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| Bei der Betroffenen wurde durch Gutachten des Landratsamts L. im November 2011 eine blande Psychose bei vielfältigen sozialen Problemen und eine Borderline Persönlichkeitsstörung diagnostiziert. Die Betroffene war nach Einschätzung des Sachverständigen aufgrund der krankheitsbedingten Auffassungsstörungen, der deutlichen Einschränkung des Urteils- und Kritikvermögens, einer depressiv gehemmten Symptomatik und ihrer Verhaltensstörung auf Dauer nicht in der Lage ihre Angelegenheiten selbst zu regeln. Daraufhin wurde vom zuständigen Betreuungsgericht mit Beschluss vom 14.12.2011 nach Anhörung der Betroffenen eine Betreuung für die Bereiche Vermögenssorge, die Bestimmung des Aufenthalts einschließlich Maßnahmen der Freiheitsbeschränkung und -entziehung sowie der Unterbringung, die medizinische und pflegerische Betreuung und Versorgung, einschließlich der Einwilligung in ärztliche Maßnahmen und Eingriffe, die Entgegennahme, das Öffnen und Anhalten der Post, Angelegenheiten betreffend der Wohnung der Betroffenen, einschließlich der Hausratsauflösung angeordnet. Die Beteiligte Ziff. 1 wurde zur Betreuerin bestellt. |
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| Am 04.01.2012 stellte die Beteiligte Ziff. 1 beim Amtsgericht L. den Antrag, die betreuungsgerichtliche Genehmigung für eine geschlossene psychiatrische Unterbringung der Betroffenen zu erteilen. Die Betroffene sei sehr stark abgemagert, wegen fehlender Krankheitseinsicht sei eine stationäre Behandlung nur verbunden mit einer freiheitsentziehenden Maßnahme möglich. Durch einstweilige Anordnung vom 09.01.2012 genehmigte das Amtsgericht L. die Unterbringung der Betroffenen auf der geschlossenen Station einer psychiatrischen Einrichtung für die Dauer von zunächst sechs Wochen. Zur Begründung führt es aus, es sehe dringende Gründe für die Annahme, dass die Voraussetzungen für eine Unterbringungsmaßnahme nach § 1906 Abs. 1 BGB gegeben seien und dass ein Aufschub eine erhebliche Gefahr für die Betroffene bedeuten würde. |
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| Am 10.01.2012 kam die Betroffene in die psychiatrische Abteilung des Klinikums L.. Ein psychiatrisches Gutachten wurde am 12.01.2012 vorgelegt. Darin wird der Verdacht auf paranoide Schizophrenie diagnostiziert. Die Betroffene reagiere inadäquat, indem sie u. a. im Sitzen schlafe, agiere aufbrausend gegenüber jeder Kontaktaufnahme, ein Gespräch sei mit der Betroffenen nicht möglich. Die Betroffene sei - so die Einschätzung der Sachverständigen - in ihrer freien Willensbildung erheblich eingeschränkt und verweigere jegliche Medikation. Es bestehe krankheitsbedingt die erhebliche Gefahr, dass sie durch ihre eingeschränkte Handlungsfähigkeit aufgrund psychotischer Verkennung sich oder anderen erheblichen gesundheitlichen Schaden zufüge. |
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| Mit Schreiben vom 23.01.2012 beantragte die Beteiligte Ziff. 1 die „betreuungsgerichtliche Zustimmung für eine Zwangsmedikation“ nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Die Betroffene reagiere hochgradig aggressiv und werde auch gegenüber Mitpatienten tätlich. Eine Einnahme von Medikamenten lehne sie ab. Mit Beschluss vom 30.01.2012 lehnte das Amtsgericht nach persönlicher Anhörung der Betroffenen die „betreuungsgerichtliche Genehmigung der Zwangsmedikation“ ab. Es verweist auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom März und Oktober 2011, die die bisherige Auslegung des § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGBG als Ermächtigungsgrundlage für die gerichtliche Genehmigung einer zwangsweisen Behandlung des Betroffenen nicht mehr erlaube. |
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| Die Beteiligte Ziff. 1 legte mit Schreiben vom 01.02.2011 Beschwerde ein; zur Begründung trägt sie vor, die Betroffene sei hochgradig gesundheitlich eigengefährdet, es sei verantwortungslos, die Betroffene in diesem gesundheitlichen Zustand in die Obdachlosenunterkunft zu entlassen. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt. |
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| Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 30.01.2012 ist zulässig, in der Sache bleibt sie jedoch ohne Erfolg. |
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| Das Amtsgericht hat im Ergebnis zu Recht, eine Unterbringung zur Heilbehandlung gem. § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB, die allein zum Zwecke der zwangsweisen Durchsetzung einer Behandlung angeordnet werden soll, nicht genehmigt. |
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| Die Kammer geht mit dem Bundesverfassungsgericht (NJW 2011, 2113) und dem Bundesgerichtshof (NJW 2006, 1277) davon aus, dass die Verabreichung von Medikamenten gegen den geäußerten Willen des Betroffenen selbst dann einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte des Betroffenen auf Selbstbestimmung und körperliche Unversehrtheit darstellt, wenn der Betroffene aufgrund seiner Erkrankung nicht in der Lage ist, seinen Willen frei zu bestimmen. |
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| Der Maßnahme kann nicht schon deshalb die Eingriffsqualität abgesprochen werden, weil sie mit Zustimmung oder auf Anordnung des Betreuers erfolgt, der, wenn die Einwilligung des Betroffenen fehlt, diese nach § 1901 BGB ersetzen kann. |
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| Für den Betroffenen wird der Eingriff, der in einer medizinischen Zwangsbehandlung liegt, nicht dadurch weniger belastend, dass gerade ein Betreuer zustimmt (BVerfG, NJW 2011, 2113 (2118), Rdn. 71). Deshalb ist die Zwangsbehandlung auch im Verhältnis Betreuer - Betroffener als rechtfertigungsbedürftiger Eingriff in die Rechte des Betroffenen auf Selbstbestimmung und körperliche Unversehrtheit zu werten. |
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| Die Eingriffsqualität einer Zwangsbehandlung entfällt auch nicht deshalb, weil sie etwa zum Zweck der Heilung erfolgen soll, geht es doch um den Schutz auch und insbesondere der Selbstbestimmung. |
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| Ein solcher Grundrechtseingriff ist gem. Art 2 Abs. 2, 104 Abs. 1 GG nur aufgrund eines formellen Gesetzes, das - so das BVerfG - die Voraussetzungen des Eingriffs in materieller und formeller Hinsicht ausdrücklich bestimmt, möglich. Dabei müssen die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Eingriffs hinreichend klar und bestimmt geregelt sein, wobei die Anforderung an den Grad der Klarheit und Bestimmtheit umso strenger sind, je intensiver der Grundrechtseingriff ist, den eine Norm vorsieht. Für die näheren Anforderungen kann, nicht zuletzt hinsichtlich der Frage, inwieweit Maßgaben, die sich aus dem Grundgesetz ableiten lassen, ausdrücklicher und konkretisierender Festlegung im einfachen Gesetz bedürfen, auch der jeweilige Kreis der Normanwender und Normbetroffenen von Bedeutung sein (BVerfG, NJW 2011, 2113 (2119), Rdn. 73). |
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| In der Zwangsbehandlung mit Psychopharmaka sieht die Kammer mit dem BVerfG (BVerfG, NJW 2011, 2113 (2114), Rdn. 44) schon angesichts der Wirkweise der Medikamente, die seelische Veränderungen bezwecken, einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte der Betroffenen. Der Kreis der Normbetroffenen besteht jedenfalls zum Teil aus schwer psychisch Kranken. Diese Umstände begründen hohe Anforderungen an die Bestimmtheit und Klarheit der Ermächtigungsnorm. Für die aktuell oder potentiell betroffenen Untergebrachten sowie für die zur Normanwendung in erster Linie berufenen Entscheidungsträger, die einer klaren, Rechtssicherheit vermittelnden Eingriffsgrundlage auch im eigenen Interesse bedürfen, müssen die wesentlichen Voraussetzungen für eine Zwangsbehandlung zur Erreichung eines fest definierten Zwecks erkennbar sein (vgl. BVerfG, NJW 2011, 2113 (2119), Rdn. 74). |
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| Im Einzelnen ist den Entscheidungen des BVerfG zu entnehmen, dass eine Zwangsbehandlung im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Unterbringung nur für die Fälle gesetzlich vorgesehen werden kann, in denen eine Einwilligung in die Behandlung an der krankheitsbedingt fehlenden Einsichtsfähigkeit des Betroffenen scheitert. Eine Behandlung unter Zwang darf nur als letztes Mittel und nur dann eingesetzt werden, wenn sie im Hinblick auf das Behandlungsziel, das ihren Einsatz rechtfertigt, Erfolg verspricht und für den Betroffenen nicht mit Belastungen verbunden ist, die außer Verhältnis zu dem zu erwartenden Nutzen stehen. Dies muss sich in hinreichend konkretem Maße bereits aus der gesetzlichen Ermächtigung ergeben. Eine Norm, die lediglich vorsieht, dass die Maßnahmen dem Betroffenen zumutbar sein müssen und nicht außer Verhältnis zu dem zu erwartenden Erfolg stehen dürfen, hat das BVerfG als nicht hinreichend konkret angesehen (BVerfG, NJW 2011, 2113 (2120), Rdn. 77). |
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| Weiterhin muss nach den Vorgaben des BVerfG die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage, die eine Zwangsbehandlung im Bereich der öffentlich-rechtlichen Unterbringung rechtfertigt, verfahrensrechtliche Vorgaben enthalten: Eine Zwangsbehandlung darf nur auf Anordnung und unter der Leitung eines Arztes und nach vorheriger Ankündigung, unter vorgegebenen Regeln für die Dokumentation durchgeführt werden. Die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage muss klarstellen, dass eine Zwangsbehandlung nur nach vorheriger Bemühung um eine auf Vertrauen gegründeten, im Rechtssinne freiwilligen Zustimmung angeordnet werden darf, zudem muss sie eine vorausgehende Überprüfung der Maßnahme durch Dritte in gesicherter Unabhängigkeit von der Unterbringungseinrichtung vorsehen (BVerfG, NJW 2011, 3571 (3572), Rdn. 43 und 44; NJW 2011, 2113 (2120), Rdn. 79 f.). |
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| Dabei hat das BVerfG ausdrücklich festgestellt, dass die wesentlichen Voraussetzungen der Zwangsbehandlung aus dem Gesetz selbst erkennbar sein müssen und etwaigen Mängeln der gesetzlichen Regelung nicht im Wege verfassungskonformer Auslegung abgeholfen werden kann (BVerfG, NJW 2117 (2113), Rdn. 74, 80) |
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| Richtigerweise geht das Amtsgericht davon aus, dass die Norm des § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB, der die betreuungsgerichtliche Genehmigung der Unterbringung zur Heilbehandlung regelt, keine derartige Ermächtigung zur zwangsweisen Durchsetzung der Behandlung gegenüber dem Betroffenen enthält. |
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| Die bisherige Rechtsprechung des BGH (FamRZ 2006, 615) hat in § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB letztlich eine Ermächtigung zur Zwangsbehandlung gesehen. |
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| Dabei geht auch die bisherige Rechtsprechung davon aus, dass allein aus den gesetzlichen Vertretungsvorschriften der §§ 1901, 1902 BGB ein Betreuer keine Zwangsbefugnis zur Behandlung herleiten kann. |
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| „Durch die gesetzliche Vertreterstellung“ - so der BGH (NJW 2006, 1277 (1279)) - „wird zwar die Rechtsmacht des Betreuers nach außen begründet. Innerhalb seines Aufgabenkreises ist der Betreuer berechtigt, die Geschäfte des Betroffenen zu besorgen. Indessen ist mit der Einräumung dieser Rechtsmacht nicht zwingend die Macht verbunden, die betroffene Entscheidung auch durchsetzen zu können. Gerade im grundrechtsrelevanten Bereich ist die Rechtsmacht des gesetzlichen Vertreters beschränkt. (…) Der Vormund nimmt im Rahmen der Fürsorge eine öffentliche Funktion wahr und deshalb kann sich auch das Mündel gegenüber dem Vormund auf seine Grundrechte berufen. Dies vorausgesetzt, greift der Gesetzesvorbehalt in Art. 2 Abs. 2, 104 Abs. 1 GG ein; es bedarf zur Vornahme von Zwangsbehandlungen gegen den Widerstand des Betreuten einer Rechtsgrundlage durch formelles Gesetz.“. |
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| Dieses formelle Gesetz sieht der BGH in § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Dieser soll die Zwangsbehandlung einwilligungsunfähiger Betroffenen gegen deren natürlichen Willen während der - gerichtlich genehmigten - stationären Unterbringung ermöglichen. Eine Unterbringung zur Heilbehandlung sei nur dann betreuungsgerichtlich zu genehmigen, wenn die Heilbehandlung medizinisch notwendig sei. Als medizinisch notwendig könne sie jedoch nur angesehen werden, wenn sie rechtlich zulässig sei, so dass der Betroffene auf Grund von § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB nur dann untergebracht werden könne, wenn er während der Unterbringung auch behandelt werden dürfe. Würde man die zwangsweise Überwindung des der Behandlung entgegenstehenden Willens des Betreuten auch im Rahmen einer Unterbringungsmaßnahme als unzulässig ansehen, wäre der Anwendungsbereich des § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGBG sehr begrenzt. Die Vorschrift könne daher sinnvoll nur so ausgelegt werden, dass der Betreute die notwendigen medizinischen Maßnahmen, in die der Betreuer zu dessen Wohl bereits eingewilligt habe, und derentwegen der Betreute untergebracht werden dürfe, unabhängig von seinem möglicherweise entgegenstehenden natürlichen Willen während der Unterbringung zu dulden habe. (BGH, NJW 2006, 1277 (1280), Rdn. 24). Deshalb sei im Rahmen der gerichtlichen Entscheidung über die Unterbringung zur Heilbehandlung die dann zwangsweise zu duldende Behandlung so präzise wie möglich anzugeben, weil sich nur aus diesen Angaben der Unterbringungszweck sowie Inhalt, Gegenstand und Ausmaß der vom Betreuten zu duldenden Behandlung hinreichend konkret und bestimmbar ergäben (BGH, NJW 2006, 1277 (1281), Rdn. 27). |
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| Nach den Entscheidungen des BVerfG vom März und Oktober 2011, deren Beachtung des BVerfG in seiner letzten Entscheidung (BVerfG, Beschl. v. 15.12.2011, 2 BvR 2362/11 zit. n. juris) ausdrücklich den Fachgerichten zur Aufgabe macht, ist nunmehr § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB anhand der unter 2.a. beschriebenen Maßstäbe verfassungskonform auszulegen. |
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| § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB ermächtigt das Betreuungsgericht nach seinem Wortlaut nur dazu, die Unterbringung des Betroffenen zur Heilbehandlung zu genehmigen, dem Betroffenen gegenüber also eine freiheitsentziehende Maßnahme anzuordnen, in deren Rahmen dann eine Heilbehandlung durchgeführt werden kann. Der Wortlaut des § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB enthält keinerlei Hinweis auf eine Zwangsbehandlung. Für den jeweiligen Kreis der Normbetroffenen, bei denen es sich in aller Regel um schwer psychisch erkrankte und deshalb beeinträchtigte Menschen handelt, ergibt sich keineswegs bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, dass die Heilbehandlung auch gegen den Willen des Betroffenen durchgeführt werden kann, dass die Norm also etwa zur Zwangsmedikation berechtigen soll (so auch Moll-Vogel, FamRB 2011, 249, jedenfalls zweifelnd: Bienwald, FRP 2012, 4; AG Bremen, Beschl. v. 16.01.2012, 41 XVII A 89/03, zit. n. juris). |
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| Zudem hat der Gesetzgeber § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB bewusst nicht als Grundlage für eine Zwangsbehandlung formuliert. Er hat vielmehr trotz Problembewusstseins (BT-Drucks 11/4528 S. 70 - 72) ausdrücklich davon abgesehen, im Betreuungsrecht eine Ermächtigung zur Zwangsbehandlung wie auch ein generelles Verbot der Zwangsbehandlung zu regeln (BT-Drucks. 11/4528, 72). Ein formelles Gesetz (Art. 2 Abs. 2 GG), das zum Grundrechtseingriff berechtigt, hat er also gerade nicht geschaffen. |
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| Dass die Vorschrift nach diesem Verständnis nur einen beschränkten Anwendungsbereich hat, muss angesichts der unmissverständlichen Vorgaben des BVerfG hingenommen werden. Diesem Verständnis steht - wie oben ausgeführt - auch der gesetzgeberische Wille nicht entgegen. Weiter verkennt die Kammer nicht, dass es zumeist dem objektiven Wohl des Betroffenen entsprechen mag, eine Behandlung durchzuführen. Die Kammer sieht - wie auch das BVerfG (BVerfG, NJW 2011, 2113 (2120), Rdn. 81) - die Gefahr, dass sich durch diese Handhabung die Unterbringungszeiten für den Einzelnen durchaus verlängern können. Die Kammer sieht auch, dass die derzeitige Situation, die eine Behandlung gegen den Willen der Betroffenen, trotz Behandlungsbedürftigkeit, nicht zulässt und auch Akutzuständen nur noch unzulänglich, etwa mit Fixierungen, begegnen lässt, für alle Beteiligten unbefriedigend ist. Dieser Nachteil muss angesichts der Schwere der Grundrechtseingriffe und des Fehlens einer klaren und bestimmten Eingriffsnorm im Sinne eines wirksamen Grundrechtsschutzes und unter Berücksichtigung der hierzu ergangenen Rechtsprechung hingenommen werden (BVerfG, NJW 2011, 2113 (2120), Rdn. 81). |
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| Die Kammer muss nicht entscheiden, ob und inwieweit die übrigen Anforderungen, die das BVerfG in den genannten Entscheidungen zum baden-württembergischen UnterbringungsG und zum rheinland-pfälzischen MaßregelvollzugsG für eine Ermächtigungsgrundlage formuliert hat, im Bereich der Unterbringung nach BGB gewährleistet sind, da es bereits an einer gesetzlich normierten Ermächtigung zur Zwangsbehandlung fehlt. |
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| Die Ansicht, die Vorgaben des BVerfG gelten für den Bereich des Betreuungsrechts nicht, weil die §§ 1896 ff BGB ein geschlossenen Regelungssystem enthalten, dessen Schutzniveau den verfassungsrechtlichen Anforderungen sowohl in materieller als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht gerecht würde (vgl. Olzen/Metzmacher BtPrax 2011, 233), kann nicht überzeugen. Die Vorgaben des BVerfG zur ermächtigenden Norm gründen auf der Qualität des Grundrechtseingriffs. Für den Betroffenen wird der Eingriff, der in der medizinischen Zwangsbehandlung liegt, nicht dadurch weniger belastend, dass gerade ein Betreuer zustimmt (BVerfG, NJW 2011, 2113 (2118), Rdn. 71). Es ist gem. Art. 2 Abs. 2 GG dem Gesetzgeber vorbehalten, Eingriffsbereiche und deren Ziele zu formulieren, dies ist hier nicht erfolgt. Eine Norm, deren Wortlaut für den Kreis der Normanwender und Normbetroffenen klar ergibt, dass die Zwangsbehandlung betreuungsgerichtlich genehmigt werden kann, erkennt die Kammer auch nicht in den übrigen Vorschriften des Betreuungsrechts. Lediglich in § 1904 BGB wird für gefährliche ärztliche Eingriffe das betreuungsgerichtliche Genehmigungserfordernis - allerdings unabhängig vom natürlichen Willen des Betroffenen - geregelt, dies ist hier nicht gegeben. |
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| Die Beteiligte Ziff. 1 begehrt auch nicht die Anordnung einer Unterbringung an sich. Die freiheitsentziehende Maßnahme ist bereits durch den Beschluss des Amtsgerichts L. vom 09.01.2012 aufgrund § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB erfolgt. Der Antrag der Beteiligten Ziff.1 auf Unterbringung zur Heilbehandlung im Sinne des § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB verfolgt vielmehr ausschließlich den Zweck, die von der Betroffenen verweigerte medikamentöse Behandlung zwangsweise gegen ihren Willen durchzusetzen. Eine solche Zwangsbehandlung ist aber - wie vorstehend ausgeführt - nicht möglich. Eine Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB, bei der die Heilbehandlung - aus welchen Gründen auch immer - nicht durchgeführt wird oder werden kann, darf jedoch nicht genehmigt werden (BGH, BtPrax 2010, 80). Wenn und soweit weiterhin die Voraussetzungen des § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB vorliegen, wird eine Unterbringung der Betroffenen auch weiterhin betreuungsgerichtlich zu genehmigen sein. Die Gefahr, dass die Betroffene in hilfloser Lage in die Obdachlosenunterkunft entlassen werden muss - wie die Beteiligte Ziff. 1 befürchtet - kann hierdurch abgewendet werden. |
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| Aus diesen Gründen war die Beschwerde der Beteiligten Ziff. 1 gegen den Beschluss des Amtsgerichts L., der die „Genehmigung der Zwangsmedikation“ ablehnt, zurückzuweisen. |
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| 3. Der Kostenausspruch ergeht gem. § 131 Abs. 3 KostO. Die Beteiligte Ziff. 1 hat ihre Beschwerde im Interesse der Betroffenen eingelegt. |
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