – zitiert nach juris Rn. 38 ff). |
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| Die Kammer verkennt nicht, dass im Anschluss an diese Rechtsprechung die Unterbringung eines Betroffenen bzw. die isolierte Genehmigung einer Entscheidung des Betreuers zur Behandlung eines betreuungsrechtlich untergebrachten Betroffenen gegen seinen Willen teilweise mit dem Hinweis auf eine fehlende verfassungsgemäße Ermächtigungsgrundlage in § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB abgelehnt wurde (LG Stuttgart, Beschluss vom 16.02.2012 - 2 T 35/12; AG Bremen, Beschluss vom 16.01.2012 - 41 XVII A 89/03; AG Ludwigsburg, Beschluss vom 30.01.2012 - 8 XVII 58/12). Dieser Auffassung schließt sich die Kammer nicht an. |
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| In den genannten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts ist darauf hingewiesen worden, dass der Vormund im Rahmen der Fürsorge öffentliche Funktionen wahrnimmt und sich daher der Mündel auch gegenüber Handlungen des Vormunds auf seine Grundrechte berufen kann; nichts anderes gilt im Verhältnis des Betreuers zum Betreuten (so auch LG Stuttgart, Beschluss vom 16.02.2012 - 2 T 35/12 - zitiert nach juris Rn. 10ff). Dies vorausgesetzt, greift auch in der vorliegenden Konstellation der Gesetzesvorbehalt in Art. 2 Abs. 2, 104 Abs. 1 GG ein und es bedarf zur Vornahme von Zwangshandlungen gegen den Widerstand des Betreuten einer Rechtsgrundlage durch ein formelles Gesetz (BGH, Beschluss vom 01.02.2006 - XII ZB 236/05 - zitiert nach Juris Rn. 15). |
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| Das Betreuungsrecht enthält in §§ 1901, 1902 und 1904 BGB grundsätzlich eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Entscheidung des Betreuers, auch gegen den Willen des Betroffenen in eine ärztliche Behandlung einzuwilligen. § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB stellt eine ergänzende Ermächtigungsgrundlage dar, die dem Betreuer ausnahmsweise das Recht gibt, nach bereits erfolgter Einwilligung zur Heilbehandlung den entgegenstehenden natürlichen Willen des Betroffenen im Rahmen dieser Heilbehandlung während der Unterbringung tatsächlich durch Zwang zu überwinden (BGH, Beschluss vom 01.02.2006 – XII ZB 236/05 – zitiert nach juris Rn. 16-24 mwN). |
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| Diese gesetzliche Grundlage ist auch im Hinblick auf die materiell-rechtlichen sowie verfahrensrechtlichen Anforderungen verfassungsgemäß. |
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| Soweit das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 23.03.2011 – 2 BvR 882/09 –Anforderungen an die materiell-rechtliche Ausgestaltung der Eingriffsnorm stellt, hat der Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 01.02.2006 - XII ZB 236/05 - bereits ausführlich dargelegt, dass diese Voraussetzungen bei verständiger Würdigung des § 1906 I Nr. 2 BGB vorliegen (BGH a.a.O. Rn. 23ff). |
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| Hinsichtlich der verfahrensrechtlichen Anforderungen genügen die betreuungsrechtlichen Vorschriften in doppelter Hinsicht den Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht stellt, da sie zum einen eine Entscheidung durch einen von der Unterbringungseinrichtung unabhängigen Dritten und zumindest mittelbar eine der Durchführung der Zwangsmedikation vorgeschaltete gerichtliche Prüfung vorsehen. |
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| Die genannten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts betreffen jeweils die Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes, das eine Rechtsgrundlage für eine Zwangsmedikation durch Entscheidungsträger beinhaltete, welche der Unterbringungseinrichtung unmittelbar angehörten. Eine vergleichbare Konstellation ist im Betreuungsrecht gerade nicht gegeben. Die hier vorliegenden Fallgestaltungen sind entscheidend davon geprägt, dass ein unabhängiger Dritter auf Grund einer gesetzlichen Vertretungsbefugnis eine die Zustimmung des Betroffenen ersetzende Entscheidung trifft. Auch das Bundesverfassungsgericht selbst erwägt ausdrücklich die Einschaltung eines Betreuers zur Herbeiführung eines den Anforderungen der Verfassung genügenden Verfahrens (BVerfG, Beschluss vom 23.03.2011 - 2 BvR 882/09 - zitiert nach juris Rn. 71). So billigt es der zustimmungsersetzenden Entscheidung eines Betreuers als externem Dritten eine entscheidende objektive Schutzwirkung mit Blick auf die grundrechtlich geschützten Positionen des Betroffenen zu. Bei abschließender Betrachtung kommt es lediglich zu dem Ergebnis, dass dem Schutzbedürfnis auch auf andere Weise als durch Einschaltung eines Betreuers Rechnung getragen werden kann (BVerfG a.a.O.: „Eine verfassungsrechtliche Notwendigkeit, die Rechte des Betroffenen gerade auf diese Weise - Anmerkung der Kammer: durch Einschaltung eines Betreuers - zu schützen, besteht jedoch nicht.“). Der für das Fehlen einer verfassungsgemäßen Ermächtigungsgrundlage oft zitierte Satz des Bundesverfassungsgerichts „Für den Betroffenen wird der Eingriff, der in einer medizinischen Zwangsbehandlung liegt, nicht dadurch weniger belastend, dass gerade ein Betreuer ihr zugestimmt hat“ (BVerfG a.a.O. Rn. 71) ist deshalb nicht dahingehend zu verstehen, dass die Einschaltung eines Betreuers bei Fallgestaltungen der Zwangsmedikation im weiteren Sinne verfassungsrechtlichen Maßstäben nicht genügen würde. Vielmehr dient dieser Hinweis dem Bundesverfassungsgericht dazu, zu begründen, dass neben dem Betreuer auch andere Ausgestaltungen der Zwischenschaltung eines externen Dritten (z.B. in der Form des Richtervorbehalts oder der Einschaltung eines Ombudsmanns oder einer sonstigen Behörde) denkbar sind. Konsequenterweise überlässt es das Bundesverfassungsgericht dem Landesgesetzgeber, statt der Einschaltung eines Betreuers mögliche andere Ausgestaltungen der Zwischenschaltung eines externen Dritten zu wählen (BVerfG a.a.O. Rn. 71 a.E.: „ Die Ausgestaltung der Art und Weise, in der sichergestellt wird, dass vor Durchführung einer Zwangsbehandlung zur Erreichung des Vollzugszieles eine - sich nicht in bloßer Schreibtischroutine erschöpfende - Prüfung in gesicherter Unabhängigkeit von der Unterbringungseinrichtung stattfindet, ist danach Sache der jeweils zuständigen Gesetzgeber“.). |
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| Darüber hinaus unterliegt die Entscheidung des Betreuers zur Zwangsmedikation im Rahmen der Unterbringung mittelbar einer vorgeschalteten gerichtlichen Überprüfung, so dass auch der vom Bundesverfassungsgericht alternativ erwähnte Richtervorbehalt gesetzlich geregelt ist. Denn wenngleich das Bundesverfassungsgericht der Einschaltung eines Betreuers eine grundrechtsschützende Funktion zukommen lässt, führt dies nach den Regeln des Betreuungsrechts gleichwohl nicht automatisch dazu, dass der entgegenstehende natürliche Wille des untergebrachten Betroffenen allein auf Grund der Einwilligung des Betreuers ohne weiteres überwunden werden dürfte. Die Frage, ob der Betreuer seine Zustimmung gegen den Willen des Betroffenen erteilen darf, ist von der Frage, ob nach Zustimmung des Betreuers der entgegenstehende natürliche Wille des Betroffenen auch tatsächlich mit Zwang überwunden werden darf, zu trennen (so bereits BGH, Beschluss vom 01.02.2006 - XII ZB 236/05 - zitiert nach juris Rn. 20). Die Beantwortung dieser weitergehenden Frage bedarf einer besonders sorgfältigen Abwägung im Rahmen der Verhältnismäßigkeit der Unterbringung (BGH a.a.O. zitiert nach juris Rn. 11). In diesem Zusammenhang ist von den Betreuungsgerichten mit Blick auf die Zwangsmedikation im Betreuungsrecht auch weiterhin sorgfältig zu prüfen, ob die mit der Unterbringung verbundenen Nachteile so gewichtig sind, dass die Genehmigung der Unterbringung zu versagen ist. |
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| Diesen - bereits bisher in der Rechtsprechung verfolgten Ansatz - scheint auch der Bundesgerichtshof im Anschluss an die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung zur Zwangsmedikation im Maßregelvollzug konsequent weiter zu verfolgen, da eine etwaige fehlende Ermächtigungsgrundlage für eine Unterbringung zur Heilbehandlung offensichtlich nicht erwogen wird (siehe BGH, Beschluss vom 14.12.2011 - XII ZB 171/11- zitiert nach juris Rn. 10ff). |
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| Gemäß § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist eine Unterbringung des Betreuten durch den Betreuer, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, nur zulässig, solange sie zum Wohl des Betreuten erforderlich ist, weil eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder ein ärztlicher Eingriff notwendig ist, ohne die Unterbringung des Betreuten nicht durchgeführt werden kann und der Betreute auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der Unterbringung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann. |
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| Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. |
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| Es ist auf Grund der derzeit akuten paranoiden Schizophrenie erforderlich, die Betroffene einer Heilbehandlung in Form einer medikamentösen Behandlung einschließlich der psychiatrischen Cotherapien zu unterziehen. Diese Maßnahmen können nicht ohne Unterbringung ergriffen werden, da die Betroffene auf Grund ihrer psychischen Krankheit die Notwendigkeit der Heilbehandlung nicht erkennen kann. |
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| Mildere Mittel als die Unterbringung kommen derzeit zur Sicherstellung der Heilbehandlung nicht in Betracht, da die Betroffene für etwaige Hilfen des Betreuers, ihrer Tochter oder sonstiger Dritter nicht zugänglich ist und ihre Handlungen ausschließlich ihrem wahnhaften Erleben anpasst. Da die Betroffene krankheitsuneinsichtig ist, sich verfolgt fühlt und sich unliebsamer Beaufsichtigung konsequent entzieht, ist insbesondere die regelmäßige Überwachung der Einnahme von Medikamenten außerhalb der Unterbringung nicht zu gewährleisten. |
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| Die Unterbringung ist unter Berücksichtigung der Gesamtumstände auch verhältnismäßig im engeren Sinne, da davon auszugehen ist, dass die zu erwartenden Vorteile der Unterbringung die mit ihr verbundenen Nachteile überwiegen. Frau Dr. R. hatte in ihrem Gutachten vom 24.03.2012 überzeugend ausgeführt, dass die Betroffene bereits in der Vergangenheit zunächst gegen ihren Willen behandelt werden musste und sodann zwischen 2004 und 2009 regelmäßig Medikamente genommen habe, wodurch es ihr gelungen sei, sich zu stabilisieren und ein soziales Netz aufzubauen. Diese Medikation sei in Rücksprache mit der behandelnden Ärztin vor 2 Jahren zunächst reduziert und dann abgesetzt worden, woraufhin die Betroffene weitere 2 Jahre in einem psychisch stabilen Zustand verblieben sei. Ungefähr seit Januar hätten sich wieder Krankheitssymptome in Form von Unruhe, Getriebenheit, Gereiztheit und Krankheitsuneinsichtigkeit gezeigt, wobei der dringende Verdacht eines wahnhaften Erlebens mit Beziehungsideen vorliege. Es sei angesichts der Krankheitsgeschichte zu befürchten, dass sich das Krankheitsbild bei fehlender Behandlung in seiner Ausprägung verstärke. Der vorherige Krankheitsverlauf spreche dafür, dass ohne die Unterbringung eine Zunahme der Progredienz einhergehend mit einer Eigen- und Fremdgefährdung eintreten werde. In der Ergänzung zum Gutachten mit Datum vom 25.04.2012 erkannte Frau Dr. R. für die Kammer nachvollziehbar und in Übereinstimmung mit der behandelnden Ärztin Dr. Sch. bereits eine Eigengefährdung, nachdem die Betroffene im Straßenverkehr zwischen Autos und Straßenbahnen herumirrte und von Todesphantasien gesprochen hatte. Diese gutachterlichen Feststellungen decken sich mit den Angaben der Tochter der Betroffenen, des Betreuers und der Verfahrenspflegerin sowie mit der ursprünglichen Betreuungsanregung. Nach dem Verhalten, das die Betroffene auch bei ihrer persönlichen Anhörung zeigte, schließt sich die Kammer den Ausführungen der Sachverständigen vollumfänglich an. |
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| Bei der Abwägung im Rahmen der Verhältnismäßigkeit hat die Kammer auch berücksichtigt, dass die Betroffene während der Unterbringung entgegen ihrem natürlichen Willen mit Medikamenten versorgt werden soll. Derzeit wird die Betroffene mit einer neuroleptischen Depotspritze behandelt. Die behandelnde Ärztin, Dr. Sch., führte aus, dass mögliche unerwünschte Nebenwirkungen in Form von extrapyramidalen motorischen Auswirkungen (z.B. Zittern, Unsicherheit des Gangs, Steifigkeit der Muskeln, Schluckbeschwerden) bisher bei der Betroffenen nicht aufgetreten seien. Sobald die Medikation abgesetzt würde, würden jedoch etwaige unerwünschte Nebenwirkungen nach kurzer Zeit ohnehin folgenlos abklingen. Demgegenüber sei mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass bereits nach der zweiten Depotspritze eine positive Wirkung in Form einer Reduktion des wahnhaften Erlebens eintrete. Sie führte überzeugend weiter aus, dass es sich vorliegend erst um die 2. Krankheitsphase handle. Bei einer entsprechenden Behandlung sei mit hoher Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, dass eine Vollremission, d.h. eine Wiederherstellung der psychischen Stabilität ohne Beeinträchtigung, zu erzielen sei. Zumindest aber sei eine Teilremission zu erwarten, so dass die Betroffene mit leichter Beeinträchtigung außerhalb einer Einrichtung leben könne. |
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| Neben den naheliegenden und schwerwiegenden Gefahren der Selbstschädigung bis hin zur Selbsttötung und der Chronifizierung der Erkrankung, die der Betroffenen ohne die Unterbringung zur Heilbehandlung drohen, hat die Kammer vor allem den zu erwartenden günstigen Verlauf der Erkrankung nach Beendigung der Unterbringung berücksichtigt. Da die Betroffene jedenfalls derzeit nicht unter unerwünschten Nebenwirkungen leidet und die begründete Aussicht auf eine Wiederherstellung der psychischen Stabilität besteht, steht fest, dass auch bei Berücksichtigung einer gewissen „Freiheit zur Krankheit“ (BGH, Beschluss vom 01.02.2006 -XII ZB 236/05 - zitiert nach juris Rn. 9f mwN) die Unterbringung der Betroffenen zum Zwecke der Heilbehandlung gegen deren Willen verhältnismäßig ist. |
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| Der Festsetzung der Zeitdauer für die Genehmigung der Unterbringung hat die Kammer die Ausführungen der Sachverständigen Dr. R. zugrundegelegt, wonach ein Zeitraum von bis zu 3 Monaten für die Unterbringung zur Heilbehandlung und lediglich von bis zu 2 Monaten für die Unterbringung wegen Eigengefährdung erforderlich sei. Angesichts der Tatsache, dass die derzeit behandelnde Ärztin für die Unterbringung zur Heilbehandlung einen Zeitraum von mindestens 6 bis 8 Wochen und für die Unterbringung wegen Eigengefährdung von 8 Wochen als ausreichend erachtete, geht die Kammer davon aus, dass ein Zeitraum von mindestens 8 Wochen erforderlich ist, um im Rahmen der Heilbehandlung einen Erfolg zu erzielen. |
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| Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 2 FamFG, die Entscheidung über den Geschäftswert auf §§ 131 Abs. 4, 30 KostO. |
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