Landgericht Düsseldorf Urteil, 04. Apr. 2014 - 8 O 89/12

ECLI:ECLI:DE:LGD:2014:0404.8O89.12.00
bei uns veröffentlicht am04.04.2014

Tenor

Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 2) verpflichtet ist, den Kläger von der Verpflichtung zu weiteren Zahlungen auf folgende Geschäfte freizustellen, soweit nicht diesen Zahlungen anzurechnende W gegenüberstehen:

-          Zinsphasenswap vom 5. März 2008 mit der Ref.-Nr. 2159206D;

-          Invers-CMS-Stufenswap mit Wandlungsrecht vom 5. März 2008 und 11. September 2009 mit der Ref.-Nr. 2159219D / 2159222D / 2159224D und

-          CHF-Plus-Swap vom 19. August 2008, 1. März 2010, 13. September 2010 und 28. Februar 2011 mit der Ref.-Nr. 2221246D / 2221248D / 2221250D.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 2) dem Kläger sämtliche weiteren Schäden zu ersetzen hat, die ihm aus und im Zusammenhang mit diesen Derivate-Kontrakten noch entstehen.

Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte zu 2) € 124.776,89 nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 77.901,89 seit dem 1. September 2013 und aus weiteren € 46.875 seit dem 15. September 2013 zu zahlen.

Im Übrigen werden Klage und Widerklage abgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) tragen diese selbst zu 83 % und die Klägerin zu 17 %. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 17 % und der Beklagten zu 2) zu 83 % auferlegt.

Das Urteil ist für die Parteien gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.


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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen


(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem1.der Anspruch entstanden ist und2.der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des S

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 254 Mitverschulden


(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 195 Regelmäßige Verjährungsfrist


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 138 Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher


(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig. (2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen W

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 134 Gesetzliches Verbot


Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 278 Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte


Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 123 Anfechtbarkeit wegen Täuschung oder Drohung


(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten. (2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber

Gesetz über den Wertpapierhandel


Wertpapierhandelsgesetz - WpHG

Wertpapierhandelsgesetz - WpHG | § 2 Begriffsbestimmungen


(1) Wertpapiere im Sinne dieses Gesetzes sind, auch wenn keine Urkunden über sie ausgestellt sind, alle Gattungen von übertragbaren Wertpapieren mit Ausnahme von Zahlungsinstrumenten, die ihrer Art nach auf den Finanzmärkten handelbar sind, insbesond

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 387 Voraussetzungen


Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 389 Wirkung der Aufrechnung


Die Aufrechnung bewirkt, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind.

Umwandlungsgesetz - UmwG 1995 | § 123 Arten der Spaltung


(1) Ein Rechtsträger (übertragender Rechtsträger) kann unter Auflösung ohne Abwicklung sein Vermögen aufspalten1.zur Aufnahme durch gleichzeitige Übertragung der Vermögensteile jeweils als Gesamtheit auf andere bestehende Rechtsträger (übernehmende R

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 388 Erklärung der Aufrechnung


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 215 Aufrechnung und Zurückbehaltungsrecht nach Eintritt der Verjährung


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Wertpapierhandelsgesetz - WpHG | § 31 Verordnungsermächtigung zu den Mitteilungspflichten nach der Verordnung (EU) Nr. 648/2012


Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen erlassen über den Inhalt, die Art, die Sprache, den Umfang und die Form der Unterrichtung nach Artikel 4a Absatz 1 Un

Wertpapierhandelsgesetz - WpHG | § 43 Mitteilungspflichten für Inhaber wesentlicher Beteiligungen


(1) Ein Meldepflichtiger im Sinne der §§ 33 und 34, der die Schwelle von 10 Prozent der Stimmrechte aus Aktien oder eine höhere Schwelle erreicht oder überschreitet, muss dem Emittenten, für den die Bundesrepublik Deutschland Herkunftsstaat ist, die

Insolvenzordnung - InsO | § 104 Fixgeschäfte, Finanzleistungen, vertragliches Liquidationsnetting


(1) War die Lieferung von Waren, die einen Markt- oder Börsenpreis haben, genau zu einer festbestimmten Zeit oder innerhalb einer festbestimmten Frist vereinbart und tritt die Zeit oder der Ablauf der Frist erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens

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Tenor I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 31. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart, Az. 31 O 29/08 KfH, vom 26. September 2008 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: 1. Die Beklagte

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(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Ein Rechtsträger (übertragender Rechtsträger) kann unter Auflösung ohne Abwicklung sein Vermögen aufspalten

1.
zur Aufnahme durch gleichzeitige Übertragung der Vermögensteile jeweils als Gesamtheit auf andere bestehende Rechtsträger (übernehmende Rechtsträger) oder
2.
zur Neugründung durch gleichzeitige Übertragung der Vermögensteile jeweils als Gesamtheit auf andere, von ihm dadurch gegründete neue Rechtsträger
gegen Gewährung von Anteilen oder Mitgliedschaften dieser Rechtsträger an die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers (Aufspaltung).

(2) Ein Rechtsträger (übertragender Rechtsträger) kann von seinem Vermögen einen Teil oder mehrere Teile abspalten

1.
zur Aufnahme durch Übertragung dieses Teils oder dieser Teile jeweils als Gesamtheit auf einen bestehenden oder mehrere bestehende Rechtsträger (übernehmende Rechtsträger) oder
2.
zur Neugründung durch Übertragung dieses Teils oder dieser Teile jeweils als Gesamtheit auf einen oder mehrere, von ihm dadurch gegründeten neuen oder gegründete neue Rechtsträger
gegen Gewährung von Anteilen oder Mitgliedschaften dieses Rechtsträgers oder dieser Rechtsträger an die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers (Abspaltung).

(3) Ein Rechtsträger (übertragender Rechtsträger) kann aus seinem Vermögen einen Teil oder mehrere Teile ausgliedern

1.
zur Aufnahme durch Übertragung dieses Teils oder dieser Teile jeweils als Gesamtheit auf einen bestehenden oder mehrere bestehende Rechtsträger (übernehmende Rechtsträger) oder
2.
zur Neugründung durch Übertragung dieses Teils oder dieser Teile jeweils als Gesamtheit auf einen oder mehrere, von ihm dadurch gegründeten neuen oder gegründete neue Rechtsträger
gegen Gewährung von Anteilen oder Mitgliedschaften dieses Rechtsträgers oder dieser Rechtsträger an den übertragenden Rechtsträger (Ausgliederung).

(4) Die Spaltung kann auch durch gleichzeitige Übertragung auf bestehende und neue Rechtsträger erfolgen.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 355/02 Verkündet am:
13. Januar 2004
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
BGB §§ 249 (Fb), 250, 276 (Hb, Hc)

a) Empfiehlt eine kreditgebende Bank einem Anlageinteressenten eine Beteiligung
an einem Bauherrenmodell, so muß sie ihn ungefragt informieren,
wenn die erzielten Mieterträge der in einem steuersparenden Bauherrenmodell
bereits erstellten Eigentumswohnungen nicht den im Anlageprospekt
prognostizierten Mieten entsprechen und die Vermietung der Wohnungen
Schwierigkeiten bereitet.

b) Ein Freistellungsanspruch wandelt sich in einen Zahlungsanspruch des Geschädigten
um, wenn der Schädiger jeden Schadensersatz ernsthaft und
endgültig verweigert und der Geschädigte Geldersatz fordert.

c) Zur Berechnung und Abwicklung des dem Anleger und Kreditnehmer entstandenen
Schadens.
BGH, Urteil vom 13. Januar 2004 - XI ZR 355/02 - KG Berlin
LG Berlin
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 13. Januar 2004 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe,
die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die Richterin
Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 28. August 2002 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten entschieden hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache auf die Revision der Beklagten zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Anschlußrevision der Klägerin wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin begehrt aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemannes - eines Rechtsanwalts und Notars - von der beklagten Bank Schadensersatz wegen fehlerhafter Beratung und unzureichender Information im Zusammenhang mit einer Beteiligung an einem steuersparenden Bauherrenmodell. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Im September 1996 suchte der Ehemann der Klägerin die vormalige G.Bank (nachfolgend: Beklagte) auf, um ein Darlehen für eine Steuernachzahlung aufzunehmen. Der Kundenberater schlug ihm vor, die Steuerschuld durch eine Beteiligung an einem Bauherrenmodell "wegzudrücken", empfahl ein Kaufgespräch mit der W. Immobilien GmbH (nachfolgend: Bauträgerin), einer zur "G.Bank-Gruppe" gehörenden Gesellschaft, und veranlaßte die Übersendung des Emissionsprospekts für ein Objekt in der Nähe von B.. In dem Prospekt mit der Aufschrift "Ein Angebot der G. Bank-Gruppe" wurden noch zu erstellende Eigentumswohnungen im ersten von insgesamt fünf Bauabschnitten zum Kauf angeboten. Nach den Prognoseberechnungen des Herausgebers war mit Mieten von durchschnittlich 14 DM/qm und einer Mieterhöhung auf 15 DM/qm ab 2001 sowie mit weiteren jährlichen Steigerungen von 3% zu rechnen, wobei auf mögliche Abweichungen hingewiesen wurde.
Am 10. September 1996 fand ein Gespräch des damaligen Geschäftsführers der Bauträgerin und des Kundenberaters der Beklagten mit dem Ehemann der Klägerin in dessen Kanzlei statt, bei dem das Bauobjekt entsprechend den Prospektangaben als ein über die Bauträ-
gerin vermarktetes Produkt der Beklagten bezeichnet wurde. Zu diesem Zeitpunkt war bereits einem ihrer Vorstandsmitglieder bekannt, daß von 153 im Jahr 1995 und 12 im ersten Halbjahr 1996 verkauften Wohnungen nur 138 vermietet waren und die durchschnittliche Miete entgegen den Prospektangaben lediglich 13 DM/qm betrug. Gleichwohl riet der Geschäftsführer der Bauträgerin dem Ehemann der Klägerin im Hinblick auf angeblich eine Vielzahl von Mietinteressenten vom Abschluß eines Mietgarantievertrages ab.
Die Klägerin und ihr Ehemann schlossen am 23. September 1996 einen Kaufvertrag über zehn Eigentumswohnungen mit Pkw-Stellplätzen in dem Objekt zu einem Preis von 3.083.643 DM ab. Zur Finanzierung des Geschäfts erhielt der Ehemann der Klägerin, der alle mit dem Erwerb der Wohnungen verbundenen Kosten allein trug, von der Beklagten am 27. November/5. Dezember 1996 einen Realkredit über 2.740.000 DM und außerdem zur privaten Disposition Kontokorrentkredite von insgesamt 896.000 DM. Nach Zahlung des Kaufpreises übernahmen die Eheleute die Wohnungen ab Mai 1997, konnten sie aber erst im Laufe der nächsten drei Jahre zu Preisen zwischen 10 DM/qm und 13,04 DM/qm vermieten. Über das Vermögen der Bauträgerin wurde am 1. Oktober 1998 das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet.
Nach Ansicht der Klägerin ist die Beklagte für die falschen oder unvollständigen Prospektangaben über die Ertragsfähigkeit der erworbenen Eigentumswohnungen verantwortlich und aufgrund eines Beratungsund eines vorvertraglichen Aufklärungsverschuldens verpflichtet, den gezahlten Kaufpreis einschließlich aller angefallenen Kosten sowie die
infolge der Rückabwicklung des Kaufvertrages zu erwartenden Steuernachzahlungen abzüglich der Mieteinnahmen zu ersetzen.
Das Landgericht hat die auf Zahlung von 2.292.870,50 Zinsen Zug-um-Zug gegen Übereignung der zehn Eigentumswohnungen und Abtretung sie betreffender Gewährleistungsansprüche gerichteten Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr in Höhe von 1.841.497,50 en. Mit der - zugelassenen - Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils, die Klägerin mit der Anschlußrevision eine vollumfängliche Verurteilung.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Beklagten ist begründet; sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Anschlußrevision der Klägerin ist nicht begründet.

I.


Das Berufungsgericht hat eine Schadensersatzhaftung der Beklagten bejaht und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
Die Klägerin sei aktivlegitimiert. Es könne offenbleiben, ob sie als Miterwerberin der Eigentumswohnungen aus eigenem Recht gegen die
Beklagte vorgehen könne, weil sie in jedem Fall aufgrund der Abtretungsvereinbarung vom 16. Dezember 1999 den ihrem Ehemann zustehenden Schadensersatzanspruch geltend machen könne. Das Abtretungsverbot des § 399 BGB finde keine Anwendung. Die Schadensersatzforderung des Ehemannes sei nicht auf Freistellung von der zur Finanzierung des Kaufpreises begründeten Darlehensverbindlichkeit, sondern auf Geld gerichtet. Nachdem die Zahlungsansprüche der Bauträgerin unstreitig unter Einsatz der Darlehensvaluta befriedigt worden seien, fehle es bereits an der erforderlichen tatsächlichen Beschwernis mit einer Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten. Die "Freistellung" von der Kreditverbindlichkeit diene nur der Vereinfachung, nämlich der Abkürzung des Zahlungswegs und der Miterfassung noch entstehender Kreditkosten. Dies ändere indessen nichts daran, daß der Zahlungsanspruch und der Anspruch auf Freistellung Ausprägungen ein und desselben Anspruchs auf Vermögensausgleich seien.
Unbeschadet der Frage, ob die Beklagte eine im Rahmen der Prospekthaftung relevante Garantenstellung innegehabt habe, führe ihr Engagement auf seiten der Bauträgerin zu einer Haftung wegen Aufklärungs - oder Beratungsverschuldens gegenüber dem Zedenten. Dadurch, daß der Anlageberater der Beklagten ihn auf das Anlageobjekt hingewiesen , das Prospektmaterial besorgt und die Vertragsverhandlungen mit der Bauträgerin begleitet habe, sei jedenfalls der Tatbestand einer Anlagevermittlung erfüllt. Der dadurch begründeten Pflicht zur richtigen und vollständigen Information über die für den Anlageentschluß bedeutsamen Umstände sei die Beklagte nicht nachgekommen. Vielmehr hätte ihr Kundenberater den aufklärungsbedürftigen Ehemann der Klägerin bei dem Gespräch vom 10. September 1996 - auch im Hinblick auf die beab-
sichtigte "Großinvestition" - darauf hinweisen müssen, daß von 160 verkauften Wohnungen nur 138 vermietet seien und die Durchschnittsmiete nicht wie im Prospekt angegeben 14 DM/qm, sondern lediglich 13 DM/qm betrage. Ferner sei er über Risiken für die Verwirklichung der weiteren Bauabschnitte und über die Liquiditätsprobleme der Bauträgerin zu informieren gewesen.
Die von der Beklagten zu verantwortenden Fehlvorstellungen des Ehemannes der Klägerin seien für die Anlageentscheidung auch ursächlich geworden. Im Wege des Schadensersatzes könne die Klägerin verlangen , so gestellt zu werden, wie sie und ihr Ehemann gestanden hätten , wenn die Anlageentscheidung nicht getroffen worden wäre. Die Beklagte habe daher den für das Anlageobjekt gezahlten Kaufpreis in Höhe von 3.083.643 DM, die im Zusammenhang mit der Investition angefallenen Nebenkosten über 70.772 DM, die Kreditkosten von insgesamt 636.731,23 DM und die Kosten der Bewirtschaftung von 104.612,76 DM zu ersetzen, was unter Abzug der Mieteinnahmen den ausgeurteilten Betrag von 3.601.656,10 DM (= 1.841.497,50 !
Die im Falle der Rückabwicklung des Bauträgervertrages auf die Klägerin und ihren Ehemann zukommenden Steuernachzahlungen über # +-, 546 451.373,06 " %$& ' ( ) * %. / '/ ( 0 213 / rden aus der Kapitalanlage erwachsene Vorteile ausgeglichen, die andernfalls schadensmindernd zu berücksichtigen wären. Nach § 252 BGB umfasse der Schadensersatzanspruch des Anlegers zwar grundsätzlich auch den entgangenen Gewinn, der ihm ohne das schädigende Ereignis zugeflossen wäre. Es gebe aber keinen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, daß die Beteiligung an einem Bauherrenmodell immer gewinn-
bringend sei. Daß sich der Ehemann der Klägerin an einem anderen - erfolgreichen - Bauobjekt beteiligt hätte und dort die angestrebten Steuervorteile realisiert worden wären, sei nicht substantiiert dargelegt.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung im wesentlichen stand, berücksichtigen aber nicht alle für die Berechnung und Abwicklung des Schadens des Zedenten erheblichen Umstände.
A. Revision der Beklagten
1. Das Berufungsgericht hat die Klägerin im Ergebnis zutreffend als berechtigt angesehen, die an sie abgetretenen Schadensersatzansprüche ihres Ehemannes geltend zu machen. Entgegen der Ansicht der Revision war die Abtretung nicht gemäß § 399 BGB ausgeschlossen. Danach kann zwar eine Forderung nicht abgetreten werden, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung seines Inhalts erfolgen kann. Eine auf Befreiung von einer Verbindlichkeit gerichtete Forderung ist daher im allgemeinen nicht abtretbar (BGHZ 12, 136, 141; 41, 203, 205; BGH, Urteil vom 12. März 1993 - V ZR 69/92, WM 1993, 1557, 1559 m.w.Nachw.). Daraus vermag die Revision aber nichts für sich herzuleiten. Dabei kann offenbleiben, ob der Ansicht des Berufungsgerichts gefolgt werden könnte, nach der der Schadensersatzanspruch des Ehemannes der Klägerin gegen die Beklagte in seiner Gesamtheit von vornherein auf Geld und nicht nach
§ 257 BGB auf Befreiung von der zur Finanzierung der Kapitalanlage begründeten Darlehensverbindlichkeiten gerichtet war. Darauf kommt es nicht entscheidend an, weil ein etwaiger Befreiungsanspruch gemäß § 250 Satz 2 BGB in einen Geldanspruch übergegangen ist.
Diese Vorschrift eröffnet dem Geschädigten die Möglichkeit, unabhängig von den §§ 249 Abs. 2, 251 BGB zu einem Anspruch auf Geldersatz zu gelangen, wenn er dem Ersatzpflichtigen erfolglos eine Frist zur Herstellung, d.h. hier Haftungsfreistellung, mit Ablehnungsandrohung setzt. Dem steht es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gleich, wenn der Schuldner die geforderte Herstellung oder überhaupt jeden Schadensersatz ernsthaft und endgültig verweigert. Dann wandelt sich der Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch um, wenn der Geschädigte Geldersatz fordert (BGH, Urteile vom 7. Januar 1965 - VII ZR 28/63, WM 1965, 287, 289, vom 11. Juni 1986 - VIII ZR 153/85, WM 1986, 1115, 1117, vom 26. Februar 1991 - XI ZR 331/89, WM 1991, 1002, vom 29. April 1992 - VIII ZR 77/91, WM 1992, 1074, 1076, vom 12. März 1993 - V ZR 69/92, WM 1993, 1557, 1559 f., vom 31. Januar 1996 - VIII ZR 243/94, WM 1996, 1282, 1283 und vom 10. Februar 1999 - VIII ZR 70/98, WM 1999, 779, 781).
So liegt der Fall hier. Die Beklagte hat von Anfang an nicht nur die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten, sondern eine Schadensersatzverpflichtung insbesondere aus einem Beratungsverschulden schon dem Grunde nach strikt abgelehnt. Für die Klägerin und ihren Ehemann mußte sich daher der Eindruck aufdrängen, daß eine Nachfrist die Beklagte nicht umstimmen würde, sondern lediglich eine leere und sinnlose Förmelei wäre.

2. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht ein Aufklärungs- und Beratungsverschulden der Beklagten gegenüber dem Zedenten zu Recht bejaht.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats kommt zwischen der Bank und ihrem Kunden konkludent ein Beratungsvertrag zustande, wenn - gleichgültig ob auf Initiative des Kunden oder aber der Bank - im Zusammenhang mit einer Anlageentscheidung tatsächlich eine Beratung stattfindet (Senat BGHZ 123, 126, 128, Urteile vom 28. Januar 1997 - XI ZR 22/96, WM 1997, 662 f. und vom 24. September 2002 - XI ZR 345/01, WM 2002, 2281, 2283, insoweit in BGHZ 152, 114 ff. nicht abgedruckt). Das war hier der Fall.
Die Beklagte hat dem Ehemann der Klägerin, der lediglich ein Darlehen zur Begleichung einer Steuernachzahlung aufnehmen wollte, von sich aus geraten, die Steuerschuld durch Beteiligung an einem Bauherrenmodell "wegzudrücken", dafür das Modell einer Bauträgerin, an der sie über eine Tochtergesellschaft maßgeblich beteiligt war, empfohlen , die Übersendung des Emissionsprospekts veranlaßt und sich außerdem auch noch an dem entscheidenden Verkaufsgespräch über zehn Eigentumswohnungen zu einem Preis von mehr als drei Millionen DM beteiligt.

b) Aufgrund des danach konkludent geschlossenen Beratungsvertrages war die Beklagte unter anderem zu einer zutreffenden, negative Fakten nicht verschweigenden, aktuellen Information über das Anlageobjekt , dessen Rentabilität und die damit verbundenen spezifischen Risi-
ken verpflichtet. Denn nur aufgrund von Informationen, die ein zutreffen- des aktuelles Bild über die empfohlene Anlage boten, war der Ehemann der Klägerin, der der Beklagten besonderes Vertrauen entgegenbrachte und erkennbar von deren besonderen Kenntnissen und Verbindungen hinsichtlich des Anlageobjekts profitieren wollte, in der Lage, eine sachgerechte Anlageentscheidung zu treffen.
Diese Pflichten hat die Beklagte entgegen der Ansicht der Revision zumindest hinsichtlich der Ertragsfähigkeit der von der Klägerin und ihrem Ehemann erworbenen Eigentumswohnungen verletzt. Als das Gespräch zwischen dem Ehemann der Klägerin und dem damaligen Geschäftsführer der Bauträgerin in Gegenwart des Kundenberaters der Beklagten im September 1996 geführt wurde, stand ein erheblicher Teil der bereits erstellten Eigentumswohnungen mindestens seit einem halben Jahr leer. Gleichwohl erklärte der Geschäftsführer der Bauträgerin, ohne daß der Kundenbetreuer der Beklagten dem entgegentrat, angesichts der Vielzahl von Mietinteressenten sei der Abschluß eines Mietgarantievertrages nicht sinnvoll. Zudem betrug die tatsächlich erzielte Miete durchschnittlich nur 13 DM/qm und nicht wie im Prospekt prognostiziert 14 DM/qm. Darauf mußte der Kundenberater den Ehemann der Klägerin - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - ungefragt hinweisen.
Dem kann - anders als die Revision meint - nicht entgegengehalten werden, daß die Abweichung der Mieterträge von den Prospektangaben zu geringfügig gewesen sei, um eine Aufklärungspflicht der Beklagten zu begründen. Zwar mag die zum damaligen Zeitpunkt bestehende Mietdifferenz in Höhe von rund 1 DM/qm auf den ersten Blick nicht sehr
bedeutsam erscheinen. Schon die Tatsache, daß die Vermietung der Eigentumswohnungen ins Stocken geraten war, konnte aber für sich genommen einen zur Vorsicht neigenden Anleger vom Kauf abhalten. Darüber hinaus war es nicht nur die aktuelle Mietdifferenz, die den Ertrag und damit den Verkehrswert der Immobilie herabminderte. Vielmehr mußten auch die im Prospekt prognostizierten Mietsteigerungen angesichts der im September 1996 in B. und im B. Umland bestehenden Marktverhältnisse und deren voraussichtlicher Entwicklung nach unten korrigiert werden. Von einer nur geringfügigen, die Bagatellgrenze nicht überschreitenden und für die Anlageentscheidung unbedeutenden Wertbeeinträchtigung kann unter solchen Umständen angesichts des beabsichtigten Kaufs von zehn Eigentumswohnungen keine Rede sein.
Ob die Ertragsangaben und prognostizierten Mietsteigerungen bei Erstellung des Prospektes realistisch waren, ist entgegen der Auffassung der Revision ohne Bedeutung. Die Pflichtverletzung der Beklagten beruht nicht auf einem ihr zuzurechnenden Prospektfehler, sondern allein darauf , daß die zum Zeitpunkt der vertraglich geschuldeten Information bestehende Vermietungssituation und Ertragslage sowie deren voraussichtliche Entwicklung in den nächsten Jahren verschwiegen wurden.

c) Die Beklagte hat ihre Pflicht, über die Höhe der durchschnittlich erzielten Miete und die Vermietungssituation aktuell und richtig zu informieren , auch schuldhaft verletzt. Das gilt auch dann, wenn ihr tätig gewordener Kundenberater darüber nicht informiert gewesen sein sollte. Aufgrund des Projektstandsberichts von Mai 1996 steht fest, daß die aufklärungsbedürftigen Umstände einem Vorstandsmitglied der Klägerin bekannt waren. Dieses Wissen mußte bei ordnungsgemäßer Organisati-
on der Kommunikation zum Schutze des Ehemanns der Klägerin, der nicht allein deshalb schlechter gestellt werden darf, weil Vertragspartner nicht eine natürliche Person, sondern eine Bank mit organisationsbedingter Wissensaufspaltung ist, akten- oder EDV-mäßig dokumentiert, für alle mit der Vermarktung des Bauträgermodells befaßten Mitarbeiter verfügbar gehalten und von ihnen genutzt werden. Daß das über die erforderlichen Kenntnisse verfügende Vorstandsmitglied der Beklagten an dem Vertrag mit dem Ehemann der Klägerin nicht mitgewirkt und davon möglicherweise nichts gewußt hat, ist deshalb ohne Belang (vgl. BGHZ 109, 327, 331; 117, 104, 108; 132, 30, 35 ff.; 135, 202, 205; BGH, Urteil vom 13. Oktober 2000 - V ZR 349/99, WM 2000, 2515, 2516).

d) Die schuldhafte Beratungspflichtverletzung der Beklagten ist für die Anlageentscheidung des Ehemanns der Klägerin auch ursächlich geworden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (siehe z.B. BGHZ 61, 118, 121 f.; 151, 5, 12; Senatsurteile vom 28. Mai 2002 - XI ZR 150/01, WM 2002, 1445, 1447 und vom 21. Oktober 2003 - XI ZR 453/02, ZIP 2003, 2242, 2245) ist zu vermuten, daß die in einem wesentlichen Punkt falsche oder unvollständige Beratung für die Anlageentscheidung ursächlich war. Diese tatsächliche Vermutung hat die Beklagte nicht widerlegt.

e) Ebenso ist gegen die von der Klägerin gewählte Art der Schadensberechnung entgegen der Auffassung der Revision nichts einzuwenden.
aa) Bei schuldhafter Verletzung eines Beratungsvertrages kann der Anleger von dem Schädiger nach dem in § 249 Satz 1 BGB normier-
ten Grundsatz der Naturalrestitution regelmäßig verlangen, so gestellt zu werden, als hätte er sich an dem Anlagemodell nicht beteiligt (st.Rspr., siehe etwa BGH, Urteile vom 2. Dezember 1991 - II ZR 141/90, WM 1992, 143 f. und vom 13. Januar 2000 - III ZR 62/99, WM 2000, 426, 429). Dabei genügt für den Nachweis eines Vermögensschadens, daß die Kaufsache den gezahlten Kaufpreis nicht wert ist oder wenn trotz Werthaltigkeit des Kaufgegenstandes die mit dem Vertrag verbundenen Verpflichtungen und sonstigen Nachteile durch die Vorteile nicht ausgeglichen werden (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 1997 - V ZR 29/96, WM 1997, 2309, 2311). Daß die Klägerin und ihr Ehemann danach durch die Anlageentscheidung einen Schaden erlitten haben, liegt angesichts der Tatsache, daß der geminderte Ertragswert der Eigentumswohnungen für deren Verkaufswert von wesentlicher Bedeutung ist, auf der Hand.
bb) Anders als die Revision meint, gibt es auch keinen sachlichen Grund, der es rechtfertigt, die Schadensersatzpflicht auf einen angemessenen Ausgleich des Minderwerts der Kaufsache zu beschränken. Da die Beklagte dem Ehemann der Klägerin eine umfassende Information über die Vor- und Nachteile der Anlage schuldete, ist eine derartige Art der Schadensabwicklung - wie auch das Berufungsgericht ausdrücklich betont hat - aus dem Schutzzweck der verletzten Pflicht nicht herzuleiten (vgl. Senatsurteile, BGHZ 116, 209, 212, vom 5. Mai 1992 - XI ZR 242/91, WM 1992, 1355, 1357 und vom 16. Juni 1992 - XI ZR 166/91, WM 1992, 1269, 1271). Eine andere Beurteilung entspräche auch nicht den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung (siehe z.B. BGHZ 69, 53, 56; 111, 75, 82; BGH, Urteil vom 4. April 2001 - VIII ZR 32/00, WM 2001, 1118, 1120 f.) im Rahmen der vorvertraglichen Verschuldenshaftung des Verkäufers entwickelten Grundsätzen, nach denen der Käu-
fer zwischen einer angemessenen Herabsetzung des überhöhten Kaufpreises und einer Rückgängigmachung des Kaufvertrages frei wählen kann.

f) Der Revision ist auch nicht zu folgen, soweit sie sich auf ein Mitverschulden des Ehemannes der Klägerin beruft. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (siehe etwa BGH, Urteil vom 26. September 1997 - V ZR 65/96, NJW-RR 1998, 16 m.w.Nachw.) kann der Informationspflichtige dem Geschädigten grundsätzlich nicht nach § 254 Abs. 1 BGB entgegenhalten, er habe den Angaben nicht vertrauen dürfen und sei deshalb für den entstandenen Schaden mitverantwortlich. Die gegenteilige Annahme stünde im Widerspruch zum Grundgedanken der Aufklärungs- und Beratungspflicht. Daß der Ehemann der Klägerin als Rechtsanwalt und Notar die allgemeinen Risiken einer derartigen Kapitalanlage kannte, macht ihn nicht weniger schutzwürdig als andere Personen, die auf die Richtigkeit und Vollständigkeit einer Beratung vertrauen.
3. Indessen hat das Berufungsgericht nicht alle für die Schadensberechnung und -abwicklung erheblichen Umstände berücksichtigt.

a) Nach dem in § 249 Satz 1 BGB normierten Grundsatz der Naturalrestitution kann die Klägerin aus den dargelegten Gründen von der Beklagten verlangen, so gestellt zu werden, wie sie und ihr Ehemann ohne die Anlageentscheidung stünden. Ihr sind daher - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - der für den Erwerb der zehn Eigentumswohnungen gezahlte Kaufpreis in Höhe von 3.083.643 DM, die im Zusammenhang mit der Investition angefallenen Nebenkosten über
70.772 DM, die auf die Finanzierungsdarlehen entfallenden Kreditkosten von insgesamt 636.731,23 DM und die Kosten der Bewirtschaftung von 104.612,76 DM unter Anrechnung der Mieteinnahmen zu ersetzen. Dabei hat das Berufungsgericht jedoch nicht beachtet, daß auch die Darlehensverträge , die ohne das Beratungsverschulden der Beklagten nicht abgeschlossen worden wären, gemäß § 249 Satz 1 BGB rückabzuwikkeln sind. Bei der Schadensberechnung sind deshalb nicht nur die angefallenen Kreditkosten, sondern auch die aufgrund der Anlageentscheidung ausgereichten Darlehen zu berücksichtigen. Andernfalls würden die Klägerin und ihr Ehemann - wie die Revision vor allem in der mündlichen Verhandlung zu Recht geltend gemacht hat - wirtschaftlich wesentlich besser stehen als sie vor dem Kauf der Eigentumswohnungen standen. Da nicht festgestellt ist, in welcher Höhe die Finanzierungsdarlehen valutieren , ist dem erkennenden Senat eine eigene Entscheidung über die in Abzug zu bringenden Beträge nicht möglich. Die angefochtene Entscheidung war daher aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten entschieden hat.

b) Ferner wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, daß die Klägerin und ihr Ehemann nicht nur abzutretende Gewährleistungsansprüche über 1.370.287,94 DM aus dem Kauf der Eigentumswohnungen im Gesamtvollstreckungsverfahren der W. Immobilien GmbH beim Amtsgericht C. unter Aktenzeichen ..., sondern ebensolche Ansprüche über 2.003.358 DM im Gesamtvollstreckungsverfahren der W. Verwaltungs GmbH unter Aktenzeichen ... angemeldet haben. Im Tenor des Berufungsurteils wurden indes nur die erst-
genannten Gewährleistungsansprüche berücksichtigt, obwohl die Anmeldung der Ansprüche über 2.003.358 DM im Tatbestand des Berufungsurteils ausdrücklich aufgeführt ist.
B. Anschlußrevision der Klägerin
Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch der Klägerin in Höhe der bei Rückabwicklung des Kaufvertrages zu erwartenden Steuernachzahlungen jedenfalls im Ergebnis zu Recht verneint.
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (siehe etwa BGHZ 74, 103, 114 ff.; BGH, Urteil vom 11. Oktober 2001 - III ZR 288/00, WM 2001, 2262, 2264 m.w.Nachw.) stellen Steuernachforderungen , die nach Rückabwicklung eines steuersparenden Rechtsgeschäfts zu erwarten sind, grundsätzlich keinen Schaden gemäß § 249 BGB dar, weil durch sie die aus der Anlageentscheidung erwachsenen Steuervorteile kompensiert werden, die andernfalls zugunsten des Schädigers schadensmindernd zu berücksichtigen wären. Der Einwand der Anschlußrevision , die Klägerin habe die aus der Anlageentscheidung entstandenen Vorteile bereits vorab in Abzug gebracht, greift nicht. Zwar hat sie bei der Schadensberechnung die Mieteinnahmen berücksichtigt, nicht jedoch die finanziellen Vorteile die ihr und/oder ihrem Ehemann dadurch entstanden sind, daß sie als Eigentümer der Wohnungen steuerliche Sonderabschreibungen in Anspruch genommen haben.
2. Entgegen der Ansicht der Anschlußrevision ist die Klage auf Ersatz entgangener Steuervorteile auch nicht gemäß § 252 BGB begrün-
det, weil die Klägerin und ihr Ehemann sich ohne die Pflichtverletzung der Beklagten an einem anderen Steuersparmodell beteiligt und dadurch erfolgreich Steuern gespart hätten. Zwar schließt die auf den Grundsatz der Naturalrestitution (§ 249 Satz 1 BGB) gestützte Inanspruchnahme der Beklagten die Geltendmachung eines Schadens wegen entgangenen Gewinns gemäß § 252 BGB nicht aus. Richtig ist auch, daß an die Darlegung des entgangenen Gewinns entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keine strengen Anforderungen zu stellen sind, sondern der Klägerin nach dieser Vorschrift - wie bei § 287 ZPO - gewisse Erleichterungen bei der Darlegungslast zugute kommen. Die Wahrscheinlichkeit einer Gewinnerzielung aufgrund einer zeitnahen alternativen Investitionsentscheidung kann aber grundsätzlich nur mit Hilfe einer konkreten Berechnung festgestellt werden. Dazu reicht es nicht aus, daß ein positiver Aspekt des hypothetischen Geschäfts, hier steuerliche Abschreibungsvorteile , herausgegriffen wird, ohne ihm die Kosten und Nachteile gegenüberzustellen , die mit der Anlageentscheidung verbunden gewesen wären. Nur die Differenz ergibt den wahrscheinlich eingetretenen Gewinn im Sinne des § 252 Satz 2 BGB (BGH, Urteil vom 24. September 1999 - V ZR 71/99, WM 1999, 2510, 2512). Dazu fehlt ausreichendes Vorbringen der Klägerin.
Diese hat ohne jede Konkretisierung des Objekts, der damit verbundenen Aufwendungen und der Rendite lediglich behauptet, ihr Ehemann und sie hätten, wenn sie von der Beklagten richtig beraten worden wären, in ein anderes steuersparendes Bauherrenmodell investiert, dadurch ihre Steuerbelastung um 688.749,83 DM vermindert und Zinsen auf die jetzt zu erwartende Steuernachzahlung vermieden. Dieser Vortrag ist, worauf die Beklagte in den Vorinstanzen mehrfach hingewiesen
hat, ersichtlich unsubstantiiert. Die auf § 139 ZPO gestützte Rüge der Revision, auch das Berufungsgericht habe sie darauf hinweisen müssen, hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO).

III.


Der Revision der Beklagten war daher stattzugeben und die Anschlußrevision der Klägerin zurückzuweisen.
Nobbe Müller Joeres
Wassermann Mayen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 63/05 Verkündet am:
21. März 2006
Weber,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Die Bewertung und Empfehlung eines Anlageobjekts durch ein Kreditinstitut
muss ex ante betrachtet vertretbar sein. Das Risiko, dass sich eine aufgrund
anleger- und objektgerechter Beratung getroffene Anlageentscheidung
im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Kunde.
BGH, Urteil vom 21. März 2006 - XI ZR 63/05 - OLG Frankfurt am Main
LG Darmstadt
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. März 2006 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe und
die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Ellenberger und Prof. Dr. Schmitt

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 12. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 20. Januar 2005 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 9. Dezember 2003 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin nimmt die beklagte Sparkasse aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemannes, eines Elektrotechnikers, auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung in Anspruch.
2
Die Klägerin erbte von ihren Eltern ein Vermögen in Höhe von ca. 4 Millionen DM. 1,2 bis 1,3 Millionen DM wollte sie für drei bis fünf Jahre anlegen. Sie und der Zedent eröffneten 1998 zu gleichen Teilen ein Wertpapierdepot bei der Beklagten und erwarben zu 50% des Anlagebetrages Aktienfonds- und zu 30% Immobilienfondsanteile, die sämtlich von einer Fondsgesellschaft des D.-verbandes emittiert worden waren. Der Rest wurde bei niedriger Verzinsung liquide angelegt. Zunächst stiegen die Kurse und führten zu erheblichen Gewinnen. Im Frühjahr 2000 setzte ein Kursverfall ein. Deshalb erkundigte sich der Zedent am 30. Mai 2000, als die Anlage insgesamt noch in der Gewinnzone lag, bei der Beklagten, ob ein Verkauf ratsam sei. Der Leiter der Wertpapierabteilung der Beklagten äußerte die Erwartung, dass die Börse sich wieder nach oben entwickeln werde, und riet von einem Verkauf ab. Da der Kursverfall sich fortsetzte, fanden am 17. August 2000, 23. Oktober 2000, 9. Januar 2001 und 8. Februar 2001 Gespräche mit ähnlichem Inhalt statt. Am 21. März 2001 verkauften die Klägerin und der Zedent alle Fondsanteile.
3
Die Klägerin meint, die Empfehlung der Beklagten, die Fondsanteile nicht zu verkaufen, sei eine Beratungspflichtverletzung gewesen, und verlangt den Ersatz der Differenz zwischen dem Wert der Papiere am 30. Mai 2000 und dem am 21. März 2001. Das Landgericht hat die Klage auf Zahlung von 164.734 € nebst Zinsen abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


4
Revision Die ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

I.


5
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
6
Klägerin Die habe gegen die Beklagte Anspruch auf Ersatz des Schadens, der durch die fehlerhafte Beratung am 30. Mai 2000 entstanden sei. Die Parteien hätten einen Anlageberatungsvertrag geschlossen, der nicht mit der Einrichtung des Depots geendet habe. Der Rat, die Papiere nicht zu verkaufen, sei objektiv falsch und aus damaliger Sicht nicht vertretbar gewesen. Da nach dem Vortrag der Beklagten am 30. Mai 2000 nicht absehbar gewesen sei, ob das Sinken der Kurse eine Regulierung aufgeblähter Kurse oder eine beginnende Talfahrt gewesen sei, sei es allein richtig gewesen, zum Verkauf zu raten. Die Papiere zu halten, wäre nur dann vertretbar gewesen, wenn zu erwarten gewesen wäre, dass die Kurse innerhalb des geplanten Anlagezeitraums von noch höchstens drei Jahren zumindest das Niveau vom 30. Mai 2000 überschreiten würden. Da aber nach dem Vortrag der Beklagten nicht absehbar gewesen sei, ob die Talfahrt beendet gewesen sei, habe die Gefahr weiterer Verluste bestanden. Dass auch ein Fachmann die Börsenentwicklung nicht mit Sicherheit voraussagen könne, verstehe sich von selbst. Er müsse den Anleger aber über Risiken aufklären und darauf hinweisen, dass nicht absehbar sei, ob die Talfahrt beendet sei. Außerdem habe es damals ernst zu nehmende Stimmen gegeben, die vor einem Kurseinbruch gewarnt hätten. Selbst wenn es auch andere Auffassungen gegeben haben sollte, hätte die Beklagte die Klägerin über diese unterschiedlichen Meinungen informieren müssen.

II.


7
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im wesentlichen Punkt nicht stand. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung, der allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage, zu.
8
1.Rechtsfehlerfrei ist allerdings die Auffassung des Berufungsgerichts , zwischen den Parteien sei ein Beratungsvertrag zustande gekommen.
9
Dabei kommt es nicht auf den vor dem Erwerb der Fondsanteile geschlossenen Beratungsvertrag an. Daraus ergaben sich über die Anlageentscheidung der Klägerin hinaus keine fortdauernden Überwachungsund Beratungspflichten der Beklagten hinsichtlich der erworbenen Wertpapiere (vgl. OLG Karlsruhe WM 1992, 577; OLG Düsseldorf WM 1994, 1468, 1469; OLG Düsseldorf ZIP 2003, 471, 473; Balzer, in: Welter/Lang, Handbuch der Informationspflichten im Bankverkehr Rdn. 7.80; Horn, in: Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis Rdn. 7/1278). Derartige Pflichten resultierten auch nicht aus dem Depotvertrag (vgl. Senat, Urteil vom 23. November 2004 - XI ZR 137/03, WM 2005, 270, 271 m.w.Nachw.).

10
Zwischen den Parteien ist aber ein neuer Beratungsvertrag geschlossen worden, als der Zedent sich am 30. Mai 2000 bei der Beklagten erkundigte, ob ein Verkauf der Anteile ratsam sei, und die Beklagte ihm riet, die Papiere zu halten. Tritt ein Anleger an eine Bank heran, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden, so wird das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrages stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgesprächs angenommen (Senat BGHZ 123, 126, 128; Urteile vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442 und vom 25. Juni 2002 - XI ZR 218/01, WM 2002, 1683, 1686). Dasselbe gilt, wenn ein Kunde sich - wie hier - nach getroffener Anlageentscheidung bei der Bank erkundigt, wie er sich angesichts fallender Kurse verhalten soll (vgl. LG Essen NJW-RR 1993, 1392, 1394; Balzer, in: Welter/Lang, Handbuch der Informationspflichten im Bankverkehr Rdn. 7.80).
11
2. Rechtlich nicht haltbar ist hingegen die Auffassung des Berufungsgerichts , die Beklagte habe ihre Pflichten aufgrund des Beratungsvertrages verletzt.
12
a) Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen von den Umständen des Einzelfalls ab. Die Beratung muss anleger- und objektgerecht sein (Senat BGHZ 123, 126, 128). Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarkts, sowie die speziellen Risiken, die sich aus den besonderen Umständen des Anlageobjekts ergeben. Während die Aufklärung des Kunden über diese Umstände richtig und voll- ständig zu sein hat (Senat, Urteil vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442), muss die Bewertung und Empfehlung eines Anlageobjektes unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten ex ante betrachtet lediglich vertretbar sein (Nobbe, in: Horn/Schimansky, Bankrecht 1998 S. 235, 248). Das Risiko, dass sich eine Anlageentscheidung im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Kunde (BGH, Urteil vom 4. Februar 1987 - IVa ZR 134/85, WM 1987, 531, 532). Auch Börsentipps liegen nicht im Rahmen der vertraglichen Haftung einer Bank für Rat und Auskunft (BGH, Urteil vom 18. Juni 1971 - I ZR 83/70, WM 1971, 987, 989).
13
b) Gemessen hieran hat die Beklagte ihre Beratungspflichten nicht verletzt.
14
Sie hat der Klägerin keine unrichtigen oder unvollständigen Informationen über die Anlageobjekte erteilt. Da die Klägerin ihre Anlageentscheidung bereits getroffen und in bestimmte Fondsanteile investiert hatte , war eine erneute Aufklärung über die damit verbundenen, von der Klägerin zu tragenden Risiken nicht erforderlich. Die Klägerin erwartete eine solche Aufklärung auch nicht, sondern wollte von der Beklagten wissen, ob angesichts der von ihr erkannten sinkenden Kurse ein Verkauf der Anteile ratsam sei.
15
Die auf diese Frage erteilte Empfehlung der Beklagten, die Anteile nicht zu verkaufen, war entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ex ante betrachtet nicht unvertretbar. Das Berufungsgericht geht rechtsfehlerfrei davon aus, dass im Zeitpunkt der Raterteilung am 30. Mai 2000 objektiv nicht vorhersehbar war, ob die Kurse weiter fallen oder innerhalb des Anlagezeitraums von noch höchstens drei Jahren das Niveau vom 30. Mai 2000 überschreiten würden. In dieser Situation handelte die Beklagte nicht pflichtwidrig, indem sie aufgrund ihrer Erfahrung und langjährigen Beobachtung der Kursentwicklung von einem entsprechenden Wiederanstieg der Kurse innerhalb der nächsten drei Jahre ausging und diese Entwicklung ihrer Empfehlung gegenüber der Klägerin zugrunde legte. Den Feststellungen des Berufungsgerichts und dem Sachvortrag der Parteien sind keine Umstände zu entnehmen, die diese Erwartung grundsätzlich oder jedenfalls angesichts der vom Berufungsgericht angenommenen Aufblähung oder Überhitzung der Börse ex ante betrachtet als unvertretbar erscheinen lassen könnten.
16
Die Beklagte musste der Klägerin, anders als das Berufungsgericht meint, auch nicht mitteilen, dass nicht absehbar sei, ob der Kursverfall beendet sei. Das Berufungsgericht geht selbst - rechtsfehlerfrei - davon aus, es verstehe sich von selbst, dass auch ein Fachmann die Börsenentwicklung nicht mit Sicherheit voraussehen könne. Auf eine Selbstverständlichkeit muss eine beratende Bank aber nicht ausdrücklich hinweisen.
17
Es bestand auch keine Pflicht der Beklagten, die Klägerin auf unterschiedliche Meinungen über die künftige Kursentwicklung, insbesondere auf ernst zu nehmende Stimmen, die vor einem Kurseinbruch warnten , hinzuweisen. Aus der Unsicherheit der künftigen Kursentwicklung folgt zwangsläufig, dass hierzu unterschiedliche Auffassungen vertreten werden können. Auch dies musste die Beklagte deshalb nicht besonders erwähnen. Dass eine Bank, die für eine Anlageempfehlung das Vertrauen ihres Kunden in Anspruch nimmt, diesen über kritische Stimmen in der Wirtschaftspresse unterrichten muss (Senat, Urteil vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, WM 1993, 1455, 1457, insoweit in BGHZ 123, 126 ff. nicht abgedruckt), rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Beklagte hat der Klägerin zwar empfohlen, bestimmte Fondsanteile nicht zu verkaufen. Bei dieser Empfehlung ging es aber, ebenso wie bei der zugrunde liegenden Anfrage der Klägerin, nicht um die Einschätzung der Fondsanteile als solcher, sondern allein um eine ersichtlich unsichere Prognose der künftigen Kursentwicklung.

III.


18
Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sa- che selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und das landgerichtliche Urteil wieder herstellen.
Nobbe Müller Joeres
Ellenberger Schmitt
Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 09.12.2003 - 4 O 179/03 -
OLG Frankfurt in Darmstadt, Entscheidung vom 20.01.2005 - 12 U 11/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 178/10 Verkündet am:
27. September 2011
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zu Aufklärungspflichten der beratenden Bank beim Erwerb von Basketzertifikaten
(Emittentin hier: Lehman Brothers) durch ihren Kunden.
BGH, Urteil vom 27. September 2011 - XI ZR 178/10 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. September 2011 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers, die
Richterin Mayen sowie die Richter Dr. Grüneberg, Maihold und Pamp

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 23. April 2010 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die beklagte Sparkasse auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der inzwischen insolventen Lehman Brothers Treasury Co. B.V. in Anspruch.
2
Der Kläger, ein seinerzeit im Ruhestand befindlicher Lehrer, war seit geraumer Zeit Kunde der Beklagten. Er erwarb im November 2003 für sich selbst Inhaberschuldverschreibungen und Investmentanteile zum Nennwert von 40.000 € und für seinen Sohn eine 2% J. Anleihe zum Nennwert von 10.000 €. Im Herbst 2004 kaufte er eine mit 8% verzinste, auf ungarische Forint lautende Anleihe der niederländischen R. Bank und im Jahre 2005 die sogenannte "Weihnachtszinsanleihe" der D. Bank.
3
Im Dezember 2006 legte der Kläger aufgrund eines Beratungsgesprächs mit einer Mitarbeiterin der Beklagten, dessen Inhalt im Einzelnen streitig ist, aus einem frei gewordenen Anlagebetrag von insgesamt 40.000 € einen Teilbetrag von 10.000 € in 10 "ProtectExpress"-Anleihen der Lehman Brothers Treasury Co. B.V. (nachfolgend: Emittentin) zum Nominalwert von jeweils 1.000 € zuzüglich eines Ausgabeaufschlags von 1% an. Die Zertifikate hatte die Beklagte zuvor von der Emittentin zu einem unter dem Nennwert liegenden Preis erworben und sodann aus dem Eigenbestand an den Kläger veräußert, wobei die Beklagte nicht platzierte Anleihen gegen Anrechnung eines Abschlags vom Einstandspreis an die Emittentin zurückgeben durfte.
4
Die Rückzahlung der Zertifikate sollte in Abhängigkeit von der Entwicklung des "Lehman Brothers Deutschland Dividend Basket" - einem virtuellen Aktienkorb, in den die zehn dividendenstärksten Titel des DAX-30-Index Eingang fanden - erfolgen. Durch einen Vergleich des Kurses des Aktienkorbes am anfänglichen Bewertungsstichtag (21. Dezember 2006) mit dem Kurs an zwei nachfolgenden Feststellungstagen (23. Juni 2008, 21. Dezember 2009) bzw. dem Endfälligkeitsdatum (28. Juni 2012) ermittelten sich nach näherer Maßgabe der Zertifikatbedingungen Zeitpunkt und Höhe des Rückzahlbetrages. Dieser sollte - in Abhängigkeit von der Kursentwicklung an den Feststellungstagen bzw. dem Endfälligkeitsdatum - neben der Kapitalrückzahlung (ohne Ausgabeaufschlag ) gegebenenfalls einen Bonus von 10% bzw. 20% oder in Höhe der durchschnittlichen, an 22 vierteljährlichen Beobachtungstagen während der Gesamtlaufzeit gemessenen Wertentwicklung des Aktienkorbes enthalten.In dem für den Kunden ungünstigsten Fall war die Rückzahlung des eingesetzten Kapitals ohne Ausgabeaufschlag und Bonus nach Ablauf der fünfeinhalbjährigen Gesamtlaufzeit vorgesehen.
5
Im September 2008 wurde die US-amerikanische Muttergesellschaft der Emittentin, die Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc., die für die Rückzahlung der Zertifikate die Garantie übernommen hatte (nachfolgend: Garantiegeberin ), insolvent. Dies zog die Insolvenz der Emittentin nach sich, so dass die Anleihen weitgehend wertlos wurden.
6
Der Kläger verlangt, gestützt auf den Vorwurf mehrerer Beratungsfehler der Beklagten, die Rückzahlung von 10.100 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückübertragung der 10 Lehman-Zertifikate, darüber hinaus die Feststellung, dass die Beklagte sich in Annahmeverzug befinde, und die Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Das Landgericht hat der Klage bis auf einen geringen Teil der Anwaltskosten stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

A.

7
Die Revision ist uneingeschränkt zulässig (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
8
Entgegen der Revisionserwiderung ist das Rechtsmittel nicht mangels Zulassung bereits unzulässig, soweit mit ihm gerügt wird, das Berufungsgericht habe die vom Kläger geltend gemachten Pflichtverletzungen, nicht anlegergerecht beraten und insbesondere nicht hinreichend über die mit dem streitgegenständlichen Zertifikat verbundenen Risiken aufgeklärt worden zu sein, übergangen. Der Entscheidungssatz des angefochtenen Urteils enthält keinen Zusatz, der die dort zu Gunsten des Klägers zugelassene Revision einschränkt. Die Eingrenzung des Rechtsmittels kann sich zwar auch aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 2003 - XII ZR 92/01, BGHZ 153, 358, 360 f.). Aus diesen muss dann aber mit ausreichender Klarheit hervorgehen, dass das Berufungsgericht die Möglichkeit einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nur wegen eines - tatsächlich und rechtlich selbständigen - abtrennbaren Teils seiner Entscheidung eröffnen wollte (BGH, Urteile vom 12. November 2004 - V ZR 42/04, NJW 2005, 894, 895, insoweit in BGHZ 161, 115 nicht abgedruckt, und vom 17. Januar 2008 - IX ZR 172/06, WM 2008, 748 Rn. 8; jeweils mwN). Unter diesen Voraussetzungen kann die Revisionszulassung grundsätzlich auch auf eine von mehreren zur Begründung eines Schadensersatzanspruchs wegen fehlerhafter Anlageberatung vorgetragenen Pflichtverletzungen beschränkt werden (BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2010 - III ZR 127/10, WM 2011, 526 Rn. 6).
9
Ein solcher Fall liegt hier indes nicht vor. Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision in den Entscheidungsgründen zwar nur damit begründet , der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung zu, weil die Fragen, ob eine Bank im Rahmen der Anlageberatung dem Kunden einen Hinweis auf eine von ihr erzielte Gewinnmarge aus einem Eigengeschäft bzw. neben einem Hinweis auf ein bestehendes Emittentenrisiko auch noch Aufklärung über das Nichteingreifen eines Einlagensicherungssystems schulde, bislang höchstrichterlich nicht geklärt seien. Hiermit hat es indes lediglich den Anlass der Revisionszulassung mitgeteilt, ohne die im Tenor uneingeschränkt zugelassene revisionsrechtliche Nachprüfung entsprechend beschränken zu wollen.

B.

10
Die Revision ist unbegründet.

I.

11
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in juris veröffentlicht ist, hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
12
Dem Kläger stehe wegen des Verkaufs der Zertifikate kein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu, weil diese ihre Pflichten aus dem geschlossenen Beratungsvertrag nicht verletzt habe.
13
Dass die Beklagte den Kläger unstreitig nicht über die von ihr bei dem Verkauf erzielte Gewinnmarge aufgeklärt habe, stelle keine Pflichtverletzung dar. Mit den der "kick back"-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zugrunde liegenden Konstellationen, an denen jeweils drei Personen beteiligt gewesen seien, sei der Streitfall nicht vergleichbar. Eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf Sachverhalte der vorliegenden Art, in denen der Anleger das Produkt direkt von der beratenden Bank erwerbe, sei nicht sachgerecht. Die Annahme einer entsprechenden Aufklärungspflicht zwinge Banken, die von ihnen im Anlagegeschäft erzielten Gewinnspannen hinsichtlich sämtlicher empfohlenen Anlagen und damit praktisch ihre gesamte Ertragsstruktur offen zu legen. Dass jedes Kreditinstitut an der Geheimhaltung dieser Daten aus Wettbewerbsgründen ein ganz erhebliches und schutzwürdiges Interesse habe, liege auf der Hand. Demgegenüber bestehe kein schutzwürdiges Interesse des Anlegers an einer derartigen Aufklärung, da jedem Marktteilnehmer, auch dem Privatanleger , der die Beratungsleistung einer Bank in Anspruch nehme, ohne hierfür eine gesonderte Vergütung zu entrichten, klar sein müsse, dass das Unternehmen aus der Leistung einen Gewinn ziehe und daher in dem für das Anlageprodukt zu entrichtenden Preis ein Entgelt für die Bank enthalten sei.
14
Das gelte nicht nur, wenn die Bank ein eigenes Produkt verkaufe, sondern auch dann, wenn - wie vorliegend - aus eigenem Bestand ein fremdes Produkt verkauft werde. Insofern könne auch offen bleiben, ob dem Kläger, wie von ihm bestritten, bekannt gewesen sei, dass die Beklagte den Verkauf als Eigengeschäft durchgeführt habe. Unstreitig seien objektiv weder Rückvergütungen noch Provisionszahlungen geflossen, sondern die Beklagte habe ihren Ertrag, abgesehen von dem in der Wertpapierabrechnung deutlich ausgewiesenen Ausgabeaufschlag von 1%, lediglich aus der Gewinnmarge als einem nicht offen zu legenden Preisbestandteil gezogen. Infolgedessen habe keine Offenbarungspflicht der Beklagten bestanden; die insoweit allein denkbare Aufklärung , dass man gerade keine verdeckten Rückflüsse erhalte oder zahle, wäre offensichtlich sinnlos gewesen.
15
Selbst wenn man aber in Bezug auf die Gewinnmarge von einem den Anleger benachteiligenden Interessenkonflikt ausgehen und daraus grundsätzlich eine Offenbarungspflicht der Bank herleiten wolle, habe jedenfalls im vorliegenden Fall keine solche Pflicht bestanden. Denn der Verkauf der LehmanZertifikate sei für die Beklagte, auch mit Blick auf ihre Gewinnaufschläge beim Verkauf alternativer Anlagen, gerade nicht besonders gewinnträchtig gewesen.
16
Gleichfalls stelle es keine Pflichtverletzung der Beklagten dar, dass im Beratungsgespräch kein ausdrücklicher Hinweis darauf erfolgt sei, dass die verkauften Zertifikate nicht der deutschen Einlagensicherung unterlagen. Ob die beratende Bank grundsätzlich einen solchen Hinweis schulde, könne dahin stehen. Jedenfalls gegenüber dem Kläger, der über das mit den erworbenen Lehman-Zertifikaten verbundene Emittentenrisiko aufgeklärt worden sei, sei eine solche Aufklärung nicht geschuldet gewesen. Ihr komme neben dem Hinweis auf das Emittentenrisiko keine eigenständige Bedeutung mehr zu, da sie einem Kunden, der schon bereit sei, das Insolvenzrisiko der Emittentin zu tra- gen, keine zusätzlichen, für die Anlageentscheidung wesentlichen Informationen liefere. Im Streitfall habe der Kläger schon nicht dargelegt, jedenfalls aber nicht bewiesen, nicht gehörig über das Emittentenrisiko aufgeklärt worden zu sein. Weitergehende Risikohinweise, als sie nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Beratungsgespräch erfolgt seien, habe die Beklagte nicht geschuldet.
17
Die Beratung sei vor dem Hintergrund, dass der Kläger schon vor Dezember 2006 wiederholt in durchaus risikoreiche Anlagen investiert habe, zudem anlegergerecht gewesen. Hierbei sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon auszugehen, dass auch im Jahre 2003 beim Erwerb der J. Anleihe, einem dem streitgegenständlichen LehmanZertifikat ganz ähnlich strukturierten Papier, ein Hinweis auf das vom Anleger zu tragende Emittentenrisiko erfolgt sei.
18
Die Struktur der streitgegenständlichen Anlage habe ebenfalls keine weitergehenden Risikohinweise erfordert. Aufgrund des vollständigen Kapitalschutzes zum Laufzeitende habe sich das Zertifikat, die Bonität der Emittentin vorausgesetzt , aus damaliger Sicht nicht als spekulative Anlage dargestellt. Auf die Bonität der Muttergesellschaft der Emittentin und Garantin der Anleihe habe im Dezember 2006 ohne Weiteres vertraut werden können. Auch im Übrigen habe der Kläger eine nicht anleger- oder nicht anlagegerechte Beratung nicht dargelegt.
19
Sofern man demgegenüber im Unterlassen der Aufdeckung der Handelsspanne und/oder in der unterbliebenen Aufklärung zur fehlenden Einlagensicherung eine Pflichtverletzung der Beklagten sehen wolle, habe sie einen solchen Pflichtenverstoß jedenfalls nicht zu vertreten. Für die Beklagte habe im Dezember 2006 keine Veranlassung bestanden, von diesbezüglichen Hinweis- pflichten auszugehen. Zumindest fehle es aber an der erforderlichen Kausalität etwaiger Pflichtverletzungen für die Anlageentscheidung. Der Kläger habe nicht hinreichend dargelegt, dass er sich bei entsprechender Aufklärung gegen den Kauf der Lehman-Zertifikate entschieden hätte.

II.

20
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
21
1. Nach den unangegriffenen und rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts ist zwischen der Beklagten und dem Kläger ein Beratungsvertrag geschlossen worden.
22
2. Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Beklagte ihre Pflichten aus diesem Beratungsvertrag nicht verletzt hat.
23
a) Die beratende Bank ist zu einer anleger- und objektgerechten Beratung verpflichtet (Senatsurteil vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128 f.). Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen dabei von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes , sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben (Senatsurteile vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128 f., vom 7. Oktober 2008 - XI ZR 89/07, BGHZ 178, 149 Rn. 12, vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442 und vom 14. Juli 2009 - XI ZR 152/08, WM 2009, 1647 Rn. 49). In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Während die Bank über diese Umstände richtig, sorgfältig, zeitnah, vollständig und für den Kunden verständlich zu unterrichten hat (Senatsurteile vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 129, vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442 und vom 21. März 2006 - XI ZR 63/05, WM 2006, 851 Rn. 12), muss die Bewertung und Empfehlung des Anlageobjekts unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten lediglich ex ante betrachtet vertretbar sein. Das Risiko, dass eine aufgrund anleger- und objektgerechter Beratung getroffene Anlageentscheidung sich im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (Senatsurteile vom 21. März 2006 - XI ZR 63/05, WM 2006, 851 Rn. 12, vom 14. Juli 2009 - XI ZR 152/08, WM 2009, 1647 Rn. 49 und vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 337/08, WM 2009, 2303 Rn. 19).
24
b) Ausgehend von diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht zutreffend angenommen, dass die Beklagte ihre Pflicht zur objektgerechten Beratung nicht deshalb verletzt hat, weil sie den Kläger im Beratungsgespräch im Dezember 2006 nicht über ein konkret bestehendes Insolvenzrisiko der Emittentin oder der Garantiegeberin aufgeklärt hat. Auch die Revision erhebt insoweit keine Rügen.
25
Allerdings musste die Beklagte, die die in Rede stehenden Zertifikate in ihr eigenes Anlageprogramm aufgenommen und sie empfohlen hat, diese zuvor selbst mit banküblichem kritischen Sachverstand überprüfen (vgl. Senatsurteile vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 129, vom 7. Oktober 2008 - XI ZR 89/07, BGHZ 178, 149 Rn. 12 und vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 337/08, WM 2009, 2303 Rn. 15). Das gilt auch hinsichtlich der Bonität der konkreten Emittentin bzw. Garantiegeberin, die für die Risikobeurteilung eines Zertifikats von maßgeblicher Bedeutung ist. Eine Haftung der Beklagten käme nach dem Schutzzweck der gegebenenfalls verletzten Prüf- und Offenbarungspflicht dann in Betracht, wenn bei dieser Prüfung auch ein Risiko erkennbar geworden wäre, über das der Kläger hätte aufgeklärt werden müssen oder wenn erkennbar geworden wäre, dass eine Empfehlung der Kapitalanlage nicht anlegeroder objektgerecht ist (vgl. Senatsurteile vom 7. Oktober 2008 - XI ZR 89/07, BGHZ 178, 149 Rn. 14 und vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 337/08, WM 2009, 2303 Rn. 17). Jedenfalls daran fehlt es hier. Es sind keine Umstände festgestellt oder dargetan, aus denen sich ergibt, dass ein konkretes Insolvenzrisiko, sollte es bereits zum Zeitpunkt des Beratungsgesprächs Ende Dezember 2006 bestanden haben, für die Beklagte bei einer ordnungsgemäßen Prüfung der empfohlenen Kapitalanlage erkennbar gewesen wäre. Nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts waren die Bonitätsbewertungen (Ratings ) der Garantiegeberin seinerzeit so positiv, dass Zweifel an ihrer Zahlungsfähigkeit nicht aufkommen mussten. Gegenteiliges behauptet auch der Kläger nicht.
26
c) Ebenso wenig lässt die Annahme des Berufungsgerichts, derKläger sei hinsichtlich der generellen Abhängigkeit der Rückzahlung von der Bonität der Emittentin bzw. Garantiegeberin (sog. allgemeines Emittentenrisiko) hinreichend aufgeklärt worden, einen Rechtsfehler erkennen.
27
aa) Basketzertifikate wie die hier in Rede stehende "ProtectExpress"-Anleihe sind strukturierte Finanzprodukte in der Form einer Inhaberschuldverschreibung , die den Anspruch des Inhabers gegen den Emittenten auf Zahlung eines Geldbetrages verbriefen, dessen Höhe vom Stand der zugrunde gelegten Basiswerte (sog. Underlyings) abhängt (Fuchs in Fuchs, WpHG, § 31 Rn. 178; Kumpan in Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts-Kommentar, 4. Aufl., § 2 WpHG Rn. 29; zum allgemeineren Indexzertifikat vgl. Senatsurteil vom 13. Juli 2004 - XI ZR 178/03, BGHZ 160, 58, 62 mwN). Da hier - anders als beispiels- weise bei Investmentfonds nach dem Investmentgesetz (vgl. § 30 Abs. 1 Satz 2 InvG) - kein vom sonstigen Vermögen des Emittenten getrenntes Sondervermögen gebildet wird, trägt der Anleger nicht nur das Marktrisiko in Bezug auf den zugrunde gelegten Basiswert, sondern darüber hinaus auch das Bonitätsrisiko des Emittenten (Köndgen/Schmies in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts -Handbuch, 3. Aufl., § 113 Rn. 56; Mülbert, WM 2007, 1149, 1151; Podewils/Reisich, NJW 2009, 116, 117; Veil, WM 2009, 1585; Witte/Mehrbrey, ZIP 2009, 744, 745). Selbst wenn sich der Basiswert, in den der Anleger mit Erwerb des Zertifikats investiert hat, für ihn günstig entwickelt, wird das Zertifikat zum Verlustgeschäft, wenn der Emittent am Ende der Laufzeit den nach den Anlagebedingungen fälligen Rückzahlungsbetrag nicht aufbringen kann. Zu einer vollständigen Risikodarstellung der Anlageform des Zertifikats gehört mithin auch, dass der Anleger erkennen kann, dass die Rückzahlung generell von der Bonität der jeweiligen Emittentin bzw. Garantiegeberin zum Zeitpunkt der Rückzahlbarkeit der Anleihe abhängt (ebenso Bausch, BB 2009, 1832, 1833; Knops, BB 2008, 2535, 2537; Podewils/Reisich, NJW 2009, 116, 118; zu § 31 WpHG Fuchs in Fuchs, WpHG, § 31 Rn. 179; Koller in Assmann/Schneider, WpHG, 4. Aufl., § 31 Rn. 126; vgl. auch Senatsurteil vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442). Auch wenn bezogen auf die konkrete Emittentin zum Zeitpunkt der Beratung keine Anhaltspunkte für eine drohende Zahlungsunfähigkeit bestehen, kann es für die Entscheidung des Anlegers dennoch von wesentlicher Bedeutung sein, dass er dieses Risiko - anders als bei anderen Anlageformen - bezogen auf die gesamte Laufzeit des Zertifikats übernimmt.
28
Keine Rolle spielt in diesem Zusammenhang, dass die beratende Bank davon ausgehen kann, dass das theoretisch immer bestehende Insolvenzrisiko eines Schuldners allgemein bekannt und daher in der Regel nicht aufklärungsbedürftig ist (so Hannöver in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch , 3. Aufl., § 110 Rn. 38; Nobbe, WuB I G 1. - 11.10; für spekulative Anleger OLG Schleswig, WM 1996, 1487, 1488). Selbst wenn dem durchschnittlichen Anleger allgemein bewusst ist, dass Unternehmen - auch Banken - zahlungsunfähig werden können, so heißt dies nicht, dass er sich auch bewusst ist, dieses Risiko mangels Bildung eines Sondervermögens mit Erwerb eines Zertifikats in Bezug auf die jeweilige Emittentin und Garantiegeberin zu übernehmen. Letzteres kann nicht als allgemein bekannt vorausgesetzt werden. Grundsätzlich ist damit im Rahmen eines Beratungsvertrages über die generelle Abhängigkeit der Rückzahlung des empfohlenen Zertifikats von der Bonität der Emittentin bzw. Garantiegeberin (sog. allgemeines Emittentenrisiko) aufzuklären. Der Anleger muss informiert sein, dass er im Falle der Zahlungsunfähigkeit der Emittentin bzw. Garantiegeberin das angelegte Kapital vollständig verliert.
29
bb) Eine solche Aufklärung ist hier nach der für die Revisionsinstanz zugrunde zu legenden tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts, der Kläger sei nach der Aussage der Mitarbeiterin der Beklagten, der Zeugin P. , und seinen damit übereinstimmenden eigenen Angaben während des Beratungsgesprächs im Dezember 2006 über das allgemeine Emittentenrisiko unterrichtet worden, erfolgt.
30
(1) Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters und nur eingeschränkt daraufhin zu überprüfen, ob der Tatrichter sich mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen die Denk- und Erfahrungsgesetze verstößt (vgl. Senatsurteil vom 29. Juni 2010 - XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rn. 38; BGH, Urteil vom 30. Oktober 2007 - VI ZR 132/06, NJW 2008, 571, Rn. 8 mwN). Derartige Rechtsfehler weist das angegriffene Urteil nicht auf. Vielmehr stellt das Berufungsgericht unangegriffen und rechtsfehlerfrei fest, der Kläger habe gewusst, dass es sich bei der Forderung um eine solche gegen eine US-amerikanische Investmentbank handelte. Er sei auf deren hervorragendes Rating hingewiesen worden. Die Zeugin P. habe geäußert, die Anlage falle dann aus, wenn "alles zusammenbreche". Wenn das Berufungsgericht dies - den eigenen Angaben des Klägers in seiner Anhörung entsprechend - als Hinweis auf die außergewöhnliche und zum damaligen Zeitpunkt von allen maßgeblichen Stimmen für gegeben erachtete Bonität der Emittentin verstanden hat, die nur gefährdet sei, wenn es infolge einer systemischen Krise der Finanzmärkte zu einem Zusammenbruch des Weltfinanzsystems komme, so erscheint diese Würdigung nicht nur nachvollziehbar, sondern auch naheliegend. Mit ihren hiergegen gerichteten Einwänden setzt die Revision lediglich in unzulässiger Weise ihre eigene Würdigung des Sachverhalts an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts.
31
(2) Darüber hinaus war dem Kläger nach den aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts das bei Zertifikaten für den Anleger bestehende allgemeine Emittentenrisiko auch aus seinem bisherigen Anlageverhalten geläufig, so dass er hierüber im Beratungsgespräch vom Dezember 2006 nicht erneut aufgeklärt werden musste.
32
Nach den ebenfalls unangegriffenen und rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts erwarb der Kläger am 24. November 2003 für seinen Sohn für 10.000 € mit der J. Anleihe ein dem streitgegenständlichen Lehman-Zertifikat ähnlich strukturiertes Papier, wobei ihm während des damaligen Beratungsgesprächs die Broschüre "Basisinformationen zu Festverzinslichen Wertpapieren besonderer Art" ausgehändigt wurde, die einen ausdrücklichen und unmissverständlichen Hinweis auf das allgemeine Emittentenrisiko enthält. Wenn der Kläger in der Folgezeit mit der im Herbst 2004 erworbenen Forint-Anleihe der R. Bank, mit der er nach eigenen Angaben Wechselkursschwankungen ausnutzen wollte, sowie der 2005 gekauften "Weihnachtszinsanleihe" der D. Bank erneut auf Anlageformen setzte, bei denen er bewusst das Insolvenzrisiko der jeweiligen Emittenten übernahm, ohne durch Einlagensicherungssysteme geschützt zu sein, war eine nochmalige Aufklärung über den Charakter einer Anleihe, die - wie er wusste - eine Forderung gegen eine US-amerikanische Investmentbank verbriefte, im Beratungsgespräch vom Dezember 2006 entbehrlich (vgl. für die anlegergerechte Beratung Senatsurteil vom 28. Juni 2005 - XI ZR 363/04, BGHZ 163, 311, 320).
33
d) Das Berufungsgericht hat ebenfalls mit Recht angenommen, dass es keines zusätzlichen Hinweises auf das Nichteingreifen von Einlagensicherungssystemen bedarf, wenn die Aufklärung über das allgemeine Emittentenrisiko erfolgt ist oder eine dahingehende Aufklärungspflicht deshalb entfällt, weil der konkrete Anleger das generelle Gegenparteirisiko bei Zertifikaten - beispielsweise aus seinem bisherigen Anlageverhalten - kennt oder er sich insoweit als erfahren geriert (dazu Senatsurteil vom 28. September 2004 - XI ZR 259/03, WM 2004, 2205, 2206 mwN).
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aa) Inhaberschuldverschreibungen unterfallen nicht dem Einlagen- und Anlegerschutzgesetz (§ 1 Abs. 2 Satz 2 EAEG; Fischer in Boos/Fischer/ Schulte-Mattler, KWG, 3. Aufl., § 23a Rn. 60). Generell gilt ferner, dass sie weder vom Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken e.V. (§ 6 Abs. 1a des Statuts; dazu Fischer in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts -Handbuch, 3. Aufl., § 133 Rn. 62) noch vom Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands Öffentlicher Banken e.V. (§ 14 Nr. 3 Satz 1 der Satzung) umfasst werden. Die im Streitfall für die Beklagte maßgebliche Institutssicherung des Sparkassenstützungsfonds des Hanseatischen Sparkassen- und Giroverbandes greift nicht ein, weil Schuldner des durch die "ProtectExpress"Anleihe verbrieften Anspruchs nicht die Beklagte selbst ist (§ 2 Satz 3 der Satzung; vgl. Podewils/Reisich, NJW 2009, 116, 117).
35
bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass diesem Umstand dann keine eigenständige Bedeutung für die Anlageentscheidung mehr zukommt, wenn der Kunde bereits über das von ihm zu tragende Insolvenzrisiko der Emittentin aufgeklärt wurde. Denn für den Anleger ist es in einem solchen Falle unerheblich, ob er des eingezahlten Kapitals (nur) wegen einer - von ihm bewusst in Kauf genommenen - möglichen Zahlungsunfähigkeit des Emittenten verlustig geht, oder weil dieses Risiko nicht zusätzlich durch Einlagensicherungssysteme gedeckt ist. Weiß der Kunde um die Möglichkeit eines Totalverlustes , kann er nicht gleichzeitig auf das Eingreifen einer Einlagensicherung vertrauen (so auch OLG Bamberg, WM 2010, 1354, 1357; OLG München, WM 2010, 2115, 2117; OLG Celle, Beschluss vom 17. September 2010 - 3 U 154/10, juris Rn. 26; OLG Frankfurt, WM 2010, 2111, 2115; OLG Düsseldorf, WM 2011, 399, 404; Bausch, BB 2009, 1832, 1833; ders. BKR 2010, 257, 259; aA Maier, VuR 2009, 369, 370).
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Dies gilt entgegen der Auffassung der Revision auch für die hier vorliegende Konstellation, dass der Anleger von einer der Einlagensicherung unterliegenden in die ungesicherte Anlageform des Zertifikats wechselt (aA LG Heidelberg , WM 2010, 505, 508: "jedenfalls für einen vergleichsweise unerfahrenen Anleger"; Bömcke/Weck, VuR 2009, 53, 56; Maier, VuR 2009, 369, 370; offen gelassen von OLG Dresden, WM 2010, 1403, 1405). Die Gegenauffassung zeigt ebenso wenig wie die Revision nachvollziehbar auf, worauf sich bei einem anlässlich der "Umschichtung" über das mit der Neuanlage verbundene Insolvenzrisiko belehrten Anleger dessen Vorstellung stützen soll, das ihm offengelegte Verlustrisiko werde gleichwohl durch ein Einlagensicherungssystem aufgefangen. Eine hiervon zu trennende andere Frage ist es, ob einem Anleger, der ausdrücklich eine "sichere" Geldanlage wünscht, eine Anlageform empfohlen werden darf, für die keine Einlagensicherung besteht (vgl. hierzu Senatsurteil vom 14. Juli 2009 - XI ZR 152/08, WM 2009, 1647 Rn. 50 f.). Auf diese - den Bereich der anlegergerechten Beratung betreffende - Fragestellung kommt es im Streitfall schon deshalb nicht an, weil die Revision selbst nicht geltend macht, das streitgegenständliche Zertifikat habe dem Kläger, der auch vor Dezember 2006 wiederholt in risikoreiche Anlagen investiert hatte, von vornherein nicht angedient werden dürfen.
37
cc) Anders als die Revision ausführt, steht diesem Ergebnis nicht die für Kreditinstitute in § 23a Abs. 1 Satz 3 und 4 KWG normierte - aufsichtsrechtliche - Hinweispflicht entgegen. Denn mit der Aufklärung darüber, dass der Kunde beim Erwerb von Zertifikaten das Bonitätsrisiko des Emittenten übernimmt , ist zugleich - wie es das Kreditwesengesetz fordert - klargestellt, dass für den Fall der Realisierung dieses Risikos hinsichtlich der gewählten Anlage kein Einlagensicherungssystem eingreift.
38
e) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht zu Recht auch eine Pflicht der Beklagten zur Aufklärung über die Gewinnmarge der von ihr an den Kläger verkauften Zertifikate verneint.
39
aa) In der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum ist umstritten , ob eine Bank eine Pflicht zur Offenlegung der Handelsspanne trifft. Ganz überwiegend wird dies verneint (OLG Celle, ZIP 2010, 876, 878; OLG Dresden, WM 2010, 1403, 1405; OLG Bamberg, WM 2010, 1354, 1357 f.; OLG Düsseldorf, WM 2010, 1943, 1945 und WM 2011, 399, 405; OLG Frankfurt (9. Zivilsenat), WM 2010, 2111, 2112 f. und WM 2011, 880, 882; OLG Karlsruhe, WM 2011, 353, 355 f. und WM 2011, 883, 884 f.; OLG Köln, ZIP 2011, 1092, 1093 und WM 2011, 1652, 1653; Assmann, ZIP 2009, 2125, 2130; Spindler, WM 2009, 1821, 1824 ff.; Lang/Balzer, ZIP 2009, 456, 457; Harnos/ Rudzio, BKR 2010, 259, 260; Lang/Bausch, WM 2010, 2101, 2106 f.; Jooß, WM 2011, 1260, 1263; Arnold, WuB I G 1. - 11.09; Blankenheim WuB I G 1. - 13.09; Nobbe, WuB I G 1. - 5.10 und 11.10; Siol, WuB I G 1. - 9.09). Eine Mindermeinung hingegen bejaht dies (OLG Frankfurt (17. Zivilsenat), ZIP 2010, 2039, 2040 f. und ZIP 2011, 1462, 1463; Maier, VuR 2009, 369, 371; Zingel/Rieck, BKR 2009, 353, 354; Buck-Heeb, BKR 2010, 1 ff.; Geßner, BKR 2010, 89, 95; Märker, NJOZ 2010, 524, 528; wohl auch Koch, BKR 2010, 177, 184).
40
bb) Die erstgenannte Auffassung trifft zu. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist eine Bank, die eigene Anlageprodukte empfiehlt, grundsätzlich nicht verpflichtet, darüber aufzuklären, dass sie mit diesen Produkten Gewinne erzielt; denn in einem solchen Fall ist es für den Kunden offensichtlich , dass die Bank eigene (Gewinn-)Interessen verfolgt, so dass darauf nicht gesondert hingewiesen werden muss (vgl. nur zuletzt Senatsurteil vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, WM 2011, 682 Rn. 38 mwN, für BGHZ bestimmt). Nichts anderes gilt, wenn - wie hier - fremde Anlageprodukte im Wege des Eigengeschäfts (§ 2 Abs. 3 Satz 2 WpHG) zu einem über dem Einkaufspreis liegenden Preis veräußert werden (vgl. zum Eigenhandel schon BGH, Urteil vom 18. März 1959 - IV ZR 155/58, WM 1959, 999, 1001).
41
cc) Dem steht - anders als die Revision meint - weder die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Offenlegung versteckter Innenprovisionen, noch diejenige zur Aufklärungsbedürftigkeit von Rückvergütungen entgegen.
42
(1) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (unter anderem Urteile vom 1. März 2004 - II ZR 88/02, WM 2004, 928, 930 und vom 2. Februar 2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110, 118) muss unter bestimmten Umständen zwar über Existenz und Höhe von Innenprovisionen aufgeklärt werden , weil sie Einfluss auf die Werthaltigkeit der vom Anleger erworbenen Anlage haben und deswegen bei ihm insoweit eine Fehlvorstellung hervorrufen können. Unter Innenprovisionen sind danach nicht ausgewiesene Vertriebsprovisi- onen zu verstehen, die in Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Kaufobjekts - versteckt - enthalten sind (vgl. Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 22). Indes fallen die hier in Rede stehenden Einkaufsrabatte nicht unter diese Definition, so dass schon deshalb eine Aufklärungspflicht zu verneinen ist. Das Interesse der Anleger an dem Erwerb einer werthaltigen Anlage wird bereits durch die aus dem Beratungsvertrag fließende Pflicht zur objektgerechten Beratung geschützt. Zudem wird dadurch, dass die Bank beim Einkauf der Zertifikate einen geringeren Preis zahlt, als sie ihrerseits bei der Weiterveräußerung dem Anleger in Rechnung stellt, nicht der Wert des Papiers beeinträchtigt.
43
(2) Nach der Rechtsprechung des Senats ist eine Bank aus dem Beratungsvertrag ferner verpflichtet, über ihr zufließende Rückvergütungen aus Vertriebsprovisionen aufzuklären (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 22 f.; Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 12 f. und vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 20). Aufklärungspflichtige Rückvergütungen liegen dann vor, wenn beispielsweise Teile der Ausgabeaufschläge oder Verwaltungsgebühren, die der Kunde an einen Dritten zahlt, hinter seinem Rücken an die beratende Bank - regelmäßig umsatzabhängig - zurückfließen, so dass diese ein für den Kunden nicht erkennbares besonderes Interesse hat, gerade dieses Produkt zu empfehlen (Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 22; Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 12 f. und vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 25).
44
Eine aufklärungspflichtige Rückvergütung in diesem Sinne liegt hier nicht vor. Sie setzt ein Dreipersonenverhältnis voraus (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 4), wie es etwa für ein Kommissionsgeschäft üblich ist. Dagegen besteht ein solches Verhältnis bei einem Festpreisgeschäft, wie es nach den insoweit bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts hier im Wege des Eigengeschäfts abgeschlossen wurde, nicht. Darin, dass das Berufungsgericht festgestellt hat, der Verkauf der Zertifikate an den Kläger sei im Wege des Eigengeschäfts erfolgt, und zugleich offen gelassen hat, ob dem Kläger dies bekannt war, liegt entgegen der Auffassung der Revision kein Widerspruch, da es für die Frage, wie die Beklagte die Annahme ihres Verkaufsangebots durch den Kläger verstehen konnte, maßgeblich auf ihren Empfängerhorizont ankommt.
45
(3) Soweit die Revision unter Hinweis auf das Kommissionsgeschäft darauf abzielt, die Senatsrechtsprechung zu aufklärungspflichtigen Rückvergütungen auf den Wertpapiererwerb im Wege des Eigengeschäfts zu übertragen, kann ihr nicht gefolgt werden.
46
Bei der Abwicklung eines Wertpapierkaufs im Wege des Eigengeschäfts fehlt es an einem vergleichbaren - offen zu legenden - Interessenkonflikt der beratenden Bank, wie er nach den oben unter (2) dargestellten Rechtsprechungsgrundsätzen bei Rückvergütungen besteht. Nach den unangegriffenen und rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts erwirtschaftete die Beklagte ihren Ertrag vorliegend nur aus dem offen ausgewiesenen und direkt an sie gezahlten Ausgabeaufschlag von 1% des Nominalwertes sowie aus der Differenz des Einkaufspreises von 96,20% zum Nennwert. Daneben gab es keine an die Emittentin zu entrichtenden und hinter dem Rücken des Klägers an die Beklagte zurückfließenden Posten. Nach der gesetzgeberischen Grundentscheidung trifft die Bank als Verkäuferin der vom Anleger georderten Wertpapiere - anders als etwa den Kommissionär für den Anleger in Bezug auf die erhaltenen Provisionen - keine Pflicht zur Offenlegung ihrer Gewinn- oder Handelsspanne. Der Preis des Deckungsgeschäfts muss dem Kunden nicht offen- bart werden, im Gegenzug hat die Bank keine Provisions- oder Aufwendungsersatzansprüche.
47
Diese gesetzgeberische Grundentscheidung ist auch im Rahmen des neben dem Kaufvertrag abgeschlossenen Beratungsvertrags zu beachten.Die Interessen des Anlegers werden, wie dargelegt, durch die Pflichten der Bank zu einer anleger- und objektgerechten Beratung hinreichend geschützt. In Bezug auf offensichtliche Umstände wie das dem Kaufvertrag immanente Gewinninteresse der Bank als Verkäuferin kommt hiernach eine unterschiedliche Behandlung beider Vertragsverhältnisse nicht in Betracht. Was für den Kunden im Rahmen des Kaufvertrags offensichtlich ist, lässt innerhalb des Beratungsvertrags seine Schutzwürdigkeit entfallen (vgl. auch Buck-Heeb, jurisPR-BKR 2/2011 Anm. 4).
48
(4) Die Revision kann sich in diesem Zusammenhang ferner nicht mit Erfolg auf Bestimmungen des europäischen Rechts, insbesondere nicht auf die Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates - Finanzmarktrichtlinie - (ABl. L 145/1) sowie die hierzu ergangene Richtlinie 2006/73/EG der Kommission vom 10. August 2006 - Durchführungsrichtlinie - (ABl. L 241/26) berufen. Nach Art. 19 Abs. 1 der Finanzmarktrichtlinie "schreiben" die Mitgliedstaaten "vor, dass eine Wertpapierfirma bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und/oder gegebenenfalls Nebendienstleistungen für ihre Kunden ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse ihrer Kunden handelt" und insbesondere den in den nachfolgenden Absätzen dieser Bestimmung näher geregelten Grundsätzen genügt. Gemäß Art. 26 Abs. 1 der Durchführungsrichtlinie "sorgen" die Mitglied- staaten "dafür, dass Wertpapierfirmen nicht als ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse eines Kunden handelnd gelten, wenn sie im Zusammenhang mit der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder Nebendienstleistungen für den Kunden eine Gebühr oder Provision zahlen oder erhalten oder wenn sie eine nicht in Geldform angebotene Zuwendung gewähren oder annehmen", es sei denn, einer der in dieser Vorschrift näher geregelten Ausnahmefälle greift ein. Entgegen der Auffassung der Revision ergeben sich hieraus im Streitfall keine unmittelbaren Rechtswirkungen zugunsten der Anleger.
49
Zwar kann Bestimmungen einer Richtlinie auch dann, wenn sie, wie dies hier sowohl bei der Finanzmarktrichtlinie (Art. 73) als auch der Durchführungsrichtlinie (Art. 55) der Fall ist, die Mitgliedstaaten zu Normadressaten erklärt, nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union unter bestimmten Voraussetzungen unmittelbare Wirkung zukommen. Dies setzt jedoch - neben weiteren Anforderungen - voraus, dass die betreffenden Richtlinienbestimmungen inhaltlich unbedingt und hinreichend bestimmt sind (grundlegend EuGH, NJW 1982, 499, 500, dazu BVerfG NJW 1988, 1459, 1460 f.; vgl. auch EuGH NJW 2007, 2029, 2031; Marly in Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, 40. Aufl., Art. 22 Rn. 8 mwN). Unbedingt ist eine Richtlinienbestimmung , wenn sie nicht mit einer Bedingung oder einem anderen Vorbehalt versehen ist und ihrem Wesen nach keiner weiteren Maßnahmen der Gemeinschaftsorgane oder der Mitgliedstaaten bedarf. Die Bestimmung muss hierzu Voraussetzungen und Rechtsfolgen festlegen, also justiziabel sein. Eine unmittelbare Wirkung ist demnach ausgeschlossen, wenn der Eintritt einer gemeinschaftsrechtlich vorgesehenen Rechtsfolge von einer gestalterischen Entscheidung des Mitgliedstaates oder eines Gemeinschaftsorgans abhängt (vgl. Gellermann in Handbuch des Rechtsschutzes in der EU, 2. Aufl., § 33 Rn. 29; Callies/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl., Art. 288 AEUV Rn. 54; Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl., Vorbem. Rn. 12).
50
Danach ergeben sich - eindeutig - weder aus Art. 19 der Finanzmarktrichtlinie noch aus Art. 26 der Durchführungsrichtlinie unmittelbare beratungsvertragliche Rechtswirkungen zugunsten der Anleger im Verhältnis zur Bank. Beide Bestimmungen überlassen es ausdrücklich den Mitgliedstaaten, "vorzuschreiben" bzw. "dafür zu sorgen", dass Wertpapierunternehmen in der dort näher beschriebenen Weise im bestmöglichen Interesse der Kunden handeln. Für die Art und Weise der Umsetzung dieser Vorgabe geben sie keine Regelung vor; diese bleibt vielmehr vollständig den Mitgliedstaaten überlassen. Insbesondere unterliegt es danach deren eigener Entscheidung, ob diese Umsetzung in zivil- oder aufsichtsrechtlicher Form geschieht. Der deutsche Gesetzgeber hat in Gestalt des Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes (FRUG) vom 16. Juli 2007 (BGBl. I S. 1330) und der hierdurch zum 1. November 2007 in Kraft getretenen Änderungen des Gesetzes über den Wertpapierhandel (WpHG) die Umsetzung nicht auf zivil-, sondern auf aufsichtsrechtlicher Ebene vorgenommen (vgl. Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 3. Aufl. Rn. 981; Mülbert, WM 2007, 1149, 1155). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Urteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 18) bewirken aufsichtsrechtliche Bestimmungen regelmäßig weder eine Begrenzung noch eine Erweiterung der zivilrechtlich zu beurteilenden Haftung des Anlageberaters (vgl. auch Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 3. Aufl. Rn. 981). Schon aus diesem Grund lässt sich vorliegend aus den dargestellten Richtlinienbestimmungen für die Frage einer Aufklärungspflicht der Beklagten über ihre Gewinnmarge beim Eigenhandel nichts Entscheidendes herleiten.
51
dd) Für den vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzanspruch ist es ferner ohne Belang, ob ihm - wie er bestreitet - bekannt war, dass der Erwerb der Zertifikate im Wege eines Eigengeschäfts der Beklagten erfolgte. Die beratende Bank ist aufgrund des Beratungsvertrages mit ihrem Kunden nicht verpflichtet, diesen darüber zu informieren, dass der Zertifikaterwerb im Wege des Eigengeschäfts der Bank erfolgt. Die unterbliebene Aufklärung vermag daher keinen Schadensersatzanspruch des Anlegers zu begründen.
52
Zwar ergab sich - jedenfalls aufsichtsrechtlich - eine bereits bei Abschluss des Festpreisgeschäfts zu erfüllende Informationspflicht der Beklagten aus Teil B Nr. 3.3 Abs. 5 der Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel vom 23. August 2001 (BAnz. 2001, S. 19 217; vgl. Senatsurteil vom 25. Juni 2002 - XI ZR 239/01, WM 2002, 1687, 1688 zu der insoweit inhaltsgleichen Richtlinie vom 26. Mai 1997). Die Informationspflicht nach der Richtlinie soll den Kunden indes lediglich darüber in Kenntnis setzen, dass zwischen ihm und der Bank ein Kaufvertrag zustande kommt. Hierdurch soll der Kunde darüber informiert werden, dass das Wertpapiergeschäft für ihn verbindlich ist und er es - anders als bei der Kommission - bis zu dessen Ausführung durch die Bank nicht durch Kündigung des Vertragsverhältnisses noch verhindern kann. Auf der anderen Seite steht ihm allerdings auch ein Schadensersatzanspruch gegen die Bank zu, wenn diese die verkauften Wertpapiere nicht beschaffen kann, sofern der Abschluss des Deckungsgeschäfts nicht als Bedingung des Festpreisgeschäfts vereinbart worden war. Eine Pflicht zur Aufklärung über die Gewinnmarge lässt sich der Vorschrift - entgegen einzelnen instanzgerichtlichen Entscheidungen (OLG Frankfurt (17. Zivilsenat), ZIP 2011, 1462, 1463; vgl. auch OLG Köln, ZIP 2011, 1092, 1093 und WM 2011, 1652, 1653 f.) - nicht entnehmen.
53
Für eine Pflicht der beratenden Bank sprechen auch nicht die zu berücksichtigenden Interessen des Anlegers. Eine Pflicht zur Auskunft über das Eigengeschäft liefe, wie vorliegend schon das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, im Hinblick auf die Gewinnmarge auf die - als solche bedeutungslose - Information des Anlegers hinaus, dass die Bank ihren Kunden über Exi-stenz und Höhe der Gewinnspanne nicht aufzuklären habe. Eine Abschätzung des Gewinninteresses der Bank an dem in Aussicht genommenen Wertpapiergeschäft wäre ihm daher gar nicht möglich. Darin liegt der entscheidende Unterschied zur Rechtsprechung des Senats zu den aufklärungsbedürftigen Rückvergütungen , bei denen - unabhängig von der vertraglichen Einordnung des zugrunde liegenden Geschäfts - gerade über Existenz und Höhe der gezahlten Vertriebsprovisionen aufzuklären ist, damit der Anleger das Umsatzinteresse der beratenden Bank abschätzen kann. Die Aufklärungspflicht der Bank über Provisionen richtet sich daher nach der Rechtsnatur des objektiv vorliegenden Effektengeschäfts, während das Wissen und die Kenntnis bzw. Unkenntnis des Anlegers in Bezug auf die rechtliche Einordnung des Wertpapiergeschäfts hierfür unerheblich sind.
54
ee) Die Revision bleibt auch insoweit ohne Erfolg, als sie eine Aufklärungspflicht über die Höhe der Gewinnmarge dadurch zu begründen sucht, dem Kläger sei infolge der Pflicht zur Zahlung eines Ausgabeaufschlages von 1% des Nennwerts verdeckt geblieben, dass die Beklagte darüber hinaus noch weitere Erträge generieren werde (ähnlich Geßner, BKR 2010, 89, 95). Abgesehen davon, dass die Beklagte nicht den Eindruck erweckt hat, der Ausgabeaufschlag sei der einzige Posten, der zu einem Gewinn führt (vgl. zu falschen Angaben von Gesamtprovisionen Senatsurteil vom 29. Juni 2010 - XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rn. 23 ff.), besteht unabhängig von den oben unter e) cc) (1) und (2) genannten Fällen grundsätzlich keine Pflicht der beratenden Bank zur Aufklärung über Existenz, Höhe, Herkunft oder Zusammensetzung des mit einem empfohlenen Produkt erwirtschafteten Gewinns.
55
ff) Auf die vom Berufungsgericht darüber hinaus getroffenen Feststellungen , der Interessenkonflikt auf Seiten der Beklagten entfalle auch deshalb, weil der Verkauf der streitgegenständlichen Zertifikate im Vergleich zu anderen Produkten nicht besonders gewinnträchtig gewesen sei, kommt es demnach nicht an.
56
f) Auch der weitere Vorwurf des Klägers, die Beklagte habe ihn über die Risiken des konkreten Produkts nicht hinreichend aufgeklärt und hierdurch ihre Pflicht zur objektgerechten Beratung verletzt, trifft nicht zu.
57
aa) Entgegen der Auffassung der Revision bedurfte es keines besonde- ren Hinweises auf den von ihr geltend gemachten „Wett- bzw.Optionscharakter“ des Zertifikats.Wie die Revision nicht in Abrede stellt, wurde dem Kläger die Funktionsweise der "ProtectExpress"-Anleihe erläutert und insbesondere auf die Abhängigkeit des Zeitpunkts und der Höhe der Auszahlung des eingesetzten Kapitals samt Boni von der Entwicklung des in Bezug genommenen Aktienkorbes zu den festgelegten Bewertungsstichtagen hingewiesen. Damit war das spekulative Element der Anlage für den Kläger erkennbar. Seine Chance auf den Erhalt eines Bonus - und spiegelbildlich hierzu das entsprechende Zahlungsrisiko der Emittentin - realisierte sich nur dann, wenn der Kurs des Aktienkorbs zu bestimmten Stichtagen mindestens so hoch war wie am Anfang der Laufzeit. Trat diese Kursentwicklung nicht ein, musste die Emittentin lediglich den Anlagebetrag zurückzahlen. Dass bei einem derart strukturierten Produkt die Erwartungen der Emittentin auf der einen und des Anlegers auf der anderen Seite gegenläufig sind, ist für jeden Anleger offensichtlich. Ohne Hinzutreten besonderer Umstände wie z.B. einer bewusst zum Nachteil des Kun- den gestalteten Risikostruktur (vgl. Senatsurteil vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, WM 2011, 682 Rn. 38, für BGHZ vorgesehen), für die vorliegend indes keine Anhaltspunkte bestehen, wird hierdurch keine Aufklärungspflicht der beratenden Bank ausgelöst.
58
bb) Soweit die Revision schließlich rügt, die Beklagte hätte demKläger darstellen müssen, wie "hinreichend wahrscheinlich" bzw. "hinreichend sicher" ein auf oder über dem Niveau am anfänglichen Bewertungsstichtag (21. Dezember 2006) stehender Kurs des Aktienkorbes am ersten Feststellungstag (23. Juni 2008) war, handelt es sich dabei ersichtlich um eine von zahlreichen Unwägbarkeiten beeinflusste Prognose, die vom Berater in dem von der Revision für notwendig erachteten Maße nicht erbracht werden kann. Dass die Annahme eines entsprechenden Kursverlaufs ex ante betrachtet unvertretbar war (vgl. dazu Senatsurteile vom 21. März 2006 - XI ZR 63/05, WM 2006, 851 Rn. 12, vom 14. Juli 2009 - XI ZR 152/08, WM 2009, 1647 Rn. 49 und vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 337/08, WM 2009, 2303 Rn. 19), behauptet der Kläger selbst nicht.
59
3. Auf die vom Berufungsgericht vorsorglich erörterten weiteren Fragen, ob etwaige Aufklärungspflichtverletzungen der Beklagten schuldhaft erfolgt und für die vom Kläger getroffene Anlageentscheidung auch kausal geworden wären , kommt es nach alledem nicht an.
Wiechers Mayen Grüneberg Maihold Pamp

Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 23.06.2009 - 310 O 4/09 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 23.04.2010 - 13 U 118/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 182/10 Verkündet am:
27. September 2011
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Zur Aufklärungspflicht der beratenden Bank über ein konkret bestehendes Insolvenzrisiko der Emittentin
(hier: Lehman Brothers) beim Erwerb von Indexzertifikaten durch ihren Kunden.

b) Die beratende Bank ist beim Vertrieb von Indexzertifikaten auch dann, wenn keine konkreten Anhaltspunkte
für eine drohende Zahlungsunfähigkeit der Emittentin bestehen, verpflichtet, den Anleger
darüber aufzuklären, dass er im Falle der Zahlungsunfähigkeit der Emittentin bzw. Garantiegeberin
das angelegte Kapital vollständig verliert (allgemeines Emittentenrisiko).

c) Hat die Bank ordnungsgemäß über das allgemeine Emittentenrisiko belehrt, bedarf es daneben keines
zusätzlichen Hinweises auf das Nichteingreifen von Einlagensicherungssystemen.

d) Bei dem Verkauf von Indexzertifikaten im Wege des Eigengeschäfts (§ 2 Abs. 3 Satz 2 WpHG) besteht
keine Aufklärungspflicht der beratenden Bank über ihre Gewinnspanne. Dem steht weder die
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Offenlegung verdeckter Innenprovisionen noch diejenige
zur Aufklärungsbedürftigkeit von Rückvergütungen entgegen (im Anschluss an den Senatsbeschluss
vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 20 ff.).

e) Die beratende Bank ist aufgrund des Beratungsvertrages mit ihrem Kunden nicht verpflichtet, diesen
darüber zu informieren, dass der Zertifikaterwerb im Wege des Eigengeschäfts der Bank erfolgt.
BGH, Urteil vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. September 2011 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers, die Richterin
Mayen sowie die Richter Dr. Grüneberg, Maihold und Pamp

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 23. April 2010 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin nimmt die beklagte Sparkasse auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der inzwischen insolventen Lehman Brothers Treasury Co. B.V. in Anspruch.
2
Die Klägerin, die als selbständige Ernährungsberaterin seit 1999 ein Schlankheitsstudio betreibt, ist seit längerem Kundin der Beklagten. Das auf ihren Namen bei der Beklagten geführte Depot umfasste Ende September 2007 neben einer Kassenobligation der Beklagten sowie einer Schuldverschreibung der H. bank auch Aktien der D. AG und der C. AG, Vorzugsaktien der P. AG, Anteile an einem Investmentfonds sowie von der Klägerin vor dem hier streitigen Wertpapiergeschäft erworbene 50 U AG (London) Basket Express Zertifikate mit einem Kurswert von ca. 4.800 €.
3
Nach einem Beratungsgespräch mit einem Mitarbeiter der Beklagten am 27. September 2007, dessen Inhalt zwischen den Parteien streitig ist, erwarb die Klägerin gemäß Wertpapierabrechnung vom 19. Oktober 2007 10 "Bull Express Garant"-Anleihen der Lehman Brothers Treasury Co. B.V. (nachfolgend: Emittentin) zum Nominalwert von jeweils 1.000 € zuzüglich eines Ausgabeaufschlags von 1%. Die Zertifikate hatte die Beklagte zuvor von der Emittentin zu einem unter dem Nennwert liegenden Preis erworben und sodann aus dem Eigenbestand an die Klägerin veräußert, wobei die Beklagte gegen Anrechnung eines Abschlags vom Einstandspreis nicht platzierte Anleihen an die Emittentin zurückgeben durfte.
4
Die Rückzahlung der Zertifikate sollte in Abhängigkeit der Entwicklung des Dow Jones EURO STOXX 50 Preisindex erfolgen. Durch einen Vergleich des Startwertes des Index am anfänglichen Bewertungstag (19. Oktober 2007) mit dessen Schlusskurs am ersten Feststellungstag (26. Oktober 2009) bzw. am abschließenden Bewertungstag (19. Oktober 2011) ermittelten sich nach näherer Maßgabe der Zertifikatbedingungen Zeitpunkt und Höhe des Rückzahlbetrages. Dieser sollte - in Abhängigkeit von der Kursentwicklung am ersten Feststellungstag bzw. am abschließenden Bewertungstag - neben der Kapitalrückzahlung (ohne Ausgabeaufschlag) gegebenenfalls einen Bonus in Höhe von 15% bzw. der prozentualen Kurssteigerung des Index umfassen. In dem für den Kunden ungünstigsten Fall war die Rückzahlung des eingesetzten Kapitals ohne Ausgabeaufschlag und Bonus nach Ablauf der vierjährigen Gesamtlaufzeit vorgesehen.
5
Im September 2008 wurde die US-amerikanische Muttergesellschaft der Emittentin, die Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc., die für die Rückzahlung der Zertifikate die Garantie übernommen hatte (nachfolgend: Garantiegeberin ), insolvent. Dies zog die Insolvenz der Emittentin nach sich, so dass die Anleihen weitgehend wertlos wurden.
6
Die Klägerin verlangt, gestützt auf den Vorwurf mehrerer Beratungsfehler der Beklagten, die Rückzahlung von 10.100 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückübertragung der 10 Lehman-Zertifikate, darüber hinaus die Feststellung, dass die Beklagte sich in Annahmeverzug befinde, und die Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Das Landgericht hat der Klage bis auf einen geringen Teil der Anwaltskosten stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

A.

7
Die Revision ist uneingeschränkt zulässig (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
8
Entgegen der Revisionserwiderung ist das Rechtsmittel nicht mangels Zulassung bereits unzulässig, soweit mit ihm gerügt wird, das Berufungsgericht habe die vom Kläger geltend gemachten Pflichtverletzungen, nicht anlegergerecht beraten und insbesondere nicht hinreichend über die mit dem streitgegenständlichen Zertifikat verbundenen Risiken aufgeklärt worden zu sein, übergangen. Der Entscheidungssatz des angefochtenen Urteils enthält keinen Zusatz, der die dort zu Gunsten der Klägerin zugelassene Revision einschränkt. Die Eingrenzung des Rechtsmittels kann sich zwar auch aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 2003 - XII ZR 92/01, BGHZ 153, 358, 360 f.). Aus diesen muss dann aber mit ausreichender Klarheit hervorgehen, dass das Berufungsgericht die Möglichkeit einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nur wegen eines - tatsächlich und rechtlich selbständigen - abtrennbaren Teils seiner Entscheidung eröffnen wollte (BGH, Urteile vom 12. November 2004 - V ZR 42/04, NJW 2005, 894, 895, insoweit in BGHZ 161, 115 nicht abgedruckt, und vom 17. Januar 2008 - IX ZR 172/06, WM 2008, 748 Rn. 8; jeweils mwN). Unter diesen Voraussetzungen kann die Revisionszulassung grundsätzlich auch auf eine von mehreren zur Begründung eines Schadensersatzanspruchs wegen fehlerhafter Anlageberatung vorgetragenen Pflichtverletzungen beschränkt werden (BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2010 - III ZR 127/10, WM 2011, 526 Rn. 6).
9
Ein solcher Fall liegt hier indes nicht vor. Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision in den Entscheidungsgründen zwar nur damit begründet , der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung zu, weil die Fragen, ob eine Bank im Rahmen der Anlageberatung dem Kunden einen Hinweis auf eine von ihr erzielte Gewinnmarge aus einem Eigengeschäft bzw. neben einem Hinweis auf ein bestehendes Emittentenrisiko auch noch Aufklärung über das Nichteingreifen eines Einlagensicherungssystems schulde, bislang höchstrichterlich nicht geklärt seien. Hiermit hat es indes lediglich den Anlass der Revisionszulassung mitgeteilt, ohne die im Tenor uneingeschränkt zugelassene revisionsrechtliche Nachprüfung entsprechend beschränken zu wollen.

B.

10
Die Revision ist unbegründet.

I.

11
Das Berufungsgericht, dessen Urteil unter anderem in WM 2010, 1029 ff. veröffentlicht ist, hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
12
Der Klägerin stehe wegen des Verkaufs der Zertifikate kein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu, weil diese ihre Pflichten aus dem geschlossenen Beratungsvertrag nicht verletzt habe.
13
Dass die Beklagte die Klägerin unstreitig nicht über die von ihr bei dem Verkauf erzielte Gewinnmarge aufgeklärt habe, stelle keine Pflichtverletzung dar. Mit den der "kick back"-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zugrunde liegenden Konstellationen, an denen jeweils drei Personen beteiligt gewesen seien, sei der Streitfall nicht vergleichbar. Eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf Sachverhalte der vorliegenden Art, in denen der Anleger das Produkt direkt von der beratenden Bank erwerbe, sei nicht sachgerecht. Die Annahme einer entsprechenden Aufklärungspflicht zwinge Banken, die von ihnen im Anlagegeschäft erzielten Gewinnspannen hinsichtlich sämtlicher empfohlenen Anlagen und damit praktisch ihre gesamte Ertragsstruktur offen zu legen. Dass jedes Kreditinstitut an der Geheimhaltung dieser Daten aus Wettbewerbsgründen ein ganz erhebliches und schutzwürdiges Interesse habe, liege auf der Hand. Demgegenüber bestehe kein schutzwürdiges Interesse des Anlegers an einer derartigen Aufklärung, da jedem Marktteilnehmer, auch dem Privatanleger , der die Beratungsleistung einer Bank in Anspruch nehme, ohne hierfür eine gesonderte Vergütung zu entrichten, klar sein müsse, dass das Unternehmen aus der Leistung einen Gewinn ziehe und daher in dem für das Anlageprodukt zu entrichtenden Preis ein Entgelt für die Bank enthalten sei.
14
Das gelte nicht nur, wenn die Bank ein eigenes Produkt verkaufe, sondern auch dann, wenn - wie vorliegend - aus eigenem Bestand ein fremdes Produkt verkauft werde. Insofern könne auch offen bleiben, ob der Klägerin, wie von ihr bestritten, bekannt gewesen sei, dass die Beklagte den Verkauf als Eigengeschäft durchgeführt habe. Unstreitig seien objektiv weder Rückvergütungen noch Provisionszahlungen geflossen, sondern die Beklagte habe ihren Ertrag , abgesehen von dem in der Wertpapierabrechnung deutlich ausgewiesenen Ausgabeaufschlag von 1%, lediglich aus der Gewinnmarge als einem nicht offen zu legenden Preisbestandteil gezogen. Infolgedessen habe keine Offenbarungspflicht der Beklagten bestanden; die insoweit allein denkbare Aufklärung , dass man gerade keine verdeckten Rückflüsse erhalte oder zahle, wäre offensichtlich sinnlos gewesen.
15
Selbst wenn man aber in Bezug auf die Gewinnmarge von einem den Anleger benachteiligenden Interessenkonflikt ausgehen und daraus grundsätzlich eine Offenbarungspflicht der Bank herleiten wolle, habe jedenfalls im vorliegenden Fall keine solche Pflicht bestanden. Denn der Verkauf der LehmanZertifikate sei für die Beklagte, auch mit Blick auf ihre Gewinnaufschläge beim Verkauf alternativer Anlagen, gerade nicht besonders gewinnträchtig gewesen.
16
Gleichfalls stelle es keine Pflichtverletzung der Beklagten dar, dass im Beratungsgespräch kein ausdrücklicher Hinweis darauf erfolgt sei, dass die verkauften Zertifikate nicht der deutschen Einlagensicherung unterlagen. Ob die beratende Bank grundsätzlich einen solchen Hinweis schulde, könne dahin stehen. Jedenfalls gegenüber der Klägerin, die über das mit den erworbenen Lehman-Zertifikaten verbundene Emittentenrisiko aufgeklärt worden sei, sei eine solche Aufklärung nicht geschuldet gewesen. Ihr komme neben dem Hinweis auf das Emittentenrisiko keine eigenständige Bedeutung mehr zu, da sie einem Kunden, der schon bereit sei, das Insolvenzrisiko der Emittentin zu tra- gen, keine zusätzlichen, für die Anlageentscheidung wesentlichen Informationen liefere. Im Streitfall habe die Klägerin schon nicht dargelegt, jedenfalls aber nicht bewiesen, nicht gehörig über das Emittentenrisiko aufgeklärt worden zu sein. Weitergehende Risikohinweise, als sie nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Beratungsgespräch erfolgt seien, habe die Beklagte nicht geschuldet. Im Übrigen sei der Klägerin nach dem Erwerb der von ihr nach ihrer eigenen Einlassung als risikoreich erkannten U. Anleihe geläufig gewesen, dass Papiere dieser Art nicht risikofrei seien.
17
Die Struktur der streitgegenständlichen Anlage habe ebenfalls keine weitergehenden Risikohinweise erfordert. Aufgrund des vollständigen Kapitalschutzes zum Laufzeitende habe sich das Zertifikat, die Bonität der Emittentin vorausgesetzt , aus damaliger Sicht nicht als spekulative Anlage dargestellt. Auf die Bonität der Muttergesellschaft der Emittentin und Garantin der Anleihe habe insbesondere angesichts der im Oktober 2007 noch gültigen exzellenten Ratings der drei führenden Rating-Agenturen vertraut werden können. Auch im Übrigen habe die Klägerin eine nicht anleger- oder nicht anlagegerechte Beratung nicht dargelegt.
18
Sofern man demgegenüber im Unterlassen der Aufdeckung der Handelsspanne und/oder in der unterbliebenen Aufklärung zur fehlenden Einlagensicherung eine Pflichtverletzung der Beklagten sehen wolle, habe sie einen solchen Pflichtenverstoß jedenfalls nicht zu vertreten. Für die Beklagte habe im Herbst 2007 keine Veranlassung bestanden, von diesbezüglichen Hinweispflichten auszugehen. Zumindest fehle es aber an der erforderlichen Kausalität etwaiger Pflichtverletzungen für die Anlageentscheidung. Die Klägerin habe nicht hinreichend dargelegt, dass sie sich bei entsprechender Aufklärung gegen den Kauf der Lehman-Zertifikate entschieden hätte.

II.

19
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
20
1. Nach den unangegriffenen und rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts ist zwischen den Parteien ein Beratungsvertrag geschlossen worden.
21
2. Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Beklagte ihre Pflichten aus diesem Beratungsvertrag nicht verletzt hat.
22
a) Die beratende Bank ist zu einer anleger- und objektgerechten Beratung verpflichtet (Senatsurteil vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128 f.). Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen dabei von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes , sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben (Senatsurteile vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128 f., vom 7. Oktober 2008 - XI ZR 89/07, BGHZ 178, 149 Rn. 12, vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441,1442 und vom 14. Juli 2009 - XI ZR 152/08, WM 2009, 1647 Rn. 49). In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Während die Bank über diese Umstände richtig, sorgfältig, zeitnah, vollständig und für den Kunden verständlich zu unterrichten hat (Senatsurteile vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 129, vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442 und vom 21. März 2006 - XI ZR 63/05, WM 2006, 851 Rn. 12), muss die Bewertung und Empfehlung des Anlageobjekts unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten lediglich ex ante betrachtet vertretbar sein. Das Risiko, dass eine aufgrund anleger- und objektgerechter Beratung getroffene Anlageentscheidung sich im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (Senatsurteile vom 21. März 2006 - XI ZR 63/05, WM 2006, 851 Rn. 12, vom 14. Juli 2009 - XI ZR 152/08, WM 2009, 1647 Rn. 49 und vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 337/08, WM 2009, 2303 Rn. 19).
23
b) Ausgehend von diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht zutreffend angenommen, dass die Beklagte ihre Pflicht zur objektgerechten Beratung nicht deshalb verletzt hat, weil sie die Klägerin im Beratungsgespräch am 27. September 2007 nicht über ein konkret bestehendes Insolvenzrisiko der Emittentin oder der Garantiegeberin aufgeklärt hat. Auch die Revision erhebt insoweit keine Rügen.
24
Allerdings musste die Beklagte, die die in Rede stehenden Zertifikate in ihr eigenes Anlageprogramm aufgenommen und sie empfohlen hat, diese zuvor selbst mit banküblichem kritischen Sachverstand überprüfen (vgl. Senatsurteile vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 129, vom 7. Oktober 2008 - XI ZR 89/07, BGHZ 178, 149 Rn. 12 und vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 337/08, WM 2009, 2303 Rn. 15). Das gilt auch hinsichtlich der Bonität der konkreten Emittentin bzw. Garantiegeberin, die für die Risikobeurteilung eines Zertifikats von maßgeblicher Bedeutung ist. Eine Haftung der Beklagten käme nach dem Schutzzweck der gegebenenfalls verletzten Prüf- und Offenbarungspflicht dann in Betracht, wenn bei dieser Prüfung auch ein Risiko erkennbar geworden wäre, über das die Klägerin hätte aufgeklärt werden müssen oder wenn erkennbar geworden wäre, dass eine Empfehlung der Kapitalanlage nicht anleger - oder objektgerecht ist (vgl. Senatsurteile vom 7. Oktober 2008 - XI ZR 89/07, BGHZ 178, 149 Rn. 14 und vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 337/08, WM 2009, 2303 Rn. 17). Jedenfalls daran fehlt es hier. Es sind keine Umstände festgestellt oder dargetan, aus denen sich ergibt, dass ein konkretes Insolvenzrisiko , sollte es bereits zum Zeitpunkt des Beratungsgesprächs Ende September 2007 bestanden haben, für die Beklagte bei einer ordnungsgemäßen Prüfung der empfohlenen Kapitalanlage erkennbar gewesen wäre. Nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts waren die Bonitätsbewertungen (Ratings) der Garantiegeberin seinerzeit weiterhin so positiv, dass Zweifel an ihrer Zahlungsfähigkeit nicht aufkommen mussten. Das greift die Klägerin mit der Revision nicht an.
25
c) Ebenso wenig lässt die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin sei hinsichtlich der generellen Abhängigkeit der Rückzahlung von der Bonität der Emittentin bzw. Garantiegeberin (sog. allgemeines Emittentenrisiko) hinreichend aufgeklärt worden, einen Rechtsfehler erkennen.
26
aa) Indexzertifikate wie die hier in Rede stehende "Bull Express Garant"Anleihe sind strukturierte Finanzprodukte in der Form einer Inhaberschuldverschreibung , die den Anspruch des Inhabers gegen den Emittenten auf Zahlung eines Geldbetrages verbriefen, dessen Höhe vom Stand der zugrunde gelegten Basiswerte (sog. Underlyings) abhängt (Senatsurteil vom 13. Juli 2004 - XI ZR 178/03, BGHZ 160, 58, 62 mwN; Fuchs in Fuchs, WpHG, § 31 Rn. 178; Kumpan in Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts-Kommentar, 4. Aufl., § 2 WpHG Rn. 29). Da hier - anders als beispielsweise bei Investmentfonds nach dem Investmentgesetz (vgl. § 30 Abs. 1 Satz 2 InvG) - kein vom sonstigen Vermögen des Emittenten getrenntes Sondervermögen gebildet wird, trägt der Anleger nicht nur das Marktrisiko in Bezug auf den zugrunde gelegten Basiswert , sondern darüber hinaus auch das Bonitätsrisiko des Emittenten (Köndgen/ Schmies in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 3. Aufl., § 113 Rn. 56; Mülbert, WM 2007, 1149, 1151; Podewils/Reisich, NJW 2009, 116, 117; Veil, WM 2009, 1585; Witte/Mehrbrey, ZIP 2009, 744, 745). Selbst wenn sich der Basiswert, in den der Anleger mit Erwerb des Zertifikats investiert hat, für ihn günstig entwickelt, wird das Zertifikat zum Verlustgeschäft, wenn der Emittent am Ende der Laufzeit den nach den Anlagebedingungen fälligen Rückzahlungsbetrag nicht aufbringen kann. Zu einer vollständigen Risikodarstellung der Anlageform des Zertifikats gehört mithin auch, dass der Anleger erkennen kann, dass die Rückzahlung generell von der Bonität der jeweiligen Emittentin bzw. Garantiegeberin zum Zeitpunkt der Rückzahlbarkeit der Anleihe abhängt (ebenso Bausch, BB 2009, 1832, 1833; Knops, BB 2008, 2535, 2537; Podewils/ Reisich, NJW 2009, 116, 118; zu § 31 WpHG Fuchs in Fuchs, WpHG, § 31 Rn. 179; Koller in Assmann/Schneider, WpHG, 4. Aufl., § 31 Rn. 126; vgl. auch Senatsurteil vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442). Auch wenn bezogen auf die konkrete Emittentin zum Zeitpunkt der Beratung keine Anhaltspunkte für eine drohende Zahlungsunfähigkeit bestehen, kann es für die Entscheidung des Anlegers dennoch von wesentlicher Bedeutung sein, dass er dieses Risiko - anders als bei anderen Anlageformen - bezogen auf die gesamte Laufzeit des Zertifikats übernimmt.
27
Keine Rolle spielt in diesem Zusammenhang, dass die beratende Bank davon ausgehen kann, dass das theoretisch immer bestehende Insolvenzrisiko eines Schuldners allgemein bekannt und daher in der Regel nicht aufklärungsbedürftig ist (so Hannöver in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch , 3. Aufl., § 110 Rn. 38; Nobbe, WuB I G 1. - 11.10; für spekulative Anleger OLG Schleswig, WM 1996, 1487, 1488). Selbst wenn dem durchschnittlichen Anleger allgemein bewusst ist, dass Unternehmen - auch Banken - zahlungsunfähig werden können, so heißt dies nicht, dass er sich auch bewusst ist, dieses Risiko mangels Bildung eines Sondervermögens mit Erwerb eines Zertifikats in Bezug auf die jeweilige Emittentin und Garantiegeberin zu übernehmen. Letzte- res kann nicht als allgemein bekannt vorausgesetzt werden. Grundsätzlich ist damit im Rahmen eines Beratungsvertrages über die generelle Abhängigkeit der Rückzahlung des empfohlenen Zertifikats von der Bonität der Emittentin bzw. Garantiegeberin (sog. allgemeines Emittentenrisiko) aufzuklären. Der Anleger muss informiert sein, dass er im Falle der Zahlungsunfähigkeit der Emittentin bzw. Garantiegeberin das angelegte Kapital vollständig verliert.
28
bb) Eine solche Aufklärung ist hier nach der für die Revisionsinstanz zugrunde zu legenden tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts, die Klägerin sei nach der Aussage des Mitarbeiters der Beklagten, des Zeugen L. , während des Beratungsgesprächs am 27. September 2007 über das allgemeine Emittentenrisiko aufgeklärt worden, erfolgt.
29
Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters und nur eingeschränkt daraufhin zu überprüfen, ob der Tatrichter sich mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen die Denk- und Erfahrungsgesetze verstößt (vgl. Senatsurteil vom 29. Juni 2010 - XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rn. 38; BGH, Urteil vom 30. Oktober 2007 - VI ZR 132/06, NJW 2008, 571, Rn. 8 mwN). Derartige Rechtsfehler zeigt weder die Revision auf noch sind sie sonst ersichtlich. Vielmehr stellt das Berufungsgericht unangegriffen und rechtsfehlerfrei fest, dass die Klägerin wusste, dass es sich bei der verbrieften Forderung um eine solche gegen eine US-amerikanische Investmentbank handelte, dass sie - auch anhand der von dem Zeugen L. im Beratungsgespräch genutzten Bildschirmpräsentation - auf deren hervorragendes Rating hingewiesen wurde, und der Zeuge sinngemäß äußerte, "wenn dieser Herausgeber pleite geht, dann ist das Geld weg". Vor diesem Hintergrund kommt es nicht mehr darauf an, ob der Klägerin der ausdrücklich auf das allgemeine Emittentenrisiko hinweisende Produktflyer zur "Bull Express Garant"-Anleihe rechtzeitig vor Zeichnung der Zertifikate übergeben wurde. Denn der Klägerin musste, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, schon aufgrund der mündlichen Erläuterung der Anleihe durch den Zeugen L. klar sein, dass die Rückzahlung des eingesetzten Kapitals (auch) von der Bonität der Emittentin abhängt. Wenn das Berufungsgericht daher die Darstellung der zum Zeitpunkt des Beratungsgesprächs schon seit geraumer Zeit als selbständige Geschäftsfrau tätigen Klägerin, sie habe diese Ausführungen zwar nicht verstanden, das Papier aber dennoch gekauft, für insgesamt unplausibel erachtet hat, ist dies aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
30
d) Das Berufungsgericht hat ebenfalls mit Recht angenommen, dass es keines zusätzlichen Hinweises auf das Nichteingreifen von Einlagensicherungssystemen bedarf, wenn die Aufklärung über das allgemeine Emittentenrisiko erfolgt ist oder eine dahingehende Aufklärungspflicht deshalb entfällt, weil der konkrete Anleger das generelle Gegenparteirisiko bei Zertifikaten - beispielsweise aus seinem bisherigen Anlageverhalten - kennt oder er sich insoweit als erfahren geriert (dazu Senatsurteil vom 28. September 2004 - XI ZR 259/03, WM 2004, 2205, 2206 mwN).
31
aa) Inhaberschuldverschreibungen unterfallen nicht dem Einlagen- und Anlegerschutzgesetz (§ 1 Abs. 2 Satz 2 EAEG; Fischer in Boos/Fischer/ Schulte-Mattler, KWG, 3. Aufl., § 23a Rn. 60). Generell gilt ferner, dass sie weder vom Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken e.V. (§ 6 Abs. 1a des Statuts; dazu Fischer in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts -Handbuch, 3. Aufl., § 133 Rn. 62) noch vom Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands Öffentlicher Banken e.V. (§ 14 Nr. 3 Satz 1 der Satzung) umfasst werden. Die im Streitfall für die Beklagte maßgebliche Institutssicherung des Sparkassenstützungsfonds des Hanseatischen Sparkassen- und Gi- roverbandes greift nicht ein, weil Schuldner des durch die "Bull Express Garant" -Anleihe verbrieften Anspruchs nicht die Beklagte selbst ist (§ 2 Satz 3 der Satzung; vgl. Podewils/Reisich, NJW 2009, 116, 117).
32
bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass diesem Umstand dann keine eigenständige Bedeutung für die Anlageentscheidung mehr zukommt, wenn der Kunde bereits über das von ihm zu tragende Insolvenzrisiko der Emittentin aufgeklärt wurde. Denn für den Anleger ist es in einem solchen Falle unerheblich, ob er des eingezahlten Kapitals (nur) wegen einer - von ihm bewusst in Kauf genommenen - möglichen Zahlungsunfähigkeit des Emittenten verlustig geht, oder weil dieses Risiko nicht zusätzlich durch Einlagensicherungssysteme gedeckt ist. Weiß der Kunde um die Möglichkeit eines Totalverlustes , kann er nicht gleichzeitig auf das Eingreifen einer Einlagensicherung vertrauen (so auch OLG Bamberg, WM 2010, 1354, 1357; OLG München, WM 2010, 2115, 2117; OLG Celle, Beschluss vom 17. September 2010 - 3 U 154/10, juris Rn. 26; OLG Frankfurt, WM 2010, 2111, 2115; OLG Düsseldorf, WM 2011, 399, 404; Bausch, BB 2009, 1832, 1833; ders. BKR 2010, 257, 259; aA Maier, VuR 2009, 369, 370).
33
Eine hiervon zu trennende andere Frage ist es, ob einem Anleger, der ausdrücklich eine "sichere" Geldanlage wünscht, eine Anlageform empfohlen werden darf, für die keine Einlagensicherung besteht (vgl. hierzu Senatsurteil vom 14. Juli 2009 - XI ZR 152/08, WM 2009, 1647 Rn. 50 f.). Auf diese - den Bereich der anlegergerechten Beratung betreffende - Fragestellung kommt es im Streitfall jedoch schon deshalb nicht an, weil das Berufungsgericht die Behauptung der Klägerin, zu Beginn der Beratung den Wunsch nach einer sicheren Anlage geäußert zu haben, für nicht bewiesen erachtet hat. Diese tatrichterliche Würdigung greift die Revision nicht an.
34
cc) Anders als die Revision ausführt, steht diesem Ergebnis nicht die für Kreditinstitute in § 23a Abs. 1 Sätze 3 und 4 KWG normierte - aufsichtsrechtliche - Hinweispflicht entgegen. Denn mit der Aufklärung darüber, dass der Kunde beim Erwerb von Zertifikaten das Bonitätsrisiko des Emittenten übernimmt, ist zugleich - wie es das Kreditwesengesetz fordert - klargestellt, dass für den Fall der Realisierung dieses Risikos hinsichtlich der gewählten Anlage kein Einlagensicherungssystem eingreift.
35
e) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht zu Recht auch eine Pflicht der Beklagten zur Aufklärung über die Gewinnmarge der von ihr an die Klägerin verkauften Zertifikate verneint.
36
aa) In der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum ist umstritten , ob eine Bank eine Pflicht zur Offenlegung der Handelsspanne trifft. Ganz überwiegend wird dies verneint (OLG Celle, ZIP 2010, 876, 878; OLG Dresden, WM 2010, 1403, 1405; OLG Bamberg, WM 2010, 1354, 1357 f.; OLG Düsseldorf, WM 2010, 1943, 1945 und WM 2011, 399, 405; OLG Frankfurt (9. Zivilsenat), WM 2010, 2111, 2112 f. und WM 2011, 880, 882; OLG Karlsruhe, WM 2011, 353, 355 f. und WM 2011, 883, 884 f.; OLG Köln, ZIP 2011, 1092, 1093 und WM 2011, 1652, 1653; Assmann, ZIP 2009, 2125, 2130; Spindler, WM 2009, 1821, 1824 ff.; Lang/Balzer, ZIP 2009, 456, 457; Harnos/ Rudzio, BKR 2010, 259, 260; Lang/Bausch, WM 2010, 2101, 2106 f.; Jooß, WM 2011, 1260, 1263; Arnold, WuB I G 1. - 11.09; Blankenheim WuB I G 1. - 13.09; Nobbe, WuB I G 1. - 5.10 und 11.10; Siol, WuB I G 1. - 9.09). Eine Mindermeinung hingegen bejaht dies (OLG Frankfurt (17. Zivilsenat), ZIP 2010, 2039, 2040 f. und ZIP 2011, 1462, 1463; Maier, VuR 2009, 369, 371; Zingel/Rieck, BKR 2009, 353, 354; Buck-Heeb, BKR 2010, 1 ff.; Geßner, BKR 2010, 89, 95; Märker, NJOZ 2010, 524, 528; wohl auch Koch, BKR 2010, 177, 184).
37
bb) Die erstgenannte Auffassung trifft zu. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist eine Bank, die eigene Anlageprodukte empfiehlt, grundsätzlich nicht verpflichtet, darüber aufzuklären, dass sie mit diesen Produkten Gewinne erzielt; denn in einem solchen Fall ist es für den Kunden offensichtlich , dass die Bank eigene (Gewinn-)Interessen verfolgt, so dass darauf nicht gesondert hingewiesen werden muss (vgl. nur zuletzt Senatsurteil vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, WM 2011, 682 Rn. 38 mwN, für BGHZ bestimmt). Nichts anderes gilt, wenn - wie hier - fremde Anlageprodukte im Wege des Eigengeschäfts (§ 2 Abs. 3 Satz 2 WpHG) zu einem über dem Einkaufspreis liegenden Preis veräußert werden (vgl. zum Eigenhandel schon BGH, Urteil vom 18. März 1959 - IV ZR 155/58, WM 1959, 999, 1001).
38
cc) Dem steht - anders als die Revision meint - weder die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Offenlegung versteckter Innenprovisionen, noch diejenige zur Aufklärungsbedürftigkeit von Rückvergütungen entgegen.
39
(1) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (unter anderem Urteile vom 1. März 2004 - II ZR 88/02, WM 2004, 928, 930 und vom 2. Februar 2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110, 118) muss unter bestimmten Umständen zwar über Existenz und Höhe von Innenprovisionen aufgeklärt werden , weil sie Einfluss auf die Werthaltigkeit der vom Anleger erworbenen Anlage haben und deswegen bei ihm insoweit eine Fehlvorstellung hervorrufen können. Unter Innenprovisionen sind danach nicht ausgewiesene Vertriebsprovisionen zu verstehen, die in Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Kaufobjekts - versteckt - enthalten sind (vgl. Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 22). Indes fallen die hier in Rede stehenden Einkaufsrabatte nicht unter diese Definition, so dass schon deshalb eine Aufklärungspflicht zu verneinen ist. Das Interesse der Anleger an dem Erwerb einer werthaltigen Anlage wird bereits durch die aus dem Beratungsvertrag fließende Pflicht zur objektgerechten Beratung geschützt. Zudem wird dadurch, dass die Bank beim Einkauf der Zertifikate einen geringeren Preis zahlt, als sie ihrerseits bei der Weiterveräußerung dem Anleger in Rechnung stellt, nicht der Wert des Papiers beeinträchtigt.
40
(2) Nach der Rechtsprechung des Senats ist eine Bank aus dem Beratungsvertrag ferner verpflichtet, über ihr zufließende Rückvergütungen aus Vertriebsprovisionen aufzuklären (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 22 f.; Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 12 f. und vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 20). Aufklärungspflichtige Rückvergütungen liegen dann vor, wenn beispielsweise Teile der Ausgabeaufschläge oder Verwaltungsgebühren, die der Kunde an einen Dritten zahlt, hinter seinem Rücken an die beratende Bank - regelmäßig umsatzabhängig - zurückfließen, so dass diese ein für den Kunden nicht erkennbares besonderes Interesse hat, gerade dieses Produkt zu empfehlen (Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 22; Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 12 f. und vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 25).
41
Eine aufklärungspflichtige Rückvergütung in diesem Sinne liegt hier nicht vor. Sie setzt ein Dreipersonenverhältnis voraus (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 4), wie es etwa für ein Kommissionsgeschäft üblich ist. Dagegen besteht ein solches Verhältnis bei einem Festpreisgeschäft, wie es nach den insoweit bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts hier im Wege des Eigengeschäfts abgeschlossen wurde, nicht. Darin, dass das Berufungsgericht festgestellt hat, der Verkauf der Zertifikate an die Klägerin sei im Wege des Eigengeschäfts erfolgt, und zugleich offen gelassen hat, ob der Klägerin dies bekannt war, liegt entgegen der Auffassung der Revision kein Widerspruch, da es für die Frage, wie die Beklagte die Annahme ihres Verkaufsangebots durch die Klägerin verstehen konnte, maßgeblich auf ihren Empfängerhorizont ankommt.
42
(3) Soweit die Revision unter Hinweis auf das Kommissionsgeschäft darauf abzielt, die Senatsrechtsprechung zu aufklärungspflichtigen Rückvergütungen auf den Wertpapiererwerb im Wege des Eigengeschäfts zu übertragen, kann ihr nicht gefolgt werden.
43
Bei der Abwicklung eines Wertpapierkaufs im Wege des Eigengeschäfts fehlt es an einem vergleichbaren - offen zu legenden - Interessenkonflikt der beratenden Bank, wie er nach den oben unter (2) dargestellten Rechtsprechungsgrundsätzen bei Rückvergütungen besteht. Nach den unangegriffenen und rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts erwirtschaftete die Beklagte ihren Ertrag vorliegend nur aus dem offen ausgewiesenen und direkt an sie gezahlten Ausgabeaufschlag von 1% des Nominalwertes sowie aus der Differenz des Einkaufspreises von 97,25% zum Nennwert. Daneben gab es keine an die Emittentin zu entrichtenden und hinter dem Rücken der Klägerin an die Beklagte zurückfließenden Posten. Nach der gesetzgeberischen Grundentscheidung trifft die Bank als Verkäuferin der vom Anleger georderten Wertpapiere - anders als etwa den Kommissionär für den Anleger in Bezug auf die erhaltenen Provisionen - keine Pflicht zur Offenlegung ihrer Gewinn- oder Handelsspanne. Der Preis des Deckungsgeschäfts muss dem Kunden nicht offenbart werden, im Gegenzug hat die Bank keine Provisions- oder Aufwendungsersatzansprüche.
44
Diese gesetzgeberische Grundentscheidung ist auch im Rahmen des neben dem Kaufvertrag abgeschlossenen Beratungsvertrags zu beachten. Die Interessen des Anlegers werden, wie dargelegt, durch die Pflichten der Bank zu einer anleger- und objektgerechten Beratung hinreichend geschützt. In Bezug auf offensichtliche Umstände wie das dem Kaufvertrag immanente Gewinninteresse der Bank als Verkäuferin kommt hiernach eine unterschiedliche Behandlung beider Vertragsverhältnisse nicht in Betracht. Was für den Kunden im Rahmen des Kaufvertrags offensichtlich ist, lässt innerhalb des Beratungsvertrags seine Schutzwürdigkeit entfallen (vgl. auch Buck-Heeb, jurisPR-BKR 2/2011 Anm. 4).
45
(4) Die Revision kann sich in diesem Zusammenhang ferner nicht mit Erfolg auf Bestimmungen des europäischen Rechts, insbesondere nicht auf die Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates - Finanzmarktrichtlinie - (ABl. L 145/1) sowie die hierzu ergangene Richtlinie 2006/73/EG der Kommission vom 10. August 2006 - Durchführungsrichtlinie - (ABl. L 241/26) berufen. Nach Art. 19 Abs. 1 der Finanzmarktrichtlinie "schreiben" die Mitgliedstaaten "vor, dass eine Wertpapierfirma bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und/oder gegebenenfalls Nebendienstleistungen für ihre Kunden ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse ihrer Kunden handelt" und insbesondere den in den nachfolgenden Absätzen dieser Bestimmung näher geregelten Grundsätzen genügt. Gemäß Art. 26 Abs. 1 der Durchführungsrichtlinie "sorgen" die Mitgliedstaaten "dafür, dass Wertpapierfirmen nicht als ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse eines Kunden handelnd gelten, wenn sie im Zusammenhang mit der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder Nebendienstleistungen für den Kunden eine Gebühr oder Provision zahlen oder erhalten oder wenn sie eine nicht in Geldform angebotene Zuwendung gewähren oder annehmen", es sei denn, einer der in dieser Vorschrift näher geregelten Ausnahmefälle greift ein. Entgegen der Auffassung der Revision ergeben sich hieraus im Streitfall keine unmittelbaren Rechtswirkungen zugunsten der Anleger.
46
Zwar kann Bestimmungen einer Richtlinie auch dann, wenn sie, wie dies hier sowohl bei der Finanzmarktrichtlinie (Art. 73) als auch der Durchführungsrichtlinie (Art. 55) der Fall ist, die Mitgliedstaaten zu Normadressaten erklärt, nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union unter bestimmten Voraussetzungen unmittelbare Wirkung zukommen. Dies setzt jedoch - neben weiteren Anforderungen - voraus, dass die betreffenden Richtlinienbestimmungen inhaltlich unbedingt und hinreichend bestimmt sind (grundlegend EuGH, NJW 1982, 499, 500, dazu BVerfG NJW 1988, 1459, 1460 f.; vgl. auch EuGH NJW 2007, 2029, 2031; Marly in Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, 40. Aufl., Art. 22 Rn. 8 mwN). Unbedingt ist eine Richtlinienbestimmung , wenn sie nicht mit einer Bedingung oder einem anderen Vorbehalt versehen ist und ihrem Wesen nach keiner weiteren Maßnahmen der Gemeinschaftsorgane oder der Mitgliedstaaten bedarf. Die Bestimmung muss hierzu Voraussetzungen und Rechtsfolgen festlegen, also justiziabel sein. Eine unmittelbare Wirkung ist demnach ausgeschlossen, wenn der Eintritt einer gemeinschaftsrechtlich vorgesehenen Rechtsfolge von einer gestalterischen Entscheidung des Mitgliedstaates oder eines Gemeinschaftsorgans abhängt (vgl. Gellermann in Handbuch des Rechtsschutzes in der EU, 2. Aufl., § 33 Rn. 29; Callies/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl., Art. 288 AEUV Rn. 54; Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl., Vorbem. Rn. 12).
47
Danach ergeben sich - eindeutig - weder aus Art. 19 der Finanzmarktrichtlinie noch aus Art. 26 der Durchführungsrichtlinie unmittelbare beratungsvertragliche Rechtswirkungen zugunsten der Anleger im Verhältnis zur Bank. Beide Bestimmungen überlassen es ausdrücklich den Mitgliedstaaten, "vorzuschreiben" bzw. "dafür zu sorgen", dass Wertpapierunternehmen in der dort näher beschriebenen Weise im bestmöglichen Interesse der Kunden handeln. Für die Art und Weise der Umsetzung dieser Vorgabe geben sie keine Regelung vor; diese bleibt vielmehr vollständig den Mitgliedstaaten überlassen. Insbesondere unterliegt es danach deren eigener Entscheidung, ob diese Umsetzung in zivil- oder aufsichtsrechtlicher Form geschieht. Der deutsche Gesetzgeber hat in Gestalt des Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes (FRUG) vom 16. Juli 2007 (BGBl. I S. 1330) und der hierdurch zum 1. November 2007 in Kraft getretenen Änderungen des Gesetzes über den Wertpapierhandel (WpHG) die Umsetzung nicht auf zivil-, sondern auf aufsichtsrechtlicher Ebene vorgenommen (vgl. Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 3. Aufl., Rn. 981; Mülbert, WM 2007, 1149, 1155). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Urteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 18) bewirken aufsichtsrechtliche Bestimmungen regelmäßig weder eine Begrenzung noch eine Erweiterung der zivilrechtlich zu beurteilenden Haftung des Anlageberaters (vgl. auch Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 3. Aufl., Rn. 981). Schon aus diesem Grund lässt sich vorliegend aus den dargestellten Richtlinienbestimmungen für die Frage einer Aufklärungspflicht der Beklagten über ihre Gewinnmarge beim Eigenhandel nichts Entscheidendes herleiten.
48
dd) Für den von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruch ist es ferner ohne Belang, ob ihr - wie sie bestreitet - bekannt war, dass der Erwerb der Zertifikate im Wege eines Eigengeschäfts der Beklagten erfolgte. Die beratende Bank ist aufgrund des Beratungsvertrages mit ihrem Kunden nicht verpflichtet, diesen darüber zu informieren, dass der Zertifikaterwerb im Wege des Eigengeschäfts der Bank erfolgt. Die unterbliebene Aufklärung ver- mag daher keinen Schadensersatzanspruch des Anlegers zu begründen.
49
Zwar ergab sich - jedenfalls aufsichtsrechtlich - eine bereits bei Abschluss des Festpreisgeschäfts zu erfüllende Informationspflicht der Beklagten aus Teil B Nr. 3.3 Abs. 5 der Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel vom 23. August 2001 (BAnz. 2001, S. 19 217; vgl. Senatsurteil vom 25. Juni 2002 - XI ZR 239/01, WM 2002, 1687, 1688 zu der insoweit inhaltsgleichen Richtlinie vom 26. Mai 1997). Die Informationspflicht nach der Richtlinie soll den Kunden indes lediglich darüber in Kenntnis setzen, dass zwischen ihm und der Bank ein Kaufvertrag zustande kommt. Hierdurch soll der Kunde darüber informiert werden, dass das Wertpapiergeschäft für ihn verbindlich ist und er es - anders als bei der Kommission - bis zu dessen Ausführung durch die Bank nicht durch Kündigung des Vertragsverhältnisses noch verhindern kann. Auf der anderen Seite steht ihm allerdings auch ein Schadensersatzanspruch gegen die Bank zu, wenn diese die verkauften Wertpapiere nicht beschaffen kann, sofern der Abschluss des Deckungsgeschäfts nicht als Bedingung des Festpreisgeschäfts vereinbart worden war. Eine Pflicht zur Aufklärung über die Gewinnmarge lässt sich der Vorschrift - entgegen einzelnen instanzgerichtlichen Entscheidungen (OLG Frankfurt (17. Zivilsenat), ZIP 2011, 1462, 1463; vgl. auch OLG Köln, ZIP 2011, 1092, 1093 und WM 2011, 1652, 1653 f.) - nicht entnehmen.
50
Für eine Pflicht der beratenden Bank sprechen auch nicht die zu berücksichtigenden Interessen des Anlegers. Eine Pflicht zur Auskunft über das Eigengeschäft liefe, wie vorliegend schon das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, im Hinblick auf die Gewinnmarge auf die - als solche bedeutungslose - Information des Anlegers hinaus, dass die Bank ihren Kunden über Existenz und Höhe der Gewinnspanne nicht aufzuklären habe. Eine Abschätzung des Gewinninteresses der Bank an dem in Aussicht genommenen Wertpapiergeschäft wäre ihm daher gar nicht möglich. Darin liegt der entscheidende Unterschied zur Rechtsprechung des Senats zu den aufklärungsbedürftigen Rück- vergütungen, bei denen - unabhängig von der vertraglichen Einordnung des zugrunde liegenden Geschäfts - gerade über Existenz und Höhe der gezahlten Vertriebsprovisionen aufzuklären ist, damit der Anleger das Umsatzinteresse der beratenden Bank abschätzen kann. Die Aufklärungspflicht der Bank über Provisionen richtet sich daher nach der Rechtsnatur des objektiv vorliegenden Effektengeschäfts, während das Wissen und die Kenntnis bzw. Unkenntnis des Anlegers in Bezug auf die rechtliche Einordnung des Wertpapiergeschäfts hierfür unerheblich sind.
51
ee) Die Revision bleibt auch insoweit ohne Erfolg, als sie eine Aufklärungspflicht über die Höhe der Gewinnmarge dadurch zu begründen sucht, der Klägerin sei infolge der Pflicht zur Zahlung eines Ausgabeaufschlages von 1% des Nennwerts verdeckt geblieben, dass die Beklagte darüber hinaus noch weitere Erträge generieren werde (ähnlich Geßner, BKR 2010, 89, 95). Abgesehen davon, dass die Beklagte nicht den Eindruck erweckt hat, der Ausgabeaufschlag sei der einzige Posten, der zu einem Gewinn führt (vgl. zu falschen Angaben von Gesamtprovisionen Senatsurteil vom 29. Juni 2010 - XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rn. 23 ff.), besteht unabhängig von den oben unter e) cc) (1) und (2) genannten Fällen grundsätzlich keine Pflicht der beratenden Bank zur Aufklärung über Existenz, Höhe, Herkunft oder Zusammensetzung des mit einem empfohlenen Produkt erwirtschafteten Gewinns.
52
ff) Auf die vom Berufungsgericht darüber hinaus getroffenen Feststellungen , der Interessenkonflikt auf Seiten der Beklagten entfalle auch deshalb, weil der Verkauf der streitgegenständlichen Zertifikate im Vergleich zu anderen Produkten nicht besonders gewinnträchtig gewesen sei, kommt es demnach nicht an.
53
f) Auch der weitere Vorwurf der Klägerin, die Beklagte habe sie über die Risiken des konkreten Produkts nicht hinreichend aufgeklärt und hierdurch ihre Pflicht zur objektgerechten Beratung verletzt, trifft nicht zu.
54
aa) Entgegen der Auffassung der Revision bedurfte es keines besonderen Hinweises auf den von ihr geltend gemachten "Wett- bzw. Optionscharakter" des Zertifikats. Wie die Revision nicht in Abrede stellt, wurde der Klägerin die Funktionsweise der "Bull Express Garant"-Anleihe erläutert. Die nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts von dem Zeugen L. hierzu verwendete Bildschirmpräsentation enthielt insbesondere Hinweise auf die Abhängigkeit des Zeitpunkts und der Höhe der Auszahlung des eingesetzten Kapitals samt Boni von der Entwicklung des in Bezug genommenen Index zu den festgelegten Bewertungsstichtagen. Damit war das spekulative Element der Anlage für die Klägerin erkennbar. Ihre Chance auf den Erhalt eines Bonus - und spiegelbildlich hierzu das entsprechende Zahlungsrisiko der Emittentin - realisierte sich nur dann, wenn der Kurs des Dow Jones EURO STOXX 50 Preisindex zu bestimmten Stichtagen mindestens so hoch war wie am Anfang der Laufzeit. Trat diese Kursentwicklung nicht ein, musste die Emit- tentin lediglich den Anlagebetrag zurückzahlen. Dass bei einem derart strukturierten Produkt die Erwartungen der Emittentin auf der einen und des Anlegers auf der anderen Seite gegenläufig sind, ist für jeden Anleger offensichtlich. Ohne Hinzutreten besonderer Umstände wie z.B. einer bewusst zum Nachteil des Kunden gestalteten Risikostruktur (vgl. Senatsurteil vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, WM 2011, 682 Rn. 38, für BGHZ vorgesehen), für die vorliegend indes keine Anhaltspunkte bestehen, wird hierdurch keine Aufklärungspflicht der beratenden Bank ausgelöst.
55
bb) Soweit die Revision schließlich rügt, die Beklagte hätteder Klägerin darstellen müssen, wie "hinreichend wahrscheinlich" bzw. "hinreichend sicher" ein auf oder über dem Niveau am anfänglichen Bewertungsstichtag (19. Oktober 2007) stehender Kurs des Index am ersten Feststellungstag (26. Oktober 2009) bzw. am abschließenden Bewertungstag (19. Oktober 2011) war, handelt es sich dabei ersichtlich um eine von zahlreichen Unwägbarkeiten beeinflusste Prognose, die vom Berater in dem von der Revision für notwendig erachteten Maße nicht erbracht werden kann. Dass die Annahme eines entsprechenden Kursverlaufs ex ante betrachtet unvertretbar war (vgl. dazu Senatsurteile vom 21. März 2006 - XI ZR 63/05, WM 2006, 851 Rn. 12, vom 14. Juli 2009 - XI ZR 152/08, WM 2009, 1647 Rn. 49 und vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 337/08, WM 2009, 2303 Rn. 19), behauptet die Klägerin selbst nicht.
56
3. Auf die vom Berufungsgericht vorsorglich erörterten weiteren Fragen, ob etwaige Aufklärungspflichtverletzungen der Beklagten schuldhaft erfolgt und für die von der Klägerin getroffene Anlageentscheidung auch kausal gewesen wären, kommt es nach alledem nicht an.
Wiechers Mayen Grüneberg Maihold Pamp
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 01.07.2009 - 325 O 22/09 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 23.04.2010 - 13 U 117/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 63/05 Verkündet am:
21. März 2006
Weber,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Die Bewertung und Empfehlung eines Anlageobjekts durch ein Kreditinstitut
muss ex ante betrachtet vertretbar sein. Das Risiko, dass sich eine aufgrund
anleger- und objektgerechter Beratung getroffene Anlageentscheidung
im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Kunde.
BGH, Urteil vom 21. März 2006 - XI ZR 63/05 - OLG Frankfurt am Main
LG Darmstadt
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. März 2006 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe und
die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Ellenberger und Prof. Dr. Schmitt

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 12. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 20. Januar 2005 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 9. Dezember 2003 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin nimmt die beklagte Sparkasse aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemannes, eines Elektrotechnikers, auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung in Anspruch.
2
Die Klägerin erbte von ihren Eltern ein Vermögen in Höhe von ca. 4 Millionen DM. 1,2 bis 1,3 Millionen DM wollte sie für drei bis fünf Jahre anlegen. Sie und der Zedent eröffneten 1998 zu gleichen Teilen ein Wertpapierdepot bei der Beklagten und erwarben zu 50% des Anlagebetrages Aktienfonds- und zu 30% Immobilienfondsanteile, die sämtlich von einer Fondsgesellschaft des D.-verbandes emittiert worden waren. Der Rest wurde bei niedriger Verzinsung liquide angelegt. Zunächst stiegen die Kurse und führten zu erheblichen Gewinnen. Im Frühjahr 2000 setzte ein Kursverfall ein. Deshalb erkundigte sich der Zedent am 30. Mai 2000, als die Anlage insgesamt noch in der Gewinnzone lag, bei der Beklagten, ob ein Verkauf ratsam sei. Der Leiter der Wertpapierabteilung der Beklagten äußerte die Erwartung, dass die Börse sich wieder nach oben entwickeln werde, und riet von einem Verkauf ab. Da der Kursverfall sich fortsetzte, fanden am 17. August 2000, 23. Oktober 2000, 9. Januar 2001 und 8. Februar 2001 Gespräche mit ähnlichem Inhalt statt. Am 21. März 2001 verkauften die Klägerin und der Zedent alle Fondsanteile.
3
Die Klägerin meint, die Empfehlung der Beklagten, die Fondsanteile nicht zu verkaufen, sei eine Beratungspflichtverletzung gewesen, und verlangt den Ersatz der Differenz zwischen dem Wert der Papiere am 30. Mai 2000 und dem am 21. März 2001. Das Landgericht hat die Klage auf Zahlung von 164.734 € nebst Zinsen abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


4
Revision Die ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

I.


5
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
6
Klägerin Die habe gegen die Beklagte Anspruch auf Ersatz des Schadens, der durch die fehlerhafte Beratung am 30. Mai 2000 entstanden sei. Die Parteien hätten einen Anlageberatungsvertrag geschlossen, der nicht mit der Einrichtung des Depots geendet habe. Der Rat, die Papiere nicht zu verkaufen, sei objektiv falsch und aus damaliger Sicht nicht vertretbar gewesen. Da nach dem Vortrag der Beklagten am 30. Mai 2000 nicht absehbar gewesen sei, ob das Sinken der Kurse eine Regulierung aufgeblähter Kurse oder eine beginnende Talfahrt gewesen sei, sei es allein richtig gewesen, zum Verkauf zu raten. Die Papiere zu halten, wäre nur dann vertretbar gewesen, wenn zu erwarten gewesen wäre, dass die Kurse innerhalb des geplanten Anlagezeitraums von noch höchstens drei Jahren zumindest das Niveau vom 30. Mai 2000 überschreiten würden. Da aber nach dem Vortrag der Beklagten nicht absehbar gewesen sei, ob die Talfahrt beendet gewesen sei, habe die Gefahr weiterer Verluste bestanden. Dass auch ein Fachmann die Börsenentwicklung nicht mit Sicherheit voraussagen könne, verstehe sich von selbst. Er müsse den Anleger aber über Risiken aufklären und darauf hinweisen, dass nicht absehbar sei, ob die Talfahrt beendet sei. Außerdem habe es damals ernst zu nehmende Stimmen gegeben, die vor einem Kurseinbruch gewarnt hätten. Selbst wenn es auch andere Auffassungen gegeben haben sollte, hätte die Beklagte die Klägerin über diese unterschiedlichen Meinungen informieren müssen.

II.


7
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im wesentlichen Punkt nicht stand. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung, der allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage, zu.
8
1.Rechtsfehlerfrei ist allerdings die Auffassung des Berufungsgerichts , zwischen den Parteien sei ein Beratungsvertrag zustande gekommen.
9
Dabei kommt es nicht auf den vor dem Erwerb der Fondsanteile geschlossenen Beratungsvertrag an. Daraus ergaben sich über die Anlageentscheidung der Klägerin hinaus keine fortdauernden Überwachungsund Beratungspflichten der Beklagten hinsichtlich der erworbenen Wertpapiere (vgl. OLG Karlsruhe WM 1992, 577; OLG Düsseldorf WM 1994, 1468, 1469; OLG Düsseldorf ZIP 2003, 471, 473; Balzer, in: Welter/Lang, Handbuch der Informationspflichten im Bankverkehr Rdn. 7.80; Horn, in: Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis Rdn. 7/1278). Derartige Pflichten resultierten auch nicht aus dem Depotvertrag (vgl. Senat, Urteil vom 23. November 2004 - XI ZR 137/03, WM 2005, 270, 271 m.w.Nachw.).

10
Zwischen den Parteien ist aber ein neuer Beratungsvertrag geschlossen worden, als der Zedent sich am 30. Mai 2000 bei der Beklagten erkundigte, ob ein Verkauf der Anteile ratsam sei, und die Beklagte ihm riet, die Papiere zu halten. Tritt ein Anleger an eine Bank heran, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden, so wird das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrages stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgesprächs angenommen (Senat BGHZ 123, 126, 128; Urteile vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442 und vom 25. Juni 2002 - XI ZR 218/01, WM 2002, 1683, 1686). Dasselbe gilt, wenn ein Kunde sich - wie hier - nach getroffener Anlageentscheidung bei der Bank erkundigt, wie er sich angesichts fallender Kurse verhalten soll (vgl. LG Essen NJW-RR 1993, 1392, 1394; Balzer, in: Welter/Lang, Handbuch der Informationspflichten im Bankverkehr Rdn. 7.80).
11
2. Rechtlich nicht haltbar ist hingegen die Auffassung des Berufungsgerichts , die Beklagte habe ihre Pflichten aufgrund des Beratungsvertrages verletzt.
12
a) Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen von den Umständen des Einzelfalls ab. Die Beratung muss anleger- und objektgerecht sein (Senat BGHZ 123, 126, 128). Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarkts, sowie die speziellen Risiken, die sich aus den besonderen Umständen des Anlageobjekts ergeben. Während die Aufklärung des Kunden über diese Umstände richtig und voll- ständig zu sein hat (Senat, Urteil vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442), muss die Bewertung und Empfehlung eines Anlageobjektes unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten ex ante betrachtet lediglich vertretbar sein (Nobbe, in: Horn/Schimansky, Bankrecht 1998 S. 235, 248). Das Risiko, dass sich eine Anlageentscheidung im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Kunde (BGH, Urteil vom 4. Februar 1987 - IVa ZR 134/85, WM 1987, 531, 532). Auch Börsentipps liegen nicht im Rahmen der vertraglichen Haftung einer Bank für Rat und Auskunft (BGH, Urteil vom 18. Juni 1971 - I ZR 83/70, WM 1971, 987, 989).
13
b) Gemessen hieran hat die Beklagte ihre Beratungspflichten nicht verletzt.
14
Sie hat der Klägerin keine unrichtigen oder unvollständigen Informationen über die Anlageobjekte erteilt. Da die Klägerin ihre Anlageentscheidung bereits getroffen und in bestimmte Fondsanteile investiert hatte , war eine erneute Aufklärung über die damit verbundenen, von der Klägerin zu tragenden Risiken nicht erforderlich. Die Klägerin erwartete eine solche Aufklärung auch nicht, sondern wollte von der Beklagten wissen, ob angesichts der von ihr erkannten sinkenden Kurse ein Verkauf der Anteile ratsam sei.
15
Die auf diese Frage erteilte Empfehlung der Beklagten, die Anteile nicht zu verkaufen, war entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ex ante betrachtet nicht unvertretbar. Das Berufungsgericht geht rechtsfehlerfrei davon aus, dass im Zeitpunkt der Raterteilung am 30. Mai 2000 objektiv nicht vorhersehbar war, ob die Kurse weiter fallen oder innerhalb des Anlagezeitraums von noch höchstens drei Jahren das Niveau vom 30. Mai 2000 überschreiten würden. In dieser Situation handelte die Beklagte nicht pflichtwidrig, indem sie aufgrund ihrer Erfahrung und langjährigen Beobachtung der Kursentwicklung von einem entsprechenden Wiederanstieg der Kurse innerhalb der nächsten drei Jahre ausging und diese Entwicklung ihrer Empfehlung gegenüber der Klägerin zugrunde legte. Den Feststellungen des Berufungsgerichts und dem Sachvortrag der Parteien sind keine Umstände zu entnehmen, die diese Erwartung grundsätzlich oder jedenfalls angesichts der vom Berufungsgericht angenommenen Aufblähung oder Überhitzung der Börse ex ante betrachtet als unvertretbar erscheinen lassen könnten.
16
Die Beklagte musste der Klägerin, anders als das Berufungsgericht meint, auch nicht mitteilen, dass nicht absehbar sei, ob der Kursverfall beendet sei. Das Berufungsgericht geht selbst - rechtsfehlerfrei - davon aus, es verstehe sich von selbst, dass auch ein Fachmann die Börsenentwicklung nicht mit Sicherheit voraussehen könne. Auf eine Selbstverständlichkeit muss eine beratende Bank aber nicht ausdrücklich hinweisen.
17
Es bestand auch keine Pflicht der Beklagten, die Klägerin auf unterschiedliche Meinungen über die künftige Kursentwicklung, insbesondere auf ernst zu nehmende Stimmen, die vor einem Kurseinbruch warnten , hinzuweisen. Aus der Unsicherheit der künftigen Kursentwicklung folgt zwangsläufig, dass hierzu unterschiedliche Auffassungen vertreten werden können. Auch dies musste die Beklagte deshalb nicht besonders erwähnen. Dass eine Bank, die für eine Anlageempfehlung das Vertrauen ihres Kunden in Anspruch nimmt, diesen über kritische Stimmen in der Wirtschaftspresse unterrichten muss (Senat, Urteil vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, WM 1993, 1455, 1457, insoweit in BGHZ 123, 126 ff. nicht abgedruckt), rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Beklagte hat der Klägerin zwar empfohlen, bestimmte Fondsanteile nicht zu verkaufen. Bei dieser Empfehlung ging es aber, ebenso wie bei der zugrunde liegenden Anfrage der Klägerin, nicht um die Einschätzung der Fondsanteile als solcher, sondern allein um eine ersichtlich unsichere Prognose der künftigen Kursentwicklung.

III.


18
Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sa- che selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und das landgerichtliche Urteil wieder herstellen.
Nobbe Müller Joeres
Ellenberger Schmitt
Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 09.12.2003 - 4 O 179/03 -
OLG Frankfurt in Darmstadt, Entscheidung vom 20.01.2005 - 12 U 11/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 316/11 Verkündet am:
26. Juni 2012
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Bei dem Verkauf von Indexzertifikaten im Wege des Eigengeschäfts (§ 2 Abs. 3
Satz 2 WpHG) besteht keine Aufklärungspflicht der beratenden Bank über ihre
Gewinnspanne. Die beratende Bank ist auf Grund des Beratungsvertrages mit ihrem
Kunden auch nicht verpflichtet, diesen darüber zu informieren, dass der Zertifikaterwerb
im Wege des Eigengeschäfts der Bank erfolgt (Bestätigung Senatsurteile
vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 35 ff., 48 ff., für
BGHZ bestimmt, und XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 38 ff., 51 ff.).

b) Liegt dem Zertifikaterwerb ein Kommissionsvertrag zwischen dem Anleger und der
Bank zugrunde, so besteht keine Aufklärungspflicht der Bank über eine allein vom
Emittenten des Zertifikats an sie gezahlte Vergütung, sofern es sich dabei nicht
um eine Rückvergütung im Sinne der Rechtsprechungsgrundsätze handelt.
BGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - XI ZR 316/11 - OLG Köln
LG Köln
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. Juni 2012 durch die Richter Dr. Joeres, Dr. Grüneberg, Maihold und
Pamp sowie die Richterin Dr. Menges

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 8. Juni 2011 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 20. September 2011 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes (nachfolgend: Zedent) auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der inzwischen insolventen Lehman Brothers Treasury Co. B.V. in Anspruch.
2
Der Zedent erwarb im Februar 2007 aufgrund eines mit einem Mitarbeiter der Beklagten geführten Beratungsgesprächs, dessen Inhalt im Einzelnen streitig ist, gemäß Wertpapierabrechnung vom 7. Februar 2007 für insgesamt 17.145,01 € 17 Stück "G. "-Anleihen der Lehman Brothers Treasury Co. B.V. (nachfolgend: Emittentin) zu jeweils 1.008,53 € pro Stück. Die Beklagte erhielt von der Emittentin eine Vertriebsprovision von 3,5%, die sie dem Zedenten nicht offenbarte.
3
Die Rückzahlung der Zertifikate sollte in Abhängigkeit von der Entwicklung dreier Aktienindizes (Dow Jones EuroSTOXX 50, Standard & Poor´s 500 sowie Nikkei 225) während dreier aufeinander folgender Beobachtungszeiträume (7. Februar 2007 bis 6. Mai 2008, 7. Mai 2008 bis 6. Mai 2009 und 7. Mai 2009 bis 6. Mai 2010) erfolgen. Für den Fall, dass keiner der drei Indizes im Verlaufe dieser Beobachtungszeiträume - bezogen auf seinen jeweiligen Schlusskurs am Festlegungstag (6. bzw. 7. Februar 2007) - um 40% oder mehr fiel, sollte der Anleger an drei einzelnen Feststellungs- bzw. Bewertungsstichtagen (6. Mai 2008, 6. Mai 2009 und 6. Mai 2010) jeweils eine Bonuszahlung von 8,75% des angelegten Betrages erhalten. Sofern keiner der drei Indizes während der gesamten Laufzeit die Barriere von 60% seines jeweiligen Ausgangswerts berührte oder unterschritt, war zudem die Rückzahlung des Nominalbetrags des Zertifikats bei dessen Endfälligkeit (13. Mai 2010) vorgesehen. Sollten hingegen alle drei Indizes an einem der ersten beiden Feststellungstage (6. Mai 2008, 6. Mai 2009) oberhalb ihres jeweiligen Ausgangsniveaus notieren, war das Zertifikat sofort, d.h. vorzeitig zur Rückzahlung fällig. Für den Fall, dass einer der drei Indizes zu irgend einem Zeitpunkt während der Laufzeit des Zertifikats die Schwelle von 60% seines Startwerts berührte oder unterschritt, entfiel für den betreffenden Beobachtungszeitraum sowie etwaige nachfolgende Zeiträume die Bonuszahlung. Zugleich sollte dann für die Rückzahlung des Zertifikats bei Endfälligkeit derjenige Index maßgebend sein, der seinen Startwert während der Laufzeit am tiefsten unterschritten hatte, was in dem für den Anleger ungünstigsten Falle den vollständigen Verlust des eingesetzten Kapitals zur Folge haben konnte.
4
Der Zedent erhielt eine Bonuszahlung in Höhe von 1.600 €. Im September 2008 wurde die US-amerikanische Muttergesellschaft der Emittentin, die Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc., die für die Rückzahlung der Zertifikate die Garantie übernommen hatte, insolvent. Dies zog die Insolvenz der Emittentin nach sich, sodass die Anleihen weitgehend wertlos wurden.
5
Die Klägerin verlangt von der Beklagten, gestützt auf den Vorwurf mehrerer Beratungsfehler, die Rückzahlung von 15.545,01 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückübertragung der 17 Lehman-Zertifikate. Die Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

7
Das Berufungsgericht, dessen Urteil unter anderem in WM 2011, 1652 veröffentlicht ist, hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
8
Der Klägerin stehe ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu, weil diese ihre sich aus dem zwischen den Parteien (richtig: zwischen dem Zedenten und der Beklagten) zustande gekommenen Beratungsvertrag ergebende Pflicht, eine allein am Kundeninteresse ausgerichtete Anlageempfehlung abzugeben, verletzt habe.
9
Im Streitfall könne offenbleiben, ob der Zedent die Zertifikate von der Beklagten im Wege eines Festpreis- oder Eigengeschäfts erworben oder ob die Beklagte auf der Grundlage eines Geschäftsbesorgungsvertrages als Kommissionärin gehandelt habe. Bei einem Kommissionsgeschäft, das bei Aufträgen zum Kauf von Wertpapieren den Regelfall darstelle und für dessen Vorliegen hier verschiedene Umstände sprächen, sei die Beklagte nach den Grundsätzen der Kick-back-Rechtsprechung verpflichtet gewesen, über die Höhe einer von der Emittentin an sie gezahlten Vertriebsprovision aufzuklären. Gehe man demgegenüber mit der Beklagten davon aus, dass sie die Zertifikate aus ihrem eigenen Bestand im Wege des Festpreisgeschäfts an den Zedenten verkauft und mit der einmaligen Vertriebsprovision lediglich ihre Gewinnmarge realisiert habe, möge sie zwar nicht nach den Grundsätzen der Kick-back-Rechtsprechung verpflichtet gewesen sein, den Zedenten über die Höhe dieser Marge aufzuklären; eine so weit gehende Aufklärungspflicht sei dieser Rechtsprechung nicht zu entnehmen.
10
Der Beklagten habe es aber in diesem Falle oblegen, den Zedenten unmissverständlich zumindest auf ihre neben der Beraterrolle bestehende Verkäufereigenschaft und den daraus folgenden Interessenkonflikt hinzuweisen. Dass ein Verkäufer - und damit auch ein Kreditinstitut in dieser Funktion - mit dem Verkauf von Produkten Gewinne erziele und sich insoweit in einem offenkundigen Interessenkonflikt befinde, könne der Annahme einer Aufklärungspflicht dann nicht entgegen stehen, wenn der Kunde, anders als bei der Empfehlung von Eigenprodukten der Bank, bei denen das Eigeninteresse der Bank offensichtlich sei, diesen Sachverhalt nicht kenne und er das Kreditinstitut hinsichtlich des ihm empfohlenen Fremdprodukts als neutralen, allein den Kundeninteressen verpflichteten Berater ansehe. Nur bei einer - für die gebotene Aufklärung allerdings auch ausreichenden - Offenlegung des Umstands, dass zwischen den Parteien ein Kaufvertrag zustande komme, könne der Kunde das mit dem Verkauf von Produkten typischerweise verbundene Umsatzinteresse der ihn beratenden Bank erkennen.
11
Die danach im Zeitpunkt des Vertragsschlusses erforderliche Offenlegung der - etwaigen - Verkäufereigenschaft der Beklagten lasse sich deren Vortrag nicht entnehmen. Eine ausreichende - für die Offenlegung des Interessenkonflikts erst recht genügende - Aufklärung des Zedenten über die von der Beklagten aus dem Geschäft erzielten Erträge sei nach dem zugrunde zu legenden Sachverhalt ebenfalls nicht erfolgt. Soweit die Beklagte erstmals im Berufungsverfahren eine vor dem Erwerb der Zertifikate erfolgte mündliche Aufklärung des Zedenten über die fraglichen Erträge behauptet habe, sei dieser Vortrag gemäß § 531 Abs. 2 ZPO prozessual unbeachtlich.
12
Aufgrund der objektiv feststehenden Pflichtverletzung der Beklagten werde deren Verschulden vermutet (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die mangelnde Aufklärung über die an die Beklagte geflossenen Provisionen sei auch kausal für die Anlageentscheidung des Zedenten gewesen.

II.

13
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte wegen Verletzung einer beratungsvertraglichen Aufklärungspflichtverletzung nicht bejaht werden.
14
1. Nach den unangegriffenen und rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts ist zwischen dem Zedenten und der Beklagten ein Beratungsvertrag geschlossen worden.
15
2. Die bislang getroffenen Feststellungen gestatten jedoch nicht die Annahme , dass die Beklagte ihre Pflichten aus diesem Beratungsvertrag verletzt hat.
16
a) Die beratende Bank ist zu einer anleger- und objektgerechten Beratung verpflichtet (Senatsurteil vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128 f.). Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen dabei von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes , sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben. In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Während die Bank über diese Umstände richtig, sorgfältig, zeitnah, vollständig und für den Kunden verständlich zu unterrichten hat, muss die Bewertung und Empfehlung des Anlageobjekts unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten lediglich ex ante betrachtet vertretbar sein. Das Risiko, dass eine aufgrund anleger - und objektgerechter Beratung getroffene Anlageentscheidung sich im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (vgl. zusammenfassend Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 22, für BGHZ bestimmt, und XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 23, jeweils mwN).
17
b) Hiervon ausgehend bestand keine Aufklärungspflicht der Beklagten hinsichtlich ihrer Verkäufereigenschaft, falls sie die streitgegenständlichen Zertifikate im Wege des Festpreisgeschäfts an den Zedenten veräußert haben sollte.
18
aa) Zutreffend und insoweit auch in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist das Berufungsgericht zunächst davon ausgegangen , dass die beratende Bank bei dem Vertrieb von Zertifikaten im Wege des Festpreisgeschäfts grundsätzlich keine Pflicht zur Aufklärung über die im Kaufpreis enthaltene Gewinnmarge trifft.
19
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Bank, die eigene Anlageprodukte empfiehlt, grundsätzlich nicht verpflichtet, ihren Kunden darüber aufzuklären, dass sie mit diesen Produkten Gewinne erzielt. In einem solchen Fall ist es nämlich für den Kunden bei der gebotenen normativobjektiven Betrachtungsweise offensichtlich, dass die Bank eigene (Gewinn-) Interessen verfolgt, so dass darauf nicht gesondert hingewiesen werden muss (BGH, Urteile vom 15. April 2010 - III ZR 196/09, BGHZ 185, 185 Rn. 12 und vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 38). Nichts anderes gilt nach der Senatsrechtsprechung, wenn fremde Anlageprodukte im Wege des Eigengeschäfts (§ 2 Abs. 3 Satz 2 WpHG) zu einem über dem Einkaufspreis liegenden Preis veräußert werden (Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 37 ff., für BGHZ bestimmt, und XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 40 ff., jeweils mwN). Ein Umstand, der - wie die Gewinnerzielungsabsicht des Verkäufers - für den Kunden im Rahmen des Kaufvertrags offensichtlich ist, lässt innerhalb des Beratungsvertrags seine Schutzwürdigkeit entfallen (Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 44, für BGHZ bestimmt, und XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 47). Dabei ist im Ergebnis unerheblich, in welcher Weise die Bank bei einem Veräußerungsgeschäft ihr Gewinninteresse realisiert.
20
(a) Nach den im Wesentlichen von allen Kreditinstituten verwendeten (Bunte, AGB-Banken, 3. Aufl., SB Wertpapiergeschäfte Vorbemerkung Rn. 21; Seiler/Kniehase in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 104 Rn. 94) Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte in der hier maßgeblichen Fassung 2003 (nachfolgend: SoBedWP aF) führt die Bank Kundenaufträge zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren entweder als Kommissionärin aus (Regelfall) oder sie tätigt mit dem Kunden Festpreisgeschäfte.
21
Ein Festpreisgeschäft kommt dabei zwischen der Bank und dem Kunden gemäß Nr. 9 SoBedWP aF (entspricht Nr. 1 Abs. 3 der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte in der seit dem 1. November 2007 geltenden Fassung) nur dann zustande, wenn für das einzelne Geschäft ausdrücklich ein fester Preis vereinbart wurde. Dementsprechend übernimmt die Bank dann vom Kunden die Wertpapiere als Käuferin oder liefert sie an ihn als Verkäuferin und berechnet den vereinbarten Preis. Im Unterschied zum Kommissionsgeschäft wird die Bank nicht für fremde, sondern regelmäßig für eigene Rechnung tätig (vgl. Seiler/Kniehase in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 104 Rn. 5). Der Kunde hat nur den zuvor vereinbarten Festpreis ohne gesonderte Berechnung von Provision, Courtage oder Spesen zu zahlen (Bunte, AGB-Banken, 3. Aufl., SB Wertpapiergeschäfte Rn. 59).
22
(b) Im Falle der Vereinbarung eines Festpreisgeschäfts ist - unabhängig davon, ob es um die Veräußerung eigener Produkte der beratenden Bank oder fremder Anlageprodukte geht - die Verfolgung eigener Gewinninteressen der Bank für den Anleger offenkundig (s. oben II. 2. b) aa) (1)). Dabei ist die Art und Weise des von der Bank getätigten Deckungsgeschäfts, d.h. die von der Bank im Verhältnis zum Emittenten gewählte rechtliche Gestaltung, mit der sie ihre im Kaufvertrag gegenüber dem Anleger übernommene Lieferverpflichtung sicherstellen will, für die Anlageentscheidung des Kunden regelmäßig unmaßgeblich. Denkbar ist insoweit zum einen, dass die Bank die empfohlenen Produkte bereits zu einem geringeren Einkaufspreis in ihren Eigenbestand übernommen hat oder davon ausgeht, sie sich nach dem Geschäftsabschluss mit dem Kunden im Rahmen des Deckungsgeschäfts günstiger beschaffen zu können (vgl. MünchKommHGB/Ekkenga, 2. Aufl., Bd. 5 Effektengeschäft Rn. 532). Zum anderen kommt auch ein Tätigwerden der Bank im Auftrag des Emittenten der Wertpapiere in Frage (§ 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 WpHG), welches dieser im Regelfall mit einer ebenfalls nicht zu offenbarenden Vertriebsprovision vergütet (vgl. Hannöver in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 110 Rn. 67, 73). Handelt die Bank schließlich als Verkaufskommissionärin, scheidet eine Offenlegungspflicht hinsichtlich der in diesem Falle vom Emittenten gezahlten Kommissionsgebühr schon wegen der Offenkundigkeit der Gewinnerzielungsabsicht der Bank (vgl. §§ 354, 396 HGB) aus.
23
(2) Diesem Ergebnis steht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Offenlegung versteckter Innenprovisionen und zur Aufklärungsbedürftigkeit von Rückvergütungen nicht entgegen (Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 41 ff. bzw. XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 38 ff., für BGHZ bestimmt). Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung gebieten auch gemeinschaftsrechtliche Vorgaben keine andere Betrachtungsweise.
24
(a) Wie der erkennende Senat in seinen Urteilen vom 27. September 2011 (XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 48 ff. bzw. XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 45 ff., für BGHZ bestimmt; vgl. hierzu kritisch Klöhn, ZIP 2011, 2244, 2245 f.; Herresthal, ZBB 2012, 89, 102 ff.) näher ausgeführt hat, ergeben sich weder aus Art. 19 der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates - Finanzmarktrichtlinie - (ABl. L 145/1) noch aus Art. 26 der hierzu ergangenen Richtlinie 2006/73/EG der Kommission vom 10. August 2006 - Durchführungsrichtlinie - (ABl. L 241/26) unmittelbare beratungsvertragliche Rechtswirkungen zugunsten der Anleger im Verhältnis zur Bank. Beide Bestimmungen geben zur Umsetzung der Vorgabe, wonach Wertpapierunternehmen in der dort näher beschriebenen Weise im bestmöglichen Interesse der Kunden zu handeln haben, keine Regelung vor; diese bleibt vielmehr vollständig den Mitgliedstaaten überlassen. Insbesondere unterliegt es danach deren eigener Entscheidung, ob diese Umsetzung in zivil- oder aufsichtsrechtlicher Form geschieht.
25
Der deutsche Gesetzgeber hat in Gestalt des FinanzmarktrichtlinieUmsetzungsgesetzes (FRUG) vom 16. Juli 2007 (BGBl. I S. 1330) und der hierdurch zum 1. November 2007 in Kraft getretenen Änderungen des Gesetzes über den Wertpapierhandel (WpHG) die Umsetzung nicht auf zivil-, sondern auf aufsichtsrechtlicher Ebene vorgenommen (vgl. Ellenberger in Ellenberger/ Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 4. Aufl. Rn. 1100; Mülbert, WM 2007, 1149, 1155). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Urteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 18) bewirken aufsichtsrechtliche Bestimmungen regelmäßig weder eine Begrenzung noch eine Erweiterung der zivilrechtlich zu beurteilenden Haftung des Anlageberaters (vgl. auch Ellenberger in Ellenberger/ Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 4. Aufl. Rn. 1100). Die Revisionserwiderung zeigt keinen Gesichtspunkt auf, der dem Senat zu einer hiervon abweichenden Betrachtungsweise und insbesondere zu einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV Veranlassung geben könnte.
26
(b) Abgesehen davon kommt es im Streitfall auf die von der Revisionserwiderung erhobenen Einwände gegen die Senatsrechtsprechung aber auch nicht an. Zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Beratung im Februar 2007 waren die Umsetzungsfristen sowohl der Finanzmarktrichtlinie vom 21. April 2004 als auch der Durchführungsrichtlinie vom 10. August 2006 noch nicht verstrichen. Soweit die Revisionserwiderung geltend macht, die Finanzmarktrichtlinie sei bis zum 30. April 2006 und daher schon vor dem hier betroffenen Beratungsgespräch umzusetzen gewesen, wird übersehen, dass Art. 70 der Finanzmarktrichtlinie durch Art. 1 Nr. 5 der Richtlinie 2006/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2006 zur Änderung der Richtlinie 2004/39/EG über Märkte für Finanzinstrumente in Bezug auf bestimmte Fristen (ABl. L 114/60) geändert und hierdurch für die Finanzmarktrichtlinie eine mit der Durchführungsrichtlinie übereinstimmende Umsetzungsfrist bis zum Ablauf des 31. Oktober 2007 geschaffen worden ist.
27
Vor Ablauf der in einer Richtlinie festgelegten Umsetzungsfrist kommt nach der Rechtsprechung des EuGH weder eine unmittelbare Wirkung der Richtlinie (EuGH, Slg. 1979, I-1629 Rn. 41 ff.; Slg. 1992, I-5567 Rn. 18 ff.; Slg. 1994, I-763 Rn. 16) in Betracht noch besteht für die nationalen Gerichte die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung bereits bestehender Rechtsvorschriften (EuGH, Slg. 2006, I-6057 Rn. 115; vgl. auch Slg. 1997, I-4961 Rn. 9, 11, 43). Während des Laufs der Umsetzungsfrist haben die Mitgliedstaaten lediglich den Erlass von Vorschriften zu unterlassen, die geeignet sind, die Erreichung des in der Richtlinie vorgeschriebenen Zieles ernstlich zu gefährden (EuGH, Slg. 1997, I-7411 Rn. 45; Slg. 2006, I-6057 Rn. 121; sog. Frustrationsverbot ). Darüber hinaus müssen es die nationalen Gerichte ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens einer Richtlinie soweit wie möglich unterlassen, das innerstaatliche Recht auf eine Weise auszulegen, die die Erreichung des mit der Richtlinie verfolgten Zieles nach Ablauf der Umsetzungsfrist ernsthaft gefährden würde (EuGH, Slg. 2006, I-6057 Rn. 123). Soweit das Bundesverfassungsgericht (NJW 2011, 288 Rn. 54) unter Berufung auf das vorstehende Urteil des EuGH (Slg. 2006, I-6057) eine Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung ab Inkrafttreten einer Richtlinie angenommen hat, ist nicht ersichtlich, dass es eine über die Rechtsprechung des EuGH hinausgehende Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung bejahen wollte (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 21. Dezember 2010 - 1 BvR 2742/08, juris Rn. 26). In Übereinstimmung mit dem EuGH nimmt auch der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung eine Pflicht der nationalen Gerichte zu richtlinienkonformer Auslegung erst nach Ablauf der Umsetzungsfrist an (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 24. April 2012 - XI ZR 96/11, WM 2012, 983 Rn. 22 f. mwN).
28
Es ist indes nicht ersichtlich und wird auch von der Revisionserwiderung nicht aufgezeigt, dass das vom erkennenden Senat auf der Grundlage langjährig gefestigter Rechtsprechungsgrundsätze zu Aufklärungspflichten der Bank beim Anlageberatungsvertrag gefundene Ergebnis, wonach beim Festpreisgeschäft keine Verpflichtung der Bank zur Aufklärung über ihre im Kaufpreis des Wertpapiers enthaltene Gewinnmarge besteht, zu einer ernsthaften Gefährdung der mit der Finanzmarktrichtlinie bzw. der hierzu erlassenen Durchführungsrichtlinie verfolgten Richtlinienziele führt.
29
bb) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist es in diesem Zusammenhang für den von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruch ohne Belang, ob dem Zedenten bekannt war, dass der Erwerb der Zertifikate im Wege eines - etwaigen - Festpreisgeschäfts der Beklagten erfolgte. Eine insoweit unterbliebene Aufklärung vermag keine Schadensersatzpflicht der Beklagten zu begründen.
30
(1) Wie der erkennende Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat (Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 48 ff., für BGHZ bestimmt, und XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 51 ff.), ist die beratende Bank aufgrund des Beratungsvertrages mit ihrem Kunden nicht verpflichtet, diesen darüber zu informieren, dass der Zertifikaterwerb im Wege des Eigengeschäfts erfolgt. Hierbei kann dahinstehen, ob der vom Berufungsgericht angenommenen gesonderten Aufklärungspflicht über die Art des zwischen der Bank und dem Kunden zustande kommenden Wertpapiergeschäfts bereits Grundsätze der vertragsrechtlichen Dogmatik entgegenstehen (Assies, WuB I G 1.-22.11). Jedenfalls liefe eine diesbezügliche Aufklärungspflicht leer, weil sie nicht dazu führt, dass dem Anleger die für ihn wesentlichen Informationen bezüglich eines auf Seiten der Bank bestehenden Interessenkonflikts erteilt werden.
31
Zwar ergab sich im Streitfall - jedenfalls aufsichtsrechtlich - eine bereits bei Abschluss eines Festpreisgeschäfts zu erfüllende Informationspflicht der Beklagten aus Teil B Nr. 3.3 Abs. 5 der Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel vom 23. August 2001 (BAnz. 2001, S. 19 217; vgl. Senatsurteil vom 25. Juni 2002 - XI ZR 239/01, WM 2002, 1687, 1688 zu der insoweit inhaltsgleichen Richtlinie vom 26. Mai 1997). Die Informationspflicht nach der Richtlinie soll den Kunden indes lediglich darüber in Kenntnis setzen, dass zwischen ihm und der Bank ein Kaufvertrag zustande kommt. Hierdurch soll der Kunde darüber informiert werden, dass das Wertpapiergeschäft für ihn verbindlich ist und er es - anders als bei der Kommission - bis zu dessen Ausführung durch die Bank nicht durch Kündigung des Vertragsverhältnisses noch verhindern kann. Auf der anderen Seite steht ihm allerdings auch ein Schadensersatzanspruch gegen die Bank zu, wenn diese die verkauften Wertpapiere nicht beschaffen kann, sofern der Abschluss des Deckungsgeschäfts nicht als Bedingung des Festpreisgeschäfts vereinbart worden war. Eine Pflicht zur Aufklärung über die Gewinnmarge lässt sich der Vorschrift nicht entnehmen.
32
Für die vom Berufungsgericht angenommene Pflicht der beratenden Bank, den Anleger darauf hinzuweisen, dass der Wertpapiererwerb im Wege des Eigengeschäfts erfolgt, sprechen auch nicht die zu berücksichtigenden Kundeninteressen. Eine Pflicht zur Auskunft über das Eigengeschäft liefe im Hinblick auf die Gewinnmarge auf die - als solche bedeutungslose - Information des Anlegers hinaus, dass die Bank ihren Kunden über Existenz und Höhe der Gewinnspanne nicht aufzuklären hat. Eine Abschätzung des Gewinninteresses der Bank an dem in Aussicht genommenen Wertpapiergeschäft wäre ihm daher gar nicht möglich. Darin liegt der entscheidende Unterschied zur Rechtsprechung des Senats zu den aufklärungsbedürftigen Rückvergütungen, bei denen - unabhängig von der vertraglichen Einordnung des zugrunde liegenden Geschäfts - gerade über Existenz und Höhe der gezahlten Vertriebsprovisionen aufzuklären ist, damit der Anleger das Umsatzinteresse der beratenden Bank abschätzen kann. Die Aufklärungspflicht der Bank über Provisionen richtet sich daher nach der Rechtsnatur des objektiv vorliegenden Effektengeschäfts, während das Wissen und die Kenntnis bzw. Unkenntnis des Anlegers in Bezug auf die rechtliche Einordnung des Wertpapiergeschäfts hierfür unerheblich sind.
33
(2) An dieser Rechtsprechung (zustimmend Klöhn, ZIP 2011, 2244, 2245; Schäfer, WM 2012, 197, 199 f.; Nobbe, WuB I G 1.-2.12; Steiner, Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen 2012, 182, 183; Zoller, BB 2011, 3088, 3089; Bausch, EWiR 2011, 765, 766; Lang EWiR 2011, 763, 764; im Ergebnis auch Buck-Heeb, DB 2011, 2825, 2830; einschränkend dies., WM 2012, 625, 633 f.) hält der Senat auch unter Berücksichtigung ablehnender Stellungnahmen (Herresthal, ZBB 2012, 89, 101; Maier, VuR 2012, 27, 28 f.; Schröder, jurisPR-BKR 1/2012 Anm. 2; LG Bonn, Urteil vom 2. März 2012 - 3 O 63/10, juris Rn. 56) sowie der Ausführungen der Revisionserwiderung fest.
34
Insbesondere trifft der Vorwurf nicht zu, die Ablehnung einer Aufklärungspflicht der Bank über die Durchführung des Zertifikaterwerbs im Wege des Eigengeschäfts sei unvereinbar mit der Verneinung der Schutzwürdigkeit des Kunden wegen Offensichtlichkeit des Gewinninteresses der Bank, weil diese Verneinung die Kenntnis des Kunden von der Verkäuferrolle der Bank gerade voraussetze. Hierbei wird zum einen nicht hinreichend beachtet, dass die Offensichtlichkeit der Gewinnerzielungsabsicht der Bank sich aus einer typisierenden Betrachtungsweise ergibt (vgl. hierzu bereits BGH, Urteile vom 3. März 2011 - III ZR 170/10, WM 2011, 640 Rn. 18 und vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 38; s. auch Buck-Heeb, jurisPR-BKR 7/2011 Anm. 2; dies., WM 2012, 625, 633). Besteht hiernach in Bezug auf diesen Umstand schon - objektiv - keine Schutzwürdigkeit des Kunden, kommt es auf den jeweiligen Wissensstand des konkreten Anlegers über die Verkäuferrolle der Bank im Einzelfall nicht an. Zum anderen ist dem Kunden allein mit dem bloßen Wissen um diese Verkäuferstellung ohnehin nicht geholfen, weil es ihm lediglich Kenntnis von einem Umstand verschafft, der eine darüber hinaus gehende Aufklärungspflicht über die Gewinnmarge gerade nicht auszulösen vermag. Es ist daher auch nicht ersichtlich, weshalb die Unkenntnis des Kunden, dass der Zertifikaterwerb im Wege des Eigengeschäfts der Bank erfolgt, insoweit sogar zu einer weitergehenden Aufklärungspflicht der Bank führen sollte, als sie bei Kenntnis des Kunden von der Stellung der Bank als Verkäuferin bestünde (so aber Buck-Heeb, WM 2012, 625, 634). Das gilt umso mehr, als bei einem Eigengeschäft - entsprechend der Ausgangslage beim Vertrieb eigener Produkte (vgl. dazu Senatsurteil vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 38) - ein beratungsvertraglich maßgeblicher Interessenkonflikt ohnehin nicht allein in der generellen Gewinnerzielungsabsicht der Bank liegen kann (vgl. auch unten III. 2.).
35
c) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht ferner angenommen, die Beklagte sei im Falle eines zwischen den Parteien vereinbarten Kommissionsgeschäfts nach den Rechtsprechungsgrundsätzen zu Rückvergütungen ver- pflichtet gewesen, den Zedenten über die vorliegend allein von der Emittentin an die Beklagte gezahlte Provision und deren Höhe aufzuklären.
36
aa) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats ist eine Bank aus dem Anlageberatungsvertrag verpflichtet, über von ihr vereinnahmte Rückvergütungen aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen aufzuklären (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 22 f.; Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 12 f. und vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 20 ff.; die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG, WM 2012, 68 nicht zur Entscheidung angenommen). Aufklärungspflichtige Rückvergütungen sind - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu versteckten Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen oder Verwaltungsgebühren gezahlt werden, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt. Hierdurch kann beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen, er kann jedoch das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieses Produkts nicht erkennen (Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 12 f. und vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 25).
37
bb) Eine aufklärungspflichtige Rückvergütung in diesem Sinne liegt hier nicht vor. Die Wertpapierabrechnung vom 7. Februar 2007 weist neben dem an die Beklagte zu zahlenden Betrag von 1.008,53 € pro Zertifikat - hinsichtlich dessen die Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat übereinstimmend davon ausgegangen sind, dass es sich dabei um den Kurswert des Papiers an dem betreffenden Tage gehandelt habe - keine von dem Zedenten an die Emittentin zu entrichtenden und hinter dem Rücken des Zedenten an die Beklagte zurückfließenden Posten aus.

III.

38
Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
39
1. Sofern der Zedent und die Beklagte hinsichtlich der Beschaffung der streitbefangenen Zertifikate ein Kommissionsgeschäft vereinbart haben sollten, ergab sich nicht schon allein daraus eine Aufklärungspflicht der Beklagten über die von der Emittentin unmittelbar an sie gezahlte Provision.
40
a) Wird das Effektengeschäft als Kommission für den Kunden gemäß §§ 383 ff. HGB (vgl. dazu Senatsurteil vom 25. Juni 2002 - XI ZR 239/01, WM 2002, 1687, 1688; Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 SoBedWP aF) durchgeführt, so schließt die Bank gem. Nr. 1 Abs. 1 Satz 2 SoBedWP aF für Rechnung des Kunden mit einem anderen Marktteilnehmer oder einer zentralen Gegenpartei ein Kaufoder Verkaufgeschäft (Ausführungsgeschäft) ab oder sie beauftragt einen anderen Kommissionär (Zwischenkommissionär) mit dem Abschluss des Ausführungsgeschäfts. Hinsichtlich des Deckungsgeschäfts sieht Nr. 1 Abs. 1 SoBedWP aF im Gegensatz zu Nr. 29 Abs. 1 AGB-Banken in der Fassung von 1986 nicht mehr die Möglichkeit des Selbsteintritts der Bank (§ 400 HGB) vor (Bunte, AGB-Banken, 3. Aufl., SB Wertpapiergeschäfte Rn. 41 ff.), so dass diese sich die Wertpapiere - im Falle der Kaufkommission - bei einem Dritten zu beschaffen hat.
41
b) Gemäß § 384 Abs. 1 Halbsatz 2 HGB hat der Kommissionär das Interesse des Kommittenten wahrzunehmen und ihm nach § 384 Abs. 2 Halbsatz 2 HGB über das Geschäft Rechenschaft abzulegen sowie dasjenige herauszugeben , was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat. Dem entspricht es, dass es gemäß § 387 Abs. 1 HGB alleine dem Kommittenten zustattenkommt, wenn der Kommissionär zu vorteilhafteren Bedingungen abschließt, als sie ihm von dem Kommittenten gesetzt worden sind, insbesondere wenn der Preis, für welchen er einkauft, den von dem Kommittenten bestimmten höchsten Preis nicht erreicht (§ 387 Abs. 2 HGB). Auf der anderen Seite schuldet der Kommittent - auch ohne gesonderte Vereinbarung (vgl. § 354 HGB) - dem Kommissionär eine Provision (§ 396 Abs. 1 HGB) sowie nach Maßgabe von § 396 Abs. 2 HGB Aufwendungsersatz.
42
c) Ob eine - wie hier - vom Emittenten des Wertpapiers an die Bank gezahlte (Vertriebs-) Provision unter Teil B. Ziff. 1.2 Abs. 3 der im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Beratung noch geltenden Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel vom 23. August 2001 (BAnz. 2001, S. 19 217) fiel und nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur auftrags- bzw. kommissionsrechtlichen Auskunfts- und Herausgabepflicht gemäß §§ 666, 667 BGB, § 384 Abs. 2 HGB (BGH, Urteile vom 14. November 1977 - II ZR 107/76, WM 1978, 115, 117; vom 1. April 1987 - IVa ZR 211/85, NJW-RR 1987, 1380; vom 28. Februar 1989 - XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1051; vom 6. Februar 1990 - XI ZR 184/88, WM 1990, 462, 464; vom 18. Dezember 1990 - XI ZR 176/89, NJW 1991, 1224; vom 17. Oktober 1991 - III ZR 352/89, NJW-RR 1992, 560 f.; vom 30. Mai 2000 - IX ZR 121/99, NJW 2000, 2669, 2672, insoweit nicht in BGHZ 144, 343 abgedruckt, und vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 15, 21; Senatsbeschluss vom 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 8; vgl. zu Emissionsbonifikationen schon RG, JW 1905, 118; zu dem vom Anleger nicht vergüteten freien Anlageberater s. BGH, Urteil vom 3. März 2011 - III ZR 170/10, WM 2011, 640 Rn. 20) grundsätzlich als "aus der Geschäftsbesorgung erlangt" an den Kunden herauszugeben ist (in diesem Sinne Palandt/Sprau, BGB, 71. Aufl., § 667 Rn. 3; Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl., § 384 Rn. 9; Krüger in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 384 Rn. 25 f.; Lenz in Röhricht/Graf von Westphalen, HGB, 3. Aufl., § 384 Rn. 12; Oetker/Martinek, HGB, 2. Aufl., § 384 Rn. 35; Möllers in KK-WpHG, § 31 Rn. 145; Schäfer in Schäfer/Sethe/Lang, Handbuch der Vermögensverwaltung , § 11 Rn. 19 [zur Vermögensverwaltung]; Buck-Heeb, BKR 2010, 309, 314; Staub/Koller, HGB, 4. Aufl., § 384 Rn. 40; ablehnend MünchKommHGB /Ekkenga, 2. Aufl., Bd. 5 Effektengeschäft Rn. 529; MünchKommHGB /Häuser, 2. Aufl., § 384 Rn. 73; HeymannHGB, 2. Aufl., § 384 Rn. 18; mit anderem Ansatz im Ergebnis ebenso Hadding, ZIP 2008, 529, 534 ff.; Mülbert, ZHR 172 (2008), 170, 192 ff.; Starke in Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht , 4. Aufl. Rn. 17.57 ff.), bedarf in diesem Zusammenhang keiner abschließenden Entscheidung.
43
Denn allein eine etwaige auftrags- bzw. kommissionsrechtliche Herausgabe - und Rechenschaftspflicht der Bank hinsichtlich einer unmittelbar vom Emittenten des Wertpapiers erhaltenen Vertriebsprovision rechtfertigt als solche nicht die Annahme einer Verletzung des Anlageberatungsvertrages durch das Kreditinstitut, wenn es den Anleger über Erhalt und Höhe dieser Provision nicht aufklärt. Eine derartige Schlussfolgerung lässt sich insbesondere nicht dem - die Frage des vorsätzlichen Organisationsverschuldens einer Bank betreffenden - Senatsurteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 13 ff., 21 entnehmen.
44
Hat nämlich ein Anleger wie vorliegend der Zedent - abweichend von der gesetzlichen Wertung des § 354 HGB - neben dem dem Nennwert entsprechenden Preis der Wertpapiere für deren Beschaffung weder eine Kommissionsgebühr noch sonstige Aufschläge an die Bank zu entrichten, so stellt sich die Abwicklung des Effektengeschäfts aus seiner Sicht in wirtschaftlicher Hin- sicht nicht anders als bei einem Eigengeschäft der Bank dar, so dass es bei der gebotenen wertenden Betrachtungsweise in Bezug auf den Beratungsvertrag ebenso wie dieses zu behandeln ist. Dafür spricht auch, dass es häufig dem Zufall überlassen ist, ob der Wertpapiererwerb im Wege der (Einkaufs-) Kommission für den Anleger oder eines Festpreis- bzw. Eigengeschäfts erfolgt (vgl. Mülbert, ZHR 172 [2008], 170, 193; Spindler, WM 2009, 1821, 1822).
45
d) Ob im Falle der Vereinbarung eines Kommissionsgeschäfts mit dem Kunden eine beratungsvertragliche Aufklärungspflicht der Bank über eine unmittelbar vom Emittenten des Wertpapiers erhaltene Provision dann besteht, wenn der Kunde seinerseits eine Kommissionsgebühr oder einen ähnlichen Aufschlag an die Bank zahlt, bedarf keiner Entscheidung. Derartige Zahlungen des Zedenten an die Bank sind weder festgestellt noch vorgetragen worden.
46
2. Allein das generelle, für jeden Anbieter wirtschaftlicher Leistungen am Markt typische Gewinnerzielungsinteresse einer Bank als solches begründet für sich genommen ebenfalls noch keine beratungsvertragliche Verpflichtung zur Aufklärung über die von der Emittentin an die Beklagte gezahlte Provision. Das ändert sich vielmehr erst durch das Hinzutreten besonderer Umstände, die so schwer wiegen, dass sie dem Anleger zu offenbaren sind. Diese Voraussetzung kann nach der Senatsrechtsprechung dann erfüllt sein, wenn die Bank bei einer Zinswette durch die Gestaltung der Zinsformel einen negativen Marktwert einpreist , der ihr die Erzielung eines Gewinns ermöglicht, mit dem der Kunde nicht rechnen muss (Senatsurteil vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 36, 38) oder wenn - wie im Falle von Rückvergütungen - der Anleger über den Interessenkonflikt der Bank dadurch bewusst getäuscht wird, dass sie als Empfängerin offen ausgewiesener Provisionen ungenannt bleibt (Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivate- geschäft, 4. Aufl., Rn. 1056; Varadinek/Röh, ZIP 2009, 2383, 2385). Ein damit vergleichbarer Sachverhalt ist vorliegend nicht festgestellt.
47
3. a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (unter anderem Urteile vom 1. März 2004 - II ZR 88/02, WM 2004, 928, 930 und vom 12. Februar 2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110, 118 ff.) muss unter bestimmten Umständen über Existenz und Höhe von Innenprovisionen aufgeklärt werden , weil sie Einfluss auf die Werthaltigkeit der vom Anleger erworbenen Anlage haben und deswegen bei ihm insoweit eine Fehlvorstellung hervorrufen können. Unter Innenprovisionen sind danach nicht ausgewiesene Vertriebsprovisionen zu verstehen, die in Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Kaufobjekts - versteckt - enthalten sind (vgl. Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 22).
48
b) Die vorliegend von der Emittentin an die Beklagte gezahlte Vertriebsprovision in Höhe von 3,5% berührte indes den Wert der vom Zedenten erworbenen Zertifikate nicht (zu Einkaufsrabatten vgl. Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 42 bzw. XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 39, für BGHZ bestimmt). Die Rückzahlung der Zertifikate richtete sich - je nach der Wertentwicklung der drei zugrunde liegenden Aktienindizes - nach dem Nominalbetrag der Papiere bzw. gegebenfalls nach der Wertentwicklung dieser Indizes. Die Vertriebsprovision war hierfür unerheblich.
49
4. Zu von der Klägerin im Hinblick auf die streitgegenständlichen Zertifikate - unter anderem in Bezug auf deren Funktionsweise - darüber hinaus geltend gemachten Aufklärungspflichtverletzungen hat das Berufungsgericht bislang , von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig, keine Feststellungen getroffen.

IV.

50
Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit es die erforderlichen Feststellungen zu den gerügten Aufklärungspflichtverletzungen , soweit diese bisher ungeprüft geblieben sind, nachholen kann.
Joeres Grüneberg Maihold Pamp Menges

Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 18.02.2010 - 15 O 174/09 -
OLG Köln, Entscheidung vom 08.06.2011 - 13 U 55/10 -

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 40. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 03.08.2011, Az. 40 O 28/11 KfH, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil des Landgerichts und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, die Beklagte leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Wert der Berufung: bis 65.000 EUR

Gründe

 
I.
Die Klägerin verlangt von der beklagten Bank Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Zinssatzswap-Geschäfts. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe keine Pflichten aus dem Beratungsvertrag verletzt. Die Funktionsweise des Zinssatzswaps sei richtig, vollständig und verständlich erläutert worden. Durch den Swap-Vertrag habe die Klägerin aus einem bestehenden, variabel verzinslichen Kredit einen solchen mit einer festen Zinsverpflichtung ohne weiteres Risiko gemacht. Das spekulative Risiko, dass die variablen Darlehenszinsen unter den vereinbarten Festzinssatz fallen können, könne zwar zu einer Verschlechterung der Darlehenskonditionen der Klägerin führen, habe ihr aber höhere Planungssicherheit gegeben. Es sei Aufgabe der Klägerin gewesen selbst zu ermitteln, ob der von der Beklagten angebotene Zinssatz marktgerecht gewesen sei. Die Beklagte habe nicht über den anfänglichen negativen Marktwert aufklären müssen. Die Klägerin habe grundsätzlich gewusst, dass die Beklagte eine Marge verdiene. Es liege keine Zinswette wie im Fall des Bundesgerichtshofs vom 22.03.2011 (XI ZR 33/10) vor. Der Zinssatzswap habe der Sicherung eines konnexen Grundgeschäfts gedient und enthalte nicht die spekulative Übernahme einer offenen Risikoposition. Aus dem Vorwurf, die Beklagte hätte ihr alternativ auch einen Zins-Cap anbieten müssen, könne ein Schadensersatzanspruch nicht abgeleitet werden. Die Klägerin habe nicht vorgetragen, dass und mit welchem Inhalt sie einen solchen Vertrag bei umfassender Beratung abgeschlossen hätte. Auch sei der Klageantrag nicht auf eine derartige Pflichtverletzung ausgerichtet.
Gegen das ihr am 16.08.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 12.09.2011 Berufung eingelegt und diese am 16.10.2011 mit einer Begründung versehen. Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Das Landgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Beklagte ihr Anlegerprofil nicht ermittelt und eine Befragung nach § 31 Abs. 4 WpHG nicht durchgeführt habe. Der Zeitdruck, unter den sie die Beklagte gesetzt habe, sei ebenso wenig gewürdigt worden wie der Umstand, dass die Zinsmeinung der Klägerin als Entscheidungsgrundlage für den Vertrag mit einer Laufzeit von mehr als 7 Jahren ungeeignet und sie daher nicht in der Lage gewesen sei, den marktgerechten Zins zu ermitteln. Zur Darstellung der Chancen und Risiken fehle eine Beispielsberechnung. Die Beklagte hätte die Klägerin darüber aufklären müssen, dass die Ausführung des Swaps unabhängig von der Valutierung des Darlehens erfolge. Die Klägerin sei der Meinung gewesen, dass sich die Zahlungsverpflichtungen aus dem Swap für beide Seiten nach dem tatsächlich in Anspruch genommenen Darlehensbetrag richteten. Jedenfalls hätte die Beklagte darauf hinweisen müssen, dass wegen des ersten Abrechnungstermins für den Swap am 30.03.2009 auf jeden Fall der volle Betrag von 880.000 EUR zur Grundlage des Zahlungsaustauschs gemacht werde, obwohl die Klägerin das Darlehen erst zum 25.06.2009 habe abrufen müssen. Das Landgericht habe fehlerhaft die unterbliebene Beratung hinsichtlich der Möglichkeit zum Abschluss eines Zins-Caps nicht als pflichtwidrig und schadensursächlich angesehen. Die Klägerin könne mangels eines entsprechenden Angebots allerdings nicht erklären, ob sie gegebenenfalls einen Zins-Cap abgeschlossen hätte. Im Rahmen des Schadensersatzes müsse sie aber keinen hypothetischen Zustand schildern, sondern könne die Herstellung des Zustandes verlangen, der ohne das schädigende Ereignis bestanden hätte. Im Übrigen habe der Swap einen negativen Marktwert von 4-6 % gehabt. Insoweit habe die Beklagte einen aufklärungspflichtigen Wissensvorsprung gehabt.
Die Klägerin beantragt:
1. Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 03.08.2011 zum Az. 40 O 28/11 KfH wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin aus sämtlichen Verbindlichkeiten, die aufgrund der zwischen der Beklagten und der Klägerin getroffenen Vereinbarung über den Zinssatz-Swap mit der Referenznummer 60121 (bestehen), freizustellen.
3. Die Beklagte wird darüber hinaus verurteilt, an die Klägerin 41.004,24 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.09.2010 zu zahlen.
4. Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, die Kosten für die außergerichtliche Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten in Höhe von 2.052,70 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer in Höhe von 350,04 EUR zu erstatten, zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf einen Betrag von 2.442,75 EUR seit Rechtshängigkeit.
Die Beklagte beantragt:
10 
Die Berufung wird zurückgewiesen.
11 
Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
12 
Die gem. § 511 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das Landgericht hat zu Recht und mit zutreffenden Gründen die Klage abgewiesen.
13 
Die Beklagte hat bei der Empfehlung des eindeutig zu Absicherungszwecken geschlossenen einfachen Zinssatzswaps keine Aufklärungs- oder Beratungspflichten verletzt. Zwischen den Parteien ist ein Beratungsvertrag zustande gekommen (1.). Die Beklagte hat sowohl anlegergerecht (2.) als auch objektgerecht (3.) beraten und musste auch nicht über den negativen Marktwert aufklären (4.).
14 
1. Das Landgericht hat zu Recht, und von den Parteien nicht angegriffen, den Abschluss eines Beratungsvertrages im Zusammenhang mit der Empfehlung des vorliegenden Zinssatzswaps festgestellt. Inhalt und Umfang der daraus resultierenden Aufklärungs- und Beratungspflichten bestimmen sich nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Anlageziele und Risikobereitschaft des Kunden sowie der Eigenschaften und Risiken des empfohlenen Finanzinstruments. Es handelt sich zwar nicht um eine Umschuldungsberatung (vgl. hierzu OLG Köln, Urt. v. 18.01.2012, 13 U 232/10, BB 2012, 539), da es der Klägerin nicht um die Ablösung eines bestehenden Darlehens ging. Die Klägerin hat jedoch einen speziellen Beratungsbedarf hinsichtlich des Ausschlusses des Zinssteigerungsrisikos geäußert und die Beklagte hat die Beratung aufgenommen und ihr ein vom Darlehensvertrag unabhängiges Finanzinstrument i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 1 lit. c WpHG angeboten.
15 
2. Die Beklagte hat nicht ihre Pflicht zur anlegergerechten Beratung verletzt. In diesem Zusammenhang ist ein Berater verpflichtet, den Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden zu ermitteln und eine darauf ausgerichtete Empfehlung eines geeigneten Produkts abzugeben (vgl. nur: BGH, Urt. v. 27.09.2011, XI ZR 178/10).
16 
a. Die von der Beklagten unterlassene gründliche Exploration der Klägerin begründet für sich genommen noch keinen Schadensersatzanspruch. Im Rahmen der anlegergerechten Beratung ist die Bank verpflichtet, zunächst den Anlagezweck und die Risikobereitschaft zu erfragen. Diese Pflicht ist aufsichtsrechtlich in § 31 Abs. 4 WpHG festgelegt. Die Vorschrift strahlt zudem in die zivilrechtlichen Rechtsverhältnisse aus, so dass sie den Pflichtenumfang konkretisiert. Im Übrigen entspricht dies der bereits seit langem bestehenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126; Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10).
17 
Soweit die Klägerin beanstandet, dass die Beklagte die gemäß § 31 Abs. 4 WpHG erforderliche Exploration unterlassen hat, kann darauf allein kein Schadensersatzanspruch gestützt werden. Die Pflicht zur Exploration als solche ist nicht drittschützend. Entscheidend kommt es darauf an, dass der Berater dem Anleger aufgrund einer sorgfältigen Exploration ein geeignetes Produkt empfehlen kann. Maßgeblich ist daher nicht, ob und in welcher Qualität eine Exploration stattgefunden hat. Entscheidend ist, ob das empfohlene Produkt für den Anleger geeignet war. Unterlässt der Berater eine Exploration, kann er dem Kunden zwar nicht vorhalten, dieser habe sein Anlageziel nicht eindeutig geäußert. Entspricht jedoch das Produkt dem Anlageziel und Profil des Kunden, liegt kein Schaden vor. Es kommt daher maßgeblich darauf an, ob das empfohlene Produkt dem Wissensstand, der Risikobereitschaft und dem Anlageziel des Kunden entsprochen hat.
18 
b. Der empfohlene Zinssatzswap entsprach dem Anlageziel der Klägerin. Dies ergibt sich aus folgenden Umständen:
19 
Die Klägerin hatte bereits am 16.07.2008 einen verbindlichen Darlehensvertrag in Höhe von 880.000 EUR abgeschlossen. Das Darlehen war noch nicht vollständig in Anspruch genommen. Es bestand aber die vertragliche Pflicht, es bis spätestens zum 25.06.2009 abzurufen. Als Tilgungsbeginn war der 30.06.2009 und eine vierteljährliche Tilgungsrate in Höhe von 30.344,83 EUR vereinbart. Das Darlehen hatte eine Laufzeit bis zum 30.06.2016. Es war variabel verzinslich mit einem Zinssatz von 2 % zuzüglich des jeweiligen Dreimonats-EURIBOR (Anlage B2). Unstreitig hatte die Klägerin Sorge, dass die Zinssätze steigen und daher die Kosten für ihr variabel verzinsliches Darlehen steigen könnten.
20 
Mit dem streitgegenständlichen Zinssatzswap verpflichtete sich die Beklagte zur Zahlung eines variablen Zinssatzes in Höhe von 2 % zuzüglich des jeweiligen Dreimonats-EURIBOR. Die Klägerin verpflichtete sich, einen Festzinssatz von 5,85 % zu zahlen. Bezugsbetrag war der Darlehensbetrag in Höhe von 880.000 EUR. Laufzeitbeginn war der 30.03.2009. Der Bezugsbetrag reduzierte sich jedoch in Höhe der vierteljährlichen Tilgungsleistungen, die im Darlehensvertrag vereinbart waren, ab dem 30.06.2009 (Anlage K4). Diese Konstruktion hatte zur Folge, dass die Klägerin ihre bestehende darlehensvertragliche Verpflichtung zur Zahlung eines variablen Zinses gegen eine Verpflichtung zur Zahlung eines Festzinssatzes in Höhe von 5,85 % bis zum Ende der Laufzeit weggetauscht hat (Swap). Dadurch hat sie eine Risikoposition geschlossen, nämlich das Risiko, dass ihre Zinsbelastung aufgrund eines steigenden Dreimonats-EURIBOR über den Betrag von 5,85 % p.a. steigen würde. Im Gegenzug hat sie auf die Chance einer sinkenden Zinsbelastung bei fallendem Dreimonats-EURIBOR verzichtet. Es handelt sich aus Sicht der Klägerin um einen so genannten „Payer-Swap“, weil sie Zahlerin des Festzinssatzes war. Da der Bezugsbetrag des Zinssatzswaps an den vertraglichen Tilgungsplan angepasst war, hatte der Swap auch kein wachsendes Spekulationsrisiko. Das wäre nur der Fall gewesen, wenn der Bezugsbetrag während der Laufzeit höher gewesen wäre als die Restschuld aus dem Darlehensvertrag. Dann hätte die Klägerin hinsichtlich des Bezugsbetrages spekuliert, der den aktuellen Darlehenssaldo überschritten hätte.
21 
Da der Zinssatzswap ersichtlich und wie von der Klägerin gewünscht auf den konkreten Darlehensvertrag abgestimmt war, kann der Beklagten im Rahmen der anlegergerechten Beratung nicht der Vorwurf gemacht werden, bei einer Abweichung von den vertraglichen Bedingungen, insbesondere bei einem vertragswidrig verspäteten Darlehensabruf bzw. einem vertraglich nicht vereinbarten verspäteten Tilgungsbeginn ergebe sich ein von der Klägerin nicht gewünschtes zusätzliches Spekulationsrisiko. Die Klägerin hat auch nicht behauptet, dass sie ein Interesse an einem verspäteten Darlehensabruf oder einem verzögerten Tilgungsbeginn gehabt oder ein solches gar geäußert hätte.
22 
c. Die Klägerin hat weder vorgetragen noch darauf den Vorwurf einer Pflichtverletzung gestützt, dass sie eine besondere Konstruktion gewünscht habe, die ihr einerseits die Flexibilität eines variabel verzinslichen und dadurch mit Dreimonatsfrist kündbaren Darlehens bewahrte und andererseits die Sicherheit einer Festzinsvereinbarung bot. Insbesondere stand nicht im Raum, dass eine vorzeitige Auflösung des Darlehensvertrages ohne Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung, wie sie sonst bei Darlehen mit Zinsbindungsfrist üblicherweise anfällt, erforderlich werden könnte.
23 
d. Der empfohlene Zinssatzswap war auch unter Berücksichtigung des Wissensstands und der Risikobereitschaft der Klägerin wegen seines reinen Absicherungs-Charakters ein geeignetes Produkt.
24 
Soweit die Klägerin anführt, zwischen ihr und der Beklagten bestehe hinsichtlich der Ermittlung der marktüblichen Zinsen eine aufklärungsbedürftige Informationsasymmetrie, lässt sich damit keine Pflichtverletzung begründen. Bei dem vorliegenden Absicherungsgeschäft ging es darum, für die Laufzeit und die Bedingungen des bestehenden Darlehens einen „virtuellen“ festen Zinssatz zu vereinbaren, um das bestehende Risiko der variablen Zinsen auszuschalten. Die Klägerin war in der Lage, die Angemessenheit des angebotenen Zinssatzes zu überprüfen. Denn üblicherweise wird das Zinsänderungsrisiko durch den Abschluss eines festverzinslichen Darlehensvertrages ausgeschaltet. Die Klägerin konnte sich daher die marktüblichen Zinssätze für eine Zinsbindung mit einer Dauer von 7-8 Jahren aus öffentlichen Quellen oder von anderen Banken beschaffen. Sie musste also nicht in der Lage sein, selbst den voraussichtlichen durchschnittlichen Zinssatz des Dreimonats-EURIBOR anhand der Zinsstrukturkurve oder mit Prognosemodellen zu berechnen. Maßgeblich war das Sicherungsinteresse der Klägerin gegen steigende Zinsen und die Frage, in welcher Höhe eine Festzins-Vereinbarung, die zum Entstehen eines „virtuellen Festzinsdarlehens“ führt, marktgerecht war. Das konnte die Klägerin eigenverantwortlich beurteilen. Insofern ist die Situation bei einem zu Absicherungszwecken vereinbarten Swap anders als bei einem Swap-Vertrag, der zu Spekulationszwecken ohne ausreichenden Bezug zu einem Grundgeschäft abgeschlossen wird. Im zweiten Fall empfiehlt der Berater dem Kunden die Übernahme einer - ggf. strukturierten - Zahlungsverpflichtung, deren Wert dieser ebenso wenig einschätzen kann wie den Wert der Zahlungsverpflichtung, die ihm die Bank im Austausch hierfür anbietet (vgl. hierzu: Senat, Urt. v. 14.12.2011, 9 U 11/11, WM 2012, 890).
25 
Der Swap entsprach der Risikobereitschaft der Klägerin. Er gewährte ihr die gewünschte Sicherheit gegen steigende Zinsen, während die Beklagte das - theoretisch unbegrenzte - Risiko eines steigenden Dreimonats-EURIBOR trug.
26 
e. Der von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzanspruch lässt sich nicht mit dem Vorwurf begründen, die Beklagte habe ihr pflichtwidrig nicht die Möglichkeit des Abschlusses eines Zins-Caps aufgezeigt. Im Rahmen der anlegergerechten Beratung schuldet der Berater eine ex ante vertretbare Empfehlung. Auch darf der Berater sich auf die Empfehlung von hauseigenen Produkten beschränken und muss nicht auf die Produkte von Konkurrenten verweisen (BGH, Urt. v. 19.12.2006, XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226). Nach dem bisherigen Vorbringen steht nicht fest, dass die Beklagte überhaupt bereit gewesen wäre, einen Zins-Cap anzubieten. Auch hat die Klägerin die Konditionen eines äquivalenten Caps nicht vorgetragen. Bei einem Zins-Cap schuldet der Käufer üblicherweise eine Optionsprämie, die sich an dem Risiko der Zinsüberschreitung orientiert. Wenn die Klägerin sich also für einen Zins-Cap entschieden hätte, hätte sie in jedem Fall Kosten gehabt. Beim Zinssatzswap entstehen Zahlungspflichten hingegen nur, wenn der eigene Zinssatz höher ist als derjenige der Gegenpartei. Dementsprechend hätte die Klägerin vortragen müssen, zu welchen Bedingungen sie zum Abschluss eines Zins-Caps bereit gewesen wäre, der ihr ebenfalls den Swapsatz (5,85% p.a.) gesichert hätte. Hierzu hat die Klägerin nichts vorgetragen. Auch macht sie ausdrücklich nicht einen Differenzschaden geltend, also die Differenz zwischen den bei einem Cap in jedem Fall entstehenden Kosten und den durch den Swap entstehenden Kosten. Da die Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen ist, hätte sie hierfür einen auf den Differenzschaden bezogenen Feststellungsantrag stellen müssen.
27 
Schließlich hat die Klägerin nicht behauptet, dass sie mit Sicherheit einen Zins-Cap abgeschlossen hätte. Wie die Klägerin selbst darlegt, wäre sie in einen Entscheidungskonflikt geraten, ob sie den Zinssatzswap, einen Zins-Cap oder überhaupt keinen Vertrag abgeschlossen hätte. Somit lässt sich nicht feststellen, dass bei pflichtgemäßer Beratung die Klägerin den streitgegenständlichen Vertrag nicht abgeschlossen hätte. Für den Zinssatzswap sprach insbesondere, dass der Klägerin keine Abschlusskosten entstanden sind.
28 
f. Aus der streitigen Behauptung, die Beklagte habe die Klägerin bei Abschluss des Vertrages unter Zeitdruck gesetzt, lässt sich keine Pflichtverletzung ableiten. Der Zeitdruck ergab sich aus den sich täglich ändernden Kapitalmarktbedingungen. Die Klägerin hätte sich mit der Entscheidung mehr Zeit lassen können, riskierte aber dadurch einen bei Abschluss höheren Festsatz.
29 
g. Der in der mündlichen Verhandlung vom 23.05.2012 gehaltene Vortrag der Klägerin, die Beklagte habe ihr erklärt, sie könne den bestehenden variabel verzinslichen Darlehensvertrag nicht auflösen und der Abschluss eines festverzinslichen Darlehens sei ihr am Markt nicht möglich, ist in der Berufungsinstanz neu. Da der Sachvortrag nicht unstreitig ist und bereits in der ersten Instanz hätte gebracht werden können, kann er nicht gem. § 531 Abs. 2 Nr. 1, 3 ZPO zugelassen werden.
30 
3. Die Beklagte hat die Klägerin objektgerecht beraten. Im Rahmen der Anlageberatung schuldet der Berater eine Aufklärung über die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes, sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben (vgl. nur BGH, Urt. v. 27.09.2011, XI ZR 178/10). Dieser Pflicht ist die Beklagte nachgekommen. Sie hat auf die wesentlichen Risiken, insbesondere auf die Möglichkeit der vorzeitigen Auflösung gegen Zahlung des dann bestehenden Marktwertes hingewiesen.
31 
a. Die Beklagte hat hinsichtlich des Chancen-Risiko-Profils, der Verlustrisiken oder der in dem Swap enthaltenen Vermögenswerte keine Aufklärungspflichten verletzt. Der vorliegende Zinssatzswap ist in der Form des so genannten Plain-Vanilla-Swaps ein sehr einfach strukturierter Vertrag mit im Wesentlichen symmetrischen Risiken. Insbesondere trug die Beklagte, nicht die Klägerin, das – theoretisch unbegrenzte – Risiko eines steigenden Dreimonats-EURIBOR. Es handelt sich nicht um ein kompliziert strukturiertes Produkt, in dem die Bank durch Einstrukturierung von exotischen Optionen oder anderen Parametern das Chancen-/Risikoprofil zu ihren Gunsten verändert hätte, ohne dass der Kunde dies erkennen konnte. Da der Swap die Funktion eines Absicherungsgeschäfts hat, bei dem der Kunde, ähnlich wie bei einem festverzinslichen Darlehen, sich einen festen Zinssatz sichert und damit eine offene Risikoposition schließt, war eine nähere Aufklärung über das Chancen-Risiko-Profil nicht erforderlich. Der Kunde erwarb mit Abschluss des Swap-Vertrages keine offene Risikoposition. Er hatte keine Verlustrisiken, die er durch ein effektives Risikomanagement hätte kontrollieren und beherrschen müssen. Der Vertrag hatte, anders als in dem von der Klägerin zitierten Fall des Senats vom 26.02.2010 (9 U 164/08) bzw. im Fall des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10) keinen Glücksspiel- oder Wettcharakter (vgl. zu der Abgrenzung bereits Senat, Urt. v. 27.10.2010, 9 U 146/08, Tz. 91).
32 
Wegen des absichernden Charakters schuldete die Beklagte auch keine Aufklärung über den Wert der ausgetauschten Leistungen (vgl. hierzu Senat, Urt. v. 14.12.2011, 9 U 11/11). Wie dargelegt, war die Klägerin wie jeder andere Darlehensnehmer in der Lage, die Angemessenheit der Bedingungen des „virtuellen Festzinsdarlehens“ durch einen Vergleich mit am Markt erhältlichen festverzinslichen Darlehen anzustellen und die Marktgerechtigkeit des Swapsatzes zu bewerten.
33 
b. Die Beklagte hat keine Aufklärungspflichten verletzt im Zusammenhang mit dem Risiko, das sich aus dem Auseinanderfallen von Darlehensvalutierung und Abschluss des Swap-Vertrages ergab. Insofern hatte die Klägerin ab Laufzeitbeginn bis zur Valutierung des Darlehens keine offene Risikoposition: Soweit und solange das Darlehen nicht valutiert war, musste sie die Differenz zwischen dem Swapsatz (5,85%) und dem variablen Satz (2% + Dreimonats-EURIBOR) bezogen auf das Nominalkapital bezahlen. Die Zahlungspflichten standen bereits bei Vertragsschluss fest: Nach dem Swap-Vertrag wurde der Zinssatz für die variablen Zinsen zwei Tage vor Beginn der Dreimonats-Periode am 26.03.2009 für die Periode bis zum 30.06.2009 festgelegt. Somit stand fest, dass die Klägerin bis zum Abruf des Darlehens, der vertraglich spätestens zum 25.06.2009 vorgesehen war, die bereits bei Vertragsschluss feststehende Differenz zwischen dem Swapsatz und dem variablen Satz zahlen musste. Am 26.03.2009 lag der Dreimonats-EURIBOR bei 1,538%, woraus sich ein Vertragszinssatz der Beklagten von 3,538% p.a. und eine Differenz zu Lasten der Klägerin von 2,312% p.a. ergaben. Diese Zahlungspflicht war ohne weiteres erkennbar und nicht gesondert aufklärungsbedürftig. Es hing von der wirtschaftlichen Entscheidung der Klägerin ab, zu welchem Zeitpunkt sie das Darlehen valutieren wollte.
34 
Bei der kaufmännischen Klägerin darf vorausgesetzt werden, dass sie die sich aus einem verbindlichen Vertrag ergebende Zahlungspflicht und den Zusammenhang mit der beabsichtigten, aber noch nicht erfolgten Valutierung erkennt. Insbesondere durfte die Beklagte davon ausgehen, dass die Klägerin das Darlehen spätestens bis zum Abruftermin am 25.06.2009 tatsächlich abruft. Andernfalls wäre die Zinssicherung, die von der Klägerin ausdrücklich gewünscht war, wenig sinnvoll gewesen. Die Beklagte hatte keinen Einfluss auf den Zeitpunkt, zu dem die Klägerin das Darlehen abruft. Hätte jene das Darlehen sofort zum 30.03.2009 abgerufen, wäre der Swap-Vertrag ein reines Sicherungsgeschäft gewesen. Die Beklagte musste nicht davon ausgehen, dass die Klägerin das Darlehen nach dem 25.06.2009 abruft.
35 
Die Klägerin hätte einen späteren Vertragsbeginn des Swap-Vertrages verlangen können, der sich stärker an dem Zeitpunkt des geplanten Darlehensabrufs orientiert. Dann hätte sie allerdings, ähnlich wie bei einem Forward-Darlehen, einen Forward-Swap vereinbaren müssen, um sich den gegenwärtigen Zinssatz zu sichern. Sie hatte bereits erfahren, dass sich die Zinskonditionen für den Swap innerhalb von wenigen Tagen zwischen erster Vorstellung und Angebot verschlechtern konnten. Bei einem Forward-Swap zahlt der Kunde allerdings üblicherweise einen Aufschlag auf den aktuellen Zinssatz, mit dem das Zinsänderungsrisiko der Bank abgegolten wird.
36 
Die Beklagte musste angesichts der gewünschten Absicherungsstrategie nicht damit rechnen, dass die Klägerin hinsichtlich des Darlehensvertrages pflichtwidrig einen verspäteten Abruf des Darlehens plante. Eine derartige Absicht hat sie auch nicht behauptet.
37 
c. Schließlich wird der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht auf eine fehlerhafte Aufklärung im Zusammenhang mit der Selbständigkeit des Zinssatzswaps gegenüber dem Grundgeschäft gestützt. Allerdings können sich durch den zusätzlichen Abschluss eines Zinssatzswaps neben einem (konnexen) Darlehensvertrag weitere Risiken ergeben. Bei einem Darlehen mit variabler Verzinsung hat der Darlehensnehmer gemäß § 489 Abs. 2 BGB ein jederzeitiges Kündigungsrecht mit einer Frist von 3 Monaten. Dies bedeutet, dass er bei einer vorzeitigen Ablösung keine Vorfälligkeitsentschädigung zu zahlen hat. Diese Struktur ändert sich durch den Abschluss eines konnexen Zinssatzswaps. Zwar konnte das Grundgeschäft, der Darlehensvertrag, immer noch ohne Vorfälligkeitsentschädigung gekündigt werden. Allerdings bleibt nach Kündigung des Darlehensvertrages der Zinssatzswap bestehen, wenn er nicht ebenfalls gekündigt wird. Dies führt zu zwei Risikoszenarien.
38 
Zum einen trägt der Kunde das Marktwertrisiko des Swaps. Kündigt er das Grundgeschäft, muss er logischerweise den zwecklos gewordenen Absicherungs-Swap ebenfalls kündigen. Hierbei fällt unter Umständen ein zum Kündigungszeitpunkt negativer Marktwert als Auflösungspreis an. Insofern ist die Lage teilweise vergleichbar mit der vorzeitigen Kündigung eines Festzinsdarlehens, bei dem eine Vorfälligkeitsentschädigung anfällt. Es besteht allerdings insofern ein Unterschied, als es sich bei der Auflösung eines Swaps nicht um einen Schadensersatzanspruch der Gegenpartei handelt und der Marktwert bei positiver Entwicklung sogar anstelle einer Pflicht zur Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung zu einem zusätzlichen Ertrag führen kann (vgl. hierzu: Senat, Urt. v. 27.10.2010, 9 U 148/08, Tz. 77, zit.n.juris).
39 
Auf die Möglichkeit der jederzeitigen Auflösung des Swaps zum dann geltenden Marktwert hat die Beklagte die Klägerin ordnungsgemäß hingewiesen. Ein zusätzliches Risiko aus der Wahl eines Sicherungsswaps anstelle eines Festzinsdarlehens könnte theoretisch dann bestehen, wenn der negative Marktwert höher sein könnte als eine Vorfälligkeitsentschädigung. Ob diese theoretische Möglichkeit besteht, ist nicht bekannt. Die Klägerin behauptet dies nicht und macht diesbezüglich keinen Aufklärungsfehler geltend.
40 
Zum anderen besteht das - dem Senat aus anderen Fällen bekannte - Risiko, dass der Kunde den Swap-Vertrag trotz Kündigung des Grundgeschäfts fortführt. In diesem Fall wandelt sich der Charakter des Swaps von einem Absicherungsgeschäft ohne offene Risikoposition in ein spekulatives Geschäft mit einer offenen Risikoposition. Das ist ein nicht gewolltes Ergebnis für einen Kunden, der zur Absicherung einen Payer-Swap abschließt. In vielen Fällen wird dem Kunden dann die Fähigkeit fehlen, den spekulativ gewordenen Swap dem gebotenen effektiven Risikomanagement zu unterwerfen, weil er bereits die Zusammenhänge nicht erkennt und nicht in der Lage ist, den Marktwert eigenverantwortlich zu beobachten und diesen zum Gegenstand seiner Strategie zu machen (vgl. Senat, Urt. v. 14.12.2011, 9 U 11/11). Er ist daher darauf hinzuweisen, dass er im Falle einer Kündigung des Grundgeschäfts auch den Absicherungsswap kündigen und dabei den Auflösungspreis bei seiner Entscheidung berücksichtigen muss. Insbesondere besteht die Gefahr, dass ein Kunde, der - wie hier - mit dem selben Partner sowohl das Darlehensgeschäft als auch den Absicherungsswap abschließt, bei der Kündigung des Darlehensvertrages davon ausgeht, diese erfasse auch den Absicherungsswap.
41 
Im konkreten Fall lässt sich nicht feststellen, dass die Beklagte hinsichtlich des Risikos des selbständigen Fortbestehens des Swap-Vertrages die Klägerin aufgeklärt hat. Zwar wird in den Präsentationsunterlagen darauf hingewiesen, dass der Zinssatzswap jederzeit (selbstständig) aufgelöst werden kann und hierfür der dann gültige Marktpreis zu zahlen ist. Auf das Risiko, dass bei isoliertem Wegfall des Darlehensvertrages eine offene Risikoposition entsteht, die ein effektives Risikomanagement erfordert, zu dem der Kunde nicht in der Lage ist, wird nicht hingewiesen.
42 
Diese Pflichtverletzung ist jedoch nicht erheblich für den geltend gemachten Schaden, nämlich die Rückabwicklung des gesamten Vertrages. Der unterlassene Hinweis führt zu einem anders gearteten Schaden. Der Kunde wird nämlich bei einem unterbliebenen Hinweis spätestens bei der nächsten Fälligkeit feststellen, dass der Swap-Vertrag weiterläuft und nach wie vor Zahlungspflichten begründet. Wurde er vorher ordnungsgemäß darauf hingewiesen, dass er jederzeit den Vertrag zu dem jeweils gültigen Marktwert auflösen kann, ist er in der Lage, dies nachzuholen. Ein Schaden entsteht dann in der Differenz zwischen dem Marktwert zum Zeitpunkt der Kündigung des Darlehensvertrages und demjenigen zum Zeitpunkt der Kündigung des Swap-Vertrages. Hinzu kommt eine etwaige Nettozahlung, die der Kunde nicht vermieden hat, weil er von einer Beendigung des Swap-Vertrages zum Zeitpunkt der Kündigung des Darlehensvertrages ausgegangen ist. Alternativ könnte der Kunde geltend machen, bei ordnungsgemäßer Belehrung hätte er das Grundgeschäft nicht gekündigt. Diesen Differenzschaden macht die Klägerin jedoch nicht geltend. Sie hat den Swap-Vertrag nicht gekündigt, auch nicht während des laufenden Rechtsstreits, obwohl sie über die Möglichkeit der jederzeitigen Auflösung ordnungsgemäß informiert worden war.
43 
4. Die Beklagte war nicht verpflichtet, die Klägerin über den negativen Marktwert des Zinssatzswaps unter dem Gesichtspunkt der Interessenkollision aufzuklären. Nach Auffassung des Senats betrifft die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu der Aufklärungspflicht bei Swap-Geschäften (Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10) nur solche Verträge, die zu Spekulationszwecken abgeschlossen wurden (so im Ergebnis auch: OLG Köln, Urt. v. 18.01.2012, 13 U 232/10, BB 2012, 539, Tz. 21 ff., zit.n.juris) . Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung wesentlich darauf abgestellt, dass es sich bei dem CMS Spread Ladder Swap um eine Zinswette gehandelt hat und bei dieser der negative Marktwert eine maßgebliche Bedeutung habe (BGH, a.a.O., Tz. 31). Weiter war für den Bundesgerichtshof ein wesentliches Kriterium, dass der Kunde aus dem Vertrag Verluste erzielen konnte, deren Eintrittswahrscheinlichkeit bzw. Höhe die Bank durch die frei wählbare und von ihr vorgeschlagene Strukturierung der Zahlungspflichten beeinflussen konnte. Die Interessenkollision sah der Bundesgerichtshof darin, dass die Bank sich dieses von ihr konstruierte Verlustrisiko durch Hedge-Geschäfte sofort abkaufen lassen konnte. Bei einer Wette muss der Kunde nicht damit rechnen, dass die Bank heimlich einen Gewinn generiert.
44 
Dies alles trifft nicht zu auf Zinssatzswaps, die zu Sicherungszwecken abgeschlossen werden. Denn diese schließen gerade das Risiko des Kunden aus und generieren keine Verluste. Bei einem Payer-Swap mit einem festen Zinssatz verzichtet der Kunde lediglich bewusst auf Ertragschancen, die sich aus einem sinkenden variablen Zinssatz ergeben könnten. Seine Belastung und die Marktüblichkeit des Zinssatzes für das über den Swap-Vertrag erzeugte „virtuelle Festzinsdarlehen“ kann er selbst beurteilen.
45 
Der Senat hält allerdings den Ansatz für nicht weiterführend, die vom Bundesgerichtshof konkretisierte Aufklärungspflicht von der Komplexität der Strukturierung abhängig zu machen (vgl. hierzu: OLG Köln, a.a.O.). Es ist nicht erkennbar, dass der Bundesgerichtshof selbst das Merkmal der Komplexität zur entscheidenden Grundlage einer Aufklärungspflicht machen wollte. Dieses Kriterium erscheint dem Senat wenig griffig für klare Abgrenzungen. Zudem besteht die Interessenkollision auch bei solchen spekulativen Swap-Verträgen, die - wie beispielsweise Zinswährungsswaps (Cross-Currency-Swaps) - verhältnismäßig einfach strukturiert sind. Auch hier kann die Bank durch die Wahl der Zinssätze, der Währungen und vor allem aufgrund ihres überlegenen Wissens hinsichtlich der Marktbedingungen die Verlustrisiken des Kunden frei gestalten, während der Kunde im Regelfall nicht in der Lage ist, die Leistungen zutreffend zu bewerten (vergleiche hierzu Senat, Urt. v. 14.12.2011, 9 U 11/11). Für den Kunden ist bereits ein aus Sicht der Bank einfacher Swap regelmäßig komplex.
46 
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht gem. § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern. Die Entscheidung weicht nicht von Entscheidungen anderer Obergerichte oder des Bundesgerichtshofs ab und beruht im Wesentlichen auf den Umständen des Einzelfalls.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 196/09
Verkündet am:
15. April 2010
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Für den nicht bankmäßig gebundenen, freien Anlageberater besteht - soweit
nicht § 31d des Wertpapierhandelsgesetzes eingreift - keine Verpflichtung gegenüber
seinem Kunden, ungefragt über eine von ihm bei der empfohlenen Anlage
erwartete Provision aufzuklären, wenn der Kunde selbst keine Provision
zahlt und offen ein Agio oder Kosten für die Eigenkapitalbeschaffung ausgewiesen
werden, aus denen ihrerseits die Vertriebsprovisionen aufgebracht werden
(Abgrenzung zu BGHZ 170, 226 und BGH, Beschluss vom 20. Januar 2009
- XI ZR 510/07 - NJW 2009, 1416).
BGH, Urteil vom 15. April 2010 - III ZR 196/09 - OLG Celle
LG Hannover
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. April 2010 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Dörr,
Wöstmann, Seiters und Tombrink

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 11. Juni 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger verlangt aus eigenem und aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau Schadensersatz wegen einer fehlerhaften Anlageberatung der Beklagten.
2
Der Kläger und seine Ehefrau zeichneten auf Empfehlung eines für die Beklagte tätigen Handelsvertreters am 5. Dezember 2001 eine Beteiligung am Falk-Fonds 75 über 50.000 € zuzüglich eines 5 %igen Agios. Zur Finanzierung dieser Beteiligung nahmen sie bei der B. -Bank AG einen Kredit in Höhe von netto 50.505,05 € auf. Der Zeichnung vorangegangen waren mehrere Gesprä- che, deren Inhalt zwischen den Parteien streitig ist. Dem Kläger wurde ein Prospekt zum streitgegenständlichen Fonds ausgehändigt, wobei der Zeitpunkt der Übergabe zwischen den Parteien ebenfalls streitig ist. Bei dem FalkFonds 75 handelte es sich um einen geschlossenen Immobilienfonds in Form einer Kommanditgesellschaft, der in verschiedene Gewerbeimmobilien investierte. Nach den Angaben im Fondsprospekt waren für die Eigenkapitalbeschaffung Kosten in Höhe von 10.246.618 € netto veranschlagt. Diese Summe und das von den Anlegern zu zahlende Agio sollte an die mit dem Vertrieb der Gesellschaftsanteile beauftragte Firma "F. K. " gezahlt werden. Die Beklagte wurde als Untervermittlerin tätig und erhielt dafür eine Provision. Hierüber wurden der Kläger und seine Ehefrau im Beratungsgespräch nicht aufgeklärt.
3
Seine Schadensersatzklage stützt der Kläger - soweit hier noch maßgeblich - zum einen auf die mangelnde Aufklärung über seitens der Beklagten für den Vertrieb erhaltene Provisionen, den mangelnden Hinweis auf den Charakter als Anlage einer unternehmerischen Beteiligung, das Risiko eines Totalverlusts sowie darauf, dass vom Anlageberater Ausschüttungen in bestimmter Höhe als sicher dargestellt worden seien. Das Anlageziel einer sicheren Anlage mit unbedingtem Kapitalerhalt habe mit der empfohlenen Anlage nicht erreicht werden können.
4
Die Klage ist vom Landgericht abgewiesen worden. Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben.
5
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe


I.


6
Das Berufungsgericht hat die Klageabweisung damit begründet, dass der Beklagten keine Pflichtverletzung vorzuwerfen sei, soweit sie über den Erhalt von Provisionen für den Vertrieb der Fondsanteile nicht aufgeklärt habe. Zwischen den Parteien habe ein Anlageberatungsvertrag bestanden. Die Grundsätze der Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zur Aufklärungspflicht über erhaltene Rückvergütungen seien auf die Beklagte nicht zu übertragen. Mögliche Ansprüche wegen der weiteren geltend gemachten Pflichtverletzungen seien verjährt.

II.


7
1. Auf die Revision des Klägers ist das angefochtene Urteil einer uneingeschränkten Prüfung zu unterziehen. Das Berufungsgericht hat die Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO zugelassen. Der Entscheidungssatz des Berufungsurteils enthält keinen Zusatz, durch den die Zulassung der Revision eingeschränkt wird. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind für die Prüfung des Umfangs einer zugelassenen Revision zwar auch die Entscheidungsgründe des Berufungsurteils heranzuziehen. Für eine wirksame Beschränkung der Zulassung ist es aber erforderlich, dass sich dies klar aus den Gründen ergibt. Der Bundesgerichtshof hat es wiederholt als unzureichend angesehen , wenn das Berufungsgericht lediglich eine Begründung für die Zulassung der Revision genannt hat, ohne weiter erkennbar zu machen, dass es die Zulassung auf den durch die Rechtsfrage betroffenen Teil des Streitgegenstands hat beschränken wollen (st. Rspr. BGHZ 153, 358, 361; zuletzt BGH, Versäumnisurteil vom 17. Dezember 2009 - IX ZR 16/09 - Rn. 7 m.w.N.). Im vorliegenden Fall entnimmt der Senat aus der angegebenen Begründung über die Zulassung der Revision keinen Willen des Berufungsgerichts, die Revision nur beschränkt auf diesen Teil der Entscheidung zuzulassen. Deshalb ist der Senat nicht gehindert, das Berufungsurteil auch im Hinblick auf die vom Kläger weiter geltend gemachten Pflichtverletzungen rechtlich zu überprüfen.
8
2. Die Revision des Klägers hat Erfolg.
9
a) Den Angriffen der Revision stand hält jedoch die Auffassung des Berufungsgerichts , dass die Beklagte im vorliegenden Fall keine Pflicht zur Aufklärung über die für den Vertrieb des streitgegenständlichen Fonds erhaltenen Provisionen hatte.
10
In aa) der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es anerkannt, dass eine Bank, die einen Kunden über Kapitalanlagen berät und Fondsanteile empfiehlt, bei denen sie verdeckte Rückvergütungen erhält, diesen Kunden über eine solche Rückvergütung aufzuklären hat, um ihm einen insofern bestehenden Interessenkonflikt der Bank offenzulegen. Diese ohne Rücksicht auf die Höhe der Rückvergütung bestehende Aufklärungspflicht versetzt den Kunden erst in die Lage, das Umsatzinteresse der Bank selbst einzuschätzen und zu beurteilen. Wenn eine Bank einen Kunden ohne Zwischenschaltung eines Vermögensverwalters berät, Anlageempfehlungen abgibt und dabei an den emp- fohlenen Fonds durch Rückvergütung verdient, sind die Kundeninteressen durch die von der Bank erhaltenen Rückvergütungen gefährdet. Es besteht die konkrete Gefahr, dass die Bank Anlageempfehlungen nicht allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anleger- und objektgerechter Beratung abgibt, sondern zumindest auch in ihrem eigenen Interesse, möglichst hohe Rückvergütungen zu erhalten. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Rückvergütungen einem bestimmten Geschäft unmittelbar zugeordnet oder in gewissen Zeitabständen gezahlt werden. Wesentlich ist dabei nur, dass die Rückvergütungen umsatzabhängig sind (BGHZ 170, 226, 234 f Rn. 23; Urteil vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07 - NJW 2009, 1416, 1417 Rn. 12). Aufklärungspflichtige Rückvergütungen liegen dabei nur dann vor, wenn Teile der Ausgabeaufschläge oder Verwaltungsgebühren, die der Kunde über die Bank an die Gesellschaft zahlt, hinter seinem Rücken an die beratende Bank umsatzabhängig zurückfließen , so dass diese ein für den Kunden nicht erkennbares besonderes Interesse hat, gerade diese Beteiligung zu empfehlen (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 338/08 - ZIP 2009, 2380, 2383 Rn. 31).
11
bb) Diese vom Bundesgerichtshof für die Beratung einer Bank gegenüber ihren Kunden unter Berücksichtigung der vertraglichen Beziehung zwischen ihnen und den daraus folgenden Besonderheiten abgeleiteten Grundsätze sind auf den Beratungsvertrag des Klägers mit der Beklagten als einer freien , nicht bankgebundenen Anlageberaterin regelmäßig nicht übertragbar.
12
(1) Das Vertragsverhältnis zwischen dem Kunden und seiner Bank ist üblicherweise auf Dauer gegründet. Dies gilt selbst dann, wenn die Anlageberatung sich als erster Kontakt zwischen dem Kunden und seiner Bank darstellt, da regelmäßig das Interesse der Bank darauf gerichtet sein wird, die infolge der Anlageberatung vom Kunden erworbenen Wertpapiere etwa im Rahmen eines Depotvertrags für den Kunden zu verwalten und ein weiteres Konto zur Abwicklung der Wertpapiergeschäfte zu errichten. Die Vertragsbeziehung des Kunden zu seiner Bank ist darüber hinaus regelmäßig davon geprägt, dass die Bank für die jeweiligen Dienstleistungen vom Kunden Entgelte oder Provisionen erhält, etwa Depotgebühren, Kontoführungsgebühren sowie An- und Verkaufsprovision für den Erwerb oder die Veräußerung von Wertpapieren. Der von seiner Bank bezüglich einer Geldanlage in Wertpapiere beratene Kunde muss deshalb nicht damit rechnen, dass die Bank bei der Anlageberatung eigene Interessen verfolgt , weil sie zum Beispiel ein umsatzabhängiges eigenes Provisionsinteresse gegenüber dem jeweiligen Fondsanbieter hat. Dementsprechend ist es dem Bankkunden nicht ohne weiteres erkennbar, aufgrund welcher Interessenlage die konkrete Anlageberatung erfolgt und ob sie ausschließlich von seinen Interessen als Anleger bestimmt wird, wenn die Bank verdeckt Rückvergütungen im oben genannten Sinn erhält. Soweit die Bank eigene Produkte empfiehlt, ist für den Kunden offensichtlich, dass sie neben eventuell vom Kunden zu zahlenden Provisionen mit der Anlage selbst und nicht nur mittels Vertriebsprovisionen Gewinne erzielt. Insgesamt geht der Kunde deshalb grundsätzlich nicht davon aus, dass die ihn beratende Bank aus den von ihm an die Anlagegesellschaft gezahlten Ausgabeaufschlägen oder Verwaltungsgebühren eine Rückvergütung erhält.
13
(2) Das vertragliche Verhältnis zwischen einem Kunden und seinem nicht bankmäßig gebundenen, freien Anlageberater weicht in entscheidenden Punkten von dem zwischen einem Kunden und seiner Bank ab. Wenn ein Anleger sich durch einen freien Anlageberater über eine Kapitalanlage, insbesondere Fonds beraten lässt, und selbst keine Provision für die Anlageberatung zahlt, so liegt es für den Kunden auf der Hand, dass der Anlageberater von der kapitalsuchenden Anlagegesellschaft Vertriebsprovisionen erhält, die jedenfalls wirt- schaftlich betrachtet dem vom Kunden an die Anlagegesellschaft gezahlten Betrag entnommen werden. Da der Anlageberater mit der Beratung selbst sein Geld verdienen muss, kann auch nicht angenommen werden, er würde diese Leistungen insgesamt kostenlos erbringen. Die vertraglichen Beziehungen zwischen einem Kunden und einem Anlageberater sind auch regelmäßig nicht in eine dauerhafte Geschäftsbeziehung eingebettet, aufgrund derer der Anlageberater Gebühren oder Provisionen vom Kunden erhält. Daraus erhellt für den Kunden, dass der Anlageberater bei allen von ihm empfohlenen Produkten ein Provisionsinteresse hat, das - wie bereits ausgeführt - sich nur auf eine Provision seitens der Anlagegesellschaft beziehen kann. Dabei wird dem Kunden des Anlageberaters besonders deutlich vor Augen geführt, dass der Berater seine Vergütung von der Anlagegesellschaft erhält, wenn er Verwaltungsgebühren oder Ausgabeaufschläge zusätzlich zum Anlagebetrag zahlen muss, die dem Kapitalstock seiner Anlage nicht zugute kommen. Wenn dem Kunden bekannt ist, dass in seinem Zahlungsbetrag zum Beispiel ein Agio enthalten ist, so liegt für ihn erst recht klar erkennbar zutage, dass aus diesen Mitteln auch Vertriebsprovisionen gezahlt werden, an denen sein Anlageberater partizipiert. Weil für den Kunden insgesamt das Provisionsinteresse seines Anlageberaters bei jeder Anlageempfehlung offen zutage liegt, kann sich ein Interessenkonflikt im Hinblick auf die verdiente Provision deshalb nur aus der Provisionshöhe aus der konkret empfohlenen Anlage im Vergleich zur Provisionshöhe bei anderen Anlageprodukten ergeben. Um dieses Risiko einzuschätzen, kann ein Interesse des Kunden bestehen, die konkrete Höhe der vom Berater erzielten Provision bei Tätigung der Anlage durch den Kunden zu erfahren. Da dem Kunden das generelle Provisionsinteresse bekannt ist, ist es ihm unschwer möglich, so er Zweifel an der anlegergerechten Beratung hat, diese von seinem Anlageberater zu erfragen. Von einem Anlageberater kann aber nicht verlangt werden, dass er seine Kunden ohne Anlass oder Nachfrage über die Höhe gegebenenfalls sämt- licher Provisionen für die Vermittlung der in seinem Beratungsprogramm enthaltenen Anlagen aufklärt.
14
Danach besteht wegen der Besonderheiten der vertraglichen Beziehung zwischen einem Anleger und seinem Anlageberater jedenfalls dann - soweit nicht der im vorliegenden Fall nicht anwendbare § 31d des Wertpapierhandelsgesetzes eingreift - keine Verpflichtung für den Berater, ungefragt den Anleger über eine von ihm bei der empfohlenen Anlage erwartete Provision aufzuklären, wenn dieser selbst - wie hier - keine Provision an den Berater zahlt und offen ein Agio oder Kosten für die Eigenkapitalbeschaffung ausgewiesen werden, aus denen ihrerseits die Vertriebsprovisionen aufgebracht werden.
15
Das Berufungsgericht ist deshalb im vorliegenden Fall zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte keine Pflicht traf, ungefragt über die von ihr erwarteten Provisionen für die vom Kläger und seiner Ehefrau getätigte Anlage aufzuklären.
16
b) Keinen Bestand hat dagegen die Zurückweisung von Schadensersatzansprüchen des Klägers gegen die Beklagte im Hinblick auf weitere geltend gemachte Pflichtverletzungen, weil Verjährung eingetreten sei.
17
Das Berufungsurteil kann insoweit schon deshalb keinen Bestand haben, weil die Beklagte im Revisionsrechtszug erklärt hat, die Einrede der Verjährung fallen zu lassen und zusätzlich auf sie zu verzichten. Der Schuldner kann durch einseitige Erklärung auf die Einrede der Verjährung unabhängig von deren Eintritt verzichten (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 2007 - XI ZR 447/06 - ZIP 2007, 2206, 2207 Rn. 15) oder sie im Prozess fallen lassen (vgl. Senatsurteil BGHZ 22, 267, 271). Zwar kann eine Verjährungseinrede nicht erstmals im Re- visionsrechtszug erhoben werden (vgl. Senatsurteil BGHZ 1, 234, 239; BGH, Urteil vom 23. Oktober 2003 - IX ZR 324/01 - NJW-RR 2004, 275, 277). Jedoch ist § 559 Abs. 1 ZPO, wonach nur dasjenige Vorbringen der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt, das sich aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ergibt, nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einschränkend dahin auszulegen, dass in der Revisionsinstanz neu vorgetragene Tatsachen berücksichtigt werden können, soweit sie unstreitig sind und nicht schützenswerte Belange der Gegenseite entgegenstehen (BGHZ 173, 145, 150 f Rn. 11; BGH, Urteil vom 29. Juni 2004 - IX ZR 201/98 - WM 2004, 1648, 1654 jeweils m.w.N.). Hieraus folgt, dass die Erklärung der Beklagten hinsichtlich des Fallenlassens und des Verzichts der Verjährungseinrede auch hier in der Revisionsinstanz zu berücksichtigen ist. Aufgrund dieser Erklärung wird der berufungsgerichtlichen Beurteilung die Grundlage entzogen und eine Verneinung von Ansprüchen wegen Verjährung kommt bei dieser Sachlage nicht in Betracht.
18
3. Das Berufungsurteil ist deswegen aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, da die Tatsachen hinsichtlich der weiteren geltend gemach- ten Pflichtverletzungen streitig und hierzu Feststellungen durch das Berufungsgericht erforderlich sind.
Schlick Dörr Wöstmann
Seiters Tombrink
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 04.07.2008 - 13 O 392/07 -
OLG Celle, Entscheidung vom 11.06.2009 - 11 U 140/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 316/11 Verkündet am:
26. Juni 2012
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Bei dem Verkauf von Indexzertifikaten im Wege des Eigengeschäfts (§ 2 Abs. 3
Satz 2 WpHG) besteht keine Aufklärungspflicht der beratenden Bank über ihre
Gewinnspanne. Die beratende Bank ist auf Grund des Beratungsvertrages mit ihrem
Kunden auch nicht verpflichtet, diesen darüber zu informieren, dass der Zertifikaterwerb
im Wege des Eigengeschäfts der Bank erfolgt (Bestätigung Senatsurteile
vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 35 ff., 48 ff., für
BGHZ bestimmt, und XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 38 ff., 51 ff.).

b) Liegt dem Zertifikaterwerb ein Kommissionsvertrag zwischen dem Anleger und der
Bank zugrunde, so besteht keine Aufklärungspflicht der Bank über eine allein vom
Emittenten des Zertifikats an sie gezahlte Vergütung, sofern es sich dabei nicht
um eine Rückvergütung im Sinne der Rechtsprechungsgrundsätze handelt.
BGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - XI ZR 316/11 - OLG Köln
LG Köln
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. Juni 2012 durch die Richter Dr. Joeres, Dr. Grüneberg, Maihold und
Pamp sowie die Richterin Dr. Menges

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 8. Juni 2011 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 20. September 2011 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes (nachfolgend: Zedent) auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der inzwischen insolventen Lehman Brothers Treasury Co. B.V. in Anspruch.
2
Der Zedent erwarb im Februar 2007 aufgrund eines mit einem Mitarbeiter der Beklagten geführten Beratungsgesprächs, dessen Inhalt im Einzelnen streitig ist, gemäß Wertpapierabrechnung vom 7. Februar 2007 für insgesamt 17.145,01 € 17 Stück "G. "-Anleihen der Lehman Brothers Treasury Co. B.V. (nachfolgend: Emittentin) zu jeweils 1.008,53 € pro Stück. Die Beklagte erhielt von der Emittentin eine Vertriebsprovision von 3,5%, die sie dem Zedenten nicht offenbarte.
3
Die Rückzahlung der Zertifikate sollte in Abhängigkeit von der Entwicklung dreier Aktienindizes (Dow Jones EuroSTOXX 50, Standard & Poor´s 500 sowie Nikkei 225) während dreier aufeinander folgender Beobachtungszeiträume (7. Februar 2007 bis 6. Mai 2008, 7. Mai 2008 bis 6. Mai 2009 und 7. Mai 2009 bis 6. Mai 2010) erfolgen. Für den Fall, dass keiner der drei Indizes im Verlaufe dieser Beobachtungszeiträume - bezogen auf seinen jeweiligen Schlusskurs am Festlegungstag (6. bzw. 7. Februar 2007) - um 40% oder mehr fiel, sollte der Anleger an drei einzelnen Feststellungs- bzw. Bewertungsstichtagen (6. Mai 2008, 6. Mai 2009 und 6. Mai 2010) jeweils eine Bonuszahlung von 8,75% des angelegten Betrages erhalten. Sofern keiner der drei Indizes während der gesamten Laufzeit die Barriere von 60% seines jeweiligen Ausgangswerts berührte oder unterschritt, war zudem die Rückzahlung des Nominalbetrags des Zertifikats bei dessen Endfälligkeit (13. Mai 2010) vorgesehen. Sollten hingegen alle drei Indizes an einem der ersten beiden Feststellungstage (6. Mai 2008, 6. Mai 2009) oberhalb ihres jeweiligen Ausgangsniveaus notieren, war das Zertifikat sofort, d.h. vorzeitig zur Rückzahlung fällig. Für den Fall, dass einer der drei Indizes zu irgend einem Zeitpunkt während der Laufzeit des Zertifikats die Schwelle von 60% seines Startwerts berührte oder unterschritt, entfiel für den betreffenden Beobachtungszeitraum sowie etwaige nachfolgende Zeiträume die Bonuszahlung. Zugleich sollte dann für die Rückzahlung des Zertifikats bei Endfälligkeit derjenige Index maßgebend sein, der seinen Startwert während der Laufzeit am tiefsten unterschritten hatte, was in dem für den Anleger ungünstigsten Falle den vollständigen Verlust des eingesetzten Kapitals zur Folge haben konnte.
4
Der Zedent erhielt eine Bonuszahlung in Höhe von 1.600 €. Im September 2008 wurde die US-amerikanische Muttergesellschaft der Emittentin, die Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc., die für die Rückzahlung der Zertifikate die Garantie übernommen hatte, insolvent. Dies zog die Insolvenz der Emittentin nach sich, sodass die Anleihen weitgehend wertlos wurden.
5
Die Klägerin verlangt von der Beklagten, gestützt auf den Vorwurf mehrerer Beratungsfehler, die Rückzahlung von 15.545,01 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückübertragung der 17 Lehman-Zertifikate. Die Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

7
Das Berufungsgericht, dessen Urteil unter anderem in WM 2011, 1652 veröffentlicht ist, hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
8
Der Klägerin stehe ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu, weil diese ihre sich aus dem zwischen den Parteien (richtig: zwischen dem Zedenten und der Beklagten) zustande gekommenen Beratungsvertrag ergebende Pflicht, eine allein am Kundeninteresse ausgerichtete Anlageempfehlung abzugeben, verletzt habe.
9
Im Streitfall könne offenbleiben, ob der Zedent die Zertifikate von der Beklagten im Wege eines Festpreis- oder Eigengeschäfts erworben oder ob die Beklagte auf der Grundlage eines Geschäftsbesorgungsvertrages als Kommissionärin gehandelt habe. Bei einem Kommissionsgeschäft, das bei Aufträgen zum Kauf von Wertpapieren den Regelfall darstelle und für dessen Vorliegen hier verschiedene Umstände sprächen, sei die Beklagte nach den Grundsätzen der Kick-back-Rechtsprechung verpflichtet gewesen, über die Höhe einer von der Emittentin an sie gezahlten Vertriebsprovision aufzuklären. Gehe man demgegenüber mit der Beklagten davon aus, dass sie die Zertifikate aus ihrem eigenen Bestand im Wege des Festpreisgeschäfts an den Zedenten verkauft und mit der einmaligen Vertriebsprovision lediglich ihre Gewinnmarge realisiert habe, möge sie zwar nicht nach den Grundsätzen der Kick-back-Rechtsprechung verpflichtet gewesen sein, den Zedenten über die Höhe dieser Marge aufzuklären; eine so weit gehende Aufklärungspflicht sei dieser Rechtsprechung nicht zu entnehmen.
10
Der Beklagten habe es aber in diesem Falle oblegen, den Zedenten unmissverständlich zumindest auf ihre neben der Beraterrolle bestehende Verkäufereigenschaft und den daraus folgenden Interessenkonflikt hinzuweisen. Dass ein Verkäufer - und damit auch ein Kreditinstitut in dieser Funktion - mit dem Verkauf von Produkten Gewinne erziele und sich insoweit in einem offenkundigen Interessenkonflikt befinde, könne der Annahme einer Aufklärungspflicht dann nicht entgegen stehen, wenn der Kunde, anders als bei der Empfehlung von Eigenprodukten der Bank, bei denen das Eigeninteresse der Bank offensichtlich sei, diesen Sachverhalt nicht kenne und er das Kreditinstitut hinsichtlich des ihm empfohlenen Fremdprodukts als neutralen, allein den Kundeninteressen verpflichteten Berater ansehe. Nur bei einer - für die gebotene Aufklärung allerdings auch ausreichenden - Offenlegung des Umstands, dass zwischen den Parteien ein Kaufvertrag zustande komme, könne der Kunde das mit dem Verkauf von Produkten typischerweise verbundene Umsatzinteresse der ihn beratenden Bank erkennen.
11
Die danach im Zeitpunkt des Vertragsschlusses erforderliche Offenlegung der - etwaigen - Verkäufereigenschaft der Beklagten lasse sich deren Vortrag nicht entnehmen. Eine ausreichende - für die Offenlegung des Interessenkonflikts erst recht genügende - Aufklärung des Zedenten über die von der Beklagten aus dem Geschäft erzielten Erträge sei nach dem zugrunde zu legenden Sachverhalt ebenfalls nicht erfolgt. Soweit die Beklagte erstmals im Berufungsverfahren eine vor dem Erwerb der Zertifikate erfolgte mündliche Aufklärung des Zedenten über die fraglichen Erträge behauptet habe, sei dieser Vortrag gemäß § 531 Abs. 2 ZPO prozessual unbeachtlich.
12
Aufgrund der objektiv feststehenden Pflichtverletzung der Beklagten werde deren Verschulden vermutet (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die mangelnde Aufklärung über die an die Beklagte geflossenen Provisionen sei auch kausal für die Anlageentscheidung des Zedenten gewesen.

II.

13
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte wegen Verletzung einer beratungsvertraglichen Aufklärungspflichtverletzung nicht bejaht werden.
14
1. Nach den unangegriffenen und rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts ist zwischen dem Zedenten und der Beklagten ein Beratungsvertrag geschlossen worden.
15
2. Die bislang getroffenen Feststellungen gestatten jedoch nicht die Annahme , dass die Beklagte ihre Pflichten aus diesem Beratungsvertrag verletzt hat.
16
a) Die beratende Bank ist zu einer anleger- und objektgerechten Beratung verpflichtet (Senatsurteil vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128 f.). Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen dabei von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes , sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben. In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Während die Bank über diese Umstände richtig, sorgfältig, zeitnah, vollständig und für den Kunden verständlich zu unterrichten hat, muss die Bewertung und Empfehlung des Anlageobjekts unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten lediglich ex ante betrachtet vertretbar sein. Das Risiko, dass eine aufgrund anleger - und objektgerechter Beratung getroffene Anlageentscheidung sich im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (vgl. zusammenfassend Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 22, für BGHZ bestimmt, und XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 23, jeweils mwN).
17
b) Hiervon ausgehend bestand keine Aufklärungspflicht der Beklagten hinsichtlich ihrer Verkäufereigenschaft, falls sie die streitgegenständlichen Zertifikate im Wege des Festpreisgeschäfts an den Zedenten veräußert haben sollte.
18
aa) Zutreffend und insoweit auch in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist das Berufungsgericht zunächst davon ausgegangen , dass die beratende Bank bei dem Vertrieb von Zertifikaten im Wege des Festpreisgeschäfts grundsätzlich keine Pflicht zur Aufklärung über die im Kaufpreis enthaltene Gewinnmarge trifft.
19
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Bank, die eigene Anlageprodukte empfiehlt, grundsätzlich nicht verpflichtet, ihren Kunden darüber aufzuklären, dass sie mit diesen Produkten Gewinne erzielt. In einem solchen Fall ist es nämlich für den Kunden bei der gebotenen normativobjektiven Betrachtungsweise offensichtlich, dass die Bank eigene (Gewinn-) Interessen verfolgt, so dass darauf nicht gesondert hingewiesen werden muss (BGH, Urteile vom 15. April 2010 - III ZR 196/09, BGHZ 185, 185 Rn. 12 und vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 38). Nichts anderes gilt nach der Senatsrechtsprechung, wenn fremde Anlageprodukte im Wege des Eigengeschäfts (§ 2 Abs. 3 Satz 2 WpHG) zu einem über dem Einkaufspreis liegenden Preis veräußert werden (Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 37 ff., für BGHZ bestimmt, und XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 40 ff., jeweils mwN). Ein Umstand, der - wie die Gewinnerzielungsabsicht des Verkäufers - für den Kunden im Rahmen des Kaufvertrags offensichtlich ist, lässt innerhalb des Beratungsvertrags seine Schutzwürdigkeit entfallen (Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 44, für BGHZ bestimmt, und XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 47). Dabei ist im Ergebnis unerheblich, in welcher Weise die Bank bei einem Veräußerungsgeschäft ihr Gewinninteresse realisiert.
20
(a) Nach den im Wesentlichen von allen Kreditinstituten verwendeten (Bunte, AGB-Banken, 3. Aufl., SB Wertpapiergeschäfte Vorbemerkung Rn. 21; Seiler/Kniehase in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 104 Rn. 94) Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte in der hier maßgeblichen Fassung 2003 (nachfolgend: SoBedWP aF) führt die Bank Kundenaufträge zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren entweder als Kommissionärin aus (Regelfall) oder sie tätigt mit dem Kunden Festpreisgeschäfte.
21
Ein Festpreisgeschäft kommt dabei zwischen der Bank und dem Kunden gemäß Nr. 9 SoBedWP aF (entspricht Nr. 1 Abs. 3 der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte in der seit dem 1. November 2007 geltenden Fassung) nur dann zustande, wenn für das einzelne Geschäft ausdrücklich ein fester Preis vereinbart wurde. Dementsprechend übernimmt die Bank dann vom Kunden die Wertpapiere als Käuferin oder liefert sie an ihn als Verkäuferin und berechnet den vereinbarten Preis. Im Unterschied zum Kommissionsgeschäft wird die Bank nicht für fremde, sondern regelmäßig für eigene Rechnung tätig (vgl. Seiler/Kniehase in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 104 Rn. 5). Der Kunde hat nur den zuvor vereinbarten Festpreis ohne gesonderte Berechnung von Provision, Courtage oder Spesen zu zahlen (Bunte, AGB-Banken, 3. Aufl., SB Wertpapiergeschäfte Rn. 59).
22
(b) Im Falle der Vereinbarung eines Festpreisgeschäfts ist - unabhängig davon, ob es um die Veräußerung eigener Produkte der beratenden Bank oder fremder Anlageprodukte geht - die Verfolgung eigener Gewinninteressen der Bank für den Anleger offenkundig (s. oben II. 2. b) aa) (1)). Dabei ist die Art und Weise des von der Bank getätigten Deckungsgeschäfts, d.h. die von der Bank im Verhältnis zum Emittenten gewählte rechtliche Gestaltung, mit der sie ihre im Kaufvertrag gegenüber dem Anleger übernommene Lieferverpflichtung sicherstellen will, für die Anlageentscheidung des Kunden regelmäßig unmaßgeblich. Denkbar ist insoweit zum einen, dass die Bank die empfohlenen Produkte bereits zu einem geringeren Einkaufspreis in ihren Eigenbestand übernommen hat oder davon ausgeht, sie sich nach dem Geschäftsabschluss mit dem Kunden im Rahmen des Deckungsgeschäfts günstiger beschaffen zu können (vgl. MünchKommHGB/Ekkenga, 2. Aufl., Bd. 5 Effektengeschäft Rn. 532). Zum anderen kommt auch ein Tätigwerden der Bank im Auftrag des Emittenten der Wertpapiere in Frage (§ 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 WpHG), welches dieser im Regelfall mit einer ebenfalls nicht zu offenbarenden Vertriebsprovision vergütet (vgl. Hannöver in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 110 Rn. 67, 73). Handelt die Bank schließlich als Verkaufskommissionärin, scheidet eine Offenlegungspflicht hinsichtlich der in diesem Falle vom Emittenten gezahlten Kommissionsgebühr schon wegen der Offenkundigkeit der Gewinnerzielungsabsicht der Bank (vgl. §§ 354, 396 HGB) aus.
23
(2) Diesem Ergebnis steht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Offenlegung versteckter Innenprovisionen und zur Aufklärungsbedürftigkeit von Rückvergütungen nicht entgegen (Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 41 ff. bzw. XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 38 ff., für BGHZ bestimmt). Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung gebieten auch gemeinschaftsrechtliche Vorgaben keine andere Betrachtungsweise.
24
(a) Wie der erkennende Senat in seinen Urteilen vom 27. September 2011 (XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 48 ff. bzw. XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 45 ff., für BGHZ bestimmt; vgl. hierzu kritisch Klöhn, ZIP 2011, 2244, 2245 f.; Herresthal, ZBB 2012, 89, 102 ff.) näher ausgeführt hat, ergeben sich weder aus Art. 19 der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates - Finanzmarktrichtlinie - (ABl. L 145/1) noch aus Art. 26 der hierzu ergangenen Richtlinie 2006/73/EG der Kommission vom 10. August 2006 - Durchführungsrichtlinie - (ABl. L 241/26) unmittelbare beratungsvertragliche Rechtswirkungen zugunsten der Anleger im Verhältnis zur Bank. Beide Bestimmungen geben zur Umsetzung der Vorgabe, wonach Wertpapierunternehmen in der dort näher beschriebenen Weise im bestmöglichen Interesse der Kunden zu handeln haben, keine Regelung vor; diese bleibt vielmehr vollständig den Mitgliedstaaten überlassen. Insbesondere unterliegt es danach deren eigener Entscheidung, ob diese Umsetzung in zivil- oder aufsichtsrechtlicher Form geschieht.
25
Der deutsche Gesetzgeber hat in Gestalt des FinanzmarktrichtlinieUmsetzungsgesetzes (FRUG) vom 16. Juli 2007 (BGBl. I S. 1330) und der hierdurch zum 1. November 2007 in Kraft getretenen Änderungen des Gesetzes über den Wertpapierhandel (WpHG) die Umsetzung nicht auf zivil-, sondern auf aufsichtsrechtlicher Ebene vorgenommen (vgl. Ellenberger in Ellenberger/ Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 4. Aufl. Rn. 1100; Mülbert, WM 2007, 1149, 1155). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Urteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 18) bewirken aufsichtsrechtliche Bestimmungen regelmäßig weder eine Begrenzung noch eine Erweiterung der zivilrechtlich zu beurteilenden Haftung des Anlageberaters (vgl. auch Ellenberger in Ellenberger/ Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 4. Aufl. Rn. 1100). Die Revisionserwiderung zeigt keinen Gesichtspunkt auf, der dem Senat zu einer hiervon abweichenden Betrachtungsweise und insbesondere zu einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV Veranlassung geben könnte.
26
(b) Abgesehen davon kommt es im Streitfall auf die von der Revisionserwiderung erhobenen Einwände gegen die Senatsrechtsprechung aber auch nicht an. Zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Beratung im Februar 2007 waren die Umsetzungsfristen sowohl der Finanzmarktrichtlinie vom 21. April 2004 als auch der Durchführungsrichtlinie vom 10. August 2006 noch nicht verstrichen. Soweit die Revisionserwiderung geltend macht, die Finanzmarktrichtlinie sei bis zum 30. April 2006 und daher schon vor dem hier betroffenen Beratungsgespräch umzusetzen gewesen, wird übersehen, dass Art. 70 der Finanzmarktrichtlinie durch Art. 1 Nr. 5 der Richtlinie 2006/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2006 zur Änderung der Richtlinie 2004/39/EG über Märkte für Finanzinstrumente in Bezug auf bestimmte Fristen (ABl. L 114/60) geändert und hierdurch für die Finanzmarktrichtlinie eine mit der Durchführungsrichtlinie übereinstimmende Umsetzungsfrist bis zum Ablauf des 31. Oktober 2007 geschaffen worden ist.
27
Vor Ablauf der in einer Richtlinie festgelegten Umsetzungsfrist kommt nach der Rechtsprechung des EuGH weder eine unmittelbare Wirkung der Richtlinie (EuGH, Slg. 1979, I-1629 Rn. 41 ff.; Slg. 1992, I-5567 Rn. 18 ff.; Slg. 1994, I-763 Rn. 16) in Betracht noch besteht für die nationalen Gerichte die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung bereits bestehender Rechtsvorschriften (EuGH, Slg. 2006, I-6057 Rn. 115; vgl. auch Slg. 1997, I-4961 Rn. 9, 11, 43). Während des Laufs der Umsetzungsfrist haben die Mitgliedstaaten lediglich den Erlass von Vorschriften zu unterlassen, die geeignet sind, die Erreichung des in der Richtlinie vorgeschriebenen Zieles ernstlich zu gefährden (EuGH, Slg. 1997, I-7411 Rn. 45; Slg. 2006, I-6057 Rn. 121; sog. Frustrationsverbot ). Darüber hinaus müssen es die nationalen Gerichte ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens einer Richtlinie soweit wie möglich unterlassen, das innerstaatliche Recht auf eine Weise auszulegen, die die Erreichung des mit der Richtlinie verfolgten Zieles nach Ablauf der Umsetzungsfrist ernsthaft gefährden würde (EuGH, Slg. 2006, I-6057 Rn. 123). Soweit das Bundesverfassungsgericht (NJW 2011, 288 Rn. 54) unter Berufung auf das vorstehende Urteil des EuGH (Slg. 2006, I-6057) eine Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung ab Inkrafttreten einer Richtlinie angenommen hat, ist nicht ersichtlich, dass es eine über die Rechtsprechung des EuGH hinausgehende Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung bejahen wollte (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 21. Dezember 2010 - 1 BvR 2742/08, juris Rn. 26). In Übereinstimmung mit dem EuGH nimmt auch der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung eine Pflicht der nationalen Gerichte zu richtlinienkonformer Auslegung erst nach Ablauf der Umsetzungsfrist an (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 24. April 2012 - XI ZR 96/11, WM 2012, 983 Rn. 22 f. mwN).
28
Es ist indes nicht ersichtlich und wird auch von der Revisionserwiderung nicht aufgezeigt, dass das vom erkennenden Senat auf der Grundlage langjährig gefestigter Rechtsprechungsgrundsätze zu Aufklärungspflichten der Bank beim Anlageberatungsvertrag gefundene Ergebnis, wonach beim Festpreisgeschäft keine Verpflichtung der Bank zur Aufklärung über ihre im Kaufpreis des Wertpapiers enthaltene Gewinnmarge besteht, zu einer ernsthaften Gefährdung der mit der Finanzmarktrichtlinie bzw. der hierzu erlassenen Durchführungsrichtlinie verfolgten Richtlinienziele führt.
29
bb) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist es in diesem Zusammenhang für den von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruch ohne Belang, ob dem Zedenten bekannt war, dass der Erwerb der Zertifikate im Wege eines - etwaigen - Festpreisgeschäfts der Beklagten erfolgte. Eine insoweit unterbliebene Aufklärung vermag keine Schadensersatzpflicht der Beklagten zu begründen.
30
(1) Wie der erkennende Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat (Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 48 ff., für BGHZ bestimmt, und XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 51 ff.), ist die beratende Bank aufgrund des Beratungsvertrages mit ihrem Kunden nicht verpflichtet, diesen darüber zu informieren, dass der Zertifikaterwerb im Wege des Eigengeschäfts erfolgt. Hierbei kann dahinstehen, ob der vom Berufungsgericht angenommenen gesonderten Aufklärungspflicht über die Art des zwischen der Bank und dem Kunden zustande kommenden Wertpapiergeschäfts bereits Grundsätze der vertragsrechtlichen Dogmatik entgegenstehen (Assies, WuB I G 1.-22.11). Jedenfalls liefe eine diesbezügliche Aufklärungspflicht leer, weil sie nicht dazu führt, dass dem Anleger die für ihn wesentlichen Informationen bezüglich eines auf Seiten der Bank bestehenden Interessenkonflikts erteilt werden.
31
Zwar ergab sich im Streitfall - jedenfalls aufsichtsrechtlich - eine bereits bei Abschluss eines Festpreisgeschäfts zu erfüllende Informationspflicht der Beklagten aus Teil B Nr. 3.3 Abs. 5 der Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel vom 23. August 2001 (BAnz. 2001, S. 19 217; vgl. Senatsurteil vom 25. Juni 2002 - XI ZR 239/01, WM 2002, 1687, 1688 zu der insoweit inhaltsgleichen Richtlinie vom 26. Mai 1997). Die Informationspflicht nach der Richtlinie soll den Kunden indes lediglich darüber in Kenntnis setzen, dass zwischen ihm und der Bank ein Kaufvertrag zustande kommt. Hierdurch soll der Kunde darüber informiert werden, dass das Wertpapiergeschäft für ihn verbindlich ist und er es - anders als bei der Kommission - bis zu dessen Ausführung durch die Bank nicht durch Kündigung des Vertragsverhältnisses noch verhindern kann. Auf der anderen Seite steht ihm allerdings auch ein Schadensersatzanspruch gegen die Bank zu, wenn diese die verkauften Wertpapiere nicht beschaffen kann, sofern der Abschluss des Deckungsgeschäfts nicht als Bedingung des Festpreisgeschäfts vereinbart worden war. Eine Pflicht zur Aufklärung über die Gewinnmarge lässt sich der Vorschrift nicht entnehmen.
32
Für die vom Berufungsgericht angenommene Pflicht der beratenden Bank, den Anleger darauf hinzuweisen, dass der Wertpapiererwerb im Wege des Eigengeschäfts erfolgt, sprechen auch nicht die zu berücksichtigenden Kundeninteressen. Eine Pflicht zur Auskunft über das Eigengeschäft liefe im Hinblick auf die Gewinnmarge auf die - als solche bedeutungslose - Information des Anlegers hinaus, dass die Bank ihren Kunden über Existenz und Höhe der Gewinnspanne nicht aufzuklären hat. Eine Abschätzung des Gewinninteresses der Bank an dem in Aussicht genommenen Wertpapiergeschäft wäre ihm daher gar nicht möglich. Darin liegt der entscheidende Unterschied zur Rechtsprechung des Senats zu den aufklärungsbedürftigen Rückvergütungen, bei denen - unabhängig von der vertraglichen Einordnung des zugrunde liegenden Geschäfts - gerade über Existenz und Höhe der gezahlten Vertriebsprovisionen aufzuklären ist, damit der Anleger das Umsatzinteresse der beratenden Bank abschätzen kann. Die Aufklärungspflicht der Bank über Provisionen richtet sich daher nach der Rechtsnatur des objektiv vorliegenden Effektengeschäfts, während das Wissen und die Kenntnis bzw. Unkenntnis des Anlegers in Bezug auf die rechtliche Einordnung des Wertpapiergeschäfts hierfür unerheblich sind.
33
(2) An dieser Rechtsprechung (zustimmend Klöhn, ZIP 2011, 2244, 2245; Schäfer, WM 2012, 197, 199 f.; Nobbe, WuB I G 1.-2.12; Steiner, Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen 2012, 182, 183; Zoller, BB 2011, 3088, 3089; Bausch, EWiR 2011, 765, 766; Lang EWiR 2011, 763, 764; im Ergebnis auch Buck-Heeb, DB 2011, 2825, 2830; einschränkend dies., WM 2012, 625, 633 f.) hält der Senat auch unter Berücksichtigung ablehnender Stellungnahmen (Herresthal, ZBB 2012, 89, 101; Maier, VuR 2012, 27, 28 f.; Schröder, jurisPR-BKR 1/2012 Anm. 2; LG Bonn, Urteil vom 2. März 2012 - 3 O 63/10, juris Rn. 56) sowie der Ausführungen der Revisionserwiderung fest.
34
Insbesondere trifft der Vorwurf nicht zu, die Ablehnung einer Aufklärungspflicht der Bank über die Durchführung des Zertifikaterwerbs im Wege des Eigengeschäfts sei unvereinbar mit der Verneinung der Schutzwürdigkeit des Kunden wegen Offensichtlichkeit des Gewinninteresses der Bank, weil diese Verneinung die Kenntnis des Kunden von der Verkäuferrolle der Bank gerade voraussetze. Hierbei wird zum einen nicht hinreichend beachtet, dass die Offensichtlichkeit der Gewinnerzielungsabsicht der Bank sich aus einer typisierenden Betrachtungsweise ergibt (vgl. hierzu bereits BGH, Urteile vom 3. März 2011 - III ZR 170/10, WM 2011, 640 Rn. 18 und vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 38; s. auch Buck-Heeb, jurisPR-BKR 7/2011 Anm. 2; dies., WM 2012, 625, 633). Besteht hiernach in Bezug auf diesen Umstand schon - objektiv - keine Schutzwürdigkeit des Kunden, kommt es auf den jeweiligen Wissensstand des konkreten Anlegers über die Verkäuferrolle der Bank im Einzelfall nicht an. Zum anderen ist dem Kunden allein mit dem bloßen Wissen um diese Verkäuferstellung ohnehin nicht geholfen, weil es ihm lediglich Kenntnis von einem Umstand verschafft, der eine darüber hinaus gehende Aufklärungspflicht über die Gewinnmarge gerade nicht auszulösen vermag. Es ist daher auch nicht ersichtlich, weshalb die Unkenntnis des Kunden, dass der Zertifikaterwerb im Wege des Eigengeschäfts der Bank erfolgt, insoweit sogar zu einer weitergehenden Aufklärungspflicht der Bank führen sollte, als sie bei Kenntnis des Kunden von der Stellung der Bank als Verkäuferin bestünde (so aber Buck-Heeb, WM 2012, 625, 634). Das gilt umso mehr, als bei einem Eigengeschäft - entsprechend der Ausgangslage beim Vertrieb eigener Produkte (vgl. dazu Senatsurteil vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 38) - ein beratungsvertraglich maßgeblicher Interessenkonflikt ohnehin nicht allein in der generellen Gewinnerzielungsabsicht der Bank liegen kann (vgl. auch unten III. 2.).
35
c) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht ferner angenommen, die Beklagte sei im Falle eines zwischen den Parteien vereinbarten Kommissionsgeschäfts nach den Rechtsprechungsgrundsätzen zu Rückvergütungen ver- pflichtet gewesen, den Zedenten über die vorliegend allein von der Emittentin an die Beklagte gezahlte Provision und deren Höhe aufzuklären.
36
aa) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats ist eine Bank aus dem Anlageberatungsvertrag verpflichtet, über von ihr vereinnahmte Rückvergütungen aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen aufzuklären (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 22 f.; Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 12 f. und vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 20 ff.; die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG, WM 2012, 68 nicht zur Entscheidung angenommen). Aufklärungspflichtige Rückvergütungen sind - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu versteckten Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen oder Verwaltungsgebühren gezahlt werden, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt. Hierdurch kann beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen, er kann jedoch das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieses Produkts nicht erkennen (Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 12 f. und vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 25).
37
bb) Eine aufklärungspflichtige Rückvergütung in diesem Sinne liegt hier nicht vor. Die Wertpapierabrechnung vom 7. Februar 2007 weist neben dem an die Beklagte zu zahlenden Betrag von 1.008,53 € pro Zertifikat - hinsichtlich dessen die Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat übereinstimmend davon ausgegangen sind, dass es sich dabei um den Kurswert des Papiers an dem betreffenden Tage gehandelt habe - keine von dem Zedenten an die Emittentin zu entrichtenden und hinter dem Rücken des Zedenten an die Beklagte zurückfließenden Posten aus.

III.

38
Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
39
1. Sofern der Zedent und die Beklagte hinsichtlich der Beschaffung der streitbefangenen Zertifikate ein Kommissionsgeschäft vereinbart haben sollten, ergab sich nicht schon allein daraus eine Aufklärungspflicht der Beklagten über die von der Emittentin unmittelbar an sie gezahlte Provision.
40
a) Wird das Effektengeschäft als Kommission für den Kunden gemäß §§ 383 ff. HGB (vgl. dazu Senatsurteil vom 25. Juni 2002 - XI ZR 239/01, WM 2002, 1687, 1688; Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 SoBedWP aF) durchgeführt, so schließt die Bank gem. Nr. 1 Abs. 1 Satz 2 SoBedWP aF für Rechnung des Kunden mit einem anderen Marktteilnehmer oder einer zentralen Gegenpartei ein Kaufoder Verkaufgeschäft (Ausführungsgeschäft) ab oder sie beauftragt einen anderen Kommissionär (Zwischenkommissionär) mit dem Abschluss des Ausführungsgeschäfts. Hinsichtlich des Deckungsgeschäfts sieht Nr. 1 Abs. 1 SoBedWP aF im Gegensatz zu Nr. 29 Abs. 1 AGB-Banken in der Fassung von 1986 nicht mehr die Möglichkeit des Selbsteintritts der Bank (§ 400 HGB) vor (Bunte, AGB-Banken, 3. Aufl., SB Wertpapiergeschäfte Rn. 41 ff.), so dass diese sich die Wertpapiere - im Falle der Kaufkommission - bei einem Dritten zu beschaffen hat.
41
b) Gemäß § 384 Abs. 1 Halbsatz 2 HGB hat der Kommissionär das Interesse des Kommittenten wahrzunehmen und ihm nach § 384 Abs. 2 Halbsatz 2 HGB über das Geschäft Rechenschaft abzulegen sowie dasjenige herauszugeben , was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat. Dem entspricht es, dass es gemäß § 387 Abs. 1 HGB alleine dem Kommittenten zustattenkommt, wenn der Kommissionär zu vorteilhafteren Bedingungen abschließt, als sie ihm von dem Kommittenten gesetzt worden sind, insbesondere wenn der Preis, für welchen er einkauft, den von dem Kommittenten bestimmten höchsten Preis nicht erreicht (§ 387 Abs. 2 HGB). Auf der anderen Seite schuldet der Kommittent - auch ohne gesonderte Vereinbarung (vgl. § 354 HGB) - dem Kommissionär eine Provision (§ 396 Abs. 1 HGB) sowie nach Maßgabe von § 396 Abs. 2 HGB Aufwendungsersatz.
42
c) Ob eine - wie hier - vom Emittenten des Wertpapiers an die Bank gezahlte (Vertriebs-) Provision unter Teil B. Ziff. 1.2 Abs. 3 der im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Beratung noch geltenden Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel vom 23. August 2001 (BAnz. 2001, S. 19 217) fiel und nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur auftrags- bzw. kommissionsrechtlichen Auskunfts- und Herausgabepflicht gemäß §§ 666, 667 BGB, § 384 Abs. 2 HGB (BGH, Urteile vom 14. November 1977 - II ZR 107/76, WM 1978, 115, 117; vom 1. April 1987 - IVa ZR 211/85, NJW-RR 1987, 1380; vom 28. Februar 1989 - XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1051; vom 6. Februar 1990 - XI ZR 184/88, WM 1990, 462, 464; vom 18. Dezember 1990 - XI ZR 176/89, NJW 1991, 1224; vom 17. Oktober 1991 - III ZR 352/89, NJW-RR 1992, 560 f.; vom 30. Mai 2000 - IX ZR 121/99, NJW 2000, 2669, 2672, insoweit nicht in BGHZ 144, 343 abgedruckt, und vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 15, 21; Senatsbeschluss vom 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 8; vgl. zu Emissionsbonifikationen schon RG, JW 1905, 118; zu dem vom Anleger nicht vergüteten freien Anlageberater s. BGH, Urteil vom 3. März 2011 - III ZR 170/10, WM 2011, 640 Rn. 20) grundsätzlich als "aus der Geschäftsbesorgung erlangt" an den Kunden herauszugeben ist (in diesem Sinne Palandt/Sprau, BGB, 71. Aufl., § 667 Rn. 3; Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl., § 384 Rn. 9; Krüger in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 384 Rn. 25 f.; Lenz in Röhricht/Graf von Westphalen, HGB, 3. Aufl., § 384 Rn. 12; Oetker/Martinek, HGB, 2. Aufl., § 384 Rn. 35; Möllers in KK-WpHG, § 31 Rn. 145; Schäfer in Schäfer/Sethe/Lang, Handbuch der Vermögensverwaltung , § 11 Rn. 19 [zur Vermögensverwaltung]; Buck-Heeb, BKR 2010, 309, 314; Staub/Koller, HGB, 4. Aufl., § 384 Rn. 40; ablehnend MünchKommHGB /Ekkenga, 2. Aufl., Bd. 5 Effektengeschäft Rn. 529; MünchKommHGB /Häuser, 2. Aufl., § 384 Rn. 73; HeymannHGB, 2. Aufl., § 384 Rn. 18; mit anderem Ansatz im Ergebnis ebenso Hadding, ZIP 2008, 529, 534 ff.; Mülbert, ZHR 172 (2008), 170, 192 ff.; Starke in Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht , 4. Aufl. Rn. 17.57 ff.), bedarf in diesem Zusammenhang keiner abschließenden Entscheidung.
43
Denn allein eine etwaige auftrags- bzw. kommissionsrechtliche Herausgabe - und Rechenschaftspflicht der Bank hinsichtlich einer unmittelbar vom Emittenten des Wertpapiers erhaltenen Vertriebsprovision rechtfertigt als solche nicht die Annahme einer Verletzung des Anlageberatungsvertrages durch das Kreditinstitut, wenn es den Anleger über Erhalt und Höhe dieser Provision nicht aufklärt. Eine derartige Schlussfolgerung lässt sich insbesondere nicht dem - die Frage des vorsätzlichen Organisationsverschuldens einer Bank betreffenden - Senatsurteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 13 ff., 21 entnehmen.
44
Hat nämlich ein Anleger wie vorliegend der Zedent - abweichend von der gesetzlichen Wertung des § 354 HGB - neben dem dem Nennwert entsprechenden Preis der Wertpapiere für deren Beschaffung weder eine Kommissionsgebühr noch sonstige Aufschläge an die Bank zu entrichten, so stellt sich die Abwicklung des Effektengeschäfts aus seiner Sicht in wirtschaftlicher Hin- sicht nicht anders als bei einem Eigengeschäft der Bank dar, so dass es bei der gebotenen wertenden Betrachtungsweise in Bezug auf den Beratungsvertrag ebenso wie dieses zu behandeln ist. Dafür spricht auch, dass es häufig dem Zufall überlassen ist, ob der Wertpapiererwerb im Wege der (Einkaufs-) Kommission für den Anleger oder eines Festpreis- bzw. Eigengeschäfts erfolgt (vgl. Mülbert, ZHR 172 [2008], 170, 193; Spindler, WM 2009, 1821, 1822).
45
d) Ob im Falle der Vereinbarung eines Kommissionsgeschäfts mit dem Kunden eine beratungsvertragliche Aufklärungspflicht der Bank über eine unmittelbar vom Emittenten des Wertpapiers erhaltene Provision dann besteht, wenn der Kunde seinerseits eine Kommissionsgebühr oder einen ähnlichen Aufschlag an die Bank zahlt, bedarf keiner Entscheidung. Derartige Zahlungen des Zedenten an die Bank sind weder festgestellt noch vorgetragen worden.
46
2. Allein das generelle, für jeden Anbieter wirtschaftlicher Leistungen am Markt typische Gewinnerzielungsinteresse einer Bank als solches begründet für sich genommen ebenfalls noch keine beratungsvertragliche Verpflichtung zur Aufklärung über die von der Emittentin an die Beklagte gezahlte Provision. Das ändert sich vielmehr erst durch das Hinzutreten besonderer Umstände, die so schwer wiegen, dass sie dem Anleger zu offenbaren sind. Diese Voraussetzung kann nach der Senatsrechtsprechung dann erfüllt sein, wenn die Bank bei einer Zinswette durch die Gestaltung der Zinsformel einen negativen Marktwert einpreist , der ihr die Erzielung eines Gewinns ermöglicht, mit dem der Kunde nicht rechnen muss (Senatsurteil vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 36, 38) oder wenn - wie im Falle von Rückvergütungen - der Anleger über den Interessenkonflikt der Bank dadurch bewusst getäuscht wird, dass sie als Empfängerin offen ausgewiesener Provisionen ungenannt bleibt (Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivate- geschäft, 4. Aufl., Rn. 1056; Varadinek/Röh, ZIP 2009, 2383, 2385). Ein damit vergleichbarer Sachverhalt ist vorliegend nicht festgestellt.
47
3. a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (unter anderem Urteile vom 1. März 2004 - II ZR 88/02, WM 2004, 928, 930 und vom 12. Februar 2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110, 118 ff.) muss unter bestimmten Umständen über Existenz und Höhe von Innenprovisionen aufgeklärt werden , weil sie Einfluss auf die Werthaltigkeit der vom Anleger erworbenen Anlage haben und deswegen bei ihm insoweit eine Fehlvorstellung hervorrufen können. Unter Innenprovisionen sind danach nicht ausgewiesene Vertriebsprovisionen zu verstehen, die in Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Kaufobjekts - versteckt - enthalten sind (vgl. Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 22).
48
b) Die vorliegend von der Emittentin an die Beklagte gezahlte Vertriebsprovision in Höhe von 3,5% berührte indes den Wert der vom Zedenten erworbenen Zertifikate nicht (zu Einkaufsrabatten vgl. Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 42 bzw. XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 39, für BGHZ bestimmt). Die Rückzahlung der Zertifikate richtete sich - je nach der Wertentwicklung der drei zugrunde liegenden Aktienindizes - nach dem Nominalbetrag der Papiere bzw. gegebenfalls nach der Wertentwicklung dieser Indizes. Die Vertriebsprovision war hierfür unerheblich.
49
4. Zu von der Klägerin im Hinblick auf die streitgegenständlichen Zertifikate - unter anderem in Bezug auf deren Funktionsweise - darüber hinaus geltend gemachten Aufklärungspflichtverletzungen hat das Berufungsgericht bislang , von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig, keine Feststellungen getroffen.

IV.

50
Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit es die erforderlichen Feststellungen zu den gerügten Aufklärungspflichtverletzungen , soweit diese bisher ungeprüft geblieben sind, nachholen kann.
Joeres Grüneberg Maihold Pamp Menges

Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 18.02.2010 - 15 O 174/09 -
OLG Köln, Entscheidung vom 08.06.2011 - 13 U 55/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 308/09
vom
29. Juni 2010
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine Bank, die einen Kunden im Rahmen der Anlageberatung nicht auf an sie
zurückgeflossene Rückvergütungen hinweist, kann sich jedenfalls für die Zeit
nach 1990 nicht auf einen unvermeidbaren Rechtsirrtum über Bestehen und
Umfang einer entsprechenden Aufklärungspflicht berufen.
BGH, Beschluss vom 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09 - OLG Hamm
LG Bochum
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 29. Juni 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Wiechers, den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen
und die Richter Dr. Grüneberg und Maihold

beschlossen:
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 31. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 23. September 2009 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 216.279,02 €.

Gründe:

1
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
2
1. Entgegen der Annahme der Nichtzulassungsbeschwerde ist im Hinblick auf die Verschuldensfrage eine Zulassung der Revision nicht gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Das Berufungsgericht hat unter Heranziehung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs fehlerfrei angenommen, dass die beklagte Sparkasse den Kläger anlässlich der Beratungsgespräche im Dezember 1997 und 1998 über eine Zeichnung des Renditefonds schuldhaft nicht über ihr zufließende Rückvergütungen aufgeklärt hat.
3
a) Nach § 282 BGB aF (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nF) muss der Aufklärungspflichtige darlegen und beweisen, dass er eine Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat (vgl. BGH, Urteile vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06, WM 2007, 542, Tz. 18 und vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274, Tz. 17). Zum Vertretenmüssen gehören Vorsatz und Fahrlässigkeit (§ 276 BGB), so dass die Beklagte bereits für leichte Fahrlässigkeit einzustehen hat. Soweit sich - wie hier - der Aufklärungspflichtige auf einen Rechtsirrtum über Bestehen und Umfang einer konkreten Aufklärungspflicht beruft, ist zu unterscheiden. Während die vorsätzliche Haftung bereits bei einem bloßen Rechtsirrtum entfällt (vgl. BGHZ 170, 226, Tz. 25 m.w.N.), ist die Haftung wegen Fahrlässigkeit nur bei einem unvermeidbaren Rechtsirrtum ausgeschlossen (vgl. BGHZ 118, 201, 208). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind an das Vorliegen eines unverschuldeten Rechtsirrtums strenge Maßstäbe anzulegen, wobei der Schuldner die Rechtslage sorgfältig prüfen, soweit erforderlich, Rechtsrat einholen und die höchstrichterliche Rechtsprechung sorgfältig beachten muss (vgl. BGHZ 89, 296, 303; Urteile vom 14. Juni 1994 - XI ZR 210/93, WM 1994, 1613, 1614 und vom 4. Juli 2001 - VIII ZR 279/00, WM 2001, 2012, 2014). Grundsätzlich trifft den Schuldner das Risiko, die Rechtslage zu verkennen. Er handelt schuldhaft, wenn er mit der Möglichkeit rechnen musste, dass das zuständige Gericht einen anderen Rechtsstandpunkt einnimmt (vgl. BGHZ 131, 346, 353 f. m.w.N.).
4
b) Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten wegen Fahrlässigkeit rechtsfehlerfrei bejaht.
5
aa) Zwar lagen im Zeitpunkt des ersten Beratungsgesprächs im Dezember 1997 die Entscheidungen des Senats zur Aufklärungspflicht über Rückvergütungen vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226 ff.) und vom 20. Januar 2009 (XI ZR 510/07, WM 2009, 405 f.) noch nicht vor. Der Senat hat aber bereits in den Jahren 1989 und 1990 in zwei Entscheidungen (Urteile vom 28. Februar 1989 - XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1051 und vom 6. Februar 1990 - XI ZR 184/88, WM 1990, 462, 464) bei vermittelten Warentermingeschäften heimliche Kick-back-Vereinbarungen zwischen Anlagenvermittler und Broker missbilligt, den Vermittler zur Herausgabe der Rückvergütungen nach §§ 675, 667 BGB für verpflichtet gehalten und dem Berufungsgericht aufgegeben , Schadensersatzansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB zu prüfen. In der Literatur sind diese Entscheidungen zu Recht dahin verstanden worden, dass die Verheimlichung der Rückvergütung nicht nur in Bezug auf die bloße Herausgabepflicht eine Täuschung des Kunden darstellt, sondern auch deswegen, weil die Rückvergütungen die Tätigkeit des Vermittlers zuungunsten des Anlegers beeinflussen (vgl. Nassall, WuB IV A § 826 BGB 8.89 unter 3.; Wach, EWiR 1989, 765, 766). Aufgrund dessen war für eine Bank bereits ab diesem Zeitpunkt erkennbar, dass auch im Verhältnis zu ihren Kunden bei der - allein in deren Interesse erfolgenden - Beratung über eine Kapitalanlage eine Aufklärungspflicht über solche Umstände besteht, die das Beratungsziel in Frage stellen und die Kundeninteressen gefährden.
6
Eine Aufklärungspflicht des Anlageberaters über Rückvergütungen - als Konkretisierung der allgemeinen Aufklärungspflicht über Interessenkollisionen - wurde auch im einschlägigen Schrifttum angenommen (vgl. Roth in Assmann/ Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 1990, § 12 Rn. 49 f.; Schäfer, Haftung für fehlerhafte Anlageberatung und Vermögensverwaltung, 1. Aufl. 1993, S. 23 f.; zu § 384 HGB bereits Koller, BB 1978, 1733, 1738 f.; ebenso in der Folgezeit: Koller in Assmann/Schneider, WpHG, 1. Aufl. 1995 und 2. Aufl. 1999, jeweils § 31 Rn. 74; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl. 2000, Rn. 8.194 f. und 16.440; Schäfer, Haftung für fehlerhafte Anlageberatung und Vermögensverwaltung, 2. Aufl. 1995, S. 28; Schäfer in Schwintowski/Schäfer, Bankrecht, 1. Aufl. 1997, § 11 Rn. 84 ff.; Schäfer in Schäfer/Müller, Haftung für fehlerhafte Wertpapierdienstleistungen, 1999, S. 62; Schäfer, Wertpapierhandelsgesetz , Börsengesetz, Verkaufsprospektgesetz, 1999, § 31 WpHG Rn. 82; offengelassen von Hopt in Aufklärungs- und Beratungspflichten der Kreditinstitute - der moderne Schuldturm?, Bankrechtstag 1992, S. 1, 19; allgemein auf die Vermeidung von Interessenkonflikten bzw. deren Offenbarung hinweisend: Claussen, Bank- und Börsenrecht, 1. Aufl. 1996 und 2. Aufl. 2000, jeweils § 6 Rn. 39 ff.). Lediglich in der älteren Literatur wurde eine Aufklärungspflicht über Rückvergütungen bzw. Bonifikationen im Grundsatz verneint (vgl. Canaris in Staub, Großkommentar HGB, 3. Aufl., Bd. III/3, Bankvertragsrecht, 2. Bearb. 1981, Rn. 1891; Hopt, Der Kapitalanlegerschutz im Recht der Banken, 1975, S. 441 ff., 447 m.w.N.) und nur ausnahmsweise für den Fall bejaht, dass die Höhe der Rückvergütung ein Indiz für eine fehlende Solidität der empfohlenen Kapitalanlage darstelle (vgl. Canaris, aaO). Die Problematik der Interessenkollision wurde dagegen zu Unrecht ausgeblendet, weshalb diese Literaturmeinung jedenfalls nach 1989 nicht mehr maßgeblich sein konnte.
7
bb) An seiner Rechtsprechung aus den Jahren 1989 und 1990 über die Aufklärungspflicht bei Rückvergütungen hat der Senat seitdem konsequent festgehalten. Mit Senatsurteil vom 19. Dezember 2000 (BGHZ 146, 235 ff.) wurde entschieden, dass eine Bank, die mit dem Vermögensverwalter eines Kunden eine Vereinbarung über die Beteiligung des Verwalters an ihren Provisionen und Depotgebühren geschlossen hat, verpflichtet ist, dies gegenüber dem Kunden offen zu legen. Zur Begründung hat der Senat entscheidend darauf abgestellt, dass dadurch für den Vermögensverwalter ein Anreiz geschaffen wurde, sowohl bei der Auswahl der Bankverbindung als auch hinsichtlich der Anzahl und des Umfangs der für seine Kunden über die Bank abzuwickelnden Geschäfte nicht allein das Interesse der Kunden, sondern auch das eigene Interesse an möglichst umfangreichen Vergütungen der Bank zu berücksichtigen; über diese von ihr geschaffene Gefährdung der Kundeninteressen hat die Bank den Kunden, den ihr der Vermögensverwalter zuführt, noch vor Vertragsabschluß aufzuklären (BGHZ 146, 235, 239). Diese Ausführungen galten nicht nur für die besondere Konstellation der Vermögensverwaltung, sondern bezogen sich erkennbar allgemein auf die Aufklärungspflicht der Bank bei einer von ihr geschaffenen Gefährdung der Kundeninteressen. Darauf wurde auch in mehreren - teils zustimmenden, teils kritischen - Besprechungen der Entscheidung ausdrücklich hingewiesen (vgl. Balzer, ZIP 2001, 232, 233; Meder, WuB I G 9.-1.01 unter 3.; Tilp, EWiR 2001, 255, 256) und hervorgehoben, dass der Senat seine Rechtsprechung zu Aufklärungspflichten bei der Schaffung von Gefährdungstatbeständen durch eine Bank, speziell zu Rückvergütungen und Kick-back-Vereinbarungen bei Termingeschäften, fortführe (vgl. Tilp, aaO: "Offenbar lässt der XI. Zivilsenat bei kickback … nicht mit sich spaßen.").
8
Vor diesem Hintergrund ist auch die Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel zur Konkretisierung der §§ 31 und 32 WpHG für das Kommissions-, Festpreis- und Vermittlungsgeschäft der Kreditinstitute vom 26. Mai 1997 (BAnz. Nr. 98 vom 3. Juni 1997, S. 6586) zu sehen, in deren Ziff. 2.2 Abs. 2 eine zivilrechtliche Aufklärungspflicht über die kommissionsrechtliche Verpflichtung zur Herausgabe von Rückvergütungen vorausgesetzt wird (Senatsurteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274, Tz. 15), die ihre Grundlage unter anderem in den Senatsurteilen aus den Jahren 1989 und 1990 findet.
9
cc) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Senatsurteilen vom 2. Dezember 2003 (XI ZR 53/02, WM 2004, 417, 419) und 20. Januar 2004 (XI ZR 460/02, WM 2004, 521, 523 f.). Dort wurde entschieden, dass die Bank ihren Kunden nicht darüber aufklären muss, wenn sie ohne dessen Wissen an einen Finanzierungsvermittler, der den Kontakt zwischen Kunde und Bank hergestellt hat, eine Vermittlungsprovision zahlt. Eine mit der Zahlung von Rückvergütungen vergleichbare Gefährdung der Interessen des Bankkunden ist hiermit offensichtlich nicht verbunden.
10
dd) Die Beklagte musste daher bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt damit rechnen, dass eine generelle Aufklärungspflicht über Rückvergütungen bestand. Ihr Rechtsirrtum war damit nicht entschuldbar (ebenso OLG Celle, WM 2009, 1794, 1796; OLG Frankfurt am Main, NZG 2010, 510; OLG Karlsruhe, NZG 2009, 1155, 1157; OLG München, WM 2010, 836, 837 f.; OLG Naumburg, BKR 2010, 215, 217 f.; OLG Stuttgart, WM 2009, 2312, 2316 ff. und WM 2010, 844, 846; Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 276 Rn. 22; Nobbe, WuB I G 1.-5.10 m.w.N.; Theewen, EWiR 2009, 701, 702; a.A. OLG Dresden, WM 2009, 1689, 1691 f., aufgehoben durch Anerkenntnisurteil des Senats vom 16. März 2010 - XI ZR 258/09; OLG Oldenburg, BB 2009, 2390, 2391 f., aufgehoben durch Anerkenntnisurteil des Senats vom 23. Februar 2010 - XI ZR 286/09; Edelmann, BB 2010, 1163, 1170; Grys/Geist, BKR 2009, 127, 128 f.; Harnos, BKR 2009, 316, 319 f.; Herresthal, ZBB 2009, 348, 354 ff., die allerdings alle fälschlich auf die Rechtsprechung zur Aufklärungspflicht über Innenprovisionen abstellen; Casper, ZIP 2009, 2409, 2413; Veil, WM 2009, 2193, 2195 ff.; Mülbert/Wilhelm, WM 2009, 2241, 2249; Mülbert, WuB I G 1.-10.09 unter 2.; die von Casper, ZIP 2009, 2409, 2414 Fn. 50 zur Stütze seiner Ansicht zitierten Aufsätze von Wagner, WM 1998, 694, 697 f. und Loritz, WM 2000, 1831, 1835 sind nicht einschlägig, weil sie nur die Aufklärungspflicht über Innenprovisionen behandeln).
11
c) Anders als die Nichtzulassungsbeschwerde und Stimmen im Schrifttum (Herdegen, WM 2009, 2202 ff.; Pieroth/Hartmann, ZIP 2010, 753 ff.) meinen , führt die Annahme eines Verschuldens auch nicht zu einer rückwirkenden Anwendung einer neuen Rechtsprechung, die unter dem Gesichtspunkt des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes bedenklich sein könnte. Eine rückwirkende Rechtsprechungsänderung liegt nicht vor. Wie oben unter 1 b dargelegt worden ist, stellt das Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 zur Aufklärungspflicht über Rückvergütungen (BGHZ 170, 226 ff.) keine grundlegende Weiterentwicklung der bisherigen Rechtsprechung oder gar eine richterliche Rechtsfortbildung dar, sondern beinhaltet lediglich eine bloße Fortführung und weitere Ausformung der Senatsrechtsprechung zur Offenlegung von Interessenkollisionen der Bank gegenüber ihren Kunden im Allgemeinen und von Rückvergütungen im Besonderen, die für die beteiligten Verkehrskreise bei der gebotenen Sorgfalt bereits ab den Jahren 1989/90 absehbar war.
12
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde kann sich im Hinblick auf die Verschuldensfrage auch nicht auf einen anderen Zulassungsgrund berufen. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) ist nicht hinreichend dargelegt; insbesondere fehlen jegliche spezifische Ausführungen dazu, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die hier entscheidungserhebliche Frage zum Vorliegen eines unvermeidbaren Rechtsirrtums über das Bestehen einer Aufklärungspflicht über Rückvergütungen zu den hier maßgeblichen Zeitpunkten umstritten ist (vgl. BGHZ 159, 135, 138; BVerfG NJW-RR 2008, 26, 29). Einer Rechtsfortbildung im Hinblick auf die Voraussetzungen eines unvermeidbaren Rechtsirrtums bedarf es ebenfalls nicht (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 ZPO); der Rechtsstreit gibt keine Veranlassung, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts aufzuzeigen oder Gesetzeslücken zu schließen (BGHZ 151, 221, 225; BGH, Beschluss vom 27. März 2003 - V ZR 291/02, NJW 2003, 1943, 1945). Schließlich liegt auch die von der Nichtzulassungsbeschwerde nur unter Hinweis auf das Urteil des OLG Dresden (WM 2009, 1689, 1691 f.) dargelegte Divergenz nicht (mehr) vor, nachdem dieses Urteil durch Anerkenntnisurteil des Senats vom 16. März 2010 (XI ZR 258/09) aufgehoben worden ist.
13
3. Auch im Übrigen sind zulassungsrelevante Rechtsfehler nicht ersichtlich. Von einer näheren Begründung wird insoweit gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.
Wiechers Joeres Mayen Grüneberg Maihold

Vorinstanzen:
LG Bochum, Entscheidung vom 05.02.2009 - 1 O 295/07 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 23.09.2009 - I-31 U 31/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 510/07
vom
20. Januar 2009
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Zur Aufklärungspflicht einer beratenden Bank über erhaltene Rückvergütungen
bei dem Vertrieb von Medienfonds (Fortführung von BGHZ 170,
226, 234 f. Tz. 22 f.).
BGH, Beschluss vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07 - OLG Naumburg
LG Magdeburg
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Dr. h.c. Nobbe, den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und
die Richter Dr. Ellenberger und Dr. Matthias
am 20. Januar 2009

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 10. Oktober 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 41.150 €.

Gründe:


I.


1
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung in Anspruch.
2
Dem Kläger wurde von einem Mitarbeiter der Beklagten in einem Beratungsgespräch, dessen Inhalt zwischen den Parteien streitig ist, empfohlen, sich an dem von der C. Beteiligungsgesellschaft mbH (im Folgenden: C. ) herausgegebenen Medienfonds C. Fonds Nr. (im Folgenden: Fonds) zu beteiligen. Aufgrund dieser Empfehlung beteiligte sich der Kläger am 22. Mai 2001 mit einer Kommanditeinlage in Höhe von 50.000 € nebst 5% Agio an dem Fonds. Nachdem dieser in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war, veräußerte der Kläger seinen Fondsanteil für 11.350 €.
3
Kläger Der nimmt die Beklagte auf Zahlung von 41.500 € nebst Zinsen in Anspruch. Zur Begründung hat er u.a. unter Berufung auf das Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226 ff.) vorgetragen, der Mitarbeiter der Beklagten habe ihn anlässlich des Beratungsgesprächs nicht darüber aufgeklärt, dass das Agio, das nach dem Prospekt an die C. zu zahlen war, aufgrund einer Vermittlungsvereinbarung in voller Höhe als Rückvergütung an die Beklagte zurückgeflossen sei und zusätzlich noch weitere Provisionen an die Beklagte gezahlt worden seien. http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE063903301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE013400314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE013400314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BVRE100448209&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE013400314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE013400314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 4 -
4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt: Zur Aufklärung über die Innenprovision sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, weil diese weniger als 15% ausgemacht habe (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2007 - III ZR 218/06, Rdn. 9).
5
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde , mit der er insbesondere einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG geltend macht, weil das Berufungsgericht seinen Vortrag zu verdeckt geflossenen Rückvergütungen völlig außer Acht gelassen habe.

II.


6
Das angefochtene Urteil ist gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben und der Rechtsstreit zur neuen mündlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
7
1. Das angegriffene Urteil verletzt den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG.
8
a) Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, den Vortrag der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen (BVerfGE 60, 247, 249; 65, 293, 295 f.; 70, 288, 293; 83, 24, 35; BVerfG NJW-RR 2001, 1006, 1007). Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG setzt dabei eine gewisse Evidenz der Gehörsverletzung voraus , das heißt, im Einzelfall müssen besondere Umstände vorliegen, die http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=KSRE162500275&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=KVRE289549901&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE013400314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 5 - deutlich ergeben, dass das Vorbringen der Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung ersichtlich nicht erwogen worden ist (BVerfGE 22, 267, 274; 79, 51, 61; 86, 133, 146; 96, 205, 216 f.; BVerfG NJW 2000, 131).
9
b) Nach diesen Maßstäben ist Art. 103 Abs. 1 GG hier verletzt.
10
aa) Der Kläger hat in der Berufungsbegründung (GA II 143 ff.) konkrete Ausführungen zu einer Rückvergütungsvereinbarung zwischen der C. und der Beklagten betreffend das nach dem Prospekt vom Kläger an die C. zu zahlende Agio gemacht und dabei auf das Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226, 234 f. Tz. 22 f.) verwiesen. Das Berufungsgericht hat sich jedoch mit keinem Wort mit diesem Vortrag befasst, sondern unter Berufung auf das Urteil des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 22. März 2007 (III ZR 218/06, WM 2007, 873, 874 Tz. 9) lediglich in einem Satz ausgeführt, zu einer Aufklärung über die Innenprovision sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, weil die Provision weniger als 15% ausgemacht habe. Behandelt hat das Berufungsgericht damit lediglich die Informationspflicht aus einem Anlagevermittlungs - und Auskunftsvertrag. Zwischen den Parteien ist aber, wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat und beide Parteien übereinstimmend vorgetragen haben, nicht lediglich ein Anlagevermittlungs - und Auskunftsvertrag, sondern ein Beratungsvertrag zustande gekommen , der zu einer Aufklärung über Rückvergütungen entsprechend den Grundsätzen des Senatsurteils vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226, 234 f. Tz. 23) verpflichtet. Dass das Berufungsgericht diese vom Kläger breit dargestellte Sach- und Rechtslage völlig übergangen hat, lässt sich nach den Umständen des Falles nur damit erklären, dass es das Vorbringen des Klägers bei seiner Entscheidung überhaupt nicht erwogen hat.
11
bb) Der Gehörsverstoß des Berufungsgerichts ist auch entscheidungserheblich.
12
Zutreffend (1) ist die Ansicht der Beschwerdebegründung, dass das genannte Senatsurteil (BGHZ 170, 226, 234 f. Tz. 23) auch auf den Vertrieb von Medienfonds durch eine Bank anwendbar ist. Bei der Offenlegung von Rückvergütungen geht es um die Frage, ob eine Gefährdungssituation für den Kunden geschaffen wird. Deshalb ist es geboten, den Kunden über etwaige Rückvergütungen aufzuklären und zwar unabhängig von der Rückvergütungshöhe. Dabei macht es keinen Unterschied , ob der Berater Aktienfonds oder Medienfonds vertreibt. Der aufklärungspflichtige Interessenkonflikt ist in beiden Fällen gleich. Der Senat hat zwar § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a.F. im Zusammenhang mit der Pflicht zur Vermeidung eines Interessenkonflikts angeführt (BGHZ 170, 226, 234 Tz. 23), seine Ausführungen zum Interessenkonflikt aber nicht auf den Anwendungsbereich des WpHG beschränkt. In § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a.F. ist lediglich der auch zivilrechtlich allgemein anerkannte Grundsatz der Vermeidung von vertragswidrigen Interessenkonflikten aufsichtsrechtlich für den Bereich des Wertpapierhandels normiert worden (vgl. KK-WpHG/Möllers § 31 Rdn. 23 m.w.Nachw.; auch Palandt/ Sprau, BGB 68. Aufl. § 654 Rdn. 4).
13
(2) Aufgrund des Beratungsvertrags war die Beklagte verpflichtet, den Kläger darüber aufzuklären, dass sie von der C. für die Vermittlung der Fondsanteile das Agio in voller Höhe bekam. Für die Berater der Beklagten bestand danach ein ganz erheblicher Anreiz, Anlegern gerade eine Fondsbeteiligung der C. zu empfehlen. Darüber und den damit verbundenen Interessenkonflikt musste die Beklagte den Kläger im Rahmen des Beratungsgesprächs informieren, um ihn in die Lage zu versetzen, das Umsatzinteresse der Beklagten einschätzen und beurteilen zu können, ob die Beklagte und ihr Berater die Fondsbeteiligung nur deshalb empfahlen, weil sie selbst daran verdienten (vgl. Senatsurteil BGHZ 170, 226, 234 f. Tz. 23). Das gilt vorliegend umso mehr, als der Interessenkonflikt noch dadurch gesteigert wurde, dass die Beklagte für die Übernahme einer Platzierungsgarantie eine Vergütung von weiteren 3% des Kommanditkapitals erhielt und für ihre Gebietsfilialen, die die für sie festgelegten Platzierungsquoten zu 100% erfüllten, von der C. eine zusätzliche Vermittlungsgebühr von 100.000 € gezahlt wurde. Durch dieses gesteigerte Anreizsystem bestand eine erhöhte Gefahr, dass die im Kundeninteresse zu erfolgende anleger- und objektgerechte Beratung nicht oder nur unzureichend vorgenommen wurde.
Nobbe Joeres Mayen
Ellenberger Matthias
Vorinstanzen:
LG Magdeburg, Entscheidung vom 19.06.2007 - 11 O 165/07 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 10.10.2007 - 2 U 96/07 -

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 170/10
Verkündet am:
3. März 2011
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Pflicht des freien, nicht bankmäßig gebundenen Anlageberaters zur Aufklärung
über ihm zufließende Provisionen (Bestätigung des Senatsurteils vom
15. April 2010 - III ZR 196/09, BGHZ 185, 185).
BGH, Urteil vom 3. März 2011 - III ZR 170/10 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. März 2011 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Dörr,
Hucke, Seiters und Tombrink

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 8. Juli 2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger nimmt die Beklagte, eine Finanzdienstleisterin, aus abgetretenem Recht unter dem Vorwurf fehlerhafter Anlageberatung auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Nach Durchführung eines Gesprächs und Überlassung des Anlageprospekts zeichnete der Zedent auf Empfehlung eines damaligen Mitarbeiters der Beklagten am 7. Dezember 2004 eine - über einen Treuhandkommanditisten vermittelte - Beteiligung an der F. & E. VIP M. 4 GmbH Co. KG (im Folgenden: Fondsgesellschaft), einem geschlossenen Medienfonds, über eine Summe von 100.000 € zuzüglich 5 % Agio. Entsprechend dem vorgegebenen Anlagemodell wurde die Beteiligung in einem Umfang von 45.500 € durch ein Darlehen bei der H. bank finanziert. Im Januar 2005 erstattete die Beklagte dem Zedenten - "wie vereinbart" - einen Teil des Agios in Höhe von 2.000 €.
3
Der Kläger hat geltend gemacht, zwischen dem Zedenten und der Beklagten sei ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen und die Beklagte habe die ihr hieraus erwachsenen Pflichten zur anleger- und objektgerechten Beratung verletzt; vor allem habe sie es pflichtwidrig unterlassen, den Zedenten über die Höhe der Provisionen aufzuklären, die ihr im Falle der erfolgreichen Empfehlung der Kapitalanlage von Seiten der Fondsgesellschaft oder deren Hauptvertriebsbeauftragten zufließen.
4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Beklagte zum Schadensersatz verurteilt. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe


5
Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


6
Das Oberlandesgericht (ZIP 2010, 1583) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
7
Zwischen dem Zedenten und der Beklagten sei ein Anlageberatungsvertrag geschlossen worden. Aus diesem Verhältnis sei die Beklagte verpflichtet gewesen, den Zedenten unaufgefordert über die genaue Höhe der ihr zufließenden Provision für die erfolgreiche Empfehlung der Fondsanlage - 8,25 % der Zeichnungssumme - aufzuklären. Diese Aufklärungspflicht ergebe sich aus dem gesetzlichen Leitbild, das in den §§ 242, 675 Abs. 1, § 667 BGB, §§ 383 ff HGB zum Ausdruck komme. Der Anlageberater sei zur Wahrung der Interessen seines eine Kapitalanlage suchenden Auftraggebers verpflichtet und daher gehalten, vertragswidrige Interessenkonflikte in ihrem konkreten Ausmaß aufzudecken. Der gebotene Schutz des Vertrauens des Anlageinteressenten dahin , dass die Beratung objektiv erfolge und sich vornehmlich nach seinem Interesse ausrichte, erfordere die Offenlegung der Doppelrolle des Anlageberaters als Vermittler des Kapitalsuchenden einerseits und als Berater des Investitionswilligen andererseits. In diesem Zusammenhang müsse der genaue Umfang der Provision mitgeteilt werden, damit der Anlageinteressent das Umsatzinteresse des Beraters und das Ausmaß des daraus resultierenden Interessenkonflikts einschätzen sowie die Angemessenheit und Werthaltigkeit der Kapitalanlage ausloten könne. Es leuchte nicht ein, dass die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Pflichten eines freien Anlageberaters und die Pflichten einer Bank insofern unterschiedlich beurteile. Die sonach bestehende Aufklärungspflicht habe die Beklagte verletzt, da ihr Mitarbeiter keine Mitteilungen zur Provision gemacht habe und der Anlageprospekt keine Angaben über die gerade der Beklagten zufließende Provision und deren konkreten Umfang enthalte.
Diese Pflichtverletzung, die für Anlageentscheidung des Zedenten kausal gewesen sei, habe die Beklagte zu vertreten.

II.


8
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand.
9
1. Gegen die Würdigung des Berufungsgerichts, dass zwischen den Parteien ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen sei, erhebt die Revision keine Einwände.
10
2. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Ansicht des Berufungsgerichts , wonach die Beklagte verpflichtet gewesen sei, den Zedenten unaufgefordert über die genaue Höhe der ihr zufließenden Provision für die erfolgreiche Empfehlung der Fondsanlage aufzuklären.
11
a) In seinem Urteil vom 15. April 2010 (III ZR 196/09, BGHZ 185, 185) hat der Senat für einen vergleichbaren Fall eine Aufklärungspflichtverletzung verneint und ausgesprochen, dass wegen der Besonderheiten der vertraglichen Beziehung zwischen einem Anleger und einem freien, nicht bankmäßig gebundenen Anlageberater - soweit nicht § 31d des Wertpapierhandelsgesetzes eingreift - jedenfalls dann keine Verpflichtung für den Berater besteht, ungefragt über eine von ihm bei der empfohlenen Anlage erwartete Provision aufzuklären, wenn der Anleger selbst keine Provision an den Berater zahlt und offen ein Agio oder Kosten für die Eigenkapitalbeschaffung ausgewiesen werden, aus denen ihrerseits die Vertriebsprovisionen aufgebracht werden.

12
b) Dieses Urteil hat im Schrifttum sowohl Zustimmung als auch Kritik erfahren. Während zustimmende Meinungen in erster Linie darauf verwiesen haben , dass dem Anleger in diesen Fällen kein schützenswertes Vertrauen zur Seite stehe (s. etwa Habersack, WM 2010, 1245, 1251 ff; Brocker/Klebeck, ZIP 2010, 1369, 1373), haben kritische und ablehnende Stellungnahmen angeführt, dass der Anleger auch in diesen Fällen die genaue Höhe der Provisionen kennen müsse, um das Ausmaß des hieraus erwachsenden Interessenkonflikts auf Seiten des Anlageberaters hinreichend einschätzen zu können (s. etwa BuckHeeb , BKR 2010, 309, 315; Jäger, MDR 2010, 903, 907), und dass die Differenzierung zwischen den diesbezüglichen Aufklärungspflichten der Banken einerseits und der nicht bankgebundenen, freien Anlageberater andererseits nicht überzeuge (so etwa Jansen/Rensen, MDR 2010, 661, 663; s. insoweit auch Brocker/Klebeck aaO S. 1374, die im Anschluss an das Senatsurteil für eine "entsprechende" Wertung bei der Anlageberatung durch Banken eintreten). Das Berufungsgericht hat sich mit der oben (unter I.) erwähnten Begründung der ablehnenden Meinung angeschlossen.
13
c) Der Senat hält an seiner Auffassung fest.
14
aa) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Pflicht zur Aufklärung über die einem Anlageberater durch die erfolgreiche Vermittlung oder Empfehlung einer Kapitalanlage zufließenden Vorteile unter den Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes, der Aufdeckung (potentiell) vertragszweckgefährdender Interessenkonflikte und der nötigen Information über die Werthaltigkeit und Rentabilität der Anlage behandelt worden.
15
(1) Für den Bereich der Anlageberatung durch Banken hat es der Bundesgerichtshof für geboten erachtet, dass diese ihre Kunden über (aus Ausgabeaufschlägen und Verwaltungskosten entnommene) umsatzabhängige Rückvergütungen in Kenntnis setzen, die ihnen von Seiten des Kapitalsuchenden gewährt werden (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226, 234 f Rn. 22 ff; Beschluss vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, NJW 2009, 1416, 1417 Rn. 10 ff; vgl. auch Urteil vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 338/08, WM 2009, 2306, 2307 Rn. 31 und Beschluss vom 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09, NJW 2010, 2339, 2340 Rn. 5 ff). Tragend hierfür ist der Gedanke des Vertrauensschutzes sowie der Aufdeckung (potentiell) vertragszweckgefährdender Interessenkonflikte. Der Bankkunde soll davor geschützt werden, dass ohne sein Wissen (s. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2009 aaO "hinter seinem Rücken" und Beschluss vom 29. Juni 2010 aaO Rn. 5 "heimlich") Rückvergütungen versprochen werden, die auf Seiten der Bank einen Interessenkonflikt entstehen lassen, der seinerseits geeignet ist, den Vertragszweck zu gefährden , indem die Gefahr begründet wird, dass die Anlageempfehlung nicht allein im Kundeninteresse nach den Kriterien der anleger- und objektgerechten Beratung abgegeben wird, sondern zumindest auch im eigenen Interesse der Bank, möglichst hohe Rückvergütungen zu erhalten. Erst die Aufklärung über die genaue Höhe der Rückvergütung versetzt den Kunden in die Lage, das Umsatzinteresse der Bank selbst einschätzen und beurteilen zu können (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2006 aaO S. 234 Rn. 23 f; Beschluss vom 20. Januar 2009 aaO Rn. 12 f; s. dazu auch Buck/Heeb aaO S. 312; Jäger aaO S. 904, 907; Nittel/ Knöpfel, BKR 2009, 411 f).
16
(2) Ferner hat der Bundesgerichtshof dem Anlagevermittler (Senat, Urteile vom 12. Februar 2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110, 116 ff, 121; vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05, NJW-RR 2006, 685, 686 Rn. 5; vom 22. März 2007 - III ZR 218/06, NJW-RR 2007, 925, 926 Rn. 9; vgl. auch - zu den Aufklärungspflichten eines Geschäftsbesorgers - Versäumnisurteil vom 28. Juli 2005 - III ZR 290/04, NJW 2005, 3208, 3210 sowie - zu den Aufklärungspflichten eines Treuhandkommanditisten - Urteil vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07, BKR 2008, 301, 304 Rn. 21) und dem Anlageberater (so BGH, Urteil vom 25. September 2007 - XI ZR 320/06, BKR 2008, 199, 200 f Rn. 11 f, 14 ff zur anlageberatenden Bank) die Pflicht auferlegt, über Vertriebsprovisionen Aufklärung zu geben, wenn diese eine Größenordnung von 15 % des von den Anlegern einzubringenden Kapitals überschreiten. Dem liegt die Erwägung zu Grunde, dass Vertriebsprovisionen solchen Umfangs Rückschlüsse auf eine geringere Werthaltigkeit und Rentabilität der Kapitalanlage eröffnen und dies wiederum einen für die Anlageentscheidung derart bedeutsamen Umstand darstellt, dass der Anlageinteressent hierüber informiert werden muss (s. dazu insbesondere Senat, Urteil vom 12. Februar 2004 aaO S. 118 ff, 122; Versäumnisurteil vom 28. Juli 2005 aaO und Urteil vom 9. Februar 2006 aaO). Unbeschadet dessen müssen unrichtige oder irreführende Angaben zu Vertriebsprovisionen generell unterbleiben oder rechtzeitig richtiggestellt werden (s. Senatsurteile vom 12. Februar 2004 aaO S. 118, 122; vom 22. März 2007 aaO Rn. 8 und vom 29. Mai 2008 aaO).
17
bb) Hiernach ergibt sich keine generelle Pflicht des freien, nicht bankmäßig gebundenen Anlageberaters, unaufgefordert über ihm zufließende Provisionen aufzuklären, wenn er von dem Anleger selbst kein Entgelt erhält und offen ein Agio oder Kosten für die Eigenkapitalbeschaffung ausgewiesen werden, aus denen ihrerseits die Vertriebsprovisionen aufgebracht werden.
18
(1) Bei gebotener typisierender Betrachtungsweise unterscheidet sich die vorerwähnte Gestaltung der Anlageberatung durch einen freien Anlageberater grundlegend von der Anlageberatung durch eine Bank. Dies hat der Senat in seinem Urteil vom 15. April 2010 (aaO Rn. 11 ff) im Einzelnen ausgeführt. Die dagegen erhobene Kritik dringt nicht durch, da sie außer Acht lässt, dass bei der Erörterung des Bestehens, der Art und der Reichweite von allgemeinen Aufklärungspflichten (§ 242 BGB) eine auf den Regelfall abstellende, typisierende Betrachtung der betroffenen Vertragsverhältnisse vorzunehmen ist.
19
Das Vertragsverhältnis zwischen dem Kunden und seiner Bank ist üblicherweise auf eine gewisse Beständigkeit und Dauer angelegt und regelmäßig davon geprägt, dass die Bank für die jeweiligen Dienstleistungen vom Kunden selbst Entgelte oder Provisionen erhält. Es handelt sich im Allgemeinen um ein entgeltliches Geschäftsbesorgungsverhältnis (§§ 611, 675 Abs. 1 BGB; s. nunmehr auch § 675c Abs. 1 BGB), das vom Gedanken der Fremdnützigkeit der Geschäftsbesorgung und den Pflichten des Geschäftsbesorgers nach §§ 666, 667 BGB maßgeblich mit geprägt und bestimmt wird (vgl. hierzu etwa BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, NJW 2009, 2298, 2299 Rn. 21; Nittel/ Knöpfel aaO S. 415 mwN). Aus diesem Verhältnis ergeben sich einerseits eine besondere Pflicht der Bank, die Interessen ihres Kunden zu wahren und in den Mittelpunkt ihrer Beratung zu stellen, und andererseits ein damit korrespondierendes schützenswertes Kundenvertrauen. Der von seiner Bank bezüglich einer Kapitalanlage beratene Kunde muss nicht damit rechnen, dass die Bank bei der Anlageberatung vornehmlich eigene Interessen an der Einnahme von (nicht offen gelegten) Rückvergütungen verfolgt. Ihm ist nicht ohne weiteres erkennbar , dass die Anlageberatung von der Erwartung des Zuflusses von Rückvergütungen bestimmt sein könnte.
20
Lässt sich ein Anleger hingegen durch einen freien Anlageberater beraten und zahlt er diesem selbst keinerlei Entgelt oder Provision, so liegt es für den Anleger auf der Hand, dass der Anlageberater von der kapitalsuchenden Anlagegesellschaft (gegebenenfalls vermittelt über einen Hauptvertriebsbeauftragten ) Vertriebsprovisionen erhält, die jedenfalls wirtschaftlich betrachtet dem vom Anleger an die Anlagegesellschaft gezahlten Betrag entnommen werden. Da der Anlageberater mit der Beratung als solche sein Geld verdienen muss, kann berechtigter Weise nicht angenommen werden, er würde diese Leistungen insgesamt kostenlos erbringen. Die vertraglichen Beziehungen zwischen einem Kunden und einem Anlageberater sind regelmäßig nicht in eine dauerhafte Geschäftsbeziehung eingebettet, aufgrund deren der Anlageberater von seinem Kunden Entgelte oder Provisionen erhält. Dass der Anlageberater sein Geld mit Leistungen von Seiten des Kapitalsuchenden verdient, wird dem Anleger besonders deutlich vor Augen geführt, wenn er zusätzlich zum Anlagebetrag Verwaltungsgebühren oder Ausgabeaufschläge zahlen muss, die dem Kapitalstock seiner Anlage nicht zugute kommen. Sind ein Agio oder Kosten für die Eigenkapitalbeschaffung offen ausgewiesen, so liegt für den Anleger klar erkennbar zutage, dass aus diesen Mitteln auch Vertriebsprovisionen gezahlt werden, an denen sein Anlageberater partizipiert. Unter diesen Umständen besteht regelmäßig kein schützenswertes Vertrauen des Anlegers darauf, dass der Anlageberater keine Leistungen des Kapitalsuchenden erhält; vielmehr sind dem Anleger sowohl die Provisionsvergütung des Beraters durch den Kapitalsuchenden als auch der damit (möglicherweise) verbundene Interessenkonflikt bewusst. Gleiches gilt für den Umstand, dass der Anlageberater einer doppelten vertraglichen Bindung unterliegt, nämlich aus der Vertriebsvereinbarung mit dem Kapitalsuchenden oder dessen Hauptvertriebsbeauftragten einerseits und aus dem Beratungsvertrag mit dem Anleger andererseits. Es geschieht in dieser Hinsicht mithin nichts "hinter dem Rücken" des Anlegers oder "heimlich". Ob die Regelungen der §§ 666, 667 BGB in dem Verhältnis zwischen dem Anleger und dem freien, vom Anleger nicht vergüteten Anlageberater in Bezug auf die diesem zufließenden Provisionen überhaupt Anwendung finden, kann offen bleiben. Hieraus ergibt sich nämlich jedenfalls deshalb keine Pflicht des Beraters zur Herausgabe von oder zur unaufgeforderten Aufklärung über Vertriebsprovisionen , weil er annehmen darf, dass der Anleger mit derartigen Provisionen allgemein rechnet und deren Zahlung an den Anlageberater billigt (vgl. BGH, Urteile vom 18. Dezember 1990 - XI ZR 176/89, NJW 1991, 1224 und vom 30. Mai 2000 - IX ZR 121/99, NJW 2000, 2669, 2672 zu der Konstellation, dass Provisionen ohne Kenntnis und ohne Billigung des Auftraggebers an den Beauftragten gezahlt worden sind).
21
Soweit es um die genaue Höhe der gerade dem Anlageberater zukommenden Provision geht, ist es bei gebotener Abwägung der gegenüberstehenden Interessen der Vertragsparteien Sache des Anlegers - dem das generelle Provisionsinteresse des Beraters bekannt ist -, dieserhalb bei dem Anlageberater nachzufragen. Insoweit kommt ein rechtlich beachtliches Informationsinteresse des Anlegers in Betracht, etwa im Hinblick auf die genaue Einschätzung des Ausmaßes des mit der Provisionshöhe verbundenen Eigeninteresses des Beraters. Andererseits kann in Anbetracht der berechtigten Wahrung des Betriebs - und Geschäftsgeheimnisses des Anlageberaters von diesem nicht verlangt werden, dass er seinen Kunden ohne Anlass oder Nachfrage über die Höhe gegebenenfalls sämtlicher Provisionen für die Vermittlung der in seinem Beratungsprogramm enthaltenen Anlagen aufklärt. Weigert er sich, die Frage des Anlegers zur konkreten Provisionshöhe zu beantworten, so bleibt es dem Anleger überlassen, ob er gleichwohl die Dienste des Beraters in Anspruch nehmen und seine Anlageentscheidung an dessen Beratung ausrichten oder aber sich an einen anderen Berater wenden möchte. Beantwortet der Berater die Frage des Anlegers, so darf er hierbei freilich keine unrichtigen oder irreführenden Angaben machen.

22
(2) Hiervon unberührt bleibt die generelle Pflicht des Anlageberaters, im Rahmen der objektgerechten Beratung unaufgefordert über Vertriebsprovisionen Aufklärung zu geben, wenn diese eine Größenordnung von 15 % des von den Anlegern einzubringenden Kapitals überschreiten, und etwaige irreführende oder unrichtige Angaben zu Vertriebsprovisionen rechtzeitig richtigzustellen.
23
d) Nach diesen Maßgaben hat das Berufungsgericht zu Unrecht angenommen , dass die Beklagte ihre Aufklärungspflicht verletzt habe, da ihr Mitarbeiter keine Mitteilungen zur Provision gemacht habe und der Anlageprospekt keine Angaben über die gerade der Beklagten zufließende Provision und deren konkreten Umfang enthalte.
24
Die Beklagte erhielt von dem Zedenten selbst kein Entgelt und keine Provision. Im Anlageprospekt, welcher dem Zedenten vor der Zeichnung der Beteiligung überlassen worden war, sind die Kosten der Eigenkapitalbeschaffung /Eigenkapitalvermittlung mit 4,9 % des Beteiligungskapitals zuzüglich des Agios von 5 % angegeben und die Hauptvertriebsbeauftragte der Fondsgesellschaft sowie ihre Befugnis, Dritte als Vertriebspartner einzusetzen, erwähnt. Ohnehin war dem Zedenten bekannt, dass die Beklagte von Seiten der Fondsgesellschaft oder deren Hauptvertriebsbeauftragten eine Provision erhalten würde, da er mit dem (damaligen) Mitarbeiter der Beklagten eine teilweise Erstattung des Agios vereinbarte und diese Erstattung dann auch im Januar 2005, wenige Zeit nach der Zeichnung der Beteiligung, erhielt. Bei dieser Lage war die Beklagte nach den vorstehend beschriebenen Rechtsprechungsgrundsätzen nicht gehalten, den Zedenten unaufgefordert über die (genaue) Höhe der ihr zufließenden Provisionen in Kenntnis zu setzen. Anhaltspunkte für irrefüh- rende oder unrichtige Prospektangaben zu Vertriebsprovisionen oder für ein Überschreiten der 15 %-Grenze sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
25
3. Das Berufungsurteil ist nach alldem aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil das Berufungsgericht hinsichtlich der weiteren, vom Kläger geltend gemachten Pflichtverletzungen in Bezug auf die geschuldete anleger- und objektgerechte Beratung des Zedenten - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen hat und die Sache daher nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Schlick Dörr Hucke
Seiters Tombrink
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 19.08.2009 - 9 O 279/08 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 08.07.2010 - I-6 U 136/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 316/11 Verkündet am:
26. Juni 2012
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Bei dem Verkauf von Indexzertifikaten im Wege des Eigengeschäfts (§ 2 Abs. 3
Satz 2 WpHG) besteht keine Aufklärungspflicht der beratenden Bank über ihre
Gewinnspanne. Die beratende Bank ist auf Grund des Beratungsvertrages mit ihrem
Kunden auch nicht verpflichtet, diesen darüber zu informieren, dass der Zertifikaterwerb
im Wege des Eigengeschäfts der Bank erfolgt (Bestätigung Senatsurteile
vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 35 ff., 48 ff., für
BGHZ bestimmt, und XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 38 ff., 51 ff.).

b) Liegt dem Zertifikaterwerb ein Kommissionsvertrag zwischen dem Anleger und der
Bank zugrunde, so besteht keine Aufklärungspflicht der Bank über eine allein vom
Emittenten des Zertifikats an sie gezahlte Vergütung, sofern es sich dabei nicht
um eine Rückvergütung im Sinne der Rechtsprechungsgrundsätze handelt.
BGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - XI ZR 316/11 - OLG Köln
LG Köln
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. Juni 2012 durch die Richter Dr. Joeres, Dr. Grüneberg, Maihold und
Pamp sowie die Richterin Dr. Menges

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 8. Juni 2011 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 20. September 2011 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes (nachfolgend: Zedent) auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der inzwischen insolventen Lehman Brothers Treasury Co. B.V. in Anspruch.
2
Der Zedent erwarb im Februar 2007 aufgrund eines mit einem Mitarbeiter der Beklagten geführten Beratungsgesprächs, dessen Inhalt im Einzelnen streitig ist, gemäß Wertpapierabrechnung vom 7. Februar 2007 für insgesamt 17.145,01 € 17 Stück "G. "-Anleihen der Lehman Brothers Treasury Co. B.V. (nachfolgend: Emittentin) zu jeweils 1.008,53 € pro Stück. Die Beklagte erhielt von der Emittentin eine Vertriebsprovision von 3,5%, die sie dem Zedenten nicht offenbarte.
3
Die Rückzahlung der Zertifikate sollte in Abhängigkeit von der Entwicklung dreier Aktienindizes (Dow Jones EuroSTOXX 50, Standard & Poor´s 500 sowie Nikkei 225) während dreier aufeinander folgender Beobachtungszeiträume (7. Februar 2007 bis 6. Mai 2008, 7. Mai 2008 bis 6. Mai 2009 und 7. Mai 2009 bis 6. Mai 2010) erfolgen. Für den Fall, dass keiner der drei Indizes im Verlaufe dieser Beobachtungszeiträume - bezogen auf seinen jeweiligen Schlusskurs am Festlegungstag (6. bzw. 7. Februar 2007) - um 40% oder mehr fiel, sollte der Anleger an drei einzelnen Feststellungs- bzw. Bewertungsstichtagen (6. Mai 2008, 6. Mai 2009 und 6. Mai 2010) jeweils eine Bonuszahlung von 8,75% des angelegten Betrages erhalten. Sofern keiner der drei Indizes während der gesamten Laufzeit die Barriere von 60% seines jeweiligen Ausgangswerts berührte oder unterschritt, war zudem die Rückzahlung des Nominalbetrags des Zertifikats bei dessen Endfälligkeit (13. Mai 2010) vorgesehen. Sollten hingegen alle drei Indizes an einem der ersten beiden Feststellungstage (6. Mai 2008, 6. Mai 2009) oberhalb ihres jeweiligen Ausgangsniveaus notieren, war das Zertifikat sofort, d.h. vorzeitig zur Rückzahlung fällig. Für den Fall, dass einer der drei Indizes zu irgend einem Zeitpunkt während der Laufzeit des Zertifikats die Schwelle von 60% seines Startwerts berührte oder unterschritt, entfiel für den betreffenden Beobachtungszeitraum sowie etwaige nachfolgende Zeiträume die Bonuszahlung. Zugleich sollte dann für die Rückzahlung des Zertifikats bei Endfälligkeit derjenige Index maßgebend sein, der seinen Startwert während der Laufzeit am tiefsten unterschritten hatte, was in dem für den Anleger ungünstigsten Falle den vollständigen Verlust des eingesetzten Kapitals zur Folge haben konnte.
4
Der Zedent erhielt eine Bonuszahlung in Höhe von 1.600 €. Im September 2008 wurde die US-amerikanische Muttergesellschaft der Emittentin, die Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc., die für die Rückzahlung der Zertifikate die Garantie übernommen hatte, insolvent. Dies zog die Insolvenz der Emittentin nach sich, sodass die Anleihen weitgehend wertlos wurden.
5
Die Klägerin verlangt von der Beklagten, gestützt auf den Vorwurf mehrerer Beratungsfehler, die Rückzahlung von 15.545,01 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückübertragung der 17 Lehman-Zertifikate. Die Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

7
Das Berufungsgericht, dessen Urteil unter anderem in WM 2011, 1652 veröffentlicht ist, hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
8
Der Klägerin stehe ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu, weil diese ihre sich aus dem zwischen den Parteien (richtig: zwischen dem Zedenten und der Beklagten) zustande gekommenen Beratungsvertrag ergebende Pflicht, eine allein am Kundeninteresse ausgerichtete Anlageempfehlung abzugeben, verletzt habe.
9
Im Streitfall könne offenbleiben, ob der Zedent die Zertifikate von der Beklagten im Wege eines Festpreis- oder Eigengeschäfts erworben oder ob die Beklagte auf der Grundlage eines Geschäftsbesorgungsvertrages als Kommissionärin gehandelt habe. Bei einem Kommissionsgeschäft, das bei Aufträgen zum Kauf von Wertpapieren den Regelfall darstelle und für dessen Vorliegen hier verschiedene Umstände sprächen, sei die Beklagte nach den Grundsätzen der Kick-back-Rechtsprechung verpflichtet gewesen, über die Höhe einer von der Emittentin an sie gezahlten Vertriebsprovision aufzuklären. Gehe man demgegenüber mit der Beklagten davon aus, dass sie die Zertifikate aus ihrem eigenen Bestand im Wege des Festpreisgeschäfts an den Zedenten verkauft und mit der einmaligen Vertriebsprovision lediglich ihre Gewinnmarge realisiert habe, möge sie zwar nicht nach den Grundsätzen der Kick-back-Rechtsprechung verpflichtet gewesen sein, den Zedenten über die Höhe dieser Marge aufzuklären; eine so weit gehende Aufklärungspflicht sei dieser Rechtsprechung nicht zu entnehmen.
10
Der Beklagten habe es aber in diesem Falle oblegen, den Zedenten unmissverständlich zumindest auf ihre neben der Beraterrolle bestehende Verkäufereigenschaft und den daraus folgenden Interessenkonflikt hinzuweisen. Dass ein Verkäufer - und damit auch ein Kreditinstitut in dieser Funktion - mit dem Verkauf von Produkten Gewinne erziele und sich insoweit in einem offenkundigen Interessenkonflikt befinde, könne der Annahme einer Aufklärungspflicht dann nicht entgegen stehen, wenn der Kunde, anders als bei der Empfehlung von Eigenprodukten der Bank, bei denen das Eigeninteresse der Bank offensichtlich sei, diesen Sachverhalt nicht kenne und er das Kreditinstitut hinsichtlich des ihm empfohlenen Fremdprodukts als neutralen, allein den Kundeninteressen verpflichteten Berater ansehe. Nur bei einer - für die gebotene Aufklärung allerdings auch ausreichenden - Offenlegung des Umstands, dass zwischen den Parteien ein Kaufvertrag zustande komme, könne der Kunde das mit dem Verkauf von Produkten typischerweise verbundene Umsatzinteresse der ihn beratenden Bank erkennen.
11
Die danach im Zeitpunkt des Vertragsschlusses erforderliche Offenlegung der - etwaigen - Verkäufereigenschaft der Beklagten lasse sich deren Vortrag nicht entnehmen. Eine ausreichende - für die Offenlegung des Interessenkonflikts erst recht genügende - Aufklärung des Zedenten über die von der Beklagten aus dem Geschäft erzielten Erträge sei nach dem zugrunde zu legenden Sachverhalt ebenfalls nicht erfolgt. Soweit die Beklagte erstmals im Berufungsverfahren eine vor dem Erwerb der Zertifikate erfolgte mündliche Aufklärung des Zedenten über die fraglichen Erträge behauptet habe, sei dieser Vortrag gemäß § 531 Abs. 2 ZPO prozessual unbeachtlich.
12
Aufgrund der objektiv feststehenden Pflichtverletzung der Beklagten werde deren Verschulden vermutet (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die mangelnde Aufklärung über die an die Beklagte geflossenen Provisionen sei auch kausal für die Anlageentscheidung des Zedenten gewesen.

II.

13
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte wegen Verletzung einer beratungsvertraglichen Aufklärungspflichtverletzung nicht bejaht werden.
14
1. Nach den unangegriffenen und rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts ist zwischen dem Zedenten und der Beklagten ein Beratungsvertrag geschlossen worden.
15
2. Die bislang getroffenen Feststellungen gestatten jedoch nicht die Annahme , dass die Beklagte ihre Pflichten aus diesem Beratungsvertrag verletzt hat.
16
a) Die beratende Bank ist zu einer anleger- und objektgerechten Beratung verpflichtet (Senatsurteil vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128 f.). Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen dabei von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes , sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben. In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Während die Bank über diese Umstände richtig, sorgfältig, zeitnah, vollständig und für den Kunden verständlich zu unterrichten hat, muss die Bewertung und Empfehlung des Anlageobjekts unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten lediglich ex ante betrachtet vertretbar sein. Das Risiko, dass eine aufgrund anleger - und objektgerechter Beratung getroffene Anlageentscheidung sich im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (vgl. zusammenfassend Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 22, für BGHZ bestimmt, und XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 23, jeweils mwN).
17
b) Hiervon ausgehend bestand keine Aufklärungspflicht der Beklagten hinsichtlich ihrer Verkäufereigenschaft, falls sie die streitgegenständlichen Zertifikate im Wege des Festpreisgeschäfts an den Zedenten veräußert haben sollte.
18
aa) Zutreffend und insoweit auch in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist das Berufungsgericht zunächst davon ausgegangen , dass die beratende Bank bei dem Vertrieb von Zertifikaten im Wege des Festpreisgeschäfts grundsätzlich keine Pflicht zur Aufklärung über die im Kaufpreis enthaltene Gewinnmarge trifft.
19
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Bank, die eigene Anlageprodukte empfiehlt, grundsätzlich nicht verpflichtet, ihren Kunden darüber aufzuklären, dass sie mit diesen Produkten Gewinne erzielt. In einem solchen Fall ist es nämlich für den Kunden bei der gebotenen normativobjektiven Betrachtungsweise offensichtlich, dass die Bank eigene (Gewinn-) Interessen verfolgt, so dass darauf nicht gesondert hingewiesen werden muss (BGH, Urteile vom 15. April 2010 - III ZR 196/09, BGHZ 185, 185 Rn. 12 und vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 38). Nichts anderes gilt nach der Senatsrechtsprechung, wenn fremde Anlageprodukte im Wege des Eigengeschäfts (§ 2 Abs. 3 Satz 2 WpHG) zu einem über dem Einkaufspreis liegenden Preis veräußert werden (Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 37 ff., für BGHZ bestimmt, und XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 40 ff., jeweils mwN). Ein Umstand, der - wie die Gewinnerzielungsabsicht des Verkäufers - für den Kunden im Rahmen des Kaufvertrags offensichtlich ist, lässt innerhalb des Beratungsvertrags seine Schutzwürdigkeit entfallen (Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 44, für BGHZ bestimmt, und XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 47). Dabei ist im Ergebnis unerheblich, in welcher Weise die Bank bei einem Veräußerungsgeschäft ihr Gewinninteresse realisiert.
20
(a) Nach den im Wesentlichen von allen Kreditinstituten verwendeten (Bunte, AGB-Banken, 3. Aufl., SB Wertpapiergeschäfte Vorbemerkung Rn. 21; Seiler/Kniehase in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 104 Rn. 94) Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte in der hier maßgeblichen Fassung 2003 (nachfolgend: SoBedWP aF) führt die Bank Kundenaufträge zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren entweder als Kommissionärin aus (Regelfall) oder sie tätigt mit dem Kunden Festpreisgeschäfte.
21
Ein Festpreisgeschäft kommt dabei zwischen der Bank und dem Kunden gemäß Nr. 9 SoBedWP aF (entspricht Nr. 1 Abs. 3 der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte in der seit dem 1. November 2007 geltenden Fassung) nur dann zustande, wenn für das einzelne Geschäft ausdrücklich ein fester Preis vereinbart wurde. Dementsprechend übernimmt die Bank dann vom Kunden die Wertpapiere als Käuferin oder liefert sie an ihn als Verkäuferin und berechnet den vereinbarten Preis. Im Unterschied zum Kommissionsgeschäft wird die Bank nicht für fremde, sondern regelmäßig für eigene Rechnung tätig (vgl. Seiler/Kniehase in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 104 Rn. 5). Der Kunde hat nur den zuvor vereinbarten Festpreis ohne gesonderte Berechnung von Provision, Courtage oder Spesen zu zahlen (Bunte, AGB-Banken, 3. Aufl., SB Wertpapiergeschäfte Rn. 59).
22
(b) Im Falle der Vereinbarung eines Festpreisgeschäfts ist - unabhängig davon, ob es um die Veräußerung eigener Produkte der beratenden Bank oder fremder Anlageprodukte geht - die Verfolgung eigener Gewinninteressen der Bank für den Anleger offenkundig (s. oben II. 2. b) aa) (1)). Dabei ist die Art und Weise des von der Bank getätigten Deckungsgeschäfts, d.h. die von der Bank im Verhältnis zum Emittenten gewählte rechtliche Gestaltung, mit der sie ihre im Kaufvertrag gegenüber dem Anleger übernommene Lieferverpflichtung sicherstellen will, für die Anlageentscheidung des Kunden regelmäßig unmaßgeblich. Denkbar ist insoweit zum einen, dass die Bank die empfohlenen Produkte bereits zu einem geringeren Einkaufspreis in ihren Eigenbestand übernommen hat oder davon ausgeht, sie sich nach dem Geschäftsabschluss mit dem Kunden im Rahmen des Deckungsgeschäfts günstiger beschaffen zu können (vgl. MünchKommHGB/Ekkenga, 2. Aufl., Bd. 5 Effektengeschäft Rn. 532). Zum anderen kommt auch ein Tätigwerden der Bank im Auftrag des Emittenten der Wertpapiere in Frage (§ 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 WpHG), welches dieser im Regelfall mit einer ebenfalls nicht zu offenbarenden Vertriebsprovision vergütet (vgl. Hannöver in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 110 Rn. 67, 73). Handelt die Bank schließlich als Verkaufskommissionärin, scheidet eine Offenlegungspflicht hinsichtlich der in diesem Falle vom Emittenten gezahlten Kommissionsgebühr schon wegen der Offenkundigkeit der Gewinnerzielungsabsicht der Bank (vgl. §§ 354, 396 HGB) aus.
23
(2) Diesem Ergebnis steht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Offenlegung versteckter Innenprovisionen und zur Aufklärungsbedürftigkeit von Rückvergütungen nicht entgegen (Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 41 ff. bzw. XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 38 ff., für BGHZ bestimmt). Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung gebieten auch gemeinschaftsrechtliche Vorgaben keine andere Betrachtungsweise.
24
(a) Wie der erkennende Senat in seinen Urteilen vom 27. September 2011 (XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 48 ff. bzw. XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 45 ff., für BGHZ bestimmt; vgl. hierzu kritisch Klöhn, ZIP 2011, 2244, 2245 f.; Herresthal, ZBB 2012, 89, 102 ff.) näher ausgeführt hat, ergeben sich weder aus Art. 19 der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates - Finanzmarktrichtlinie - (ABl. L 145/1) noch aus Art. 26 der hierzu ergangenen Richtlinie 2006/73/EG der Kommission vom 10. August 2006 - Durchführungsrichtlinie - (ABl. L 241/26) unmittelbare beratungsvertragliche Rechtswirkungen zugunsten der Anleger im Verhältnis zur Bank. Beide Bestimmungen geben zur Umsetzung der Vorgabe, wonach Wertpapierunternehmen in der dort näher beschriebenen Weise im bestmöglichen Interesse der Kunden zu handeln haben, keine Regelung vor; diese bleibt vielmehr vollständig den Mitgliedstaaten überlassen. Insbesondere unterliegt es danach deren eigener Entscheidung, ob diese Umsetzung in zivil- oder aufsichtsrechtlicher Form geschieht.
25
Der deutsche Gesetzgeber hat in Gestalt des FinanzmarktrichtlinieUmsetzungsgesetzes (FRUG) vom 16. Juli 2007 (BGBl. I S. 1330) und der hierdurch zum 1. November 2007 in Kraft getretenen Änderungen des Gesetzes über den Wertpapierhandel (WpHG) die Umsetzung nicht auf zivil-, sondern auf aufsichtsrechtlicher Ebene vorgenommen (vgl. Ellenberger in Ellenberger/ Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 4. Aufl. Rn. 1100; Mülbert, WM 2007, 1149, 1155). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Urteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 18) bewirken aufsichtsrechtliche Bestimmungen regelmäßig weder eine Begrenzung noch eine Erweiterung der zivilrechtlich zu beurteilenden Haftung des Anlageberaters (vgl. auch Ellenberger in Ellenberger/ Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 4. Aufl. Rn. 1100). Die Revisionserwiderung zeigt keinen Gesichtspunkt auf, der dem Senat zu einer hiervon abweichenden Betrachtungsweise und insbesondere zu einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV Veranlassung geben könnte.
26
(b) Abgesehen davon kommt es im Streitfall auf die von der Revisionserwiderung erhobenen Einwände gegen die Senatsrechtsprechung aber auch nicht an. Zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Beratung im Februar 2007 waren die Umsetzungsfristen sowohl der Finanzmarktrichtlinie vom 21. April 2004 als auch der Durchführungsrichtlinie vom 10. August 2006 noch nicht verstrichen. Soweit die Revisionserwiderung geltend macht, die Finanzmarktrichtlinie sei bis zum 30. April 2006 und daher schon vor dem hier betroffenen Beratungsgespräch umzusetzen gewesen, wird übersehen, dass Art. 70 der Finanzmarktrichtlinie durch Art. 1 Nr. 5 der Richtlinie 2006/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2006 zur Änderung der Richtlinie 2004/39/EG über Märkte für Finanzinstrumente in Bezug auf bestimmte Fristen (ABl. L 114/60) geändert und hierdurch für die Finanzmarktrichtlinie eine mit der Durchführungsrichtlinie übereinstimmende Umsetzungsfrist bis zum Ablauf des 31. Oktober 2007 geschaffen worden ist.
27
Vor Ablauf der in einer Richtlinie festgelegten Umsetzungsfrist kommt nach der Rechtsprechung des EuGH weder eine unmittelbare Wirkung der Richtlinie (EuGH, Slg. 1979, I-1629 Rn. 41 ff.; Slg. 1992, I-5567 Rn. 18 ff.; Slg. 1994, I-763 Rn. 16) in Betracht noch besteht für die nationalen Gerichte die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung bereits bestehender Rechtsvorschriften (EuGH, Slg. 2006, I-6057 Rn. 115; vgl. auch Slg. 1997, I-4961 Rn. 9, 11, 43). Während des Laufs der Umsetzungsfrist haben die Mitgliedstaaten lediglich den Erlass von Vorschriften zu unterlassen, die geeignet sind, die Erreichung des in der Richtlinie vorgeschriebenen Zieles ernstlich zu gefährden (EuGH, Slg. 1997, I-7411 Rn. 45; Slg. 2006, I-6057 Rn. 121; sog. Frustrationsverbot ). Darüber hinaus müssen es die nationalen Gerichte ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens einer Richtlinie soweit wie möglich unterlassen, das innerstaatliche Recht auf eine Weise auszulegen, die die Erreichung des mit der Richtlinie verfolgten Zieles nach Ablauf der Umsetzungsfrist ernsthaft gefährden würde (EuGH, Slg. 2006, I-6057 Rn. 123). Soweit das Bundesverfassungsgericht (NJW 2011, 288 Rn. 54) unter Berufung auf das vorstehende Urteil des EuGH (Slg. 2006, I-6057) eine Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung ab Inkrafttreten einer Richtlinie angenommen hat, ist nicht ersichtlich, dass es eine über die Rechtsprechung des EuGH hinausgehende Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung bejahen wollte (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 21. Dezember 2010 - 1 BvR 2742/08, juris Rn. 26). In Übereinstimmung mit dem EuGH nimmt auch der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung eine Pflicht der nationalen Gerichte zu richtlinienkonformer Auslegung erst nach Ablauf der Umsetzungsfrist an (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 24. April 2012 - XI ZR 96/11, WM 2012, 983 Rn. 22 f. mwN).
28
Es ist indes nicht ersichtlich und wird auch von der Revisionserwiderung nicht aufgezeigt, dass das vom erkennenden Senat auf der Grundlage langjährig gefestigter Rechtsprechungsgrundsätze zu Aufklärungspflichten der Bank beim Anlageberatungsvertrag gefundene Ergebnis, wonach beim Festpreisgeschäft keine Verpflichtung der Bank zur Aufklärung über ihre im Kaufpreis des Wertpapiers enthaltene Gewinnmarge besteht, zu einer ernsthaften Gefährdung der mit der Finanzmarktrichtlinie bzw. der hierzu erlassenen Durchführungsrichtlinie verfolgten Richtlinienziele führt.
29
bb) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist es in diesem Zusammenhang für den von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruch ohne Belang, ob dem Zedenten bekannt war, dass der Erwerb der Zertifikate im Wege eines - etwaigen - Festpreisgeschäfts der Beklagten erfolgte. Eine insoweit unterbliebene Aufklärung vermag keine Schadensersatzpflicht der Beklagten zu begründen.
30
(1) Wie der erkennende Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat (Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 48 ff., für BGHZ bestimmt, und XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 51 ff.), ist die beratende Bank aufgrund des Beratungsvertrages mit ihrem Kunden nicht verpflichtet, diesen darüber zu informieren, dass der Zertifikaterwerb im Wege des Eigengeschäfts erfolgt. Hierbei kann dahinstehen, ob der vom Berufungsgericht angenommenen gesonderten Aufklärungspflicht über die Art des zwischen der Bank und dem Kunden zustande kommenden Wertpapiergeschäfts bereits Grundsätze der vertragsrechtlichen Dogmatik entgegenstehen (Assies, WuB I G 1.-22.11). Jedenfalls liefe eine diesbezügliche Aufklärungspflicht leer, weil sie nicht dazu führt, dass dem Anleger die für ihn wesentlichen Informationen bezüglich eines auf Seiten der Bank bestehenden Interessenkonflikts erteilt werden.
31
Zwar ergab sich im Streitfall - jedenfalls aufsichtsrechtlich - eine bereits bei Abschluss eines Festpreisgeschäfts zu erfüllende Informationspflicht der Beklagten aus Teil B Nr. 3.3 Abs. 5 der Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel vom 23. August 2001 (BAnz. 2001, S. 19 217; vgl. Senatsurteil vom 25. Juni 2002 - XI ZR 239/01, WM 2002, 1687, 1688 zu der insoweit inhaltsgleichen Richtlinie vom 26. Mai 1997). Die Informationspflicht nach der Richtlinie soll den Kunden indes lediglich darüber in Kenntnis setzen, dass zwischen ihm und der Bank ein Kaufvertrag zustande kommt. Hierdurch soll der Kunde darüber informiert werden, dass das Wertpapiergeschäft für ihn verbindlich ist und er es - anders als bei der Kommission - bis zu dessen Ausführung durch die Bank nicht durch Kündigung des Vertragsverhältnisses noch verhindern kann. Auf der anderen Seite steht ihm allerdings auch ein Schadensersatzanspruch gegen die Bank zu, wenn diese die verkauften Wertpapiere nicht beschaffen kann, sofern der Abschluss des Deckungsgeschäfts nicht als Bedingung des Festpreisgeschäfts vereinbart worden war. Eine Pflicht zur Aufklärung über die Gewinnmarge lässt sich der Vorschrift nicht entnehmen.
32
Für die vom Berufungsgericht angenommene Pflicht der beratenden Bank, den Anleger darauf hinzuweisen, dass der Wertpapiererwerb im Wege des Eigengeschäfts erfolgt, sprechen auch nicht die zu berücksichtigenden Kundeninteressen. Eine Pflicht zur Auskunft über das Eigengeschäft liefe im Hinblick auf die Gewinnmarge auf die - als solche bedeutungslose - Information des Anlegers hinaus, dass die Bank ihren Kunden über Existenz und Höhe der Gewinnspanne nicht aufzuklären hat. Eine Abschätzung des Gewinninteresses der Bank an dem in Aussicht genommenen Wertpapiergeschäft wäre ihm daher gar nicht möglich. Darin liegt der entscheidende Unterschied zur Rechtsprechung des Senats zu den aufklärungsbedürftigen Rückvergütungen, bei denen - unabhängig von der vertraglichen Einordnung des zugrunde liegenden Geschäfts - gerade über Existenz und Höhe der gezahlten Vertriebsprovisionen aufzuklären ist, damit der Anleger das Umsatzinteresse der beratenden Bank abschätzen kann. Die Aufklärungspflicht der Bank über Provisionen richtet sich daher nach der Rechtsnatur des objektiv vorliegenden Effektengeschäfts, während das Wissen und die Kenntnis bzw. Unkenntnis des Anlegers in Bezug auf die rechtliche Einordnung des Wertpapiergeschäfts hierfür unerheblich sind.
33
(2) An dieser Rechtsprechung (zustimmend Klöhn, ZIP 2011, 2244, 2245; Schäfer, WM 2012, 197, 199 f.; Nobbe, WuB I G 1.-2.12; Steiner, Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen 2012, 182, 183; Zoller, BB 2011, 3088, 3089; Bausch, EWiR 2011, 765, 766; Lang EWiR 2011, 763, 764; im Ergebnis auch Buck-Heeb, DB 2011, 2825, 2830; einschränkend dies., WM 2012, 625, 633 f.) hält der Senat auch unter Berücksichtigung ablehnender Stellungnahmen (Herresthal, ZBB 2012, 89, 101; Maier, VuR 2012, 27, 28 f.; Schröder, jurisPR-BKR 1/2012 Anm. 2; LG Bonn, Urteil vom 2. März 2012 - 3 O 63/10, juris Rn. 56) sowie der Ausführungen der Revisionserwiderung fest.
34
Insbesondere trifft der Vorwurf nicht zu, die Ablehnung einer Aufklärungspflicht der Bank über die Durchführung des Zertifikaterwerbs im Wege des Eigengeschäfts sei unvereinbar mit der Verneinung der Schutzwürdigkeit des Kunden wegen Offensichtlichkeit des Gewinninteresses der Bank, weil diese Verneinung die Kenntnis des Kunden von der Verkäuferrolle der Bank gerade voraussetze. Hierbei wird zum einen nicht hinreichend beachtet, dass die Offensichtlichkeit der Gewinnerzielungsabsicht der Bank sich aus einer typisierenden Betrachtungsweise ergibt (vgl. hierzu bereits BGH, Urteile vom 3. März 2011 - III ZR 170/10, WM 2011, 640 Rn. 18 und vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 38; s. auch Buck-Heeb, jurisPR-BKR 7/2011 Anm. 2; dies., WM 2012, 625, 633). Besteht hiernach in Bezug auf diesen Umstand schon - objektiv - keine Schutzwürdigkeit des Kunden, kommt es auf den jeweiligen Wissensstand des konkreten Anlegers über die Verkäuferrolle der Bank im Einzelfall nicht an. Zum anderen ist dem Kunden allein mit dem bloßen Wissen um diese Verkäuferstellung ohnehin nicht geholfen, weil es ihm lediglich Kenntnis von einem Umstand verschafft, der eine darüber hinaus gehende Aufklärungspflicht über die Gewinnmarge gerade nicht auszulösen vermag. Es ist daher auch nicht ersichtlich, weshalb die Unkenntnis des Kunden, dass der Zertifikaterwerb im Wege des Eigengeschäfts der Bank erfolgt, insoweit sogar zu einer weitergehenden Aufklärungspflicht der Bank führen sollte, als sie bei Kenntnis des Kunden von der Stellung der Bank als Verkäuferin bestünde (so aber Buck-Heeb, WM 2012, 625, 634). Das gilt umso mehr, als bei einem Eigengeschäft - entsprechend der Ausgangslage beim Vertrieb eigener Produkte (vgl. dazu Senatsurteil vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 38) - ein beratungsvertraglich maßgeblicher Interessenkonflikt ohnehin nicht allein in der generellen Gewinnerzielungsabsicht der Bank liegen kann (vgl. auch unten III. 2.).
35
c) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht ferner angenommen, die Beklagte sei im Falle eines zwischen den Parteien vereinbarten Kommissionsgeschäfts nach den Rechtsprechungsgrundsätzen zu Rückvergütungen ver- pflichtet gewesen, den Zedenten über die vorliegend allein von der Emittentin an die Beklagte gezahlte Provision und deren Höhe aufzuklären.
36
aa) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats ist eine Bank aus dem Anlageberatungsvertrag verpflichtet, über von ihr vereinnahmte Rückvergütungen aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen aufzuklären (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 22 f.; Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 12 f. und vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 20 ff.; die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG, WM 2012, 68 nicht zur Entscheidung angenommen). Aufklärungspflichtige Rückvergütungen sind - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu versteckten Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen oder Verwaltungsgebühren gezahlt werden, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt. Hierdurch kann beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen, er kann jedoch das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieses Produkts nicht erkennen (Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 12 f. und vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 25).
37
bb) Eine aufklärungspflichtige Rückvergütung in diesem Sinne liegt hier nicht vor. Die Wertpapierabrechnung vom 7. Februar 2007 weist neben dem an die Beklagte zu zahlenden Betrag von 1.008,53 € pro Zertifikat - hinsichtlich dessen die Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat übereinstimmend davon ausgegangen sind, dass es sich dabei um den Kurswert des Papiers an dem betreffenden Tage gehandelt habe - keine von dem Zedenten an die Emittentin zu entrichtenden und hinter dem Rücken des Zedenten an die Beklagte zurückfließenden Posten aus.

III.

38
Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
39
1. Sofern der Zedent und die Beklagte hinsichtlich der Beschaffung der streitbefangenen Zertifikate ein Kommissionsgeschäft vereinbart haben sollten, ergab sich nicht schon allein daraus eine Aufklärungspflicht der Beklagten über die von der Emittentin unmittelbar an sie gezahlte Provision.
40
a) Wird das Effektengeschäft als Kommission für den Kunden gemäß §§ 383 ff. HGB (vgl. dazu Senatsurteil vom 25. Juni 2002 - XI ZR 239/01, WM 2002, 1687, 1688; Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 SoBedWP aF) durchgeführt, so schließt die Bank gem. Nr. 1 Abs. 1 Satz 2 SoBedWP aF für Rechnung des Kunden mit einem anderen Marktteilnehmer oder einer zentralen Gegenpartei ein Kaufoder Verkaufgeschäft (Ausführungsgeschäft) ab oder sie beauftragt einen anderen Kommissionär (Zwischenkommissionär) mit dem Abschluss des Ausführungsgeschäfts. Hinsichtlich des Deckungsgeschäfts sieht Nr. 1 Abs. 1 SoBedWP aF im Gegensatz zu Nr. 29 Abs. 1 AGB-Banken in der Fassung von 1986 nicht mehr die Möglichkeit des Selbsteintritts der Bank (§ 400 HGB) vor (Bunte, AGB-Banken, 3. Aufl., SB Wertpapiergeschäfte Rn. 41 ff.), so dass diese sich die Wertpapiere - im Falle der Kaufkommission - bei einem Dritten zu beschaffen hat.
41
b) Gemäß § 384 Abs. 1 Halbsatz 2 HGB hat der Kommissionär das Interesse des Kommittenten wahrzunehmen und ihm nach § 384 Abs. 2 Halbsatz 2 HGB über das Geschäft Rechenschaft abzulegen sowie dasjenige herauszugeben , was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat. Dem entspricht es, dass es gemäß § 387 Abs. 1 HGB alleine dem Kommittenten zustattenkommt, wenn der Kommissionär zu vorteilhafteren Bedingungen abschließt, als sie ihm von dem Kommittenten gesetzt worden sind, insbesondere wenn der Preis, für welchen er einkauft, den von dem Kommittenten bestimmten höchsten Preis nicht erreicht (§ 387 Abs. 2 HGB). Auf der anderen Seite schuldet der Kommittent - auch ohne gesonderte Vereinbarung (vgl. § 354 HGB) - dem Kommissionär eine Provision (§ 396 Abs. 1 HGB) sowie nach Maßgabe von § 396 Abs. 2 HGB Aufwendungsersatz.
42
c) Ob eine - wie hier - vom Emittenten des Wertpapiers an die Bank gezahlte (Vertriebs-) Provision unter Teil B. Ziff. 1.2 Abs. 3 der im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Beratung noch geltenden Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel vom 23. August 2001 (BAnz. 2001, S. 19 217) fiel und nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur auftrags- bzw. kommissionsrechtlichen Auskunfts- und Herausgabepflicht gemäß §§ 666, 667 BGB, § 384 Abs. 2 HGB (BGH, Urteile vom 14. November 1977 - II ZR 107/76, WM 1978, 115, 117; vom 1. April 1987 - IVa ZR 211/85, NJW-RR 1987, 1380; vom 28. Februar 1989 - XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1051; vom 6. Februar 1990 - XI ZR 184/88, WM 1990, 462, 464; vom 18. Dezember 1990 - XI ZR 176/89, NJW 1991, 1224; vom 17. Oktober 1991 - III ZR 352/89, NJW-RR 1992, 560 f.; vom 30. Mai 2000 - IX ZR 121/99, NJW 2000, 2669, 2672, insoweit nicht in BGHZ 144, 343 abgedruckt, und vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 15, 21; Senatsbeschluss vom 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 8; vgl. zu Emissionsbonifikationen schon RG, JW 1905, 118; zu dem vom Anleger nicht vergüteten freien Anlageberater s. BGH, Urteil vom 3. März 2011 - III ZR 170/10, WM 2011, 640 Rn. 20) grundsätzlich als "aus der Geschäftsbesorgung erlangt" an den Kunden herauszugeben ist (in diesem Sinne Palandt/Sprau, BGB, 71. Aufl., § 667 Rn. 3; Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl., § 384 Rn. 9; Krüger in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 384 Rn. 25 f.; Lenz in Röhricht/Graf von Westphalen, HGB, 3. Aufl., § 384 Rn. 12; Oetker/Martinek, HGB, 2. Aufl., § 384 Rn. 35; Möllers in KK-WpHG, § 31 Rn. 145; Schäfer in Schäfer/Sethe/Lang, Handbuch der Vermögensverwaltung , § 11 Rn. 19 [zur Vermögensverwaltung]; Buck-Heeb, BKR 2010, 309, 314; Staub/Koller, HGB, 4. Aufl., § 384 Rn. 40; ablehnend MünchKommHGB /Ekkenga, 2. Aufl., Bd. 5 Effektengeschäft Rn. 529; MünchKommHGB /Häuser, 2. Aufl., § 384 Rn. 73; HeymannHGB, 2. Aufl., § 384 Rn. 18; mit anderem Ansatz im Ergebnis ebenso Hadding, ZIP 2008, 529, 534 ff.; Mülbert, ZHR 172 (2008), 170, 192 ff.; Starke in Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht , 4. Aufl. Rn. 17.57 ff.), bedarf in diesem Zusammenhang keiner abschließenden Entscheidung.
43
Denn allein eine etwaige auftrags- bzw. kommissionsrechtliche Herausgabe - und Rechenschaftspflicht der Bank hinsichtlich einer unmittelbar vom Emittenten des Wertpapiers erhaltenen Vertriebsprovision rechtfertigt als solche nicht die Annahme einer Verletzung des Anlageberatungsvertrages durch das Kreditinstitut, wenn es den Anleger über Erhalt und Höhe dieser Provision nicht aufklärt. Eine derartige Schlussfolgerung lässt sich insbesondere nicht dem - die Frage des vorsätzlichen Organisationsverschuldens einer Bank betreffenden - Senatsurteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 13 ff., 21 entnehmen.
44
Hat nämlich ein Anleger wie vorliegend der Zedent - abweichend von der gesetzlichen Wertung des § 354 HGB - neben dem dem Nennwert entsprechenden Preis der Wertpapiere für deren Beschaffung weder eine Kommissionsgebühr noch sonstige Aufschläge an die Bank zu entrichten, so stellt sich die Abwicklung des Effektengeschäfts aus seiner Sicht in wirtschaftlicher Hin- sicht nicht anders als bei einem Eigengeschäft der Bank dar, so dass es bei der gebotenen wertenden Betrachtungsweise in Bezug auf den Beratungsvertrag ebenso wie dieses zu behandeln ist. Dafür spricht auch, dass es häufig dem Zufall überlassen ist, ob der Wertpapiererwerb im Wege der (Einkaufs-) Kommission für den Anleger oder eines Festpreis- bzw. Eigengeschäfts erfolgt (vgl. Mülbert, ZHR 172 [2008], 170, 193; Spindler, WM 2009, 1821, 1822).
45
d) Ob im Falle der Vereinbarung eines Kommissionsgeschäfts mit dem Kunden eine beratungsvertragliche Aufklärungspflicht der Bank über eine unmittelbar vom Emittenten des Wertpapiers erhaltene Provision dann besteht, wenn der Kunde seinerseits eine Kommissionsgebühr oder einen ähnlichen Aufschlag an die Bank zahlt, bedarf keiner Entscheidung. Derartige Zahlungen des Zedenten an die Bank sind weder festgestellt noch vorgetragen worden.
46
2. Allein das generelle, für jeden Anbieter wirtschaftlicher Leistungen am Markt typische Gewinnerzielungsinteresse einer Bank als solches begründet für sich genommen ebenfalls noch keine beratungsvertragliche Verpflichtung zur Aufklärung über die von der Emittentin an die Beklagte gezahlte Provision. Das ändert sich vielmehr erst durch das Hinzutreten besonderer Umstände, die so schwer wiegen, dass sie dem Anleger zu offenbaren sind. Diese Voraussetzung kann nach der Senatsrechtsprechung dann erfüllt sein, wenn die Bank bei einer Zinswette durch die Gestaltung der Zinsformel einen negativen Marktwert einpreist , der ihr die Erzielung eines Gewinns ermöglicht, mit dem der Kunde nicht rechnen muss (Senatsurteil vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 36, 38) oder wenn - wie im Falle von Rückvergütungen - der Anleger über den Interessenkonflikt der Bank dadurch bewusst getäuscht wird, dass sie als Empfängerin offen ausgewiesener Provisionen ungenannt bleibt (Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivate- geschäft, 4. Aufl., Rn. 1056; Varadinek/Röh, ZIP 2009, 2383, 2385). Ein damit vergleichbarer Sachverhalt ist vorliegend nicht festgestellt.
47
3. a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (unter anderem Urteile vom 1. März 2004 - II ZR 88/02, WM 2004, 928, 930 und vom 12. Februar 2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110, 118 ff.) muss unter bestimmten Umständen über Existenz und Höhe von Innenprovisionen aufgeklärt werden , weil sie Einfluss auf die Werthaltigkeit der vom Anleger erworbenen Anlage haben und deswegen bei ihm insoweit eine Fehlvorstellung hervorrufen können. Unter Innenprovisionen sind danach nicht ausgewiesene Vertriebsprovisionen zu verstehen, die in Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Kaufobjekts - versteckt - enthalten sind (vgl. Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 22).
48
b) Die vorliegend von der Emittentin an die Beklagte gezahlte Vertriebsprovision in Höhe von 3,5% berührte indes den Wert der vom Zedenten erworbenen Zertifikate nicht (zu Einkaufsrabatten vgl. Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 42 bzw. XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 39, für BGHZ bestimmt). Die Rückzahlung der Zertifikate richtete sich - je nach der Wertentwicklung der drei zugrunde liegenden Aktienindizes - nach dem Nominalbetrag der Papiere bzw. gegebenfalls nach der Wertentwicklung dieser Indizes. Die Vertriebsprovision war hierfür unerheblich.
49
4. Zu von der Klägerin im Hinblick auf die streitgegenständlichen Zertifikate - unter anderem in Bezug auf deren Funktionsweise - darüber hinaus geltend gemachten Aufklärungspflichtverletzungen hat das Berufungsgericht bislang , von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig, keine Feststellungen getroffen.

IV.

50
Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit es die erforderlichen Feststellungen zu den gerügten Aufklärungspflichtverletzungen , soweit diese bisher ungeprüft geblieben sind, nachholen kann.
Joeres Grüneberg Maihold Pamp Menges

Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 18.02.2010 - 15 O 174/09 -
OLG Köln, Entscheidung vom 08.06.2011 - 13 U 55/10 -

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 40. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 03.08.2011, Az. 40 O 28/11 KfH, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil des Landgerichts und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, die Beklagte leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Wert der Berufung: bis 65.000 EUR

Gründe

 
I.
Die Klägerin verlangt von der beklagten Bank Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Zinssatzswap-Geschäfts. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe keine Pflichten aus dem Beratungsvertrag verletzt. Die Funktionsweise des Zinssatzswaps sei richtig, vollständig und verständlich erläutert worden. Durch den Swap-Vertrag habe die Klägerin aus einem bestehenden, variabel verzinslichen Kredit einen solchen mit einer festen Zinsverpflichtung ohne weiteres Risiko gemacht. Das spekulative Risiko, dass die variablen Darlehenszinsen unter den vereinbarten Festzinssatz fallen können, könne zwar zu einer Verschlechterung der Darlehenskonditionen der Klägerin führen, habe ihr aber höhere Planungssicherheit gegeben. Es sei Aufgabe der Klägerin gewesen selbst zu ermitteln, ob der von der Beklagten angebotene Zinssatz marktgerecht gewesen sei. Die Beklagte habe nicht über den anfänglichen negativen Marktwert aufklären müssen. Die Klägerin habe grundsätzlich gewusst, dass die Beklagte eine Marge verdiene. Es liege keine Zinswette wie im Fall des Bundesgerichtshofs vom 22.03.2011 (XI ZR 33/10) vor. Der Zinssatzswap habe der Sicherung eines konnexen Grundgeschäfts gedient und enthalte nicht die spekulative Übernahme einer offenen Risikoposition. Aus dem Vorwurf, die Beklagte hätte ihr alternativ auch einen Zins-Cap anbieten müssen, könne ein Schadensersatzanspruch nicht abgeleitet werden. Die Klägerin habe nicht vorgetragen, dass und mit welchem Inhalt sie einen solchen Vertrag bei umfassender Beratung abgeschlossen hätte. Auch sei der Klageantrag nicht auf eine derartige Pflichtverletzung ausgerichtet.
Gegen das ihr am 16.08.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 12.09.2011 Berufung eingelegt und diese am 16.10.2011 mit einer Begründung versehen. Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Das Landgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Beklagte ihr Anlegerprofil nicht ermittelt und eine Befragung nach § 31 Abs. 4 WpHG nicht durchgeführt habe. Der Zeitdruck, unter den sie die Beklagte gesetzt habe, sei ebenso wenig gewürdigt worden wie der Umstand, dass die Zinsmeinung der Klägerin als Entscheidungsgrundlage für den Vertrag mit einer Laufzeit von mehr als 7 Jahren ungeeignet und sie daher nicht in der Lage gewesen sei, den marktgerechten Zins zu ermitteln. Zur Darstellung der Chancen und Risiken fehle eine Beispielsberechnung. Die Beklagte hätte die Klägerin darüber aufklären müssen, dass die Ausführung des Swaps unabhängig von der Valutierung des Darlehens erfolge. Die Klägerin sei der Meinung gewesen, dass sich die Zahlungsverpflichtungen aus dem Swap für beide Seiten nach dem tatsächlich in Anspruch genommenen Darlehensbetrag richteten. Jedenfalls hätte die Beklagte darauf hinweisen müssen, dass wegen des ersten Abrechnungstermins für den Swap am 30.03.2009 auf jeden Fall der volle Betrag von 880.000 EUR zur Grundlage des Zahlungsaustauschs gemacht werde, obwohl die Klägerin das Darlehen erst zum 25.06.2009 habe abrufen müssen. Das Landgericht habe fehlerhaft die unterbliebene Beratung hinsichtlich der Möglichkeit zum Abschluss eines Zins-Caps nicht als pflichtwidrig und schadensursächlich angesehen. Die Klägerin könne mangels eines entsprechenden Angebots allerdings nicht erklären, ob sie gegebenenfalls einen Zins-Cap abgeschlossen hätte. Im Rahmen des Schadensersatzes müsse sie aber keinen hypothetischen Zustand schildern, sondern könne die Herstellung des Zustandes verlangen, der ohne das schädigende Ereignis bestanden hätte. Im Übrigen habe der Swap einen negativen Marktwert von 4-6 % gehabt. Insoweit habe die Beklagte einen aufklärungspflichtigen Wissensvorsprung gehabt.
Die Klägerin beantragt:
1. Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 03.08.2011 zum Az. 40 O 28/11 KfH wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin aus sämtlichen Verbindlichkeiten, die aufgrund der zwischen der Beklagten und der Klägerin getroffenen Vereinbarung über den Zinssatz-Swap mit der Referenznummer 60121 (bestehen), freizustellen.
3. Die Beklagte wird darüber hinaus verurteilt, an die Klägerin 41.004,24 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.09.2010 zu zahlen.
4. Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, die Kosten für die außergerichtliche Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten in Höhe von 2.052,70 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer in Höhe von 350,04 EUR zu erstatten, zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf einen Betrag von 2.442,75 EUR seit Rechtshängigkeit.
Die Beklagte beantragt:
10 
Die Berufung wird zurückgewiesen.
11 
Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
12 
Die gem. § 511 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das Landgericht hat zu Recht und mit zutreffenden Gründen die Klage abgewiesen.
13 
Die Beklagte hat bei der Empfehlung des eindeutig zu Absicherungszwecken geschlossenen einfachen Zinssatzswaps keine Aufklärungs- oder Beratungspflichten verletzt. Zwischen den Parteien ist ein Beratungsvertrag zustande gekommen (1.). Die Beklagte hat sowohl anlegergerecht (2.) als auch objektgerecht (3.) beraten und musste auch nicht über den negativen Marktwert aufklären (4.).
14 
1. Das Landgericht hat zu Recht, und von den Parteien nicht angegriffen, den Abschluss eines Beratungsvertrages im Zusammenhang mit der Empfehlung des vorliegenden Zinssatzswaps festgestellt. Inhalt und Umfang der daraus resultierenden Aufklärungs- und Beratungspflichten bestimmen sich nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Anlageziele und Risikobereitschaft des Kunden sowie der Eigenschaften und Risiken des empfohlenen Finanzinstruments. Es handelt sich zwar nicht um eine Umschuldungsberatung (vgl. hierzu OLG Köln, Urt. v. 18.01.2012, 13 U 232/10, BB 2012, 539), da es der Klägerin nicht um die Ablösung eines bestehenden Darlehens ging. Die Klägerin hat jedoch einen speziellen Beratungsbedarf hinsichtlich des Ausschlusses des Zinssteigerungsrisikos geäußert und die Beklagte hat die Beratung aufgenommen und ihr ein vom Darlehensvertrag unabhängiges Finanzinstrument i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 1 lit. c WpHG angeboten.
15 
2. Die Beklagte hat nicht ihre Pflicht zur anlegergerechten Beratung verletzt. In diesem Zusammenhang ist ein Berater verpflichtet, den Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden zu ermitteln und eine darauf ausgerichtete Empfehlung eines geeigneten Produkts abzugeben (vgl. nur: BGH, Urt. v. 27.09.2011, XI ZR 178/10).
16 
a. Die von der Beklagten unterlassene gründliche Exploration der Klägerin begründet für sich genommen noch keinen Schadensersatzanspruch. Im Rahmen der anlegergerechten Beratung ist die Bank verpflichtet, zunächst den Anlagezweck und die Risikobereitschaft zu erfragen. Diese Pflicht ist aufsichtsrechtlich in § 31 Abs. 4 WpHG festgelegt. Die Vorschrift strahlt zudem in die zivilrechtlichen Rechtsverhältnisse aus, so dass sie den Pflichtenumfang konkretisiert. Im Übrigen entspricht dies der bereits seit langem bestehenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126; Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10).
17 
Soweit die Klägerin beanstandet, dass die Beklagte die gemäß § 31 Abs. 4 WpHG erforderliche Exploration unterlassen hat, kann darauf allein kein Schadensersatzanspruch gestützt werden. Die Pflicht zur Exploration als solche ist nicht drittschützend. Entscheidend kommt es darauf an, dass der Berater dem Anleger aufgrund einer sorgfältigen Exploration ein geeignetes Produkt empfehlen kann. Maßgeblich ist daher nicht, ob und in welcher Qualität eine Exploration stattgefunden hat. Entscheidend ist, ob das empfohlene Produkt für den Anleger geeignet war. Unterlässt der Berater eine Exploration, kann er dem Kunden zwar nicht vorhalten, dieser habe sein Anlageziel nicht eindeutig geäußert. Entspricht jedoch das Produkt dem Anlageziel und Profil des Kunden, liegt kein Schaden vor. Es kommt daher maßgeblich darauf an, ob das empfohlene Produkt dem Wissensstand, der Risikobereitschaft und dem Anlageziel des Kunden entsprochen hat.
18 
b. Der empfohlene Zinssatzswap entsprach dem Anlageziel der Klägerin. Dies ergibt sich aus folgenden Umständen:
19 
Die Klägerin hatte bereits am 16.07.2008 einen verbindlichen Darlehensvertrag in Höhe von 880.000 EUR abgeschlossen. Das Darlehen war noch nicht vollständig in Anspruch genommen. Es bestand aber die vertragliche Pflicht, es bis spätestens zum 25.06.2009 abzurufen. Als Tilgungsbeginn war der 30.06.2009 und eine vierteljährliche Tilgungsrate in Höhe von 30.344,83 EUR vereinbart. Das Darlehen hatte eine Laufzeit bis zum 30.06.2016. Es war variabel verzinslich mit einem Zinssatz von 2 % zuzüglich des jeweiligen Dreimonats-EURIBOR (Anlage B2). Unstreitig hatte die Klägerin Sorge, dass die Zinssätze steigen und daher die Kosten für ihr variabel verzinsliches Darlehen steigen könnten.
20 
Mit dem streitgegenständlichen Zinssatzswap verpflichtete sich die Beklagte zur Zahlung eines variablen Zinssatzes in Höhe von 2 % zuzüglich des jeweiligen Dreimonats-EURIBOR. Die Klägerin verpflichtete sich, einen Festzinssatz von 5,85 % zu zahlen. Bezugsbetrag war der Darlehensbetrag in Höhe von 880.000 EUR. Laufzeitbeginn war der 30.03.2009. Der Bezugsbetrag reduzierte sich jedoch in Höhe der vierteljährlichen Tilgungsleistungen, die im Darlehensvertrag vereinbart waren, ab dem 30.06.2009 (Anlage K4). Diese Konstruktion hatte zur Folge, dass die Klägerin ihre bestehende darlehensvertragliche Verpflichtung zur Zahlung eines variablen Zinses gegen eine Verpflichtung zur Zahlung eines Festzinssatzes in Höhe von 5,85 % bis zum Ende der Laufzeit weggetauscht hat (Swap). Dadurch hat sie eine Risikoposition geschlossen, nämlich das Risiko, dass ihre Zinsbelastung aufgrund eines steigenden Dreimonats-EURIBOR über den Betrag von 5,85 % p.a. steigen würde. Im Gegenzug hat sie auf die Chance einer sinkenden Zinsbelastung bei fallendem Dreimonats-EURIBOR verzichtet. Es handelt sich aus Sicht der Klägerin um einen so genannten „Payer-Swap“, weil sie Zahlerin des Festzinssatzes war. Da der Bezugsbetrag des Zinssatzswaps an den vertraglichen Tilgungsplan angepasst war, hatte der Swap auch kein wachsendes Spekulationsrisiko. Das wäre nur der Fall gewesen, wenn der Bezugsbetrag während der Laufzeit höher gewesen wäre als die Restschuld aus dem Darlehensvertrag. Dann hätte die Klägerin hinsichtlich des Bezugsbetrages spekuliert, der den aktuellen Darlehenssaldo überschritten hätte.
21 
Da der Zinssatzswap ersichtlich und wie von der Klägerin gewünscht auf den konkreten Darlehensvertrag abgestimmt war, kann der Beklagten im Rahmen der anlegergerechten Beratung nicht der Vorwurf gemacht werden, bei einer Abweichung von den vertraglichen Bedingungen, insbesondere bei einem vertragswidrig verspäteten Darlehensabruf bzw. einem vertraglich nicht vereinbarten verspäteten Tilgungsbeginn ergebe sich ein von der Klägerin nicht gewünschtes zusätzliches Spekulationsrisiko. Die Klägerin hat auch nicht behauptet, dass sie ein Interesse an einem verspäteten Darlehensabruf oder einem verzögerten Tilgungsbeginn gehabt oder ein solches gar geäußert hätte.
22 
c. Die Klägerin hat weder vorgetragen noch darauf den Vorwurf einer Pflichtverletzung gestützt, dass sie eine besondere Konstruktion gewünscht habe, die ihr einerseits die Flexibilität eines variabel verzinslichen und dadurch mit Dreimonatsfrist kündbaren Darlehens bewahrte und andererseits die Sicherheit einer Festzinsvereinbarung bot. Insbesondere stand nicht im Raum, dass eine vorzeitige Auflösung des Darlehensvertrages ohne Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung, wie sie sonst bei Darlehen mit Zinsbindungsfrist üblicherweise anfällt, erforderlich werden könnte.
23 
d. Der empfohlene Zinssatzswap war auch unter Berücksichtigung des Wissensstands und der Risikobereitschaft der Klägerin wegen seines reinen Absicherungs-Charakters ein geeignetes Produkt.
24 
Soweit die Klägerin anführt, zwischen ihr und der Beklagten bestehe hinsichtlich der Ermittlung der marktüblichen Zinsen eine aufklärungsbedürftige Informationsasymmetrie, lässt sich damit keine Pflichtverletzung begründen. Bei dem vorliegenden Absicherungsgeschäft ging es darum, für die Laufzeit und die Bedingungen des bestehenden Darlehens einen „virtuellen“ festen Zinssatz zu vereinbaren, um das bestehende Risiko der variablen Zinsen auszuschalten. Die Klägerin war in der Lage, die Angemessenheit des angebotenen Zinssatzes zu überprüfen. Denn üblicherweise wird das Zinsänderungsrisiko durch den Abschluss eines festverzinslichen Darlehensvertrages ausgeschaltet. Die Klägerin konnte sich daher die marktüblichen Zinssätze für eine Zinsbindung mit einer Dauer von 7-8 Jahren aus öffentlichen Quellen oder von anderen Banken beschaffen. Sie musste also nicht in der Lage sein, selbst den voraussichtlichen durchschnittlichen Zinssatz des Dreimonats-EURIBOR anhand der Zinsstrukturkurve oder mit Prognosemodellen zu berechnen. Maßgeblich war das Sicherungsinteresse der Klägerin gegen steigende Zinsen und die Frage, in welcher Höhe eine Festzins-Vereinbarung, die zum Entstehen eines „virtuellen Festzinsdarlehens“ führt, marktgerecht war. Das konnte die Klägerin eigenverantwortlich beurteilen. Insofern ist die Situation bei einem zu Absicherungszwecken vereinbarten Swap anders als bei einem Swap-Vertrag, der zu Spekulationszwecken ohne ausreichenden Bezug zu einem Grundgeschäft abgeschlossen wird. Im zweiten Fall empfiehlt der Berater dem Kunden die Übernahme einer - ggf. strukturierten - Zahlungsverpflichtung, deren Wert dieser ebenso wenig einschätzen kann wie den Wert der Zahlungsverpflichtung, die ihm die Bank im Austausch hierfür anbietet (vgl. hierzu: Senat, Urt. v. 14.12.2011, 9 U 11/11, WM 2012, 890).
25 
Der Swap entsprach der Risikobereitschaft der Klägerin. Er gewährte ihr die gewünschte Sicherheit gegen steigende Zinsen, während die Beklagte das - theoretisch unbegrenzte - Risiko eines steigenden Dreimonats-EURIBOR trug.
26 
e. Der von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzanspruch lässt sich nicht mit dem Vorwurf begründen, die Beklagte habe ihr pflichtwidrig nicht die Möglichkeit des Abschlusses eines Zins-Caps aufgezeigt. Im Rahmen der anlegergerechten Beratung schuldet der Berater eine ex ante vertretbare Empfehlung. Auch darf der Berater sich auf die Empfehlung von hauseigenen Produkten beschränken und muss nicht auf die Produkte von Konkurrenten verweisen (BGH, Urt. v. 19.12.2006, XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226). Nach dem bisherigen Vorbringen steht nicht fest, dass die Beklagte überhaupt bereit gewesen wäre, einen Zins-Cap anzubieten. Auch hat die Klägerin die Konditionen eines äquivalenten Caps nicht vorgetragen. Bei einem Zins-Cap schuldet der Käufer üblicherweise eine Optionsprämie, die sich an dem Risiko der Zinsüberschreitung orientiert. Wenn die Klägerin sich also für einen Zins-Cap entschieden hätte, hätte sie in jedem Fall Kosten gehabt. Beim Zinssatzswap entstehen Zahlungspflichten hingegen nur, wenn der eigene Zinssatz höher ist als derjenige der Gegenpartei. Dementsprechend hätte die Klägerin vortragen müssen, zu welchen Bedingungen sie zum Abschluss eines Zins-Caps bereit gewesen wäre, der ihr ebenfalls den Swapsatz (5,85% p.a.) gesichert hätte. Hierzu hat die Klägerin nichts vorgetragen. Auch macht sie ausdrücklich nicht einen Differenzschaden geltend, also die Differenz zwischen den bei einem Cap in jedem Fall entstehenden Kosten und den durch den Swap entstehenden Kosten. Da die Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen ist, hätte sie hierfür einen auf den Differenzschaden bezogenen Feststellungsantrag stellen müssen.
27 
Schließlich hat die Klägerin nicht behauptet, dass sie mit Sicherheit einen Zins-Cap abgeschlossen hätte. Wie die Klägerin selbst darlegt, wäre sie in einen Entscheidungskonflikt geraten, ob sie den Zinssatzswap, einen Zins-Cap oder überhaupt keinen Vertrag abgeschlossen hätte. Somit lässt sich nicht feststellen, dass bei pflichtgemäßer Beratung die Klägerin den streitgegenständlichen Vertrag nicht abgeschlossen hätte. Für den Zinssatzswap sprach insbesondere, dass der Klägerin keine Abschlusskosten entstanden sind.
28 
f. Aus der streitigen Behauptung, die Beklagte habe die Klägerin bei Abschluss des Vertrages unter Zeitdruck gesetzt, lässt sich keine Pflichtverletzung ableiten. Der Zeitdruck ergab sich aus den sich täglich ändernden Kapitalmarktbedingungen. Die Klägerin hätte sich mit der Entscheidung mehr Zeit lassen können, riskierte aber dadurch einen bei Abschluss höheren Festsatz.
29 
g. Der in der mündlichen Verhandlung vom 23.05.2012 gehaltene Vortrag der Klägerin, die Beklagte habe ihr erklärt, sie könne den bestehenden variabel verzinslichen Darlehensvertrag nicht auflösen und der Abschluss eines festverzinslichen Darlehens sei ihr am Markt nicht möglich, ist in der Berufungsinstanz neu. Da der Sachvortrag nicht unstreitig ist und bereits in der ersten Instanz hätte gebracht werden können, kann er nicht gem. § 531 Abs. 2 Nr. 1, 3 ZPO zugelassen werden.
30 
3. Die Beklagte hat die Klägerin objektgerecht beraten. Im Rahmen der Anlageberatung schuldet der Berater eine Aufklärung über die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes, sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben (vgl. nur BGH, Urt. v. 27.09.2011, XI ZR 178/10). Dieser Pflicht ist die Beklagte nachgekommen. Sie hat auf die wesentlichen Risiken, insbesondere auf die Möglichkeit der vorzeitigen Auflösung gegen Zahlung des dann bestehenden Marktwertes hingewiesen.
31 
a. Die Beklagte hat hinsichtlich des Chancen-Risiko-Profils, der Verlustrisiken oder der in dem Swap enthaltenen Vermögenswerte keine Aufklärungspflichten verletzt. Der vorliegende Zinssatzswap ist in der Form des so genannten Plain-Vanilla-Swaps ein sehr einfach strukturierter Vertrag mit im Wesentlichen symmetrischen Risiken. Insbesondere trug die Beklagte, nicht die Klägerin, das – theoretisch unbegrenzte – Risiko eines steigenden Dreimonats-EURIBOR. Es handelt sich nicht um ein kompliziert strukturiertes Produkt, in dem die Bank durch Einstrukturierung von exotischen Optionen oder anderen Parametern das Chancen-/Risikoprofil zu ihren Gunsten verändert hätte, ohne dass der Kunde dies erkennen konnte. Da der Swap die Funktion eines Absicherungsgeschäfts hat, bei dem der Kunde, ähnlich wie bei einem festverzinslichen Darlehen, sich einen festen Zinssatz sichert und damit eine offene Risikoposition schließt, war eine nähere Aufklärung über das Chancen-Risiko-Profil nicht erforderlich. Der Kunde erwarb mit Abschluss des Swap-Vertrages keine offene Risikoposition. Er hatte keine Verlustrisiken, die er durch ein effektives Risikomanagement hätte kontrollieren und beherrschen müssen. Der Vertrag hatte, anders als in dem von der Klägerin zitierten Fall des Senats vom 26.02.2010 (9 U 164/08) bzw. im Fall des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10) keinen Glücksspiel- oder Wettcharakter (vgl. zu der Abgrenzung bereits Senat, Urt. v. 27.10.2010, 9 U 146/08, Tz. 91).
32 
Wegen des absichernden Charakters schuldete die Beklagte auch keine Aufklärung über den Wert der ausgetauschten Leistungen (vgl. hierzu Senat, Urt. v. 14.12.2011, 9 U 11/11). Wie dargelegt, war die Klägerin wie jeder andere Darlehensnehmer in der Lage, die Angemessenheit der Bedingungen des „virtuellen Festzinsdarlehens“ durch einen Vergleich mit am Markt erhältlichen festverzinslichen Darlehen anzustellen und die Marktgerechtigkeit des Swapsatzes zu bewerten.
33 
b. Die Beklagte hat keine Aufklärungspflichten verletzt im Zusammenhang mit dem Risiko, das sich aus dem Auseinanderfallen von Darlehensvalutierung und Abschluss des Swap-Vertrages ergab. Insofern hatte die Klägerin ab Laufzeitbeginn bis zur Valutierung des Darlehens keine offene Risikoposition: Soweit und solange das Darlehen nicht valutiert war, musste sie die Differenz zwischen dem Swapsatz (5,85%) und dem variablen Satz (2% + Dreimonats-EURIBOR) bezogen auf das Nominalkapital bezahlen. Die Zahlungspflichten standen bereits bei Vertragsschluss fest: Nach dem Swap-Vertrag wurde der Zinssatz für die variablen Zinsen zwei Tage vor Beginn der Dreimonats-Periode am 26.03.2009 für die Periode bis zum 30.06.2009 festgelegt. Somit stand fest, dass die Klägerin bis zum Abruf des Darlehens, der vertraglich spätestens zum 25.06.2009 vorgesehen war, die bereits bei Vertragsschluss feststehende Differenz zwischen dem Swapsatz und dem variablen Satz zahlen musste. Am 26.03.2009 lag der Dreimonats-EURIBOR bei 1,538%, woraus sich ein Vertragszinssatz der Beklagten von 3,538% p.a. und eine Differenz zu Lasten der Klägerin von 2,312% p.a. ergaben. Diese Zahlungspflicht war ohne weiteres erkennbar und nicht gesondert aufklärungsbedürftig. Es hing von der wirtschaftlichen Entscheidung der Klägerin ab, zu welchem Zeitpunkt sie das Darlehen valutieren wollte.
34 
Bei der kaufmännischen Klägerin darf vorausgesetzt werden, dass sie die sich aus einem verbindlichen Vertrag ergebende Zahlungspflicht und den Zusammenhang mit der beabsichtigten, aber noch nicht erfolgten Valutierung erkennt. Insbesondere durfte die Beklagte davon ausgehen, dass die Klägerin das Darlehen spätestens bis zum Abruftermin am 25.06.2009 tatsächlich abruft. Andernfalls wäre die Zinssicherung, die von der Klägerin ausdrücklich gewünscht war, wenig sinnvoll gewesen. Die Beklagte hatte keinen Einfluss auf den Zeitpunkt, zu dem die Klägerin das Darlehen abruft. Hätte jene das Darlehen sofort zum 30.03.2009 abgerufen, wäre der Swap-Vertrag ein reines Sicherungsgeschäft gewesen. Die Beklagte musste nicht davon ausgehen, dass die Klägerin das Darlehen nach dem 25.06.2009 abruft.
35 
Die Klägerin hätte einen späteren Vertragsbeginn des Swap-Vertrages verlangen können, der sich stärker an dem Zeitpunkt des geplanten Darlehensabrufs orientiert. Dann hätte sie allerdings, ähnlich wie bei einem Forward-Darlehen, einen Forward-Swap vereinbaren müssen, um sich den gegenwärtigen Zinssatz zu sichern. Sie hatte bereits erfahren, dass sich die Zinskonditionen für den Swap innerhalb von wenigen Tagen zwischen erster Vorstellung und Angebot verschlechtern konnten. Bei einem Forward-Swap zahlt der Kunde allerdings üblicherweise einen Aufschlag auf den aktuellen Zinssatz, mit dem das Zinsänderungsrisiko der Bank abgegolten wird.
36 
Die Beklagte musste angesichts der gewünschten Absicherungsstrategie nicht damit rechnen, dass die Klägerin hinsichtlich des Darlehensvertrages pflichtwidrig einen verspäteten Abruf des Darlehens plante. Eine derartige Absicht hat sie auch nicht behauptet.
37 
c. Schließlich wird der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht auf eine fehlerhafte Aufklärung im Zusammenhang mit der Selbständigkeit des Zinssatzswaps gegenüber dem Grundgeschäft gestützt. Allerdings können sich durch den zusätzlichen Abschluss eines Zinssatzswaps neben einem (konnexen) Darlehensvertrag weitere Risiken ergeben. Bei einem Darlehen mit variabler Verzinsung hat der Darlehensnehmer gemäß § 489 Abs. 2 BGB ein jederzeitiges Kündigungsrecht mit einer Frist von 3 Monaten. Dies bedeutet, dass er bei einer vorzeitigen Ablösung keine Vorfälligkeitsentschädigung zu zahlen hat. Diese Struktur ändert sich durch den Abschluss eines konnexen Zinssatzswaps. Zwar konnte das Grundgeschäft, der Darlehensvertrag, immer noch ohne Vorfälligkeitsentschädigung gekündigt werden. Allerdings bleibt nach Kündigung des Darlehensvertrages der Zinssatzswap bestehen, wenn er nicht ebenfalls gekündigt wird. Dies führt zu zwei Risikoszenarien.
38 
Zum einen trägt der Kunde das Marktwertrisiko des Swaps. Kündigt er das Grundgeschäft, muss er logischerweise den zwecklos gewordenen Absicherungs-Swap ebenfalls kündigen. Hierbei fällt unter Umständen ein zum Kündigungszeitpunkt negativer Marktwert als Auflösungspreis an. Insofern ist die Lage teilweise vergleichbar mit der vorzeitigen Kündigung eines Festzinsdarlehens, bei dem eine Vorfälligkeitsentschädigung anfällt. Es besteht allerdings insofern ein Unterschied, als es sich bei der Auflösung eines Swaps nicht um einen Schadensersatzanspruch der Gegenpartei handelt und der Marktwert bei positiver Entwicklung sogar anstelle einer Pflicht zur Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung zu einem zusätzlichen Ertrag führen kann (vgl. hierzu: Senat, Urt. v. 27.10.2010, 9 U 148/08, Tz. 77, zit.n.juris).
39 
Auf die Möglichkeit der jederzeitigen Auflösung des Swaps zum dann geltenden Marktwert hat die Beklagte die Klägerin ordnungsgemäß hingewiesen. Ein zusätzliches Risiko aus der Wahl eines Sicherungsswaps anstelle eines Festzinsdarlehens könnte theoretisch dann bestehen, wenn der negative Marktwert höher sein könnte als eine Vorfälligkeitsentschädigung. Ob diese theoretische Möglichkeit besteht, ist nicht bekannt. Die Klägerin behauptet dies nicht und macht diesbezüglich keinen Aufklärungsfehler geltend.
40 
Zum anderen besteht das - dem Senat aus anderen Fällen bekannte - Risiko, dass der Kunde den Swap-Vertrag trotz Kündigung des Grundgeschäfts fortführt. In diesem Fall wandelt sich der Charakter des Swaps von einem Absicherungsgeschäft ohne offene Risikoposition in ein spekulatives Geschäft mit einer offenen Risikoposition. Das ist ein nicht gewolltes Ergebnis für einen Kunden, der zur Absicherung einen Payer-Swap abschließt. In vielen Fällen wird dem Kunden dann die Fähigkeit fehlen, den spekulativ gewordenen Swap dem gebotenen effektiven Risikomanagement zu unterwerfen, weil er bereits die Zusammenhänge nicht erkennt und nicht in der Lage ist, den Marktwert eigenverantwortlich zu beobachten und diesen zum Gegenstand seiner Strategie zu machen (vgl. Senat, Urt. v. 14.12.2011, 9 U 11/11). Er ist daher darauf hinzuweisen, dass er im Falle einer Kündigung des Grundgeschäfts auch den Absicherungsswap kündigen und dabei den Auflösungspreis bei seiner Entscheidung berücksichtigen muss. Insbesondere besteht die Gefahr, dass ein Kunde, der - wie hier - mit dem selben Partner sowohl das Darlehensgeschäft als auch den Absicherungsswap abschließt, bei der Kündigung des Darlehensvertrages davon ausgeht, diese erfasse auch den Absicherungsswap.
41 
Im konkreten Fall lässt sich nicht feststellen, dass die Beklagte hinsichtlich des Risikos des selbständigen Fortbestehens des Swap-Vertrages die Klägerin aufgeklärt hat. Zwar wird in den Präsentationsunterlagen darauf hingewiesen, dass der Zinssatzswap jederzeit (selbstständig) aufgelöst werden kann und hierfür der dann gültige Marktpreis zu zahlen ist. Auf das Risiko, dass bei isoliertem Wegfall des Darlehensvertrages eine offene Risikoposition entsteht, die ein effektives Risikomanagement erfordert, zu dem der Kunde nicht in der Lage ist, wird nicht hingewiesen.
42 
Diese Pflichtverletzung ist jedoch nicht erheblich für den geltend gemachten Schaden, nämlich die Rückabwicklung des gesamten Vertrages. Der unterlassene Hinweis führt zu einem anders gearteten Schaden. Der Kunde wird nämlich bei einem unterbliebenen Hinweis spätestens bei der nächsten Fälligkeit feststellen, dass der Swap-Vertrag weiterläuft und nach wie vor Zahlungspflichten begründet. Wurde er vorher ordnungsgemäß darauf hingewiesen, dass er jederzeit den Vertrag zu dem jeweils gültigen Marktwert auflösen kann, ist er in der Lage, dies nachzuholen. Ein Schaden entsteht dann in der Differenz zwischen dem Marktwert zum Zeitpunkt der Kündigung des Darlehensvertrages und demjenigen zum Zeitpunkt der Kündigung des Swap-Vertrages. Hinzu kommt eine etwaige Nettozahlung, die der Kunde nicht vermieden hat, weil er von einer Beendigung des Swap-Vertrages zum Zeitpunkt der Kündigung des Darlehensvertrages ausgegangen ist. Alternativ könnte der Kunde geltend machen, bei ordnungsgemäßer Belehrung hätte er das Grundgeschäft nicht gekündigt. Diesen Differenzschaden macht die Klägerin jedoch nicht geltend. Sie hat den Swap-Vertrag nicht gekündigt, auch nicht während des laufenden Rechtsstreits, obwohl sie über die Möglichkeit der jederzeitigen Auflösung ordnungsgemäß informiert worden war.
43 
4. Die Beklagte war nicht verpflichtet, die Klägerin über den negativen Marktwert des Zinssatzswaps unter dem Gesichtspunkt der Interessenkollision aufzuklären. Nach Auffassung des Senats betrifft die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu der Aufklärungspflicht bei Swap-Geschäften (Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10) nur solche Verträge, die zu Spekulationszwecken abgeschlossen wurden (so im Ergebnis auch: OLG Köln, Urt. v. 18.01.2012, 13 U 232/10, BB 2012, 539, Tz. 21 ff., zit.n.juris) . Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung wesentlich darauf abgestellt, dass es sich bei dem CMS Spread Ladder Swap um eine Zinswette gehandelt hat und bei dieser der negative Marktwert eine maßgebliche Bedeutung habe (BGH, a.a.O., Tz. 31). Weiter war für den Bundesgerichtshof ein wesentliches Kriterium, dass der Kunde aus dem Vertrag Verluste erzielen konnte, deren Eintrittswahrscheinlichkeit bzw. Höhe die Bank durch die frei wählbare und von ihr vorgeschlagene Strukturierung der Zahlungspflichten beeinflussen konnte. Die Interessenkollision sah der Bundesgerichtshof darin, dass die Bank sich dieses von ihr konstruierte Verlustrisiko durch Hedge-Geschäfte sofort abkaufen lassen konnte. Bei einer Wette muss der Kunde nicht damit rechnen, dass die Bank heimlich einen Gewinn generiert.
44 
Dies alles trifft nicht zu auf Zinssatzswaps, die zu Sicherungszwecken abgeschlossen werden. Denn diese schließen gerade das Risiko des Kunden aus und generieren keine Verluste. Bei einem Payer-Swap mit einem festen Zinssatz verzichtet der Kunde lediglich bewusst auf Ertragschancen, die sich aus einem sinkenden variablen Zinssatz ergeben könnten. Seine Belastung und die Marktüblichkeit des Zinssatzes für das über den Swap-Vertrag erzeugte „virtuelle Festzinsdarlehen“ kann er selbst beurteilen.
45 
Der Senat hält allerdings den Ansatz für nicht weiterführend, die vom Bundesgerichtshof konkretisierte Aufklärungspflicht von der Komplexität der Strukturierung abhängig zu machen (vgl. hierzu: OLG Köln, a.a.O.). Es ist nicht erkennbar, dass der Bundesgerichtshof selbst das Merkmal der Komplexität zur entscheidenden Grundlage einer Aufklärungspflicht machen wollte. Dieses Kriterium erscheint dem Senat wenig griffig für klare Abgrenzungen. Zudem besteht die Interessenkollision auch bei solchen spekulativen Swap-Verträgen, die - wie beispielsweise Zinswährungsswaps (Cross-Currency-Swaps) - verhältnismäßig einfach strukturiert sind. Auch hier kann die Bank durch die Wahl der Zinssätze, der Währungen und vor allem aufgrund ihres überlegenen Wissens hinsichtlich der Marktbedingungen die Verlustrisiken des Kunden frei gestalten, während der Kunde im Regelfall nicht in der Lage ist, die Leistungen zutreffend zu bewerten (vergleiche hierzu Senat, Urt. v. 14.12.2011, 9 U 11/11). Für den Kunden ist bereits ein aus Sicht der Bank einfacher Swap regelmäßig komplex.
46 
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht gem. § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern. Die Entscheidung weicht nicht von Entscheidungen anderer Obergerichte oder des Bundesgerichtshofs ab und beruht im Wesentlichen auf den Umständen des Einzelfalls.

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 31. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart, Az. 31 O 29/08 KfH, vom 26. September 2008 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 929.679,78 Euro zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.03.2008 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weitere, zukünftige Schäden zu ersetzen, die ihr aus dem am 16.03.2005 mit der Referenznummer 1114192 L geschlossenen Zinsswap noch entstehen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 571.680,55 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 313.180,55 Euro seit dem 27.03.2008 bis 29.07.2008 sowie aus 435.680,55 Euro vom 30.07.2008 bis 22.02.2009 sowie aus 571.680,55 Euro seit dem 23.02.2009 zu zahlen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von der weiteren Zahlungsverpflichtung von 136.000,00 Euro aus dem am 02.11.2005 mit der Referenznummer 1163323 geschlossenen CMS-Spread-Sammler-Swap freizustellen.

5. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weitere, zukünftige Schäden zu ersetzen, die ihr aus dem am 02.11.2005 mit der Referenznummer 1163323 geschlossenen CMS-Spread-Sammler-Swap noch entstehen.

II. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, die Klägerin leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert und Beschwer der Beklagten: 1.657.360,33 Euro

Gründe

 
I.
1.
Die Klägerin ist ein mittelständisches Unternehmen aus dem Bereich des Maschinen- und Anlagenbaus und verlangt von ihrer früheren Hausbank Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Abschluss von zwei Zinsswap-Verträgen.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Sie werden wie folgt ergänzt:
Die Beklagte schloss mit der Klägerin am 28.03.2002 einen Rahmenvertrag über Finanztermingeschäfte (Anlage K1) sowie am 21.11.2003 einen Anhang zum Rahmenvertrag über die vorzeitige Erfüllung durch Ausgleichszahlung (Anlage K2). Die Parteien hatten in der Folgezeit fünf verschiedene Swap-Verträge abgeschlossen, darunter einen 3-Monats-EURIBOR-Zinsswap und einen EURIBOR-Ladder-Swap. Diese sind nicht im Streit. Gegenstand des Rechtsstreits sind ein weiterer sog. "Ladder-Swap" und ein sog. "CMS-Spread-Sammler-Swap".
Zum Ladder-Swap:
Die Beklagte übergab der Klägerin ein auf den 3. Februar 2005 datierendes Strategiepapier  "Strukturierter und vorzeitig mit Ausgleichszahlung beendbarer EUR-Zinsswap mit Euribor-Koppelung - "Ladder-Swap mit MTC" (Anlage B18). Es hatte auszugsweise folgenden Inhalt:
Kundenpositionierung und Markterwartung
- Sie haben einen Finanzierungsbedarf bzw. bestehende Finanzierungen in EUR
- Sie möchten Ihre Zinsbelastung für die kommenden Jahre reduzieren
- Sie rechnen in den nächsten Jahren nicht mit einem steilen Anstieg des 3-Monats-Euribors.
10 
- Diese Markterwartung möchten Sie zur Verbilligung Ihrer bestehenden EUR-Finanzierung nutzen.
11 
- (…)
12 
Strategievorschlag:
13 
Abschluss eines strukturierten EUR-Zinsswaps mit Euribor-Koppelung ("Ladder-Swap")
14 
Chancen
15 
Verbleibt der 3-Monats-EURIBOR auf dem derzeitigen Stand oder steigt er nur geringfügig und wird der Swap von der (Beklagten) nicht vorzeitig beendet, so verbilligen Sie Ihre Finanzierung auf die folgenden Perioden.
16 
Risiken
17 
- Bei einem starken Anstieg des 3-Monats-EURIBOR verringert sich Ihre Verbilligung. Ergibt die o.g. Formel unter Einbeziehung des Zinssatzes der vorherigen Periode und des festgestellten 3-Monats-EURIBOR einen Zinssatz von mehr als 3,50%, so schlägt die Strategie zur Zinsverbilligung ins Gegenteil um und Sie zahlen für diese Periode einen höheren Zinssatz, als Sie von der (Beklagten) empfangen. Bei entsprechender Entwicklung des 3-Monats-EURIBOR ist für die folgende Periode eine Verbilligung unter Umständen wieder möglich.
18 
- Worst Case": Da die Entwicklung des 3-Monats-EURBIOR nicht voraussehbar ist, kann kein "wort-case" beziffert werden, d.h. die Strategie ist bei einer für Sie ungünstigen Entwicklung des Referenzzinssatzes mit einem theoretisch unbegrenzten Verlustrisiko verbunden.
19 
Das Strategiepapier enthielt 3 Szenarioanalysen im Tabellenformat zur Darstellung der Zahlungsverpflichtungen, bezogen auf einen Basiswert von 11 Mio Euro. Das erste Szenario sah eine nahezu gleichmäßige kontinuierliche Steigerung des 3-Monats-EURIBOR während der 20 Perioden der Laufzeit von 2,14% auf 3,68% vor und endete mit einer "Zinsersparnis" in Höhe von ca. 1,4 Mio Euro. Das zweite Szenario stellte beginnend bei einem 3-Monats-EURIBOR in Höhe von 2,14% eine halbjährliche Steigerung von 0,25 Prozentpunkten dar und schloss mit einer "Zinsersparnis" in Höhe von ca. 1,19 Mio Euro. Das dritte Szenario enthielt eine vierteljährliche Steigerung des 3-Monats-EURIBOR um 0,2 Prozentpunkte und schloss mit einer negativen "Zinsersparnis" in Höhe von ca. 1,5 Mio Euro.
20 
Die im Rahmen einer Präsentation der Beklagten vom 25.02.2005 verwendeten Präsentationsfolien (Anlage K3) enthielten ähnliche Hinweise. Auch die Szenarien ähnelten denen des Strategiepapiers mit der Abweichung, dass - bezogen auf leicht geänderte Vertragsdaten - das zweite Szenario einen geringfügig niedrigeren Gewinn und das dritte Szenario einen deutlich kleineren Verlust (96.000 Euro) auswiesen.
21 
Die Klägerin entschloss sich zum Abschluss des angebotenen Ladder-Swaps, allerdings mit einem reduzierten Bezugsbetrag in Höhe von 5 Mio Euro. Die hierüber getroffene Vereinbarung vom 18./23.03.2005 (Anlage K4) sah im Wesentlichen folgende Zahlungsbedingungen vor:
22 
Bezugsbetrag:
5 Mio Euro (wird nicht gezahlt, sondern ist nur
Basis für Zinsberechnung)
Laufzeit:
18.03.2005 - 18.03.2010 (vorbehaltlich
einer Anpassung)
Fälligkeitstermine und
Zinsfeststellungstermine:
vierteljährlich
Zahlungsverpflichtung
der Beklagten:
3,60% p.a. (fest)
Zahlungsverpflichtung
der Klägerin:
        
Erstes Jahr (4 Perioden):    
2,00% p.a. (fest)
Ab der 5. Periode:
Variabel nach folgender Formel:
        
Zinssatz der Vorperiode ./. Abschlag + Basissatz
Basissatz:
3-Monats-EURIBOR
Abschlag:
anfänglich 2,80%, im Jahresrhythmus um 0,50% steigend
Zinsfeststellung:
Der Vertragszinssatz wurde für jede Zinsperiode anhand
des zum jeweiligen Feststellungstag gültigen Zinssatzes
des 3-Monats-EURIBOR festgesetzt
Mindestzinssatz
der Klägerin:
0,00%
23 
Zudem hatte die Beklagte ein Recht zur vorzeitigen Beendigung ohne Ausgleichszahlung zu bestimmten Terminen. Unstreitig ist zudem ein beidseitiges Kündigungsrecht gegen Ausgleichszahlung zu jährlichen Beendigungsterminen ab 2008.
24 
Der Ladder-Swap hatte zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses einen - aus Sicht der Klägerin - negativen Marktwert. Die Beklagte hatte Kosten für Risikoabsicherung, Kapitalkosten und Abwicklungskosten sowie ihren Ertrag in den Ladder-Swap einkalkuliert, woraus sich auf der Grundlage von Bewertungsmethoden ein negativer Marktwert ergab. Diesen teilte die Beklagte der Klägerin nicht mit.
25 
Zum CMS-Spread-Sammler-Swap
26 
Die Beklagte stellte der Klägerin mit Strategiepapier vom 13.05.2005 (Anlage K5) sowie Präsentationsfolien vom 13.05.2005 (Anlage K6) einen CMS-Spread-Sammler-Swap vor. Im Strategiepapier machte sie u.a. folgende Angaben:
27 
Kundenpositionierung und Markterwartung
28 
- Sie verfügen über bestehende Euro-Finanzierungen bzw. -Anlagen
29 
- Sie möchten die hieraus resultierenden Zinszahlungen optimieren.
30 
- Sie rechnen damit, dass sich die Differenz zwischen dem 10-Jahres- und dem 2-Jahres-EUR-Swapsatz (…) innerhalb der nächsten 5 Jahre nicht deutlich verringern wird, d.h. dass die Zinsstrukturkurve nicht wesentlich flacher wird.
31 
- Diese Markterwartung über die CMS-Differenz ("CMS-Spread") möchten Sie zur Optimierung Ihrer bestehenden EUR-Finanzierung bzw. -anlagen um bis zu 1,10% nutzen.
32 
- Sollte Ihre Markterwartung nicht eintreten und sich die Differenz zwischen dem 10-Jahres-EUR-Swapsatz und dem 2-Jahres-EUR-Swapsatz verringern, so sind Sie bei einer erheblichen Verringerung bereit, eine Erhöhung Ihrer Zinsbelastung bzw. Reduzierung Ihrer Zinseinnahme in Kauf zu nehmen, wobei die Höhe Ihrer Zinszahlung auf 7% begrenzt ist.
33 
Strategievorschlag:
34 
Abschluss eines strukturierten EUR-Zinsswaps mit CMS-Spread-Koppelung
35 
Risiko:
36 
- Bei einem starken Rückgang der Differenz zwischen dem 10-Jahres-EUR-Swapsatz und dem 2-Jahres-EUR-Swapsatz verringert sich zunächst Ihre Verbilligung. Je höher die Anzahl der Tage in einer Periode, an denen die Differenz zwischen EUR CMS10 und EUR CMS2 unterhalb der jeweils gültigen strikes festgestellt wird, desto höher wird der Zinssatz, den Sie für diese Periode an die (Beklagte) zahlen, maximal bis zu 7,00%
37 
- Ihre Zinsvergünstigung wird bei einer Verringerung der Zinsdifferenz zwischen dem EUR CMS10 und EUR CMS2 unter die strikes zunächst aufgezehrt. Liegt der Zinsunterschied an mehr als 13 Bankarbeitstagen pro Periode (unter der Annahme von insgesamt 120 Bankarbeitstagen in der Periode) unter den strikes, so schlägt diese Verbilligungsstrategie ins Gegenteil um und Sie zahlen einen höheren Zinssatz an die (Beklagte), als Sie von der Bank empfangen.
38 
In dem Strategiepapier und der Präsentation wurde zudem der historische Verlauf des Spreads dargestellt sowie ein Histogramm der CMS-Spreads seit 1995. Dabei wurde das Histogramm beispielhaft erläutert, dass an 23 von 2621 Beobachtungstagen die Differenz zwischen dem CMS10-Satz und dem CMS2-Satz zwischen 0,03 und 0,40% lag. Wegen der weiteren Hinweise wird auf die Anlage K6 Bezug genommen.
39 
Die Klägerin entschied sich zum Abschluss des Swap-Vertrages. Die Vertragsbestandteile wurden im schriftlichen Vertrag vom 19./27.05.2005 festgehalten und hatten folgenden wesentlichen Inhalt:
40 
Bezugsbetrag:
5 Mio Euro (wird nicht gezahlt, sondern ist
nur Basis für Zinsberechnung)
Laufzeit:
27.07.2005 - 27.07.2010 (vorbehaltlich
einer Anpassung)
Fälligkeitstermine und
Zinsfeststellungstermine:    
Halbjährlich
Zahlungsverpflichtung
der Beklagten:
3,10% p.a. (fest)
Zahlungsverpflichtung
der Klägerin:
Variabel nach folgender Formel:
        
2,00% + 5,00% p.a. x (2N : D)
Schwelle:
0,82%
        
N = Anzahl der Bankarbeitstage im jeweiligen
Berechnungszeitraum, an dem die Differenz
zwischen dem 10-Jahres-Swap-Satz und dem
2-Jahres-Swap-Satz kleiner 0,82% ist
        
D = Anzahl der Bankarbeitstage
im Berechnungszeitraum.
Zinsfeststellung:
Der Vertragszinssatz wurde für jede Zinsperiode
anhand der zum jeweiligen Feststellungstag
gültigen Zinssätze festgesetzt
Höchstzinssatz
der Klägerin:
7,00%
41 
Nachdem der Vertrag sich für die Klägerin ungünstig entwickelte, vereinbarten die Parteien eine rückwirkende Restrukturierung des Vertrages. Die Beklagte überließ der Klägerin erneut ein Strategiepapier vom 31.10.2005 (Anlage K8) sowie Präsentationsfolien (Anlage K9). Die geänderten Konditionen hielten die Parteien in der Vereinbarung vom 11.11./07.12.2005 (Anlage K10) fest. Geändert wurden insbesondere folgende Werte:
42 
Zahlungsverpflichtung    
der Klägerin:
Variabel nach folgender Formel:
        
2,00% + 6,00% p.a. x (2N : D)
Schwelle:
0,735%
Höchstzinssatz
der Klägerin:
8,00% (zwischen den Parteien ist allerdings
ein Höchstsatz von 7,00% unstreitig)
43 
Auch der CMS-Spread-Sammler-Swap hatte bei Vertragsschluss einen negativen Marktwert in Höhe der von der Beklagten einkalkulierten Kosten und Gewinnmarge.
44 
Zum weiteren Verlauf
45 
Die Klägerin beendete am 16.06.2007 den Ladder-Swap gegen Ausgleichszahlung an die Beklagte in Höhe von 1.015.500 Euro. Am 22.01.2009 (im Laufe des Berufungsverfahrens) beendete sie den CMS-Spread-Sammler-Swap gegen eine vereinbarte Ausgleichszahlung in Höhe von 272.000 Euro. Davon zahlte die Klägerin lediglich 136.000 Euro an die Beklagte. Erstinstanzlich hat die Klägerin die Rückzahlung ihrer Verluste, die Freistellung von zukünftigen Verbindlichkeiten aus dem Vertrag sowie die Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung der Beklagten begehrt.
2.
46 
Das Landgericht hat der Klage unter Berücksichtigung eines 50prozentigen Mitverschuldens der Klägerin stattgegeben. Zwischen den Parteien sei ein Beratungsvertrag zu Stande gekommen. Die Beklagte habe ihre Verpflichtung zur objektgerechten Beratung erfüllt. Die schriftlichen Risikohinweise seien ausreichend gewesen. Die Mitarbeiter der Klägerin hätten von sich aus zum Ausdruck bringen müssen, wenn sie weitergehende Informationen für erforderlich gehalten hätten. Die Funktionsweise der Swaps sei anhand der Unterlagen erklärt worden. Die Risiken der Swap-Verträge seien ausreichend dargestellt worden. Der Hinweis auf den "worst case" habe genügt. Die Eintrittswahrscheinlichkeit eines solchen Falles sei anhand der Unterlagen ausreichend erkennbar gewesen, um der durch Betriebswirte vertretenen Klägerin eine eigenständige Anlageentscheidung zu ermöglichen. Die Beklagte habe der Klägerin nicht ihr Eigeninteresse verschwiegen. Die geschäftserfahrene Klägerin musste davon ausgehen, dass die vorliegenden Rechtsgeschäfte der Gewinnerzielung der Beklagten dienen sollten und dass diese daher eine ihr zufließende Marge bei der Konstruktion des sekundären Finanzproduktes eingepreist habe. Ein Hinweis darauf sowie auf ihre Kalkulation sei deshalb nicht erforderlich gewesen. Daher habe die Beklagte auch nicht auf den anfänglichen negativen Marktwert hinweisen müssen. Kaufleuten sei bekannt, dass, wenn sie einen gegenseitig verpflichtenden Vertrag abschließen, eine sofortige Beendigung des Vertrages zu einem negativen Vertragswert für den führt, der sich von dem Vertrag lösen will.
47 
Die Beklagte habe die Klägerin jedoch nicht anlegergerecht beraten. Die Beklagte habe in ihrem Informationsmaterial vielfach auf die Zinsbelastung der Klägerin Bezug genommen. Das habe für die Mitarbeiter der Klägerin bedeuten müssen, dass die Anlagegeschäfte zumindest in einem mittelbaren Zusammenhang mit den Zinsverpflichtungen der Klägerin aus ihren Kreditverträgen standen. Die Beklagte wäre daher verpflichtet gewesen darauf hinzuweisen, dass bei den vorliegenden sekundären Finanzprodukten die Chancen und vor allem die Risiken sich nicht in vergleichbaren Dimensionen bewegen müssen, wie der gegenwärtige Zinsaufwand der Klägerin. Die Beklagte habe auch mit der Möglichkeit rechnen müssen, dass die Klägerin trotz der Hinweise auf den "worst case" nicht mit einer den gegenwärtigen Zinsaufwand übersteigenden Eintrittswahrscheinlichkeit rechnen würde.
48 
Die Klägerin müsse sich jedoch ein Mitverschulden in Höhe von 50% anrechnen lassen. Sie hätte anhand der Unterlagen erkennen können, dass die Finanzprodukte wegen ihres Risikopotenzials nicht für ihren Unternehmensgegenstand geeignet waren.
3.
49 
Das Urteil wurde der Klägerin am 02.10.2008 und der Beklagten am 06.10.2008 zugestellt. Beide habe dagegen fristgerecht (Montag, 03.11.2008 bzw. 29.10.2008) Berufung eingelegt und diese jeweils innerhalb verlängerter Frist begründet.
50 
Die Beklagte hält ihre Beratung für anlegergerecht und ist der Auffassung, die landgerichtlichen Feststellungen würden den Ausführungen zur objektgerechten Beratung widersprechen. Das Landgericht habe bei seiner Begründung nicht zwischen den beiden Swap-Verträgen differenziert. Bei dem CMS-Spread-Sammler-Swap sei das Verlustrisiko erkennbar und betragsmäßig begrenzt gewesen. Aus der objektgerechten Beratung habe die Klägerin ihr hohes Verlustrisiko auch bei dem Ladder-Swap erkennen können, zumal sie bereits Erfahrungen mit Swap-Verträgen gehabt habe. Eine etwaige Pflichtverletzung sei nicht kausal für den Schaden, weil die Klägerin die Swap-Verträge angesichts der Möglichkeit der Gewinne ohne Einsatz von Kapital auch dann abgeschlossen hätte, wenn sie über die Höhe der potentiellen Risiken aufgeklärt worden wäre. Das Mitverschulden der Klägerin betrage zudem 100%, weil sie das hohe Risiko habe erkennen können. Eine hilfsweise erhobene Widerklage hat die Beklagte später zurückgenommen. Im Übrigen wiederholt und vertieft sie - auch mit Blick auf die Berufungsangriffe der Klägerin - ihre erstinstanzlichen Ausführungen und verteidigt das Urteil, soweit es Beratungsfehler verneint hat.
51 
Die Klägerin greift das Urteil an, weil sie die Berücksichtigung des Mitverschuldens in Höhe von 50% für nicht sachgerecht hält. Dies begründet sie unter anderem - und hilfsweise zur Stützung des landgerichtlichen Urteils gegen die Angriffe der Berufung der Beklagten - mit einer nicht objektgerechten Aufklärung. Die Preisregelung sei intransparent und verstoße gegen AGB-Recht. Es sei nicht ausreichend über die Höhe der Verlustrisiken aufgeklärt. Die tatsächliche Risikostruktur hätte anhand finanzmathematischer Kennzahlen (Value at Risk, Potential Future Exposure) dargestellt werden können. Bezüglich des CMS-Spread-Sammler-Swaps hätten Informationen gefehlt, wie hoch der durchschnittliche Spread lag. Die Präsentationsunterlagen hätten ein Unterschreiten der vereinbarten Barriere unwahrscheinlicher erscheinen lassen, als es tatsächlich war. Die Beklagte hätte über die Höhe der einstrukturierten Gewinnmarge aufklären müssen, um den Interessenkonflikt offen zu legen. Der Vertrieb der Swap-Verträge zur Zinsoptimierung sei irreführend, weil sie keinen Bezug zu den vermeintlich zu kompensierenden Grundgeschäften aufwiesen. Im Übrigen wiederholt und vertieft die Klägerin ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt das landgerichtliche Urteil, soweit es einen Beratungsfehler angenommen hat.
52 
Wegen der Einzelheiten des umfangreichen Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze in beiden Instanzen Bezug genommen.
53 
Nachdem die Klägerin zunächst noch entsprechend der erstinstanzlich gestellten Anträge die Verurteilung der Beklagten beantragt hat, hat sie nach Beendigung des CMS-Spread-Sammler-Swap gegen Ausgleichszahlung ihre Anträge umgestellt.
54 
Die Klägerin beantragt:
55 
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 929.679,78 Euro zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
56 
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weitere, zukünftige Schäden zu ersetzen, die aus dem am 16.03.2005 mit der Referenznummer 1114192 L geschlossenen Zinsswap noch entstehen.
57 
3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 571.680,55 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 313.180,55 Euro ab Rechtshängigkeit bis 29.07.2008 sowie aus 435.680,55 Euro vom 30.07.2008 bis 22.02.2009 sowie aus 571.680,55 Euro seit dem 23.02.2009 zu zahlen.
58 
4. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von der weiteren Zahlungsverpflichtung von 136.000,00 Euro aus dem am 02.11.2005 mit der Referenznummer 1163323 geschlossenen CMS-Spread-Sammler-Swap freizustellen.
59 
5. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die weiteren, zukünftigen Schäden zu ersetzen, die ihr aus dem am 02.11.2005 mit der Referenznummer 1163323 geschlossenen CMS-Spread-Sammler-Swap noch entstehen.
60 
Die Beklagte beantragt:
61 
1. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
62 
2. Die Klage wird abgewiesen.
63 
Die Klägerin beantragt:
64 
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
65 
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 03.02.2010 einen Mitarbeiter der Beklagten, der für die Konstruktion und Produktentwicklung von Derivaten zuständig ist, als informierten Vertreter der Beklagten angehört. Diesbezüglich wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung (GA 510 ff.) verwiesen.
II.
66 
Die gem. § 511 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet. Die Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Die Klage, insbesondere die Feststellungsklage, ist zulässig (1.). Die Beklagte hat die Klägerin pflichtwidrig fehlerhaft sowohl im Zusammenhang mit dem Ladder Swap (2.) als auch mit dem CMS Spread Sammler Swap (3.) beraten.
67 
1. Zulässigkeit des Feststellungsantrags
68 
Die Feststellungsklage ist gem. § 256 ZPO zulässig, weil ein rechtliches Feststellungsinteresse besteht. Die Klägerin macht geltend, dass ihr auf Grund der geforderten Schadensersatzleistungen der Beklagten Steuernachteile entstehen können, die nicht durch vorherige Steuervorteile kompensiert werden können.
69 
2. Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Ladder Swap
70 
Die Beklagte schuldet der Klägerin Schadensersatz wegen einer fehlerhaften Beratung beim Abschluss des Ladder Swaps. Zwischen den Parteien ist ein Beratungsvertrag zustande gekommen (a.). Dabei hat die Beklagte ihre Pflicht zur objektgerechten (b.) und anlegergerechten (c.) Beratung verletzt und eine fehlerhafte Empfehlung (d.) abgegeben. Die Pflichtverletzung war schuldhaft (e.) und hat bei der Klägerin kausal (f.) den geltend gemachten Schaden (g.) entstehen lassen. Ein Mitverschulden der Klägerin ist nicht anzurechnen (h.).
71 
a. Beratungsvertrag
72 
Tritt ein Anlageinteressent an eine Bank oder der Anlageberater einer Bank an einen Kunden heran, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden bzw. zu beraten, so wird das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrages stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgesprächs angenommen (std. Rspr. vgl. BGH Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126; Urt. v. 21.03.2006, XI ZR 63/05, WM 2006, 851). Dabei spielt es keine Rolle, ob die Beratungsleistung entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt (BGH Urt. v. 04.03.1987, IVa ZR 122/85, BGHZ 100, 117; Urt. v. 13.01.2004, XI ZR 355/02, zit.n.juris; Siol in Schimansky/Bunte/Lwowski (S/B/L), Bankrechts-Handbuch, 3. Aufl. § 43 Rn. 7).
73 
Das Landgericht hat den Abschluss eines Beratungsvertrages angenommen. Das ist zutreffend, weil die Beklagte als Hausbank der Klägerin an diese herangetreten ist und konkret eine Empfehlung zur "Zinsoptimierung" (Präsentationsfolie Anlage K3, S. 10) im Hinblick auf die steigenden Avalzinsen sowie die Belastung mit Kreditzinsen unterbreitet hat und somit unaufgefordert einen Rat erteilt hat. Diese landgerichtlichen Feststellungen nehmen die Parteien hin.
74 
Aus dem Beratungsvertrag, der gegenüber dem später abgeschlossenen Swap-Vertrag eine selbständige Bedeutung hat, folgt die Pflicht zur vollständigen, verständlichen und richtigen Beratung über das Anlageobjekt (objektgerechte Beratung). Das empfohlene Anlageobjekt muss zudem auf den Kunden zugeschnitten, also anlegergerecht sein (std. Rspr, vgl. nur: BGH Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126; Urt. v. 21.03.2006, XI ZR 63/05, WM 2006, 851; Braun/Lang/Loy in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang (E/S/C/L), Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, Rn. 192 ff.). Bewertungen und Empfehlungen müssen hingegen ex ante betrachtet lediglich vertretbar sein. Das Risiko, dass sich eine Anlageentscheidung im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (BGH Urt. v. 14.07.2009, XI ZR 152/08, WM 2009, 1647; Urt. v. 21.03.2006, XI ZR 63/05, WM 2006, 851).
75 
b. Objektgerechte Beratung
76 
In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Dabei ist zwischen den allgemeinen Risiken (Konjunkturlage, Entwicklung des Börsenmarktes) und den speziellen Risiken zu unterscheiden, die sich aus den individuellen Gegebenheiten des Anlageobjekts (Kurs-, Zins- und Währungsrisiko) ergeben (std. Rspr, BGH Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126). Diese Pflichten hat die Beklagte verletzt. Sie hat die Klägerin nicht darüber aufgeklärt, dass es sich bei dem Ladder-Swap um ein synthetisches, von ihr konstruiertes Finanzinstrument und Glücksspiel handelt, dessen Chancen und Risiken derart intransparent sind, dass sie nur mittels anerkannter Risikomodelle beurteilt werden können (aa.). Sie hat es unterlassen, die Klägerin auf ein in das Finanzinstrument von ihr einstrukturiertes erhöhtes Verlustrisiko hinzuweisen (bb.). Zudem wurden die Einflüsse der Volatilität des 3-Monats-EURIBOR in Verbindung mit dem Ladder-Effekt in der Zinsformel nicht dargestellt (cc.). Bezüglich aller Aspekte war die Klägerin aufklärungsbedürftig (dd.).
77 
aa. Risikobeurteilung mit Hilfe von Risikomodellen
78 
Bei Zinsswap-Geschäften handelt es sich in der Regel um sehr komplexe, von der emittierenden Bank frei konstruierte Verträge, in denen verschiedene Optionen, Risiken und Chancen einstrukturiert sind (1). Die Chancen und Risiken sind für den Anleger nicht transparent und durchschaubar (2). Die emittierenden Banken verfügen hingegen über geeignete Risikomodelle und Berechnungsmethoden, um das Risiko festzulegen und darzustellen (3). Der Swap-Vertrag stellt sich so als Glücksspiel dar, das die Parteien mit ungleichen Mitteln spielen (4). Dies führt zu einer Pflicht der Bank, den Kunden auf den Charakter des Vertrages und die Notwendigkeit einer professionellen, auf Risikomodellen beruhenden Risikoabschätzung hinzuweisen (5).
79 
(1) Ein Zinsswap-Geschäft ist ein OTC-Geschäft (over the counter), also ein individuell vereinbartes Geschäft zwischen zwei Vertragsparteien, das nicht über die Börse gehandelt wird. Das Bezugskapital (hier: 5 Mio. Euro) wird nicht bezahlt. Die Parteien tauschen lediglich Zins-Zahlungsströme aus, die jeweils zu den vertraglich vereinbarten Fälligkeitsterminen saldiert werden. Bei dieser Konstruktion kann es über die gesamte Laufzeit des Vertrages nur einen Gewinner geben. Das ist die Partei, die bis zum Vertragsende per Saldo weniger gezahlt hat als sie von der Gegenpartei empfangen hat. Dabei kann es vorkommen, dass anfängliche, für den Anleger positive Salden durch spätere höhere negative Salden übertroffen werden. Am Ende der Laufzeit ist der Gewinn der einen Partei immer identisch mit dem Verlust der anderen Partei (wenn man die Zinsvorteile, die aus den unterschiedlichen Zeitpunkten der periodischen Zahlungen entstehen können, vernachlässigt).
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Der Zinsswap ist ein synthetisches Finanzinstrument, das von der emittierenden Bank unter Einstrukturierung beliebiger Faktoren frei gestaltet werden kann und wird. Er kann in einer einfachen Form in dem Austausch eines Festzinssatzes gegen einen beliebigen Geld- oder Kapitalmarktzinssatz bestehen, wobei zum Ausgleich der verschiedenen Zinshöhen ein Abschlag (strike) auf einen der beiden Zinssätze vereinbart wird. Hierbei handelt es sich um einen Prozentsatz, der bis auf zwei oder drei Dezimalstellen hinter dem Komma festgelegt wird. Ein Swap kann aber auch einen Austausch eines variablen Zinssatzes (z.B. 6-Monats-EURIBOR) gegen einen anderen variablen Zinssatz (z.B. 10-Jahres-Swapsatz) enthalten. Weiter kann für eine Partei ein variabler Zinssatz gewählt werden, der sich nur mittelbar aus anderen Zinskurven ableitet, beispielsweise aus dem Verhältnis (Abstand) zweier Zinssätze zueinander (Spread) oder aus der Häufigkeit (Quote) der Unterschreitung bestimmter Schwellenwerte einer Zinskurve oder gar eines Spreads multipliziert mit einem Zinssatz. Es können Hebel in die Zinsformel einkalkuliert werden, die bei dem Eintritt bestimmter Ereignisse überproportionale Verluste oder Gewinne generieren. Weiter können die Verlustrisiken für eine oder beide Parteien durch Kündigungsrechte mit und ohne Ausgleichszahlungen, Mindest- oder Höchstzinssätze, durch an Vorperioden anknüpfende sich fortschreibende Zinssätze und zahlreiche weitere Strukturelemente beliebig beeinflusst werden. Häufig werden Zinsswapverträge mit einer anfänglichen Prämie bzw. garantierten positiven Salden für einige Zinsperioden zu Gunsten des Kunden strukturiert, um den Vertrag für ihn attraktiv erscheinen zu lassen. Diese können später durch gegenläufige Elemente kompensiert werden. Zudem ist eine nahezu beliebige Kombination der Elemente möglich. Sie münden in eine mehr oder weniger komplizierte Berechnungsformel für den variablen Zinssatz einer Partei.
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(2) Swap-Verträge werden häufig auf der Basis von bestimmten "Zinsmeinungen" angeboten, beispielsweise bezüglich des voraussichtlichen Anstiegs des 3-Monats-EURIBOR oder des wachsenden Abstands (Spread) zwischen einem Geld- und einem Kapitalmarktzinssatz für den bevorstehenden Vertragszeitraum. Die Zinsmeinung mag eine erste Motivation für die Wahl einer bestimmten Konstruktion eines Zinsswaps sein. Als ausschlaggebende oder gar alleinige Entscheidungsgrundlage für den Abschluss eines konkret angebotenen Vertrages ist sie hingegen untauglich, weil sie unzureichend die Auswirkung der einstrukturierten Optionen erfasst und bewertet. Vielleicht mag ein Vertragspartner noch eine "Meinung" über die voraussichtliche Entwicklung der absoluten Höhe eines bestimmten Zinssatzes (z.B. 12-Monats-EURIBOR) in einem überschaubaren Zeitraum haben. Ohne professionelle Hilfsmittel ist jedoch bereits nicht mehr vorstellbar, dass er diese Meinung bezogen auf beispielsweise 20 konkrete Zinsfeststellungstermine über die Dauer von 5 Jahren hat. Hierfür müsste der Vertragspartner u.a. auch die Volatilität des entsprechenden Zinssatzes berücksichtigen, die beispielsweise dazu führen kann, dass der Basiszins an einem Fälligkeitstermin vorübergehend weit überdurchschnittlich hoch ist und für eine Zinsperiode zu einem starken negativen Saldo führt. Je nach dem Stand des Basiszinssatzes zu den einzelnen Fälligkeitsterminen können die Zahlungsströme in unterschiedlicher Höhe positiv oder negativ für den Anleger sein, was den voraussichtlichen Gesamtsaldo, zumal unter Berücksichtigung von Kündigungsoptionen, nicht mehr einschätzbar macht. Noch weniger abschätzbar sind die Chancen eines Zinswaps, wenn die Zinszahlungslast nicht unmittelbar von der Höhe eines Basiszinssatzes abhängt, sondern das Unterschreiten eines definierten Schwellenwertes lediglich ein Ereignis darstellt, das Grundlage für den Faktor bildet, mit dem ein anderer Zinssatz zu multiplizieren ist. Komplexer wird es, wenn dabei nicht auf den Schwellenwert eines Marktzinssatzes (z. B. 3-Monats-EURIBOR), sondern auf den eines Spreads (Differenz zwischen zwei Marktzinssätzen) abgestellt wird. Die Kurve des Spreads (Zinsstrukturkurven) zwischen zwei Geld- oder Kapitalmarktzinssätzen wird nicht durch die absolute Höhe der beiden Zinssätze bestimmt, sondern hängt von den wechselnden Marktbedingungen für lang- und kurzfristige Kredite ab. So kann der Wert des Spreads steigen, obwohl die Kreditzinsen fallen. Um das Risiko eines solchen Vertrages abschätzen zu können, muss der Anleger wissen, auf Grund welcher Faktoren das Verhältnis der beiden Zinssätze, die den Spread bilden, beeinflusst werden kann. Er muss sich, erneut bezogen auf die zahlreichen vertraglichen Zinsfeststellungstermine während der Laufzeit und unter Berücksichtigung der Volatilität der Kurve, hierüber eine Meinung bilden können. Dies ist schlechterdings nicht vorstellbar (so auch OLG Frankfurt, Urt. v. 30.12.2009, 23 U 175/08, S. 17). Aber selbst bei einem verhältnismäßig einfachen Swap, bei dem zum Ausgleich des Unterschieds zwischen einem Festzinssatz und einem 3-Monats-EURIBOR lediglich ein Abschlag vereinbart wird, kommt es auf die präzise Festlegung des Prozentsatzes an. Liegt der vereinbarte Abschlag beispielsweise nur 0,2% über dem durchschnittlichen Abstand beider Zinssätze, entsteht bei einer 5-jährigen Laufzeit und einem Bezugswert von 5 Mio Euro ein Verlust in Höhe von 50.000 Euro. Eine derart präzise Vorhersage kann nicht auf der Basis von Marktkenntnissen und Zinsmeinungen getroffen werden.
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Im konkreten Fall des Ladder-Swaps waren insbesondere folgende Elemente (Optionen, Chancen, Risiken) einstrukturiert:
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- Der Swap begann mit einem "garantierten" positiven Saldo zu Gunsten der Klägerin in Höhe von 1,60% p.a. für die Dauer eines Jahres. Nachdem die Beklagte einräumt, bei dem Ladder-Swap einen Gewinn einkalkuliert zu haben, musste dieser Betrag in der Folgezeit durch negative Salden ausgeglichen und um den kalkulierten Gewinn übertroffen werden.
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- Der Vertragszinssatz der Klägerin knüpfte ab der 5. Zinsperiode an den Zinssatz des 3-Monats-EURIBOR an. Ab diesem Zeitpunkt übernahmen die Parteien das Kursrisiko.
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- Ebenfalls ab der 5. Zinsperiode wurde der Vertragszinssatz der Klägerin auf der Basis des 3-Monats-EURIBOR um den jeweiligen Zinssatz der Vorperiode erhöht. Diese Regelung hat den so genannten Ladder-Effekt zur Folge, nämlich dass sich der Vertragszinssatz von dem Basiszinssatz teilweise lösen kann, sich überproportional verändert und verlangsamt auf Kursschwankungen reagiert.
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- Der aus der Summe von 3-Monats-EURIBOR und Vorperiodenzins errechnete Zinssatz wurde - gegenläufig - um einen Abschlag (strike) in Höhe von 2,80 Prozentpunkten reduziert.
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- Die Höhe des Abschlages stieg jährlich im Rhythmus um 0,5 Prozentpunkte auf zuletzt 4,30%. Die steigende Höhe des Abschlages begünstigte tendenziell die Klägerin, weil sie zu einer Reduzierung des Vertragszinssatzes beitrug und etwaige Steigerungen des 3-Monats-EURIBOR kompensierte. Allerdings ist der Jahresrhythmus der Steigerung relativ lang.
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- Der Swap sah eine vierteljährliche Zinsfeststellung an 20 Terminen vor, wobei die ersten 4 Termine durch die beidseitigen Festzinszahlungen statisch waren. Die Häufigkeit der Zinsfeststellung konnte in Verbindung mit dem Ladder-Effekt einen Einfluss auf die Entwicklung des Vertragszinses haben. Die Häufigkeit unterscheidet sich von der Häufigkeit, mit der der Abschlag (s.o.) erhöht wurde.
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- Der von der Klägerin zu zahlende Vertragszinssatz konnte nicht kleiner als 0% werden. Dadurch war die Veränderung des 3-Monats-EURIBOR zum Nachteil der Beklagten (Sinken des Zinssatzes) gedeckelt, während die Veränderung zum Vorteil der Beklagten (Steigen des Zinssatzes) nach oben unbegrenzt war.
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- Die Beklagte hatte ein Kündigungsrecht ohne Ausgleichszahlung jeweils zu zwei halbjährlichen Terminen. Dies ermöglichte ihr, einen ungünstig verlaufenden Vertrag und damit weitere Verluste zu begrenzen. Ebenfalls konnte sie sich dadurch vorzeitig etwaig erzielte Gewinne sichern und der Klägerin die Möglichkeit der Kompensation von Verlusten in späteren Zinsperioden nehmen.
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- Nach dem unstreitigen Vorbringen der Parteien bestand ein beidseitiges Kündigungsrecht mit Ausgleichszahlung ab dem 18. Juni 2008, dass jährlich ausgeübt werden konnte. Zwar lässt sich nach der Auffassung des Senats der Vertrag auch so auslegen, dass lediglich die Beklagte ein Kündigungsrecht durch Ausgleichszahlung hatte. Hierauf kommt es aber nicht an. Durch das Kündigungsrecht hatten beide Parteien zusätzlich die Möglichkeit, den Vertrag zum dann jeweils bestehenden Marktpreis abzulösen, wodurch erneut die Möglichkeit bestand, vorzeitig Gewinne mitzunehmen oder Verluste zu begrenzen. Die zeitlich eingeschränkten Kündigungsmöglichkeiten führten bei den Parteien zum sog. Stillhalterrisiko.
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Durch die verschiedenen frei einstrukturierbaren Elemente sowie die von der Bank erfolgten Festlegungen für Schwellenwert oder Höhe und Steigerung von Abschlägen entstand für den Zinsswap eine Risikostruktur, die mit einfachen Hilfsmitteln wie historischen Daten und einer auf Kenntnis der volkswirtschaftlichen Faktoren und Zusammenhänge beruhenden Abschätzung der zukünftigen Entwicklungen, schon gar über die mehrjährige Laufzeit des gesamten Swap-Vertrages, nicht mehr erfassbar war. Das Risiko des Ladder-Swaps konnte daher nur noch anhand von komplexen Berechnungsverfahren und Bewertungsmethoden ermittelt werden.
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(3) Die emittierende Bank verfügt über finanzmathematisch ausgebildetes Personal und hoch entwickelte Risikomodelle und Bewertungsmethoden. Sie ist zu deren Anwendung sowohl zum Zwecke des Risikomanagements (§ 25a KWG, vgl. Braun in Boos/Fischer/Schulte-Mattler (B/F/S), KWG, 3. Aufl., § 25a KWG, Rn. 53ff, 74ff.) als auch bilanzrechtlich verpflichtet (vgl. § 285 Nr. 18, 19 HGB a.F., § 255 Abs. 4 HGB n.F., § 340e Abs. 3 HGB, § 13 KWG, §§ 17, 21 Nr. 1, 312ff. SolvV). Für interne Risikomodelle der Banken legt § 316 SolvV fest, welche Risikofaktoren mindestens berücksichtigt werden müssen, um die Genehmigung der BAFIN zu erhalten. Auch wenn diese Vorschrift zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht in Kraft war, veranschaulicht sie die im Zusammenhang mit einem Swap-Vertrag zu beachtenden Risiken. § 316 Abs. 3 SolvV regelt beispielsweise ausdrücklich die Erfassung von Zinsstrukturrisiken, wie sie bei der Einarbeitung eines Spreads in die Zinsformel eines Swaps bestehen, und schreibt die Bildung von mindestens sechs Zinsrisikozonen vor, um so der Volatilität Rechnung zu tragen (vgl. B/F/S-Gaumert, a.a.O. § 316 SolvV Rn. 10).
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Der informierte Vertreter der Beklagten, ein Diplommathematiker, bestätigte bei seiner Anhörung vor dem Senat im Wesentlichen die Ausführungen der Klägerin zur Konstruktion der Swaps. Er erläuterte, dass ausgehend von einer Marktidee oder Impulsen aus anderen Bankabteilungen oder von Händlern die Produkte entwickelt werden. Dabei könne es von Vorteil sein, einen Swap so zu konstruieren, dass man dem Kunden Zinsgrenzen demonstrieren könne oder eine anfängliche Verbilligung, was für den Kunden attraktiv sei. Zur Kalkulation des Swaps verwendet die Beklagte ein Standardmodell, nämlich das von Heath-Jarrow-Morton. Bei dem Wahrscheinlichkeitsmodell werden insbesondere die aktuelle Zinsstrukturkurve, Volatilitätswerte und Korrelationen berücksichtigt. Mit diesem Modell kann zu jedem Zeitpunkt der Marktpreis des Vertrages errechnet werden. Der informierte Vertreter der Beklagten bestätigte den Klägervortrag, dass der Marktpreis der saldierte Wert der beiden vertraglichen Zahlungsströme sei, die mithilfe des Standardmodells berechnet worden seien. Seien die Chancen beider Seiten gleich, betrage der Marktpreis 0 Euro (fairer Marktpreis). Da die Bank aber mit dem Vertrag einen Gewinn erzielen wolle, würden die Elemente des Swaps so verändert werden, dass nach den Wahrscheinlichkeitsmodellen der Zahlungsstrom des Kunden um den kalkulierten Gewinn der Bank höher sei. Dies führe zu einem negativen Marktwert. Der Justiziar der Beklagten erklärte, dass eine Gewinnmarge von 3 % bis 5 % vom Basiswert üblicherweise einkalkuliert werde.
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Die Fähigkeit der präzisen Konstruktion und Steuerung der Swap-Verträge erschließt sich auch aus einem Vergleich der im Strategiepapier vom 3. Februar 2005 angebotenen Bedingungen mit denen im schriftlichen Vertrag vom 18./23.03.2005. Ursprünglich hatte die Beklagte einen eigenen Festzinssatz von 3,50% angeboten und bezüglich der Zahlungsverpflichtung der Klägerin einen Abschlag in Höhe von anfänglich 2,85%. Vereinbart wurden schließlich ein um 0,10 Prozentpunkte höherer Festzinssatz der Beklagten von 3,60% und ein um 0,05 Prozentpunkte niedrigerer Abschlag von anfänglichen 2,80 %.
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Die auf der Grundlage von Risikomodellen beruhende Konstruktion, seine Chancenverteilung und seine Marktbewertung sind für den Swap-Vertrag daher charakteristisch und prägend.
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(4) Im Kern ist der angebotene Ladder-Swap eine Art Glücksspiel (so auch OLG Frankfurt, Urt. v. 30.12.2009, 23 U 175/08, S. 17). Er ist dadurch geprägt, dass beide Seiten ein Risiko übernehmen und das Pflichtenprogramm bzw. die Zahlungen der Parteien vom Zufall oder der subjektiven Ungewissheit der Parteien über bestimmte Ereignisse abhängen (vgl. zur Definition des Glückspiels: Münchener Kommentar-Habersack, BGB, 5. Aufl., § 762, Rn. 4). Die Frage, ob ein Glückspiel i.S.v. § 762 BGB nur dann vorliegt, wenn kein ernsthafter sittlicher oder wirtschaftlicher Zweck dahinter steht (vgl. BGH Urt. v. 29.09.1977, III ZR 164/75, NJW 1977, 2357f.), kann hier dahingestellt bleiben, da es nicht um die Verbindlichkeit der vertraglichen Zahlungsverpflichtungen geht, sondern um die Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten im Vorfeld.
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Bei einem Glücksspiel hängen typischerweise Gewinn und Verlust von entgegengesetzten Bedingungen ab (Staudinger-Engel (2008), § 762 BGB Rn. 3). Im vorliegenden Fall sind diese Bedingungen auf Grund der Optionsstruktur mit Ladder-Effekt, steigendem Abschlag, Mindestzinssatz, Volatilität und Kündigungsrechten, die zu vorzeitigen Ausstiegsszenarien führen können, ausgesprochen komplex. Im Wesentlichen ging es jedoch darum, welche Werte der 3-Monats-EURIBOR an den 16 Feststellungstagen haben würde, die für die Berechnung des Vertragszinssatzes der Klägerin von Bedeutung waren. Dabei spielte die Bank gegen den Kunden, denn sie wollte, wie sie einräumt, einen Gewinn erzielen, der zwangsläufig den Verlust des Gegners ausmacht.
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Allerdings wird dieses Spiel mit ungleich verteilten Mitteln gespielt. Die Bank hat das Spiel (den Swap) entworfen und die Spielregeln (z.B. Zinsformel, Optionsstruktur, Kündigungsrechte) selbst festgelegt. Dabei kann sie die Gewinnwahrscheinlichkeiten mit ihren anerkannten auf Wahrscheinlichkeitsmodellen beruhenden Bewertungsmethoden präzise berechnen. Der Kunde als Gegenspieler muss hingegen das Spiel ohne Bewertungsmodelle antreten und kennt die Gewinnwahrscheinlichkeiten nicht. Er gewinnt das Spiel, wenn seine "Zinsmeinung" z.B. von einem "nicht steilen Anstieg" des 3-Monats-EURIBOR besser ist als das von der Bank verwendete Wahrscheinlichkeitsmodell. Es ist ein Spiel "Zinsmeinung des Kunden gegen EDV-gestützte Wahrscheinlichkeitsberechnung der Bank".
100 
(5) An diesem Risikomodell-geprägten Glücksspiel-Charakter des Swap-Vertrages haben sich die Aufklärungspflichten der beklagten Bank zu orientieren. Es liegt eine deutliche Informationsasymmetrie vor, die zu einer Angewiesenheit des Anlegers auf die Bank führt (Clouth in E/S/C/L, a.a.O., Rn. 962). Dieses für die Bank offenkundige Informationsdefizit muss sie durch die Vermittlung aller Informationen ausgleichen, um den Anleger in die Lage zu versetzen, eine informierte Entscheidung über den Abschluss oder Nichtabschluss des Geschäfts zu treffen (Clouth, a.a.O., Rn. 970). Dies erwartet der Anleger auch, der seiner beratenden Bank erkennbar ein großes Vertrauen entgegenbringt.
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Wenn die Bank ihre Aufklärungspflicht über ein Swap-Vertrag erfüllen will, muss sie daher den Anleger darauf hinweisen, dass sie das angebotene synthetische Finanzinstrument unter Einstrukturierung verschiedener Elemente und unter der Verwendung von Risikomodellen modelliert hat und dass dementsprechend auch die mit dem Produkt verbundenen, für den Anleger nicht transparenten Risiken ausschließlich anhand von professionellen Risikomodellen abschätzbar sind. Insbesondere muss sie einen möglichen, sich aufdrängenden Irrtum des Anlegers verhindern, er könne allein auf Grund der Kenntnis von allgemeinen volkswirtschaftlichen Daten, der Konjunkturlage und seiner Meinung von der Entwicklung des Kapitalmarkts sich ein zuverlässiges Bild über das mit dem Swapvertrag verbundene Risiko machen. Vielmehr muss der Anleger auf Grund der Beratung erkennen, dass der Swap-Vertrag ein Glücksspiel ist, das nach den Regeln der Risikomodelle gespielt und bewertet wird. Ihm muss klar sein, dass er mit seiner unscharfen "Zinsmeinung" bezüglich der allgemeinen Marktentwicklung gegen die auf Risikomodelle gestützte Erwartung der Bank antritt und dass ein solches Verhalten - wie hier eines GmbH-Geschäftführers - vor dem Hintergrund des hochspekulativen Glücksspiel-Charakters der Zinsswap-Verträge und des theoretisch unbegrenzten Verlustrisikos wohl kaum mit der Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar ist, vgl. § 43 Abs. 1 GmbHG.
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Diese Pflicht hat die Beklagte verletzt. Sie hat mit ihrem Strategiepapier und den Präsentationsfolien den grob vereinfachenden und irreführenden Eindruck erweckt, zur Beurteilung der Erfolgsaussichten des Ladder-Swaps komme es allein auf die Markterwartung von einem "nicht steilen" Anstieg des 3-Monats-EURIBOR an. Präzise Angaben über die Erfolgsfaktoren, die der Präzision ihrer Bewertungsmodelle entsprechen, hat sie nicht gemacht. Es wird noch nicht einmal klar, ab welchem Maß der Anstieg als steil oder nicht steil anzusehen ist. Den Umstand, dass sich die Risiken eines nach Risikomodellen konstruierten Swaps nur mit eben solchen Modellen seriös abschätzen lassen, hat sie verschwiegen. Der Glücksspiel-Charakter des Geschäfts wurde durch die nur scheinbar bestehende, aber von der Beklagten missverständlich in den Vordergrund gestellte Grundgeschäftsbezogenheit ("Optimierung" der Zinszahlungen auf Geschäftskredite) verschleiert.
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Diese Aufklärungspflicht gilt unabhängig von der Frage, ob die Gewinn-Chancen fair verteilt waren oder der Vertrag einen negativen Marktwert hatte. Denn bereits bei der Aufklärung über den Risikomodell-geprägten Charakter des Vertrages wird einem Anleger bewusst, dass er mit Blick auf die Optionsstruktur des Vertrages eine Reihe von Zinsmeinungen bezüglich der einzelnen Zinstermine und ihre Korrelation zu anderen Optionen und Strukturelementen entwickeln und Alternativszenarien bedenken und auch berechnen muss. Ihm wären dann auch der Glückspielcharakter und die Ungeeignetheit seiner Zinsmeinung als Beurteilungsgrundlage klar geworden.
104 
bb. Einstrukturierte Verlustrisiken (negativer Marktwert)
105 
Die Beklagte hat zudem fehlerhaft nicht über die Strukturierung des Vertrages zum Nachteil ihres Kunden aufgeklärt. Wenn eine Bank einen Ladder-Swap zur "Zinsoptimierung" anbietet, weckt sie beim Kunden die berechtigte Erwartung, dass die Erfolgswahrscheinlichkeit des Vertrages höher ist als die Wahrscheinlichkeit des Misserfolges. Bestenfalls wird er ein ausgewogenes Chancen-Risikoverhältnis erwarten, das einem Marktwert von 0 Euro entspricht. Wenn die Bank den Vertrag jedoch wegen der eigenen Gewinnerzielungsabsicht so strukturiert, dass die Verlustwahrscheinlichkeit des Kunden höher ist als die Gewinnwahrscheinlichkeit, dann ist diese Risikostruktur wegen des Risikomodell-geprägten Charakters des Vertrages und des Widerspruchs zu der bewusst beim Kunden erzeugten Erwartung aufklärungspflichtig.
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Daran ändert nichts, dass die Beklagte wie alle Banken Gewinne erzielen möchte und der Geschäftsverkehr auch nichts anderes erwartet. In erster Linie darf der Geschäftsverkehr von seinem Berater erwarten, dass er seine Pflicht zur vollständigen und richtigen Aufklärung über sämtliche wesentlichen Eigenschaften des Anlageobjekts erfüllt. Hierzu gehört sicher die Information, dass der Markt auf der Grundlage von Risikomodellen dem Vertrag überwiegende Verlustrisiken beimisst und ihm daher einen objektiv feststellbaren negativen Marktwert beimisst (a.A. OLG Celle, Urt. v. 30.09.2009, 3 U 45/09, OLG Frankfurt, Urt. v. 29.07.2009, 23 U 76/08, OLG Düsseldorf Urt. v. 29.06.2009, 9 U 187/08).
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Irrtümlich ist das Landgericht in diesem Zusammenhang und unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des LG Wuppertal (Urt. v. 16.07.2008, 3 O 33/08 zit.n.juris) davon ausgegangen, der negative Marktwert ergebe sich daraus, dass man aus längerfristigen verpflichtenden Verträgen nicht ohne weiteres aussteigen könne. In diesem Sinne haben anscheinend auch das OLG Celle und das OLG Frankfurt (jeweils a.a.O.) den negativen Marktwert verstanden. Sie haben in ihm eine Art Vorfälligkeitsentschädigung gesehen. Das OLG Celle ist zudem davon ausgegangen, dass andere Marktteilnehmer den Wert bestimmen. Das OLG Frankfurt hat lediglich vermutet, dass der Bank auch der negative Marktwert bei Vertragsschluss bekannt gewesen sei. Diesen Irrtum hat die Beklagte wiederholt genährt, indem sie sich auch in diesem Verfahren - wider besseres Wissen - ausdrücklich auf die Entscheidung des LG Wuppertal berief. Demgegenüber haben die Beklagte selbst, bzw. ihr informierter Vertreter, bei der Anhörung vor dem Senat angegeben, dass der Marktwert allein anhand der Bewertungsmethoden (hier Heath-Jarrow-Morton) ermittelt wird und den wahrscheinlichen Wert der auszutauschenden Zahlungsströme wiederspiegelt. Es handelt sich um eine objektiv ermittelbare Größe, die bereits zum Abschluss des Vertrages feststeht. Sie ermöglicht die jederzeitige Ablösung des Vertrages nach objektiven Kriterien, was nach den Angaben der Beklagten auch Usance sei, unabhängig von den vertraglich vereinbarten Kündigungsrechten.
108 
Es geht beim negativen Marktwert nicht um eine einstrukturierte Gewinnmarge, die die Bank nicht offen legen möchte. Der negative Marktwert ist eine objektive Größe, die in der realen Geschäftswelt eine wesentliche Bedeutung für das Risikomanagement und für das Rechnungswesen darstellt. Der objektiv ermittelbare und der Bank von Anfang an bekannte negative Marktwert hat bereits bei Vertragsschluss für den bilanzpflichtigen Kunden eine Bedeutung. Er stellt nämlich den gem. § 255 Abs. 4 HGB n.F. (früher § 285 Nr. 18, 19 HGB) zu berücksichtigenden beizulegenden Zeitwert dar. Ein schützenswertes betriebliches Geheimnis der Beklagten über die Höhe ihrer Gewinnmarge ist damit überhaupt nicht verbunden. Im Übrigen ist aus dem Marktwert nicht die volle Gewinnmarge ablesbar, weil die Beklagte zusätzlich Kosten der Verwaltung und Risikoabsicherung einkalkuliert hat.
109 
Der negative Marktwert ist, weil er auf den Risikomodellen beruht, ein Indikator für die "unfaire" Verteilung der Chancen und Risiken zu Lasten der Partei, die die höheren Verlustwahrscheinlichkeiten übernimmt. Ein "fairer" Swap hat den Marktwert von 0 Euro. Einen solchen würde die Bank aber nicht anbieten, da sie mit ihren Geschäften Geld verdienen möchte.
110 
Die aus dem Beratungsvertrag resultierende Pflicht zur objektgerechten und anlegergerechten Beratung wird nicht dadurch ausgehebelt, dass die Bank ein eigenes Produkt anstelle des Finanzinstruments eines Dritten anbietet. Bei dem Produkt eines Dritten würde man selbstverständlich erwarten, dass die Bank über die negativen Erfolgsaussichten aufklärt. Die Bank ist und bleibt auf Grund ihrer vertraglichen Verpflichtung zunächst einmal Beraterin. Als solche war sie gem. § 31 Abs. 1 Nr. 1 WpHG a.F. verpflichtet, ihre Beratungsleistungen mit Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit im Interesse ihrer Kunden zu erbringen. Gem. § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a.F. war sie zur Vermeidung von Interessenkonflikten verpflichtet. Diese gesetzlichen und selbstverständlichen vertraglichen Verpflichtungen wurden nicht stillschweigend abbedungen. Das trägt die Beklagte auch nicht vor.
111 
Die Beratereigenschaft der Banken ist mit einem großen Vertrauen verbunden, das diese nicht als Einfallstor für eigennützige Geschäfte missbrauchen dürfen, um sich anschließend mit dem Hinweis auf die Erkennbarkeit oder Offensichtlichkeit ihrer Eigeninteressen der gesetzlichen Sorgfalts- und Interessenwahrungspflichten zu entledigen. Im Gegenteil sind Interessenkonflikte zu vermeiden und unvermeidbare Interessenkonflikte unter Wahrung der Kundeninteressen aufzulösen (Koller in: Assmann/Schneider, WpHG, 4. Aufl., § 31 Rn. 32).
112 
Der Interessenkonflikt, der durch die Ausführung von Eigengeschäften mit dem beratenen Kunden entsteht, lässt sich am einfachsten durch Unterlassen der Durchführung des Geschäfts vermeiden (Koller, a.a.O., Rn. 41). Wenn die Bank das Unterlassen für unzumutbar hält, ist sie in einem besonderen Maße an die Einhaltung ihrer Sorgfaltspflichten gebunden und hat sämtliche zweckdienlichen Informationen zu erteilen, die den dadurch in die Gefahr eines Nachteils geratenen Kunden in die Lage versetzt, das Eigeninteresse der Bank abzuschätzen. In keinem Fall darf die Empfehlung den Interessen des Kunden widersprechen (Koller, a.a.O., Rn. 77). Die Bank ist mindestens im gleichen Maße zur Mitteilung von Tatsachen und Abgabe von Empfehlungen verpflichtet, wie bei der Empfehlung eines Geschäfts mit einem Dritten.
113 
Gerät die Beklagte durch ein angebotenes Eigengeschäft in einen unausweichlichen Interessenskonflikt, weil wie beim Swap-Vertrag der Gewinn der einen Seite der Verlust der anderen Seite ist, muss sie sich entscheiden. Sie darf nicht im Gewande der vertrauenerweckenden Beraterin dem Anleger eine ihn mit Wahrscheinlichkeit benachteiligende Empfehlung abgeben, wie es der negative Marktwert indiziert, und dabei wesentliche Informationen verschweigen.
114 
Im Übrigen hält der Senat die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 22.11.2005 (XI ZR 76/05), die bezüglich Terminsoptionsgeschäften ergangen ist, für auf Fälle der vorliegenden Art übertragbar. Auch hier kann der Kunde nicht erkennen, dass sein Berater, der zugleich sein zukünftiger Vertragspartner ist, in den Vertrag eine eigene Gewinnmarge einkalkuliert hat, die den Vertrag dadurch - nach Einschätzung des auf Risikomodelle abstellenden Marktes - in einen "unfairen" Vertrag umwandelt. Andere Marktteilnehmer würde diesen Vertrag nur gegen Erhalt einer Prämie in Höhe des negativen Marktwertes übernehmen.
115 
cc. Volatilität des 3-Monats-EURIBOR und Ladder-Effekt
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Die Beklagte hat nicht über das Risiko der Volatilität des 3-Monats-EURIBOR in Verbindung mit dem Ladder-Effekt aufgeklärt.
117 
(1) Ein Berater hat seinen Kunden vollständig, richtig und unmissverständlich auf die wesentlichen Risiken einer Kapitalanlage hinzuweisen. Hierzu gehört auch das Risiko der Volatilität des Marktes. Diese Pflichten ergeben sich bereits unmittelbar aus dem nach Treu und Glauben auszulegenden Beratungsvertrag. Zur Konkretisierung bzw. als Mindeststandard werden bei Wertpapierdienstleistungen bzw. Wertpapiernebendienstleistungen im Bereich des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) die hierzu ergangenen Richtlinien des früheren BAWe (insbesondere die sog. Wohlverhaltensrichtlinien vom 26.05.1997 und 23.08.2001) bzw. jetzt die Verhaltens- und Organisationsverordnung des Bundesministeriums der Finanzen (WpDVerOV vom 20.07.2007) herangezogen (vgl. nur E/S/C/L-Braun/Lang/Loy Rn. 205 m.w.N., bezüglich der Festlegung als Mindeststandards: OLG Frankfurt, Urt. v. 17.06.2009, 23 U 34/08; noch offen gelassen BGH Urt. v. 08.05.2001, XI ZR 192/00, zit.n.juris).
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(2) Ein besonderes Risiko lag in dem Ladder-Effekt in Verbindung mit der Volatilität des 3-Monats-EURIBOR. Dieses Risiko veranschaulicht bereits die grafische Darstellung des tatsächlichen Verlaufes der Zahlungspflichten der Parteien auf der Grundlage der im Internet verfügbaren Daten des 3-Monats-EURIBOR ( www.euribor.org ).
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Die Gerade in der Grafik stellt den Zinssatz der Zahlungsverpflichtungen der Bank dar (immer konstant 3,6%). Die zackig ansteigende Kurve zeigt den Zinssatz der Zahlungsverpflichtungen der Klägerin. Die dritte Kurve bildet den Verlauf des 3-Monats-EURIBOR ab. Solange die Kurve der Klägerin unterhalb derjenigen der Bank lag, hatte die Klägerin einen Gewinn. Die Zahlungskurve der Klägerin veranschaulicht eindrucksvoll die Auswirkung des Ladder-Effektes (stufenförmiger Verlauf). Dieser führte zu einer gewissen Entkoppelung des Vertragszinses von dem 3-Monats-EURIBOR und ließ die Zahlungskurve stärker steigen als den Basiszinssatz. Der Vertragszinssatz stieg sogar durch den Ladder-Effekt noch weiter, obwohl der Basiszinssatz sank, und folgte diesem erst nach einem steilen Abfall mit Verzögerung. In dem obigen Beispiel - die Grafik dient ausschließlich der realitätsnahen Veranschaulichung und ist nicht Teil der gerichtlichen Feststellungen – ist der 3-Monats-EURIBOR über die dargestellte Vertragslaufzeit sogar leicht von 2,136% auf 1,811% gesunken.
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(3) Die Beklagte hat nicht auf das mit dem Ladder-Effekt verbundene Risiko hingewiesen. Insbesondere geht dies nicht aus ihrem Strategiepapier oder ihren Präsentationsunterlagen hervor. Im Gegenteil hat sie - irreführend - als Entscheidungsgrundlage und Erfolgskriterium für den Vertrag einzig auf einen "nicht steilen Anstieg" des 3-Monats-EURIBOR abgestellt. Hierbei hat sie es nicht nur unterlassen klarzustellen, was unter diesem Begriff vor dem Hintergrund der Volatilität der Kurve zu verstehen ist. Das Kriterium des nicht steilen Anstiegs des 3-Monats-EURIBOR war bereits für sich genommen als Entscheidungsgrundlage ungeeignet.
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(a) Die Beklagte hat es pflichtwidrig unterlassen, die Klägerin darüber aufzuklären, was unter einem "nicht steilen Anstieg" des 3-Monats-EURIBOR als Erfolgskriterium für den Vertrag zu verstehen ist. Bei dem komplex strukturierten Vertrag konnte bereits ein Zehntel Prozentpunkt bei der Festlegung des Festzinssatzes der Beklagten oder der Höhe des Abschlags über Erfolg und Misserfolg entscheiden. Demgegenüber können die Vorstellungen, was unter einem steilen Anstieg zu verstehen ist, um Prozentpunkte auseinanderliegen.
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In der Mathematik kann die Steigung oder Steilheit einer Kurve für jede beliebige Teilstrecke und gar für jeden beliebigen Punkt der Kurve errechnet werden. Nur bei einer Geraden ist die Steigung an allen Punkten identisch. Bei einer volatil verlaufenden Kurve variiert hingegen die Steigung und nimmt während des Verlaufs unterschiedliche Werte an. Sie kann flach oder stark ansteigen, über eine längere oder kürzere Strecke diese Steigung beibehalten oder verändern und auch wieder im gleichen Maße fallen. Schließlich lässt sich die Steigung zwischen Anfangs- und Endpunkt errechnen. Diese ist in der Regel nicht identisch einer Maximalsteigung auf einer Teilstrecke.
123 
Die Beklagte hat mit der Formulierung
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"Sie rechnen in den nächsten Jahren nicht mit einem steilen Anstieg des 3-Monats-EURIBOR"
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den Eindruck erweckt, es komme auf die durchschnittliche Steigung des 3-Monats-EURIBOR zwischen Anfangstermin und Endtermin oder jedenfalls mehrjährig auseinanderliegenden Terminen an. Dies folgt aus der Formulierung "in den nächsten Jahren". Diesen Eindruck hat sie dadurch verstärkt, dass sie in ihren Beispielsszenarien ausschließlich lineare Verläufe des 3-Monats-EURIBOR modelliert hat.
126 
Bei dieser Betrachtung hätte die Beklagte die Aussage treffen können, dass (auf der Grundlage der in der Präsentationsfolie enthaltenen Vertragsdaten) der Basiszinssatz vierteljährlich nicht um mehr als ca. 0,146 Prozentpunkte (bzw. insgesamt 2,774 Prozentpunkten) steigen darf, um noch in der Gewinnzone zu bleiben. Dies ergibt sich aus einer Berechnung der Zinsformel mit Hilfe eines Tabellenkalkulationsprogramms, wie es auch die Beklagte verwendet hat. Die Beklagte hätte weiter darstellen können, dass ein um ein Hundertstel Prozentpunkt höherer Anstieg von 0,156 Prozentpunkten pro Vierteljahr (= insgesamt 2,964 Prozentpunkte) bereits einen Verlust von über 300.000 Euro generieren würde. Warum ein Anstieg von vierteljährlich 0,1 4 6 Prozentpunkten bzw. insgesamt 2,774 Prozentpunkten innerhalb von 5 Jahren nicht steil sein soll und ein vierteljährlicher Anstieg von 0,1 5 6 Prozentpunkten bzw. insgesamt 2,964 Prozentpunkten steil, erschließt sich nicht. Das Kriterium der Steilheit ist in der von der Beklagten verwendeten Unschärfe absolut untauglich.
127 
(b) Unklar bleibt zusätzlich, wie sich zwischenzeitliche steile Anstiege auf den Erfolg des Vertrages auswirken. Bereits die oben dargestellte Grafik des Verlaufs des Vertrages enthält, bezogen auf die Werte des Anfangstermins (März 2005) und Endtermins (März 2009), ein (geringes?) Gefälle des 3-Monats-EURIBOR von 2,136% auf 1,811% und hat dennoch einen Verlust generiert. Die Volatilität des 3-Monats-EURIBOR bringt es mit sich, dass sich der Zinssatz kurzfristig verändern kann und zu unterschiedlichen Zeitpunkten einen steilen Anstieg aufweisen kann. Dies veranschaulichen zwei Beispielsgrafiken in Abwandlung des Beispielsszenarios 2 der Beklagten in der Präsentationsfolie (Anlage K3).
128 
Simuliert man anstelle eines linearen Anstiegs um halbjährlich 0,25 Prozentpunkte auf zuletzt 4,390% einen früheren (steilen?) Anstieg des 3-Monats-EURIBOR auf 4,390% mit einem anschließenden (flachen) Absinken auf den Ausgangswert 2,140% zurück, erreicht der 3-Monats-EURIBOR einen gegenüber dem Beispiel der Bank niedrigeren Durchschnittssatz von 3,246% und über die gesamte Laufzeit keine Steigung . Anhand der grafischen Darstellung erkennt man dennoch einen stark negativen Verlauf der Zinszahlungspflicht der Klägerin:
129 
Bei dieser Konstellation hätte die Klägerin einen Verlust in Höhe von 991.631,13 Euro erlitten (Differenz zum Beispielsszenario 2 der Beklagten: 1.947.531,13 Euro). Dieses Phänomen liegt an dem Ladder-Effekt der an dem Vorperiodenzinssatz anknüpft und nicht durch den einkalkulierten Abschlag kompensiert wird. In diesem Beispiel löste die Wende der Zahlungskurve im März 2008 erst die weitere Erhöhung des Abschlags auf 3,80% aus.
130 
Dennoch lässt sich nicht aus dem Beispiel folgern, dass jeder steile Anstieg des 3-Monats-EURIBOR während der Laufzeit zu einem Verlust der Klägerin geführt hätte. Simuliert man nämlich einen zunächst flachen und erst später steilen Anstieg, ergibt sich folgendes Bild über die wechselseitigen Zahlungsverpflichtungen:
131 
Bei diesem Beispiel hatte der Basiszinssatz während der Laufzeit einen starken Anstieg um 6,490 Prozentpunkte und - im Vergleich zum Beispielszenario der Beklagten - höheren Durchschnittszinssatz von 3,423%. Dennoch hätte die Klägerin bei diesem Szenario trotz des insgesamt und punktuell steilen Anstiegs einen Gewinn von 964.975,00 Euro erzielen können. Die Grafik veranschaulicht zudem die ungleiche Verteilung des Risikos des Ladder-Effekts durch die Begrenzung des Vertragszinssatzes der Klägerin nach unten auf 0%. Dadurch konnte sich der Vertragszins nicht im gleichen Maße für die Klägerin günstig entwickeln, wie er sich bei einem gegenteiligen Szenario ungünstig hätte entwickeln können.
132 
Aus dem Vorstehenden folgt, dass angesichts des volatilen 3-Monats-EURIBOR in Verbindung mit dem Ladder-Effekt das Kriterium des "nicht steilen Anstiegs" ungeeignet für die Abschätzung der Erfolgsaussichten war. Dabei entlastet es die Beklagte nicht, dass die Klägerin selbst unter Zuhilfenahme eines Tabellenkalkulationsprogramms diese Szenarien hätte simulieren können. Die Beklagte war als Beraterin verpflichtet, der Klägerin zutreffende und vollständige Informationen zu erteilen und musste damit rechnen, dass sich der Kunde darauf verlässt.
133 
dd. Aufklärungsbedürftigkeit der Klägerin
134 
Die Klägerin war bezüglich sämtlicher Punkte aufklärungsbedürftig.
135 
(1) Zwar mag die Klägerin als mittelständisches Unternehmen eine Größe haben, die zu einer Einstufung als professionelle Kundin i.S.v. § 31a Abs. 2 S. 2 Nr. 2 WpHG n.F. führen würde. Dieses von der Beklagten vorgetragene Argument vermag eine Abweisung der Klage nicht zu begründen. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses galt § 31a WpHG noch nicht. Zudem schreibt § 31a Abs. 6 S. 2 WpHG vor, dass das Wertpapierdienstleistungsunternehmen den Kunden am Beginn der Geschäftsbeziehung darauf hinweisen muss, dass sie ihn als professionellen Kunden behandelt und er die Möglichkeit hat, eine Einstufung als Privatkunde zu vereinbaren. Diese Pflicht soll eine ansonsten bestehende Unklarheit über die vom Wertpapierdienstleistungsunternehmen anzuwendenden Verhaltenspflichten vermeiden (Clouth-Seyfried in E/S/C/L, a.a.O, Rn. 74). Die Einstufung in Kundenkategorien ist im Zusammenhang mit der parallel zur Vorschrift erlassenen WPDVerOV (s.o. II.2.b.cc (1)) zu sehen. Sie befreit das Wertpapierdienstleistungsunternehmen aber nicht vollständig von seinen Aufklärungspflichten. So ist zwar § 4 WPDVerOV von seinem aufsichtsrechtlich verpflichtenden Anwendungsbereich auf Privatkunden beschränkt. Die in § 5 WPDVerOV enthaltene Pflicht zur Information des Kunden über Risiken und Kosten gilt hingegen für alle Kundenkategorien.
136 
(2) Auch der Umstand, dass für die Klägerin Betriebswirte als Mitarbeiter tätig waren, die mit der Betreuung ihrer Kredite und liquiden Mittel beauftragt waren, lässt keinen Rückschluss zu, dass diese den erforderlichen Wissensstand über die komplexe Risikostruktur des Ladder Swaps besaßen. Welchen konkreten Wissensstand die Mitarbeiter in Bezug auf die Risikostrukturierung von Swap-Verträgen hatten, legt die Beklagte nicht dar. Allein auf der Grundlage einer allgemeinen betriebswirtschaftlichen Ausbildung kann kein finanzmathematisches Spezialwissen erwartet werden. Auch folgt dieses nicht aus der beruflichen Befassung mit den Finanzen eines Unternehmens (vgl. zur vorsichtigen Bewertung von beruflichen Tätigkeiten und Unternehmenseigenschaft: Braun/Lang/Loy in: E/S/C/L, a.a.O., Rn. 263). Für die Beklagte ersichtlich verfügte die Klägerin auch nicht über die erforderlichen Mittel zur Risikoabschätzung, insbesondere die hierfür erforderlichen Rechenmodelle. Dass ein Kunde, wie die Beklagte es dargestellt hat, mit dem angebotenen Zinsswap zu einer anderen Bank gehen und sich von dort ein Konkurrenzangebot einholen kann, lässt die im Verhältnis der Parteien auf Grund des Beratungsvertrages bestehende Aufklärungsbedürftigkeit nicht entfallen. In erster Linie ist die beratende Bank, die zugleich bewusst ein erhebliches Vertrauen ihres Kunden in Anspruch nimmt, zur umfassenden und wahrheitsgemäßen Aufklärung verpflichtet.
137 
(3) Aus diesem Grund lässt sich aus den bereits früher mit der Beklagten geschlossenen Swap-Verträgen nicht auf eine ausreichende Kenntnis der Klägerin über die damit verbundenen Risiken schließen. Dies könnte bezüglich der allgemeinen Risiken von Swap-Verträgen allenfalls dann der Fall sein, wenn die Beklagte die Klägerin bei Abschluss der früheren Verträge aufgeklärt hätte. Das hat sie nicht behauptet. Es ist daher davon auszugehen, dass die Mitarbeiter der Klägerin das in den Swap-Verträgen liegende Risikopotential auch früher nicht richtig erfasst haben. Ihre Erfahrung aus den Swap-Verträgen beschränkt sich daher darauf, dass diese günstig oder ungünstig verlaufen und vorzeitig aufgelöst werden können. Bezüglich der konkret im Ladder-Swap einstrukturierten und nur professionell zu erfassenden Risiken wären die früheren Verträge ohnehin ohne Bedeutung, da es insoweit auf die einzelnen Vertragsbedingungen einschließlich der bei Vertragsabschluss vorherrschenden Marktbedingungen und die bis auf zwei Dezimalstellen hinter dem Komma vereinbarten Prozentsätze ankam.
138 
c. Anlegergerechte Beratung
139 
Die Beratung der Beklagten war nicht anlegergerecht. Der Inhalt der Beratung hat sich an dem Kunden zu orientieren. Maßgeblich sind insbesondere dessen Wissensstand über Anlagegeschäfte der vorgesehenen Art und dessen Risikobereitschaft. Zudem hat sich die Beratung danach auszurichten, welches Anlageziel der Kunde verfolgt (std. Rspr., vgl. BGH Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126). Der angebotene Ladder-Swap entsprach weder dem Wissensstand der Klägerin über derartige Anlagegeschäfte (aa.) noch ihrem Anlageziel (bb.).
140 
aa. Wissensstand
141 
Die synthetisch und unter Anwendung von Risikomodellen konstruierten Swap-Verträge lassen sich bezüglich ihres Options-Charakters und ihrer Risikostruktur nur mit geeigneten Risikomodellen zutreffend erfassen und bewerten. Auf die - von der Beklagten irreführend in den Vordergrund gestellte - Zinsmeinung des Anlegers kommt es nur partiell an. Der Anleger benötigt ein vertieftes statistisches Wissen und die notwendigen Werkzeuge (Berechnungsmethoden), um die nicht transparenten Risiken des Produkts zu verstehen. Über diese muss er entweder selbst verfügen oder sie jedenfalls - über Dritte - verfügbar haben. Ohne das Wissen und die Berechnungsmethoden ist der Anleger auch während der Laufzeit des Vertrages nicht in der Lage, angemessen auf geänderte Gegebenheiten zu reagieren und beispielsweise durch die Ausübung der vertraglichen Kündigungsrechte Verluste zu begrenzen oder Gewinne mitzunehmen. Zum Beispiel kann er nicht den sich ändernden Marktwert errechnen und dies zur Grundlage seiner Entscheidungen machen. Dies wäre aber erforderlich gewesen, zumal die Beklagte selbst einräumt, dass sie - entgegen den restriktiven Vertragsbedingungen - auch zur vorzeitigen Auflösung der Verträge entsprechend den Marktgepflogenheiten und unabhängig von den vertraglichen Kündigungsrechten bereit gewesen wäre. Die bestehende Wissensasymmetrie zwischen den Parteien war so offenkundig, dass die Beklagte davor nicht die Augen verschließen durfte.
142 
bb. Anlageziel
143 
Der Ladder-Swap entsprach ersichtlich nicht dem Anlageziel der Klägerin und hätte ihr daher nicht (schon gar nicht unaufgefordert) angeboten werden dürfen. Unstreitig wandte sich die Beklagte als Hausbank an die Klägerin im Zusammenhang mit der bevorstehenden Erhöhung der Avalzinsen. In dem Strategiepapier vom 03.02.2005 (Anlage B18) definiert sie das Anlageziel. Sie verweist auf einen bestehenden Finanzierungsbedarf und stellt das Interesse der Klägerin zur Reduktion der damit einhergehenden Zinsbelastung in den Vordergrund. Im Übrigen ist es das selbstverständliche Ziel eines jeden Gewerbetreibenden, nicht nur der Banken, mit ihren Geschäften Gewinne zu erzielen.
144 
Mit diesem Anlageziel vertrug sich ersichtlich kein Swap-Vertrag, bei dem wegen des von der Beklagten für sich einkalkulierten Gewinns mit einem identischen Verlust in dieser Höhe zu rechnen war. Bei einem einkalkulierten Gewinn in Höhe von 3% bis 5% bei einem Basiswert von 5 Mio Euro war somit ein Verlust der Klägerin in Höhe von 150.000,00 Euro bis 250.000,00 Euro wahrscheinlich.
145 
Hiergegen lässt sich nicht einwenden, die Entwicklung des Basiszinssatzes (3-Monats-EURIBOR) sei für niemanden vorhersehbar. Dieses Argument ist nur in der Laiensphäre richtig, verfehlt aber den Charakter des Swap-Vertrages. Dieser ist ein synthetisches, von der Bank selbst unter Anwendung von Wahrscheinlichkeitsmodellen konstruiertes Zinsderivat. Die Ergebnisse der Berechnungsmethoden sind nicht vollkommen belanglos, sondern die Grundlage für eine Vielzahl von wirtschaftlich weit reichenden Entscheidungen im Finanzsektor. Die Methoden und Ergebnisse sind gesetzlich vorgeschriebener Bestandteil des Risikomanagements (vgl. § 25a KWG, §§ 17, 21 Nr. 1, 312ff. SolvV). Die Bedeutung der Aussagen der Risikomodelle für die professionelle Beurteilung von Finanzinstrumenten muss daher in die Anlageberatung einfließen und ist ein entscheidendes Kriterium für die Frage, ob ein Produkt zum Anlageziel des Kunden passt. Die Beklagte legt auch nicht dar, dass sie auf Grund anderer Erkenntnisse und entgegen den Ergebnissen der eigenen Berechnungsmethoden von einer Gewinnwahrscheinlichkeit zu Gunsten der Klägerin ausgegangen ist. Im Gegenteil vertraut sie selbst der Aussagekraft ihrer Modelle so sehr, dass sie darauf ihre Gewinnerwartungen, aber auch ihre Risiken (vgl. § 25a KWG) berechnet.
146 
Das im Zusammenhang mit der Frage der Aufklärung über den negativen Marktwert angeführte Argument, der Kunde rechne mit der Gewinnerzielungsabsicht seiner Bank, weshalb die Bank über die Höhe nicht aufklären müsse, führt hier nicht weiter. Bei der anlegergerechten Beratung kommt es ausschließlich darauf an, ob ein Produkt zum Anlageziel des Kunden passt. Ist das nicht der Fall, darf der Berater das Produkt dem Kunden bereits überhaupt nicht anbieten (BGH Urt. v. 14.07.2009, XI ZR 152/08, Rn. 51) und den Versuch unternehmen, dennoch damit Geld zu verdienen. Im vorliegenden Fall war der Ladder-Swap ein voraussichtliches Verlustgeschäft. Einen solchen Vertrag durfte die Beklagte nicht anbieten. Mit ihrem Verhalten verstieß sie gleichzeitig gegen die Pflicht gem. § 31 Abs. 1 Nr. 1 WpHG a.F., ihre Beratungsleistung im Interesse ihres Kunden zu erbringen. Denn schließlich war auch der Bank bekannt, dass ihre Kunden ausschließlich mit Gewinnerzielungsabsicht handeln.
147 
d. Fehlerhafte Empfehlung
148 
Der Berater schuldet seinem Kunden eine - ex ante betrachtet - vertretbare Empfehlung. Die Beklagte hat im Strategiepapier vom 3. Februar 2005 (Anlage B18) einen "Strategievorschlag" zum Abschluss des Ladder-Swaps, mithin eine Empfehlung abgegeben. Die Empfehlung eines Swap-Vertrages zur "Zinsoptimierung", der nach den anerkannten Berechnungsmethoden ein Verlustgeschäft enthält, ist nicht vertretbar.
149 
e. Verschulden
150 
Das Verschulden der Beklagten ist offensichtlich. Sie hatte Kenntnis von der im Vertrag einstrukturierten Gewinnmarge, die nur durch einen entsprechenden Verlust der Klägerin erzielt werden konnte und daher einen gleichzeitigen Vorteil der Klägerin aus dem Vertrag ausschloss. Sie konnte auch erkennen, dass die Klägerin mangels eigener Werkzeuge die Verlustgefahr des Vertrages nicht erkennen konnte. Der Beklagten musste gleichzeitig bewusst sein, dass der Begriff der "Zinsoptimierung" und die Herausstellung der Marktwerterwartung (kein steiler Anstieg des 3-Monats-EURIBOR) zudem geeignet waren, von den wahren Risiken des Vertrages und seiner komplexen Risikostruktur abzulenken. Da sie unstreitig mit dem Vertrag auf Kosten der Klägerin Gewinn erzielen wollte, handelte sie vorsätzlich. Wie sehr sich die Klägerin über das Verhalten der Beklagten empört hat, lässt sich daran erkennen, dass sie den Tatbestand des Betrugs gem. § 263 StGB erfüllt sieht.
151 
f. Kausalität
152 
Zu Gunsten der Klägerin greift die Vermutung des aufklärungsrichtigen Verhaltens. Sie drängt sich im vorliegenden Fall geradezu auf. Es ist nicht anzunehmen, dass ein wirtschaftlich rational handelnder Geschäftsführer den Ladder-Swap abgeschlossen hätte, wenn ihm offenbart worden wäre, dass nach den anerkannten Wahrscheinlichkeitsmodellen die Zinsoptimierungsstrategie scheitern und zu einem Verlust in Höhe des Gewinns der Beklagten führen wird.
153 
g. Schaden
154 
Die Schadenshöhe ist betragsmäßig unstreitig und besteht in den von der Klägerin geleisteten Zahlungen nach Abzug der von der Beklagten erhaltenen Zahlungen. Auch der Feststellungsantrag ist begründet, da eine Steuerbelastung der Klägerin auf Grund der anstehenden Schadensersatzleistung der Beklagten nicht ausgeschlossen ist. Insofern ist zu beachten, dass die Klägerin eine GmbH ist. Kapitalgesellschaften verfügen steuerrechtlich gesehen über keine außerbetriebliche Sphäre (vgl. BFH, Beschl. v. 20.11.2007, I R 54/05), so dass grundsätzlich alle Einnahmen, auch Schadensersatzleistungen Dritter, der Steuer unterliegen. Demgegenüber konnte die Klägerin ihre Verluste aus dem Geschäft wegen § 15 Abs. 4 S. 3 EStG nicht steuerlich geltend machen. Diese Frage bedarf im Rahmen des Feststellungsantrags jedoch keiner abschließenden Klärung.
155 
h. Mitverschulden
156 
Ein gem. § 254 BGB zu berücksichtigendes Mitverschulden der Klägerin liegt nicht vor. Grundsätzlich darf ein Anleger dem Rat seines Beraters vertrauen, ohne dass ihm ein Vorwurf daraus gemacht werden kann (BGH Urt. v. 13.01.2004, XI ZR 355/02). Zwar sind unter Umständen von diesem Grundsatz Ausnahmen zu machen, wenn ein Berater erkennbar für die Kapitalsucherseite handelt (vgl. BGH Urt. v. 25.11.1981, IVa ZR 286/80). Gegen die Berücksichtigung eines Mitverschuldens spricht jedoch die Vorgehensweise der Beklagten. Sie hat als Hausbank ein hohes Maß an Vertrauen in Anspruch genommen. Die Klägerin musste nicht ihr Wissensdefizit bezüglich der komplexen Risikostruktur erkennen. Dies gilt umso mehr, als eine Großbank wie die Beklagte als seriöses Institut wahrgenommen wird, das sich für die Interessen ihrer Kunden einsetzt und über eine hohe Erfahrung auf dem Finanzsektor verfügt. Für die Klägerin bestand überhaupt kein Anlass für die Annahme, sie müsse die Chancen des Swap-Vertrages nach anderen Kriterien als allein der Zinsmeinung bezüglich eines geringen Anstiegs des 3-Monats-EURIBOR beurteilen. Noch weniger musste sie damit rechnen, dass die Beklagte ihr ein "Zinsoptimierungsgeschäft" anbietet, das lediglich den Zweck hatte, einen Gewinn der Beklagten zu generieren. Demgegenüber war der Hinweis der Beklagten auf das theoretisch unbegrenzte Verlustrisiko ungeeignet, um der Klägerin die tatsächlichen Risiken und die einstrukturierten Wahrscheinlichkeiten vor Augen zu führen.
157 
3. Schadensersatz im Zusammenhang mit dem CMS-Spread-Sammler-Swap
158 
Die Beklagte hat bezüglich des CMS Spread Sammler Swap ihre Beratungspflichten schuldhaft verletzt, so dass sie der Klägerin zu Schadensersatz verpflichtet ist. Auch der CMS Spread Sammler Swap war ein komplexes Finanzinstrument mit verschiedenen Optionen.
159 
- Er stellte nicht auf einen Interbanken-Zinssatz ab, sondern auf die Differenz (Spread) zwischen zwei Interbankenzinssätze (10-Jahres-Swapsatz und 2-Jahres-Swapsatz). Hierzu hätte die Klägerin in der Lage sein müssen, sich eine Meinung bezüglich der Faktoren bilden zu können, die das Verhältnis dieser beiden Zinssätze zueinander beeinflussen.
160 
- Der Vertrag hatte eine fünfjährige Laufzeit mit 10 halbjährlichen Zinsfeststellungsterminen. Eine Zinsmeinung hätte sich daher auf sämtliche Termine und die Korrelation der verschiedenen Faktoren beziehen müssen.
161 
- Es kam nicht auf die Höhe des Spreads an, sondern auf die verhältnismäßig geringe Häufigkeit, mit der der Spread eine Schwelle pro Periode unterschritt. Hierzu hätte die Klägerin in der Lage sein müssen, sich eine Meinung über dieses Kriterium bezogen auf die 10 Perioden bilden zu können.
162 
- Der Vertragszinssatz der Klägerin leitete sich nicht unmittelbar aus einer Zinskurve ab, sondern wurde aus der Häufigkeitsquote des Unterschreitens, multipliziert mit einem Festzinssatz zuzüglich eines weiteren Festzinssatzes vom 2,00% ermittelt.
163 
- Die Festlegung der Schwelle durch die Beklagte enthielt bereits bezüglich ihrer Angemessenheit ein erhebliches Risiko.
164 
- Die Beklagte hatte ein Recht zur vorzeitigen Beendigung ohne Ausgleichszahlung zu jedem Zinszahlungstermin nach einem Jahr. Hierdurch bestand für die Klägerin die Gefahr, dass sie Verluste durch den späteren Verlauf des Vertrages nicht mehr würde kompensieren können.
165 
- Das Beendigungsrecht der Klägerin gegen Ausgleichszahlung galt erst ab dem 3. Jahr und war nur jährlich möglich (Stillhalterrisiko).
166 
Die Beklagte hat es unterlassen, die Klägerin auf den besonderen synthetischen Charakter des Produkts hinzuweisen, der eine Risikoabschätzung nur mittels anerkannter Berechnungsmodelle erlaubt. Über die einstrukturierten überwiegenden Verlustrisiken, erkennbar an dem negativen Marktwert, wurde ebenfalls nicht aufgeklärt. Vor dem Hintergrund der einstrukturierten Gewinnmarge war die Beratung nicht anlegergerecht und die Empfehlung nicht vertretbar und fehlerhaft. Insofern gilt das Gleiche wie für den Ladder-Swap.
167 
Darüber hinaus war die Beratung auch aus weiteren Gründen nicht objektgerecht. Im Zuge der objektgerechten Beratung war die Beklagte verpflichtet, der Klägerin diejenigen Eigenschaften und Risiken mitzuteilen, die für die Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sein konnten. Dabei ist zwischen den allgemeinen Risiken (Konjunkturlage, Entwicklung des Börsenmarktes) und den speziellen Risiken zu unterscheiden, die sich aus den individuellen Gegebenheiten des Anlageobjekts (Kurs-, Zins- und Währungsrisiko) ergeben.
168 
Diese Pflicht hat die Beklagte verletzt, indem sie die konkreten das Risiko beeinflussenden Faktoren nicht dargestellt und missverständlich die Höhe des Spreads als entscheidenden Faktor in den Vordergrund gestellt hat. Im Strategiepapier vom 13.05.2005 (Anlage K6) und in der Präsentation wurde darauf abgestellt, dass die Klägerin nicht mit einer Verringerung der Differenz (Spread) zwischen dem 10-Jahres- und dem 2-Jahres-Swapsatz rechne. Bei dem vorliegenden CMS-Swap kommt es hingegen nicht auf die Höhe des Spreads zur unmittelbaren Berechnung des Vertragszinses an, sondern auf die Häufigkeit , mit der der Spread eine vertraglich vereinbarte Schwelle unterschreitet. Die Häufigkeit der Unterschreitung pro Periode bildet die Quote für den Vertragszinssatz der Klägerin. Zwar weist die Beklagte in ihrem Strategiepapier vom 31.10.2005 (Anlage K18) darauf hin, dass der Swap nachteilig für die Klägerin wird, wenn in einer Periode (120 Banktage) der Schwellenwert an 12 Banktagen unterschritten wird. Auch hat sie in ihrer Präsentation des Swaps vom 13.05.2005 (Anlage K5, S. 10) ein Histogramm der CMS Spreads der letzten 10 Jahre dargestellt und als Beispiel darauf hingewiesen, dass an 23 von 2621 Beobachtungstagen der Spread zwischen 0,30% und 0,40% gelegen hat. Das entspricht einer Quote von 1,05 von 120 Tagen. (Dabei hat die Beklagte ihre eigene Tabelle falsch abgelesen, weil diese Quote den Spread zwischen 0,4% und 0,5% betraf.)
169 
Damit hat die Beklagte das Risiko durch die Bezugnahme auf nicht maßgebliche Daten sowie eine zu unscharfe Beschreibung des Erfolgs- bzw. Risikoszenarios verharmlost. Die Beklagte hätte angeben müssen, mit welcher Häufigkeit der vertraglich vorgesehene Schwellenwert von zunächst 0,82% (Anlage K7) und später 0,735% (Anlage K10) in der Vergangenheit unterschritten wurde. Die Darstellung der Unterschreitung eines Schwellenwertes von 0,5% an umgerechnet 1,05 Tagen von 120 Banktagen gibt nicht genügend Anhaltspunkte und das Histogramm ist zu unscharf, um daraus selbständig Werte abzulesen. Die Beklagte hätte die Angaben anhand des verfügbaren Datenmaterials ohne Weiteres machen können. Diese Angabe war jedoch zu einer ersten groben Einschätzung des Risikos erforderlich, auch wenn historische Daten nur eine begrenzte Aussagekraft für die Zukunft haben. Zu dem verharmlosenden Verweis auf die falschen Werte hat die Beklagte missverständlich die Höhe des Spreads als Entscheidungskriterium in ihrem Strategiepapier und ihren Präsentationsfolien betont. Dabei stellte sie vollkommen konturlos auf eine "nicht deutliche" Verringerung der Differenz zwischen dem 10-Jahres- und dem 2-Jahres-EUR-Swapsatz ab. Zum Zeitpunkt der Produktpräsentation am 13.05.2005 lagen ausweislich des Strategiepapiers der Spread in Höhe von 1,11% und der angebotene Schwellenwert von 0,85% nur um 0,26 Prozentpunkte auseinander. Durch den unscharfen Begriff verstellt sich der Blick auf die hoch präzise Kalkulation des Vertrages nach Wahrscheinlichkeitsmodellen. Dem Anleger wird vermittelt, er könne sich bezüglich minimaler Veränderungen in der Differenz zweier Interbanken-Zinssätze bei einem Spielraum von 0,26 Prozentpunkten eine Meinung bilden. Bereits dies ist ihm nicht möglich, weil ihm in der Regel nicht die Faktoren bekannt sein dürften, die nicht einen einzelnen Zinssatz, sondern das Verhältnis zwischen zwei verschiedenen Zinssätzen (Zinsstrukturkurve) beeinflusst. Auch die Zeugin Glenk gab bei ihrer Vernehmung an nicht zu wissen, ob sie die Klägerin über die Faktoren, die den Spread beeinflussen können, aufgeklärt habe.
170 
Zudem wird dem Risiko der Volatilität des Spreads nicht die erforderliche Beachtung geschenkt. Denn die absolute oder durchschnittliche Höhe des Spreads war nach der Zinsformel für den Vertragszins ohne Relevanz. So bringt es die Formel mit sich, dass selbst ein durchschnittlich knapp über dem Schwellenwert liegender Spread pro Periode öfter als zwölfmal die Schwelle unterschreitet. Entscheidend war also zusätzlich, wie hoch neben dem erwarteten durchschnittlichen Spread die Abweichungen von diesem sein konnten.
171 
Auch die Restrukturierung des Swap im Oktober/November 2005 belegt die Grenze der menschlichen Fähigkeit, die Risiken abzuschätzen. Die Beklagte war in der Lage, den neuen Schwellenwert ohne nähere Begründung festzulegen. Die Klägerin war zu einer Überprüfung der Angemessenheit der Höhe des Schwellenwertes ersichtlich nicht in der Lage. Noch weniger wird sie in der Lage gewesen sein, anhand einer noch so dezidierten Zinsmeinung oder Erfahrung mit dem Kapitalmarkt die Auswirkung der Herabsenkung des Schwellenwertes von 0,82% auf 0,735% um lediglich 0,085 Prozentpunkte nachzuvollziehen und dessen Risikopotential abzuschätzen. Sie war bei der Vertragsgestaltung der finanzmathematisch überlegenen Beklagten ausgeliefert.
172 
Zu Verschulden, Kausalität, Schaden und Mitverschulden gilt das beim Ladder-Swap Ausgeführte. Soweit bei der Klägerin bezüglich der Ausgleichszahlung der Schaden in Höhe von 136.000 Euro mangels Zahlung noch nicht entstanden ist, kann sie von der Beklagten Freistellung verlangen.
III.
173 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
174 
Die Revision war nicht gem. § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil die Entscheidung auch auf den Umständen des Einzelfalls, insbesondere bezüglich der konkret fehlerhaften Aufklärung (Stichwort: Volatilität) in den Beratungsunterlagen und -gesprächen beruht.

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Ulm, Az. 4 O 122/08, vom 22.08.2008 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 710.000 Euro zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 100.000 Euro seit dem 28.12.2005, 28.06.2006, 28.12.2006, 28.06.2007 und 28.12.2007, aus 7.000 Euro seit dem 31.01.2006 sowie aus 203.000 Euro seit dem 19.12.2008 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Widerklage der Beklagten wird abgewiesen.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, der Kläger leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages.

V. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert und Beschwer der Beklagten in beiden Instanzen: bis 850.000 Euro

Gründe

 
I.
Der Kläger ist der kommunale Abwasserzweckverband der Städte A……… und B………... sowie der Gemeinden C……… und D…... Er verlangt von der Beklagten - einer deutschen Großbank - Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Zins-Swap-Vertrages.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Sie werden wie folgt ergänzt: Nach dem vom Landgericht hinsichtlich Zweck und Gegenstand dargestellten Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte vom 30.09.1999 (K 1), auf dessen Grundlage in der Folge Swap-Geschäfte erfolgten, schlossen die Parteien am 22.02./20.03.2001 einen Beratungsvertrag über "Kommunales Finanzmanagement" (K 30). Dessen Ergebnisse mündeten in einer Abschlusspräsentation der Beklagten für den Kläger am 07.11.2001. In dieser wurden der Ausbau des bestehenden Reportings, der Einsatz neuer Instrumente (Forward-Kontrakte und Butterfly-Swaps), mögliche Zinssicherungen, insbesondere durch Zinsswaps, sowie die Zusammenfassung variabler Kredite in wenigen Swap-Vereinbarungen empfohlen. Weiter wurde in der Präsentation ausgeführt:
"Aus den Grundzielen der kommunalen Aufgabenerfüllung leitet sich automatisch ein Spekulationsverbot ab. Es gilt daher, sämtliche Risiken aber auch damit einhergehende mögliche Chancen weitestgehend auszugrenzen. Dies ist nur mit einem grundgeschäftsbezogenen Zinsmanagement möglich."
Am 09.01.2002 schloss die Stadt A............, vertreten durch ihren Kämmerer, Herrn E………., der zugleich kaufmännischer Geschäftsleiter des Klägers ist, einen Beratungsvertrag "halbjährliches Reporting" (K 31) ab.
Zur Vorbereitung des streitgegenständlichen CMS Spread Sammler Swap überließ die Beklagte dem Kläger ein Strategiepapier vom 08.06.2005 (Anlage K11). Unter der einleitenden Rubrik "Kundenpositionierung und Markterwartung" heißt es:
- "Sie verfügen über eine bestehende Euro-Finanzierung.
- Sie möchten Ihre hieraus resultierende Zinsbelastung reduzieren.
- Sie rechnen damit, dass sich die Differenz zwischen dem 10-Jahres-und dem 2-Jahres-EUR-Swapsatz (10- bzw. 2-Jahres "Constant Maturity Swap (CMS) - Satz innerhalb der nächsten fünf Jahre nicht deutlich verringern wird, d.h. die Zinsstrukturkurve nicht wesentlich flacher wird.
- Diese Markterwartung über die CMS-Differenz ("CMS-Spread") möchten Sie zur Verbilligung Ihrer bestehenden EUR-Finanzierung um bis zu 1 % nutzen.
10 
- Sollte ihre Markterwartung nicht eintreten und sich die Differenz zwischen dem 10-Jahres-EUR-Swapsatz und dem 2-Jahres-EUR-Swapsatz verringern, so sind Sie bei einer erheblichen Verringerung bereit, eine Erhöhung Ihrer Zinsbelastung in Kauf zu nehmen, wobei die Höhe Ihrer Zinszahlung auf 8 % begrenzt ist. Die Zahlung der ... Bank AG in Höhe von 4 % bleibt aber bestehen. Somit ist Ihr worst case bei 4 % begrenzt."
11 
Dem schloss sich der Strategievorschlag "Abschluss eines strukturierten EUR-Zinsswaps mit CMS-Spread-Koppelung" mit den wesentlichen Vertragsdaten an. Danach folgte der Hinweis:
12 
"Wesentlicher Bestandteil dieser Strategie ist der Verkauf von strukturierten Zinsoptionen. Die hierfür von Ihnen zu beanspruchende Prämie wird nicht als Einmalzahlung bei Abschluss des Geschäfts von der Bank geleistet, sondern wird aus einem strukturierten EUR-Zinsswap über die Laufzeit verteilt an Sie ausgezahlt."
13 
Weiterhin wurde unter der Rubrik "Analyse & Fazit" als letzter Punkt ausgeführt:
14 
"Der strukturierte Zinsswap besteht unabhängig vom Grundgeschäft. Zahlungen werden separat abgewickelt. Der Swap erlischt nicht, wenn das Grundgeschäft wegfällt. Sollte das Grundgeschäft nicht mehr existieren, verändert sich der Risikocharakter des strukturierten Zinsswaps. In diesem Fall haben Sie eine offene Zins-Position, die mit einem Verlustrisiko verbunden ist. Hierbei spielt die Entwicklung des Zinsunterschiedes zwischen EUR CMS 10 und EUR CMS 2 eine maßgebliche Rolle."
15 
Am 24.06.2005 schlossen die Parteien den von der Beklagten empfohlenen Vertrag mit folgenden Konditionen ab:
16 
Bezugsbetrag:
5 Millionen Euro (wird nicht gezahlt, sondern ist nur Basis für Zinsberechnung)
Laufzeit:
28.06.2005 - 28.06.2010
Fälligkeitstermine und Zinsfeststellungstermine:
halbjährlich
Zahlungsverpflichtung der Beklagten:
3,00% p.a. (fest)
Zahlungsverpflichtung des Klägers:
Variabel nach folgender Formel:
        
2,00% + 5,00% p.a. x (2N : D)
Schwelle:
0,82% 
        
N = Anzahl der Bankarbeitstage im jeweiligen Berechnungszeitraum, an dem die Differenz zwischen dem 10-Jahres-Swap-Satz und dem 2-Jahres-Swap-Satz kleiner 0,82% ist
        
D = Anzahl der Bankarbeitstage im Berechnungszeitraum.
Höchstzinssatz des Klägers:
7,00%
17 
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Eine Falschberatung sei der Beklagten nicht vorzuwerfen. Die Beratung sei anlegergerecht gewesen. Schon die seit 1999 abgeschlossenen Vorgeschäfte des Klägers zeigten, dass dieser hochspekulative Geschäfte abschließen wollte. Deren Risiken hätten sich zum Teil auch realisiert. Die Beratung sei anlagegerecht gewesen. Der Kläger habe aufgrund der in der Präsentation dargestellten Risiken eine eigenverantwortliche Entscheidung treffen können. Die möglichen ungünstigen Folgen des Geschäfts seien offensichtlich gewesen; das gelte auch für das einseitige Kündigungsrecht der Beklagten. Durch die Unterlagen sei auch ausreichend über den rein spekulativen Charakter, der sich daraus ergebe, dass die zukünftige Höhe der Differenzzinssätze nicht vorher gesagt werden könne, aufgeklärt worden. Dies liege für jemanden, der sich mit diesen Unterlagen auseinandergesetzt habe, auf der Hand. Die Höhe der Risiken habe der Kläger einfach ermitteln können. Jedenfalls mithilfe eines Taschenrechners hätten die Szenarien problemlos ausgerechnet werden können, da die Formel zur Berechnung des variablen Zinssatzes für jemanden, der täglich mit Zahlen arbeite, denkbar einfach gewesen sei. Es sei auch ein Hinweis auf die Zinsentwicklung in der Vergangenheit erteilt worden. Offen bleiben könne, ob zutreffend über die mögliche zukünftige Entwicklung der Zinsen bzw. über die hierzu angestellten Prognosen aufgeklärt worden sei. Gleiches gelte hinsichtlich der Frage, ob eine ökonomische Auswertung im Jahr 2005 ergeben hätte, das mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Fallen des Spread zu erwarten gewesen sei. Hier ergebe sich aus der Natur der Sache, dass die Beklagte nicht weiter habe aufklären müssen. Gleiches gelte für vermeintliche Wahrscheinlichkeit einer bestimmten zukünftigen Entwicklung, die letztlich auf einer subjektiven Wertung beruhen müsse und nicht verifizierbar sei. Soweit die Beraterin F…. dem Kläger gegenüber die Auffassung vertreten habe, sie gehe davon aus, dass die 2-Jahres-Zinsen längerfristig niedriger blieben als die 10-Jahres-Zinsen, stelle dies eine persönliche Meinungsäußerung dar, mit der keine Zusicherung verbunden gewesen sei. Die Beklagte habe nicht auf das Marktwertrisiko hinweisen müssen. Die Entwicklung des Marktwerts habe sie ebenso wenig vorhersagen können wie den Verlauf der Zinsen selbst. Aus dem negativen Marktwert ergebe sich nicht, dass der Kläger in Zukunft mit dem Geschäft Verluste machen werde. Über die Marge sei nicht aufzuklären gewesen. Auf mögliche Verstöße der Beklagten gegen kommunalrechtliche Bestimmungen zur Sicherung einer nachhaltigen Vermögensverwaltung habe die Beklagte nicht hinweisen müssen. Unbeschadet von der Frage, ob die Beklagte diese Rechtsberatung überhaupt hätte durchführen dürfen, sei der Kläger insoweit nicht aufklärungsbedürftig gewesen, Finanzmarktgeschäfte gehörten zu seinem Pflichtenkreis.
18 
Gegen das ihm am 29.08.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 26.09.2008 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 01.12.2008 am 28.11.2008 begründet.
19 
Mit seiner Berufung wiederholt und vertieft der Kläger seinen erstinstanzlichen Vortrag. Das Landgericht habe Anlageziel und Risikoneigung des Klägers fehlerhaft festgestellt. Dieser habe nicht spekulativ handeln wollen, was sich aus der Sitzungsvorlage des Verwaltungsausschusses der Stadt A………… vom 09.07.2003 (K 38) und einer Mail der Beraterin der Beklagten vom 26.04.2005 ergebe, in der diese den CMS-Spread-Sammler-Swap als aktuelle Zinsoptimierungsidee vorgestellt habe (K 39). Der Kläger habe keine Erfahrungen mit Spread- und Ladder-Geschäften gehabt. Die Beratung sei nicht anlegergerecht erfolgt. Die Produktbesonderheiten dieses OTC-Geschäfts ("over the counter") seien nicht richtig dargestellt worden. Auf die inverse Zinsstruktur sei nicht eingegangen worden, die Marktentwicklung sei tatsächlich eine andere gewesen und die Beklagte habe dem Vertragspartner des Gegengeschäfts die konträre Zinsmeinung verkauft und dies dem Kläger vorenthalten. Auf das Marktwertrisiko und das Marktwertausgleichsrisiko sei ebenso wenig hingewiesen worden wie auf das Bilanzrisiko bei vorzeitiger Auflösung des Geschäfts. Die Warnung der eigenen Rechtsabteilung der Beklagten vor diesen Geschäften, wie sie im ZDF in der WISO-Sendung vom 23.06.2008 dargestellt worden sei, und von der der Kläger erst nach der mündlichen Verhandlung Kenntnis erhalten habe, sei verschwiegen worden. Aus einem internen Schreiben der Beklagten ergebe sich, dass diese Geschäfte nicht zur Zinsminimierung oder Verbilligung geeignet seien und die Rechtsabteilung der Beklagten dies ausdrücklich bestätigt habe. Das Geschäft sei nichtig, da es gegen das kommunalrechtliche Spekulationsverbot verstoße. Es fehle an der Konnexität zu Grundgeschäften, wie auch das Regierungspräsidium Tübingen in seinem Schreiben vom 06.03.2008 (K 26) festgestellt habe. Zudem sei die Beklagte durch das einseitige Kündigungsrecht einseitig begünstigt worden. Der Vertrag verstoße gegen den ultra-vires-Grundsatz. Weiterhin sei das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verletzt; die Vertragskonditionen seien nicht verhandelbar gewesen. Auf die Marge sei nicht hingewiesen worden, weshalb der Auskunftsanspruch bestehe. Über diese sei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei Lebensversicherungsverträgen aufzuklären; nichts anderes könne hier gelten. Weiterhin sei die Vorlage der hausinternen Einwertung zu diesem Geschäft von der Beklagten zu verlangen. Im Übrigen gelte die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens und der Kläger müsse sich kein Mitverschulden anrechnen lassen.
20 
Der Kläger hat auf die Widerklage der Beklagten hin seinen erstinstanzlich gestellten Antrag auf Feststellung des Nichtbestehens von weiteren Ansprüchen der Beklagten mit Zustimmung der Beklagten für erledigt erklärt.
21 
Der Kläger beantragt:
22 
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 710.000 Euro zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB aus 100.000 Euro jeweils seit dem 28.12.2005, 28.06.2006, 28.12.2006, 28.06.2007 und 28.12.2007, aus 7.000 Euro seit dem 31.01.2006 sowie aus 203.000 Euro seit dem 19.12.2008 zu zahlen.
23 
2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger über den Umstand des tatsächlichen Anfalls und die Höhe der im Zusammenhang mit den streitgegenständlichen Zinssatz-Swap-Verträgen mit den Referenznummern 939278L und 1194687L von ihr bzw. Frau F……. erhaltenen Vergütungen und erzielten Margen sowie über ihre hausinternen Bewertungen im Zeitraum vom 01.01.2004 bis einschließlich 28.06.2005 zu den Produkten "Zins-Ladder-Swap" (Referenznummer 939278L) und "CMS SSS" (Referenznummer: 1194687L) Auskunft zu erteilen, insbesondere ihre sämtlichen internen Zinsstrukturanalysen, Forwardberechnungen, Basispunkteinwertungen, Bid/Offer-Sätze sowie sämtliche Berechnungen bezüglich der von ihr zu diesen eben benannten Zinsswaps kalkulierten Barwerte, insbesondere Berechnungen der Bid/Offer-Spread-Kalkulationen sowie Berechnungen zum Present Value of 1 Basispoint, kurz BVBP oder Sensitivity-Analysen, sämtlich bezogen auf die streitgegenständlichen Zins-Swaps, offenzulegen bzw. auch hierüber Auskunft zu erteilen.
24 
Die Beklagte beantragt:
25 
Die Berufung wird zurückgewiesen.
26 
Sie beantragt im Wege der Widerklage:
27 
Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte 101.111,11 Euro nebst 5 % Zinsen seit 01.07.2008 zu zahlen.
28 
Der Kläger beantragt:
29 
Die Widerklage der Beklagten wird zurückgewiesen.
30 
Die Beklagte hält die Entscheidung des Landgerichts für richtig und verlangt mit ihrer Widerklage die letzte noch offene Zahlung des Klägers aus dem inzwischen beendeten Swap-Vertrag. Sie wiederholt und vertieft ihre schon in erster Instanz vorgetragene Argumentation: Der Kläger sei zwar nicht als professioneller Kunde, jedoch aufgrund der Vorerfahrungen des für den Kläger handelnden Geschäftsleiters E……….. als erfahrener Kunde eingestuft worden. Der Geschäftsleiter habe sowohl für den Kläger wie auch für die Stadt A………….. schon in erheblichem Umfang Swap-Geschäfte abgeschlossen, darunter mindestens elf Swap-Geschäfte bei anderen Banken. Im Juli 2004 und im Januar 2005 seien es zwei Quanto-Swaps mit unbegrenztem Verlustrisiko für die Stadt A………… sowie ein Zins-Swap auf EURIBOR-Basis am 30.09.1999, einen Zins-Wahrungsswap DM/CHF am 23.08.2000 und einen Ladder-Swap am 14.07.2004 bei der Beklagten gewesen. Diese seien vergleichbar mit dem streitgegenständlichen Swap-Vertrag gewesen. Schon damals seien die wesentlichen Strukturen vorgestellt, umfassend beraten und aufgeklärt sowie auf das Kündigungsrecht hingewiesen worden. Auch bei dem streitgegenständlichen Geschäft habe Herr E………. eine dezidierte Zinsmeinung besessen. Sowohl auf die rechtliche Unabhängigkeit als auch auf das einseitige Beendigungsrecht sei in den Unterlagen deutlich hingewiesen worden. Herr E……….. sei auch mehrfach auf den Derivate-Erlass des Innenministeriums hingewiesen worden. Er sei fachkundig gewesen und habe selbst einen Vortrag zu diesem Themenkomplex in einem Gesprächskreis gehalten. Es habe für ihn eine 2 ½-stündige Präsentation von Frau G……. über verschiedene Swap-Modelle gegeben, bei der ausführlich Chancen und Risiken des CMS Spread Ladder Swap dargestellt worden seien. Erfahrungen und Marktmeinung hätten für die Beklagte Vorrang vor einer mathematischen Berechnung gehabt. Herrn E………. seien in einer Präsentation (K 8) die sich aus der Zinsstrukturkurve ergebenden zusammenlaufenden Forwards erläutert worden. Dieser sei jedoch davon ausgegangen, dass die Forwards übertreiben würden. Das Risiko sei dargestellt und nicht als wenig wahrscheinlich abgetan worden. Der Kläger habe weitere Informationen erhalten: So sei ihm in einer Mail vom 01.03.2005 ein Swap vorgeschlagen worden und Herr E………. habe selbst unter Zuhilfenahme einer Excel-Tabelle nachgerechnet, weshalb er keinen Szenariorechner benötigt habe. Anhand eines früheren Strategiepapiers vom 20.04.2005 seien auch Unterschiede zu anderen Produkten diskutiert und die Risiken nochmals dargelegt worden. Der Marktwert sei Thema und aufgrund des "worst case", der 4%-Deckelung der Verluste, und der Laufzeit ersichtlich gewesen. Die Verlustszenarien hätten die Risiken deutlich gemacht. Über den anfänglichen negativen Marktwert habe nicht aufgeklärt werden müssen. Der Kläger hätte den Vertrag nicht beenden können, so dass dieser Marktwert niemals habe liquiditätswirksam werden können. Im Übrigen bestehe eine Marktusance, dass dem Kunden jederzeit die Beendigung in Wege eines Aufhebungsvertrages ermöglicht werde, so dass keine vorherige Aufklärung erforderlich sei. Das Anlageziel des Klägers sei die Zinsoptimierung gewesen, dem schon entsprochen werde, wenn Zinserträge generiert bzw. Zinsbelastungen reduziert werden könnten. Bei dem empfohlenen Swap-Vertrag habe es sich nicht um ein hochspekulatives Geschäft gehandelt, sondern um einen einfach strukturierten Zins-Swap, zu dessen Beurteilung eine einfache Zinsmeinung genüge. Über etwaige "kommunalrechtliche Besonderheiten" sei gesprochen worden. Das kommunalrechtliche Spekulationsverbot sei keine allgemein verbindliche Rechtsnorm. Es habe allenfalls haushaltsrechtliche Bedeutung, daher komme ihm keine Bedeutung für die Beratungspflichten zu. Mit "kommunalrechtlichen Besonderheiten" sei der Kläger besser vertraut als die Beklagte. Das Darlehensportfolio des Klägers sei besprochen worden. Eine Absicherung von Grundgeschäften laut dem Derivateerlass habe vorgelegen, da ein konkreter sachlicher und zeitlicher Bezug gegeben gewesen sei. Jedenfalls sei eine etwaige Fehlberatung nicht kausal geworden und der Kläger müsse sich ein erhebliches Mitverschulden anrechnen lassen.
31 
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
32 
Die gem. § 511 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung des Klägers ist zulässig und mit Ausnahme des Auskunftsanspruchs begründet. Die gem. § 531 Nr. 1 ZPO zulässige, weil sachdienliche Widerklage der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Zwischen den Parteien ist ein Beratungsvertrag zustande gekommen, der für die Beklagte umfangreiche Aufklärungspflichten mit sich brachte (1.). Die Beklagte hat den Kläger im Zusammenhang mit dem CMS-Spread-Sammler-Swap weder objektgerecht (2.) noch anlegergerecht beraten (3.). Der Kläger war auf Grund seiner Unwissenheit in einem erheblichen Umfang aufklärungsbedürftig (4.). Die Beklagte hat ihre Beratungspflichten schuldhaft verletzt (5.). Dies war ursächlich (6.) für den eingetretenen Schaden (7.). Ein Mitverschulden fällt dem Kläger nicht zur Last (8.). Das Auskunftsverlangen des Klägers (9.) ist hingegen ebenso wie die Widerklage der Klägerin (10.) unbegründet
33 
1. Beratungsvertrag
34 
Zwischen den Parteien ist nicht streitig, dass mit der Beratung des Klägers und der Empfehlung des streitgegenständlichen CMS Spread Sammler Swaps ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist (vgl. hierzu die std. Rspr.: BGH Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126; Urt. v. 21.03.2006, XI ZR 63/05, WM 2006, 851). Dabei spielt es keine Rolle, ob die Beratungsleistung entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt (BGH Urt. v. 04.03.1987, IVa ZR 122/85, BGHZ 100, 117; Urt. v. 13.01.2004, XI ZR 355/02, zit.n.juris; Siol in Schimansky/Bunte/Lwowski (S/B/L), Bankrechts-Handbuch, 3. Aufl. § 43 Rn. 7).
35 
Aus dem Beratungsvertrag, der gegenüber dem später abgeschlossenen Swap-Vertrag eine selbständige Bedeutung hat, folgt die Pflicht zur vollständigen, verständlichen und richtigen Beratung über das Anlageobjekt (objektgerechte Beratung). Das empfohlene Anlageobjekt muss zudem auf den Kunden zugeschnitten, also anlegergerecht sein (std. Rspr, vgl. nur: BGH Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126; Urt. v. 21.03.2006, XI ZR 63/05, WM 2006, 851; Braun/Lang/Loy in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang (E/S/C/L), Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, Rn. 192 ff.). Bewertungen und Empfehlungen müssen hingegen ex ante betrachtet lediglich vertretbar sein. Das Risiko, dass sich eine Anlageentscheidung im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (BGH Urt. v. 14.07.2009, XI ZR 152/08, WM 2009, 1647; Urt. v. 21.03.2006, XI ZR 63/05, WM 2006, 851).
36 
2. Keine objektgerechte Beratung
37 
Die Beklagte hat den Kläger nicht pflichtgemäß über die wesentlichen Eigenschaften des empfohlenen Swap-Vertrages informiert. Bei dem CMS Spread Sammler Swap handelt es sich um einen komplexen Vertrag mit asymmetrischen Risiken (a.). Die Beklagte hat dabei fehlerhaft nicht darauf hingewiesen, dass die Zinsmeinung des Klägers als alleiniges Entscheidungskriterium ungeeignet war und sich die Risiken und Erfolgsaussichten nur mit Hilfe von anerkannten Bewertungsmodellen beurteilen lassen (b.). Sie hätte über die Höhe und die Bedeutung des anfänglichen Marktwerts aufklären (c.) und auf den Charakter des Vertrages als hoch spekulativen Glücksspiel mit unfair verteilten Chancen hinweisen müssen (d.).
38 
a. Eigenschaften des Vertrages
39 
Der CMS Spread Sammler Swap war ein komplexes Finanzinstrument mit verschiedenen Eigenschaften:
40 
- Die Netto-Zahlungspflicht des Klägers errechnete sich nach einer mathematischen Formel nach Abzug der Zinszahlungen der Beklagten (3%). Der Kläger hatte 2% p.a. zu bezahlen zuzüglich eines variablen Zinssatzes von 5%, multipliziert mit der doppelten Anzahl der Bankarbeitstage, an denen der vertragliche Spreadsatz unter 0,82% lag, geteilt durch die Anzahl der Bankarbeitstage dieser Periode. Daraus ergab sich bei dem Nominalkapital von 5 Millionen Euro ein maximal möglicher Gewinn des Klägers in Höhe von 1% p.a. [3%-2%+0%)]. Das waren 250.000 Euro in 5 Jahren, 50.000 Euro pro Jahr oder 25.000 Euro pro Halbjahresperiode. Der maximal mögliche Verlust aus diesem Geschäft belief sich auf 4% p.a. [3%-(2%+5%)]. Das war 1 Million Euro in 5 Jahren.
41 
- Der vertragliche Spreadsatz ist kein Interbanken-Zinssatz, sondern leitet sich aus der Differenz (Spread) zwischen zwei Interbankenzinssätzen (10-Jahres-Swapsatz und 2-Jahres-Swapsatz) ab. Zur prognostischen Abschätzung der Entwicklung des Spreadsatzes und somit der Erfolgsaussichten des Swap-Vertrages hätte der Kläger in der Lage sein müssen, sich eine Meinung bezüglich der Faktoren bilden zu können, die das Verhältnis dieser beiden Zinssätze zueinander beeinflussen.
42 
- Die angemessene Festlegung der Schwelle von 0,82% für die Zählung der Bankarbeitstage, die den Faktor für den variablen Zinssatz ausmachten, enthielt ein weiteres Prognoserisiko. Der Vertrag war für den Kläger nur günstig, wenn die vertragliche Schwelle an weniger als 12 Bankarbeitstagen unterschritten wurde. Er musste beurteilen können, ob die Höhe der Schwelle hierfür richtig justiert war. Hierzu war eine Zinsmeinung zu den Höhen der 10-Jahres- und 2-Jahres-Swapsätze für sämtliche Bankarbeitstage in den nächsten 5 Jahren erforderlich.
43 
- Die Beklagte hatte ein Recht zur vorzeitigen Beendigung ohne Ausgleichszahlung zu jedem halbjährlichen Zinszahlungstermin nach einem Jahr. Hierdurch bestand für den Kläger die Gefahr, dass er infolge der Kündigung bereits erzielte Verluste durch den späteren Verlauf des Vertrages nicht mehr würde kompensieren können.
44 
- Der Kläger besaß kein ordentliches Kündigungsrecht ohne Ausgleichszahlung. Damit bestand sein maximales Verlustrisiko von 1 Million Euro in 5 Jahren bereits ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Die Beklagte stand auf Grund ihres Kündigungsrechts demgegenüber nicht bereits ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses im maximalen Verlustrisiko von 250.000 Euro. Bis zum ersten Kündigungstermin war ihr Risiko auf 50.000 Euro beschränkt wofür sie bereits die volle Chance auf einen Gewinn von 1 Million Euro in 5 Jahren erhielt. Nach dem ersten Kündigungstermin bestanden jeweils nur Verlustrisiken von maximal 25.000 Euro pro Halbjahr, wohingegen der Kläger immer im vollen Risiko blieb.
45 
b. Ungeeignetheit der Zinsmeinung und Beurteilung mittels Bewertungsmodellen
46 
Die Beklagte hat ihre Beratungspflichten verletzt, indem sie dem Kläger suggeriert hat, er könne die Risiken und Chancen des Vertrages auf der Grundlage der persönlichen Zinsmeinung ihres kaufmännischen Geschäftsführers beurteilen. Sie hätte deutlich darauf hinweisen müssen, dass derartige Verträge nur anhand von anerkannten Bewertungsmodellen, wie die Beklagte sie auch zur Konstruktion des Vertrages verwendet hat, beurteilt werden können.
47 
aa. Erforderlichkeit einer Prognose
48 
Wer einen CMS Sammler Swap mit fünfjähriger Vertragsbindung abschließen will, muss zwangsläufig eine Prognoseentscheidung treffen. Er muss, ausgehend von der angebotenen Zinsformel, den zukünftigen konkreten Kursverlauf des 10-Jahres-Swapsatzes unter Berücksichtigung seiner Schwankungsbreite für die Vertragslaufzeit vorhersagen. Gleiches gilt für den 2-Jahres-Swapsatz. Darauf aufbauend muss er abschätzen, an wie vielen Tagen einer Zinsperiode sich beide Zinssätze auf weniger als 0,82 Prozentpunkte Abstand annähern. Er muss also nicht nur die Entwicklung der absoluten Höhe der Zinssätze und deren Ursachen prognostizieren, sondern auch die Umstände, die das Verhältnis der langfristigen zu den mittelfristigen Kapitalmarktzinssätzen beeinflussen. Da für die Berechnung der Zinsformel jeder Bankarbeitstag von Bedeutung ist, muss die Vorhersage möglichst konkret sein. Dabei sind die Volatilität der Zinskurven und die der aus ihnen abgeleiteten Spreadkurve zu berücksichtigen. Je näher die Differenz (Spread) sich dem vertraglichen Schwellenwert annähert, umso größer ist die Gefahr, dass auf Grund der Kursschwankungen ein "Ausreißer" nach unten die Schwelle verletzt. Die Prognose der Zinssätze und der Erfolgsaussichten muss zudem die Situationen vorhersehen, in denen die Bank von ihrem einseitigen Kündigungsrecht ohne Ausgleichszahlung Gebrauch machen kann, so dass spätere Gewinnmöglichkeiten zur Kompensation von anfänglichen Verlusten entfallen.
49 
bb. Ungeeignetheit der subjektiven Zinsmeinung
50 
Die Beklagte hat in dem Strategiepapier vom 08.06.2005 (Anlage K11) die Entscheidungskriterien für den Abschluss des streitgegenständlichen Vertrages dargestellt. Dort heißt es, der Kläger rechne damit, dass sich die Differenz zwischen dem 10-Jahres- und dem 2-Jahres-EUR-Swapsatz innerhalb der nächsten 5 Jahre nicht deutlich verringern werde, das heißt, dass die Zinsstrukturkurve "nicht wesentlich flacher" werde. Diese Zinsmeinung bzw. Markterwartung über die CMS-Differenz wolle der Kläger zu einer Verbilligung seiner Finanzierung um bis zu 1% nutzen.
51 
Eine nähere Konkretisierung der zum Abschluss des Vertrages erforderlichen Markterwartung erfolgte nicht. Eine mögliche, und von der Beklagten als maßgeblich dargestellte, Entscheidungsgrundlage ist somit die subjektive Meinung des Klägers, wie sich die Zinsen in den nächsten Jahren entwickeln werden. Wie der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 26.02.2010 (9 U 164/08) ausgeführt hat, sind derartige konturlos beschriebene Zinsmeinungen als alleinige Entscheidungsgrundlage aber vollkommen untauglich: Dem Kläger wurde mit dem angebotenen Swap-Vertrag eine unkündbare fünfjährige Vertragsbindung vorgeschlagen, die ein rechnerisches finanzielles Verlustrisiko von 1 Million Euro enthielt. Wer ein solches Risiko verantwortungsvoll eingehen will, bedarf einer fundierteren Entscheidungsgrundlage. Erforderlich ist eine präzise Vorstellung über die Wahrscheinlichkeit, mit der während der fünfjährigen Vertragslaufzeit die Spreadkurve die vertragliche Schwelle von 0,82% unterschreitet. Hierzu musste sich der Kunde u.a. eine Meinung bilden können, ob die Schwelle von 0,82 % angemessen ist und wie stark die Schwankungsbreite (Volatilität) der Spreadkurve ist.
52 
Die Beklagte hat auf Nachfrage des Senats eingeräumt, dass sie selbst auf der Grundlage ihrer subjektiven Zinsmeinung keine konkreten Zinssätze prognostiziert und darauf basierend einen voraussichtlichen Ertrag des Klägers aus dem angebotenen Swap-Vertrag errechnet habe. Die subjektive Zinsmeinung über die "nicht wesentlich flacher werdende" Zinsstrukturkurve liefert keine belastbaren Grundlagen für die Abschätzung des wirtschaftlichen Erfolgs. Sie löst sich vielmehr von dem voraussichtlichen volatilen Verlauf der Zinskurven und mündet in eine grobe, nicht näher begründbare Spekulation, an wie vielen Tagen der Spread die exakte Schwelle von 0,82% unterschreiten wird.
53 
Der Senat teilt hierbei die Auffassung der Beklagten im Schriftsatz vom 30.08.2010, S. 39 (GA 741), wonach eine Prognose der Marktentwicklung über die gesamte 5-jährige Laufzeit des CMS-Swaps von vornherein unseriös wäre. Es ist nicht vorstellbar, dass jemand die komplexen wirtschaftlichen und politischen Bedingungen, die die Höhe der Zinssätze und ihr Verhältnis zueinander beeinflussen, über einen mehrjährigen Zeitraum vorhersagen kann (Senat, Urt. v. 26.02.2010, a.a.O., Rn. 81, zit.n.juris). Dementsprechend passen Banken, z.T. quartalsweise, ihre Prognosen an die geänderten Rahmenbedingungen und neuen Ereignisse an. Hinzu kommt, dass der für den Kläger handelnde kaufmännische Geschäftsleiter, ein Beamter des gehobenen Verwaltungsdienstes, ersichtlich auf Grund eigener Kenntnisse kaum in der Lage war, belastbare und präzise Prognosen über die Entwicklung der lang- und mittelfristigen Zinsen für einen Zeitraum der nächsten 5 Jahre zu treffen oder die Qualität der von den Banken erstellten Prognosen der Volkswirte zu beurteilen. Es kommt nicht darauf an, dass einem Anleger die Unzuverlässigkeit von Prognosen bewusst ist und ein Berater dennoch auf diesen eine Empfehlung aufbauen darf (vgl. BGH, Urt. v. 21.03.2006, XI ZR 63/05). Maßgeblich ist, dass eine zwangsläufig unsichere Prognose als alleinige Entscheidungsgrundlage für einen mehrjährigen Vertrag mit dementsprechend hohem Verlustrisiko ungeeignet ist und dass die Beklagte auf die Erforderlichkeit einer fundierteren Entscheidungsgrundlage hätte hinweisen müssen. Mit ihrem Strategiepapier hat sie dem Kläger pflichtwidrig aber genau das Gegenteil suggeriert.
54 
cc. Prognose durch Bewertungsmodelle
55 
Der Senat hält trotz der Kritik der Beklagten (vgl. a. OLG Frankfurt, Urt. v. 04.08.2010, 23 U 230/08, WM 2010, 1790, Rn. 68 zit.n.juris) an seiner Auffassung fest, dass eine Beurteilung der Chancen und Risiken des Swap-Vertrages nur auf der Grundlage von anerkannten Bewertungsmodellen erfolgen kann (Urt. v. 26.02.2010, 9 U 164/08). Die Erfolgsaussichten des Vertrages lassen sich nicht mittels Taschenrechners abschätzen (1). Die Bewertungsmodelle enthalten hingegen stochastische, also objektive Prognosen (2). Diese sind neben den subjektiven Prognosen mindestens gleichwertig, wenn nicht sogar überlegen (3).
56 
(1) Der Swap-Vertrag wurde mit Hilfe der Bewertungsmodelle präzise konstruiert. Er enthält neben einer mit einem Taschenrechner berechenbaren Formel (vgl. LG Krefeld, Urt. v. 11.09.2008, 3 O 48/08; LG Wuppertal, Urt. v. 16.07.2008, 3 O 33/08, und die angegriffene Entscheidung) Risiken, die für den nicht professionellen Marktteilnehmer nicht transparent sind. Diese lassen sich nicht durch willkürliche Szenario-Berechnungen auf dem Niveau von Taschenrechnern oder Tabellenkalkulationsprogrammen erfassen und quantifizieren. Das gilt beispielsweise für die Kündigungsrechte der Beklagten, die Bestandteilen des Vertrages einen Options-Charakter verleihen (s.o.).
57 
(2) Bei den Bewertungsmodellen, wie beispielsweise das von der Beklagten verwendete Heath/Jarrow/Morton-Modell, handelt es sich um stochastische Modelle, denen ein Prognose-Charakter zukommt. Die Stochastik verbindet die Wahrscheinlichkeitstheorie mit der Statistik. Das hoch komplexe Bewertungsverfahren modelliert u.a. auf der Grundlage der tagesaktuellen Zinsstrukturkurve, der Volatilität der Zinssätze und der Korrelationen zukünftige Zinsstrukturkurven und erlaubt so die Annahme von wahrscheinlichen Werten für beliebige Tage und Zeiträume (vgl. Bühler/Uhrig-Homburg in: Obst/Hintner, Geld-, Bank- und Börsenwesen, Handbuch des Finanzsystems, 4. Aufl. Teil I Kapitel 3.8.4). Hierbei handelt es sich um präferenzfreie, also ohne Rückgriff auf individuelle Präferenzen ermittelte Werte. Der von den anerkannten Bewertungsmodellen errechnete Marktwert eines Vertrages ist der Saldo aus dem Barwert der voraussichtlichen Zahlungen der Bank und des Kunden. Dieser auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses berechnete Barwert enthält eine Abzinsung der Zahlungen in Abhängigkeit ihrer über die Vertragslaufzeit gestaffelten Fälligkeitstermine. Dieser Rechenvorgang setzt voraus, dass das Modell für jede Zinsperiode Annahmen über die Höhe der Zinssätze treffen muss, um die Anzahl der Bankarbeitstage mit einem Spread unter 0,82% für alle vertraglichen Perioden zu ermitteln. Auch diese Annahmen sind, entgegen der Auffassung der Beklagten, Prognosen. Es sind zwar keine subjektiven Prognosen, die die persönliche Erwartung von der Entwicklung der Volkswirtschaft und der Kapitalmärkte enthält. Das lässt aber ihren Charakter als stochastische Prognose (vgl. zu diesem Begriff: Gabler, Bank Lexikon 2002, Stichwort: Prognose) nicht entfallen.
58 
Der Senat teilt nicht die Auffassung der Beklagten, die stochastische Prognose sei lediglich ein Ergebnis eines Rechenvorgangs ohne besonderen Aussagewert. Sie sei stichtagsbezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses und ändere sich anhand der aktuellen Marktdaten täglich. Insofern verweist die Beklagte lediglich auf die Schwäche einer jeden Prognose, gleichgültig ob es sich um eine subjektive oder eine stochastische handelt. Eine Prognose kann sich täglich auf Grund von geänderten Rahmenbedingungen ändern. Die stochastische Prognose, die dabei auf die tagesaktuelle Zinsstrukturkurve aufbaut, reagiert lediglich sensibler und kurzfristiger als die subjektiven Prognosen, die sich an den monatlichen oder quartalsweisen Einschätzungen von Banken oder anderen Institutionen orientieren.
59 
Zudem fließt in die Berechnung des Marktwertes die tagesaktuelle Zinsstrukturkurve ein. Diese stellt auf einer Kurve die Zinssätze dar, die für Anleihen verschiedener Laufzeiten gezahlt werden. Die Zinsstrukturkurve spiegelt die an diesem Tag bestehende Erwartung der Marktteilnehmer über die voraussichtliche Entwicklung der Zinssätze wieder. Sind beispielsweise die Zinsen für langfristige Anleihen deutlich höher als für kurzfristige, spricht man von einer steilen Zinsstrukturkurve. Diese indiziert die Erwartung des Marktes auf ein Ansteigen der Zinsen. So hat es die Beklagte auch zutreffend in ihrer Präsentation (Anlage K8, S. 4) dem Kläger dargestellt. Soweit der Beklagtenvortrag in der Klageerwiderung (S. 25ff., GA 82ff.) anders hätte verstanden werden können, wurde dies in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat richtig gestellt und eingeräumt, dass die Zinsstrukturkurve eine Markterwartung bezüglich der Zinsentwicklung widerspiegelt. Insofern hat auch in die stochastische Prognose eine tagesaktuelle (subjektive) Markterwartung Eingang gefunden.
60 
(3) Entscheidend ist, dass die in den Bewertungsmodellen enthaltene stochastische Prognose gleichwertig, wenn nicht sogar überlegen gegenüber der subjektiven Prognose ist. Sie ist u.a. in der Lage, auch die Kündigungsoptionen der Bank und ihre Auswirkungen zu modellieren. Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 26.02.2010 (a.a.O.) nicht verlangt, dass ein Kunde befähigt werden muss, die Modelle selbst zu entwickeln, zu verstehen oder anzuwenden. Das ist die eigentliche Aufgabe der Berater, denen er vertraut. Dem Kunden müssen die Ergebnisse dieser Modelle und die damit verbundenen zentralen Aussagen mitgeteilt werden. So wird ein Kunde auch ohne vertiefte Kenntnisse verstehen können, dass auf der Grundlage von objektiven stochastischen Modellen der Barwert der im Swap ausgetauschten "objektiv wahrscheinlichen" Zahlungsströme errechnet werden kann. Er kann so das - grobe - Ergebnis seiner subjektiven Prognose mit dem Ergebnis von stochastischen Methoden überprüfen. Dadurch erhält er die Möglichkeit zu überdenken, ob er seine Prognose von einer "nicht deutlichen Verringerung des Spreads in den nächsten 5 Jahren" für belastbarer und präziser hält als die Prognosen von hoch entwickelten Risikomodellen, mit denen professionelle Finanzmarktteilnehmer auf einem Swap-Markt mit einem mehrere Billionen Euro großen Nominalvolumen agieren (vgl. hierzu Bank für internationalen Zahlungsausgleich, BIZ-Quartalsbericht, März 2003, S. 53).
61 
c. Aufklärung über den Marktwert
62 
Die Beklagte hat es pflichtwidrig unterlassen, den Kläger über den anfänglichen Marktwert aufzuklären. Hierzu war sie verpflichtet, weil es sich um eine zentrale Kennzahl zur Bewertung des angebotenen Swap-Vertrages handelt. Ohne dessen Kenntnis ließ sich keine verantwortbare Entscheidung über den Abschluss des Vertrages treffen. Der Marktwert enthielt u.a. wesentliche Informationen und Entscheidungsgrundlagen zu
63 
aa. dem voraussichtlichen Erfolg oder Misserfolg des Geschäfts auf Grund der prognostizierten Zahlungsströme,
64 
bb. dem Preis der im Vertrag enthaltenen Optionen und Risiken und dem Preis für die von der Beklagten erbrachten Leistung,
65 
cc. dem Risiko der Ausgleichszahlung für den Fall der Fehleinschätzung der Marktentwicklung (Risikomanagement).
66 
aa. Marktwert als Erfolgsprognose
67 
Der Marktwert stellt den Saldo der im Vertrag enthaltenen "wahrscheinlichen" zukünftigen Zahlungsströme der Bank und des Kunden dar. Es wurde oben bereits dargestellt, dass der von der Beklagten verschwiegene negative Marktwert dem Kläger indiziert hätte, dass nach objektiver Wahrscheinlichkeit er mit dem Vertrag keine Erträge zur Verringerung seiner Zinsbelastung generieren wird, sondern eine Mehrbelastung. Diese Information durfte ihm nicht vorenthalten werden.
68 
bb. Optionsprämie
69 
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss der Vermittler von Terminoptionen den Kunden über die Höhe der Optionsprämie, die wirtschaftlichen Zusammenhänge des Optionsgeschäfts und die Bedeutung der Prämie sowie ihren Einfluss auf das mit dem Geschäft verbundene Risiko aufklären. So muss darauf hingewiesen werden, dass die Prämie den Rahmen eines vom Markt noch als vertretbar angesehenen Risikobereichs kennzeichnet und ihre Höhe den noch als realistisch angesehenen, wenn auch weitgehend spekulativen Kurserwartungen des Börsenfachhandels entspricht (BGH, Urt. v. 20.06.2006, XI ZR 305/05, Rn. 11; Urt. v. 22.11.2005, XI ZR 76/05; Urt. v. 30.03.2004, XI ZR 488/02; Urt. v. 21.10.2003, XI ZR 453/02; Urt. v. 12.03.2002, XI ZR 258/01; Urt. v. 11.07.1988, II ZR 355/87, BGHZ 105, 108).
70 
Im vorliegenden Fall war die beratende Bank zwar nicht Vermittlerin von Terminoptionen. Auch ist der Kläger nicht von sich aus an die Beklagte mit der Bitte herangetreten, bestimmte Optionen zu platzieren. Die Beklagte hat aber selbst den Swap-Vertrag entworfen. Dabei hat sie in nicht transparenter Weise Zinsoptionen einstrukturiert. Sodann hat sie dem Kläger empfohlen, diese Optionen, deren Existenz und Wert er nicht erkennen konnte, zu verkaufen, um hierdurch die gewünschten Ertrags-Chancen zu erhalten. Käufer waren dabei allerdings nicht anonyme Finanzmarktteilnehmer, sondern die Beklagte selbst. Als Gegenpartei des Swap-Vertrags hat sie diese Optionen erworben.
71 
Wie die Beklagte dargelegt hat, platziert sie Swap-Verträge nicht unverändert auf dem Finanzmarkt, sondern zerlegt sie in einzelne Optionen, die sie dann mit Optionen aus anderen Verträgen bündelt und auf dem Finanzmarkt handelt (Macro-Hedge). Der Wert der einzelnen Optionen wird auf der Grundlage von anerkannten Bewertungsmodellen berechnet. Für einen nicht professionellen Teilnehmer am Finanzmarkt ist eine wirtschaftliche Bewertung der von ihm gestellten Optionen ohne diese Modelle nicht möglich. Auch im vorliegenden Fall wurde der Kläger über die Höhe der ihm für die Optionen zustehenden Prämien nicht aufgeklärt. Im Strategiepapier vom 08.06.2005 (Anlage K11, S. 2) wird zwar pauschal darauf hingewiesen, dass der Verkauf von strukturierten Zinsoptionen durch den Kläger Bestandteil der Zinsverbilligungsstrategie sei und er hierfür eine Prämie beanspruchen könne, die über die Laufzeit an ihn ausgezahlt werde. Die Höhe oder die Auszahlungsmodalität wird jedoch nicht dargelegt. Möglicherweise wollte die Beklagte mit diesem Hinweis ausdrücken, dass der Kläger im Gegenzug für die Prämie ein Zahlungsversprechen oder Optionen von der Bank erhält. Der objektiv ermittelbare Wert dieser im Tausch erhaltenen Leistungen wird aber ebenfalls nicht mitgeteilt.
72 
Im Marktwert des gesamten Vertrages schlagen sich die saldierten Werte der einzelnen gekauften oder verkauften Optionen und Zahlungsversprechen nieder (vgl. hierzu auch: Köndgen/Sandmann, ZBB 2010, 77 (89)). Ein negativer Marktwert bedeutet, dass professionelle Finanzmarktteilnehmer bereit wären, dem Kläger für die Stellung dieser riskanten und nachteiligen Mischung aus Optionen und Zahlungsversprechen einen Ausgleichsbetrag in dieser Höhe, der dem wahrscheinlichen Verlust entspricht, zu zahlen. Die Beklagte hat es zwar trotz ausdrücklicher, rechtzeitiger Nachfrage des Senats vorgezogen, nicht den konkreten anfänglichen Marktwert zu benennen. Sie räumte aber ein, dass er sich in der Größenordnung zwischen -2% und -5% des Nominalkapitals belaufen hat. Das entspricht einem negativen Betrag von 100.000 Euro bis 250.000 Euro. Die Beklagte, die selbst die Gegenposition des Swap-Vertrages einnehmen wollte, verschwieg dem Kläger diesen Wert und zahlte den Ausgleichsbetrag bzw. die Prämie daher nicht aus. Dies tat sie anscheinend in der Annahme, der Kunde schulde ihr eine angemessene Vergütung für die Möglichkeit, das Produkt am Finanzmarkt zu platzieren, für die Kosten der Risikoabsicherung, der Geschäftsabwicklung sowie für die Gewinnmarge. Allerdings hat sie ihren Vergütungsanspruch dem Kunden nicht offen gelegt. Hierzu war sie auch nicht gezwungen, weil sie mit Hilfe ihrer Berechnungsmodelle in der Lage war, den negativen Marktwert genau in der Höhe ihres gewünschten Vergütungsanspruchs zu modellieren. Dabei wusste sie, dass der Kläger diese Berechnung weder erkennen noch nachvollziehen konnte. So war sie in der Lage, ihre Vergütung in einer beliebigen Höhe zu berechnen ohne sich vor dem Kunden dafür rechtfertigen zu müssen. Dem Kunden wurde auf diese Weise der Preis für die Leistungen der Beklagten, gemeinhin ein vertragswesentlicher Umstand, über den die Parteien eine Einigung erzielen müssen, verheimlicht. Diese Vorgehensweise hat den Charakter einer heimlichen Selbstbedienung der Bank am Vermögen des Kunden. Die Beklagte entzog dem Kläger zwar keine liquiden Vermögenswerte. Sie belastete ihn aber mit Risikopositionen, ohne ihm die vom Finanzmarkt hierfür üblicherweise gezahlten Prämien gutzuschreiben.
73 
cc. Risikomanagement
74 
Die Beklagte hätte dem Kläger den anfänglichen Marktwert zum Zweck des Risikomanagements mitteilen müssen. Erst mit dieser Kenntnis wäre er in der Lage gewesen, das kostenmäßige Risiko einer fehlerhaften Prognose und einer damit verbundenen vorzeitigen Beendigung des Vertrages gegen Ausgleichszahlung abschätzen zu können. Mit dem Abschluss eines Swap-Vertrages muss eine zweiteilige Strategie bestehend aus Spekulation und Risikoabsicherung verfolgt werden (1). Ohne Kenntnis des anfänglichen Marktwerts fehlen dem Kunden wesentliche Information zu den Risiken (2).
75 
(1) Die Beklagte hat erläutert, dass sich die Motivation zum Abschluss eines Swap-Vertrages aus einem Vergleich der Markterwartung des Kunden mit der sich aus der aktuellen Zinsstrukturkurve ergebenden Markterwartung ergibt. Der Kunde setzt darauf, dass die Zinsen sich anders entwickeln, als die aus der Zinsstrukturkurve abgeleitete Markterwartung indiziert. Der Unterschied eröffne ein "Fenster", in dem man den Swap-Vertrag konstruieren könne. Dies macht den ersten Teil der Strategie aus, nämlich die Spekulation auf eine bestimmte Zinsentwicklung. Der Erfolg hängt von der dauerhaften Richtigkeit und Belastbarkeit der subjektiven Markterwartung des Kunden ab. Angesichts der Unzuverlässigkeit der Zinsmeinung und der nur kurzfristigen Aussagekraft von Prognosen ist dieses Vorgehen allerdings sehr riskant. Der Kunde wettet gegen die sich aus den Forward-Zinsen und auch gegen die sich aus den anerkannten Bewertungsmodellen ergebende Markterwartung.
76 
Die Beklagte hat auf den Vorhalt, die Verlässlichkeit von Prognosen sei zweifelhaft und daher als Entscheidungsgrundlage untauglich, erklärt, die Swap-Verträge hätten auf Grund der "Marktusancen" einen zweiten Teil. Für den Fall, dass die Markterwartungen des Kunden sich ändern, soll - entgegen den ausdrücklichen vertraglichen Vereinbarungen - der Kunde u.a. ein jederzeitiges Vertragsaufhebungsrecht gegen Zahlung eines Auflösungsbetrages haben. Der Auflösungsbetrag leitet sich wiederum unmittelbar aus dem Marktwert ab, gleichgültig, ob er positiv oder negativ ist. Dies kann zur Folge haben, dass der - vertragswidrig - um Auflösung bittende Kunde bei einem positiven Marktwert von der Bank zusätzlich eine Zahlung erhält. So hatte es die Beklagte bereits in dem Verfahren vor dem Senat in der Sache 9 U 164/08 erläutert und im vorliegenden Verfahren wiederholt.
77 
Die Funktion des Marktwerts in diesem Zusammenhang wurde von der Beklagten bisher missverständlich und falsch dargestellt. Die auch von einigen Gerichten übernommene Behauptung der Beklagten, bei dem Marktwert handele es sich um eine Art Vorfälligkeitsentschädigung (so zuletzt noch OLG Frankfurt, 04.08.2010, 23 U 230/08, Rn. 67, zit.n.juris) oder Schadensersatz, ist unzutreffend. Im Falle der Vertragsauflösung erhält die Bank "nach den Marktusancen" keinen Anspruch auf entgangenen Gewinn oder Schadensersatz. Es handelt sich um einen nicht dem Schadensersatzrecht unterliegenden Zahlbetrag zur Vertragsablösung. Bezahlt wird der Marktwert, den der Vertrag zu diesem Zeitpunkt hat. Ist er aus Sicht des Kunden positiv, erhält er von der Bank den Betrag. Das ist mit schadensersatzrechtlichen Grundsätzen nicht begründbar. Hintergrund dieser Marktusance ist nämlich die jederzeit auch für den Kunden bestehende Möglichkeit, den Vertrag durch Abschluss eines umgekehrten Gegengeschäfts bei einer Konkurrenz-Bank "glattzustellen" und in diesem Zusammenhang von dieser Bank den ggf. positiven Marktwert zu erhalten oder den negativen Betrag an sie zu zahlen. In dieser Situation zieht es die Vertragsbank vor, das Geschäft selbst zu machen, um den Kunden zu halten.
78 
(2) Um das mit einer fehlerhaften Zinsmeinung (Spekulation) einhergehende Risiko richtig bewerten und steuern zu können, muss der Kunde den anfänglichen Marktwert des Vertrages kennen. Er muss im Voraus abschätzen können, wie teuer ihn ein vorzeitiger Ausstieg aus dem Swap-Vertrag zum Marktwert kommen kann, sollte seine Markterwartung nicht eintreffen. Weiß er, dass der Wert negativ ist und kennt er seine Höhe, kann er daraus folgern, dass dieser sich kurzfristig nicht so schnell ins Positive wenden wird. Er kann beurteilen, dass er in der Anfangszeit, wenn nicht sogar über die gesamte Laufzeit, hohe Ausstiegskosten haben wird, die seine Anfangsgewinne übersteigen können. Die Höhe der zukünftigen Ausstiegskosten hängt maßgeblich von der Höhe des - konstruierten - anfänglichen Marktwertes ab. Das veranschaulicht folgende Überlegung: Unterstellt man einen negativen Marktwert von 5%, wie ihn die Beklagte nicht ausgeschlossen hat, hätte der Kläger erkennen können, dass er für die Chance, über die Laufzeit von 5 Jahren 250.000 Euro zu verdienen, einen Vertrag erhält, der sofort einen negativen Marktwert von 250.000 Euro hat.
79 
dd. Abweichende Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte
80 
Soweit andere Oberlandesgerichte direkt oder indirekt eine Aufklärung über den Marktwert für nicht erforderlich gehalten haben (OLG Bamberg, Urt. v. 14.05.2009, 4 U 92/08; OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.06.2009, I-9U 187/08; OLG Celle, Urt. v. 30.09.20009, 3 U 45/09; OLG Frankfurt, Urt. v. 29.07.2009, 23 U 76/08; Urt. v. 30.12.2009, 23 U 24/09; Urt. v. 04.08.2010, 23 U 230/08), dürften sich die unterschiedlichen Bewertungen mit dem Tatsachenvortrag der Bank in den dortigen Verfahren sowie den daraus abgeleiteten Tatsachenfeststellungen der Gerichte erklären lassen. Auch in diesem Verfahren - wie auch im anderen Verfahren vor dem Senat (9 U 164/08) - bestand eine zentrale Schwierigkeit darin, dass die Beklagte zu den tatsächlichen Grundlagen und Zusammenhängen des komplexen Geschäfts wenig Konkretes vorgetragen hat. Bezüglich des Marktwertes war der Vortrag der Beklagten zudem widersprüchlich, zum Teil offenkundig falsch und geeignet, Verwirrung zu stiften. Unstreitig hat die Beklagte dem Kläger den anfänglichen Marktwert nicht mitgeteilt. Sie trug jedoch vor, dass auf Grund des maximalen Verlustrisikos von 4% p.a. "von vornherein klar und für den Kläger ohne weiteres ersichtlich (gewesen sei) , in welchem Bereich sich der negative Marktwert bewegen könnte " und daher nicht aufklärungspflichtig sei (Schriftsatz vom 27.08.2008, S. 74, GA 131, ähnlich Schriftsatz vom 31.07.2008, S. 11, GA 350). Wie dieser Wert ohne anerkannte Bewertungsmethoden abgeschätzt werden soll, erläuterte sie jedoch nicht. Der Senat kann diese Behauptung nicht nachvollziehen. Das maximale Verlustrisiko betrug 1 Million Euro, während der von der Beklagten eingeräumte negative Marktwert sich in der Größenordnung von 100.000 Euro bis 250.000 Euro bewegte. Im Übrigen ist unstreitig, dass sich der Marktwert mittels der anerkannten Berechnungsmethoden ermitteln lässt und nicht aus einer Betrachtung des Maximalverlustrisikos. Zudem verwirrte die Beklagte mit ihrem Vortrag zum Zusammenhang zwischen dem Marktwert und der vorzeitigen Auflösungsmöglichkeit. In der Klageerwiderung (S. 74, GA 131) trug sie vor, dass der Kunde den negativen Marktwert nicht zu kennen brauche, weil er keine Kündigungsrechte habe und daher der Wert nicht "liquiditätswirksam" sei. Im selben Schriftsatz behauptete sie gleichzeitig, dass der Kläger auf die ihm bereits bekannte Möglichkeit einer Auflösung gegen Zahlung des Marktpreises hingewiesen wurde (S. 29, GA 86). Der Senat konnte auch nicht die Differenzierung der Beklagten nachvollziehen, die einerseits eine Aufklärung über das Risiko des sich ändernden Marktwerts für aufklärungspflichtig hält, andererseits den anfänglichen Marktwert als Startwert für das Marktwertrisiko als irrelevant einstuft.
81 
d. Konstruktion des Glücksspiels
82 
Die Beklagte hat es pflichtwidrig unterlassen, auf den Charakter des Swap-Vertrages als Glücksspiel (aa.) hinzuweisen, das von ihr "unfair" konstruiert wurde (bb.) und mangels geeigneter Entscheidungsgrundlage als riskant bzw. hoch spekulativ einzustufen ist (cc.).
83 
aa. Glücksspiel-Charakter
84 
(1) Der streitgegenständliche Vertrag ist ein Glücksspiel i.S.v. 762 BGB. Er ist dadurch geprägt, dass beide Seiten ein Risiko übernehmen und das Pflichtenprogramm bzw. die Zahlungen der Parteien vom Zufall oder der subjektiven Ungewissheit der Parteien über bestimmte Ereignisse abhängen (Senat, Urt. v. 26.02.2010, 9 U 164/08, m.w.N.). Der Senat betont den Glücksspiel-Charakter, weil es nicht nur um die Vermittlung von handelbaren Termin- oder Zinsoptionen geht (vgl. die hierzu unter 2.c.bb zitierte Rechtsprechung). Die Beklagte war vielmehr selbst die Partnerin des Klägers bei einem Geschäft, deren Gewinnchancen sie mit Hilfe ihrer Bewertungsmodelle konstruiert hat. Bei einer für den Kläger günstigen Entwicklung der Zinsen hätte die Beklagte ihm höhere Zahlungen leisten müssen. Bei einem ungünstigen Verlauf, wie hier, war der Kläger Nettozahler. Zudem hing die Möglichkeit, anfängliche Verluste durch Gewinne zu kompensieren von der Kündigungsoption der Beklagten ab. Der Erhalt von etwaigen anfänglichen Gewinnen durch Vertragsauflösung nach Marktusancen hing hingegen vom anfänglichen Marktwert ab. Die Entwicklung der maßgeblichen Zinsen ließ sich für keine Seite sicher vorhersagen.
85 
(2) Der Glücksspiel-Charakter des Swap-Vertrages entfiel nicht durch den Abschluss von Gegengeschäften der Beklagten zur Glattstellung der Risiken  (so auch Köndgen / Sandmann, ZBB 2010, 77 (89)). Zwar war die Beklagte in der Lage, den Swap-Vertrag in zahlreiche Optionen und Zahlungsversprechen aufzulösen und diese einzeln dergestalt am Kapitalmarkt zu platzieren, dass andere Finanzmarktteilnehmer - in der Summe - die Gegenpositionen zu dem Kläger einnahmen. Diese übergreifende gesamtheitliche Betrachtung der Beklagten ändert aber nichts daran, dass zivilrechtlich ein zweiseitiger Vertrag zwischen Bank und Kunde vorliegt. Insbesondere berühren die Geschäfte der Beklagten mit Dritten nicht die Risikostruktur des Swap-Vertrages, wie sie für den Kläger entscheidend ist. Bei einem Swap-Vertrag nimmt die Bank die Gegenposition zu dem Kunden ein. Dies ist notwendig, weil sie sich durch den Handel mit den vom Kunden erworbenen Positionen einen (Arbitrage-)Gewinn erhofft. Sie profitiert in jedem Fall von den Netto-Zahlungen des Kunden, wenn sich die Zinsen für ihn ungünstig entwickeln. Diese Zahlungen waren zudem, wegen der von ihr entwickelten Konstruktion, objektiv wahrscheinlich. Wenn die Beklagte hingegen in ihrer Eigenschaft als professioneller Finanzmarktteilnehmerin in der Lage ist, ihr eigenes Verlustrisiko abzusichern, berührt das das Verhältnis zu ihrem Kunden nicht. Zwar entstehen ihr durch die entsprechenden Verträge mit Dritten Risikoabsicherungskosten. Diese schmälern dann ihren eigenen Gewinn aus dem Geschäft mit dem Kunden. Den Gewinncharakter der Nettozahlungen des Kunden lassen sie aber nicht entfallen. Im Übrigen trägt die Beklagte bei dem Abschluss von Gegengeschäften (Macro-Hedge) auch das Kreditrisiko des Partners auf dem Interbankenmarkt. Fällt dieser aus (wie z.B. im Fall von Lehman Brothers Inc., NY), kann sie wieder eigene Verluste erleiden, die durch die Nettozahlungen des Kunden reduziert werden.
86 
Schließlich kann nicht aus § 37e WpHG gefolgert werden, es handele sich bei Finanztermingeschäften nicht um ein Glücksspiel. Im Gegenteil setzt die Norm das Vorliegen eines Glücksspiels voraus und schließt lediglich den gem. § 762 BGB daraus folgenden Einwand der Unverbindlichkeit aus (Fuchs, WpHG, § 37e, Rn. 1).
87 
bb. Unfaire Chancenverteilung
88 
Die Beklagte hat ihre Aufklärungspflichten verletzt, weil sie den Kläger nicht auf die unfaire Verteilung der objektiven Gewinn-Chancen hingewiesen hat. Der Kunde, der mit der Bank ein derartiges Geschäft abschließt, darf erwarten, dass die Bank ihn über die wesentlichen Zusammenhänge des Geschäfts aufklärt. Insbesondere darf er erwarten, dass sein Vertragspartner, der zugleich sein sich als fachkompetent gerierender Berater ist, ihm ein nach den Marktbedingungen faires Geschäft präsentiert und nicht die Ausgeglichenheit der Chancen heimlich zu seinem Nachteil aufhebt (Roberts, DStR 2010, 1082). Hierzu muss ihm vermittelt werden, dass die verschiedenen, im Vertrag einstrukturierten Optionen auf der Grundlage von anerkannten Bewertungsmodellen bewertet werden. Der Kunde muss in die Lage versetzt werden, die Fairness des Vertrages selbst zu beurteilen. Das kann er nicht, wenn er nicht über die Ergebnisse der Bewertungsmodelle informiert ist und nicht erkennen kann, dass die Bank ohne sein Wissen die Ausgeglichenheit der auszutauschenden Leistungen bzw. Optionen zu ihren Gunsten aufgehoben hat.
89 
Es mag zwar sein, dass ein Kunde bei vollständiger Information über die Regeln des Kapitalmarkts zur Bewertung von Optionen und Zahlungsverpflichtungen akzeptiert, dass die Bank einen fairen Vertrag konstruiert und anschließend für ihre Leistungen einen Preis verlangt, den sie in die Vertragsformel einkalkuliert. Das setzt aber voraus, dass der Kunde den Preis kennt. Erst dann ist er in der Lage abzuschätzen, ob er diesen Preis für eine ausgeglichene, also noch nicht einmal überwiegende Chance für angemessen hält und bereit ist, mit diesem Einsatz das Glücksspiel zu spielen.
90 
cc. Gefährlichkeit des Glücksspiels
91 
Die Beklagte hat den Kläger pflichtwidrig nicht auf die Gefährlichkeit und die fehlende Seriosität des Glücksspiels hingewiesen. Der Abschluss von derartigen Glückspielen ist nicht per se anstößig. So kann es durchaus wirtschaftlich legitime Zwecke für Swap-Verträge geben, wie sie beispielsweise bei einfachen Zinstauschgeschäften anzutreffen sind. Ein Kunde, der für einen Kredit einen variablen kurzfristigen Zinssatz zahlt, kann ein Interesse haben, sich gegen das zukünftige Zinsänderungsrisiko abzusichern. So könnte er sich von einem Dritten in einem Swap-Vertrag den gleichen variablen Zinssatz versprechen lassen und ihm hierfür einen festen langfristigen Zinssatz zahlen. Das Risiko der variablen Zinszahlung wäre durch den Swap-Vertrag glattgestellt (weggetauscht) und der Kunde würde für seine Verbindlichkeit nur noch den festen Zinssatz zahlen.
92 
Hierum geht es bei dem streitgegenständlichen Vertrag jedoch nicht. Der Vertrag zielte unstreitig nicht auf die Reduzierung des Zinsänderungsrisikos oder die Veränderung bzw. Optimierung der Zinsstruktur der Verbindlichkeiten des Klägers. Er hatte lediglich die spekulative Gewinnerzielung zum Gegenstand, mit der die Zinslast reduziert werden sollte. Hierdurch musste der Kläger Optionen stellen oder kaufen. Dass dadurch theoretisch ein Ertrag zur Reduzierung der Zinsen möglich war, steht wirtschaftlich auf der gleichen Stufe wie eine Spekulation mit Aktien, die ebenfalls Erträge zur Zinsreduzierung abwerfen könnte.
93 
Dabei war das Glücksspiel hoch riskant und unseriös, worauf die Beklagte pflichtwidrig nicht hingewiesen hat. Ein derartiges Geschäft mit fünfjähriger Vertragsbindung durfte nicht auf der Basis einer nicht belastbaren Zinsmeinung abgeschlossen werden (s.o.). Dies gilt erst recht, wenn auch das Risikomanagement durch Nutzung von marktüblichen Auflösungsrechten praktisch leer läuft, weil der hohe anfängliche negative Marktwert eine Gewinn-Chance unwahrscheinlich macht.
94 
3. Nicht anlegergerechte Beratung
95 
Die Beklagte hat gegen ihre Beratungspflichten auch dadurch verstoßen, dass sie dem Kläger ein seinem Anlageziel nicht entsprechendes Produkt empfohlen hat. Der Kläger als kommunaler Zweckverband unterliegt dem kommunalrechtlichen Spekulationsverbot und hat ein sicherheitsorientiertes Risikoprofil (a). Davon ist die Beklagte bei ihrer Beratung ausdrücklich ausgegangen ist (b). Die Beratung erfolgte dennoch unter Missachtung dieses Verbots. Der streitgegenständliche Swap hätte dem Kläger mangels Grundgeschäftsbezogenheit und seiner damit fehlenden Eignung zur Zinsoptimierung (c), aber auch wegen seines hoch spekulativen Charakters (d) nicht empfohlen werden dürfen.
96 
a. Kommunalrechtliches Spekulationsverbot und Risikoprofil
97 
Der Kläger ist ein den Regeln eines Eigenbetriebes unterfallender kommunaler Zweckverband (vgl. §§ 4, 16 der Verbandssatzung des Klägers vom 01.01.1996; K 22), mit der Aufgabe, die Abwässer seiner Mitgliedsgemeinden zu entsorgen. Die Gewinnerzielung ist nach der Verbandssatzung ausdrücklich kein Zweck des Verbandes. Im Rahmen seiner Aufgabenerfüllung hat der Kläger die Grundsätze einer nachhaltigen Haushaltswirtschaft zu beachten und sicherzustellen, dass mit den ihm anvertrauten öffentlichen Geldern die übertragene Aufgabe erfüllt wird. Bei Geldanlagen hat er auf ausreichende Sicherheit zu achten, §§ 96 Abs. 2, 91 Abs. 2 S. 1 GO i.V.m. § 16 der Verbandssatzung. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Auffassung der Beklagten richtig ist, Zinsswap-Verträge erfüllten nicht den Begriff der Geldanlage. Die Norm ist in Verbindung mit der kommunalen Zweckbindung der Mittel erkennbar Ausdruck eines allgemeinen Grundsatzes für kommunale Geschäfte am Finanzmarkt. Sie prägt das Risikoprofil des Klägers, das ein Anlageberater zu beachten hat. Es ergab sich aber auch konkret aus der Zweckbestimmung des Rahmenvertrages für Finanztermingeschäfte (Anlage K11). Dort heißt es, dass der Kläger den Abschluss von Finanztermingeschäften "zur Gestaltung von Zinsänderungs-, Währungskurs- und sonstigen Kursrisiken" beabsichtige.
98 
Die Zweckbindung bei der Verwendung kommunaler Gelder wird unter anderem durch das kommunalrechtliche Spekulationsverbot konkretisiert. Dessen Wesensmerkmal ist das Erfordernis einer Grundgeschäftsbezogenheit von Finanzierungsgeschäften. Der Derivate-Erlass des Innenministeriums von Baden-Württemberg vom 17.08.1998 (vgl. K2) kennt zulässige zinsbezogene Derivatgeschäfte in zwei Formen: Zum einen sind dies Geschäfte, bei denen noch nicht abgesicherte Zinsänderungsrisiken durch das Derivatgeschäft als selbstständiges Rechtsgeschäft abgesichert werden. Zum zweiten sind dies Zinsoptimierungsgeschäfte , die - ebenfalls durch ein selbstständiges Rechtsgeschäft - ein allgemeines wirtschaftliches Risiko abdecken oder minimieren sollen. Beispielhaft für ein allgemeines wirtschaftliches Risiko wird in dem Erlass das Risiko der künftigen Zinsentwicklung genannt. Finanzgeschäfte zur Erwirtschaftung separater Gewinne sind hingegen als Finanzspekulationen unzulässig. Hierunter fallen zinsbezogene Derivatgeschäfte, die losgelöst vom konkret zugrundeliegenden Kreditgeschäft abgeschlossen werden.
99 
Stets bedarf es danach einer wertenden Betrachtung der Grundgeschäfte einerseits sowie des in den Blick genommenen Finanzgeschäftes andererseits, um die Zulässigkeit solcher Finanzgeschäfte feststellen zu können. Einem nur auf den stark wertungsbedürftigen und zuweilen mit erheblichen (negativen) Konnotationen belegten Begriff der "Spekulation" abstellenden Verständnis des kommunalrechtlichen Spekulationsverbots würde es an einer praxistauglichen Greifbarkeit fehlen. In einem weiten Sinne ist jedes vorausschauende Verhalten mit dem Ziel, aus in der Zukunft liegenden Entwicklungen durch entsprechendes Marktverhalten einen ökonomischen Nutzen zu ziehen, "spekulativ". Es liegt auf der Hand, dass ein in diesem Sinne umfassendes Verbot, Finanzgeschäfte zu tätigen, eine auch für Kommunen und kommunale Betriebe erforderliches sinnvolles Wirtschaften unmöglich machen würde. Ebenso sind Definitionen untauglich, die keinen Bezug mehr zum Risiko und Risikomaß von Grund- und Finanzierungsgeschäft herstellen. Sie sind nicht geeignet, den mit dem kommunalrechtlichen Spekulationsverbot bezweckten Schutz der öffentlichen Haushalte zu gewährleisten.
100 
Konturen soll dem kommunalrechtlichen Spekulationsverbot das Merkmal der Grundgeschäftsbezogenheit verleihen. Entscheidend ist, ob das mit dem Grundgeschäft verbundene finanzielle Risiko durch einen sachlichen und zeitlichen Bezug zu dem Finanzgeschäft in einer angemessenen Weise abgesichert oder optimiert wird. Dies kann etwa bei der Absicherung zukünftiger Zinsänderungsrisiken des Grundgeschäfts durch einen einfachen Zinstausch erfolgen. Denkbar ist auch, das Risiko einer vorhandenen ungünstigen Zinsstruktur der Verbindlichkeiten durch entsprechende Swap-Geschäfte zu verändern, indem die Risiken aus Grundgeschäften durch gegenläufige Geschäfte ganz oder teilweise glattgestellt werden.
101 
Erforderlich, nicht aber hinreichend hierfür ist, dass Verbindlichkeiten aus einem Derivatgeschäft Verbindlichkeiten aus einem Grundgeschäft in Höhe und Dauer der Vertragsbindungen nicht überschreiten. Der weiterhin erforderliche sachliche Bezug hängt zunächst entscheidend von der konkreten Beschaffenheit der Risiken der Grundgeschäfte ab. Ob ein Finanzderivat geeignet ist, diesen konkreten Risiken ganz oder teilweise zu entsprechen, ist nur anhand eines Vergleichs mit den Charakteristika des jeweiligen Derivates zu bestimmen. Bei Finanzoptimierungsgeschäften können dabei Fragen der Veränderung der Risikolage für den Kunden relevant werden, wenn mit dem derivativen Finanzgeschäft ein finanzielles Risiko verändert wird, um das Ziel der Optimierung zu erreichen. Geschäfte, die bestehende finanzielle Risiken nicht abdecken oder zumindest minimieren, bei denen also das einzugehende finanzielle Risiko diesen Zielen widerspricht, können nicht der Zinsoptimierung dienen.
102 
b. Kommunalrechtliches Spekulationsverbot als Grundlage der Beratungstätigkeit
103 
Die Beklagte ist von der grundlegenden Bedeutung des kommunalrechtlichen Spekulationsverbots für die Finanzentscheidungen des Klägers ausdrücklich ausgegangen. Entscheidend ist, dass sie das kommunalrechtliche Spekulationsverbot als wesentlichen Aspekt der von ihr zu erbringenden Beratungsleistung angesehen hat. Nach ihrem eigenen Vortrag hat sie den Kläger auf den Derivate-Erlass des Innenministeriums und die sich hieraus ergebenden Zulässigkeitsvoraussetzungen und Grenzen hingewiesen. Sie ist gegenüber dem Kläger und den Kommunen als Expertin für kommunales Finanzmanagement aufgetreten. Sie hatte in der Vergangenheit bereits kostenpflichtige Beratungsleistungen für den Kläger erbracht, die bei der Abschlusspräsentation in die Aussage mündeten, dass sich aus den Grundzielen der kommunalen Aufgabenerfüllung "automatisch ein Spekulationsverbot" ableite. Ebenso hatte die Beklagte für eine Mitgliedsgemeinde des Klägers, bei der der kaufmännische Geschäftsleiter des Klägers zugleich Kämmerer war, Leistungen aus einem Beratungs- und einem Risk-Management-Vertrag erbracht. Daher vermag der Senat nicht die Argumentation nachzuvollziehen, dass der Beklagten hinsichtlich "etwaiger kommunalrechtlicher Besonderheiten", die internes Haushaltsrecht darstellten, keine Hinweis- und Aufklärungspflichten erwachsen würden und der Kläger mit diesen Besonderheiten besser vertraut sei als die Beklagte. Die Beklagte argumentiert widersprüchlich, wenn sie als beratende Bank eine Expertise behauptet und insoweit gegen Vergütung Vertrauen in Anspruch nimmt, im Streitfall jedoch auf die nicht näher ausgeführten besseren Kenntnisse des beratenen Kunden hierzu abheben will. Auf diese Weise kann sie sich als Beraterin von Kommunen und kommunalen Einrichtungen nicht aus der Verantwortung stehlen.
104 
Wegen des tatsächlichen Verhaltens der Beklagten im konkreten Fall kann die - etwas allgemeiner diskutierte - Frage offen bleiben, ob ein Berater auf das Bestehen eines allgemeinen Spekulationsverbots oder auf die Frage einer "möglichen" Unvereinbarkeit des beabsichtigten Geschäfts mit diesem Verbot generell hinweisen muss (verneinend: OLG Bamberg, Urt. v. 11.05.2009, 4 U 92/08, Rn. 141 m.w.N. zum Meinungsstand, bejahend: OLG Koblenz, Urt. v. 14.01.2010, 6 U 170/09; OLG Naumburg, Urt. v. 24.03.2005, 2 U 111/04). Nach Auffassung des Senats lassen die bestehenden Normen, auch wenn sie primär aufsichtsrechtlicher Natur sind, einen Rückschluss auf ein sehr konservatives, sicherheitsorientiertes Anlegerprofil zu. Dieses haben Anlageberater zu beachten, solange nicht die Kommune bzw. die kommunale Einrichtung ausdrücklich eine Einstufung in eine andere "Risikoklasse" wünscht.
105 
Sofern die Beklagte trotz der von ihr in Anspruch genommenen Kompetenz als Beraterin für kommunale Finanzgeschäfte über die Grundlagen ihrer Tätigkeit im Unklaren gewesen sein sollte, hätte es ihr oblegen, dies dem Kläger zu offenbaren und gegebenenfalls unklare Aspekte mit diesem gemeinsam zu erhellen. Die von der Beklagten hier verwandten Strategiepapiere enthalten im Übrigen einen ausdrücklichen Verweis auf die Bedeutung des sachlichen Bezuges von Grund- und Finanzgeschäft. Sie stellen darauf ab, dass sich der Risikocharakter des strukturierten Zinsswap verändere, wenn das Grundgeschäft wegfalle. Dieser Hinweis macht nur bei Bestehen einer sachlichen Konnexität Sinn.
106 
Dass der Kläger bessere Kenntnisse zum Spekulationsverbot gehabt hätte, vermag der Senat nicht zu erkennen. Rein abstrakte Rechtskenntnisse sind hier schon wegen der Komplexität des streitgegenständlichen Swap-Vertrages, der von der Beklagten konstruiert wurde, keinesfalls ausreichend, um beurteilen zu können, ob das Konnexitätsgebot eingehalten wird. Es war Aufgabe der von der Beklagten durchgeführten Beratung, dies zu ermöglichen und entsprechend nur ein passendes Angebot zu unterbreiten.
107 
c. Ungeeignetheit des spekulativen CMS Spread Sammler Swap
108 
Vor dem Hintergrund des Risikoprofils des Klägers und dem Beratungsgegenstand war die Empfehlung des CMS Spread Sammler Swaps nicht anlegergerecht. Ein Berater hat zunächst das Risikoprofil des Kunden zu ermitteln, denn nur dieses zeigt ihm den Rahmen auf, innerhalb dessen er diesem Finanzgeschäfte empfehlen kann. Finanzprodukte, die dem Profil nicht entsprechen, darf der Berater bereits nicht empfehlen und macht sich schadensersatzpflichtig, selbst wenn er über das Produkt objektgerecht beraten hat (BGH, Urt. v. Urt. v. 14.07.2009, XI ZR 152/08). Er könnte das Produkt allenfalls dann empfehlen, wenn er den Kunden vorher deutlich und unmissverständlich auf die Überschreitung der Grenzen des Risikoprofils hingewiesen hätte und der Kunde sich anschließend bewusst für eine Anpassung und beispielsweise Einstufung in eine höhere Risikoklasse entschieden hätte (vgl. hierzu Abschn. B.2.2 der früheren Richtlinie gem. § 35 Abs. 6 WpHG - Wohlverhaltensrichtlinie - vom 23.08.2001, BAnz Nr. 165 v. 04.09.2001, S. 19217).
109 
Der von der Beklagten angebotene CMS Spread Sammler Swap passte nicht zu dem Risikoprofil des Klägers. Bei dem streitgegenständlichen Swap handelte es sich, wie oben dargestellt, um ein hochspekulatives Produkt, mit dem ein für den Kläger hohes finanzielles Risiko verbunden war. Zudem fehlte es an einer Grundgeschäftsbezogenheit. Die entgegenstehende Auffassung der Beklagten, ein Geschäft sei grundgeschäftsbezogen und nicht spekulativ, wenn es dieselben Risiken beinhalte, die der Kunde schon halte, geht ebenso fehl wie die Betonung, dass die Grundgeschäftsbezogenheit keine rechtliche Abhängigkeit von Grundgeschäft und empfohlenem Finanzgeschäft erfordere.
110 
Dass eine rechtliche Konnexität nicht erforderlich ist, mag hier zugrunde gelegt werden, führt aber in der Sache nicht weiter. Entscheidend ist, dass es an der sachlichen Konnexität zum Darlehensportfolio des Klägers fehlte. Die Beklagte hat sich darauf beschränkt, pauschal einen sachlichen und zeitlichen Bezug zu behaupten, ohne dies jedoch zu konkretisieren. Einzig darauf, dass die Höhe der Verbindlichkeiten im Darlehensportfolio mit fünfjähriger Laufzeit die Höhe des Nominalkapitals des Swap-Vertrags überstiegen hat, kann aber nicht abgestellt werden. Ansonsten würden Sinn und Zweck des kommunalrechtlichen Spekulationsverbots verfehlt.
111 
Die dem Swap zugrunde liegende Zinsformel stellt auf einen Spreadsatz ab, dem ein Bezug zu dem von dem Kläger zu tragenden oder von ihm als Optimierung gewünschten Zinsrisiko fehlt. Der Kläger war in seinen bestehenden Kreditverträgen Zahler von - verhältnismäßig niedrigen - Festzinssätzen. Er hatte ein Interesse an einer Zinssenkung, wofür er offenbar bereit war, das in variablen Zinssätzen enthaltene Zinsänderungsrisiko zu übernehmen. Insofern hätte es nahegelegen, dass er für den von der Bank im Swap-Vertrag erhaltenen Festzinssatz beispielsweise die Zahlung eines variablen EURIBOR-Satzes wie den 3-Monats-EURIBOR verspricht. Ein solcher Swap-Vertrag war jedoch wegen der bereits niedrigen langfristigen Kreditzinsen des Klägers unstreitig nicht verfügbar. Die Formel, die die Klägerin stattdessen anbot, hatte jedoch nichts mehr mit den Interessen des Klägers und dem realen Marktgeschehen zu tun. Der kaufmännische Leiter des Klägers konnte bei seiner informatorischen Anhörung schon nicht die Bedeutung des vertraglichen Spreadsatzes zwischen dem 10-Jahres-Swapsatz und dem 2-Jahres-Swapsatz für den Kläger erläutern. Noch weniger existiert ein Zusammenhang zwischen den Risiken des Klägers und der Häufigkeit, mit der dieser Satz eine bestimmte Schwelle unterschreitet. Letztendlich wurden Optionen konstruiert, die den Kläger mit einem völlig neuen Risiko belasteten, dessen Realisierung zudem nach den anerkannten Bewertungsmethoden überwiegend wahrscheinlich war. Diese Risiken waren dem Kläger genauso fremd wie beispielsweise das Risiko von steigenden Rohstoffpreisen in Asien. Sie entsprachen nicht dem mit dem Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte vorgegebenen Rahmen.
112 
Die Beklagte hätte den Kläger darauf hinweisen müssen, dass es zu seinem konservativen Risikoprofil keine Produkte gebe, mit denen er eine weitere Zinsverbilligung erreichen könne. Die Beklagte missversteht ihre Beratungspflichten, wenn sie die Empfehlung eines Produkts einzig mit dem vom Kunden geäußerten Ziel der Zinsverbilligung rechtfertigt. Jeder Kunde möchte den maximalen Gewinn bei minimalem Risiko erzielen. Die Beklagte war aber aufgrund ihrer sich aus dem Beratungsverhältnis ergebenden Verpflichtung, ganz im Sinne des Klägers zu beraten, gehalten, möglicherweise unrealistische oder mit höheren Risiken verbundene Zinserwartungen des Geschäftsleiters des Klägers als solche zu benennen und auf eine dahingehende Empfehlung zu verzichten.
113 
d. Hoch spekulativer Charakter und unvertretbare Empfehlung
114 
Der CMS Spread Sammler Swap war wegen seines hoch spekulativen Charakters nicht anlegergerecht und seine Empfehlung aus einer ex-ante-Sicht nicht vertretbar. Wie oben bereits dargestellt, war die subjektive Zinsmeinung als alleinige Entscheidungsgrundlage zum Abschluss eines fünfjährigen Vertrages mit einem Verlustrisiko von 1 Million Euro ungeeignet. Eine ergänzende Entscheidungsgrundlage zur Absicherung der subjektiven Zinsmeinung gab es nicht. Auch die Beklagte gab an, den möglichen Gewinn des Klägers nicht auf der Grundlage von anderen Faktoren einzuschätzen. Eine Risikobegrenzungsstrategie war wegen der mit dem hohen negativen Marktwert verbundenen Ausstiegskosten kaum erfolgsversprechend. Ein Vertrag, der auf einer derart ungesicherten Entscheidungsgrundlage basiert, kann nur - unabhängig von einem konkret berechenbaren Risikomaß (z.B. Value at Risk) - als hoch spekulativ angesehen werden. Diese Form der Geschäfte passte nicht zum Risikoprofil des Klägers. Da die Beklagte die Erfolgsaussichten des Vertrages selbst nicht abschätzen konnte, war auch eine Empfehlung nicht vertretbar.
115 
4. Aufklärungsbedürftigkeit des Klägers
116 
Der Kläger bzw. der für ihn handelnde kaufmännische Geschäftsleiter war aufklärungsbedürftig.
117 
Zunächst kann sich die beratende Bank nicht auf eine fehlende Aufklärungsbedürftigkeit eines Kunden zu einem Aspekt berufen, zu dem die Beratung gerade erfolgen soll. Dass der Kläger mit dem Spekulationsverbot besondere kommunalrechtliche Bindungen zu beachten hatte, war für beide Parteien gleichermaßen bekannt. Daraus ergibt sich aber noch keine ausreichende Kenntnis des Klägers von den tatsächlichen Besonderheiten des ihm empfohlenen komplexen Finanzproduktes. Die Vermittlung dieser Kenntnisse war aufgrund des Beratungsvertrages und des von der Beklagten ersichtlich in Anspruch genommenen Vertrauens geschuldet. Die Frage, ob eine Grundgeschäftsbezogenheit besteht und welches Risikomaß ein Finanzprodukt aufweist, ist tatsächlicher Natur mit einem finanzwirtschaftlichen Schwerpunkt. Hier fehlten dem Kläger die Kenntnisse.
118 
Die Erfahrungen des Geschäftsleiters des Klägers aus den durchaus zahlreichen vorangegangenen Swap-Geschäften belegen ebenfalls nicht dessen ausreichende Vorkenntnisse. Die Beklagte beruft sich für diese Annahme auf die Aufzählung von bei anderen Banken getätigten Swap-Geschäften und auf zuvor schon mit der Beklagten abgeschlossene Swap-Geschäfte. Nicht erkennbar oder konkret vorgetragen ist, dass der Kläger in diesem Zusammenhang jemals, sei es von der Beklagten selbst oder von Dritten, ausreichend aufgeklärt wurde.
119 
Dafür, dass der Kläger oder dessen handelnder Geschäftsleiter die Ungeeignetheit der empfohlenen Anlage oder die wesentlichen Zusammenhänge mit dem Marktwert erkannt hätte, spricht hier nichts. Die Beklagte selbst will den Swap-Vertrag nach wie vor als ein nicht-spekulatives, dem Ziel der Zinsoptimierung dienendes und auch für Kommunen und kommunale Verbände geeignetes Finanzinstrument verstanden wissen. Dass bei einer solchen Haltung der zu beratende Kunde in der Lage sein müsste, diese Fehleinschätzungen seines Beraters sowohl zu den Grundlagen seiner Beratung als auch zu den Charakteristika des empfohlenen Produktes zu erkennen, lässt sich nicht begründen.
120 
5. Verschulden
121 
Das Verschulden der Beklagten ist offensichtlich und wurde im Übrigen von der Beklagten nicht widerlegt, § 280 Abs. 1 S. 2 BGB. Sie hatte Kenntnis von dem im Vertrag einstrukturierten negativen Marktwert. Gleichzeitig wusste sie, dass der Kläger nicht in der Lage war, diesen zu erkennen und seine zentrale Bedeutung für die Bewertung der Optionen, die Verlustrisiken und das Risikomanagement zu erfassen. Der Beklagten musste dabei bewusst sein, dass der Begriff der "Zinsverbilligung" und die Herausstellung der subjektiven Zinsmeinung als alleiniger Entscheidungsgrundlage zudem geeignet waren, von den wahren Risiken des Vertrages und seiner komplexen Risikostruktur abzulenken. Sie handelte vorsätzlich, um mit dem Geschäft entweder direkt oder durch den Handel mit den günstig erworbenen Optionen einen Gewinn zu erzielen.
122 
Im Zusammenhang mit der fehlerhaften Einstufung des Swap-Vertrages als Zinsoptimierungsgeschäft im Sinne des Derivate-Erlasses des Innenministeriums fällt ihr wenigstens Fahrlässigkeit zur Last.
123 
6. Kausalität
124 
Zu Gunsten des Klägers greift die Vermutung des aufklärungsrichtigen Verhaltens. Es ist nicht anzunehmen, dass ein wirtschaftlich rational handelnder Geschäftsleiter eines kommunalen Zweckverbands den Swap abgeschlossen hätte, wenn er verstanden hätte, dass nach den anerkannten Wahrscheinlichkeitsmodellen die Chancen zu seinem Nachteil konstruiert sind, die Zinsmeinung als Entscheidungsgrundlage entgegen den Ausführungen der Beraterin vollkommen ungeeignet und der Vertrag hoch spekulativ ist.
125 
7. Schaden
126 
Die Schadenshöhe ist betragsmäßig unstreitig und besteht in den von dem Kläger geleisteten Zahlungen nach Abzug der von der Beklagten erhaltenen Zahlungen.
127 
8. Mitverschulden
128 
Ein gem. § 254 BGB zu berücksichtigendes Mitverschulden des Klägers liegt nicht vor. Grundsätzlich darf ein Anleger dem Rat seines Beraters vertrauen, ohne dass ihm ein Vorwurf daraus gemacht werden kann (BGH Urt. v. 13.01.2004, XI ZR 355/02). Zwar sind unter Umständen von diesem Grundsatz Ausnahmen zu machen, wenn ein Berater erkennbar für die Kapitalsucherseite handelt (vgl. BGH Urt. v. 25.11.1981, IVa ZR 286/80). Gegen die Berücksichtigung eines Mitverschuldens spricht jedoch die Vorgehensweise der Beklagten. Sie hat als über einen längeren Zeitraum hinweg und auf der Grundlage eines umfassenden und entgeltlichen Beratungsvertrages ein hohes Maß an Vertrauen – insbesondere in Bezug auf ihre Expertise bei Finanzmarktgeschäften von Kommunen und kommunalen Verbänden - in Anspruch genommen. Der Kläger musste nicht sein Wissensdefizit bezüglich der komplexen Risikostruktur erkennen. Dies gilt umso mehr, als eine Großbank wie die Beklagte als seriöses Institut wahrgenommen wird, das sich für die Interessen ihrer Kunden einsetzt und über eine hohe Erfahrung auf dem Finanzsektor verfügt. Für den Kläger bestand überhaupt kein Anlass für die Annahme, er müsse die Chancen des Swap-Vertrages nach anderen Kriterien als allein seiner Zinsmeinung beurteilen. Über die überragende Bedeutung des anfänglichen Marktwerts und seiner Zusammenhänge war er vollkommen im Unklaren. Die Beratung der Beklagten war vor diesem Hintergrund derart schlecht, dass der Kläger wie im Blindflug die Anlageentscheidung getroffen hat und dabei glaubte, alles zu verstehen und verantwortbar zu handeln. Zwar verweist die Beklagte in ihrem letzten, nicht nachgelassenen Schriftsatz auf einzelne Aspekte der Swap-Verträge, zu denen der Geschäftsleiter des Klägers Erfahrungen gesammelt haben mag. Es ist aber weder vorgetragen noch erkennbar, dass der Kläger jemals die komplexen Zusammenhänge der Swap-Verträge, die die Beklagte auch im vorliegenden Verfahren immer heruntergespielt hat, verstanden hätte.
129 
Das gilt auch für den Vorwurf der nicht anlegergerechten Beratung. Die Beklagte verhält sich widersprüchlich, wenn sie einerseits den hochspekulativen Charakter des CMS Spread Sammler Swaps bestreitet und suggeriert, der Kunde könne entgegen den Regeln des Finanzmarkts den Swap-Vertrag allein auf der Grundlage einer subjektiven Zinsmeinung abschließen und andererseits die Auffassung vertritt, der Kläger hätte ihre Fehleinschätzungen erkennen müssen.
130 
9. Kein Anspruch des Klägers auf Auskunft
131 
Das Auskunftsverlangen des Klägers ist unbeschadet von Fragen der hinreichenden Bestimmtheit des Antrags jedenfalls unbegründet. Ein derart weitgehender und vom konkreten Vertragsverhältnis losgelöster allgemeiner Auskunftsanspruch besteht nicht. Soweit Rechtspositionen des Klägers aus dem streitbefangenen Vertragsverhältnis mit der Beklagten betroffen sind, wird das Informationsbedürfnis der Parteien - und damit auch das des Klägers - durch die im Rahmen der jeweils geltend gemachten vertraglichen Ansprüche begründeten Darlegungs- und Beweislasten im Rahmen der Vorschriften der ZPO bestimmt. Dafür, dass der Kläger darüber hinaus einen Anspruch auf Auskunft gegenüber der Beklagten haben könnte, ist nichts ersichtlich. Insbesondere lässt sich auch aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu offenbarungspflichtigen Rückvergütungen (vgl. nur BGH, Beschl. v. 29.06.2010, XI ZR 308/09) nichts für den vorliegenden Fall herleiten. Die Parteien sind direkte Vertragspartner und Rückvergütungen stehen nicht im Raum.
132 
10. Widerklage
133 
Die zulässig erhobene und auch sachdienliche Widerklage hat aus den vorgenannten Gründen keinen Erfolg. Die Beklagte hat durch ihre fehlerhafte Beratung den Kläger zum Abschluss dieses nachteiligen Vertrages veranlasst, so dass sie gehindert ist, ihn auf Erfüllung desselben in Anspruch nehmen.
III.
134 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 91a ZPO. Das unbegründete Auskunftsverlangen führt bei dem hier mit 10.000 Euro anzusetzenden Gegenstandswert zu keinem Gebührensprung, so dass die Kosten insgesamt der Beklagten auferlegt wurden. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
135 
Die Revision wird gem. § 543 Abs. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen. Zwar ist der Senat der Auffassung, dass Umfang der durch die Bond-Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126) konkretisierten Beratungspflichten von den tatsächlichen Umständen des Anlagegeschäfts abhängig ist. Insofern begründet sich die gegenüber anderen Oberlandesgerichten abweichende Entscheidung auf der im Verfahren vorhandenen Tatsachengrundlage, zu der auch die Bedeutung z.B. des Marktwerts auf dem Finanzmarkt gehört. Mit Blick auf die nach der Entscheidung des Senats vom 26.02.2010 (9 U 164/08 ergangene Entscheidung des OLG Frankfurt vom 04.08.2010 (23 U 230/08) wird die Revision jedoch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen.

Tenor

I. Die Berufungen der Beklagten gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 21.12.2010, Az. 8 O 247/10, werden zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass Ziff. 2 des Urteils auf Grund der Antragsänderung wie folgt neu gefasst wird:

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 7.437,34 EUR zu zahlen.

II. Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil des Landgerichts und dieses Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, der Kläger leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Wert der Berufung: bis 410.000 EUR

Gründe

 
I.
Der Kläger verlangt von der beklagten Landesbank als Vertragspartnerin sowie von seiner Hausbank als Beraterin Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Cross-Currency-Swap-Vertrages. Der Kläger hatte im Jahr 2005 zwei Zinswährungsswap-Verträge mit der Beklagten zu 1 auf Beratung der Beklagten zu 2 abgeschlossen. Die Vertragsparteien hatten das Währungspaar Euro/Schweizer Franken und eine Verzinsung fest (Bank)/variabel (Kläger) vereinbart. Auf Empfehlung der Beklagten zu 2 wurden diese Swap-Verträge vorzeitig mit Gewinn für den Kläger aufgelöst. Auf Vorschlag der Beklagten zu 2 schlossen die Parteien am 02.08.2007 einen neuen Zinswährungsswap. Darin verpflichtete sich die Beklagte zu 1 zur vierteljährlichen Verzinsung von 1 Mio Britischer Pfund (GBP) in Höhe von 5,84 % p.a. (fest) und der Kläger zur Verzinsung von 2,446 Mio. Schweizer Franken (CHF) zu 3,31 % p.a. (fest). Das Nominalkapital sollte zum Laufzeitende (30.06.2009) ausgetauscht werden.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Der Kläger habe gegen die Beklagte zu 2 einen Schadensersatzanspruch, weil diese ihre Pflichten aus einem Beratungsvertrag verletzt habe. Die Beratung sei nicht objektgerecht gewesen, da die Beklagte zu 2 den Kläger nicht über die Höhe und die Bedeutung des anfänglichen Marktwertes aufgeklärt habe. Dies stehe nach der Beweisaufnahme fest. Auch bei den streitgegenständlichen Cross-Currency-Swap-Verträgen hätte die Beklagte auf den anfänglichen negativen Marktwert hinweisen müssen. Dieser enthalte die Bewertung des Währungsrisikos, die nur den Beklagten, nicht jedoch dem Kläger möglich war. Insofern habe eine deutliche Informationsasymmetrie vorgelegen, an der sich die Beratungspflichten der Beklagten zu 2 zu orientieren hätten. Das vom Kläger eingegangene Risiko habe sich vor allem aus dem zum Enddatum des Vertrages fälligen Tausch der Bezugsbeträge ergeben. Aus der Sicht des Klägers habe der vereinbarte Endtausch das Recht enthalten, 1 Million GBP zum Kurs von 2,446 CHF zu kaufen. Dieses Recht habe bei Vertragsschluss einen Marktwert gehabt, der sich an den Prämien entsprechender Devisenoptionen orientiert haben dürfte. Der Marktwert, sowie die Marktwerte der weiteren der Beklagten zu 1 eingeräumten Rechte seien der Beklagten bekannt gewesen, nicht jedoch dem Kläger. Die Beklagte zu 2 hätte daher wenigstens die Höhe des saldierten Marktwertes des Gesamtgeschäfts mitteilen müssen. Die Lage sei vergleichbar mit einem Tausch von zwei Wertpapieren. In diesem Fall hätte die Beratungspflicht der Beklagten zu 2 die Mitteilung der Kurswerte der Wertpapiere umfasst. Die Pflicht zur Mitteilung der Marktwerte lasse sich auch aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Vermittlung von Optionen ableiten. Auch wenn die Beklagte zu 2 nicht als Vermittlerin von Optionen gehandelt habe, so sei ihre Position dennoch vergleichbar, weil die Devisenoptionen in den Swap-Vertrag einstrukturiert waren. Nach dieser Rechtsprechung sei die Beklagte ebenfalls verpflichtet gewesen, die Optionsprämie bekanntzugeben. Bei dem negativen Marktwert handele es sich nicht um eine einstrukturierte Gewinnmarge. Der negative Marktwert sei eine objektive Größe und habe wesentliche Bedeutung für das Risikomanagement und das Rechnungswesen. Auch sei die Gewinnmarge nicht unmittelbar aus dem Marktwert ablesbar, weil der negative Marktwert noch Kosten der Verwaltung und der Risikoabsicherung enthalte, wobei die Beklagte zu 2 einen Betrag von 8.000 bis 9.000 EUR genannt habe. In der Entscheidung des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 26.02.2010 (9 U 164/08) sei seitens der Bank eine übliche Gewinnmarge von 3-5 % des Bezugsbetrages genannt worden. Übertragen auf den vorliegenden Fall würde sich bei solchen Prozentsätzen eine Gewinnmarge von insgesamt 30.000 bis 50.000 GBP ergeben. Der Kläger sei trotz der vorherigen zwei Swap-Verträge aufklärungsbedürftig gewesen. Auch bei diesen beiden Verträgen habe die Beklagte zu 2 den Kläger nicht über den Marktwert aufgeklärt. Zudem habe sich der streitgegenständliche Vertrag auf ein anderes Währungspaar bezogen und sei anders konstruiert gewesen. Die Pflichtverletzung sei für den Abschluss des Vertrages ursächlich gewesen. Zwar habe der Kläger sich ausdrücklich nach dem Verdienst erkundigt, die Höhe sei ihm aber nicht mitgeteilt worden.
Die Beklagte zu 2 habe den geltend gemachten Schaden einschließlich vorgerichtlicher Anwaltskosten unter Berechnung einer 1,5-Geschäftsgebühr zu ersetzen. Ein Mitverschulden falle dem Kläger nicht zur Last. Der Kläger habe zwar höhere Bezugsbeträge als von der Beklagten zu 2 vorgeschlagen gewünscht (1.000.000 GBP anstatt 825.000 GBP). Die daraus sprechende Risikobereitschaft des Klägers habe jedoch ihren Grund in der mangelhaften Beratung der Beklagten zu 2 gehabt. Weiter könne dem Kläger nicht vorgehalten werden, dass er nicht bereits Ende 2007 den streitgegenständlichen Swap-Vertrag glattgestellt habe, als dies noch zu einem negativen Marktwert von 70.000 EUR möglich gewesen wäre. Nach der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Mitarbeiter der Beklagten zu 2 eine Auflösung nicht empfohlen hatten. Der Kläger habe unter diesen Umständen damit rechnen müssen, dass die Beklagte zu 2 bei einer Realisierung des Verlustes Ende 2007 ihm später eine eventuelle Erholung des Swap-Vertrages entgegenhalten werde.
Die Beklagte zu 1 hafte wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung. Sie hätte den Kläger über den anfänglichen Marktwert des Swap-Vertrages aufklären müssen. Aus dem Tausch-Charakter des Vertrages habe sich eine besondere Aufklärungsbedürftigkeit des Klägers ergeben. Er habe für die ihm mit dem Vertrag eingeräumten Optionen keine Prämie gezahlt. Seine Gegenleistung habe in der Übernahme von Pflichten bestanden, deren Marktwert er allerdings nicht gekannt habe und auch nicht habe ermitteln können.
Gegen das der Beklagten zu 1 am 28.12.2010 und der Beklagten zu 2 am 29.12.2010 zugestellte Urteil haben die Beklagte zu 1 am 24.01.2011 und die Beklagte zu 2 am 25.01.2011 Berufung eingelegt, die sie beide innerhalb verlängerter Frist am 28.03.2011 mit einer Begründung versehen haben.
In der Berufungsinstanz trägt die Beklagte zu 1 erstmalig Folgendes vor:
Der Kläger sei mit Finanzierungsfragen aller Art einschließlich des Absicherns („Hedge“) von Zinsentwicklungsrisiken seit vielen Jahren in allen Einzelheiten bestens vertraut gewesen. Der Swap-Vertrag habe eine Marge der Bank in Höhe von lediglich 12.500 EUR enthalten. Diese Marge sei verkehrsüblich. Eine Marge von 4 %, wie sie der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 22.03.2011 (XI ZR 33/10) oder der Entscheidung des Senats vom 26.02.2010 (9 U 164/08: 3%-5%) zu Grunde gelegen habe, habe eine nicht verkehrsübliche Höhe.
Die Berufung der Beklagten zu 1 ist der Auffassung, die Beratung der Beklagten zu 2 sei anleger- und objektgerecht gewesen. Der Kläger habe spekulative Gewinne aus den Swap-Geschäften erzielen wollen, um aus diesen Erträgen die laufenden Annuitäten aus seinen Immobilienverbindlichkeiten zu verringern sowie im bestmöglichen Fall darüber hinausgehende Gesamtüberschüsse zu erzielen. Dem Kläger sei dabei bewusst gewesen, dass die Beklagte zu 2 das Geschäft nicht ohne eigene Marge, also unentgeltlich angeboten habe. Ihm sei bewusst gewesen, dass eine Marge der Bank einstrukturiert gewesen sei, so dass er hierüber nicht hätte aufgeklärt werden müssen. Für ihn sei lediglich entscheidend gewesen, dass sich die anfallende Marge im Rahmen des Verkehrsüblichen halte. Mit einer Marge in dieser Größenordnung habe der Kläger ohne weiteres gerechnet. Das Landgericht hätte den Mitverschuldenseinwand der beiden Beklagten beachten müssen. Dem Kläger sei ausdrücklich die Möglichkeit mitgeteilt worden, den Swap-Vertrag bei einem negativen Marktwert von 70.000 EUR glatt zu stellen. Dies habe der Kläger nicht getan, sondern stattdessen weiter spekuliert und so den Schaden in Höhe von über 390.000 EUR entstehen lassen, was nicht den Beklagten anzulasten sei. Der Kläger hätte nicht die Auflösung des Vertrages Ende 2007 davon abhängig machen dürfen, dass die Beklagte zu 2 sich an dem eingetretenen Verlust beteilige. Der Kläger habe auch nicht mit dem Einwand der Beklagten rechnen müssen, durch einen zu frühen Verkauf eine Verringerung des Schadens infolge der Verbesserung des Marktwertes verhindert zu haben. Der negative Marktwert habe sich seit Ende 2007 kontinuierlich verschlechtert und es habe keine Hinweise dafür gegeben, dass der Markttrend sich in absehbarer Zeit in die Gegenrichtung entwickeln könnte. Eine ex ante überhaupt nicht vorhersehbare und objektiv fern liegende Erholung des negativen Marktwert hätte der Kläger sich unter keinen denkbaren Umständen entgegenhalten lassen müssen.
10 
Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte zu 2 in der Berufungsinstanz erstmalig Folgendes vor:
11 
Die in dem Swap-Vertrag einstrukturierte Marge habe für die Beklagte zu 1 3.500 EUR und für die Beklagte zu 2 9.000 EUR betragen.
12 
Die Beklagte zu 2 wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die Beratung sei anleger- und objektgerecht erfolgt. Der Kläger sei von Berufs wegen in nennenswertem Umfang mit Finanzierungen vertraut gewesen. Er habe das Geschäft vollständig verstanden. Den bei der Beratung zu den ersten Swap-Verträgen zu Tage getretenen Irrtum des Klägers, aus dem Geschäft könne kein Verlust entstehen, habe die Beklagte zu 2 beseitigt durch die Darstellung bestimmter Veränderungen der Zins- und Währungslandschaft. Der streitgegenständliche Vertrag sei denkbar einfach strukturiert, sehr leicht begreiflich und selbst vom "Laien-"Anleger stets simpel überprüfbar. Der Verlauf habe anhand der in den Präsentationsunterlagen befindlichen "Ampeldarstellung" einfach überwacht werden können. Das Risiko des Geschäfts bestand im Währungsverlust von CHF/GBP, der in der Tagespresse mühelos feststellbar sei. Die Verdienstmarge der Beklagten sei nicht offenbarungspflichtig gewesen. Der anfängliche negative Marktwert sei dem Kläger bekannt gewesen (Bl. 238 d.A.). Aus der nicht bezifferten Marge, die nach dem Vortrag der Beklagten zu 2 identisch mit dem negativen Marktwert war, resultiere kein Beratungsfehler. Weil der Kläger wusste, dass die Beklagten eine Marge erhalten, sei die Vermutung des aufklärungsrichtigen Verhaltens widerlegt. Der Kläger müsse sich ein Mitverschulden anrechnen lassen. Der Kläger habe weiter spekulieren wollen, nachdem ihm der schwebende Gesamtverlust von rund 70.000 EUR Ende 2007 mitgeteilt wurde, weil er auf eine Schadensbeteiligung seitens der Beklagten zu 2 und seitens seines Steuerberaters gesetzt habe.
13 
Die Beklagten beantragen:
14 
Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 21.12.2010 (8 O 247/10) wird dahingehend abgeändert, dass die Klage abgewiesen wird.
15 
Der Kläger beantragt zuletzt:
16 
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen und das Urteil des LG Stuttgart vom 21.12.2010, Az. 8 O 247/10, aufrecht erhalten mit der Maßgabe, dass dieses Urteil in Ziff. 2 wie folgt geändert wird:
17 
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger die von ihm an die Beklagte 2 für einen Kredit für die Schadenssumme von EUR 390.724,87 im Zeitraum vom 01.10.2010 bis 28.02.2011 gezahlten Zinsen in Höhe von zusammen EUR 7.437,34 zu zahlen.
18 
Zur Begründung der Antragsänderung in der Berufungsinstanz führt der Kläger, von den Beklagten nicht bestritten, aus, dass die Geschäftsbeziehung zwischen ihm und der Beklagten zu 2 zwischenzeitlich beendet sei. Für den Zeitraum vom 01.10.2010 bis 28.02.2011 zahlte der Kläger an die Beklagte zu 2 für den Betrag von 390.724,87 EUR Zinsen in Höhe von 7.437,34 EUR.
19 
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Das Gericht hat mit Zustimmung der Parteien das schriftliche Verfahren gem. § 128 Abs. 2 ZPO angeordnet.
II.
20 
Die gem. § 511 ZPO statthaften, form- und fristgerecht eingelegten und mit Begründungen versehenen Berufungen sind zulässig, aber unbegründet. Das Landgericht hat zu Recht der Klage stattgegeben. Die Beklagte zu 2 haftet wegen einer Fehlberatung im Zusammenhang mit einem Beratungsvertrag (1.). Die Beklagte zu 1 haftet wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzungen (2.).
21 
1. Klage gegen die Beklagte zu 2
22 
Zwischen der Beklagten zu 2 und dem Kläger ist ein Beratungsvertrag zustande gekommen (a.). Die Beklagte zu 2 hat pflichtwidrig weder objektgerecht (b.) noch anlegergerecht (c.) beraten. Die Pflichtverletzung war schuldhaft und kausal (d.) für den Schaden (e.). Den Kläger trifft kein Mitverschulden (f.).
23 
a. Zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2 ist im Zusammenhang mit dem Abschluss des Cross-Currency-Swap-Vertrags vom 02.08.2007 ein Beratungsvertrag zustande gekommen. Die Beklagte zu 2 hat auf eigene Initiative ihre Beratungstätigkeit gegenüber dem Kläger und seinem Steuerberater entfaltet. Die Beklagte zu 2 greift diese Feststellung des Landgerichts zu Recht nicht an. Soweit sie der Auffassung ist, es handele sich bei dem Cross-Currency-Swap-Vertrag um ein Eigengeschäft, das die Beklagte zu 1 für die Beklagte zu 2 ausgeführt hat, ändert dies nichts an dem daneben abgeschlossenen Beratungsvertrag. Ein Eigengeschäft der Beklagten zu 2 lässt sich zudem auf der Grundlage des Parteivortrages und der Vertragsunterlagen nicht feststellen. Vertragspartner des Cross-Currency-Swap-Vertrags ist eindeutig nur die Beklagte zu 1. Danach war die Beklagte zu 2 zur anleger- und objektgerechten Beratung des Klägers verpflichtet. Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen dabei von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes, sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben (BGH, Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10; Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93).
24 
b. Die Beklagte zu 2 hat ihre Pflicht zur objektgerechten Beratung verletzt. Im Rahmen der objektgerechten Beratung hat der Anlageberater den Kunden über diejenigen Eigenschaften und Risiken aufzuklären, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Die Beratung der Bank muss richtig und sorgfältig, dabei für den Kunden verständlich und vollständig sein. Die Bank muss zeitnah über alle Umstände unterrichten, die für das Anlagegeschäft von Bedeutung sind. Fehlen ihr derartige Kenntnisse, so hat sie das dem Kunden mitzuteilen und offenzulegen, dass sie zu einer Beratung z.B. über das konkrete Risiko eines Geschäfts mangels eigener Information nicht in der Lage ist (BGH, Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, Tz. 18 f.).
25 
Bei von der Bank selbst konstruierten Finanzprodukten besitzt diese gegenüber dem Kunden einen erheblichen Informationsvorsprung über die Marktverhältnisse, die spezifischen Risiken des Produkts, den Wert des Produkts und das erforderliche Risikomanagement zur Vermeidung von theoretisch möglichen ruinösen Verlusten. Im Rahmen der objektgerechten Aufklärung hat sie die bestehende Informationsasymmetrie zu beseitigen, um der „Angewiesenheit“ des Anlegers auf die Bank Rechnung zu tragen und ihn zu einer eigenverantwortlichen Entscheidung zu befähigen (Clouth in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 3. Aufl., Rn. 1059; Senat, Urt. v. 26.02.2010, 9 U 164/08, Tz. 100, zit.n.juris).
26 
Bei den aufklärungsbedürftigen wesentlichen Eigenschaften eines Swap-Vertrages lassen sich zwei Kategorien hervorheben: das Chancen-/Risikoprofil (aa.) und der (buchmäßige) Vermögenswert des Swap-Vertrages bzw. der in diesen einstrukturierten Zahlungsversprechen (bb.).
27 
aa. (1) Das Chancen-/Risikoprofil des Swap-Vertrages ist gekennzeichnet durch die mathematisch-theoretisch maximale Gewinnchance und das maximale, gegebenenfalls sogar unbegrenzte Verlustrisiko. Wird ein Swap-Vertrag - wie hier unstreitig - zu Spekulationszwecken und nicht zur Absicherung gegenläufiger Risiken abgeschlossen, übernimmt der Kunde eine offene Risikoposition. Die Information über diesen Rahmen von Chancen und Risiken ist daher wesentlich. Bei Verträgen mit hohen Risiken benötigt der Anleger allerdings zusätzliche Informationen über die Faktoren, die für das Risikoprofil und die Art des Risikos maßgeblich sind. Einen Einfluss auf den Erfolg haben beispielsweise die Art der gewählten Währungen, die unterschiedlichen Volatilitäten der für die Bank und den Kunden maßgeblichen Basiswerte, die gewählten Zinssätze und länderspezifischen Zinsstrukturkurven, die Wahrscheinlichkeiten (Value at Risk) oder asymmetrische Risikostrukturen mit Gewinn- oder Verlustbegrenzungen. Bei nur theoretischen Informationen über den maximalen Rahmen von Risiken und Chancen verhelfen dem Anleger erst Einschätzungen über deren Wahrscheinlichkeiten zu einer geeigneten Entscheidungsgrundlage. Das gilt insbesondere, wenn – wie bei Swap-Verträgen üblich – der Erfolg des Geschäfts von langfristigen Prognosen über Basiswerte wie Zinssätze oder Devisen abhängig ist, die über die Dauer der Vertragslaufzeit seriös nicht aufgestellt werden können. Daher hat der Senat es beanstandet, wenn Anlegern suggeriert wurde, sie könnten anhand eigener Zinsmeinungen für die Vertragslaufzeit eine verantwortbare Anlageentscheidung treffen (Senat, Urt. v. 27.10.2010, 9 U 148/08, Tz. 49ff., zit.n.juris). Zwar können auch Wahrscheinlichkeitsmodelle die zukünftige Entwicklung nicht sicher vorhersagen, insbesondere nicht extreme Ereignisse wie eine Finanzkrise. Es handelt sich bei den Wahrscheinlichkeitsmodellen jedoch um Hilfsmittel, derer sich der professionelle Kapitalmarkt zur Beurteilung von Risiken bedient.
28 
Ist auf der Grundlage von Berechnungs- oder Simulationsverfahren bekannt, dass die Wahrscheinlichkeit des Verlustes höher ist als diejenige des Gewinns, ist das eine dem Kunden zu offenbarende Eigenschaft des von der Bank konstruierten Swaps. Auch sind Informationen über Verlustrisiken innerhalb eines definierten Zeitraums (z.B. Value at Risk) eine wichtige Entscheidungshilfe, weil sie die Eigenschaft der Zins- oder Währungswette auf der Grundlage der aktuellen Wirtschaftsdaten widerspiegeln. Ebenso wichtig ist die Kenntnis, wie schnell sich Verluste einstellen können und wie schnell man daher auf ungünstige Entwicklungen der Basiswerte oder anderer Umstände reagieren kann und muss, um ungewollte Verluste zu vermeiden. So können hoch volatile Basiswerte unter Umständen zu sehr schnellen Verlusten führen.
29 
(2) Die vorgenannten Umstände spiegeln sich in zwei verschiedenen Verlustszenarien wider. Einerseits ist der Anleger bis zum Laufzeitende vertraglich an das Geschäft gebunden. Ist die Bank nicht zur vorzeitigen Auflösung des Vertrages verpflichtet, trägt er das Liquiditätsrisiko (Clouth in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, a.a.O., Rn. 1051). Das ist das Risiko, dass er den Vertrag bei einer ungünstigen Entwicklung der Basiswerte oder sonstigen Umstände nicht durch ein Gegengeschäft am Markt glattstellen kann. Er bleibt dann an den Vertrag gebunden und seine Verluste ergeben sich aus der Summe sämtlicher Nettozahlungen bis zum Laufzeitende. Sie sind gegebenenfalls unbegrenzt.
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(3) Bietet die Bank, wie hier, dem Kunden ein nach Marktusancen bestehendes tägliches Auflösungsrecht zum aktuellen Marktwert an oder ist der Markt liquide, trägt der Kunde das Marktpreisrisiko (Clouth in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, a.a.O., Rn. 1040). Dann setzt sich bei ungünstiger Entwicklung sein Verlust aus zwei Komponenten zusammen, nämlich dem (positiven oder negativen) Saldo der bisherigen Zahlungen bis zur vorzeitigen Beendigung und dem (positiven oder negativen) Marktwert zum Auflösungszeitpunkt.
31 
Für einen nicht erfahrenen Kunden genügt es jedoch nicht, das Marktpreisrisiko als solches zu kennen. Er muss zusätzlich darüber aufgeklärt werden, dass die Beherrschung dieses Risikos zwingend ein effektives Risikomanagement verlangt, damit rechtzeitig Verluste begrenzt werden können (vgl. Rudolf in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., Rn. 19.65). Dies setzt voraus, dass der Anleger sich seiner Risikobereitschaft bewusst wird und beispielsweise einen Maximalverlust sowie einen realistisch erzielbaren Ertrag festlegt, die er zum Maßstab seiner Strategie wählt. Um insbesondere sich abzeichnende Verluste verhindern zu können, muss er die während der Vertragslaufzeit durch die Nettozahlungen erzielten Erträge mit dem jeweils aktuellen Auflösungspreis in der Form des aktuellen Marktwertes saldieren. Zudem muss er sich eine Meinung über die zukünftige Entwicklung des Marktwertes bilden können. Ohne Verständnis für das Marktpreisrisiko als charakteristisches Risiko des Vertrages (Clouth in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, a.a.O., Rn. 1040) ist er nicht in der Lage zu erkennen, dass er die Entwicklung des Marktpreises ständig und engmaschig überwachen muss, um erforderlichenfalls den richtigen Ausstiegszeitpunkt wählen zu kennen. Hierzu muss der Anleger wissen, dass er ohne professionelle Hilfsmittel nicht in der Lage ist, allein den Marktwert beispielsweise auf der Grundlage der Entwicklung des Basiswerts zu ermitteln. Die Ermittlung ist deutlich komplexer. Beispielsweise ist die Ermittlung des Marktpreises für ein Devisentermingeschäft nicht nur vom aktuellen Wechselkurs abhängig, sondern auch von dem unterschiedlichen Zinsniveau in den beteiligten Ländern (Obst/Hintner, Geld-, Bank- und Börsenwesen, 40. Aufl., Teil III, Ziff. 8.2.2.2). So ist es durchaus möglich, dass sich der Marktwert gegenläufig zu der Entwicklung des Basiswerts entwickelt.
32 
(4) Zwar hat die Beklagte zu 2 schriftsätzlich die Auffassung vertreten, dass sich der Marktpreis des Zinswährungsswaps auch für einen Laien einfach mit den vier Grundrechenarten ermitteln lasse (so die Klageerwiderung, Bl. 52 d.A.). Dem haben aber bereits ihre eigenen Mitarbeiter widersprochen und erklärt, dass sie hierfür eine Software einsetzen. Der Zeuge P. hat bestätigt, dass der Kläger und sein Steuerberater den Wert „natürlich“ nicht selbst beurteilen konnten (Bl. 116 d.A.).
33 
(5) Im Zusammenhang mit der Risikostrategie erhält auch der anfängliche Marktwert seine eigenständige Bedeutung: Ohne Kenntnis des anfänglichen Marktwertes kennt der Anleger bereits nicht den Ausgangspunkt seiner Risikostrategie und kann beispielsweise auch nicht erkennen, dass die ersten Netto-Zinszahlungen seinen Vertrag noch nicht in die Gewinnzone führen können (vgl. a. Senat, Urt. v. 27.10.2010, 9 U 148/08, Tz. 78, 80).
34 
(6) Die Beklagte zu 2 hat es unterlassen, den Kläger über die komplexen Zusammenhänge und das Erfordernis eines eigenen, effektiven Risikomanagements aufzuklären. Der Zeuge P. (Bl. 114 d.A.) erläuterte, dass dem Kläger mit derartigen Geschäften eine Zinsverbilligung von 2% als möglich dargestellt worden sei. Bezogen auf das Nominalkapital des Swap-Vertrages von ca. 1.477.500 EUR (1 Mio GBP umgerechnet zum damaligen Kurs EUR/GBP von ca. 1,4775) hätte dies für den Kläger eine Verbilligung um ca. 29.510 EUR p.a. bzw. insgesamt 59.020 EUR bedeutet. Auch wenn die Ertrags-Chancen rechnerisch höher waren, hat die Beklagte zu 2 offenbar die für „wahrscheinlich“ gehaltene Ertrags-Chance des Cross-Currency-Swaps dargestellt. Diese realistische Chance war mit einem weder nach Wahrscheinlichkeit noch nach Höhe quantifizierten Verlustrisiko verbunden. Dieses überstieg die von der Beklagten zu 2 als wahrscheinlich dargestellte Chance um ein Vielfaches und konnte existenzbedrohende Dimensionen annehmen. Daher war auch im konkreten Fall ein effektives Risikomanagement des Klägers zwingend erforderlich, worauf die Beklagte zu 2 den Kläger hätte hinweisen müssen.
35 
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte zu 2 hingegen vorgetragen, dass sie sich nicht zu einer Überwachung des Vertrages verpflichtet habe. Insbesondere hat sie nicht behauptet, den Kläger auf das Erfordernis einer eigenverantwortlichen Marktpreisüberwachung hingewiesen zu haben. Bei einer Privatperson ist es offenkundig, dass sie zur Überwachung des Marktpreises nicht in der Lage ist.
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(7) Angesichts der bereits fehlerhaften Aufklärung über das Risikomanagement kann es dahingestellt bleiben, ob die Beklagte zu 2 im Rahmen der objektgerechten Aufklärung verpflichtet gewesen wäre, im Zusammenhang mit der Konstruktion des Swap-Vertrages Wahrscheinlichkeitsberechnungen durchzuführen und deren Ergebnisse dem Anleger vorher mitzuteilen oder zumindest darauf hinzuweisen, dass diese Berechnungen möglich sind, aber von ihr nicht durchgeführt wurden, so dass sie die Günstigkeit des Geschäfts und die mit diesem verbundenen wahrscheinlichen Risiken nicht beurteilen könne.
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bb. Die objektgerechte Aufklärung im Zusammenhang mit dem Vermögenswert des Swaps betrifft eine andere Dimension. Die Beklagte zu 2 hat den Kläger pflichtwidrig nicht über den Wert der von ihm im Rahmen des Swap-Vertrages übernommenen Leistungsverpflichtungen und den Wert der im Austausch hierzu von der Beklagten zu 1 erworbenen Zahlungsansprüche aufgeklärt.
38 
(1) Ein Swap-Vertrag setzt sich aus verschiedenen Einzelkomponenten zusammen (vgl. Rudolf in: Kümpel/Wittig, a.a.O., Rn. 19.147). Bei dem streitgegenständlichen Swap hat der Kläger die Verpflichtung zum zeitlich hinausgeschobenen Erwerb von 1 Mio. GBP zum Preis von 2,446 Mio. CHF übernommen. Das hat den Charakter eines Devisentermingeschäfts und wird vom Markt nach üblichen Methoden unter Berücksichtigung der landesspezifischen Zinssätze ermittelt (siehe hierzu: Obst/Hintner, a.a.O., Teil III, Ziff. 8.2.2.2). Der Kunde ist regelmäßig zu einer Preisermittlung nicht in der Lage. Er kann daher nicht abschätzen, welchen Wert die Endtauschzahlung zu einem bei Vertragsschluss festgelegten Wechselkurs hat, die er auf Vorschlag seiner Bank übernimmt. Auch der Wert der regelmäßigen Zinszahlungspflichten ist durch Abzinsung ermittelbar, unter Anwendung des jeweils maßgeblichen Abzinsungssatzes. Auch hier war der Kläger nicht in der Lage, den Wert der Leistungen, bezogen auf den Abschlusstag zu ermitteln.
39 
Der negative Marktwert ist daher nicht nur Ausdruck einer Interessenkollision der beratenden Bank (BGH, Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10), sondern auch der Saldo des Wertes der ausgetauschten Leistungen. Dies hat das Landgericht zutreffend dargestellt und einen anschaulichen Vergleich mit dem Tausch von Wertpapieren angestellt, deren Wert der Anleger nicht ermitteln kann. Der Anleger erleidet bei Abschluss eines spekulativen Swap-Vertrages mit einem negativen Marktwert sofort eine Vermögenseinbuße. Diesen Umstand und das Ausmaß der Vermögenseinbuße muss er erkennen können, weil er andernfalls nicht zu einer verantwortlichen Anlageentscheidung befähigt wird.
40 
(2) Der Einwand der Beklagten zu 2, sie brauche als Bank, die den Swap im Wege des Eigengeschäfts vertreibe, nicht über ihren Gewinn aufzuklären, überzeugt den Senat nicht. Insbesondere stützen nicht die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 27.09.2011 (XI ZR 178/10 und XI ZR 182/10) ihre Auffassung. Zunächst liegt, wie bereits dargelegt, kein Eigengeschäft der Beklagten zu 2 vor, sondern ausschließlich ein Beratungsvertrag, der zudem durch ein Eigengeschäft nicht beseitigt wird. Darauf kommt es aber nicht an. Selbst wenn ein Eigengeschäft vorläge, ist dem besonderen Umstand Rechnung zu tragen, dass der Kläger eine für ihn nicht eindeutig erkennbare und bewertbare Leistung übernimmt. Er bietet der Bank nicht bewusst einen bei sich bereits vorhandenen und von ihm bewerteten Vermögensgegenstand im eigenen Interesse an. Die Bank schafft erst durch den Swap-Vertrag eine Verbindlichkeit des Anlegers, deren Höhe er nicht bewerten kann. Dieser Verbindlichkeit stellt sie im Wege des Austausches (Swap) eine Verbindlichkeit der Bank gegenüber. Die Bank ist dabei in der Lage, nach ihrem - vom Anleger nicht kontrollierbaren - Belieben den Wert der Leistung des Kunden hoch anzusetzen und den Wert der Gegenleistung des Austauschgeschäfts niedrig zu gestalten, wodurch sie ihre Gewinnspanne generieren kann. Wenn aber eine Partei auf Grund besserer Marktkenntnisse und sonstiger Informationsvorsprünge in der Lage ist, ihre Position in einer Weise auszunutzen, dass es als Verstoß gegen die Waffengleichheit und Fairness am Markt erscheint, muss sie über den sonst nicht aufklärungspflichtigen Wert der eigenen Leistung oder denjenigen der Gegenleistung aufklären (so auch Kramer in: Münchener Kommentar, BGB, 5. Aufl., § 241 Rn. 124). Nur so ist der Anleger in der Lage zu beurteilen, ob er die wirtschaftliche (buchmäßige) Vermögenseinbuße übernehmen will, weil er das damit verbundene Chancen-/Risikoprofil, sofern er es beurteilen kann, für vorteilhaft hält. Dann wäre er in der Lage einzuschätzen, ob er die von den Beklagten verlangten Kosten für das Geschäft für angemessen hält.
41 
c. Die Beratung der Beklagten zu 2 war auch nicht anlegergerecht. Eine beratende Bank ist verpflichtet ist, vor Abgabe ihrer Anlageempfehlung den Wissensstand, die Erfahrungen und die Anlageziele, zu denen der Anlagezweck und die Risikobereitschaft gehören, zu erfragen. Diese Pflicht ist für Wertpapierdienstleistungsunternehmen - wie die Beklagte zu 2 - aufsichtsrechtlich auch normiert (§ 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WpHG aF, jetzt: § 31 Abs. 4 WpHG nF). Die Erkundigungspflicht entfällt nur dann, wenn der beratenden Bank diese Umstände bereits bekannt sind. Auch wenn theoretische Risiken geschildert oder Berechnungsbeispiele gegeben werden, kann die Bank nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass der Kunde auch bereit ist, hohe Risiken zu tragen. Es ist gerade die Aufgabe des Anlageberaters, ausschließlich Produkte zu empfehlen, die mit den Anlagezielen des Kunden - Anlagezweck und Risikobereitschaft - tatsächlich übereinstimmen. Erkundigt er sich nicht bereits - wie von der Rechtsprechung und aufsichtsrechtlich gefordert - vor seiner Anlageempfehlung nach der Risikobereitschaft des Kunden, so kann er seiner Pflicht zu einer anlegergerechten Empfehlung nur dadurch entsprechen, dass er sich noch vor der Anlageentscheidung seines Kunden die Gewissheit verschafft, dass dieser die von ihm geschilderten Risiken des Finanzprodukts in jeder Hinsicht verstanden hat (BGH, Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10).
42 
Bei der Empfehlung von spekulativen Swap-Verträgen mit hohen Gewinnchancen und Verlustrisiken muss der Anlageberater daher abklären, mit welchem Ertrag der Kunde auf Grund seiner persönlichen Einschätzung der Marktentwicklung rechnet und bis zu welcher Höhe er bereit ist, Verluste in Kauf zu nehmen, um festzustellen, ob ein darauf ausgerichtetes Risikomanagement möglich ist. Er muss sich vergewissern, dass der Anleger nicht dem Irrtum unterliegt, dieses Risikomanagement laienhaft auf der Grundlage der Beobachtung eines Basiswertes, wie hier des Wechselkurses zwischen Schweizer Franken und Britischen Pfund durchführen zu können. Der Anlageberater muss sich überzeugen, dass der Anleger in der Lage ist, eigenverantwortlich zur Berechnung des Marktwertes und zur Risikoanalyse komplexe Berechnungen anzustellen oder sich bewusst ist, diesbezüglich verbindliche professionelle Unterstützung zu benötigen.
43 
Vor diesem Hintergrund war die Empfehlung der Beklagten zu 2 nicht anlegergerecht. Sie hat es bereits versäumt, die Höhe des vom Kläger akzeptierten Verlustes zu erfragen. Sie wusste zudem, dass der Kläger als Privatmann unfähig war, das sich aus dem Cross-Currency-Swap ergebende hohe Risiko zu „managen“, weil er nicht über die Mittel eines geeigneten Risikomanagements und die Fähigkeit verfügte, den Marktpreis zu ermitteln. Der angebotene Swap war daher für den Kläger ungeeignet und hätte ihm nicht angeboten werden dürfen.
44 
Die fehlende Eignung des Swap-Vertrages für den Kläger sowie die Pflichtwidrigkeit der Empfehlung werden auch nicht beseitigt durch eine Praxis der Banken, ohne konkrete vertragliche Vereinbarung den Swap-Vertrag zu überwachen, nach eigenem Gutdünken Auflösungsempfehlungen zu geben oder in frei gewählten Abständen Marktwerte mitzuteilen. Solange nicht die wesentlichen Parameter der Risikobereitschaft des Anlegers erfragt wurden (vgl. a. BGH, Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10), insbesondere der vom Anleger akzeptierte Maximalverlust und die erhoffte Rendite, ist die Bank nicht in der Lage, für den Kunden eine geeignete Risikostrategie umzusetzen. Auch kann nur eine effektive -verbindliche -Risikostrategie den Anleger davor schützen, dass er ungewollte Verluste erleidet oder ein - im Verhältnis zu dem erhofften Ertrag - unangemessenes Verlustrisiko übernimmt.
45 
d. Das Verschulden der Beklagten zu 2 liegt auf der Hand und wurde von ihr nicht widerlegt. Die Pflichtverletzungen der Beklagten zu 2 waren für die Anlageentscheidung ursächlich. Hierfür spricht bereits die Vermutung des aufklärungsrichtigen Verhaltens (BGH, Urt. v. 22.03.2011, XI ZR 33/10, Tz. 40; Urt. v. 09.06.1998, XI ZR 220/97). Der Aufklärungspflichtige muss beweisen, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung erworben hätte (BGH, Beschl. v. 09.03.2011, XI ZR 191/10). Etwas anderes könnte dann gelten, wenn eine gehörige Aufklärung beim Vertragspartner im konkreten Einzelfall einen Entscheidungskonflikt ausgelöst hätte, weil es vernünftigerweise nicht nur eine, sondern mehrere Möglichkeiten aufklärungsrichtigen Verhaltens gab (BGH, Urt. v. 13.07.2004, XI ZR 178/03, BGHZ 160, 58, Rn. 28).
46 
Das ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Es ist nicht erkennbar, dass der Kläger in einen Entscheidungskonflikt gekommen wäre, wenn ihm das Erfordernis eines professionellen Risikomanagements mitgeteilt worden wäre, über das er unstreitig nicht verfügte und das die Beklagte zu 2 ihm auch nicht verbindlich angeboten hat. Auch ist nicht anzunehmen, dass der Kläger bei einem als wahrscheinlich dargestellten Ertrag von 59.020 EUR einen Austauschvertrag (Swap) mit einem sofortigen Wertverlust von 12.500 EUR, also von über 21% des erhofften Ertrages, akzeptiert hätte. Der Kläger war offensichtlich der ursprünglichen Auffassung, aus den Verträgen keine Verluste erzielen zu können. Dies ergibt sich u.a. aus dem Gesprächsprotokoll der Beklagten zu 2 vom 26.07.2005 (Anlage B2). Dem Kläger wurde zwar das generelle Verlustrisiko auf Grund von sich nach Vertragsschluss ändernden Umständen erläutert, nicht jedoch, dass der Vertrag bereits in der Verlustzone starten könnte. Im Übrigen wäre ihm bei einer anlegergerechten Beratung der streitgegenständliche Cross-Currency-Swap nicht angeboten worden, so dass er nicht in einen Entscheidungskonflikt hätte geraten können.
47 
e. Das Landgericht hat den Schaden zutreffend auf 390.724,87 EUR zuzüglich Kreditzinsen in Höhe von 21.554,16 EUR beziffert. Auch die weiteren Kreditzinsen aus dem Schadensbetrag von 390.724,87 EUR ab dem 01.12.2010, die erst in der Berufungsinstanz beziffert wurden, sind unstreitig. Die Berufung der Beklagten greift die Schadensberechnung nicht an. Soweit die Beklagten den Ansatz einer 1,5-fachen Anwaltsgebühr beanstanden, hat das Landgericht zu Recht wegen der im Zusammenhang mit den Swap-Verträgen bestehenden besonderen Schwierigkeit eine erhöhte Anwaltsgebühr anerkannt.
48 
f. Der Kläger muss sich kein Mitverschulden anrechnen lassen. Die Ausführungen des Landgerichts sind zutreffend und überzeugend. Für den Erfolg des Vertrages kam es entscheidend auf den Wechselkurs zum Stichtag am 30.06.2009 an. Auch die Beklagte zu 2 hat dem Kläger, entgegen dem missverständlichen erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten, keine Empfehlung zur vorzeitigen Auflösung des Vertrages gegeben. Sie räumt selbst ein, dass der Vertrag trotz des Kurses und des vorübergehenden negativen Marktwertes noch ins Plus hätte drehen können (Schriftsatz vom 06.12.2010, S. 7, Bl. 141 d.A.), so dass der Schaden noch nicht feststand. Wenn jedoch sich bereits die fachkundige Beklagte zu 2 keine Prognose zutraute oder keine eindeutige Empfehlung zur Auflösung des Vertrages abgeben wollte, dann kann sie dem Kläger sein Festhalten am Vertrag nicht vorhalten. Entgegen dem Vortrag der Beklagten drängte sich dem Kläger die Notwendigkeit der Veräußerung nicht auf, sondern ihm wurden von der Beklagten zu 2 lediglich die möglichen Alternativen (Gesamtauflösung, Teilauflösung, Fortsetzung) gleichwertig nebeneinander dargestellt.
49 
Zudem war der Swap-Vertrag wegen des fehlenden Wissensstands des Klägers über dieses Produkt für diesen nicht geeignet, so dass seine vermeintliche Fehlentscheidung bereits ihre Ursache in der Empfehlung eines ungeeigneten Vertrages hat. Das kann die Beklagte zu 2 nicht entlasten.
50 
2. Klage gegen die Beklagte zu 1
51 
Die Beklagte zu 1 ist wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzungen gem. §§ 280, 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 BGB zum Schadensersatz verpflichtet. Ihre Aufklärungspflicht richtete sich nach den allgemeinen Grundsätzen. Danach war die Beklagte zu 1 auch im unmittelbaren Kundengeschäft (OTC) zur Aufklärung über die entscheidungserheblichen Tatsachen verpflichtet (Clouth in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, a.a.O., Rn. 1060, 1068). Der Umfang der Aufklärung hängt von der Aufklärungsbedürftigkeit des Anlegers und der Art der Anlage ab. Dabei ist die Informationsasymmetrie bzw. das Angewiesenheitsverhältnis zwischen Kunde und Bank zu berücksichtigten (Clouth in: Praktikerhandbuch, a.a.O., Rn. 1059 ff.). Der Kunde darf eine Vermittlung aller Informationen erwarten, die ihn in die Lage versetzen, eine eigenverantwortliche Entscheidung über den Abschluss oder Nichtabschluss des Geschäfts zu treffen. Insofern darf der Kunde ebenfalls eine Aufklärung darüber erwarten, dass es sich entgegen dem durch die Namensbezeichnung erweckten Eindruck (Swap) nicht um den Tausch von gleichwertigen Leistungen handelt, sondern um - für den Kunden nicht erkennbar - ungleichwertige Leistungen, die mit einem in der Höhe des anfänglichen negativen Marktwertes bestehenden Verlust verbunden sind. Auf die Ausführungen zur nicht objektgerechten Beratung durch die Beklagte zu 2 wird Bezug genommen. Insofern decken sich im Bereich der Informationspflichten die Aufklärungs- und Beratungspflichten, so dass es auf das Vorliegen eines Beratungsvertrages zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1 nicht ankommt (Braun/Lang/Loy in: Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, a.a.O., Rn. 13f. 222 ff.). Die fehlerhafte objektbezogene Aufklärung der Beklagten zu 2 muss sich die Beklagte zu 1 gem. § 278 BGB zurechnen lassen, weil sie dieser die Aufklärung des Kunden überlassen hat.
52 
Entgegen ihrer Auffassung wird die Beklagte zu 1 durch die Pflicht zur Offenbarung des negativen Marktwertes eines zu Spekulationszwecken konstruierten Swapvertrages auch nicht in ihrer Berufsausübungsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG beeinträchtigt. Dieses Recht wird nur im Rahmen der allgemeinen Gesetze gewährt. Die vor allem in früheren Verfahren wiederholt vorgebrachte Argumentation, die Offenbarungspflicht würde die Banken verpflichten, ihre Gewinnmarge zu offenbaren, trifft nicht zu und wird in dieser Form von den Beklagten nicht aufrecht erhalten. Es ist unstreitig, dass der Marktwert nicht ausschließlich die Gewinnmarge wiederspiegelt, sondern auch weitere Verwaltungskosten und Kosten der Risikoabsicherung.
53 
Die Aufklärungspflicht gründet sich in den besonderen Umständen bei der Konstruktion des Swap-Vertrages und in der sich aus § 242 BGB ergebenden Pflicht, einen Vertragspartner nach Treu und Glauben über wesentliche Umstände aufzuklären, die ihm nicht bekannt sind, aber für den Abschluss und die Erreichung des Vertragszwecks von entscheidender Bedeutung sind. Die Informationspflicht hat nicht den Zweck, die Bank zur Offenbarung ihrer Gewinnmargen zu verpflichten. Sie resultiert aus einem außerordentlich hohen Informationsgefälle, das die Bank befähigt, ihre Erwerbsinteressen einseitig und ohne Rücksicht auf die Interessen des Kunden durchzusetzen. Es handelt sich um einen für den Kunden atypischen Austauschvertrag, den die Bank in einer für den Kunden nicht nachvollziehbaren Weise konstruiert hat und dessen Wert sich für den Kunden nicht erschließt. Es ist zwar nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte zu 1 für diese Leistung eine Vergütung verlangt, die ihrem Aufwand und ihrem legitimen Gewinnstreben Rechnung trägt. Nachdem die Beklagte vorträgt, die Gegenposition im Vertrag nicht selbst zu übernehmen, sondern das Risiko an andere Marktteilnehmer durch Hedge-Geschäfte weiterzugeben, handelt es sich bei der Marge letztendlich um einen Preis, den sie ihrem Kunden abverlangt. Die Beklagte zu 1 nennt allerdings diesen Preis nicht, wie andere Dienstleister oder Verkäufer es tun. Sie kann diesen verstecken, indem sie die im Swap-Vertrag enthaltenen und auszutauschenden Leistungen nicht gleichwertig gestaltet, sondern, ohne dass der Kunde das erkennen kann, dem Kunden eine höherwertige Leistungsverpflichtung unterschiebt. Dadurch ist sie in der Lage, dem Kunden den scheinbar kostenlosen Erwerb einer Gewinnchance zu suggerieren.
54 
Bezüglich Verschulden, Kausalität, Schaden und Mitverschulden kann auf die Ausführungen bei der Beklagten zu 2 verwiesen werden, soweit sie die objektgerechte Aufklärung betreffen. Insbesondere trifft der Beklagtenvortrag nicht zu, die Beklagte zu 2 habe die Auflösung des Cross-Currency-Swap empfohlen, so dass der Kläger auf eigenes Risiko weiter spekuliert habe.
55 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht gem. § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern. Die Entscheidung weicht nicht von Entscheidungen anderer Obergerichte oder des Bundesgerichtshofs ab und beruht im Wesentlichen auf den Umständen des Einzelfalls.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 510/07
vom
20. Januar 2009
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Zur Aufklärungspflicht einer beratenden Bank über erhaltene Rückvergütungen
bei dem Vertrieb von Medienfonds (Fortführung von BGHZ 170,
226, 234 f. Tz. 22 f.).
BGH, Beschluss vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07 - OLG Naumburg
LG Magdeburg
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Dr. h.c. Nobbe, den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und
die Richter Dr. Ellenberger und Dr. Matthias
am 20. Januar 2009

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 10. Oktober 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 41.150 €.

Gründe:


I.


1
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung in Anspruch.
2
Dem Kläger wurde von einem Mitarbeiter der Beklagten in einem Beratungsgespräch, dessen Inhalt zwischen den Parteien streitig ist, empfohlen, sich an dem von der C. Beteiligungsgesellschaft mbH (im Folgenden: C. ) herausgegebenen Medienfonds C. Fonds Nr. (im Folgenden: Fonds) zu beteiligen. Aufgrund dieser Empfehlung beteiligte sich der Kläger am 22. Mai 2001 mit einer Kommanditeinlage in Höhe von 50.000 € nebst 5% Agio an dem Fonds. Nachdem dieser in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war, veräußerte der Kläger seinen Fondsanteil für 11.350 €.
3
Kläger Der nimmt die Beklagte auf Zahlung von 41.500 € nebst Zinsen in Anspruch. Zur Begründung hat er u.a. unter Berufung auf das Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226 ff.) vorgetragen, der Mitarbeiter der Beklagten habe ihn anlässlich des Beratungsgesprächs nicht darüber aufgeklärt, dass das Agio, das nach dem Prospekt an die C. zu zahlen war, aufgrund einer Vermittlungsvereinbarung in voller Höhe als Rückvergütung an die Beklagte zurückgeflossen sei und zusätzlich noch weitere Provisionen an die Beklagte gezahlt worden seien. http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE063903301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE013400314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE013400314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BVRE100448209&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE013400314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE013400314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 4 -
4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt: Zur Aufklärung über die Innenprovision sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, weil diese weniger als 15% ausgemacht habe (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2007 - III ZR 218/06, Rdn. 9).
5
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde , mit der er insbesondere einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG geltend macht, weil das Berufungsgericht seinen Vortrag zu verdeckt geflossenen Rückvergütungen völlig außer Acht gelassen habe.

II.


6
Das angefochtene Urteil ist gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben und der Rechtsstreit zur neuen mündlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
7
1. Das angegriffene Urteil verletzt den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG.
8
a) Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, den Vortrag der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen (BVerfGE 60, 247, 249; 65, 293, 295 f.; 70, 288, 293; 83, 24, 35; BVerfG NJW-RR 2001, 1006, 1007). Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG setzt dabei eine gewisse Evidenz der Gehörsverletzung voraus , das heißt, im Einzelfall müssen besondere Umstände vorliegen, die http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=KSRE162500275&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=KVRE289549901&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/wvp/page/bsiprod.psml;jsessionid=0F17D8EE6FFCC0F1F9F5C16AE5E1BB5F.jp24?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=24&numberofresults=112&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE013400314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 5 - deutlich ergeben, dass das Vorbringen der Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung ersichtlich nicht erwogen worden ist (BVerfGE 22, 267, 274; 79, 51, 61; 86, 133, 146; 96, 205, 216 f.; BVerfG NJW 2000, 131).
9
b) Nach diesen Maßstäben ist Art. 103 Abs. 1 GG hier verletzt.
10
aa) Der Kläger hat in der Berufungsbegründung (GA II 143 ff.) konkrete Ausführungen zu einer Rückvergütungsvereinbarung zwischen der C. und der Beklagten betreffend das nach dem Prospekt vom Kläger an die C. zu zahlende Agio gemacht und dabei auf das Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226, 234 f. Tz. 22 f.) verwiesen. Das Berufungsgericht hat sich jedoch mit keinem Wort mit diesem Vortrag befasst, sondern unter Berufung auf das Urteil des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 22. März 2007 (III ZR 218/06, WM 2007, 873, 874 Tz. 9) lediglich in einem Satz ausgeführt, zu einer Aufklärung über die Innenprovision sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, weil die Provision weniger als 15% ausgemacht habe. Behandelt hat das Berufungsgericht damit lediglich die Informationspflicht aus einem Anlagevermittlungs - und Auskunftsvertrag. Zwischen den Parteien ist aber, wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat und beide Parteien übereinstimmend vorgetragen haben, nicht lediglich ein Anlagevermittlungs - und Auskunftsvertrag, sondern ein Beratungsvertrag zustande gekommen , der zu einer Aufklärung über Rückvergütungen entsprechend den Grundsätzen des Senatsurteils vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226, 234 f. Tz. 23) verpflichtet. Dass das Berufungsgericht diese vom Kläger breit dargestellte Sach- und Rechtslage völlig übergangen hat, lässt sich nach den Umständen des Falles nur damit erklären, dass es das Vorbringen des Klägers bei seiner Entscheidung überhaupt nicht erwogen hat.
11
bb) Der Gehörsverstoß des Berufungsgerichts ist auch entscheidungserheblich.
12
Zutreffend (1) ist die Ansicht der Beschwerdebegründung, dass das genannte Senatsurteil (BGHZ 170, 226, 234 f. Tz. 23) auch auf den Vertrieb von Medienfonds durch eine Bank anwendbar ist. Bei der Offenlegung von Rückvergütungen geht es um die Frage, ob eine Gefährdungssituation für den Kunden geschaffen wird. Deshalb ist es geboten, den Kunden über etwaige Rückvergütungen aufzuklären und zwar unabhängig von der Rückvergütungshöhe. Dabei macht es keinen Unterschied , ob der Berater Aktienfonds oder Medienfonds vertreibt. Der aufklärungspflichtige Interessenkonflikt ist in beiden Fällen gleich. Der Senat hat zwar § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a.F. im Zusammenhang mit der Pflicht zur Vermeidung eines Interessenkonflikts angeführt (BGHZ 170, 226, 234 Tz. 23), seine Ausführungen zum Interessenkonflikt aber nicht auf den Anwendungsbereich des WpHG beschränkt. In § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a.F. ist lediglich der auch zivilrechtlich allgemein anerkannte Grundsatz der Vermeidung von vertragswidrigen Interessenkonflikten aufsichtsrechtlich für den Bereich des Wertpapierhandels normiert worden (vgl. KK-WpHG/Möllers § 31 Rdn. 23 m.w.Nachw.; auch Palandt/ Sprau, BGB 68. Aufl. § 654 Rdn. 4).
13
(2) Aufgrund des Beratungsvertrags war die Beklagte verpflichtet, den Kläger darüber aufzuklären, dass sie von der C. für die Vermittlung der Fondsanteile das Agio in voller Höhe bekam. Für die Berater der Beklagten bestand danach ein ganz erheblicher Anreiz, Anlegern gerade eine Fondsbeteiligung der C. zu empfehlen. Darüber und den damit verbundenen Interessenkonflikt musste die Beklagte den Kläger im Rahmen des Beratungsgesprächs informieren, um ihn in die Lage zu versetzen, das Umsatzinteresse der Beklagten einschätzen und beurteilen zu können, ob die Beklagte und ihr Berater die Fondsbeteiligung nur deshalb empfahlen, weil sie selbst daran verdienten (vgl. Senatsurteil BGHZ 170, 226, 234 f. Tz. 23). Das gilt vorliegend umso mehr, als der Interessenkonflikt noch dadurch gesteigert wurde, dass die Beklagte für die Übernahme einer Platzierungsgarantie eine Vergütung von weiteren 3% des Kommanditkapitals erhielt und für ihre Gebietsfilialen, die die für sie festgelegten Platzierungsquoten zu 100% erfüllten, von der C. eine zusätzliche Vermittlungsgebühr von 100.000 € gezahlt wurde. Durch dieses gesteigerte Anreizsystem bestand eine erhöhte Gefahr, dass die im Kundeninteresse zu erfolgende anleger- und objektgerechte Beratung nicht oder nur unzureichend vorgenommen wurde.
Nobbe Joeres Mayen
Ellenberger Matthias
Vorinstanzen:
LG Magdeburg, Entscheidung vom 19.06.2007 - 11 O 165/07 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 10.10.2007 - 2 U 96/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
XI ZR 318/10
Verkündet am:
26. Februar 2013
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat im schriftlichen Verfahren, in
dem Schriftsätze bis zum 14. Januar 2013 eingereicht werden konnten, durch
den Vorsitzenden Richter Wiechers sowie die Richter Dr. Ellenberger, Maihold,
Dr. Matthias und Pamp

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 14. Juli 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die beklagte Bank auf Rückabwicklung einer Beteiligung an der V. 3 GmbH & Co. KG (im Folgenden : V 3) in Anspruch.
2
Der Kläger zeichnete nach vorheriger Beratung durch den Mitarbeiter K. der Beklagten am 5. September 2003 eine Beteiligung an V 3 im Nennwert von 30.000 € zuzüglich Agio in Höhe von 1.500 €.
3
Nach dem Inhalt des Verkaufsprospekts sollten 8,9% der Zeichnungssumme und außerdem das Agio in Höhe von 5% zur Eigenkapitalvermittlung durch die V. AG (im Folgenden: V. AG) verwendet werden. Die V. AG durfte laut Prospekt ihre Rechte und Pflichten aus der Vertriebsvereinbarung auf Dritte übertragen. Die Beklagte erhielt für den Vertrieb der Anteile Provisionen in Höhe von 8,25% der Zeichnungssumme, ohne dass dies dem Kläger im Beratungsgespräch offengelegt wurde.
4
Bereits zuvor hatte sich der Kläger durch Vermittlung der Beklagten an den Filmfonds " Erste A. GmbH & Co. KG" (nachfolgend: A I) sowie " Zweite A. GmbH & Co. KG" (nachfolgend: A II) beteiligt. Auf den Seiten 24 (A I) bzw. 28 (A II) der Prospekte zu diesen Fonds war mitgeteilt worden, dass die Beklagte für die Eigenkapitalvermittlung eine Vergütung von 8,5% des Zeichnungskapitals erhielt.
5
Der Kläger verlangt mit seiner Klage unter Berufung auf mehrere Aufklärungs - und Beratungsfehler, Zug um Zug gegen die Abgabe des Angebots auf Übertragung der Beteiligung und Abtretung aller Rechte aus der Beteiligung, Rückzahlung des eingesetzten Kapitals in Höhe von 31.500 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 4% p.a. von der Zeichnung der Anlage bis zur Rechtshängigkeit der Klage sowie Prozesszinsen. Des Weiteren begehrt der Kläger die Feststellung , dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen aus der Beteiligung an V 3 freizustellen, sowie die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten. Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben, hinsichtlich der geltend gemachten vorprozessualen Zinsen die Klage jedoch abgewiesen. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg.
6
Mit ihrer - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision begehrt die Beklagte weiterhin die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:

7
Die Revision der Beklagten ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

8
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
9
Das Landgericht habe zu Recht einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Schadensersatz wegen unterlassener Aufklärung über die von ihr erzielte Rückvergütung angenommen. Aufgrund des zwischen den Parteien zustande gekommenen Beratungsvertrags sei die Beklagte verpflichtet gewesen , den Kläger auf die von ihr im Zusammenhang mit dem Vertrieb der Anlage empfangene umsatzabhängige Vergütung hinzuweisen. Hierbei handele es sich um aufklärungspflichtige Rückvergütungen, ohne dass es darauf ankomme, ob die Vergütung aus dem Agio oder daneben zumindest teilweise aus den im Prospekt ausgewiesenen Fondsnebenkosten fließe. Im Prospekt sei die Beklagte weder konkret als Empfängerin von Vertriebsprovisionen benannt noch lasse sich die Höhe der an die Beklagte geflossenen Beträge abschätzen.
10
Stehe eine Aufklärungspflichtverletzung fest, streite für den Anleger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, die für alle Aufklärungsfehler eines Anlageberaters gelte. Ein Anleger, der um das mit der Anlageempfehlung verbundene Provisionsinteresse der Bank wisse, werde die Empfehlung typischerweise kritischer würdigen als ohne diese Kenntnis. Da es deshalb nahe liege, dass der Kläger die Anlageentscheidung für V 3 bei gehöriger Aufklärung nicht getroffenen hätte, obliege es der Beklagten darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass der Kläger einen entsprechenden Hinweis unbeachtet gelassen hätte.
11
Die Pflichtverletzung der Beklagten sei zumindest fahrlässig gewesen. Im Zeitpunkt der Anlageentscheidung habe es keine höchstrichterliche Rechtsprechung gegeben, aufgrund derer sich die Beklagte für berechtigt habe halten können, erlangte Rückvergütungen nicht zu offenbaren. Ein Mitverschulden sei dem Kläger nicht anzulasten.

II.

12
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
13
1. Das Berufungsgericht ist allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte ihre aus dem - nicht mehr im Streit stehenden - Beratungsvertrag nach den Grundsätzen des Bond-Urteils (Senatsurteil vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128) folgende Pflicht, den Kläger über die ihr zufließende Provision in Höhe von 8,25% des Zeichnungskapitals aufzuklären, schuldhaft verletzt hat.
14
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist eine Bank aus dem Anlageberatungsvertrag verpflichtet, über die von ihr vereinnahmte Rückvergütung aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen ungefragt aufzuklären. Auf- klärungspflichtige Rückvergütungen in diesem Sinne sind - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu versteckten Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen gezahlt werden, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt. Hierdurch kann beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen, er kann jedoch das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen (vgl. nur Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 20 und Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 17, für BGHZ bestimmt).
15
Bei den von der Beklagten empfangenen Provisionen handelte es sich, wie der Senat für die Parallelfonds V 3 und V 4 bereits mehrfach entschieden hat, um aufklärungspflichtige Rückvergütungen im Sinne der Senatsrechtsprechung (vgl. nur Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 26 und Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 18). Wie der Senat in diesem Zusammenhang ebenfalls schon mehrfach entschieden hat, konnte eine ordnungsgemäße Aufklärung des Klägers über diese Rückvergütungen durch die Übergabe des streitgegenständlichen Fondsprospekts nicht erfolgen, weil die Beklagte in diesem nicht als Empfängerin der dort ausgewiesenen Provisionen genannt ist (Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 27 und Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 22 mwN).
16
Schließlich hat das Berufungsgericht rechts- und verfahrensfehlerfrei ein Verschulden der Beklagten angenommen (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 5 ff. und vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 10 ff. sowie Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 25, jeweils mwN).
17
2. Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung jedoch nicht stand, soweit das Berufungsgericht die Kausalität der Aufklärungspflichtverletzung für den Erwerb der Fondsbeteiligung durch den Kläger bejaht hat.
18
a) Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast für ihre Behauptung trägt, der Kläger hätte die Beteiligung auch bei gehöriger Aufklärung über die Rückvergütung erworben.
19
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat, beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Geschädigte den Rat oder Hinweis also unbeachtet gelassen hätte. Diese sogenannte "Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens" gilt für alle Aufklärungs- und Beratungsfehler eines Anlageberaters, insbesondere auch dann, wenn Rückvergütungen pflichtwidrig nicht offengelegt wurden. Es handelt sich hierbei nicht lediglich um eine Beweiserleichterung im Sinne eines Anscheinsbeweises, sondern um eine zur Beweislastumkehr führende widerlegliche Vermutung (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 28 ff. mwN).
20
Das Berufungsgericht hat des Weiteren im Ergebnis zutreffend angenommen , dass von dieser Beweislastumkehr nicht nur dann auszugehen ist, wenn der Anleger bei gehöriger Aufklärung vernünftigerweise nur eine Handlungsalternative gehabt hätte. Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden hat (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 30 ff. mwN), ist das Ab- stellen auf das Fehlen eines solchen Entscheidungskonflikts mit dem Schutzzweck der Beweislastumkehr nicht vereinbar. Die Beweislastumkehr greift vielmehr bereits bei feststehender Aufklärungspflichtverletzung ein.
21
b) Die Revision rügt allerdings - wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils zu einem Parallelfall entschieden hat (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 37 ff.) - zu Recht, dass das Berufungsgericht den Vortrag der Beklagten, ihr Provisionsinteresse habe keinen Einfluss auf die Anlageentscheidung des Klägers gehabt, insgesamt als unbeachtlich angesehen und angebotene Beweise nicht erhoben hat.
22
aa) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht den Antrag der Beklagten auf Vernehmung des Klägers als Partei (§ 445 Abs. 1 ZPO) für ihre Behauptung , dass der Anteil, den sie aus den im Prospekt ausgewiesenen Vertriebsprovisionen erhalten hat, für die Anlageentscheidung ohne Bedeutung gewesen sei, unberücksichtigt gelassen.
23
Dem Vortrag der Beklagten lässt sich noch ein hinreichender Bezug zur Person des Klägers entnehmen. Dem Beklagtenvortrag ist die Behauptung zu entnehmen, der Kläger hätte die Anlage auch bei Kenntnis von Rückvergütungen erworben. Damit wird die entscheidungserhebliche Tatsache - Fehlen der haftungsbegründenden Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden - unmittelbar selbst zum Gegenstand des Beweisantrags gemacht. Stellte sich der Sachvortrag in der Beweisaufnahme als richtig heraus, stünde die fehlende Kausalität der Pflichtverletzung ohne weiteres fest. Weitere Einzelheiten oder Erläuterungen sind zur Substantiierung des Beweisantrags daher grundsätzlich nicht erforderlich. Das gilt nicht nur für den Zeugenbeweis, sondern auch - wie vorliegend - für die Parteivernehmung nach § 445 ZPO. Für diese unmittelbare Beweisführung steht der Beklagten auch kein weiteres Beweismittel zur Verfü- gung, so dass der Grundsatz der Subsidiarität der Parteivernehmung nicht entgegensteht. Die Parteivernehmung nach § 445 Abs. 1 ZPO setzt keinen vorherigen sonstigen Beweis und auch nicht die Wahrscheinlichkeit der unter Beweis gestellten Behauptung voraus (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 39 mwN).
24
Da bei der Parteivernehmung ein Missbrauch zur Ausforschung besonders naheliegt, ist zu prüfen, ob ein unbeachtlicher Beweisermittlungsantrag vorliegt. Ein unzulässiger Ausforschungsbeweis liegt erst dann vor, wenn der Beweisführer ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 40 mwN). Eine Ausforschung in diesem Sinne ist vorliegend zu verneinen. Die Beklagte hat Anhaltspunkte vorgetragen, die nach ihrer Auffassung zumindest in der Gesamtschau dafür sprechen, dass der Kläger auch in Kenntnis der Rückvergütungen V 3 gezeichnet hätte. Hierzu gehört das behauptete Anlageziel des Klägers, dass es ihm allein auf die Steuerersparnis und allenfalls noch Renditechancen und das Sicherungskonzept der Schuldübernahme ankam. Als weiteren Anhaltspunkt hat die Beklagte vorgetragen, der Kläger habe bereits zuvor eine Beteiligung an den Filmfonds A I und A II in Kenntnis von Provisionszahlungen an die beratende Bank geschlossen. Angesichts dessen kann eine Behauptung ins Blaue hinein nicht angenommen werden (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 41).
25
bb) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht auch den von der Beklagten vorgetragenen Hilfstatsachen (Indizien) keine Bedeutung beigemessen (vgl. hierzu Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 42 ff. mwN).
26
Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsgericht dem unter Zeugenbeweis gestellten Vortrag der Beklagten zum Motiv des Klägers, sich an V 3 zu beteiligen (Steuerersparnis bzw. allenfalls noch Renditechancen und das Sicherungskonzept ), nicht nachgegangen.
27
Zwar steht der Umstand, dass ein Anleger eine steueroptimierte Anlage wünscht, für sich gesehen der Kausalitätsvermutung nicht entgegen. Ist die vom Anleger gewünschte Steuerersparnis aber nur mit dem empfohlenen Produkt oder anderen Kapitalanlagen mit vergleichbaren Rückvergütungen zu erzielen, kann das den Schluss darauf zulassen, dass an die Bank geflossene Rückvergütungen für die Anlageentscheidung unmaßgeblich waren (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 53 mwN).
28
Dem Vortrag der Beklagten kann entnommen werden, dass sie behauptet , dem Kläger sei es vordringlich um die bei V 3 zu erzielende Steuerersparnis gegangen, die alternativ nur mit Produkten zu erzielen gewesen sei, bei denen vergleichbare Rückvergütungen gezahlt worden seien. Das Berufungsgericht hat diesen Vortrag zu Unrecht nicht gewürdigt und den insoweit angetretenen Beweis durch Vernehmung des Beraters K. als Zeugen unbeachtet gelassen.
29
cc) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht auch der Tatsache, dass der Kläger bereits zuvor die Filmfonds A I und A II gezeichnet hatte, bei denen die Beklagte Provisionen in Höhe von jeweils 8,5% des Zeichnungskapitals erhielt , keine Bedeutung beigemessen.
30
Relevante Indizien für die fehlende Kausalität können sich sowohl aus dem vorangegangenen als auch aus dem nachfolgenden Anlageverhalten des Anlegers ergeben. Insbesondere die Kenntnis des Anlegers von Provisionen oder Rückvergütungen, die die beratende Bank bei vergleichbaren früheren Anlagegeschäften erhalten hat, kann ein Indiz dafür sein, dass der Anleger die empfohlene Kapitalanlage auch in Kenntnis der Rückvergütung erworben hätte. Sollte ein Anleger in Bezug auf eine vergleichbare Kapitalanlage, die er vor oder nach der streitgegenständlichen erworben hat, erst nach dem Erwerb der jeweiligen Beteiligung Kenntnis von Rückvergütungen erhalten, so kann sich ein Indiz für die fehlende Kausalität der unterlassenen Mitteilung über Rückvergütungen auch daraus ergeben, dass der Anleger an den vergleichbaren - möglicherweise gewinnbringenden - Kapitalanlagen festhält und nicht unverzüglich Rückabwicklung wegen eines Beratungsfehlers begehrt (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 50).
31
Nach dem revisionsrechtlich zugunsten der Beklagten zu unterstellenden Vortrag der Beklagten ist der Kläger bei A I und A II über die dort an die Beklagte geflossenen Vergütungen aufgeklärt worden. Hatte der Kläger aber Kenntnis davon, dass die Beklagte bei A I und A II eine Provision in Höhe von jeweils 8,5% erhielt und zeichnete er die Anlage trotzdem, so ist das ein gewichtiges Indiz dafür, dass er sich auch bei Kenntnis der Rückvergütungen bei V 3 nicht von einer Beteiligung hätte abhalten lassen.

III.

32
Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird den Kläger als Partei (§ 445 Abs. 1 ZPO) zu der Behauptung der Beklagten, dass der Anteil den sie aus den im Prospekt ausgewiesenen Vertriebsprovisionen erhalten hat, für die Anlageentscheidung ohne Bedeutung war, zu vernehmen haben. Gegebenenfalls wird es die Be- hauptung der Beklagten zu würdigen haben, dem Kläger sei es allein um die bei V 3 zu erzielende Steuerersparnis gegangen, die alternativ nur mit Produkten zu erzielen gewesen sei, bei denen vergleichbare Rückvergütungen gezahlt worden seien. Gegebenenfalls wird es dazu den Zeugen K. und - soweit § 445 Abs. 2 ZPO nicht entgegensteht - gegebenenfalls den Kläger als Partei zu vernehmen haben (vgl. auch Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 42 ff.).
33
Sollte das Berufungsgericht nach erneuter Verhandlung die Kausalitätsvermutung in Bezug auf verschwiegene Rückvergütungen als widerlegt ansehen , wird es einer Haftung der Beklagten wegen falscher Darstellung der Kapitalgarantie nachzugehen haben (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 13 ff.). Sollte das Berufungsgericht insoweit - wie der Senat zum selben Fonds bereits entschieden hat (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 14; vgl. auch Henning, WM 2012, 153 ff. mwN zu dem Parallelfonds V 4) - eine Aufklärungspflichtverletzung bejahen, dürfte die Widerlegung der dann eingreifenden Kausalitätsvermutung bereits nach dem Vortrag der Beklagten, dem Kläger sei es auch auf das Sicherungskonzept der Schuldübernahme angekommen, ausscheiden.
34
Bezüglich des Feststellungsantrags hinsichtlich der wirtschaftlichen und steuerlichen Nachteile aus der Beteiligung weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass der Antrag dahingehend ausgelegt werden kann und auszulegen ist, dass die Freistellungs- bzw. Ersatzpflicht der Beklagten nicht jene steuerlichen Nachteile umfasst, die aus der Einkommensbesteuerung der Ersatzleistung resultieren. Diese Nachteile wurden bereits abschließend (und zutreffend) im Rahmen der Bemessung der Ersatzleistung aufgrund pauschalisierender Betrachtungsweise der steuerlichen Vor- und Nachteile berücksichtigt (vgl. BGH, Urteile vom 1. März 2011 - XI ZR 96/09, WM 2011, 740 Rn. 8 f. und vom 23. April 2012 - II ZR 75/10, WM 2012, 1293 Rn. 40).
Wiechers Ellenberger Maihold Matthias Pamp
Vorinstanzen:
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 18.09.2009 - 2-20 O 391/08 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 14.07.2010 - 17 U 230/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
XI ZR 183/11
Verkündet am:
26. Februar 2013
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat im schriftlichen Verfahren, in
dem Schriftsätze bis zum 18. Januar 2013 eingereicht werden konnten, durch
den Vorsitzenden Richter Wiechers sowie die Richter Dr. Ellenberger, Maihold,
Dr. Matthias und Pamp

für Recht erkannt:
Unter Zurückweisung der Anschlussrevision des Klägers wird auf die Revision der Beklagten das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 9. März 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die beklagte Bank auf Rückabwicklung seiner Beteiligungen an der V. 3 GmbH & Co. KG (im Folgenden: V 3) sowie der V. 4 GmbH & Co. KG (im Folgenden: V 4) in Anspruch.
2
Der Kläger zeichnete jeweils nach vorheriger Beratung durch den Mitarbeiter S. der Beklagten am 10. Dezember 2003 bzw. am 10. Dezember 2004 Beteiligungen an V 3 bzw. V 4 im Nennwert von jeweils 25.000 € zuzüglich Agio in Höhe von 1.250 €. Die Beteiligung an V 4 finanzierte der Kläger in Höhe von 11.375 € durch ein Darlehen der B. AG. Ein Teil der Agios wurde dem Kläger von der Beklagten erstattet und zwar 375 € für V 3 und 250 € für V 4.
3
Nach dem Inhalt beider Verkaufsprospekte sollten 8,9% der Zeichnungssumme und außerdem das Agio in Höhe von 5% zur Eigenkapitalvermittlung (V 3) bzw. zur Eigenkapitalvermittlung, Platzierungsgarantie und Finanzierungsvermittlung (V 4) durch die V. AG (im Folgenden: V. AG) verwendet werden. Die V. AG durfte laut beider Prospekte ihre Rechte und Pflichten aus der Vertriebsvereinbarung auf Dritte übertragen. Die Beklagte erhielt für den Vertrieb der Anteile an V 3 Provisionen in Höhe von 8,25% der Zeichnungssumme und für den Vertrieb der Anteile an V 4 Provisionen in Höhe von 8,45% bis 8,72% der Zeichnungssumme, ohne dass dies dem Kläger in den Beratungsgesprächen offengelegt wurde.
4
Der Kläger hat mit seiner Klage unter Berufung auf mehrere Aufklärungsund Beratungsfehler, Zug um Zug gegen die Abgabe des Angebots zur Übertragung der Beteiligungen, Rückzahlung des investierten Kapitals in Höhe von insgesamt 41.125 € zuzüglich entgangenen Gewinns in Höhe von jeweils 4% ab Zeichnung der Anlage bis zur Rechtshängigkeit der Klage sowie Prozesszinsen und des Weiteren die Freistellung von allen Verbindlichkeiten aus dem Finanzierungsdarlehen verlangt. Ferner hat der Kläger die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen aus den Beteiligungen freizustellen, sowie die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten begehrt. Das Landgericht hat der Klage, Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligungen, im Wesentlichen stattgegeben. Entgangenen Gewinn sowie Prozesszinsen hat es jedoch nicht zugesprochen. Außer- dem hat es den Feststellungantrag hinsichtlich des Annahmeverzugs der Beklagten abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht nach Vernehmung des Klägers als Partei das landgerichtliche Urteil wegen der in der Berufungsinstanz erklärten Klagerücknahme in Höhe von 675 € abgeändert. Außerdem hat es die Pflicht zur Freistellung vom Darlehen der B. AG dahingehend beschränkt, dass der Kläger Zug um Zug die Abtretung der Rechte aus dem Darlehen anbieten muss. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht den Annahmeverzug der Beklagten festgestellt sowie die Beklagte zur Zahlung von Prozesszinsen verurteilt. Außerdem hat das Berufungsgericht klargestellt, dass der Kläger nicht die Beteiligungen Zug um Zug übertragen, sondern lediglich die Rechte daraus abzutreten hat. Im Übrigen hat es beide Berufungen zurückgewiesen.
5
Mit ihrer - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision begehrt die Beklagte weiterhin die vollständige Abweisung der Klage. Der Kläger verfolgt mit der Anschlussrevision weiterhin entgangenen Zinsgewinn von der Zeichnung der Beteiligungen bis zur Rechtshängigkeit.

Entscheidungsgründe:


A. Revision der Beklagten
6
Die Revision der Beklagten ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht , soweit zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.

I.

7
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
8
Aufgrund der zwischen den Parteien hinsichtlich beider Beteiligungen zustande gekommenen Beratungsverträge sei die Beklagte verpflichtet gewesen , den Kläger ungefragt darüber aufzuklären, dass und in welcher Höhe sie Rückvergütungen erhalten habe. Bei den von der Beklagten vereinnahmten Provisionen in Höhe von 8,25% bzw. 8,45% bis 8,72% habe es sich um aufklärungspflichtige Rückvergütungen gehandelt. Aus den Fondsprospekten sei nicht ersichtlich, dass und in welchem Umfang die dort erwähnten Provisionen der Beklagten zufließen sollten. Das vermutete Verschulden habe die Beklagte nicht widerlegt. Die Beklagte habe mit einer solchen Aufklärungspflicht im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Beratungen zumindest rechnen müssen.
9
Die unterlassene Aufklärung über die Rückvergütungen sei auch kausal für die Anlageentscheidungen des Klägers geworden. Die Beklagte habe die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens nicht widerlegen können. Unerheblich sei insoweit die Rückerstattung von Teilen der zunächst gezahlten Agios. Dadurch sei für den Kläger weder die Provisionszahlung an die Beklagte an sich noch der sich daraus ergebende Interessenkonflikt erkennbar gewesen. Hinsichtlich zweier früherer Beteiligungen des Klägers an Medienfonds habe die Beklagte nicht vorgetragen, dass der Kläger im Zusammenhang mit diesen Zeichnungen auf die Zahlung von Provisionen an die Beklagte hingewiesen worden sei. Die Kausalitätsvermutung sei schließlich auch nicht durch die eigenen Bekundungen des Klägers im Rahmen seiner Parteivernehmung widerlegt worden. Vielmehr habe der Kläger glaubhaft angegeben, dass er die Beteili- gungen nicht gezeichnet hätte, wenn er im Beratungsgespräch über die tatsächlichen Provisionszahlungen an die Beklagte aufgeklärt worden wäre.

II.

10
Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
11
1. Das Berufungsgericht ist allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte ihre aus dem - nicht mehr im Streit stehenden - Beratungsvertrag nach den Grundsätzen des Bond-Urteils (Senatsurteil vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128) folgende Pflicht, den Kläger über die ihr zufließende Provision in Höhe von 8,25% (V 3) bzw. mindestens 8,45% (V 4) des Zeichnungskapitals aufzuklären, schuldhaft verletzt hat.
12
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist eine Bank aus dem Anlageberatungsvertrag verpflichtet, über die von ihr vereinnahmte Rückvergütung aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen ungefragt aufzuklären. Aufklärungspflichtige Rückvergütungen in diesem Sinne sind - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu versteckten Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen gezahlt werden, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt. Hierdurch kann beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen , er kann jedoch das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen (vgl. nur Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 20 und Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 17, für BGHZ bestimmt).
13
Bei den von der Beklagten empfangenen Provisionen handelte es sich, wie der Senat für die Parallelfonds V 3 und V 4 bereits mehrfach entschieden hat, um aufklärungspflichtige Rückvergütungen im Sinne der Senatsrechtsprechung (vgl. nur Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 26 und Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 18). Wie der Senat in diesem Zusammenhang ebenfalls schon mehrfach entschieden hat, konnte eine ordnungsgemäße Aufklärung des Klägers über diese Rückvergütungen durch die Übergabe der streitgegenständlichen Fondsprospekte nicht erfolgen, weil die Beklagte in diesen nicht als Empfängerin der dort jeweils ausgewiesenen Provisionen genannt ist (Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 27 und Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 22 mwN).
14
Schließlich hat das Berufungsgericht rechts- und verfahrensfehlerfrei ein Verschulden der Beklagten angenommen (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 5 ff. und vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 10 ff. sowie Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 25, jeweils mwN).
15
2. Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung jedoch nicht stand, soweit das Berufungsgericht die Kausalität der Aufklärungspflichtverletzungen für den Erwerb der Fondsbeteiligungen durch den Kläger bejaht hat.
16
a) Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast für ihre Behauptung trägt, der Kläger hätte die Beteiligungen auch bei gehöriger Aufklärung über die Rückvergütungen erworben.
17
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat, beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Geschädigte den Rat oder Hinweis also unbeachtet gelassen hätte. Diese sogenannte "Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens" gilt für alle Aufklärungs- und Beratungsfehler eines Anlageberaters, insbesondere auch dann, wenn Rückvergütungen pflichtwidrig nicht offengelegt wurden. Es handelt sich hierbei nicht lediglich um eine Beweiserleichterung im Sinne eines Anscheinsbeweises, sondern um eine zur Beweislastumkehr führende widerlegliche Vermutung (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 28 ff. mwN).
18
Das Berufungsgericht hat des Weiteren im Ergebnis zutreffend angenommen , dass von dieser Beweislastumkehr nicht nur dann auszugehen ist, wenn der Anleger bei gehöriger Aufklärung vernünftigerweise nur eine Handlungsalternative gehabt hätte. Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden hat (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 30 ff. mwN), ist das Abstellen auf das Fehlen eines solchen Entscheidungskonflikts mit dem Schutzzweck der Beweislastumkehr nicht vereinbar. Die Beweislastumkehr greift vielmehr bereits bei feststehender Aufklärungspflichtverletzung ein.
19
b) Zu Recht hat das Berufungsgericht auch den Kläger als Partei für die Behauptung der Beklagten vernommen, dass der Anteil, den sie aus den im Prospekt ausgewiesenen Vertriebsprovisionen erhalten hat, für die Anlageentscheidung ohne Bedeutung gewesen sei (vgl. dazu Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 38 ff. mwN).
20
Soweit das Berufungsgericht sich durch die Aussage des Klägers als Partei nicht davon überzeugen konnte, dass der Kläger V 3 und V 4 auch dann beigetreten wäre, wenn er im Beratungsgespräch über die tatsächlichen Provisionszahlungen an die Beklagte aufgeklärt worden wäre, so ist dies rechtlich nicht zu beanstanden. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Kausalitätsvermutung sei durch die Parteivernehmung des Klägers nicht widerlegt, unterliegt als Ergebnis tatrichterlicher Würdigung gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO nur eingeschränkter Überprüfung durch das Revisionsgericht. Dieses kann lediglich prüfen, ob der Streitstoff umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denk- und Erfahrungssätze gewürdigt worden ist (Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 9 mwN). Solche Rechtsfehler liegen hier nicht vor. Das Berufungsgericht hat die Aussage des Klägers umfassend und widerspruchfrei gewürdigt. Seine Würdigung ist auch zumindest vertretbar.
21
c) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht in Bezug auf eine von der Beklagten vorgetragene Hilfstatsache (Indiz) einen erheblichen Beweis nicht erhoben (vgl. hierzu Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 42 ff. mwN).
22
aa) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht allerdings der Tatsache, dass sich der Kläger vor Zeichnung der streitgegenständlichen Beteiligung in einem sogenannten Vermögensanlage-Bogen mit Provisionszahlungen bei Wertpapiergeschäften an die Beklagte einverstanden erklärt hat, keine Bedeutung beigemessen (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 48 mwN).
23
bb) Ebenfalls rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht den früheren - unstreitigen - Beteiligungen des Klägers an zwei anderen Medienfonds keine gegen die Kausalität der Pflichtverletzung sprechende Indizwirkung beigemessen.
24
Relevante Indizien für die fehlende Kausalität können sich zwar sowohl aus dem vorangegangenen als auch aus dem nachfolgenden Anlageverhalten des Anlegers ergeben. Insbesondere die Kenntnis des Anlegers von Provisionen oder Rückvergütungen, die die beratende Bank bei vergleichbaren früheren Anlagegeschäften erhalten hat, kann ein Indiz dafür sein, dass der Anleger die empfohlene Kapitalanlage auch in Kenntnis der Rückvergütung erworben hätte. Sollte ein Anleger in Bezug auf eine vergleichbare Kapitalanlage, die er vor oder nach der streitgegenständlichen erworben hat, erst nach dem Erwerb der jeweiligen Beteiligung Kenntnis von Rückvergütungen erhalten, so kann sich ein Indiz für die fehlende Kausalität der unterlassenen Mitteilung über Rückvergütungen auch daraus ergeben, dass der Anleger an den vergleichbaren - möglicherweise gewinnbringenden - Kapitalanlagen festhält und nicht unverzüglich Rückabwicklung wegen eines Beratungsfehlers begehrt (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 50). Vorliegend hat die Beklagte jedoch - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht vorgetragen , dass der Kläger im Zusammenhang mit den früheren Anlagegeschäften über die dort angefallenen Provisionen an die Beklagte ordnungsgemäß aufgeklärt worden ist. Auch zu einer etwaigen nachträglich erlangten Kenntnis des Klägers von Rückvergütungen hat die Beklagte nichts vorgetragen.
25
cc) Rechtlich vertretbar hat das Berufungsgericht des Weiteren den Umstand gewürdigt, dass der Kläger zwar dem Grunde, nicht aber der Höhe nach Kenntnis von den Provisionszahlungen an die Beklagte hatte.
26
Zutreffend legt das Berufungsgericht seinen Erwägungen zugrunde, dass die beratende Bank ungefragt nicht nur über das Ob, sondern auch über die Höhe der Rückvergütung aufklären muss, weil der Anleger nur bei Kenntnis auch der Höhe der Rückvergütungen das eigene Interesse der Bank an der Empfehlung der Kapitalanlage richtig einschätzen kann (Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 24; Senatsbeschlüsse vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 9 und vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 27 aE).
27
Aufgrund der Parteivernehmung des Klägers ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Beklagte dem Kläger Teile der Agios erstattet hat. Der Kläger hat zudem bei seiner Parteivernehmung angegeben, er sei davon ausgegangen, dass die Beklagte 1% bis 2% erhalte, was er für in Ordnung gehalten habe. Dass die Beklagte 8% erhalten habe, habe er nicht gewusst. Das scheine ihm unangemessen hoch. Hätte er das gewusst, wäre sein Vertrauen in die Beklagte gestört gewesen. Wenn das Berufungsgericht daraus abgeleitet hat, die Kenntnis des Klägers von Provisionen dem Grunde nach sei nicht geeignet, den Beweis dafür zu erbringen, dass der Kläger Anteile an V 3 und V 4 auch bei Kenntnis der genauen Höhe der Rückvergütungen gezeichnet hätte, so hält diese tatrichterliche Würdigung der eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung (s.o. 2. b) stand.
28
dd) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht aber den Zeugen S. zu dem Vortrag der Beklagten zum Motiv des Zedenten, sich an V 3 und V 4 zu beteiligen (Steuerersparnis bzw. allenfalls noch Renditechancen und das Sicherungskonzept), nicht vernommen.
29
Zwar steht der Umstand, dass ein Anleger eine steueroptimierte Anlage wünscht, für sich gesehen der Kausalitätsvermutung nicht entgegen. Ist die vom Anleger gewünschte Steuerersparnis aber nur mit dem empfohlenen Produkt oder anderen Kapitalanlagen mit vergleichbaren Rückvergütungen zu erzielen, kann das - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - den Schluss darauf zulassen, dass an die Bank geflossene Rückvergütungen für die Anlageentscheidung unmaßgeblich waren (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 53 mwN).
30
Dem Vortrag der Beklagten kann entnommen werden, dass sie behauptet , dem Kläger sei es vordringlich um die bei V 3 und V 4 zu erzielende Steuerersparnis gegangen, die alternativ nur mit Produkten zu erzielen gewesen sei, bei denen vergleichbare Rückvergütungen gezahlt worden seien. Das hat im Ergebnis auch das Berufungsgericht so gesehen und deswegen den Kläger als Partei dazu vernommen, ob die Steuerersparnis im Vordergrund der Anlageentscheidung gestanden habe.
31
Der Kläger hat ausgesagt, dass Steuervorteile bei seiner Entscheidung zwar eine Rolle gespielt hätten, aber nicht im Vordergrund gestanden hätten. Das Berufungsgericht hat sich aufgrund dieser Aussage nicht von der Widerlegung der Kausalitätsvermutung überzeugen können. Seine Beweiswürdigung ist jedoch unvollständig. Die Beklagte hatte neben dem Kläger als Partei auch den Berater S. als Zeugen für das vordringliche Steuersparmotiv benannt , dem dieses Motiv vom Kläger offengelegt worden sei. Diesem zulässigen Beweisantritt (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 44) ist das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft nicht nachgegangen. Es hat auch die unter Beweis gestellte Hilfstatsache nicht als unschlüssig angesehen (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 45), sondern im Gegenteil den Kläger dazu als Partei vernommen. Der Umstand, dass der Kläger die von der Beklagten behauptete vordringliche Bedeutung des Motivs der Steuerersparnis bei V 3 und V 4 im Rahmen der Parteivernehmung in Abrede gestellt hat, enthob das Berufungsgericht nicht von der Vernehmung des Zeugen S. . Das Gericht muss grundsätzlich alle angebotenen und zulässigen Beweise erheben, sofern kein Ablehnungsgrund vorliegt (vgl. BGH, Urteil vom 17. Februar 1970 - III ZR 139/67, BGHZ 53, 245, 259 f.).
32
Das Berufungsurteil beruht auf diesem Fehler. Es lässt sich nicht ausschließen , dass das Berufungsgericht nach der gebotenen Vernehmung des Zeugen S. zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre.

III.

33
Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird den Zeugen S. zu vernehmen haben und dessen Aussage in einer Gesamtschau mit der Aussage des Klägers als Partei zu würdigen haben.
34
Sollte das Berufungsgericht nach erneuter Verhandlung die Kausalitätsvermutung in Bezug auf verschwiegene Rückvergütungen als widerlegt ansehen , wird es einer Haftung der Beklagten wegen falscher Darstellung der Kapitalgarantie nachzugehen haben (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 13 ff; vgl. auch Henning, WM 2012, 153 ff. mwN). Sollte das Berufungsgericht insoweit eine Aufklärungspflichtverletzung bejahen, dürfte die Widerlegung der dann eingreifenden Kausalitätsvermutung bereits nach dem Vortrag der Beklagten, dem Kläger sei es auch auf das Sicherungskonzept der Schuldübernahme angekommen, ausscheiden.
35
Bezüglich des Feststellungsantrags hinsichtlich der wirtschaftlichen und steuerlichen Nachteile aus der Beteiligung weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass die Freistellungs- bzw. Ersatzpflicht der Beklagten dahingehend ausgelegt werden kann und auszulegen ist, dass er nicht jene steuerlichen Nachteile umfasst, die aus der Einkommensbesteuerung der Ersatzleistung resultieren. Diese Nachteile wurden bereits abschließend (und zutreffend) im Rahmen der Bemessung der Ersatzleistung aufgrund pauschalisierender Betrachtungsweise der steuerlichen Vor- und Nachteile berücksichtigt (vgl. BGH, Urteile vom 1. März 2011 - XI ZR 96/09, WM 2011, 740 Rn. 8 f. und vom 23. April 2012 - II ZR 75/10, WM 2012, 1293 Rn. 40).
B. Anschlussrevision des Klägers
36
Die Anschlussrevision des Klägers hat keinen Erfolg. Sie ist als unbegründet zurückzuweisen.

I.

37
Das Berufungsgericht hat - soweit für die Anschlussrevision von Interesse - im Wesentlichen ausgeführt:
38
Die Voraussetzungen für eine Verzinsung des Anlagebetrags unter dem Gesichtspunkt des entgangenen Gewinns lägen nicht vor. Zwar habe der Kläger erstinstanzlich behauptet, er hätte die Gelder alternativ festverzinslich mit einer Rendite von mindestens 4% angelegt. Daran bestünden aber bereits in Anbetracht der den Beteiligungen vorausgegangenen unstreitigen Investitionen in zwei andere Medienfonds Zweifel. Weiterhin sei die Höhe des entgangenen Gewinns im Berufungsverfahren teilweise nach unten korrigiert worden. Im Übrigen habe der Kläger diese Behauptung im Rahmen der Parteivernehmung nicht bestätigt. Er habe selbst eingeräumt, sich nicht sicher zu sein, ob er das Geld konservativ angelegt hätte. Hierfür spreche auch nicht der Umstand, dass zum damaligen Zeitpunkt bereits ein Teil des Vermögens des Klägers in Geldmarktfonds investiert gewesen sei. Es sei durchaus üblich, das Risiko zu streuen und nur einen Teil konservativ anzulegen. Das gelte insbesondere, wenn der Anleger - wie hier - auch an Steuersparmodellen interessiert sei. Es lasse sich deshalb nicht feststellen, dass der Kläger bei ordnungsgemäßer Aufklärung durch die Beklagte eine sichere Kapitalanlageform gewählt hätte. Für eine Schadensschätzung nach § 287 ZPO sei daher kein Raum.

II.

39
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Ersatz entgangener Anlagezinsen in Höhe von 4% p.a. von der Zeichnung der Beteiligungen bis zur Rechtshängigkeit zu Recht verneint.
40
1. Der Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Verletzung des Beratungsvertrages umfasst nach § 252 Satz 1 BGB allerdings auch den entgangenen Gewinn. Dazu gehören grundsätzlich auch entgangene Anlagezinsen. Der Anleger kann sich hierbei gemäß § 252 Satz 2 BGB auf die allgemeine Lebenserfahrung berufen, dass Eigenkapital ab einer gewissen Höhe erfahrungsgemäß nicht ungenutzt liegen bleibt, sondern zu einem allgemein üblichen Zinssatz angelegt wird (Senatsurteile vom 24. April 2012 - XI ZR 360/11, WM 2012, 1188 Rn. 11 und vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 64, jeweils mwN).
41
2. Entgegen der Ansicht der Anschlussrevision hat das Berufungsgericht jedoch den Ersatz von Anlagezinsen vorliegend rechtsfehlerfrei abgelehnt.
42
a) Der Geschädigte trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, ob und in welcher Höhe ihm durch das schädigende Ereignis ein Gewinn entgangen ist. § 252 Satz 2 BGB enthält für den Geschädigten lediglich eine die Regelung des § 287 ZPO ergänzende Darlegungs- und Beweiserleichterung. Der Geschädigte kann sich deshalb zwar auf die Behauptung und den Nachweis der Anknüpfungstatsachen beschränken, bei deren Vorliegen die in § 252 Satz 2 BGB geregelte Vermutung eingreift. Die Wahrscheinlichkeit einer Gewinnerzielung im Sinne von § 252 BGB aufgrund einer zeitnahen alternativen Investitionsentscheidung des Geschädigten und deren Umfang kann jedoch nur anhand seines Tatsachenvortrages dazu beurteilt werden, für welche konkrete Form der Kapitalanlage er sich ohne das schädigende Ereignis entschieden hätte (Senatsurteil vom 24. April 2012 - XI ZR 360/11, WM 2012, 1188 Rn. 13). Die dem Tatrichter obliegende Würdigung des vorgetragenen Prozessstoffs und des Ergebnisses der Beweisaufnahme gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO dahingehend, ob die behaupteten Anknüpfungstatschen für wahr oder für nicht wahr zu erachten sind, ist revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar.
43
b) Dieser Überprüfung hält das Berufungsurteil stand. Das Berufungsgericht hat sich von der Behauptung des Klägers, dass er das Kapital bei ordnungsgemäßer Aufklärung in "sichere festverzinsliche Anlagen" investiert hätte, aufgrund der vorgetragenen Umstände und der durchgeführten Beweisaufnahme , insbesondere der eigenen Angaben des Klägers, nicht überzeugen können. Ungeachtet der Frage, ob der Kläger überhaupt ausreichende Anknüpfungstatsachen für eine Schadensschätzung vorgetragen hat, ist jedenfalls diese tatrichterliche Würdigung nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat insbesondere rechtsfehlerfrei das vorangegangene Anlageverhalten des Klägers be- rücksichtigt und angenommen, dass eine erneute Investition des Klägers in eine andere steuerwirksame, unternehmerische Beteiligung nicht ausgeschlossen werden könne. Die überdies von der Anschlussrevision erhobene Verfahrensrüge hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO).
44
c) Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils außerdem klargestellt hat, hat der Geschädigte auch keinen Anspruch auf einen (gesetzlichen) Mindestschaden analog § 246 BGB unabhängig vom Parteivortrag (Senatsurteil vom 24. April 2012 - XI ZR 360/11, WM 2012, 1188 Rn. 18).
Wiechers Ellenberger Maihold Matthias Pamp
Vorinstanzen:
LG Aachen, Entscheidung vom 04.03.2010 - 1 O 717/08 -
OLG Köln, Entscheidung vom 09.03.2011 - 13 U 68/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 56/05 Verkündet am:
19. Dezember 2006
Weber,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
BGB §§ 276 Hb, 676
Wenn eine Bank einen Kunden über Kapitalanlagen berät und Fondsanteile
empfiehlt, bei denen sie verdeckte Rückvergütungen aus den Ausgabeaufschlägen
und jährlichen Verwaltungsgebühren erhält, muss sie den Kunden
über diese Rückvergütungen aufklären, damit der Kunde beurteilen kann, ob
die Anlageempfehlung allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anlegerund
objektgerechter Beratung erfolgt ist, oder im Interesse der Bank, möglichst
hohe Rückvergütungen zu erhalten.
BGH, Urteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05 - OLG München
LG München I
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Dezember 2006 durch den Vorsitzenden Richter
Nobbe, den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter
Dr. Ellenberger und Prof. Dr. Schmitt

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 6. Oktober 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem Recht der H. GmbH (im Folgenden: Zedentin) im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften in Anspruch.
2
Die Zedentin erwarb nach einem - inhaltlich im Einzelnen streitigen - Beratungsgespräch mit Mitarbeitern der Beklagten am 15. Februar 2000 zwischen dem 16. Februar und dem 14. Juni 2000 über die Beklag- te für 141.478,21 € Anteile an Aktienfonds und für 106.395,72 € Aktien. In den Wertpapierabrechnungen über die Fondsanteile sind nicht besonders ausgewiesene Ausgabeaufschläge zwischen 3% und 5% enthalten. Die Beklagte, die aus diesen Aufschlägen und den von den konzerneigenen Fonds erhobenen Verwaltungsgebühren Rückvergütungen erhält, gewährte der Zedentin insoweit Bonifikationen von zumeist 1%, in einem Falle von 2,5%. Über die Ausgabeaufschläge wurde die Zedentin informiert , nicht aber über die Rückvergütungen an die Beklagte.
3
Nach erheblichen Kursverlusten suchte der Geschäftsführer der Zedentin, der sich falsch beraten fühlte, am 8. August 2000 zusammen mit einem Rechtsanwalt die Beklagte auf. Der Inhalt des Gesprächs ist streitig. Nach Veräußerung eines Teils der Fondsanteile für 70.842,62 € und der Aktien für 54.908,60 € hat der Kläger am 13. August 2003 Klage eingereicht und unter Berücksichtigung erzielter Wertpapiererträge von 511,58 € die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 127.611,13 € zuzüglich Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung der restlichen Wertpapiere beantragt.
4
Zur Begründung beruft er sich im Revisionsverfahren im Wesentlichen darauf, die Beklagte habe gegen ihre aus § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG folgende Interessenwahrungspflicht verstoßen, weil sie nur Fonds von konzerneigenen Gesellschaften empfohlen habe. Außerdem habe sie vorsätzlich Rückvergütungen aus den Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsgebühren der Fonds verschwiegen. Wenn er davon Kenntnis gehabt hätte, wäre er dem Anlagevorschlag der Beklagten, auch was die empfohlenen Aktien angehe, nicht gefolgt.
5
Beklagte Die hat eine Fehlberatung in Abrede gestellt und gemeint , über die Rückvergütungen nicht aufklären zu müssen. Außerdem hat sie die Einrede der Verjährung erhoben.
6
Diese hat das Landgericht als durchgreifend erachtet und die Klage abgewiesen. Die Berufung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


7
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


8
Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
9
Ansprüche der Zedentin gegen die Beklagte aufgrund des Beratungsgesprächs vom 15. Februar 2000 seien zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 13. August 2003 gemäß § 37a WpHG verjährt gewesen. Die dreijährige Verjährungsfrist habe spätestens mit dem letzten Erwerbsakt vom 14. Juni 2000 zu laufen begonnen. Die Verjährung sei nicht gehemmt worden, weil Verhandlungen über die Schadensersatzpflicht nicht stattgefunden hätten.

10
Die nach § 37a WpHG eingetretene Verjährung ergreife auch mögliche konkurrierende deliktische Ansprüche aufgrund fahrlässiger Falschberatung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 31 Abs. 2 WpHG und auch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 19 Abs. 1 KAGG wegen unterlassener Zurverfügungstellung eines Verkaufsprospektes.
11
Dem Kläger stehe auch kein Anspruch aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung gemäß §§ 826, 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 263 StGB gegen die Beklagte wegen des Verschweigens von Rückvergütungen aus den Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsgebühren der Fonds zu. Eine Offenbarungspflicht hinsichtlich der Rückvergütungen habe für die Beklagte schon deshalb nicht bestanden, weil sie weder die Stellung eines unabhängigen Maklers noch diejenige eines unabhängigen Vermögensverwalters inne gehabt habe, sondern vielmehr in ihrer Eigenschaft als Wertpapierdienstleistungsunternehmen am Markt teilgenommen habe. In dieser Stellung sei die Beklagte im Unterschied zu einem zur Neutralität verpflichteten Makler zum einen nicht verpflichtet gewesen, aus der breiten Palette in Betracht zu ziehender Aktien- und Fondsanlagen stets allein die für den Kunden günstigste zu empfehlen. Vielmehr sei sie rechtlich befugt gewesen, bevorzugt Produkte ihrer eigenen Fondsgesellschaft zu empfehlen und mithin eigene wirtschaftliche Interessen zu verfolgen. Dieser Umstand sei dem Wertpapierkunden, der sich nicht an einen unabhängigen Berater, sondern an eine Bank wende, im Allgemeinen auch bekannt. Abgesehen davon habe der Geschäftsführer der Zedentin aufgrund der erhaltenen Bonifikation von bis zu 2,5% annehmen müssen, dass die Beklagte an den Ausgabeaufschlägen der Fondsgesellschaften partizipiere. Ein als Geschäftsführer einer GmbH im Wirtschaftsleben stehender Wertpapierkunde müsse davon ausgehen, dass eine Bank solche Gutschriften nicht aus ihrem eigenen Vermögen leiste.

II.


12
Berufungsurteil Das hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
13
Zu 1. Recht hat das Berufungsgericht allerdings etwaige Schadensersatzansprüche wegen fahrlässiger Verletzung eines am 15. Februar 2000 geschlossenen Beratungsvertrages bzw. wegen fahrlässiger Verletzung einer Informationspflicht aus § 31 WpHG nach § 37a WpHG als verjährt angesehen. Wie der erkennende Senat mit Urteil vom 8. März 2005 (BGHZ 162, 306, 311 ff.), nach Erlass des Berufungsurteils , entschieden und ausführlich begründet hat, unterfallen nicht nur vertragliche Ansprüche aus einer fahrlässigen Falschberatung der dreijährigen Verjährungsfrist des § 37a WpHG, sondern auch etwaige deliktische Ansprüche aus fahrlässiger Schutzgesetzverletzung (§ 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 31 WpHG). Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei - von der Revision nicht angegriffen - festgestellt, dass diese dreijährige Verjährungsfrist bei Klageerhebung abgelaufen war.
14
Entgegen der Ansicht der Revision ist die Verjährungsvorschrift des § 37a WpHG im Hinblick auf das Parteigutachten von Prof. Dr. Micklitz vom 21. Juli 2004 (siehe auch Micklitz WM 2005, 536 ff. und EWiR 2005, 491 f.) nicht etwa auf ihre Europarechtskonformität hin zu überprüfen. Die Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaf- ten über Wertpapierdienstleistungen vom 10. Mai 1993 (93/22 EWG; ABl. EG Nr. L 141 S. 27) regelt Verjährungsfragen nicht, sondern überlässt diese der nationalen Gesetzgebung. Die Ansicht, § 37a WpHG verstoße gegen Gemeinschaftsrecht, liegt auch unter Berücksichtigung des Aspekts effektiven Rechtsschutzes so fern, dass eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Vorabentscheidung nicht in Betracht kommt. Das von Micklitz (EWiR 2005, 491, 492) statuierte Verbot der verjährungsrechtlichen „Benachteiligung der Ansprüche aus § 37a WpHG“, gemeint sind wohl Ansprüche aus §§ 31 und 32 WpHG, "gegenüber Ansprüchen aus anderen Anspruchsgrundlagen, insbesondere § 823 BGB", entbehrt einer haltbaren gemeinschaftsrechtlichen Verankerung. Im Übrigen wäre vorliegend die statuierte Benachteiligung schon deswegen nicht gegeben, da auch ein Anspruch aus unerlaubter Handlung (§ 823 Abs. 2 BGB i.V. mit §§ 31, 32 WpHG) bei Einreichung der Klage am 13. August 2003 verjährt gewesen wäre (§ 852 Abs. 1 BGB a.F.), weil der Geschäftsführer der Zedentin spätestens am 8. August 2000 von einer etwaigen Beratungspflichtverletzung der Beklagten Kenntnis hatte.
15
2. Zutreffend hat das Berufungsgericht auch ausgeführt, dass ein etwaiger, allein auf Fahrlässigkeit gestützter Anspruch der Zedentin aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 19 Abs. 1 Satz 1 KAGG (in der bis zum 31. Juli 2001 geltenden Fassung), wegen unterlassener Zurverfügungstellung der Verkaufsprospekte der Fondsgesellschaften nach § 37a WpHG verjährt ist. Die allgemeinen Verjährungsvorschriften (§§ 195 ff. BGB a.F.) werden durch § 37a WpHG verdrängt. Nach der Gesetzesbegründung zu § 37a WpHG (BT-Drucks. 13/8933 S. 97) sollen auch Aufklärungsfehler , die mittels eines Prospekts begangen werden, der allge- meinen Verjährung entzogen werden und der kurzen kapitalmarktrechtlichen Verjährungsfrist unterliegen. Bei einem Unterlassen der erforderlichen Aufklärung kann nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes (vgl. BGHZ 162, 306, 312) nichts anderes gelten. Für den Anleger ist es unerheblich , ob ihm die erforderliche Information in einem Gespräch nicht erteilt oder ihm dadurch vorenthalten wird, dass ihm ein Verkaufsprospekt der Fondsgesellschaft nicht zur Verfügung gestellt wird (vgl. Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht 3. Aufl. Rdn. 16.565). Der Einwand der Revision, § 37a WpHG solle lediglich spezielle Beratungsrisiken begrenzen , greift nach dem Wortlaut ersichtlich nicht durch. Erfasst werden danach nicht nur Schadensersatzansprüche aus fehlerhafter Beratung, sondern auch solche aus einer Informationspflichtverletzung. Wegen des Durchgreifens der Verjährungseinrede bedarf es vorliegend keiner Entscheidung , ob die Beklagte als Vertriebsbank der Fondsanteile überhaupt nach § 19 Abs. 1 Satz 1 KAGG verpflichtet ist, einem Erwerber von Fondsanteilen einen Verkaufsprospekt der Fondsgesellschaft zur Verfügung zu stellen (vgl. zum Streitstand Assmann, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts 2. Aufl. § 7 Rdn. 18, § 18 Rdn. 173; Baur, in: Hellner/Steuer, BuB Rdn. 9/495; a.A. Köndgen, in: Schimansky /Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 113 Rdn. 81) und ob § 19 Abs. 1 Satz 1 KAGG Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB ist (vgl. dazu Assmann, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts 2. Aufl. § 7 Rdn. 185 Rn. 489; Baur, in: Hellner/Steuer, BuB Rdn. 9/499).
16
3. Entgegen der Ansicht der Revision kann der Kläger aus einem etwaigen Verstoß der Beklagten gegen ihre Pflicht, zur Wahrung des Kundeninteresses Interessenkonflikte durch organisatorische Maßnah- men zu vermeiden (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG), keinen unverjährten Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB herleiten.
17
aa) Ob und inwieweit den §§ 31, 32 WpHG Schutzgesetzcharakter im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB zukommt, hat der erkennende Senat bisher offen gelassen (Senatsurteile BGHZ 142, 345, 356; 147, 343, 353; 163, 311, 321; vom 24. Juli 2001 - XI ZR 329/00, WM 2001, 1718, 1719 und vom 11. November 2003 - XI ZR 21/03, WM 2004, 24, 26). In der Literatur wird die Frage für einzelne Pflichten bejaht (vgl. Schwark, Kapitalmarktrechts -Kommentar 3. Aufl. vor § 31 WpHG Rdn. 9; Assmann/ Schneider/Koller, WpHG 4. Aufl. vor § 31 Rdn. 17; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht 3. Aufl. Rdn. 16.11; Schäfer, WpHG vor § 31 Rdn. 9; zweifelnd Horn, in: Hellner/Steuer, BuB Rdn. 1304). Einer abschließenden Entscheidung der Frage bedarf es auch hier nicht.
18
Schutzgesetzcharakter i.S. des § 823 Abs. 2 BGB können die §§ 31 ff. WpHG nur haben, soweit sie nicht lediglich aufsichtsrechtlicher Natur sind, sondern ihnen auch anlegerschützende Funktion zukommt. Ist dies der Fall, so können sie zwar für Inhalt und Reichweite (vor-)vertraglicher Aufklärungs- und Beratungspflichten von Bedeutung sein. Ihr zivilrechtlicher Schutzbereich geht aber nicht über diese (vor-)vertraglichen Pflichten hinaus. Daraus folgt, dass ihnen keine eigenständige, über die zivilrechtlichen Aufklärungs- und Beratungspflichten hinausgehende schadensersatzrechtliche Bedeutung zukommt (vgl. Nobbe, in: Schimansky/Horn, Bankrecht 1998, S. 235, 250 f.).
19
bb) Die Pflicht eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG, sich zu bemühen, Interessenkonflikte zu ver- meiden, hat danach keinen Schutzgesetzcharakter, soweit diese Pflicht die Ergreifung organisatorischer Maßnahmen beinhaltet. Soweit ein Wertpapierhandelsunternehmen einen Interessenkonflikt nicht nur durch organisatorische Maßnahmen, sondern auch durch sachgerechte Information des Kunden vermeiden kann (vgl. dazu Assmann/Schneider/ Koller, WpHG 4. Aufl. § 31 Rdn. 43, 74, 77), geht der zivilrechtliche Schutzzweck einer solchen Informationspflicht nicht weiter als die Aufklärungs - und Beratungspflichten aus einem Beratungsvertrag oder aus §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB. Entgegen der Ansicht der Revision unterliegen auch Schadensersatzansprüche aus einer unterbliebenen, aber zur Vermeidung eines Interessenkonflikts erforderlichen Information (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG) der kurzen Verjährungsfrist. § 37a WpHG differenziert nicht danach, aus welchem Grund eine Information des Kunden erforderlich ist.
20
4. Rechtsfehlerhaft sind die Ausführungen des Berufungsgerichts, mit denen es eine vorsätzliche Aufklärungs- und Beratungspflichtverletzung , die nicht unter die kurze Verjährungsfrist des § 37a WpHG fällt (BGHZ 162, 306, 312), in Bezug auf die Rückvergütungen der empfohlenen Fonds verneint hat.
21
Im a) Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings keinen Beratungsfehler darin gesehen, dass die Beklagte, was Fondsanteile angeht, ausschließlich hauseigene Produkte empfohlen hat. Maßgeblich für Kapitalanlageempfehlungen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr einer Bank ist grundsätzlich das von ihr zusammengestellte Anlageprogramm (vgl. BGHZ 123, 126, 129). Soweit bank-, konzern - oder institutsgruppeneigene Anlageprodukte wie etwa Fondsanteile vorhanden sind, ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass solche Produkte, nicht aber vergleichbare konkurrierender Banken oder Institutsgruppen in das Anlageprogramm aufgenommen werden und die Bank nur solche Produkte, nicht aber Konkurrenzprodukte empfiehlt. Ebenso wenig wie ein Kreditnehmer, der sich von einer bestimmten Bank beraten lässt, kann ein Anlageinteressent, der die Beratung einer Bank in Anspruch nimmt, vernünftigerweise erwarten und erwartet auch nicht, dass die Bank ihm von sich aus Produkte konkurrierender Banken oder Institutsgruppen empfiehlt. Das gilt auch dann, wenn diese Produkte besser oder günstiger sind. Erst wenn die Bank gegenüber dem Kunden damit hervortritt, auch über die Produkte konkurrierender Banken zu beraten, oder aber wenn der Anlageinteressent von sich aus die Erwartung zum Ausdruck bringt, auch über solche, etwa von ihm angesprochene Konkurrenzprodukte beraten zu werden, muss die Bank, wenn sie die Beratung insoweit nicht ablehnt, ihn auch darüber objektiv richtig und vollständig informieren und beraten und die Konkurrenzprodukte gegebenenfalls auch empfehlen. Dass die Beklagte vor oder bei dem Beratungsgespräch am 15. Februar 2000 die Beratung auch über Fondsprodukte anderer Banken angeboten oder der Geschäftsführer der Zedentin eine solche von sich aus gewünscht hat, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Beratungsvertrag erstreckte sich deshalb auf solche Produkte nicht. Es ist einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen auch nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG nicht verboten, ausschließlich hauseigene Produkte oder Produkte verbundener Unternehmen ihren Kunden anzubieten, wenn dies - wie hier - für den Kunden erkennbar ist (vgl. Schwark, Kapitalmarktrechts -Kommentar 3. Aufl. § 31 WpHG Rdn. 28).
22
b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts muss eine Bank, die Fondsanteile empfiehlt, aber darauf hinweisen, dass und in welcher Höhe sie Rückvergütungen aus Ausgabeaufschlägen und Verwaltungskosten von der Fondsgesellschaft erhält.
23
aa) Die Aufklärung über die Rückvergütung ist notwendig, um dem Kunden einen insofern bestehenden Interessenkonflikt der Bank (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG) offen zu legen. Erst durch die Aufklärung wird der Kunde in die Lage versetzt, das Umsatzinteresse der Bank selbst einzuschätzen (vgl. Assmann/Schneider/Koller, WpHG 4. Aufl. § 31 Rdn. 74; a.A. Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar 3. Aufl. § 31 WpHG Rdn. 27) und zu beurteilen, ob die Bank ihm einen bestimmten Titel nur deswegen empfiehlt, weil sie selbst daran verdient. Nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 146, 235, 239) hat eine Bank, die einem Vermögensverwalter Provisionen und Depotgebühren rückvergütet, ihren Kunden vor Abschluss der vom Vermögensverwalter initiierten Effektengeschäfte darauf hinzuweisen, dass sie dadurch eine Gefährdung der Kundeninteressen durch den Vermögensverwalter geschaffen hat. Diese Rechtsprechung ist auch auf den vorliegenden Fall zu übertragen. Wenn eine Bank einen Kunden ohne Zwischenschaltung eines Vermögensverwalters berät, Anlageempfehlungen abgibt und dabei an den empfohlenen Fonds durch Rückvergütungen verdient, sind die Kundeninteressen durch die von der Bank erhaltenen Rückvergütungen gefährdet. Es besteht die konkrete Gefahr, dass die Bank Anlageempfehlungen nicht allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anleger- und objektgerechter Beratung abgibt, sondern zumindest auch in ihrem eigenen Interesse, möglichst hohe Rückvergütungen zu erhalten. Dabei spielt es entgegen der Ansicht der Beklagten keine Rolle, ob die Rückvergütungen einem bestimmten Geschäft unmittelbar zugeordnet werden oder in gewissen Zeitabständen gezahlt werden. Wesentlich ist nur, dass die Rückvergütungen umsatzabhängig sind.
24
Entgegen bb) der Ansicht des Berufungsgerichts scheitert eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht daran, dass der Geschäftsführer der Zedentin nicht aufklärungsbedürftig war, weil er über die Rückvergütungen dadurch informiert war, dass ihm ein Teil davon seitens der Beklagten als Bonifikation gutgeschrieben wurde. Selbst wenn, was nicht festgestellt ist, der Geschäftsführer der Zedentin davon ausgegangen sein sollte, dass es sich bei diesen Bonifikationen um die Reduzierung der Ausgabeaufschläge handelte, so bleibt er, was die Größenordnung der Rückvergütungen angeht, aufklärungsbedürftig. Ohne deren Kenntnis konnte er das Interesse der Beklagten an dem empfohlenen Erwerb von Fondsanteilen und die damit verbundene Gefährdung der Interessen der Zedentin nicht richtig einschätzen.
25
cc) Nach dem in der Revisionsinstanz zu unterstellenden Vorbringen des Klägers ist eine vorsätzliche Aufklärungspflichtverletzung durch die Beklagte nicht auszuschließen. Der Kläger hat vorgetragen, der Mitarbeiter K. der Beklagten, dessen Verhalten sich die Beklagte zurechnen lassen muss (§ 278 BGB), habe erklärt, aufgrund seiner guten Verbindungen habe er die Möglichkeit, die Ausgabeaufschläge für die Zedentin günstiger ausfallen zu lassen als üblich. Danach hatte der Mitarbeiter K. der Beklagten offenbar Kenntnis davon, dass Rückvergütungen an die Beklagte flossen, hat dies der Zedentin aber nicht mitgeteilt. Das Verschweigen der Rückvergütungen ist nur dann vorsätzlich geschehen, wenn K. die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens bewusst war. Auch ein bloßer Rechtsirrtum schließt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Vorsatz aus (BGHZ 69, 128, 142; 118, 201, 208).

III.


26
angefochtene Das Urteil war nach alledem aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Entscheidung reif ist, war sie zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses wird die erforderlichen Feststellungen zum vorsätzlichen Verschweigen der Rückvergütungen zu treffen haben.
27
Sollte nach erneuter Verhandlung eine vorsätzliche Aufklärungspflichtverletzung feststehen, weist der Senat darauf hin, dass Schadensersatz in der Form der Rückabwicklung der erworbenen Kapitalanlagen grundsätzlich nur bezüglich der Fondsanteile beansprucht werden kann, bei denen Rückvergütungen verschwiegen worden sind. Ob auch die Wertpapiergeschäfte schadensersatzrechtlich rückabzuwickeln sind, bei denen keine Rückvergütungen gezahlt wurden, richtet sich danach, ob die Zedentin bei gehöriger Aufklärung insgesamt den Geschäftskontakt mit der Beklagten abgebrochen hätte, wofür der Kläger darlegungs- und beweispflichtig ist (vgl. auch BGHZ 146, 235, 240 f.). Bei Effektengeschäften , die über eine Bank außerhalb eines Vermögensverwaltungs- vertrages abgewickelt werden, kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass die Geschäftsverbindung insgesamt nicht zustande gekommen wäre, wenn die Bank in Bezug auf einzelne Geschäfte ein Aufklärungsverschulden trifft.
Nobbe Joeres Mayen
Ellenberger Schmitt

Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 19.04.2004 - 11 HKO 15075/03 -
OLG München, Entscheidung vom 06.10.2004 - 7 U 3009/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 191/10
vom
9. März 2011
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Wiechers und die Richter Dr. Ellenberger, Maihold, Dr. Matthias und Pamp
am 9. März 2011
einstimmig beschlossen:
Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt , die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 21. April 2010 durch Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 11. April 2011. Der Streitwert wird auf 58.524,34 € festgesetzt.

Gründe:


I.

1
1. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes (nachfolgend: Zedent) auf Rückabwicklung der Beteiligung an der F. Medienfonds 3 GmbH & Co. KG (im Folgenden: V 3) und der teilweise kreditfinanzierten Beteiligung an der F. Medienfonds 4 GmbH & Co. KG (im Folgenden: V 4) auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Der Zedent erwartete im März 2003 einen größeren Geldbetrag, den er gewinnbringend anlegen wollte. Deshalb stellten ihm Angestellte der Beklagten in mehreren persönlichen Gesprächen die Fonds V 3 und V 4 vor, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob der Zedent den Verkaufsprospekt für V 3 vor Zeichnung der Anlage erhalten hat. Gegenstand der beiden als "Garantiefonds" beworbenen Fonds war die Finanzierung von Filmproduktionen und deren Vermarktung.
3
Der Zedent, der wegen des Geschäfts auch seinen Steuerberater kontaktiert hatte, zeichnete am 5. Juni 2003 Anteile an V 3 im Gegenwert von 25.000 € zuzüglich 5% Agio (insgesamt 26.250 €) und - nach erneuter Beratung durch die Beklagte - am 28. Juni 2004 Anteile an V 4 im Gegenwert von ebenfalls 25.000 € zuzüglich 5% Agio (insgesamt 26.250 €), wobei die letztgenannte Beteiligung obligatorisch eine Kreditfinanzierung in Höhe von 45,5% des anzulegenden Betrages vorsah. Deswegen schloss er zugleich mit der B. AG einen Vertrag über ein endfälliges Darlehen in Höhe von 11.375 € ab, das - einschließlich der bis dahin aufgelaufenen und gestundeten Zinsen - am 30. November 2014 in Höhe von 19.811,68 € fällig wird.
4
In dem Verkaufsprospekt zu V 3 heißt es auf Seite 40 unter "Mittelverwendung" zu Punkt 0.2: "Eigenkapitalvermittlung 8,9%". Auf derselben Seite wird dieser Punkt wie folgt erläutert: "Der Vertrag über die Eigenkapitalbeschaffung wurde mit der V. AG abgeschlossen. Die Vergütung in Höhe von 8,9% des Beteiligungskapitals beinhaltet eine gegebenenfalls anfallende Umsatzsteuer. Zuzüglich zu dieser Vergütung erhält die V. AG das Agio. …" Auf derselben Seite wird das Agio wie folgt erläutert: "Ein Agio in Höhe von 5% auf die Zeichnungssumme (Kommanditkapital) wird innerhalb einer Woche nach Zugang der Annahme der Beitrittserklärung zur Zahlung fällig. Es dient der Eigenkapitalvermittlerin, der V. AG, zur zusätzlichen Abdeckung von Vertriebsaufwendungen."
5
Auf Seite 69 heißt es zu dem "Eigenkapitalvermittlungsvertrag" zwischen der V. (V. AG) und der Fondsgesellschaft unter anderem : "Die V. AG hat das Recht, ihre Rechte und Pflichten aus dieser Vertriebsvereinbarung auf Dritte zu übertragen, … ."
6
Der Verkaufsprospekt zu V 4 enthält auf Seite 63 unter "Mittelverwendung" zu Punkt 03: "Eigenkapitalvermittlung 4,9%". Auf Seite 64 wird dieser Punkt wie folgt erläutert: "Der Vertrag über die Eigenkapitalbeschaffung wurde mit der V. AG abgeschlossen. Die Vergütung wird in Höhe von 4,9% des Beteiligungskapitals fällig. Zuzüglich zu dieser Vergütung erhält die V. AG das Agio. …"
7
Das Agio wird auf Seite 63 wie folgt erläutert: "Ein Agio in Höhe von 5% auf die Zeichnungssumme (Kommanditkapital) wird innerhalb einer Woche nach Zugang der Annahme der Beitrittserklärung zur Zahlung fällig. Es dient der Eigenkapitalvermittlerin, der V. AG, zur zusätzlichen Abdeckung von Vertriebsaufwendungen."
8
Ferner enthält die Übersicht auf Seite 63 unter Punkt 05 eine Platzierungsgarantiegebühr in Höhe von 2% und unter Punkt 07 eine Finanzvermittlungsgebühr (Darlehen/Schuldübernahme) in Höhe von ebenfalls 2%. Diese werden auf Seite 64 wie folgt erläutert: "Zu 05: Die V. AG wird eine Platzierungsgarantie in Höhe des prospektierten Kapitals von € 5 Mio. geben. Für die Garantie erhält sie eine Gebühr in Höhe von 2% des Beteiligungskapitals." "Zu 07: Die V. AG erhält für die Finanzierungsvermittlung eine Gebühr in Höhe von 2% des Beteiligungskapitals."
9
Auf Seite 91 heißt es zum "Eigenkapitalvermittlungsvertrag" mit der V. AG unter anderem: "Die V. AG … ist berechtigt, Dritte als Vertriebspartner einzusetzen."
10
Die V. AG leitete bei V 3 aus den vereinnahmten Provisionen 8,25% und bei V 4 zwischen 8,45 und 8,72% an die Beklagte weiter, ohne dass dies dem Zedenten offen gelegt wurde.
11
Die Fondsinitiatoren, gegen die Ende 2006 Anklage wegen Steuerhinterziehung und Untreue erhoben wurde, sind rechtskräftig zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden.
12
2. Das Berufungsgericht hat die Beklagte im Wesentlichen antragsgemäß verurteilt und zur Begründung unter anderem ausgeführt:
13
Hinsichtlich beider Fonds (V 3 und V 4) sei der Beklagten auch insoweit eine Aufklärungspflichtverletzung vorzuwerfen, als sie den Zedenten nicht über die Provision, die sie von der V. AG bzw. Fondsgesellschaft erhalten habe, aufgeklärt habe. Bei diesen Vertriebsprovisionen handele es sich um Rückver- gütungen im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Aus den Prospekten gehe nicht wie geboten hervor, dass und in welcher Höhe gerade die Beklagte eine Provision erhalte. Einen mündlichen Hinweis habe die Beklagte dem Zedenten auch nicht erteilt.
14
Die Nichtaufklärung über die erhaltene Vertriebsprovision sei auch kausal für die Zeichnung des Zedenten gewesen, was nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu vermuten sei. Selbst wenn der Zedent möglicherweise angenommen habe, die Beklagte würde eine Provision von 1% des Zeichnungsbetrages erhalten, sei dies nicht geeignet, die Vermutung zu widerlegen , weil die Provision tatsächlich mehr als 8% betragen habe. Die hiergegen weiter vorgebrachten Einwendungen der Beklagten seien unsubstantiiert. Die Beklagte habe auch schuldhaft gehandelt; insbesondere könne sie sich nicht auf einen Rechtsirrtum berufen.

II.

15
Der Senat beabsichtigt, die vom Berufungsgericht zugelassene Revision gemäß § 552a ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
16
1. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) liegen nicht vor. Das Berufungsgericht hat die Revision gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO "mit Blick auf die abweichenden Entscheidungen des Oberlandesgerichts Frankfurt" (17 U 307[nicht 308]/08, WM 2010, 1313 und 17 U 98/09, BB 2009, 2334) zugelassen. In diesen Urteilen hat das Oberlandesgericht Frankfurt angenommen, der Angabe in den Prospekten, die V. AG sei berechtigt, ihre Rechte aus der Vertriebsvereinbarung über die Eigenkapitalvermittlung auf Dritte zu übertragen, habe der Anleger entnehmen können, dass die Beklagte für die Vermittlung der Fondsbeteiligung von der Fondsgesellschaft eine Rückvergütung erhalte. Dagegen hat das Berufungsgericht diese Angabe insoweit nicht als ausreichend angesehen. Auf diese unterschiedliche Beurteilung kommt es nicht an. Selbst wenn dem Oberlandesgericht Frankfurt zu folgen wäre, ergäbe sich daraus nichts für die - ebenfalls aufklärungsbedürftige (Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 24) - Höhe der an die Beklagte geflossenen Rückvergütung (ebenso OLG München, BKR 2010, 479 Rn. 27; das verkennt LG Bremen, WM 2010, 798, 800 f.).
17
2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
18
a) Entgegen der Ansicht der Revision ist es rechtlich nicht zu beanstanden , dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten wegen verschwiegener Rückvergütungen bejaht hat.
19
aa) Rechtsfehlerfrei und von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungsgericht angenommen, dass zwischen dem Zedenten und der Beklagten nach den Grundsätzen des Bond-Urteils (BGHZ 123, 126, 128) ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist (vgl. auch Senatsurteile vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442; vom 25. Juni 2002 - XI ZR 218/01, WM 2002, 1683, 1686; vom 21. März 2006 - XI ZR 63/05, WM 2006, 851 Rn. 10 und vom 25. September 2007 - XI ZR 320/06, BKR 2008, 199 Rn. 12) und nicht lediglich ein Auskunftsvertrag, da eine Bank regelmäßig Anlageberaterin und nicht lediglich reine Anlagevermittlerin ist (vgl. dazu Senatsurteil vom 7. Oktober 2008 - XI ZR 89/07, BGHZ 178, 149 Rn. 11 mwN).
20
bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht weiter angenommen, dass die Beklagte aus dem Beratungsvertrag verpflichtet war, den Zedenten über an sie fließende Rückvergütungen aus Vertriebsprovisionen aufzuklären (vgl. Senats- urteile vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 22 f.; vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 11 und vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 338/08, WM 2009, 2306 = ZIP 2009, 2380 Rn. 31; Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 13 und vom 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 5).
21
cc) Soweit die Revision geltend macht, bei den Provisionen, die die Beklagte unstreitig in Höhe von 8,25% des Kommanditkapitals bei V 3 und in Höhe von 8,45% bis zu 8,72% des Kommanditkapitals bei V 4 erhalten hat, handele es sich um nicht aufklärungspflichtige "Innenprovisionen", die keine Rückvergütungen im Sinne der Senatsrechtsprechung darstellten, kann sie damit nicht durchdringen. Die Revision verkennt die rechtliche Unterscheidung zwischen Innenprovisionen und Rückvergütungen.
22
(1) Innenprovisionen sind nicht ausgewiesene Vertriebsprovisionen, die bei einem Fonds aus dem Anlagevermögen gezahlt werden. Über sie muss nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (st. Rspr., u.a. BGH, Urteile vom 1. März 2004 - II ZR 88/02, WM 2004, 928, 930 und vom 2. Februar 2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110, 118) bei einem Fonds unter bestimmten Umständen aufgeklärt werden, weil sie Einfluss auf die Werthaltigkeit der vom Anleger erworbenen Anlage haben und deswegen bei diesem insoweit eine Fehlvorstellung herbeiführen können.
23
(2) Aufklärungspflichtige Rückvergütungen liegen dagegen, wie der Senat zuletzt formuliert hat, nur dann vor, wenn Teile der Ausgabeaufschläge oder Verwaltungsgebühren, die der Kunde über die Bank an die Gesellschaft zahlt, hinter seinem Rücken an die beratende Bank umsatzabhängig zurückfließen, so dass diese ein für den Kunden nicht erkennbares besonderes Interesse hat, gerade diese Beteiligung zu empfehlen (Senatsurteil vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 338/08, WM 2009, 2306 Rn. 31). Insoweit ist folgendes klarzustellen:
24
Soweit als Quelle der Rückvergütungen "Ausgabeaufschläge und Verwaltungsvergütungen" genannt werden, ist das - entgegen der Annahme der Revision - nicht abschließend, sondern - in Anknüpfung an das grundlegende Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05 (BGHZ 170, 226) - nur beispielhaft gemeint. Damit soll lediglich zum Ausdruck gebracht werden, dass Rückvergütungen - anders als Innenprovisionen - nicht im Anlagebetrag enthalten (versteckt) sind, so dass beim Anleger keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen kann. Maßgebend für die Aufklärungspflicht über Rückvergütungen ist hingegen, dass der Anleger ohne diese Aufklärung nicht das besondere Interesse der beratenden Bank erkennen kann, gerade diese Anlage zu empfehlen. Die Fehlvorstellung über die Neutralität der Beratungsleistung der Bank, der mit der Aufklärungspflicht über Rückvergütungen begegnet werden soll, beruht allein darauf, dass die beratende Bank als Empfängerin der Rückvergütung ungenannt bleibt. Sie entsteht dagegen unabhängig davon, aus welcher offen angegebenen Quelle die Rückvergütung an die beratende Bank fließt.
25
Aufklärungspflichtige Rückvergütungen sind danach - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen gezahlt werden, so dass beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen kann, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt, so dass der Anleger das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen kann.
26
(3) Danach handelt es sich bei den hier an die Beklagte geflossenen Provisionen um aufklärungspflichtige Rückvergütungen. Sie waren nicht in den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Fondsobjekts versteckt, sondern flossen aus den offen ausgewiesenen Vertriebskosten. Gemäß den nachstehenden Ausführungen war die Beklagte jedoch nicht als Empfänger der Provisionen angegeben. Vielmehr sind diese hinter dem Rücken der Klägerin an die Beklagte geflossen, so dass die Klägerin das besondere Interesse der Beklagten an der Empfehlung gerade von V 3 und 4 nicht erkennen konnte.
27
dd) Eine ordnungsgemäße Aufklärung des Zedenten über die Rückvergütungen ist bei beiden Fonds nicht erfolgt, selbst wenn man unterstellt, auch der Prospekt bei V 3 sei dem Zedenten rechtzeitig übergeben worden. Den beiden Verkaufsprospekten ist nicht zu entnehmen, dass die Beklagte Empfängerin der dort genannten Vertriebsprovisionen oder des Agios sein sollte. Empfängerin sollte vielmehr ausdrücklich die V. AG sein. Den Prospekten lässt sich an keiner Stelle entnehmen, dass die Beklagte von dieser einen Teil der Vertriebsprovisionen erhalten sollte. Das ergibt sich nach der zutreffenden Auslegung des Berufungsgerichts auch nicht aus der Tatsache, dass die V. AG berechtigt sein sollte, Dritte einzuschalten. Selbst wenn daraus jedoch hervorgehen sollte, dass damit auch die Beklagte gemeint war, so ist dem Prospekt jedenfalls nicht zu entnehmen, in welcher Höhe Rückvergütungen an die Beklagte geflossen sind. Insbesondere auch die Höhe der Rückvergütung muss aber nach der Senatsrechtsprechung von der Bank ungefragt offen gelegt werden (Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 24; dies verkennt LG Bremen, WM 2010, 798, 800 f.).
28
ee) Soweit die Revision meint, es sei nicht einsichtig, dass eine Bank höhere Aufklärungspflichten träfen als einen freien Anlageberater, kann sie damit nicht durchdringen.
29
Allerdings trifft nach der Rechtsprechung des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs bankungebundene freie Berater - außerhalb des Anwendungsbereichs des § 31d WpHG - keine (ungefragte) Aufklärungspflicht, da der Anleger bei solchen Beratern - anders als bei Banken - von einer durch den Produktanbieter "eingepreisten" Vergütung ausgehen und er deshalb deren Höhe erfragen müsse, wenn sie ihn interessiere (BGH, Urteil vom 15. April 2010 - III ZR 196/09, BGHZ 185, 185 Rn. 13).
30
Die Unterscheidung der Pflichten eines freien Anlageberaters zu den Pflichten eines Beraters im Bankensektor rechtfertigt sich daraus, dass der Bankkunde in der Regel bei "seiner" Bank eine Reihe von kostenpflichtigen Vertragsverhältnissen unterhält, insbesondere auf Dauer angelegte Vertragsverhältnisse wie einen Zahlungsdiensterahmenvertrag oder einen Depotvertrag (vgl. BGH, Urteil vom 15. April 2010 - III ZR 196/09, BGHZ 185, 185 Rn. 12), bzw. Banken typischerweise solche Vertragsverhältnisse anstreben. Das ist bei einem freien Anlageberater typischerweise nicht der Fall.
31
Diese typisierende Einordnung von Berufsgruppen zur Unterscheidung zwischen aufklärungspflichtigen Personen und nicht aufklärungspflichtigen Personen findet in Gesetz und Rechtsprechung Vorbilder. Sie wird insbesondere vom Gesetzgeber im Bereich des § 31d WpHG vorgegeben. Diese Vorschrift statuiert Aufklärungspflichten ausdrücklich nur für Wertpapierdienstleistungsunternehmen , nicht aber für sonstige Anlagevertreiber. Eine typisierende Einordnung wird auch seit langem bei der Abgrenzung der Pflichten eines Anlageberaters von denen eines Anlagevermittlers entsprechend der Regelung in § 1 Abs. 1a Nr. 1 und 1a KWG in der Rechtsprechung praktiziert. Während bei einem Kontakt des Anlegers mit einem Anlageberater ein Beratungsvertrag nach den Grundsätzen des Bond-Urteils zustande kommt, kommt im Verhältnis zu einem Anlagevermittler lediglich ein Auskunftsvertrag mit einem geringeren Pflichtenumfang zustande (vgl. BGH, Urteile vom 13. Mai 1993 - III ZR 25/92, WM 1993, 1238, 1239; vom 12. Februar 2004 - III ZR 359/02, WM 2004, 631, 633, insofern in BGHZ 158, 110 nicht abgedruckt, und Senatsurteil vom 7. Oktober 2008 - XI ZR 89/07, BGHZ 178, 149 Rn. 11).
32
b) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch die Kausalität der Aufklärungspflichtverletzung für den Erwerb der Kapitalanlagen bejaht.
33
Steht - wie hier in Bezug auf Rückvergütungen - eine Aufklärungspflichtverletzung fest, streitet für den Anleger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, die zu einer Beweislastumkehr führt. Der Aufklärungspflichtige muss beweisen, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung erworben hätte, weil er den richtigen Rat oder Hinweis nicht befolgt hätte (vgl. Senatsurteile vom 16. November 1993 - XI ZR 214/92, BGHZ 124, 151, 159 f.; vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, ZIP 2007, 518, 521 Rn. 27, insoweit in BGHZ 170, 226 nicht abgedruckt, und vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 22, auch BGH, Urteil vom 2. März 2009 - II ZR 266/07, WM 2009, 789 Rn. 6 mwN).
34
Die Vermutung greift allerdings dann nicht ein, wenn sich der Anleger bei gehöriger Aufklärung in einem Entscheidungskonflikt befunden hätte, wenn es also nicht nur eine bestimmte Möglichkeit aufklärungsrichtigen Verhaltens gab (Senatsurteile vom 16. November 1993 - XI ZR 214/92, BGHZ 124, 151, 161 und vom 7. Mai 2002 - XI ZR 197/01, BGHZ 151, 5, 12). Davon kann bei verschwiegenen Rückvergütungen nicht schon wegen deren Geringfügigkeit im Verhältnis zur Anlagesumme ausgegangen werden (OLG Köln, WM 2003, 338, 340 f.). Es muss vielmehr aufgrund konkreter Umstände des Einzelfalls feststehen , dass dem Anleger bei gehöriger Aufklärung mindestens zwei tatsächlich von ihm zu ergreifende Handlungsalternativen zur Verfügung standen.
35
Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung das Vorliegen eines Entscheidungskonflikts und die Widerlegung der Vermutung rechtsfehlerfrei verneint. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht die Darlegungs- und Beweislast für das Nichteingreifen der Vermutung nicht verkannt. Diese trifft - genauso wie für die Widerlegung der Vermutung - die Bank, deren Aufklärungspflichtverletzung feststeht (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Februar 2010 - XI ZR 140/09, BKR 2010, 515 Rn. 11). Soweit die Revision in diesem Zusammenhang Verfahrensfehler rügt, hat der Senat diese geprüft und für nicht durchgreifend erachtet (§ 564 ZPO).
36
c) Ebenfalls rechts- und verfahrensfehlerfrei hat das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch das Ver- schulden der Beklagten und die Aktivlegitimation der Klägerin sowie auch eine Haftung der Beklagten in Bezug auf V 3 wegen falscher Darstellung der Kapitalgarantie bejaht.
Wiechers Ellenberger Maihold Matthias Pamp
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 09.07.2009 - 8 O 183/07 -
OLG Celle, Entscheidung vom 21.04.2010 - 3 U 202/09 -

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
III ZR 44/06 Verkündet am:
18. Januar 2007
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Einspruch eingegangen
am 14.02.2007
Kiefer
Justizangestellter
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Anlageberater ist grundsätzlich gehalten, den Anlageinteressenten, dem
er zur Eingehung einer Kommanditbeteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds
rät, darauf hinzuweisen, dass die Veräußerung eines solchen
Anteils in Ermangelung eines entsprechenden Marktes nur eingeschränkt
möglich ist.
BGH, Versäumnisurteil vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06 - OLG München
LG München I
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Januar 2007 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Streck, Dörr und Dr. Herrmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 12. Januar 2006 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger nimmt aus abgetretenem Recht seines Bruders den Beklagten als Anlageberater auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Im November 1993 nahm der Beklagte auf Empfehlung eines Bekannten des Zedenten mit diesem telefonisch Kontakt wegen einer zusätzlichen Altersvorsorge auf. Aufgrund der anschließend geführten Gespräche empfahl der Be- klagte eine Beteiligung an der "N. Fonds Nr. …, N. L. , W. , H. , KG", einem geschlossenen Immobilienfonds. Der Zedent entschloss sich daraufhin zu einer Kommanditeinlage von 120.000 DM, die er neben Zahlung eines Agios absprachegemäß in Höhe von 60.000 DM erbrachte. 30.000 DM zahlte er aus Eigenmitteln. Die verbleibenden 30.000 DM finanzierte er durch ein Darlehen.
3
Ab Ende 1997 reduzierten sich die Einnahmen aus dem Fonds, da der Hauptpächter der Immobilie nicht mehr regelmäßig zahlte. Seit 1998 erfolgen keine Ausschüttungen mehr. Im Sommer 2004 forderte die Immobilienverwaltungsgesellschaft den Zedenten zu weiteren Zahlungen auf die Kommanditeinlage auf.
4
Der Kläger macht geltend, der Beklagte habe den Zedenten falsch beraten. Hierzu hat er unter anderem behauptet, der Beklagte habe dem Zedenten auf entsprechende Nachfrage versichert, die Anteile an dem geschlossenen Immobilienfonds könnten jederzeit wie Aktien verkauft werden. Der Beklagte hat demgegenüber behauptet, die Frage der Handelbarkeit der Anteile an der Immobilien -KG sei überhaupt nicht erörtert worden.
5
Der Kläger hat mit seiner Klage verlangt, den Beklagten zur Leistung von Schadensersatz in Höhe von insgesamt 29.905,93 € Zug um Zug gegen Übertragung des Anteils des Zedenten an der Kommanditgesellschaft zu verurteilen und festzustellen, dass der Beklagte - ebenfalls Zug um Zug gegen Übertragung des Kommanditgesellschaftsanteils - verpflichtet ist, weitere Schäden zu ersetzen, und dass er sich mit der Annahme des Anteils in Verzug befindet. Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe


6
Die Revision ist begründet. Über sie ist antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil beruht aber inhaltlich nicht auf der Säumnis des Beklagten, sondern auf der Berücksichtigung des gesamten Sach- und Streitstandes (vgl. BGHZ 37, 79, 81 ff).

I.


7
Berufungsgericht Das hat ausgeführt, Beratungsfehler des Beklagten ließen sich nicht feststellen. Insbesondere habe sich nicht bestätigt, dass der Zedent nachgefragt habe, ob und wie sich die KG-Beteiligung wieder veräußern lasse. Der Kläger habe nicht nachgewiesen, dass dieser Punkt in den Beratungsgesprächen berührt worden sei. Zu einem unerfragten Hinweis auf die eingeschränkte Handelbarkeit von KG-Anteilen an geschlossenen Immobilienfonds sei ein Anlageberater jedoch nicht verpflichtet. Dies sei allenfalls anzunehmen , wenn die Verfügbarkeit des investierten Geldes in einem absehbaren Zeitraum von Bedeutung gewesen wäre. Dies sei hier jedoch nicht der Fall, da der Zedent eine Altersvorsorge habe erwerben wollen und er beim Eintritt in die Kommanditgesellschaft noch nicht 40 Jahre alt gewesen sei. Die Beteiligten hätten deshalb von einer noch jahrzehntelangen Berufstätigkeit des Zedenten ausgehen können.

II.


8
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Auch auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ist ein Schadensersatzanspruch des Klägers nicht auszuschließen.
9
1. Die Vorinstanzen haben den Beklagten nicht als bloßen Anlagevermittler, sondern als Anlageberater angesehen. Diese Würdigung nimmt die Revision als ihr günstig hin. Sie ist auch - auf der Grundlage eines zwischen den Parteien zumindest stillschweigend geschlossenen Vertrags - von Rechts wegen nicht zu beanstanden.
10
2. Ein Anlageberater unterliegt grundsätzlich weiterreichenden Pflichten als ein Anlagevermittler (vgl. z.B.: Senatsurteil vom 13. Mai 1993 - III ZR 25/92 - NJW-RR 1993, 1114 f, ferner auch Senatsurteil vom 27. Oktober 2005 - III ZR 71/05 - NJW-RR 2006, 109, Rn. 14). Von einem Anlageberater kann der Interessent nicht nur die Mitteilung von Tatsachen, sondern insbesondere deren fachkundige Bewertung und Beurteilung erwarten. Häufig wünscht er eine auf seine persönlichen Verhältnisse zugeschnittene Beratung. In einem solchen Vertragsverhältnis hat der Berater regelmäßig weitgehende Pflichten gegenüber dem betreuten Kapitalanleger. Als unabhängiger individueller Berater, dem weitreichendes persönliches Vertrauen entgegengebracht wird, muss er besonders differenziert und fundiert beraten (Senatsurteil vom 13. Mai 1993 aaO S. 1114 m.w.N.; s. ferner BGHZ 123, 126, 128 f), wobei die konkrete Ausgestaltung der Pflicht entscheidend von den Umständen des Einzelfalls abhängt (Senat aaO; BGHZ aaO S. 128). In Bezug auf das Anlageobjekt muss der Anlageberater rechtzeitig, richtig und sorgfältig, dabei für den Kunden verständlich und vollständig beraten. Insbesondere muss er den Interessenten über die Eigenschaf- ten und Risiken unterrichten, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können (BGHZ aaO S. 129, vgl. auch BGH, Urteil vom 13. Januar 2004 - XI ZR 355/02 - NJW 2004, 1868, 1869). Denn nur aufgrund von Informationen, die ein zutreffendes aktuelles Bild der empfohlenen Anlage bieten, kann der Interessent eine sachgerechte Anlageentscheidung treffen (BGH, Urteil vom 13. Januar 2004 aaO).
11
a) Die Frage, ob die begrenzte Möglichkeit, "gebrauchte" Kommanditanteile an geschlossenen Immobilienfonds weiterzuverkaufen, eine Eigenschaft ist, über die der Anlageberater auch ohne entsprechende Anfrage des Interessenten aufzuklären hat, wird in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung uneinheitlich beantwortet.
12
Oberlandesgericht Das Düsseldorf (Urteil vom 30. März 2006 - I-6 U 84/05 - juris Rn. 25) hält wohl einen unerfragten Hinweis des Anlageberaters auf die "geringe Fungibilität" des Kommanditanteils gerade auch dann für notwendig , wenn die Anlage der Altersversorgung dienen soll. Die Urteile des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLGR 2006, 780, 782) und des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 23. August 2005 (17 U 7/05 - juris Rn. 112 f = OLGR 2005, 886 ff insoweit dort nicht abgedruckt), die sich gleichfalls mit Hinweispflichten gegenüber Anlageinteressenten im Zusammenhang mit der Handelbarkeit solcher Kommanditanteile befassen, sind insoweit nicht eindeutig, da sie nicht ganz vergleichbare Sachverhalte betreffen.
13
Demgegenüber hat das Oberlandesgericht Naumburg (Beschluss vom 30. August 2005 - 2 W 21/04 - juris Rn. 39), ebenso wie das Berufungsgericht in der vorliegenden Sache, eine solche Hinweispflicht verneint. Allerdings bezieht sich die Entscheidung auf einen Anlagevermittler, so dass sie nicht ohne weiteres auf die vorliegende Fallgestaltung übertragbar ist.
14
b) In der Literatur (z.B.: Thiel, Die Haftung der Anlageberater und Versicherungsvermittler , § 2 S. 36 f; Vortmann, Aufklärungs- und Beratungspflichten der Banken, 8. Aufl., Rn. 381c) gibt es Stimmen, die die grundsätzliche Pflicht des Anlageberaters zu einer ungefragten Aufklärung über die eingeschränkte Handelbarkeit von KG-Anteilen an geschlossenen Immobilienfonds bejahen.
15
c) Der Bundesgerichtshof hat die Frage der Pflicht zur Aufklärung über diesen Umstand noch nicht entschieden. Das Urteil des II. Zivilsenats vom 9. Oktober 1989 (II ZR 257/88 - NJW-RR 1990, 229 f) betraf einen Fall, in dem der Berater wusste, dass der Anleger nicht an einer langfristigen Kapitalanlage interessiert war, und gleichwohl den unzutreffenden Eindruck einer leichten Wiederverkäuflichkeit aktiv förderte (ähnlich der Sachverhalt in BGHZ 167, 239 249, Rn. 26).
16
3. Der erkennende Senat ist der Auffassung, dass jedenfalls der Anlageberater grundsätzlich gehalten ist, den Anlageinteressenten, dem er zur Eingehung einer Kommanditbeteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds rät, darauf hinzuweisen, dass die Veräußerung eines solchen Anteils in Ermangelung eines entsprechenden Marktes nur eingeschränkt möglich ist. Die praktisch fehlende Aussicht, eine KG-Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds zu angemessenen Konditionen verkaufen zu können, ist ein Umstand, der für den durchschnittlichen Anleger für seine Anlageentscheidung von erheblicher Bedeutung ist. Die Bedingungen, zu denen ein Anleger auch auf langfristig festgelegtes Geld vorzeitig zurückgreifen kann, sind typischerweise ein wesentliches Element seiner Investitionsentscheidung. Dies gilt auch für Anlagen, die der Alterssicherung dienen sollen. Auch in diesen Fällen kann ein vorzeitiges Bedürfnis entstehen, die festgelegten Vermögenswerte liquide zu machen, wie etwa bei Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit, krankheitsbedingtem Verlust der Erwerbsfähigkeit oder auch nur einer Änderung der Anlageziele.
17
Die Pflicht zur ungefragten Aufklärung über die eingeschränkte Fungibilität von KG-Anteilen an geschlossenen Immobilienfonds kann allerdings entfallen , wenn unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls die Weiterveräußerung für den Anleger erkennbar ohne Belang ist. Im vorliegenden Fall sind aber, abgesehen von dem allein nicht durchgreifenden Aspekt des Altersvorsorgezwecks der Anlage, Umstände, die hierfür sprechen könnten, bislang nicht vorgetragen, so dass nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand von einer Pflichtverletzung des Beklagten auszugehen ist. Die persönliche Aufklärungspflicht des Anlageberaters kann ferner entfallen, wenn, was hier aber nicht der Fall ist, die entsprechende Belehrung in einem Prospekt enthalten ist und der Berater davon ausgehen darf, dass der Kunde diesen gelesen und verstanden hat und gegebenenfalls von sich aus Nachfragen stellt.
18
4. Das Verschulden des Auskunftsverpflichteten wird vermutet (§ 282 BGB a.F.; jetzt: § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB).
19
5. Es ist weiter davon auszugehen, dass der Zedent, dessen berufliche und finanzielle Zukunft, wie die Revision geltend macht, im Zeitpunkt der Anlageentscheidung ungewiss war, bei Aufklärung über die mangelnde Handelbarkeit des Kommanditanteils sich nicht zu dieser Investition entschlossen hätte.
20
6. Der Senat kann die Sache selbst noch nicht abschließend entscheiden, so dass sie an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist (§ 563 Abs. 1 ZPO).
Schlick Wurm Streck
Dörr Herrmann
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 24.06.2005 - 15 O 25147/04 -
OLG München, Entscheidung vom 12.01.2006 - 23 U 4115/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 586/07 Verkündet am:
12. Mai 2009
Herrwerth
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 282 (Fassung: 1.1.1964), § 280 Abs. 1 Satz 2 (Fassung: 2.1.2002)

a) Verletzt ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen seine Pflicht, den
Kunden über Rückvergütungen aufzuklären, trägt es die Darlegungsund
Beweislast dafür, dass es nicht vorsätzlich gehandelt hat, auch
dann, wenn seine Haftung für fahrlässiges Handeln nach § 37a WpHG
verjährt ist (Fortführung von BGHZ 170, 226).

b) Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens gilt auch im Falle unterlassener
Aufklärung über Rückvergütungen.
BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07 - OLG München
LG München I
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Mai 2009 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers,
den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter
Dr. Ellenberger und Dr. Matthias

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 19. Dezember 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 17. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem Recht der H. GmbH (im Folgenden: Zedentin) im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften in Anspruch.
2
Die Zedentin erwarb nach einem - inhaltlich im Einzelnen streitigen - Beratungsgespräch mit Mitarbeitern der Beklagten am 15. Februar 2000 zwischen dem 16. Februar und dem 14. Juni 2000 über die Beklagte für 141.478,21 € Anteile an Aktienfonds und für 106.395,72 € Aktien. In den Wertpapierabrechnungen über die Fondsanteile sind nicht besonders ausgewiesene Ausgabeaufschläge zwischen 3% und 5% enthalten. Die Beklagte, die aus diesen Aufschlägen und den von den konzerneigenen Fonds erhobenen Verwaltungsgebühren Rückvergütungen erhält, gewährte der Zedentin insoweit Bonifikationen von zumeist 1%, in einem Fall von 2,5%. Über die Ausgabeaufschläge wurde die Zedentin informiert , nicht aber über die Rückvergütungen an die Beklagte.
3
Nach erheblichen Kursverlusten suchte der Geschäftsführer der Zedentin, der sich falsch beraten fühlte, am 8. August 2000 zusammen mit einem Rechtsanwalt die Beklagte auf. Der Inhalt des Gesprächs ist streitig. Nach Veräußerung eines Teils der Fondsanteile für 70.842,62 € und der Aktien für 54.908,60 € hat der Kläger am 13. August 2003 Klage eingereicht und unter Berücksichtigung erzielter Wertpapiererträge von 511,58 € die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 127.611,13 € zuzüglich Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung der restlichen Wertpapiere beantragt.
4
Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Die Berufung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Auf die Revision des Klägers hat der erkennende Senat mit Urteil vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226) das Berufungsurteil aufgehoben, weil die Beklagte durch das Verschweigen der Rückvergütungen den zwischen der Zedentin und der Beklagten zustande gekommenen Beratungsvertrag verletzt hat und ein etwaiger Schadensersatzanspruch der Zedentin aus vorsätzlichem Handeln der Beklagten nicht nach § 37a WpHG verjährt ist.
Er hat die Sache zur Klärung der Frage, ob die Beklagte die erhaltenen Rückvergütungen vorsätzlich verschwiegen hat, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Im zweiten Berufungsverfahren hat der Kläger unter Berücksichtigung dessen, dass ein Teil der streitgegenständlichen Wertpapiere zum 1. Januar 2006 veräußert worden ist, nur noch beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 91.668,16 € nebst Zinsen zu zahlen, und im Übrigen den Rechtsstreit einseitig für erledigt erklärt. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers nach Vernehmung des damals für die Beklagte tätigen Anlageberaters K. erneut zurückgewiesen.
5
Mit der - vom erkennenden Senat zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren im Umfang der zuletzt gestellten Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision ist begründet.

I.


7
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in WM 2008, 351 veröffentlicht ist, hat im Wesentlichen ausgeführt:
8
Der für die Beklagte tätig gewesene Mitarbeiter K. habe seine Beratung damals als rechtlich ausreichend erachtet und noch nicht einmal als möglich erkannt, dass er Aufklärungspflichten verletze. Ihm habe daher das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit seines Unterlassens gefehlt. Dieser Rechtsirrtum schließe den Vorsatz aus.
9
Der Kläger könne sich auch nicht auf ein vorsätzliches Organisationsverschulden der Beklagten berufen. Seine Behauptung, die Beklagte habe ihre Aufklärungspflicht gekannt, die Rückvergütung aber behalten wollen, ohne sie zu offenbaren, lasse kein vorsätzliches und für den Abschluss der streitgegenständlichen Wertpapiergeschäfte ursächliches Verhalten eines Entscheidungsträgers der Beklagten erkennen. Auch das weitere Vorbringen des Klägers, das zuständige Vorstandsmitglied der Beklagten sei nicht seiner Verpflichtung nachgekommen, sich bei der Rechtsabteilung über die Behandlung von Rückvergütungen zu vergewissern und dafür Sorge zu tragen, dass die Mitarbeiter der Beklagten die Rückvergütungen dem Kunden offenbarten, lasse die Feststellung vorsätzlichen Verhaltens nicht zu. Dass von einem Verantwortlichen der Beklagten durch eine Einzelfallweisung, eine generelle Anordnung oder eine bankinterne Richtlinie die gebotene Aufklärung im vorliegenden Fall vorsätzlich verhindert worden wäre, sei nicht ersichtlich.
10
Dass es dem Kläger mangels Kenntnis von den Unternehmensinterna der Beklagten naturgemäß Schwierigkeiten bereite, ein etwaiges vorsätzliches Verhalten der Beklagten durch konkreten Tatsachenvortrag zu untermauern, rechtfertige es nicht, den Vorsatz einer Person, deren Verhalten der Beklagten nach § 31 BGB oder § 278 BGB zuzurechnen sei, zu unterstellen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass nach § 280 Abs. 1 BGB282 BGB aF) grundsätzlich der Schädiger die Beweislast dafür trage, die Pflichtverletzung nicht vertreten zu müssen. Komme - wie vorliegend wegen Verjährung (§ 37a WpHG) der auf Fahr- lässigkeit gestützten Ansprüche - nur eine Haftung wegen vorsätzlichen Verhaltens in Betracht, obliege es dem Geschädigten, das Vorliegen des Vorsatzes darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.

II.


11
Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand. Nach den bisher getroffenen Feststellungen hat das Berufungsgericht eine vorsätzliche Verletzung der der Beklagten obliegenden Pflicht, den Kläger über die Rückvergütungen zu unterrichten, zu Unrecht verneint.
12
Ohne 1. Rechtsfehler hat das Berufungsgericht allerdings angenommen , dass dem Anlageberater K. das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit seines Unterlassens gefehlt habe und er sich daher in einem Vorsatz ausschließenden Rechtsirrtum befunden habe. Die tatrichterliche Würdigung der Aussage des Zeugen K. , die in der Revisionsinstanz nur eingeschränkt überprüfbar ist, lässt Rechtsfehler nicht erkennen und wird auch von der Revision ausdrücklich hingenommen.
13
2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch ein vorsätzliches Organisationsverschulden der Beklagten verneint.
14
Eine Bank muss ihren Geschäftsbetrieb zum Schutz des Rechtsverkehrs so organisieren, dass bei ihr vorhandenes Wissen den Mitarbeitern , die für die betreffenden Geschäftsvorgänge zuständig sind, zur Verfügung steht und von diesen auch genutzt wird (vgl. BGHZ 135, 202, 205 ff.; MünchKommBGB/Schramm, 5. Aufl., § 166 Rn. 26 m.w.N.). Danach ist hier ein vorsätzliches Organisationsverschulden der Beklagten gegeben, wenn sie ihre Verpflichtung zur Aufklärung der Kunden gekannt oder zumindest für möglich gehalten hat (bedingter Vorsatz) und es gleichwohl bewusst unterlassen hat, ihre Anlageberater anzuweisen, die Kunden entsprechend aufzuklären (Nobbe, ZBB 2009, 93, 104; Koller, ZBB 2007, 197, 201).
15
a) Insoweit hat der Kläger unter Hinweis auf die Rechtsprechung zur auftrags- bzw. kommissionsrechtlichen Auskunfts- und Herausgabepflicht (§§ 666, 667 BGB, § 384 Abs. 2 HGB) in Bezug auf heimlich hinter dem Rücken des Auftraggebers geflossene Zahlungen (vgl. BGHZ 114, 87, 91; 146, 235, 239 und BGH, Urteil vom 17. Oktober 1991 - III ZR 352/89, WM 1992, 879, 880 f.) und unter Hinweis auf Ziffer 2.2 Abs. 2 der Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel (BAWe) zur Konkretisierung der §§ 31 und 32 WpHG für das Kommissions -, Festpreis- und Vermittlungsgeschäft der Kreditinstitute vom 26. Mai 1997 (BAnz. Nr. 98 vom 3. Juni 1997, S. 6586), nach der eine zivilrechtliche Aufklärungspflicht über die kommissionsrechtliche Verpflichtung zur Herausgabe von Rückvergütungen vorausgesetzt wird, behauptet, die Beklagte habe ihre Herausgabe- und Aufklärungspflicht zwar gekannt, die Rückvergütungen aber behalten wollen und deswegen nicht offenbart. Soweit das Berufungsgericht diesen Vortrag als unschlüssig angesehen hat, erscheint das im Hinblick auf die vom Kläger angeführte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (die Revision hat sich zusätzlich noch auf BGHZ 78, 263, 268 und das Senatsurteil vom 28. Februar 1989 - XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1051 bezogen) zu Herausgabe- und Aufklärungspflichten eines Beraters zweifelhaft, kann aber letztlich da- hinstehen, da das Berufungsgericht bereits die Darlegungs- und Beweislast für ein vorsätzliches Handeln der Beklagten verkannt hat.
16
b) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht angenommen, die Darlegungs - und Beweislast für vorsätzliches Handeln der Beklagten trage der Kläger.
17
aa) Nach § 282 BGB aF (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nF) muss der Schuldner beweisen, dass er eine Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Zum Vertretenmüssen gehören gleichermaßen Vorsatz und Fahrlässigkeit (§ 276 BGB). Teilweise wird zwar die Auffassung vertreten, dass dann, wenn die Haftung des Schuldners auf Vorsatz beschränkt ist, es im Regelfall zunächst Sache des Gläubigers sei, die Umstände darzutun, die für den Vorsatz des Schuldners sprächen (vgl. MünchKommBGB/ Ernst, 5. Aufl., § 280 Rn. 35 m.w.N.). Das ist jedoch mit der gesetzlichen Wertung des § 282 BGB aF (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nF) nicht vereinbar. Der Gesetzeswortlaut und der Sinn und Zweck der Regelung sprechen gegen eine unterschiedliche Darlegungslast für vorsätzliches und fahrlässiges Verhalten. Der Bundesgerichtshof hat eine Differenzierung der Darlegungs- und Beweislast nach Verschuldensgrad ausdrücklich abgelehnt und entschieden, dass der Schuldner, der nur für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit einzustehen hat, zu beweisen hat, dass beide Verschuldensgrade nicht vorliegen (BGHZ 46, 260, 267). Daraus folgt, dass auch eine Differenzierung zwischen Vorsatz und einfacher Fahrlässigkeit im Rahmen des Entlastungsbeweises nicht zulässig ist (vgl. Soergel /Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 282 Rn. 14 m.w.N.; Nobbe, ZBB 2009, 93, 104). Es gibt auch keinen sachlichen Grund, dem Gläubiger ausnahmsweise eine Darlegungslast aufzubürden. Ob vorsätzliches Handeln vorliegt, betrifft eine innere Tatsache des Schuldners, über die er ohne weiteres Auskunft geben kann, während sie dem Gläubiger verschlossen ist. Der Gläubiger kann lediglich Indizien anführen, aus denen sich der Vorsatz ergibt. Auch dies spricht dagegen, den Schuldner entgegen der gesetzlichen Wertung von ihm möglichen und zumutbaren Vortrag zu entlasten.
18
bb) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts trägt der Kläger auch nicht ausnahmsweise die Darlegungs- und Beweislast für den Vorsatz der Beklagten, weil die ohne Zweifel vorliegende fahrlässige Beratungspflichtverletzung der Beklagten nach § 37a WpHG verjährt ist und damit nur noch eine Vorsatzhaftung im Streit ist. Zu Unrecht hat sich das Berufungsgericht als Beleg für seine Ansicht auf das Senatsurteil vom 12. Oktober 1993 (XI ZR 155/92, WM 1993, 2251, 2252) berufen. Das Senatsurteil betraf den Aufrechnungsausschluss nach § 393 BGB, bei dem der Vorsatz eine Voraussetzung des Ausschlusses ist, so dass er von demjenigen, der sich darauf beruft, darzulegen und zu beweisen ist. Damit ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar. Es steht fest, dass die Beklagte den Kläger fehlerhaft beraten hat, indem sie die Rückvergütungen verschwiegen hat. Für diese fehlerhafte Aufklärung haftet die Beklagte grundsätzlich bereits bei leichter Fahrlässigkeit (§ 276 BGB). Ihre Haftung ist nicht auf vorsätzliches Handeln beschränkt. Die Besonderheit besteht vorliegend allein darin, dass der Anspruch des Klägers wegen fahrlässig unterlassener Aufklärung, der an sich gegeben ist, wegen der Sonderverjährungsregelung des § 37a WpHG bereits verjährt und damit lediglich nicht mehr durchsetzbar ist. Dadurch wird aber der Anspruch des Klägers nicht ein solcher, der allein durch vorsätzliches Handeln begründet werden kann und bei dem der Vorsatz zum Anspruchsgrund ge- hört (Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktiker-Handbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, Rn. 864).
19
cc) Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Senatsurteil vom 1. Juli 2008 (XI ZR 411/06, WM 2008, 1596, Tz. 23), dessen Aussagen zur Beweislast nicht die allgemeine Vorsatzhaftung nach § 276 BGB betreffen. In jenem Fall ging es um arglistiges Verhalten eines Kapitalanlagevermittlers nach § 123 BGB, für das der Anspruchsteller darlegungsund beweispflichtig ist. Da die Arglist des Vermittlers bei einem verbundenen Geschäft nach den Grundsätzen des Senatsurteils vom 25. April 2006 (BGHZ 167, 239, Tz. 29 f.) zugleich eine Haftung der den Erwerb der Kapitalanlage finanzierenden Bank für ein vorsätzliches Verschulden bei Vertragsverhandlungen (jetzt § 311 Abs. 2 BGB) begründet, trägt die Beweislast für diesen aus der Arglist hergeleiteten Vorsatz ausnahmsweise ebenfalls der Anspruchsteller.
20
c) Das Berufungsgericht hat zudem verkannt, dass es aufgrund der Aussage des Zeugen K. feststeht, dass die Beklagte ihre Anlageberater nicht angehalten hat, die Kunden über die Rückvergütungen aufzuklären. Es geht danach letztlich allein um die Frage, ob bei den Verantwortlichen der Beklagten in Bezug auf die Aufklärungspflicht ein Vorsatz ausschließender Rechtsirrtum bestand. Wer sich aber wie die Beklagte auf einen Rechtsirrtum beruft, muss diesen auch darlegen und beweisen (vgl. BGHZ 69, 128, 143; Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 276 Rn. 11).

III.


21
angefochtene Das Urteil ist nach alledem aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Entscheidung reif ist, ist sie zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), wobei der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch macht. Die Beklagte wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren Gelegenheit haben, ergänzend dazu vorzutragen und gegebenenfalls unter Beweis zu stellen, dass sie trotz Kenntnis der Auskunfts- und Herausgabepflichten des Geschäftsbesorgers nach §§ 675, 666, 667 BGB bzw. des Kommissionärs nach §§ 383, 384 Abs. 2 HGB und der dazu veröffentlichten Rechtsprechung sowie der darauf Bezug nehmenden BAWe-Richtlinie vom 26. Mai 1997 (aaO) eine Aufklärungspflicht über Rückvergütungen nicht erkannt und auch nicht für möglich gehalten hat und sie es deswegen auch nicht im Bewusstsein der Rechtswidrigkeit unterlassen hat, ihre Anlageberater zur Aufklärung der Kunden zu verpflichten.
22
Für den Fall, dass das Berufungsgericht nach neuer Verhandlung eine Haftung der Beklagten aus vorsätzlichem Handeln bejahen sollte, weist der Senat darauf hin, dass bei der fehlerhaften Anlageberatung bereits der Erwerb der Kapitalanlage aufgrund einer fehlerhaften Information ursächlich für den späteren Schaden ist, weil der ohne die erforderliche Aufklärung gefasste Anlageentschluss von den Mängeln der fehlerhaften Aufklärung beeinflusst ist. Auf die Gründe, warum die Kapitalanlage später im Wert gefallen ist, kommt es nicht an. Steht eine Aufklärungspflichtverletzung fest, streitet für den Anleger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, das heißt, dass der Aufklärungspflichtige beweisen muss, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben hätte, er also den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte (vgl. BGHZ 61, 118, 122; 124, 151, 159 f.; auch BGH, Urteil vom 2. März 2009 - II ZR 266/07, WM 2009, 789, Tz. 6 m.w.N.). Diese Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens gilt grundsätzlich für alle Aufklärungsfehler eines Anlageberaters, also auch für die fehlende Aufklärung über Rückvergütungen (Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/ Clouth/Lang, Praktiker-Handbuch Wertpapier- und Derivategeschäft Rn. 863). Erwirbt der Anleger neben Produkten, bei denen ihm Rückvergütungen verschwiegen wurden, auch Produkte, bei denen die Bank keine Rückvergütungen erhalten hat, so kann er sich aber nur in Bezug auf die erstgenannten Produkte auf die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens berufen. Hinsichtlich der Produkte, bei denen keine Rückvergütungen gezahlt wurden, muss der Anleger darlegen und beweisen, dass er bei gehöriger Aufklärung insgesamt den Geschäftskontakt mit der beratenden Bank abgebrochen und auch die Produkte nicht erworben hätte, bei denen keine Rückvergütungen geflossen sind (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, WM 2007, 487, Tz. 27, insoweit in BGHZ 170, 226 nicht abgedruckt).
Wiechers Joeres Mayen
Ellenberger Matthias
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 19.04.2004 - 11 HKO 15075/03 -
OLG München, Entscheidung vom 19.12.2007 - 7 U 3009/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 308/09
vom
29. Juni 2010
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine Bank, die einen Kunden im Rahmen der Anlageberatung nicht auf an sie
zurückgeflossene Rückvergütungen hinweist, kann sich jedenfalls für die Zeit
nach 1990 nicht auf einen unvermeidbaren Rechtsirrtum über Bestehen und
Umfang einer entsprechenden Aufklärungspflicht berufen.
BGH, Beschluss vom 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09 - OLG Hamm
LG Bochum
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 29. Juni 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Wiechers, den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen
und die Richter Dr. Grüneberg und Maihold

beschlossen:
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 31. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 23. September 2009 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 216.279,02 €.

Gründe:

1
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
2
1. Entgegen der Annahme der Nichtzulassungsbeschwerde ist im Hinblick auf die Verschuldensfrage eine Zulassung der Revision nicht gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Das Berufungsgericht hat unter Heranziehung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs fehlerfrei angenommen, dass die beklagte Sparkasse den Kläger anlässlich der Beratungsgespräche im Dezember 1997 und 1998 über eine Zeichnung des Renditefonds schuldhaft nicht über ihr zufließende Rückvergütungen aufgeklärt hat.
3
a) Nach § 282 BGB aF (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nF) muss der Aufklärungspflichtige darlegen und beweisen, dass er eine Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat (vgl. BGH, Urteile vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06, WM 2007, 542, Tz. 18 und vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274, Tz. 17). Zum Vertretenmüssen gehören Vorsatz und Fahrlässigkeit (§ 276 BGB), so dass die Beklagte bereits für leichte Fahrlässigkeit einzustehen hat. Soweit sich - wie hier - der Aufklärungspflichtige auf einen Rechtsirrtum über Bestehen und Umfang einer konkreten Aufklärungspflicht beruft, ist zu unterscheiden. Während die vorsätzliche Haftung bereits bei einem bloßen Rechtsirrtum entfällt (vgl. BGHZ 170, 226, Tz. 25 m.w.N.), ist die Haftung wegen Fahrlässigkeit nur bei einem unvermeidbaren Rechtsirrtum ausgeschlossen (vgl. BGHZ 118, 201, 208). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind an das Vorliegen eines unverschuldeten Rechtsirrtums strenge Maßstäbe anzulegen, wobei der Schuldner die Rechtslage sorgfältig prüfen, soweit erforderlich, Rechtsrat einholen und die höchstrichterliche Rechtsprechung sorgfältig beachten muss (vgl. BGHZ 89, 296, 303; Urteile vom 14. Juni 1994 - XI ZR 210/93, WM 1994, 1613, 1614 und vom 4. Juli 2001 - VIII ZR 279/00, WM 2001, 2012, 2014). Grundsätzlich trifft den Schuldner das Risiko, die Rechtslage zu verkennen. Er handelt schuldhaft, wenn er mit der Möglichkeit rechnen musste, dass das zuständige Gericht einen anderen Rechtsstandpunkt einnimmt (vgl. BGHZ 131, 346, 353 f. m.w.N.).
4
b) Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten wegen Fahrlässigkeit rechtsfehlerfrei bejaht.
5
aa) Zwar lagen im Zeitpunkt des ersten Beratungsgesprächs im Dezember 1997 die Entscheidungen des Senats zur Aufklärungspflicht über Rückvergütungen vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226 ff.) und vom 20. Januar 2009 (XI ZR 510/07, WM 2009, 405 f.) noch nicht vor. Der Senat hat aber bereits in den Jahren 1989 und 1990 in zwei Entscheidungen (Urteile vom 28. Februar 1989 - XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1051 und vom 6. Februar 1990 - XI ZR 184/88, WM 1990, 462, 464) bei vermittelten Warentermingeschäften heimliche Kick-back-Vereinbarungen zwischen Anlagenvermittler und Broker missbilligt, den Vermittler zur Herausgabe der Rückvergütungen nach §§ 675, 667 BGB für verpflichtet gehalten und dem Berufungsgericht aufgegeben , Schadensersatzansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB zu prüfen. In der Literatur sind diese Entscheidungen zu Recht dahin verstanden worden, dass die Verheimlichung der Rückvergütung nicht nur in Bezug auf die bloße Herausgabepflicht eine Täuschung des Kunden darstellt, sondern auch deswegen, weil die Rückvergütungen die Tätigkeit des Vermittlers zuungunsten des Anlegers beeinflussen (vgl. Nassall, WuB IV A § 826 BGB 8.89 unter 3.; Wach, EWiR 1989, 765, 766). Aufgrund dessen war für eine Bank bereits ab diesem Zeitpunkt erkennbar, dass auch im Verhältnis zu ihren Kunden bei der - allein in deren Interesse erfolgenden - Beratung über eine Kapitalanlage eine Aufklärungspflicht über solche Umstände besteht, die das Beratungsziel in Frage stellen und die Kundeninteressen gefährden.
6
Eine Aufklärungspflicht des Anlageberaters über Rückvergütungen - als Konkretisierung der allgemeinen Aufklärungspflicht über Interessenkollisionen - wurde auch im einschlägigen Schrifttum angenommen (vgl. Roth in Assmann/ Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 1990, § 12 Rn. 49 f.; Schäfer, Haftung für fehlerhafte Anlageberatung und Vermögensverwaltung, 1. Aufl. 1993, S. 23 f.; zu § 384 HGB bereits Koller, BB 1978, 1733, 1738 f.; ebenso in der Folgezeit: Koller in Assmann/Schneider, WpHG, 1. Aufl. 1995 und 2. Aufl. 1999, jeweils § 31 Rn. 74; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl. 2000, Rn. 8.194 f. und 16.440; Schäfer, Haftung für fehlerhafte Anlageberatung und Vermögensverwaltung, 2. Aufl. 1995, S. 28; Schäfer in Schwintowski/Schäfer, Bankrecht, 1. Aufl. 1997, § 11 Rn. 84 ff.; Schäfer in Schäfer/Müller, Haftung für fehlerhafte Wertpapierdienstleistungen, 1999, S. 62; Schäfer, Wertpapierhandelsgesetz , Börsengesetz, Verkaufsprospektgesetz, 1999, § 31 WpHG Rn. 82; offengelassen von Hopt in Aufklärungs- und Beratungspflichten der Kreditinstitute - der moderne Schuldturm?, Bankrechtstag 1992, S. 1, 19; allgemein auf die Vermeidung von Interessenkonflikten bzw. deren Offenbarung hinweisend: Claussen, Bank- und Börsenrecht, 1. Aufl. 1996 und 2. Aufl. 2000, jeweils § 6 Rn. 39 ff.). Lediglich in der älteren Literatur wurde eine Aufklärungspflicht über Rückvergütungen bzw. Bonifikationen im Grundsatz verneint (vgl. Canaris in Staub, Großkommentar HGB, 3. Aufl., Bd. III/3, Bankvertragsrecht, 2. Bearb. 1981, Rn. 1891; Hopt, Der Kapitalanlegerschutz im Recht der Banken, 1975, S. 441 ff., 447 m.w.N.) und nur ausnahmsweise für den Fall bejaht, dass die Höhe der Rückvergütung ein Indiz für eine fehlende Solidität der empfohlenen Kapitalanlage darstelle (vgl. Canaris, aaO). Die Problematik der Interessenkollision wurde dagegen zu Unrecht ausgeblendet, weshalb diese Literaturmeinung jedenfalls nach 1989 nicht mehr maßgeblich sein konnte.
7
bb) An seiner Rechtsprechung aus den Jahren 1989 und 1990 über die Aufklärungspflicht bei Rückvergütungen hat der Senat seitdem konsequent festgehalten. Mit Senatsurteil vom 19. Dezember 2000 (BGHZ 146, 235 ff.) wurde entschieden, dass eine Bank, die mit dem Vermögensverwalter eines Kunden eine Vereinbarung über die Beteiligung des Verwalters an ihren Provisionen und Depotgebühren geschlossen hat, verpflichtet ist, dies gegenüber dem Kunden offen zu legen. Zur Begründung hat der Senat entscheidend darauf abgestellt, dass dadurch für den Vermögensverwalter ein Anreiz geschaffen wurde, sowohl bei der Auswahl der Bankverbindung als auch hinsichtlich der Anzahl und des Umfangs der für seine Kunden über die Bank abzuwickelnden Geschäfte nicht allein das Interesse der Kunden, sondern auch das eigene Interesse an möglichst umfangreichen Vergütungen der Bank zu berücksichtigen; über diese von ihr geschaffene Gefährdung der Kundeninteressen hat die Bank den Kunden, den ihr der Vermögensverwalter zuführt, noch vor Vertragsabschluß aufzuklären (BGHZ 146, 235, 239). Diese Ausführungen galten nicht nur für die besondere Konstellation der Vermögensverwaltung, sondern bezogen sich erkennbar allgemein auf die Aufklärungspflicht der Bank bei einer von ihr geschaffenen Gefährdung der Kundeninteressen. Darauf wurde auch in mehreren - teils zustimmenden, teils kritischen - Besprechungen der Entscheidung ausdrücklich hingewiesen (vgl. Balzer, ZIP 2001, 232, 233; Meder, WuB I G 9.-1.01 unter 3.; Tilp, EWiR 2001, 255, 256) und hervorgehoben, dass der Senat seine Rechtsprechung zu Aufklärungspflichten bei der Schaffung von Gefährdungstatbeständen durch eine Bank, speziell zu Rückvergütungen und Kick-back-Vereinbarungen bei Termingeschäften, fortführe (vgl. Tilp, aaO: "Offenbar lässt der XI. Zivilsenat bei kickback … nicht mit sich spaßen.").
8
Vor diesem Hintergrund ist auch die Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel zur Konkretisierung der §§ 31 und 32 WpHG für das Kommissions-, Festpreis- und Vermittlungsgeschäft der Kreditinstitute vom 26. Mai 1997 (BAnz. Nr. 98 vom 3. Juni 1997, S. 6586) zu sehen, in deren Ziff. 2.2 Abs. 2 eine zivilrechtliche Aufklärungspflicht über die kommissionsrechtliche Verpflichtung zur Herausgabe von Rückvergütungen vorausgesetzt wird (Senatsurteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274, Tz. 15), die ihre Grundlage unter anderem in den Senatsurteilen aus den Jahren 1989 und 1990 findet.
9
cc) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Senatsurteilen vom 2. Dezember 2003 (XI ZR 53/02, WM 2004, 417, 419) und 20. Januar 2004 (XI ZR 460/02, WM 2004, 521, 523 f.). Dort wurde entschieden, dass die Bank ihren Kunden nicht darüber aufklären muss, wenn sie ohne dessen Wissen an einen Finanzierungsvermittler, der den Kontakt zwischen Kunde und Bank hergestellt hat, eine Vermittlungsprovision zahlt. Eine mit der Zahlung von Rückvergütungen vergleichbare Gefährdung der Interessen des Bankkunden ist hiermit offensichtlich nicht verbunden.
10
dd) Die Beklagte musste daher bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt damit rechnen, dass eine generelle Aufklärungspflicht über Rückvergütungen bestand. Ihr Rechtsirrtum war damit nicht entschuldbar (ebenso OLG Celle, WM 2009, 1794, 1796; OLG Frankfurt am Main, NZG 2010, 510; OLG Karlsruhe, NZG 2009, 1155, 1157; OLG München, WM 2010, 836, 837 f.; OLG Naumburg, BKR 2010, 215, 217 f.; OLG Stuttgart, WM 2009, 2312, 2316 ff. und WM 2010, 844, 846; Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 276 Rn. 22; Nobbe, WuB I G 1.-5.10 m.w.N.; Theewen, EWiR 2009, 701, 702; a.A. OLG Dresden, WM 2009, 1689, 1691 f., aufgehoben durch Anerkenntnisurteil des Senats vom 16. März 2010 - XI ZR 258/09; OLG Oldenburg, BB 2009, 2390, 2391 f., aufgehoben durch Anerkenntnisurteil des Senats vom 23. Februar 2010 - XI ZR 286/09; Edelmann, BB 2010, 1163, 1170; Grys/Geist, BKR 2009, 127, 128 f.; Harnos, BKR 2009, 316, 319 f.; Herresthal, ZBB 2009, 348, 354 ff., die allerdings alle fälschlich auf die Rechtsprechung zur Aufklärungspflicht über Innenprovisionen abstellen; Casper, ZIP 2009, 2409, 2413; Veil, WM 2009, 2193, 2195 ff.; Mülbert/Wilhelm, WM 2009, 2241, 2249; Mülbert, WuB I G 1.-10.09 unter 2.; die von Casper, ZIP 2009, 2409, 2414 Fn. 50 zur Stütze seiner Ansicht zitierten Aufsätze von Wagner, WM 1998, 694, 697 f. und Loritz, WM 2000, 1831, 1835 sind nicht einschlägig, weil sie nur die Aufklärungspflicht über Innenprovisionen behandeln).
11
c) Anders als die Nichtzulassungsbeschwerde und Stimmen im Schrifttum (Herdegen, WM 2009, 2202 ff.; Pieroth/Hartmann, ZIP 2010, 753 ff.) meinen , führt die Annahme eines Verschuldens auch nicht zu einer rückwirkenden Anwendung einer neuen Rechtsprechung, die unter dem Gesichtspunkt des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes bedenklich sein könnte. Eine rückwirkende Rechtsprechungsänderung liegt nicht vor. Wie oben unter 1 b dargelegt worden ist, stellt das Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 zur Aufklärungspflicht über Rückvergütungen (BGHZ 170, 226 ff.) keine grundlegende Weiterentwicklung der bisherigen Rechtsprechung oder gar eine richterliche Rechtsfortbildung dar, sondern beinhaltet lediglich eine bloße Fortführung und weitere Ausformung der Senatsrechtsprechung zur Offenlegung von Interessenkollisionen der Bank gegenüber ihren Kunden im Allgemeinen und von Rückvergütungen im Besonderen, die für die beteiligten Verkehrskreise bei der gebotenen Sorgfalt bereits ab den Jahren 1989/90 absehbar war.
12
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde kann sich im Hinblick auf die Verschuldensfrage auch nicht auf einen anderen Zulassungsgrund berufen. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) ist nicht hinreichend dargelegt; insbesondere fehlen jegliche spezifische Ausführungen dazu, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die hier entscheidungserhebliche Frage zum Vorliegen eines unvermeidbaren Rechtsirrtums über das Bestehen einer Aufklärungspflicht über Rückvergütungen zu den hier maßgeblichen Zeitpunkten umstritten ist (vgl. BGHZ 159, 135, 138; BVerfG NJW-RR 2008, 26, 29). Einer Rechtsfortbildung im Hinblick auf die Voraussetzungen eines unvermeidbaren Rechtsirrtums bedarf es ebenfalls nicht (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 ZPO); der Rechtsstreit gibt keine Veranlassung, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts aufzuzeigen oder Gesetzeslücken zu schließen (BGHZ 151, 221, 225; BGH, Beschluss vom 27. März 2003 - V ZR 291/02, NJW 2003, 1943, 1945). Schließlich liegt auch die von der Nichtzulassungsbeschwerde nur unter Hinweis auf das Urteil des OLG Dresden (WM 2009, 1689, 1691 f.) dargelegte Divergenz nicht (mehr) vor, nachdem dieses Urteil durch Anerkenntnisurteil des Senats vom 16. März 2010 (XI ZR 258/09) aufgehoben worden ist.
13
3. Auch im Übrigen sind zulassungsrelevante Rechtsfehler nicht ersichtlich. Von einer näheren Begründung wird insoweit gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.
Wiechers Joeres Mayen Grüneberg Maihold

Vorinstanzen:
LG Bochum, Entscheidung vom 05.02.2009 - 1 O 295/07 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 23.09.2009 - I-31 U 31/09 -

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 81/10
Verkündet am:
24. März 2011
K i e f e r
Jusitzangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Grundsatz, dass bei mehreren voneinander abgrenzbaren Aufklärungsoder
Beratungsfehlern die Verjährung nicht einheitlich, sondern getrennt für
jede einzelne Pflichtverletzung zu prüfen ist, setzt nicht voraus, dass die
Pflichtverletzung jeweils eigene, von den anderen Fehlern und deren Folgen
gesonderte Schäden zeitigt, sondern ist gerade auch anwendbar in den Fällen
, in denen die Pflichtverletzungen denselben Schaden verursacht haben,
nämlich jeweils für die Anlageentscheidung ursächlich waren.
BGH, Urteil vom 24. März 2011 - III ZR 81/10 - OLG Saarbrücken
LG Saarbrücken
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. März 2011 durch den Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter
Dr. Herrmann, Wöstmann, Hucke und Seiters

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 17. März 2010 - bezüglich des Zahlungsantrags zu Nummer 1 allerdings nur, soweit die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 2. Juni 2009 in Höhe von 17.482,36 € zuzüglich Zinsen zurückgewiesen wurde - aufgehoben.
In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Kläger Der verlangt Schadensersatz wegen behaupteter Beratungspflichtverletzungen des Beklagten anlässlich einer Beteiligung an der sogenannten "G. Gruppe".
2
Die "G. Gruppe", die aus mehreren miteinander verbundenen Unternehmen bestand und zu der unter anderem die G. Gruppe Vermögens - und Finanzholding GmbH & Co. KG a.A. gehörte, beschäftigte sich seit den neunziger Jahren mit dem Erwerb, der Verwaltung und der Verwertung von Immobilien, Wertpapieren und Unternehmensbeteiligungen. Das hierfür erforderliche Kapital wurde durch die Gründung stiller Gesellschaften mit zahlreichen Kleinanlegern beschafft. Der Kläger beteiligte sich am 2. Mai 1996 als stiller Gesellschafter an der G. Beteiligungs-Aktiengesellschaft, zum einen mit einer Einlage von 10.000 DM zuzüglich eines Agios von 5 %, zum anderen mit einer in 120 Monatsraten zu erbringenden Einlage von 48.000 DM zuzüglich eines Agios von ebenfalls 5 %. Außerdem unterzeichnete der Kläger eine Vollmacht , wonach die G. Beteiligungs-Aktiengesellschaft mit anderen Gesellschaften weitere stille Gesellschaftsverträge abschließen durfte. Aufgrund dieser Vollmacht wurde für den Kläger 1998 eine atypische stille Beteiligung an der Securenta G. Immobilienanlagen und Vermögensmanagement AG Unternehmenssegment VII abgeschlossen. Im Jahre 2007 wurde das Insolvenzverfahren über die Vermögen der G. Gruppe Vermögens- und Finanzholding GmbH & Co. KG a.A. sowie der Securenta G. Immobilienanlagen und Vermögensmanagement AG eröffnet.
3
Der Kläger hat den Beklagten wegen verschiedener behaupteter Beratungspflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Zeichnung seiner Beteiligung an der "G. Gruppe" auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg gehabt. Gegen das Urteil des Oberlandesgerichts richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Klägers, mit der dieser seine Ansprüche - den Zahlungsantrag zu Nummer 1 allerdings nur noch in Höhe von 17.482,36 € nebst Zinsen - weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe


4
Die zulässige Revision führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

I.


5
Auffassung Nach des Oberlandesgerichts kann dahinstehen, ob dem Kläger gegen den Beklagten ein Anspruch auf Schadensersatz wegen schuldhaft begangener Beratungsfehler zusteht. Denn etwaige Ansprüche seien jedenfalls verjährt (Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 EGBGB, §§ 195, 199 Abs. 1 BGB).
6
Wie das Landgericht zutreffend festgestellt habe, hätten beim Kläger die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vor dem 1. Januar 2002 vorgelegen, so dass mit Ablauf des Jahres 2004 Verjährung eingetreten sei. Der Kläger habe spätestens im Jahre 2001 gewusst, dass es sich bei den von ihm gezeichneten Beteiligungen nicht um sichere Kapitalanlagen gehandelt habe. Insoweit sei ihm auch bewusst gewesen, dass der Beklagte ihn unrichtig beraten und nicht über das Verlustrisiko sowie eine eventuell bestehende Nachschusspflicht aufgeklärt habe. Diese Kenntnis beziehe sich nicht nur auf die Beratungspflichtverletzung, sondern auch auf den eingetretenen Schaden, nämlich die Vermögensminderung in Gestalt nicht wertgesicherter Anlagen.
7
Der eventuelle Anspruch auf Schadensersatz sei auch nicht deshalb unverjährt , weil mehrere Beratungsfehler vorlägen, die dem Kläger erst sukzessive bekannt geworden seien. Zwar beginne die Verjährung, wenn sich ein Anspruch auf mehrere Pflichtverletzungen stützen lasse, jeweils gesondert zu lau- fen (BGH, Urteil vom 9. November 2007 - V ZR 25/07, NJW 2008, 506). Dieser aus der früheren Rechtsprechung zu § 852 Abs. 1 BGB a.F. hergeleitete Grundsatz beruhe jedoch darauf, dass jede Handlung, die eigene Schadensfolgen erzeuge und dadurch zum Gesamtschaden beitrage, verjährungsrechtlich eine neue selbständige Schädigung darstelle und daher einen neuen Ersatzanspruch mit eigener Verjährungsfrist schaffe. Mit dem 8. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts (Urteil vom 21. August 2008 - 8 U 289/07-80, OLGR 2008, 983) sei daher davon auszugehen, dass der einzelne Beratungsfehler nur dann eine gesonderte kenntnisabhängige Verjährungsfrist auslöse, wenn er eine eigene Schadensfolge herbeigeführt habe. Im vorliegenden Fall lägen bereits nicht mehrere voneinander trennbare, sondern nur ein einheitlicher Beratungsfehler hinsichtlich der Sicherheit der ins Auge gefassten Anlage vor. Die einzelnen zu beachtenden Sicherheitsaspekte beträfen insoweit lediglich einzelne Ausprägungen der erforderlichen Gesamtbetrachtung, etwa das Risiko eines Totalverlusts, einer Nachschusspflicht oder die Verminderung der Gewinnerwartungen im Falle gewinnunabhängig möglicher Entnahmen. Über keinen dieser zusammen gehörenden Umstände habe der Beklagte beraten. Selbst wenn man hierin jedoch verschiedene Beratungsfehler sehen wollte, hätten diese lediglich eine einheitliche Schadensfolge ausgelöst, nämlich den Verlust der klägerischen Investitionen aufgrund unsicherer, nicht werthaltiger Beteiligungen. Dies bedeute, dass der Kläger schlicht die getätigten Einzahlungen ersatzlos verloren habe, ohne dass danach differenziert werden könne, bei welchen Teilbeträgen welcher Beratungsfehler ursächlich gewesen sei. Die Verjährung habe deshalb nicht mit jeder eventuellen späteren Kenntnis von weiteren Beratungsfehlern, deren Zeitpunkt im Übrigen auch nicht substantiiert dargelegt und unter Beweis gestellt worden sei, neu zu laufen begonnen.

II.


8
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
9
1. Die hier in Rede stehenden Ansprüche wegen Beratungspflichtverletzung sind im Jahre 1996, nämlich mit der Beteiligung an der "G. Gruppe" entstanden (§ 198 Satz 1 BGB a.F.) und unterlagen zunächst der 30jährigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB a.F. Zwar ist der für den Verjährungsbeginn maßgebliche Eintritt eines Schadens regelmäßig erst dann anzunehmen, wenn es zu einer konkreten Verschlechterung der Vermögenslage des Gläubigers gekommen ist; der Eintritt einer risikobehafteten Situation reicht dafür regelmäßig nicht (vgl. nur BGH, Urteile vom 22. Februar 1979 - VIII ZR 256/77, BGHZ 73, 263, 265; vom 23. März 1987 - II ZR 190/86, BGHZ 100, 228, 231 f; und vom 28. Oktober 1993 - IX ZR 21/93, BGHZ 124, 27, 30). Jedoch kann der auf einer Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung beruhende Erwerb einer für den Anlageinteressenten nachteiligen, weil seinen konkreten Anlagezielen und Vermögensinteressen nicht entsprechenden Kapitalanlage bereits für sich genommen einen Schaden darstellen und ihn deshalb - unabhängig von der ursprünglichen Werthaltigkeit der Anlage - dazu berechtigen, im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung zu verlangen; der Anspruch entsteht hierbei schon mit dem (unwiderruflichen und vollzogenen) Erwerb der Anlage (vgl. - jeweils mwN - nur BGH, Urteil vom 8. März 2005 - XI ZR 170/04, BGHZ 162, 306, 309 f; Senat, Urteil vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, BGHZ 186, 152 Rn. 24). So liegt der Fall auch hier.
10
2. Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 EGBGB gilt seit dem 1. Januar 2002 für bis dahin nicht verjährte Schadensersatzansprüche die dreijährige Regelverjährung nach § 195 BGB n.F. Hierbei setzt der Beginn der Frist allerdings das Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB voraus, das heißt der Gläubiger muss von den seinen Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt haben oder seine diesbezügliche Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruhen (vgl. nur BGH, Urteile vom 23. Januar 2007 - XI ZR 44/06, BGHZ 171, 1 Rn. 19 ff; und vom 20. Januar 2009 - XI ZR 504/07, BGHZ 179, 260 Rn. 46; Senat, Urteile vom 19. November 2009 - III ZR 169/08, BKR 2010, 118 Rn. 13, und vom 8. Juli 2010 aaO Rn. 25). Für eine dahingehende Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis trägt der Schuldner - hier also der Beklagte - die Darlegungs - und Beweislast (vgl. nur BGH, Urteile vom 23. Januar 2007 aaO Rn. 32; und vom 3. Juni 2008 - XI ZR 319/06, ZIP 2008, 1714 Rn. 25; Senat, Urteil vom 8. Juli 2010 aaO).
11
3. Geht es um den Vorwurf verschiedener Aufklärungs- oder Beratungsfehler sind die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB getrennt für jede einzelne Pflichtverletzung zu prüfen. Wird ein Schadensersatzanspruch auf mehrere voneinander abgrenzbare Fehler bzw. offenbarungspflichtige Umstände gestützt , beginnt die Verjährung daher nicht einheitlich, wenn bezüglich eines Fehlers bzw. Umstands Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vorliegt und dem Anleger insoweit eine Klage zumutbar wäre. Vielmehr ist jede Pflichtverletzung verjährungsrechtlich selbständig zu behandeln. Dem Gläubiger muss es in einem solchen Fall auch unbenommen bleiben, eine ihm bekannt gewordene Pflichtverletzung - selbst wenn eine darauf gestützte Klage auf Rückabwicklung des Vertrags erfolgversprechend wäre - hinzunehmen, ohne Gefahr zu laufen, dass deshalb Ansprüche aus weiteren, ihm zunächst aber noch unbekannten Pflichtverletzungen zu verjähren beginnen (vgl. BGH, Urteile vom 9. November 2007 - V ZR 25/07, NJW 2008, 506 Rn. 14 ff; und vom 23. Juni 2009 - XI ZR 171/08, BKR 2009, 372 Rn. 14; Senat, Urteile vom 19. November 2009 aaO Rn. 14 f; und vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09, WM 2010, 1690 Rn. 13).
12
4. Mit diesen Grundsätzen ist die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht vereinbar.
13
a) Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts liegt kein einheitlicher Beratungsfehler mit einer insoweit einheitlichen Verjährungsfrist vor. Die in den Gründen des angefochtenen Urteils angesprochenen Aspekte des Totalverlustrisikos , der Nachschusspflicht sowie der Verminderung der Gewinnerwartungen im Fall gewinnunabhängig möglic her Entnahmen wie auch die vom Kläger nach dem Tatbestand des angefochtenen Urteils weiter erhobenen Rügen - unter anderem im Zusammenhang mit der Fungibilität der Anlage, dem mangelnden Kapitalzuwachs und den Innenprovisionen - lassen sich nicht unter dem Oberbegriff der "Sicherheit der Anlage" zu einer Einheit zusammenfassen und insoweit als unselbständige Bestandteile einer einzigen Pflichtverletzung charakterisieren. Es handelt sich vielmehr um mehrere voneinander abgrenzbare Gesichtspunkte, die gegebenenfalls Gegenstand eigenständiger Aufklärungs - und Beratungspflichten sein können. Die gegenteilige "Gesamtbetrachtung" des Berufungsgerichts läuft im Ergebnis auch auf eine unzulässige Aushöhlung der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hinaus.
14
b) Danach unterliegen mehrere Aufklärungs- oder Beratungsfehler, auch wenn sie nicht jeweils unterschiedliche eigenständige Schadensfolgen verursacht haben, sondern in demselben Schaden - hier: Erwerb der Kapitalanlage - münden, keiner einheitlichen, mit der Kenntnis vom ersten Fehler beginnenden Verjährung.
15
Soweit das Berufungsgericht aus der in den Urteilen vom 9. November 2007 (Rn. 15 f) und 19. November 2009 (Rn. 15) erfolgten Bezugnahme auf die frühere Rechtsprechung zu § 852 BGB a.F. ableitet, dass eine neue Verjährungsfrist nur bei Verursachung eines gesonderten, von anderen Fehlern und deren Folgen abgrenzbaren Schadens in Gang gesetzt wird, ist dies unzutreffend. Abgesehen davon, dass sich dieser Schluss aus der früheren Rechtsprechung zu § 852 BGB a.F. nicht ziehen lässt, liegt der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB die gegenteilige Auffassung zugrunde. Mit der in den vom Berufungsgericht angesprochenen Entscheidungen verwandten Formulierung "eigene Schadensfolgen" sind insoweit nicht (nur) unterschiedliche Schäden gemeint (dass dann, wenn verschiedene Aufklärungs - und Beratungsfehler unterschiedliche Schadensfolgen verursachen, die sich hieraus ergebenden Schadensersatzansprüche auch unterschiedlich verjähren, hätte im Übrigen, weil selbstverständlich, keiner näheren Begründung bedurft); vielmehr wird auch und gerade der Fall erfasst, dass die Pflichtverletzungen denselben Schaden verursachen, also auch weitere Beratungsoder Aufklärungsfehler ursächlich für die Anlageentscheidung gewesen sind. Dies zeigen die in den Urteilen vom 9. November 2007, 23. Juni und 19. November 2009 sowie 22. Juli 2010 erfassten Fallgestaltungen. Die Verjährung beginnt danach für jeden abgrenzbaren Beratungsfehler gesondert zu laufen, und zwar, wenn der Anleger die Umstände, insbesondere die wirtschaftlichen Zusammenhänge kennt, aus denen sich die jeweilige Rechtspflicht des Bera- ters oder Vermittlers zur Aufklärung ergibt (BGH, Urteil vom 9. November 2007 aaO Rn. 17; Senat, Urteil vom 19. November 2009 aaO Rn. 15).
16
Die gegenteilige Auffassung des Berufungsgerichts würde vor dem Hintergrund , dass Beratungsfehler im Zusammenhang mit einer Kapitalanlage regelmäßig die im Erwerb der Anlage liegende Schadensfolge verursachen, dazu führen, dass die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aufgestellten Grundsätze praktisch leer liefen.
17
5. Das angefochtene Urteil wird auch nicht von der - letztlich mehr beiläufigen - Bemerkung des Berufungsgerichts getragen, der Zeitpunkt einer eventuellen späteren Kenntnis von weiteren Beratungsfehlern sei im Übrigen nicht substantiiert dargelegt und unter Beweis gestellt. Denn es ist grundsätzlich Sache des Beklagten und nicht des Klägers, die für den Beginn der Verjährungsfrist maßgebenden Tatsachen vorzutragen und zu beweisen (vgl. nur BGH, Urteile vom 23. Januar 2007 aaO Rn. 32; und vom 3. Juni 2008 aaO Rn. 25; Senat, Urteil vom 8. Juli 2010 aaO Rn. 25).
18
6. Da das Berufungsgericht keine Feststellungen zu den Voraussetzungen und zur Höhe des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs getroffen hat, ist die Sache nicht zur Endentscheidung reif. Sie ist deshalb unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an die Vorinstanz zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 und 3 ZPO).
Schlick Herrmann Wöstmann
Hucke Seiters
Vorinstanzen:
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 02.06.2009 - 14 O 448/08 -
OLG Saarbrücken, Entscheidung vom 17.03.2010 - 5 U 338/09-83- -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 170/04 Verkündet am:
8. März 2005
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________

a) Der auf Verletzung einer Aufklärungs- oder Beratungspflicht eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens
beruhende Schadensersatzanspruch entsteht bereits
mit dem Erwerb der pflichtwidrig empfohlenen Wertpapiere.

b) Die Verjährungsvorschrift des § 37 a WpHG gilt auch für deliktische Schadensersatzansprüche
, die auf einer fahrlässig begangenen Informationspflichtverletzung
beruhen. Für Ansprüche aus vorsätzlich falscher Anlageberatung verbleibt es bei
der deliktischen Regelverjährung.

c) Die zur Berufshaftung von Rechtsanwälten entwickelten Grundsätze der Sekundärverjährung
sind auf die Haftung von Wertpapierdienstleistungsunternehmen
aus fehlerhafter Anlageberatung nicht übertragbar.
BGH, Urteil vom 8. März 2005 - XI ZR 170/04 - KG Berlin
LG Berlin
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. März 2005 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe und
die Richter Dr. Müller, Dr. Wassermann, Dr. Appl und Dr. Ellenberger

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 19. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 11. März 2004 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger nimmt die beklagte Bank aus abgetretene m Recht auf Schadensersatz wegen eines angeblichen Beratungsverschuldens bei Wertpapiergeschäften in Anspruch.
Die Zedentin erwarb am 8. Februar 2000 nach einer Beratung durch einen Angestellten der Beklagten Anteile an den Investmentfonds "D. -T. ", "D. -E. " und "B. W. ". Die Kurswerte der Fondsanteile sanken ab End e 2000 erheblich, was die Zedentin zum Anlaß nahm, der Beklagten mit Schreiben vom 30. Januar 2001 ein grobes Beratungsverschulden vorzuwerfen.
Mit seiner am 28. Februar 2003 bei Gericht eingega ngenen und auf eine Beratungspflichtverletzung gestützten Klage hat der Kläger zunächst Schadensersatz in Höhe der bis zum 31. Dezember 2002 eingetretenen , von ihm auf 24.771,52 € bezifferten Verluste nebst Zinsen verlangt. Im Berufungsverfahren hat er in erster Linie Schadensersatz in Höhe des Anlagebetrages von 49.266,59 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung der erworbenen Wertpapiere begehrt. Seinen ursprünglichen Antrag hat er hilfsweise aufrecht erhalten. Der Kläger behauptet, daß die Zedentin in dem Beratungsgespräch erklärt habe, ausschließlich an einer sicheren und risikolosen Geldanlage interessiert zu sein. Der Angestellte der Beklagten habe auf die Risiken der von ihm empfohlenen Anlage in Investmentfonds, insbesondere die Möglichkeit von Kursverlusten , nicht hingewiesen. Die Beklagte stellt eine fehlerhafte Beratung der Zedentin in Abrede und erhebt die Einrede der Verjährung.
Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg gebl ieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat keinen Erfolg.

I.


Das Berufungsgericht (WM 2004, 1872) hat seine Ent scheidung im wesentlichen wie folgt begründet:
Der Kläger habe einen Schadensersatzanspruch aus p ositiver Vertragsverletzung gegen die Beklagte sowie einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG schlüssig dargelegt. Nach seinem Vorbringen habe die Beklagte die Zedentin fehlerhaft beraten.
Ein etwa bestehender vertraglicher Anspruch sei je doch verjährt. Der Anspruch verjähre nach § 37 a WpHG in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem er entstanden sei. Diese Voraussetzung sei nicht erst mit dem Eintritt von Kursverlusten, sondern schon mit dem Erwerb der Wertpapiere am 8. Februar 2000 erfüllt gewesen, da die Zedentin die risikoreichen Wertpapiere bei sachgerechter Beratung nicht erworben hätte. Bei Eingang der Klage am 28. Februar 2003 sei die Verjährungsfrist daher abgelaufen gewesen.
Ein - noch nicht verjährter - Schadensersatzanspru ch des Klägers ergebe sich auch nicht daraus, daß die Beklagte es nach dem 8. Februar 2000 unterlassen habe, die Zedentin auf die ungünstige Kursentwicklung der Fondsanteile hinzuweisen. Mangels Vorliegens eines Vermögensverwaltungsvertrages habe eine solche Hinweispflicht der Beklagten nicht bestanden.
Die Verjährungsvorschrift des § 37 a WpHG erfasse auch die nach dem Klägervortrag bestehenden, mit dem Anspruch aus dem Beratungsvertrag konkurrierenden deliktischen Ansprüche wegen fahrlässiger fehlerhafter Beratung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG. Bei Zusammentreffen von Ansprüchen aus Vertragsverletzung und aus unerlaubter Handlung unterliege zwar jeder Anspruch grundsätzlich seiner eigenen Verjährungsfrist. Etwas anderes gelte aber dann, wenn das Ausweichen des Geschädigten auf einen aus demselben Sachverhalt hergeleiteten deliktischen Anspruch den Zweck der kurz bemessenen vertraglichen Verjährungsfrist vereiteln oder die gesetzliche Regelung aushöhlen würde. Ein solcher Fall sei hier gegeben. Die Pflichten aus einem Beratungsvertrag und nach dem Wertpapierhandelsgesetz seien gleich und schützten dasselbe Interesse, nämlich eine anlegergerechte Beratung. Der Gesetzgeber habe die gemäß § 195 a.F. für Schadensersatzansprüche aus positiver Vertragsverletzung und Verschulden bei Vertragsschluß geltende dreißigjährige Verjährungsfrist abkürzen wollen, die er als international unüblich und als Hemmnis bei der Beratung von Aktienanlegern wegen des unüberschaubar langen Zeitraums einer möglichen Haftung angesehen habe. Ansprüche aus unerlaubter Handlung verjährten zwar gemäß § 852 Abs. 1 BGB a.F., §§ 195, 199 Abs. 1 BGB n.F. ebenfalls in drei Jahren. Der Verjährungsbeginn hänge aber von subjektiven, für die Bank nicht kalkulierbaren Voraussetzungen ab. Insbesondere könne die Kenntnis des Geschädigten vom Schaden erst Jahre nach der Beratung eintreten.
Ein vorsätzliches Handeln des Angestellten der Bek lagten, das nicht unter die Verjährungsvorschrift des § 37 a WpHG falle, habe der Kläger nicht schlüssig dargelegt.

Schließlich stehe dem Kläger auch ein Sekundäransp ruch, der entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu §§ 51 b BRAO, 68 StBerG darauf gerichtet sei, daß die Beklagte sich hinsichtlich des Primäranspruchs nicht auf Verjährung berufen könne, nicht zu, weil die zur Sekundärverjährung entwickelten Grundsätze auf § 37 a WpHG nicht anwendbar seien.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand.
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend zu dem Erge bnis gelangt, daß ein vertraglicher Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte wegen fehlerhafter Beratung der Zedentin gemäß § 37 a WpHG verjährt ist. Danach verjährt der Anspruch des Kunden gegen ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen auf Schadensersatz wegen Verletzung der Pflicht zur Information und wegen fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit einer Wertpapierdienstleistung oder Wertpapiernebendienstleistung in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist.

a) Die Beklagte hat als Wertpapierdienstleistungsu nternehmen (§ 2 Abs. 4 WpHG) im Zusammenhang mit einer Wertpapiernebendienstleistung (§ 2 Abs. 3 a Nr. 3 WpHG) nach dem in der Revisionsinstanz als wahr zu unterstellenden Vortrag des Klägers ihre Beratungspflichten verletzt.


b) Das Berufungsgericht hat, wie auch die Revision nicht in Zweifel zieht, mit Recht angenommen, daß ein auf der Beratungspflichtverletzung beruhender Schadensersatzanspruch bereits mit dem Erwerb der Wertpapiere durch die Zedentin am 8. Februar 2000 entstanden ist. Das entspricht der zu § 37 a WpHG in Rechtsprechung und Schrifttum ganz überwiegend vertretenen Auffassung (LG Zweibrücken BB 2004, 2373 f.; LG Düsseldorf BKR 2004, 413, 414; Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG 3. Aufl. § 37 a Rdn. 7; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht 3. Aufl. Rdn. 16.568 f.; Schäfer, WpHG § 37 a Rdn. 4; Manfred Wolf EWiR 2005, 91, 92; a.A. LG Hof BKR 2004, 489, 490 f.; Schwark, Kapitalmarktrechts -Kommentar 3. Aufl. § 37 a WpHG Rdn. 4), der der Senat sich anschließt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtsho fs ist der Anleger, der aufgrund einer fehlerhaften Empfehlung eine für ihn nachteilige Kapitalanlage erworben hat, in der Regel bereits durch deren Erwerb geschädigt (BGH, Urteile vom 7. Mai 1991 - IX ZR 188/90, WM 1991, 1303, 1305 und vom 27. Januar 1994 - IX ZR 195/93, WM 1994, 504, 506). Wer durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluß eines Vertrages verleitet wird, den er ohne dieses Verhalten nicht geschlossen hätte, kann sogar bei objektiver Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung einen Vermögensschaden dadurch erleiden, daß die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist (BGH, Urteil vom 26. September 1997 - V ZR 29/96, WM 1997, 2309, 2312; vgl. auch BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, WM 2004, 1721, 1724, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
Diese Rechtsprechung ist auf den zu entscheidenden Fall, daß der Kunde eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens infolge der Verletzung einer Aufklärungspflicht oder fehlerhafter Beratung Wertpapiere erworben hat, die mit den von ihm verfolgten Anlagezielen nicht in Einklang stehen, übertragbar. Der Anleger ist bei der gebotenen wertenden Betrachtung von diesem Zeitpunkt an nicht lediglich dem - bei spekulativen Wertpapieranlagen erhöhten - Risiko eines Vermögensnachteils ausgesetzt, sondern bereits geschädigt. Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, daß die Wertpapiere möglicherweise zunächst, solange ein Kursverlust nicht eingetreten ist, ohne Einbuße wieder veräußert bzw. zurückgegeben werden können. Denn bei einer Beratung schuldet das Wertpapierdienstleistungsunternehmen eine auf die Anlageziele des Kunden abgestimmte Empfehlung von Produkten (Senat BGHZ 123, 126, 128 f.). Der Erwerb einer diesen Zielen nicht entsprechenden empfohlenen Wertpapierkapitalanlage läßt auch bei objektiver Betrachtung bereits den Vertragsschluß den konkreten Vermögensinteressen des Anlegers nicht angemessen und damit als nachteilig erscheinen.

c) Die Verjährungsfrist von drei Jahren, die demna ch mit Ablauf (§ 187 Abs. 1 BGB) des 8. Februar 2000 begann, wurde durch die Zustellung der am 28. Februar 2003 eingereichten Klage nicht mehr rechtzeitig gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt.
2. Zu Recht ist das Berufungsgericht auch davon au sgegangen, daß der Kläger keinen Anspruch gegen die Beklagte wegen eines nach dem Erwerb der Kapitalanlage unterlassenen Hinweises auf eingetretene Kursverluste hat.

Die Beklagte war nicht verpflichtet, die Zedentin nach dem 8. Februar 2000 ungefragt auf die nachteilige Wertentwicklung der erworbenen Fondsanteile hinzuweisen. Entgegen der Ansicht der Revision spricht nichts dafür, daß eine Bank außerhalb eines Vermögensverwaltungsvertrages nach beendeter Anlageberatung, die zum Erwerb von Wertpapieren geführt hat, ohne weitere Vergütung verpflichtet ist, die Entwicklung der Wertpapierkurse fortlaufend zu beobachten und den Kunden im Falle einer ungünstigen Entwicklung zu warnen (vgl. OLG Düsseldorf ZIP 1994, 1256, 1257).
3. Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht ang enommen, daß offen bleiben kann, ob § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB ist (so auch Senatsurteile BGHZ 142, 345, 356 und vom 11. November 2003 - XI ZR 21/03, WM 2004, 24, 26), da ein etwaiger Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte aus einem allein zur Entscheidung stehenden fahrlässigen Verstoß gegen § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG ebenfalls nach § 37 a WpHG verjährt ist.

a) Es entspricht - soweit ersichtlich - der einhel ligen instanzgerichtlichen Rechtsprechung und der herrschenden Meinung in der Literatur , daß die Verjährungsvorschrift des § 37 a WpHG nicht nur für Ansprüche aus vertraglichen und vorvertraglichen Pflichtverletzungen gilt, sondern auch für Ansprüche aus fahrlässigen deliktischen Ansprüchen wegen der Verletzung der Pflichten aus § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG (LG Zweibrücken BB 2004, 2373, 2375; LG Düsseldorf BKR 2004, 413, 414 f.; LG Berlin BKR 2004, 127 (LS.); LG Göttingen EWiR 2005, 91;
Kümpel, aaO Rdn. 16.572; Schwark, aaO § 37 a WpHG Rdn. 5; MünchKomm /Ekkenga, HGB Bd. 5 Effektengeschäft Rdn. 248; Schäfer, WpHG § 37 a Rdn. 7 f.; ders., in: Festschrift für Schimansky S. 699, 712 ff.; Lang, aaO § 20 Rdn. 12 f.; Kritter BKR 2004, 261, 263; a.A. Koller, aaO § 37 a Rdn. 6; Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel S. 123 ff.; ders. WM 2001 Sonderbeilage Nr. 1 S. 16; Roller/Hackenberg ZBB 2004, 227, 235 f.; Berg VuR 1999, 335, 337 Fn. 102). Der Senat schließt sich der herrschenden Meinung an.
Sowohl nach dem Wortlaut des § 37 a WpHG als auch nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 13/8933 S. 96) unterfallen dieser Verjährungsvorschrift Informationspflichtverletzungen unabhängig davon, ob sie auf vertraglicher Grundlage beruhen oder gesetzlich - insbesondere durch § 31 Abs. 2 WpHG - angeordnet werden. Entscheidend spricht für diese Auslegung auch der mit der Vorschrift verfolgte Zweck. Der Gesetzgeber wollte mit der Verkürzung der bis dahin geltenden regelmäßigen Verjährungsfrist von dreißig Jahren die Haftung von Anlageberatern begrenzen, um die Kapitalbeschaffung für junge und innovative Unternehmen zu erleichtern. Den Anlageberatern sollte eine zuverlässige Einschätzung möglicher Haftungsansprüche ermöglicht werden, um so ihre Bereitschaft zu stärken, den Anlegern vermehrt risikoreiche Kapitalanlagen zu empfehlen (BT-Drucks. 13/8933 S. 59, 96). Da eine vertragliche Beratungs- und Aufklärungspflichtverletzung stets auch eine Verwirklichung des Tatbestandes des § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG darstellt, würde dieser Gesetzeszweck verfehlt, wenn die kurze Verjährungsfrist des § 37 a WpHG bei deliktsrechtlichen Schadensersatzansprüchen wegen fahrlässiger Fehlberatung keine Anwendung fände. Wollte man dies anders sehen, würde sich durch die Rege-
lung des § 37 a WpHG für angestellte Anlageberater, die aus Verschulden bei Vertragsschluß oder bei einem Beratungsverschulden aus positiver Vertragsverletzung persönlich nicht haften, entgegen der erklärten Absicht des Gesetzgebers nichts ändern.

b) Demgegenüber verbleibt es für Schadensersatzans prüche aus vorsätzlichen Beratungspflichtverletzungen bei der Regelverjährung für deliktsrechtliche Ersatzansprüche (BT-Drucks. 13/8933 S. 97). Wie der Prozeßbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat, stehen solche Ansprüche vorliegend jedoch nicht zur Entscheidung.
4. Das Berufungsgericht hat auch zu Recht in Übere instimmung mit der herrschenden Meinung (LG Zweibrücken BB 2004, 2373, 2374; LG Düsseldorf BKR 2004, 413, 414; Schwark, aaO Rdn. 6; Schäfer, Festschrift für Schimansky S. 699, 712; Kritter BKR 2004, 261, 263 f.; a.A. Koller, aaO § 37 a Rdn. 18; Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel S. 121 ff.; ders. WM 2001 Sonderbeilage Nr. 1 S. 15 f.; Roller/Hackenberg ZBB 2004, 227, 229 ff.; dies. VuR 2004, 46, 48 ff.), der sich der Senat anschließt, angenommen, daß die zur Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen Rechtsanwälte entwickelte Sekundärverjährung (RGZ 158, 130, 134 und 136; BGH, Urteil vom 11. Juli 1967 - VI ZR 41/66, VersR 1967, 979, 980) auf die Fälle schuldhafter Anlageberatung durch Wertpapierdienstleister mangels eines vergleichbaren dauerhaften Vertrauensverhältnisses nicht übertragbar ist. Aus der Erwähnung der §§ 51 b BRAO, 68 StBerG und 51 a WPO in der Gesetzesbegründung ergibt sich nichts anderes, zumal die Sekundärverjährung der Absicht des Gesetzgebers, die Verjährungsfrist im Interesse von
Wertpapierdienstleistungsunternehmen und ihrer Anlageberater erheblich zu verkürzen, zuwider läuft.
Abgesehen davon ist es Aufgabe des Gesetzgebers, a ls zu kurz erachtete Verjährungsfristen aufzuheben, wie er das bei § 51 a WPO mit Gesetz vom 1. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2446, 2451) und bei §§ 51 b BRAO, 68 StBerG mit Gesetz vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3214, 3217) getan hat und in bezug auf § 37 a WpHG in Erwägung zieht (BTDrucks. 15/3653 S. 30 und 32; siehe auch den am 17. November 2004 vom Bundeskabinett zurückgestellten Entwurf eines Kapitalmarktinformationshaftungsgesetzes - KapInHaG, NZG 2004, 1042, 1044).

III.


Die Revision war daher zurückzuweisen.
Nobbe Müller Wassermann Appl Ellenberger

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 20/05
Verkündet am:
9. Februar 2006
B l u m
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Kausalität, wenn der Vermittler
einer prospektierten Kapitalanlage pflichtwidrig an ihn für den Vertrieb
gezahlte "Innenprovisionen" ungenügend offen gelegt oder sonstige Unrichtigkeiten
im Prospekt nicht richtig gestellt hat.
BGH, Urteil vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Februar 2006 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Streck, Dörr und Dr. Herrmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30. Dezember 2004 im Kostenpunkt - mit Ausnahme der darin enthaltenen Anordnung der Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 - und insoweit aufgehoben, als über die Klage gegen die Beklagte zu 1 erkannt worden ist.
In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten dieses Revisionsrechtszuges - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger zeichnete mit Beitrittserklärungen vom 1. Dezember 1996 und vom 13. Juni 1997 Beteiligungen als Kommanditist mit Beträgen von jeweils 80.000 DM zuzüglich 5 % Agio an der D. , Grundstücks- und Verwaltungs-GmbH & Co. P. /W. -G. 1 KG (im Folgenden: W. 1) und an der D. Grund- stücks-Entwicklungs-GmbH & Co. W. -G. 2 KG (im Folgenden: W. 2). Geschäftsgegenstand dieser Fonds war der Bau und der Betrieb verschiedener Ladenzentren. Diese Kapitalanlagen vertrieb die Beklagte zu 1 unter Verwendung der von den Objektgesellschaften herausgegebenen Prospekte.
2
Der Kläger, der seine Beteiligungen aufgrund der ihm von dem Vertriebsbeauftragten der Beklagten zu 1, E. , gegebenen Informationen zeichnete, hat - soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse - von der Beklagten zu 1 (im Folgenden: die Beklagte) Ersatz der ihm durch den Erwerb der Beteiligungen an den mittlerweile in wirtschaftliche Schwierigkeiten, in einem Fall (W. 2) in Insolvenz geratenen Gesellschaften entstandenen Aufwendungen , Zug um Zug gegen Abtretung der Beteiligungen, verlangt. Wegen weiterer Einzelheiten bis zum Erlass des ersten Revisionsurteils des Senats wird auf das Urteil vom 12. Februar 2004 - III ZR 359/02 - BGHZ 158, 110 = NJW 2004, 1732 verwiesen. Aufgrund der neuen Berufungsverhandlung hat das Berufungsgericht erneut - unter Aufrechterhaltung eines entsprechenden Versäumnisurteils - die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Senat bezüglich des Klageanspruchs gegen die Beklagte zugelassene Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe


3
Die Revision führt in dem Umfang, in dem sie vom Senat zugelassen worden ist, zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.



4
1. a) Das Berufungsgericht geht aufgrund des ersten Revisionsurteils des Senats von einem objektiv pflichtwidrigen Verhalten der Beklagten aus, indem diese den Kläger nicht darüber aufklärte, dass bei W. 1 über die Eigenkapitalbeschaffungskosten in einer Größenordnung von 20 %, auf die es Hinweise im Prospekt gab, hinaus weitere Innenprovisionszahlungen in Höhe von 5 % erfolgt waren und bei W. 2 der bloße Hinweis im Prospekt, dass von Seiten der Verkäufer der Einkaufs- und Dienstleistungszentren noch eine "weitere Vergütung (Werbungskostenzuschuss)" gezahlt werde, den Umstand verschleierte, dass dieser "Werbungskostenzuschuss" mit 14 % betragsmäßig noch über die - ohnehin nicht unbeträchtlichen - bekannten Provisionszahlungen (insgesamt 11 %) hinausging, die die Beteiligungsgesellschaft selbst zu erbringen hatte (s. BGHZ 158, 110, 121 f).
5
Dabei sind die gezahlten Innenprovisionen (= für die Vermittlung des Eigenkapitals) richtigerweise jeweils ins Verhältnis gesetzt worden zu dem von den Anlegern als Gegenleistung (Preis) für ihre Beteiligung an den Kommanditgesellschaften einzubringenden Eigenkapital (bei W. 1: 27 Mio. DM, bei W. 2: 19,2 Mio. DM). Auf ein prozentuales Verhältnis dieser Provisionen zu dem prospektierten Gesamtaufwand der Anlagegesellschaften für ihre, aus Fremd- und Eigenkapital zu finanzierenden, (Bau-)Vorhaben als ganze (bei W. 1: 62.845.30 DM, bei W. 2: 37.920.000 DM) hat der Senat dagegen in BGHZ 158, 110, 121 f - unbeschadet der möglicherweise missverständlichen Verwendung des Begriffs "Gesamtaufwand" in unterschiedlichen Bedeutungszusammenhängen in diesem Urteil - nicht entscheidend abgestellt. An dieser Sicht ist entgegen der von dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der Revisionsverhandlung geäußerten Kritik festzuhalten. Dies folgt schon aus der Bindungswirkung des ersten Revisionsurteils; der Senat sieht aber auch unab- hängig von der Bindung keinen Grund für eine andere Beurteilung. Ein maßgeblicher Gesichtspunkt für die Rechtsprechung, wonach Innenprovisionen ab einer gewissen Größenordnung ausgewiesen werden müssen, jedenfalls diesbezügliche Angaben zutreffend sein müssen, liegt darin, dass sich aus der Existenz und Höhe solcher Provisionen Rückschlüsse auf eine geringere Werthaltigkeit des Objekts ergeben können (BGHZ 158, 110, 118 f). Dabei ist das "Objekt", um dessen Werthaltigkeit - gemessen am zu zahlenden Preis - es geht, nächstliegend danach zu bestimmen, was jeweils Gegenstand des Vertriebs ist. Das können beispielsweise rechtlich selbständige Hausgrundstücke und Eigentumswohnungen, aber auch Beteiligungen an Immobilienfonds der hier in Rede stehenden Art sein. Wenn, wie hier, "Kauf"-Gegenstand die Beteiligung an einem Immobilienfonds ist, deren Preis die Aufbringung (eines Teils) des für das Bauvorhaben erforderlichen Eigenkapitals darstellt, so kann für die Wertschätzung dieser Geldanlage allein schon der Umstand, in welchem Umfang dem vom Anleger dafür zu zahlenden Preis (Innen-)Provisionen eben für die Vermittlung des Eigenkapitals gegenüberstehen, von maßgeblicher Bedeutung sein. Würde man dies anders sehen, so hätte dies gegebenenfalls die merkwürdige Konsequenz, dass bei Anlageobjekten mit einem besonders großen Anteil "weicher Kosten" und einem hohen Fremdkapitalanteil (was zwangsläufig auch mit höheren Finanzierungskosten für die Fondsgesellschaft verbunden ist) selbst über - im Verhältnis zu dem vom Anleger aufzubringenden Geldbetrag - außergewöhnlich hohe Innenprovisionen für die Vermittlung des Eigenkapitals nur deshalb nicht aufgeklärt werden müsste, weil die insgesamt geflossenen Provisionen weniger als 15 % des Gesamtaufwands ausmachten. Somit könnten gerade bei Anlagen, deren Rentabilität ohnehin in Frage gestellt ist, folgenlos hohe Innenprovisionen vereinbart werden, wodurch die ohnehin geringen Renditechancen der Anleger weiter verschlechtert würden.
6
b) Das Berufungsgericht verneint jedoch - letztlich wohl vor allem im Hinblick auf die dem Kläger für die Anlagen in Aussicht gestellten steuerlichen Vorteile - die Ursächlichkeit dieser Pflichtverletzungen der Beklagten für den Beitritt des Klägers zu W. 1 und 2 und den damit verbundenen Schaden.
7
2. An weiteren Pflichtverletzungen der Beklagten erörtert das Berufungsgericht , soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse:
8
Die Werbung mit der Behauptung, dass zur Absicherung einer in den Anlagemodellen eingeschalteten Mietgarantin bereits eine Bankbürgschaft bereit stehe, was in Wirklichkeit nicht der Fall war, sieht das Berufungsgericht für W. 2 als pflichtwidrig an, für W. 1 lässt es dies offen, sieht aber auch insoweit keinen Kausalzusammenhang mit dem Anlageentschluss des Klägers.
9
Darüber, dass die Mietgarantin im Falle W. 1 nicht über das bei Zeichnung im Prospekt genannte Stammkapital von 2 Mio. DM verfügte, sondern dieses nur 50.000 DM betrug, bedurfte es nach Auffassung des Berufungsgerichts angesichts der Hinweise im Prospekt auf kapitalmäßige Verflechtungen keiner zusätzlichen Aufklärung durch die Beklagte; jedenfalls verneint das Berufungsgericht auch insoweit einen Kausalzusammenhang mit dem Anlageentschluss des Klägers.
10
Soweit der Kläger geltend gemacht hat, die in den Prospekten zugrunde gelegten Mieteinnahmen seien übersetzt gewesen, verneint das Berufungsgericht eine Pflichtverletzung der Beklagten, die keinen Anlass gehabt habe, sich einzelne Mietverträge oder gar Flächenberechnungen vorlegen zu lassen. Darüber hinaus erscheine es im Hinblick auf den Verlauf der Beitritte des Klägers ausgeschlossen, dass derartige Angaben seine Beteiligungsentscheidungen auch nur mitbestimmt hätten. Der Kläger habe sich nur den Emissionsprospekt zu W. 1 vorlegen lassen, und dies auch erst nach Unterzeichnung der Beitrittserklärung. An W. 2 habe er sich beteiligt, ohne den Prospekt auch nur zu irgendeinem Zeitpunkt einzusehen. Aufgrund dieses Verlaufs könne nur angenommen werden, dass dem Kläger die einzelnen Zahlen zu den Flächengrößen und voraussichtlichen Mieten gleichgültig gewesen seien. Ihm sei es vor allen Dingen auf die Höhe der ihm von dem Vermittlungsbeauftragten der Beklagten , Erbach, vorgerechneten Steuervorteile angekommen. Welche Erwartungen er ansonsten aus den ihm vorgelegten Kurz-Exposés und dem Emissionsprospekt zu W. 1 abgeleitet habe und inwiefern diese Erwartungen der Wirklichkeit zuwidergelaufen seien, lege er nirgends konkret dar.
11
Dies hält in entscheidenden Punkten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

II.


12
Soweit das Berufungsgericht über die Aufklärungspflichtverstöße der Beklagten zu 1 zu den Innenprovisionen und zur - fehlenden - Existenz einer Bankbürgschaft für die Mietgarantin (bei W. 2 nicht abschließend geprüft) hinaus weitere objektive Pflichtverletzungen der Beklagten gegenüber dem Kläger (abschließend) verneint hat, rügt die Revision im Ansatz mit Recht, dass die Begründung des Berufungsgerichts hierzu in zwei Punkten rechtlichen Bedenken unterliegt.
13
1. In Bezug auf die unzutreffende Angabe des Stammkapitals der Mietgarantin für W. 1 (2 Mio. DM statt tatsächlicher 50.000 DM) wird es der Bedeutung des Einbaus eines Mietgaranten in das "Sicherheits-System" einer Vermögensanlage der vorliegenden Art - insbesondere aus der Sicht eines nicht besonders erfahrenen, durchschnittlichen Anlageinteressenten - nicht gerecht, wenn das Berufungsgericht ausführt, durch die weiteren Angaben im Prospekt über die kapitalmäßigen Verflechtungen der beteiligten Unternehmen und die weiteren Umstände sei die "scheinbare Sicherheit" der Mietgarantie "relativiert" worden, was dem nicht nur flüchtigen Leser des Prospekts nicht hätte verborgen bleiben können. Solche Erwägungen führen nicht daran vorbei, dass die Angaben über die Höhe des Stammkapitals des Mietgaranten im Prospekt darauf abzielten, Vertrauen beim Anleger zu begründen, dann aber auch unbedingt den Tatsachen entsprechen mussten. Es kann andererseits insoweit auch nicht der von der Beklagten in der Revisionsverhandlung vertretenen Ansicht gefolgt werden, der betreffende Prospektmangel sei durch die spätere Erhöhung des Stammkapitals der Mietgarantin geheilt worden.
14
2. Was die Prüfung der Plausibilität der (dauerhaften Erzielbarkeit der) in den Angeboten zugrunde gelegten Mieteinnahmen beider Anlagen angeht, setzt sich das Berufungsgericht, wie die Revision rügt, nicht mit dem Vorwurf des Klägers auseinander, die Beklagte hätte ebenso wie der Gerlach-Report erkennen müssen, dass die angesetzten Eingangsmieten "deutlich über den Werten des RDM-Preisspiegels" lagen. Andererseits musste die Beklagte angesichts dessen, dass die in Rede stehenden Mietverträge bei Zeichnung der Anlagen durch den Kläger schon überwiegend abgeschlossen waren, unbeschadet des allgemeinen Preisspiegels nicht unbedingt Probleme hinsichtlich der dauerhaften Erzielbarkeit der Mieten sehen.
15
3. Auf die beiden angesprochenen Punkte - vom Kläger weiter geltend gemachte objektive Pflichtverstöße der Beklagten - braucht allerdings im vorliegenden Revisionsverfahren nicht abschließend eingegangen zu werden. Das Berufungsgericht hat in einer neuen Berufungsverhandlung ohnehin Gelegenheit , sich mit dem betreffenden Vortrag des Klägers noch einmal auseinanderzusetzen. Sein Urteil unterliegt schon aus anderen Gründen der Aufhebung.

III.


16
Denn soweit das Berufungsgericht zutreffend objektive Pflichtverstöße der Beklagten zu 1 angenommen hat oder solche - ohne sie abschließend zu prüfen - in Betracht gezogen beziehungsweise bei seiner weiteren Prüfung in Hilfserwägungen unterstellt hat, trägt seine Begründung nicht die Annahme, es fehle am Ursachenzusammenhang zwischen diesen Pflichtverstößen und dem Anlageentschluss des Klägers.
17
1. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die in Betracht gezogenen Pflichtverletzungen der Beklagten seien für den dem Kläger entstandenen Schaden nicht ursächlich gewesen, entbehrt einer rechtlichen Grundlage, soweit es diese - so hinsichtlich des dem Kläger verschwiegenen Umstands, dass bei W. 1 das Stammkapital des Mietgaranten nicht 2 Mio. DM, sondern nur 50.000 DM betrug - wie folgt begründet: Der Schaden des Klägers bestehe letztlich darin, dass die Rendite nicht die vom Kläger erhoffte Höhe erreicht habe , sich die Anlagen nach seiner Darstellung vielmehr als wertlos entpuppt hätten. Der Kläger habe nicht dargelegt, dass sich dieser Schaden dadurch vergrößert habe, dass die Erhöhung des Stammkapitals des Mietgaranten erst im September 1997 beschlossen worden sei; der Schaden wäre nicht geringer ausgefallen, wäre die Erhöhung des Stammkapitals schon vor dem Beitritt des Klägers zu W. 1 beschlossen worden. Bei dieser Argumentation übersieht das Berufungsgericht, dass bei Verletzung einer Beratungs- oder Aufklärungspflicht ein Vermögensschaden des Anlegers, der sich bei zutreffender Unterrichtung nicht an dem Anlagemodell beteiligt hätte, schon immer dann zu bejahen ist, wenn die Anlage - aus welchen Gründen auch immer - den gezahlten Preis nicht wert ist, und er nach § 249 BGB so zu stellen ist, wie wenn er sich daran nicht beteiligt hätte (vgl. nur Senatsurteil vom 13. Januar 2000 - III ZR 62/99 - ZIP 2000, 355, 357; BGH, Urteil vom 13. Januar 2004 - XI ZR 355/02 - NJW 2004, 1868, 1869). Um einen anderen Schaden geht es hier, anders als das Berufungsgericht erwägt, nicht.
18
2. Die Kausalitätsfrage stellt sich dahin, wie die Dinge sich entwickelt hätten , wenn der Kläger zu den betreffenden Punkten in der gebotenen Weise aufgeklärt worden wäre. Das heißt, der gebotene Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden ist hier gegeben, wenn der Kläger bei pflichtgemäßem Verhalten der Beklagten von der Zeichnung der Anlage abgesehen hätte.
19
a) Das Berufungsgericht, das von diesem Ansatz im sonstigen Zusammenhang seiner Ausführungen auch selbst ausgeht, verneint insoweit die Ursächlichkeit der erörterten Pflichtverletzungen der Beklagten unter anderem mit der verschiedentlich gemachten Aussage, es sei davon "überzeugt", dass die Pflichtverletzungen dafür, dass der Kläger W. 1 und W. 2 beigetreten sei, nicht ursächlich seien. An anderer Stelle bringt es seine "Überzeugung" zum Ausdruck, dass eine Richtigstellung - hier zur Höhe der Innenprovision - den Kläger nicht dazu bewogen hätte, von dem vereinbarten Widerrufsrecht Gebrauch zu machen.

20
b) Bei einer Gesamtwürdigung sämtlicher darauf bezogener Ausführungen des Berufungsgerichts kann darin jedoch keine eindeutige, auf lückenlose Indizien gestützte, auf tatrichterlicher Überzeugung (§ 286 ZPO) beruhende, (positive) Feststellung eines bestimmten - hypothetischen - Sachverhalts gesehen werden. Die betreffenden Schlussfolgerungen des Berufungsgerichts sind vielmehr mit einer Reihe - noch näher zu erörternder - normativer Erwägungen verbunden, aus denen es letztlich die Berechtigung herleitet, die Unklarheiten über die hypothetischen Abläufe, insbesondere zu den gegebenenfalls vom Kläger zu treffenden Willensentscheidungen, zu Lasten des von der Vorinstanz jedenfalls in erster Linie für vortragspflichtig gehaltenen Klägers - dem nach Auffassung des Berufungsgerichts "Erleichterungen der Darlegungslast … nicht zugute kommen" sollen - gehen zu lassen.
21
aa) Dabei ist, wie die Revision mit Recht rügt, der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, was die Darlegungs- und Beweislast angeht, unrichtig oder zumindest missverständlich, ohne dass sich revisionsrechtlich ausschließen lässt, dass sich dieses Missverständnis auf das vom Berufungsgericht gefundene Ergebnis ausgewirkt hat. Das Berufungsgericht führt nämlich am Schluss seiner allgemeinen Erwägungen über die Darlegungs- und Beweislast für die Kausalität aus, letztlich sei der Tatrichter in jedem Einzelfall dazu aufgerufen, die Kausalitätsfrage "anhand der grundsätzlich zunächst einmal vom Kläger vorzutragenden konkreten Umstände zu beurteilen". Das trifft für den vorliegenden Fragenkreis nicht zu.
22
(1) Das Berufungsgericht nimmt mit seiner Bemerkung Bezug auf zwei Urteile des Bundesgerichtshofs vom 19. Juli 2004 zur Haftung der Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft für fehlerhafte Ad hoc-Mitteilungen (II ZR 217/03 - NJW 2004, 2668, 2671; vgl. auch BGHZ 160, 134, 144 ff, 147). Diese Urteile betreffen aber, wie die Revision mit Recht anführt, andere Sachverhalte als die hier in Rede stehenden Fälle der Prospekthaftung (im weiteren Sinne). In diesen Fällen entspricht es nach der ständigen, vom Berufungsgericht auch zitierten, Rechtsprechung der Lebenserfahrung, dass ein Prospektfehler für die Anlageentscheidung ursächlich geworden ist (BGHZ 79, 337, 346; 84, 141, 148; BGH, Urteil vom 1. März 2004 - II ZR 88/02 - ZIP 2004, 1104, 1106). Entscheidend ist insoweit, dass durch unzutreffende oder unvollständige Informationen des Prospekts in das Recht des Anlegers eingegriffen worden ist, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in das Objekt investieren will oder nicht. Anhaltspunkte dafür, dass der jeweilige Kläger bei vollständiger Aufklärung sich dennoch für die Anlage entschieden hätte, sind von dem jeweiligen Beklagten vorzutragen (BGH, Urteil vom 1. März 2004 aaO; vgl. auch Senatsurteil vom 28. Juli 2005 - III ZR 290/04 - ZIP 2005, 1599, 1604).
23
(2) Ob der vorliegende Ansatz sogar zu einer echten Beweislastumkehr zu Lasten des wegen Aufklärungspflichtverletzung in Anspruch genommenen Beklagten führt oder sich nach dem hier vertretenen Standpunkt in der Möglichkeit einer erleichterten Beweisführung auf der Grundlage einer nur tatsächlichen Vermutung erschöpft, braucht im vorliegenden Zusammenhang nicht weiter vertieft zu werden. Ausgangspunkt für das vorliegende Verfahren muss jedenfalls sein, dass es grundsätzlich Sache des Aufklärungspflichtverletzers sein muss, die durch die Lebenserfahrung begründete (tatsächliche) Vermutung, dass der Anlageinteressent bei richtiger Aufklärung von der Zeichnung der Anlage abgesehen hätte, durch konkreten Vortrag zu entkräften.
24
bb) Diese (tatsächliche) Vermutung zugunsten des Klägers dafür, dass er die Anlagen nicht gezeichnet hätte, ist, anders als nach dem rechtlichen Ansatz des Berufungsgerichts, ausgehend von dem bisherigen Parteivorbringen auch nicht im Blick auf die Möglichkeit mehrerer "aufklärungsrichtiger" Verhaltensweisen des Klägers (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BGHZ 160, 58, 66) ihrer Grundlage beraubt. Bei dauerhaften Vermögensanlagen wie bei einem Immobilienfonds , bei denen der Anleger - wie auch der Kläger im Streitfall nach den Feststellungen des Berufungsgerichts - "Sicherheit, Rentabilität und Inflationsschutz" , also nachhaltige Werthaltigkeit, erwartet, verbietet sich im Regelfall (vorbehaltlich konkreter gegenteiliger Anhaltspunkte im Einzelfall) die Annahme, eine gehörige Aufklärung über wichtige, für eine werthaltige Anlage (objektiv) abträgliche Umstände - wie etwa auch die signifikante Überhöhung der prospektierten Innenprovisionen - hätte bei Anlageinteressenten allein schon deshalb , weil er mit erheblichen Steuervorteilen geworben wurde, vernünftigerweise mehrere Entscheidungsmöglichkeiten eröffnet, also nur einen "Entscheidungskonflikt" begründet (vgl. BGHZ 160, 58, 66 - jedoch für eine andere Fallgestaltung ). Auch hier greift vielmehr zunächst einmal die (tatsächliche) Vermutung ein, dass der Anlageinteressent wegen gewichtiger Bedenken hinsichtlich der Werthaltigkeit der Anlage diese nicht gezeichnet hätte. Die Erwartung von Steuervorteilen für eine begrenzte Zeit aus einer Immobilie kann zwar ausnahmsweise Selbstzweck der Anschaffung der Immobilie sein. In aller Regel wird diese aber als dauerhafte Wertanlage erworben.
25
c) Ein weiterer durchgreifender Mangel der Beurteilung des Berufungsgerichts liegt darin, dass es bei seinen Kausalitätserwägungen all diejenigen unrichtigen oder irreführenden und daher von der Beklagten richt zu stellenden Prospektangaben ausklammert, die der Kläger vor der Zeichnung der beiden Anlagen nicht zur Kenntnis genommen hatte (die Zeichnungen des Klägers er- folgten aufgrund der mündlichen Informationen des Vertriebsbeauftragten der Beklagten, bei W. 1 anhand eines Kurzexposés, ohne dass die eigentlichen Prospekte vorlagen; bei W. 1 wurde er nachgereicht, bei W. 2 nicht). Der Schluss, solche Prospektangaben hätten für den Anlageentschluss des Klägers keine Rolle spielen können, ist, jedenfalls bei Zugrundelegung des diesbezüglichen Vortrags des Klägers, rechtlich nicht haltbar.
26
aa) Nach den von der Rechtsprechung zur Prospekthaftung nach dem Börsengesetz alter Fassung entwickelten Grundsätzen wird ein Kausalzusammenhang zwischen einem prospektierten Unternehmensbericht und dem Kaufentschluss des Anlegers vermutet, wenn die Aktien nach Veröffentlichung des Unternehmensberichts erworben worden sind. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Anleger den Bericht gelesen oder gekannt hat. Ausschlaggebend ist, dass der Bericht die Einschätzung eines Wertpapiers in Fachkreisen mitbestimmt und damit eine Anlagestimmung erzeugt. Diese Stimmung kann der Erwerber für sich in Anspruch nehmen (BGHZ 139, 225, 233; vgl. auch BGHZ 160, 134, 144 f und BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 217/03 - NJW 2004, 2668, 2671). Ob diese Grundsätze für den speziellen Bereich der Emissionsprospekthaftung nach dem Börsengesetz alter Fassung auch auf den Vertrieb von Kapitalanlagen in der Form geschlossener Immobilienfonds, für die die Initiatoren Prospekte herausgegeben hatten, übertragen werden könnten (vgl. auch zur Prospekthaftung im Bereich geschlossener Fonds nach § 13 Abs. 1 Nr. 3, § 13a des Verkaufsprospektgesetzes in der Fassung des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes zum 28. Oktober 2004, BGBl. I S. 2630, Bohlken/ Lange, DB 2005, 1259, 1260), braucht nach dem derzeitigen Sachstand im Revisionsverfahren nicht abschließend beurteilt zu werden, zumal es bisher an Feststellungen beziehungsweise Parteivortrag zu einer "Anlagestimmung" aufgrund der Prospekte für W. 1 und 2 fehlt.

27
bb) Hierauf kommt es nicht an, denn nach dem jetzigen Sachstand können schon deshalb nicht einzelne (unrichtige) Prospektaussagen als vom Kläger überhaupt nicht zur Kenntnis genommen ganz ausgeschieden werden, weil bei W. 1 dem Kläger einen Tag nach der Erklärung seines Beitritts - aber vor Ablauf der Widerrufsfrist - der Prospekt ausgehändigt worden ist und der Beitritt zu W. 2, zwar ohne Aushändigung eines Prospekts, aber, wie die Revision zutreffend rügt, nach dem Klägervortrag auf der Grundlage der Erklärung des Vermittlungsbeauftragten E. erfolgt ist, die wirtschaftlichen Eckdaten bei W. 2 seien ähnlich wie bei W. 1.
28
cc) Darüber hinaus ist es rechtlich bedenklich, wenn das Berufungsgericht daraus, dass der Kläger sich über bestimmte Umstände - hier in erster Linie die Innenprovisionen - nicht informiert hat, ohne weiteres den Schluss zieht, diese Umstände hätten den Kläger überhaupt nicht interessiert und die unrichtigen Angaben im Prospekt könnten schon deshalb für seinen Anlageentschluss nicht ursächlich gewesen sein. Insbesondere, was den Komplex Innenprovisionen angeht, hat sich das Bewusstsein hierfür in den Anlegerkreisen erst nach und nach entwickelt (s. die Hinweise auf die in der Fachliteratur geführten Diskussion in dem Senatsurteil BGHZ 158, 110, 118 und in BGHZ 145, 121, 129). Nach dem Klägervortrag ist davon auszugehen, dass auch ihm bei Zeichnung der Anlagen diese Problematik nicht bekannt war. Es kann aber nicht angehen, dass beim Vertrieb einer Kapitalanlage verwendete irreführende Beschreibungen von - für die Werthaltigkeit - (objektiv) wesentlicher Bedeutung schadensersatzrechtlich allein deshalb sanktionslos bleiben, weil der Anlageinteressent aufgrund mangelnder oder nur begrenzter Anlegererfahrung keinen Anlass gesehen hatte, sich zu dem betreffenden Punkt Informationen geben zu lassen. Das gilt auch, soweit - was nicht auszuschließen ist - mangelnde Information zu diesem Gesichtspunkt dazu geführt hat, dass dieser nicht von Anfang an vom Kläger als Pflichtverletzung der Beklagten in den vorliegenden Prozess eingeführt worden ist.
29
d) Die Schlussfolgerungen des Berufungsgerichts sind schließlich auch insoweit unzureichend, als es die Frage, wie der Kläger sich im Falle korrekter Informationen über die in Rede stehenden Kapitalanlagen verhalten hätte, erörtert , ohne darauf einzugehen, auf welche Art und Weise die "Richtigstellung" der zunächst einmal vorhandenen Unrichtigkeiten im Prospekt hätte erfolgen müssen. Insoweit trifft es zwar nicht zu, dass, wie die Revisionsbegründung geltend macht, Richtigstellung zwangsläufig bedeutet hätte, dass die bisherige Prospektierung als "unredlich" aufgedeckt worden wäre. Eine sachgerechte Richtigstellung hätte aber möglicherweise geeignet sein können - z.B. bezüglich der Innenprovisionen -, ein Problembewusstsein bei dem Kläger zu wecken oder ihn zu veranlassen, sich zu diesem Punkt vor der Anlageentscheidung fachkundigen Rat geben zu lassen.
30
3. Da, wie vorstehend erörtert, die tatrichterliche Prüfung des Ursachenzusammenhangs zwischen den Aufklärungspflichtverletzungen der Beklagten und den Anlageentschlüssen des Klägers in wesentlichen Punkten von unzutreffenden Ansätzen ausgeht, trägt die bisher vom Berufungsgericht gegebene Begründung die Abweisung der Klage gegen die Beklagte nicht. Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht ohne die angesprochenen rechtlichen Mängel nicht zu der von ihm erklärten "Überzeugung" gelangt wäre. Auf die weiteren gegen die Würdigung des Berufungsgerichts gerichteten Rügen der Revision, insbesondere die, dass wesentliches Parteivorbringen des Klägers übergangen oder falsch verstanden worden sei, kommt es nicht mehr an.
Das Berufungsgericht hat in der neuen Berufungsverhandlung Gelegenheit, sich auch damit auseinanderzusetzen.

IV.


31
Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Die Auffassung der Revisionserwiderung, die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede sei begründet, hat im vorliegenden Prozessstoff keine Grundlage. Nach dem hier noch anwendbaren früheren Recht gilt für Schadensersatzansprüche des Anlegers gegen den Anlagevermittler grundsätzlich die 30-jährige Verjährungsfrist nach § 195 BGB a.F. (BGHZ 83, 222, 227; BGH, Urteil vom 27. Juni 1984 - IVa ZR 231/82 - WM 1984, 1075, 1077; Senatsurteil vom 11. Dezember 2003 - III ZR 118/03 - WM 2004, 278, 279). Dass diese Frist, was grundsätzlich nicht ausgeschlossen war, wirksam rechtsgeschäftlich verkürzt worden wäre, ergibt sich aus dem Vorbringen der Revisionserwiderung nicht. Eine diesbezügliche Absprache unmittelbar zwischen dem Kläger und der Beklagten (Anlagevermittlerin) wird nicht behauptet. Dem Parteivortrag ist auch nicht zu entnehmen, dass aufgrund der durch den Beitritt des Klägers zu den Fonds - in Verbindung mit den Anlageprospekten - begründeten Vertragsbeziehung zu den Anlagegesellschaften zugunsten der Beklagten als Dritter eine Verjährungsverkürzung wirksam vereinbart worden wäre. Der Prospekt W. 1 enthält zwar einen "Haftungsvorbehalt", der nach seinem Gesamtzusammenhang auch darauf abzielt, die Kapitalvermittlungsgesellschaft haftungsrechtlich mit zu entlasten. Als Teil der in den Beitrittsvertrag einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beteiligungsgesellschaft wäre diese Bestimmung aber jedenfalls als überraschende Klausel gemäß § 3 AGBG ungültig (vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 2003 aaO). Der Überraschungscharakter wird auch - was die Verkürzung der Verjährung gerade gegenüber der Kapitalvermittlungsgesellschaft angeht - nicht durch hinreichende drucktechnische Hervorhebung der Klausel (vgl. Senatsurteil aaO S. 281) beseitigt; der auf die Verjährung bezogene, fettgedruckte Teil des "Haftungsvorbehalts" (S. 30 des Prospekts W. 1, rechte Spalte) spricht nur Schadensersatzansprüche "gegen die vorgenannten Personen oder Gesellschaften" an, ohne letztere in diesem optisch herausgestellten Teil konkret zu bezeichnen. Selbst wenn hierdurch ein hinreichend deutlicher Hinweis jedenfalls auch auf die "Kapitalvermittlungsgesellschaft" erfolgt wäre, war damit noch nicht ohne weiteres die Beklagte gemeint, denn nach dem Prospekt (S. 18) war die D. Planungs-, Entwicklungs- und Management AG mit der Eigenkapitalbeschaffung beauftragt.
32
Die Anwendung der von der Revisionserwiderung ebenfalls zur Sprache gebrachten Verjährungsvorschrift des § 37a WpHG scheitert schon daran, dass die Beklagte weder als ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen tätig geworden ist, noch die ihm angelasteten Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit Wertpapierdienstleistungen begangen hat (s. zu den Voraussetzungen dieser Vorschrift auch das zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmte Senatsurteil vom 19. Januar 2006 - III ZR 105/05).

V.


33
Das Berufungsurteil kann daher in dem angefochtenen Umfang keinen Bestand haben. Mangels Entscheidungsreife im Revisionsverfahren ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieses die noch erforderlichen tatrichterlichen Feststellungen treffen kann. Insbesondere hat das Be- rufungsgericht noch einmal umfassend zu prüfen - gegebenenfalls auch unter persönlicher Anhörung des Klägers -, ob und inwieweit die bestehende (tatsächliche ) Vermutung der Ursächlichkeit der Aufklärungspflichtverletzungen der Beklagten für die Anlageentscheidungen des Klägers entkräftet ist.
Schlick Wurm Streck
Dörr Herrmann
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 28.11.2000 - 8 O 234/00 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 30.12.2004 - I-15 U 26/01 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 266/07 Verkündet am:
2. März 2009
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Es besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die unrichtige Darstellung der
Lage des Grundstücks oder des Bodenwerts im Prospekt für die Entscheidung, einem
geschlossenen Immobilienfonds beizutreten, wegen der Auswirkungen auf die
Vermietbarkeit und die Höhe des Mietzinses ursächlich ist.
BGH, Urteil vom 2. März 2009 - II ZR 266/07 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. März 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette
und die Richter Dr. Kurzwelly, Kraemer, Dr. Reichart und Dr. Drescher

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Kläger wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 8. November 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 17. Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Kläger erklärten am 3. Dezember 1997 ihren Beitritt zum Immobilienfonds "B.
und KG" leisteten eine Kommanditeinlage in Höhe von 400.000,00 DM. Der Beklagte nahm den Beitritt der Kläger als Treuhänder an. Er wirkte bei der Erstellung des Emissionsprospekts und beim Abschluss der Verträge mit, war Gründungsgesellschafter des Fonds sowie Treuhandkommanditist. Der Fonds erwarb ein mit einem Wohngebäude bebautes Grundstück in W. und ein mit einem Bürogebäude bebautes Grundstück
in B. , das langfristig vermietet war. Die B. -Bau GmbH gab für beide Grundstücke eine befristete Mietgarantie ab. Das Grundstück in B. war im Prospekt mit der richtigen Anschrift angegeben, seine Lage auf einer Planskizze falsch eingezeichnet. Die Kläger haben vom Beklagten wegen unrichtiger Angaben der Lage des Grundstücks bei B. und des Werts für Grund und Boden des Grundstücks in W. die Rückabwicklung ihres Beitritts verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht die Berufung zurückgewiesen. Dagegen richten sich die vom erkennenden Senat zugelassenen Revisionen der Kläger.

Entscheidungsgründe:

2
Die Revisionen haben Erfolg.
3
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Kläger hafte als Gründungsgesellschafter und Treuhandkommanditist für unrichtige Prospektangaben aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen. Der Ersatzanspruch sei nach § 195 BGB a.F. i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB auch nicht verjährt. Die Kläger hätten aber nicht schlüssig dargelegt, dass sie durch den Prospekt über wesentliche bzw. erhebliche Umstände, die für ihre Entschließung von Bedeutung gewesen seien, fehlerhaft oder unvollständig informiert worden seien. Aufgrund der Art der Immobilie, des mit dem langfristigen Mietvertrag für 15 Jahre festgelegten Nutzungszwecks und der Mietgarantie sei der konkrete Standort des Grundstücks bei Bremen von untergeordneter Bedeutung gewesen. Der Nutzungszweck habe zudem eher eine Stadtrandlage als eine Innenstadtlage vorgegeben. Aber selbst wenn der graphisch falsch dargestellte Standort als ein wesentlicher Umstand für die Anlageentscheidung angesehen würde, fehle es an der Ursächlichkeit des Fehlers für den Beitritt der Kläger. Sie könnten sich auf die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens nicht stützen, weil die Vermutung nicht gelte, wenn mehrere Verhaltensvarianten in Frage kämen. Die Kläger hätten selbst vorgetragen, dass sie den Emissionsprospekt von ihrem Steuerberater und der D. Bank in B. hätten überprüfen lassen, dass von dort keine Einwände erhoben worden seien und die Bank sogar erklärt habe , sie könne kein mit diesen Konditionen und Sicherheiten vergleichbar gutes Angebot unterbreiten. Eine gehörige Aufklärung hätte bei den Klägern daher einen Entscheidungskonflikt ausgelöst, weil es vernünftigerweise nicht nur eine, sondern mehrere Möglichkeiten aufklärungsrichtigen Verhaltens gegeben habe. Das gelte auch für die von den Klägern behauptete falsche Angabe zum Bodenwert des Grundstücks in W. Zu ihren Gunsten gelte auch insoweit keine Kausalitätsvermutung, weil sie sich angesichts der sonstigen mit der Anlage verbundenen Vorteile in einem Entscheidungskonflikt befunden hätten.
4
II. Dies hält in mehrfacher Hinsicht der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
5
1. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht die Ursächlichkeit der unstreitigen bzw. behaupteten Prospektmängel für die Anlageentscheidung verneint , weil sich die Kläger in einem Entscheidungskonflikt befunden hätten und die falsche Lageangabe für das Grundstück bei B. wegen der Mietgarantie sowie der langfristigen Vermietung ohne Bedeutung sei.
6
a) Das Berufungsgericht hat verkannt, dass bei einer unrichtigen oder unvollständigen Darstellung von für die Anlageentscheidung wesentlichen Umständen eine tatsächliche Vermutung dafür besteht, dass die mangelhafte Prospektdarstellung für die Anlageentscheidung ursächlich war (st.Rspr. BGHZ 79, 337, 346; Sen.Urt. v. 3. Dezember 2007 - II ZR 21/06, ZIP 2008, 412 Tz. 16; v. 21. März 2005 - II ZR 149/03, ZIP 2005, 763; v. 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, ZIP 2004, 1706; v. 1. März 2004 - II ZR 88/02, ZIP 2004, 1104; v. 15. Dezember 2003 - II ZR 244/01, ZIP 2004, 312; v. 14. Juli 2003 - II ZR 202/02, ZIP 2003, 1651). Durch unzutreffende oder unvollständige Informationen des Prospekts wird in das Recht des Anlegers eingegriffen, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in das Projekt investieren will oder nicht. Das Bestehen von Handlungsvarianten ist nicht geeignet, diese auf der Lebenserfahrung beruhende tatsächliche Vermutung für die Ursächlichkeit fehlerhafter Prospektdarstellungen für die Anlageentscheidung bei Immobilien zu entkräften, bei denen es in der Regel vordringlich um Sicherheit, Rentabilität und Inflationsschutz geht (BGH, Urt. v. 9. Februar 2006 - III ZR 20/05, ZIP 2006, 568). Eine Ausnahme kommt allenfalls bei - hier nicht vorliegenden - von vornherein spekulativen Geschäften in Betracht, bei denen es nur um das Maß der Sicherheit geht (vgl. BGHZ 160, 58, 66). Die Annahme des Berufungsgerichts, die Kläger hätten sich wegen der Einschätzung der D. Bank, kein mit den Konditionen und Sicherheiten des Fonds vergleichbar gutes Angebot machen zu können, in einem Entscheidungskonflikt befunden, beruht außerdem auf einem Denkfehler. Es hat verkannt , dass diese Bewertung auf den Angaben im Prospekt beruht, die die D. Bank für richtig gehalten hat, während zumindest zu unterstellen ist, dass sie nicht zutreffen.
7
b) Zu Unrecht ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass die falsche Angabe zur Lage des Grundstücks bei B. kein für die Anlageentscheidung wesentlicher Umstand gewesen sei, weil eine Mietgarantie abgegeben und das Grundstück langfristig vermietet worden sei. Die Lage ist ein für die Bewertung einer Immobilie maßgebender Umstand, weil sie sich auf den Vermietungserfolg auswirkt. Daran ändern weder die hier gegebene Mietgarantie noch der Umstand etwas, dass ein langfristiger Mietvertrag geschlossen worden ist. Eine befristete Mietgarantie ist keine nachhaltige Sicherung des Erwerbers , die von der Verpflichtung zur Aufklärung über die tatsächlichen Umstände der Vermietung und der erzielbaren Miete befreit (vgl. BGH Urt. v. 10. Oktober 2008 - V ZR 175/07, NJW 2008, 3699; Urt. v. 15. Juni 2000 - III ZR 305/98, ZIP 2000, 1392). Sie kann - was allgemein bekannt ist und gerade bei Anlagemodellen immer wieder deutlich wird - infolge wirtschaftlicher Schwierigkeiten des Vertragspartners jederzeit ausfallen. Ebenso kann sich schnell erweisen, dass der langfristige Mieter seinen Verpflichtungen nicht nachkommen kann, weil er seine wirtschaftlichen Aussichten falsch eingeschätzt hat. Sowohl für die Möglichkeit der Wiedervermietung als solche als auch für den erzielbaren Mietzins gewinnt die Lage des Grundstücks dann entscheidende Bedeutung.
8
c) Das Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Das Berufungsgericht ist zu Recht und von der Revisionserwiderung nicht angegriffen davon ausgegangen, dass eine Haftung des Beklagten aus vorvertraglichem Verschulden in Betracht kommt, weil er Gründungsgesellschafter ist, und dass der Schadensersatzanspruch nicht verjährt ist.
9
2. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie noch nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Beklagte kann die tatsächliche Vermutung, dass eine fehlerhafte Prospektdarstellung für die Anlageentscheidung ursächlich war, widerlegen (vgl. Sen.Urt. v. 3. Dezember 2007 - II ZR 21/06, ZIP 2008, 412 Tz. 16). Die Vermutung ist grundsätzlich erschüttert, wenn dem Anleger der Prospektmangel beim Beitritt bekannt ist. Der Beklagte hat behauptet, die tatsächliche Lage des Grundstücks sei den Klägern bei ihrem Beitritt bekannt gewesen, weil sie es besichtigt hätten. Den dazu angebotenen Beweis hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent - bisher nicht erhoben. Die Ursächlichkeit eines Prospektfehlers für die Anlageentscheidung kann nach der Lebenserfahrung auch fehlen, wenn er für die Werthaltigkeit des Anlageobjekts objektiv keine Bedeutung hat (Senat BGHZ 123, 106, 114). Der Beklagte hat sich darauf berufen, der falsche Lageplan sei für die Grundstücksbewertung belanglos, weil die tatsächliche Lage der eingezeichneten Lage mindestens gleichwertig sei. Auch dazu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen.
10
Sollte das Berufungsgericht wieder zu dem Ergebnis gelangen, dass die falsche Lagezeichnung für die Anlageentscheidung nicht ursächlich war, ist der Behauptung der Kläger nachzugehen, der Prospekt sei auch hinsichtlich der Wertangabe für das Grundstück in W. falsch; im Übrigen haben die Parteien Gelegenheit, ihr Vorbringen zu den unterbliebenen Verlustzuweisungen zu ergänzen und zu konkretisieren. Goette Kurzwelly Kraemer Reichart Drescher
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 26.09.2006 - 10 O 96/05 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 08.11.2007 - I-6 U 216/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 66/08 Verkündet am:
22. März 2010
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wird in dem Emissionsprospekt eines geschlossenen Immobilienfonds erklärt, eine
Anschlussförderung nach Ablauf der 15-jährigen Grundförderung gemäß den einschlägigen
Berliner Wohnungsbauförderungsbestimmungen werde "gewährt", obwohl
darauf kein Rechtsanspruch bestand, sondern lediglich nach der bisherigen
Verwaltungspraxis damit zu rechnen war, ist das ein zur Haftung wegen Verschuldens
bei Vertragsschluss führender Prospektfehler.
BGH, Urteil vom 22. März 2010 - II ZR 66/08 - KG
LG Berlin
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. März 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette
und die Richter Dr. Strohn, Caliebe, Dr. Reichart und Bender

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 26. Zivilsenats des Kammergerichts vom 13. Februar 2008 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin beteiligte sich im Jahr 1993 mit 275.000,00 DM zuzüglich 5 % Agio an der Grundstücksgesellschaft B. GbR (G. - Fonds 11). Die Beklagte - damals noch firmierend unter G. G. -AG, dann umbenannt in G. AG und schließlich umgewandelt in die G. GmbH - ist Gründungsgesellschafterin dieses und noch weiterer gleichartiger Fonds. Ihre Anteile wurden mehrheitlich vom Land Berlin gehalten.
2
Die Fonds waren gegründet worden, um Wohnanlagen - größtenteils im sozialen Wohnungsbau - zu errichten und zu vermieten. Die Differenz zwischen der Kostenmiete und der niedrigeren Sozialmiete wurde teilweise durch Aufwendungshilfen des Landes Berlin ausgeglichen (sog. 1. Förderungsweg). Diese Hilfen wurden in einer ersten Förderphase für 15 Jahre ab Bezugsfertigkeit bewilligt. Üblicherweise schloss sich daran eine ebenfalls 15-jährige "Anschlussförderung" an.
3
Abweichend von dieser Verwaltungsübung beschloss der Berliner Senat am 4. Februar 2003 den Verzicht auf die Anschlussförderung für solche Bauvorhaben , bei denen die Grundförderung nach dem 30. Dezember 2002 endete. Darunter fiel auch der G. -Fonds 11. Seither ist der Fonds sanierungsbedürftig.
4
Die Klägerin hat wegen Prospektmängeln Ersatz ihrer Einlage Zug um Zug gegen Übertragung des Gesellschaftsanteils, Freistellung von der quotalen Haftung für das von der Gesellschaft aufgenommene Bankdarlehen und die Feststellung verlangt, dass die Beklagte zum Ersatz etwaiger weiterer Schäden verpflichtet sei. Damit ist sie in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Dagegen richtet sich ihre vom erkennenden Senat zugelassene Revision.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision hat Erfolg und führt unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
6
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Prospekt stelle zwar die Anschlussförderung unzutreffend als sicher dar, während tatsächlich kein Rechtsanspruch darauf bestanden habe. Die Beitrittsentscheidung der Klägerin beruhe aber nicht auf diesem Fehler. Der Vortrag der Klägerin sei insoweit unsubstanziiert. Die Kausalität werde auch nicht vermutet. Die Klägerin habe andere, im Prospekt offen gelegte Risiken in Kauf genommen, so dass es möglich sei, dass sie sich auch durch das vergleichbar geringe Risiko eines Ausbleibens der Anschlussförderung nicht von der Anlage hätte abhalten lassen. Ein anderer Prospektfehler liege nicht vor, insbesondere sei die Darstellung der quotalen Haftung im Prospekt nicht zu beanstanden.
7
II. Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
8
1. Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass die Klägerin von der Beklagten beim Vertragsschluss nicht zutreffend über die Risiken der Anlage unterrichtet worden ist.
9
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats muss einem Anleger für seine Beitrittsentscheidung ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt vermittelt werden, d.h. er muss über alle Umstände, die für seine Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, insbesondere über die mit der angebotenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken, zutreffend, verständlich und vollständig aufgeklärt werden (BGHZ 79, 337, 344; BGH, Sen.Urt. v. 7. April 2003 - II ZR 160/02, WM 2003, 1086, 1088; v. 7. Dezember 2009 - II ZR 15/08, ZIP 2010, 176 Tz. 18). Das ist hier - wie das Berufungsgericht in fehlerfreier tatrichterlicher Würdigung festgestellt hat - durch den verwendeten Prospekt nicht geschehen.
10
a) Ein Prospektfehler liegt danach noch nicht in der Angabe, die Gesellschafter würden für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft entsprechend ihrer Beteiligungsquote haften. Damit wird nicht der Eindruck erweckt, der Umfang dieser quotalen Haftung werde durch Leistungen aus dem Gesellschaftsvermö- gen zwingend gemindert (vgl. BGH, Sen.Beschl. v. 30. März 2009 - II ZR 67/08, juris).
11
Ebenso wenig führt die Angabe von Höchstbeträgen hinsichtlich der einzelnen Gesellschafter in den abgeschlossenen Darlehensverträgen - anstelle der im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Haftungsquoten - zu einer Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluss. Die Revision zeigt schon nicht auf, dass von vornherein geplant gewesen sei, die Haftung der Gesellschafter nicht auf ihre jeweilige Quote, sondern auf den dieser Quote entsprechenden absoluten Betrag von der jeweiligen Anfangsschuld zu begrenzen. Im Übrigen hat das Berufungsgericht in vertretbarer tatrichterlicher Würdigung angenommen, die Betragsangaben in den Darlehensverträgen hätten nur deklaratorische Bedeutung , tatsächlich sei eine quotale Haftung vereinbart.
12
b) Der Prospekt ist - wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend festgestellt hat - insoweit fehlerhaft, als darin der Eindruck erweckt wird, auf die Anschlussförderung bestehe ein Rechtsanspruch (vgl. BGH, Sen.Beschl. v. 30. März 2009 - II ZR 49/08, juris).
13
Der Prospekthinweis Nach Ablauf des ersten Förderungszeitraumes von 15 Jahren wird gemäß Senatsbeschluss vom 14. April 1992 (1532/92) eine Anschlussförderung für Wohnungen der Wohnungsbauprogramme ab 1977 gewährt. … Details über die Anschlussförderung (Zuschüsse bzw. Darlehensregelung) liegen noch nicht vor. kann - wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat - so verstanden werden, als sei die Anschlussförderung dem Grunde nach schon bewilligt und es müsse nur noch über das Wie der Förderung entschieden werden.
14
Das ist unzutreffend und wird durch den Hinweis auf S. 18 des Prospekts Ein Wegfall der Mittel wäre bei Verletzung der Förderungsbestimmungen denkbar bzw. bei Zahlungsunfähigkeit des Staates (vgl. Anschlussförderung

).

ebenso wenig richtig gestellt wie durch den allgemeinen Hinweis auf S. 34 des Prospekts: Auch können prospektierte Ergebnisse, z.B. [richtig: durch] Änderungen von Gesetzgebungs-, Rechtsprechungs- oder Verwaltungspraxis, beeinflusst werden.
15
Die Anschlussförderung war ein für die Rentabilität des Fonds wesentlicher Umstand. Daran ändert die Tatsache nichts, dass nur 11 der insgesamt 65 Wohnungen davon betroffen waren. Die Beklagte hat selbst vorgetragen, dass ohne Anschlussförderung "kein Investor dieser Welt" auch nur eine einzige Wohnung in Berlin in diesem Marktsegment gebaut hätte, weil nach Ablauf der 15-jährigen Grundförderung die dann noch verbleibende Kostenmiete für Wohnungen dieses Marktsegments nicht zu erzielen gewesen wäre.
16
2. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Prospektfehler sei für die Beitrittsentscheidung der Klägerin nicht ursächlich geworden, hält der revisionsrechtlichen Prüfung aber nicht stand.
17
a) Das Berufungsgericht verkennt im Ansatz nicht, dass eine fehlerhafte Aufklärung schon nach der Lebenserfahrung ursächlich für die Anlageentscheidung ist (st. Rspr., BGHZ 79, 337, 346; 84, 141, 148; 177, 25 Tz. 19; BGH, Sen.Urt. v. 1. März 2004 - II ZR 88/02, ZIP 2004, 1104, 1106; v. 7. Dezember 2009 aaO Tz. 23). Diese Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens sichert das Recht des Anlegers, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in ein bestimmtes Projekt investieren will oder nicht (Senat, BGHZ 123, 106, 112 ff.).
18
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, die Kausalitätsvermutung greife hier nicht ein, weil die Klägerin bei einer zutreffenden Aufklärung in einen Entscheidungskonflikt gekommen wäre; denn es habe nicht nur eine Möglichkeit aufklärungsrichtigen Verhaltens gegeben.
19
Bei Immobilien, bei denen es in der Regel vordringlich um Sicherheit, Rentabilität und Inflationsschutz geht, ist das Bestehen von Handlungsvarianten nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht geeignet, die auf der Lebenserfahrung beruhende tatsächliche Vermutung der Ursächlichkeit fehlerhafter Prospektdarstellungen für die Anlageentscheidung zu entkräften. Von einem Immobilienfonds erwartet der durchschnittliche Anleger Werthaltigkeit. Deshalb verbietet sich bei einer derartigen Anlageform im Regelfall die Annahme , eine gehörige Aufklärung über wichtige, für eine werthaltige Anlage abträgliche Umstände hätte bei dem Anlageinteressenten allein schon deshalb, weil er mit erheblichen Steuervorteilen geworben wurde, vernünftigerweise mehrere Entscheidungsmöglichkeiten eröffnet, also nur einen "Entscheidungskonflikt" begründet (BGH, Sen.Urt. v. 2. März 2009 - II ZR 266/07, ZIP 2009, 764 Tz. 6; Urt. v. 9. Februar 2006 - III ZR 20/05, ZIP 2006, 568 Tz. 24). Vielmehr ist regelmäßig davon auszugehen, dass der Anleger bei richtiger Aufklärung dem Fonds nicht beigetreten wäre. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kommt allenfalls bei hochspekulativen Geschäften in Betracht (BGHZ 160, 58, 66 f.; s. aber BGH, Urt. v. 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, ZIP 2009, 1264 Tz. 22 zur grundsätzlich geltenden Kausalitätsvermutung), zu denen die Investition in einen Immobilienfonds jedoch in aller Regel nicht gehört (BGH, Urt. v. 9. Februar 2006 aaO Tz. 24).
20
b) Danach wird hier die Kausalität des Prospektfehlers für die Anlageentscheidung vermutet. Bei einem zutreffenden Hinweis auf die rechtliche Ungewissheit der Anschlussförderung wäre es für einen durchschnittlichen Anlagein- teressenten durchaus vernünftig gewesen, nicht in dieses Vorhaben zu investieren. Unabhängig von der Anschlussförderung konnte der Anleger mit der Anlage zwar Steuern sparen. Er riskierte aber, dass der Fonds bei Ausbleiben der Anschlussförderung nach 15 Jahren insolvent würde und damit das investierte Kapital verloren wäre. Dem standen keine adäquaten Gewinnchancen gegenüber. Nach der "Liquiditäts- und Prognoserechnung" des Prospekts konnte der Anleger bei normaler Förderung jährlich mit einer Ausschüttung i.H.v. 1.500,00 DM pro 100.000,00 DM Anlagesumme rechnen, das sind 1,43 % des eingesetzten Kapitals einschließlich des Agios. Er hätte zwar unter Hinzurechnung der Steuervorteile mehr als seine Einlage verdient gehabt. Von außergewöhnlich hohen Gewinnchancen (vgl. BGHZ 160, 58, 66 f.) kann indes keine Rede sein.
21
Ob das Risiko, die Anschlussförderung werde nicht bewilligt, im Zeitpunkt der Anlageentscheidung als gering einzustufen war, wie das Berufungsgericht angenommen hat, ist ohne Bedeutung. Der Umstand, dass auf die Anschlussförderung kein Rechtsanspruch bestand, stellte die Überlebensfähigkeit des Fonds grundsätzlich in Frage. Das Recht des Anlegers, das Für und Wider selbst abzuwägen und seine Anlageentscheidung in eigener Verantwortung zu treffen, wird in diesen Fällen auch durch unzutreffende Informationen über Umstände , für deren Eintritt eine nur geringe Wahrscheinlichkeit besteht, beeinträchtigt.
22
c) Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens hat die Beklagte nicht widerlegt.
23
Um die Kausalitätsvermutung zu widerlegen, muss der Aufklärungspflichtige darlegen und beweisen, dass der Anleger den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin ha- be auch andere Risiken hingenommen, so dass sie auch dieses weitere Risiko nicht von der Zeichnung der Anlage abgehalten hätte, genügt dazu nicht. Ein solcher Schluss ist nicht tragfähig. Vielmehr kann ein Anleger, der schon zahlreiche Risiken übernommen hat, ebenso gut nicht mehr bereit sein, noch weitere Risiken zu übernehmen.
24
III. Die angefochtene Entscheidung ist auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis richtig (§ 561 ZPO).
25
1. Nach dem für das Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt trifft die Beklagte an der unrichtigen Darstellung in dem Prospekt ein Verschulden.
26
Das Verschulden wird in den Fällen der Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet. Zu der Frage, ob diese Vermutung widerlegt ist, hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen.
27
Dazu würde ein Rechtsirrtum der Geschäftsführer der Beklagten über die Verbindlichkeit der Anschlussförderung nicht ausreichen. Denn ein Rechtsirrtum entschuldigt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur dann, wenn der Irrende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer anderen Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen brauchte (BGH, Urt. v. 25. Oktober 2006 - VIII ZR 102/06, NJW 2007, 46 Tz. 25 m.w.Nachw.). Insoweit kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, dass das Oberverwaltungsgericht Berlin in einem Beschluss vom 24. Juli 2003 (DVBl. 2003, 1333) dem Land Berlin im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben hat, der Beklagten bis zur Entscheidung des Hauptsacheverfahrens über die Anschlussförderung eine entsprechende finanzielle Hilfe zu gewähren. Denn diese Entscheidung beruhte auf einer bloß summarischen Prüfung der http://www.juris.de/jportal/portal/t/1l6i/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=7&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE018702377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1l6i/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=7&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR006049896BJNE230301377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 10 - Rechtslage. Demgegenüber hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 11. Mai 2006 zu der streitigen Anschlussförderung ausgeführt, ein Subventionsempfänger müsse grundsätzlich damit rechnen, dass bei Eintritt grundlegender Änderungen der allgemeinen Rahmenbedingungen die Subventionen gekürzt würden oder ganz wegfielen (NVwZ 2008, 1184 Tz. 57 f.).
28
2. Der Anspruch ist auch nicht verjährt.
29
Die durch die Neufassung der §§ 195, 199 BGB zum 1. Januar 2002 auf drei Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Berechtigte Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangt hätte, längstens auf zehn Jahre verkürzte Verjährungsfrist (Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB) war bei Klageerhebung im Jahr 2005 nicht abgelaufen. Denn die Entscheidung des Berliner Senats , die Anschlussförderung einzustellen, datiert von Februar 2003. Anhaltspunkte für eine frühere Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis der Klägerin von dem Prospektfehler hat die Beklagte nicht dargetan.
30
IV. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die noch erforderlichen Feststellungen getroffen werden können.
31
Zum einen hat die Beklagte für ihre Behauptung, der Prospektmangel sei nicht ursächlich für die Anlageentscheidung gewesen, Beweis durch Parteivernehmung der Klägerin angetreten. Diesem Beweisantritt wird das Berufungsgericht nachzugehen haben.
32
Zum anderen ist klärungsbedürftig, ob auf die Schadensersatzleistung im Wege des Vorteilsausgleichs neben den erhaltenen Ausschüttungen die erzielten Steuervorteile anzurechnen sind. Das ist dann der Fall, wenn diese Steuervorteile dauerhaft sind, d.h. wenn die Ersatzleistung nicht ihrerseits etwa als Betriebseinnahme nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG besteuert wird. Trotz Versteuerung der Ersatzleistung sind die erzielten Steuervorteile anzurechnen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Anleger außergewöhnliche Steuervorteile erzielt hat (st. Rspr., s. etwa BGH, Sen.Urt. v. 7. Dezember 2009 aaO Tz. 31 m.w.Nachw.).
33
V. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass ein Freistellungsanspruch - wie ein Zahlungsanspruch - nach Grund und Höhe bezeichnet sein muss. Soweit der Gläubiger das nicht kann, ist ein Freistellungsantrag unzulässig und stattdessen auf Feststellung zu klagen (vgl. BGH, Urt. v. 18. März 1980 - VI ZR 105/78, NJW 1980, 1450 = BGHZ 76, 249, insoweit dort nicht abgedruckt; BGHZ 79, 76, 77 f.; v. 4. Juni 1996 - VI ZR 123/95, ZIP 1996, 395, 1396; v. 23. September 2004 - IX ZR 137/03, NJW-RR 2005, 494, 497 a.E.).
Vorsitzender Richter am BGH Strohn Caliebe Prof. Dr. Goette ist wegen Urlaubs an der Unterschrift verhindert Strohn Reichart Bender
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 14.05.2007 - 4a O 342/05 -
KG, Entscheidung vom 13.02.2008 - 26 U 102/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 123/09 Verkündet am:
17. Mai 2011
Stoll
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren, in dem
bis zum 15. April 2011 Schriftsätze eingereicht werden konnten, am 17. Mai
2011 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Bergmann, den Richter Dr. Strohn, die
Richterinnen Caliebe und Dr. Reichart und den Richter Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 26. Zivilsenats des Kammergerichts vom 6. April 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger beteiligte sich mit 50.000 DM an der Grundstücksgesellschaft B. straße GbR (G. -Fonds 18). Die Beklagte - damals noch firmierend unter G. Gemeinnützige Heimstätten-AG, dann umbenannt in G. AG und schließlich umgewandelt in die G. GmbH - ist Gründungsgesellschaf- terin dieses und noch weiterer gleichartiger Fonds. Ihre Anteile wurden mehrheitlich vom Land Berlin gehalten.
2
Die Fonds waren gegründet worden, um Wohnanlagen - größtenteils im sozialen Wohnungsbau - zu errichten und zu vermieten. Die Differenz zwischen der Kostenmiete und der niedrigeren Sozialmiete wurde teilweise durch Aufwendungshilfen des Landes Berlin ausgeglichen (sog. 1. Förderungsweg). Diese Hilfen wurden in einer ersten Förderphase für 15 Jahre ab Bezugsfertigkeit bewilligt. Üblicherweise schloss sich daran eine ebenfalls 15-jährige "Anschlussförderung" an.
3
Abweichend von dieser Verwaltungsübung beschloss der Berliner Senat am 4. Februar 2003 den Verzicht auf die Anschlussförderung für solche Bauvorhaben , bei denen die Grundförderung nach dem 30. Dezember 2002 endete. Darunter fiel auch der G. -Fonds 18. Seither ist der Fonds sanierungsbedürftig.
4
Der Kläger macht verschiedene Prospektmängel geltend. Er hat beantragt festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihn von sämtlichen Verbindlichkeiten aus der Beteiligung an dem Fonds, insbesondere von der quotalen Haftung für die von der Gesellschaft aufgenommenen Bankdarlehen, freizustellen. Ferner hat er die Feststellung begehrt, dass die Beklagte zum Ersatz etwaiger weiterer Schäden verpflichtet sei. Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben, den ersten Feststellungsantrag aber nur insoweit zugesprochen, als die Freistellungspflicht nur Zug um Zug gegen Übertragung des Gesellschaftsanteils zu erfolgen hat und nur die Verbindlichkeiten betrifft, welche die entstandenen Steuervorteile und die an den Kläger erfolgten Ausschüttungen abzüglich der geleisteten Einlage übersteigen. Das Berufungsge- richt hat die Klage auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision hat Erfolg und führt unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
6
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Prospekt stelle zwar die Anschlussförderung unzutreffend als sicher dar, während tatsächlich kein Rechtsanspruch darauf bestanden habe. Die Beitrittsentscheidung des Klägers beruhe aber nicht auf diesem Fehler. Die Kausalität werde nicht vermutet. Dem Kläger sei es auch nicht gelungen, die Kausalität zu beweisen. Die Aussagen der dazu vernommenen Zeugen reichten dafür nicht aus.
7
II. Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
8
1. Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass der Kläger von der Beklagten bei Vertragsschluss nicht zutreffend über die Risiken der Anlage unterrichtet worden ist.
9
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats muss einem Anleger für seine Beitrittsentscheidung ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt vermittelt werden, d.h. er muss über alle Umstände, die für seine Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, insbesondere über die mit der angebotenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken, zutreffend, verständlich und vollständig aufgeklärt werden (BGH, Urteil vom 6. Oktober 1980 - II ZR 60/80, BGHZ 79, 337, 344; Urteil vom 7. April 2003 - II ZR 160/02, WM 2003, 1086, 1088; Urteil vom 7. Dezember 2009 - II ZR 15/08, ZIP 2010, 176 Rn. 18). Das ist hier - wie das Berufungsgericht in fehlerfreier tatrichterlicher Würdigung festgestellt und der Senat für den G. -Fonds 18 auch schon bestätigt hat (BGH, Urteil vom 22. März 2010 - II ZR 178/08, juris Rn. 8 ff.) - durch den verwendeten Prospekt nicht geschehen.
10
a) Ein Prospektfehler liegt danach noch nicht in der Angabe, die Gesellschafter würden für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft entsprechend ihrer Beteiligungsquote haften. Damit wird nicht der Eindruck erweckt, der Umfang dieser quotalen Haftung werde durch Leistungen aus dem Gesellschaftsvermögen zwingend gemindert (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2010 - II ZR 178/08, juris Rn. 10 f.).
11
b) Der Prospekt ist aber insoweit fehlerhaft, als darin der Eindruck erweckt wird, auf die Anschlussförderung bestehe ein Rechtsanspruch.
12
Der Prospekthinweis Nach Ablauf des ersten Förderungszeitraumes von 15 Jahren ist eine Anschlussförderung gesichert. … kann - wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat - so verstanden werden, als sei die Anschlussförderung dem Grunde nach schon bewilligt und es müsse nur noch über das Wie der Förderung entschieden werden.
13
Dieser Eindruck wird durch die Angabe auf S. 19 des Prospekts 2011 endet der 1. Förderungszeitraum. Gemäß den Richtlinien über die Anschlussförderung von Sozialwohnungen wird eine Anschlussförderung gewährt. Diese gewährleistet dauerhaft vertretbare Belastungen … noch verstärkt.
14
Das ist unzutreffend und wird durch den Hinweis auf S. 22 des Prospekts Ein Wegfall der Mittel wäre bei Verletzung der Förderungsbestimmungen denkbar bzw. bei Zahlungsunfähigkeit des Staates (vgl. Anschlussförderung

).

ebenso wenig richtig gestellt wie durch den allgemeinen Hinweis auf S. 33 des Prospekts: Auch können prospektierte Ergebnisse, z.B. [richtig: durch] Änderungen von Gesetzgebungs-, Rechtsprechungs- oder Verwaltungspraxis, beeinflusst werden.
15
Die Anschlussförderung war ein für die Rentabilität des Fonds wesentlicher Umstand. Alle 161 Wohneinheiten sollten im sog. 1. Förderungsweg errichtet werden. Die Beklagte hat selbst vorgetragen, dass ohne Anschlussförderung "kein Investor dieser Welt" auch nur eine einzige Wohnung in Berlin in diesem Marktsegment gebaut hätte, weil nach Ablauf der 15-jährigen Grundförderung die dann noch verbleibende Kostenmiete für Wohnungen dieses Marktsegments nicht zu erzielen gewesen wäre.
16
2. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Prospektfehler sei für die Beitrittsentscheidung des Klägers nicht ursächlich geworden, hält der revisionsrechtlichen Prüfung aber nicht stand.
17
a) Das Berufungsgericht verkennt im Ansatz nicht, dass eine fehlerhafte Aufklärung schon nach der Lebenserfahrung ursächlich für die Anlageentscheidung ist (st. Rspr., siehe etwa BGH, Urteil vom 22. März 2010 - II ZR 66/08, ZIP 2010, 1030 Rn. 17 m.w.N.). Diese Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens sichert das Recht des Anlegers, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in ein bestimmtes Projekt inves- tieren will oder nicht (BGH, Urteil vom 5. Juli 1993 - II ZR 194/92, BGHZ 123, 106, 112 ff.).
18
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, die Kausalitätsvermutung greife hier nicht ein, weil der Kläger bei einer zutreffenden Aufklärung in einen Entscheidungskonflikt gekommen wäre; denn es habe nicht nur eine Möglichkeit aufklärungsrichtigen Verhaltens gegeben.
19
Bei Immobilien, bei denen es in der Regel vordringlich um Sicherheit, Rentabilität und Inflationsschutz geht, ist das Bestehen von Handlungsvarianten nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht geeignet, die auf der Lebenserfahrung beruhende tatsächliche Vermutung der Ursächlichkeit fehlerhafter Prospektdarstellungen für die Anlageentscheidung zu entkräften. Von einem Immobilienfonds erwartet der durchschnittliche Anleger Werthaltigkeit. Deshalb verbietet sich bei einer derartigen Anlageform im Regelfall die Annahme , eine gehörige Aufklärung über wichtige, für eine werthaltige Anlage abträgliche Umstände hätte bei dem Anlageinteressenten allein schon deshalb, weil er mit erheblichen Steuervorteilen geworben wurde, vernünftigerweise mehrere Entscheidungsmöglichkeiten eröffnet, also nur einen "Entscheidungskonflikt" begründet (BGH, Urteil vom 2. März 2009 - II ZR 266/07, ZIP 2009, 764 Rn. 6; Urteil vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05, ZIP 2006, 568 Rn. 24). Vielmehr ist regelmäßig davon auszugehen, dass der Anleger bei richtiger Aufklärung dem Fonds nicht beigetreten wäre. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kommt allenfalls bei hochspekulativen Geschäften in Betracht (BGH, Urteil vom 13. Juli 2004 - XI ZR 178/03, BGHZ 160, 58, 66 f.; s. aber BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, ZIP 2009, 1264 Rn. 22 zur grundsätzlich geltenden Kausalitätsvermutung), zu denen die Investition in einen Immobilienfonds jedoch in aller Regel nicht gehört (BGH, Urteil vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05, ZIP 2006, 568 Rn. 24; Urteil vom 22. März 2010 - II ZR 66/08, ZIP 2010, 1030 Rn. 19).
20
b) Danach wird hier die Kausalität des Prospektfehlers für die Anlageentscheidung vermutet. Bei einem zutreffenden Hinweis auf die rechtliche Ungewissheit der Anschlussförderung wäre es für einen durchschnittlichen Anlageinteressenten durchaus vernünftig gewesen, nicht in dieses Vorhaben zu investieren. Unabhängig von der Anschlussförderung konnte der Anleger mit der Anlage zwar Steuern sparen. Er riskierte aber, dass der Fonds bei Ausbleiben der Anschlussförderung nach 15 Jahren insolvent würde und damit das investierte Kapital verloren wäre. Dem standen keine adäquaten Gewinnchancen gegenüber. Nach der "Liquiditäts- und Prognoserechnung" des Prospekts konnte der Anleger bei normaler Förderung jährlich mit einer Ausschüttung i.H.v. 1,4 % des eingesetzten Kapitals rechnen. Er hätte zwar unter Hinzurechnung der Steuervorteile mehr als seine Einlage verdient gehabt. Von außergewöhnlich hohen Gewinnchancen (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 2004 - XI ZR 178/03, BGHZ 160, 58, 66 f.) kann indes keine Rede sein.
21
Ob das Risiko, die Anschlussförderung werde nicht bewilligt, im Zeitpunkt der Anlageentscheidung als gering einzustufen war, wie das Berufungsgericht angenommen hat, ist ohne Bedeutung. Der Umstand, dass auf die Anschlussförderung kein Rechtsanspruch bestand, stellte die Überlebensfähigkeit des Fonds grundsätzlich in Frage. Das Recht des Anlegers, das Für und Wider selbst abzuwägen und seine Anlageentscheidung in eigener Verantwortung zu treffen, wird in diesen Fällen auch durch unzutreffende Informationen über Umstände , für deren Eintritt eine nur geringe Wahrscheinlichkeit besteht, beeinträchtigt.
22
c) Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens hat die Beklagte nicht widerlegt.
23
Um die Kausalitätsvermutung zu widerlegen, muss der Aufklärungspflichtige darlegen und beweisen, dass der Anleger den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe auch andere Risiken hingenommen, so dass ihn auch dieses weitere Risiko nicht von der Zeichnung der Anlage abgehalten hätte, genügt dazu nicht. Ein solcher Schluss ist nicht tragfähig. Vielmehr kann ein Anleger, der schon zahlreiche Risiken übernommen hat, ebenso gut nicht mehr bereit sein, noch weitere Risiken zu übernehmen.
24
Auch die vom Berufungsgericht durchgeführte Beweisaufnahme hat die Kausalitätsvermutung nicht zu erschüttern vermocht. Das Berufungsgericht hat angenommen, damit sei die Kausalität nicht bewiesen. Das reicht nicht aus, um die gegenteilige Vermutung zu entkräften.
25
III. Die angefochtene Entscheidung ist auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis richtig (§ 561 ZPO).
26
1. Nach dem für das Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt trifft die Beklagte an der unrichtigen Darstellung in dem Prospekt ein Verschulden.
27
Das Verschulden wird in den Fällen der Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet. Zu der Frage, ob diese Vermutung widerlegt ist, hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen. http://www.juris.de/jportal/portal/t/1l6i/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=7&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE018702377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1l6i/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=7&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR006049896BJNE230301377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 10 -
28
Dazu würde ein Rechtsirrtum der Geschäftsführer der Beklagten über die Verbindlichkeit der Anschlussförderung nicht ausreichen. Denn ein Rechtsirrtum entschuldigt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur dann, wenn der Irrende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer anderen Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen brauchte (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2006 - VIII ZR 102/06, NJW 2007, 428 Rn. 25 m.w.N.). Insoweit kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, dass das Oberverwaltungsgericht Berlin in einem Beschluss vom 24. Juli 2003 (DVBl 2003, 1333) dem Land Berlin im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben hat, der Beklagten bis zur Entscheidung des Hauptsacheverfahrens über die Anschlussförderung eine entsprechende finanzielle Hilfe zu gewähren. Denn diese Entscheidung beruhte auf einer bloß summarischen Prüfung der Rechtslage. Demgegenüber hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 11. Mai 2006 zu der streitigen Anschlussförderung ausgeführt, ein Subventionsempfänger müsse grundsätzlich damit rechnen, dass bei Eintritt grundlegender Änderungen der allgemeinen Rahmenbedingungen die Subventionen gekürzt würden oder ganz wegfielen (NVwZ 2008, 1184 Rn. 57 f.).
29
2. Der Anspruch ist auch nicht verjährt.
30
Die durch die Neufassung der §§ 195, 199 BGB zum 1. Januar 2002 auf drei Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Berechtigte Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangt hätte, längstens auf zehn Jahre verkürzte Verjährungsfrist (Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB) war bei Klageeinreichung im Jahr 2006 nicht abgelaufen und wurde durch die demnächst erfolgte Zustellung im Jahr 2007 gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, § 167 ZPO gehemmt. Denn die Entscheidung des Berliner Senats, die Anschlussförderung einzustellen , datiert von Februar 2003. Anhaltspunkte für eine frühere Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers von dem Prospektfehler hat die Beklagte nicht dargetan.
31
IV. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die noch erforderlichen Feststellungen getroffen werden können.
32
Die Beklagte hat für ihre Behauptung, der Prospektmangel sei nicht ursächlich für die Anlageentscheidung gewesen, Beweis durch Parteivernehmung des Klägers angetreten. Diesem Beweisantritt wird das Berufungsgericht nachzugehen haben.
33
Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass ein Freistellungsanspruch - wie ein Zahlungsanspruch - nach Grund und Höhe bezeichnet sein muss. Soweit der Gläubiger das nicht kann, ist ein Freistellungsantrag unzulässig und stattdessen auf Feststellung zu klagen (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2010 - II ZR 66/08, ZIP 2010, 1030 Rn. 33 m.w.N.). Bergmann Strohn Caliebe Reichart Sunder
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 22.06.2007 - 36 O 13/07 -
KG, Entscheidung vom 06.04.2009 - 26 U 158/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 27/10
Verkündet am:
14. April 2011
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. April 2011 durch den Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter Dörr,
Dr. Herrmann, Hucke und Tombrink

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 15. Januar 2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an den 3. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger zeichnete zunächst am 27. Februar 2002 eine Beteiligung an der F. Beteiligungsgesellschaft 75 GmbH & Co. KG (im Folgenden: F. - Fonds 75), einem geschlossenen Immobilienfonds, über 50.000 € zuzüglich Agio. Am gleichen Tag erhielt er dazu einen farbigen, 125 Seiten umfassenden Prospekt. Nachdem der zur Finanzierung des Anlagebetrags gewünschte Bankkredit unter Hinweis auf eine negative Einschätzung des Fonds im sogenannten "G. -Report", der auch dem Kläger zugänglich gemacht wurde, abgelehnt worden war, wurde seine Beitrittserklärung einvernehmlich "entwer- tet". Nach weiteren Gesprächen mit den Mitarbeitern der Beklagten, L. und S. , zeichnete er am 11. März 2002 und 19. April 2002 erneut Beteiligungen am F. -Fonds 75 über 20.000 € und 30.000 €, jeweils zuzüglich Agio. Diese Beträge wurden von unterschiedlichen Kreditinstituten finanziert.
2
Der Kläger hat die Beklagte auf Schadensersatz in Anspruch genommen, weil sich der F. -Fonds 75 nicht seinen Erwartungen entsprechend entwickelt habe und die der Zeichnung seiner Beteiligungen vorausgegangene Beratung hinsichtlich der bestehenden Risiken sowie der Eignung für eine sichere Altersvorsorge unzutreffend gewesen sei. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Gegen das Urteil des Oberlandesgerichts richtet sich seine vom Senat zugelassene Revision, mit der er seine bisherigen Klageanträge weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe


3
Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

I.


4
Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch verneint, weil zwischen den vom Kläger behaupteten Beratungspflichtverletzungen und der Zeichnung der jeweiligen Beteiligungen kein ursächlicher Zusammenhang festgestellt werden könne. Dabei komme es auf die Angaben des Beraters L. im Zusammenhang mit der Beitrittserklärung vom 27. Februar 2002 nicht an, weil diese später ohnehin storniert worden sei. Zudem sei nicht erkennbar, dass sich eine besonders günstige, schönfärberische Darstellung des Fonds auf die weiteren Beitrittserklärungen des Klägers entscheidend ausgewirkt habe. Denn derartige Angaben, insbesondere zu einer "sicheren Altersvorsorge", seien jedenfalls durch den dem Kläger bereits am 27. Februar 2002 überreichten Prospekt in Frage gestellt und maßgeblich relativiert worden. Darüber hinaus sei der Kläger durch den so genannten G. -Report, den er nach eigenen Angaben gelesen habe, über die Risiken der Anlage eingehend aufgeklärt worden. Auch soweit die Berater L. und S. seine auf dem Inhalt des G. -Reports beruhenden Bedenken zerstreut haben sollten, sei dies für die Anlageentscheidung nicht kausal gewesen. Die in diesem Report wiedergegebenen Fakten und Rückschlüsse seien nicht als unrichtig hingestellt worden, es habe sich lediglich um Hinweise auf dieser Veröffentlichung zugrunde liegende Beweggründe gehandelt. Letztlich ließen die Angaben des in Anlagegeschäften erfahrenen Klägers bei seiner mündlichen Anhörung die Möglichkeit offen, dass er unabhängig von einer "Überredung" aufgrund eigener Entscheidung und Prüfung etwaiger Bedenken entschlossen gewesen sei, dem Fonds beizutreten.

II.


5
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision in mehrfacher Hinsicht nicht stand. Ausgehend von dem für die revisionsrechtliche Beurteilung zugrunde zu legenden, mit tauglichen Beweisangeboten versehenen, Vortrag des Klägers zu Beratungspflichtverstößen ist die Beurteilung des Berufungsgerichts , das geschilderte Verhalten der Mitarbeiter der Beklagten habe keine ent- scheidende Auswirkung auf den Entschluss des Klägers gehabt, die Beteiligungen am F. -Fonds 75 zu zeichnen, rechtsfehlerhaft.
6
1. Die Durchführung einer Beweisaufnahme über die Behauptungen des Klägers zu den Erklärungen der Berater L. und S. - auch schon anlässlich der Beratung vor Zeichnung der später stornierten Beteiligung am 27. Februar 2002 - bezüglich der Eignung für eine sichere Altersvorsorge und bestehender Risiken war nicht deshalb entbehrlich, weil der ihm übergebene Prospekt mögliche unzutreffende Angaben in Frage gestellt hat und ausreichende Hinweise auf die Gefahr geringerer oder ganz ausbleibender Ausschüttungen sowie ein Totalverlustrisiko enthielt. Diese Auffassung widerspricht der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats.
7
Danach kann eine ordnungsgemäße Erfüllung der bestehenden Aufklärungspflichten gegenüber dem Anlageinteressenten zwar auch durch Übergabe von Prospektmaterial erfolgen, sofern der Prospekt nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln , und dem Anlageinteressenten so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss übergeben wird, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann. Der Umstand indes, dass ein solcher Prospekt Chancen und Risiken der Anlage hinreichend verdeutlicht, ist kein Freibrief für den Berater oder Vermittler, Risiken abweichend hiervon darzustellen und ein Bild zu zeichnen, das die Hinweise und Erläuterungen im Prospekt entwertet oder für die Entscheidungsbildung des Anlegers mindert (vgl. z.B. Senatsurteile vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09, NJW-RR 2010, 1623 Rn. 15, vom 19. Juni 2008 - III ZR 159/07, juris Rn. 7, jeweils vom 12. Juli 2007 - III ZR 83/06, NJW-RR 2007, 1690 Rn. 10, und III ZR 145/06, NJW-RR 2007, 1692 Rn. 9). Hinzu kommt, dass der Anleger, der bei seiner Entscheidung die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse eines Anla- geberaters oder -vermittlers in Anspruch nimmt, den Ratschlägen, Auskünften und Mitteilungen des Beraters oder Vermittlers, die dieser ihm in einem persönlichen Gespräch unterbreitet, besonderes Gewicht beimisst. Die notwendig allgemein gehaltenen und mit zahlreichen Fachbegriffen versehenen Prospektangaben treten demgegenüber regelmäßig in den Hintergrund (vgl. Senatsurteil vom 22. Juli 2010, aaO).
8
Nach diesen Grundsätzen liegt im Streitfall, sofern sich die Behauptungen des Klägers zum Inhalt der Beratung, insbesondere zu einer beschönigenden Darstellung des Fonds - an denen er durchgängig festgehalten hat, und von denen auch das Berufungsgericht ausgegangen ist -, als zutreffend erweisen , ein für die Zeichnungsentscheidung ursächliches Beratungs- und Aufklärungsverschulden vor, das sich die Beklagte nach §§ 276, 278 BGB zurechnen lassen muss.
9
2. Ein weiterer durchgreifender Mangel des Berufungsurteils liegt darin, dass die Ursächlichkeit eines Beratungsfehlers und damit eine Haftung der Beklagten auch deshalb verneint worden ist, weil der Kläger nicht nur durch den Prospekt, sondern auch durch den sogenannten G. -Report eine eingehende Aufklärung über die fragliche Anlage und die damit verbundenen Risiken erhalten habe. Das Berufungsgericht übersieht bereits im Ausgangspunkt, dass der G. -Report der Ursächlichkeit eines Aufklärungs- und Beratungsverschuldens nur insoweit entgegenstehen kann, als entsprechende Risiken darin überhaupt angesprochen worden sind. Der Inhalt, vor allem der in den Vordergrund gestellte Hinweis auf teilweise nur kurzfristige Mietverträge und die sich daraus ergebende zweifelhafte Vollvermietung des Anlageobjekts, stehen der Ursächlichkeit eines Beratungsfehlers für die Anlageentscheidung des Klägers jedoch nicht entgegen. Denn der Kläger hat über die vom Berufungsgericht auf- gezählten, im G. -Report enthaltenen Informationen hinaus unter Beweisantritt geltend gemacht, die Berater L. und S. hätten ihm mitgeteilt , er brauche im schlimmsten Fall "mal" mit reduzierten Ausschüttungen für ein bis zwei Jahre zu rechnen; über ein Totalverlustrisiko sei er nicht aufgeklärt worden. Dieses Vorbringen ist für die Beurteilung der Kausalität von maßgeblicher Bedeutung, vom Berufungsgericht aber ersichtlich unberücksichtigt gelassen worden. Der Report enthält gerade keine Richtigstellung und keinen Bezug zu den behaupteten Angaben der Berater bezüglich eines etwa nur "eingeschränkten" Risikos und auch sonst keinen unmittelbaren Hinweis auf ein Totalverlustrisiko. Aus dem vom Berufungsgericht dargestellten wesentlichen Inhalt des Reports könnte ein hinreichend sachkundiger oder besonders misstrauischer Anlageinteressent allenfalls mittelbar den Rückschluss ziehen, dass sogar die Gefahr eines vollständigen Verlustes der eingesetzten Gelder bestehen kann. Da aber dieses für die Anlageentscheidung besonders wesentliche Risiko nicht ausreichend deutlich wird, konnten insoweit das Beratungsdefizit und dessen Ursächlichkeit für die Anlageentscheidung durch den "G. -Report" nicht beseitigt werden.
10
3. Die Revision rügt weiter im Ergebnis zu Recht, dass die Würdigung des Berufungsgerichts, das spätere Verhalten der Berater L. und S. , die dem Kläger Bedenken aufgrund des G. -Reports gegen die Seriosität des Fonds ausgeredet haben sollen, sei für die Anlageentscheidung nicht ursächlich gewesen, ebenfalls von Rechtsfehlern beeinflusst ist. Denn bereits in der Klageschrift und unter Hinweis darauf im Berufungsverfahren hat der Kläger mit entsprechenden Beweisangeboten vorgetragen, der G. -Report sei nicht nur als durch Neid veranlasst, sondern auch inhaltlich als unzutreffend dargestellt worden. Dabei mag es zwar sein, dass er diesen Vortrag in seiner persönlichen Anhörung so nicht ausdrücklich wiederholt hat. Gleichwohl hätte das Berufungsgericht diesen jedoch nicht, jedenfalls nicht ohne eine entsprechende Nachfrage, übergehen dürfen.
11
a) In seiner persönlichen Anhörung vor dem Berufungsgericht hat der Kläger zwar mitgeteilt, dass inhaltliche Argumente zur Richtigkeit des G. - Reports, den er zuvor gelesen habe, wohl nicht geäußert worden seien. Diese Angaben sind jedoch entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht allein maßgebend, sondern im Zusammenhang mit seinen weiteren Äußerungen zu beurteilen. Danach sollen die Berater L. und S. dem Kläger sinngemäß erläutert haben, dass hinter dem Report die N. Landesbank stecke, die diesen initiiert habe, und alles nur "Mache" sei, weil sie an der Finanzierung des F. -Fonds nicht beteiligt gewesen sei. So seien ihm und den Eheleuten B. die auf dem G. -Report fußenden Bedenken ausgeredet worden. Der Berater S. habe noch zusätzlich erklärt, er habe mit einem Mitarbeiter der Sparkasse B. telefoniert und ihm dabei erklärt, er verbitte sich, dass die Sparkasse den F. -Fonds schlecht rede.
12
b) Diese vom Kläger behaupteten Äußerungen der Anlageberater legen bei unbefangener Betrachtung aber die Annahme nahe, dass die im G. - Report enthaltenen Ausführungen damit auch als inhaltlich unrichtig dargestellt werden sollten. Der Kläger konnte jedenfalls den deutlichen Hinweis auf eine angeblich sachwidrig motivierte Veranlassung des Reports im Hinblick auf das im Vordergrund stehende Ziel der Berater, ihn von der Werthaltigkeit des Fonds zu überzeugen, nur dahin verstehen, dass die darin enthaltenen Bedenken auch der Sache nach unbegründet waren, wie er dies auch in der Klageschrift bereits ausgeführt hatte. Die Wertung des Berufungsgerichts, es habe sich lediglich um die Darstellung der Beweggründe für eine derartige Berichterstattung gehandelt, berücksichtigt nicht den Gesamtzusammenhang der Äußerungen des Klägers und geht deshalb am wesentlichen Kern dessen vorbei, was er erkennbar hat zum Ausdruck bringen wollen.
13
4. Letztlich verkennt das Berufungsgericht auch die Rechtsprechung des Senats, wonach für einen Ursachenzusammenhang zwischen einer Beratungspflichtverletzung und der Anlageentscheidung und dafür, dass der Anlageinteressent bei richtiger Aufklärung von der Zeichnung der Anlage abgesehen hätte , eine durch die Lebenserfahrung begründete (tatsächliche) Vermutung streitet , die von dem Aufklärungspflichtigen durch konkreten Vortrag zu entkräften ist (vgl. z.B. Senatsurteile vom 22. Juli 2010, aaO, Rn. 20; vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, NJW 2010, 3292 Rn. 20 mwN; vom 19. Juni 2008, aaO Rn. 8 und vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05, WM 2006, 668, 671). Ausgehend von diesen Grundsätzen ist deshalb auch die Annahme im Berufungsurteil, die Angaben des Klägers in seiner mündlichen Anhörung ließen die Möglichkeit offen, dass er unabhängig von einer "Überredung" durch die Mitarbeiter der Beklagten aufgrund eigener Entscheidung und Prüfung bestehender Bedenken entschlossen gewesen sei, dem Fonds beizutreten, von Rechtsfehlern beeinflusst.
14
5. Aus diesen Gründen kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Da der Rechtsstreit mangels der erforderlichen Feststellungen nicht zur Endentscheidung reif ist, war das Berufungsurteil aufzuheben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Es wird dabei gegebenenfalls auch Gelegenheit haben, Feststellungen zur Frage des Eintritts der Verjährung zu treffen; insoweit wird auf die bereits erwähnten Senatsentscheidungen vom 22. Juli 2010 (aaO, Rn. 9 ff) und 8. Juli 2010 (aaO, Rn. 22 ff) sowie das weitere Senatsurteil vom 22. Juli 2010 (III ZR 99/09, NZG 2011, 68 Rn. 13 ff) verwiesen.
15
6. Der Senat hat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.
Schlick Dörr Herrmann
Hucke Tombrink
Vorinstanzen:
LG Bremen, Entscheidung vom 23.04.2009 - 2 O 2547/07 -
OLG Bremen, Entscheidung vom 15.01.2010 - 2 U 70/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 355/02 Verkündet am:
13. Januar 2004
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
BGB §§ 249 (Fb), 250, 276 (Hb, Hc)

a) Empfiehlt eine kreditgebende Bank einem Anlageinteressenten eine Beteiligung
an einem Bauherrenmodell, so muß sie ihn ungefragt informieren,
wenn die erzielten Mieterträge der in einem steuersparenden Bauherrenmodell
bereits erstellten Eigentumswohnungen nicht den im Anlageprospekt
prognostizierten Mieten entsprechen und die Vermietung der Wohnungen
Schwierigkeiten bereitet.

b) Ein Freistellungsanspruch wandelt sich in einen Zahlungsanspruch des Geschädigten
um, wenn der Schädiger jeden Schadensersatz ernsthaft und
endgültig verweigert und der Geschädigte Geldersatz fordert.

c) Zur Berechnung und Abwicklung des dem Anleger und Kreditnehmer entstandenen
Schadens.
BGH, Urteil vom 13. Januar 2004 - XI ZR 355/02 - KG Berlin
LG Berlin
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 13. Januar 2004 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe,
die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die Richterin
Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 28. August 2002 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten entschieden hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache auf die Revision der Beklagten zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Anschlußrevision der Klägerin wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin begehrt aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemannes - eines Rechtsanwalts und Notars - von der beklagten Bank Schadensersatz wegen fehlerhafter Beratung und unzureichender Information im Zusammenhang mit einer Beteiligung an einem steuersparenden Bauherrenmodell. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Im September 1996 suchte der Ehemann der Klägerin die vormalige G.Bank (nachfolgend: Beklagte) auf, um ein Darlehen für eine Steuernachzahlung aufzunehmen. Der Kundenberater schlug ihm vor, die Steuerschuld durch eine Beteiligung an einem Bauherrenmodell "wegzudrücken", empfahl ein Kaufgespräch mit der W. Immobilien GmbH (nachfolgend: Bauträgerin), einer zur "G.Bank-Gruppe" gehörenden Gesellschaft, und veranlaßte die Übersendung des Emissionsprospekts für ein Objekt in der Nähe von B.. In dem Prospekt mit der Aufschrift "Ein Angebot der G. Bank-Gruppe" wurden noch zu erstellende Eigentumswohnungen im ersten von insgesamt fünf Bauabschnitten zum Kauf angeboten. Nach den Prognoseberechnungen des Herausgebers war mit Mieten von durchschnittlich 14 DM/qm und einer Mieterhöhung auf 15 DM/qm ab 2001 sowie mit weiteren jährlichen Steigerungen von 3% zu rechnen, wobei auf mögliche Abweichungen hingewiesen wurde.
Am 10. September 1996 fand ein Gespräch des damaligen Geschäftsführers der Bauträgerin und des Kundenberaters der Beklagten mit dem Ehemann der Klägerin in dessen Kanzlei statt, bei dem das Bauobjekt entsprechend den Prospektangaben als ein über die Bauträ-
gerin vermarktetes Produkt der Beklagten bezeichnet wurde. Zu diesem Zeitpunkt war bereits einem ihrer Vorstandsmitglieder bekannt, daß von 153 im Jahr 1995 und 12 im ersten Halbjahr 1996 verkauften Wohnungen nur 138 vermietet waren und die durchschnittliche Miete entgegen den Prospektangaben lediglich 13 DM/qm betrug. Gleichwohl riet der Geschäftsführer der Bauträgerin dem Ehemann der Klägerin im Hinblick auf angeblich eine Vielzahl von Mietinteressenten vom Abschluß eines Mietgarantievertrages ab.
Die Klägerin und ihr Ehemann schlossen am 23. September 1996 einen Kaufvertrag über zehn Eigentumswohnungen mit Pkw-Stellplätzen in dem Objekt zu einem Preis von 3.083.643 DM ab. Zur Finanzierung des Geschäfts erhielt der Ehemann der Klägerin, der alle mit dem Erwerb der Wohnungen verbundenen Kosten allein trug, von der Beklagten am 27. November/5. Dezember 1996 einen Realkredit über 2.740.000 DM und außerdem zur privaten Disposition Kontokorrentkredite von insgesamt 896.000 DM. Nach Zahlung des Kaufpreises übernahmen die Eheleute die Wohnungen ab Mai 1997, konnten sie aber erst im Laufe der nächsten drei Jahre zu Preisen zwischen 10 DM/qm und 13,04 DM/qm vermieten. Über das Vermögen der Bauträgerin wurde am 1. Oktober 1998 das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet.
Nach Ansicht der Klägerin ist die Beklagte für die falschen oder unvollständigen Prospektangaben über die Ertragsfähigkeit der erworbenen Eigentumswohnungen verantwortlich und aufgrund eines Beratungsund eines vorvertraglichen Aufklärungsverschuldens verpflichtet, den gezahlten Kaufpreis einschließlich aller angefallenen Kosten sowie die
infolge der Rückabwicklung des Kaufvertrages zu erwartenden Steuernachzahlungen abzüglich der Mieteinnahmen zu ersetzen.
Das Landgericht hat die auf Zahlung von 2.292.870,50 Zinsen Zug-um-Zug gegen Übereignung der zehn Eigentumswohnungen und Abtretung sie betreffender Gewährleistungsansprüche gerichteten Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr in Höhe von 1.841.497,50 en. Mit der - zugelassenen - Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils, die Klägerin mit der Anschlußrevision eine vollumfängliche Verurteilung.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Beklagten ist begründet; sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Anschlußrevision der Klägerin ist nicht begründet.

I.


Das Berufungsgericht hat eine Schadensersatzhaftung der Beklagten bejaht und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
Die Klägerin sei aktivlegitimiert. Es könne offenbleiben, ob sie als Miterwerberin der Eigentumswohnungen aus eigenem Recht gegen die
Beklagte vorgehen könne, weil sie in jedem Fall aufgrund der Abtretungsvereinbarung vom 16. Dezember 1999 den ihrem Ehemann zustehenden Schadensersatzanspruch geltend machen könne. Das Abtretungsverbot des § 399 BGB finde keine Anwendung. Die Schadensersatzforderung des Ehemannes sei nicht auf Freistellung von der zur Finanzierung des Kaufpreises begründeten Darlehensverbindlichkeit, sondern auf Geld gerichtet. Nachdem die Zahlungsansprüche der Bauträgerin unstreitig unter Einsatz der Darlehensvaluta befriedigt worden seien, fehle es bereits an der erforderlichen tatsächlichen Beschwernis mit einer Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten. Die "Freistellung" von der Kreditverbindlichkeit diene nur der Vereinfachung, nämlich der Abkürzung des Zahlungswegs und der Miterfassung noch entstehender Kreditkosten. Dies ändere indessen nichts daran, daß der Zahlungsanspruch und der Anspruch auf Freistellung Ausprägungen ein und desselben Anspruchs auf Vermögensausgleich seien.
Unbeschadet der Frage, ob die Beklagte eine im Rahmen der Prospekthaftung relevante Garantenstellung innegehabt habe, führe ihr Engagement auf seiten der Bauträgerin zu einer Haftung wegen Aufklärungs - oder Beratungsverschuldens gegenüber dem Zedenten. Dadurch, daß der Anlageberater der Beklagten ihn auf das Anlageobjekt hingewiesen , das Prospektmaterial besorgt und die Vertragsverhandlungen mit der Bauträgerin begleitet habe, sei jedenfalls der Tatbestand einer Anlagevermittlung erfüllt. Der dadurch begründeten Pflicht zur richtigen und vollständigen Information über die für den Anlageentschluß bedeutsamen Umstände sei die Beklagte nicht nachgekommen. Vielmehr hätte ihr Kundenberater den aufklärungsbedürftigen Ehemann der Klägerin bei dem Gespräch vom 10. September 1996 - auch im Hinblick auf die beab-
sichtigte "Großinvestition" - darauf hinweisen müssen, daß von 160 verkauften Wohnungen nur 138 vermietet seien und die Durchschnittsmiete nicht wie im Prospekt angegeben 14 DM/qm, sondern lediglich 13 DM/qm betrage. Ferner sei er über Risiken für die Verwirklichung der weiteren Bauabschnitte und über die Liquiditätsprobleme der Bauträgerin zu informieren gewesen.
Die von der Beklagten zu verantwortenden Fehlvorstellungen des Ehemannes der Klägerin seien für die Anlageentscheidung auch ursächlich geworden. Im Wege des Schadensersatzes könne die Klägerin verlangen , so gestellt zu werden, wie sie und ihr Ehemann gestanden hätten , wenn die Anlageentscheidung nicht getroffen worden wäre. Die Beklagte habe daher den für das Anlageobjekt gezahlten Kaufpreis in Höhe von 3.083.643 DM, die im Zusammenhang mit der Investition angefallenen Nebenkosten über 70.772 DM, die Kreditkosten von insgesamt 636.731,23 DM und die Kosten der Bewirtschaftung von 104.612,76 DM zu ersetzen, was unter Abzug der Mieteinnahmen den ausgeurteilten Betrag von 3.601.656,10 DM (= 1.841.497,50 !
Die im Falle der Rückabwicklung des Bauträgervertrages auf die Klägerin und ihren Ehemann zukommenden Steuernachzahlungen über # +-, 546 451.373,06 " %$& ' ( ) * %. / '/ ( 0 213 / rden aus der Kapitalanlage erwachsene Vorteile ausgeglichen, die andernfalls schadensmindernd zu berücksichtigen wären. Nach § 252 BGB umfasse der Schadensersatzanspruch des Anlegers zwar grundsätzlich auch den entgangenen Gewinn, der ihm ohne das schädigende Ereignis zugeflossen wäre. Es gebe aber keinen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, daß die Beteiligung an einem Bauherrenmodell immer gewinn-
bringend sei. Daß sich der Ehemann der Klägerin an einem anderen - erfolgreichen - Bauobjekt beteiligt hätte und dort die angestrebten Steuervorteile realisiert worden wären, sei nicht substantiiert dargelegt.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung im wesentlichen stand, berücksichtigen aber nicht alle für die Berechnung und Abwicklung des Schadens des Zedenten erheblichen Umstände.
A. Revision der Beklagten
1. Das Berufungsgericht hat die Klägerin im Ergebnis zutreffend als berechtigt angesehen, die an sie abgetretenen Schadensersatzansprüche ihres Ehemannes geltend zu machen. Entgegen der Ansicht der Revision war die Abtretung nicht gemäß § 399 BGB ausgeschlossen. Danach kann zwar eine Forderung nicht abgetreten werden, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung seines Inhalts erfolgen kann. Eine auf Befreiung von einer Verbindlichkeit gerichtete Forderung ist daher im allgemeinen nicht abtretbar (BGHZ 12, 136, 141; 41, 203, 205; BGH, Urteil vom 12. März 1993 - V ZR 69/92, WM 1993, 1557, 1559 m.w.Nachw.). Daraus vermag die Revision aber nichts für sich herzuleiten. Dabei kann offenbleiben, ob der Ansicht des Berufungsgerichts gefolgt werden könnte, nach der der Schadensersatzanspruch des Ehemannes der Klägerin gegen die Beklagte in seiner Gesamtheit von vornherein auf Geld und nicht nach
§ 257 BGB auf Befreiung von der zur Finanzierung der Kapitalanlage begründeten Darlehensverbindlichkeiten gerichtet war. Darauf kommt es nicht entscheidend an, weil ein etwaiger Befreiungsanspruch gemäß § 250 Satz 2 BGB in einen Geldanspruch übergegangen ist.
Diese Vorschrift eröffnet dem Geschädigten die Möglichkeit, unabhängig von den §§ 249 Abs. 2, 251 BGB zu einem Anspruch auf Geldersatz zu gelangen, wenn er dem Ersatzpflichtigen erfolglos eine Frist zur Herstellung, d.h. hier Haftungsfreistellung, mit Ablehnungsandrohung setzt. Dem steht es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gleich, wenn der Schuldner die geforderte Herstellung oder überhaupt jeden Schadensersatz ernsthaft und endgültig verweigert. Dann wandelt sich der Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch um, wenn der Geschädigte Geldersatz fordert (BGH, Urteile vom 7. Januar 1965 - VII ZR 28/63, WM 1965, 287, 289, vom 11. Juni 1986 - VIII ZR 153/85, WM 1986, 1115, 1117, vom 26. Februar 1991 - XI ZR 331/89, WM 1991, 1002, vom 29. April 1992 - VIII ZR 77/91, WM 1992, 1074, 1076, vom 12. März 1993 - V ZR 69/92, WM 1993, 1557, 1559 f., vom 31. Januar 1996 - VIII ZR 243/94, WM 1996, 1282, 1283 und vom 10. Februar 1999 - VIII ZR 70/98, WM 1999, 779, 781).
So liegt der Fall hier. Die Beklagte hat von Anfang an nicht nur die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten, sondern eine Schadensersatzverpflichtung insbesondere aus einem Beratungsverschulden schon dem Grunde nach strikt abgelehnt. Für die Klägerin und ihren Ehemann mußte sich daher der Eindruck aufdrängen, daß eine Nachfrist die Beklagte nicht umstimmen würde, sondern lediglich eine leere und sinnlose Förmelei wäre.

2. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht ein Aufklärungs- und Beratungsverschulden der Beklagten gegenüber dem Zedenten zu Recht bejaht.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats kommt zwischen der Bank und ihrem Kunden konkludent ein Beratungsvertrag zustande, wenn - gleichgültig ob auf Initiative des Kunden oder aber der Bank - im Zusammenhang mit einer Anlageentscheidung tatsächlich eine Beratung stattfindet (Senat BGHZ 123, 126, 128, Urteile vom 28. Januar 1997 - XI ZR 22/96, WM 1997, 662 f. und vom 24. September 2002 - XI ZR 345/01, WM 2002, 2281, 2283, insoweit in BGHZ 152, 114 ff. nicht abgedruckt). Das war hier der Fall.
Die Beklagte hat dem Ehemann der Klägerin, der lediglich ein Darlehen zur Begleichung einer Steuernachzahlung aufnehmen wollte, von sich aus geraten, die Steuerschuld durch Beteiligung an einem Bauherrenmodell "wegzudrücken", dafür das Modell einer Bauträgerin, an der sie über eine Tochtergesellschaft maßgeblich beteiligt war, empfohlen , die Übersendung des Emissionsprospekts veranlaßt und sich außerdem auch noch an dem entscheidenden Verkaufsgespräch über zehn Eigentumswohnungen zu einem Preis von mehr als drei Millionen DM beteiligt.

b) Aufgrund des danach konkludent geschlossenen Beratungsvertrages war die Beklagte unter anderem zu einer zutreffenden, negative Fakten nicht verschweigenden, aktuellen Information über das Anlageobjekt , dessen Rentabilität und die damit verbundenen spezifischen Risi-
ken verpflichtet. Denn nur aufgrund von Informationen, die ein zutreffen- des aktuelles Bild über die empfohlene Anlage boten, war der Ehemann der Klägerin, der der Beklagten besonderes Vertrauen entgegenbrachte und erkennbar von deren besonderen Kenntnissen und Verbindungen hinsichtlich des Anlageobjekts profitieren wollte, in der Lage, eine sachgerechte Anlageentscheidung zu treffen.
Diese Pflichten hat die Beklagte entgegen der Ansicht der Revision zumindest hinsichtlich der Ertragsfähigkeit der von der Klägerin und ihrem Ehemann erworbenen Eigentumswohnungen verletzt. Als das Gespräch zwischen dem Ehemann der Klägerin und dem damaligen Geschäftsführer der Bauträgerin in Gegenwart des Kundenberaters der Beklagten im September 1996 geführt wurde, stand ein erheblicher Teil der bereits erstellten Eigentumswohnungen mindestens seit einem halben Jahr leer. Gleichwohl erklärte der Geschäftsführer der Bauträgerin, ohne daß der Kundenbetreuer der Beklagten dem entgegentrat, angesichts der Vielzahl von Mietinteressenten sei der Abschluß eines Mietgarantievertrages nicht sinnvoll. Zudem betrug die tatsächlich erzielte Miete durchschnittlich nur 13 DM/qm und nicht wie im Prospekt prognostiziert 14 DM/qm. Darauf mußte der Kundenberater den Ehemann der Klägerin - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - ungefragt hinweisen.
Dem kann - anders als die Revision meint - nicht entgegengehalten werden, daß die Abweichung der Mieterträge von den Prospektangaben zu geringfügig gewesen sei, um eine Aufklärungspflicht der Beklagten zu begründen. Zwar mag die zum damaligen Zeitpunkt bestehende Mietdifferenz in Höhe von rund 1 DM/qm auf den ersten Blick nicht sehr
bedeutsam erscheinen. Schon die Tatsache, daß die Vermietung der Eigentumswohnungen ins Stocken geraten war, konnte aber für sich genommen einen zur Vorsicht neigenden Anleger vom Kauf abhalten. Darüber hinaus war es nicht nur die aktuelle Mietdifferenz, die den Ertrag und damit den Verkehrswert der Immobilie herabminderte. Vielmehr mußten auch die im Prospekt prognostizierten Mietsteigerungen angesichts der im September 1996 in B. und im B. Umland bestehenden Marktverhältnisse und deren voraussichtlicher Entwicklung nach unten korrigiert werden. Von einer nur geringfügigen, die Bagatellgrenze nicht überschreitenden und für die Anlageentscheidung unbedeutenden Wertbeeinträchtigung kann unter solchen Umständen angesichts des beabsichtigten Kaufs von zehn Eigentumswohnungen keine Rede sein.
Ob die Ertragsangaben und prognostizierten Mietsteigerungen bei Erstellung des Prospektes realistisch waren, ist entgegen der Auffassung der Revision ohne Bedeutung. Die Pflichtverletzung der Beklagten beruht nicht auf einem ihr zuzurechnenden Prospektfehler, sondern allein darauf , daß die zum Zeitpunkt der vertraglich geschuldeten Information bestehende Vermietungssituation und Ertragslage sowie deren voraussichtliche Entwicklung in den nächsten Jahren verschwiegen wurden.

c) Die Beklagte hat ihre Pflicht, über die Höhe der durchschnittlich erzielten Miete und die Vermietungssituation aktuell und richtig zu informieren , auch schuldhaft verletzt. Das gilt auch dann, wenn ihr tätig gewordener Kundenberater darüber nicht informiert gewesen sein sollte. Aufgrund des Projektstandsberichts von Mai 1996 steht fest, daß die aufklärungsbedürftigen Umstände einem Vorstandsmitglied der Klägerin bekannt waren. Dieses Wissen mußte bei ordnungsgemäßer Organisati-
on der Kommunikation zum Schutze des Ehemanns der Klägerin, der nicht allein deshalb schlechter gestellt werden darf, weil Vertragspartner nicht eine natürliche Person, sondern eine Bank mit organisationsbedingter Wissensaufspaltung ist, akten- oder EDV-mäßig dokumentiert, für alle mit der Vermarktung des Bauträgermodells befaßten Mitarbeiter verfügbar gehalten und von ihnen genutzt werden. Daß das über die erforderlichen Kenntnisse verfügende Vorstandsmitglied der Beklagten an dem Vertrag mit dem Ehemann der Klägerin nicht mitgewirkt und davon möglicherweise nichts gewußt hat, ist deshalb ohne Belang (vgl. BGHZ 109, 327, 331; 117, 104, 108; 132, 30, 35 ff.; 135, 202, 205; BGH, Urteil vom 13. Oktober 2000 - V ZR 349/99, WM 2000, 2515, 2516).

d) Die schuldhafte Beratungspflichtverletzung der Beklagten ist für die Anlageentscheidung des Ehemanns der Klägerin auch ursächlich geworden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (siehe z.B. BGHZ 61, 118, 121 f.; 151, 5, 12; Senatsurteile vom 28. Mai 2002 - XI ZR 150/01, WM 2002, 1445, 1447 und vom 21. Oktober 2003 - XI ZR 453/02, ZIP 2003, 2242, 2245) ist zu vermuten, daß die in einem wesentlichen Punkt falsche oder unvollständige Beratung für die Anlageentscheidung ursächlich war. Diese tatsächliche Vermutung hat die Beklagte nicht widerlegt.

e) Ebenso ist gegen die von der Klägerin gewählte Art der Schadensberechnung entgegen der Auffassung der Revision nichts einzuwenden.
aa) Bei schuldhafter Verletzung eines Beratungsvertrages kann der Anleger von dem Schädiger nach dem in § 249 Satz 1 BGB normier-
ten Grundsatz der Naturalrestitution regelmäßig verlangen, so gestellt zu werden, als hätte er sich an dem Anlagemodell nicht beteiligt (st.Rspr., siehe etwa BGH, Urteile vom 2. Dezember 1991 - II ZR 141/90, WM 1992, 143 f. und vom 13. Januar 2000 - III ZR 62/99, WM 2000, 426, 429). Dabei genügt für den Nachweis eines Vermögensschadens, daß die Kaufsache den gezahlten Kaufpreis nicht wert ist oder wenn trotz Werthaltigkeit des Kaufgegenstandes die mit dem Vertrag verbundenen Verpflichtungen und sonstigen Nachteile durch die Vorteile nicht ausgeglichen werden (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 1997 - V ZR 29/96, WM 1997, 2309, 2311). Daß die Klägerin und ihr Ehemann danach durch die Anlageentscheidung einen Schaden erlitten haben, liegt angesichts der Tatsache, daß der geminderte Ertragswert der Eigentumswohnungen für deren Verkaufswert von wesentlicher Bedeutung ist, auf der Hand.
bb) Anders als die Revision meint, gibt es auch keinen sachlichen Grund, der es rechtfertigt, die Schadensersatzpflicht auf einen angemessenen Ausgleich des Minderwerts der Kaufsache zu beschränken. Da die Beklagte dem Ehemann der Klägerin eine umfassende Information über die Vor- und Nachteile der Anlage schuldete, ist eine derartige Art der Schadensabwicklung - wie auch das Berufungsgericht ausdrücklich betont hat - aus dem Schutzzweck der verletzten Pflicht nicht herzuleiten (vgl. Senatsurteile, BGHZ 116, 209, 212, vom 5. Mai 1992 - XI ZR 242/91, WM 1992, 1355, 1357 und vom 16. Juni 1992 - XI ZR 166/91, WM 1992, 1269, 1271). Eine andere Beurteilung entspräche auch nicht den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung (siehe z.B. BGHZ 69, 53, 56; 111, 75, 82; BGH, Urteil vom 4. April 2001 - VIII ZR 32/00, WM 2001, 1118, 1120 f.) im Rahmen der vorvertraglichen Verschuldenshaftung des Verkäufers entwickelten Grundsätzen, nach denen der Käu-
fer zwischen einer angemessenen Herabsetzung des überhöhten Kaufpreises und einer Rückgängigmachung des Kaufvertrages frei wählen kann.

f) Der Revision ist auch nicht zu folgen, soweit sie sich auf ein Mitverschulden des Ehemannes der Klägerin beruft. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (siehe etwa BGH, Urteil vom 26. September 1997 - V ZR 65/96, NJW-RR 1998, 16 m.w.Nachw.) kann der Informationspflichtige dem Geschädigten grundsätzlich nicht nach § 254 Abs. 1 BGB entgegenhalten, er habe den Angaben nicht vertrauen dürfen und sei deshalb für den entstandenen Schaden mitverantwortlich. Die gegenteilige Annahme stünde im Widerspruch zum Grundgedanken der Aufklärungs- und Beratungspflicht. Daß der Ehemann der Klägerin als Rechtsanwalt und Notar die allgemeinen Risiken einer derartigen Kapitalanlage kannte, macht ihn nicht weniger schutzwürdig als andere Personen, die auf die Richtigkeit und Vollständigkeit einer Beratung vertrauen.
3. Indessen hat das Berufungsgericht nicht alle für die Schadensberechnung und -abwicklung erheblichen Umstände berücksichtigt.

a) Nach dem in § 249 Satz 1 BGB normierten Grundsatz der Naturalrestitution kann die Klägerin aus den dargelegten Gründen von der Beklagten verlangen, so gestellt zu werden, wie sie und ihr Ehemann ohne die Anlageentscheidung stünden. Ihr sind daher - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - der für den Erwerb der zehn Eigentumswohnungen gezahlte Kaufpreis in Höhe von 3.083.643 DM, die im Zusammenhang mit der Investition angefallenen Nebenkosten über
70.772 DM, die auf die Finanzierungsdarlehen entfallenden Kreditkosten von insgesamt 636.731,23 DM und die Kosten der Bewirtschaftung von 104.612,76 DM unter Anrechnung der Mieteinnahmen zu ersetzen. Dabei hat das Berufungsgericht jedoch nicht beachtet, daß auch die Darlehensverträge , die ohne das Beratungsverschulden der Beklagten nicht abgeschlossen worden wären, gemäß § 249 Satz 1 BGB rückabzuwikkeln sind. Bei der Schadensberechnung sind deshalb nicht nur die angefallenen Kreditkosten, sondern auch die aufgrund der Anlageentscheidung ausgereichten Darlehen zu berücksichtigen. Andernfalls würden die Klägerin und ihr Ehemann - wie die Revision vor allem in der mündlichen Verhandlung zu Recht geltend gemacht hat - wirtschaftlich wesentlich besser stehen als sie vor dem Kauf der Eigentumswohnungen standen. Da nicht festgestellt ist, in welcher Höhe die Finanzierungsdarlehen valutieren , ist dem erkennenden Senat eine eigene Entscheidung über die in Abzug zu bringenden Beträge nicht möglich. Die angefochtene Entscheidung war daher aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten entschieden hat.

b) Ferner wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, daß die Klägerin und ihr Ehemann nicht nur abzutretende Gewährleistungsansprüche über 1.370.287,94 DM aus dem Kauf der Eigentumswohnungen im Gesamtvollstreckungsverfahren der W. Immobilien GmbH beim Amtsgericht C. unter Aktenzeichen ..., sondern ebensolche Ansprüche über 2.003.358 DM im Gesamtvollstreckungsverfahren der W. Verwaltungs GmbH unter Aktenzeichen ... angemeldet haben. Im Tenor des Berufungsurteils wurden indes nur die erst-
genannten Gewährleistungsansprüche berücksichtigt, obwohl die Anmeldung der Ansprüche über 2.003.358 DM im Tatbestand des Berufungsurteils ausdrücklich aufgeführt ist.
B. Anschlußrevision der Klägerin
Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch der Klägerin in Höhe der bei Rückabwicklung des Kaufvertrages zu erwartenden Steuernachzahlungen jedenfalls im Ergebnis zu Recht verneint.
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (siehe etwa BGHZ 74, 103, 114 ff.; BGH, Urteil vom 11. Oktober 2001 - III ZR 288/00, WM 2001, 2262, 2264 m.w.Nachw.) stellen Steuernachforderungen , die nach Rückabwicklung eines steuersparenden Rechtsgeschäfts zu erwarten sind, grundsätzlich keinen Schaden gemäß § 249 BGB dar, weil durch sie die aus der Anlageentscheidung erwachsenen Steuervorteile kompensiert werden, die andernfalls zugunsten des Schädigers schadensmindernd zu berücksichtigen wären. Der Einwand der Anschlußrevision , die Klägerin habe die aus der Anlageentscheidung entstandenen Vorteile bereits vorab in Abzug gebracht, greift nicht. Zwar hat sie bei der Schadensberechnung die Mieteinnahmen berücksichtigt, nicht jedoch die finanziellen Vorteile die ihr und/oder ihrem Ehemann dadurch entstanden sind, daß sie als Eigentümer der Wohnungen steuerliche Sonderabschreibungen in Anspruch genommen haben.
2. Entgegen der Ansicht der Anschlußrevision ist die Klage auf Ersatz entgangener Steuervorteile auch nicht gemäß § 252 BGB begrün-
det, weil die Klägerin und ihr Ehemann sich ohne die Pflichtverletzung der Beklagten an einem anderen Steuersparmodell beteiligt und dadurch erfolgreich Steuern gespart hätten. Zwar schließt die auf den Grundsatz der Naturalrestitution (§ 249 Satz 1 BGB) gestützte Inanspruchnahme der Beklagten die Geltendmachung eines Schadens wegen entgangenen Gewinns gemäß § 252 BGB nicht aus. Richtig ist auch, daß an die Darlegung des entgangenen Gewinns entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keine strengen Anforderungen zu stellen sind, sondern der Klägerin nach dieser Vorschrift - wie bei § 287 ZPO - gewisse Erleichterungen bei der Darlegungslast zugute kommen. Die Wahrscheinlichkeit einer Gewinnerzielung aufgrund einer zeitnahen alternativen Investitionsentscheidung kann aber grundsätzlich nur mit Hilfe einer konkreten Berechnung festgestellt werden. Dazu reicht es nicht aus, daß ein positiver Aspekt des hypothetischen Geschäfts, hier steuerliche Abschreibungsvorteile , herausgegriffen wird, ohne ihm die Kosten und Nachteile gegenüberzustellen , die mit der Anlageentscheidung verbunden gewesen wären. Nur die Differenz ergibt den wahrscheinlich eingetretenen Gewinn im Sinne des § 252 Satz 2 BGB (BGH, Urteil vom 24. September 1999 - V ZR 71/99, WM 1999, 2510, 2512). Dazu fehlt ausreichendes Vorbringen der Klägerin.
Diese hat ohne jede Konkretisierung des Objekts, der damit verbundenen Aufwendungen und der Rendite lediglich behauptet, ihr Ehemann und sie hätten, wenn sie von der Beklagten richtig beraten worden wären, in ein anderes steuersparendes Bauherrenmodell investiert, dadurch ihre Steuerbelastung um 688.749,83 DM vermindert und Zinsen auf die jetzt zu erwartende Steuernachzahlung vermieden. Dieser Vortrag ist, worauf die Beklagte in den Vorinstanzen mehrfach hingewiesen
hat, ersichtlich unsubstantiiert. Die auf § 139 ZPO gestützte Rüge der Revision, auch das Berufungsgericht habe sie darauf hinweisen müssen, hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO).

III.


Der Revision der Beklagten war daher stattzugeben und die Anschlußrevision der Klägerin zurückzuweisen.
Nobbe Müller Joeres
Wassermann Mayen

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 191/10
vom
9. März 2011
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Wiechers und die Richter Dr. Ellenberger, Maihold, Dr. Matthias und Pamp
am 9. März 2011
einstimmig beschlossen:
Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt , die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 21. April 2010 durch Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 11. April 2011. Der Streitwert wird auf 58.524,34 € festgesetzt.

Gründe:


I.

1
1. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes (nachfolgend: Zedent) auf Rückabwicklung der Beteiligung an der F. Medienfonds 3 GmbH & Co. KG (im Folgenden: V 3) und der teilweise kreditfinanzierten Beteiligung an der F. Medienfonds 4 GmbH & Co. KG (im Folgenden: V 4) auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Der Zedent erwartete im März 2003 einen größeren Geldbetrag, den er gewinnbringend anlegen wollte. Deshalb stellten ihm Angestellte der Beklagten in mehreren persönlichen Gesprächen die Fonds V 3 und V 4 vor, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob der Zedent den Verkaufsprospekt für V 3 vor Zeichnung der Anlage erhalten hat. Gegenstand der beiden als "Garantiefonds" beworbenen Fonds war die Finanzierung von Filmproduktionen und deren Vermarktung.
3
Der Zedent, der wegen des Geschäfts auch seinen Steuerberater kontaktiert hatte, zeichnete am 5. Juni 2003 Anteile an V 3 im Gegenwert von 25.000 € zuzüglich 5% Agio (insgesamt 26.250 €) und - nach erneuter Beratung durch die Beklagte - am 28. Juni 2004 Anteile an V 4 im Gegenwert von ebenfalls 25.000 € zuzüglich 5% Agio (insgesamt 26.250 €), wobei die letztgenannte Beteiligung obligatorisch eine Kreditfinanzierung in Höhe von 45,5% des anzulegenden Betrages vorsah. Deswegen schloss er zugleich mit der B. AG einen Vertrag über ein endfälliges Darlehen in Höhe von 11.375 € ab, das - einschließlich der bis dahin aufgelaufenen und gestundeten Zinsen - am 30. November 2014 in Höhe von 19.811,68 € fällig wird.
4
In dem Verkaufsprospekt zu V 3 heißt es auf Seite 40 unter "Mittelverwendung" zu Punkt 0.2: "Eigenkapitalvermittlung 8,9%". Auf derselben Seite wird dieser Punkt wie folgt erläutert: "Der Vertrag über die Eigenkapitalbeschaffung wurde mit der V. AG abgeschlossen. Die Vergütung in Höhe von 8,9% des Beteiligungskapitals beinhaltet eine gegebenenfalls anfallende Umsatzsteuer. Zuzüglich zu dieser Vergütung erhält die V. AG das Agio. …" Auf derselben Seite wird das Agio wie folgt erläutert: "Ein Agio in Höhe von 5% auf die Zeichnungssumme (Kommanditkapital) wird innerhalb einer Woche nach Zugang der Annahme der Beitrittserklärung zur Zahlung fällig. Es dient der Eigenkapitalvermittlerin, der V. AG, zur zusätzlichen Abdeckung von Vertriebsaufwendungen."
5
Auf Seite 69 heißt es zu dem "Eigenkapitalvermittlungsvertrag" zwischen der V. (V. AG) und der Fondsgesellschaft unter anderem : "Die V. AG hat das Recht, ihre Rechte und Pflichten aus dieser Vertriebsvereinbarung auf Dritte zu übertragen, … ."
6
Der Verkaufsprospekt zu V 4 enthält auf Seite 63 unter "Mittelverwendung" zu Punkt 03: "Eigenkapitalvermittlung 4,9%". Auf Seite 64 wird dieser Punkt wie folgt erläutert: "Der Vertrag über die Eigenkapitalbeschaffung wurde mit der V. AG abgeschlossen. Die Vergütung wird in Höhe von 4,9% des Beteiligungskapitals fällig. Zuzüglich zu dieser Vergütung erhält die V. AG das Agio. …"
7
Das Agio wird auf Seite 63 wie folgt erläutert: "Ein Agio in Höhe von 5% auf die Zeichnungssumme (Kommanditkapital) wird innerhalb einer Woche nach Zugang der Annahme der Beitrittserklärung zur Zahlung fällig. Es dient der Eigenkapitalvermittlerin, der V. AG, zur zusätzlichen Abdeckung von Vertriebsaufwendungen."
8
Ferner enthält die Übersicht auf Seite 63 unter Punkt 05 eine Platzierungsgarantiegebühr in Höhe von 2% und unter Punkt 07 eine Finanzvermittlungsgebühr (Darlehen/Schuldübernahme) in Höhe von ebenfalls 2%. Diese werden auf Seite 64 wie folgt erläutert: "Zu 05: Die V. AG wird eine Platzierungsgarantie in Höhe des prospektierten Kapitals von € 5 Mio. geben. Für die Garantie erhält sie eine Gebühr in Höhe von 2% des Beteiligungskapitals." "Zu 07: Die V. AG erhält für die Finanzierungsvermittlung eine Gebühr in Höhe von 2% des Beteiligungskapitals."
9
Auf Seite 91 heißt es zum "Eigenkapitalvermittlungsvertrag" mit der V. AG unter anderem: "Die V. AG … ist berechtigt, Dritte als Vertriebspartner einzusetzen."
10
Die V. AG leitete bei V 3 aus den vereinnahmten Provisionen 8,25% und bei V 4 zwischen 8,45 und 8,72% an die Beklagte weiter, ohne dass dies dem Zedenten offen gelegt wurde.
11
Die Fondsinitiatoren, gegen die Ende 2006 Anklage wegen Steuerhinterziehung und Untreue erhoben wurde, sind rechtskräftig zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden.
12
2. Das Berufungsgericht hat die Beklagte im Wesentlichen antragsgemäß verurteilt und zur Begründung unter anderem ausgeführt:
13
Hinsichtlich beider Fonds (V 3 und V 4) sei der Beklagten auch insoweit eine Aufklärungspflichtverletzung vorzuwerfen, als sie den Zedenten nicht über die Provision, die sie von der V. AG bzw. Fondsgesellschaft erhalten habe, aufgeklärt habe. Bei diesen Vertriebsprovisionen handele es sich um Rückver- gütungen im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Aus den Prospekten gehe nicht wie geboten hervor, dass und in welcher Höhe gerade die Beklagte eine Provision erhalte. Einen mündlichen Hinweis habe die Beklagte dem Zedenten auch nicht erteilt.
14
Die Nichtaufklärung über die erhaltene Vertriebsprovision sei auch kausal für die Zeichnung des Zedenten gewesen, was nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu vermuten sei. Selbst wenn der Zedent möglicherweise angenommen habe, die Beklagte würde eine Provision von 1% des Zeichnungsbetrages erhalten, sei dies nicht geeignet, die Vermutung zu widerlegen , weil die Provision tatsächlich mehr als 8% betragen habe. Die hiergegen weiter vorgebrachten Einwendungen der Beklagten seien unsubstantiiert. Die Beklagte habe auch schuldhaft gehandelt; insbesondere könne sie sich nicht auf einen Rechtsirrtum berufen.

II.

15
Der Senat beabsichtigt, die vom Berufungsgericht zugelassene Revision gemäß § 552a ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
16
1. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) liegen nicht vor. Das Berufungsgericht hat die Revision gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO "mit Blick auf die abweichenden Entscheidungen des Oberlandesgerichts Frankfurt" (17 U 307[nicht 308]/08, WM 2010, 1313 und 17 U 98/09, BB 2009, 2334) zugelassen. In diesen Urteilen hat das Oberlandesgericht Frankfurt angenommen, der Angabe in den Prospekten, die V. AG sei berechtigt, ihre Rechte aus der Vertriebsvereinbarung über die Eigenkapitalvermittlung auf Dritte zu übertragen, habe der Anleger entnehmen können, dass die Beklagte für die Vermittlung der Fondsbeteiligung von der Fondsgesellschaft eine Rückvergütung erhalte. Dagegen hat das Berufungsgericht diese Angabe insoweit nicht als ausreichend angesehen. Auf diese unterschiedliche Beurteilung kommt es nicht an. Selbst wenn dem Oberlandesgericht Frankfurt zu folgen wäre, ergäbe sich daraus nichts für die - ebenfalls aufklärungsbedürftige (Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 24) - Höhe der an die Beklagte geflossenen Rückvergütung (ebenso OLG München, BKR 2010, 479 Rn. 27; das verkennt LG Bremen, WM 2010, 798, 800 f.).
17
2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
18
a) Entgegen der Ansicht der Revision ist es rechtlich nicht zu beanstanden , dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten wegen verschwiegener Rückvergütungen bejaht hat.
19
aa) Rechtsfehlerfrei und von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungsgericht angenommen, dass zwischen dem Zedenten und der Beklagten nach den Grundsätzen des Bond-Urteils (BGHZ 123, 126, 128) ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist (vgl. auch Senatsurteile vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442; vom 25. Juni 2002 - XI ZR 218/01, WM 2002, 1683, 1686; vom 21. März 2006 - XI ZR 63/05, WM 2006, 851 Rn. 10 und vom 25. September 2007 - XI ZR 320/06, BKR 2008, 199 Rn. 12) und nicht lediglich ein Auskunftsvertrag, da eine Bank regelmäßig Anlageberaterin und nicht lediglich reine Anlagevermittlerin ist (vgl. dazu Senatsurteil vom 7. Oktober 2008 - XI ZR 89/07, BGHZ 178, 149 Rn. 11 mwN).
20
bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht weiter angenommen, dass die Beklagte aus dem Beratungsvertrag verpflichtet war, den Zedenten über an sie fließende Rückvergütungen aus Vertriebsprovisionen aufzuklären (vgl. Senats- urteile vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 22 f.; vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 11 und vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 338/08, WM 2009, 2306 = ZIP 2009, 2380 Rn. 31; Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 13 und vom 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 5).
21
cc) Soweit die Revision geltend macht, bei den Provisionen, die die Beklagte unstreitig in Höhe von 8,25% des Kommanditkapitals bei V 3 und in Höhe von 8,45% bis zu 8,72% des Kommanditkapitals bei V 4 erhalten hat, handele es sich um nicht aufklärungspflichtige "Innenprovisionen", die keine Rückvergütungen im Sinne der Senatsrechtsprechung darstellten, kann sie damit nicht durchdringen. Die Revision verkennt die rechtliche Unterscheidung zwischen Innenprovisionen und Rückvergütungen.
22
(1) Innenprovisionen sind nicht ausgewiesene Vertriebsprovisionen, die bei einem Fonds aus dem Anlagevermögen gezahlt werden. Über sie muss nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (st. Rspr., u.a. BGH, Urteile vom 1. März 2004 - II ZR 88/02, WM 2004, 928, 930 und vom 2. Februar 2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110, 118) bei einem Fonds unter bestimmten Umständen aufgeklärt werden, weil sie Einfluss auf die Werthaltigkeit der vom Anleger erworbenen Anlage haben und deswegen bei diesem insoweit eine Fehlvorstellung herbeiführen können.
23
(2) Aufklärungspflichtige Rückvergütungen liegen dagegen, wie der Senat zuletzt formuliert hat, nur dann vor, wenn Teile der Ausgabeaufschläge oder Verwaltungsgebühren, die der Kunde über die Bank an die Gesellschaft zahlt, hinter seinem Rücken an die beratende Bank umsatzabhängig zurückfließen, so dass diese ein für den Kunden nicht erkennbares besonderes Interesse hat, gerade diese Beteiligung zu empfehlen (Senatsurteil vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 338/08, WM 2009, 2306 Rn. 31). Insoweit ist folgendes klarzustellen:
24
Soweit als Quelle der Rückvergütungen "Ausgabeaufschläge und Verwaltungsvergütungen" genannt werden, ist das - entgegen der Annahme der Revision - nicht abschließend, sondern - in Anknüpfung an das grundlegende Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05 (BGHZ 170, 226) - nur beispielhaft gemeint. Damit soll lediglich zum Ausdruck gebracht werden, dass Rückvergütungen - anders als Innenprovisionen - nicht im Anlagebetrag enthalten (versteckt) sind, so dass beim Anleger keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen kann. Maßgebend für die Aufklärungspflicht über Rückvergütungen ist hingegen, dass der Anleger ohne diese Aufklärung nicht das besondere Interesse der beratenden Bank erkennen kann, gerade diese Anlage zu empfehlen. Die Fehlvorstellung über die Neutralität der Beratungsleistung der Bank, der mit der Aufklärungspflicht über Rückvergütungen begegnet werden soll, beruht allein darauf, dass die beratende Bank als Empfängerin der Rückvergütung ungenannt bleibt. Sie entsteht dagegen unabhängig davon, aus welcher offen angegebenen Quelle die Rückvergütung an die beratende Bank fließt.
25
Aufklärungspflichtige Rückvergütungen sind danach - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen gezahlt werden, so dass beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen kann, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt, so dass der Anleger das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen kann.
26
(3) Danach handelt es sich bei den hier an die Beklagte geflossenen Provisionen um aufklärungspflichtige Rückvergütungen. Sie waren nicht in den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Fondsobjekts versteckt, sondern flossen aus den offen ausgewiesenen Vertriebskosten. Gemäß den nachstehenden Ausführungen war die Beklagte jedoch nicht als Empfänger der Provisionen angegeben. Vielmehr sind diese hinter dem Rücken der Klägerin an die Beklagte geflossen, so dass die Klägerin das besondere Interesse der Beklagten an der Empfehlung gerade von V 3 und 4 nicht erkennen konnte.
27
dd) Eine ordnungsgemäße Aufklärung des Zedenten über die Rückvergütungen ist bei beiden Fonds nicht erfolgt, selbst wenn man unterstellt, auch der Prospekt bei V 3 sei dem Zedenten rechtzeitig übergeben worden. Den beiden Verkaufsprospekten ist nicht zu entnehmen, dass die Beklagte Empfängerin der dort genannten Vertriebsprovisionen oder des Agios sein sollte. Empfängerin sollte vielmehr ausdrücklich die V. AG sein. Den Prospekten lässt sich an keiner Stelle entnehmen, dass die Beklagte von dieser einen Teil der Vertriebsprovisionen erhalten sollte. Das ergibt sich nach der zutreffenden Auslegung des Berufungsgerichts auch nicht aus der Tatsache, dass die V. AG berechtigt sein sollte, Dritte einzuschalten. Selbst wenn daraus jedoch hervorgehen sollte, dass damit auch die Beklagte gemeint war, so ist dem Prospekt jedenfalls nicht zu entnehmen, in welcher Höhe Rückvergütungen an die Beklagte geflossen sind. Insbesondere auch die Höhe der Rückvergütung muss aber nach der Senatsrechtsprechung von der Bank ungefragt offen gelegt werden (Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 24; dies verkennt LG Bremen, WM 2010, 798, 800 f.).
28
ee) Soweit die Revision meint, es sei nicht einsichtig, dass eine Bank höhere Aufklärungspflichten träfen als einen freien Anlageberater, kann sie damit nicht durchdringen.
29
Allerdings trifft nach der Rechtsprechung des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs bankungebundene freie Berater - außerhalb des Anwendungsbereichs des § 31d WpHG - keine (ungefragte) Aufklärungspflicht, da der Anleger bei solchen Beratern - anders als bei Banken - von einer durch den Produktanbieter "eingepreisten" Vergütung ausgehen und er deshalb deren Höhe erfragen müsse, wenn sie ihn interessiere (BGH, Urteil vom 15. April 2010 - III ZR 196/09, BGHZ 185, 185 Rn. 13).
30
Die Unterscheidung der Pflichten eines freien Anlageberaters zu den Pflichten eines Beraters im Bankensektor rechtfertigt sich daraus, dass der Bankkunde in der Regel bei "seiner" Bank eine Reihe von kostenpflichtigen Vertragsverhältnissen unterhält, insbesondere auf Dauer angelegte Vertragsverhältnisse wie einen Zahlungsdiensterahmenvertrag oder einen Depotvertrag (vgl. BGH, Urteil vom 15. April 2010 - III ZR 196/09, BGHZ 185, 185 Rn. 12), bzw. Banken typischerweise solche Vertragsverhältnisse anstreben. Das ist bei einem freien Anlageberater typischerweise nicht der Fall.
31
Diese typisierende Einordnung von Berufsgruppen zur Unterscheidung zwischen aufklärungspflichtigen Personen und nicht aufklärungspflichtigen Personen findet in Gesetz und Rechtsprechung Vorbilder. Sie wird insbesondere vom Gesetzgeber im Bereich des § 31d WpHG vorgegeben. Diese Vorschrift statuiert Aufklärungspflichten ausdrücklich nur für Wertpapierdienstleistungsunternehmen , nicht aber für sonstige Anlagevertreiber. Eine typisierende Einordnung wird auch seit langem bei der Abgrenzung der Pflichten eines Anlageberaters von denen eines Anlagevermittlers entsprechend der Regelung in § 1 Abs. 1a Nr. 1 und 1a KWG in der Rechtsprechung praktiziert. Während bei einem Kontakt des Anlegers mit einem Anlageberater ein Beratungsvertrag nach den Grundsätzen des Bond-Urteils zustande kommt, kommt im Verhältnis zu einem Anlagevermittler lediglich ein Auskunftsvertrag mit einem geringeren Pflichtenumfang zustande (vgl. BGH, Urteile vom 13. Mai 1993 - III ZR 25/92, WM 1993, 1238, 1239; vom 12. Februar 2004 - III ZR 359/02, WM 2004, 631, 633, insofern in BGHZ 158, 110 nicht abgedruckt, und Senatsurteil vom 7. Oktober 2008 - XI ZR 89/07, BGHZ 178, 149 Rn. 11).
32
b) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch die Kausalität der Aufklärungspflichtverletzung für den Erwerb der Kapitalanlagen bejaht.
33
Steht - wie hier in Bezug auf Rückvergütungen - eine Aufklärungspflichtverletzung fest, streitet für den Anleger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, die zu einer Beweislastumkehr führt. Der Aufklärungspflichtige muss beweisen, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung erworben hätte, weil er den richtigen Rat oder Hinweis nicht befolgt hätte (vgl. Senatsurteile vom 16. November 1993 - XI ZR 214/92, BGHZ 124, 151, 159 f.; vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, ZIP 2007, 518, 521 Rn. 27, insoweit in BGHZ 170, 226 nicht abgedruckt, und vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 22, auch BGH, Urteil vom 2. März 2009 - II ZR 266/07, WM 2009, 789 Rn. 6 mwN).
34
Die Vermutung greift allerdings dann nicht ein, wenn sich der Anleger bei gehöriger Aufklärung in einem Entscheidungskonflikt befunden hätte, wenn es also nicht nur eine bestimmte Möglichkeit aufklärungsrichtigen Verhaltens gab (Senatsurteile vom 16. November 1993 - XI ZR 214/92, BGHZ 124, 151, 161 und vom 7. Mai 2002 - XI ZR 197/01, BGHZ 151, 5, 12). Davon kann bei verschwiegenen Rückvergütungen nicht schon wegen deren Geringfügigkeit im Verhältnis zur Anlagesumme ausgegangen werden (OLG Köln, WM 2003, 338, 340 f.). Es muss vielmehr aufgrund konkreter Umstände des Einzelfalls feststehen , dass dem Anleger bei gehöriger Aufklärung mindestens zwei tatsächlich von ihm zu ergreifende Handlungsalternativen zur Verfügung standen.
35
Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung das Vorliegen eines Entscheidungskonflikts und die Widerlegung der Vermutung rechtsfehlerfrei verneint. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht die Darlegungs- und Beweislast für das Nichteingreifen der Vermutung nicht verkannt. Diese trifft - genauso wie für die Widerlegung der Vermutung - die Bank, deren Aufklärungspflichtverletzung feststeht (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Februar 2010 - XI ZR 140/09, BKR 2010, 515 Rn. 11). Soweit die Revision in diesem Zusammenhang Verfahrensfehler rügt, hat der Senat diese geprüft und für nicht durchgreifend erachtet (§ 564 ZPO).
36
c) Ebenfalls rechts- und verfahrensfehlerfrei hat das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch das Ver- schulden der Beklagten und die Aktivlegitimation der Klägerin sowie auch eine Haftung der Beklagten in Bezug auf V 3 wegen falscher Darstellung der Kapitalgarantie bejaht.
Wiechers Ellenberger Maihold Matthias Pamp
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 09.07.2009 - 8 O 183/07 -
OLG Celle, Entscheidung vom 21.04.2010 - 3 U 202/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 191/10
vom
19. Juli 2011
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zu Rückvergütungen, über die eine anlageberatende Bank einen Kapitalanleger
aufklären muss (Bestätigung des Senatsbeschlusses vom 9. März 2011 - XI ZR
191/10, WM 2011, 925 Rn. 21 ff.).

b) Zur Kausalität zwischen einer Aufklärungspflichtverletzung und dem Erwerb
einer Kapitalanlage (Bestätigung des Senatsbeschlusses vom 9. März 2011
- XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 33 ff.).

c) Zur schuldhaften Verletzung der Pflicht der anlageberatenden Bank, über
Rückvergütungen aufzuklären (Festhalten an Senatsbeschluss vom 29. Juni
2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694).

d) Zur Haftung wegen falscher Darstellung einer Kapitalgarantie.
BGH, Beschluss vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10 - OLG Celle
LG Hannover
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Wiechers, die Richterin Mayen und die Richter Dr. Ellenberger, Maihold und
Pamp
am 19. Juli 2011
einstimmig beschlossen:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 21. April 2010 wird auf ihre Kosten nach § 552a ZPO i.V.m. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO zurückgewiesen.

Gründe:

1
Zur Begründung wird auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 9. März 2011 (XI ZR 191/10, WM 2011, 925 ff.) Bezug genommen. Die Stellungnahme der Revision vom 11. Mai 2011 gibt zu einer abweichenden Beurteilung keinen Anlass.
2
1. Entgegen der Ansicht der Revision ist ein Zulassungsgrund im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Januar 2005 - I ZR 255/02, NJW-RR 2005, 650 f.) nicht gegeben. Die Rechtsfrage, was unter aufklärungspflichtigen Rückvergütungen zu verstehen ist, ist - wie im Hinweisbeschluss im Einzelnen dargelegt - aufgrund der bisherigen Senatsrechtsprechung beantwortbar, so dass weder grundsätzliche Bedeutung noch Rechtsfortbildung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 Fall 1 ZPO) die Zulassung der Revision erfordern. Da das Berufungsgericht sich insgesamt in Übereinstimmung mit dieser Rechtsprechung befindet, erfordert auch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO) die Zulassung der Revision im vorliegenden Verfahren nicht, selbst wenn das Oberlandesgerichts Frankfurt am Main einen von der Senatsrechtsprechung abweichenden Obersatz aufgestellt hätte (vgl. Senatsbeschluss vom 9. März 2011 aaO Rn. 16).
3
2. Die Revision hat auch aus den im Hinweisbeschluss des Senats vom 9. März 2011 (aaO Rn. 17 ff.) genannten Gründen keine Aussicht auf Erfolg. Die Stellungnahme der Revision vom 11. Mai 2011 bietet keinen Anlass, von der Beurteilung im Hinweisbeschluss abzuweichen.
4
a) Zum unterschiedlichen dogmatischen Ansatz für die Aufklärungspflicht über Rückvergütungen einerseits und Innenprovisionen andererseits wird auf die Ausführungen im Hinweisbeschluss vom 9. März 2011 (aaO Rn. 21 ff.) verwiesen. Soweit die Revision sich nunmehr insgesamt gegen die Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Pflicht einer anlageberatenden Bank, einen Anleger, dem sie eine Kapitalanlage empfiehlt, ungefragt über erhaltene Rückvergütungen aufzuklären, wendet, hält der Senat an seiner gefestigten Rechtsprechung fest (vgl. Senatsbeschluss vom 9. März 2011 aaO Rn. 20 mwN). Die Revision beruft sich für ihre gegenteilige Ansicht auf das Senatsurteil vom 22. März 2011 (XI ZR 33/10, WM 2011, 682 Rn. 38). Dabei verkennt sie, dass es in jenem Urteil um die Frage der Aufklärung über den in die Vertragsbedingungen einkalkulierten Gewinn des Verkäufers im Zweipersonenverhältnis ging. Vorliegend geht es hingegen um verheimlichte Provisionsrückflüsse von einem Dritten an den Berater des Kapitalanlegers. In diesem Dreipersonenverhältnis ist der durch die Zuwendung bestehende Interessenkonflikt nicht offenkundig und muss darüber aufgeklärt werden. Das entspricht auch der gesetzlichen Wertung des § 31d WpHG.
5
Im Übrigen verkennt die Revision - worauf die Revisionserwiderung im Schriftsatz vom 30. Mai 2011 zutreffend hinweist -, dass nach ihrem eigenen Vortrag bei V 4 auch zumindest teilweise Rückvergütungen aus dem Agio geflossen sind. Die Beklagte hat vorgetragen, bis zu 8,72% bei V 4 erhalten zu haben, die aus den ausgewiesenen 4,9% Eigenkapitalvermittlung + 2% Platzierungsgarantie + 2% Finanzvermittlungsgebühr zurückzuführen seien. Da Vertriebsprovision , Finanzierungsvermittlungsprovision und Platzierungsgarantieprovision verschiedene Lebenssachverhalte betreffen und die beiden letzteren kein Entgelt für den Vertrieb darstellen, sind - unabhängig davon, ob, wie die Revisionserwiderung vorträgt, in einem Parallelverfahren ein Bankmitarbeiter als Zeuge ausgesagt hat, dass in der Vergütung das Agio in Höhe von 5% mitenthalten war (§ 138 Abs. 1 ZPO) - bereits nach dem eigenen Vortrag der Beklagten zumindest Teile des Agios an sie geflossen.
6
b) Entgegen der Ansicht der Revision liegt - wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 9. März 2011 (aaO Rn. 28 ff.) ausgeführt hat - auch keine Divergenz zur Rechtsprechung des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vor. Der III. Zivilsenat hat im Gegenteil in seinem Urteil vom 3. März 2011 (III ZR 170/10, WM 2011, 640 Rn. 18 ff.) noch einmal bekräftigt, dass sich die Pflichten einer Bank und eines freien Anlageberaters bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise unterscheiden und die Bank danach in Übereinstimmung mit der Senatsrechtsprechung zur Aufklärung über Rückvergütungen verpflichtet ist.
7
c) Der Senat hat entgegen der Ansicht der Revision hinsichtlich der Kausalität auch kein Neuland betreten. Der Senat hat im Beschluss vom 9. März 2011 (aaO Rn. 33 mwN) die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Beweislastumkehr infolge der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens angewendet (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 1973 - VII ZR 12/73, BGHZ 61, 118, 122; Senatsurteile vom 16. November 1993 - XI ZR 214/92, BGHZ 124, 151, 159 f.; vom 14. Mai 1996 - XI ZR 188/95, WM 1996, 1214, 1216; vom 7. Mai 2002 - XI ZR 197/01, BGHZ 151, 5, 12; vom 13. Juli 2004 - XI ZR 178/03, WM 2004, 1774, 1777 und BGH, Urteil vom 2. März 2009 - II ZR 266/07, WM 2009, 789 Rn. 6, jeweils mwN).
8
Soweit die Revision meint, die Rechtsprechung des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (u.a. Urteil vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05, WM 2006, 668, 671) weiche von der vorgenannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ab, so trifft das nicht zu. Die in einem obiter dictum angedeuteten Zweifel an einer langjährigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellen keine Abweichung in einer Rechtsfrage dar.
9
Soweit die Revision rügt, das Berufungsgericht habe die Indizien, die gegen die Kausalitätsvermutung sprächen, nicht gewürdigt und angebotene Beweise nicht erhoben, vermag sie damit nicht durchzudringen. Es obliegt dem Tatrichter, die zur Verfügung stehenden Indizien nach § 286 ZPO zu würdigen. Die tatrichterliche Würdigung kann in der Revisionsinstanz nur eingeschränkt daraufhin überprüft werden, ob sie vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denk- oder Erfahrungssätze verstößt (Senatsurteile vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 211/03, WM 2005, 27 und vom 18. Dezember 2007 - XI ZR 76/06, WM 2008, 292 Rn. 20 mwN). Dieser Überprüfung hält das Berufungsurteil stand. Das Berufungsgericht hat entgegen der Ansicht der Revision die relevanten Indizien vollständig gewürdigt und sie für nicht durchgreifend erachtet. Es hat auch entgegen der Ansicht der Revision keine antizipierte Beweiswürdigung vorgenommen, sondern unter Beweis gestellten Vortrag der Beklagten rechtsfehlerfrei als Behauptung ins Blaue hinein gewertet. Soweit die Revision einer mangelnden Nachfrage des Zedenten Bedeutung beimessen will, verkennt sie, dass der Bankberater - anders als ein freier Anlageberater (vgl. BGH, Urteil vom 3. März 2011 - III ZR 170/10, WM 2011, 640 Rn. 21) - ungefragt nicht nur über das Ob, sondern auch über die Höhe der Rückvergütungen aufklären muss (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 24). Es ist auch entgegen der Ansicht der Revision nicht treuwidrig, wenn der Anleger, der nicht nachgefragt hat, sich später auf die Aufklärungspflichtverletzung beruft. Weiter kann entgegen der Ansicht der Revision aus dem Einverständnis des Zedenten mit Provisionszahlungen bei Wertpapiergeschäften nicht auf sein Einverständnis mit Rückvergütungen im vorliegenden Fall geschlossen werden. Ein solcher Schluss wäre nur möglich, wenn der Anleger vergleichbare Produkte in Kenntnis dort geflossener Rückvergütungen erworben hätte (vgl. Ellenberger in Anlegerschutz im Wertpapiergeschäft , AGB in der Kreditwirtschaft, Bankrechtstag 2010, S. 37, 49 f. mwN). Das ist hier aber nicht der Fall.
10
d) Das Berufungsgericht hat auch zutreffend das Verschulden der Beklagten festgestellt.
11
Das Verschulden wird bei Vorliegen einer Pflichtverletzung nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet. Der Aufklärungspflichtige muss danach darlegen und beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft (BGH, Urteil vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06, WM 2007, 542 Rn. 18 und Senatsurteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 17).
12
Soweit sich die Revision auf einen Rechtsirrtum beruft, übersieht sie, dass die Haftung wegen einer fahrlässig begangenen Pflichtverletzung nur bei Vorliegen eines unvermeidbaren Rechtsirrtums entfällt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind an das Vorliegen eines unverschuldeten Rechtsirrtums strenge Maßstäbe anzulegen, wobei der Schuldner die Rechtslage sorgfältig prüfen, soweit erforderlich, Rechtsrat einholen und die höchstrichterliche Rechtsprechung sorgfältig beachten muss (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 1984 - VIII ZR 255/82, BGHZ 89, 296, 303; Urteile vom 14. Juni 1994 - XI ZR 210/93, WM 1994, 1613, 1614 und vom 4. Juli 2001 - VIII ZR 279/00, WM 2001, 2012, 2014). Grundsätzlich trifft den Schuldner das Risiko, die Rechtslage zu verkennen. Er handelt schuldhaft, wenn er mit der Möglichkeit rechnen musste, dass das zuständige Gericht einen anderen Rechtsstandpunkt einnimmt (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Dezember 1995 - V ZB 4/94, BGHZ 131, 346, 353 f. mwN). Wie der Senat mit Beschluss vom 29. Juni 2010 (XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 5 ff. mwN) entschieden und eingehend begründet hat, kann sich eine anlageberatende Bank jedenfalls für die Zeit nach 1990 hinsichtlich ihrer Aufklärungspflicht über Rückvergütungen nicht auf einen unvermeidbaren Rechtsirrtum berufen. Soweit die Revision aus der Unterscheidung der Rechtsprechung zu Innenprovisionen und Rückvergütungen etwas anderes herleiten will, kann sie damit nicht durchdringen. Dass verheimlichte Rückflüsse aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen aufklärungspflichtig sind, konnte der veröffentlichten Rechtsprechung zum Zeitpunkt der streitigen Anlageberatung in den Jahren 2003 und 2004 entnommen werden (vgl. nur Senatsurteil vom 19. Dezember 2000 - XI ZR 349/99, BGHZ 146, 235, 239). Entgegen der Ansicht der Revision gab es keine Rechtsprechung, die das Verheimlichen von Rückvergütungen erlaubt hätte, so dass keine rückwirkende Rechtsprechungsänderung vorliegt (Senatsbeschluss vom 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 11). Die Revision kann sich für ihre Ansicht auch nicht auf die Ausführungen von Nobbe (WuB I G. 1. - 5.10. S. 126) berufen. Diese betreffen Innenprovisionen, nicht jedoch Rückvergütungen.
13
e) Soweit sich die Revision gegen die Haftung der Beklagten in Bezug auf V 3 wegen falscher Darstellung der Kapitalgarantie wendet, kommt es darauf für die Entscheidung des Rechtsstreits nach oben Gesagtem nicht mehr an. Das Berufungsgericht hat aber auch insofern einen Schadensersatzanspruch der Klägerin zu Recht bejaht.
14
Zunächst ist die Einschätzung des Berufungsgerichts zutreffend, dass durch die Kurzübersicht (GA I 150) das Risiko der Fondsbeteiligung falsch dargestellt worden ist. Ferner hat das Berufungsgericht bindend festgestellt (§ 314 ZPO), dass unstreitig das Beratungsgespräch zu V 3 auf der Grundlage der Kurzübersicht geführt worden ist und dass diese Übersicht dem Zedenten ausgehändigt worden ist.
15
Da die Falschberatung durch die Übergabe der Kurzübersicht und die Feststellung des Berufungsgerichts, dass anhand dieser Übersicht beraten wurde, feststeht, trifft die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass sie den Fehler richtig gestellt hat (Senatsbeschluss vom 17. September 2009 - XI ZR 264/08, BKR 2009, 471 Rn. 5 mwN).
16
Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, der Vortrag der darlegungspflichtigen Beklagten über die Richtigstellung sei nicht ausreichend, ist revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar (vgl. Senatsurteile vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 211/03, WM 2005, 27 und vom 18. Dezember 2007 - XI ZR 76/06, WM 2008, 292 Rn. 20 mwN) und hält dieser Überprüfung stand. Der von der Revision angeführte Vortrag, es seien keine vom Fondsprospekt abweichenden Angaben oder Zusicherungen gemacht worden, steht im Widerspruch zu den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts, dass das Beratungsgespräch auf der Grundlage der Kurzübersicht geführt worden ist. In dieser ist eine falsche Zusicherung über die Kapitalgarantie expressis verbis enthalten.
17
Soweit die Revision rügt, das Berufungsgericht hätte nach § 139 ZPO einen Hinweis darauf erteilen müssen, dass es von einer nicht ausreichenden Richtigstellung der Kurzübersicht ausgehe, so trifft das nicht zu. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Landgericht keine vom Berufungsgericht abweichende Auffassung vertreten, sondern die Falschberatung unterstellt und lediglich die Kausalität verneint, weil der Zedent wegen des auf informierter Grundlage erfolgten Erwerbs von V 4 sich auch für V 3 entschieden hätte. Die Beklagte konnte daher nicht darauf vertrauen, dass das Berufungsgericht keine Aufklärungspflichtverletzung annehmen würde.
18
Entgegen der Ansicht der Revision ist eine ordnungsgemäße Richtigstellung auch nicht durch den Prospekt erfolgt. Die ordnungsgemäße Aufklärung durch einen Prospekt setzt voraus, dass er dem Anleger so rechtzeitig vor der Anlageentscheidung übergeben wird, dass der Anleger sich mit dem Prospektinhalt vertraut machen kann (Senatsurteil vom 25. September 2007 - XI ZR 320/06, BKR 2008, 199 Rn. 17). Nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts kann dem Zedenten der Prospekt frühestens einen Tag vor der Zeichnung zugegangen sein. Ob ein Tag ausreicht, sich mit dem Inhalt eines Verkaufsprospektes vertraut zu machen, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Diese hat das Berufungsgericht gewürdigt und die Zeit für nicht ausreichend erachtet. Diese in der Revisionsinstanz nur eingeschränkt überprüfbare tatrichterliche Würdigung (vgl. Senatsurteile vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 211/03, WM 2005, 27 und vom 18. Dezember 2007 - XI ZR 76/06, WM 2008, 292 Rn. 20 mwN) hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
19
Soweit das Berufungsgericht die Kausalität aufgrund der Umstände des Einzelfalls als gegeben angesehen hat, ist auch diese tatrichterliche Würdigung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Wiechers Mayen Ellenberger Maihold Pamp
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 09.07.2009 - 8 O 183/07 -
OLG Celle, Entscheidung vom 21.04.2010 - 3 U 202/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 51/10 Verkündet am:
13. Dezember 2011
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
WpHG § 13 Abs. 1 Satz 1, § 15 Abs. 1 Satz 1 und 3, § 20a Abs. 1 Nr. 1,
§ 37b Abs. 1 Nr. 1, § 37c Abs. 1

a) § 20a WpHG, durch den Marktmanipulationen verboten werden, bezweckt in erster Linie, die Funktionsfähigkeit
der Wertpapiermärkte zu gewährleisten, und ist daher kein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB.

b) Die Höhe des Subprime-Anteils der unmittelbar eigenen Investments einer Bank sowie derjenigen der mit der
Bank verbundenen Zweckgesellschaften ist eine konkrete, zur Kursbeeinflussung geeignete Information im
Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 1 WpHG. Auch die Höhe des Subprime-Anteils der von den Zweckgesellschaften
getätigten Investments ist eine Information, die die Bank unmittelbar im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 1 und 3
WpHG betrifft und die daher in einer Ad-hoc-Mitteilung veröffentlicht werden muss.

c) Nach § 37b Abs. 1 WpHG kann ein Anleger wegen unterlassener Veröffentlichung einer Ad-hoc-Mitteilung
den Erwerbsschaden ersetzt verlangen, also Rückzahlung des Erwerbsentgelts Zug um Zug gegen Hingabe
der erworbenen Finanzinstrumente. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Finanzinstrumente wegen
einer unterlassenen Ad-hoc-Mitteilung erworben wurden, trägt der Anspruchsteller.

d) Der Anleger kann als Mindestschaden auch den Kursdifferenzschaden ersetzt verlangen. Hierfür muss der
Anleger lediglich darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass, wäre die Ad-hoc-Mitteilung rechtzeitig erfolgt,
der Kurs zum Zeitpunkt seines Kaufs niedriger gewesen wäre als er tatsächlich war.
BGH, Urteil vom 13. Dezember 2011 - XI ZR 51/10 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. November 2011 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers, den Richter
Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter Dr. Ellenberger und
Dr. Matthias

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 27. Januar 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin begehrt aus abgetretenem Recht des Zeugen M. (Zedent) Schadensersatz wegen des Erwerbs von Aktien der Beklagten im Zusammenhang mit einer irreführenden Presseerklärung des Vorstandsvorsitzenden der Beklagten.
2
Die Beklagte ist ein in der Rechtsform der Aktiengesellschaft geführtes Kreditinstitut, das vor allem mittelständische Unternehmen finanziert. Seit 2001 engagierte sie sich zudem auf dem Kapitalmarkt für strukturierte Forderungsportfolien , deren Gegenstand auch solche Finanzprodukte waren, die sich auf Forderungen aus dem US-Hypothekenmarkt, darunter sog. Subprimes (großzügig vergebene Hypothekenkredite zweitklassiger Qualität), bezogen. Ihr unmittelbares Investment hatte Mitte 2007 ein Volumen von 6,8 Mrd. €. Darüber hinaus engagierte sich die Beklagte mittelbar über die Gewährung von Liquiditätslinien und die Erbringung von Beratungsleistungen gegenüber Zweckgesellschaften , die ihrerseits wiederum unmittelbar in diese Finanzprodukte investierten. Eine solche mittelbare Beteiligung bestand an dem "Rhineland Funding Capital Corporation Conduit" (nachfolgend: RFCCC), der aus verschiedenen Ankaufsgesellschaften und der "Rhineland Funding Capital Corporation" (nachfolgend : RFCC) mit Sitz in Delaware/USA als Refinanzierungsgesellschaft bestand. Der RFCCC erwirtschaftete über 90% seiner Erträge durch Investments in besagte verbriefte internationale Forderungsportfolien, wobei die Ankaufsgesellschaften sog. CDOs (Collateralized Debt Obligations) erwarben und diese durch die Ausgabe sog. CPFNs (Commercial Paper Funding Notes) refinanzierten. Diese CPFNs wiederum wurden von der Refinanzierungsgesellschaft angekauft und über von ihr ausgegebene sog. ABCPs (Asset-backed Commercial Papers) am Kapitalmarkt refinanziert. Die Handelbarkeit und damit das Rating der mit relativ kurzer Laufzeit versehenen ABCPs wurde durch von Kreditinstituten wie der Beklagten abgesicherte Liquiditätslinien verbessert.
3
Die Beklagte erbrachte gegenüber dem RFCCC Beratungsleistungen (seit 2006 über die I. GmbH) und stellte - über den Interbankenmarkt refinanzierte - Liquiditätslinien zur Verfügung, die sich Ende Juli 2007 auf 8,1 Mrd. € beliefen. Die hierfür gezahlte Vergütung und die hierbei erzielten Renditen verbesserten das Ergebnis der Beklagten.
4
Seit Frühjahr 2007 häuften sich auf dem US-Hypothekenmarkt wegen stark gestiegener Zinsen, des allgemeinen Preisverfalls von Immobilien und sehr niedriger Kreditvergabestandards die Ausfälle der ebenfalls in Form von strukturierten Wertpapieren gehandelten Immobilienkredite. Bei der Beklagten kam es wie bei anderen betroffenen Banken zu Anfragen der Deutschen Bundesbank und von Rating-Agenturen. Mitte Juli 2007 stuften Rating-Agenturen erstmals die sog. Subprimes wegen der erhöhten Ausfallrisiken herab. Zum gleichen Zeitpunkt sanken die Preise für durch die Beklagte emittierte Anleihen und es gab Gerüchte, die Beklagte treffe mit Blick auf den US-Subprime-Markt ein substantielles Risiko. Da auch der Markt von einem höheren Ausfallrisiko ausging, weiteten sich die Aufschläge auf die variable Grundverzinsung der Beklagten , die sog. Bond Spreads. Der Preis für sog. CDS (Credit Default Swaps) auf die Beklagte stieg ebenfalls; am 20. Juli 2007 wurde erstmals bei dem Wirtschaftsinformationsdienst Bloomberg eine Preisstellung auf CDS auf die Beklagte veröffentlicht. Zeitgleich fiel der Kurs der Aktie der Beklagten.
5
Um die aufgekommenen Gerüchte auszuräumen und die nervöse Marktsituation zu beruhigen, gab der damalige Vorstandsvorsitzende der Beklagten - in Kenntnis der oben genannten Umstände - am Freitag, den 20. Juli 2007 eine Pressemitteilung heraus, die auszugsweise folgenden Inhalt hatte: "… Die Entwicklung im europäischen Bankensektor - insbesondere in den Aktien- und Kreditmärkten - ist in den letzten Wochen von einer hohen Volatilität geprägt gewesen. Anlass hierfür waren insbesondere Unsicherheiten im US-Hypothekenmarkt. Die jüngste sehr umfassende Moody’s-Analyse für dieses Marktsegment hat im Hinblick auf I. -Engagements in internationale Portfolioinvestments und auf die Beratungsmandate der I. GmbH praktisch keine Auswirkung. Von den in diesem Zusammenhang von Moody’s auf die Watchlist gesetzten Tranchen ist die I. lediglich mit einem einstelligen Millionen- Betrag betroffen. Von der jüngsten Analyse, die Standard & Poors für den CDO-Markt erstellt hat, ist die I. in keinerlei Hinsicht betroffen. Schwerpunkt unserer Engagements bilden Investments in Portfolien von Unternehmenskrediten. …"
6
Wegen der Herausgabe dieser Presseerklärung ist der Vorstandsvorsitzende der Beklagten wegen vorsätzlicher Marktmanipulation gemäß § 20a Abs. 1 Nr. 1, § 38 Abs. 2, § 39 Abs. 2 Nr. 11 WpHG rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Juli 2011 - 3 StR 506/10, NZG 2011, 1075). Am 26. Juli 2007 erwarb der Zedent 1.000 Aktien der Beklagten zu einem Kurs von 23,77 € (Gesamtpreis 23.916,04 €), die er am 10. September 2007 auf die Klägerin übertrug. Am 27. Juli 2007 schloss die Bank gegenüber der Beklagten die Handelslinien im Interbankenverkehr ; dem schlossen sich andere Kreditinstitute an. Am Wochenende des 28./29. Juli 2007 kam es zu einem Krisentreffen unter Beteiligung der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) als dem größten Aktionär der Beklagten, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), der Deutschen Bundesbank und des Bundesfinanzministeriums, an dessen Ende die Einrichtung eines sog. Rettungsschirmes zugunsten der Beklagten stand. Am Montag, den 30. Juli 2007 veröffentlichte die Beklagte eine diesbezügliche Ad-hoc-Mitteilung nach § 15 WpHG. Daraufhin brach der Aktienkurs der Beklagten ein.
7
Die Klägerin verlangt im Wege des Schadensersatzes Zahlung von 23.916,04 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung der Aktien. Ihre Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der - vom erkennenden Senat zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

8
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

9
Das Berufungsgericht (OLG Düsseldorf, Urteil vom 27. Januar 2010 - I-15 U 230/09, juris), hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
10
Die Klägerin könne unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt von der Beklagten Schadensersatz fordern. Ein Schadensersatzanspruch aus § 37c WpHG scheide schon deshalb aus, weil es sich bei der Pressemitteilung vom 20. Juli 2007 nicht um eine Ad-hoc-Mitteilung nach § 15 WpHG handele. Auch eine analoge Anwendung des § 37c WpHG komme mangels planwidriger Regelungslücke nicht in Betracht. Der Gesetzgeber habe bewusst davon abgesehen , eine Anspruchsgrundlage für Schäden aufgrund jeglicher Form der Fehlinformation des Kapitalmarktes zu schaffen, sondern gezielt nur an Ad-hocMitteilungen angeknüpft.
11
Die Beklagte hafte auch nicht aus § 37b WpHG. Es könne insofern dahinstehen , ob der Umfang des eigenen und über Zweckgesellschaften bewirkten Engagements der Beklagten in Subprime-Anleihen eine publikationspflichtige Insiderinformation darstelle, zu deren Veröffentlichung die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, da sich jedenfalls nicht feststellen lasse, dass die Beklagte zum damals maßgeblichen Zeitpunkt deren Kursrelevanz habe erkennen müssen. Insoweit sei entscheidend, ob sie die tatsächlich eingetretene weitere Entwicklung, d.h. die nur durch Kombination zweier so noch nie da gewesener und nicht vorhersehbarer Ereignisse - Sperrung der Kreditlinie durch die Bank und Zusammenbruch des ABCP-Marktes - bewirkte existenzgefährdende Zuspitzung der Lage erkannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht erkannt und dennoch von der Veröffentlichung abgesehen habe. Allein der sich aus Ex-post-Sicht ergebende - berechtigte - Vorwurf einer Fehleinschätzung trage diese Annahme nicht.
12
Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 20a WpHG scheitere schon daran, dass § 20a WpHG kein Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB sei. Das Verbot der Kurs- und Marktmanipulation diene ausweislich der Gesetzesbegründung der Wahrung der Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung an Börsen und organisierten Märkten. Der lediglich mittelbar bewirkte Anlegerschutz reiche - wie Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichthofes zur Vorgängernorm des § 88 BörsG aF zeigten - vor dem Hintergrund des Normzwecks für die Qualifikation von § 20a WpHG als Schutzgesetz nicht aus. Zudem stünden dem Anleger mit §§ 37b, 37c WpHG Anspruchsgrundlagen zur Liquidation eines etwaigen Schadens zur Verfügung.
13
Hinsichtlich eines Anspruchs aus § 826 BGB habe die Beklagte jedenfalls dessen subjektiven Tatbestand nicht verwirklicht. Die dafür nötige besondere Verwerflichkeit des Verhaltens könne nicht bejaht werden. Motiv der Beklagten für die Herausgabe der Pressemitteilung vom 20. Juli 2007 sei gewesen , am Markt aufgekommene und aus ihrer damaligen Sicht in der Sache unberechtigte Gerüchte über ihre Betroffenheit von der US-Hypothekenkrise zu entkräften und so zu einer Beruhigung der nervösen Situation beizutragen.
14
Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG scheiterten daran, dass die Verhältnisse der Beklagten nicht in "Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand" unrichtig wiedergegeben worden seien.

II.

15
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hätte mit der von ihm gegebenen Begründung einen Anspruch der Klägerin aus § 37b Abs. 1 Nr. 1 WpHG auf Ersatz des Vertragsabschlussschadens nicht abschließend verneinen dürfen.
16
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings einen Anspruch wegen Veröffentlichung unwahrer Insiderinformationen aus § 37c Abs. 1 Nr. 1 WpHG verneint (ebenso OLG Düsseldorf, Urteil vom 10. September 2009 - I-6 U 14/09, juris Rn. 59). Bei der Mitteilung vom 20. Juli 2007 handelt es sich schon der äußeren Form nach nicht um eine Ad-hoc Mitteilung nach § 15 WpHG. Sie war nicht gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a) der Verordnung zur Konkretisierung von Anzeige-, Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten sowie der Pflicht zur Führung von Insiderverzeichnissen nach dem Wertpapierhandelsgesetz (nachfolgend: WpAIV) ausdrücklich als Ad-hoc-Meldung nach § 15 WpHG, sondern als "Pressemitteilung" bezeichnet. Überdies wurde sie auch nicht gemäß §§ 3a, 5 WpAIV in den Organen der Ad-hoc-Publizität veröffentlicht (vgl. dazu Assmann in Assmann/Schneider, WpHG, 5. Aufl., § 15 Rn. 246, 277 ff.).
17
2. Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht mangels planwidriger Regelungslücke eine analoge Anwendung von § 37c Abs. 1 Nr. 1 WpHG abgelehnt (so auch Sethe in Assmann/Schneider, WpHG, 5. Aufl., §§ 37b, 37c Rn. 30 mwN; Möllers/Leisch in KK-WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 71 mwN; Fenchel, DStR 2002, 1355, 1360; Longino, DStR 2008, 2068, 2071). Der Gesetzgeber hat mit den §§ 37b, 37c WpHG bewusst und in Kenntnis (vgl. BT-Drucks. 14/8017 S. 62) des im Bericht der Regierungskommission "Corporate Governance - Unternehmensführung - Unternehmenskontrolle - Modernisierung des Aktienrechts" aus dem Jahr 2001 (Rn. 182, 186) enthaltenen Vorschlags einer allgemeinen zivilrechtlichen Haftung bei fehlerhafter Information des Kapitalmarkts - z.B. auch durch Äußerungen bei Präsentationen, Analystenbesprechungen oder in der Hauptversammlung - im Rahmen des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes (Gesetz vom 21. Juni 2002, BGBl. I S. 2010 ff., nachfolgend : 4. FFG) allein die Haftung für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen geregelt. Vor dem Hintergrund der ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 14/8017 S. 62) zu vermeidenden Überregulierung des Anlegerschutzes verbietet sich damit eine analoge Anwendung der Vorschrift, zumal auch ein weitergehender Gesetzentwurf aus dem Jahr 2004 (Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz - KapInHaG, dort S. 2 f., 15, abgedruckt in NZG 2004, 1042 ff., siehe dazu Veil, BKR 2005, 91 ff.) zurückgezogen wurde.
18
3. Nicht zu beanstanden ist ferner, dass das Berufungsgericht einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG verneint hat. Zwar ist § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG als Schutzgesetz zu qualifizieren (BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, WM 2004, 1721, 1723, insoweit nicht in BGHZ 160, 149 abgedruckt). Jedoch waren die am 20. Juli 2007 veröffentlichten Informationen nicht in "Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand" i.S.v. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG enthalten. Unter Ersteren versteht man alle Berichte, die den Vermögensstand des Unternehmens so umfassend wiedergeben, dass sie ein Gesamtbild über die wirtschaftliche Lage der Aktiengesellschaft ermöglichen und den Eindruck der Vollständigkeit erwecken; Letztere sind Zusammenstellungen von Zahlenmaterialien, insbesondere alle Arten von Bilanzen, die einen Gesamtüberblick über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens ermöglichen (BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, WM 2004, 1721, 1723; vgl. auch MünchKommAktG/Kropff, 2. Aufl., § 400 Rn. 19 ff.; Oetker in Schmidt/Lutter, AktG, 2. Aufl., § 400 Rn. 7; Park, Kapitalmarktstrafrecht, 2. Aufl., § 400 Rn. 15 f.). Beides hat das Berufungsgericht in rechtsfehlerfreier tatrichterlicher Würdigung wegen der ersichtlich überschlägigen, isolierten und unvollständigen Angaben, die noch keine genauere und umfassende Überprüfung erlauben, sowie wegen des Verweises auf den erst am 14. August 2007 erscheinenden vollständigen Quartalsbericht verneint. Auch die Revision erhebt dagegen keine Einwendungen.
19
4. Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 20a Abs. 1 Nr. 1 WpHG mit der Begründung abgelehnt hat, § 20a Abs. 1 Nr. 1 WpHG sei kein Schutzgesetz.
20
a) Ob § 20a Abs. 1 Nr. 1 WpHG als Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB zu qualifizieren ist, ist umstritten. Teilweise wird der Schutzgesetzcharakter der Vorschrift unter Hinweis auf den in der Gesetzesbegründung des 4. FFG und des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes (Gesetz vom 28. Oktober 2004, BGBl. I S. 2630 ff.; im Folgenden: AnSVG) angesprochenen Gedanken des Anlegerschutzes bejaht (Mock/Stoll/Eufinger in KK-WpHG, § 20a Rn. 427 ff.; Grundmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl. § 20a WpHG Rn. VI 156; Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1066; Altenhain, BB 2002, 1874, 1875; Ziouvas, ZGR 2003, 113, 142; Ekkenga, ZIP 2004, 781, 792; wohl auch Leisch, ZIP 2004, 1573, 1578). Die herrschende Gegenansicht (Vogel in Assmann /Schneider, WpHG, 5. Aufl., § 20a Rn. 27 ff.; Möllers in Derleder/Knops/ Bamberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, 2. Aufl., § 69 Rn. 37; Fuchs/Fleischer, WpHG, § 20a Rn. 154; Maier-Reimer/Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 160; Schönhöft, Die Strafbarkeit der Marktmanipuation gemäß § 20a WpHG, 2006, S. 11 ff.; Eichelberger, Das Verbot der Marktmanipulation (§ 20a WpHG), 2006, S. 363 ff.; Jungmichel, Haftung und Schadenskompensation bei Verstößen gegen Ad-hoc-Publizitätspflichten, 2007, S. 196 ff.; Schwark in Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechtskommentar, 4. Aufl., § 20a WpHG Rn. 7; Barnert, WM 2002, 1473, 1481; Maier-Reimer/Webering, WM 2002, 1857, 1864; Rützel, AG 2003, 69, 79; Holzborn/Foelsch, NJW 2003, 932, 938; Spindler, WM 2004, 2089, 2091; Edelmann, BB 2004, 2031, 2032) verneint die Schutzgesetzeigenschaft hauptsächlich deshalb, weil die Norm lediglich öffentlichen Interessen diene. Die letztgenannte Ansicht ist zutreffend.
21
b) Eine Norm ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes dann Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB, wenn sie nach Zweck und Inhalt zumindest auch dazu dienen soll, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsguts zu schützen. Dafür kommt es nicht auf die Wirkung, sondern auf Inhalt und Zweck des Gesetzes sowie darauf an, ob der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zu Gunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt oder doch mit gewollt hat. Es genügt, dass die Norm auch das in Frage stehende Interesse des Einzelnen schützen soll, mag sie auch in erster Linie das Interesse der Allgemeinheit im Auge haben. Andererseits soll der Anwendungsbereich von Schutzgesetzen nicht ausufern. Deshalb reicht es nicht aus, dass der Individualschutz durch Befolgung der Norm als ihr Reflex objektiv erreicht werden kann; er muss vielmehr im Aufgabenbereich der Norm liegen (vgl. BGH, Urteile vom 18. November 2003 - VI ZR 385/02, NJW 2004, 356, 357 und vom 22. Juni 2010 - VI ZR 212/09, BGHZ 186, 58 Rn. 26, jeweils mwN). Zudem muss die Schaffung eines individuellen Schadensersatzanspruchs sinnvoll und im Lichte des haftungsrechtlichen Gesamtsystems tragbar erscheinen, wobei in umfassender Würdigung des gesamten Regelungszusammenhangs , in den die Norm gestellt ist, geprüft werden muss, ob es in der Tendenz des Gesetzgebers liegen konnte, an die Verletzung des geschützten Interesses die deliktische Einstandspflicht des dagegen Verstoßenden mit allen damit zugunsten des Geschädigten gegebenen Beweiserleichterungen zu knüpfen (BGH, Urteil vom 22. Juni 2010 - VI ZR 212/09, BGHZ 186, 58 Rn. 26, 29 zu § 34a Abs. 1 Satz 1 WpHG und Senatsurteil vom 19. Februar 2008 - XI ZR 170/07, BGHZ 175, 276 Rn. 18 mwN zu § 32 Abs. 2 Nr. 1 WpHG).
22
c) Misst man § 20a Abs. 1 WpHG an diesen Maßstäben, so hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass § 20a Abs. 1 WpHG kein Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB ist.
23
aa) Dem Wortlaut der Bestimmungen des Wertpapierhandelsgesetzes lässt sich nicht allgemein entnehmen, ob und welchen Vorschriften Schutzgesetzcharakter im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB zukommt. Es bedarf daher einer konkreten Einzelnormbetrachtung (BGH, Urteil vom 22. Juni 2010 - VI ZR 212/09, BGHZ 186, 58 Rn. 27). Aus dem Wortlaut des § 20a WpHG lassen sich indes - neben der für sich allein genommen wenig aussagekräftigen Abwesenheit einer § 15 Abs. 6 WpHG entsprechenden Ausschlussklausel - keine Rückschlüsse auf die Reichweite des vom Gesetzgeber beabsichtigten Schutzes ziehen.
24
bb) Im Gesetzentwurf der Bundesregierung zum 4. FFG findet sich zwar im allgemeinen Teil der Passus, Ziel des Entwurfs sei (auch) die Stärkung des Anlegerschutzes (BT-Drucks. 14/8017 S. 1, 62; vgl. insoweit auch BT-Drucks. 15/3174 S. 1, 26 zum AnSVG); jedoch wird im gleichen Atemzug betont, eine Überregulierung des Anlegerschutzes sei zur Verhinderung der Einschränkung der Wettbewerbsfähigkeit zu vermeiden (BT-Drucks. 14/8017 S. 62). Zudem wird bei der Begründung der konkreten Norm selbst entweder nur auf die aufsichtsrechtliche Komponente der Änderung hingewiesen (BT-Drucks. 14/8017 S. 64) oder allein die durch § 20a WpHG bezweckte Funktionsfähigkeit der Wertpapiermärkte betont (BT-Drucks. 14/8017 S. 89, 99). Da des Weiteren der sachliche Schutzbereich der Vorschrift mit der Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung an Märkten und Börsen umschrieben wird (BT-Drucks. 14/8017 S. 89, 98), sprechen die Materialien eher gegen einen intendierten Individualschutz. Dies korrespondiert mit der durch das AnSVG umgesetzten (BT-Drucks. 15/3174 S. 1, 37) Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauch; ABl. 2003 EG Nr. L 96/03 S. 16), in deren Erwägungsgründen ebenfalls hauptsächlich auf den Schutz der Marktintegrität abgestellt wird (vgl. Gründe (2), (11), (12), (15), (24), (34), (37) und (43)).
25
cc) Die Entstehungsgeschichte der Norm bestätigt dieses Ergebnis. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte § 20a WpHG nämlich die bisherige Regelung des § 88 BörsG aF ablösen (BT-Drucks. 14/8017 S. 64, 89). Jener kam indes nach übereinstimmender Ansicht des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 742/02, WM 2002, 2207, 2209) und des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 218/03, BGHZ 160, 134, 139 f.) keine Schutzgesetzeigenschaft zu. Begründet wurde dies u.a. mit dem - auch auf § 20a WpHG übertragbaren - Gedanken der sonst drohenden Aushöhlung des § 15 Abs. 6 WpHG aF. Dieser würde umgangen, käme man über die Einstufung des § 20a WpHG als Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB dennoch zu einer Haftung, die vom Gesetzgeber gerade nicht beabsichtigt war. Vor diesem Hintergrund ist die Tatsache, dass der Gesetzgeber anders als bei § 15 WpHG (BT-Drucks. 14/8017 S. 87) für § 20a WpHG dessen fehlenden Schutzgesetzcharakter in der Gesetzesbegründung nicht klargestellt hat, als Versehen (Fleischer, NJW 2002, 2977, 2979: "Unterlassungssünde") einzustufen.
26
dd) Der Gesetzgeber hat sich in systematischer Hinsicht gegen eine allgemeine deliktische Haftung für Vermögensschäden und für eine Anknüpfung an die Verletzung besonders aufgeführter Rechtsgüter entschieden. Die im deliktischen Haftungssystem auf § 826 BGB beschränkte Gewährleistung eines Vermögensschutzes darf daher nicht durch eine ausufernde Anerkennung von Schutzgesetzen unterlaufen werden (vgl. Senatsurteil vom 19. Februar 2008 - XI ZR 170/07, BGHZ 175, 276 Rn. 20). Nach der Senatsrechtsprechung kommt den in erster Linie aufsichtsrechtlichen Regeln des WpHG folglich keine eigenständige schadensersatzrechtliche Bedeutung zu (Senatsurteile vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 18 und vom 19. Februar 2008 - XI ZR 170/07, BGHZ 175, 276 Rn. 16). Berücksichtigt man ferner, dass seit Einführung der §§ 37b, 37c WpHG autonome Anspruchsgrundlagen in Fällen der Verletzung von Veröffentlichungspflichten existieren, die gezielt nur für den Bereich der Ad-hoc-Mitteilungen geschaffen wurden, kann auch nicht mehr argumentiert werden, der gesetzgeberisch mitbeabsichtigte Anlegerschutz lasse sich effektiv nur durch eine (weitere) deliktische Haftung verwirklichen (zu diesem Kriterium als Voraussetzung für die Anerkennung einer Norm als Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB: BGH, Urteil vom 22. Juni 2010 - VI ZR 212/09, BGHZ 186, 58 Rn. 29).
27
5. Rechtlich nicht zu beanstanden ist schließlich, dass das Berufungsgericht eine Informationsdeliktshaftung der Beklagten aus §§ 826, 31 BGB verneint hat.
28
Wie das Berufungsgericht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteile vom 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, BGHZ 160, 149, 157 f. und II ZR 217/03, WM 2004, 1726, 1730) zutreffend ausgeführt hat, genügt für die Annahme der Sittenwidrigkeit weder der Verstoß gegen eine gesetzliche Vorschrift noch die Tatsache eines eingetretenen Vermögensschadens ; vielmehr muss sich die besondere Verwerflichkeit des Verhaltens aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage tretenden Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben. Zwar kann diese Verwerflichkeit bei einer direkt vorsätzlichen unlauteren Beeinflussung des Sekundärmarktpublikums durch eine grob unrichtige Ad-hoc-Mitteilung - an der es vorliegend fehlt - indiziert sein (vgl. BGH, Urteile vom 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, BGHZ 160, 149, 157 f. und II ZR 217/03, WM 2004, 1726, 1730), jedoch bedarf es immer einer Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Umstände.
29
Diese hat das Berufungsgericht gewürdigt. Dabei hat es in rechtlich nicht zu beanstandender Weise die Sittenwidrigkeit verneint. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters und nur eingeschränkt daraufhin zu überprüfen, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen die Denk- und Erfahrungsgesetze verstößt (vgl. Senatsurteil vom 29. Juni 2010 - XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rn. 38; BGH, Urteile vom 19. Juli 2004 - II ZR 217/03, WM 2004, 1726, 1729 und vom 30. Oktober 2007 - VI ZR 132/06, NJW 2008, 571, Rn. 8 mwN). Derartige Rechtsfehler weist das - insoweit von der Revision auch nicht angegriffene - Urteil nicht auf.
30
6. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht dagegen einen Anspruch der Klägerin aus § 37b Abs. 1 Nr. 1, § 13 Abs. 1 Satz 1, § 15 Abs. 1 WpHG auf Ersatz des für die Aktien gezahlten Kaufpreises verneint.
31
Nach § 37b Abs. 1 Nr. 1 WpHG hat ein börsennotiertes Unternehmen einem Anleger den Schaden zu ersetzen, der diesem dadurch entstanden ist, dass er Finanzinstrumente zu einem Zeitpunkt erworben hat, in dem das Unternehmen Insiderinformationen hätte veröffentlichen müssen, dies jedoch schuldhaft unterlassen hat. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 WpHG muss ein Inlandsemittent von Finanzinstrumenten Insiderinformationen, die ihn unmittelbar betreffen, unverzüglich veröffentlichen. Eine Insiderinformation ist nach § 13 Abs. 1 Satz 1 WpHG eine konkrete Information über nicht öffentlich bekannte Umstände, die sich auf einen Emittenten von Insiderpapieren beziehen und die geeignet sind, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen.
32
a) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin nach diesen Vorschriften mit der Begründung verneint, es könne dahingestellt bleiben, ob die Beklagte vor dem 27. Juli 2007 zu einer Ad-hoc-Mitteilung über die Höhe ihres unmittelbaren und mittelbaren Engagements in USSubprimes verpflichtet gewesen sei, da sich jedenfalls nicht feststellen lasse, dass die Beklagte die Kursrelevanz habe erkennen müssen, weil die nachfolgende Entwicklung nicht vorhersehbar gewesen sei.
33
b) Da das Berufungsgericht die - maßgeblich nach einer tatrichterlichen Würdigung der Umstände zu beurteilende - Verpflichtung der Beklagten zur Veröffentlichung einer Ad-hoc-Mitteilung trotz gewisser Zweifel letztlich ausdrücklich offen gelassen hat, ist ihr Bestehen hier zugunsten der Klägerin zu unterstellen. Stellt sich aber die Höhe des Subprime-Anteils der jeweiligen Investments der Beklagten als eine gemäß § 15 WpHG veröffentlichungspflichtige Insiderinformation dar, erweist sich das Abstellen des Berufungsgerichts auf die Vorhersehbarkeit einer "existentiellen Bedrohung" der Beklagten bzw. des "Szenario[s] vom 27.07.2007", also der Kreditliniensperrung durch die Bank und des zeitgleichen Zusammenbruchs des ABCP-Marktes als rechtsfehlerhaft. Denn für einen Schadensersatzanspruch aus § 37b Abs. 1 WpHG kommt es allein darauf an, ob die Beklagte dessen objektive Voraussetzungen, insbesondere das Kursbeeinflussungspotential der Information "Höhe des Subprime -Anteils" kannte oder aufgrund grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Hierfür statuiert § 37b Abs. 2 WpHG - was das Berufungsgericht außer Acht lässt - zu- gunsten des geschädigten Anlegers eine gesetzliche Vermutung, die die Beklagte zu widerlegen hatte. Dazu fehlt es zum einen an Feststellungen. Zum anderen folgt aus der Veröffentlichung der Presseerklärung vom 20. Juli 2007, dass die Verantwortlichen der Beklagten die Kursrelevanz des SubprimeEngagements zu diesem Zeitpunkt kannten. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang , ob - was das Berufungsgericht verneint und worauf auch die Revisionserwiderung abstellt - die Klägerin ausreichend dargelegt hat, die Beklagte habe die sich aus den unmittelbaren und mittelbaren Investments ergebenden Risiken nicht aus eigener Kraft auffangen oder sich im Umfang einer Inanspruchnahme am Interbankenmarkt nicht refinanzieren können. Die Tatsache der Veröffentlichung der Pressemitteilung zum Thema Auswirkungen der USHypothekenkrise am 20. Juli 2007 belegt im Gegenteil, dass der Beklagten spätestens zu diesem Zeitpunkt die Bedeutung der Höhe ihres SubprimeEngagements für das bereits sensibilisierte Marktpublikum sehr wohl bewusst war. Nicht ohne Grund hat sie dort hervorgehoben, den Investitionsschwerpunkt in anderen Portfolien gesetzt zu haben.

III.

34
Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
35
1. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung handelt es sich bei der Höhe des Subprime-Engagements der Beklagten um eine Insidertatsache, die die Beklagte in einer Ad-hoc-Mitteilung zeitlich vor dem Erwerbsgeschäft der Klägerin hätte veröffentlichen müssen.
36
a) Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass es sich bei der Höhe des Subprime-Anteils der unmittelbar eigenen Investments der Beklagten sowie derjenigen der mit der Beklagten verbundenen Zweckgesellschaften um konkrete Informationen i.S.v. § 13 Abs. 1 Satz 1 WpHG handelt (vgl. dazu auch Assmann in Assmann/Schneider, WpHG, 5. Aufl., § 13 Rn. 7 f., 11; Pawlik in KK-WpHG, § 13 Rn. 12, 23). Denn sie beziehen sich auf Tatsachen, die jedenfalls präzise genug sind, um den Schluss auf die mögliche Auswirkung dieser Umstände auf die Kurse von Finanzinstrumenten zuzulassen (BT-Drucks. 15/3174 S. 34).
37
aa) Hinsichtlich beider Investments ist der in § 13 Abs. 1 Satz 1 WpHG weiter geforderte Selbstbezug gegeben, da dieser sowohl ein direkter wie auch ein indirekter sein kann, sodass auch eine bloß mittelbare Betroffenheit - wie durch das über Liquiditätslinien und Beratungsmandate bewirkte Engagement der Beklagten in die Zweckgesellschaften - ausreicht (vgl. BT-Drucks. 15/3174 S. 33; Emittentenleitfaden der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Stand 15. Juli 2005, S. 21; dazu Assmann in Assmann/Schneider, WpHG, 5. Aufl., § 13 Rn. 43; Pawlik in KK-WpHG, § 13 Rn. 39 f.).
38
bb) Diese Informationen betreffen entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung auch nicht öffentlich bekannte Umstände im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 1 WpHG. Denn nach den unangegriffenen und rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts lässt sich zwar die (direkte und indirekte) Tätigkeit der Beklagten auf dem verbrieften internationalen Kreditportfoliomarkt aus den Geschäftsberichten der Jahre 2002 bis 2007 ersehen, die genaue Zusammensetzung dieser Engagements und insbesondere der entscheidende, darin jeweils enthaltene Subprime-Anteil geht daraus jedoch nicht hervor. Dieser ergibt sich erst aus dem nach der Krise im Februar 2008 veröffentlichten "Geänderten Geschäftsbericht". Soweit die Revisionserwiderung ferner auf die vom Berufungsgericht erörterte, nach damaligen Standards ordnungsgemäße Bilanzierungspraxis der Beklagten und die Ausweisung der aus den Beratungsmandaten und dem Stellen der Liquiditätslinien erwachsenen Verbindlichkeiten in der Bilanz abhebt, geht auch daraus der jeweils konkrete Subprime-Anteil nicht hervor.
39
cc) Bei der Höhe des Subprime-Anteils der von den Zweckgesellschaften getätigten Investments handelt es sich - anders als die Revisionserwiderung meint - auch um eine die Beklagte unmittelbar betreffende Information (§ 15 Abs. 1 Satz 1 WpHG). Eine Insiderinformation betrifft den Emittenten insbesondere dann unmittelbar, wenn sie sich auf Umstände bezieht, die in seinem Tätigkeitsbereich eingetreten sind (§ 15 Abs. 1 Satz 3 WpHG). Das nach den Feststellungen des Berufungsgerichts den angesprochenen Verkehrskreisen bekannte Engagement über Beratungsmandate und die Gewährung von Liquiditätslinien in den RFCCC, der seinerseits wiederum nahezu ausschließlich in verbriefte internationale Forderungsportfolien investierte, geht auf eine Unternehmensentscheidung der Beklagten zurück und hat bei Ziehen der gestellten Liquiditätslinien direkte Auswirkung auf das Ergebnis der Beklagten. Damit bezieht sich der Ausfall der Subprimes auf Umstände aus dem Tätigkeitsbereich des Emittenten i.S.v. § 15 Abs. 1 Satz 3 WpHG. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, kommt es für den Anleger nicht entscheidend darauf an, ob sich die existentielle Krise der Beklagten aus eigenen Investments oder denen des vertraglich mit ihr verbundenen RFCCC ergibt.
40
b) Die Information über die Höhe des Subprime-Anteils der Investments der Beklagten war auch geeignet, bei ihrem Bekanntwerden den Kurs der Aktie der Beklagten erheblich zu beeinflussen i.S.v. § 13 Abs. 1 Satz 1 WpHG.
41
aa) Das Kursbeeinflussungspotential einer Information ist in objektivnachträglicher , auf den Zeitpunkt des Insiderhandelns abstellender Ex-antePrognose zu ermitteln (so auch die herrschende Meinung, vgl. Assmann in Assmann/Schneider, WpHG, 5. Aufl., § 13 Rn. 54 f.; Pawlik in KK-WpHG, § 13 Rn. 42 f. jeweils mwN). Maßgeblich ist danach weder, ob der Handelnde die Information für kurserheblich hielt oder nicht, noch, ob der Kurs des betroffenen Papiers nach Bekanntwerden der Information tatsächlich eine Veränderung erfährt. Zwar kann der faktische Kursverlauf des Insiderpapiers nach Veröffentlichung dann Indizwirkung haben, wenn andere Umstände als das öffentliche Bekanntwerden der Insiderinformation für die erhebliche Kursänderung praktisch ausgeschlossen werden können (Assmann in Assmann/Schneider, WpHG, 5. Aufl., § 13 Rn. 55; Pawlik in KK-WpHG, § 13 Rn. 42). Der Revisionserwiderung ist aber zuzugeben, dass es daran hier schon deshalb fehlt, weil mit der zwischenzeitlich erfolgten Sperrung der Kreditlinie durch die Bank und dem Zusammenbruch des ABCP-Marktes weitere Ursachen für den tatsächlichen Wertverlust der Aktie der Beklagten nach Veröffentlichung der Information durch die Ad-hoc-Mitteilung vom 30. Juli 2007 vorhanden sind. Ausschlaggebend ist nach § 13 Abs. 1 Satz 2 WpHG vielmehr, ob ein verständiger - also mit den Marktgegebenheiten vertrauter, börsenkundiger (Assmann in Assmann/Schneider, WpHG, 5. Aufl., § 13 Rn. 58; Pawlik in KK-WpHG, § 13 Rn. 87) - Anleger die Information über den Subprime-Anteil der Investments der Beklagten bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigt hätte.
42
bb) Anders als das Berufungsgericht meint, gehörte zu den in diese Anlageentscheidung einzustellenden Marktverhältnissen schon vor dem 26. Juli 2007 die - unstreitige - Existenz einer substantiellen Krise auf dem SubprimeMarkt sowie die gerade deswegen schon erfolgten und der Beklagten bekannten objektiven Marktreaktionen.
43
Nach den unangegriffenen und rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts wurden nämlich seit Mitte Juli 2007 Subprimes von den RatingAgenturen herabgestuft. Es kamen Gerüchte auf, denen zufolge die Beklagte gerade wegen ihres Engagements auf dem US-Subprime-Markt ein substantielles Risiko treffe. Zugleich fiel der Aktienkurs der Beklagten, während die Aufschläge auf die variable Grundverzinsung der Beklagten (die sog. BondSpreads ) wegen eines vermuteten erhöhten Ausfallrisikos stiegen. Die Preise für von der Beklagten emittierte Anleihen sanken hingegen. Vor diesem Hintergrund kann die weitere Feststellung des Berufungsgerichts, dass das eigene Engagement der Beklagten "nach damals gängigen Kriterien nicht sehr riskant" und "der Anteil an Subprimes in den Portfolien nach damals gängiger Auffassung und Einschätzung für das in dem konkreten Investment liegende Risiko nicht von besonderer Aussagekraft" gewesen sei, weil man sich an der Einschätzung von Rating-Agenturen orientiert habe, jedenfalls nicht mehr für den Zeitpunkt der Pressemitteilung vom 20. Juli 2007 gelten, weil sie insoweit überholt ist.
44
Danach erhielt die Höhe des Subprime-Engagements ihre Kursrelevanz und damit auch ihren Charakter als veröffentlichungspflichtige Insiderinformation im Sinne von § 13 WpHG nicht - wie die Revisionserwiderung mit ihrem Hinweis auf die ungefährdete Bonität der Beklagten wohl geltend machen will - erst durch die konkrete Wahrscheinlichkeit eines bevorstehenden Marktzusammenbruchs und einer der Beklagten daraus drohenden Existenzkrise, sondern vielmehr aus den schon Mitte Juli 2007 erfolgten allseits negativen Marktreaktionen hinsichtlich der Subprimes. Ein verständiger Anleger - der auch irrationale Reaktionen anderer Marktteilnehmer zu berücksichtigen hat (vgl. Fuchs/Mennicke/Jakovou, WpHG, § 13 Rn. 142, 149) - hätte daher bei einem derart hochsensiblen Markt bereits seit Mitte Juli 2007, spätestens jedoch am 20. Juli 2007 dem - vom Berufungsgericht festgestellten - Subprime-Anteil von 38,5% bei den eigenen Investments der Beklagten bzw. rund 90% bei denen der mit der Beklagten verbundenen Zweckgesellschaften ein erhebliches Kursbeeinflussungspotential zugeschrieben. Damit korrespondiert auch der - eine norminterpretierende Verwaltungsvorschrift darstellende (BGH, Urteil vom 25. Februar 2008 - II ZB 9/07, WM 2008, 641 Rn. 24) - Emittentenleitfaden der BaFin (Stand 15. Juli 2005, S. 43 f.), der zu den veröffentlichungspflichtigen Insiderinformationen u.a. den Ausfall wesentlicher Schuldner und erhebliche außerordentliche Aufwendungen zählt.
45
cc) Die jedem Emittenten im Rahmen des Tatbestandsmerkmals der Unverzüglichkeit (§ 15 Abs. 1 Satz 1 WpHG) zuzubilligende Prüffrist, ob tatsächlich eine Ad-hoc-Publizitätspflicht besteht (dazu Sethe in Assmann/Schneider, WpHG, 5. Aufl., §§ 37b, 37c Rn. 43a; Assmann, ebd., § 15 Rn. 249; Möllers/ Leisch in KK-WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 200; Zimmer/Grotheer in Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechtskommentar, 4. Aufl., § 37c WpHG Rn. 66; Fuchs/Pfüller, WpHG, § 15 Rn. 261), war jedenfalls am 20. Juli 2007 abgelaufen. Wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat, wurde an diesem Tag vom Vorstandsvorsitzenden der Beklagten die Pressemitteilung gerade wegen der Gerüchte um eine substantielle Betroffenheit der Beklagten von der US-Hypothekenkrise und zur Beruhigung der nervösen Situation veröffentlicht. Dennoch finden sich dort keinerlei Angaben zur genauen Höhe des SubprimeAnteils der von der Beklagten direkt oder indirekt getätigten Investments.
46
Zwar wird unter Hinweis auf eine Studie der Ratingagentur Moody’s ein- geräumt, von den "Unsicherheiten im US-Hypothekenmarkt" in einem einstelligen Millionenbereich betroffen zu sein, sodann aber eine weitere Studie von Standard & Poor’s angeführt, nach der die Beklagte"in keinerlei Hinsicht" Aus- wirkungen zu befürchten habe. Begründet wird dies im folgenden Satz damit, dass den Schwerpunkt der Engagements der Beklagten Investments in Portfo- lien von Unternehmenskrediten bildeten. Abgesehen davon, dass nach dem oben Ausgeführten gerade der genaue Anteil der hoch marktsensiblen Subprimes zu veröffentlichen gewesen wäre - der bei den unmittelbaren Engagements bei 38,5% lag - vermittelt dieser Nachsatz noch dazu den unzutreffenden Eindruck , auch bei den mittelbaren Engagements betrage der Subprime-Anteil weit weniger als der konservativer Investments, während er tatsächlich bei rund 90% lag.
47
2. Der Anspruch aus § 37b Abs. 1 WpHG umfasst entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung die von der Klägerin Zug um Zug begehrte Rückgängigmachung des Erwerbsgeschäfts.
48
a) Die Frage nach dem Umfang des von §§ 37b, 37c WpHG gewährten Schadensersatzes ist - soweit ersichtlich - in der Rechtsprechung bisher lediglich vom Landgericht Hamburg (Urteil vom 10. Juni 2009 - 329 O 377/08, juris Rn. 36) behandelt worden und in der Literatur umstritten.
49
Eine Meinung billigt dem geschädigten Anleger im Rahmen der §§ 37b, 37c WpHG lediglich einen Anspruch auf Ersatz der Kursdifferenz - im vorliegenden Fall also zwischen dem tatsächlichen Kaufpreis und dem Preis, der bestanden hätte, hätte die Beklagte die Insiderinformation rechtzeitig veröffentlicht - zu (Sethe in Assmann/Schneider, WpHG, 5. Aufl., §§ 37b, 37c Rn. 70 ff. mwN; Fuchs, WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 34 f.; Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht , 3. Aufl., § 37c WpHG Rn. 7; Zimmer/Grotheer in Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechtskommentar, 4. Aufl., § 37c WpHG Rn. 86 ff.; Maier-Reimer/ Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 129 ff.; Grundmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl. § 37c WpHG Rn. VI 376; Engelhardt, BKR 2006, 443, 447; Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1068 f.; Fleischer, BB 2002, 1869, 1870 ff.; ders., DB 2004, 2031, 2035; Hutter/Leppert, NZG 2002, 649, 654 f.; Hopt/Voigt, WM 2004, 1801, 1804; Maier-Reimer/Webering, WM 2002, 1857, 1860 f.; Rützel, AG 2003, 69, 79; Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1635 ff.; Longino, DStR 2008, 2068, 2071; Reichert/Weller, ZRP 2002, 49, 55; Jungmichel, Haftung und Schadenskompensation bei Verstößen gegen Ad-hoc-Publizitätspflichten, 2007, S. 155 ff.).
50
Die Gegenansicht sieht auch die Rückgängigmachung des Wertpapiergeschäfts als von den §§ 37b, 37c WpHG umfasst an (Möllers/Leisch in KK-WpHG, §§ 37b, 37c, Rn. 240 ff. mwN; Oulds in Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., Rn. 14.267; Büche, Die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität als Baustein eines integeren Finanzmarkts, 2005, S. 146; Dogan, Ad-hocPublizitätshaftung , 2005, S. 101 ff.; Dühn, Schadensersatzhaftung börsennotierter Aktiengesellschaften für fehlerhafte Kapitalmarkinformation, 2003, S. 179 f.; Kissner, Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit für Ad-hoc-Mitteilungen, 2002, S. 159; Hennrichs in Festschrift Kollhosser, 2004, Band II, S. 201, 206 f.; Rössner/Bolkart, ZIP 2002, 1471, 1475; Leisch, ZIP 2004, 1573, 1575; EscherWeingart /Lägeler/Eppinger, WM 2004, 1845, 1848 ff.). Die letztgenannte Auffassung trifft zu.
51
b) Ausgangspunkt der Betrachtung muss § 249 BGB als Basisnorm des gesamten Schadensrechts sein, die den Grundsatz der Totalreparation statuiert. Zwar ergibt sich daraus für den von § 37b WpHG geregelten Fall der unterbliebenen Ad-hoc-Mitteilung nicht, welcher hypothetische Zustand bestünde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten - mithin die Beklagte ihrer Publizitätspflicht aus § 15 WpHG rechtzeitig nachgekommen - wäre; unter Hinweis auf die nach diesem Prinzip ohne Abstriche zu leistende Kompensation gelangt die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei Informationspflichtverletzungen jedoch im Regelfall zu einer schadensrechtlichen Rückabwicklung (vgl. zur Prospekthaftung im engeren Sinn: BGH, Urteil vom 26. September 1991 - VII ZR 376/89, BGHZ 115, 213, 220 mwN; zu vorvertraglichen Aufklärungspflichtverletzungen: Senatsurteile vom 19. Dezember 2000 - XI ZR 349/99, BGHZ 146, 235, 239 f. und vom 29. Juni 2010 - XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rn. 46 mwN; zu Informationsdefiziten im Rahmen von Beratungsverträgen: Senatsurteil vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, WM 2011, 682 Rn. 40; zur Haftung für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen im Rahmen von § 826 BGB: BGH, Urteile vom 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, BGHZ 160, 149, 153 f. und II ZR 217/03, WM 2004, 1726, 1729 bzw. zu § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG: BGH, Urteil vom 9. Mai 2005 - II ZR 287/02, WM 2005, 1358, 1359; in diesem Sinne ausdrücklich auch §§ 44 Abs. 1 Satz 1 BörsG, 13 Abs. 1, 13a Abs. 1 Satz 1 VerkProspG, 127 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 InvG).
52
Allerdings führt der Verstoß gegen eine Rechtspflicht nur zum Ersatz desjenigen Schadens, dessen Eintritt die Einhaltung der Pflicht verhindern soll (vgl. Senatsurteile vom 30. Januar 1990 - XI ZR 63/89, NJW 1990, 2057, 2058, vom 3. Dezember 1991 - XI ZR 300/90, BGHZ 116, 209, 212 und vom 20. März 2007 - XI ZR 414/04, WM 2007, 876 Rn. 21 f., 28, 42). Daher kommt im vorliegenden Fall eine Einschränkung des Anspruchsumfangs dann in Betracht, wenn die verletzte Publizitätspflicht aus § 15 WpHG dies gebietet. Dafür bieten indes weder Wortlaut und Entstehungsgeschichte noch Systematik oder Sinn und Zweck der §§ 37b, 37c WpHG hinreichende Anhaltspunkte.
53
aa) Auch wenn der Wortlaut der §§ 37b, 37c WpHG die in § 13 WpHG legaldefinierte Insiderinformation in Bezug nimmt, lässt sich daraus keine Beschränkung auf die Ersatzfähigkeit lediglich des Kursdifferenzschadens herleiten. Denn der in § 13 Abs. 1 Satz 2 WpHG enthaltene Hinweis auf die Anlageentscheidung eines verständigen Anlegers - und damit die ihr zeitlich vorangehende Willensbildung - ist nur für die Eignung der Information zur erheblichen Kursbeeinflussung nach § 13 Abs. 1 Satz 1 WpHG bedeutend. Eine Aussage über die Rechtsfolge ist damit nicht verbunden. Gleiches gilt für die Formulierung in § 37b Abs. 1 WpHG, nach der der Emittent "zum Ersatz des durch die Unterlassung entstandenen Schadens verpflichtet" ist. Denn dazu, welchen Umfang dieser Anspruch hat, verhält sich die Norm nicht. Ganz im Gegenteil findet sich in § 37c Abs. 1 WpHG der auf das negative Interesse hindeutende Passus, der Emittent sei "zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dadurch entsteht, dass der Dritte auf die Richtigkeit der Insiderinformation vertraut". Die damit vorausgesetzte Kausalität von Ad-hoc-Mitteilung und Anlageentschluss wäre überflüssig, führte die Norm lediglich zum Ersatz der Kursdifferenz. Die Formulierung daher als gesetzgeberisches Redaktionsversehen abzutun (so Maier-Reimer/Webering, WM 2002, 1857, 1861), überzeugt schon deshalb nicht, weil einerseits in der Gesetzesbegründung des 4. FFG (BT-Drucks. 14/8017 S. 93 f.) der Wunsch nach einem Gleichlauf der Haftung im Rahmen der nahezu identisch formulierten §§ 37b, 37c WpHG zum Ausdruck kommt, und andererseits eine "Korrektur" durch das nachfolgende AnSVG unterblieben ist.
54
bb) Der systematische Zusammenhang, in den die §§ 37b, 37c WpHG eingebettet sind, spricht ebenfalls nicht für eine Beschränkung des Schutzumfangs. Anknüpfungspunkt der dort normierten Haftung ist die Zuwiderhandlung gegen die in § 15 WpHG geregelte Publizitätspflicht. Während derartige Verstöße vor Geltung des 4. FFG wegen § 15 Abs. 6 WpHG aF nur dann Ansprüche nach sich zogen, wenn sie sich aus Vorschriften außerhalb des WpHG ergaben (BT-Drucks. 12/7918 S. 102: § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, § 826 BGB), stellt das WpHG seit Geltung der §§ 37b, 37c WpHG nunmehr eigene Anspruchsgrundlagen zur Verfügung, weshalb § 15 Abs. 6 Satz 1 WpHG entsprechend angepasst wurde. Über deren Reichweite ist damit noch keine Aussage getroffen.
55
cc) Die zur Auslegung der Normen heranzuziehenden Gesetzesmaterialien sind in Bezug auf den Umfang des ersatzfähigen Schadens bestenfalls ambivalent. Im allgemeinen Teil der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 14/8017) finden sich sowohl - für eine Beschränkung auf die Kursdifferenz sprechende - Bezugnahmen auf die "Integrität und Funktionsfähigkeit des Finanzmarktes" (S. 62) sowie die "Herstellung von Transparenz an den Kapitalmärkten" (S. 63) als auch die offen artikulierte Absicht der Stärkung des als unzureichend bemängelten Anlegerschutzes (S. 62, 64, 93). Bei der Behandlung der konkreten Normen spricht die Begründung schließlich einerseits davon, der Anleger habe die Wertpapiere infolge der Verletzung der Veröffentlichungspflicht "zu teuer" oder "zu billig" erworben und "dadurch [sei] ein Schaden entstanden" (S. 93, 94); andererseits wird auf die Kenntnis des Anlegers von der negativen Tatsache abgestellt (S. 93), auf die es bei Beschränkung auf die bloße Kursdifferenz indes - wie oben unter aa) ausgeführt - nicht ankommt. Darüber hinaus wird stets und in Anlehnung an § 249 Abs. 1 BGB ohne Einschränkung betont, der Anleger sei so zu stellen, "als ob der Emittent seine Pflichten ordnungsgemäß erfüllt hätte" (S. 93, 94).
56
dd) Berücksichtigt man ferner, dass es bei § 15 WpHG als Kardinalnorm der Ad-hoc-Publizitätspflicht jetzt heißt, diese solle "dazu beitragen, dass Marktteilnehmer frühzeitig über marktrelevante Informationen verfügen, damit sie sachgerechte Anlageentscheidungen treffen können" (BT-Drucks. 14/8017, S. 87; vgl. auch die Wiederholung im Regierungsentwurf zum AnSVG in BT-Drucks. 15/3174, S. 34), wird der gegenüber dem Zweiten Finanzmarktförderungsgesetz (nachfolgend: 2. FFG) geänderte Schutzzweck der Veröffentlichungspflicht erkennbar. Während § 15 WpHG dort noch ausschließlich der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes diente (Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 12/7918 S. 102), bezweckt er nunmehr auch den Schutz des individuellen Anlegers vor auf unzutreffenden Marktinformationen beruhenden Anlageentscheidungen. Dann ist es nur folgerichtig , die Rechtsgeschäfte, die infolge von Verstößen gegen die Publizitätspflicht zustande kommen, rückgängig machen zu können.
57
ee) Dem kann nicht entgegengehalten werden, § 15 WpHG sei kein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB (so aber wohl Assmann in Assmann /Schneider, WpHG, 5. Aufl., § 15 Rn. 27 f., unter Bezugnahme auf das zu § 15 WpHG aF ergangene Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, BGHZ 160, 149, 154). Der Umstand, dass §§ 37b, 37c WpHG in Abkehr zur früheren Rechtslage ausdrücklich einen zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch gewähren, belegt den nunmehr durch § 15 WpHG nF (auch) intendierten unbeschränkten Individualschutz.
58
ff) Dem Ersatz des Vertragsabschlussschadens steht auch nicht die Überlegung entgegen, dem Emittenten werde damit das allgemeine Marktrisiko aufgebürdet (so vor allem Fleischer, BB 2002, 1869, 1871; ders. DB 2004, 2031, 2035; Hutter/Leppert, NZG 2002, 649, 655; Zimmer/Grotheer in Schwark/ Zimmer, Kapitalmarktrechtskommentar, 4. Aufl., § 37c WpHG Rn. 89; Fuchs/ Dühn, BKR 2002, 1063, 1069; Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1637: "drohende Übermaßhaftung"). Denn schon die dieser Argumentation unausgesprochen zugrunde liegende Annahme, der Emittent habe nur das Risiko der Irreführung zu tragen, während die aufgrund allgemeiner (ungünstiger) Marktentwicklung eingetretenen Schäden grundsätzlich beim Kunden zu verbleiben hätten, erweist sich als unzutreffend. Wie schon der - auch im Schadensersatzrecht in Bezug genommene (vgl. §§ 281 Abs. 5, 283 Satz 2 BGB) - § 346 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BGB zeigt, verbleibt die Gefahr der zufälligen Verschlechterung der zurück zu gewährenden Sache generell beim Schädiger. Dementsprechend kommt die Rechtsprechung nicht nur bei vorvertraglichen Aufklärungspflichtverletzungen im Regelfall zu einem auf dem Grundsatz der Totalreparation (§ 249 Abs. 1 BGB) fußenden uneingeschränkten Schadensersatzanspruch (vgl. nur Senatsurteile vom 9. Juni 1998 - XI ZR 220/97, ZIP 1998, 1306, 1308 und vom 19. Dezember 2000 - XI ZR 349/99, BGHZ 146, 235, 239 f. jeweils mwN), sondern auch bei einer Verletzung der aktienrechtlichen Publizitätspflicht des § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG (BGH, Urteil vom 9. Mai 2005 - II ZR 287/02, WM 2005, 1358, 1359). Das muss mangels entgegenstehender Anhaltspunkte ebenso im Rahmen der wertpapierhandelsrechtlichen Veröffentlichungspflicht der §§ 37b, 37c WpHG gelten, denn die infolge allgemeiner Marktrisiken eingetretene Vermögensminderung ist trotzdem (auch) Folge der durch die unrichtige bzw. unterbliebene Ad-hoc-Mitteilung bedingten Investitionsentscheidung des Anlegers.
59
3. Aufgrund des gegenwärtigen Sach- und Streitstandes ist offen, ob das pflichtwidrige Unterlassen der Veröffentlichung einer Ad-hoc-Mitteilung auch ursächlich für die Anlageentscheidung der Klägerin war, sodass über den Schadensersatzanspruch der Klägerin nicht abschließend entschieden werden kann.
60
a) Die Kausalität kann nicht verneint werden, weil das Berufungsgericht im unstreitigen Teil des Tatbestandes des Berufungsurteils (S. 5) festgestellt hat, am 25. Juli 2007 sei der Kurs der Aktie der Beklagten regelrecht eingebrochen. Zwar hätte sich ein Käufer, der nur einen Tag nach einem massiven Kursverlust Aktien erwirbt, nach der Lebenserfahrung auch durch eine diesem Kursverfall vorangehende - ebenfalls negative - Ad-hoc-Meldung kaum von seinem Kaufentschluss abbringen lassen. Die genannten Feststellungen des Berufungsgerichts stehen jedoch in Widerspruch zu dem Kursverlauf, wie er aus der auf Seite 4 des Berufungsurteils insoweit ausdrücklich in Bezug genommenen Anlage B ersichtlich ist. Damit ist der Tatbestand des Berufungsurteils - was der Senat von Amts wegen zu berücksichtigen hatte (vgl. BGH, Urteil vom 17. März 2011 - I ZR 170/08, juris Rn. 11 mwN) - in Bezug auf den angeblichen Kurseinbruch vom 25. Juli 2007 widersprüchlich und nicht bindend (vgl. schon Senatsurteil vom 15. April 1997 - XI ZR 105/96, NJW 1997, 1917, insoweit nicht in BGHZ 135, 202 abgedruckt; BGH, Urteil vom 9. März 2005 - VIII ZR 381/03, NJW-RR 2005, 962, 963). Der festgestellte Kurs, zu dem der Zedent am 26. Juli 2007 kaufte, lag bei 23,77 € und damit 0,03 € bzw. 0,18 € unter den aus der Anlage B ersichtlichen Kursen vom 25. Juli 2007 (23,80 €) und 24. Juli 2007 (23,95 €). Von einem regelrechten Kurseinbruch der Aktie der Beklagten vom 24. auf den 25. Juli 2007 kann daher bei einem Verlust von lediglich 0,62% bezogen auf die jeweiligen Schlusskurse keine Rede sein. Vielmehr brach der Kurs erst nach Veröffentlichung der Ad-hoc-Mitteilung vom 30. Juli 2007 ein.
61
b) Die Kausalität kann mangels Feststellungen des Berufungsgerichts aber auch nicht bejaht werden. Auch kommen dem Anleger im Rahmen des von ihm zu erbringenden Kausalitätsnachweises bei §§ 37b, 37c WpHG grundsätzlich keine Beweiserleichterungen zugute.
62
aa) Die Anwendung der vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze zur "Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens" bei der Verletzung vertraglicher oder vorvertraglicher Aufklärungspflichten oder der zivilrechtlichen Prospekthaftung im engeren Sinne (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 5. Juli 1973 - VII ZR 12/73, BGHZ 61, 118, 120 ff.; Senatsurteil vom 16. November 1993 - XI ZR 214/92, BGHZ 124, 151, 159 f.; BGH, Urteil vom 22. März 2010 - II ZR 203/08, juris Rn. 22 f., jeweils mwN) kommt nicht in Betracht. Diese Vermutung sichert das Recht des Anlegers, der konkret in eine Anlage investieren will, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in ein bestimmtes Projekt investiert oder nicht (vgl. BGH aaO). Diese Konkretisierung auf eine bestimmte Anlageentscheidung fehlt der Ad-hoc-Mitteilung, auch wenn durch sie der Kurs eines Finanzinstruments beeinflusst werden kann und dadurch auch Reaktionen der Anleger ausgelöst werden können.
63
bb) Eine analoge Anwendung der in § 45 Abs. 2 Nr. 1 BörsG für die Börsenprospekthaftung in Bezug auf die haftungsbegründende Kausalität statuierten Beweislastumkehr scheidet mangels planwidriger Regelungslücke aus. Obwohl dem Gesetzgeber bekannt war (vgl. BT-Drucks. 13/8933 S. 76, 80), dass der dem Anleger obliegende Beweis der Ursächlichkeit unrichtiger Publizität für die von ihm getroffene Anlageentscheidung nahezu unmöglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 218/03, BGHZ 160, 134, 144), hat er keine der mannigfaltigen Änderungen des WpHG zum Anlass genommen, die §§ 37b, 37c WpHG insofern an § 45 Abs. 2 Nr. 1 BörsG anzugleichen.
64
cc) Die von der Rechtsprechung zur Prospekthaftung nach dem Börsengesetz alter Fassung entwickelten Grundsätze des Anscheinsbeweises bei Vorliegen einer "Anlagestimmung" sind auf den vorliegenden Fall einer Haftung aus § 37b WpHG nicht zu übertragen (vgl. zu § 826 BGB schon BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 218/03, BGHZ 160, 134, 144 ff.). Da es hier um einen Schadensersatzanspruch wegen unterbliebener Ad-hoc-Mitteilung geht, fehlt es schon an positiven Signalen, die ggfs. von einer (falschen) Ad-hoc-Mitteilung ausgehen, und damit an einem Anknüpfungspunkt für eine einzelfallbezogene konkrete Anlagestimmung (dazu BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 218/03, BGHZ 160, 134, 146 f.; Beschluss vom 28. November 2005 - II ZR 80/04, WM 2007, 683 Rn. 9 f.).

IV.

65
Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
66
1. Das Berufungsgericht wird - nachdem es den Parteien die Möglichkeit zu ergänzendem Vortrag gegeben hat - vor allem Feststellungen zur Kausalität der unterbliebenen Ad-hoc-Mitteilung über die Höhe des Subprime-Engagements der Beklagten und der Kaufentscheidung des Zedenten vom 26. Juli 2007 zu treffen haben. Dabei wird das Berufungsgericht die zeitliche Nähe der Kaufentscheidung des Zedenten zur Veröffentlichung der die Lage der Beklagten beschönigenden Pressemitteilung vom 20. Juli 2007 zu berücksichtigen haben (zu diesem Kriterium bereits BGH, Urteile vom 19. Juli 2004 - II ZR 218/03, BGHZ 160, 134, 146 und vom 9. Mai 2005 - II ZR 287/02, WM 2005, 1358,

1361).

67
2. Für den Fall, dass der Klägerin der Kausalitätsnachweis zwischen unterbliebener Ad-hoc-Mitteilung und Kaufentschluss des Zedenten nach den oben genannten Maßstäben nicht gelingen sollte, weist der Senat darauf hin, dass dann jedenfalls der Kursdifferenzschaden ersatzfähig ist. Hierfür kommt es im Rahmen von § 37b WpHG nicht darauf an, ob der Zedent bei rechtzeitiger Veröffentlichung der Insiderinformation vom Kauf der Aktien Abstand genommen hätte; er muss lediglich darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass - wäre die Ad-hoc-Mitteilung rechtzeitig erfolgt - der Kurs zum Zeitpunkt seines Kaufs niedriger gewesen wäre (Möllers/Leisch in KK-WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 356 f. und Sethe in Assmann/Schneider, WpHG, 5. Aufl., §§ 37b, 37c Rn. 83, jeweils mwN).
68
Sollte das Berufungsgericht die Entstehung eines derartigen Kursdifferenzschadens als erwiesen ansehen, wird es auch Feststellungen zu dessen Höhe (zur grundsätzlichen Ermittelbarkeit bereits BGH, Urteil vom 9. Mai 2005 - II ZR 287/02, WM 2005, 1358, 1361) bzw. den für eine Schätzung nach § 287 ZPO nötigen Schätzgrundlagen zu treffen haben. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteile vom 16. Dezember 1963 - III ZR 47/63, juris Rn. 17 ff.; vom 22. Mai 1984 - III ZR 18/83, BGHZ 91, 243, 256 f.; vom 17. Juni 1992 - I ZR 107/90, BGHZ 119, 20, 30 f.; vom 12. Oktober 1993 - X ZR 65/92, NJW 1994, 663, 664 f.; vom 1. Februar 2000 - X ZR 222/98, NJW-RR 2000, 1340, 1341; vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 45/09, NJW 2010, 3434 Rn. 19, 22) kann und muss es von einer Schätzung nur dann absehen, wenn diese mangels greifbarer Anhaltspunkte völlig in der Luft hinge und daher willkürlich wäre. Steht jedoch fest, dass ein Schaden in einem der Höhe nach nicht bestimmbaren, aber jedenfalls erheblichen Ausmaß entstanden ist, wird sich in der Regel aus den Umständen, die die Annahme eines erheblichen Schadens begründen, eine ausreichende Grundlage für die Ermittlung eines gewissen (Mindest-)Schadens gewinnen lassen (BGH, Urteil vom 16. Dezember 1963 - III ZR 47/63, juris Rn. 19).
Wiechers Joeres Mayen Ellenberger Matthias Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 30.06.2009 - 1 O 310/08 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 27.01.2010 - I-15 U 230/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 321/08 Verkündet am:
15. Juli 2010
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zu den Anforderungen an den Vorsatz für einen Kapitalanlagebetrug durch
unrichtige vorteilhafte Angaben und Verschweigen nachteiliger Tatsachen in
einem Emissionsprospekt.
BGH, Urteil vom 15. Juli 2010 - III ZR 321/08 - OLG München
LG München I
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Juli 2010 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Dörr,
Dr. Herrmann, Hucke und Tombrink

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 8. Dezember 2008 im Kostenpunkt - mit Ausnahme der Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 - und insoweit aufgehoben, als es die im Berufungsurteil (S. 4 f) wiedergegebenen Klageanträge zu I und II gegen die Beklagte zu 1 betrifft.
Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 im Revisionsverfahren - einschließlich 80,9 % der nach einem Wert von 28.182,40 € berechneten außergerichtlichen Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens - zu tragen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die noch nicht beschiedenen Kosten des Revisionsrechtszugs, an den 3. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Kläger Der erwarb durch auf Abschluss einer "Beitrittsvereinbarung" gerichtete Erklärung vom 24. November 1999 eine Beteiligung an der C. Gesellschaft für internationale Filmproduktion mbH & Co. Dritte Medienbeteiligungs KG (im Folgenden: Fonds III) in Höhe von 50.000 DM zuzüglich 5 % Agio. Der Beitritt sollte - dem von der Komplementärin der Beteiligungsgesellschaft herausgegebenen Prospekt entsprechend - über die Beklagte zu 1, eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, als Treuhandkommanditistin nach einem im Prospekt Teil B abgedruckten Vertragsmuster "Treuhandvertrag und Mittelverwendungskontrolle" vorgenommen werden. Die Beklagte zu 1, die im Prospekt in der Rubrik "Partner" als Gründungsgesellschafter bezeichnet wird, hatte ihre Stellung als Kommanditistin durch Abtretung des Geschäftsanteils des Gründungsgesellschafters K. erworben, der seinerseits Gesellschafter und Geschäftsführer der Komplementärin war. Zur Begrenzung des wirtschaftlichen Risikos aus der Filmvermarktung war im Emissionsprospekt vorgesehen, dass für einen Anteil von 80 % der Produktionskosten Sicherheiten bestehen sollten, etwa in Form von Ausfallversicherungen. Nachdem Produktionen nicht den erwünschten wirtschaftlichen Erfolg hatten, erwies sich der Versicherer, die N. Inc., nach Eintreten der Versicherungsfälle als zahlungsunfähig. Insgesamt erhielt der Kläger aus der Beteiligung Ausschüttungen von 26,3 %, das sind 6.723,49 €.
2
Der Kläger nimmt die Treuhandkommanditistin und den Beklagten zu 2, neben K. Gesellschafter der Komplementärin und seinerzeit zugleich Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer der I. - und T. - B. mbH (im Folgenden: IT GmbH), Zug um Zug gegen Abtretung aller Ansprüche aus der Beteiligung auf Rückzahlung des eingezahlten Betrags von - unter Berücksichtigung der genannten Ausschüttung - noch 20.119,33 € nebst Zinsen in Anspruch (Antrag zu I). Darüber hinaus begehrt er die Feststellung, dass die Beklagten ihm den Steuerschaden zu ersetzen hätten , der ihm durch eine etwaige nachträgliche Aberkennung von Verlustzuweisungen entstehe (Antrag zu II), und dass sie ihn von Ansprüchen freistellen müssten, die die Beteiligungsgesellschaft, deren Gläubiger oder Dritte gegen ihn wegen seiner Stellung als Kommanditisten richten könnten (Antrag zu III). Er sieht - soweit jetzt noch von Interesse - unter anderem einen Prospektmangel und eine Aufklärungspflichtverletzung darin, dass er von der Beklagten zu 1 nicht über Provisionszahlungen in Höhe von 20 % für die Eigenkapitalvermittlung an die IT GmbH unterrichtet worden sei. Den Beklagten zu 2 nimmt er als faktischen Geschäftsführer aller C. -Fonds nach § 826 BGB, § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 263, 264a StGB auf Schadensersatz in Anspruch.
3
Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge zu I und II gegen die Beklagten weiter.

Entscheidungsgründe


4
Die Revision führt, soweit sie die Beklagte zu 1 betrifft, im Umfang der Zulassung zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Gegenüber dem Beklagten zu 2 hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.

A.


5
Das Berufungsgericht würdigt die von ihm erhobenen Beweise dahin, dass die IT GmbH - neben der prospektierten Provision von 7 % für die Eigenkapitalvermittlung und dem Agio von in der Regel 5 % - weitere 8 % Provision als Vergütung für pauschale Werbungskosten von der Komplementärin erhalten habe. Die Beklagte zu 1 sei verpflichtet gewesen, den Kläger darüber zu informieren , dass die mit dem Vertrieb der Beteiligung befasste IT GmbH auch noch diese Vergütung für pauschale Werbungskosten, also insgesamt 20 % des Beteiligungsbetrags , erhalten sollte. Diese Pflicht beruhe auf dem Umstand, dass die IT GmbH in der Person ihres (früheren) Geschäftsführers und Gesellschafters , des Beklagten zu 2 - zugleich Gesellschafter der Komplementärin -, mit dieser verflochten gewesen sei und der Beklagten zu 1 die die Verflechtung begründenden Umstände und die Sonderbehandlung der IT GmbH bekannt gewesen seien.
6
Ungeachtet einer möglichen Aufklärungspflichtverletzung sei die Beklagte zu 1 nicht schadensersatzpflichtig, weil der Kläger wegen der Zahlung pauschalierter Werbungskosten keine Ansprüche erhoben und nicht behauptet habe , dass dieser Umstand für ihn von entscheidender Bedeutung gewesen sei. Soweit der Kläger geltend gemacht habe, er hätte sich an dem Fonds nicht beteiligt , wenn er Kenntnis von der 20 %igen Provisionszahlung an die IT GmbH gehabt hätte, genüge dies - ungeachtet einer Kausalitätsvermutung - nicht. Der formelhafte Vortrag der Prozessbevollmächtigten des Klägers in verschiedenen Parallelverfahren habe nicht mit dem Ergebnis der persönlichen Anhörung der jeweiligen Anleger durch den Senat übereingestimmt, weshalb er sich einen persönlichen Eindruck von dem Kläger habe verschaffen wollen. Dieser sei jedoch trotz der Anordnung des persönlichen Erscheinens zu keinem der be- stimmten Termine erschienen, ohne sich hinreichend zu entschuldigen. Vom Termin am 20. Oktober 2008, in dem er aufgrund des Beschlusses vom 13. Oktober 2008 als Partei habe vernommen werden sollen, habe er von seiner Prozessbevollmächtigten Kenntnis gehabt. Es entschuldige ihn nicht, dass seine Prozessbevollmächtigte ihm die unrichtige Information gegeben habe, er müsse zu diesem Termin nicht erscheinen, weil dieser wegen eines noch nicht beschiedenen Ablehnungsantrags und eines deshalb gestellten Terminverlegungsantrags nicht stattfinden werde. Aus dem Verhalten des Klägers schließe das Berufungsgericht, dass er seine Einvernahme nach § 454 ZPO verweigere, und würdige dies dahin, dass die Kausalität des fraglichen Umstands zu verneinen sei.
7
Eine Haftung des Beklagten zu 2 komme nicht in Betracht. Er sei weder für den Prospekt verantwortlich noch hätten in seiner Person vorvertragliche Beziehungen zum Kläger bestanden. Voraussetzung für eine deliktische Haftung wäre ein vorsätzliches Verhalten, wofür der Kläger jedoch keinen ausreichenden Sachvortrag gehalten habe.

B.


8
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nur in Bezug auf Ansprüche gegen den Beklagten zu 2 stand.
I. Ansprüche gegen die Beklagte zu 1
9
1. Zu Recht prüft das Berufungsgericht, ob Ansprüche des Klägers wegen eines Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen entstanden sind. Hier ist in Betracht zu ziehen, dass die Beklagte zu 1 als Treuhandkommanditistin die Pflicht treffen konnte, die künftigen Treugeber über alle wesentlichen Punkte aufzuklären, die für die zu übernehmende mittelbare Beteiligung von Bedeutung waren (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 1982 - II ZR 124/81 - BGHZ 84, 141, 144 f; Senatsurteile vom 13. Juli 2006 - III ZR 361/04 - NJW-RR 2007, 406, 407 Rn. 9; vom 22. März 2007 - III ZR 98/06 - NJW-RR 2007, 1041, 1043 Rn. 15; vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07 - NJW-RR 2008, 1129, 1130 Rn. 8; vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08 - NJW-RR 2009, 613, 614 Rn. 8), insbesondere diese über regelwidrige Auffälligkeiten zu informieren. Einer entsprechenden Pflicht war die Beklagte zu 1 nicht bereits deshalb enthoben, weil sie mit den Anlegern nicht in einen persönlichen Kontakt trat und ihre Aufgabe als die einer bloßen Abwicklungs - und Beteiligungstreuhänderin verstand. Denn der Beitritt vollzog sich durch Abschluss eines Treuhandvertrags zwischen der Beklagten und dem Treugeber und der Annahme des Beteiligungsangebots durch die Komplementärin (§ 3 Abs. 4, § 4 Abs. 1 Satz 4 des Gesellschaftsvertrags, Präambel des Treuhandvertrags), war also ohne Mitwirkung der Beklagten zu 1 nicht möglich.
10
2. Das angefochtene Urteil kann jedoch nicht bestehen bleiben, weil das Berufungsgericht die einer Aufklärungspflicht der Beklagten zu 1 entgegenstehenden Umstände nicht rechtsfehlerfrei festgestellt und die Ursächlichkeit für die Anlageentscheidung mit einer nicht tragfähigen Begründung verneint hat.
11
a) Wie der Senat für den Fonds III (Urteile vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07 - aaO S. 1131 ff Rn. 17-26; vom 6. November 2008 - III ZR 231/07 - NJW-RR 2009, 329 ff Rn. 5-14; vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08 - aaO S. 614 ff Rn. 9-26) und den Fonds II (Teilurteil vom 12. Februar 2009 - III ZR 119/08 - juris und BeckRS 2009, 7718 Rn. 8-25) entschieden hat, war die Beklagte zu 1 nach den in den damaligen Verfahren revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalten verpflichtet, den Anleger darüber zu informieren, dass die mit dem Vertrieb der Beteiligung befasste IT GmbH hierfür eine Provision von 20 % beanspruchte und erhalten sollte. Er hat dies wie folgt begründet: Der Gesellschaftsvertrag enthalte für die vorgesehene Mittelverwendung einen Investitionsplan, nach dem in die Beschaffung des Eigenkapitals 7 % des Beteiligungskapitals fließen solle. Darüber hinaus ergebe sich aus den Verträgen zur Durchführung der Investition, dass die Komplementärin, die sich zur Vermittlung des Zeichnungskapitals verpflichtet hatte, zusätzlich das Agio von 5 % erhalten sollte (Urteil vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07 - aaO S. 1131 Rn. 18; Urteil vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08 - aaO S. 614 Rn. 11). Demgegenüber habe der Anleger vorgetragen und in verschiedener Weise belegt, dass an die IT GmbH für die Vermittlung des Eigenkapitals 20 % geflossen seien (Urteil vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07 - aaO Rn. 19; Urteil vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08 - aaO S. 615 f Rn. 16-18). Die Komplementärin sei an die Beachtung des Investitionsplans gebunden und nicht berechtigt gewesen, über die ihr zufließenden Mittel nach ihrem Belieben zu verfügen (Urteil vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07 - aaO S. 1132 Rn. 24; Urteil vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08 - aaO S. 614 f Rn. 12). Vor diesem Hintergrund könne nicht unbeantwortet bleiben, wie die Tätigkeitsbereiche der Eigenkapitalvermittlung und der Werbung im Hinblick auf die hierfür zu beanspruchende Vergütung voneinander abzugrenzen seien (Urteil vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08 - aaO S. 615 Rn. 13 f).
12
Diesen Grundsätzen wird die Würdigung der Beweisaufnahme durch das Berufungsgericht, wie die Revision mit Recht rügt, nicht gerecht.
13
aa) Das Berufungsgericht nimmt auf der Grundlage der Aussage des Zeugen K. an, die IT GmbH habe die weiteren 8 % nicht als Provision (für die Vermittlung), sondern als pauschale Werbungskosten aus den Einnahmen der Komplementärin erhalten. In der Tat hat der Zeuge K. bekundet, es sei eine entsprechende mündliche Vereinbarung geschlossen worden, die den Zweck gehabt habe, "Vertriebsleute und Anleger" für die Beteiligungsgesellschaft zu gewinnen. Er hat hervorgehoben, die Vertriebsprovision und der Werbungskostenzuschuss seien streng voneinander unterschieden worden.
14
bb) Das Berufungsgericht geht offenkundig davon aus, die Vereinbarung pauschaler Werbungskosten sei für sich betrachtet, also zunächst ohne Berücksichtigung der zwischen der IT GmbH und der Komplementärin bestehenden Verflechtung, prospektgemäß und löse daher eine Aufklärungspflicht der Beklagten zu 1 nicht aus. Insoweit rügt die Revision mit Recht, dass sich das Berufungsgericht bei seiner Würdigung mit verschiedenen Gesichtspunkten nicht auseinandergesetzt hat, die dafür sprechen, dass es sich bei der zusätzlichen Provision für die IT GmbH um deren Vergütung für ihre Tätigkeit als großes Vertriebsunternehmen gehandelt hat.
15
Das (1) Berufungsgericht geht nicht auf die vom Kläger vorgelegten Rechnungen der IT GmbH vom 30. Oktober 1998 und 26. Oktober 1999 ein, in denen der Komplementärin - mit dem Hinweis, der Rechnungsbetrag enthalte keine Mehrwertsteuer - 20 % für die Vermittlung des Eigenkapitals in Rechnung gestellt werden. Beide Rechnungen betreffen zwar den Fonds II, der Aussage des Zeugen K. ist jedoch zu entnehmen, dass es die nämliche mündliche Provisionsabrede für die Fonds II, III und IV gegeben habe. Das Berufungsgericht beschäftigt sich auch nicht mit den beiden Rechnungen der IT GmbH vom 3. August 2000, in denen - wiederum mit dem Hinweis, der Rechnungsbetrag enthalte keine Mehrwertsteuer - für den Fonds III jeweils für dieselben geworbenen Anleger Eigenkapitalvermittlungsprovision von 12 % und ein Zuschuss zur Eigenkapitalvermittlungsgebühr von 8 % berechnet werden. Schließlich würdigt es das von K. unterzeichnete Schreiben der Komplementärin vom 11. Mai 1998 an die IT GmbH zu Händen des Beklagten zu 2 nicht, in dem davon gesprochen wird, K. wolle gegenüber dem Geschäftsführer der Beklagten zu 1 "insistieren, dass die der IT zustehenden 20 %-Vertriebskosten ebenfalls auf das KG-Konto überwiesen werden, von dem ich dann sofort die Mittel an die IT weiterleiten werde". Diese urkundlichen Beweismittel sprechen dafür, dass - entgegen der Aussage des vernommenen Zeugen - in der Rechnungsstellung und Handhabung keine strenge Unterscheidung zwischen der Eigenkapitalvermittlung von Gesellschaftsanteilen, die nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG nicht der Umsatzsteuerpflicht unterliegt, und Werbemaßnahmen, für die diese Befreiung nicht gilt, vorgenommen wurde (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Dezember 2009 - III ZR 319/08 - WM 2010, 301 Rn. 2; Senatsurteil vom 22. April 2010 - III ZR 318/08 - WM 2010, 1017, 1019 Rn. 13).
16
(2) Das Berufungsgericht hat sich ferner nicht die nach dem Streitstoff erhebliche Frage vorgelegt, wie im Hinblick auf die Regelungen im Investitionsplan und die ergänzenden Ausführungen zum Inhalt der Leistungsverträge Werbemaßnahmen im Rahmen der Konzeption des Fonds von einer Werbung abzugrenzen sind, die die IT GmbH als großes Vertriebsunternehmen zur Bewerbung der insgesamt von ihr vertriebenen Produkte betrieben hat. Wie der Senat - nach Erlass des hier angefochtenen Urteils - für den Fonds III entschieden hat, kann im Hinblick auf die Regelungen im Investitionsplan nicht jegliche Werbetätigkeit nach der Budgetposition "Konzeption, Werbung, Prospekt, Gründung" abgerechnet werden, sondern es sind übliche Werbemaßnahmen, die der Eigenkapitalvermittlung dienen, hiervon auszunehmen (vgl. eingehend hierzu Senatsurteil vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08 - aaO S. 614 f Rn. 11-14). Nähere Feststellungen zur Werbetätigkeit der IT GmbH hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Immerhin kann bereits der hier wiedergegebenen Aussage des Zeugen K. entnommen werden, dass es um Anlegerwerbung und um die Information von "Vertriebsleuten" ging, also um Maßnahmen, die mit der Gewinnung von Anlegern in engem Zusammenhang stehen.
17
cc) Die Beklagte zu 1 kann der Annahme einer möglichen Pflichtverletzung nicht entgegenhalten, die Komplementärin, die Inhaberin eines eigenen gewerblichen Unternehmens sei, das Handelsgeschäfte auf eigene Rechnung betreibe, habe - nicht als Gesellschafterin, sondern als Dritte - mit der jeweiligen Beteiligungsgesellschaft Leistungsverträge geschlossen, die mit ihrem wesentlichen Inhalt und der versprochenen Vergütung im Emissionsprospekt bekannt gemacht worden seien. Es unterliege nicht dem geringsten rechtlichen Zweifel, dass die Komplementärin als Dritte im Rahmen der Leistungsverträge in anderer Funktion und mit anderen Rechten und Pflichten handele als in ihrer Funktion als Geschäftsführerin der Beteiligungsgesellschaft und dass die Leistungsverträge uneingeschränkt wirksam und verbindlich seien. Für die Auffassung, die Komplementärin sei bei der Verwendung ihrer aufgrund der Leistungsverträge erworbenen Mittel an den in § 6 des Gesellschaftsvertrags enthaltenen Investitionsplan gebunden, gebe es keine rechtliche Begründung. Für das Handeln der Komplementärin als Dritte, wozu der Abschluss und die Ausführung der genannten Leistungsverträge zählten, gelte nur das Recht ihrer eigenen Satzung und nicht der Gesellschaftsvertrag der Beteiligungsgesellschaft.
18
Diese Überlegungen rechtfertigen eine andere Beurteilung nicht, wie der Senat bereits in seinen Urteilen vom 23. Juli 2009 (III ZR 306/07 - juris und BeckRS 2009, 22376 Rn. 14 f; III ZR 323/07 - juris und BeckRS 2009, 22724 Rn. 14 f; III ZR 2/08 - juris und BeckRS 2009, 22723 Rn. 10 f) und 8. Oktober 2009 (III ZR 207/07 - WM 2009, 2358, 2359 f Rn. 11 ff; III ZR 259/07 - juris und BeckRS 2009, 86780 Rn. 13 ff; III ZR 241/08 - juris und BeckRS 2009, 86437 Rn. 11 ff) näher begründet hat. Dem Senat ist in den bisherigen Entscheidungen durchaus bewusst gewesen, dass die Komplementärin nach den Angaben des Emissionsprospekts verschiedene Leistungsverträge mit der Beteiligungsgesellschaft abgeschlossen hat, auf die der Senat im Einzelnen eingegangen ist. Die Wirksamkeit und Verbindlichkeit dieser Verträge, die die Komplementärin als Geschäftsführerin der Beteiligungsgesellschaft - nach dem Gesellschaftsvertrag von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit - mit sich abgeschlossen hat, ist nicht Gegenstand des anhängigen Verfahrens. Sie ist auch für die Frage, ob der Beklagten zu 1 eine Aufklärungspflichtverletzung vorzuwerfen ist, nicht vorgreiflich.
19
Nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Vorbringen geht es vielmehr um den von den Anlegern erhobenen Vorwurf, die Initiatoren hätten die wahre Provisionshöhe für die Einwerbung des Beteiligungskapitals in den maßgeblichen Prospektangaben verschleiert, um die Beteiligung an den Mann bringen zu können. Unterstellt man dies als richtig, wird ein entsprechendes Verhalten der Initiatoren und Gründungsgesellschafter nicht dadurch pflichtgemäß , dass die an dieser Abrede beteiligte Komplementärin als Dritte mit der Beteiligungsgesellschaft Leistungsverträge abschließt, die diese Verschleierung absichern sollen.
20
b) Ist danach hier revisionsrechtlich davon auszugehen, dass die Beklagte zu 1 zu einer Aufklärung des Klägers über die Höhe der von der IT GmbH beanspruchten Provisionen verpflichtet war, wird die angefochtene Entscheidung nicht von der Überlegung getragen, es fehle an der Kausalität dieses Umstands für dessen Anlageentscheidung.
21
aa) Der Kläger hat vorgetragen, er hätte sich nicht beteiligt, wenn er Kenntnis von Provisionen in Höhe von 20 % an die IT GmbH gehabt hätte. Davon geht auch das Berufungsgericht aus. Das ist - anders als das Berufungsgericht meint - zunächst einmal ein hinreichender Vortrag (vgl. Senatsurteile vom 17. Dezember 2009 - III ZR 31/08 - juris und BeckRS 2010, 01124 Rn. 13; vom 22. April 2010 - III ZR 318/08 - aaO S. 1020 Rn. 19). Unterstellt man nämlich eine Pflichtverletzung der Beklagten zu 1, ist zu prüfen, wie sich der Kläger bei pflichtgemäßem Vorgehen der Beklagten zu 1 verhalten hätte. Die Beklagte zu 1 hätte ihrer Aufklärungspflicht zwar dadurch genügen können, dass sie darauf hingewirkt hätte, den Prospekt um entsprechende Angaben zu ergänzen; da dies aber nicht geschehen ist, konnte die Aufklärung nur in der Weise vorgenommen werden, dass der Kläger bei seinem Beitritt konkret über die entsprechenden Umstände informiert wurde. In diesem Rahmen kommt dem Kläger eine gewisse, auf die Lebenserfahrung gegründete Kausalitätsvermutung zugute (vgl. Senatsurteile vom 6. November 2008 - III ZR 290/07 - juris und BeckRS 2008, 23805 Rn. 19; vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08 - aaO S. 617 Rn. 27; vom 23. Juli 2009 - III ZR 306/07 - juris und BeckRS 2009, 22376 Rn. 17), die letztlich auf dem Umstand beruht, dass es aus der Sicht des Senats für den Vertrieb einer Kapitalanlage einen wesentlichen Unterschied macht, ob hierfür (nur) 12 % oder 20 % des Eigenkapitals aufgebracht werden müssen (vgl. Senatsurteile vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07 - aaO S. 1132 Rn. 22; vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08 - aaO S. 616 f Rn. 24). Die Kausalitätsvermu- tung sichert das Recht des Anlegers, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in ein bestimmtes Projekt investieren will oder nicht. Um sie zu widerlegen, muss der Aufklärungspflichtige jedenfalls darlegen, dass der einzelne Anleger den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte (vgl. BGH, Urteil vom 7. Dezember 2009 - II ZR 15/08 - NJW 2010, 1077, 1079 Rn. 24). Soweit die Revision in diesem Zusammenhang rügt, mangels entsprechenden Vorbringens der Beklagten zu 1 habe das Berufungsgericht nicht die Vernehmung des Klägers als Partei nach § 448 ZPO anordnen dürfen, übersieht sie, dass diese, worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist, entsprechenden Vortrag gehalten hat.
22
bb) Das Berufungsgericht war aber nicht nach § 454 Abs. 1, § 446 ZPO berechtigt, die behauptete Tatsache nach freier Überzeugung als unwahr anzusehen; denn der Kläger hat es nicht abgelehnt, sich vernehmen zu lassen. Seine Prozessbevollmächtigte hat im Termin vom 13. Oktober 2008 angegeben, wenn der Senat eine Parteivernehmung beabsichtige, werde sie dies ihrem Mandanten raten und er werde sich dann als Partei vernehmen lassen. Die Gründe, mit denen der Kläger sein Fernbleiben im Termin vom 20. Oktober 2008 entschuldigte, ließen sich nicht als Weigerung interpretieren, sich zu dem - vom Berufungsgericht im Beweisbeschluss nicht einmal formulierten - Beweisthema vernehmen zu lassen. Denn der Kläger war von seiner Prozessbevollmächtigten dahin informiert worden, der Termin vom 20. Oktober 2008 werde wegen eines Terminverlegungsantrags und eines noch nicht beschiedenen Ablehnungsantrags nicht stattfinden. Diese Information war zwar ungesichert, weil der Verhandlungstermin tatsächlich (noch) nicht verlegt worden war; allerdings durfte die Prozessbevollmächtigte des Klägers erwarten, über die Ablehnung ihres Terminverlegungsantrags rechtzeitig vor dem Termin unterrichtet zu werden , was infolge eines Versehens der Geschäftsstelle unterblieben ist. Es kommt hinzu, dass der Kläger nicht - wie das Berufungsgericht befunden hat - sehr kurzfristig geladen worden ist, sondern dass ihn die Ladung unter Verletzung des § 217 ZPO, der auch bei einer Ladung zu einer Parteivernehmung zu beachten ist (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 454 Rn. 3; Musielak/ Huber, ZPO, 7. Aufl. 2009, § 454 Rn. 2, § 450 Rn. 2; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl. 2006, § 454 Rn. 4; MünchKommZPO/Schreiber, 3. Aufl. 2008, § 454 Rn. 2; PG/Müller-Christmann, ZPO, 1. Aufl. 2010, § 454 Rn. 3; Hk-ZPO/Pukall, 3. Aufl. 2009, § 454 Rn. 2), vor dem Termin vom 20. Oktober 2008 überhaupt nicht erreicht hat. Das Berufungsgericht hat auch nicht, wie es nach § 454 Abs. 2 ZPO geboten war, im Termin vom 20. Oktober 2008 zur Hauptsache verhandelt, nachdem es - wie hier - von der Anberaumung eines erneuten Vernehmungstermins absehen wollte. Gleichwohl hat es "aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20. Oktober 2008" entschieden. Die Revisionserwiderung macht zwar darauf aufmerksam, das Berufungsgericht sei im Hinblick auf frühere Termine, in denen mündlich verhandelt worden sei, befugt gewesen, gemäß § 251a ZPO nach Lage der Akten zu entscheiden. Von dieser Möglichkeit hat es jedoch ersichtlich keinen Gebrauch gemacht.
23
3. Das Berufungsurteil hat auch keinen Bestand, soweit es um die mangelnde Aufklärung über die Verflechtung der IT GmbH mit der Komplementärin in der Person des Beklagten zu 2 geht.
24
a) Zu Recht geht das Berufungsgericht allerdings von einer entsprechenden Aufklärungspflicht der Beklagten zu 1 aus.
25
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der Prospekt über ein Beteiligungsangebot, der für einen Beitrittsinteressenten im Allgemeinen die einzige Unterrichtungsmöglichkeit darstellt, den Anleger über alle Umstände , die für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig zu unterrichten (vgl. BGH, Urteile vom 6. Oktober 1980 - II ZR 60/80 - BGHZ 79, 337, 344; vom 21. Oktober 1991 - II ZR 204/90 - BGHZ 116, 7, 12; vom 5. Juli 1993 - II ZR 194/92 - BGHZ 123, 106, 109 f; vom 29. Mai 2000 - II ZR 280/98 - NJW 2000, 3346; vom 6. Februar 2006 - II ZR 329/04 - NJW 2006, 2042, 2043 Rn. 7; Senatsurteil vom 14. Juni 2007 - III ZR 125/06 - WM 2007, 1503 f. Rn. 9). Dazu gehört auch eine Darstellung der wesentlichen kapitalmäßigen und personellen Verflechtungen zwischen einerseits der Komplementär-GmbH, ihren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern und andererseits den Unternehmen sowie deren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern, in deren Hand die Beteiligungsgesellschaft die nach dem Emissionsprospekt durchzuführenden Vorhaben ganz oder wesentlich gelegt hat (vgl. BGH, Urteile vom 6. Oktober 1980 - II ZR 60/80 - aaO S. 345; vom 10. Oktober 1994 - II ZR 95/93 - NJW 1995, 130; vom 7. April 2003 - II ZR 160/02 - NJW-RR 2003, 1054, 1055; Senatsurteil vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07 - aaO S. 1132 f Rn. 25; vgl. auch allgemein Urteil vom 4. März 1987 - IVa ZR 122/85 - NJW 1987, 1815, 1817, insoweit ohne Abdruck in BGHZ 100, 117), und der diesem Personenkreis gewährten Sonderzuwendungen oder Sondervorteile (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 1985 - II ZR 41/84 - WM 1985, 533, 534; vom 10. Oktober 1994 - II ZR 95/93 - aaO; vom 7. April 2003 - II ZR 160/02 - aaO).
26
bb) Wie der Senat bereits in seinen Urteilen vom 29. Mai 2008 (III ZR 59/07 - aaO) und 12. Februar 2009 (III ZR 90/08 - aaO S. 617 Rn. 25; III ZR 119/08 - aaO Rn. 24) entschieden hat, musste in dem Emissionsprospekt her- ausgestellt werden, welche Rolle der IT GmbH bei der Verwirklichung des Vorhabens zukam. Das beruht auf zwei Gesichtspunkten. Zum einen ging es um die Person ihres Mehrheitsgesellschafters und seinerzeitigen Geschäftsführers, des Beklagten zu 2. Er war nach den Angaben im Prospekt zusammen mit K. Gesellschafter der Komplementärin mit Anteilen von mehr als 25 %; nach den Bekundungen des Zeugen K. hielt der Beklagte zu 2 eine Mehrheitsbeteiligung von 60 % (vgl. auch Senatsurteile vom 12. Februar 2009 aaO). Er war daher in der Lage, bestimmenden Einfluss auf die C. GmbH in ihrer Eigenschaft sowohl als Geschäftsführerin der Fondsgesellschaft als auch als mit bestimmten Aufgaben der Fondsgesellschaft betrautes Drittunternehmen auszuüben. Zum anderen war er Geschäftsführer und Gesellschafter der IT GmbH, die als Folge der Gewinnung von Anlegern Provisionen von 20 % erhielt und so stark in die Verwirklichung des Vorhabens eingebunden war, dass sie mit 36,02 % einen erheblichen Teil der Anleger für diesen Fonds einwarb. Soweit die Beklagte zu 1 hiergegen anführt, die Einbindung der IT GmbH in den Vertrieb könne nicht als "Vorhaben des Fonds" angesehen werden, das - entsprechend der Regelung im Gesellschaftsvertrag - in der Entwicklung, der Herstellung und dem Erwerb von Filmprojekten sowie der Beteiligung an Filmund Fernsehproduktionen im In- und Ausland bestanden habe, übersieht sie, dass die IT GmbH - nach dem Vortrag der Beklagten zu 1 - hierauf nicht beschränkt war, sondern gerade mit Werbemaßnahmen beauftragt worden sein soll, weil sie über die in der Filmbranche erforderlichen Kontakte verfügt habe und daher die Fondsbeteiligungen wesentlich öffentlichkeits- und medienwirksamer habe bewerben können als die Komplementärin selbst. Die Komplementärin habe nämlich weder über das erforderliche eigene Personal noch über das für die werbliche Einführung des Fondsprodukts erforderliche Kapital noch über ein der IT GmbH vergleichbares Know-how verfügt. Für die Entwicklung des Vorhabens kam es daher - auf der Grundlage des Vortrags der Beklagten zu 1 - von Beginn an entscheidend darauf an, dass die mit der Konzeptionierung des Fonds verbundene Werbung wie die anderen in dieser Budgetposition enthaltenen Aufgaben den Boden für eine erfolgreiche Vermittlung und Installierung der Beteiligungsgesellschaft bereiteten, um die angestrebten Investitionsmaßnahmen ordnungsgemäß durchführen zu können.
27
Für die Pflicht, über diese personelle und kapitalmäßige Verflechtung und die mit ihr verknüpften Sondervorteile zu informieren, spielt es angesichts des Umstands, dass im Prospekt hierzu jegliche Angaben fehlen, keine Rolle, ob die IT GmbH nur mit Aufgaben der Eigenkapitalvermittlung oder zusätzlich mit Werbemaßnahmen beauftragt war und ob die mit der Komplementärin ausbedungene Vergütung üblich oder angemessen war. Handelte es sich, wie der Kläger in erster Linie geltend macht und wofür die bereits angeführten Indizien sprechen, um eine Vergütung für die Eigenkapitalvermittlung, liegt nicht nur ein Verstoß gegen den Gesellschaftsvertrag, sondern im Verhältnis zu anderen mit der Eigenkapitalbeschaffung betrauten Unternehmen auch eine Sonder (Besser-)Behandlung vor. Diese Sonderbehandlung würde den Anleger nur dann nicht berühren, wenn die prospektgemäßen Mittel für die Eigenkapitalvermittlung (7 % plus 5 % Agio) insgesamt nicht überschritten worden wären. Davon kann jedoch, wie der Senat in seinen Urteilen vom 12. Februar 2009 im Einzelnen begründet hat (III ZR 90/08 - aaO S. 616 Rn. 21; III ZR 119/08 - aaO Rn. 20), keine Rede sein; dass die Zusatzvergütung aus einem anderen Budget entnommen worden ist, ist unstreitig. Aber auch dann, wenn es einen nach Inhalt und Umfang klaren, schriftlich fixierten Auftrag der IT GmbH gegeben hätte, bestimmte der Komplementärin zugewiesene Aufgaben außerhalb der eigentlichen Kapitalvermittlung vorzunehmen, wäre es für die Anleger von erheblichem Interesse gewesen, hierüber unterrichtet zu werden. Das liegt gerade bei Werbemaßnahmen eines großen Vertriebsunternehmens nahe, weil sich hierbei immer die Frage aufdrängen wird, ob diese Werbemaßnahmen im eigenen Interesse dieses Unternehmens, insbesondere im Hinblick auf seine sonstigen Vertriebsaktivitäten , durchgeführt werden oder ob sie in besonderer Weise der Fondsgesellschaft zugute kommen. Gerade weil es schwierig und problematisch ist, eine klare Abgrenzung zwischen Werbemaßnahmen für die Fondsgesellschaft und der "Einwerbung" von Gesellschaftskapital vorzunehmen oder - wie es hier in Streit steht - im Nachhinein eine nähere Klärung hierüber herbeizuführen , muss dem Anleger bei seinem Beitritt die Gelegenheit zu einer eigenverantwortlichen Entscheidung gegeben werden. Das gilt in besonderem Maße dann, wenn es - wie hier nach der Bekundung des Zeugen K. anzunehmen ist - nur mündliche Abreden gegeben hat. Hätte der Prospekt - wie aus der Sicht des Senats geboten - Angaben dazu enthalten, dass die IT GmbH für einen erheblichen Teil des Fonds mit der Einwerbung von Anlegern betraut ist und hierfür 7 % Provision und das Agio zu beanspruchen hat und weitere 8 % bezogen auf die von ihr eingeworbenen Anleger dafür erhält, dass sie im Rahmen der Konzeptionierung des Fonds bestimmte Werbemaßnahmen durchgeführt hat, hätte sich der Anleger überlegen können, ob ihn diese Abgrenzung überzeugt und was von Werbemaßnahmen (und dem Ansatz der Weichkosten insgesamt) zu halten ist, deren Vergütung an einen Vermittlungsvorgang geknüpft wird, der sich nur auf einen Teil der Anleger bezieht. Soweit die Beklagte daher auf die Vermittlungserfolge der IT GmbH verweist, ist dies angesichts der unterlassenen Aufklärung ein ambivalentes Argument. Dass es sich bei allem um Vergütungsansprüche der Komplementärin handelte, über die sie als Drittunternehmen prinzipiell nach ihren Vorstellungen verfügen durfte, ändert nichts an den Erwartungen der Anleger, die sie im Hinblick auf die Darstellung im Investitionsplan über deren Verwendung haben durften.
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cc) Die Pflicht der Prospektverantwortlichen, die Anleger über die Einbindung der IT GmbH zu unterrichten, ist nicht deshalb zu verneinen, weil der Prospekt hinreichend über die der Komplementärin gewährten Sondervorteile Auskunft gibt. Die Beklagte zu 1 hat zwar dem Sinne nach eingewendet, aus der Information über diese - jetzt von ihr als "extrem hoch", "überhöht" und "exorbitant" bezeichneten - Sondervorteile folge, dass die Gesellschafter der Komplementärin deren Nutznießer seien. Das ist aber zu kurz gegriffen. Denn viele Anleger werden die der Komplementärin übertragenen Aufgaben - ungeachtet des Systems von Leistungsverträgen, die die Fondsgesellschaft mit ihr geschlossen hat - als solche ansehen, für deren Bewältigung diese bereits aufgrund ihrer Geschäftsführerstellung der Fondsgesellschaft verantwortlich ist. Diese im Prospekt enthaltene Information ist daher aus der Sicht des Senats nicht mit der fehlenden Aufklärung über die gesellschaftsrechtliche Verflechtung der IT GmbH und die ihr übertragenen Aufgaben zu vergleichen.
29
dd) Das Berufungsgericht hat auch rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Beklagte zu 1, die nicht selbst prospektverantwortlich ist, zu einer Aufklärung des Klägers verpflichtet war, weil ihr die maßgebenden Umstände bekannt waren. Sie wusste aufgrund ihrer eigenen Berechnungen im Rahmen der Mittelfreigabe , dass die IT GmbH Provisionen von 20 % erhielt, und ihr waren auch die Verflechtungen zwischen diesem Unternehmen und der Komplementärin in der Person des Beklagten zu 2 bekannt, was das Berufungsgericht - unbeanstandet von der Revisionserwiderung - aus dem Schreiben der Beklagten zu 1 vom 9. Februar 1998 auf eine Publikation des Direkten Anlegerschutzes vom 16. Januar 1998 geschlossen hat, in der auf diese Verflechtung hingewiesen wurde. Als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, zu deren Berufsbild nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 WPO auch die Wahrnehmung von Treuhandaufgaben gehört, musste sie wissen, dass ein Prospekt über wesentliche kapitalmäßige und per- sonelle Verflechtungen zwischen der Komplementär-GmbH, ihren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern einerseits und den Unternehmen sowie deren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern andererseits , in deren Hand die Beteiligungsgesellschaft die durchzuführenden Vorhaben ganz oder wesentlich gelegt hat, informieren muss.
30
b) Eine Schadensersatzpflicht der Beklagten zu 1 lässt sich jedoch nicht mit der Begründung verneinen, der Kläger habe seine Ansprüche nicht darauf gestützt, dass an die IT GmbH pauschalierte Werbungskosten gezahlt worden seien. Wie zu 2 a bb ausgeführt, fehlt es bereits an einer fehlerfreien Feststellung , dass es sich bei den zusätzlichen Zahlungen in Höhe von 8 % um eine pauschale Vergütung für Werbeaufwendungen gehandelt hat. Im Übrigen ist es für die Aufklärungspflicht wegen des Verflechtungsgesichtspunkts nicht von Bedeutung , für welche Zwecke diese zusätzlichen Zahlungen geleistet worden sind. Es genügt daher, dass der Kläger, wie die Revision mit Recht rügt, auf die Verflechtung und die Kenntnis der Beklagten zu 1 sowie darauf hingewiesen hat, dass die IT GmbH eine im Prospekt nicht offengelegte Sondervergütung erhalten habe. Die hierdurch bewirkte Gefährdung von Anlegerinteressen liegt in der Eingehung einer Beteiligung, deren Rentierlichkeit auf der Grundlage des Prospekts, der die Weichkosten nur in kleinen unverdächtigen Dosen aufführte, nicht hinreichend beurteilt werden konnte. Auch unter dem Gesichtspunkt der Kausalität kommt es nicht auf die Bezeichnung der Mehrvergütung an. Wie oben näher dargelegt (siehe oben 2 b), genügen die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht, die dem Anleger zugute kommende Kausalitätsvermutung als widerlegt anzusehen.
31
4. Das angefochtene Urteil kann auch insoweit nicht bestehen bleiben, als das Berufungsgericht den Feststellungsantrag des Klägers auf Ersatz von Steuerschäden aufgrund einer nachträglichen Aberkennung von Verlustzuweisungen abgewiesen hat.
32
Wie der Kläger im Revisionsverfahren näher ausgeführt hat, verfolgt er mit diesem Antrag nicht, die Beklagte zu 1 wegen eines eigenständigen Fehlers auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen, etwa auch in dem Fall, dass sein mit einer "Rückgabe" der Beteiligung verbundener Zahlungsantrag unbegründet wäre. Vielmehr will er, wenn sein Zahlungsantrag Erfolg hat und es zu einer entsprechenden Schadensersatzleistung der Beklagten zu 1 sowie zu einer Übertragung der Rechte aus der Beteiligung kommt, mit diesem Antrag sicherstellen , dass er über die notwendige Versteuerung der Ersatzleistung hinaus nicht auch noch die Verlustzuweisung verliert.
33
Da das Ziel dieses Antrags damit unmittelbar die Frage betrifft, wie weit - ausschließlich auf der Rechtsfolgenseite - die aus einer Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten zu 1 folgende Schadensersatzverpflichtung reicht, ist das Feststellungsinteresse des Klägers nicht zu verneinen. In der Sache besteht in der vom Kläger gewünschten Nichtanrechnung von Steuervorteilen auf seinen Schadensersatzanspruch und der Versteuerung der Ersatzleistung ein Zusammenhang , der es im Allgemeinen, sofern nicht außergewöhnliche Steuervorteile vorliegen, entbehrlich macht, eine nähere Berechnung vorzunehmen (vgl. BGH, Urteile vom 22. März 1979 - VII ZR 259/77 - BGHZ 74, 103, 114 ff; vom 27. Juni 1984 - IVa ZR 231/82 - NJW 1984, 2524; Senatsurteil vom 17. November 2005 - III ZR 350/04 - NJW 2006, 499 Rn. 8).
34
Dieser Zusammenhang würde gestört, wenn die Verlustzuweisung nachträglich aberkannt würde. Allerdings führt dies nicht zu einem Schadensersatzanspruch auf Ersatz der Steuervorteile, die bisher auf der Anerkennung der Verlustzuweisung beruhten. Denn im Rahmen des hier verfolgten Schadensersatzanspruchs , der dahin geht, so gestellt zu werden, als hätte sich der Kläger nicht beteiligt, besteht kein (Erfüllungs-)Anspruch auf den Eintritt von Folgen, die sich aus der Beteiligung selbst ergeben. Bei einer Aberkennung von Verlustzuweisungen und einer damit einhergehenden steuerlichen Nachforderung kommt aber wegen der hierauf zu entrichtenden Zinsen ein Schadensersatzanspruch in Betracht, auf den die Vorteile aus der über Jahre währenden Anerkennung von Verlustzuweisungen anzurechnen wären (vgl. Senatsurteil vom 22. April 2010 - III ZR 318/08 - aaO S. 1022 Rn 32).
II. Ansprüche gegen den Beklagten zu 2
35
1. Das Berufungsgericht geht davon aus, dass zwischen dem Beklagten zu 2 und dem Kläger keine vorvertraglichen Beziehungen bestanden haben, auf deren Grundlage eine Haftung wegen Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen oder wegen Prospekthaftung im weiteren Sinne in Betracht käme. Das wird von der Revision nicht beanstandet. Mögliche Ansprüche aus Prospekthaftung im engeren Sinne, an die im Hinblick auf die erörterten Verflechtungen und Einflussmöglichkeiten des Beklagten zu 2 zu denken wäre, sind spätestens drei Jahre nach dem Beitritt (24. November 1999) verjährt (vgl. Senatsurteil vom 6. März 2008 - III ZR 298/05 - NJW-RR 2008, 1365, 1366 f Rn. 12 m.w.N.). Die Revision stellt daher zu Recht nur zur Nachprüfung, ob der Beklagte zu 2 aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 264a StGB und aus § 826 BGB deliktisch haftet.
36
2. Bei dieser Beurteilung ist, weil das Berufungsgericht insoweit keine fehlerfreien Feststellungen getroffen hat (siehe oben I 2 a), revisionsrechtlich da- von auszugehen, dass der Kläger vor seiner Anlageentscheidung darüber zu informieren war, dass an die IT GmbH Vertriebsprovisionen von 20 % gezahlt werden sollten und wurden. Insoweit enthielt der Prospekt die (möglicherweise) unrichtige, für den Anleger vorteilhafte Angabe einer geringeren Vertriebsprovision. Darüber hinaus musste dem Kläger mitgeteilt werden, welche Rolle der IT GmbH im Hinblick auf die personelle und kapitalmäßige Verflechtung mit der Komplementärin bei der Verwirklichung des Vorhabens zukam. Ob dem Kläger insoweit eine nachteilige Tatsache im Sinn des § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB verschwiegen wurde und ob der objektive Tatbestand dieser Norm erfüllt worden ist, braucht der Senat nicht abschließend zu entscheiden, da das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen ist, dass die Angaben des Klägers über ein vorsätzliches Verhalten des Beklagten zu 2 für die Annahme einer Schadensersatzpflicht wegen Verletzung dieses Schutzgesetzes nicht genügen.
37
a) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist geklärt, dass die Erheblichkeit des für die Anlageentscheidung bedeutsamen Umstands ein normatives Tatbestandsmerkmal ist. Daraus folgt, dass der Täter nicht nur die tatsächlichen Umstände kennen, sondern auch die rechtliche Wertung der Erheblichkeit nachvollziehen muss (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2005 - 5 StR 283/04 - NJW 2005, 2242, 2245; Beschluss vom 2. Februar 2010 - VI ZR 254/08 - juris und BeckRS 2010, 07412 Rn. 2).
38
b) Was der Kläger an Kenntnissen des Beklagten zu 2 behauptet, genügt auch bei der hier gebotenen revisionsrechtlichen Unterstellung für die Erfüllung des subjektiven Tatbestands der Norm nicht.
39
aa) Soweit es um den Vorwurf geht, im Prospekt seien die für die Eigenkapitalvermittlung vorgesehenen Provisionen auf 7 % und das Agio von (in der Regel) 5 % beschränkt und ein weiterer Vergütungsanteil von 8 %, der an die IT GmbH gezahlt werden sollte, in anderen Positionen des Investitionsplans versteckt worden, weil der Beklagte zu 2 gewusst habe, dass sich eine Anlage mit Vertriebsprovisionen von 20 % nicht vertreiben lasse, wird freilich - bezogen auf einzelne Elemente des Straftatbestands - ein vorsätzliches Verhalten des Beklagten zu 2 behauptet. Denn nach diesem Vortrag muss davon ausgegangen werden, dass der Beklagte zu 2 die Höhe der von ihm für die IT GmbH ausgehandelten Vertriebsprovision und die hiervon abweichenden Angaben des Prospektes kannte, auf dessen Grundlage die Anleger eingeworben wurden.
40
Dass sich der Beklagte zu 2 der Erheblichkeit der vom Kläger behaupteten Irreführung der Anleger in Bezug auf die Prospektierung des Projekts bewusst gewesen ist, folgt daraus indes nicht. Denn es ist insoweit zu berücksichtigen , dass hiervon - auch unter Zugrundelegung des Vortrags des Klägers - die für die Produktion und den Erwerb von Filmrechten prospektierten Kosten nicht berührt worden sind, insgesamt also nur Kosten für Funktionsträger aufgewendet worden sind, die sich im Rahmen des Prospekts gehalten haben. Dem entspricht es, dass bis zur Senatsentscheidung vom 29. Mai 2008 (III ZR 59/07 - aaO) die Berufungssenate des Oberlandesgerichts München, bei dem eine Vielzahl entsprechender Anlegerklagen anhängig (gewesen) sind, nahezu einhellig angenommen haben, der Emissionsprospekt sei nicht zu beanstanden und der Komplementärin sei es überlassen, nach ihrem Belieben über die Mittel zu verfügen, die sie aufgrund der mit der Fondsgesellschaft abgeschlossenen Leistungsverträge erhalten habe. Es ist dem Beklagten zu 2, der hinsichtlich der Vergütung von weiteren 8 % behauptet hat, sie habe der Abgeltung von aufwändigen Werbemaßnahmen für den Fonds gedient, nach dem Vorbringen des Klägers daher nicht zu widerlegen, dass der Prospekt aus seiner (juristisch) laienhaften Sicht alle erforderlichen Angaben richtig enthalten hat und dass die Komplementärin befugt war, dem von ihm vertretenen Unternehmen die Vergütung aus dem Budgettopf "Konzeption, Werbung, Prospekt, Gründung" zu zahlen.
41
bb) Dasselbe ist hinsichtlich der unterlassenen Information über die Einbindung der IT GmbH in die Verwirklichung des Vorhabens anzunehmen. Zwar reicht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Notwendigkeit der Offenlegung kapitalmäßiger und personeller Verflechtungen bis in das Jahr 1980 zurück (siehe oben I 3 a aa) und kann daher als seit langem gefestigt angesehen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Februar 2010 - VI ZR 254/08 - aaO Rn. 5). Die hier zu beurteilende Fallgestaltung weist jedoch eine Besonderheit auf, die für einen Verschuldensvorwurf an den Beklagten zu 2 von erheblicher Bedeutung ist. Der Emissionsprospekt informierte über die der Komplementärin gewährten Sondervorteile (vgl. Senatsurteil vom 15. Juli 2010 - III ZR 338/08 - zu B I 2 a aa-cc), in denen die betragsmäßig geringeren Sondervorteile der IT GmbH steckten. Zwar hätte ein Prospektverantwortlicher im Hinblick auf die gefestigte Rechtsprechung nicht ohne Fahrlässigkeit davon ausgehen dürfen, die der IT GmbH gewährten Sondervorteile seien für die Anleger ohne Interesse. Dass der Beklagte zu 2 angenommen hat, es bestehe in dieser Hinsicht im Hinblick auf den angeführten Gesichtspunkt keine Prospektierungspflicht, kann ihm aufgrund des Vorbringens des Klägers nicht widerlegt werden, so dass es an dem notwendigen Vorsatz fehlt.
42
c) Nichts anderes gilt hinsichtlich eines Schadensersatzanspruchs aus § 826 BGB.
Schlick Dörr Herrmann
Hucke Tombrink
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 19.02.2008 - 34 O 8703/07 -
OLG München, Entscheidung vom 08.12.2008 - 21 U 2701/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 15/08 Verkündet am:
7. Dezember 2009
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Eine Kommanditgesellschaft, die die eingeworbenen Mittel ihrer Treugeberkommanditisten
im eigenen Namen und auf eigene Rechnung in Finanzinstrumenten
anlegt, betreibt weder ein nach § 32 KWG erlaubnispflichtiges Finanzkommmissionsgeschäft
noch ein Investmentgeschäft (Anschluss an BVerwGE 130, 262;
BVerwG ZIP 2009, 1899).

b) Wenn die Gesellschaft die Anlagegelder in erster Linie für den Aufbau eines dritten
Unternehmens verwendet, müssen im Emissionsprospekt das Geschäftsmodell
dieses Unternehmens, seine Chancen und Risiken zutreffend dargestellt
werden.

c) Prospekthaftungsansprüche im engeren Sinn wegen fehlerhafter Angaben in
Prospekten, die seit dem Inkrafttreten des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes
am 1. Juli 2002 veröffentlicht wurden, verjähren in einem Jahr seit dem Zeitpunkt
, in dem der Gesellschafter von dem Prospektfehler Kenntnis erlangt, spätestens
drei Jahre nach dem Abschluss des Gesellschafts- oder Beitrittsvertrages.
BGH, Urteil vom 7. Dezember 2009 - II ZR 15/08 - KG
LG Berlin
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. November 2009 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Goette und die Richter Caliebe, Dr. Drescher, Dr. Löffler und Bender

für Recht erkannt:
I. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 26. Zivilsenats des Kammergerichts vom 17. Dezember 2007 unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage gegen den Beklagten zu 2 in vollem Umfang abgewiesen ist. Auf die Berufung des Beklagten zu 2 wird das Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 1. November 2006 unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und neu gefasst: 1. Der Beklagte zu 2 wird verurteilt, an den Kläger 2.470,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.362,50 € seit dem 8. September 2006 zu zahlen und den Kläger von Einlageverpflichtungen in Höhe von weiteren 8.242,50 €, zu zahlen ab dem 1. Juli 2005 in monatlichen Raten zu jeweils 26,25 € jeweils zum 1. eines Monats bis einschließlich 1. August 2031 auf das Konto der G. GmbH Nr. bei der C. bank M. , BLZ , freizustellen , Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte aus der Beteiligung des Klägers an der M. AG & Co. KG (Treuhandregisternummer

).


2. Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte zu 2 mit der Annahme der Abtretung der Rechte aus der Beteiligung des Klägers an der M. AG & Co. KG (Treuhandregisternummer ) in Verzug befindet. 3. Im Übrigen wird die Klage gegen den Beklagten zu 2 abgewiesen. II. Von den Gerichtskosten aller drei Instanzen tragen der Kläger 39 %, der Beklagte zu 1 2,7 % und der Beklagte zu 2 58,3 %. Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen der Beklagte zu 1 3,7 %, der Beklagte zu 2 43,8 %; im Übrigen trägt sie der Kläger selbst. Der Beklagte zu 2 trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger und der Beklagte zu 2 streiten - nach Erledigung der Klage gegen den Beklagten zu 1 durch Vergleich - noch über die Haftung des Beklagten zu 2 wegen der Beteiligung des Klägers an der M. AG & Co. KG (im Folgenden: M.).
2
Die M. wurde von der DP. AG (im Folgenden: DP.) als Komplementärin und der G. GmbH (im Folgenden: G. ) als Kommanditistin gegründet.
Die G. sollte die Kommanditbeteiligung treuhänderisch für durch die DV. AG (im Folgenden: DV.) zu werbende Anleger halten. DV. und DP. waren hundertprozentige Töchter der D. AG (im Folgenden: D. AG). An der D. AG waren die D. GmbH (im Folgenden: D. GmbH) und die T. GmbH (im Folgenden : T. GmbH) hälftig beteiligt. Der Beklagte zu 2 hielt die Hälfte der Geschäftsanteile der D. GmbH, er war zusammen mit dem weiteren Vorstandsmitglied B. Vorstand der D. AG und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der DP. neben dem weiteren Aufsichtsratsmitglied B. Der Beklagte zu 1 war im Jahr 2004 alleiniger Vorstand der DP.
3
Die Anlegergelder sollten nach dem vom Beklagten zu 1 für die DP. unterzeichneten Emissionsprospekt auf vier Investitionsbereiche (Portfolios) verteilt werden, in Höhe von 12,6 % auf in- und ausländische Immobilienaktien, aktiengebundene Wertpapiere, Immobilienfonds und ausländische Immobilienaktienfonds ("Immobilienportfolio"), in Höhe von 25,1 % auf die Investition in Hedge-Fonds ("Alternative Investments Portfolio"), in Höhe von 46,1 % auf inund ausländische Aktien, Aktienfonds und gemischte Fonds ("Wertpapier Portfolio" ) und in Höhe von 16,2 % auf Private Equity Beteiligungen, Private Equity Fonds und Mezzanine-Finanzierungen ("Private Equity Portfolio"). "Schwerpunktmäßig" sollte in den Jahren 2004 und 2005 in eine Kommanditbeteiligung an der I. GmbH & Co. KG (künftig: I. ) investiert werden. Der Prospekt enthielt folgenden Hinweis: "Die I. plant, eine neue Vertriebsorganisation aufzubauen , die den Anforderungen der Versicherungsvermittlerrichtlinie 2002/92/EU vom 9. Dezember 2002 entspricht. In 2004 wird das Unternehmen schwerpunktmäßig diesen Vertriebsaufbau durchführen, d.h. eine geplante Anzahl von rd. 2.500 Vertriebsmitarbeitern verpflichten und Schulungen sowie Werbemaßnahmen durchführen. Die Vertriebsmitarbeiter (freie Maklervertreter gemäß §§ 84 ff. HGB) sollen in den von der I. vermittelten Produktionsbereichen exklusiv für die I. tätig werden ... . […] Die I. schließt mit verschiedenen, jeweils spezialisierten Dienstleistern in 2004 Verträge zur Sicherstellung des erfolgreichen Aufbaus ihrer Vertriebs- und Marketingtätigkeit sowie zur nachhaltigen Etablierung ihres Unternehmens ab. Insoweit ist ein Rekrutierungs- und Schulungsvertrag für die Anwerbung von exklusiv für die I. tätigen Vertriebsmitarbeiter und deren fachlicher Schulung zur Erfüllung der Voraussetzungen der Versicherungsvermittlerrichtlinie abgeschlossen. Zum Leistungsinhalt dieses Vertrages zählt auch die Beratung bei der Entwicklung einer nachhaltig erfolgreichen Vertriebsstrategie einschließlich eines hochwirksamen Vertriebssteuerungs- und Koordinationssystems und dessen Implementierung. Grundlage für die Vergütung der Leistungen nach diesem Vertrag ist die Zuführung, Schulung und Integration von 2.500 exklusiven Vertriebsmitarbeitern. […]".
4
Tatsächlich sollten die Vertriebsmitarbeiter - jedenfalls zunächst - nicht ausschließlich für die I. tätig sein.
5
Der Kläger, dem zuvor ein Exemplar des Prospekts übergeben worden war, unterbreitete der G. am 23. August 2004 ein Angebot auf Abschluss eines Treuhandvertrages mit einer Einlage in Höhe von 10.100,00 €. Die M. , vertreten durch den Beklagten zu 1, bescheinigte die Annahme dieses Angebots am 2. September 2004. Der Kläger leistete auf seine Einlageverpflichtung eine Einmalzahlung in Höhe von 2.100,00 € und zahlte von September 2004 bis Juni 2005 an die G. zehn Monatsraten zu 26,25 €. Entsprechende monatliche Zahlungen schuldet er noch bis August 2031.
6
Mit Bescheid vom 15. Juni 2005 untersagte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) der M. die weitere Geschäftstätigkeit mit der Begründung, sie betreibe ohne die erforderliche Erlaubnis Finanzkommissionsgeschäfte. Den Antrag der M. , die aufschiebende Wirkung ihres gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruchs anzuordnen, lehnte das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main am 25. Juli 2005 mit der Begründung ab, die M. betreibe ohne die erforderliche Erlaubnis gewerbsmäßig Bankgeschäfte in Form des Investmentgeschäfts. Der Beklagte zu 2 reagierte am 9. Dezember 2005 als Vorstand der D. AG mit einem Schreiben an Vertriebsmitarbeiter, in dem er unter anderem ausführte: "Wir haben keine erlaubnispflichtigen Bankgeschäfte betrieben, und deshalb gab es auch keinen Anlass für das Verfahren der BaFin gegen die M. , und schon gar nicht gibt es einen Grund für die Insolvenz des Fonds und Haftungsklagen gegen uns als Initiatoren oder Sie als Vermittler".
7
Am 3. März 2006 setzte die BaFin die sofortige Vollziehung der Untersagungsverfügung aus, nachdem der Hessische Verwaltungsgerichtshof mit in anderer Sache ergangenem Beschluss vom 14. Februar 2006 die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs gegen einen Verwaltungsakt der BaFin wiederhergestellt hatte.
8
Über das Vermögen der M. wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.
9
Der Kläger hat von beiden Beklagten Rückzahlung der geleisteten Beiträge , Freistellung von den weiteren Verbindlichkeiten und Ersatz entgangener Anlagezinsen verlangt. Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben , das Berufungsgericht auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers. Vor dem Senat hat er in einem Vergleich mit dem Beklagten zu 1 zur Erledigung aller wechselseitigen Ansprüche u.a. vereinbart, dass dieser an den Kläger 700,00 € zahlt und von den außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits in allen Instanzen einschließlich des Vergleichs der Kläger 93,5 % und der Beklagte zu 1 6,5 % trägt. Entsprechend dem im Vergleich zum Ausdruck kommenden Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen soll in der Schlussentscheidung über die Kosten entschieden werden, die im Vergleich wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung nicht geregelt werden konnten. Gegen den Beklagten zu 2 verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:

10
Die Revision des Klägers hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Verurteilung des Beklagten zu 2 im Sinne der Anträge des Klägers mit Ausnahme eines Teils der Nebenforderungen (§ 563 Abs. 3 ZPO).
11
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Eine deliktische Haftung der Beklagten aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG wegen des nicht erlaubten Betriebs eines erlaubnispflichtigen Bankgeschäfts komme nicht in Betracht, da die M. ein solches Bankgeschäft nicht betrieben habe. Jedenfalls fehle ein Verschulden. Der Kläger habe keine Ansprüche aus Prospekthaftung im engeren Sinne bzw. gemäß § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 und 3 BGB, da der Prospekt keinen Prospektmangel enthalten habe. Bis zum Beitritt des Klägers hätten keine Anhaltspunkte für ein Einschreiten der BaFin bestanden. Die Verhältnisse der I. seien im Prospekt vom 17. März 2004 ausreichend dargestellt worden. Dies gelte auch für die Angaben über die Vertriebsmitarbeiter , die für die Anlageentscheidung des Klägers jedenfalls nicht ursächlich geworden seien. Ob der Beklagte zu 2 überhaupt Prospektverantwortlicher sei, könne dahinstehen.
12
II. Das Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
13
1. Noch zutreffend verneinte das Berufungsgericht allerdings Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG wegen unerlaubten Betreibens eines Bankgeschäfts. Zwar ist § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB zugunsten des einzelnen Kapitalanlegers (Senat, BGHZ 125, 366, 379; BGHZ 166, 29 Tz. 17; BGH, Urt. v. 11. Juli 2006 - VI ZR 340/04, ZIP 2006, 1764 Tz. 12 f.; v. 11. Juli 2006 - VI ZR 339/04, ZIP 2006, 1761 Tz. 13 f.; v. 21. April 2005 - III ZR 238/03, ZIP 2005, 1223, 1224). Die M. betrieb indessen kein nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG erlaubnispflichtiges Bankgeschäft.
14
a) Die M. besorgte kein Finanzkommissionsgeschäft. Finanzkommissionsgeschäft i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG ist der Handel mit Finanzinstrumenten im eigenen Namen für fremde Rechnung, bei dem die typischen Merkmale eines Kommissionsgeschäfts nach §§ 383 ff. HGB gewahrt sind, ohne dass alle diese Merkmale vorliegen müssen (BVerwGE 130, 262 Tz. 23 ff., 36 ff.; BVerwG, ZIP 2009, 1899 Tz. 28 ff.). Dass bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise auf fremde Rechnung gehandelt wird, genügt nicht (BVerwGE 130, 262 Tz. 43 ff.; BVerwG, ZIP 2009, 1899 Tz. 28). § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG bietet keinen allgemeinen Auffangtatbestand für Anlagemodelle, bei denen im Drittinteresse mit Finanzinstrumenten gehandelt wird, und erfasst die Vermögensverwaltung durch die Anlage von Investorengeldern in Finanzinstrumenten nicht (BVerwGE 130, 262 Tz. 47). Das wird durch § 1 Abs. 1 a Satz 2 Nr. 11 KWG i.d.F. von Artikel 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Fortentwicklung des Pfandbriefrechts vom 20. März 2009 (BGBl. I S. 607) bestätigt, der einen besonderen erlaubnispflichtigen Tatbestand der Anlageverwaltung schafft (BVerwG, ZIP 2009, 1899 Tz. 28). Zwischen einem Finanzkommissionsgeschäft und einer Beteiligung an einer Anlagegesellschaft ist auch zu unterscheiden, wenn die Beteiligung - wie bei der M. - über einen Treuhandvertrag vermittelt ist, weil sich insoweit der Charakter der Tätigkeit durch die Einschaltung eines Treu- händers nicht ändert. Eine weite Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG war zum Zeitpunkt des Beitritts des Klägers auch nicht aufgrund der Richtlinie 93/22/EWG des Rates vom 10. Mai 1993 über Wertpapierdienstleistungen (ABl. L 141 vom 11. Juni 1993, S. 27) geboten (vgl. BVerwGE 130, 262 Tz. 49).
15
Die M. betrieb keine Kommissionsgeschäfte entsprechend §§ 383 ff. HGB. Zwar zielte ihr Geschäftsbetrieb auf den Erwerb, das Halten und die Veräußerung von Wertpapieren und Fondsanteilen und damit auf die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG. Sie erwarb und veräußerte Finanzinstrumente aber für eigene Rechnung. Weder die Anleger noch die Treuhänderin erhielten das Eigentum an den angeschafften Finanzinstrumenten übertragen. Die Anleger partizipierten nur aufgrund eines schuldrechtlichen Anspruchs wertmäßig an der Entwicklung der Geschäftstätigkeit der M. Auch die weiteren typischen Merkmale eines Kommissionsgeschäfts nach § 383 HGB - Weisungsunterworfenheit des Kommissionärs , Benachrichtigungspflicht, Rechenschaftspflicht, Herausgabepflicht - lagen nicht vor.
16
b) Die Geschäftstätigkeit der M. war auch nicht als Investmentgeschäft nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 KWG in der Fassung des Investmentmodernisierungsgesetzes vom 15. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2676) erlaubnispflichtig. Der Begriff des Investmentgeschäfts entsprach dem des § 7 Abs. 2 InvG. § 7 Abs. 2 InvG umschrieb Investmentgeschäfte als Geschäfte von Kapitalanlagegesellschaften. Das waren nach § 6 Abs. 1 Satz 2 InvG Gesellschaften in der Rechtsform der Aktiengesellschaft und der Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Entsprechend bezog sich auch § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 KWG - dem Willen des historischen Gesetzgebers entsprechend (BT-Drucks. 15/1553, S. 74) - nur auf Unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft (vgl.
BVerwGE 130, 262 Tz. 57), nicht aber auf Personenhandelsgesellschaften wie die M. .
17
2. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts haftet der Beklagte zu 2 aber aus Prospekthaftung im engeren Sinne, da der für die M. erstellte Emissionsprospekt vom 17. März 2004 unrichtig war und er prospektverantwortlich ist.
18
a) Der Prospekt vom 17. März 2004 war unrichtig. Ein Emissionsprospekt hat dem Anleger ein zutreffendes Bild von der angebotenen Kapitalbeteiligung zu vermitteln. Dazu gehört, dass sämtliche Umstände, die für die Anlageentscheidung von Bedeutung sind oder sein können, zutreffend, verständlich und vollständig dargestellt werden (Senat, BGHZ 123, 106, 109 f.; Sen.Urt. v. 3. Dezember 2007 - II ZR 21/06, ZIP 2008, 412 Tz. 7; v. 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, ZIP 2004, 1706, 1707; v. 1. März 2004 - II ZR 88/02, ZIP 2004, 1104, 1106). Zu den für die Anlageentscheidung bedeutsamen Umständen gehört , sofern die Anlagegesellschaft - wie hier in den ersten Jahren - im Wesentlichen in eine Beteiligung an einem dritten Unternehmen investiert, die Darstellung des Geschäftsmodells dieses Unternehmens sowie der damit verbundenen Chancen und Risiken.
19
Der Prospekt vom 17. März 2004 stellte das Geschäftsmodell der I. , in die die M. in den ersten Jahren im Wesentlichen investierte, nicht richtig dar. Der Emissionsprospekt sah den Aufbau eines Vertriebs durch Exklusivvertreter vor, während tatsächlich mit den Anlagegeldern Mehrfachagenten geworben und geschult werden sollten. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts lässt sich daraus, dass die Vertriebsmitarbeiter in den von der I. vermittelten Produktionsbereichen exklusiv für die I. tätig werden "sollen", nicht entnehmen, dass ihre ausschließliche Tätigkeit für die I.
erst als am Ende des Vertriebsaufbaus erreichbares Ziel vorgesehen war. Auch wenn - wie das Berufungsgericht meint - ein Vertriebsnetz mit Exklusivvertretern im Regelfall nur über ein Vertriebsnetz von Mehrfachvertretern entwickelt werden könnte, rechtfertigt dies die Fehlinformation nicht, sondern war selbst mitteilungspflichtig. Für die Bewertung der mit dem Geschäftsmodell der I. verbundenen Chancen und Risiken, insbesondere den Ertrag der eingesetzten Mittel, ist es von Bedeutung, ob es als so zugkräftig einzuschätzen ist, dass die mit den eingeworbenen Anlegergeldern geschulten Mitarbeiter ausschließlich Produkte der I. vertreiben können, oder ob sie daneben auch andere Vermögensanlagen vermitteln, so dass die von den Anlegern aufgebrachten Mittel für die Schulung ihren Zweck möglicherweise verfehlen und der zu erwartende Ertrag für die I. entfällt oder jedenfalls geringer ausfällt.
20
b) Der Beklagte zu 2 haftet - was das Berufungsgericht von seinem Standpunkt aus folgerichtig offen gelassen hat - als Prospektverantwortlicher.
21
Neben den Initiatoren, Gründern und Gestaltern der Gesellschaft, soweit sie das Management bilden oder beherrschen (Senat, BGHZ 177, 25 Tz. 12; 123, 106, 109 f.; 83, 222, 223 f.; 79, 337, 340 ff.; 72, 382, 387; 71, 284, 287 ff.; BGHZ 115, 213, 217 f.), haften auch die Personen, die hinter der Gesellschaft stehen, auf ihr Geschäftsgebaren oder die Gestaltung des konkreten Modells besonderen Einfluss ausüben und deshalb Mitverantwortung tragen (Senat, BGHZ 79, 337, 340 / 348; BGHZ 158, 110, 115; 115, 213, 217 f.; BGH, Urt. v. 14. Juni 2007 - III ZR 185/05, NJW-RR 2007, 1479 Tz. 11; v. 27. Januar 2004 - XI ZR 37/03, ZIP 2004, 606, 609; v. 1. Dezember 1994 - III ZR 93/93, WM 1995, 344, 345). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Hintermänner nach außen in Erscheinung getreten sind (Senat, BGHZ 79, 337, 340; 72, 382, 387; BGH, Urt. v. 14. Juni 2007 aaO). Der Beklagte zu 2 war ein solcher Hintermann. Er stand hinter der M. und hatte auf ihr Geschäftsgebaren besonde- ren Einfluss. Er hatte bereits aufgrund seiner Beteiligung an den hinter der M. stehenden Gesellschaften eine so einflussreiche Stellung, dass gegen seinen Willen keine Entscheidungen getroffen werden konnten. Er war mit 50 % an der D. GmbH beteiligt, die ihrerseits mit 50 % an der D. AG beteiligt war, der Alleingesellschafterin der DP., der einzigen Komplementärin der Anlagegesellschaft. Der Senat hat aufgrund der im Berufungsverfahren nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts von einer Beteiligung des Beklagten zu 2 an der D. GmbH in Höhe von 50 % auszugehen. Entgegen der Revisionserwiderung werden diese Feststellungen angesichts dessen durch die nicht näher begründete Angabe in dem zudem erst nachträglich vorgelegten Rechtsgutachten von Prof. Dr. A. , der Beklagte zu 2 sei nur mit 25 % an der D. GmbH beteiligt, nicht in Frage gestellt. Über die schon durch seine Beteiligung vermittelte starke Stellung hinaus sicherte dem Beklagten zu 2 besonderen Einfluss, dass er in den hinter der Anlagegesellschaft stehenden Gesellschaften Organ war und so die Geschicke der Anlagegesellschaft mittelbar lenken konnte. Er war Vorstand der D. AG, der einzigen Gesellschafterin der DP., und - zusammen mit seinem Mitgesellschafter in der D. GmbH - Aufsichtsrat der DP., der Komplementärin der M. Als Vorstand der D. AG kontrollierte der Beklagte zu 2 zugleich den Vertrieb über deren hundertprozentige Tochter, die DV. Da es für die Prospektverantwortlichkeit genügt, zu den Hintermännern zu gehören, entfällt die Verantwortlichkeit des Beklagten zu 2 nicht, wenn es neben ihm weitere "Hintermänner" gab und er nicht als einziger hinter der Anlagegesellschaft stand. Dass der Beklagte zu 2 sich selbst in einer einflussreichen Stellung sah, zeigt sein Schreiben vom 9. Dezember 2005 an die Vertriebsmitarbeiter, in dem er sich ausdrücklich als zu den Initiatoren zählend bezeichnete.
22
c) Die unzureichende Information des Klägers über die Vertriebsstruktur der I. war für die Anlageentscheidung des Klägers ursächlich.
23
aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats entspricht es der Lebenserfahrung, dass ein Prospektfehler für die Anlageentscheidung ursächlich geworden ist (Senat, BGHZ 177, 25 Tz. 19; 79, 337, 346; Sen.Urt. v. 3. Dezember 2007 - II ZR 21/06, ZIP 2008, 412 Tz. 16; v. 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, ZIP 2004, 1706, 1707; v. 1. März 2004 - II ZR 88/02, ZIP 2004, 1104, 1106; v. 14. Juli 2003 - II ZR 202/02, ZIP 2003, 1651, 1653). Diese Vermutung kann allerdings widerlegt werden. Davon ist grundsätzlich dann auszugehen , wenn der Prospekt bei dem konkreten Vertragsschluss keine Verwendung gefunden hat (Sen.Urt. v. 3. Dezember 2007 aaO Tz. 16). Wird der Prospekt - wie hier - im Zuge der Zeichnung der Beteiligung übergeben, wird er verwendet , ohne dass es darauf ankommt, in welchem Umfang der Anleger ihn tatsächlich selbst gelesen hat.
24
bb) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist die weitere Vermutung , dass der Kläger sich - über den unrichtig dargestellten Umstand zutreffend aufgeklärt - gegen die Anlage entschieden hätte, nicht widerlegt. Diese Vermutung sichert das Recht des Anlegers, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in ein bestimmtes Projekt investieren will oder nicht (Senat, BGHZ 123, 106, 112 ff.), und gilt grundsätzlich bei allen Kapitalanlagen (Sen.Urt. v. 2. März 2009 - II ZR 266/07, ZIP 2009, 764 Tz. 6; BGH, Urt. v. 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, ZIP 2009, 1264 Tz. 22 zur Anlageberatung). Um sie zu widerlegen, muss der Aufklärungspflichtige jedenfalls darlegen, dass der einzelne Anleger den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte. Die Spekulation des Berufungsgerichts, ein investitionswilliger Anleger hätte seine Anlageentscheidung nicht von einer Aufklärung über den Vertriebsaufbau abhängig gemacht, weil ein Aufbau mit Einfachagenten wirtschaftlich nicht sinnvoll gewesen sei, genügt dazu nicht, weil sie nicht auf das Verhalten des Klägers abstellt, sondern die tatsächliche Vermutung in Frage stellt.
25
III. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Weitere Feststellungen sind nicht zu treffen und nicht zu erwarten. Der Kläger hat - bis auf einen Teil der Nebenforderungen - einen Anspruch gegen den Beklagten zu 2 auf Ersatz des geltend gemachten Schadens in dem von ihm mit der Revision weiter verfolgten Umfang.
26
1. Der Anspruch gegen den Beklagten zu 2 ist nicht verjährt. Prospekthaftungsansprüche im engeren Sinn wegen fehlerhafter Angaben in Prospekten , die seit dem Inkrafttreten des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes vom 21. Juni 2002 (BGBl. I S. 2010) am 1. Juli 2002 veröffentlicht wurden, verjähren in entsprechender Anwendung von § 46 BörsG in einem Jahr seit dem Zeitpunkt , in dem der Gesellschafter von dem Prospektfehler Kenntnis erlangt, spätestens drei Jahre nach dem Abschluss des Gesellschafts- oder Beitrittsvertrages (OLG München, Urt. v. 23. Mai 2007 - 20 U 5471/06, juris, Tz. 20; Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts 3. Aufl. § 6 Rdn. 211; Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze 2. Aufl. § 46 BörsG Rdn. 9; Keunecke, Prospekte im Kapitalmarkt 2. Aufl. Rdn. 811 a.E.; offen Groß, Kapitalmarktrecht 4. Aufl. § 47 BörsG Rdn. 8; a.A. Röhricht/Graf v. Westphalen/v. Gerkan/Haas, HGB 3. Aufl. § 161 Rdn. 169). Die kurze kenntnisabhängige Verjährungsfrist für die Prospekthaftung im engeren Sinn hat der Senat in analoger Anwendung der in den gesetzlich geregelten Fällen der Prospekthaftung bestimmten Verjährungsfrist - u.a. § 47 BörsG a.F. - entnommen (vgl. Senat, BGHZ 177, 25 Tz. 23; 123, 106, 117 f.; 83, 222, 224 ff.; Sen.Urt. v. 3. Dezember 2007 aaO Tz. 29; v. 7. Juli 2003 - II ZR 18/01, ZIP 2003, 1536, 1537; v. 18. Dezember 2000 - II ZR 84/99, ZIP 2001, 369). Die Gesichtspunkte, die den Gesetzgeber des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes zu einer Verlängerung der Verjährungsfrist veranlassten (BT-Drucks. 14/8017, S. 81), treffen auch auf die Prospekthaftung im engeren Sinne zu (Assmann/Schütze aaO). Der Gesetzgeber hielt angesichts der Komplexität zahlreicher Sachverhalte eine Frist von sechs Monaten nicht für ausreichend, um die zur Vorbereitung eines Haftungsanspruchs erforderlichen Recherchen durchzuführen.
27
Der Kläger wahrte mit der am 7. September 2006 auf den Beklagten zu 2 erweiterten Klage die Dreijahresfrist. Er beteiligte sich an der M. im August/ September 2004. Dass der Kläger früher als ein Jahr vor der Klageerweiterung auf den Beklagten zu 2 vom Prospektfehler Kenntnis erlangt hat, hat der Beklagte zu 2 nicht vorgetragen. Im Rechtsstreit gegen den Beklagten zu 1 rügte der Kläger die fehlerhafte Darstellung des Vertriebssystems der I. erstmals im März 2006, so dass sich aus seinem Prozessvortrag nicht zugunsten des Beklagten zu 2 entnehmen lässt, dass er den Prospektmangel bereits in verjährter Zeit kannte.
28
2. Der Kläger kann vom Beklagten zu 2 als Schaden 2.470,90 € sowie Freistellung von seinen Einlageverpflichtungen Zug um Zug gegen Abtretung seiner Rechte aus dem Treuhandvertrag verlangen.
29
a) Nach der Rechtsprechung des Senats hat der Anleger gegen den schuldhaft handelnden Prospektverantwortlichen einen Anspruch auf Erstattung der für den Erwerb gemachten Aufwendungen - hier 2.362,50 € - gegen Rückgabe der Anlage (Senat, BGHZ 123, 106, 110). Besteht die Anlage - wie im Falle des Klägers - in seiner Vertragsposition als Treugeber, genügt es, wenn er als Zug um Zug zu gewährende Leistung die Abtretung sämtlicher Rechte aus dem Treuhandvertrag anbietet. Dies hat der Kläger getan. Der Kläger hat weiter Anspruch auf Ersatz der entgangenen Anlagezinsen in Höhe von 108,40 €. Gemäß § 249 Abs. 1 BGB kann der Kläger auch Freistellung von der gegenüber der G. eingegangenen Verpflichtung verlangen.
30
Der Anspruch auf Ersatz der Verzugszinsen für die Hauptforderung beruht auf § 286 Abs. 1, § 288 Abs. 1, § 291 BGB. Eine Verzinsung der entgangenen Anlagezinsen (108,40 €) in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes kann der Kläger dagegen nicht beanspruchen. Wegen des Zinseszinsverbotes in § 289 Satz 1 BGB muss der Gläubiger die Höhe des nach § 289 Satz 2 BGB geltend gemachten Verzögerungsschadens auch dann konkret darlegen und gegebenenfalls beweisen, wenn er einen Schaden nur in Höhe der gesetzlichen Verzugszinsen geltend macht (BGH, Urt. v. 9. Februar 1993 - XI ZR 88/92, ZIP 1993, 421, 423). Der Kläger hat sich nur auf den gesetzlichen Verzugszinssatz (§ 288 Abs. 1 BGB) berufen.
31
b) Im Zusammenhang mit der Anlage erlangte Steuervorteile muss sich der Kläger nicht anrechnen lassen. Im Wege des Vorteilsausgleichs sind die aufgrund der Anlage erzielten dauerhaften Steuervorteile anzurechnen, sofern nicht die Ersatzleistung oder eine Zug um Zug gegen die Schadensersatzleistung vorgesehene Übertragung der Beteiligung ihrerseits etwa als Betriebseinnahme nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG besteuert wird (Senat, BGHZ 159, 280, 294; BGHZ 74, 103, 114 ff.; Sen.Urt. v. 3. Dezember 2007 - II ZR 21/06, ZIP 2008, 412 Tz. 27; v. 29. November 2004 - II ZR 6/03, ZIP 2005, 254, 257; v. 14. Januar 2002 - II ZR 40/00, DStR 2002, 778, 779; BGH, Urt. v. 6. März 2008 - III ZR 298/05, ZIP 2008, 838 Tz. 28; v. 17. November 2005 - III ZR 350/04, ZIP 2006, 573 Tz. 8). Trotz Versteuerung der Ersatzleistung sind die erzielten Steuervorteile anzurechnen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Anleger außergewöhnliche Steuervorteile erzielt hat (Sen.Urt. v. 9. Oktober 1989 - II ZR 257/88, WM 1990, 145, 148; BGH, Urt. v. 17. November 2005 aaO; v. 6. März 2008 aaO). Der Kläger hat eine Schadensersatzleistung als Betriebseinnahme zu versteuern. Für besondere Steuervorteile gibt es keine Anhaltspunkte.
Goette Caliebe Drescher Löffler Bender
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 01.11.2006 - 18 O 559/05 -
KG, Entscheidung vom 17.12.2007 - 26 U 264/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 203/09
Verkündet am:
22. Juli 2010
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Erhält ein Kapitalanleger Kenntnis von einer bestimmten Pflichtverletzung des
Anlageberaters oder -vermittlers, so handelt er bezüglich weiterer Pflichtverletzungen
nicht grob fahrlässig, wenn er die erkannte Pflichtverletzung nicht zum
Anlass nimmt, den Anlageprospekt nachträglich durchzulesen, auch wenn er
bei der Lektüre des Prospekts Kenntnis auch der weiteren Pflichtverletzungen
erlangt hätte (Fortführung von BGH, Urteil vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09 - für
BGHZ vorgesehen).
BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09 - OLG München
LG München I
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Juli 2010 durch den Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter
Dr. Herrmann, Wöstmann, Hucke und Seiters

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 17. Juni 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger verlangt aus eigenem und aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau Schadensersatz wegen behaupteter Pflichtverletzungen der Beklagten anlässlich der Zeichnung einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds.
2
Der Kläger und seine Ehefrau traten im Dezember 1992 der 2. Beteiligungs KG W. B. GmbH & Co. N. - Fonds Nr. 12 bei. Die Einlage betrug 100.000 DM zuzüglich Agio. In den Jahren 1994 bis 1997 erhielten die Eheleute Ausschüttungen von insgesamt 14.537,03 DM. In der Folgezeit unterblieben weitere Ausschüttungen. Die Anleger wurden stattdessen aufgefordert, zur Vermeidung einer Insolvenz des Fonds Nachschüsse zu leisten. Insoweit zahlten die Eheleute am 26. Oktober 1999 9.207,45 DM sowie am 29. September 2004 8.826,93 €.
3
Der Kläger hat behauptet, der Anlageentscheidung sei eine fehlerhafte Beratung durch den Geschäftsführer T. der K. & T. GmbH, der Rechtsvorgängerin der Beklagten, vorangegangen. Dieser habe die Beteiligung im Hinblick auf eine bestehende Mietgarantie als sicher bezeichnet. Ein Hinweis auf ein unternehmerisches Risiko, vor allem auf die Möglichkeit des Totalverlusts, und auf die mangelnde Eignung des Fonds zur Altersvorsorge sei nicht erfolgt. Genauso wenig sei über das Fehlen eines Zweitmarkts (Fungibilität der Anlage) und das Risiko des Wiederauflebens der Kommanditistenhaftung nach § 172 Abs. 4 HGB aufgeklärt worden. Den Anlageprospekt hätten sie erst nach der Zeichnung der Beteiligung erhalten. Über die Beratungspflichtverletzungen der Beklagten habe ihn sein Anwalt Ende 2004 informiert.
4
Das Landgericht hat die Schadensersatzklage wegen Verjährung abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Gegen das Urteil des Oberlandesgerichts richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe


5
Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


6
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts sind die streitgegenständlichen Ansprüche verjährt (Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 EGBGB, §§ 195, 199 Abs. 1 BGB).
7
Der Kläger und seine Ehefrau hätten spätestens seit der Aufforderung des Fonds vom 26. Oktober 1999, zur Abwendung von dessen Insolvenz Nachzahlungen zu leisten, gewusst, dass sie in den nach Maßgabe ihrer Darstellung mit dem Geschäftsführer T. geführten Gesprächen unrichtig informiert worden seien. Die Kapitalanlage sei weder sicher noch zur Altersvorsorge geeignet gewesen; ein Totalverlust habe nicht nur entfernt gedroht, sondern diese Gefahr ganz akut bestanden.
8
Die Tatsache, dass der Kläger und seine Ehefrau die fehlende Fungibilität der Anlage und die Regelung des § 172 Abs. 4 HGB nicht gekannt hätten, beruhe auf grober Fahrlässigkeit. Wie das Landgericht zu Recht unter Hinweis auf die nachträgliche erhebliche Abweichung der tatsächlichen von der versprochenen Entwicklung der Kapitalanlage ausgeführt habe, hätten die Eheleute nach Erhalt der Nachzahlungsaufforderung im Jahre 1999 einen ganz konkreten Anlass gehabt, den Prospekt eingehend durchzulesen und sich darüber zu informieren, welche Art von Anlage sie denn nun tatsächlich gezeichnet hätten. Wäre dies geschehen, hätten sie insbesondere den Ausführungen auf Seite 22 und 24 des Prospekts die notwendigen Fakten zur eingeschränkten Veräußerungsmöglichkeit und zur Kommanditistenhaftung entnehmen können. Hätten sie zudem bereits 1999 auf die Nachforderung reagiert und zwecks Klageerhebung einen Anwalt aufgesucht, wäre ihnen auch auf diesem Weg die entsprechende Kenntnis bereits damals vermittelt worden. Dass sie weder von der ei- nen noch der anderen Möglichkeit Gebrauch gemacht, sondern die Nachforderung ohne weiteres bedient hätten, stelle eine grobe Verletzung der verkehrsüblichen Sorgfalt dar. Die Eheleute hätten insoweit ganz nahe liegende Überlegungen , nämlich die, falsch informiert worden zu sein, nicht angestellt und auch das nicht beachtet, was jedem einleuchte, dass man nämlich zur Verfolgung seiner Rechte aktiv werden müsse. Bei der gegebenen Sachlage sei nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen sie nicht bereits im Jahre 1999 rechtliche Schritte wegen der mangelnden Sicherheit der Anlage und des Totalverlustrisikos unternommen hätten. Die fehlende Fungibilität und der fehlende Hinweis auf § 172 Abs. 4 HGB wären ihnen bei der Lektüre des Prospekts und/oder der Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe ohne weiteres bekannt geworden. Abgesehen davon seien diese beiden Punkte in diesem Zusammenhang nur von untergeordneter Bedeutung, denn bei drohender Insolvenz des Fonds komme es darauf ohnehin nicht mehr an.

II.


9
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis nicht stand. Zwar hat das Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung ohne Rechtsfehler - auch die Revision wendet sich hiergegen nicht - festgestellt, dass der Kläger und seine Ehefrau im Zusammenhang mit der Aufforderung des Fonds, zur Abwendung von dessen Insolvenz Nachzahlungen zu leisten, Kenntnis davon erhalten haben , dass entgegen den behaupteten Erklärungen des Geschäftsführers T. die gewählte Kapitalanlage nicht sicher und deswegen auch zur Altersversorgung ungeeignet war bzw. das ernsthafte Risiko auch eines Totalverlusts bestand. Soweit das Berufungsgericht hieran anknüpfend allerdings die Auffassung vertreten hat, die fehlende Kenntnis der Eheleute von der mangelnden Fungibilität der Kapitalanlage und der Regelung des § 172 Abs. 4 HGB beruhe auf grober Fahrlässigkeit, ist dies rechtsfehlerhaft. Verjährung ist insoweit nicht eingetreten.
10
1. Die hier in Rede stehenden Ansprüche wegen positiver Vertragsverletzung sind im Jahre 1992, nämlich mit dem Erwerb der Beteiligung an dem geschlossenen Immobilienfonds, entstanden (§ 198 Satz 1 BGB a.F.) und unterlagen zunächst der 30jährigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB a.F. Zwar ist der für den Verjährungsbeginn maßgebliche Eintritt eines Schadens regelmäßig erst dann anzunehmen, wenn es zu einer konkreten Verschlechterung der Vermögenslage des Gläubigers gekommen ist; der Eintritt einer risikobehafteten Situation reicht dafür regelmäßig nicht (vgl. nur BGHZ 73, 363, 365; 100, 228, 231 f; 124, 27, 30). Jedoch kann der auf einer Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung beruhende Erwerb einer für den Anlageinteressenten nachteiligen, weil seinen konkreten Anlagezielen und Vermögensinteressen nicht entsprechenden Kapitalanlage bereits für sich genommen einen Schaden darstellen und ihn deshalb - unabhängig von der ursprünglichen Werthaltigkeit der Anlage - dazu berechtigen, im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung zu verlangen; der Anspruch entsteht hierbei schon mit dem (unwiderruflichen und vollzogenen) Erwerb der Anlage (vgl. - jeweils m.w.N. - nur BGHZ 162, 306, 309 f; Senat, Urteil vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09 - Rn. 24, für BGHZ vorgesehen). So liegt der Fall auch hier.
11
2. Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 EGBGB gilt seit dem 1. Januar 2002 für bis dahin nicht verjährte Schadensersatzansprüche die dreijährige Regelverjährung nach § 195 BGB n.F. Hierbei setzt der Beginn der Frist allerdings das Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB voraus, das heißt der Gläubiger muss von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt haben oder seine diesbezügliche Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruhen (vgl. nur BGHZ 171, 1, 7 ff Rn. 19 ff; 179, 260, 276 Rn. 46; Senat, Urteile vom 19. November 2009 - III ZR 169/08 - BKR 2010, 118, 119 Rn. 13, vom 8. Juli 2010, aaO, Rn. 25). Für eine dahingehende Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis trägt der Schuldner - hier also die Beklagte - die Darlegungs- und Beweislast (vgl. nur BGHZ 171, 1, 11 Rn. 32; BGH, Urteil vom 3. Juni 2008 - XI ZR 319/06 - ZIP 2008, 1714, 1717, Rn. 25; Senat, Urteil vom 8. Juli 2010, aaO).
12
3. Hierbei obliegt die tatrichterliche Beurteilung, ob einer Partei der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu machen ist, der Nachprüfung durch das Revisionsgericht nur dahin, ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt, bei der Beurteilung des Verschuldensgrads wesentliche Umstände außer Acht gelassen oder gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verstoßen hat (vgl. nur BGHZ 10, 14, 16 f; 10, 69, 74; 145, 337, 340; 163, 351, 353; Senat, Urteil vom 8. Juli 2010, aaO Rn. 27). Grobe Fahrlässigkeit setzt dabei einen objektiv schwerwiegenden und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt demnach nur vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt und nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Ihm muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung („Verschulden gegen sich selbst“) vorgeworfen werden können, weil sich ihm die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben , er davor aber letztlich die Augen verschlossen hat (vgl. nur BGH, Urteile vom 23. September 2008 - XI ZR 262/97 - ZIP 2008, 2164, 2165, Rn. 16; vom 10. November 2009 - VI ZR 247/08 - VersR 2010, 214, 215, Rn. 13; Senat, Ur- teil vom 8. Juli 2010, aaO Rn. 28 m.w.N.). Hierbei trifft den Gläubiger aber generell keine Obliegenheit, im Interesse des Schuldners an einem möglichst frühzeitigen Beginn der Verjährungsfrist Nachforschungen zu betreiben; vielmehr muss das Unterlassen von Ermittlungen nach Lage des Falls als geradezu unverständlich erscheinen, um ein grob fahrlässiges Verschulden des Gläubigers bejahen zu können (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 2009 aaO S. 216 Rn. 15 f m.w.N.; Senat, Urteil vom 8. Juli 2010, aaO).
13
4. Geht es - wie hier - um den Vorwurf verschiedener Aufklärungs- oder Beratungsfehler, sind die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB allerdings getrennt für jede einzelne Pflichtverletzung zu prüfen. Wird ein Schadensersatzanspruch auf mehrere Fehler gestützt, beginnt die Verjährung daher nicht einheitlich, wenn bezüglich eines Fehlers Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vorliegt und dem Anleger insoweit eine Klage zumutbar wäre. Vielmehr ist jede Pflichtverletzung verfahrensrechtlich selbständig zu behandeln. Dem Gläubiger muss es in einem solchen Fall auch unbenommen bleiben, eine ihm bekannt gewordene Pflichtverletzung - selbst wenn eine darauf gestützte Klage auf Rückabwicklung des Vertrags erfolgversprechend wäre - hinzunehmen, ohne Gefahr zu laufen, dass deshalb Ansprüche aus weiteren, ihm zunächst aber noch unbekannten Pflichtverletzungen zu verjähren beginnen (vgl. BGH, Urteil vom 9. November 2007 - V ZR 25/07 - NJW 2008, 506, 507 Rn. 14 ff; Senat, Urteil vom 19. November 2009, aaO S. 119 f Rn. 14 f).
14
5. Mit diesen Grundsätzen ist die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht vereinbar.
15
a) Wie der Senat in seinem Urteil vom 8. Juli 2010 (aaO Rn. 29 ff) entschieden hat, liegt eine grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB im Allgemeinen nicht schon dann vor, wenn sich die für die Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände einer Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung notwendigen Informationen aus dem Anlageprospekt ergeben, der Anleger aber dessen Lektüre unterlassen hat. Zwar kommt dem Prospekt in aller Regel eine große Bedeutung für die Information des Anlageinteressenten über die ihm empfohlene Kapitalanlage zu. Sofern der Prospekt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln, und er dem Anleger rechtzeitig vor Vertragsschluss überlassen worden ist, kann die Aushändigung eines Prospekts im Einzelfall ausreichen, um den Beratungsund Auskunftspflichten Genüge zu tun (siehe etwa Senat, Versäumnisurteil vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06 - NJW-RR 2007, 621, 622 Rn. 17 sowie Urteile vom 12. Juli 2007 - III ZR 145/06 - NJW-RR 2007, 1692 Rn. 9, vom 19. Juni 2008 - III ZR 159/07 - BeckRS 2008, 13080 Rn. 7, vom 5. März 2009 - III ZR 302/07 - NJW-RR 2009, 687, 688 Rn. 17, vom 5. März 2009 - III ZR 17/08 - WM 2009, 739, 740 Rn. 12 und vom 19. November 2009 aaO S. 120 Rn. 24 m.w.N.; s. auch BGH, Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 310/03 - NJW 2005, 1784, 1787 f). Es liegt daher zweifellos im besonderen Interesse des Anlegers, diesen Prospekt eingehend durchzulesen. Andererseits misst der Anleger, der bei seiner Entscheidung die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse eines Anlageberaters oder -vermittlers in Anspruch nimmt, den Ratschlägen, Auskünften und Mitteilungen des Beraters oder Vermittlers, die dieser ihm in einem persönlichen Gespräch unterbreitet, besonderes Gewicht bei. Die Prospektangaben, die notwendig allgemein gehalten sind und deren Detailfülle, angereichert mit volks-, betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Fachausdrücken, viele Anleger von einer näheren Lektüre abhält, treten demgegenüber regelmäßig in den Hintergrund. Vertraut daher der Anleger auf den Rat und die Angaben "sei- nes" Beraters oder Vermittlers und sieht er deshalb davon ab, den ihm übergebenen Anlageprospekt durchzusehen und auszuwerten, so ist darin im Allgemeinen kein in subjektiver und objektiver Hinsicht "grobes Verschulden gegen sich selbst" zu sehen. Unterlässt der Anleger eine "Kontrolle" des Beraters oder Vermittlers durch Lektüre des Anlageprospekts, so weist dies auf das bestehende Vertrauensverhältnis hin und ist daher für sich allein genommen nicht schlechthin "unverständlich" oder "unentschuldbar" (Senat, Urteil vom 8. Juli 2010, aaO Rn. 33).
16
b) Entgegen der Auffassung der Instanzgerichte bestand im vorliegenden Fall auch kein besonderer dringlicher Anlass für den Kläger und seine Ehefrau, den Prospekt nachträglich zu studieren, nachdem sie die Nachschussaufforderung des Fonds vom 26. Oktober 1999 erhalten hatten. Jedenfalls könnte eine solche Unterlassung nicht als grob fahrlässig im obigen Sinn eingestuft werden. Wie das Berufungsgericht selbst feststellt, hatten die Eheleute aufgrund der finanziellen Situation des Fonds spätestens zu diesem Zeitpunkt Kenntnis davon , dass sie - nach Maßgabe ihrer Darstellung - von dem Geschäftsführer T. bezüglich der Sicherheit der Anlage nicht ordnungsgemäß aufgeklärt bzw. beraten worden waren, sodass sie bezüglich dieser Pflichtverletzung bereits damals hätten Klage erheben können. Hierzu benötigten sie aber keine weiteren Erkenntnisse aus dem Prospekt. Es bestand für sie - angesichts der von den Instanzgerichten zu Recht hervorgehobenen deutlichen Abweichung der tatsächlichen Entwicklung des Fonds von dem behaupteten Inhalt des mit dem Geschäftsführer T. geführten Gesprächs - keine zwingende Veranlassung , den alten Prospekt herauszusuchen und daraufhin durchzuarbeiten, ob die mündlichen Erklärungen auch vom Inhalt des Prospekts abwichen. Dies hätte im vorliegenden Fall bezogen auf die erkannte Pflichtverletzung zudem lediglich dazu geführt, dass zusätzlich festgestellt worden wäre, dass der Fonds auch nach der Beschreibung im Prospekt tatsächlich nicht so sicher war, wie es nach der Darstellung des Klägers im Beratungsgespräch vorgespiegelt worden sein soll. Der Prospektinhalt selbst war für den konkreten Aufklärungs- bzw. Beratungsfehler und dessen Verfolgung letztlich nicht entscheidend.
17
Im Übrigen dient ein Prospekt vorrangig der Information des Anlageinteressenten im Zusammenhang mit der Anlageentscheidung. Dieser Zweck ist mit dem unwiderruflich gewordenen Erwerb der Anlage erfüllt. Demgegenüber ist es nicht die eigentliche Funktion des Prospekts, die Richtigkeit der im Rahmen eines mündlichen Beratungs- oder Vermittlungsgesprächs gemachten Angaben lange Zeit nach der Anlageentscheidung kontrollieren zu können.
18
Selbst wenn man aber der Meinung wäre, ein Anleger würde aus Anlass der Entdeckung eines Aufklärungs- oder Beratungsfehlers Veranlassung haben, den Prospekt zu studieren, so beschränkt sich dies doch auf etwaige die Pflichtverletzung unmittelbar betreffende Passagen. Den Anleger trifft jedoch keine im Fall der Unterlassung mit dem Vorwurf grober Fahrlässigkeit verbundene Obliegenheit, bei Entdeckung eines Fehlers den regelmäßig sehr umfangreichen - hier 56 Seiten umfassenden - Anlageprospekt vorsorglich auf mögliche weitere Fehler durchzuarbeiten. Insoweit kann die Obliegenheit, bezüglich einer Pflichtverletzung bestimmte Maßnahmen vorzunehmen, von ihrem Schutzzweck her nicht auf andere Pflichtverletzungen erstreckt werden. Entscheidend ist, ob bezüglich der weiteren Fehler eine jeweils eigenständige Obliegenheitspflichtverletzung vorliegt, aufgrund derer sich der Anleger einer ihm aufdrängenden Kenntnis verschlossen hat. Unterlässt es ein Anleger grob fahrlässig, sich trotz eines konkreten Anlasses über einen bestimmten Umstand zu informieren , wird er so behandelt, als hätte er hiervon Kenntnis. Der Zusammenhang zwischen der Obliegenheitspflichtverletzung und der Unkenntnis fehlt aber bei solchen Informationen, die der Anleger nicht gezielt hätte suchen müssen, sondern die er nur anlässlich einer anderweitig angelegten - und von ihm unterlassenen - Recherche gegebenenfalls hätte erlangen können.
19
c) Ebenso rechtsfehlerhaft ist die Auffassung des Berufungsgerichts, grobe Fahrlässigkeit liege deshalb vor, weil der Kläger nicht bereits im Jahre 1999 einen Anwalt aufgesucht habe, der ihn im Rahmen einer umfassenden Beratung dann auf die weiteren behaupteten Pflichtverletzungen der Beklagten hingewiesen hätte. Die Prüfung, ob grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB bezüglich weiterer Fehler vorliegt, ist wegen der Selbständigkeit der verjährungsrechtlichen Behandlung jedes einzelnen Aufklärungs- oder Beratungsfehlers nicht aus der Sicht des ersten - erkannten - Fehlers zu beurteilen. Es ist deshalb nicht die Frage zu stellen, ob ein Anleger bezüglich des ersten Fehlers bestimmte Maßnahmen - hier Aufsuchen eines Anwalts zwecks Klageerhebung - hätte unternehmen müssen, bei deren Vornahme dann die weiteren Fehler gegebenenfalls aufgedeckt worden wären, sondern es ist zu fragen, ob es bezüglich der weiteren Fehler eine grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung ist, wenn man bezüglich der Verfolgung eines anderen Fehlers bestimmte Maßnahmen unterlässt. Letzteres ist aber eindeutig zu verneinen. Dem Gläubiger bleibt es - wie ausgeführt - unbenommen, eine ihm bekannt gewordene Pflichtverletzung, selbst wenn eine darauf gestützte Klage auf Rückabwicklung des Vertrags erfolgversprechend wäre, hinzunehmen, ohne Gefahr zu laufen, dass deshalb Ansprüche aus weiteren, ihm zunächst aber noch unbekannten Pflichtverletzungen zu verjähren beginnen.
20
d) Das Berufungsurteil wird auch nicht durch die Feststellung getragen, dass die streitgegenständlichen Aspekte der mangelnden Fungibilität sowie der Haftung nach § 172 Abs. 4 HGB in diesem Zusammenhang nur von unterge- ordneter Bedeutung seien, da es bei drohender Insolvenz des Fonds darauf ohnehin nicht mehr ankomme. Der Umstand, dass der Kläger aufgrund insoweit eingetretener Verjährung das Risiko des Totalverlusts aufgrund einer Insolvenz des Fonds tragen muss, besagt nicht, dass er das wirtschaftlich weniger gewichtige Risiko fehlender Fungibilität oder der Haftung nach § 172 Abs. 4 HGB ebenfalls tragen müsste. Ist eine Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung kausal für den im Erwerb der Anlage liegenden Schaden, da der Anlageentschluss von ihr beeinflusst ist und die Anlage anderenfalls nicht getätigt worden wäre, kommt es nicht darauf an, aus welchen Gründen die Anlage später im Wert gefallen oder die Beteiligungsgesellschaft in Insolvenz geraten ist und ob bezüglich weiterer Pflichtverletzungen ein durchsetzbarer Anspruch auf Schadensersatz besteht oder nicht (mehr) besteht. Die durch Lebenserfahrung begründete Vermutung für einen Ursachenzusammenhang zwischen fehlerhafter Beratung und Anlageentscheidung (vgl. Senat, Urteil vom 8. Juli 2010, aaO Rn. 20), gilt dabei für jeden einzelnen Beratungsfehler einschränkungslos. Abgesehen davon hat der Kläger unter Beweisantritt vorgetragen, dass die Beteiligung nicht gezeichnet worden wäre, wenn er und seine Frau gewusst hätten, dass es keinen Zweitmarkt für die Anteile gibt und die erhaltenen Ausschüttungen mit dem Risiko der Rückforderung gemäß § 172 Abs. 4 HGB behaftet sind.
21
6. Das angefochtene Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand ist vielmehr nicht auszuschließen, dass der vom Kläger geltend gemachte Schadensersatzanspruch besteht.
22
a) Der Kläger hat behauptet, zwischen ihm und seiner Ehefrau einerseits sowie der Rechtsvorgängerin der Beklagten, vertreten durch deren Geschäftsführer T. , anderseits sei ein Anlageberatungsvertrag geschlossen worden ; entgegen der Darstellung der Beklagten seien die Gespräche im Zusammenhang mit der Zeichnung der Beteiligung nicht mit Mitarbeitern der Firma T. -Immobilien geführt worden. Mangels entgegenstehender Feststellungen des Berufungsgerichts ist hiervon im Revisionsverfahren auszugehen.
23
b) Zu den Umständen, auf die ein Anlageberater hinzuweisen hat, gehört nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06 - ZIP 2007, 636, 637 f Rn. 11 ff; vom 19. November 2009, aaO, S. 120 Rn. 20) die in Ermangelung eines entsprechenden Markts fehlende oder sehr erschwerte Möglichkeit, eine Kommanditbeteiligung an einem Immobilienfonds zu veräußern. Allerdings kann - wie ausgeführt - die Aufklärungspflicht des Beraters entfallen, wenn die entsprechende Belehrung im Anlageprospekt enthalten ist und der Berater davon ausgehen kann, dass der Kunde diesen gelesen und verstanden hat sowie gegebenenfalls von sich aus Nachfragen stellt (Senat , Urteil vom 18. Januar 2007, aaO, S. 638 Rn. 17). Der Prospekt muss insoweit aber so rechtzeitig vor Vertragsschluss übergeben werden, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann (Senat, Urteil vom 19. November 2009, aaO, Rn. 24; siehe zur Rechtslage beim Anlagevermittler Senat, Urteil vom 12. Juli 2007 - III ZR 145/06 - ZIP 2007, 1864, 1865 Rn. 11 ff). Entsprechendes gilt auch für die Aufklärung über ein mögliches Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung nach § 172 Abs. 4 HGB. Nach der Darstellung des Klägers (zur diesbezüglichen Beweislast vgl. Senat, Urteil vom 19. November 2009, aaO Rn. 25 m.w.N.) ist der Prospekt allerdings erst nach Zeichnung der Anlage übergeben worden.
24
3. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit die noch erforderlichen Feststellungen getroffen werden können.
Schlick Herrmann Wöstmann
Hucke Seiters
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 14.11.2008 - 27 O 1275/08 -
OLG München, Entscheidung vom 17.06.2009 - 20 U 5675/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 191/10
vom
9. März 2011
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Wiechers und die Richter Dr. Ellenberger, Maihold, Dr. Matthias und Pamp
am 9. März 2011
einstimmig beschlossen:
Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt , die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 21. April 2010 durch Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 11. April 2011. Der Streitwert wird auf 58.524,34 € festgesetzt.

Gründe:


I.

1
1. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes (nachfolgend: Zedent) auf Rückabwicklung der Beteiligung an der F. Medienfonds 3 GmbH & Co. KG (im Folgenden: V 3) und der teilweise kreditfinanzierten Beteiligung an der F. Medienfonds 4 GmbH & Co. KG (im Folgenden: V 4) auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Der Zedent erwartete im März 2003 einen größeren Geldbetrag, den er gewinnbringend anlegen wollte. Deshalb stellten ihm Angestellte der Beklagten in mehreren persönlichen Gesprächen die Fonds V 3 und V 4 vor, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob der Zedent den Verkaufsprospekt für V 3 vor Zeichnung der Anlage erhalten hat. Gegenstand der beiden als "Garantiefonds" beworbenen Fonds war die Finanzierung von Filmproduktionen und deren Vermarktung.
3
Der Zedent, der wegen des Geschäfts auch seinen Steuerberater kontaktiert hatte, zeichnete am 5. Juni 2003 Anteile an V 3 im Gegenwert von 25.000 € zuzüglich 5% Agio (insgesamt 26.250 €) und - nach erneuter Beratung durch die Beklagte - am 28. Juni 2004 Anteile an V 4 im Gegenwert von ebenfalls 25.000 € zuzüglich 5% Agio (insgesamt 26.250 €), wobei die letztgenannte Beteiligung obligatorisch eine Kreditfinanzierung in Höhe von 45,5% des anzulegenden Betrages vorsah. Deswegen schloss er zugleich mit der B. AG einen Vertrag über ein endfälliges Darlehen in Höhe von 11.375 € ab, das - einschließlich der bis dahin aufgelaufenen und gestundeten Zinsen - am 30. November 2014 in Höhe von 19.811,68 € fällig wird.
4
In dem Verkaufsprospekt zu V 3 heißt es auf Seite 40 unter "Mittelverwendung" zu Punkt 0.2: "Eigenkapitalvermittlung 8,9%". Auf derselben Seite wird dieser Punkt wie folgt erläutert: "Der Vertrag über die Eigenkapitalbeschaffung wurde mit der V. AG abgeschlossen. Die Vergütung in Höhe von 8,9% des Beteiligungskapitals beinhaltet eine gegebenenfalls anfallende Umsatzsteuer. Zuzüglich zu dieser Vergütung erhält die V. AG das Agio. …" Auf derselben Seite wird das Agio wie folgt erläutert: "Ein Agio in Höhe von 5% auf die Zeichnungssumme (Kommanditkapital) wird innerhalb einer Woche nach Zugang der Annahme der Beitrittserklärung zur Zahlung fällig. Es dient der Eigenkapitalvermittlerin, der V. AG, zur zusätzlichen Abdeckung von Vertriebsaufwendungen."
5
Auf Seite 69 heißt es zu dem "Eigenkapitalvermittlungsvertrag" zwischen der V. (V. AG) und der Fondsgesellschaft unter anderem : "Die V. AG hat das Recht, ihre Rechte und Pflichten aus dieser Vertriebsvereinbarung auf Dritte zu übertragen, … ."
6
Der Verkaufsprospekt zu V 4 enthält auf Seite 63 unter "Mittelverwendung" zu Punkt 03: "Eigenkapitalvermittlung 4,9%". Auf Seite 64 wird dieser Punkt wie folgt erläutert: "Der Vertrag über die Eigenkapitalbeschaffung wurde mit der V. AG abgeschlossen. Die Vergütung wird in Höhe von 4,9% des Beteiligungskapitals fällig. Zuzüglich zu dieser Vergütung erhält die V. AG das Agio. …"
7
Das Agio wird auf Seite 63 wie folgt erläutert: "Ein Agio in Höhe von 5% auf die Zeichnungssumme (Kommanditkapital) wird innerhalb einer Woche nach Zugang der Annahme der Beitrittserklärung zur Zahlung fällig. Es dient der Eigenkapitalvermittlerin, der V. AG, zur zusätzlichen Abdeckung von Vertriebsaufwendungen."
8
Ferner enthält die Übersicht auf Seite 63 unter Punkt 05 eine Platzierungsgarantiegebühr in Höhe von 2% und unter Punkt 07 eine Finanzvermittlungsgebühr (Darlehen/Schuldübernahme) in Höhe von ebenfalls 2%. Diese werden auf Seite 64 wie folgt erläutert: "Zu 05: Die V. AG wird eine Platzierungsgarantie in Höhe des prospektierten Kapitals von € 5 Mio. geben. Für die Garantie erhält sie eine Gebühr in Höhe von 2% des Beteiligungskapitals." "Zu 07: Die V. AG erhält für die Finanzierungsvermittlung eine Gebühr in Höhe von 2% des Beteiligungskapitals."
9
Auf Seite 91 heißt es zum "Eigenkapitalvermittlungsvertrag" mit der V. AG unter anderem: "Die V. AG … ist berechtigt, Dritte als Vertriebspartner einzusetzen."
10
Die V. AG leitete bei V 3 aus den vereinnahmten Provisionen 8,25% und bei V 4 zwischen 8,45 und 8,72% an die Beklagte weiter, ohne dass dies dem Zedenten offen gelegt wurde.
11
Die Fondsinitiatoren, gegen die Ende 2006 Anklage wegen Steuerhinterziehung und Untreue erhoben wurde, sind rechtskräftig zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden.
12
2. Das Berufungsgericht hat die Beklagte im Wesentlichen antragsgemäß verurteilt und zur Begründung unter anderem ausgeführt:
13
Hinsichtlich beider Fonds (V 3 und V 4) sei der Beklagten auch insoweit eine Aufklärungspflichtverletzung vorzuwerfen, als sie den Zedenten nicht über die Provision, die sie von der V. AG bzw. Fondsgesellschaft erhalten habe, aufgeklärt habe. Bei diesen Vertriebsprovisionen handele es sich um Rückver- gütungen im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Aus den Prospekten gehe nicht wie geboten hervor, dass und in welcher Höhe gerade die Beklagte eine Provision erhalte. Einen mündlichen Hinweis habe die Beklagte dem Zedenten auch nicht erteilt.
14
Die Nichtaufklärung über die erhaltene Vertriebsprovision sei auch kausal für die Zeichnung des Zedenten gewesen, was nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu vermuten sei. Selbst wenn der Zedent möglicherweise angenommen habe, die Beklagte würde eine Provision von 1% des Zeichnungsbetrages erhalten, sei dies nicht geeignet, die Vermutung zu widerlegen , weil die Provision tatsächlich mehr als 8% betragen habe. Die hiergegen weiter vorgebrachten Einwendungen der Beklagten seien unsubstantiiert. Die Beklagte habe auch schuldhaft gehandelt; insbesondere könne sie sich nicht auf einen Rechtsirrtum berufen.

II.

15
Der Senat beabsichtigt, die vom Berufungsgericht zugelassene Revision gemäß § 552a ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
16
1. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) liegen nicht vor. Das Berufungsgericht hat die Revision gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO "mit Blick auf die abweichenden Entscheidungen des Oberlandesgerichts Frankfurt" (17 U 307[nicht 308]/08, WM 2010, 1313 und 17 U 98/09, BB 2009, 2334) zugelassen. In diesen Urteilen hat das Oberlandesgericht Frankfurt angenommen, der Angabe in den Prospekten, die V. AG sei berechtigt, ihre Rechte aus der Vertriebsvereinbarung über die Eigenkapitalvermittlung auf Dritte zu übertragen, habe der Anleger entnehmen können, dass die Beklagte für die Vermittlung der Fondsbeteiligung von der Fondsgesellschaft eine Rückvergütung erhalte. Dagegen hat das Berufungsgericht diese Angabe insoweit nicht als ausreichend angesehen. Auf diese unterschiedliche Beurteilung kommt es nicht an. Selbst wenn dem Oberlandesgericht Frankfurt zu folgen wäre, ergäbe sich daraus nichts für die - ebenfalls aufklärungsbedürftige (Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 24) - Höhe der an die Beklagte geflossenen Rückvergütung (ebenso OLG München, BKR 2010, 479 Rn. 27; das verkennt LG Bremen, WM 2010, 798, 800 f.).
17
2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
18
a) Entgegen der Ansicht der Revision ist es rechtlich nicht zu beanstanden , dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten wegen verschwiegener Rückvergütungen bejaht hat.
19
aa) Rechtsfehlerfrei und von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungsgericht angenommen, dass zwischen dem Zedenten und der Beklagten nach den Grundsätzen des Bond-Urteils (BGHZ 123, 126, 128) ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist (vgl. auch Senatsurteile vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442; vom 25. Juni 2002 - XI ZR 218/01, WM 2002, 1683, 1686; vom 21. März 2006 - XI ZR 63/05, WM 2006, 851 Rn. 10 und vom 25. September 2007 - XI ZR 320/06, BKR 2008, 199 Rn. 12) und nicht lediglich ein Auskunftsvertrag, da eine Bank regelmäßig Anlageberaterin und nicht lediglich reine Anlagevermittlerin ist (vgl. dazu Senatsurteil vom 7. Oktober 2008 - XI ZR 89/07, BGHZ 178, 149 Rn. 11 mwN).
20
bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht weiter angenommen, dass die Beklagte aus dem Beratungsvertrag verpflichtet war, den Zedenten über an sie fließende Rückvergütungen aus Vertriebsprovisionen aufzuklären (vgl. Senats- urteile vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 22 f.; vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 11 und vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 338/08, WM 2009, 2306 = ZIP 2009, 2380 Rn. 31; Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 13 und vom 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 5).
21
cc) Soweit die Revision geltend macht, bei den Provisionen, die die Beklagte unstreitig in Höhe von 8,25% des Kommanditkapitals bei V 3 und in Höhe von 8,45% bis zu 8,72% des Kommanditkapitals bei V 4 erhalten hat, handele es sich um nicht aufklärungspflichtige "Innenprovisionen", die keine Rückvergütungen im Sinne der Senatsrechtsprechung darstellten, kann sie damit nicht durchdringen. Die Revision verkennt die rechtliche Unterscheidung zwischen Innenprovisionen und Rückvergütungen.
22
(1) Innenprovisionen sind nicht ausgewiesene Vertriebsprovisionen, die bei einem Fonds aus dem Anlagevermögen gezahlt werden. Über sie muss nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (st. Rspr., u.a. BGH, Urteile vom 1. März 2004 - II ZR 88/02, WM 2004, 928, 930 und vom 2. Februar 2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110, 118) bei einem Fonds unter bestimmten Umständen aufgeklärt werden, weil sie Einfluss auf die Werthaltigkeit der vom Anleger erworbenen Anlage haben und deswegen bei diesem insoweit eine Fehlvorstellung herbeiführen können.
23
(2) Aufklärungspflichtige Rückvergütungen liegen dagegen, wie der Senat zuletzt formuliert hat, nur dann vor, wenn Teile der Ausgabeaufschläge oder Verwaltungsgebühren, die der Kunde über die Bank an die Gesellschaft zahlt, hinter seinem Rücken an die beratende Bank umsatzabhängig zurückfließen, so dass diese ein für den Kunden nicht erkennbares besonderes Interesse hat, gerade diese Beteiligung zu empfehlen (Senatsurteil vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 338/08, WM 2009, 2306 Rn. 31). Insoweit ist folgendes klarzustellen:
24
Soweit als Quelle der Rückvergütungen "Ausgabeaufschläge und Verwaltungsvergütungen" genannt werden, ist das - entgegen der Annahme der Revision - nicht abschließend, sondern - in Anknüpfung an das grundlegende Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05 (BGHZ 170, 226) - nur beispielhaft gemeint. Damit soll lediglich zum Ausdruck gebracht werden, dass Rückvergütungen - anders als Innenprovisionen - nicht im Anlagebetrag enthalten (versteckt) sind, so dass beim Anleger keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen kann. Maßgebend für die Aufklärungspflicht über Rückvergütungen ist hingegen, dass der Anleger ohne diese Aufklärung nicht das besondere Interesse der beratenden Bank erkennen kann, gerade diese Anlage zu empfehlen. Die Fehlvorstellung über die Neutralität der Beratungsleistung der Bank, der mit der Aufklärungspflicht über Rückvergütungen begegnet werden soll, beruht allein darauf, dass die beratende Bank als Empfängerin der Rückvergütung ungenannt bleibt. Sie entsteht dagegen unabhängig davon, aus welcher offen angegebenen Quelle die Rückvergütung an die beratende Bank fließt.
25
Aufklärungspflichtige Rückvergütungen sind danach - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen gezahlt werden, so dass beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen kann, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt, so dass der Anleger das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen kann.
26
(3) Danach handelt es sich bei den hier an die Beklagte geflossenen Provisionen um aufklärungspflichtige Rückvergütungen. Sie waren nicht in den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Fondsobjekts versteckt, sondern flossen aus den offen ausgewiesenen Vertriebskosten. Gemäß den nachstehenden Ausführungen war die Beklagte jedoch nicht als Empfänger der Provisionen angegeben. Vielmehr sind diese hinter dem Rücken der Klägerin an die Beklagte geflossen, so dass die Klägerin das besondere Interesse der Beklagten an der Empfehlung gerade von V 3 und 4 nicht erkennen konnte.
27
dd) Eine ordnungsgemäße Aufklärung des Zedenten über die Rückvergütungen ist bei beiden Fonds nicht erfolgt, selbst wenn man unterstellt, auch der Prospekt bei V 3 sei dem Zedenten rechtzeitig übergeben worden. Den beiden Verkaufsprospekten ist nicht zu entnehmen, dass die Beklagte Empfängerin der dort genannten Vertriebsprovisionen oder des Agios sein sollte. Empfängerin sollte vielmehr ausdrücklich die V. AG sein. Den Prospekten lässt sich an keiner Stelle entnehmen, dass die Beklagte von dieser einen Teil der Vertriebsprovisionen erhalten sollte. Das ergibt sich nach der zutreffenden Auslegung des Berufungsgerichts auch nicht aus der Tatsache, dass die V. AG berechtigt sein sollte, Dritte einzuschalten. Selbst wenn daraus jedoch hervorgehen sollte, dass damit auch die Beklagte gemeint war, so ist dem Prospekt jedenfalls nicht zu entnehmen, in welcher Höhe Rückvergütungen an die Beklagte geflossen sind. Insbesondere auch die Höhe der Rückvergütung muss aber nach der Senatsrechtsprechung von der Bank ungefragt offen gelegt werden (Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 24; dies verkennt LG Bremen, WM 2010, 798, 800 f.).
28
ee) Soweit die Revision meint, es sei nicht einsichtig, dass eine Bank höhere Aufklärungspflichten träfen als einen freien Anlageberater, kann sie damit nicht durchdringen.
29
Allerdings trifft nach der Rechtsprechung des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs bankungebundene freie Berater - außerhalb des Anwendungsbereichs des § 31d WpHG - keine (ungefragte) Aufklärungspflicht, da der Anleger bei solchen Beratern - anders als bei Banken - von einer durch den Produktanbieter "eingepreisten" Vergütung ausgehen und er deshalb deren Höhe erfragen müsse, wenn sie ihn interessiere (BGH, Urteil vom 15. April 2010 - III ZR 196/09, BGHZ 185, 185 Rn. 13).
30
Die Unterscheidung der Pflichten eines freien Anlageberaters zu den Pflichten eines Beraters im Bankensektor rechtfertigt sich daraus, dass der Bankkunde in der Regel bei "seiner" Bank eine Reihe von kostenpflichtigen Vertragsverhältnissen unterhält, insbesondere auf Dauer angelegte Vertragsverhältnisse wie einen Zahlungsdiensterahmenvertrag oder einen Depotvertrag (vgl. BGH, Urteil vom 15. April 2010 - III ZR 196/09, BGHZ 185, 185 Rn. 12), bzw. Banken typischerweise solche Vertragsverhältnisse anstreben. Das ist bei einem freien Anlageberater typischerweise nicht der Fall.
31
Diese typisierende Einordnung von Berufsgruppen zur Unterscheidung zwischen aufklärungspflichtigen Personen und nicht aufklärungspflichtigen Personen findet in Gesetz und Rechtsprechung Vorbilder. Sie wird insbesondere vom Gesetzgeber im Bereich des § 31d WpHG vorgegeben. Diese Vorschrift statuiert Aufklärungspflichten ausdrücklich nur für Wertpapierdienstleistungsunternehmen , nicht aber für sonstige Anlagevertreiber. Eine typisierende Einordnung wird auch seit langem bei der Abgrenzung der Pflichten eines Anlageberaters von denen eines Anlagevermittlers entsprechend der Regelung in § 1 Abs. 1a Nr. 1 und 1a KWG in der Rechtsprechung praktiziert. Während bei einem Kontakt des Anlegers mit einem Anlageberater ein Beratungsvertrag nach den Grundsätzen des Bond-Urteils zustande kommt, kommt im Verhältnis zu einem Anlagevermittler lediglich ein Auskunftsvertrag mit einem geringeren Pflichtenumfang zustande (vgl. BGH, Urteile vom 13. Mai 1993 - III ZR 25/92, WM 1993, 1238, 1239; vom 12. Februar 2004 - III ZR 359/02, WM 2004, 631, 633, insofern in BGHZ 158, 110 nicht abgedruckt, und Senatsurteil vom 7. Oktober 2008 - XI ZR 89/07, BGHZ 178, 149 Rn. 11).
32
b) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch die Kausalität der Aufklärungspflichtverletzung für den Erwerb der Kapitalanlagen bejaht.
33
Steht - wie hier in Bezug auf Rückvergütungen - eine Aufklärungspflichtverletzung fest, streitet für den Anleger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, die zu einer Beweislastumkehr führt. Der Aufklärungspflichtige muss beweisen, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung erworben hätte, weil er den richtigen Rat oder Hinweis nicht befolgt hätte (vgl. Senatsurteile vom 16. November 1993 - XI ZR 214/92, BGHZ 124, 151, 159 f.; vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, ZIP 2007, 518, 521 Rn. 27, insoweit in BGHZ 170, 226 nicht abgedruckt, und vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 22, auch BGH, Urteil vom 2. März 2009 - II ZR 266/07, WM 2009, 789 Rn. 6 mwN).
34
Die Vermutung greift allerdings dann nicht ein, wenn sich der Anleger bei gehöriger Aufklärung in einem Entscheidungskonflikt befunden hätte, wenn es also nicht nur eine bestimmte Möglichkeit aufklärungsrichtigen Verhaltens gab (Senatsurteile vom 16. November 1993 - XI ZR 214/92, BGHZ 124, 151, 161 und vom 7. Mai 2002 - XI ZR 197/01, BGHZ 151, 5, 12). Davon kann bei verschwiegenen Rückvergütungen nicht schon wegen deren Geringfügigkeit im Verhältnis zur Anlagesumme ausgegangen werden (OLG Köln, WM 2003, 338, 340 f.). Es muss vielmehr aufgrund konkreter Umstände des Einzelfalls feststehen , dass dem Anleger bei gehöriger Aufklärung mindestens zwei tatsächlich von ihm zu ergreifende Handlungsalternativen zur Verfügung standen.
35
Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung das Vorliegen eines Entscheidungskonflikts und die Widerlegung der Vermutung rechtsfehlerfrei verneint. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht die Darlegungs- und Beweislast für das Nichteingreifen der Vermutung nicht verkannt. Diese trifft - genauso wie für die Widerlegung der Vermutung - die Bank, deren Aufklärungspflichtverletzung feststeht (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Februar 2010 - XI ZR 140/09, BKR 2010, 515 Rn. 11). Soweit die Revision in diesem Zusammenhang Verfahrensfehler rügt, hat der Senat diese geprüft und für nicht durchgreifend erachtet (§ 564 ZPO).
36
c) Ebenfalls rechts- und verfahrensfehlerfrei hat das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch das Ver- schulden der Beklagten und die Aktivlegitimation der Klägerin sowie auch eine Haftung der Beklagten in Bezug auf V 3 wegen falscher Darstellung der Kapitalgarantie bejaht.
Wiechers Ellenberger Maihold Matthias Pamp
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 09.07.2009 - 8 O 183/07 -
OLG Celle, Entscheidung vom 21.04.2010 - 3 U 202/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 20/05
Verkündet am:
9. Februar 2006
B l u m
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Kausalität, wenn der Vermittler
einer prospektierten Kapitalanlage pflichtwidrig an ihn für den Vertrieb
gezahlte "Innenprovisionen" ungenügend offen gelegt oder sonstige Unrichtigkeiten
im Prospekt nicht richtig gestellt hat.
BGH, Urteil vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Februar 2006 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Streck, Dörr und Dr. Herrmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30. Dezember 2004 im Kostenpunkt - mit Ausnahme der darin enthaltenen Anordnung der Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 - und insoweit aufgehoben, als über die Klage gegen die Beklagte zu 1 erkannt worden ist.
In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten dieses Revisionsrechtszuges - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger zeichnete mit Beitrittserklärungen vom 1. Dezember 1996 und vom 13. Juni 1997 Beteiligungen als Kommanditist mit Beträgen von jeweils 80.000 DM zuzüglich 5 % Agio an der D. , Grundstücks- und Verwaltungs-GmbH & Co. P. /W. -G. 1 KG (im Folgenden: W. 1) und an der D. Grund- stücks-Entwicklungs-GmbH & Co. W. -G. 2 KG (im Folgenden: W. 2). Geschäftsgegenstand dieser Fonds war der Bau und der Betrieb verschiedener Ladenzentren. Diese Kapitalanlagen vertrieb die Beklagte zu 1 unter Verwendung der von den Objektgesellschaften herausgegebenen Prospekte.
2
Der Kläger, der seine Beteiligungen aufgrund der ihm von dem Vertriebsbeauftragten der Beklagten zu 1, E. , gegebenen Informationen zeichnete, hat - soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse - von der Beklagten zu 1 (im Folgenden: die Beklagte) Ersatz der ihm durch den Erwerb der Beteiligungen an den mittlerweile in wirtschaftliche Schwierigkeiten, in einem Fall (W. 2) in Insolvenz geratenen Gesellschaften entstandenen Aufwendungen , Zug um Zug gegen Abtretung der Beteiligungen, verlangt. Wegen weiterer Einzelheiten bis zum Erlass des ersten Revisionsurteils des Senats wird auf das Urteil vom 12. Februar 2004 - III ZR 359/02 - BGHZ 158, 110 = NJW 2004, 1732 verwiesen. Aufgrund der neuen Berufungsverhandlung hat das Berufungsgericht erneut - unter Aufrechterhaltung eines entsprechenden Versäumnisurteils - die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Senat bezüglich des Klageanspruchs gegen die Beklagte zugelassene Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe


3
Die Revision führt in dem Umfang, in dem sie vom Senat zugelassen worden ist, zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.



4
1. a) Das Berufungsgericht geht aufgrund des ersten Revisionsurteils des Senats von einem objektiv pflichtwidrigen Verhalten der Beklagten aus, indem diese den Kläger nicht darüber aufklärte, dass bei W. 1 über die Eigenkapitalbeschaffungskosten in einer Größenordnung von 20 %, auf die es Hinweise im Prospekt gab, hinaus weitere Innenprovisionszahlungen in Höhe von 5 % erfolgt waren und bei W. 2 der bloße Hinweis im Prospekt, dass von Seiten der Verkäufer der Einkaufs- und Dienstleistungszentren noch eine "weitere Vergütung (Werbungskostenzuschuss)" gezahlt werde, den Umstand verschleierte, dass dieser "Werbungskostenzuschuss" mit 14 % betragsmäßig noch über die - ohnehin nicht unbeträchtlichen - bekannten Provisionszahlungen (insgesamt 11 %) hinausging, die die Beteiligungsgesellschaft selbst zu erbringen hatte (s. BGHZ 158, 110, 121 f).
5
Dabei sind die gezahlten Innenprovisionen (= für die Vermittlung des Eigenkapitals) richtigerweise jeweils ins Verhältnis gesetzt worden zu dem von den Anlegern als Gegenleistung (Preis) für ihre Beteiligung an den Kommanditgesellschaften einzubringenden Eigenkapital (bei W. 1: 27 Mio. DM, bei W. 2: 19,2 Mio. DM). Auf ein prozentuales Verhältnis dieser Provisionen zu dem prospektierten Gesamtaufwand der Anlagegesellschaften für ihre, aus Fremd- und Eigenkapital zu finanzierenden, (Bau-)Vorhaben als ganze (bei W. 1: 62.845.30 DM, bei W. 2: 37.920.000 DM) hat der Senat dagegen in BGHZ 158, 110, 121 f - unbeschadet der möglicherweise missverständlichen Verwendung des Begriffs "Gesamtaufwand" in unterschiedlichen Bedeutungszusammenhängen in diesem Urteil - nicht entscheidend abgestellt. An dieser Sicht ist entgegen der von dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der Revisionsverhandlung geäußerten Kritik festzuhalten. Dies folgt schon aus der Bindungswirkung des ersten Revisionsurteils; der Senat sieht aber auch unab- hängig von der Bindung keinen Grund für eine andere Beurteilung. Ein maßgeblicher Gesichtspunkt für die Rechtsprechung, wonach Innenprovisionen ab einer gewissen Größenordnung ausgewiesen werden müssen, jedenfalls diesbezügliche Angaben zutreffend sein müssen, liegt darin, dass sich aus der Existenz und Höhe solcher Provisionen Rückschlüsse auf eine geringere Werthaltigkeit des Objekts ergeben können (BGHZ 158, 110, 118 f). Dabei ist das "Objekt", um dessen Werthaltigkeit - gemessen am zu zahlenden Preis - es geht, nächstliegend danach zu bestimmen, was jeweils Gegenstand des Vertriebs ist. Das können beispielsweise rechtlich selbständige Hausgrundstücke und Eigentumswohnungen, aber auch Beteiligungen an Immobilienfonds der hier in Rede stehenden Art sein. Wenn, wie hier, "Kauf"-Gegenstand die Beteiligung an einem Immobilienfonds ist, deren Preis die Aufbringung (eines Teils) des für das Bauvorhaben erforderlichen Eigenkapitals darstellt, so kann für die Wertschätzung dieser Geldanlage allein schon der Umstand, in welchem Umfang dem vom Anleger dafür zu zahlenden Preis (Innen-)Provisionen eben für die Vermittlung des Eigenkapitals gegenüberstehen, von maßgeblicher Bedeutung sein. Würde man dies anders sehen, so hätte dies gegebenenfalls die merkwürdige Konsequenz, dass bei Anlageobjekten mit einem besonders großen Anteil "weicher Kosten" und einem hohen Fremdkapitalanteil (was zwangsläufig auch mit höheren Finanzierungskosten für die Fondsgesellschaft verbunden ist) selbst über - im Verhältnis zu dem vom Anleger aufzubringenden Geldbetrag - außergewöhnlich hohe Innenprovisionen für die Vermittlung des Eigenkapitals nur deshalb nicht aufgeklärt werden müsste, weil die insgesamt geflossenen Provisionen weniger als 15 % des Gesamtaufwands ausmachten. Somit könnten gerade bei Anlagen, deren Rentabilität ohnehin in Frage gestellt ist, folgenlos hohe Innenprovisionen vereinbart werden, wodurch die ohnehin geringen Renditechancen der Anleger weiter verschlechtert würden.
6
b) Das Berufungsgericht verneint jedoch - letztlich wohl vor allem im Hinblick auf die dem Kläger für die Anlagen in Aussicht gestellten steuerlichen Vorteile - die Ursächlichkeit dieser Pflichtverletzungen der Beklagten für den Beitritt des Klägers zu W. 1 und 2 und den damit verbundenen Schaden.
7
2. An weiteren Pflichtverletzungen der Beklagten erörtert das Berufungsgericht , soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse:
8
Die Werbung mit der Behauptung, dass zur Absicherung einer in den Anlagemodellen eingeschalteten Mietgarantin bereits eine Bankbürgschaft bereit stehe, was in Wirklichkeit nicht der Fall war, sieht das Berufungsgericht für W. 2 als pflichtwidrig an, für W. 1 lässt es dies offen, sieht aber auch insoweit keinen Kausalzusammenhang mit dem Anlageentschluss des Klägers.
9
Darüber, dass die Mietgarantin im Falle W. 1 nicht über das bei Zeichnung im Prospekt genannte Stammkapital von 2 Mio. DM verfügte, sondern dieses nur 50.000 DM betrug, bedurfte es nach Auffassung des Berufungsgerichts angesichts der Hinweise im Prospekt auf kapitalmäßige Verflechtungen keiner zusätzlichen Aufklärung durch die Beklagte; jedenfalls verneint das Berufungsgericht auch insoweit einen Kausalzusammenhang mit dem Anlageentschluss des Klägers.
10
Soweit der Kläger geltend gemacht hat, die in den Prospekten zugrunde gelegten Mieteinnahmen seien übersetzt gewesen, verneint das Berufungsgericht eine Pflichtverletzung der Beklagten, die keinen Anlass gehabt habe, sich einzelne Mietverträge oder gar Flächenberechnungen vorlegen zu lassen. Darüber hinaus erscheine es im Hinblick auf den Verlauf der Beitritte des Klägers ausgeschlossen, dass derartige Angaben seine Beteiligungsentscheidungen auch nur mitbestimmt hätten. Der Kläger habe sich nur den Emissionsprospekt zu W. 1 vorlegen lassen, und dies auch erst nach Unterzeichnung der Beitrittserklärung. An W. 2 habe er sich beteiligt, ohne den Prospekt auch nur zu irgendeinem Zeitpunkt einzusehen. Aufgrund dieses Verlaufs könne nur angenommen werden, dass dem Kläger die einzelnen Zahlen zu den Flächengrößen und voraussichtlichen Mieten gleichgültig gewesen seien. Ihm sei es vor allen Dingen auf die Höhe der ihm von dem Vermittlungsbeauftragten der Beklagten , Erbach, vorgerechneten Steuervorteile angekommen. Welche Erwartungen er ansonsten aus den ihm vorgelegten Kurz-Exposés und dem Emissionsprospekt zu W. 1 abgeleitet habe und inwiefern diese Erwartungen der Wirklichkeit zuwidergelaufen seien, lege er nirgends konkret dar.
11
Dies hält in entscheidenden Punkten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

II.


12
Soweit das Berufungsgericht über die Aufklärungspflichtverstöße der Beklagten zu 1 zu den Innenprovisionen und zur - fehlenden - Existenz einer Bankbürgschaft für die Mietgarantin (bei W. 2 nicht abschließend geprüft) hinaus weitere objektive Pflichtverletzungen der Beklagten gegenüber dem Kläger (abschließend) verneint hat, rügt die Revision im Ansatz mit Recht, dass die Begründung des Berufungsgerichts hierzu in zwei Punkten rechtlichen Bedenken unterliegt.
13
1. In Bezug auf die unzutreffende Angabe des Stammkapitals der Mietgarantin für W. 1 (2 Mio. DM statt tatsächlicher 50.000 DM) wird es der Bedeutung des Einbaus eines Mietgaranten in das "Sicherheits-System" einer Vermögensanlage der vorliegenden Art - insbesondere aus der Sicht eines nicht besonders erfahrenen, durchschnittlichen Anlageinteressenten - nicht gerecht, wenn das Berufungsgericht ausführt, durch die weiteren Angaben im Prospekt über die kapitalmäßigen Verflechtungen der beteiligten Unternehmen und die weiteren Umstände sei die "scheinbare Sicherheit" der Mietgarantie "relativiert" worden, was dem nicht nur flüchtigen Leser des Prospekts nicht hätte verborgen bleiben können. Solche Erwägungen führen nicht daran vorbei, dass die Angaben über die Höhe des Stammkapitals des Mietgaranten im Prospekt darauf abzielten, Vertrauen beim Anleger zu begründen, dann aber auch unbedingt den Tatsachen entsprechen mussten. Es kann andererseits insoweit auch nicht der von der Beklagten in der Revisionsverhandlung vertretenen Ansicht gefolgt werden, der betreffende Prospektmangel sei durch die spätere Erhöhung des Stammkapitals der Mietgarantin geheilt worden.
14
2. Was die Prüfung der Plausibilität der (dauerhaften Erzielbarkeit der) in den Angeboten zugrunde gelegten Mieteinnahmen beider Anlagen angeht, setzt sich das Berufungsgericht, wie die Revision rügt, nicht mit dem Vorwurf des Klägers auseinander, die Beklagte hätte ebenso wie der Gerlach-Report erkennen müssen, dass die angesetzten Eingangsmieten "deutlich über den Werten des RDM-Preisspiegels" lagen. Andererseits musste die Beklagte angesichts dessen, dass die in Rede stehenden Mietverträge bei Zeichnung der Anlagen durch den Kläger schon überwiegend abgeschlossen waren, unbeschadet des allgemeinen Preisspiegels nicht unbedingt Probleme hinsichtlich der dauerhaften Erzielbarkeit der Mieten sehen.
15
3. Auf die beiden angesprochenen Punkte - vom Kläger weiter geltend gemachte objektive Pflichtverstöße der Beklagten - braucht allerdings im vorliegenden Revisionsverfahren nicht abschließend eingegangen zu werden. Das Berufungsgericht hat in einer neuen Berufungsverhandlung ohnehin Gelegenheit , sich mit dem betreffenden Vortrag des Klägers noch einmal auseinanderzusetzen. Sein Urteil unterliegt schon aus anderen Gründen der Aufhebung.

III.


16
Denn soweit das Berufungsgericht zutreffend objektive Pflichtverstöße der Beklagten zu 1 angenommen hat oder solche - ohne sie abschließend zu prüfen - in Betracht gezogen beziehungsweise bei seiner weiteren Prüfung in Hilfserwägungen unterstellt hat, trägt seine Begründung nicht die Annahme, es fehle am Ursachenzusammenhang zwischen diesen Pflichtverstößen und dem Anlageentschluss des Klägers.
17
1. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die in Betracht gezogenen Pflichtverletzungen der Beklagten seien für den dem Kläger entstandenen Schaden nicht ursächlich gewesen, entbehrt einer rechtlichen Grundlage, soweit es diese - so hinsichtlich des dem Kläger verschwiegenen Umstands, dass bei W. 1 das Stammkapital des Mietgaranten nicht 2 Mio. DM, sondern nur 50.000 DM betrug - wie folgt begründet: Der Schaden des Klägers bestehe letztlich darin, dass die Rendite nicht die vom Kläger erhoffte Höhe erreicht habe , sich die Anlagen nach seiner Darstellung vielmehr als wertlos entpuppt hätten. Der Kläger habe nicht dargelegt, dass sich dieser Schaden dadurch vergrößert habe, dass die Erhöhung des Stammkapitals des Mietgaranten erst im September 1997 beschlossen worden sei; der Schaden wäre nicht geringer ausgefallen, wäre die Erhöhung des Stammkapitals schon vor dem Beitritt des Klägers zu W. 1 beschlossen worden. Bei dieser Argumentation übersieht das Berufungsgericht, dass bei Verletzung einer Beratungs- oder Aufklärungspflicht ein Vermögensschaden des Anlegers, der sich bei zutreffender Unterrichtung nicht an dem Anlagemodell beteiligt hätte, schon immer dann zu bejahen ist, wenn die Anlage - aus welchen Gründen auch immer - den gezahlten Preis nicht wert ist, und er nach § 249 BGB so zu stellen ist, wie wenn er sich daran nicht beteiligt hätte (vgl. nur Senatsurteil vom 13. Januar 2000 - III ZR 62/99 - ZIP 2000, 355, 357; BGH, Urteil vom 13. Januar 2004 - XI ZR 355/02 - NJW 2004, 1868, 1869). Um einen anderen Schaden geht es hier, anders als das Berufungsgericht erwägt, nicht.
18
2. Die Kausalitätsfrage stellt sich dahin, wie die Dinge sich entwickelt hätten , wenn der Kläger zu den betreffenden Punkten in der gebotenen Weise aufgeklärt worden wäre. Das heißt, der gebotene Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden ist hier gegeben, wenn der Kläger bei pflichtgemäßem Verhalten der Beklagten von der Zeichnung der Anlage abgesehen hätte.
19
a) Das Berufungsgericht, das von diesem Ansatz im sonstigen Zusammenhang seiner Ausführungen auch selbst ausgeht, verneint insoweit die Ursächlichkeit der erörterten Pflichtverletzungen der Beklagten unter anderem mit der verschiedentlich gemachten Aussage, es sei davon "überzeugt", dass die Pflichtverletzungen dafür, dass der Kläger W. 1 und W. 2 beigetreten sei, nicht ursächlich seien. An anderer Stelle bringt es seine "Überzeugung" zum Ausdruck, dass eine Richtigstellung - hier zur Höhe der Innenprovision - den Kläger nicht dazu bewogen hätte, von dem vereinbarten Widerrufsrecht Gebrauch zu machen.

20
b) Bei einer Gesamtwürdigung sämtlicher darauf bezogener Ausführungen des Berufungsgerichts kann darin jedoch keine eindeutige, auf lückenlose Indizien gestützte, auf tatrichterlicher Überzeugung (§ 286 ZPO) beruhende, (positive) Feststellung eines bestimmten - hypothetischen - Sachverhalts gesehen werden. Die betreffenden Schlussfolgerungen des Berufungsgerichts sind vielmehr mit einer Reihe - noch näher zu erörternder - normativer Erwägungen verbunden, aus denen es letztlich die Berechtigung herleitet, die Unklarheiten über die hypothetischen Abläufe, insbesondere zu den gegebenenfalls vom Kläger zu treffenden Willensentscheidungen, zu Lasten des von der Vorinstanz jedenfalls in erster Linie für vortragspflichtig gehaltenen Klägers - dem nach Auffassung des Berufungsgerichts "Erleichterungen der Darlegungslast … nicht zugute kommen" sollen - gehen zu lassen.
21
aa) Dabei ist, wie die Revision mit Recht rügt, der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, was die Darlegungs- und Beweislast angeht, unrichtig oder zumindest missverständlich, ohne dass sich revisionsrechtlich ausschließen lässt, dass sich dieses Missverständnis auf das vom Berufungsgericht gefundene Ergebnis ausgewirkt hat. Das Berufungsgericht führt nämlich am Schluss seiner allgemeinen Erwägungen über die Darlegungs- und Beweislast für die Kausalität aus, letztlich sei der Tatrichter in jedem Einzelfall dazu aufgerufen, die Kausalitätsfrage "anhand der grundsätzlich zunächst einmal vom Kläger vorzutragenden konkreten Umstände zu beurteilen". Das trifft für den vorliegenden Fragenkreis nicht zu.
22
(1) Das Berufungsgericht nimmt mit seiner Bemerkung Bezug auf zwei Urteile des Bundesgerichtshofs vom 19. Juli 2004 zur Haftung der Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft für fehlerhafte Ad hoc-Mitteilungen (II ZR 217/03 - NJW 2004, 2668, 2671; vgl. auch BGHZ 160, 134, 144 ff, 147). Diese Urteile betreffen aber, wie die Revision mit Recht anführt, andere Sachverhalte als die hier in Rede stehenden Fälle der Prospekthaftung (im weiteren Sinne). In diesen Fällen entspricht es nach der ständigen, vom Berufungsgericht auch zitierten, Rechtsprechung der Lebenserfahrung, dass ein Prospektfehler für die Anlageentscheidung ursächlich geworden ist (BGHZ 79, 337, 346; 84, 141, 148; BGH, Urteil vom 1. März 2004 - II ZR 88/02 - ZIP 2004, 1104, 1106). Entscheidend ist insoweit, dass durch unzutreffende oder unvollständige Informationen des Prospekts in das Recht des Anlegers eingegriffen worden ist, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in das Objekt investieren will oder nicht. Anhaltspunkte dafür, dass der jeweilige Kläger bei vollständiger Aufklärung sich dennoch für die Anlage entschieden hätte, sind von dem jeweiligen Beklagten vorzutragen (BGH, Urteil vom 1. März 2004 aaO; vgl. auch Senatsurteil vom 28. Juli 2005 - III ZR 290/04 - ZIP 2005, 1599, 1604).
23
(2) Ob der vorliegende Ansatz sogar zu einer echten Beweislastumkehr zu Lasten des wegen Aufklärungspflichtverletzung in Anspruch genommenen Beklagten führt oder sich nach dem hier vertretenen Standpunkt in der Möglichkeit einer erleichterten Beweisführung auf der Grundlage einer nur tatsächlichen Vermutung erschöpft, braucht im vorliegenden Zusammenhang nicht weiter vertieft zu werden. Ausgangspunkt für das vorliegende Verfahren muss jedenfalls sein, dass es grundsätzlich Sache des Aufklärungspflichtverletzers sein muss, die durch die Lebenserfahrung begründete (tatsächliche) Vermutung, dass der Anlageinteressent bei richtiger Aufklärung von der Zeichnung der Anlage abgesehen hätte, durch konkreten Vortrag zu entkräften.
24
bb) Diese (tatsächliche) Vermutung zugunsten des Klägers dafür, dass er die Anlagen nicht gezeichnet hätte, ist, anders als nach dem rechtlichen Ansatz des Berufungsgerichts, ausgehend von dem bisherigen Parteivorbringen auch nicht im Blick auf die Möglichkeit mehrerer "aufklärungsrichtiger" Verhaltensweisen des Klägers (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BGHZ 160, 58, 66) ihrer Grundlage beraubt. Bei dauerhaften Vermögensanlagen wie bei einem Immobilienfonds , bei denen der Anleger - wie auch der Kläger im Streitfall nach den Feststellungen des Berufungsgerichts - "Sicherheit, Rentabilität und Inflationsschutz" , also nachhaltige Werthaltigkeit, erwartet, verbietet sich im Regelfall (vorbehaltlich konkreter gegenteiliger Anhaltspunkte im Einzelfall) die Annahme, eine gehörige Aufklärung über wichtige, für eine werthaltige Anlage (objektiv) abträgliche Umstände - wie etwa auch die signifikante Überhöhung der prospektierten Innenprovisionen - hätte bei Anlageinteressenten allein schon deshalb , weil er mit erheblichen Steuervorteilen geworben wurde, vernünftigerweise mehrere Entscheidungsmöglichkeiten eröffnet, also nur einen "Entscheidungskonflikt" begründet (vgl. BGHZ 160, 58, 66 - jedoch für eine andere Fallgestaltung ). Auch hier greift vielmehr zunächst einmal die (tatsächliche) Vermutung ein, dass der Anlageinteressent wegen gewichtiger Bedenken hinsichtlich der Werthaltigkeit der Anlage diese nicht gezeichnet hätte. Die Erwartung von Steuervorteilen für eine begrenzte Zeit aus einer Immobilie kann zwar ausnahmsweise Selbstzweck der Anschaffung der Immobilie sein. In aller Regel wird diese aber als dauerhafte Wertanlage erworben.
25
c) Ein weiterer durchgreifender Mangel der Beurteilung des Berufungsgerichts liegt darin, dass es bei seinen Kausalitätserwägungen all diejenigen unrichtigen oder irreführenden und daher von der Beklagten richt zu stellenden Prospektangaben ausklammert, die der Kläger vor der Zeichnung der beiden Anlagen nicht zur Kenntnis genommen hatte (die Zeichnungen des Klägers er- folgten aufgrund der mündlichen Informationen des Vertriebsbeauftragten der Beklagten, bei W. 1 anhand eines Kurzexposés, ohne dass die eigentlichen Prospekte vorlagen; bei W. 1 wurde er nachgereicht, bei W. 2 nicht). Der Schluss, solche Prospektangaben hätten für den Anlageentschluss des Klägers keine Rolle spielen können, ist, jedenfalls bei Zugrundelegung des diesbezüglichen Vortrags des Klägers, rechtlich nicht haltbar.
26
aa) Nach den von der Rechtsprechung zur Prospekthaftung nach dem Börsengesetz alter Fassung entwickelten Grundsätzen wird ein Kausalzusammenhang zwischen einem prospektierten Unternehmensbericht und dem Kaufentschluss des Anlegers vermutet, wenn die Aktien nach Veröffentlichung des Unternehmensberichts erworben worden sind. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Anleger den Bericht gelesen oder gekannt hat. Ausschlaggebend ist, dass der Bericht die Einschätzung eines Wertpapiers in Fachkreisen mitbestimmt und damit eine Anlagestimmung erzeugt. Diese Stimmung kann der Erwerber für sich in Anspruch nehmen (BGHZ 139, 225, 233; vgl. auch BGHZ 160, 134, 144 f und BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 217/03 - NJW 2004, 2668, 2671). Ob diese Grundsätze für den speziellen Bereich der Emissionsprospekthaftung nach dem Börsengesetz alter Fassung auch auf den Vertrieb von Kapitalanlagen in der Form geschlossener Immobilienfonds, für die die Initiatoren Prospekte herausgegeben hatten, übertragen werden könnten (vgl. auch zur Prospekthaftung im Bereich geschlossener Fonds nach § 13 Abs. 1 Nr. 3, § 13a des Verkaufsprospektgesetzes in der Fassung des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes zum 28. Oktober 2004, BGBl. I S. 2630, Bohlken/ Lange, DB 2005, 1259, 1260), braucht nach dem derzeitigen Sachstand im Revisionsverfahren nicht abschließend beurteilt zu werden, zumal es bisher an Feststellungen beziehungsweise Parteivortrag zu einer "Anlagestimmung" aufgrund der Prospekte für W. 1 und 2 fehlt.

27
bb) Hierauf kommt es nicht an, denn nach dem jetzigen Sachstand können schon deshalb nicht einzelne (unrichtige) Prospektaussagen als vom Kläger überhaupt nicht zur Kenntnis genommen ganz ausgeschieden werden, weil bei W. 1 dem Kläger einen Tag nach der Erklärung seines Beitritts - aber vor Ablauf der Widerrufsfrist - der Prospekt ausgehändigt worden ist und der Beitritt zu W. 2, zwar ohne Aushändigung eines Prospekts, aber, wie die Revision zutreffend rügt, nach dem Klägervortrag auf der Grundlage der Erklärung des Vermittlungsbeauftragten E. erfolgt ist, die wirtschaftlichen Eckdaten bei W. 2 seien ähnlich wie bei W. 1.
28
cc) Darüber hinaus ist es rechtlich bedenklich, wenn das Berufungsgericht daraus, dass der Kläger sich über bestimmte Umstände - hier in erster Linie die Innenprovisionen - nicht informiert hat, ohne weiteres den Schluss zieht, diese Umstände hätten den Kläger überhaupt nicht interessiert und die unrichtigen Angaben im Prospekt könnten schon deshalb für seinen Anlageentschluss nicht ursächlich gewesen sein. Insbesondere, was den Komplex Innenprovisionen angeht, hat sich das Bewusstsein hierfür in den Anlegerkreisen erst nach und nach entwickelt (s. die Hinweise auf die in der Fachliteratur geführten Diskussion in dem Senatsurteil BGHZ 158, 110, 118 und in BGHZ 145, 121, 129). Nach dem Klägervortrag ist davon auszugehen, dass auch ihm bei Zeichnung der Anlagen diese Problematik nicht bekannt war. Es kann aber nicht angehen, dass beim Vertrieb einer Kapitalanlage verwendete irreführende Beschreibungen von - für die Werthaltigkeit - (objektiv) wesentlicher Bedeutung schadensersatzrechtlich allein deshalb sanktionslos bleiben, weil der Anlageinteressent aufgrund mangelnder oder nur begrenzter Anlegererfahrung keinen Anlass gesehen hatte, sich zu dem betreffenden Punkt Informationen geben zu lassen. Das gilt auch, soweit - was nicht auszuschließen ist - mangelnde Information zu diesem Gesichtspunkt dazu geführt hat, dass dieser nicht von Anfang an vom Kläger als Pflichtverletzung der Beklagten in den vorliegenden Prozess eingeführt worden ist.
29
d) Die Schlussfolgerungen des Berufungsgerichts sind schließlich auch insoweit unzureichend, als es die Frage, wie der Kläger sich im Falle korrekter Informationen über die in Rede stehenden Kapitalanlagen verhalten hätte, erörtert , ohne darauf einzugehen, auf welche Art und Weise die "Richtigstellung" der zunächst einmal vorhandenen Unrichtigkeiten im Prospekt hätte erfolgen müssen. Insoweit trifft es zwar nicht zu, dass, wie die Revisionsbegründung geltend macht, Richtigstellung zwangsläufig bedeutet hätte, dass die bisherige Prospektierung als "unredlich" aufgedeckt worden wäre. Eine sachgerechte Richtigstellung hätte aber möglicherweise geeignet sein können - z.B. bezüglich der Innenprovisionen -, ein Problembewusstsein bei dem Kläger zu wecken oder ihn zu veranlassen, sich zu diesem Punkt vor der Anlageentscheidung fachkundigen Rat geben zu lassen.
30
3. Da, wie vorstehend erörtert, die tatrichterliche Prüfung des Ursachenzusammenhangs zwischen den Aufklärungspflichtverletzungen der Beklagten und den Anlageentschlüssen des Klägers in wesentlichen Punkten von unzutreffenden Ansätzen ausgeht, trägt die bisher vom Berufungsgericht gegebene Begründung die Abweisung der Klage gegen die Beklagte nicht. Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht ohne die angesprochenen rechtlichen Mängel nicht zu der von ihm erklärten "Überzeugung" gelangt wäre. Auf die weiteren gegen die Würdigung des Berufungsgerichts gerichteten Rügen der Revision, insbesondere die, dass wesentliches Parteivorbringen des Klägers übergangen oder falsch verstanden worden sei, kommt es nicht mehr an.
Das Berufungsgericht hat in der neuen Berufungsverhandlung Gelegenheit, sich auch damit auseinanderzusetzen.

IV.


31
Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Die Auffassung der Revisionserwiderung, die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede sei begründet, hat im vorliegenden Prozessstoff keine Grundlage. Nach dem hier noch anwendbaren früheren Recht gilt für Schadensersatzansprüche des Anlegers gegen den Anlagevermittler grundsätzlich die 30-jährige Verjährungsfrist nach § 195 BGB a.F. (BGHZ 83, 222, 227; BGH, Urteil vom 27. Juni 1984 - IVa ZR 231/82 - WM 1984, 1075, 1077; Senatsurteil vom 11. Dezember 2003 - III ZR 118/03 - WM 2004, 278, 279). Dass diese Frist, was grundsätzlich nicht ausgeschlossen war, wirksam rechtsgeschäftlich verkürzt worden wäre, ergibt sich aus dem Vorbringen der Revisionserwiderung nicht. Eine diesbezügliche Absprache unmittelbar zwischen dem Kläger und der Beklagten (Anlagevermittlerin) wird nicht behauptet. Dem Parteivortrag ist auch nicht zu entnehmen, dass aufgrund der durch den Beitritt des Klägers zu den Fonds - in Verbindung mit den Anlageprospekten - begründeten Vertragsbeziehung zu den Anlagegesellschaften zugunsten der Beklagten als Dritter eine Verjährungsverkürzung wirksam vereinbart worden wäre. Der Prospekt W. 1 enthält zwar einen "Haftungsvorbehalt", der nach seinem Gesamtzusammenhang auch darauf abzielt, die Kapitalvermittlungsgesellschaft haftungsrechtlich mit zu entlasten. Als Teil der in den Beitrittsvertrag einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beteiligungsgesellschaft wäre diese Bestimmung aber jedenfalls als überraschende Klausel gemäß § 3 AGBG ungültig (vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 2003 aaO). Der Überraschungscharakter wird auch - was die Verkürzung der Verjährung gerade gegenüber der Kapitalvermittlungsgesellschaft angeht - nicht durch hinreichende drucktechnische Hervorhebung der Klausel (vgl. Senatsurteil aaO S. 281) beseitigt; der auf die Verjährung bezogene, fettgedruckte Teil des "Haftungsvorbehalts" (S. 30 des Prospekts W. 1, rechte Spalte) spricht nur Schadensersatzansprüche "gegen die vorgenannten Personen oder Gesellschaften" an, ohne letztere in diesem optisch herausgestellten Teil konkret zu bezeichnen. Selbst wenn hierdurch ein hinreichend deutlicher Hinweis jedenfalls auch auf die "Kapitalvermittlungsgesellschaft" erfolgt wäre, war damit noch nicht ohne weiteres die Beklagte gemeint, denn nach dem Prospekt (S. 18) war die D. Planungs-, Entwicklungs- und Management AG mit der Eigenkapitalbeschaffung beauftragt.
32
Die Anwendung der von der Revisionserwiderung ebenfalls zur Sprache gebrachten Verjährungsvorschrift des § 37a WpHG scheitert schon daran, dass die Beklagte weder als ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen tätig geworden ist, noch die ihm angelasteten Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit Wertpapierdienstleistungen begangen hat (s. zu den Voraussetzungen dieser Vorschrift auch das zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmte Senatsurteil vom 19. Januar 2006 - III ZR 105/05).

V.


33
Das Berufungsurteil kann daher in dem angefochtenen Umfang keinen Bestand haben. Mangels Entscheidungsreife im Revisionsverfahren ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieses die noch erforderlichen tatrichterlichen Feststellungen treffen kann. Insbesondere hat das Be- rufungsgericht noch einmal umfassend zu prüfen - gegebenenfalls auch unter persönlicher Anhörung des Klägers -, ob und inwieweit die bestehende (tatsächliche ) Vermutung der Ursächlichkeit der Aufklärungspflichtverletzungen der Beklagten für die Anlageentscheidungen des Klägers entkräftet ist.
Schlick Wurm Streck
Dörr Herrmann
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 28.11.2000 - 8 O 234/00 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 30.12.2004 - I-15 U 26/01 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 66/08 Verkündet am:
22. März 2010
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wird in dem Emissionsprospekt eines geschlossenen Immobilienfonds erklärt, eine
Anschlussförderung nach Ablauf der 15-jährigen Grundförderung gemäß den einschlägigen
Berliner Wohnungsbauförderungsbestimmungen werde "gewährt", obwohl
darauf kein Rechtsanspruch bestand, sondern lediglich nach der bisherigen
Verwaltungspraxis damit zu rechnen war, ist das ein zur Haftung wegen Verschuldens
bei Vertragsschluss führender Prospektfehler.
BGH, Urteil vom 22. März 2010 - II ZR 66/08 - KG
LG Berlin
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. März 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette
und die Richter Dr. Strohn, Caliebe, Dr. Reichart und Bender

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 26. Zivilsenats des Kammergerichts vom 13. Februar 2008 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin beteiligte sich im Jahr 1993 mit 275.000,00 DM zuzüglich 5 % Agio an der Grundstücksgesellschaft B. GbR (G. - Fonds 11). Die Beklagte - damals noch firmierend unter G. G. -AG, dann umbenannt in G. AG und schließlich umgewandelt in die G. GmbH - ist Gründungsgesellschafterin dieses und noch weiterer gleichartiger Fonds. Ihre Anteile wurden mehrheitlich vom Land Berlin gehalten.
2
Die Fonds waren gegründet worden, um Wohnanlagen - größtenteils im sozialen Wohnungsbau - zu errichten und zu vermieten. Die Differenz zwischen der Kostenmiete und der niedrigeren Sozialmiete wurde teilweise durch Aufwendungshilfen des Landes Berlin ausgeglichen (sog. 1. Förderungsweg). Diese Hilfen wurden in einer ersten Förderphase für 15 Jahre ab Bezugsfertigkeit bewilligt. Üblicherweise schloss sich daran eine ebenfalls 15-jährige "Anschlussförderung" an.
3
Abweichend von dieser Verwaltungsübung beschloss der Berliner Senat am 4. Februar 2003 den Verzicht auf die Anschlussförderung für solche Bauvorhaben , bei denen die Grundförderung nach dem 30. Dezember 2002 endete. Darunter fiel auch der G. -Fonds 11. Seither ist der Fonds sanierungsbedürftig.
4
Die Klägerin hat wegen Prospektmängeln Ersatz ihrer Einlage Zug um Zug gegen Übertragung des Gesellschaftsanteils, Freistellung von der quotalen Haftung für das von der Gesellschaft aufgenommene Bankdarlehen und die Feststellung verlangt, dass die Beklagte zum Ersatz etwaiger weiterer Schäden verpflichtet sei. Damit ist sie in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Dagegen richtet sich ihre vom erkennenden Senat zugelassene Revision.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision hat Erfolg und führt unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
6
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Prospekt stelle zwar die Anschlussförderung unzutreffend als sicher dar, während tatsächlich kein Rechtsanspruch darauf bestanden habe. Die Beitrittsentscheidung der Klägerin beruhe aber nicht auf diesem Fehler. Der Vortrag der Klägerin sei insoweit unsubstanziiert. Die Kausalität werde auch nicht vermutet. Die Klägerin habe andere, im Prospekt offen gelegte Risiken in Kauf genommen, so dass es möglich sei, dass sie sich auch durch das vergleichbar geringe Risiko eines Ausbleibens der Anschlussförderung nicht von der Anlage hätte abhalten lassen. Ein anderer Prospektfehler liege nicht vor, insbesondere sei die Darstellung der quotalen Haftung im Prospekt nicht zu beanstanden.
7
II. Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
8
1. Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass die Klägerin von der Beklagten beim Vertragsschluss nicht zutreffend über die Risiken der Anlage unterrichtet worden ist.
9
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats muss einem Anleger für seine Beitrittsentscheidung ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt vermittelt werden, d.h. er muss über alle Umstände, die für seine Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, insbesondere über die mit der angebotenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken, zutreffend, verständlich und vollständig aufgeklärt werden (BGHZ 79, 337, 344; BGH, Sen.Urt. v. 7. April 2003 - II ZR 160/02, WM 2003, 1086, 1088; v. 7. Dezember 2009 - II ZR 15/08, ZIP 2010, 176 Tz. 18). Das ist hier - wie das Berufungsgericht in fehlerfreier tatrichterlicher Würdigung festgestellt hat - durch den verwendeten Prospekt nicht geschehen.
10
a) Ein Prospektfehler liegt danach noch nicht in der Angabe, die Gesellschafter würden für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft entsprechend ihrer Beteiligungsquote haften. Damit wird nicht der Eindruck erweckt, der Umfang dieser quotalen Haftung werde durch Leistungen aus dem Gesellschaftsvermö- gen zwingend gemindert (vgl. BGH, Sen.Beschl. v. 30. März 2009 - II ZR 67/08, juris).
11
Ebenso wenig führt die Angabe von Höchstbeträgen hinsichtlich der einzelnen Gesellschafter in den abgeschlossenen Darlehensverträgen - anstelle der im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Haftungsquoten - zu einer Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluss. Die Revision zeigt schon nicht auf, dass von vornherein geplant gewesen sei, die Haftung der Gesellschafter nicht auf ihre jeweilige Quote, sondern auf den dieser Quote entsprechenden absoluten Betrag von der jeweiligen Anfangsschuld zu begrenzen. Im Übrigen hat das Berufungsgericht in vertretbarer tatrichterlicher Würdigung angenommen, die Betragsangaben in den Darlehensverträgen hätten nur deklaratorische Bedeutung , tatsächlich sei eine quotale Haftung vereinbart.
12
b) Der Prospekt ist - wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend festgestellt hat - insoweit fehlerhaft, als darin der Eindruck erweckt wird, auf die Anschlussförderung bestehe ein Rechtsanspruch (vgl. BGH, Sen.Beschl. v. 30. März 2009 - II ZR 49/08, juris).
13
Der Prospekthinweis Nach Ablauf des ersten Förderungszeitraumes von 15 Jahren wird gemäß Senatsbeschluss vom 14. April 1992 (1532/92) eine Anschlussförderung für Wohnungen der Wohnungsbauprogramme ab 1977 gewährt. … Details über die Anschlussförderung (Zuschüsse bzw. Darlehensregelung) liegen noch nicht vor. kann - wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat - so verstanden werden, als sei die Anschlussförderung dem Grunde nach schon bewilligt und es müsse nur noch über das Wie der Förderung entschieden werden.
14
Das ist unzutreffend und wird durch den Hinweis auf S. 18 des Prospekts Ein Wegfall der Mittel wäre bei Verletzung der Förderungsbestimmungen denkbar bzw. bei Zahlungsunfähigkeit des Staates (vgl. Anschlussförderung

).

ebenso wenig richtig gestellt wie durch den allgemeinen Hinweis auf S. 34 des Prospekts: Auch können prospektierte Ergebnisse, z.B. [richtig: durch] Änderungen von Gesetzgebungs-, Rechtsprechungs- oder Verwaltungspraxis, beeinflusst werden.
15
Die Anschlussförderung war ein für die Rentabilität des Fonds wesentlicher Umstand. Daran ändert die Tatsache nichts, dass nur 11 der insgesamt 65 Wohnungen davon betroffen waren. Die Beklagte hat selbst vorgetragen, dass ohne Anschlussförderung "kein Investor dieser Welt" auch nur eine einzige Wohnung in Berlin in diesem Marktsegment gebaut hätte, weil nach Ablauf der 15-jährigen Grundförderung die dann noch verbleibende Kostenmiete für Wohnungen dieses Marktsegments nicht zu erzielen gewesen wäre.
16
2. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Prospektfehler sei für die Beitrittsentscheidung der Klägerin nicht ursächlich geworden, hält der revisionsrechtlichen Prüfung aber nicht stand.
17
a) Das Berufungsgericht verkennt im Ansatz nicht, dass eine fehlerhafte Aufklärung schon nach der Lebenserfahrung ursächlich für die Anlageentscheidung ist (st. Rspr., BGHZ 79, 337, 346; 84, 141, 148; 177, 25 Tz. 19; BGH, Sen.Urt. v. 1. März 2004 - II ZR 88/02, ZIP 2004, 1104, 1106; v. 7. Dezember 2009 aaO Tz. 23). Diese Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens sichert das Recht des Anlegers, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in ein bestimmtes Projekt investieren will oder nicht (Senat, BGHZ 123, 106, 112 ff.).
18
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, die Kausalitätsvermutung greife hier nicht ein, weil die Klägerin bei einer zutreffenden Aufklärung in einen Entscheidungskonflikt gekommen wäre; denn es habe nicht nur eine Möglichkeit aufklärungsrichtigen Verhaltens gegeben.
19
Bei Immobilien, bei denen es in der Regel vordringlich um Sicherheit, Rentabilität und Inflationsschutz geht, ist das Bestehen von Handlungsvarianten nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht geeignet, die auf der Lebenserfahrung beruhende tatsächliche Vermutung der Ursächlichkeit fehlerhafter Prospektdarstellungen für die Anlageentscheidung zu entkräften. Von einem Immobilienfonds erwartet der durchschnittliche Anleger Werthaltigkeit. Deshalb verbietet sich bei einer derartigen Anlageform im Regelfall die Annahme , eine gehörige Aufklärung über wichtige, für eine werthaltige Anlage abträgliche Umstände hätte bei dem Anlageinteressenten allein schon deshalb, weil er mit erheblichen Steuervorteilen geworben wurde, vernünftigerweise mehrere Entscheidungsmöglichkeiten eröffnet, also nur einen "Entscheidungskonflikt" begründet (BGH, Sen.Urt. v. 2. März 2009 - II ZR 266/07, ZIP 2009, 764 Tz. 6; Urt. v. 9. Februar 2006 - III ZR 20/05, ZIP 2006, 568 Tz. 24). Vielmehr ist regelmäßig davon auszugehen, dass der Anleger bei richtiger Aufklärung dem Fonds nicht beigetreten wäre. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kommt allenfalls bei hochspekulativen Geschäften in Betracht (BGHZ 160, 58, 66 f.; s. aber BGH, Urt. v. 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, ZIP 2009, 1264 Tz. 22 zur grundsätzlich geltenden Kausalitätsvermutung), zu denen die Investition in einen Immobilienfonds jedoch in aller Regel nicht gehört (BGH, Urt. v. 9. Februar 2006 aaO Tz. 24).
20
b) Danach wird hier die Kausalität des Prospektfehlers für die Anlageentscheidung vermutet. Bei einem zutreffenden Hinweis auf die rechtliche Ungewissheit der Anschlussförderung wäre es für einen durchschnittlichen Anlagein- teressenten durchaus vernünftig gewesen, nicht in dieses Vorhaben zu investieren. Unabhängig von der Anschlussförderung konnte der Anleger mit der Anlage zwar Steuern sparen. Er riskierte aber, dass der Fonds bei Ausbleiben der Anschlussförderung nach 15 Jahren insolvent würde und damit das investierte Kapital verloren wäre. Dem standen keine adäquaten Gewinnchancen gegenüber. Nach der "Liquiditäts- und Prognoserechnung" des Prospekts konnte der Anleger bei normaler Förderung jährlich mit einer Ausschüttung i.H.v. 1.500,00 DM pro 100.000,00 DM Anlagesumme rechnen, das sind 1,43 % des eingesetzten Kapitals einschließlich des Agios. Er hätte zwar unter Hinzurechnung der Steuervorteile mehr als seine Einlage verdient gehabt. Von außergewöhnlich hohen Gewinnchancen (vgl. BGHZ 160, 58, 66 f.) kann indes keine Rede sein.
21
Ob das Risiko, die Anschlussförderung werde nicht bewilligt, im Zeitpunkt der Anlageentscheidung als gering einzustufen war, wie das Berufungsgericht angenommen hat, ist ohne Bedeutung. Der Umstand, dass auf die Anschlussförderung kein Rechtsanspruch bestand, stellte die Überlebensfähigkeit des Fonds grundsätzlich in Frage. Das Recht des Anlegers, das Für und Wider selbst abzuwägen und seine Anlageentscheidung in eigener Verantwortung zu treffen, wird in diesen Fällen auch durch unzutreffende Informationen über Umstände , für deren Eintritt eine nur geringe Wahrscheinlichkeit besteht, beeinträchtigt.
22
c) Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens hat die Beklagte nicht widerlegt.
23
Um die Kausalitätsvermutung zu widerlegen, muss der Aufklärungspflichtige darlegen und beweisen, dass der Anleger den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin ha- be auch andere Risiken hingenommen, so dass sie auch dieses weitere Risiko nicht von der Zeichnung der Anlage abgehalten hätte, genügt dazu nicht. Ein solcher Schluss ist nicht tragfähig. Vielmehr kann ein Anleger, der schon zahlreiche Risiken übernommen hat, ebenso gut nicht mehr bereit sein, noch weitere Risiken zu übernehmen.
24
III. Die angefochtene Entscheidung ist auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis richtig (§ 561 ZPO).
25
1. Nach dem für das Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt trifft die Beklagte an der unrichtigen Darstellung in dem Prospekt ein Verschulden.
26
Das Verschulden wird in den Fällen der Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet. Zu der Frage, ob diese Vermutung widerlegt ist, hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen.
27
Dazu würde ein Rechtsirrtum der Geschäftsführer der Beklagten über die Verbindlichkeit der Anschlussförderung nicht ausreichen. Denn ein Rechtsirrtum entschuldigt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur dann, wenn der Irrende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer anderen Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen brauchte (BGH, Urt. v. 25. Oktober 2006 - VIII ZR 102/06, NJW 2007, 46 Tz. 25 m.w.Nachw.). Insoweit kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, dass das Oberverwaltungsgericht Berlin in einem Beschluss vom 24. Juli 2003 (DVBl. 2003, 1333) dem Land Berlin im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben hat, der Beklagten bis zur Entscheidung des Hauptsacheverfahrens über die Anschlussförderung eine entsprechende finanzielle Hilfe zu gewähren. Denn diese Entscheidung beruhte auf einer bloß summarischen Prüfung der http://www.juris.de/jportal/portal/t/1l6i/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=7&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE018702377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1l6i/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=7&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR006049896BJNE230301377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 10 - Rechtslage. Demgegenüber hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 11. Mai 2006 zu der streitigen Anschlussförderung ausgeführt, ein Subventionsempfänger müsse grundsätzlich damit rechnen, dass bei Eintritt grundlegender Änderungen der allgemeinen Rahmenbedingungen die Subventionen gekürzt würden oder ganz wegfielen (NVwZ 2008, 1184 Tz. 57 f.).
28
2. Der Anspruch ist auch nicht verjährt.
29
Die durch die Neufassung der §§ 195, 199 BGB zum 1. Januar 2002 auf drei Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Berechtigte Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangt hätte, längstens auf zehn Jahre verkürzte Verjährungsfrist (Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB) war bei Klageerhebung im Jahr 2005 nicht abgelaufen. Denn die Entscheidung des Berliner Senats , die Anschlussförderung einzustellen, datiert von Februar 2003. Anhaltspunkte für eine frühere Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis der Klägerin von dem Prospektfehler hat die Beklagte nicht dargetan.
30
IV. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die noch erforderlichen Feststellungen getroffen werden können.
31
Zum einen hat die Beklagte für ihre Behauptung, der Prospektmangel sei nicht ursächlich für die Anlageentscheidung gewesen, Beweis durch Parteivernehmung der Klägerin angetreten. Diesem Beweisantritt wird das Berufungsgericht nachzugehen haben.
32
Zum anderen ist klärungsbedürftig, ob auf die Schadensersatzleistung im Wege des Vorteilsausgleichs neben den erhaltenen Ausschüttungen die erzielten Steuervorteile anzurechnen sind. Das ist dann der Fall, wenn diese Steuervorteile dauerhaft sind, d.h. wenn die Ersatzleistung nicht ihrerseits etwa als Betriebseinnahme nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG besteuert wird. Trotz Versteuerung der Ersatzleistung sind die erzielten Steuervorteile anzurechnen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Anleger außergewöhnliche Steuervorteile erzielt hat (st. Rspr., s. etwa BGH, Sen.Urt. v. 7. Dezember 2009 aaO Tz. 31 m.w.Nachw.).
33
V. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass ein Freistellungsanspruch - wie ein Zahlungsanspruch - nach Grund und Höhe bezeichnet sein muss. Soweit der Gläubiger das nicht kann, ist ein Freistellungsantrag unzulässig und stattdessen auf Feststellung zu klagen (vgl. BGH, Urt. v. 18. März 1980 - VI ZR 105/78, NJW 1980, 1450 = BGHZ 76, 249, insoweit dort nicht abgedruckt; BGHZ 79, 76, 77 f.; v. 4. Juni 1996 - VI ZR 123/95, ZIP 1996, 395, 1396; v. 23. September 2004 - IX ZR 137/03, NJW-RR 2005, 494, 497 a.E.).
Vorsitzender Richter am BGH Strohn Caliebe Prof. Dr. Goette ist wegen Urlaubs an der Unterschrift verhindert Strohn Reichart Bender
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 14.05.2007 - 4a O 342/05 -
KG, Entscheidung vom 13.02.2008 - 26 U 102/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 191/10
vom
9. März 2011
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Wiechers und die Richter Dr. Ellenberger, Maihold, Dr. Matthias und Pamp
am 9. März 2011
einstimmig beschlossen:
Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt , die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 21. April 2010 durch Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 11. April 2011. Der Streitwert wird auf 58.524,34 € festgesetzt.

Gründe:


I.

1
1. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes (nachfolgend: Zedent) auf Rückabwicklung der Beteiligung an der F. Medienfonds 3 GmbH & Co. KG (im Folgenden: V 3) und der teilweise kreditfinanzierten Beteiligung an der F. Medienfonds 4 GmbH & Co. KG (im Folgenden: V 4) auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Der Zedent erwartete im März 2003 einen größeren Geldbetrag, den er gewinnbringend anlegen wollte. Deshalb stellten ihm Angestellte der Beklagten in mehreren persönlichen Gesprächen die Fonds V 3 und V 4 vor, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob der Zedent den Verkaufsprospekt für V 3 vor Zeichnung der Anlage erhalten hat. Gegenstand der beiden als "Garantiefonds" beworbenen Fonds war die Finanzierung von Filmproduktionen und deren Vermarktung.
3
Der Zedent, der wegen des Geschäfts auch seinen Steuerberater kontaktiert hatte, zeichnete am 5. Juni 2003 Anteile an V 3 im Gegenwert von 25.000 € zuzüglich 5% Agio (insgesamt 26.250 €) und - nach erneuter Beratung durch die Beklagte - am 28. Juni 2004 Anteile an V 4 im Gegenwert von ebenfalls 25.000 € zuzüglich 5% Agio (insgesamt 26.250 €), wobei die letztgenannte Beteiligung obligatorisch eine Kreditfinanzierung in Höhe von 45,5% des anzulegenden Betrages vorsah. Deswegen schloss er zugleich mit der B. AG einen Vertrag über ein endfälliges Darlehen in Höhe von 11.375 € ab, das - einschließlich der bis dahin aufgelaufenen und gestundeten Zinsen - am 30. November 2014 in Höhe von 19.811,68 € fällig wird.
4
In dem Verkaufsprospekt zu V 3 heißt es auf Seite 40 unter "Mittelverwendung" zu Punkt 0.2: "Eigenkapitalvermittlung 8,9%". Auf derselben Seite wird dieser Punkt wie folgt erläutert: "Der Vertrag über die Eigenkapitalbeschaffung wurde mit der V. AG abgeschlossen. Die Vergütung in Höhe von 8,9% des Beteiligungskapitals beinhaltet eine gegebenenfalls anfallende Umsatzsteuer. Zuzüglich zu dieser Vergütung erhält die V. AG das Agio. …" Auf derselben Seite wird das Agio wie folgt erläutert: "Ein Agio in Höhe von 5% auf die Zeichnungssumme (Kommanditkapital) wird innerhalb einer Woche nach Zugang der Annahme der Beitrittserklärung zur Zahlung fällig. Es dient der Eigenkapitalvermittlerin, der V. AG, zur zusätzlichen Abdeckung von Vertriebsaufwendungen."
5
Auf Seite 69 heißt es zu dem "Eigenkapitalvermittlungsvertrag" zwischen der V. (V. AG) und der Fondsgesellschaft unter anderem : "Die V. AG hat das Recht, ihre Rechte und Pflichten aus dieser Vertriebsvereinbarung auf Dritte zu übertragen, … ."
6
Der Verkaufsprospekt zu V 4 enthält auf Seite 63 unter "Mittelverwendung" zu Punkt 03: "Eigenkapitalvermittlung 4,9%". Auf Seite 64 wird dieser Punkt wie folgt erläutert: "Der Vertrag über die Eigenkapitalbeschaffung wurde mit der V. AG abgeschlossen. Die Vergütung wird in Höhe von 4,9% des Beteiligungskapitals fällig. Zuzüglich zu dieser Vergütung erhält die V. AG das Agio. …"
7
Das Agio wird auf Seite 63 wie folgt erläutert: "Ein Agio in Höhe von 5% auf die Zeichnungssumme (Kommanditkapital) wird innerhalb einer Woche nach Zugang der Annahme der Beitrittserklärung zur Zahlung fällig. Es dient der Eigenkapitalvermittlerin, der V. AG, zur zusätzlichen Abdeckung von Vertriebsaufwendungen."
8
Ferner enthält die Übersicht auf Seite 63 unter Punkt 05 eine Platzierungsgarantiegebühr in Höhe von 2% und unter Punkt 07 eine Finanzvermittlungsgebühr (Darlehen/Schuldübernahme) in Höhe von ebenfalls 2%. Diese werden auf Seite 64 wie folgt erläutert: "Zu 05: Die V. AG wird eine Platzierungsgarantie in Höhe des prospektierten Kapitals von € 5 Mio. geben. Für die Garantie erhält sie eine Gebühr in Höhe von 2% des Beteiligungskapitals." "Zu 07: Die V. AG erhält für die Finanzierungsvermittlung eine Gebühr in Höhe von 2% des Beteiligungskapitals."
9
Auf Seite 91 heißt es zum "Eigenkapitalvermittlungsvertrag" mit der V. AG unter anderem: "Die V. AG … ist berechtigt, Dritte als Vertriebspartner einzusetzen."
10
Die V. AG leitete bei V 3 aus den vereinnahmten Provisionen 8,25% und bei V 4 zwischen 8,45 und 8,72% an die Beklagte weiter, ohne dass dies dem Zedenten offen gelegt wurde.
11
Die Fondsinitiatoren, gegen die Ende 2006 Anklage wegen Steuerhinterziehung und Untreue erhoben wurde, sind rechtskräftig zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden.
12
2. Das Berufungsgericht hat die Beklagte im Wesentlichen antragsgemäß verurteilt und zur Begründung unter anderem ausgeführt:
13
Hinsichtlich beider Fonds (V 3 und V 4) sei der Beklagten auch insoweit eine Aufklärungspflichtverletzung vorzuwerfen, als sie den Zedenten nicht über die Provision, die sie von der V. AG bzw. Fondsgesellschaft erhalten habe, aufgeklärt habe. Bei diesen Vertriebsprovisionen handele es sich um Rückver- gütungen im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Aus den Prospekten gehe nicht wie geboten hervor, dass und in welcher Höhe gerade die Beklagte eine Provision erhalte. Einen mündlichen Hinweis habe die Beklagte dem Zedenten auch nicht erteilt.
14
Die Nichtaufklärung über die erhaltene Vertriebsprovision sei auch kausal für die Zeichnung des Zedenten gewesen, was nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu vermuten sei. Selbst wenn der Zedent möglicherweise angenommen habe, die Beklagte würde eine Provision von 1% des Zeichnungsbetrages erhalten, sei dies nicht geeignet, die Vermutung zu widerlegen , weil die Provision tatsächlich mehr als 8% betragen habe. Die hiergegen weiter vorgebrachten Einwendungen der Beklagten seien unsubstantiiert. Die Beklagte habe auch schuldhaft gehandelt; insbesondere könne sie sich nicht auf einen Rechtsirrtum berufen.

II.

15
Der Senat beabsichtigt, die vom Berufungsgericht zugelassene Revision gemäß § 552a ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
16
1. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) liegen nicht vor. Das Berufungsgericht hat die Revision gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO "mit Blick auf die abweichenden Entscheidungen des Oberlandesgerichts Frankfurt" (17 U 307[nicht 308]/08, WM 2010, 1313 und 17 U 98/09, BB 2009, 2334) zugelassen. In diesen Urteilen hat das Oberlandesgericht Frankfurt angenommen, der Angabe in den Prospekten, die V. AG sei berechtigt, ihre Rechte aus der Vertriebsvereinbarung über die Eigenkapitalvermittlung auf Dritte zu übertragen, habe der Anleger entnehmen können, dass die Beklagte für die Vermittlung der Fondsbeteiligung von der Fondsgesellschaft eine Rückvergütung erhalte. Dagegen hat das Berufungsgericht diese Angabe insoweit nicht als ausreichend angesehen. Auf diese unterschiedliche Beurteilung kommt es nicht an. Selbst wenn dem Oberlandesgericht Frankfurt zu folgen wäre, ergäbe sich daraus nichts für die - ebenfalls aufklärungsbedürftige (Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 24) - Höhe der an die Beklagte geflossenen Rückvergütung (ebenso OLG München, BKR 2010, 479 Rn. 27; das verkennt LG Bremen, WM 2010, 798, 800 f.).
17
2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
18
a) Entgegen der Ansicht der Revision ist es rechtlich nicht zu beanstanden , dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten wegen verschwiegener Rückvergütungen bejaht hat.
19
aa) Rechtsfehlerfrei und von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungsgericht angenommen, dass zwischen dem Zedenten und der Beklagten nach den Grundsätzen des Bond-Urteils (BGHZ 123, 126, 128) ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist (vgl. auch Senatsurteile vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442; vom 25. Juni 2002 - XI ZR 218/01, WM 2002, 1683, 1686; vom 21. März 2006 - XI ZR 63/05, WM 2006, 851 Rn. 10 und vom 25. September 2007 - XI ZR 320/06, BKR 2008, 199 Rn. 12) und nicht lediglich ein Auskunftsvertrag, da eine Bank regelmäßig Anlageberaterin und nicht lediglich reine Anlagevermittlerin ist (vgl. dazu Senatsurteil vom 7. Oktober 2008 - XI ZR 89/07, BGHZ 178, 149 Rn. 11 mwN).
20
bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht weiter angenommen, dass die Beklagte aus dem Beratungsvertrag verpflichtet war, den Zedenten über an sie fließende Rückvergütungen aus Vertriebsprovisionen aufzuklären (vgl. Senats- urteile vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 22 f.; vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 11 und vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 338/08, WM 2009, 2306 = ZIP 2009, 2380 Rn. 31; Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 13 und vom 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 5).
21
cc) Soweit die Revision geltend macht, bei den Provisionen, die die Beklagte unstreitig in Höhe von 8,25% des Kommanditkapitals bei V 3 und in Höhe von 8,45% bis zu 8,72% des Kommanditkapitals bei V 4 erhalten hat, handele es sich um nicht aufklärungspflichtige "Innenprovisionen", die keine Rückvergütungen im Sinne der Senatsrechtsprechung darstellten, kann sie damit nicht durchdringen. Die Revision verkennt die rechtliche Unterscheidung zwischen Innenprovisionen und Rückvergütungen.
22
(1) Innenprovisionen sind nicht ausgewiesene Vertriebsprovisionen, die bei einem Fonds aus dem Anlagevermögen gezahlt werden. Über sie muss nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (st. Rspr., u.a. BGH, Urteile vom 1. März 2004 - II ZR 88/02, WM 2004, 928, 930 und vom 2. Februar 2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110, 118) bei einem Fonds unter bestimmten Umständen aufgeklärt werden, weil sie Einfluss auf die Werthaltigkeit der vom Anleger erworbenen Anlage haben und deswegen bei diesem insoweit eine Fehlvorstellung herbeiführen können.
23
(2) Aufklärungspflichtige Rückvergütungen liegen dagegen, wie der Senat zuletzt formuliert hat, nur dann vor, wenn Teile der Ausgabeaufschläge oder Verwaltungsgebühren, die der Kunde über die Bank an die Gesellschaft zahlt, hinter seinem Rücken an die beratende Bank umsatzabhängig zurückfließen, so dass diese ein für den Kunden nicht erkennbares besonderes Interesse hat, gerade diese Beteiligung zu empfehlen (Senatsurteil vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 338/08, WM 2009, 2306 Rn. 31). Insoweit ist folgendes klarzustellen:
24
Soweit als Quelle der Rückvergütungen "Ausgabeaufschläge und Verwaltungsvergütungen" genannt werden, ist das - entgegen der Annahme der Revision - nicht abschließend, sondern - in Anknüpfung an das grundlegende Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05 (BGHZ 170, 226) - nur beispielhaft gemeint. Damit soll lediglich zum Ausdruck gebracht werden, dass Rückvergütungen - anders als Innenprovisionen - nicht im Anlagebetrag enthalten (versteckt) sind, so dass beim Anleger keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen kann. Maßgebend für die Aufklärungspflicht über Rückvergütungen ist hingegen, dass der Anleger ohne diese Aufklärung nicht das besondere Interesse der beratenden Bank erkennen kann, gerade diese Anlage zu empfehlen. Die Fehlvorstellung über die Neutralität der Beratungsleistung der Bank, der mit der Aufklärungspflicht über Rückvergütungen begegnet werden soll, beruht allein darauf, dass die beratende Bank als Empfängerin der Rückvergütung ungenannt bleibt. Sie entsteht dagegen unabhängig davon, aus welcher offen angegebenen Quelle die Rückvergütung an die beratende Bank fließt.
25
Aufklärungspflichtige Rückvergütungen sind danach - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen gezahlt werden, so dass beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen kann, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt, so dass der Anleger das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen kann.
26
(3) Danach handelt es sich bei den hier an die Beklagte geflossenen Provisionen um aufklärungspflichtige Rückvergütungen. Sie waren nicht in den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Fondsobjekts versteckt, sondern flossen aus den offen ausgewiesenen Vertriebskosten. Gemäß den nachstehenden Ausführungen war die Beklagte jedoch nicht als Empfänger der Provisionen angegeben. Vielmehr sind diese hinter dem Rücken der Klägerin an die Beklagte geflossen, so dass die Klägerin das besondere Interesse der Beklagten an der Empfehlung gerade von V 3 und 4 nicht erkennen konnte.
27
dd) Eine ordnungsgemäße Aufklärung des Zedenten über die Rückvergütungen ist bei beiden Fonds nicht erfolgt, selbst wenn man unterstellt, auch der Prospekt bei V 3 sei dem Zedenten rechtzeitig übergeben worden. Den beiden Verkaufsprospekten ist nicht zu entnehmen, dass die Beklagte Empfängerin der dort genannten Vertriebsprovisionen oder des Agios sein sollte. Empfängerin sollte vielmehr ausdrücklich die V. AG sein. Den Prospekten lässt sich an keiner Stelle entnehmen, dass die Beklagte von dieser einen Teil der Vertriebsprovisionen erhalten sollte. Das ergibt sich nach der zutreffenden Auslegung des Berufungsgerichts auch nicht aus der Tatsache, dass die V. AG berechtigt sein sollte, Dritte einzuschalten. Selbst wenn daraus jedoch hervorgehen sollte, dass damit auch die Beklagte gemeint war, so ist dem Prospekt jedenfalls nicht zu entnehmen, in welcher Höhe Rückvergütungen an die Beklagte geflossen sind. Insbesondere auch die Höhe der Rückvergütung muss aber nach der Senatsrechtsprechung von der Bank ungefragt offen gelegt werden (Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 24; dies verkennt LG Bremen, WM 2010, 798, 800 f.).
28
ee) Soweit die Revision meint, es sei nicht einsichtig, dass eine Bank höhere Aufklärungspflichten träfen als einen freien Anlageberater, kann sie damit nicht durchdringen.
29
Allerdings trifft nach der Rechtsprechung des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs bankungebundene freie Berater - außerhalb des Anwendungsbereichs des § 31d WpHG - keine (ungefragte) Aufklärungspflicht, da der Anleger bei solchen Beratern - anders als bei Banken - von einer durch den Produktanbieter "eingepreisten" Vergütung ausgehen und er deshalb deren Höhe erfragen müsse, wenn sie ihn interessiere (BGH, Urteil vom 15. April 2010 - III ZR 196/09, BGHZ 185, 185 Rn. 13).
30
Die Unterscheidung der Pflichten eines freien Anlageberaters zu den Pflichten eines Beraters im Bankensektor rechtfertigt sich daraus, dass der Bankkunde in der Regel bei "seiner" Bank eine Reihe von kostenpflichtigen Vertragsverhältnissen unterhält, insbesondere auf Dauer angelegte Vertragsverhältnisse wie einen Zahlungsdiensterahmenvertrag oder einen Depotvertrag (vgl. BGH, Urteil vom 15. April 2010 - III ZR 196/09, BGHZ 185, 185 Rn. 12), bzw. Banken typischerweise solche Vertragsverhältnisse anstreben. Das ist bei einem freien Anlageberater typischerweise nicht der Fall.
31
Diese typisierende Einordnung von Berufsgruppen zur Unterscheidung zwischen aufklärungspflichtigen Personen und nicht aufklärungspflichtigen Personen findet in Gesetz und Rechtsprechung Vorbilder. Sie wird insbesondere vom Gesetzgeber im Bereich des § 31d WpHG vorgegeben. Diese Vorschrift statuiert Aufklärungspflichten ausdrücklich nur für Wertpapierdienstleistungsunternehmen , nicht aber für sonstige Anlagevertreiber. Eine typisierende Einordnung wird auch seit langem bei der Abgrenzung der Pflichten eines Anlageberaters von denen eines Anlagevermittlers entsprechend der Regelung in § 1 Abs. 1a Nr. 1 und 1a KWG in der Rechtsprechung praktiziert. Während bei einem Kontakt des Anlegers mit einem Anlageberater ein Beratungsvertrag nach den Grundsätzen des Bond-Urteils zustande kommt, kommt im Verhältnis zu einem Anlagevermittler lediglich ein Auskunftsvertrag mit einem geringeren Pflichtenumfang zustande (vgl. BGH, Urteile vom 13. Mai 1993 - III ZR 25/92, WM 1993, 1238, 1239; vom 12. Februar 2004 - III ZR 359/02, WM 2004, 631, 633, insofern in BGHZ 158, 110 nicht abgedruckt, und Senatsurteil vom 7. Oktober 2008 - XI ZR 89/07, BGHZ 178, 149 Rn. 11).
32
b) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch die Kausalität der Aufklärungspflichtverletzung für den Erwerb der Kapitalanlagen bejaht.
33
Steht - wie hier in Bezug auf Rückvergütungen - eine Aufklärungspflichtverletzung fest, streitet für den Anleger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, die zu einer Beweislastumkehr führt. Der Aufklärungspflichtige muss beweisen, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung erworben hätte, weil er den richtigen Rat oder Hinweis nicht befolgt hätte (vgl. Senatsurteile vom 16. November 1993 - XI ZR 214/92, BGHZ 124, 151, 159 f.; vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, ZIP 2007, 518, 521 Rn. 27, insoweit in BGHZ 170, 226 nicht abgedruckt, und vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 22, auch BGH, Urteil vom 2. März 2009 - II ZR 266/07, WM 2009, 789 Rn. 6 mwN).
34
Die Vermutung greift allerdings dann nicht ein, wenn sich der Anleger bei gehöriger Aufklärung in einem Entscheidungskonflikt befunden hätte, wenn es also nicht nur eine bestimmte Möglichkeit aufklärungsrichtigen Verhaltens gab (Senatsurteile vom 16. November 1993 - XI ZR 214/92, BGHZ 124, 151, 161 und vom 7. Mai 2002 - XI ZR 197/01, BGHZ 151, 5, 12). Davon kann bei verschwiegenen Rückvergütungen nicht schon wegen deren Geringfügigkeit im Verhältnis zur Anlagesumme ausgegangen werden (OLG Köln, WM 2003, 338, 340 f.). Es muss vielmehr aufgrund konkreter Umstände des Einzelfalls feststehen , dass dem Anleger bei gehöriger Aufklärung mindestens zwei tatsächlich von ihm zu ergreifende Handlungsalternativen zur Verfügung standen.
35
Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung das Vorliegen eines Entscheidungskonflikts und die Widerlegung der Vermutung rechtsfehlerfrei verneint. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht die Darlegungs- und Beweislast für das Nichteingreifen der Vermutung nicht verkannt. Diese trifft - genauso wie für die Widerlegung der Vermutung - die Bank, deren Aufklärungspflichtverletzung feststeht (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Februar 2010 - XI ZR 140/09, BKR 2010, 515 Rn. 11). Soweit die Revision in diesem Zusammenhang Verfahrensfehler rügt, hat der Senat diese geprüft und für nicht durchgreifend erachtet (§ 564 ZPO).
36
c) Ebenfalls rechts- und verfahrensfehlerfrei hat das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch das Ver- schulden der Beklagten und die Aktivlegitimation der Klägerin sowie auch eine Haftung der Beklagten in Bezug auf V 3 wegen falscher Darstellung der Kapitalgarantie bejaht.
Wiechers Ellenberger Maihold Matthias Pamp
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 09.07.2009 - 8 O 183/07 -
OLG Celle, Entscheidung vom 21.04.2010 - 3 U 202/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 20/05
Verkündet am:
9. Februar 2006
B l u m
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Kausalität, wenn der Vermittler
einer prospektierten Kapitalanlage pflichtwidrig an ihn für den Vertrieb
gezahlte "Innenprovisionen" ungenügend offen gelegt oder sonstige Unrichtigkeiten
im Prospekt nicht richtig gestellt hat.
BGH, Urteil vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Februar 2006 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Streck, Dörr und Dr. Herrmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30. Dezember 2004 im Kostenpunkt - mit Ausnahme der darin enthaltenen Anordnung der Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 - und insoweit aufgehoben, als über die Klage gegen die Beklagte zu 1 erkannt worden ist.
In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten dieses Revisionsrechtszuges - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger zeichnete mit Beitrittserklärungen vom 1. Dezember 1996 und vom 13. Juni 1997 Beteiligungen als Kommanditist mit Beträgen von jeweils 80.000 DM zuzüglich 5 % Agio an der D. , Grundstücks- und Verwaltungs-GmbH & Co. P. /W. -G. 1 KG (im Folgenden: W. 1) und an der D. Grund- stücks-Entwicklungs-GmbH & Co. W. -G. 2 KG (im Folgenden: W. 2). Geschäftsgegenstand dieser Fonds war der Bau und der Betrieb verschiedener Ladenzentren. Diese Kapitalanlagen vertrieb die Beklagte zu 1 unter Verwendung der von den Objektgesellschaften herausgegebenen Prospekte.
2
Der Kläger, der seine Beteiligungen aufgrund der ihm von dem Vertriebsbeauftragten der Beklagten zu 1, E. , gegebenen Informationen zeichnete, hat - soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse - von der Beklagten zu 1 (im Folgenden: die Beklagte) Ersatz der ihm durch den Erwerb der Beteiligungen an den mittlerweile in wirtschaftliche Schwierigkeiten, in einem Fall (W. 2) in Insolvenz geratenen Gesellschaften entstandenen Aufwendungen , Zug um Zug gegen Abtretung der Beteiligungen, verlangt. Wegen weiterer Einzelheiten bis zum Erlass des ersten Revisionsurteils des Senats wird auf das Urteil vom 12. Februar 2004 - III ZR 359/02 - BGHZ 158, 110 = NJW 2004, 1732 verwiesen. Aufgrund der neuen Berufungsverhandlung hat das Berufungsgericht erneut - unter Aufrechterhaltung eines entsprechenden Versäumnisurteils - die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Senat bezüglich des Klageanspruchs gegen die Beklagte zugelassene Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe


3
Die Revision führt in dem Umfang, in dem sie vom Senat zugelassen worden ist, zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.



4
1. a) Das Berufungsgericht geht aufgrund des ersten Revisionsurteils des Senats von einem objektiv pflichtwidrigen Verhalten der Beklagten aus, indem diese den Kläger nicht darüber aufklärte, dass bei W. 1 über die Eigenkapitalbeschaffungskosten in einer Größenordnung von 20 %, auf die es Hinweise im Prospekt gab, hinaus weitere Innenprovisionszahlungen in Höhe von 5 % erfolgt waren und bei W. 2 der bloße Hinweis im Prospekt, dass von Seiten der Verkäufer der Einkaufs- und Dienstleistungszentren noch eine "weitere Vergütung (Werbungskostenzuschuss)" gezahlt werde, den Umstand verschleierte, dass dieser "Werbungskostenzuschuss" mit 14 % betragsmäßig noch über die - ohnehin nicht unbeträchtlichen - bekannten Provisionszahlungen (insgesamt 11 %) hinausging, die die Beteiligungsgesellschaft selbst zu erbringen hatte (s. BGHZ 158, 110, 121 f).
5
Dabei sind die gezahlten Innenprovisionen (= für die Vermittlung des Eigenkapitals) richtigerweise jeweils ins Verhältnis gesetzt worden zu dem von den Anlegern als Gegenleistung (Preis) für ihre Beteiligung an den Kommanditgesellschaften einzubringenden Eigenkapital (bei W. 1: 27 Mio. DM, bei W. 2: 19,2 Mio. DM). Auf ein prozentuales Verhältnis dieser Provisionen zu dem prospektierten Gesamtaufwand der Anlagegesellschaften für ihre, aus Fremd- und Eigenkapital zu finanzierenden, (Bau-)Vorhaben als ganze (bei W. 1: 62.845.30 DM, bei W. 2: 37.920.000 DM) hat der Senat dagegen in BGHZ 158, 110, 121 f - unbeschadet der möglicherweise missverständlichen Verwendung des Begriffs "Gesamtaufwand" in unterschiedlichen Bedeutungszusammenhängen in diesem Urteil - nicht entscheidend abgestellt. An dieser Sicht ist entgegen der von dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der Revisionsverhandlung geäußerten Kritik festzuhalten. Dies folgt schon aus der Bindungswirkung des ersten Revisionsurteils; der Senat sieht aber auch unab- hängig von der Bindung keinen Grund für eine andere Beurteilung. Ein maßgeblicher Gesichtspunkt für die Rechtsprechung, wonach Innenprovisionen ab einer gewissen Größenordnung ausgewiesen werden müssen, jedenfalls diesbezügliche Angaben zutreffend sein müssen, liegt darin, dass sich aus der Existenz und Höhe solcher Provisionen Rückschlüsse auf eine geringere Werthaltigkeit des Objekts ergeben können (BGHZ 158, 110, 118 f). Dabei ist das "Objekt", um dessen Werthaltigkeit - gemessen am zu zahlenden Preis - es geht, nächstliegend danach zu bestimmen, was jeweils Gegenstand des Vertriebs ist. Das können beispielsweise rechtlich selbständige Hausgrundstücke und Eigentumswohnungen, aber auch Beteiligungen an Immobilienfonds der hier in Rede stehenden Art sein. Wenn, wie hier, "Kauf"-Gegenstand die Beteiligung an einem Immobilienfonds ist, deren Preis die Aufbringung (eines Teils) des für das Bauvorhaben erforderlichen Eigenkapitals darstellt, so kann für die Wertschätzung dieser Geldanlage allein schon der Umstand, in welchem Umfang dem vom Anleger dafür zu zahlenden Preis (Innen-)Provisionen eben für die Vermittlung des Eigenkapitals gegenüberstehen, von maßgeblicher Bedeutung sein. Würde man dies anders sehen, so hätte dies gegebenenfalls die merkwürdige Konsequenz, dass bei Anlageobjekten mit einem besonders großen Anteil "weicher Kosten" und einem hohen Fremdkapitalanteil (was zwangsläufig auch mit höheren Finanzierungskosten für die Fondsgesellschaft verbunden ist) selbst über - im Verhältnis zu dem vom Anleger aufzubringenden Geldbetrag - außergewöhnlich hohe Innenprovisionen für die Vermittlung des Eigenkapitals nur deshalb nicht aufgeklärt werden müsste, weil die insgesamt geflossenen Provisionen weniger als 15 % des Gesamtaufwands ausmachten. Somit könnten gerade bei Anlagen, deren Rentabilität ohnehin in Frage gestellt ist, folgenlos hohe Innenprovisionen vereinbart werden, wodurch die ohnehin geringen Renditechancen der Anleger weiter verschlechtert würden.
6
b) Das Berufungsgericht verneint jedoch - letztlich wohl vor allem im Hinblick auf die dem Kläger für die Anlagen in Aussicht gestellten steuerlichen Vorteile - die Ursächlichkeit dieser Pflichtverletzungen der Beklagten für den Beitritt des Klägers zu W. 1 und 2 und den damit verbundenen Schaden.
7
2. An weiteren Pflichtverletzungen der Beklagten erörtert das Berufungsgericht , soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse:
8
Die Werbung mit der Behauptung, dass zur Absicherung einer in den Anlagemodellen eingeschalteten Mietgarantin bereits eine Bankbürgschaft bereit stehe, was in Wirklichkeit nicht der Fall war, sieht das Berufungsgericht für W. 2 als pflichtwidrig an, für W. 1 lässt es dies offen, sieht aber auch insoweit keinen Kausalzusammenhang mit dem Anlageentschluss des Klägers.
9
Darüber, dass die Mietgarantin im Falle W. 1 nicht über das bei Zeichnung im Prospekt genannte Stammkapital von 2 Mio. DM verfügte, sondern dieses nur 50.000 DM betrug, bedurfte es nach Auffassung des Berufungsgerichts angesichts der Hinweise im Prospekt auf kapitalmäßige Verflechtungen keiner zusätzlichen Aufklärung durch die Beklagte; jedenfalls verneint das Berufungsgericht auch insoweit einen Kausalzusammenhang mit dem Anlageentschluss des Klägers.
10
Soweit der Kläger geltend gemacht hat, die in den Prospekten zugrunde gelegten Mieteinnahmen seien übersetzt gewesen, verneint das Berufungsgericht eine Pflichtverletzung der Beklagten, die keinen Anlass gehabt habe, sich einzelne Mietverträge oder gar Flächenberechnungen vorlegen zu lassen. Darüber hinaus erscheine es im Hinblick auf den Verlauf der Beitritte des Klägers ausgeschlossen, dass derartige Angaben seine Beteiligungsentscheidungen auch nur mitbestimmt hätten. Der Kläger habe sich nur den Emissionsprospekt zu W. 1 vorlegen lassen, und dies auch erst nach Unterzeichnung der Beitrittserklärung. An W. 2 habe er sich beteiligt, ohne den Prospekt auch nur zu irgendeinem Zeitpunkt einzusehen. Aufgrund dieses Verlaufs könne nur angenommen werden, dass dem Kläger die einzelnen Zahlen zu den Flächengrößen und voraussichtlichen Mieten gleichgültig gewesen seien. Ihm sei es vor allen Dingen auf die Höhe der ihm von dem Vermittlungsbeauftragten der Beklagten , Erbach, vorgerechneten Steuervorteile angekommen. Welche Erwartungen er ansonsten aus den ihm vorgelegten Kurz-Exposés und dem Emissionsprospekt zu W. 1 abgeleitet habe und inwiefern diese Erwartungen der Wirklichkeit zuwidergelaufen seien, lege er nirgends konkret dar.
11
Dies hält in entscheidenden Punkten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

II.


12
Soweit das Berufungsgericht über die Aufklärungspflichtverstöße der Beklagten zu 1 zu den Innenprovisionen und zur - fehlenden - Existenz einer Bankbürgschaft für die Mietgarantin (bei W. 2 nicht abschließend geprüft) hinaus weitere objektive Pflichtverletzungen der Beklagten gegenüber dem Kläger (abschließend) verneint hat, rügt die Revision im Ansatz mit Recht, dass die Begründung des Berufungsgerichts hierzu in zwei Punkten rechtlichen Bedenken unterliegt.
13
1. In Bezug auf die unzutreffende Angabe des Stammkapitals der Mietgarantin für W. 1 (2 Mio. DM statt tatsächlicher 50.000 DM) wird es der Bedeutung des Einbaus eines Mietgaranten in das "Sicherheits-System" einer Vermögensanlage der vorliegenden Art - insbesondere aus der Sicht eines nicht besonders erfahrenen, durchschnittlichen Anlageinteressenten - nicht gerecht, wenn das Berufungsgericht ausführt, durch die weiteren Angaben im Prospekt über die kapitalmäßigen Verflechtungen der beteiligten Unternehmen und die weiteren Umstände sei die "scheinbare Sicherheit" der Mietgarantie "relativiert" worden, was dem nicht nur flüchtigen Leser des Prospekts nicht hätte verborgen bleiben können. Solche Erwägungen führen nicht daran vorbei, dass die Angaben über die Höhe des Stammkapitals des Mietgaranten im Prospekt darauf abzielten, Vertrauen beim Anleger zu begründen, dann aber auch unbedingt den Tatsachen entsprechen mussten. Es kann andererseits insoweit auch nicht der von der Beklagten in der Revisionsverhandlung vertretenen Ansicht gefolgt werden, der betreffende Prospektmangel sei durch die spätere Erhöhung des Stammkapitals der Mietgarantin geheilt worden.
14
2. Was die Prüfung der Plausibilität der (dauerhaften Erzielbarkeit der) in den Angeboten zugrunde gelegten Mieteinnahmen beider Anlagen angeht, setzt sich das Berufungsgericht, wie die Revision rügt, nicht mit dem Vorwurf des Klägers auseinander, die Beklagte hätte ebenso wie der Gerlach-Report erkennen müssen, dass die angesetzten Eingangsmieten "deutlich über den Werten des RDM-Preisspiegels" lagen. Andererseits musste die Beklagte angesichts dessen, dass die in Rede stehenden Mietverträge bei Zeichnung der Anlagen durch den Kläger schon überwiegend abgeschlossen waren, unbeschadet des allgemeinen Preisspiegels nicht unbedingt Probleme hinsichtlich der dauerhaften Erzielbarkeit der Mieten sehen.
15
3. Auf die beiden angesprochenen Punkte - vom Kläger weiter geltend gemachte objektive Pflichtverstöße der Beklagten - braucht allerdings im vorliegenden Revisionsverfahren nicht abschließend eingegangen zu werden. Das Berufungsgericht hat in einer neuen Berufungsverhandlung ohnehin Gelegenheit , sich mit dem betreffenden Vortrag des Klägers noch einmal auseinanderzusetzen. Sein Urteil unterliegt schon aus anderen Gründen der Aufhebung.

III.


16
Denn soweit das Berufungsgericht zutreffend objektive Pflichtverstöße der Beklagten zu 1 angenommen hat oder solche - ohne sie abschließend zu prüfen - in Betracht gezogen beziehungsweise bei seiner weiteren Prüfung in Hilfserwägungen unterstellt hat, trägt seine Begründung nicht die Annahme, es fehle am Ursachenzusammenhang zwischen diesen Pflichtverstößen und dem Anlageentschluss des Klägers.
17
1. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die in Betracht gezogenen Pflichtverletzungen der Beklagten seien für den dem Kläger entstandenen Schaden nicht ursächlich gewesen, entbehrt einer rechtlichen Grundlage, soweit es diese - so hinsichtlich des dem Kläger verschwiegenen Umstands, dass bei W. 1 das Stammkapital des Mietgaranten nicht 2 Mio. DM, sondern nur 50.000 DM betrug - wie folgt begründet: Der Schaden des Klägers bestehe letztlich darin, dass die Rendite nicht die vom Kläger erhoffte Höhe erreicht habe , sich die Anlagen nach seiner Darstellung vielmehr als wertlos entpuppt hätten. Der Kläger habe nicht dargelegt, dass sich dieser Schaden dadurch vergrößert habe, dass die Erhöhung des Stammkapitals des Mietgaranten erst im September 1997 beschlossen worden sei; der Schaden wäre nicht geringer ausgefallen, wäre die Erhöhung des Stammkapitals schon vor dem Beitritt des Klägers zu W. 1 beschlossen worden. Bei dieser Argumentation übersieht das Berufungsgericht, dass bei Verletzung einer Beratungs- oder Aufklärungspflicht ein Vermögensschaden des Anlegers, der sich bei zutreffender Unterrichtung nicht an dem Anlagemodell beteiligt hätte, schon immer dann zu bejahen ist, wenn die Anlage - aus welchen Gründen auch immer - den gezahlten Preis nicht wert ist, und er nach § 249 BGB so zu stellen ist, wie wenn er sich daran nicht beteiligt hätte (vgl. nur Senatsurteil vom 13. Januar 2000 - III ZR 62/99 - ZIP 2000, 355, 357; BGH, Urteil vom 13. Januar 2004 - XI ZR 355/02 - NJW 2004, 1868, 1869). Um einen anderen Schaden geht es hier, anders als das Berufungsgericht erwägt, nicht.
18
2. Die Kausalitätsfrage stellt sich dahin, wie die Dinge sich entwickelt hätten , wenn der Kläger zu den betreffenden Punkten in der gebotenen Weise aufgeklärt worden wäre. Das heißt, der gebotene Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden ist hier gegeben, wenn der Kläger bei pflichtgemäßem Verhalten der Beklagten von der Zeichnung der Anlage abgesehen hätte.
19
a) Das Berufungsgericht, das von diesem Ansatz im sonstigen Zusammenhang seiner Ausführungen auch selbst ausgeht, verneint insoweit die Ursächlichkeit der erörterten Pflichtverletzungen der Beklagten unter anderem mit der verschiedentlich gemachten Aussage, es sei davon "überzeugt", dass die Pflichtverletzungen dafür, dass der Kläger W. 1 und W. 2 beigetreten sei, nicht ursächlich seien. An anderer Stelle bringt es seine "Überzeugung" zum Ausdruck, dass eine Richtigstellung - hier zur Höhe der Innenprovision - den Kläger nicht dazu bewogen hätte, von dem vereinbarten Widerrufsrecht Gebrauch zu machen.

20
b) Bei einer Gesamtwürdigung sämtlicher darauf bezogener Ausführungen des Berufungsgerichts kann darin jedoch keine eindeutige, auf lückenlose Indizien gestützte, auf tatrichterlicher Überzeugung (§ 286 ZPO) beruhende, (positive) Feststellung eines bestimmten - hypothetischen - Sachverhalts gesehen werden. Die betreffenden Schlussfolgerungen des Berufungsgerichts sind vielmehr mit einer Reihe - noch näher zu erörternder - normativer Erwägungen verbunden, aus denen es letztlich die Berechtigung herleitet, die Unklarheiten über die hypothetischen Abläufe, insbesondere zu den gegebenenfalls vom Kläger zu treffenden Willensentscheidungen, zu Lasten des von der Vorinstanz jedenfalls in erster Linie für vortragspflichtig gehaltenen Klägers - dem nach Auffassung des Berufungsgerichts "Erleichterungen der Darlegungslast … nicht zugute kommen" sollen - gehen zu lassen.
21
aa) Dabei ist, wie die Revision mit Recht rügt, der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, was die Darlegungs- und Beweislast angeht, unrichtig oder zumindest missverständlich, ohne dass sich revisionsrechtlich ausschließen lässt, dass sich dieses Missverständnis auf das vom Berufungsgericht gefundene Ergebnis ausgewirkt hat. Das Berufungsgericht führt nämlich am Schluss seiner allgemeinen Erwägungen über die Darlegungs- und Beweislast für die Kausalität aus, letztlich sei der Tatrichter in jedem Einzelfall dazu aufgerufen, die Kausalitätsfrage "anhand der grundsätzlich zunächst einmal vom Kläger vorzutragenden konkreten Umstände zu beurteilen". Das trifft für den vorliegenden Fragenkreis nicht zu.
22
(1) Das Berufungsgericht nimmt mit seiner Bemerkung Bezug auf zwei Urteile des Bundesgerichtshofs vom 19. Juli 2004 zur Haftung der Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft für fehlerhafte Ad hoc-Mitteilungen (II ZR 217/03 - NJW 2004, 2668, 2671; vgl. auch BGHZ 160, 134, 144 ff, 147). Diese Urteile betreffen aber, wie die Revision mit Recht anführt, andere Sachverhalte als die hier in Rede stehenden Fälle der Prospekthaftung (im weiteren Sinne). In diesen Fällen entspricht es nach der ständigen, vom Berufungsgericht auch zitierten, Rechtsprechung der Lebenserfahrung, dass ein Prospektfehler für die Anlageentscheidung ursächlich geworden ist (BGHZ 79, 337, 346; 84, 141, 148; BGH, Urteil vom 1. März 2004 - II ZR 88/02 - ZIP 2004, 1104, 1106). Entscheidend ist insoweit, dass durch unzutreffende oder unvollständige Informationen des Prospekts in das Recht des Anlegers eingegriffen worden ist, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in das Objekt investieren will oder nicht. Anhaltspunkte dafür, dass der jeweilige Kläger bei vollständiger Aufklärung sich dennoch für die Anlage entschieden hätte, sind von dem jeweiligen Beklagten vorzutragen (BGH, Urteil vom 1. März 2004 aaO; vgl. auch Senatsurteil vom 28. Juli 2005 - III ZR 290/04 - ZIP 2005, 1599, 1604).
23
(2) Ob der vorliegende Ansatz sogar zu einer echten Beweislastumkehr zu Lasten des wegen Aufklärungspflichtverletzung in Anspruch genommenen Beklagten führt oder sich nach dem hier vertretenen Standpunkt in der Möglichkeit einer erleichterten Beweisführung auf der Grundlage einer nur tatsächlichen Vermutung erschöpft, braucht im vorliegenden Zusammenhang nicht weiter vertieft zu werden. Ausgangspunkt für das vorliegende Verfahren muss jedenfalls sein, dass es grundsätzlich Sache des Aufklärungspflichtverletzers sein muss, die durch die Lebenserfahrung begründete (tatsächliche) Vermutung, dass der Anlageinteressent bei richtiger Aufklärung von der Zeichnung der Anlage abgesehen hätte, durch konkreten Vortrag zu entkräften.
24
bb) Diese (tatsächliche) Vermutung zugunsten des Klägers dafür, dass er die Anlagen nicht gezeichnet hätte, ist, anders als nach dem rechtlichen Ansatz des Berufungsgerichts, ausgehend von dem bisherigen Parteivorbringen auch nicht im Blick auf die Möglichkeit mehrerer "aufklärungsrichtiger" Verhaltensweisen des Klägers (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BGHZ 160, 58, 66) ihrer Grundlage beraubt. Bei dauerhaften Vermögensanlagen wie bei einem Immobilienfonds , bei denen der Anleger - wie auch der Kläger im Streitfall nach den Feststellungen des Berufungsgerichts - "Sicherheit, Rentabilität und Inflationsschutz" , also nachhaltige Werthaltigkeit, erwartet, verbietet sich im Regelfall (vorbehaltlich konkreter gegenteiliger Anhaltspunkte im Einzelfall) die Annahme, eine gehörige Aufklärung über wichtige, für eine werthaltige Anlage (objektiv) abträgliche Umstände - wie etwa auch die signifikante Überhöhung der prospektierten Innenprovisionen - hätte bei Anlageinteressenten allein schon deshalb , weil er mit erheblichen Steuervorteilen geworben wurde, vernünftigerweise mehrere Entscheidungsmöglichkeiten eröffnet, also nur einen "Entscheidungskonflikt" begründet (vgl. BGHZ 160, 58, 66 - jedoch für eine andere Fallgestaltung ). Auch hier greift vielmehr zunächst einmal die (tatsächliche) Vermutung ein, dass der Anlageinteressent wegen gewichtiger Bedenken hinsichtlich der Werthaltigkeit der Anlage diese nicht gezeichnet hätte. Die Erwartung von Steuervorteilen für eine begrenzte Zeit aus einer Immobilie kann zwar ausnahmsweise Selbstzweck der Anschaffung der Immobilie sein. In aller Regel wird diese aber als dauerhafte Wertanlage erworben.
25
c) Ein weiterer durchgreifender Mangel der Beurteilung des Berufungsgerichts liegt darin, dass es bei seinen Kausalitätserwägungen all diejenigen unrichtigen oder irreführenden und daher von der Beklagten richt zu stellenden Prospektangaben ausklammert, die der Kläger vor der Zeichnung der beiden Anlagen nicht zur Kenntnis genommen hatte (die Zeichnungen des Klägers er- folgten aufgrund der mündlichen Informationen des Vertriebsbeauftragten der Beklagten, bei W. 1 anhand eines Kurzexposés, ohne dass die eigentlichen Prospekte vorlagen; bei W. 1 wurde er nachgereicht, bei W. 2 nicht). Der Schluss, solche Prospektangaben hätten für den Anlageentschluss des Klägers keine Rolle spielen können, ist, jedenfalls bei Zugrundelegung des diesbezüglichen Vortrags des Klägers, rechtlich nicht haltbar.
26
aa) Nach den von der Rechtsprechung zur Prospekthaftung nach dem Börsengesetz alter Fassung entwickelten Grundsätzen wird ein Kausalzusammenhang zwischen einem prospektierten Unternehmensbericht und dem Kaufentschluss des Anlegers vermutet, wenn die Aktien nach Veröffentlichung des Unternehmensberichts erworben worden sind. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Anleger den Bericht gelesen oder gekannt hat. Ausschlaggebend ist, dass der Bericht die Einschätzung eines Wertpapiers in Fachkreisen mitbestimmt und damit eine Anlagestimmung erzeugt. Diese Stimmung kann der Erwerber für sich in Anspruch nehmen (BGHZ 139, 225, 233; vgl. auch BGHZ 160, 134, 144 f und BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 217/03 - NJW 2004, 2668, 2671). Ob diese Grundsätze für den speziellen Bereich der Emissionsprospekthaftung nach dem Börsengesetz alter Fassung auch auf den Vertrieb von Kapitalanlagen in der Form geschlossener Immobilienfonds, für die die Initiatoren Prospekte herausgegeben hatten, übertragen werden könnten (vgl. auch zur Prospekthaftung im Bereich geschlossener Fonds nach § 13 Abs. 1 Nr. 3, § 13a des Verkaufsprospektgesetzes in der Fassung des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes zum 28. Oktober 2004, BGBl. I S. 2630, Bohlken/ Lange, DB 2005, 1259, 1260), braucht nach dem derzeitigen Sachstand im Revisionsverfahren nicht abschließend beurteilt zu werden, zumal es bisher an Feststellungen beziehungsweise Parteivortrag zu einer "Anlagestimmung" aufgrund der Prospekte für W. 1 und 2 fehlt.

27
bb) Hierauf kommt es nicht an, denn nach dem jetzigen Sachstand können schon deshalb nicht einzelne (unrichtige) Prospektaussagen als vom Kläger überhaupt nicht zur Kenntnis genommen ganz ausgeschieden werden, weil bei W. 1 dem Kläger einen Tag nach der Erklärung seines Beitritts - aber vor Ablauf der Widerrufsfrist - der Prospekt ausgehändigt worden ist und der Beitritt zu W. 2, zwar ohne Aushändigung eines Prospekts, aber, wie die Revision zutreffend rügt, nach dem Klägervortrag auf der Grundlage der Erklärung des Vermittlungsbeauftragten E. erfolgt ist, die wirtschaftlichen Eckdaten bei W. 2 seien ähnlich wie bei W. 1.
28
cc) Darüber hinaus ist es rechtlich bedenklich, wenn das Berufungsgericht daraus, dass der Kläger sich über bestimmte Umstände - hier in erster Linie die Innenprovisionen - nicht informiert hat, ohne weiteres den Schluss zieht, diese Umstände hätten den Kläger überhaupt nicht interessiert und die unrichtigen Angaben im Prospekt könnten schon deshalb für seinen Anlageentschluss nicht ursächlich gewesen sein. Insbesondere, was den Komplex Innenprovisionen angeht, hat sich das Bewusstsein hierfür in den Anlegerkreisen erst nach und nach entwickelt (s. die Hinweise auf die in der Fachliteratur geführten Diskussion in dem Senatsurteil BGHZ 158, 110, 118 und in BGHZ 145, 121, 129). Nach dem Klägervortrag ist davon auszugehen, dass auch ihm bei Zeichnung der Anlagen diese Problematik nicht bekannt war. Es kann aber nicht angehen, dass beim Vertrieb einer Kapitalanlage verwendete irreführende Beschreibungen von - für die Werthaltigkeit - (objektiv) wesentlicher Bedeutung schadensersatzrechtlich allein deshalb sanktionslos bleiben, weil der Anlageinteressent aufgrund mangelnder oder nur begrenzter Anlegererfahrung keinen Anlass gesehen hatte, sich zu dem betreffenden Punkt Informationen geben zu lassen. Das gilt auch, soweit - was nicht auszuschließen ist - mangelnde Information zu diesem Gesichtspunkt dazu geführt hat, dass dieser nicht von Anfang an vom Kläger als Pflichtverletzung der Beklagten in den vorliegenden Prozess eingeführt worden ist.
29
d) Die Schlussfolgerungen des Berufungsgerichts sind schließlich auch insoweit unzureichend, als es die Frage, wie der Kläger sich im Falle korrekter Informationen über die in Rede stehenden Kapitalanlagen verhalten hätte, erörtert , ohne darauf einzugehen, auf welche Art und Weise die "Richtigstellung" der zunächst einmal vorhandenen Unrichtigkeiten im Prospekt hätte erfolgen müssen. Insoweit trifft es zwar nicht zu, dass, wie die Revisionsbegründung geltend macht, Richtigstellung zwangsläufig bedeutet hätte, dass die bisherige Prospektierung als "unredlich" aufgedeckt worden wäre. Eine sachgerechte Richtigstellung hätte aber möglicherweise geeignet sein können - z.B. bezüglich der Innenprovisionen -, ein Problembewusstsein bei dem Kläger zu wecken oder ihn zu veranlassen, sich zu diesem Punkt vor der Anlageentscheidung fachkundigen Rat geben zu lassen.
30
3. Da, wie vorstehend erörtert, die tatrichterliche Prüfung des Ursachenzusammenhangs zwischen den Aufklärungspflichtverletzungen der Beklagten und den Anlageentschlüssen des Klägers in wesentlichen Punkten von unzutreffenden Ansätzen ausgeht, trägt die bisher vom Berufungsgericht gegebene Begründung die Abweisung der Klage gegen die Beklagte nicht. Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht ohne die angesprochenen rechtlichen Mängel nicht zu der von ihm erklärten "Überzeugung" gelangt wäre. Auf die weiteren gegen die Würdigung des Berufungsgerichts gerichteten Rügen der Revision, insbesondere die, dass wesentliches Parteivorbringen des Klägers übergangen oder falsch verstanden worden sei, kommt es nicht mehr an.
Das Berufungsgericht hat in der neuen Berufungsverhandlung Gelegenheit, sich auch damit auseinanderzusetzen.

IV.


31
Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Die Auffassung der Revisionserwiderung, die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede sei begründet, hat im vorliegenden Prozessstoff keine Grundlage. Nach dem hier noch anwendbaren früheren Recht gilt für Schadensersatzansprüche des Anlegers gegen den Anlagevermittler grundsätzlich die 30-jährige Verjährungsfrist nach § 195 BGB a.F. (BGHZ 83, 222, 227; BGH, Urteil vom 27. Juni 1984 - IVa ZR 231/82 - WM 1984, 1075, 1077; Senatsurteil vom 11. Dezember 2003 - III ZR 118/03 - WM 2004, 278, 279). Dass diese Frist, was grundsätzlich nicht ausgeschlossen war, wirksam rechtsgeschäftlich verkürzt worden wäre, ergibt sich aus dem Vorbringen der Revisionserwiderung nicht. Eine diesbezügliche Absprache unmittelbar zwischen dem Kläger und der Beklagten (Anlagevermittlerin) wird nicht behauptet. Dem Parteivortrag ist auch nicht zu entnehmen, dass aufgrund der durch den Beitritt des Klägers zu den Fonds - in Verbindung mit den Anlageprospekten - begründeten Vertragsbeziehung zu den Anlagegesellschaften zugunsten der Beklagten als Dritter eine Verjährungsverkürzung wirksam vereinbart worden wäre. Der Prospekt W. 1 enthält zwar einen "Haftungsvorbehalt", der nach seinem Gesamtzusammenhang auch darauf abzielt, die Kapitalvermittlungsgesellschaft haftungsrechtlich mit zu entlasten. Als Teil der in den Beitrittsvertrag einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beteiligungsgesellschaft wäre diese Bestimmung aber jedenfalls als überraschende Klausel gemäß § 3 AGBG ungültig (vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 2003 aaO). Der Überraschungscharakter wird auch - was die Verkürzung der Verjährung gerade gegenüber der Kapitalvermittlungsgesellschaft angeht - nicht durch hinreichende drucktechnische Hervorhebung der Klausel (vgl. Senatsurteil aaO S. 281) beseitigt; der auf die Verjährung bezogene, fettgedruckte Teil des "Haftungsvorbehalts" (S. 30 des Prospekts W. 1, rechte Spalte) spricht nur Schadensersatzansprüche "gegen die vorgenannten Personen oder Gesellschaften" an, ohne letztere in diesem optisch herausgestellten Teil konkret zu bezeichnen. Selbst wenn hierdurch ein hinreichend deutlicher Hinweis jedenfalls auch auf die "Kapitalvermittlungsgesellschaft" erfolgt wäre, war damit noch nicht ohne weiteres die Beklagte gemeint, denn nach dem Prospekt (S. 18) war die D. Planungs-, Entwicklungs- und Management AG mit der Eigenkapitalbeschaffung beauftragt.
32
Die Anwendung der von der Revisionserwiderung ebenfalls zur Sprache gebrachten Verjährungsvorschrift des § 37a WpHG scheitert schon daran, dass die Beklagte weder als ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen tätig geworden ist, noch die ihm angelasteten Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit Wertpapierdienstleistungen begangen hat (s. zu den Voraussetzungen dieser Vorschrift auch das zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmte Senatsurteil vom 19. Januar 2006 - III ZR 105/05).

V.


33
Das Berufungsurteil kann daher in dem angefochtenen Umfang keinen Bestand haben. Mangels Entscheidungsreife im Revisionsverfahren ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieses die noch erforderlichen tatrichterlichen Feststellungen treffen kann. Insbesondere hat das Be- rufungsgericht noch einmal umfassend zu prüfen - gegebenenfalls auch unter persönlicher Anhörung des Klägers -, ob und inwieweit die bestehende (tatsächliche ) Vermutung der Ursächlichkeit der Aufklärungspflichtverletzungen der Beklagten für die Anlageentscheidungen des Klägers entkräftet ist.
Schlick Wurm Streck
Dörr Herrmann
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 28.11.2000 - 8 O 234/00 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 30.12.2004 - I-15 U 26/01 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 321/08 Verkündet am:
15. Juli 2010
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zu den Anforderungen an den Vorsatz für einen Kapitalanlagebetrug durch
unrichtige vorteilhafte Angaben und Verschweigen nachteiliger Tatsachen in
einem Emissionsprospekt.
BGH, Urteil vom 15. Juli 2010 - III ZR 321/08 - OLG München
LG München I
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Juli 2010 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Dörr,
Dr. Herrmann, Hucke und Tombrink

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 8. Dezember 2008 im Kostenpunkt - mit Ausnahme der Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 - und insoweit aufgehoben, als es die im Berufungsurteil (S. 4 f) wiedergegebenen Klageanträge zu I und II gegen die Beklagte zu 1 betrifft.
Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 im Revisionsverfahren - einschließlich 80,9 % der nach einem Wert von 28.182,40 € berechneten außergerichtlichen Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens - zu tragen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die noch nicht beschiedenen Kosten des Revisionsrechtszugs, an den 3. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Kläger Der erwarb durch auf Abschluss einer "Beitrittsvereinbarung" gerichtete Erklärung vom 24. November 1999 eine Beteiligung an der C. Gesellschaft für internationale Filmproduktion mbH & Co. Dritte Medienbeteiligungs KG (im Folgenden: Fonds III) in Höhe von 50.000 DM zuzüglich 5 % Agio. Der Beitritt sollte - dem von der Komplementärin der Beteiligungsgesellschaft herausgegebenen Prospekt entsprechend - über die Beklagte zu 1, eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, als Treuhandkommanditistin nach einem im Prospekt Teil B abgedruckten Vertragsmuster "Treuhandvertrag und Mittelverwendungskontrolle" vorgenommen werden. Die Beklagte zu 1, die im Prospekt in der Rubrik "Partner" als Gründungsgesellschafter bezeichnet wird, hatte ihre Stellung als Kommanditistin durch Abtretung des Geschäftsanteils des Gründungsgesellschafters K. erworben, der seinerseits Gesellschafter und Geschäftsführer der Komplementärin war. Zur Begrenzung des wirtschaftlichen Risikos aus der Filmvermarktung war im Emissionsprospekt vorgesehen, dass für einen Anteil von 80 % der Produktionskosten Sicherheiten bestehen sollten, etwa in Form von Ausfallversicherungen. Nachdem Produktionen nicht den erwünschten wirtschaftlichen Erfolg hatten, erwies sich der Versicherer, die N. Inc., nach Eintreten der Versicherungsfälle als zahlungsunfähig. Insgesamt erhielt der Kläger aus der Beteiligung Ausschüttungen von 26,3 %, das sind 6.723,49 €.
2
Der Kläger nimmt die Treuhandkommanditistin und den Beklagten zu 2, neben K. Gesellschafter der Komplementärin und seinerzeit zugleich Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer der I. - und T. - B. mbH (im Folgenden: IT GmbH), Zug um Zug gegen Abtretung aller Ansprüche aus der Beteiligung auf Rückzahlung des eingezahlten Betrags von - unter Berücksichtigung der genannten Ausschüttung - noch 20.119,33 € nebst Zinsen in Anspruch (Antrag zu I). Darüber hinaus begehrt er die Feststellung, dass die Beklagten ihm den Steuerschaden zu ersetzen hätten , der ihm durch eine etwaige nachträgliche Aberkennung von Verlustzuweisungen entstehe (Antrag zu II), und dass sie ihn von Ansprüchen freistellen müssten, die die Beteiligungsgesellschaft, deren Gläubiger oder Dritte gegen ihn wegen seiner Stellung als Kommanditisten richten könnten (Antrag zu III). Er sieht - soweit jetzt noch von Interesse - unter anderem einen Prospektmangel und eine Aufklärungspflichtverletzung darin, dass er von der Beklagten zu 1 nicht über Provisionszahlungen in Höhe von 20 % für die Eigenkapitalvermittlung an die IT GmbH unterrichtet worden sei. Den Beklagten zu 2 nimmt er als faktischen Geschäftsführer aller C. -Fonds nach § 826 BGB, § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 263, 264a StGB auf Schadensersatz in Anspruch.
3
Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge zu I und II gegen die Beklagten weiter.

Entscheidungsgründe


4
Die Revision führt, soweit sie die Beklagte zu 1 betrifft, im Umfang der Zulassung zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Gegenüber dem Beklagten zu 2 hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.

A.


5
Das Berufungsgericht würdigt die von ihm erhobenen Beweise dahin, dass die IT GmbH - neben der prospektierten Provision von 7 % für die Eigenkapitalvermittlung und dem Agio von in der Regel 5 % - weitere 8 % Provision als Vergütung für pauschale Werbungskosten von der Komplementärin erhalten habe. Die Beklagte zu 1 sei verpflichtet gewesen, den Kläger darüber zu informieren , dass die mit dem Vertrieb der Beteiligung befasste IT GmbH auch noch diese Vergütung für pauschale Werbungskosten, also insgesamt 20 % des Beteiligungsbetrags , erhalten sollte. Diese Pflicht beruhe auf dem Umstand, dass die IT GmbH in der Person ihres (früheren) Geschäftsführers und Gesellschafters , des Beklagten zu 2 - zugleich Gesellschafter der Komplementärin -, mit dieser verflochten gewesen sei und der Beklagten zu 1 die die Verflechtung begründenden Umstände und die Sonderbehandlung der IT GmbH bekannt gewesen seien.
6
Ungeachtet einer möglichen Aufklärungspflichtverletzung sei die Beklagte zu 1 nicht schadensersatzpflichtig, weil der Kläger wegen der Zahlung pauschalierter Werbungskosten keine Ansprüche erhoben und nicht behauptet habe , dass dieser Umstand für ihn von entscheidender Bedeutung gewesen sei. Soweit der Kläger geltend gemacht habe, er hätte sich an dem Fonds nicht beteiligt , wenn er Kenntnis von der 20 %igen Provisionszahlung an die IT GmbH gehabt hätte, genüge dies - ungeachtet einer Kausalitätsvermutung - nicht. Der formelhafte Vortrag der Prozessbevollmächtigten des Klägers in verschiedenen Parallelverfahren habe nicht mit dem Ergebnis der persönlichen Anhörung der jeweiligen Anleger durch den Senat übereingestimmt, weshalb er sich einen persönlichen Eindruck von dem Kläger habe verschaffen wollen. Dieser sei jedoch trotz der Anordnung des persönlichen Erscheinens zu keinem der be- stimmten Termine erschienen, ohne sich hinreichend zu entschuldigen. Vom Termin am 20. Oktober 2008, in dem er aufgrund des Beschlusses vom 13. Oktober 2008 als Partei habe vernommen werden sollen, habe er von seiner Prozessbevollmächtigten Kenntnis gehabt. Es entschuldige ihn nicht, dass seine Prozessbevollmächtigte ihm die unrichtige Information gegeben habe, er müsse zu diesem Termin nicht erscheinen, weil dieser wegen eines noch nicht beschiedenen Ablehnungsantrags und eines deshalb gestellten Terminverlegungsantrags nicht stattfinden werde. Aus dem Verhalten des Klägers schließe das Berufungsgericht, dass er seine Einvernahme nach § 454 ZPO verweigere, und würdige dies dahin, dass die Kausalität des fraglichen Umstands zu verneinen sei.
7
Eine Haftung des Beklagten zu 2 komme nicht in Betracht. Er sei weder für den Prospekt verantwortlich noch hätten in seiner Person vorvertragliche Beziehungen zum Kläger bestanden. Voraussetzung für eine deliktische Haftung wäre ein vorsätzliches Verhalten, wofür der Kläger jedoch keinen ausreichenden Sachvortrag gehalten habe.

B.


8
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nur in Bezug auf Ansprüche gegen den Beklagten zu 2 stand.
I. Ansprüche gegen die Beklagte zu 1
9
1. Zu Recht prüft das Berufungsgericht, ob Ansprüche des Klägers wegen eines Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen entstanden sind. Hier ist in Betracht zu ziehen, dass die Beklagte zu 1 als Treuhandkommanditistin die Pflicht treffen konnte, die künftigen Treugeber über alle wesentlichen Punkte aufzuklären, die für die zu übernehmende mittelbare Beteiligung von Bedeutung waren (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 1982 - II ZR 124/81 - BGHZ 84, 141, 144 f; Senatsurteile vom 13. Juli 2006 - III ZR 361/04 - NJW-RR 2007, 406, 407 Rn. 9; vom 22. März 2007 - III ZR 98/06 - NJW-RR 2007, 1041, 1043 Rn. 15; vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07 - NJW-RR 2008, 1129, 1130 Rn. 8; vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08 - NJW-RR 2009, 613, 614 Rn. 8), insbesondere diese über regelwidrige Auffälligkeiten zu informieren. Einer entsprechenden Pflicht war die Beklagte zu 1 nicht bereits deshalb enthoben, weil sie mit den Anlegern nicht in einen persönlichen Kontakt trat und ihre Aufgabe als die einer bloßen Abwicklungs - und Beteiligungstreuhänderin verstand. Denn der Beitritt vollzog sich durch Abschluss eines Treuhandvertrags zwischen der Beklagten und dem Treugeber und der Annahme des Beteiligungsangebots durch die Komplementärin (§ 3 Abs. 4, § 4 Abs. 1 Satz 4 des Gesellschaftsvertrags, Präambel des Treuhandvertrags), war also ohne Mitwirkung der Beklagten zu 1 nicht möglich.
10
2. Das angefochtene Urteil kann jedoch nicht bestehen bleiben, weil das Berufungsgericht die einer Aufklärungspflicht der Beklagten zu 1 entgegenstehenden Umstände nicht rechtsfehlerfrei festgestellt und die Ursächlichkeit für die Anlageentscheidung mit einer nicht tragfähigen Begründung verneint hat.
11
a) Wie der Senat für den Fonds III (Urteile vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07 - aaO S. 1131 ff Rn. 17-26; vom 6. November 2008 - III ZR 231/07 - NJW-RR 2009, 329 ff Rn. 5-14; vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08 - aaO S. 614 ff Rn. 9-26) und den Fonds II (Teilurteil vom 12. Februar 2009 - III ZR 119/08 - juris und BeckRS 2009, 7718 Rn. 8-25) entschieden hat, war die Beklagte zu 1 nach den in den damaligen Verfahren revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalten verpflichtet, den Anleger darüber zu informieren, dass die mit dem Vertrieb der Beteiligung befasste IT GmbH hierfür eine Provision von 20 % beanspruchte und erhalten sollte. Er hat dies wie folgt begründet: Der Gesellschaftsvertrag enthalte für die vorgesehene Mittelverwendung einen Investitionsplan, nach dem in die Beschaffung des Eigenkapitals 7 % des Beteiligungskapitals fließen solle. Darüber hinaus ergebe sich aus den Verträgen zur Durchführung der Investition, dass die Komplementärin, die sich zur Vermittlung des Zeichnungskapitals verpflichtet hatte, zusätzlich das Agio von 5 % erhalten sollte (Urteil vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07 - aaO S. 1131 Rn. 18; Urteil vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08 - aaO S. 614 Rn. 11). Demgegenüber habe der Anleger vorgetragen und in verschiedener Weise belegt, dass an die IT GmbH für die Vermittlung des Eigenkapitals 20 % geflossen seien (Urteil vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07 - aaO Rn. 19; Urteil vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08 - aaO S. 615 f Rn. 16-18). Die Komplementärin sei an die Beachtung des Investitionsplans gebunden und nicht berechtigt gewesen, über die ihr zufließenden Mittel nach ihrem Belieben zu verfügen (Urteil vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07 - aaO S. 1132 Rn. 24; Urteil vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08 - aaO S. 614 f Rn. 12). Vor diesem Hintergrund könne nicht unbeantwortet bleiben, wie die Tätigkeitsbereiche der Eigenkapitalvermittlung und der Werbung im Hinblick auf die hierfür zu beanspruchende Vergütung voneinander abzugrenzen seien (Urteil vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08 - aaO S. 615 Rn. 13 f).
12
Diesen Grundsätzen wird die Würdigung der Beweisaufnahme durch das Berufungsgericht, wie die Revision mit Recht rügt, nicht gerecht.
13
aa) Das Berufungsgericht nimmt auf der Grundlage der Aussage des Zeugen K. an, die IT GmbH habe die weiteren 8 % nicht als Provision (für die Vermittlung), sondern als pauschale Werbungskosten aus den Einnahmen der Komplementärin erhalten. In der Tat hat der Zeuge K. bekundet, es sei eine entsprechende mündliche Vereinbarung geschlossen worden, die den Zweck gehabt habe, "Vertriebsleute und Anleger" für die Beteiligungsgesellschaft zu gewinnen. Er hat hervorgehoben, die Vertriebsprovision und der Werbungskostenzuschuss seien streng voneinander unterschieden worden.
14
bb) Das Berufungsgericht geht offenkundig davon aus, die Vereinbarung pauschaler Werbungskosten sei für sich betrachtet, also zunächst ohne Berücksichtigung der zwischen der IT GmbH und der Komplementärin bestehenden Verflechtung, prospektgemäß und löse daher eine Aufklärungspflicht der Beklagten zu 1 nicht aus. Insoweit rügt die Revision mit Recht, dass sich das Berufungsgericht bei seiner Würdigung mit verschiedenen Gesichtspunkten nicht auseinandergesetzt hat, die dafür sprechen, dass es sich bei der zusätzlichen Provision für die IT GmbH um deren Vergütung für ihre Tätigkeit als großes Vertriebsunternehmen gehandelt hat.
15
Das (1) Berufungsgericht geht nicht auf die vom Kläger vorgelegten Rechnungen der IT GmbH vom 30. Oktober 1998 und 26. Oktober 1999 ein, in denen der Komplementärin - mit dem Hinweis, der Rechnungsbetrag enthalte keine Mehrwertsteuer - 20 % für die Vermittlung des Eigenkapitals in Rechnung gestellt werden. Beide Rechnungen betreffen zwar den Fonds II, der Aussage des Zeugen K. ist jedoch zu entnehmen, dass es die nämliche mündliche Provisionsabrede für die Fonds II, III und IV gegeben habe. Das Berufungsgericht beschäftigt sich auch nicht mit den beiden Rechnungen der IT GmbH vom 3. August 2000, in denen - wiederum mit dem Hinweis, der Rechnungsbetrag enthalte keine Mehrwertsteuer - für den Fonds III jeweils für dieselben geworbenen Anleger Eigenkapitalvermittlungsprovision von 12 % und ein Zuschuss zur Eigenkapitalvermittlungsgebühr von 8 % berechnet werden. Schließlich würdigt es das von K. unterzeichnete Schreiben der Komplementärin vom 11. Mai 1998 an die IT GmbH zu Händen des Beklagten zu 2 nicht, in dem davon gesprochen wird, K. wolle gegenüber dem Geschäftsführer der Beklagten zu 1 "insistieren, dass die der IT zustehenden 20 %-Vertriebskosten ebenfalls auf das KG-Konto überwiesen werden, von dem ich dann sofort die Mittel an die IT weiterleiten werde". Diese urkundlichen Beweismittel sprechen dafür, dass - entgegen der Aussage des vernommenen Zeugen - in der Rechnungsstellung und Handhabung keine strenge Unterscheidung zwischen der Eigenkapitalvermittlung von Gesellschaftsanteilen, die nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG nicht der Umsatzsteuerpflicht unterliegt, und Werbemaßnahmen, für die diese Befreiung nicht gilt, vorgenommen wurde (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Dezember 2009 - III ZR 319/08 - WM 2010, 301 Rn. 2; Senatsurteil vom 22. April 2010 - III ZR 318/08 - WM 2010, 1017, 1019 Rn. 13).
16
(2) Das Berufungsgericht hat sich ferner nicht die nach dem Streitstoff erhebliche Frage vorgelegt, wie im Hinblick auf die Regelungen im Investitionsplan und die ergänzenden Ausführungen zum Inhalt der Leistungsverträge Werbemaßnahmen im Rahmen der Konzeption des Fonds von einer Werbung abzugrenzen sind, die die IT GmbH als großes Vertriebsunternehmen zur Bewerbung der insgesamt von ihr vertriebenen Produkte betrieben hat. Wie der Senat - nach Erlass des hier angefochtenen Urteils - für den Fonds III entschieden hat, kann im Hinblick auf die Regelungen im Investitionsplan nicht jegliche Werbetätigkeit nach der Budgetposition "Konzeption, Werbung, Prospekt, Gründung" abgerechnet werden, sondern es sind übliche Werbemaßnahmen, die der Eigenkapitalvermittlung dienen, hiervon auszunehmen (vgl. eingehend hierzu Senatsurteil vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08 - aaO S. 614 f Rn. 11-14). Nähere Feststellungen zur Werbetätigkeit der IT GmbH hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Immerhin kann bereits der hier wiedergegebenen Aussage des Zeugen K. entnommen werden, dass es um Anlegerwerbung und um die Information von "Vertriebsleuten" ging, also um Maßnahmen, die mit der Gewinnung von Anlegern in engem Zusammenhang stehen.
17
cc) Die Beklagte zu 1 kann der Annahme einer möglichen Pflichtverletzung nicht entgegenhalten, die Komplementärin, die Inhaberin eines eigenen gewerblichen Unternehmens sei, das Handelsgeschäfte auf eigene Rechnung betreibe, habe - nicht als Gesellschafterin, sondern als Dritte - mit der jeweiligen Beteiligungsgesellschaft Leistungsverträge geschlossen, die mit ihrem wesentlichen Inhalt und der versprochenen Vergütung im Emissionsprospekt bekannt gemacht worden seien. Es unterliege nicht dem geringsten rechtlichen Zweifel, dass die Komplementärin als Dritte im Rahmen der Leistungsverträge in anderer Funktion und mit anderen Rechten und Pflichten handele als in ihrer Funktion als Geschäftsführerin der Beteiligungsgesellschaft und dass die Leistungsverträge uneingeschränkt wirksam und verbindlich seien. Für die Auffassung, die Komplementärin sei bei der Verwendung ihrer aufgrund der Leistungsverträge erworbenen Mittel an den in § 6 des Gesellschaftsvertrags enthaltenen Investitionsplan gebunden, gebe es keine rechtliche Begründung. Für das Handeln der Komplementärin als Dritte, wozu der Abschluss und die Ausführung der genannten Leistungsverträge zählten, gelte nur das Recht ihrer eigenen Satzung und nicht der Gesellschaftsvertrag der Beteiligungsgesellschaft.
18
Diese Überlegungen rechtfertigen eine andere Beurteilung nicht, wie der Senat bereits in seinen Urteilen vom 23. Juli 2009 (III ZR 306/07 - juris und BeckRS 2009, 22376 Rn. 14 f; III ZR 323/07 - juris und BeckRS 2009, 22724 Rn. 14 f; III ZR 2/08 - juris und BeckRS 2009, 22723 Rn. 10 f) und 8. Oktober 2009 (III ZR 207/07 - WM 2009, 2358, 2359 f Rn. 11 ff; III ZR 259/07 - juris und BeckRS 2009, 86780 Rn. 13 ff; III ZR 241/08 - juris und BeckRS 2009, 86437 Rn. 11 ff) näher begründet hat. Dem Senat ist in den bisherigen Entscheidungen durchaus bewusst gewesen, dass die Komplementärin nach den Angaben des Emissionsprospekts verschiedene Leistungsverträge mit der Beteiligungsgesellschaft abgeschlossen hat, auf die der Senat im Einzelnen eingegangen ist. Die Wirksamkeit und Verbindlichkeit dieser Verträge, die die Komplementärin als Geschäftsführerin der Beteiligungsgesellschaft - nach dem Gesellschaftsvertrag von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit - mit sich abgeschlossen hat, ist nicht Gegenstand des anhängigen Verfahrens. Sie ist auch für die Frage, ob der Beklagten zu 1 eine Aufklärungspflichtverletzung vorzuwerfen ist, nicht vorgreiflich.
19
Nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Vorbringen geht es vielmehr um den von den Anlegern erhobenen Vorwurf, die Initiatoren hätten die wahre Provisionshöhe für die Einwerbung des Beteiligungskapitals in den maßgeblichen Prospektangaben verschleiert, um die Beteiligung an den Mann bringen zu können. Unterstellt man dies als richtig, wird ein entsprechendes Verhalten der Initiatoren und Gründungsgesellschafter nicht dadurch pflichtgemäß , dass die an dieser Abrede beteiligte Komplementärin als Dritte mit der Beteiligungsgesellschaft Leistungsverträge abschließt, die diese Verschleierung absichern sollen.
20
b) Ist danach hier revisionsrechtlich davon auszugehen, dass die Beklagte zu 1 zu einer Aufklärung des Klägers über die Höhe der von der IT GmbH beanspruchten Provisionen verpflichtet war, wird die angefochtene Entscheidung nicht von der Überlegung getragen, es fehle an der Kausalität dieses Umstands für dessen Anlageentscheidung.
21
aa) Der Kläger hat vorgetragen, er hätte sich nicht beteiligt, wenn er Kenntnis von Provisionen in Höhe von 20 % an die IT GmbH gehabt hätte. Davon geht auch das Berufungsgericht aus. Das ist - anders als das Berufungsgericht meint - zunächst einmal ein hinreichender Vortrag (vgl. Senatsurteile vom 17. Dezember 2009 - III ZR 31/08 - juris und BeckRS 2010, 01124 Rn. 13; vom 22. April 2010 - III ZR 318/08 - aaO S. 1020 Rn. 19). Unterstellt man nämlich eine Pflichtverletzung der Beklagten zu 1, ist zu prüfen, wie sich der Kläger bei pflichtgemäßem Vorgehen der Beklagten zu 1 verhalten hätte. Die Beklagte zu 1 hätte ihrer Aufklärungspflicht zwar dadurch genügen können, dass sie darauf hingewirkt hätte, den Prospekt um entsprechende Angaben zu ergänzen; da dies aber nicht geschehen ist, konnte die Aufklärung nur in der Weise vorgenommen werden, dass der Kläger bei seinem Beitritt konkret über die entsprechenden Umstände informiert wurde. In diesem Rahmen kommt dem Kläger eine gewisse, auf die Lebenserfahrung gegründete Kausalitätsvermutung zugute (vgl. Senatsurteile vom 6. November 2008 - III ZR 290/07 - juris und BeckRS 2008, 23805 Rn. 19; vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08 - aaO S. 617 Rn. 27; vom 23. Juli 2009 - III ZR 306/07 - juris und BeckRS 2009, 22376 Rn. 17), die letztlich auf dem Umstand beruht, dass es aus der Sicht des Senats für den Vertrieb einer Kapitalanlage einen wesentlichen Unterschied macht, ob hierfür (nur) 12 % oder 20 % des Eigenkapitals aufgebracht werden müssen (vgl. Senatsurteile vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07 - aaO S. 1132 Rn. 22; vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08 - aaO S. 616 f Rn. 24). Die Kausalitätsvermu- tung sichert das Recht des Anlegers, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in ein bestimmtes Projekt investieren will oder nicht. Um sie zu widerlegen, muss der Aufklärungspflichtige jedenfalls darlegen, dass der einzelne Anleger den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte (vgl. BGH, Urteil vom 7. Dezember 2009 - II ZR 15/08 - NJW 2010, 1077, 1079 Rn. 24). Soweit die Revision in diesem Zusammenhang rügt, mangels entsprechenden Vorbringens der Beklagten zu 1 habe das Berufungsgericht nicht die Vernehmung des Klägers als Partei nach § 448 ZPO anordnen dürfen, übersieht sie, dass diese, worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist, entsprechenden Vortrag gehalten hat.
22
bb) Das Berufungsgericht war aber nicht nach § 454 Abs. 1, § 446 ZPO berechtigt, die behauptete Tatsache nach freier Überzeugung als unwahr anzusehen; denn der Kläger hat es nicht abgelehnt, sich vernehmen zu lassen. Seine Prozessbevollmächtigte hat im Termin vom 13. Oktober 2008 angegeben, wenn der Senat eine Parteivernehmung beabsichtige, werde sie dies ihrem Mandanten raten und er werde sich dann als Partei vernehmen lassen. Die Gründe, mit denen der Kläger sein Fernbleiben im Termin vom 20. Oktober 2008 entschuldigte, ließen sich nicht als Weigerung interpretieren, sich zu dem - vom Berufungsgericht im Beweisbeschluss nicht einmal formulierten - Beweisthema vernehmen zu lassen. Denn der Kläger war von seiner Prozessbevollmächtigten dahin informiert worden, der Termin vom 20. Oktober 2008 werde wegen eines Terminverlegungsantrags und eines noch nicht beschiedenen Ablehnungsantrags nicht stattfinden. Diese Information war zwar ungesichert, weil der Verhandlungstermin tatsächlich (noch) nicht verlegt worden war; allerdings durfte die Prozessbevollmächtigte des Klägers erwarten, über die Ablehnung ihres Terminverlegungsantrags rechtzeitig vor dem Termin unterrichtet zu werden , was infolge eines Versehens der Geschäftsstelle unterblieben ist. Es kommt hinzu, dass der Kläger nicht - wie das Berufungsgericht befunden hat - sehr kurzfristig geladen worden ist, sondern dass ihn die Ladung unter Verletzung des § 217 ZPO, der auch bei einer Ladung zu einer Parteivernehmung zu beachten ist (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 454 Rn. 3; Musielak/ Huber, ZPO, 7. Aufl. 2009, § 454 Rn. 2, § 450 Rn. 2; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl. 2006, § 454 Rn. 4; MünchKommZPO/Schreiber, 3. Aufl. 2008, § 454 Rn. 2; PG/Müller-Christmann, ZPO, 1. Aufl. 2010, § 454 Rn. 3; Hk-ZPO/Pukall, 3. Aufl. 2009, § 454 Rn. 2), vor dem Termin vom 20. Oktober 2008 überhaupt nicht erreicht hat. Das Berufungsgericht hat auch nicht, wie es nach § 454 Abs. 2 ZPO geboten war, im Termin vom 20. Oktober 2008 zur Hauptsache verhandelt, nachdem es - wie hier - von der Anberaumung eines erneuten Vernehmungstermins absehen wollte. Gleichwohl hat es "aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20. Oktober 2008" entschieden. Die Revisionserwiderung macht zwar darauf aufmerksam, das Berufungsgericht sei im Hinblick auf frühere Termine, in denen mündlich verhandelt worden sei, befugt gewesen, gemäß § 251a ZPO nach Lage der Akten zu entscheiden. Von dieser Möglichkeit hat es jedoch ersichtlich keinen Gebrauch gemacht.
23
3. Das Berufungsurteil hat auch keinen Bestand, soweit es um die mangelnde Aufklärung über die Verflechtung der IT GmbH mit der Komplementärin in der Person des Beklagten zu 2 geht.
24
a) Zu Recht geht das Berufungsgericht allerdings von einer entsprechenden Aufklärungspflicht der Beklagten zu 1 aus.
25
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der Prospekt über ein Beteiligungsangebot, der für einen Beitrittsinteressenten im Allgemeinen die einzige Unterrichtungsmöglichkeit darstellt, den Anleger über alle Umstände , die für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig zu unterrichten (vgl. BGH, Urteile vom 6. Oktober 1980 - II ZR 60/80 - BGHZ 79, 337, 344; vom 21. Oktober 1991 - II ZR 204/90 - BGHZ 116, 7, 12; vom 5. Juli 1993 - II ZR 194/92 - BGHZ 123, 106, 109 f; vom 29. Mai 2000 - II ZR 280/98 - NJW 2000, 3346; vom 6. Februar 2006 - II ZR 329/04 - NJW 2006, 2042, 2043 Rn. 7; Senatsurteil vom 14. Juni 2007 - III ZR 125/06 - WM 2007, 1503 f. Rn. 9). Dazu gehört auch eine Darstellung der wesentlichen kapitalmäßigen und personellen Verflechtungen zwischen einerseits der Komplementär-GmbH, ihren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern und andererseits den Unternehmen sowie deren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern, in deren Hand die Beteiligungsgesellschaft die nach dem Emissionsprospekt durchzuführenden Vorhaben ganz oder wesentlich gelegt hat (vgl. BGH, Urteile vom 6. Oktober 1980 - II ZR 60/80 - aaO S. 345; vom 10. Oktober 1994 - II ZR 95/93 - NJW 1995, 130; vom 7. April 2003 - II ZR 160/02 - NJW-RR 2003, 1054, 1055; Senatsurteil vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07 - aaO S. 1132 f Rn. 25; vgl. auch allgemein Urteil vom 4. März 1987 - IVa ZR 122/85 - NJW 1987, 1815, 1817, insoweit ohne Abdruck in BGHZ 100, 117), und der diesem Personenkreis gewährten Sonderzuwendungen oder Sondervorteile (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 1985 - II ZR 41/84 - WM 1985, 533, 534; vom 10. Oktober 1994 - II ZR 95/93 - aaO; vom 7. April 2003 - II ZR 160/02 - aaO).
26
bb) Wie der Senat bereits in seinen Urteilen vom 29. Mai 2008 (III ZR 59/07 - aaO) und 12. Februar 2009 (III ZR 90/08 - aaO S. 617 Rn. 25; III ZR 119/08 - aaO Rn. 24) entschieden hat, musste in dem Emissionsprospekt her- ausgestellt werden, welche Rolle der IT GmbH bei der Verwirklichung des Vorhabens zukam. Das beruht auf zwei Gesichtspunkten. Zum einen ging es um die Person ihres Mehrheitsgesellschafters und seinerzeitigen Geschäftsführers, des Beklagten zu 2. Er war nach den Angaben im Prospekt zusammen mit K. Gesellschafter der Komplementärin mit Anteilen von mehr als 25 %; nach den Bekundungen des Zeugen K. hielt der Beklagte zu 2 eine Mehrheitsbeteiligung von 60 % (vgl. auch Senatsurteile vom 12. Februar 2009 aaO). Er war daher in der Lage, bestimmenden Einfluss auf die C. GmbH in ihrer Eigenschaft sowohl als Geschäftsführerin der Fondsgesellschaft als auch als mit bestimmten Aufgaben der Fondsgesellschaft betrautes Drittunternehmen auszuüben. Zum anderen war er Geschäftsführer und Gesellschafter der IT GmbH, die als Folge der Gewinnung von Anlegern Provisionen von 20 % erhielt und so stark in die Verwirklichung des Vorhabens eingebunden war, dass sie mit 36,02 % einen erheblichen Teil der Anleger für diesen Fonds einwarb. Soweit die Beklagte zu 1 hiergegen anführt, die Einbindung der IT GmbH in den Vertrieb könne nicht als "Vorhaben des Fonds" angesehen werden, das - entsprechend der Regelung im Gesellschaftsvertrag - in der Entwicklung, der Herstellung und dem Erwerb von Filmprojekten sowie der Beteiligung an Filmund Fernsehproduktionen im In- und Ausland bestanden habe, übersieht sie, dass die IT GmbH - nach dem Vortrag der Beklagten zu 1 - hierauf nicht beschränkt war, sondern gerade mit Werbemaßnahmen beauftragt worden sein soll, weil sie über die in der Filmbranche erforderlichen Kontakte verfügt habe und daher die Fondsbeteiligungen wesentlich öffentlichkeits- und medienwirksamer habe bewerben können als die Komplementärin selbst. Die Komplementärin habe nämlich weder über das erforderliche eigene Personal noch über das für die werbliche Einführung des Fondsprodukts erforderliche Kapital noch über ein der IT GmbH vergleichbares Know-how verfügt. Für die Entwicklung des Vorhabens kam es daher - auf der Grundlage des Vortrags der Beklagten zu 1 - von Beginn an entscheidend darauf an, dass die mit der Konzeptionierung des Fonds verbundene Werbung wie die anderen in dieser Budgetposition enthaltenen Aufgaben den Boden für eine erfolgreiche Vermittlung und Installierung der Beteiligungsgesellschaft bereiteten, um die angestrebten Investitionsmaßnahmen ordnungsgemäß durchführen zu können.
27
Für die Pflicht, über diese personelle und kapitalmäßige Verflechtung und die mit ihr verknüpften Sondervorteile zu informieren, spielt es angesichts des Umstands, dass im Prospekt hierzu jegliche Angaben fehlen, keine Rolle, ob die IT GmbH nur mit Aufgaben der Eigenkapitalvermittlung oder zusätzlich mit Werbemaßnahmen beauftragt war und ob die mit der Komplementärin ausbedungene Vergütung üblich oder angemessen war. Handelte es sich, wie der Kläger in erster Linie geltend macht und wofür die bereits angeführten Indizien sprechen, um eine Vergütung für die Eigenkapitalvermittlung, liegt nicht nur ein Verstoß gegen den Gesellschaftsvertrag, sondern im Verhältnis zu anderen mit der Eigenkapitalbeschaffung betrauten Unternehmen auch eine Sonder (Besser-)Behandlung vor. Diese Sonderbehandlung würde den Anleger nur dann nicht berühren, wenn die prospektgemäßen Mittel für die Eigenkapitalvermittlung (7 % plus 5 % Agio) insgesamt nicht überschritten worden wären. Davon kann jedoch, wie der Senat in seinen Urteilen vom 12. Februar 2009 im Einzelnen begründet hat (III ZR 90/08 - aaO S. 616 Rn. 21; III ZR 119/08 - aaO Rn. 20), keine Rede sein; dass die Zusatzvergütung aus einem anderen Budget entnommen worden ist, ist unstreitig. Aber auch dann, wenn es einen nach Inhalt und Umfang klaren, schriftlich fixierten Auftrag der IT GmbH gegeben hätte, bestimmte der Komplementärin zugewiesene Aufgaben außerhalb der eigentlichen Kapitalvermittlung vorzunehmen, wäre es für die Anleger von erheblichem Interesse gewesen, hierüber unterrichtet zu werden. Das liegt gerade bei Werbemaßnahmen eines großen Vertriebsunternehmens nahe, weil sich hierbei immer die Frage aufdrängen wird, ob diese Werbemaßnahmen im eigenen Interesse dieses Unternehmens, insbesondere im Hinblick auf seine sonstigen Vertriebsaktivitäten , durchgeführt werden oder ob sie in besonderer Weise der Fondsgesellschaft zugute kommen. Gerade weil es schwierig und problematisch ist, eine klare Abgrenzung zwischen Werbemaßnahmen für die Fondsgesellschaft und der "Einwerbung" von Gesellschaftskapital vorzunehmen oder - wie es hier in Streit steht - im Nachhinein eine nähere Klärung hierüber herbeizuführen , muss dem Anleger bei seinem Beitritt die Gelegenheit zu einer eigenverantwortlichen Entscheidung gegeben werden. Das gilt in besonderem Maße dann, wenn es - wie hier nach der Bekundung des Zeugen K. anzunehmen ist - nur mündliche Abreden gegeben hat. Hätte der Prospekt - wie aus der Sicht des Senats geboten - Angaben dazu enthalten, dass die IT GmbH für einen erheblichen Teil des Fonds mit der Einwerbung von Anlegern betraut ist und hierfür 7 % Provision und das Agio zu beanspruchen hat und weitere 8 % bezogen auf die von ihr eingeworbenen Anleger dafür erhält, dass sie im Rahmen der Konzeptionierung des Fonds bestimmte Werbemaßnahmen durchgeführt hat, hätte sich der Anleger überlegen können, ob ihn diese Abgrenzung überzeugt und was von Werbemaßnahmen (und dem Ansatz der Weichkosten insgesamt) zu halten ist, deren Vergütung an einen Vermittlungsvorgang geknüpft wird, der sich nur auf einen Teil der Anleger bezieht. Soweit die Beklagte daher auf die Vermittlungserfolge der IT GmbH verweist, ist dies angesichts der unterlassenen Aufklärung ein ambivalentes Argument. Dass es sich bei allem um Vergütungsansprüche der Komplementärin handelte, über die sie als Drittunternehmen prinzipiell nach ihren Vorstellungen verfügen durfte, ändert nichts an den Erwartungen der Anleger, die sie im Hinblick auf die Darstellung im Investitionsplan über deren Verwendung haben durften.
28
cc) Die Pflicht der Prospektverantwortlichen, die Anleger über die Einbindung der IT GmbH zu unterrichten, ist nicht deshalb zu verneinen, weil der Prospekt hinreichend über die der Komplementärin gewährten Sondervorteile Auskunft gibt. Die Beklagte zu 1 hat zwar dem Sinne nach eingewendet, aus der Information über diese - jetzt von ihr als "extrem hoch", "überhöht" und "exorbitant" bezeichneten - Sondervorteile folge, dass die Gesellschafter der Komplementärin deren Nutznießer seien. Das ist aber zu kurz gegriffen. Denn viele Anleger werden die der Komplementärin übertragenen Aufgaben - ungeachtet des Systems von Leistungsverträgen, die die Fondsgesellschaft mit ihr geschlossen hat - als solche ansehen, für deren Bewältigung diese bereits aufgrund ihrer Geschäftsführerstellung der Fondsgesellschaft verantwortlich ist. Diese im Prospekt enthaltene Information ist daher aus der Sicht des Senats nicht mit der fehlenden Aufklärung über die gesellschaftsrechtliche Verflechtung der IT GmbH und die ihr übertragenen Aufgaben zu vergleichen.
29
dd) Das Berufungsgericht hat auch rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Beklagte zu 1, die nicht selbst prospektverantwortlich ist, zu einer Aufklärung des Klägers verpflichtet war, weil ihr die maßgebenden Umstände bekannt waren. Sie wusste aufgrund ihrer eigenen Berechnungen im Rahmen der Mittelfreigabe , dass die IT GmbH Provisionen von 20 % erhielt, und ihr waren auch die Verflechtungen zwischen diesem Unternehmen und der Komplementärin in der Person des Beklagten zu 2 bekannt, was das Berufungsgericht - unbeanstandet von der Revisionserwiderung - aus dem Schreiben der Beklagten zu 1 vom 9. Februar 1998 auf eine Publikation des Direkten Anlegerschutzes vom 16. Januar 1998 geschlossen hat, in der auf diese Verflechtung hingewiesen wurde. Als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, zu deren Berufsbild nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 WPO auch die Wahrnehmung von Treuhandaufgaben gehört, musste sie wissen, dass ein Prospekt über wesentliche kapitalmäßige und per- sonelle Verflechtungen zwischen der Komplementär-GmbH, ihren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern einerseits und den Unternehmen sowie deren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern andererseits , in deren Hand die Beteiligungsgesellschaft die durchzuführenden Vorhaben ganz oder wesentlich gelegt hat, informieren muss.
30
b) Eine Schadensersatzpflicht der Beklagten zu 1 lässt sich jedoch nicht mit der Begründung verneinen, der Kläger habe seine Ansprüche nicht darauf gestützt, dass an die IT GmbH pauschalierte Werbungskosten gezahlt worden seien. Wie zu 2 a bb ausgeführt, fehlt es bereits an einer fehlerfreien Feststellung , dass es sich bei den zusätzlichen Zahlungen in Höhe von 8 % um eine pauschale Vergütung für Werbeaufwendungen gehandelt hat. Im Übrigen ist es für die Aufklärungspflicht wegen des Verflechtungsgesichtspunkts nicht von Bedeutung , für welche Zwecke diese zusätzlichen Zahlungen geleistet worden sind. Es genügt daher, dass der Kläger, wie die Revision mit Recht rügt, auf die Verflechtung und die Kenntnis der Beklagten zu 1 sowie darauf hingewiesen hat, dass die IT GmbH eine im Prospekt nicht offengelegte Sondervergütung erhalten habe. Die hierdurch bewirkte Gefährdung von Anlegerinteressen liegt in der Eingehung einer Beteiligung, deren Rentierlichkeit auf der Grundlage des Prospekts, der die Weichkosten nur in kleinen unverdächtigen Dosen aufführte, nicht hinreichend beurteilt werden konnte. Auch unter dem Gesichtspunkt der Kausalität kommt es nicht auf die Bezeichnung der Mehrvergütung an. Wie oben näher dargelegt (siehe oben 2 b), genügen die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht, die dem Anleger zugute kommende Kausalitätsvermutung als widerlegt anzusehen.
31
4. Das angefochtene Urteil kann auch insoweit nicht bestehen bleiben, als das Berufungsgericht den Feststellungsantrag des Klägers auf Ersatz von Steuerschäden aufgrund einer nachträglichen Aberkennung von Verlustzuweisungen abgewiesen hat.
32
Wie der Kläger im Revisionsverfahren näher ausgeführt hat, verfolgt er mit diesem Antrag nicht, die Beklagte zu 1 wegen eines eigenständigen Fehlers auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen, etwa auch in dem Fall, dass sein mit einer "Rückgabe" der Beteiligung verbundener Zahlungsantrag unbegründet wäre. Vielmehr will er, wenn sein Zahlungsantrag Erfolg hat und es zu einer entsprechenden Schadensersatzleistung der Beklagten zu 1 sowie zu einer Übertragung der Rechte aus der Beteiligung kommt, mit diesem Antrag sicherstellen , dass er über die notwendige Versteuerung der Ersatzleistung hinaus nicht auch noch die Verlustzuweisung verliert.
33
Da das Ziel dieses Antrags damit unmittelbar die Frage betrifft, wie weit - ausschließlich auf der Rechtsfolgenseite - die aus einer Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten zu 1 folgende Schadensersatzverpflichtung reicht, ist das Feststellungsinteresse des Klägers nicht zu verneinen. In der Sache besteht in der vom Kläger gewünschten Nichtanrechnung von Steuervorteilen auf seinen Schadensersatzanspruch und der Versteuerung der Ersatzleistung ein Zusammenhang , der es im Allgemeinen, sofern nicht außergewöhnliche Steuervorteile vorliegen, entbehrlich macht, eine nähere Berechnung vorzunehmen (vgl. BGH, Urteile vom 22. März 1979 - VII ZR 259/77 - BGHZ 74, 103, 114 ff; vom 27. Juni 1984 - IVa ZR 231/82 - NJW 1984, 2524; Senatsurteil vom 17. November 2005 - III ZR 350/04 - NJW 2006, 499 Rn. 8).
34
Dieser Zusammenhang würde gestört, wenn die Verlustzuweisung nachträglich aberkannt würde. Allerdings führt dies nicht zu einem Schadensersatzanspruch auf Ersatz der Steuervorteile, die bisher auf der Anerkennung der Verlustzuweisung beruhten. Denn im Rahmen des hier verfolgten Schadensersatzanspruchs , der dahin geht, so gestellt zu werden, als hätte sich der Kläger nicht beteiligt, besteht kein (Erfüllungs-)Anspruch auf den Eintritt von Folgen, die sich aus der Beteiligung selbst ergeben. Bei einer Aberkennung von Verlustzuweisungen und einer damit einhergehenden steuerlichen Nachforderung kommt aber wegen der hierauf zu entrichtenden Zinsen ein Schadensersatzanspruch in Betracht, auf den die Vorteile aus der über Jahre währenden Anerkennung von Verlustzuweisungen anzurechnen wären (vgl. Senatsurteil vom 22. April 2010 - III ZR 318/08 - aaO S. 1022 Rn 32).
II. Ansprüche gegen den Beklagten zu 2
35
1. Das Berufungsgericht geht davon aus, dass zwischen dem Beklagten zu 2 und dem Kläger keine vorvertraglichen Beziehungen bestanden haben, auf deren Grundlage eine Haftung wegen Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen oder wegen Prospekthaftung im weiteren Sinne in Betracht käme. Das wird von der Revision nicht beanstandet. Mögliche Ansprüche aus Prospekthaftung im engeren Sinne, an die im Hinblick auf die erörterten Verflechtungen und Einflussmöglichkeiten des Beklagten zu 2 zu denken wäre, sind spätestens drei Jahre nach dem Beitritt (24. November 1999) verjährt (vgl. Senatsurteil vom 6. März 2008 - III ZR 298/05 - NJW-RR 2008, 1365, 1366 f Rn. 12 m.w.N.). Die Revision stellt daher zu Recht nur zur Nachprüfung, ob der Beklagte zu 2 aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 264a StGB und aus § 826 BGB deliktisch haftet.
36
2. Bei dieser Beurteilung ist, weil das Berufungsgericht insoweit keine fehlerfreien Feststellungen getroffen hat (siehe oben I 2 a), revisionsrechtlich da- von auszugehen, dass der Kläger vor seiner Anlageentscheidung darüber zu informieren war, dass an die IT GmbH Vertriebsprovisionen von 20 % gezahlt werden sollten und wurden. Insoweit enthielt der Prospekt die (möglicherweise) unrichtige, für den Anleger vorteilhafte Angabe einer geringeren Vertriebsprovision. Darüber hinaus musste dem Kläger mitgeteilt werden, welche Rolle der IT GmbH im Hinblick auf die personelle und kapitalmäßige Verflechtung mit der Komplementärin bei der Verwirklichung des Vorhabens zukam. Ob dem Kläger insoweit eine nachteilige Tatsache im Sinn des § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB verschwiegen wurde und ob der objektive Tatbestand dieser Norm erfüllt worden ist, braucht der Senat nicht abschließend zu entscheiden, da das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen ist, dass die Angaben des Klägers über ein vorsätzliches Verhalten des Beklagten zu 2 für die Annahme einer Schadensersatzpflicht wegen Verletzung dieses Schutzgesetzes nicht genügen.
37
a) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist geklärt, dass die Erheblichkeit des für die Anlageentscheidung bedeutsamen Umstands ein normatives Tatbestandsmerkmal ist. Daraus folgt, dass der Täter nicht nur die tatsächlichen Umstände kennen, sondern auch die rechtliche Wertung der Erheblichkeit nachvollziehen muss (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2005 - 5 StR 283/04 - NJW 2005, 2242, 2245; Beschluss vom 2. Februar 2010 - VI ZR 254/08 - juris und BeckRS 2010, 07412 Rn. 2).
38
b) Was der Kläger an Kenntnissen des Beklagten zu 2 behauptet, genügt auch bei der hier gebotenen revisionsrechtlichen Unterstellung für die Erfüllung des subjektiven Tatbestands der Norm nicht.
39
aa) Soweit es um den Vorwurf geht, im Prospekt seien die für die Eigenkapitalvermittlung vorgesehenen Provisionen auf 7 % und das Agio von (in der Regel) 5 % beschränkt und ein weiterer Vergütungsanteil von 8 %, der an die IT GmbH gezahlt werden sollte, in anderen Positionen des Investitionsplans versteckt worden, weil der Beklagte zu 2 gewusst habe, dass sich eine Anlage mit Vertriebsprovisionen von 20 % nicht vertreiben lasse, wird freilich - bezogen auf einzelne Elemente des Straftatbestands - ein vorsätzliches Verhalten des Beklagten zu 2 behauptet. Denn nach diesem Vortrag muss davon ausgegangen werden, dass der Beklagte zu 2 die Höhe der von ihm für die IT GmbH ausgehandelten Vertriebsprovision und die hiervon abweichenden Angaben des Prospektes kannte, auf dessen Grundlage die Anleger eingeworben wurden.
40
Dass sich der Beklagte zu 2 der Erheblichkeit der vom Kläger behaupteten Irreführung der Anleger in Bezug auf die Prospektierung des Projekts bewusst gewesen ist, folgt daraus indes nicht. Denn es ist insoweit zu berücksichtigen , dass hiervon - auch unter Zugrundelegung des Vortrags des Klägers - die für die Produktion und den Erwerb von Filmrechten prospektierten Kosten nicht berührt worden sind, insgesamt also nur Kosten für Funktionsträger aufgewendet worden sind, die sich im Rahmen des Prospekts gehalten haben. Dem entspricht es, dass bis zur Senatsentscheidung vom 29. Mai 2008 (III ZR 59/07 - aaO) die Berufungssenate des Oberlandesgerichts München, bei dem eine Vielzahl entsprechender Anlegerklagen anhängig (gewesen) sind, nahezu einhellig angenommen haben, der Emissionsprospekt sei nicht zu beanstanden und der Komplementärin sei es überlassen, nach ihrem Belieben über die Mittel zu verfügen, die sie aufgrund der mit der Fondsgesellschaft abgeschlossenen Leistungsverträge erhalten habe. Es ist dem Beklagten zu 2, der hinsichtlich der Vergütung von weiteren 8 % behauptet hat, sie habe der Abgeltung von aufwändigen Werbemaßnahmen für den Fonds gedient, nach dem Vorbringen des Klägers daher nicht zu widerlegen, dass der Prospekt aus seiner (juristisch) laienhaften Sicht alle erforderlichen Angaben richtig enthalten hat und dass die Komplementärin befugt war, dem von ihm vertretenen Unternehmen die Vergütung aus dem Budgettopf "Konzeption, Werbung, Prospekt, Gründung" zu zahlen.
41
bb) Dasselbe ist hinsichtlich der unterlassenen Information über die Einbindung der IT GmbH in die Verwirklichung des Vorhabens anzunehmen. Zwar reicht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Notwendigkeit der Offenlegung kapitalmäßiger und personeller Verflechtungen bis in das Jahr 1980 zurück (siehe oben I 3 a aa) und kann daher als seit langem gefestigt angesehen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Februar 2010 - VI ZR 254/08 - aaO Rn. 5). Die hier zu beurteilende Fallgestaltung weist jedoch eine Besonderheit auf, die für einen Verschuldensvorwurf an den Beklagten zu 2 von erheblicher Bedeutung ist. Der Emissionsprospekt informierte über die der Komplementärin gewährten Sondervorteile (vgl. Senatsurteil vom 15. Juli 2010 - III ZR 338/08 - zu B I 2 a aa-cc), in denen die betragsmäßig geringeren Sondervorteile der IT GmbH steckten. Zwar hätte ein Prospektverantwortlicher im Hinblick auf die gefestigte Rechtsprechung nicht ohne Fahrlässigkeit davon ausgehen dürfen, die der IT GmbH gewährten Sondervorteile seien für die Anleger ohne Interesse. Dass der Beklagte zu 2 angenommen hat, es bestehe in dieser Hinsicht im Hinblick auf den angeführten Gesichtspunkt keine Prospektierungspflicht, kann ihm aufgrund des Vorbringens des Klägers nicht widerlegt werden, so dass es an dem notwendigen Vorsatz fehlt.
42
c) Nichts anderes gilt hinsichtlich eines Schadensersatzanspruchs aus § 826 BGB.
Schlick Dörr Herrmann
Hucke Tombrink
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 19.02.2008 - 34 O 8703/07 -
OLG München, Entscheidung vom 08.12.2008 - 21 U 2701/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 123/09 Verkündet am:
17. Mai 2011
Stoll
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren, in dem
bis zum 15. April 2011 Schriftsätze eingereicht werden konnten, am 17. Mai
2011 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Bergmann, den Richter Dr. Strohn, die
Richterinnen Caliebe und Dr. Reichart und den Richter Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 26. Zivilsenats des Kammergerichts vom 6. April 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger beteiligte sich mit 50.000 DM an der Grundstücksgesellschaft B. straße GbR (G. -Fonds 18). Die Beklagte - damals noch firmierend unter G. Gemeinnützige Heimstätten-AG, dann umbenannt in G. AG und schließlich umgewandelt in die G. GmbH - ist Gründungsgesellschaf- terin dieses und noch weiterer gleichartiger Fonds. Ihre Anteile wurden mehrheitlich vom Land Berlin gehalten.
2
Die Fonds waren gegründet worden, um Wohnanlagen - größtenteils im sozialen Wohnungsbau - zu errichten und zu vermieten. Die Differenz zwischen der Kostenmiete und der niedrigeren Sozialmiete wurde teilweise durch Aufwendungshilfen des Landes Berlin ausgeglichen (sog. 1. Förderungsweg). Diese Hilfen wurden in einer ersten Förderphase für 15 Jahre ab Bezugsfertigkeit bewilligt. Üblicherweise schloss sich daran eine ebenfalls 15-jährige "Anschlussförderung" an.
3
Abweichend von dieser Verwaltungsübung beschloss der Berliner Senat am 4. Februar 2003 den Verzicht auf die Anschlussförderung für solche Bauvorhaben , bei denen die Grundförderung nach dem 30. Dezember 2002 endete. Darunter fiel auch der G. -Fonds 18. Seither ist der Fonds sanierungsbedürftig.
4
Der Kläger macht verschiedene Prospektmängel geltend. Er hat beantragt festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihn von sämtlichen Verbindlichkeiten aus der Beteiligung an dem Fonds, insbesondere von der quotalen Haftung für die von der Gesellschaft aufgenommenen Bankdarlehen, freizustellen. Ferner hat er die Feststellung begehrt, dass die Beklagte zum Ersatz etwaiger weiterer Schäden verpflichtet sei. Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben, den ersten Feststellungsantrag aber nur insoweit zugesprochen, als die Freistellungspflicht nur Zug um Zug gegen Übertragung des Gesellschaftsanteils zu erfolgen hat und nur die Verbindlichkeiten betrifft, welche die entstandenen Steuervorteile und die an den Kläger erfolgten Ausschüttungen abzüglich der geleisteten Einlage übersteigen. Das Berufungsge- richt hat die Klage auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision hat Erfolg und führt unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
6
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Prospekt stelle zwar die Anschlussförderung unzutreffend als sicher dar, während tatsächlich kein Rechtsanspruch darauf bestanden habe. Die Beitrittsentscheidung des Klägers beruhe aber nicht auf diesem Fehler. Die Kausalität werde nicht vermutet. Dem Kläger sei es auch nicht gelungen, die Kausalität zu beweisen. Die Aussagen der dazu vernommenen Zeugen reichten dafür nicht aus.
7
II. Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
8
1. Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass der Kläger von der Beklagten bei Vertragsschluss nicht zutreffend über die Risiken der Anlage unterrichtet worden ist.
9
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats muss einem Anleger für seine Beitrittsentscheidung ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt vermittelt werden, d.h. er muss über alle Umstände, die für seine Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, insbesondere über die mit der angebotenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken, zutreffend, verständlich und vollständig aufgeklärt werden (BGH, Urteil vom 6. Oktober 1980 - II ZR 60/80, BGHZ 79, 337, 344; Urteil vom 7. April 2003 - II ZR 160/02, WM 2003, 1086, 1088; Urteil vom 7. Dezember 2009 - II ZR 15/08, ZIP 2010, 176 Rn. 18). Das ist hier - wie das Berufungsgericht in fehlerfreier tatrichterlicher Würdigung festgestellt und der Senat für den G. -Fonds 18 auch schon bestätigt hat (BGH, Urteil vom 22. März 2010 - II ZR 178/08, juris Rn. 8 ff.) - durch den verwendeten Prospekt nicht geschehen.
10
a) Ein Prospektfehler liegt danach noch nicht in der Angabe, die Gesellschafter würden für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft entsprechend ihrer Beteiligungsquote haften. Damit wird nicht der Eindruck erweckt, der Umfang dieser quotalen Haftung werde durch Leistungen aus dem Gesellschaftsvermögen zwingend gemindert (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2010 - II ZR 178/08, juris Rn. 10 f.).
11
b) Der Prospekt ist aber insoweit fehlerhaft, als darin der Eindruck erweckt wird, auf die Anschlussförderung bestehe ein Rechtsanspruch.
12
Der Prospekthinweis Nach Ablauf des ersten Förderungszeitraumes von 15 Jahren ist eine Anschlussförderung gesichert. … kann - wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat - so verstanden werden, als sei die Anschlussförderung dem Grunde nach schon bewilligt und es müsse nur noch über das Wie der Förderung entschieden werden.
13
Dieser Eindruck wird durch die Angabe auf S. 19 des Prospekts 2011 endet der 1. Förderungszeitraum. Gemäß den Richtlinien über die Anschlussförderung von Sozialwohnungen wird eine Anschlussförderung gewährt. Diese gewährleistet dauerhaft vertretbare Belastungen … noch verstärkt.
14
Das ist unzutreffend und wird durch den Hinweis auf S. 22 des Prospekts Ein Wegfall der Mittel wäre bei Verletzung der Förderungsbestimmungen denkbar bzw. bei Zahlungsunfähigkeit des Staates (vgl. Anschlussförderung

).

ebenso wenig richtig gestellt wie durch den allgemeinen Hinweis auf S. 33 des Prospekts: Auch können prospektierte Ergebnisse, z.B. [richtig: durch] Änderungen von Gesetzgebungs-, Rechtsprechungs- oder Verwaltungspraxis, beeinflusst werden.
15
Die Anschlussförderung war ein für die Rentabilität des Fonds wesentlicher Umstand. Alle 161 Wohneinheiten sollten im sog. 1. Förderungsweg errichtet werden. Die Beklagte hat selbst vorgetragen, dass ohne Anschlussförderung "kein Investor dieser Welt" auch nur eine einzige Wohnung in Berlin in diesem Marktsegment gebaut hätte, weil nach Ablauf der 15-jährigen Grundförderung die dann noch verbleibende Kostenmiete für Wohnungen dieses Marktsegments nicht zu erzielen gewesen wäre.
16
2. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Prospektfehler sei für die Beitrittsentscheidung des Klägers nicht ursächlich geworden, hält der revisionsrechtlichen Prüfung aber nicht stand.
17
a) Das Berufungsgericht verkennt im Ansatz nicht, dass eine fehlerhafte Aufklärung schon nach der Lebenserfahrung ursächlich für die Anlageentscheidung ist (st. Rspr., siehe etwa BGH, Urteil vom 22. März 2010 - II ZR 66/08, ZIP 2010, 1030 Rn. 17 m.w.N.). Diese Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens sichert das Recht des Anlegers, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in ein bestimmtes Projekt inves- tieren will oder nicht (BGH, Urteil vom 5. Juli 1993 - II ZR 194/92, BGHZ 123, 106, 112 ff.).
18
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, die Kausalitätsvermutung greife hier nicht ein, weil der Kläger bei einer zutreffenden Aufklärung in einen Entscheidungskonflikt gekommen wäre; denn es habe nicht nur eine Möglichkeit aufklärungsrichtigen Verhaltens gegeben.
19
Bei Immobilien, bei denen es in der Regel vordringlich um Sicherheit, Rentabilität und Inflationsschutz geht, ist das Bestehen von Handlungsvarianten nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht geeignet, die auf der Lebenserfahrung beruhende tatsächliche Vermutung der Ursächlichkeit fehlerhafter Prospektdarstellungen für die Anlageentscheidung zu entkräften. Von einem Immobilienfonds erwartet der durchschnittliche Anleger Werthaltigkeit. Deshalb verbietet sich bei einer derartigen Anlageform im Regelfall die Annahme , eine gehörige Aufklärung über wichtige, für eine werthaltige Anlage abträgliche Umstände hätte bei dem Anlageinteressenten allein schon deshalb, weil er mit erheblichen Steuervorteilen geworben wurde, vernünftigerweise mehrere Entscheidungsmöglichkeiten eröffnet, also nur einen "Entscheidungskonflikt" begründet (BGH, Urteil vom 2. März 2009 - II ZR 266/07, ZIP 2009, 764 Rn. 6; Urteil vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05, ZIP 2006, 568 Rn. 24). Vielmehr ist regelmäßig davon auszugehen, dass der Anleger bei richtiger Aufklärung dem Fonds nicht beigetreten wäre. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kommt allenfalls bei hochspekulativen Geschäften in Betracht (BGH, Urteil vom 13. Juli 2004 - XI ZR 178/03, BGHZ 160, 58, 66 f.; s. aber BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, ZIP 2009, 1264 Rn. 22 zur grundsätzlich geltenden Kausalitätsvermutung), zu denen die Investition in einen Immobilienfonds jedoch in aller Regel nicht gehört (BGH, Urteil vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05, ZIP 2006, 568 Rn. 24; Urteil vom 22. März 2010 - II ZR 66/08, ZIP 2010, 1030 Rn. 19).
20
b) Danach wird hier die Kausalität des Prospektfehlers für die Anlageentscheidung vermutet. Bei einem zutreffenden Hinweis auf die rechtliche Ungewissheit der Anschlussförderung wäre es für einen durchschnittlichen Anlageinteressenten durchaus vernünftig gewesen, nicht in dieses Vorhaben zu investieren. Unabhängig von der Anschlussförderung konnte der Anleger mit der Anlage zwar Steuern sparen. Er riskierte aber, dass der Fonds bei Ausbleiben der Anschlussförderung nach 15 Jahren insolvent würde und damit das investierte Kapital verloren wäre. Dem standen keine adäquaten Gewinnchancen gegenüber. Nach der "Liquiditäts- und Prognoserechnung" des Prospekts konnte der Anleger bei normaler Förderung jährlich mit einer Ausschüttung i.H.v. 1,4 % des eingesetzten Kapitals rechnen. Er hätte zwar unter Hinzurechnung der Steuervorteile mehr als seine Einlage verdient gehabt. Von außergewöhnlich hohen Gewinnchancen (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 2004 - XI ZR 178/03, BGHZ 160, 58, 66 f.) kann indes keine Rede sein.
21
Ob das Risiko, die Anschlussförderung werde nicht bewilligt, im Zeitpunkt der Anlageentscheidung als gering einzustufen war, wie das Berufungsgericht angenommen hat, ist ohne Bedeutung. Der Umstand, dass auf die Anschlussförderung kein Rechtsanspruch bestand, stellte die Überlebensfähigkeit des Fonds grundsätzlich in Frage. Das Recht des Anlegers, das Für und Wider selbst abzuwägen und seine Anlageentscheidung in eigener Verantwortung zu treffen, wird in diesen Fällen auch durch unzutreffende Informationen über Umstände , für deren Eintritt eine nur geringe Wahrscheinlichkeit besteht, beeinträchtigt.
22
c) Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens hat die Beklagte nicht widerlegt.
23
Um die Kausalitätsvermutung zu widerlegen, muss der Aufklärungspflichtige darlegen und beweisen, dass der Anleger den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe auch andere Risiken hingenommen, so dass ihn auch dieses weitere Risiko nicht von der Zeichnung der Anlage abgehalten hätte, genügt dazu nicht. Ein solcher Schluss ist nicht tragfähig. Vielmehr kann ein Anleger, der schon zahlreiche Risiken übernommen hat, ebenso gut nicht mehr bereit sein, noch weitere Risiken zu übernehmen.
24
Auch die vom Berufungsgericht durchgeführte Beweisaufnahme hat die Kausalitätsvermutung nicht zu erschüttern vermocht. Das Berufungsgericht hat angenommen, damit sei die Kausalität nicht bewiesen. Das reicht nicht aus, um die gegenteilige Vermutung zu entkräften.
25
III. Die angefochtene Entscheidung ist auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis richtig (§ 561 ZPO).
26
1. Nach dem für das Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt trifft die Beklagte an der unrichtigen Darstellung in dem Prospekt ein Verschulden.
27
Das Verschulden wird in den Fällen der Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet. Zu der Frage, ob diese Vermutung widerlegt ist, hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen. http://www.juris.de/jportal/portal/t/1l6i/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=7&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE018702377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1l6i/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=7&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR006049896BJNE230301377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 10 -
28
Dazu würde ein Rechtsirrtum der Geschäftsführer der Beklagten über die Verbindlichkeit der Anschlussförderung nicht ausreichen. Denn ein Rechtsirrtum entschuldigt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur dann, wenn der Irrende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer anderen Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen brauchte (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2006 - VIII ZR 102/06, NJW 2007, 428 Rn. 25 m.w.N.). Insoweit kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, dass das Oberverwaltungsgericht Berlin in einem Beschluss vom 24. Juli 2003 (DVBl 2003, 1333) dem Land Berlin im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben hat, der Beklagten bis zur Entscheidung des Hauptsacheverfahrens über die Anschlussförderung eine entsprechende finanzielle Hilfe zu gewähren. Denn diese Entscheidung beruhte auf einer bloß summarischen Prüfung der Rechtslage. Demgegenüber hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 11. Mai 2006 zu der streitigen Anschlussförderung ausgeführt, ein Subventionsempfänger müsse grundsätzlich damit rechnen, dass bei Eintritt grundlegender Änderungen der allgemeinen Rahmenbedingungen die Subventionen gekürzt würden oder ganz wegfielen (NVwZ 2008, 1184 Rn. 57 f.).
29
2. Der Anspruch ist auch nicht verjährt.
30
Die durch die Neufassung der §§ 195, 199 BGB zum 1. Januar 2002 auf drei Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Berechtigte Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangt hätte, längstens auf zehn Jahre verkürzte Verjährungsfrist (Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB) war bei Klageeinreichung im Jahr 2006 nicht abgelaufen und wurde durch die demnächst erfolgte Zustellung im Jahr 2007 gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, § 167 ZPO gehemmt. Denn die Entscheidung des Berliner Senats, die Anschlussförderung einzustellen , datiert von Februar 2003. Anhaltspunkte für eine frühere Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers von dem Prospektfehler hat die Beklagte nicht dargetan.
31
IV. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die noch erforderlichen Feststellungen getroffen werden können.
32
Die Beklagte hat für ihre Behauptung, der Prospektmangel sei nicht ursächlich für die Anlageentscheidung gewesen, Beweis durch Parteivernehmung des Klägers angetreten. Diesem Beweisantritt wird das Berufungsgericht nachzugehen haben.
33
Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass ein Freistellungsanspruch - wie ein Zahlungsanspruch - nach Grund und Höhe bezeichnet sein muss. Soweit der Gläubiger das nicht kann, ist ein Freistellungsantrag unzulässig und stattdessen auf Feststellung zu klagen (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2010 - II ZR 66/08, ZIP 2010, 1030 Rn. 33 m.w.N.). Bergmann Strohn Caliebe Reichart Sunder
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 22.06.2007 - 36 O 13/07 -
KG, Entscheidung vom 06.04.2009 - 26 U 158/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
XI ZR 318/10
Verkündet am:
26. Februar 2013
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat im schriftlichen Verfahren, in
dem Schriftsätze bis zum 14. Januar 2013 eingereicht werden konnten, durch
den Vorsitzenden Richter Wiechers sowie die Richter Dr. Ellenberger, Maihold,
Dr. Matthias und Pamp

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 14. Juli 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die beklagte Bank auf Rückabwicklung einer Beteiligung an der V. 3 GmbH & Co. KG (im Folgenden : V 3) in Anspruch.
2
Der Kläger zeichnete nach vorheriger Beratung durch den Mitarbeiter K. der Beklagten am 5. September 2003 eine Beteiligung an V 3 im Nennwert von 30.000 € zuzüglich Agio in Höhe von 1.500 €.
3
Nach dem Inhalt des Verkaufsprospekts sollten 8,9% der Zeichnungssumme und außerdem das Agio in Höhe von 5% zur Eigenkapitalvermittlung durch die V. AG (im Folgenden: V. AG) verwendet werden. Die V. AG durfte laut Prospekt ihre Rechte und Pflichten aus der Vertriebsvereinbarung auf Dritte übertragen. Die Beklagte erhielt für den Vertrieb der Anteile Provisionen in Höhe von 8,25% der Zeichnungssumme, ohne dass dies dem Kläger im Beratungsgespräch offengelegt wurde.
4
Bereits zuvor hatte sich der Kläger durch Vermittlung der Beklagten an den Filmfonds " Erste A. GmbH & Co. KG" (nachfolgend: A I) sowie " Zweite A. GmbH & Co. KG" (nachfolgend: A II) beteiligt. Auf den Seiten 24 (A I) bzw. 28 (A II) der Prospekte zu diesen Fonds war mitgeteilt worden, dass die Beklagte für die Eigenkapitalvermittlung eine Vergütung von 8,5% des Zeichnungskapitals erhielt.
5
Der Kläger verlangt mit seiner Klage unter Berufung auf mehrere Aufklärungs - und Beratungsfehler, Zug um Zug gegen die Abgabe des Angebots auf Übertragung der Beteiligung und Abtretung aller Rechte aus der Beteiligung, Rückzahlung des eingesetzten Kapitals in Höhe von 31.500 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 4% p.a. von der Zeichnung der Anlage bis zur Rechtshängigkeit der Klage sowie Prozesszinsen. Des Weiteren begehrt der Kläger die Feststellung , dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen aus der Beteiligung an V 3 freizustellen, sowie die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten. Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben, hinsichtlich der geltend gemachten vorprozessualen Zinsen die Klage jedoch abgewiesen. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg.
6
Mit ihrer - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision begehrt die Beklagte weiterhin die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:

7
Die Revision der Beklagten ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

8
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
9
Das Landgericht habe zu Recht einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Schadensersatz wegen unterlassener Aufklärung über die von ihr erzielte Rückvergütung angenommen. Aufgrund des zwischen den Parteien zustande gekommenen Beratungsvertrags sei die Beklagte verpflichtet gewesen , den Kläger auf die von ihr im Zusammenhang mit dem Vertrieb der Anlage empfangene umsatzabhängige Vergütung hinzuweisen. Hierbei handele es sich um aufklärungspflichtige Rückvergütungen, ohne dass es darauf ankomme, ob die Vergütung aus dem Agio oder daneben zumindest teilweise aus den im Prospekt ausgewiesenen Fondsnebenkosten fließe. Im Prospekt sei die Beklagte weder konkret als Empfängerin von Vertriebsprovisionen benannt noch lasse sich die Höhe der an die Beklagte geflossenen Beträge abschätzen.
10
Stehe eine Aufklärungspflichtverletzung fest, streite für den Anleger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, die für alle Aufklärungsfehler eines Anlageberaters gelte. Ein Anleger, der um das mit der Anlageempfehlung verbundene Provisionsinteresse der Bank wisse, werde die Empfehlung typischerweise kritischer würdigen als ohne diese Kenntnis. Da es deshalb nahe liege, dass der Kläger die Anlageentscheidung für V 3 bei gehöriger Aufklärung nicht getroffenen hätte, obliege es der Beklagten darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass der Kläger einen entsprechenden Hinweis unbeachtet gelassen hätte.
11
Die Pflichtverletzung der Beklagten sei zumindest fahrlässig gewesen. Im Zeitpunkt der Anlageentscheidung habe es keine höchstrichterliche Rechtsprechung gegeben, aufgrund derer sich die Beklagte für berechtigt habe halten können, erlangte Rückvergütungen nicht zu offenbaren. Ein Mitverschulden sei dem Kläger nicht anzulasten.

II.

12
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
13
1. Das Berufungsgericht ist allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte ihre aus dem - nicht mehr im Streit stehenden - Beratungsvertrag nach den Grundsätzen des Bond-Urteils (Senatsurteil vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128) folgende Pflicht, den Kläger über die ihr zufließende Provision in Höhe von 8,25% des Zeichnungskapitals aufzuklären, schuldhaft verletzt hat.
14
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist eine Bank aus dem Anlageberatungsvertrag verpflichtet, über die von ihr vereinnahmte Rückvergütung aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen ungefragt aufzuklären. Auf- klärungspflichtige Rückvergütungen in diesem Sinne sind - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu versteckten Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen gezahlt werden, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt. Hierdurch kann beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen, er kann jedoch das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen (vgl. nur Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 20 und Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 17, für BGHZ bestimmt).
15
Bei den von der Beklagten empfangenen Provisionen handelte es sich, wie der Senat für die Parallelfonds V 3 und V 4 bereits mehrfach entschieden hat, um aufklärungspflichtige Rückvergütungen im Sinne der Senatsrechtsprechung (vgl. nur Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 26 und Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 18). Wie der Senat in diesem Zusammenhang ebenfalls schon mehrfach entschieden hat, konnte eine ordnungsgemäße Aufklärung des Klägers über diese Rückvergütungen durch die Übergabe des streitgegenständlichen Fondsprospekts nicht erfolgen, weil die Beklagte in diesem nicht als Empfängerin der dort ausgewiesenen Provisionen genannt ist (Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 27 und Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 22 mwN).
16
Schließlich hat das Berufungsgericht rechts- und verfahrensfehlerfrei ein Verschulden der Beklagten angenommen (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 5 ff. und vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 10 ff. sowie Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 25, jeweils mwN).
17
2. Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung jedoch nicht stand, soweit das Berufungsgericht die Kausalität der Aufklärungspflichtverletzung für den Erwerb der Fondsbeteiligung durch den Kläger bejaht hat.
18
a) Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast für ihre Behauptung trägt, der Kläger hätte die Beteiligung auch bei gehöriger Aufklärung über die Rückvergütung erworben.
19
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat, beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Geschädigte den Rat oder Hinweis also unbeachtet gelassen hätte. Diese sogenannte "Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens" gilt für alle Aufklärungs- und Beratungsfehler eines Anlageberaters, insbesondere auch dann, wenn Rückvergütungen pflichtwidrig nicht offengelegt wurden. Es handelt sich hierbei nicht lediglich um eine Beweiserleichterung im Sinne eines Anscheinsbeweises, sondern um eine zur Beweislastumkehr führende widerlegliche Vermutung (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 28 ff. mwN).
20
Das Berufungsgericht hat des Weiteren im Ergebnis zutreffend angenommen , dass von dieser Beweislastumkehr nicht nur dann auszugehen ist, wenn der Anleger bei gehöriger Aufklärung vernünftigerweise nur eine Handlungsalternative gehabt hätte. Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden hat (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 30 ff. mwN), ist das Ab- stellen auf das Fehlen eines solchen Entscheidungskonflikts mit dem Schutzzweck der Beweislastumkehr nicht vereinbar. Die Beweislastumkehr greift vielmehr bereits bei feststehender Aufklärungspflichtverletzung ein.
21
b) Die Revision rügt allerdings - wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils zu einem Parallelfall entschieden hat (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 37 ff.) - zu Recht, dass das Berufungsgericht den Vortrag der Beklagten, ihr Provisionsinteresse habe keinen Einfluss auf die Anlageentscheidung des Klägers gehabt, insgesamt als unbeachtlich angesehen und angebotene Beweise nicht erhoben hat.
22
aa) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht den Antrag der Beklagten auf Vernehmung des Klägers als Partei (§ 445 Abs. 1 ZPO) für ihre Behauptung , dass der Anteil, den sie aus den im Prospekt ausgewiesenen Vertriebsprovisionen erhalten hat, für die Anlageentscheidung ohne Bedeutung gewesen sei, unberücksichtigt gelassen.
23
Dem Vortrag der Beklagten lässt sich noch ein hinreichender Bezug zur Person des Klägers entnehmen. Dem Beklagtenvortrag ist die Behauptung zu entnehmen, der Kläger hätte die Anlage auch bei Kenntnis von Rückvergütungen erworben. Damit wird die entscheidungserhebliche Tatsache - Fehlen der haftungsbegründenden Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden - unmittelbar selbst zum Gegenstand des Beweisantrags gemacht. Stellte sich der Sachvortrag in der Beweisaufnahme als richtig heraus, stünde die fehlende Kausalität der Pflichtverletzung ohne weiteres fest. Weitere Einzelheiten oder Erläuterungen sind zur Substantiierung des Beweisantrags daher grundsätzlich nicht erforderlich. Das gilt nicht nur für den Zeugenbeweis, sondern auch - wie vorliegend - für die Parteivernehmung nach § 445 ZPO. Für diese unmittelbare Beweisführung steht der Beklagten auch kein weiteres Beweismittel zur Verfü- gung, so dass der Grundsatz der Subsidiarität der Parteivernehmung nicht entgegensteht. Die Parteivernehmung nach § 445 Abs. 1 ZPO setzt keinen vorherigen sonstigen Beweis und auch nicht die Wahrscheinlichkeit der unter Beweis gestellten Behauptung voraus (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 39 mwN).
24
Da bei der Parteivernehmung ein Missbrauch zur Ausforschung besonders naheliegt, ist zu prüfen, ob ein unbeachtlicher Beweisermittlungsantrag vorliegt. Ein unzulässiger Ausforschungsbeweis liegt erst dann vor, wenn der Beweisführer ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 40 mwN). Eine Ausforschung in diesem Sinne ist vorliegend zu verneinen. Die Beklagte hat Anhaltspunkte vorgetragen, die nach ihrer Auffassung zumindest in der Gesamtschau dafür sprechen, dass der Kläger auch in Kenntnis der Rückvergütungen V 3 gezeichnet hätte. Hierzu gehört das behauptete Anlageziel des Klägers, dass es ihm allein auf die Steuerersparnis und allenfalls noch Renditechancen und das Sicherungskonzept der Schuldübernahme ankam. Als weiteren Anhaltspunkt hat die Beklagte vorgetragen, der Kläger habe bereits zuvor eine Beteiligung an den Filmfonds A I und A II in Kenntnis von Provisionszahlungen an die beratende Bank geschlossen. Angesichts dessen kann eine Behauptung ins Blaue hinein nicht angenommen werden (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 41).
25
bb) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht auch den von der Beklagten vorgetragenen Hilfstatsachen (Indizien) keine Bedeutung beigemessen (vgl. hierzu Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 42 ff. mwN).
26
Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsgericht dem unter Zeugenbeweis gestellten Vortrag der Beklagten zum Motiv des Klägers, sich an V 3 zu beteiligen (Steuerersparnis bzw. allenfalls noch Renditechancen und das Sicherungskonzept ), nicht nachgegangen.
27
Zwar steht der Umstand, dass ein Anleger eine steueroptimierte Anlage wünscht, für sich gesehen der Kausalitätsvermutung nicht entgegen. Ist die vom Anleger gewünschte Steuerersparnis aber nur mit dem empfohlenen Produkt oder anderen Kapitalanlagen mit vergleichbaren Rückvergütungen zu erzielen, kann das den Schluss darauf zulassen, dass an die Bank geflossene Rückvergütungen für die Anlageentscheidung unmaßgeblich waren (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 53 mwN).
28
Dem Vortrag der Beklagten kann entnommen werden, dass sie behauptet , dem Kläger sei es vordringlich um die bei V 3 zu erzielende Steuerersparnis gegangen, die alternativ nur mit Produkten zu erzielen gewesen sei, bei denen vergleichbare Rückvergütungen gezahlt worden seien. Das Berufungsgericht hat diesen Vortrag zu Unrecht nicht gewürdigt und den insoweit angetretenen Beweis durch Vernehmung des Beraters K. als Zeugen unbeachtet gelassen.
29
cc) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht auch der Tatsache, dass der Kläger bereits zuvor die Filmfonds A I und A II gezeichnet hatte, bei denen die Beklagte Provisionen in Höhe von jeweils 8,5% des Zeichnungskapitals erhielt , keine Bedeutung beigemessen.
30
Relevante Indizien für die fehlende Kausalität können sich sowohl aus dem vorangegangenen als auch aus dem nachfolgenden Anlageverhalten des Anlegers ergeben. Insbesondere die Kenntnis des Anlegers von Provisionen oder Rückvergütungen, die die beratende Bank bei vergleichbaren früheren Anlagegeschäften erhalten hat, kann ein Indiz dafür sein, dass der Anleger die empfohlene Kapitalanlage auch in Kenntnis der Rückvergütung erworben hätte. Sollte ein Anleger in Bezug auf eine vergleichbare Kapitalanlage, die er vor oder nach der streitgegenständlichen erworben hat, erst nach dem Erwerb der jeweiligen Beteiligung Kenntnis von Rückvergütungen erhalten, so kann sich ein Indiz für die fehlende Kausalität der unterlassenen Mitteilung über Rückvergütungen auch daraus ergeben, dass der Anleger an den vergleichbaren - möglicherweise gewinnbringenden - Kapitalanlagen festhält und nicht unverzüglich Rückabwicklung wegen eines Beratungsfehlers begehrt (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 50).
31
Nach dem revisionsrechtlich zugunsten der Beklagten zu unterstellenden Vortrag der Beklagten ist der Kläger bei A I und A II über die dort an die Beklagte geflossenen Vergütungen aufgeklärt worden. Hatte der Kläger aber Kenntnis davon, dass die Beklagte bei A I und A II eine Provision in Höhe von jeweils 8,5% erhielt und zeichnete er die Anlage trotzdem, so ist das ein gewichtiges Indiz dafür, dass er sich auch bei Kenntnis der Rückvergütungen bei V 3 nicht von einer Beteiligung hätte abhalten lassen.

III.

32
Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird den Kläger als Partei (§ 445 Abs. 1 ZPO) zu der Behauptung der Beklagten, dass der Anteil den sie aus den im Prospekt ausgewiesenen Vertriebsprovisionen erhalten hat, für die Anlageentscheidung ohne Bedeutung war, zu vernehmen haben. Gegebenenfalls wird es die Be- hauptung der Beklagten zu würdigen haben, dem Kläger sei es allein um die bei V 3 zu erzielende Steuerersparnis gegangen, die alternativ nur mit Produkten zu erzielen gewesen sei, bei denen vergleichbare Rückvergütungen gezahlt worden seien. Gegebenenfalls wird es dazu den Zeugen K. und - soweit § 445 Abs. 2 ZPO nicht entgegensteht - gegebenenfalls den Kläger als Partei zu vernehmen haben (vgl. auch Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 42 ff.).
33
Sollte das Berufungsgericht nach erneuter Verhandlung die Kausalitätsvermutung in Bezug auf verschwiegene Rückvergütungen als widerlegt ansehen , wird es einer Haftung der Beklagten wegen falscher Darstellung der Kapitalgarantie nachzugehen haben (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 13 ff.). Sollte das Berufungsgericht insoweit - wie der Senat zum selben Fonds bereits entschieden hat (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 14; vgl. auch Henning, WM 2012, 153 ff. mwN zu dem Parallelfonds V 4) - eine Aufklärungspflichtverletzung bejahen, dürfte die Widerlegung der dann eingreifenden Kausalitätsvermutung bereits nach dem Vortrag der Beklagten, dem Kläger sei es auch auf das Sicherungskonzept der Schuldübernahme angekommen, ausscheiden.
34
Bezüglich des Feststellungsantrags hinsichtlich der wirtschaftlichen und steuerlichen Nachteile aus der Beteiligung weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass der Antrag dahingehend ausgelegt werden kann und auszulegen ist, dass die Freistellungs- bzw. Ersatzpflicht der Beklagten nicht jene steuerlichen Nachteile umfasst, die aus der Einkommensbesteuerung der Ersatzleistung resultieren. Diese Nachteile wurden bereits abschließend (und zutreffend) im Rahmen der Bemessung der Ersatzleistung aufgrund pauschalisierender Betrachtungsweise der steuerlichen Vor- und Nachteile berücksichtigt (vgl. BGH, Urteile vom 1. März 2011 - XI ZR 96/09, WM 2011, 740 Rn. 8 f. und vom 23. April 2012 - II ZR 75/10, WM 2012, 1293 Rn. 40).
Wiechers Ellenberger Maihold Matthias Pamp
Vorinstanzen:
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 18.09.2009 - 2-20 O 391/08 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 14.07.2010 - 17 U 230/09 -

(1) Ein Meldepflichtiger im Sinne der §§ 33 und 34, der die Schwelle von 10 Prozent der Stimmrechte aus Aktien oder eine höhere Schwelle erreicht oder überschreitet, muss dem Emittenten, für den die Bundesrepublik Deutschland Herkunftsstaat ist, die mit dem Erwerb der Stimmrechte verfolgten Ziele und die Herkunft der für den Erwerb verwendeten Mittel innerhalb von 20 Handelstagen nach Erreichen oder Überschreiten dieser Schwellen mitteilen. Eine Änderung der Ziele im Sinne des Satzes 1 ist innerhalb von 20 Handelstagen mitzuteilen. Hinsichtlich der mit dem Erwerb der Stimmrechte verfolgten Ziele hat der Meldepflichtige anzugeben, ob

1.
die Investition der Umsetzung strategischer Ziele oder der Erzielung von Handelsgewinnen dient,
2.
er innerhalb der nächsten zwölf Monate weitere Stimmrechte durch Erwerb oder auf sonstige Weise zu erlangen beabsichtigt,
3.
er eine Einflussnahme auf die Besetzung von Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorganen des Emittenten anstrebt und
4.
er eine wesentliche Änderung der Kapitalstruktur der Gesellschaft, insbesondere im Hinblick auf das Verhältnis von Eigen- und Fremdfinanzierung und die Dividendenpolitik anstrebt.
Hinsichtlich der Herkunft der verwendeten Mittel hat der Meldepflichtige anzugeben, ob es sich um Eigen- oder Fremdmittel handelt, die der Meldepflichtige zur Finanzierung des Erwerbs der Stimmrechte aufgenommen hat. Eine Mitteilungspflicht nach Satz 1 besteht nicht, wenn der Schwellenwert auf Grund eines Angebots im Sinne des § 2 Absatz 1 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes erreicht oder überschritten wurde. Die Mitteilungspflicht besteht ferner nicht für Kapitalverwaltungsgesellschaften sowie ausländische Verwaltungsgesellschaften und Investmentgesellschaften im Sinne der Richtlinie 2009/65/EG, die einem Artikel 56 Absatz 1 Satz 1 der Richtlinie 2009/65/EG entsprechenden Verbot unterliegen, sofern eine Anlagegrenze von 10 Prozent oder weniger festgelegt worden ist; eine Mitteilungspflicht besteht auch dann nicht, wenn eine Artikel 57 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 der Richtlinie 2009/65/EG entsprechende zulässige Ausnahme bei der Überschreitung von Anlagegrenzen vorliegt.

(2) Der Emittent hat die erhaltene Information oder die Tatsache, dass die Mitteilungspflicht nach Absatz 1 nicht erfüllt wurde, entsprechend § 40 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit der Rechtsverordnung nach § 40 Absatz 3 Nummer 1 zu veröffentlichen; er übermittelt diese Informationen außerdem unverzüglich, jedoch nicht vor ihrer Veröffentlichung der das Unternehmensregister führenden Stelle zur Einstellung in das Unternehmensregister.

(3) Die Satzung eines Emittenten mit Sitz im Inland kann vorsehen, dass Absatz 1 keine Anwendung findet. Absatz 1 findet auch keine Anwendung auf Emittenten mit Sitz im Ausland, deren Satzung oder sonstige Bestimmungen eine Nichtanwendung vorsehen.

(4) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen über den Inhalt, die Art, die Sprache, den Umfang und die Form der Mitteilungen nach Absatz 1 erlassen.

(1) Wertpapiere im Sinne dieses Gesetzes sind, auch wenn keine Urkunden über sie ausgestellt sind, alle Gattungen von übertragbaren Wertpapieren mit Ausnahme von Zahlungsinstrumenten, die ihrer Art nach auf den Finanzmärkten handelbar sind, insbesondere

1.
Aktien,
2.
andere Anteile an in- oder ausländischen juristischen Personen, Personengesellschaften und sonstigen Unternehmen, soweit sie Aktien vergleichbar sind, sowie Hinterlegungsscheine, die Aktien vertreten,
3.
Schuldtitel,
a)
insbesondere Genussscheine und Inhaberschuldverschreibungen und Orderschuldverschreibungen sowie Hinterlegungsscheine, die Schuldtitel vertreten,
b)
sonstige Wertpapiere, die zum Erwerb oder zur Veräußerung von Wertpapieren nach den Nummern 1 und 2 berechtigen oder zu einer Barzahlung führen, die in Abhängigkeit von Wertpapieren, von Währungen, Zinssätzen oder anderen Erträgen, von Waren, Indices oder Messgrößen bestimmt wird; nähere Bestimmungen enthält die Delegierte Verordnung (EU) 2017/565 der Kommission vom 25. April 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die organisatorischen Anforderungen an Wertpapierfirmen und die Bedingungen für die Ausübung ihrer Tätigkeit sowie in Bezug auf die Definition bestimmter Begriffe für die Zwecke der genannten Richtlinie (ABl. L 87 vom 31.3.2017, S. 1), in der jeweils geltenden Fassung.

(2) Geldmarktinstrumente im Sinne dieses Gesetzes sind Instrumente, die üblicherweise auf dem Geldmarkt gehandelt werden, insbesondere Schatzanweisungen, Einlagenzertifikate, Commercial Papers und sonstige vergleichbare Instrumente, sofern im Einklang mit Artikel 11 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565

1.
ihr Wert jederzeit bestimmt werden kann,
2.
es sich nicht um Derivate handelt und
3.
ihre Fälligkeit bei Emission höchstens 397 Tage beträgt,
es sei denn, es handelt sich um Zahlungsinstrumente.

(3) Derivative Geschäfte im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
als Kauf, Tausch oder anderweitig ausgestaltete Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte, die zeitlich verzögert zu erfüllen sind und deren Wert sich unmittelbar oder mittelbar vom Preis oder Maß eines Basiswertes ableitet (Termingeschäfte) mit Bezug auf die folgenden Basiswerte:
a)
Wertpapiere oder Geldmarktinstrumente,
b)
Devisen, soweit das Geschäft nicht die in Artikel 10 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 genannten Voraussetzungen erfüllt, oder Rechnungseinheiten,
c)
Zinssätze oder andere Erträge,
d)
Indices der Basiswerte der Buchstaben a, b, c oder f, andere Finanzindizes oder Finanzmessgrößen,
e)
derivative Geschäfte oder
f)
Berechtigungen nach § 3 Nummer 3 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes,Emissionsreduktionseinheiten nach § 2 Nummer 20 des Projekt-Mechanismen-Gesetzes und zertifizierte Emissionsreduktionen nach § 2Nummer 21 des Projekt-Mechanismen-Gesetzes, soweit diese jeweils im Emissionshandelsregister gehalten werden dürfen (Emissionszertifikate);
2.
Termingeschäfte mit Bezug auf Waren, Frachtsätze, Klima- oder andere physikalische Variablen, Inflationsraten oder andere volkswirtschaftliche Variablen oder sonstige Vermögenswerte, Indices oder Messwerte als Basiswerte, sofern sie
a)
durch Barausgleich zu erfüllen sind oder einer Vertragspartei das Recht geben, einen Barausgleich zu verlangen, ohne dass dieses Recht durch Ausfall oder ein anderes Beendigungsereignis begründet ist,
b)
auf einem organisierten Markt oder in einem multilateralen oder organisierten Handelssystem geschlossen werden und nicht über ein organisiertes Handelssystem gehandelte Energiegroßhandelsprodukte im Sinne von Absatz 20 sind, die effektiv geliefert werden müssen, oder
c)
die Merkmale anderer Derivatekontrakte im Sinne des Artikels 7 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 aufweisen und nichtkommerziellen Zwecken dienen,
und sofern sie keine Kassageschäfte im Sinne des Artikels 7 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 sind;
3.
finanzielle Differenzgeschäfte;
4.
als Kauf, Tausch oder anderweitig ausgestaltete Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte, die zeitlich verzögert zu erfüllen sind und dem Transfer von Kreditrisiken dienen (Kreditderivate);
5.
Termingeschäfte mit Bezug auf die in Artikel 8 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 genannten Basiswerte, sofern sie die Bedingungen der Nummer 2 erfüllen.

(4) Finanzinstrumente im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Wertpapiere im Sinne des Absatzes 1,
2.
Anteile an Investmentvermögen im Sinne des § 1 Absatz 1 des Kapitalanlagegesetzbuchs,
3.
Geldmarktinstrumente im Sinne des Absatzes 2,
4.
derivative Geschäfte im Sinne des Absatzes 3,
5.
Emissionszertifikate,
6.
Rechte auf Zeichnung von Wertpapieren und
7.
Vermögensanlagen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Vermögensanlagengesetzes mit Ausnahme von Anteilen an einer Genossenschaft im Sinne des § 1 des Genossenschaftsgesetzes sowie Namensschuldverschreibungen, die mit einer vereinbarten festen Laufzeit, einem unveränderlich vereinbarten festen positiven Zinssatz ausgestattet sind, bei denen das investierte Kapital ohne Anrechnung von Zinsen ungemindert zum Zeitpunkt der Fälligkeit zum vollen Nennwert zurückgezahlt wird, und die von einem CRR-Kreditinstitut im Sinne des § 1 Absatz 3d Satz 1 des Kreditwesengesetzes, dem eine Erlaubnis nach § 32 Absatz 1 des Kreditwesengesetzes erteilt worden ist, oder von einem in Artikel 2 Absatz 5 Nummer 5 der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 338; L 208 vom 2.8.2013, S. 73; L 20 vom 25.1.2017, S. 1; L 203 vom 26.6.2020, S. 95; L 212 vom 3.7.2020, S. 20; L 436 vom 28.12.2020, S. 77), die zuletzt durch die Richtlinie (EU) 2021/338 (ABl. L 68 vom 26.2.2021, S. 14) geändert worden ist, namentlich genannten Kreditinstitut, das über eine Erlaubnis verfügt, Bankgeschäfte im Sinne von § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 und 2 des Kreditwesengesetzes zu betreiben, ausgegeben werden, wenn das darauf eingezahlte Kapital im Falle des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Instituts oder der Liquidation des Instituts nicht erst nach Befriedigung aller nicht nachrangigen Gläubiger zurückgezahlt wird.

(5) Waren im Sinne dieses Gesetzes sind fungible Wirtschaftsgüter, die geliefert werden können; dazu zählen auch Metalle, Erze und Legierungen, landwirtschaftliche Produkte und Energien wie Strom.

(6) Waren-Spot-Kontrakt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Vertrag im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Nummer 15 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014.

(7) Referenzwert im Sinne dieses Gesetzes ist ein Kurs, Index oder Wert im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Nummer 29 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014.

(8) Wertpapierdienstleistungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die Anschaffung oder Veräußerung von Finanzinstrumenten im eigenen Namen für fremde Rechnung (Finanzkommissionsgeschäft),
2.
das
a)
kontinuierliche Anbieten des An- und Verkaufs von Finanzinstrumenten an den Finanzmärkten zu selbst gestellten Preisen für eigene Rechnung unter Einsatz des eigenen Kapitals (Market-Making),
b)
häufige organisierte und systematische Betreiben von Handel für eigene Rechnung in erheblichem Umfang außerhalb eines organisierten Marktes oder eines multilateralen oder organisierten Handelssystems, wenn Kundenaufträge außerhalb eines geregelten Marktes oder eines multilateralen oder organisierten Handelssystems ausgeführt werden, ohne dass ein multilaterales Handelssystem betrieben wird (systematische Internalisierung),
c)
Anschaffen oder Veräußern von Finanzinstrumenten für eigene Rechnung als Dienstleistung für andere (Eigenhandel) oder
d)
Kaufen oder Verkaufen von Finanzinstrumenten für eigene Rechnung als unmittelbarer oder mittelbarer Teilnehmer eines inländischen organisierten Marktes oder eines multilateralen oder organisierten Handelssystems mittels einer hochfrequenten algorithmischen Handelstechnik im Sinne von Absatz 44, auch ohne Dienstleistung für andere (Hochfrequenzhandel),
3.
die Anschaffung oder Veräußerung von Finanzinstrumenten in fremdem Namen für fremde Rechnung (Abschlussvermittlung),
4.
die Vermittlung von Geschäften über die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten (Anlagevermittlung),
5.
die Übernahme von Finanzinstrumenten für eigenes Risiko zur Platzierung oder die Übernahme gleichwertiger Garantien (Emissionsgeschäft),
6.
die Platzierung von Finanzinstrumenten ohne feste Übernahmeverpflichtung (Platzierungsgeschäft),
7.
die Verwaltung einzelner oder mehrerer in Finanzinstrumenten angelegter Vermögen für andere mit Entscheidungsspielraum (Finanzportfolioverwaltung),
8.
der Betrieb eines multilateralen Systems, das die Interessen einer Vielzahl von Personen am Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach nichtdiskretionären Bestimmungen in einer Weise zusammenbringt, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt (Betrieb eines multilateralen Handelssystems),
9.
der Betrieb eines multilateralen Systems, bei dem es sich nicht um einen organisierten Markt oder ein multilaterales Handelssystem handelt und das die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf von Schuldverschreibungen, strukturierten Finanzprodukten, Emissionszertifikaten oder Derivaten innerhalb des Systems auf eine Weise zusammenführt, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt (Betrieb eines organisierten Handelssystems),
10.
die Abgabe von persönlichen Empfehlungen im Sinne des Artikels 9 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 an Kunden oder deren Vertreter, die sich auf Geschäfte mit bestimmten Finanzinstrumenten beziehen, sofern die Empfehlung auf eine Prüfung der persönlichen Umstände des Anlegers gestützt oder als für ihn geeignet dargestellt wird und nicht ausschließlich über Informationsverbreitungskanäle oder für die Öffentlichkeit bekannt gegeben wird (Anlageberatung).
Das Finanzkommissionsgeschäft, der Eigenhandel und die Abschlussvermittlung umfassen den Abschluss von Vereinbarungen über den Verkauf von Finanzinstrumenten, die von einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen oder einem Kreditinstitut ausgegeben werden, im Zeitpunkt ihrer Emission. Ob ein häufiger systematischer Handel vorliegt, bemisst sich nach der Zahl der Geschäfte außerhalb eines Handelsplatzes (OTC-Handel) mit einem Finanzinstrument zur Ausführung von Kundenaufträgen, die von dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen für eigene Rechnung durchgeführt werden. Ob ein Handel in erheblichem Umfang vorliegt, bemisst sich entweder nach dem Anteil des OTC-Handels an dem Gesamthandelsvolumen des Wertpapierdienstleistungsunternehmens in einem bestimmten Finanzinstrument oder nach dem Verhältnis des OTC-Handels des Wertpapierdienstleistungsunternehmens zum Gesamthandelsvolumen in einem bestimmten Finanzinstrument in der Europäischen Union; nähere Bestimmungen enthalten die Artikel 12 bis 17 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565. Die Voraussetzungen der systematischen Internalisierung sind erst dann erfüllt, wenn sowohl die Obergrenze für den häufigen systematischen Handel als auch die Obergrenze für den Handel in erheblichem Umfang überschritten werden oder wenn ein Unternehmen sich freiwillig den für die systematische Internalisierung geltenden Regelungen unterworfen und eine Erlaubnis zum Betreiben der systematischen Internalisierung bei der Bundesanstalt beantragt hat. Als Wertpapierdienstleistung gilt auch die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten für eigene Rechnung, die keine Dienstleistung für andere im Sinne des Satzes 1 Nr. 2 darstellt (Eigengeschäft). Der Finanzportfolioverwaltung gleichgestellt ist hinsichtlich der §§ 63 bis 83 und 85 bis 92 dieses Gesetzes sowie des Artikels 20 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014, des Artikels 26 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 und der Artikel 72 bis 76 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 die erlaubnispflichtige Anlageverwaltung nach § 1 Absatz 1a Satz 2 Nummer 11 des Kreditwesengesetzes.

(9) Wertpapiernebendienstleistungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die Verwahrung und die Verwaltung von Finanzinstrumenten für andere, einschließlich Depotverwahrung und verbundener Dienstleistungen wie Cash-Management oder die Verwaltung von Sicherheiten mit Ausnahme der Bereitstellung und Führung von Wertpapierkonten auf oberster Ebene (zentrale Kontenführung) gemäß Abschnitt A Nummer 2 des Anhangs zur Verordnung (EU) Nr. 909/2014 (Depotgeschäft),
2.
die Gewährung von Krediten oder Darlehen an andere für die Durchführung von Wertpapierdienstleistungen, sofern das Unternehmen, das den Kredit oder das Darlehen gewährt, an diesen Geschäften beteiligt ist,
3.
die Beratung von Unternehmen über die Kapitalstruktur, die industrielle Strategie sowie die Beratung und das Angebot von Dienstleistungen bei Unternehmenskäufen und Unternehmenszusammenschlüssen,
4.
Devisengeschäfte, die in Zusammenhang mit Wertpapierdienstleistungen stehen,
5.
das Erstellen oder Verbreiten von Empfehlungen oder Vorschlägen von Anlagestrategien im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Nummer 34 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 (Anlagestrategieempfehlung) oder von Anlageempfehlungen im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Nummer 35 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 (Anlageempfehlung),
6.
Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit dem Emissionsgeschäft stehen,
7.
Dienstleistungen, die sich auf einen Basiswert im Sinne des Absatzes 2 Nr. 2 oder Nr. 5 beziehen und im Zusammenhang mit Wertpapierdienstleistungen oder Wertpapiernebendienstleistungen stehen.

(9a) Umschichtung von Finanzinstrumenten im Sinne dieses Gesetzes ist der Verkauf eines Finanzinstruments und der Kauf eines Finanzinstruments oder die Ausübung eines Rechts, eine Änderung im Hinblick auf ein bestehendes Finanzinstrument vorzunehmen.

(10) Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Sinne dieses Gesetzes sind Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute, nach § 53 Absatz 1 Satz 1 des Kreditwesengesetzes tätige Unternehmen und Wertpapierinstitute im Sinne des § 2 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes, die Wertpapierdienstleistungen allein oder zusammen mit Wertpapiernebendienstleistungen gewerbsmäßig oder in einem Umfang erbringen, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert.

(11) Organisierter Markt im Sinne dieses Gesetzes ist ein im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum betriebenes oder verwaltetes, durch staatliche Stellen genehmigtes, geregeltes und überwachtes multilaterales System, das die Interessen einer Vielzahl von Personen am Kauf und Verkauf von dort zum Handel zugelassenen Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach nichtdiskretionären Bestimmungen in einer Weise zusammenbringt oder das Zusammenbringen fördert, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt.

(12) Drittstaat im Sinne dieses Gesetzes ist ein Staat, der weder Mitgliedstaat der Europäischen Union (Mitgliedstaat) noch Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist.

(13) Emittenten, für die die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist, sind

1.
Emittenten von Schuldtiteln mit einer Stückelung von weniger als 1 000 Euro oder dem am Ausgabetag entsprechenden Gegenwert in einer anderen Währung oder von Aktien,
a)
die ihren Sitz im Inland haben und deren Wertpapiere zum Handel an einem organisierten Markt im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind oder
b)
die ihren Sitz in einem Drittstaat haben, deren Wertpapiere zum Handel an einem organisierten Markt im Inland zugelassen sind und die die Bundesrepublik Deutschland als Herkunftsstaat nach § 4 Absatz 1 gewählt haben,
2.
Emittenten, die andere als die in Nummer 1 genannten Finanzinstrumente begeben und
a)
die ihren Sitz im Inland haben und deren Finanzinstrumente zum Handel an einem organisierten Markt im Inland oder in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind oder
b)
die ihren Sitz nicht im Inland haben und deren Finanzinstrumente zum Handel an einem organisierten Markt im Inland zugelassen sind
und die die Bundesrepublik Deutschland nach Maßgabe des § 4 Absatz 2 als Herkunftsstaat gewählt haben,
3.
Emittenten, die nach Nummer 1 Buchstabe b oder Nummer 2 die Bundesrepublik Deutschland als Herkunftsstaat wählen können und deren Finanzinstrumente zum Handel an einem organisierten Markt im Inland zugelassen sind, solange sie nicht wirksam einen Herkunftsmitgliedstaat gewählt haben nach § 4 in Verbindung mit § 5 oder nach entsprechenden Vorschriften anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder anderer Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum.

(14) Inlandsemittenten sind

1.
Emittenten, für die die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist, mit Ausnahme solcher Emittenten, deren Wertpapiere nicht im Inland, sondern lediglich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind, soweit sie in diesem anderen Staat Veröffentlichungs- und Mitteilungspflichten nach Maßgabe der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (ABl. EU Nr. L 390 S. 38) unterliegen, und
2.
Emittenten, für die nicht die Bundesrepublik Deutschland, sondern ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union oder ein anderer Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum der Herkunftsstaat ist, deren Wertpapiere aber nur im Inland zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind.

(15) MTF-Emittenten im Sinne dieses Gesetzes sind Emittenten von Finanzinstrumenten,

1.
die ihren Sitz im Inland haben und die für ihre Finanzinstrumente eine Zulassung zum Handel an einem multilateralen Handelssystem im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union (Mitgliedstaat) oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum beantragt oder genehmigt haben, wenn diese Finanzinstrumente nur auf multilateralen Handelssystemen gehandelt werden, mit Ausnahme solcher Emittenten, deren Finanzinstrumente nicht im Inland, sondern lediglich in einem anderen Mitgliedstaat oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind, oder
2.
die ihren Sitz nicht im Inland haben und die für ihre Finanzinstrumente eine Zulassung zum Handel auf einem multilateralen Handelssystem im Inland beantragt oder genehmigt haben, wenn diese Finanzinstrumente nur an multilateralen Handelssystemen im Inland gehandelt werden.

(16) OTF-Emittenten im Sinne dieses Gesetzes sind Emittenten von Finanzinstrumenten,

1.
die ihren Sitz im Inland haben und die für ihre Finanzinstrumente eine Zulassung zum Handel an einem organisierten Handelssystem im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum beantragt oder genehmigt haben, wenn diese Finanzinstrumente nur auf organisierten Handelssystemen gehandelt werden, mit Ausnahme solcher Emittenten, deren Finanzinstrumente nicht im Inland, sondern lediglich in einem anderen Mitgliedstaat oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind, soweit sie in diesem Staat den Anforderungen des Artikels 21 der Richtlinie 2004/109/EG unterliegen, oder
2.
die ihren Sitz nicht im Inland haben und die für ihre Finanzinstrumente nur eine Zulassung zum Handel an einem organisierten Handelssystem im Inland beantragt oder genehmigt haben.

(17) Herkunftsmitgliedstaat im Sinne dieses Gesetzes ist

1.
im Falle eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens,
a)
sofern es sich um eine natürliche Person handelt, der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung des Wertpapierdienstleistungsunternehmens befindet;
b)
sofern es sich um eine juristische Person handelt, der Mitgliedstaat, in dem sich ihr Sitz befindet;
c)
sofern es sich um eine juristische Person handelt, für die nach dem nationalen Recht, das für das Wertpapierdienstleistungsunternehmen maßgeblich ist, kein Sitz bestimmt ist, der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung befindet;
2.
im Falle eines organisierten Marktes der Mitgliedstaat, in dem dieser registriert oder zugelassen ist, oder, sofern für ihn nach dem Recht dieses Mitgliedstaats kein Sitz bestimmt ist, der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung befindet;
3.
im Falle eines Datenbereitstellungsdienstes,
a)
sofern es sich um eine natürliche Person handelt, der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung des Datenbereitstellungsdienstes befindet;
b)
sofern es sich um eine juristische Person handelt, der Mitgliedstaat, in dem sich der Sitz des Datenbereitstellungsdienstes befindet;
c)
sofern es sich um eine juristische Person handelt, für die nach dem nationalen Recht, das für den Datenbereitstellungsdienst maßgeblich ist, kein Sitz bestimmt ist, der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung befindet.

(18) Aufnahmemitgliedstaat im Sinne dieses Gesetzes ist

1.
für ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen der Mitgliedstaat, in dem es eine Zweigniederlassung unterhält oder Wertpapierdienstleistungen im Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs erbringt;
2.
für einen organisierten Markt der Mitgliedstaat, in dem er geeignete Vorkehrungen bietet, um in diesem Mitgliedstaat niedergelassenen Marktteilnehmern den Zugang zum Handel über sein System zu erleichtern.

(19) Eine strukturierte Einlage ist eine Einlage im Sinne des § 2 Absatz 3 Satz 1 und 2 des Einlagensicherungsgesetzes, die bei Fälligkeit in voller Höhe zurückzuzahlen ist, wobei sich die Zahlung von Zinsen oder einer Prämie, das Zinsrisiko oder das Prämienrisiko aus einer Formel ergibt, die insbesondere abhängig ist von

1.
einem Index oder einer Indexkombination,
2.
einem Finanzinstrument oder einer Kombination von Finanzinstrumenten,
3.
einer Ware oder einer Kombination von Waren oder anderen körperlichen oder nicht körperlichen nicht übertragbaren Vermögenswerten oder
4.
einem Wechselkurs oder einer Kombination von Wechselkursen.
Keine strukturierten Einlagen stellen variabel verzinsliche Einlagen dar, deren Ertrag unmittelbar an einen Zinsindex, insbesondere den Euribor oder den Libor, gebunden ist.

(20) Energiegroßhandelsprodukt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Energiegroßhandelsprodukt im Sinne des Artikels 2 Nummer 4 der Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarkts (ABl. L 326 vom 8.12.2011, S. 1), sowie der Artikel 5 und 6 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565.

(21) Multilaterales System im Sinne dieses Gesetzes ist ein System oder ein Mechanismus, der die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten innerhalb des Systems zusammenführt.

(22) Handelsplatz im Sinne dieses Gesetzes ist ein organisierter Markt, ein multilaterales Handelssystem oder ein organisiertes Handelssystem.

(23) Liquider Markt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Markt für ein Finanzinstrument oder für eine Kategorie von Finanzinstrumenten,

1.
auf dem kontinuierlich kauf- oder verkaufsbereite vertragswillige Käufer oder Verkäufer verfügbar sind und
2.
der unter Berücksichtigung der speziellen Marktstrukturen des betreffenden Finanzinstruments oder der betreffenden Kategorie von Finanzinstrumenten nach den folgenden Kriterien bewertet wird:
a)
Durchschnittsfrequenz und -volumen der Geschäfte bei einer bestimmten Bandbreite von Marktbedingungen unter Berücksichtigung der Art und des Lebenszyklus von Produkten innerhalb der Kategorie von Finanzinstrumenten;
b)
Zahl und Art der Marktteilnehmer, einschließlich des Verhältnisses der Marktteilnehmer zu den gehandelten Finanzinstrumenten in Bezug auf ein bestimmtes Finanzinstrument;
c)
durchschnittlicher Spread, sofern verfügbar.
Nähere Bestimmungen enthalten die Artikel 1 bis 4 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/567 der Kommission vom 18. Mai 2016 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf Begriffsbestimmungen, Transparenz, Portfoliokomprimierung und Aufsichtsmaßnahmen zur Produktintervention und zu den Positionen (ABl. L 87 vom 31.3.2017, S. 90), in der jeweils geltenden Fassung.

(24) Zweigniederlassung im Sinne dieses Gesetzes ist eine Betriebsstelle, die

1.
nicht die Hauptverwaltung ist,
2.
einen rechtlich unselbstständigen Teil eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens bildet und
3.
Wertpapierdienstleistungen, gegebenenfalls auch Wertpapiernebendienstleistungen, erbringt, für die dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen eine Zulassung erteilt wurde.
Alle Betriebsstellen eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens mit Hauptverwaltung in einem anderen Mitgliedstaat, die sich in demselben Mitgliedstaat befinden, gelten als eine einzige Zweigniederlassung.

(25) Mutterunternehmen im Sinne dieses Gesetzes ist, sofern nicht die Abschnitte 6 und 16 besondere Regelungen enthalten, ein Mutterunternehmen im Sinne des Artikels 2 Nummer 9 und des Artikels 22 der Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates (ABl. L 182 vom 29.6.2013, S. 19), die zuletzt durch die Richtlinie 2014/102/EU (ABl. L 334 vom 21.11.2014, S. 86) geändert worden ist.

(26) Tochterunternehmen im Sinne dieses Gesetzes ist, sofern nicht die Abschnitte 6 und 16 besondere Regelungen enthalten, ein Tochterunternehmen im Sinne des Artikels 2 Nummer 10 und des Artikels 22 der Richtlinie 2013/34/EU, einschließlich aller Tochterunternehmen eines Tochterunternehmens des an der Spitze stehenden Mutterunternehmens.

(27) Gruppe im Sinne dieses Gesetzes ist eine Gruppe im Sinne des Artikels 2 Nummer 11 der Richtlinie 2013/34/EU.

(27a) Überwiegend kommerzielle Gruppe im Sinne dieses Gesetzes ist jede Gruppe, deren Haupttätigkeit nicht in der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder in der Erbringung von in Anhang I der Richtlinie 2013/36/EU aufgeführten Tätigkeiten oder in der Tätigkeit als Market Maker in Bezug auf Warenderivate besteht.

(28) Eine enge Verbindung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn zwei oder mehr natürliche oder juristische Personen wie folgt miteinander verbunden sind:

1.
durch eine Beteiligung in Form des direkten Haltens oder des Haltens im Wege der Kontrolle von mindestens 20 Prozent der Stimmrechte oder der Anteile an einem Unternehmen,
2.
durch Kontrolle in Form eines Verhältnisses zwischen Mutter- und Tochterunternehmen, wie in allen Fällen des Artikels 22 Absatz 1 und 2 der Richtlinie 2013/34/EU oder einem vergleichbaren Verhältnis zwischen einer natürlichen oder juristischen Person und einem Unternehmen; Tochterunternehmen von Tochterunternehmen gelten ebenfalls als Tochterunternehmen des Mutterunternehmens, das an der Spitze dieser Unternehmen steht oder
3.
durch ein dauerhaftes Kontrollverhältnis beider oder aller Personen, das zu derselben dritten Person besteht.

(29) Zusammenführung sich deckender Kundenaufträge (Matched Principal Trading) im Sinne dieses Gesetzes ist ein Geschäft, bei dem

1.
zwischen Käufer und Verkäufer ein Vermittler zwischengeschaltet ist, der während der gesamten Ausführung des Geschäfts zu keiner Zeit einem Marktrisiko ausgesetzt ist,
2.
Kauf- und Verkaufsgeschäfte gleichzeitig ausgeführt werden und
3.
das zu Preisen abgeschlossen wird, durch die der Vermittler abgesehen von einer vorab offengelegten Provision, Gebühr oder sonstigen Vergütung weder Gewinn noch Verlust macht.

(30) Direkter elektronischer Zugang im Sinne dieses Gesetzes ist eine Vereinbarung, in deren Rahmen ein Mitglied, ein Teilnehmer oder ein Kunde eines Handelsplatzes einer anderen Person die Nutzung seines Handelscodes gestattet, damit diese Person Aufträge in Bezug auf Finanzinstrumente elektronisch direkt an den Handelsplatz übermitteln kann, mit Ausnahme der in Artikel 20 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 genannten Fälle. Der direkte elektronische Zugang umfasst auch Vereinbarungen, die die Nutzung der Infrastruktur oder eines anderweitigen Verbindungssystems des Mitglieds, des Teilnehmers oder des Kunden durch diese Person zur Übermittlung von Aufträgen beinhalten (direkter Marktzugang), sowie diejenigen Vereinbarungen, bei denen eine solche Infrastruktur nicht durch diese Person genutzt wird (geförderter Zugang).

(31) Hinterlegungsscheine im Sinne dieses Gesetzes sind Wertpapiere, die auf dem Kapitalmarkt handelbar sind und die ein Eigentumsrecht an Wertpapieren von Emittenten mit Sitz im Ausland verbriefen, zum Handel auf einem organisierten Markt zugelassen sind und unabhängig von den Wertpapieren des jeweiligen Emittenten mit Sitz im Ausland gehandelt werden können.

(32) Börsengehandeltes Investmentvermögen im Sinne dieses Gesetzes ist ein Investmentvermögen im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuchs, bei dem mindestens eine Anteilsklasse oder Aktiengattung ganztägig an mindestens einem Handelsplatz und mit mindestens einem Market Maker, der tätig wird, um sicherzustellen, dass der Preis seiner Anteile oder Aktien an diesem Handelsplatz nicht wesentlich von ihrem Nettoinventarwert und, sofern einschlägig, von ihrem indikativen Nettoinventarwert abweicht, gehandelt wird.

(33) Zertifikat im Sinne dieses Gesetzes ist ein Wertpapier, das auf dem Kapitalmarkt handelbar ist und das im Falle der durch den Emittenten vorgenommenen Rückzahlung einer Anlage bei dem Emittenten Vorrang vor Aktien hat, aber nicht besicherten Anleiheinstrumenten und anderen vergleichbaren Instrumenten nachgeordnet ist.

(34) Strukturiertes Finanzprodukt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Wertpapier, das zur Verbriefung und Übertragung des mit einer ausgewählten Palette an finanziellen Vermögenswerten einhergehenden Kreditrisikos geschaffen wurde und das den Wertpapierinhaber zum Empfang regelmäßiger Zahlungen berechtigt, die vom Geldfluss der Basisvermögenswerte abhängen.

(34a) Make-Whole-Klausel im Sinne dieses Gesetzes ist eine Klausel, die den Anleger schützen soll, indem sichergestellt wird, dass der Emittent im Falle der vorzeitigen Rückzahlung einer Anleihe verpflichtet ist, dem Anleger, der die Anleihe hält, einen Betrag zu zahlen, welcher der Summe des Nettogegenwartwertes der verbleibenden Kuponzahlungen, die bis zur Fälligkeit erwartet werden, und dem Kapitalbetrag der zurückzuzahlenden Anleihe entspricht.

(35) Derivate im Sinne dieses Gesetzes sind derivative Geschäfte im Sinne des Absatzes 3 sowie Wertpapiere im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 Buchstabe b.

(36) Warenderivate im Sinne dieses Gesetzes sind Finanzinstrumente im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Nummer 30 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014.

(36a) Derivate auf landwirtschaftliche Erzeugnisse im Sinne dieses Gesetzes sind Derivatkontrakte in Bezug auf die Erzeugnisse, die in Artikel 1 und Anhang I Teil I bis XX und XXIV/1 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007 (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 671; L 189 vom 27.6.2014, S. 261; L 130 vom 19.5.2016, S. 18; L 34 vom 9.2.2017, S. 41; L 106 vom 6.4.2020, S. 12), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2020/2220 (ABl. L 437 vom 28.12.2020, S. 1) geändert worden ist, sowie in Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 1379/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über die gemeinsame Marktorganisation für Erzeugnisse der Fischerei und der Aquakultur, zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1184/2006 und (EG) Nr. 1224/2009 des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 104/2000 des Rates (ABl. L 354 vom 28.12.2013, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2020/560 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 11) geändert worden ist, aufgeführt sind.

(37) Genehmigtes Veröffentlichungssystem im Sinne dieses Gesetzes ist ein genehmigtes Veröffentlichungssystem im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Nummer 34 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014.

(38) (weggefallen)

(39) Genehmigter Meldemechanismus im Sinne dieses Gesetzes ist ein genehmigter Meldemechanismus im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Nummer 36 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014.

(40) Datenbereitstellungsdienst im Sinne dieses Gesetzes ist

1.
ein genehmigtes Veröffentlichungssystem,
2.
ein genehmigter Meldemechanismus.

(41) Drittlandunternehmen im Sinne dieses Gesetzes ist ein Unternehmen, das ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen wäre, wenn es seinen Sitz im Europäischen Wirtschaftsraum hätte.

(42) Öffentliche Emittenten im Sinne dieses Gesetzes sind folgende Emittenten von Schuldtiteln:

1.
die Europäische Union,
2.
ein Mitgliedstaat einschließlich eines Ministeriums, einer Behörde oder einer Zweckgesellschaft dieses Mitgliedstaats,
3.
im Falle eines bundesstaatlich organisierten Mitgliedstaats einer seiner Gliedstaaten,
4.
eine für mehrere Mitgliedstaaten tätige Zweckgesellschaft,
5.
ein von mehreren Mitgliedstaaten gegründetes internationales Finanzinstitut, das dem Zweck dient, Finanzmittel zu mobilisieren und seinen Mitgliedern Finanzhilfen zu gewähren, sofern diese von schwerwiegenden Finanzierungsproblemen betroffen oder bedroht sind,
6.
die Europäische Investitionsbank.

(43) Ein dauerhafter Datenträger ist jedes Medium, das

1.
es dem Kunden gestattet, an ihn persönlich gerichtete Informationen derart zu speichern, dass er sie in der Folge für eine Dauer, die für die Zwecke der Informationen angemessen ist, einsehen kann, und
2.
die unveränderte Wiedergabe der gespeicherten Informationen ermöglicht.
Nähere Bestimmungen enthält Artikel 3 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565.

(43a) Elektronische Form im Sinne dieses Gesetzes ist ein dauerhaftes Medium, das kein Papier ist.

(44) Hochfrequente algorithmische Handelstechnik im Sinne dieses Gesetzes ist ein algorithmischer Handel im Sinne des § 80 Absatz 2 Satz 1, der gekennzeichnet ist durch

1.
eine Infrastruktur zur Minimierung von Netzwerklatenzen und anderen Verzögerungen bei der Orderübertragung (Latenzen), die mindestens eine der folgenden Vorrichtungen für die Eingabe algorithmischer Aufträge aufweist: Kollokation, Proximity Hosting oder einen direkten elektronischen Hochgeschwindigkeitszugang,
2.
die Fähigkeit des Systems, einen Auftrag ohne menschliche Intervention im Sinne des Artikels 18 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 einzuleiten, zu erzeugen, weiterzuleiten oder auszuführen und
3.
ein hohes untertägiges Mitteilungsaufkommen im Sinne des Artikels 19 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 in Form von Aufträgen, Kursangaben oder Stornierungen.

(45) Zentrale Gegenpartei im Sinne dieses Gesetzes ist ein Unternehmen im Sinne des Artikels 2 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 in der jeweils geltenden Fassung.

(46) Kleine und mittlere Unternehmen im Sinne dieses Gesetzes sind Unternehmen, deren durchschnittliche Marktkapitalisierung auf der Grundlage der Notierungen zum Jahresende in den letzten drei Kalenderjahren weniger als 200 Millionen Euro betrug. Nähere Bestimmungen enthalten die Artikel 77 bis 79 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565.

(47) Öffentlicher Schuldtitel im Sinne dieses Gesetzes ist ein Schuldtitel, der von einem öffentlichen Emittenten begeben wird.

(48) PRIP im Sinne dieses Gesetzes ist ein Produkt im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014.

(49) PRIIP im Sinne dieses Gesetzes ist ein Produkt im Sinne des Artikels 4 Nummer 3 der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 144/05
Verkündet am:
12. Oktober 2006
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Richtlinie 64/433/EWG des Rates vom 26. Juni 1964 in der Fassung der Richtlinie 91/497/EWG
des Rates vom 29. Juli 1991 (ABl.EG 1991 Nr. L 268 S. 69) Art. 5 Abs. 1 Buchst. o, Art. 6
Abs. 1 Buchst. b Ziffer iii; Richtlinie 89/662/EWG des Rates vom 11. Dezember 1989 (ABl.EG
1989 Nr. L 395 S. 13) Art. 5 Abs. 1, Art. 7, Art. 8; BGB §§ 839 (H), 852 Abs. 1 (a.F.)
Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden gemäß Art. 234 EG folgende Fragen
zur Vorabentscheidung vorgelegt:

a) Verleihen die Bestimmungen des Art. 5 Abs. 1 Buchst. o und des Art. 6 Abs. 1 Buchst. b
Ziffer iii der Richtlinie 64/433/EWG des Rates vom 26. Juni 1964 zur Regelung gesundheitlicher
Fragen beim innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit frischem Fleisch in der Fassung
der Richtlinie 91/497/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 (ABl.EG 1991 Nr. L 268 S. 69)
in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1, Art. 7 und Art. 8 der Richtlinie 89/662/EWG des Rates vom
11. Dezember 1989 zur Regelung der veterinärrechtlichen Kontrollen im innergemeinschaftlichen
Handel im Hinblick auf den gemeinsamen Binnenmarkt (ABl.EG 1989 Nr. L 395 S. 13)
den Produzenten und Vermarktern von Schweinefleisch eine Rechtsposition, die bei Umsetzungs
- oder Anwendungsfehlern einen gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch
auslösen kann?

b) Können sich die Produzenten und Vermarkter von Schweinefleisch - unabhängig von der
Beantwortung der ersten Frage - zur Begründung eines gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs
bei einer gegen das europäische Gemeinschaftsrecht verstoßenden Umsetzung
und Anwendung der genannten Richtlinien auf eine Verletzung von Art. 30 EGV (=
Art. 28 EG) berufen?

c) Verlangt das Gemeinschaftsrecht, dass die Verjährung des gemeinschaftsrechtlichen
Staatshaftungsanspruchs im Hinblick auf ein Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 226
EG unterbrochen oder ihr Lauf bis zu dessen Beendigung jedenfalls dann gehemmt wird,
wenn es an einem effektiven innerstaatlichen Rechtsbehelf fehlt, den Mitgliedstaat zur Umsetzung
einer Richtlinie zu zwingen?

d) Beginnt die Verjährungsfrist für einen gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch,
der auf die unzureichende Umsetzung einer Richtlinie und ein damit einhergehendes (faktisches
) Importverbot gegründet ist, unabhängig von dem anwendbaren nationalen Recht erst
mit deren vollständiger Umsetzung oder kann die Verjährungsfrist in Übereinstimmung mit
dem nationalen Recht schon dann zu laufen beginnen, wenn erste Schadensfolgen bereits
eingetreten und weitere Schadensfolgen absehbar sind? Sollte die vollständige Umsetzung
den Verjährungsbeginn beeinflussen, gilt dies dann allgemein oder nur, wenn die Richtlinie
dem Einzelnen ein Recht verleiht?

e) Bestehen unter dem Gesichtspunkt, dass die Mitgliedstaaten die schadensersatzrechtlichen
Voraussetzungen für den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch nicht ungünstiger
ausgestalten dürfen als bei ähnlichen Klagen, die nur nationales Recht betreffen, und
dass die Erlangung einer Entschädigung nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig
erschwert werden darf, allgemein Bedenken gegen eine nationale Regelung, nach der die
Ersatzpflicht nicht eintritt, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den
Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden? Bestehen auch dann Bedenken
gegen diesen "Vorrang des Primärrechtsschutzes", wenn er unter dem Vorbehalt steht,
dass er dem Betroffenen zumutbar sein muss? Ist er bereits dann im Sinne des europäischen
Gemeinschaftsrechts unzumutbar, wenn das angegangene Gericht die in Rede stehenden
gemeinschaftsrechtlichen Fragen voraussichtlich nicht ohne Vorlage an den Gerichtshof
der Europäischen Gemeinschaften beantworten könnte oder wenn bereits ein Vertragsverletzungsverfahren
nach Art. 226 EG anhängig ist?
BGH, Beschluss vom 12. Oktober 2006 - III ZR 144/05 -OLG Köln
LG Köln
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Oktober 2006 durch
den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Dr. Wurm, Streck, Dörr und
Dr. Herrmann

beschlossen:
I. Die Entscheidung über die Revision der Beklagten wird ausgesetzt.
II. Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden gemäß Art. 234 EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt: 1. Verleihen die Bestimmungen des Art. 5 Abs. 1 Buchst. o und des Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Ziffer iii der Richtlinie 64/433/EWG des Rates vom 26. Juni 1964 zur Regelung gesundheitlicher Fragen beim innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit frischem Fleisch in der Fassung der Richtlinie 91/497/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 (ABl.EG 1991 Nr. L 268 S. 69) in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1, Art. 7 und Art. 8 der Richtlinie 89/662/EWG des Rates vom 11. Dezember 1989 zur Regelung der veterinärrechtlichen Kontrollen im innergemeinschaftlichen Handel im Hinblick auf den gemeinsamen Binnenmarkt (ABl.EG 1989 Nr. L 395 S. 13) den Produzenten und Vermarktern von Schweinefleisch eine Rechtsposition, die bei Umsetzungs - oder Anwendungsfehlern einen gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch auslösen kann? 2. Können sich die Produzenten und Vermarkter von Schweinefleisch - unabhängig von der Beantwortung der ersten Frage - zur Begründung eines gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs bei einer gegen das europäische Gemeinschaftsrecht verstoßenden Umsetzung und Anwendung der genannten Richtlinien auf eine Verletzung von Art. 30 EGV (= Art. 28 EG) berufen? 3. Verlangt das Gemeinschaftsrecht, dass die Verjährung des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs im Hinblick auf ein Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 226 EG unterbrochen oder ihr Lauf bis zu dessen Beendigung jedenfalls dann gehemmt wird, wenn es an einem effektiven innerstaatlichen Rechtsbehelf fehlt, den Mitgliedstaat zur Umsetzung einer Richtlinie zu zwingen? 4. Beginnt die Verjährungsfrist für einen gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch, der auf die unzureichende Umsetzung einer Richtlinie und ein damit einhergehendes (faktisches) Importverbot gegründet ist, unabhängig von dem anwendbaren nationalen Recht erst mit deren vollständiger Umsetzung oder kann die Verjährungsfrist in Übereinstimmung mit dem nationalen Recht schon dann zu laufen beginnen, wenn erste Schadensfolgen bereits eingetreten und weitere Schadensfolgen absehbar sind? Sollte die vollständige Umsetzung den Verjährungsbeginn beein- flussen, gilt dies dann allgemein oder nur, wenn die Richtlinie dem Einzelnen ein Recht verleiht? 5. Bestehen unter dem Gesichtspunkt, dass die Mitgliedstaaten die schadensersatzrechtlichen Voraussetzungen für den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch nicht ungünstiger ausgestalten dürfen als bei ähnlichen Klagen, die nur nationales Recht betreffen, und dass die Erlangung einer Entschädigung nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden darf, allgemein Bedenken gegen eine nationale Regelung, nach der die Ersatzpflicht nicht eintritt, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden? Bestehen auch dann Bedenken gegen diesen "Vorrang des Primärrechtsschutzes" , wenn er unter dem Vorbehalt steht, dass er dem Betroffenen zumutbar sein muss? Ist er bereits dann im Sinne des europäischen Gemeinschaftsrechts unzumutbar, wenn das angegangene Gericht die in Rede stehenden gemeinschaftsrechtlichen Fragen voraussichtlich nicht ohne Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften beantworten könnte oder wenn bereits ein Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 226 EG anhängig ist?

Gründe:


I.


1
Die Klägerin - ein Branchenverband genossenschaftlich organisierter dänischer Schlachthofgesellschaften und Schweinezüchter - begehrt aus abgetretenem Recht ihrer Mitglieder von der beklagten Bundesrepublik Deutschland Schadensersatz wegen der Verletzung europäischen Gemeinschaftsrechts. Gegenstand des Verfahrens ist der von der Klägerin erhobene Vorwurf, die Beklagte habe von Anfang 1993 bis 1999 entgegen dem geltenden Gemeinschaftsrecht faktisch ein Importverbot verhängt, das sich auf Fleisch von nicht kastrierten männlichen Schweinen aus Dänemark bezogen habe. Hierdurch sei den Schweinezüchtern und Schlachthofgesellschaften in der genannten Zeit ein Schaden von mindestens 280.000.000 DM entstanden.
2
Dem liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde. In Dänemark wurde Anfang der neunziger Jahre das "Male-Pig-Projekt" zur Aufzucht nicht kastrierter männlicher Schweine ins Leben gerufen. Diese - nach der Behauptung der Klägerin wirtschaftlich vorteilhaftere - Aufzucht birgt die Gefahr, dass das Fleisch beim Erhitzen einen strengen Geruch bzw. Geschmack, den sogenannten Geschlechtsgeruch, aufweisen kann, wobei diese Gefahr mit zunehmendem Alter und Gewicht der Schweine zum Schlachtzeitpunkt zunimmt. Nach Auffassung der dänischen Forschung lässt sich diese Geruchsbelastung bereits beim Schlachtvorgang durch Prüfung des Skatolgehalts, eines im Darm gebildeten Abbauprodukts, feststellen. Dementsprechend wurden in Dänemark im Rahmen des Male-Pig-Projekts unter zentraler Steuerung durch die Klägerin und die Schlachthofgesellschaften in sämtlichen Schlachtlinien der Schlachthöfe Skatolmesseinrichtungen installiert, um geruchsbelastetes Fleisch feststellen und aussortieren zu können. Nach Auffassung der deutschen Seite geht die Geruchsbelastung auf das Hormon Androstenon zurück, dessen Bildung durch eine frühe Kastration ausgeschaltet werden könne; der Skatolgehalt sei für sich allein betrachtet kein Maß für den Geschlechtsgeruch und seine Prüfung führe daher zu keinen zuverlässigen Ergebnissen.
3
Der gemeinschaftsrechtliche Rahmen sah wie folgt aus: Durch die Richtlinie 89/622/EWG des Rates vom 11. Dezember 1989 zur Regelung der veterinärrechtlichen Kontrollen im innergemeinschaftlichen Handel im Hinblick auf den gemeinsamen Binnenmarkt (ABl.EG 1989 Nr. L 395 S. 13) wurde das bisherige System der Grenzkontrollen zugunsten einer durch den Versandmitgliedstaat durchzuführenden veterinärrechtlichen Kontrolle abgelöst; der zuständigen Behörde an den Bestimmungsorten sollte nur eine nicht diskriminierende veterinärrechtliche Kontrolle im Stichprobenverfahren vorbehalten bleiben. In Art. 8 dieser Richtlinie ist ein Verfahren zur Regelung des Falls vorgesehen, dass die Übereinstimmung des Fleisches mit den geltenden gesundheitlichen Vorschriften von den zuständigen Behörden des Bestimmungs- und des Ursprungslands unterschiedlich beurteilt wird. In der Richtlinie 64/433/EWG des Rates vom 26. Juni 1964 über die gesundheitlichen Bedingungen für die Gewinnung und das Inverkehrbringen von frischem Fleisch, die durch die bis zum 1. Januar 1993 umzusetzende Richtlinie 91/497/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 (ABl.EG 1991 Nr. L 268 S. 69) geändert und neu gefasst worden ist, heißt es in Art. 5 Abs. 1 Buchst. o, dass die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass der amtliche Tierarzt Fleisch, das einen starken Geschlechtsgeruch aufweist, für genussuntauglich erklärt. Nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Ziffer iii tragen die Mitgliedstaaten Sorge dafür, dass Fleisch - unbeschadet der in Art. 5 Abs. 1 Buchst. o vorgesehenen Fälle - von nicht kastrierten männlichen Schweinen mit einem Tierkörpergewicht von mehr als 80 kg ein besonderes Kennzeichen trägt und einer Hitzebehandlung unterzogen wird, außer wenn der Betrieb durch eine nach dem Verfahren des Art. 16 anerkannte bzw. - wenn kein entsprechender Beschluss gefasst worden ist - durch eine von den zuständigen Behörden anerkannte Methode sicherstellen kann, dass Schlachtkörper mit einem starken Geschlechtsgeruch festgestellt werden können.
4
Die Beklagte teilte den obersten Veterinärbehörden der Mitgliedstaaten durch den Bundesminister für Gesundheit mit Schreiben vom 18. und 26. Januar 1993, die nachrichtlich an die obersten Landesveterinärbehörden und die obersten Lebensmittelüberwachungsbehörden gerichtet waren, mit, die Regelung in Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 64/433/EWG werde in der Weise in nationales deutsches Recht umgesetzt, dass unabhängig von der Gewichtsgrenze ein Wert von 0,5 µg/g Androstenon festgesetzt werde. Bei Überschreitung dieses Wertes weise das Fleisch einen starken Geschlechtsgeruch auf und sei nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. o untauglich zum Genuss für Menschen. Als Methode zum Nachweis des Androstenons werde nur der modifizierte Immunoenzymtest nach Prof. Claus als spezifisch anerkannt. Das Fleisch männlicher , nicht kastrierter Schweine, bei dem dieser Wert überschritten werde, dürfe nicht als frisches Fleisch in die Bundesrepublik Deutschland verbracht werden. Weiter heißt es in den Schreiben, im Einvernehmen mit der EG-Kommission und dem Rat (s. Protokollerklärung zu Art. 6 Abs. 1 Buchst. b) bei Beschluss der Richtlinie 91/497/EWG werde für alle Sendungen von Schweinefleisch aus anderen Mitgliedstaaten Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 89/622/EWG angewandt. Schweinefleischsendungen würden am Bestimmungsort , unabhängig von ihrer Genusstauglichkeitskennzeichnung, auf die Einhaltung des Grenzwertes überprüft und bei Überschreitung des Wertes beanstandet. Dementsprechend wurden in der Folgezeit zahlreiche Lieferungen von Schweinefleisch aus Dänemark von den zuständigen deutschen Behörden geprüft und bei Überschreitung des Androstenongrenzwertes beanstandet und zurückgewiesen.
5
Nachdem die Beklagte und die Kommission keine Einigung über die Auslegung der gemeinschaftsrechtlichen Normen finden konnten, stellte der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften auf die von der Kommission im Jahr 1996 erhobene Vertragsverletzungsklage durch Urteil vom 12. November 1998 (Rs. C-102/96, Slg. 1998, I-6890) einen Verstoß der Beklagten gegen die genannten Richtlinienbestimmungen fest.
6
Die Klägerin hat den geltend gemachten Schadensersatzanspruch auf die Behauptung gestützt, die dänischen Schweinezüchter und Schlachthofgesellschaften hätten im Hinblick auf das gemeinschaftswidrige Verhalten der Beklagten zunächst die Produktion nicht kastrierter männlicher Schweine vermindert und im Oktober 1993 nahezu vollständig eingestellt. Um den Export von Schweinefleisch nach Deutschland nicht zu gefährden, seien männliche Schweine in dem notwendigen Umfang kastriert aufgezogen worden. In der Zeit zwischen 1993 und 1999 seien etwa 39 Millionen kastriert aufgezogene Schweine für die Vermarktung in Deutschland geschlachtet worden. Bei der Vermarktung einer entsprechenden Menge unkastrierter männlicher Schweine hätten sich für sie Kosteneinsparungen von mindestens 280.000.000 DM ergeben.
7
Das Landgericht (LRE 48, 207) hat die Klage im Hinblick auf die Beantragung eines Mahnbescheids am 6. Dezember 1999 für die Zeit ab 7. Dezember 1996 dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und sie insoweit als verjährt abgewiesen, als es um Ersatzansprüche für Schäden geht, die bis zum 6. Dezember 1996 entstanden sind. Das Berufungsgericht (LRE 51, 370) hat die Klage insgesamt dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.

II.


8
allgemeinen Die Voraussetzungen für einen gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch sind in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften geklärt. Danach kommt eine Haftung des Mitgliedstaats in Betracht, wenn die verletzte Gemeinschaftsrechtsnorm bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, der Verstoß hinreichend qualifiziert ist und zwischen diesem Verstoß und dem dem Einzelnen entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht (vgl. EuGH, Urteil vom 30. September 2003 - Rs. C-224/01 - Köbler - Slg. 2003, I-10290, 10305 zu Rn. 30, 31 mit umfangreichen weiteren Nachweisen). Der vorliegende Fall wirft die Frage auf, inwieweit sich die betroffenen Produzenten und Vermarkter von Schweinefleisch bei der Verletzung harmonisierender Richtlinien gegebenenfalls auf Rechte beziehen können, die ihnen das Primärrecht verleiht. Darüber hinaus sieht der Senat einen Klärungsbedarf hinsichtlich der Einflussnahme von Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts auf die prinzipiell dem nationalen Recht überlassene Regelung der näheren Ausgestaltung des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs, insbesondere in Bezug auf seine Verjährung und auf den Vorrang des Primärrechtsschutzes.
9
1. a) Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften war mit dem hier zu beurteilenden Sachverhalt, insbesondere was die Verlautbarung der Beklagten durch das Schreiben des Bundesministers für Gesundheit vom 26. Januar 1993 angeht, bereits in dem auf Klage der Kommission eingeleiteten Verfahren gemäß Art. 169 EGV (= Art. 226 EG) in der Rechtssache C-102/96 befasst. Er hat hierbei die für das anhängige Verfahren zu übernehmende Feststellung getroffen , dass die Beklagte mit der im Schreiben vom 26. Januar 1993 angekündigten Praxis, Schlachtkörper von nicht kastrierten männlichen Schweinen der Kennzeichnung und Hitzebehandlung bereits dann zu unterwerfen, wenn das Fleisch unabhängig vom Körpergewicht der Tiere einen Androstenongehalt von mehr 0,5 µg/g - festgestellt unter Anwendung des modifizierten Immunoenzymtests nach Prof. Claus - aufweist, und dass sie das Fleisch bei Überschreitung dieses Grenzwertes als mit einem starken Geschlechtsgeruch belastet betrachtet , der die Genussuntauglichkeit des Fleisches für den menschlichen Verzehr nach sich zieht, gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 5 Abs. 1 Buchst. o und Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 64/433/EWG in der Fassung der Richtlinie 91/497/EWG sowie aus Art. 5 Abs. 1, Art. 7 und Art. 8 der Richtlinie 89/662/EWG verstoßen hat.
10
b) Dem ist hinzuzufügen, dass die Beklagte die Richtlinie 64/433/EWG in der Fassung der Richtlinie 91/497/EWG über mehrere Jahre nicht in das nationale Recht umgesetzt hat, so dass die für den Vollzug zuständigen innerstaatlichen Behörden der Länder ihre Kontrollen - deren Umfang im Einzelnen streitig ist - auf einer mit dem Gemeinschaftsrecht nicht vereinbaren Grundlage wahrnahmen. So sah § 17 Abs. 1 der Fleischhygieneverordnung (FlHV) in der Fassung vom 7. November 1991 (BGBl. I S. 2066) über den 1. Januar 1993 - das Datum der in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 91/497/EWG geforderten Umsetzung - hinaus vor, dass frisches Fleisch von nicht kastrierten männlichen Schweinen mit einem Schlachtgewicht über 40 kg weder eingeführt noch sonst in den Geltungsbereich der Verordnung verbracht werden durfte. Hiervon waren nach § 17 Abs. 2 FlHV nur Schlachtkörper über 40 kg aus Mitgliedstaaten ausge- nommen, die unter besonderer Kennzeichnung unmittelbar aus Schlachtbetrieben in Freibankbetriebe oder nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 FlHV zugelassene Verarbeitungsbetriebe verbracht wurden. Die Ausnahme nach § 17 Abs. 2 FlHV wurde durch Art. 82 des EWR-Ausführungsgesetzes vom 27. April 1993 (BGBl. I S. 512), gültig ab 1. Januar 1994, nur dahin erweitert, dass auch Schlachtkörper über 40 kg aus anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum mit Ausnahme von Island und Norwegen unter besonderer Kennzeichnung in Freibankbetriebe oder nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 FlHV zugelassene Verarbeitungsbetriebe verbracht werden durften.
11
In § 17 Abs. 1 FlHV in der Fassung vom 15. März 1995 (BGBl. I S. 327) blieb das Einfuhrverbot von frischem Fleisch von nicht kastrierten männlichen Schweinen (unter Wegfall der Gewichtsgrenze, also grundsätzlich in einem weiteren Umfang) aufrecht erhalten. Abweichend durfte jedoch nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 FlHV das frische Fleisch aus anderen Mitgliedstaaten oder anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum mit Ausnahme von Island verbracht werden, wenn es mit einem geeigneten Immunoenzymtest oder einer gaschromatographischen Methode auf 5-alpha-Androstenon untersucht und die Höchstmenge von 0,5 µg/g Fett dabei nicht überschritten worden war. Diese Ausnahmeregelung entsprach im Wesentlichen der Verlautbarung der Beklagten vom 26. Januar 1993. In der seit dem 31. Dezember 1996 gültigen Fassung vom 19. Dezember 1996 (BGBl. I S. 2120; vgl. auch Bekanntmachung der Neufassung vom 21. Mai 1997, BGBl. I S. 1138) wurde die Ausnahmeregelung dahin gelockert, dass nicht mehr eine bestimmte Untersuchungsmethode , sondern lediglich ein geeigneter Test verlangt wurde, wobei es aber weiterhin auf den gleichen Grenzwert ankam. Die Änderungsverordnungen vom 6. November 1997 (BGBl. I S. 2665) und 3. Dezember 1997 (BGBl. I S. 2786) beließen es bei diesem Rechtszustand. Erst durch die Ände- rungsverordnung vom 24. März 1999 (BGBl. I S. 498), gültig ab 1. April 1999, wurde das Importverbot für frisches Fleisch von nicht kastrierten männlichen Schweinen auf Tiere mit einem Gewicht des Tierkörpers von über 80 kg aus anderen Mitgliedstaaten oder anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum beschränkt (§ 17 Abs. 1 Nr. 1d FlHV) und als Ausnahme hierzu die Einfuhr gestattet, wenn der Herkunftsschlachtbetrieb durch Anwendung einer von der zuständigen Behörde anerkannten Methode sicherstellt, dass Tierkörper mit starkem Geschlechtsgeruch festgestellt werden können (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 FlHV). Dies entsprach den Anforderungen in Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Ziffer iii der Richtlinie 64/433/EWG in der Fassung der Richtlinie 91/497/EWG.
12
c) Der Senat hält es für zweifelhaft, ob sich aus den genannten Richtlinien Rechte der Produzenten und Vermarkter von Schweinefleisch ergeben. Die auf Art. 43 EGV (= Art. 37 EG) gestützte Richtlinie 89/662/EWG bezweckt zur Verwirklichung des Binnenmarkts eine Verlagerung der grundsätzlich dem Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier dienenden Kontrollen im Veterinärbereich von den Binnengrenzen in den Versandmitgliedstaat. Das führt zwar - auch mit Rücksicht auf die Harmonisierung der Anforderungen - zu einer gewollten Förderung der Entfaltung von Grundfreiheiten. Über diese den Warenverkehr begünstigende Wirkung hinaus lässt sich nach Auffassung des Senats nicht feststellen, dass den Produzenten und Vermarktern von landwirtschaftlichen Erzeugnissen durch die Richtlinie Rechte verliehen würden, die darüber hinausgehen, sich nach Maßgabe innerstaatlicher Rechtsbehelfe gegen eine gemeinschaftsrechtswidrige Kontrolle zur Wehr zu setzen.
13
Auch soweit es um die ebenfalls auf Art. 43 EGV gestützte Richtlinie 64/433/EWG in der Fassung der allgemein auf den Gründungsvertrag gestütz- ten Richtlinie 91/497/EWG geht, steht die Einführung eines harmonisierten Systems gesundheitsbehördlicher Kontrollen im Vordergrund, das neben dem Schutz der Gesundheit unter Einbeziehung der Richtlinie 89/662/EWG auch die Gleichbehandlung der Waren gewährleistet (vgl. EuGH, Urteil vom 12. November 1998, Slg. 1998, I-6890, 6901 Rn. 26). Dass sich aus Art. 5 Abs. 1 Buchst. o der Richtlinie 64/433/EWG, der genussuntaugliches Fleisch vom Markt fernhalten will, ein Recht des Produzenten oder Vermarkters ergeben könnte, erscheint dem Senat ausgeschlossen. Mittelbar kann man allerdings Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Ziffer iii entnehmen, dass das Fleisch von nicht kastrierten männlichen Schweinen unter den dort genannten Voraussetzungen als frisches Fleisch vertrieben werden darf und weder einer Kennzeichnung bedarf noch einer Hitzebehandlung zu unterziehen ist. Der Gesamtzusammenhang der Vorschriften, die sich auf die Ausgestaltung der Kontrollen beziehen, spricht aus der Sicht des Senats jedoch eher gegen eine Verleihung von Rechten an Erzeuger und Vermarkter landwirtschaftlicher Produkte.
14
näheren Der Klärung der angesprochenen Gesichtspunkte dient die erste Vorlagefrage.
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Auch d) wenn die genannten Richtlinien den Schweinezüchtern und Schlachthofgesellschaften keine Rechte verleihen sollten, hält es der Senat in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen für möglich, dass sie sich zur Begründung eines gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs auf die Verletzung der Warenverkehrsfreiheit (Art. 30 EGV = Art. 28 EG) berufen können. Die Revision hält zwar eine Heranziehung von Vorschriften des Primärrechts für unzulässig, wenn - wie hier - für einen bestimmten Rechtsbereich das Gemeinschaftsrecht durch Sekundärrecht harmonisiert ist. Richtig ist, dass der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften verschiedentlich ausgesprochen hat, für die Frage, ob ein Mitgliedstaat seine Verpflichtungen aus Art. 189 Abs. 3 EGV (= Art. 249 Abs. 3 EG) erfüllt habe, komme es ausschließlich auf den Gehalt der Richtlinie an und nicht auf das Primärrecht (vgl. nur EuGH, Urteile vom 12. Oktober 1993 - Rs. C 37/92 - Vanacker und Lesage - Slg. 1993, I-4975, 4978 Rn. 9; vom 11. Juli 1996 - Rs. C 427/93 u.a. - Bristol-Myers Squibb u.a. - Slg. 1996, I-3514, 3527 Rn. 25; allgemein zur Prüfung am Maßstab des harmonisierenden Rechts Urteil vom 13. Dezember 2001 - Rs. C 324/99 - DaimlerChrysler - Slg. 2001, I-9918, 9930, 9933 Rn. 32, 44). Daraus folgt nach Auffassung des Senats indes nicht, dass man sich nicht auf eine Verletzung von Art. 30 EGV berufen dürfe, wenn das harmonisierende Recht nicht richtig umgesetzt wird. Erfüllt der Mitgliedstaat das harmonisierende und damit mögliche Grundfreiheiten näher konkretisierende und ausgestaltende Gemeinschaftsrecht , ist er seinen Verpflichtungen nachgekommen. Ihm kann dann nicht vorgeworfen werden, er habe die Grundfreiheiten nicht ausreichend beachtet. Lässt er es jedoch - wie hier - gerade an einer Umsetzung fehlen, so dass die die Grundfreiheiten fördernden harmonisierenden Schritte nicht verwirklicht werden, verletzt er zugleich die betroffene Grundfreiheit, mögen sich aus den Richtlinien auch keine Rechte Einzelner ergeben. Dem kann die Beklagte nicht entgegenhalten, bei Fehlen einer harmonisierenden Regelung hätte sie sich mit ihren Maßnahmen im Rahmen des Art. 36 EGV (= Art. 30 EG) gehalten. Mit diesen Überlegungen wird der die Warenverkehrsfreiheit fördernde und Maßnahmen nach Art. 36 EGV begrenzende Inhalt der hier in Rede stehenden Richtlinien verkannt.
16
Soweit der Senat sieht, hält auch der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften - in Übereinstimmung mit der Auffassung der Kommission und des Generalanwalts (vgl. EuGH, Schlussanträge vom 3. Februar 1998 - Slg. 1998, I-6873, 6878, 6886 ff Rn. 5, 14, 16) - eine Überprüfung am Maßstab des Art. 30 EGV für zulässig (vgl. EuGH, Urteil vom 12. November 1998, aaO S. 6902 Rn. 30). Um letzte Zweifel zu beseitigen, die sich daraus ergeben, dass der Gerichtshof insoweit keine Vertragsverletzung festgestellt hat, wird die zweite Vorlagefrage gestellt. An ihrer Beantwortung besteht aus Sicht des Senats wegen ihrer weiterreichenden allgemeinen Bedeutung auch dann ein erhebliches Interesse, wenn der Gerichtshof die Verleihung von Rechten aufgrund der genannten Richtlinien annehmen sollte.
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2. Ist davon auszugehen, dass durch die Schreiben der Beklagten vom 18. und 26. Januar 1993 und die verspätete Umsetzung der Richtlinie 64/433/EWG in der Fassung der Richtlinie 91/497/EWG verliehene Rechte der Produzenten und Vermarkter verletzt worden sind, kommt dem Grunde nach eine Haftung der Beklagten aus dem gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch in Betracht. Denn der Senat hätte keine Zweifel, dass es sich insoweit um einen qualifizierten Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht handeln würde, auf dem der von der Klägerin behauptete Schaden beruht.
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Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat entschieden, die Mitgliedstaaten hätten die Folgen eines verursachten Schadens, für den sie nach dem Gemeinschaftsrecht einzustehen hätten, im Rahmen ihres nationalen Haftungsrechts zu beheben. Mangels einer gemeinschaftsrechtlichen Regelung sei es Sache der nationalen Rechtsordnung, die zuständigen Gerichte zu bestimmen und das Verfahren für die Klagen auszugestalten, die den vollen Schutz der dem Einzelnen aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsenen Rechte gewährleisten sollen. Dabei dürften die im Schadensersatzrecht der einzelnen Mitgliedstaaten festgelegten Voraussetzungen nicht ungünstiger sein als bei ähnlichen Klagen, die nur nationales Recht betreffen (Grundsatz der Gleichwertigkeit ), und nicht so ausgestaltet sein, dass sie die Erlangung einer Entschädi- gung praktisch unmöglich machten oder übermäßig erschwerten (Grundsatz der Effektivität; vgl. EuGH, Urteile vom 19. November 1991 - Rs. C-6/90 und C-9/90 - Francovich - Slg. 1991, I-5403, 5415 f Rn. 42, 43; vom 5. März 1996 - Rs. C-46/93 und C-48/93 - Brasserie du Pêcheur und Factortame - Slg. 1996, I-1131, 1153, 1155, 1157 Rn. 67, 74, 83; vom 10. Juli 1997 – Rs. C-261/95 – Palmisani – Slg. 1997, I-4037, 4046 Rn. 27). Da es an einer unmittelbar anzuwendenden Verjährungsvorschrift im Gemeinschaftsrecht fehlt - die Regelung des Art. 46 (= Art. 43 a.F.) der Satzung der Gerichtshofs betrifft die aus außervertraglicher Haftung der Gemeinschaften hergeleiteten Ansprüche -, ist die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede nach nationalem Recht zu prüfen.
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a) Nach der zum 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Neuregelung des Verjährungsrechts durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre (§ 195 BGB). Einer längeren Verjährungsfrist unterliegen Rechte an einem Grundstück (§ 196 BGB) und sonstige, in § 197 BGB aufgeführte Ansprüche , um die es vorliegend nicht geht. Die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 BGB). Dieser regelmäßigen Verjährungsfrist unterliegen z.B. Amtshaftungsansprüche nach nationalem Recht wegen amtspflichtwidrigen Verhaltens eines Beamten im haftungsrechtlichen Sinn (§ 839 BGB), für die die öffentliche Hand nach Art. 34 GG zu haften hat, und Entschädigungsansprüche aus dem richterrechtlich entwickelten Institut des enteignungsgleichen Eingriffs; auch der gemeinschaftsrechtliche Staatshaftungsanspruch verjährt nach dieser Regelung. Der Senat hat keine Bedenken, dass diese Regelung den oben (vor a) wiedergegebenen Anforderungen gerecht wird, die der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Ausgestaltung der Folgen des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs an das nationale Recht gerichtet hat. Dies gilt insbesondere auch für die Dauer der Verjährungsfrist , die zwar hinter der in Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs zurückzubleiben scheint, aber angesichts ihres kenntnisabhängigen Laufs dem Geschädigten eine ausreichende Zeit gibt, seine Ansprüche geltend zu machen.
20
b) Für die Frage, ob die Ansprüche der Klägerin im Zeitpunkt der Klageerhebung bereits verjährt waren, ist nach der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 6 EGBGB jedoch das frühere Recht anzuwenden. Nach diesem Recht betrug die regelmäßige Verjährungsfrist 30 Jahre (§ 195 BGB a.F.). Diese Regelung war gesetzlich durch eine Reihe von Ausnahmetatbeständen zweiund vierjähriger Fristen durchbrochen. Für Amtshaftungsansprüche richtete sich die Verjährung nach § 852 Abs. 1 BGB a.F., einer verjährungsrechtlichen Sondervorschrift aus dem Recht der unerlaubten Handlungen, an der sich im Wesentlichen die Regelverjährung nach neuem Recht orientiert hat. Denn diese Ansprüche verjährten grundsätzlich in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangte. Demgegenüber verjährten Ansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff - von landesrechtlichen Besonderheiten abgesehen - in der regelmäßigen Frist von 30 Jahren (vgl. Senatsurteil BGHZ 117, 287, 294).
21
aa) In welcher Frist der gemeinschaftsrechtliche Staatshaftungsanspruch verjährt, ist bisher höchstrichterlich nicht entschieden worden. Der Gesetzgeber hat davon abgesehen, nach der Entwicklung des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hierfür besondere Regelungen vorzusehen, und hat die Frage der Rechtspraxis überlassen. Probleme sind deswegen - soweit ersichtlich - noch nicht aufgetreten. So wird es etwa als selbstverständlich angesehen, dass die Spruchkörper, die mit Amtshaftungssachen befasst sind, auch über den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch befinden.
22
bb) Die Klägerin meint, mangels einer speziellen Verjährungsregelung für den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch unterliege dieser unmittelbar der Regelverjährung von 30 Jahren. Dies sei im Übrigen auch deshalb sachgerecht, weil er sich von der Amtshaftung, bei der das schuldhafte Fehlverhalten eines einzelnen Beamten im Mittelpunkt der Beurteilung stehe und die Haftung auf den Staat nur übergeleitet werde, grundlegend unterscheide und eine größere Nähe zu den Ansprüchen aus enteignungsgleichem Eingriff aufweise , bei denen es um eine Entschädigung für rechtswidrige Eingriffe in eine durch Art. 14 GG geschützte Rechtsposition gehe.
23
cc) Nach Auffassung des Senats ist die Verjährungsregelung des § 852 Abs. 1 BGB a.F. auch auf den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch anzuwenden. Das entspricht auch der überwiegenden Meinung in der Fachliteratur (vgl. Maurer, in: Festschrift für Boujong, 1996, S. 591, 606; Streinz/Leible, ZIP 1996, 1931, 1938; Huff, NJW 1996, 3190, 3191; Deckert, EuR 1997, 203, 233; Hidien, Die gemeinschaftsrechtliche Staatshaftung der EU-Mitgliedstaaten, 1999, S. 71; Berg, in: Schwarze, EU-Kommentar, 2000, Art. 288 EGV Rn. 94; Ruffert, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 2. Aufl. 2002, Art. 288 EG-Vertrag Rn. 58; Gellermann, in: Streinz, EUV/EGV, 2003, Art. 288 EGV Rn. 56; Mankowski, in: Rengeling/Middeke/Gellermann, Handbuch des Rechtsschutzes in der Europäischen Union, 2. Aufl. 2003, § 37 Rn. 131; Schulze , in: Gebauer/Wiedmann, Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2005, Kapitel 16 Rn. 47; für eine analoge Anwendung des Art. 46 [= Art. 43 a.F]. der Sat- zung des Gerichtshofs Prieß, NVwZ 1993, 118, 124; Detterbeck, VerwArch 85 [1994], 159, 190 f; Detterbeck/Windthorst/Sproll, Staatshaftungsrecht, 2000, § 6 Rn. 79; vom Stein, in: Anwaltkommentar BGB, 2005, § 839 Rn. 37; wohl auch Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 5. Aufl. 1998, S. 520). Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, wie man das dogmatische Verhältnis beider Ansprüche zueinander betrachtet, ob etwa der gemeinschaftsrechtliche Staatshaftungsanspruch nur gemeinschaftsrechtlich geforderte Mindestvoraussetzungen in einem einheitlichen Haftungssystem bestimmt oder ob es sich um zwei Ansprüche handelt, die in ihren Voraussetzungen und Folgen unabhängig voneinander sind (zu Unterschieden und Gemeinsamkeiten der Ansprüche in der Rechtsprechung des Senats vgl. Dörr, DVBl. 2006, 598 ff). Aus der Sicht des Senats spricht für eine Anwendung der Verjährungsregelung für Amtshaftungsansprüche zum einen das Rechtsschutzziel: der gemeinschaftsrechtliche Staatshaftungsanspruch zielt - anders als der enteignungsgleiche Eingriff - auf einen vollständigen Schadensausgleich. Zum anderen bestehen, insbesondere wenn es - wie im Regelfall - um die Beurteilung behördlichen Verhaltens geht, weitgehende Parallelen, da es zu den Amtspflichten der nationalen Behörden gehört, das Gemeinschaftsrecht zu beachten. Ginge es daher vorliegend um die Rechtmäßigkeit von konkreten Kontrollmaßnahmen, könnten ohne weiteres die Haftungsvoraussetzungen sowohl für den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch als auch den nationalen Amtshaftungsanspruch erfüllt sein. Der Senat hält es deshalb für nicht sachgerecht, in Fällen legislativen Unrechts, in denen es an der für Amtshaftungsansprüche erforderlichen Verletzung einer gegenüber einem Dritten bestehenden Amtspflicht fehlt, und deshalb lediglich eine Haftung unter den Voraussetzungen des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs in Betracht kommt, eine vom Amtshaftungsrecht abweichende Verjährungsfrist anzuwenden.
24
Der Senat verkennt nicht, dass das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften es in ständiger Rechtsprechung abgelehnt hat, wegen der Verjährung im Gemeinschaftsrecht wurzelnder Ansprüche auf Rückzahlung rechtswidrig gewährter Beihilfen oder Zuschüsse im Wege der Analogie Vorschriften des nationalen Rechts oder für andere Sachverhalte einschlägige gemeinschaftsrechtliche Vorschriften heranzuziehen, weil eine Verjährungsfrist vom Gemeinschaftsgesetzgeber grundsätzlich im voraus festgelegt werden müsse, um ihre Aufgabe, die Rechtssicherheit zu gewährleisten, erfüllen zu können (vgl. EuG, Urteile vom 15. September 1998 - Rs. T-126/96 und T-127/96, Slg. 1998, II-3442, 3462 f Rn. 67, 68; vom 17. September 2003 - Rs. T-137/01, Slg. 2003, II-3106, 3140 f Rn. 122, 123). Diese Rechtsprechung , die die Auslegung gemeinschaftsrechtlicher Normen betrifft, kann jedoch nach Auffassung des Senats nicht auf die Verjährung des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs übertragen werden, den der Gerichtshof in seinen Voraussetzungen entwickelt und für dessen Folgen er auf das nationale Recht verwiesen hat. Der Senat sieht daher - vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften - keine Rechtssätze des Gemeinschaftsrechts, die die Befugnis der nationalen Gerichte beschränken könnten, im Wege der Auslegung, die die gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze der Gleichwertigkeit und der Effektivität beachtet, zur entsprechenden Anwendung der für die Amtshaftung geltenden Verjährungsvorschriften zu gelangen.
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c) Geht man von der dreijährigen Frist des § 852 Abs. 1 BGB a.F. für die Verjährung der Ansprüche der Klägerin aus, kommt es im Weiteren auf deren Beginn und etwaige Hemmungs- oder Unterbrechungstatbestände an.
26
aa) Grundsätzlich beginnt die Verjährungsfrist mit der Kenntnis des Geschädigten vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen. Soweit es um den hier geltend gemachten Schaden geht, der sich daraus ergeben soll, dass die Vermarktung nicht kastrierter männlicher Schweine höhere Erlöse erbracht hätte als die tatsächliche Vermarktung kastrierter Schweine, ergibt sich aus dem gesamten Vorbringen der Klägerin über das Male-Pig-Projekt und dessen alsbaldige Drosselung und nahezu vollständige Einstellung, dass die Beteiligten bereits im Jahr 1993 Kenntnis von den Schäden erlangten, die ihnen entstanden waren bzw. entstehen würden, wenn sie, um Verluste auf einem bedeutsamen Markt zu vermeiden, zur Vermarktung kastrierter Schweine zurückkehrten. Prinzipiell war ihnen auch bekannt, dass dies auf den Verlautbarungen der Beklagten beruhte, die angekündigt hatte, die Richtlinie 64/433/EWG nicht in der vorgeschriebenen Form umsetzen zu wollen. Sie hatten auch von entsprechenden Kontrollmaßnahmen der Landesbehörden Kenntnis.
27
Für den Bereich der Amtshaftung genügt es im Allgemeinen, dass der Geschädigte die tatsächlichen Umstände kennt, die eine schuldhafte Amtspflichtverletzung als nahe liegend, eine Amtshaftungsklage - sei es auch nur als Feststellungsklage - mithin als so aussichtsreich erscheinen lassen, dass dem Verletzten die Erhebung der Klage zugemutet werden kann (vgl. Senatsurteil BGHZ 122, 317, 325). Dagegen setzt § 852 Abs. 1 BGB a.F. aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit grundsätzlich nicht voraus, dass der Geschädigte aus den ihm bekannten Tatsachen auch die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht. Allerdings kann Rechtsunkenntnis im Einzelfall bei unsicherer und zweifelhafter Rechtslage den Verjährungsbeginn hinausschieben (vgl. Senatsurteil BGHZ 150, 172, 186 m.w.N.).
28
So liegt es hier. Der Senat hält für das Jahr 1993, als die Klägerin Kenntnis vom eingetretenen und absehbaren Schaden erlangte, mit dem Berufungsgericht die Rechtslage, soweit es um den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch geht, noch für so unsicher und zweifelhaft, dass der Klägerin die Erhebung einer Klage nicht zumutbar war. Zwar hätten sich mit dem Export befasste Unternehmen im Wege des Primärrechtsschutzes gegen ungerechtfertigte Kontrollmaßnahmen und Zurückweisungen von Lieferungen bereits damals zur Wehr setzen können. Die Voraussetzungen, unter denen gegen im Kern legislatives Unrecht, wie es in den Verlautbarungen des Bundesministers für Gesundheit angekündigt wurde, Schadensersatz zu erlangen war, waren indes zu diesem Zeitpunkt noch nicht hinreichend geklärt. Zwar hatte der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften bereits in seinem Urteil vom 19. November 1991 (Rs. C-6/90 und C-9/90 - Francovich - Slg. 1991, I-5403, 5413 ff Rn. 31 bis 40) die Grundlagen und Voraussetzungen für einen gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch näher umschrieben. Das Urteil , das den Fall einer nicht umgesetzten Richtlinie betraf, mit der Einzelnen Rechte verliehen wurden, ließ jedoch noch einige Fragen offen, die Gegenstand des Vorlagebeschlusses des Senats vom 28. Januar 1993 gewesen sind und den Klärungsbedarf auch für die hier vorliegende Fallkonstellation belegten (III ZR 127/91 - NVwZ 1993, 601; vgl. auch die Wiedergabe im Senatsurteil BGHZ 134, 30, 34). Der Senat ist daher der Auffassung, dass es der Klägerin erst im Anschluss an das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 5. März 1996 (Rs. C-46/93 und C-48/93 - Brasserie du Pêcheur und Factortame - Slg. 1996, I-1131) zumutbar war, einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen. Denn durch dieses Urteil wurde geklärt, dass auch in Fällen legislativen Unrechts eine Ersatzpflicht eintritt, die nicht auf Schäden an bestimmten individuellen Rechtsgütern beschränkt ist, den entgangenen Gewinn mit einschließt und Zeiträume erfassen kann, die vor Erlass eines Ur- teils liegen, mit dem der Gerichtshof einen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht feststellt. Billigt man der Klägerin eine Frist von drei Monaten zu, um die Auswirkungen der genannten Entscheidung auf ihre Situation zu überprüfen, wäre ihr daher Mitte des Jahres 1996 die Erhebung einer Schadensersatzklage zuzumuten gewesen.
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bb) Demgegenüber teilt der Senat nicht die Auffassung des Berufungsgerichts , die Klägerin hätte, nachdem zwischenzeitlich die Klage der Kommission gegen die Beklagte beim Gerichtshof anhängig gewesen sei, den Ausgang dieses Verfahrens abwarten dürfen, ohne Auswirkungen auf die Verjährung ihres Anspruchs gewärtigen zu müssen.
30
Der Beginn des Laufs der Verjährungsfrist hängt nach § 852 Abs. 1 BGB a.F. allein von der Kenntnis des Schadens und der Person des Ersatzpflichtigen ab. Dann ist er in der Regel in der Lage, eine - die Verjährung unterbrechende (oder nach neuem Recht hemmende) - hinreichend aussichtsreiche und ihm daher zumutbare Klage zu erheben (vgl. BGHZ 102, 246, 248; Senatsurteile BGHZ 122, 317, 324 f; BGHZ 138, 247, 252). Risikolos muss eine solche Klage nicht sein, um dem Geschädigten zugemutet werden zu können. Deswegen hat es auf den Lauf der Verjährungsfrist grundsätzlich keinen Einfluss, wenn bestimmte Fragen in einem Parallelverfahren – dort vielleicht schon in der Revisionsinstanz - ebenfalls zu beantworten sind und der Geschädigte den Ausgang eines solchen Verfahrens abwarten möchte. Will er unter solchen Umständen den Ablauf der Verjährung vermeiden, muss er einen Verzicht des Gegners auf die Einrede der Verjährung herbeiführen oder mit ihm ein "pactum de non petendo" schließen (vgl. etwa Senatsurteil vom 23. April 1998 - III ZR 7/97 - NJW 1998, 2274, 2276 f).
31
Unberührt hiervon bleibt freilich eine Klage des Geschädigten, mit der er sich im Wege des Primärrechtsschutzes gegen die rechtswidrigen staatlichen Maßnahmen selbst wendet. Insoweit kommt der Inanspruchnahme fachgerichtlichen Primärrechtsschutzes im Sinn des § 839 Abs. 3 BGB verjährungsunterbrechende Wirkung analog § 209 Abs. 1, § 211 BGB a.F. auch für den Amtshaftungsprozess zu (vgl. Senatsurteile BGHZ 95, 238, 242; BGHZ 122, 317, 323 f). Dem Vertragsverletzungsverfahren kann indes eine solche Bedeutung nicht beigemessen werden. Auch wenn die Kommission vielfach - wie hier - auf die Beschwerde eines von einem Gemeinschaftsrechtsverstoß Betroffenen hin tätig wird, bleibt es ihrem Ermessen überlassen, ob sie nach der Einleitung der in Art. 226 EG vorgesehenen Schritte Klage vor dem Gerichtshof erhebt. Auch wenn das Rechtsschutzinteresse für ein Vertragsverletzungsverfahren, dessen Streitgegenstand durch die mit Gründen versehene Stellungnahme der Kommission bestimmt wird, nicht dadurch wegfällt, dass der Mitgliedstaat nach Ablauf der gemäß Art. 226 Abs. 2 EG gesetzten Frist den gerügten Mangel behebt, sondern fortbesteht, weil die Grundlage für eine Haftung des Mitgliedstaates geschaffen werden kann (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 30. Mai 1991 - Rs. C-361/88 - Slg. 1991, I-2596, 2605 Rn. 31), handelt es sich doch um ein objektives Verfahren, das der Einflussnahme möglicher Betroffener entzogen ist und anders als eine vom Betroffenen im Primärrechtsschutz erhobene Klage dem Schädiger nicht vermittelt, mit welchen Schadensersatzansprüchen er nach Abschluss dieses Verfahrens noch zu rechnen hat. Wollte man, wie dies von der Klägerin vertreten wird, einem Vertragsverletzungsverfahren grundsätzlich verjährungsunterbrechende Bedeutung beimessen oder jedenfalls in Fällen, in denen nach nationalem Recht zumutbare Rechtsmittel des Primärrechtsschutzes nicht zur Verfügung stehen, würde dies auf eine Sonderbehandlung des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs hinauslaufen, die für vergleichbare Verfahren nach nationalem Recht ohne Parallele wäre und den aus der Sicht des Senats wünschenswerten Gleichlauf der Folgen bei Verstößen gegen das nationale Recht und das Gemeinschaftsrecht stören würde. Nach dem Verständnis des Senats werden ähnliche Fragen auch im Anwendungsbereich des Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs entsprechend gesehen. Denn das Gericht erster Instanz hat in einem Fall außervertraglicher Haftung (Art. 288 Abs. 2 EG) wegen Ungültigkeit einer Norm entschieden, weder den Schwierigkeiten, die mit einer solchen Klage verbunden seien, noch dem Zeitpunkt der Feststellung der Ungültigkeit der Verordnung durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften komme für die Klagefrist Bedeutung zu. Vielmehr sei es Sache eines jeden Geschädigten, von den Organen der Gemeinschaft Ersatz zu verlangen oder innerhalb der Frist Klage zu erheben (vgl. EuG, Urteil vom 16. April 1997, Rs. T-20/94 - Hartmann - Slg. 1997, II-598, 628 f Rn. 115 f, 118).
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Da der Senat jedoch nicht auszuschließen vermag, dass der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften es zur Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts für erforderlich hält, dass der gemeinschaftsrechtliche Staatshaftungsanspruch nicht verjähren darf, solange ein Vertragsverletzungsverfahren anhängig ist, bittet er um nähere Klärung im Sinne der dritten Vorlagefrage.
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d) Bestehen gegen die Anwendbarkeit des § 852 Abs. 1 BGB a.F. und die Auffassung des Senats, das Vertragsverletzungsverfahren habe auf die Verjährung keinen Einfluss, keine gemeinschaftsrechtlichen Bedenken, kommt in Betracht, dass die an die Klägerin abgetretenen Ansprüche der drei Schlachthofgesellschaften und der mehr als 15.000 Schweinezüchter ganz oder teilweise verjährt sind. Denn im Zeitpunkt der Zustellung des am 6. Dezember 1999 beantragten Mahnbescheids, die der Erhebung der Klage nach § 209 Abs. 2 Nr. 1 BGB a.F. gleichsteht, waren seit Mitte 1996, als der Klägerin die Erhebung einer Schadensersatzklage zumutbar war, mehr als drei Jahre verstrichen.
34
aa) Wie bereits ausgeführt, knüpft der Lauf der Verjährungsfrist an die Kenntnis des Schadens und der Person des Ersatzpflichtigen an. Dabei genügt es für die Kenntnis des Schadens, dass dem Geschädigten das Vorliegen eines Schadens und das Schadensgeschehen in seinen Grundzügen bekannt sind. Deshalb stellt sich der gesamte aus einer unerlaubten Handlung entstehende Schaden hinsichtlich der Erlangung der Kenntnis als eine Einheit dar und nicht als Summe einzelner selbständiger Schadensfolgen (vgl. BGHZ 67, 372, 373; BGH, Urteil vom 20. Juni 1991 - IX ZR 226/90 - NJW 1991, 2833, 2835). Die Kenntnis eines bereits entstandenen Schadens umfasst daher auch die Kenntnis der weiteren nachteiligen Folgen, die im Zeitpunkt der Erlangung der Kenntnis noch nicht eingetreten, aber bei verständiger Würdigung voraussehbar sind (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juni 1991 aaO). Aufgrund dieses Grundsatzes der "Schadenseinheit", der auch in das seit dem 1. Januar 2002 geltende Verjährungsrecht übernommen wurde (vgl. BT-Drucks. 14/7052 S. 180 zur Fassung des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB: Anspruch "entstanden" statt "fällig"), spielt es für die Verjährung grundsätzlich keine Rolle, dass sich der hier geltend gemachte Schaden mit jedem der 39 Millionen kastriert aufgezogenen Schweine in der Zeit von 1993 bis 1999 nach und nach verwirklicht und in dem gesamten Zeitraum auf den eingeklagten Betrag summiert haben soll. Insoweit bestehen Unterschiede zum Lauf der Frist des Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs, die ab Eintritt des den Ansprüchen zugrunde liegenden Ereignisses und nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht eher läuft, als die Voraussetzungen der Ersatzpflicht erfüllt sind und sich insbesondere der zu ersetzende Schaden konkretisiert hat (vgl. EuGH, Urteil vom 27. Januar 1982 - Rs. C-256/80 u.a. - Birra Wührer SpA u.a. - Slg. 1982, 85, 106 Rn. 8, 10; EuG, Urteil vom 16. April 1997 - Rs. T-20/94 - Hartmann - Slg. 1997, II-598, 626 Rn. 107), so dass bei fortlaufenden Schädigungen, etwa aufgrund einer rechtswidrigen Verordnung, die Verjährungsfrist für jeden kontinuierlich eingetretenen, täglich neu entstandenen Schaden gesondert zu berechnen ist (EuG, Urteil vom 16. April 1997 aaO S. 631 Rn. 132; vom 25. November 1998 - Rs. T-222/97 - Steffens - Slg. 1998, II-4177, 4186 Rn. 34).
35
Vor dem Hintergrund der nationalen Rechtslage vertritt die Beklagte den Standpunkt, die Ansprüche seien insgesamt verjährt, da nach dem Vortrag der Klägerin alle Schadensfolgen auf ihre Verlautbarungen im Januar 1993 und auf die Beanstandungen von dänischem Schweinefleisch im weiteren Verlauf dieses Jahres zurückzuführen seien. Dabei handelt es sich zwar um mehrfache Handlungen, die jede für sich - auch in Bezug auf jeden Zedenten - verjährungsrechtlich gesondert zu betrachten wären. Geht man jedoch davon aus, dass alle Zedenten bereits durch die der Beklagten vorgeworfenen Handlungen betroffen waren, hätte in der Tat prozessual kein Hindernis bestanden, im Jahr 1996 den bereits eingetretenen Schaden einzuklagen und bezüglich des absehbaren künftigen Schadens die Ersatzpflicht der Beklagten feststellen zu lassen.
36
bb) Das Landgericht hat demgegenüber angenommen, ungeachtet des Grundsatzes der Schadenseinheit sei hier zu berücksichtigen, dass der geltend gemachte Schaden nicht allein auf eine abgeschlossene Handlung im Jahr 1993 zurückzuführen sei, sondern auch auf das weitere Verhalten der Beklagten , die es über mehrere Jahre schuldhaft unterlassen habe, den gemeinschaftswidrigen Zustand, den sie mit den Verlautbarungen im Januar 1993 und der Nichtumsetzung der Richtlinie 64/433/EWG geschaffen habe, wieder zu beseitigen.

37
Daran ist richtig, dass mehrere unerlaubte Handlungen, auch soweit sie sich in gleichartiger Weise wiederholen, zu einer gesonderten verjährungsrechtlichen Betrachtung führen, weil jede Verletzungshandlung eine neue Schädigung und einen neuen Schadensersatzanspruch erzeugt (vgl. BGHZ 71, 86, 94; Senatsurteile BGHZ 97, 97, 110; BGHZ 98, 77, 83; vom 20. Februar 2003 - III ZR 224/01 - NJW 2003, 1308, 1313). Dabei bewirkt der Umstand, dass die wiederholten schadenstiftenden Handlungen möglicherweise Ausfluss eines einheitlichen Entschlusses sind, nicht, dass die Verjährung erst mit der letzten unerlaubten Handlung für alle beginnt. Denn strafrechtliche Begriffe, wie der der natürlichen Handlungseinheit oder der fortgesetzten Handlung, sind für die Verjährung deliktischer Ansprüche nicht maßgebend (vgl. BGHZ 71, 86, 94; Senatsurteil vom 20. Februar 2003 aaO).
38
Geht man daher davon aus, dass auch die weitere Unterlassung der Umsetzung der Richtlinie 64/433/EWG, zu der die Beklagte gemeinschaftsrechtlich verpflichtet war (Art. 249 Abs. 3 EG), einer Handlung gleichzustellen ist und der Verzicht der dänischen Schlachthofgesellschaften und Schweinezüchter auf die Vermarktung unkastrierter männlicher Schweine unmittelbar im Sinn des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs auf diesen Unterlassungen beruht, wurden auch in der Folgezeit bis 1999 Schadensersatzansprüche begründet, die einer eigenen Verjährung unterliegen konnten. Danach wäre die Auffassung des Landgerichts, bei Annahme einer dreijährigen Verjährungsfrist seien alle Ansprüche verjährt, die bis zum 6. Dezember 1996 entstanden seien, nicht zu beanstanden. Das stünde auch - im praktischen Ergebnis - mit der Auslegung und Anwendung des Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs im Einklang.
39
cc) Das Berufungsgericht sieht in dem Verhalten der Beklagten eine bis zur Herstellung einer gemeinschaftsrechtskonformen innerstaatlichen Rechtslage andauernde Dauerhandlung, für deren Folgen die Verjährung erst mit dem Ende der Verletzungshandlung beginne.
40
Im Ausgangspunkt wird in Rechtsprechung und Literatur angenommen, dass bei einer (einheitlichen) Dauerhandlung die Verjährung erst mit deren Beendigung beginnt (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 1973 - I ZR 136/71 - NJW 1973, 2285; RG JW 1932, 938, 939; OLG Frankfurt, VersR 1989, 260, 261 bei einer auf falscher Anschuldigung beruhenden Inhaftierung; Stein, in: MünchKomm -BGB, 3. Aufl. 1997, § 852 Rn. 23; Grothe, in: MünchKomm-BGB, 4. Aufl. 2001, § 198 Rn. 4; Staudinger/Peters, BGB, Neubearb. 2004, § 199 Rn. 21; Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl. 2006, § 199 Rn. 21), wobei insoweit darauf abgestellt wird, dass der deliktische Eingriff bis zur Beendigung der Handlung fortdauere. Die Abgrenzung zu einer wiederholten Handlung, deren Verjährung sich nach den zu bb) genannten Maßstäben richtet, ist jedoch praktisch kaum möglich (in diesem Sinn auch Grothe, in: MünchKomm-BGB, aaO und Bd. 1a, 4. Aufl. 2003, § 199 Rn. 13; Staudinger/Peters aaO). Weil eine Dauerhandlung sich häufig aus sie unterstützenden Einzelakten zusammensetzt, aus denen jeweils Ansprüche hergeleitet werden können, hat sie in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine eher theoretische Bedeutung erlangt: Im Allgemeinen ist in den zugrunde liegenden Fällen ein wiederholtes, selbständige verjährungsrechtliche Folgen auslösendes Verhalten angenommen und eine Dauerhandlung abgelehnt (vgl. BGH, Urteile vom 26. Januar 1984 - I ZR 195/81 - NJW 1985, 1023, 1024; vom 14. Januar 1999 - I ZR 203/96 - GRUR 1999, 751, 754; in der Sache BGH, Urteil vom 18. Februar 1972 - I ZR 82/70 - GRUR 1972, 558, 560 ging es um einen Beseitigungsanspruch ; vgl. auch RGZ 106, 283, 286; RGZ 134, 335, 340 f) oder deren Vorlie- gen offen gelassen worden (vgl. BGH, Urteil vom 17. April 2002 - VIII ZR 139/01 - NJW-RR 2002, 1256, 1257).
41
Diese Abgrenzungsschwierigkeiten bestehen auch in der vorliegenden Sache. Es ist eine Frage des Blickwinkels, ob man in der Fortdauer einer Rechtslage, die seit Ablauf der Umsetzungsfrist für die Richtlinie 64/433/EWG nicht mehr mit dem Gemeinschaftsrecht in Einklang stand, eine - in einer Unterlassung bestehende - Dauerhandlung sieht oder ob man die verschiedenen Versuche einer Änderung der Fleischhygieneverordnung (s. oben 1 b), die allerdings über mehrere Jahre unzureichend blieben, als selbständige Handlungen bewertet, die zu einer Wiederholung oder Fortdauer weiterer gleichartiger Schäden führten.
42
Für die Auslegung des nationalen Rechts geht der Senat wie das Landgericht von mehrfachen, wiederholten Handlungen aus. Hierfür spricht nicht nur eine natürliche Betrachtungsweise, sondern auch der Umstand, dass die gedankliche Konstruktion einer Dauerhandlung mit der Nichtumsetzung der Richtlinie nur ein - wenngleich wichtiges - Element des Geschehens herausgreift, zu dem auch die - im Einzelnen streitige - Kontrollpraxis der Landesbehörden im Vollzug der Rechtslage nach der Fleischhygieneverordnung gehört. Ein Bedürfnis für eine andere Betrachtungsweise ist nicht geboten. Vielmehr sprechen Sinn und Zweck der dem materiellen Recht zugeordneten Regeln über die Verjährung , die durch den Gedanken des Schuldnerschutzes sowie des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit gekennzeichnet sind, gegen ein Hinausschieben des Verjährungsbeginns, weil die Voraussetzungen, gegen den Ersatzpflichtigen klageweise vorzugehen, schon zu einem früheren Zeitpunkt gegeben sind.
43
Ob das Gemeinschaftsrecht eine andere Beurteilung erfordert, ist dem Senat nicht gewiss. Die Klägerin vertritt diese Auffassung unter Bezugnahme auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 25. Juli 1991 (Rs. C-208/90 - Emmott - Slg. 1991, I-4292). In dieser Rechtssache hat der Gerichtshof entschieden, ein Mitgliedstaat könne sich bis zum Zeitpunkt der ordnungsgemäßen Umsetzung einer Richtlinie nicht auf die Verspätung einer Klage berufen, die ein Einzelner zum Schutz der ihm durch die Bestimmungen dieser Richtlinie verliehenen Rechte gegen ihn erhoben habe; die Klagefrist des nationalen Rechts könne erst zu diesem Zeitpunkt beginnen (vgl. EuGH aaO S. 4299 Rn. 21 bis 23). Ob die Grundsätze dieser Entscheidung auf die Verjährung des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs zu übertragen sind, erscheint dem Senat nicht selbstverständlich. Zum einen würde dies generell wohl schon voraussetzen, dass die hier in Rede stehenden Richtlinien den Produzenten und Vermarktern von Schweinefleisch Rechte verleihen (s. oben 1 c und die erste Vorlagefrage). Zum anderen betrifft das Urteil in der Rechtssache Emmott unmittelbar die Gewährung der durch die Richtlinie verliehenen Rechte. Dass für die Verjährung eines Schadensersatzanspruchs wegen Nichtumsetzung der Richtlinie dasselbe gelten müsste, hält der Senat nicht für zwingend , zumal die Voraussetzungen für einen gemeinschaftsrechtlichen Schadensersatzanspruch durch das Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache Brasserie du Pêcheur allgemein geklärt waren und die Vertragsverletzung der Beklagten durch das Urteil vom 12. November 1998 (Rs. C-102/96 - Slg. 1998, I-6890) feststand. Zur Durchsetzung der sekundärrechtlichen Ansprüche der Klägerin bedurfte es - anders als für die Wahrnehmung verliehener Rechte - einer Umsetzung der Richtlinie also nicht.
44
Der Senat vermag auch nicht zu erkennen, dass allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts ein Hinausschieben des Verjährungsbeginns bis zur Umsetzung der Richtlinie 64/433/EWG gebieten. Die Klägerin hat zwar auf die Schlussanträge des Generalanwalts Tizzano vom 7. September 2004 in der Rechtssache C-226/03 P (Slg. 2004, I-11423) hingewiesen, in denen dieser im Zusammenhang mit verschiedenen unzutreffenden Angaben im Rahmen einer Zuschussgewährung ausgeführt habe, der Grundsatz, dass die Verjährungsfrist Rechtssicherheit gewährleiste, schütze diejenigen, die gegen eine Verpflichtung aus dem Gemeinschaftsrecht verstoßen hätten, nur dann, wenn der Verstoß beendet werde, nicht aber, wenn sie sich in einer Position fortdauernder Rechtswidrigkeit befänden (vgl. aaO S. 11435 Rn. 51 bis 53). Dem hat sich der Gerichtshof in seinem Urteil vom 2. Dezember 2004 (Slg. 2004, I-11440, 11458 Rn. 17 f) angeschlossen. Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass die Klägerin sich auf diese Rechtsausführungen deshalb nicht unmittelbar beziehen kann, weil es in der angeführten Sache um die Auslegung und Anwendung einer Gemeinschaftsverordnung ging, nach deren ausdrücklicher Bestimmung der Beginn der Verjährungsfrist sowohl bei andauernden als auch bei wiederholten Unregelmäßigkeiten auf den Tag hinausgeschoben wird, an dem die Unregelmäßigkeit beendet wird (vgl. Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung [EG, Euratom] Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften - ABl.EG Nr. L 312 S. 1). Hier geht es indes um eine prinzipiell den nationalen Gerichten vorbehaltene Auslegung nationaler Verjährungsvorschriften, die auf den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch anzuwenden sind.
45
Aus der Sicht des Senats spricht gegen eine Übernahme der Grundsätze aus dem Urteil in der Rechtssache Emmott auf den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch, dass auch der Gerichtshof in späteren Urteilen hervorgehoben hat, die Entscheidung in der Rechtssache Emmott sei durch die besonderen Umstände dieses Falls gerechtfertigt gewesen, weil der Klägerin durch den Ablauf der Klagefrist jede Möglichkeit genommen worden sei, ihren auf die Richtlinie gestützten Anspruch auf Gleichbehandlung geltend zu machen (vgl. EuGH, Urteile vom 27. Oktober 1993 - Rs. C-338/91 - Stehenhorst -Neerings - Slg. 1993, I-5497, 5503 Rn. 19; vom 6. Dezember 1994 - Rs. C-410/92 - Johnson - Slg. 1994, I-5501, 5510 Rn. 25 f; vom 17. Juli 1997 - Rs. C-114/95 und C-115/95 - Texaco und Olieselskabet Danmark - Slg. 1997, I-4267, 4287 Rn. 47, 48; vom 2. Dezember 1997 - Rs. C-188/95 - Fantask - Slg. 1997, I-6820, 6839 Rn. 51). So hat es der Gerichtshof in der Rechtssache Fantask ausdrücklich gebilligt, dass sich die dänische Regierung, die auf Erstattung richtlinienwidriger Abgaben in Anspruch genommen wurde, auf die vom Zeitpunkt der Fälligkeit an laufende fünfjährige nationale Verjährungsfrist berief (Urteil Fantask aaO S. 6839 Rn. 52). Auch in der Rechtssache Texaco hat er entschieden, dass das Gemeinschaftsrecht es nicht verbietet, dass die nationale Verjährungsfrist für einen Anspruch auf Erstattung gemeinschaftswidriger Abgaben zu einem früheren Zeitpunkt als dem der Abschaffung dieser Abgaben beginnt (Urteil Texaco aaO S. 4287 Rn. 49).
46
Da der Senat nicht mit hinreichender Sicherheit einzuschätzen vermag, ob der Gerichtshof ein Hinausschieben des Beginns der Verjährungsfrist bis zur Umsetzung der Richtlinie für geboten hält, bittet er um Beantwortung der vierten Vorlagefrage. An ihrer Beantwortung besteht, da sie sich in allen Fällen von Umsetzungsfehlern bei Richtlinien stellen kann, ein allgemeines Interesse.
47
3. Die Parteien streiten schließlich noch darüber, ob Ansprüche der Klägerin nach § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen sind. Nach dieser Bestimmung tritt die Ersatzpflicht bei einer Amtspflichtverletzung nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

48
Die Beklagte meint in diesem Zusammenhang, es komme nicht allein auf das Verhalten der Klägerin bzw. der dänischen Schweinezüchter und Schlachthofgesellschaften an, sondern auch auf das der mit dem Import und Export befassten Unternehmen wie der mit der Klägerin verbundenen Firma E. -F. , die jeweils gegen Beanstandungen Rechtsschutz hätten in Anspruch nehmen können. Demgegenüber ist die Klägerin unter Bezugnahme auf das Urteil des Gerichtshofs vom 8. März 2001 (Rs. C-397/98 und C-410/98 - Metallgesellschaft - Slg. 2001, I-1760, 1792 Rn. 106) der Auffassung, § 839 Abs. 3 BGB sei im Hinblick auf den Effektivitätsgrundsatz überhaupt nicht auf den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch anwendbar. Allenfalls könne beachtlich sein, ob der Anspruch durch ein Mitverschulden gemindert wäre.
49
Der Senat ist der Auffassung, dass der Effektivitätsgrundsatz bei sachgerechter Anwendung des § 839 Abs. 3 BGB auf den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch nicht beeinträchtigt wird. Der Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 5. März 1996 (Rs. C-46/93 und C-48/93 - Brasserie du Pêcheur und Factortame - Slg. 1996, I-1131, 1157 Rn. 84) entschieden, das nationale Gericht dürfe bei der Bestimmung des ersatzfähigen Schadens prüfen, ob sich der Geschädigte in angemessener Form um die Verhinderung des Schadenseintritts oder um die Begrenzung des Schadensumfangs bemüht und ob er insbesondere rechtzeitig von allen ihm zur Verfügung stehenden Rechtsschutzmöglichkeiten Gebrauch gemacht habe. Dabei hat er auch den Fall eines vollständigen Anspruchsverlusts erwogen (aaO Rn. 85). Deswegen hält der Senat § 839 Abs. 3 BGB auf den gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch grundsätzlich für anwendbar (vgl. BGHZ 156, 294, 297 f m.w.N.). Er hält dies auch für geboten, weil eine andere Handhabung in Fällen eines gemeinschaftswidrigen Verwaltungsvollzugs, der Amtshaftungsansprüche und den ge- meinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch auslösen kann, das nationale Recht ohne hinreichenden Grund unterlaufen würde. Dies könnte auch die Gefahr auslösen, Fragen der Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu stark in den Schadensersatzprozess zu verlagern, und damit den Einfluss des Gemeinschaftsrechts insgesamt schwächen. Nach dem Verständnis des Senats hat der Gerichtshof seine Rechtsprechung im Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-397/98 und C-410/98 nicht geändert, sondern - im Kern - ausgesprochen, dass der Geschädigte nur auf eine zumutbare Rechtsschutzmöglichkeit verwiesen werden darf, an der es in dem ihm zur Entscheidung stehenden Fall im nationalen Recht fehlte. In der vorliegenden Sache neigt der Senat ebenfalls dazu, dass der Klägerin nicht vorgehalten werden kann, die Exportunternehmen hätten sich nicht gegen etwaige Einfuhrbeschränkungen zur Wehr gesetzt.
50
Gleichwohl möchte der Senat dem Gerichtshof mit der fünften Vorlagefrage Gelegenheit geben, seine Position im Hinblick auf die wiedergegebene Rechtsprechung zu verdeutlichen. Nach Auffassung des Senats ist es von besonderer Bedeutung, sich im Rahmen einer bestehenden und zumutbaren Möglichkeit des Primärrechtsschutzes auf die Wirkungen des Gemeinschaftsrechts zu berufen, ohne dass die Zumutbarkeit schon deshalb zu verneinen wäre , weil der nationale Richter, was nicht von vornherein zu übersehen ist, die gemeinschaftsrechtlichen Fragen nicht ohne Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften beantworten kann oder weil bereits ein Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 226 EG anhängig ist. Im Übrigen ist dem Senat aus seiner Rechtspraxis bekannt, dass die nationalen Gerichte gerade in Fällen der fehlenden Umsetzung von Richtlinien vielfach in der Lage sind, auch ohne Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften die Verletzung des Gemeinschaftsrechts festzustellen und Rechtsschutz zu gewähren.
Schlick Wurm Streck
Dörr Herrmann
Vorinstanzen:
LG Bonn, Entscheidung vom 30.01.2004 - 1 O 459/00 -
OLG Köln, Entscheidung vom 02.06.2005 - 7 U 29/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 162/10 Verkündet am:
15. März 2011
Böhringer-Mangold,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Kommt es für den Beginn der Verjährung auf die Kenntnis des zuständigen
Sachbearbeiters der Pflegekasse an, ist die Kenntniserlangung durch den Beschäftigten
für die Verjährung der Forderungen der Pflegekasse nur relevant,
wenn und soweit der Bedienstete bei der Abwicklung des Schadensfalles für
diese handelt.
BGH, Urteil vom 15. März 2011 - VI ZR 162/10 - OLG Stuttgart
LGEllwangen
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. März 2011 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Zoll und
Wellner, die Richterin Diederichsen und den Richter Stöhr

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 2. Juni 2010 aufgehoben. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Ellwangen vom 29. Oktober 2009 wird zurückgewiesen. Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt die Beklagte.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin, eine gesetzliche Pflegekasse, nimmt aus übergegangenem Recht die Beklagte als Haftpflichtversicherer auf Ersatz von Pflegeleistungen in Anspruch.
2
Der Versicherungsnehmer der Klägerin wurde am 29. August 2003 bei einem Verkehrsunfall, an dem der Versicherungsnehmer der Beklagten beteiligt war, schwer verletzt. Der Verletzte bedarf seit 2007 der Pflege, deren Kosten die Klägerin trägt. Den Übergang der Schadensersatzansprüche gemäß § 116 Abs. 1 SGB X auf die Klägerin und die Höhe der geltend gemachten Forderungen stellt die Beklagte nicht in Frage. Sie wendet aber die Verjährung ein.
3
Die Klägerin ist die Pflegekasse, die gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 SGB XI bei der IKK B.-W. und H. (künftig: Krankenkasse) errichtet ist. Die bei der Krankenkasse angestellte Sachbearbeiterin K. rechnete ab dem Jahr 2004 mehrfach Krankheitskosten für den Verletzten gegenüber der Beklagten ab. Im Jahr 2004 einigten sich die Beklagte und die Krankenkasse auf eine Haftungsquote von 50 %. Die Sachbearbeiterin K. stellte erstmals am 18. April 2008 eine erste Zwischenabrechnung in Höhe von 50 % der Pflegekosten, die die Klägerin am 30. Juni 2007 übernommen hatte, an die Beklagte. Diese lehnte einen Ausgleich ab.
4
Die Klage vor dem Landgericht ist im Wesentlichen erfolgreich gewesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das Urteil des Landgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen. Es hat die Revision zugelassen , weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung bezüglich der Frage der Wissenszurechnung zwischen Kranken- und Pflegekasse sowie einer etwaigen Treuwidrigkeit der Berufung auf die Verjährungseinrede gegenüber der Pflegekasse habe, wenn mit der Krankenkasse eine verjährungshemmende Abrede getroffen worden sei. Mit der Revision begehrt die Klägerin unter Aufhebung des Berufungsurteils die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der dem Grunde nach unstreitige Anspruch der Klägerin sei verjährt. Die Sachbearbeiterin K. habe bereits mit der Bearbeitung der ersten Schadensmeldung im Jahr 2004 Kenntnis der den Anspruch begründenden Umstände für die Klägerin erlangt. Der Versicherte sei bei dem Unfall schwer verletzt worden, so dass von vornherein der Eintritt der Pflegebedürftigkeit nicht unwahrscheinlich gewesen sei. Die Ansprüche seien deshalb bereits im Zeitpunkt des Unfalls auf die Klägerin übergegangen. Nach ganz herrschender Meinung komme es für den Verjährungsbeginn bei Ansprüchen, die nach § 116 SGB X kraft Gesetzes auf den Sozialversicherungsträger übergehen, nicht auf die Kenntnis der geschädigten Person, sondern auf die Kenntnis des Sachbearbeiters der Behörde an, die für die Bearbeitung des Regressfalls zuständig sei. Auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Leistungserbringung bzw. des Bewusstseins des zuständigen Sachbearbeiters der Krankenkasse, nun auch für die Pflegekasse tätig zu sein, komme es hingegen nicht an. Die Krankenkasse (§ 4 Abs. 1 SGB V) und die Pflegekasse (§ 46 Abs. 2 Satz 1 SGB XI) seien zwar rechtlich selbständige Körperschaften des öffentlichen Rechts und somit eigenständige Rechtspersönlichkeiten. Die Pflegekassen seien aber bei den Krankenkassen eingerichtet (§ 46 Abs. 1 Satz 2 SGB XI). Auch seien die Organe der Krankenkasse gleichzeitig die Organe der Pflegekasse (§ 46 Abs. 2 Satz 2 SGB XI). Die Mitarbeiter der Pflegekasse seien arbeitsrechtlich Beschäftigte der Krankenkasse (§ 46 Abs. 2 Satz 3 SGB XI). Im Streitfall seien dieselben Sachbearbeiter in der Regressabteilung für die Geltendmachung von Krankheits- und Pflegekosten zuständig. Im Falle der Schadensbearbeitung für die Krankenkasse erlangten mithin beide Körperschaften die für den Verjährungsbeginn erforderliche Kenntnis und könnten geeignete Maßnahmen ergreifen, um den Eintritt der Verjährung zu hindern. Es widerspräche der Wertung des § 199 BGB, wollte man die Kenntnis der Pflegekasse erst annehmen, sobald der zuständige Sachbearbeiter Pflegeleistungen abrechnet.
6
Die Geltendmachung der Verjährung durch die Beklagte verletze nicht den Grundsatz von Treu und Glauben. Die Klägerin trage nicht vor, dass sie an den im Jahr 2004 zwischen Krankenkasse und Beklagten getroffenen Vereinbarungen beteiligt gewesen sei.

II.


7
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
8
1. Entgegen der Auffassung der Revision ist allerdings der dem Regress der Klägerin zugrunde liegende Anspruch auf Ersatz vermehrter Bedürfnisse nach § 843 Abs. 1 Alt. 2 BGB nicht erst im Jahr 2007 entstanden. Ein Anspruch im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist entstanden, sobald er im Wege der Klage geltend gemacht werden kann, wobei bei Schadensersatzansprüchen grundsätzlich die Möglichkeit einer Feststellungsklage ausreicht (vgl. Senat, Urteil vom 12. Mai 2009 - VI ZR 294/08, VersR 2009, 989 Rn. 9 mwN). Der gesamte einer unerlaubten Handlung entspringende Schaden stellt sich als eine Einheit dar und nicht als eine Summe einzelner selbständiger, unzusammenhängender Schäden. Daher schließt die Ungewissheit über den Umfang und die Höhe des Schadens den Beginn der Verjährung nicht aus (vgl. etwa RGZ 119, 204, 208; Senat, Urteile vom 20. Oktober 1959 - VI ZR 166/58, VersR 1959, 1045, 1046 und vom 20. Dezember 1977 - VI ZR 190/75, VersR 1978, 350, 351). Der Verletzte braucht mithin von den einzelnen Schadensfolgen keine Kenntnis erlangt zu haben. Vielmehr genügt die allgemeine Kenntnis vom Eintritt eines Schadens; wer diese erlangt hat, dem gelten auch solche Schadensfolgen als bekannt, die im Zeitpunkt der Kenntniserlangung nur als möglich voraussehbar waren (Senat, Urteile vom 12. Juli 1960 - VI ZR 73/59, BGHZ 33, 112, 116 und vom 30. Januar 1973 - VI ZR 4/72, VersR 1973, 371 mwN; st. Rspr.). Aus diesem Grunde wird der Gläubiger im Allgemeinen aus dem Gesichtspunkt drohender Verjährung schon dann Anlass zur Feststellungsklage haben, wenn mit Auswirkungen des Schadens gerechnet werden muss, die im Einzelnen noch nicht abzusehen sind und die daher mit einer Leistungsklage noch nicht geltend gemacht werden können. Das gilt besonders, wenn sogenannte Spätfolgen einer Körperverletzung zu befürchten sind oder wenn die Auswirkungen einer Verletzung auf die Erwerbsfähigkeit und die Berufstätigkeit des Verletzten noch nicht abschließend beurteilt werden können. Ausnahmen sind nur in eng begrenzten Fallkonstellationen hinnehmbar, so etwa bei schweren Folgeschäden anfänglich ganz leichter Verletzungen oder wenn sich aus anscheinend vorübergehenden Krankheiten in nicht vorhersehbarer Weise chronische Leiden entwickeln. In diesen Fällen ist der Beginn der Verjährung in der Regel erst von dem Zeitpunkt an zu rechnen, in dem der Verletzte von den erst nachträglich eingetretenen Schäden Kenntnis erhält (Senat, Urteile vom 3. Juni 1997 - VI ZR 71/96, VersR 1997, 1111 und vom 16. November 1999 - VI ZR 37/99, VersR 2000, 331).
9
Im Streitfall sind dergleichen Umstände nicht gegeben. Aufgrund der schweren Verletzungen des Geschädigten musste vielmehr bereits zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens mit einem Bedarf an Pflegeleistungen gerechnet werden. Lediglich die Höhe des Schadens war ungewiss. Der Anspruch auf Ersatz der vermehrten Bedürfnisse nach § 843 Abs. 1 BGB war mithin bereits im Zeitpunkt der Verletzung des Versicherten der Klägerin entstanden und gemäß § 116 Abs. 1 SGB X auf die Klägerin übergegangen. Für den Rechtsübergang reicht im Interesse eines möglichst weitgehenden Schutzes des Sozialversicherungsträgers vor anderweitigen Verfügungen des Geschädigten schon eine, wenn auch weit entfernte Möglichkeit des Eintritts von Leistungspflichten aus. Es darf nur die Entstehung solcher Pflichten nicht völlig unwahrscheinlich, also geradezu ausgeschlossen erscheinen (vgl. Senat, Urteile vom 20. September 1994 - VI ZR 285/93, BGHZ 127, 120, 125; vom 8. Juli 2003 - VI ZR 274/02, BGHZ 155, 342, 346 und vom 2. Dezember 2008 - VI ZR 312/07, VersR 2009, 230 Rn. 12 mwN).
10
2. Mit der Entstehung des Anspruchs und dessen Übergang im Jahr 2003 war jedoch nicht zwangsläufig der Beginn der Verjährung verbunden.
11
a) Nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) mit dem Schluss des Jahres, in dem der Gläubiger, von den anspruchbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Bei Behörden und öffentlichen Körperschaften beginnt die Verjährungsfrist für zivilrechtliche Schadensersatzansprüche erst dann zu laufen, wenn der zuständige Bedienstete der verfügungsberechtigten Behörde Kenntnis von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen erlangt; verfügungsberechtigt in diesem Sinne sind dabei solche Behörden, denen die Entscheidungskompetenz für die zivilrechtliche Verfolgung von Schadensersatzansprüchen zukommt, wobei die behördliche Zuständigkeitsverteilung zu respektieren ist (Senat, Urteile vom 22. April 1986 - VI ZR 133/85, VersR 1986, 917, 918 und vom 12. Mai 2009 - VI ZR 294/08, VersR 2009, 989 Rn. 12 mwN). Sind innerhalb einer regressbefugten Behörde mehrere Stellen für die Bearbeitung eines Schadensfalls zuständig - nämlich die Leistungsabteilung hinsichtlich der Einstandspflicht gegenüber dem Verletzten und die Regressabteilung bezüglich der Geltendmachung von Schadensersatz - oder Regressansprüchen gegenüber Dritten - , so kommt es für den Beginn der Verjährung von Regressansprüchen grundsätzlich auf den Kenntnisstand der Bediensteten der Regressabteilung an. Das Wissen der Bediensteten der Leistungsabteilung ist demgegenüber regelmäßig unmaßgeblich und zwar auch dann, wenn die Mitarbeiter dieser Abteilung aufgrund einer behördeninternen Anordnung gehalten sind, die Unfallakte an die Regressabteilung weiterzuleiten, sofern sich im Zuge der Unfallsachbearbeitung Anhaltspunkte für eine Unfallverursachung Dritter oder eine Gefährdungshaftung ergeben (vgl. Senat, Urteile vom 11. Februar 1992 - VI ZR 133/91, VersR 1992, 627, 628; BGH, Urteil vom 9. März 2000 - III ZR 198/99, VersR 2000, 1277, 1278).
12
b) Mit diesen Grundsätzen steht nicht im Einklang, dass das Berufungsgericht im Hinblick auf die personelle und organisatorische Verzahnung der Kranken- und Pflegekassen angenommen hat, für den Verjährungsbeginn der im Streit befindlichen Ansprüche der Klägerin sei der Zeitpunkt der früheren Befassung mit dem Schadensfall durch die für die Bearbeitung der Schadensersatzansprüche der Krankenkasse und der Pflegekasse zuständige Sachbearbeiterin maßgeblich.
13
Zwar stellt das Berufungsgericht nicht in Frage, dass die Pflegekassen unbeschadet ihrer organisatorischen und personellen Anbindung an die Krankenkassen gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 SGB XI rechtlich selbständige rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung sind. Da sie bei den Krankenkassen errichtet werden (§ 46 Abs. 1 Satz 2 SGB XI), ihre Organe und damit auch die Vorstände beider Kassen personenidentisch sind (§ 46 Abs. 2 Satz 2 SGB XI) und sie weder über eigenes Personal noch über eigenes Verwaltungsvermögen, wie Gebäude und Einrichtungen, verfügen (§ 46 Abs. 2 Satz 3; § 62 SGB XI), besteht zwischen Pflegekasse und Kranken- kasse eine "Verwaltungsgemeinschaft" (BSG, Urteil vom 7. November 2000 - B 1 A 4/99 R, SozR 3-3300 § 47 Nr. 1). Das Berufungsgericht verkennt jedoch , dass die Krankenkasse regelmäßig über die Ansprüche der Pflegekasse nicht verfügen kann. Allein aus der gemeinsamen Organisation lässt sich die Verfügungsbefugnis der Krankenkasse über die der Pflegekasse zustehenden Schadensersatzansprüche nicht herleiten. Vielmehr handelt es sich bei Kranken - und Pflegekasse um voneinander unabhängige selbständige Gläubiger. Dem entspricht, dass der erkennende Senat den Übergang von Schadensersatzansprüchen für den Ausgleich von Pflegeleistungen von der Krankenkasse auf die Pflegekasse mit deren Schaffung als juristische Person des öffentlichen Rechts angenommen hat, nachdem durch die Regelungen in den §§ 46 ff. SGB XI nunmehr die Pflegekasse für die Zahlung von Pflegegeld zuständig ist (Senat, Urteil vom 3. Dezember 2002 - VI ZR 142/02, VersR 2003, 267, 269). Eines solchen Übergangs hätte es nicht bedurft, wäre die Krankenkasse die verfügungsbefugte Behörde über die dem Ausgleich der Pflegeleistungen dienenden Schadensersatzansprüche. Kommt mithin der Krankenkasse eine Entscheidungskompetenz für die zivilrechtliche Verfolgung von Schadensersatzansprüchen der Pflegekasse nicht zu, vermag die Kenntnis der Bediensteten der Krankenkasse die Verjährungsfrist für die Pflegekasse grundsätzlich auch dann nicht in Gang zu setzen, wenn die Sachbearbeiter in Personalunion die Erstattungsansprüche für Krankheits- und Pflegekosten bearbeiten.
14
c) Darüber hinaus ist die Kenntniserlangung durch den Beschäftigten für die Verjährung der Forderungen einer Behörde oder anderen juristischen Person nur relevant, soweit dieser für die Behörde handelt und die Behörde bei der Abwicklung des Schadensfalls vertritt. Nach den zu § 852 Abs. 1 BGB a.F. in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen darf der maßgeblichen Institution nicht die Kenntnis eines jeden Bediensteten zugerechnet werden. Es ist vielmehr jeweils zu prüfen, ob es sich bei dem Bediensteten um einen Wis- sensvertreter handelt (vgl. dazu z.B. Senat, Urteile vom 25. Juni 1996 - VI ZR 117/95, BGHZ 133, 129, 139; vom 19. März 1985 - VI ZR 190/83, VersR 1985, 735; vom 22. April 1986 - VI ZR 133/85 und vom 11. Februar 1992 - VI ZR 133/91, jeweils aaO). Das ist nach dem hier heranzuziehenden Rechtsgedanken des § 166 BGB dann der Fall, wenn der Bedienstete vom Anspruchsinhaber mit der Erledigung der betreffenden Angelegenheit, hier also mit der Betreuung und der Verfolgung der in Frage stehenden Regressforderung, in eigener Verantwortung betraut worden ist (vgl. Senatsurteil vom 18. Januar 1994 - VI ZR 190/93, VersR 1994, 491 mwN). Hieran hält der Senat fest. Eine Wissenszurechnung in diesem Sinne setzt grundsätzlich voraus, dass derjenige , auf dessen Kenntnisse (allein oder im Zusammenwirken mit dem Wissensstand anderer) abgestellt werden soll, in den betreffenden Aufgabenkreis eingebunden war (vgl. dazu z.B. BGH, Urteil vom 24. Januar 1992 - V ZR 262/90, BGHZ 117, 104, 106 f. und Urteil vom 31. Januar 1996 - VIII ZR 297/94, NJW 1996, 1205 f.).
15
Danach ist im Streitfall maßgeblich, ab wann die Sachbearbeiterin K. als zuständige Mitarbeiterin für die Klägerin als Anspruchsinhaberin die erforderlichen Kenntnisse vom Schadensfall erlangte. Dies war nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts frühestens im Jahre 2007 der Fall, als erstmalig Pflegeleistungen für den Verletzten gegenüber der Klägerin abgerechnet wurden. Erst zu diesem Zeitpunkt wurde die Sachbearbeiterin K. für die Klägerin als verfügungsberechtigte Anspruchsinhaberin mit dem Schadensfall befasst und organisatorisch für die Geltendmachung der Ansprüche der Pflegekasse zuständig.
16
d) Eine rückwirkende Zurechnung etwaiger Kenntnisse die die Sachbearbeiterin durch die Bearbeitung der Ansprüche zum Ausgleich der Krankheitskosten gebieten auch nicht die Gründe, aus denen die Verjährung von An- sprüchen gerechtfertigt ist. Die Verjährung beruht auf den Gedanken des Schuldnerschutzes und des Rechtsfriedens (vgl. Heinrichs, Karlsruher Forum 1991, 3, 6 f.). Sie soll zum einen den Schuldner davor bewahren, nach längerer Zeit mit von ihm nicht mehr erwarteten Ansprüchen überzogen zu werden. Zum anderen soll sie den Gläubiger dazu veranlassen, rechtzeitig gegen den Schuldner vorzugehen. Dem Gläubiger muss es allerdings im Regelfall auch möglich sein, den Anspruch durchzusetzen (vgl. Palandt/Ellenberger BGB, 70. Aufl., Überblick vor § 194 Rn. 7 ff.). Die Durchsetzung der Regressansprüche für Pflegekosten wäre aber in einer aus Gründen des Schuldnerschutzes nicht gebotenen Weise erschwert, begänne die Verjährung bereits dann, wenn Pflegeleistungen noch nicht beansprucht worden sind und mithin der Kostenträger auch nicht damit befasst sein kann. Es müsste regelmäßig vorsorglich in allen Schadensfällen die Rechtslage zur Entscheidung über die Erhebung einer Feststellungsklage geprüft oder vorbeugend eine verjährungshemmende Abrede mit dem Schädiger getroffen werden, obwohl bei einem abweichenden Genesungsverlauf ein Ausgleich von Kosten nicht notwendig werden würde.
17
3. Hat die Klägerin erst im Jahr 2007 Kenntnis von den nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforderlichen Umständen erlangt und war demnach der Anspruch bei Erhebung der Klage im Jahr 2009 nicht verjährt, kommt es im Streitfall auf die Frage nicht an, ob es der Beklagten nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verwehrt ist, die Verjährungseinrede trotz der Vereinbarung mit der Krankenkasse über die Haftungsquote und die Hemmung der Verjährung zu erheben.

III.

18
Nach alledem ist das Berufungsurteil aufzuheben und das Urteil des Landgerichts durch Zurückweisung der Berufung wiederherzustellen. Galke Zoll Wellner Diederichsen Stöhr
Vorinstanzen:
LG Ellwangen, Entscheidung vom 29.10.2009 - 3 O 122/09 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 02.06.2010 - 9 U 180/09 -

(1) War die Lieferung von Waren, die einen Markt- oder Börsenpreis haben, genau zu einer festbestimmten Zeit oder innerhalb einer festbestimmten Frist vereinbart und tritt die Zeit oder der Ablauf der Frist erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein, so kann nicht Erfüllung verlangt, sondern nur eine Forderung wegen Nichterfüllung geltend gemacht werden. Dies gilt auch für Geschäfte über Finanzleistungen, die einen Markt- oder Börsenpreis haben und für die eine bestimmte Zeit oder eine bestimmte Frist vereinbart war, die nach der Eröffnung des Verfahrens eintritt oder abläuft. Als Finanzleistungen gelten insbesondere

1.
die Lieferung von Edelmetallen,
2.
die Lieferung von Finanzinstrumenten oder vergleichbaren Rechten, soweit nicht der Erwerb einer Beteiligung an einem Unternehmen zur Herstellung einer dauernden Verbindung beabsichtigt ist,
3.
Geldleistungen,
a)
die in ausländischer Währung oder in einer Rechnungseinheit zu erbringen sind oder
b)
deren Höhe unmittelbar oder mittelbar durch den Kurs einer ausländischen Währung oder einer Rechnungseinheit, durch den Zinssatz von Forderungen oder durch den Preis anderer Güter oder Leistungen bestimmt wird,
4.
von Nummer 2 nicht ausgeschlossene Lieferungen und Geldleistungen aus derivativen Finanzinstrumenten,
5.
Optionen und andere Rechte auf Lieferungen nach Satz 1 oder auf Lieferungen, Geldleistungen, Optionen und Rechte im Sinne der Nummern 1 bis 5,
6.
Finanzsicherheiten im Sinne des § 1 Absatz 17 des Kreditwesengesetzes.
Finanzinstrumente im Sinne von Satz 3 Nummer 2 und 4 sind die in Anhang I Abschnitt C der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 349; L 74 vom 18.3.2015, S. 38; L 188 vom 13.7.2016, S. 28; L 273 vom 8.10.2016, S. 35), die zuletzt durch die Richtlinie (EU)2016/1034(ABl. L 175 vom 30.6.2016, S. 8) geändert worden ist, genannten Instrumente.

(2) Die Forderung wegen Nichterfüllung bestimmt sich nach dem Markt- oder Börsenwert des Geschäfts. Als Markt- oder Börsenwert gilt

1.
der Markt- oder Börsenpreis für ein Ersatzgeschäft, das unverzüglich, spätestens jedoch am fünften Werktag nach der Eröffnung des Verfahrens abgeschlossen wird, oder
2.
falls kein Ersatzgeschäft nach Nummer 1 abgeschlossen wird, der Markt- oder Börsenpreis für ein Ersatzgeschäft, das am zweiten Werktag nach der Verfahrenseröffnung hätte abgeschlossen werden können.
Sofern das Marktgeschehen den Abschluss eines Ersatzgeschäfts nach Satz 2 Nummer 1 oder 2 nicht zulässt, ist der Markt- und Börsenwert nach Methoden und Verfahren zu bestimmen, die Gewähr für eine angemessene Bewertung des Geschäfts bieten.

(3) Werden Geschäfte nach Absatz 1 durch einen Rahmenvertrag oder das Regelwerk einer zentralen Gegenpartei im Sinne von § 1 Absatz 31 des Kreditwesengesetzes zu einem einheitlichen Vertrag zusammengefasst, der vorsieht, dass die einbezogenen Geschäfte bei Vorliegen bestimmter Gründe nur einheitlich beendet werden können, gilt die Gesamtheit der einbezogenen Geschäfte als ein Geschäft im Sinne des Absatzes 1. Dies gilt auch dann, wenn zugleich andere Geschäfte einbezogen werden; für letztere gelten die allgemeinen Bestimmungen.

(4) Die Vertragsparteien können abweichende Bestimmungen treffen, sofern diese mit den wesentlichen Grundgedanken der jeweiligen gesetzlichen Regelung vereinbar sind, von der abgewichen wird. Sie können insbesondere vereinbaren,

1.
dass die Wirkungen nach Absatz 1 auch vor der Verfahrenseröffnung eintreten, insbesondere bei Stellung des Antrags einer Vertragspartei auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das eigene Vermögen oder bei Vorliegen eines Eröffnungsgrundes (vertragliche Beendigung),
2.
dass einer vertraglichen Beendigung auch solche Geschäfte nach Absatz 1 unterliegen, bei denen die Ansprüche auf die Lieferung der Ware oder die Erbringung der Finanzleistung vor der Verfahrenseröffnung, aber nach dem für die vertragliche Beendigung vorgesehenen Zeitpunkt fällig werden,
3.
dass zwecks Bestimmung des Markt- oder Börsenwerts des Geschäfts
a)
der Zeitpunkt der vertraglichen Beendigung an die Stelle der Verfahrenseröffnung tritt,
b)
die Vornahme des Ersatzgeschäfts nach Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 bis zum Ablauf des 20. Werktags nach der vertraglichen Beendigung erfolgen kann, soweit dies für eine wertschonende Abwicklung erforderlich ist,
c)
anstelle des in Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 genannten Zeitpunkts ein Zeitpunkt oder Zeitraum zwischen der vertraglichen Beendigung und dem Ablauf des fünften darauf folgenden Werktags maßgeblich ist.

(5) Der andere Teil kann die Forderung wegen Nichterfüllung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 81/10
Verkündet am:
24. März 2011
K i e f e r
Jusitzangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Grundsatz, dass bei mehreren voneinander abgrenzbaren Aufklärungsoder
Beratungsfehlern die Verjährung nicht einheitlich, sondern getrennt für
jede einzelne Pflichtverletzung zu prüfen ist, setzt nicht voraus, dass die
Pflichtverletzung jeweils eigene, von den anderen Fehlern und deren Folgen
gesonderte Schäden zeitigt, sondern ist gerade auch anwendbar in den Fällen
, in denen die Pflichtverletzungen denselben Schaden verursacht haben,
nämlich jeweils für die Anlageentscheidung ursächlich waren.
BGH, Urteil vom 24. März 2011 - III ZR 81/10 - OLG Saarbrücken
LG Saarbrücken
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. März 2011 durch den Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter
Dr. Herrmann, Wöstmann, Hucke und Seiters

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 17. März 2010 - bezüglich des Zahlungsantrags zu Nummer 1 allerdings nur, soweit die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 2. Juni 2009 in Höhe von 17.482,36 € zuzüglich Zinsen zurückgewiesen wurde - aufgehoben.
In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Kläger Der verlangt Schadensersatz wegen behaupteter Beratungspflichtverletzungen des Beklagten anlässlich einer Beteiligung an der sogenannten "G. Gruppe".
2
Die "G. Gruppe", die aus mehreren miteinander verbundenen Unternehmen bestand und zu der unter anderem die G. Gruppe Vermögens - und Finanzholding GmbH & Co. KG a.A. gehörte, beschäftigte sich seit den neunziger Jahren mit dem Erwerb, der Verwaltung und der Verwertung von Immobilien, Wertpapieren und Unternehmensbeteiligungen. Das hierfür erforderliche Kapital wurde durch die Gründung stiller Gesellschaften mit zahlreichen Kleinanlegern beschafft. Der Kläger beteiligte sich am 2. Mai 1996 als stiller Gesellschafter an der G. Beteiligungs-Aktiengesellschaft, zum einen mit einer Einlage von 10.000 DM zuzüglich eines Agios von 5 %, zum anderen mit einer in 120 Monatsraten zu erbringenden Einlage von 48.000 DM zuzüglich eines Agios von ebenfalls 5 %. Außerdem unterzeichnete der Kläger eine Vollmacht , wonach die G. Beteiligungs-Aktiengesellschaft mit anderen Gesellschaften weitere stille Gesellschaftsverträge abschließen durfte. Aufgrund dieser Vollmacht wurde für den Kläger 1998 eine atypische stille Beteiligung an der Securenta G. Immobilienanlagen und Vermögensmanagement AG Unternehmenssegment VII abgeschlossen. Im Jahre 2007 wurde das Insolvenzverfahren über die Vermögen der G. Gruppe Vermögens- und Finanzholding GmbH & Co. KG a.A. sowie der Securenta G. Immobilienanlagen und Vermögensmanagement AG eröffnet.
3
Der Kläger hat den Beklagten wegen verschiedener behaupteter Beratungspflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Zeichnung seiner Beteiligung an der "G. Gruppe" auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg gehabt. Gegen das Urteil des Oberlandesgerichts richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Klägers, mit der dieser seine Ansprüche - den Zahlungsantrag zu Nummer 1 allerdings nur noch in Höhe von 17.482,36 € nebst Zinsen - weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe


4
Die zulässige Revision führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

I.


5
Auffassung Nach des Oberlandesgerichts kann dahinstehen, ob dem Kläger gegen den Beklagten ein Anspruch auf Schadensersatz wegen schuldhaft begangener Beratungsfehler zusteht. Denn etwaige Ansprüche seien jedenfalls verjährt (Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 EGBGB, §§ 195, 199 Abs. 1 BGB).
6
Wie das Landgericht zutreffend festgestellt habe, hätten beim Kläger die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vor dem 1. Januar 2002 vorgelegen, so dass mit Ablauf des Jahres 2004 Verjährung eingetreten sei. Der Kläger habe spätestens im Jahre 2001 gewusst, dass es sich bei den von ihm gezeichneten Beteiligungen nicht um sichere Kapitalanlagen gehandelt habe. Insoweit sei ihm auch bewusst gewesen, dass der Beklagte ihn unrichtig beraten und nicht über das Verlustrisiko sowie eine eventuell bestehende Nachschusspflicht aufgeklärt habe. Diese Kenntnis beziehe sich nicht nur auf die Beratungspflichtverletzung, sondern auch auf den eingetretenen Schaden, nämlich die Vermögensminderung in Gestalt nicht wertgesicherter Anlagen.
7
Der eventuelle Anspruch auf Schadensersatz sei auch nicht deshalb unverjährt , weil mehrere Beratungsfehler vorlägen, die dem Kläger erst sukzessive bekannt geworden seien. Zwar beginne die Verjährung, wenn sich ein Anspruch auf mehrere Pflichtverletzungen stützen lasse, jeweils gesondert zu lau- fen (BGH, Urteil vom 9. November 2007 - V ZR 25/07, NJW 2008, 506). Dieser aus der früheren Rechtsprechung zu § 852 Abs. 1 BGB a.F. hergeleitete Grundsatz beruhe jedoch darauf, dass jede Handlung, die eigene Schadensfolgen erzeuge und dadurch zum Gesamtschaden beitrage, verjährungsrechtlich eine neue selbständige Schädigung darstelle und daher einen neuen Ersatzanspruch mit eigener Verjährungsfrist schaffe. Mit dem 8. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts (Urteil vom 21. August 2008 - 8 U 289/07-80, OLGR 2008, 983) sei daher davon auszugehen, dass der einzelne Beratungsfehler nur dann eine gesonderte kenntnisabhängige Verjährungsfrist auslöse, wenn er eine eigene Schadensfolge herbeigeführt habe. Im vorliegenden Fall lägen bereits nicht mehrere voneinander trennbare, sondern nur ein einheitlicher Beratungsfehler hinsichtlich der Sicherheit der ins Auge gefassten Anlage vor. Die einzelnen zu beachtenden Sicherheitsaspekte beträfen insoweit lediglich einzelne Ausprägungen der erforderlichen Gesamtbetrachtung, etwa das Risiko eines Totalverlusts, einer Nachschusspflicht oder die Verminderung der Gewinnerwartungen im Falle gewinnunabhängig möglicher Entnahmen. Über keinen dieser zusammen gehörenden Umstände habe der Beklagte beraten. Selbst wenn man hierin jedoch verschiedene Beratungsfehler sehen wollte, hätten diese lediglich eine einheitliche Schadensfolge ausgelöst, nämlich den Verlust der klägerischen Investitionen aufgrund unsicherer, nicht werthaltiger Beteiligungen. Dies bedeute, dass der Kläger schlicht die getätigten Einzahlungen ersatzlos verloren habe, ohne dass danach differenziert werden könne, bei welchen Teilbeträgen welcher Beratungsfehler ursächlich gewesen sei. Die Verjährung habe deshalb nicht mit jeder eventuellen späteren Kenntnis von weiteren Beratungsfehlern, deren Zeitpunkt im Übrigen auch nicht substantiiert dargelegt und unter Beweis gestellt worden sei, neu zu laufen begonnen.

II.


8
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
9
1. Die hier in Rede stehenden Ansprüche wegen Beratungspflichtverletzung sind im Jahre 1996, nämlich mit der Beteiligung an der "G. Gruppe" entstanden (§ 198 Satz 1 BGB a.F.) und unterlagen zunächst der 30jährigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB a.F. Zwar ist der für den Verjährungsbeginn maßgebliche Eintritt eines Schadens regelmäßig erst dann anzunehmen, wenn es zu einer konkreten Verschlechterung der Vermögenslage des Gläubigers gekommen ist; der Eintritt einer risikobehafteten Situation reicht dafür regelmäßig nicht (vgl. nur BGH, Urteile vom 22. Februar 1979 - VIII ZR 256/77, BGHZ 73, 263, 265; vom 23. März 1987 - II ZR 190/86, BGHZ 100, 228, 231 f; und vom 28. Oktober 1993 - IX ZR 21/93, BGHZ 124, 27, 30). Jedoch kann der auf einer Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung beruhende Erwerb einer für den Anlageinteressenten nachteiligen, weil seinen konkreten Anlagezielen und Vermögensinteressen nicht entsprechenden Kapitalanlage bereits für sich genommen einen Schaden darstellen und ihn deshalb - unabhängig von der ursprünglichen Werthaltigkeit der Anlage - dazu berechtigen, im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung zu verlangen; der Anspruch entsteht hierbei schon mit dem (unwiderruflichen und vollzogenen) Erwerb der Anlage (vgl. - jeweils mwN - nur BGH, Urteil vom 8. März 2005 - XI ZR 170/04, BGHZ 162, 306, 309 f; Senat, Urteil vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, BGHZ 186, 152 Rn. 24). So liegt der Fall auch hier.
10
2. Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 EGBGB gilt seit dem 1. Januar 2002 für bis dahin nicht verjährte Schadensersatzansprüche die dreijährige Regelverjährung nach § 195 BGB n.F. Hierbei setzt der Beginn der Frist allerdings das Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB voraus, das heißt der Gläubiger muss von den seinen Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt haben oder seine diesbezügliche Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruhen (vgl. nur BGH, Urteile vom 23. Januar 2007 - XI ZR 44/06, BGHZ 171, 1 Rn. 19 ff; und vom 20. Januar 2009 - XI ZR 504/07, BGHZ 179, 260 Rn. 46; Senat, Urteile vom 19. November 2009 - III ZR 169/08, BKR 2010, 118 Rn. 13, und vom 8. Juli 2010 aaO Rn. 25). Für eine dahingehende Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis trägt der Schuldner - hier also der Beklagte - die Darlegungs - und Beweislast (vgl. nur BGH, Urteile vom 23. Januar 2007 aaO Rn. 32; und vom 3. Juni 2008 - XI ZR 319/06, ZIP 2008, 1714 Rn. 25; Senat, Urteil vom 8. Juli 2010 aaO).
11
3. Geht es um den Vorwurf verschiedener Aufklärungs- oder Beratungsfehler sind die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB getrennt für jede einzelne Pflichtverletzung zu prüfen. Wird ein Schadensersatzanspruch auf mehrere voneinander abgrenzbare Fehler bzw. offenbarungspflichtige Umstände gestützt , beginnt die Verjährung daher nicht einheitlich, wenn bezüglich eines Fehlers bzw. Umstands Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vorliegt und dem Anleger insoweit eine Klage zumutbar wäre. Vielmehr ist jede Pflichtverletzung verjährungsrechtlich selbständig zu behandeln. Dem Gläubiger muss es in einem solchen Fall auch unbenommen bleiben, eine ihm bekannt gewordene Pflichtverletzung - selbst wenn eine darauf gestützte Klage auf Rückabwicklung des Vertrags erfolgversprechend wäre - hinzunehmen, ohne Gefahr zu laufen, dass deshalb Ansprüche aus weiteren, ihm zunächst aber noch unbekannten Pflichtverletzungen zu verjähren beginnen (vgl. BGH, Urteile vom 9. November 2007 - V ZR 25/07, NJW 2008, 506 Rn. 14 ff; und vom 23. Juni 2009 - XI ZR 171/08, BKR 2009, 372 Rn. 14; Senat, Urteile vom 19. November 2009 aaO Rn. 14 f; und vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09, WM 2010, 1690 Rn. 13).
12
4. Mit diesen Grundsätzen ist die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht vereinbar.
13
a) Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts liegt kein einheitlicher Beratungsfehler mit einer insoweit einheitlichen Verjährungsfrist vor. Die in den Gründen des angefochtenen Urteils angesprochenen Aspekte des Totalverlustrisikos , der Nachschusspflicht sowie der Verminderung der Gewinnerwartungen im Fall gewinnunabhängig möglic her Entnahmen wie auch die vom Kläger nach dem Tatbestand des angefochtenen Urteils weiter erhobenen Rügen - unter anderem im Zusammenhang mit der Fungibilität der Anlage, dem mangelnden Kapitalzuwachs und den Innenprovisionen - lassen sich nicht unter dem Oberbegriff der "Sicherheit der Anlage" zu einer Einheit zusammenfassen und insoweit als unselbständige Bestandteile einer einzigen Pflichtverletzung charakterisieren. Es handelt sich vielmehr um mehrere voneinander abgrenzbare Gesichtspunkte, die gegebenenfalls Gegenstand eigenständiger Aufklärungs - und Beratungspflichten sein können. Die gegenteilige "Gesamtbetrachtung" des Berufungsgerichts läuft im Ergebnis auch auf eine unzulässige Aushöhlung der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hinaus.
14
b) Danach unterliegen mehrere Aufklärungs- oder Beratungsfehler, auch wenn sie nicht jeweils unterschiedliche eigenständige Schadensfolgen verursacht haben, sondern in demselben Schaden - hier: Erwerb der Kapitalanlage - münden, keiner einheitlichen, mit der Kenntnis vom ersten Fehler beginnenden Verjährung.
15
Soweit das Berufungsgericht aus der in den Urteilen vom 9. November 2007 (Rn. 15 f) und 19. November 2009 (Rn. 15) erfolgten Bezugnahme auf die frühere Rechtsprechung zu § 852 BGB a.F. ableitet, dass eine neue Verjährungsfrist nur bei Verursachung eines gesonderten, von anderen Fehlern und deren Folgen abgrenzbaren Schadens in Gang gesetzt wird, ist dies unzutreffend. Abgesehen davon, dass sich dieser Schluss aus der früheren Rechtsprechung zu § 852 BGB a.F. nicht ziehen lässt, liegt der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB die gegenteilige Auffassung zugrunde. Mit der in den vom Berufungsgericht angesprochenen Entscheidungen verwandten Formulierung "eigene Schadensfolgen" sind insoweit nicht (nur) unterschiedliche Schäden gemeint (dass dann, wenn verschiedene Aufklärungs - und Beratungsfehler unterschiedliche Schadensfolgen verursachen, die sich hieraus ergebenden Schadensersatzansprüche auch unterschiedlich verjähren, hätte im Übrigen, weil selbstverständlich, keiner näheren Begründung bedurft); vielmehr wird auch und gerade der Fall erfasst, dass die Pflichtverletzungen denselben Schaden verursachen, also auch weitere Beratungsoder Aufklärungsfehler ursächlich für die Anlageentscheidung gewesen sind. Dies zeigen die in den Urteilen vom 9. November 2007, 23. Juni und 19. November 2009 sowie 22. Juli 2010 erfassten Fallgestaltungen. Die Verjährung beginnt danach für jeden abgrenzbaren Beratungsfehler gesondert zu laufen, und zwar, wenn der Anleger die Umstände, insbesondere die wirtschaftlichen Zusammenhänge kennt, aus denen sich die jeweilige Rechtspflicht des Bera- ters oder Vermittlers zur Aufklärung ergibt (BGH, Urteil vom 9. November 2007 aaO Rn. 17; Senat, Urteil vom 19. November 2009 aaO Rn. 15).
16
Die gegenteilige Auffassung des Berufungsgerichts würde vor dem Hintergrund , dass Beratungsfehler im Zusammenhang mit einer Kapitalanlage regelmäßig die im Erwerb der Anlage liegende Schadensfolge verursachen, dazu führen, dass die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aufgestellten Grundsätze praktisch leer liefen.
17
5. Das angefochtene Urteil wird auch nicht von der - letztlich mehr beiläufigen - Bemerkung des Berufungsgerichts getragen, der Zeitpunkt einer eventuellen späteren Kenntnis von weiteren Beratungsfehlern sei im Übrigen nicht substantiiert dargelegt und unter Beweis gestellt. Denn es ist grundsätzlich Sache des Beklagten und nicht des Klägers, die für den Beginn der Verjährungsfrist maßgebenden Tatsachen vorzutragen und zu beweisen (vgl. nur BGH, Urteile vom 23. Januar 2007 aaO Rn. 32; und vom 3. Juni 2008 aaO Rn. 25; Senat, Urteil vom 8. Juli 2010 aaO Rn. 25).
18
6. Da das Berufungsgericht keine Feststellungen zu den Voraussetzungen und zur Höhe des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs getroffen hat, ist die Sache nicht zur Endentscheidung reif. Sie ist deshalb unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an die Vorinstanz zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 und 3 ZPO).
Schlick Herrmann Wöstmann
Hucke Seiters
Vorinstanzen:
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 02.06.2009 - 14 O 448/08 -
OLG Saarbrücken, Entscheidung vom 17.03.2010 - 5 U 338/09-83- -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 170/04 Verkündet am:
8. März 2005
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________

a) Der auf Verletzung einer Aufklärungs- oder Beratungspflicht eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens
beruhende Schadensersatzanspruch entsteht bereits
mit dem Erwerb der pflichtwidrig empfohlenen Wertpapiere.

b) Die Verjährungsvorschrift des § 37 a WpHG gilt auch für deliktische Schadensersatzansprüche
, die auf einer fahrlässig begangenen Informationspflichtverletzung
beruhen. Für Ansprüche aus vorsätzlich falscher Anlageberatung verbleibt es bei
der deliktischen Regelverjährung.

c) Die zur Berufshaftung von Rechtsanwälten entwickelten Grundsätze der Sekundärverjährung
sind auf die Haftung von Wertpapierdienstleistungsunternehmen
aus fehlerhafter Anlageberatung nicht übertragbar.
BGH, Urteil vom 8. März 2005 - XI ZR 170/04 - KG Berlin
LG Berlin
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. März 2005 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe und
die Richter Dr. Müller, Dr. Wassermann, Dr. Appl und Dr. Ellenberger

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 19. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 11. März 2004 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger nimmt die beklagte Bank aus abgetretene m Recht auf Schadensersatz wegen eines angeblichen Beratungsverschuldens bei Wertpapiergeschäften in Anspruch.
Die Zedentin erwarb am 8. Februar 2000 nach einer Beratung durch einen Angestellten der Beklagten Anteile an den Investmentfonds "D. -T. ", "D. -E. " und "B. W. ". Die Kurswerte der Fondsanteile sanken ab End e 2000 erheblich, was die Zedentin zum Anlaß nahm, der Beklagten mit Schreiben vom 30. Januar 2001 ein grobes Beratungsverschulden vorzuwerfen.
Mit seiner am 28. Februar 2003 bei Gericht eingega ngenen und auf eine Beratungspflichtverletzung gestützten Klage hat der Kläger zunächst Schadensersatz in Höhe der bis zum 31. Dezember 2002 eingetretenen , von ihm auf 24.771,52 € bezifferten Verluste nebst Zinsen verlangt. Im Berufungsverfahren hat er in erster Linie Schadensersatz in Höhe des Anlagebetrages von 49.266,59 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung der erworbenen Wertpapiere begehrt. Seinen ursprünglichen Antrag hat er hilfsweise aufrecht erhalten. Der Kläger behauptet, daß die Zedentin in dem Beratungsgespräch erklärt habe, ausschließlich an einer sicheren und risikolosen Geldanlage interessiert zu sein. Der Angestellte der Beklagten habe auf die Risiken der von ihm empfohlenen Anlage in Investmentfonds, insbesondere die Möglichkeit von Kursverlusten , nicht hingewiesen. Die Beklagte stellt eine fehlerhafte Beratung der Zedentin in Abrede und erhebt die Einrede der Verjährung.
Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg gebl ieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat keinen Erfolg.

I.


Das Berufungsgericht (WM 2004, 1872) hat seine Ent scheidung im wesentlichen wie folgt begründet:
Der Kläger habe einen Schadensersatzanspruch aus p ositiver Vertragsverletzung gegen die Beklagte sowie einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG schlüssig dargelegt. Nach seinem Vorbringen habe die Beklagte die Zedentin fehlerhaft beraten.
Ein etwa bestehender vertraglicher Anspruch sei je doch verjährt. Der Anspruch verjähre nach § 37 a WpHG in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem er entstanden sei. Diese Voraussetzung sei nicht erst mit dem Eintritt von Kursverlusten, sondern schon mit dem Erwerb der Wertpapiere am 8. Februar 2000 erfüllt gewesen, da die Zedentin die risikoreichen Wertpapiere bei sachgerechter Beratung nicht erworben hätte. Bei Eingang der Klage am 28. Februar 2003 sei die Verjährungsfrist daher abgelaufen gewesen.
Ein - noch nicht verjährter - Schadensersatzanspru ch des Klägers ergebe sich auch nicht daraus, daß die Beklagte es nach dem 8. Februar 2000 unterlassen habe, die Zedentin auf die ungünstige Kursentwicklung der Fondsanteile hinzuweisen. Mangels Vorliegens eines Vermögensverwaltungsvertrages habe eine solche Hinweispflicht der Beklagten nicht bestanden.
Die Verjährungsvorschrift des § 37 a WpHG erfasse auch die nach dem Klägervortrag bestehenden, mit dem Anspruch aus dem Beratungsvertrag konkurrierenden deliktischen Ansprüche wegen fahrlässiger fehlerhafter Beratung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG. Bei Zusammentreffen von Ansprüchen aus Vertragsverletzung und aus unerlaubter Handlung unterliege zwar jeder Anspruch grundsätzlich seiner eigenen Verjährungsfrist. Etwas anderes gelte aber dann, wenn das Ausweichen des Geschädigten auf einen aus demselben Sachverhalt hergeleiteten deliktischen Anspruch den Zweck der kurz bemessenen vertraglichen Verjährungsfrist vereiteln oder die gesetzliche Regelung aushöhlen würde. Ein solcher Fall sei hier gegeben. Die Pflichten aus einem Beratungsvertrag und nach dem Wertpapierhandelsgesetz seien gleich und schützten dasselbe Interesse, nämlich eine anlegergerechte Beratung. Der Gesetzgeber habe die gemäß § 195 a.F. für Schadensersatzansprüche aus positiver Vertragsverletzung und Verschulden bei Vertragsschluß geltende dreißigjährige Verjährungsfrist abkürzen wollen, die er als international unüblich und als Hemmnis bei der Beratung von Aktienanlegern wegen des unüberschaubar langen Zeitraums einer möglichen Haftung angesehen habe. Ansprüche aus unerlaubter Handlung verjährten zwar gemäß § 852 Abs. 1 BGB a.F., §§ 195, 199 Abs. 1 BGB n.F. ebenfalls in drei Jahren. Der Verjährungsbeginn hänge aber von subjektiven, für die Bank nicht kalkulierbaren Voraussetzungen ab. Insbesondere könne die Kenntnis des Geschädigten vom Schaden erst Jahre nach der Beratung eintreten.
Ein vorsätzliches Handeln des Angestellten der Bek lagten, das nicht unter die Verjährungsvorschrift des § 37 a WpHG falle, habe der Kläger nicht schlüssig dargelegt.

Schließlich stehe dem Kläger auch ein Sekundäransp ruch, der entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu §§ 51 b BRAO, 68 StBerG darauf gerichtet sei, daß die Beklagte sich hinsichtlich des Primäranspruchs nicht auf Verjährung berufen könne, nicht zu, weil die zur Sekundärverjährung entwickelten Grundsätze auf § 37 a WpHG nicht anwendbar seien.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand.
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend zu dem Erge bnis gelangt, daß ein vertraglicher Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte wegen fehlerhafter Beratung der Zedentin gemäß § 37 a WpHG verjährt ist. Danach verjährt der Anspruch des Kunden gegen ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen auf Schadensersatz wegen Verletzung der Pflicht zur Information und wegen fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit einer Wertpapierdienstleistung oder Wertpapiernebendienstleistung in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist.

a) Die Beklagte hat als Wertpapierdienstleistungsu nternehmen (§ 2 Abs. 4 WpHG) im Zusammenhang mit einer Wertpapiernebendienstleistung (§ 2 Abs. 3 a Nr. 3 WpHG) nach dem in der Revisionsinstanz als wahr zu unterstellenden Vortrag des Klägers ihre Beratungspflichten verletzt.


b) Das Berufungsgericht hat, wie auch die Revision nicht in Zweifel zieht, mit Recht angenommen, daß ein auf der Beratungspflichtverletzung beruhender Schadensersatzanspruch bereits mit dem Erwerb der Wertpapiere durch die Zedentin am 8. Februar 2000 entstanden ist. Das entspricht der zu § 37 a WpHG in Rechtsprechung und Schrifttum ganz überwiegend vertretenen Auffassung (LG Zweibrücken BB 2004, 2373 f.; LG Düsseldorf BKR 2004, 413, 414; Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG 3. Aufl. § 37 a Rdn. 7; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht 3. Aufl. Rdn. 16.568 f.; Schäfer, WpHG § 37 a Rdn. 4; Manfred Wolf EWiR 2005, 91, 92; a.A. LG Hof BKR 2004, 489, 490 f.; Schwark, Kapitalmarktrechts -Kommentar 3. Aufl. § 37 a WpHG Rdn. 4), der der Senat sich anschließt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtsho fs ist der Anleger, der aufgrund einer fehlerhaften Empfehlung eine für ihn nachteilige Kapitalanlage erworben hat, in der Regel bereits durch deren Erwerb geschädigt (BGH, Urteile vom 7. Mai 1991 - IX ZR 188/90, WM 1991, 1303, 1305 und vom 27. Januar 1994 - IX ZR 195/93, WM 1994, 504, 506). Wer durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluß eines Vertrages verleitet wird, den er ohne dieses Verhalten nicht geschlossen hätte, kann sogar bei objektiver Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung einen Vermögensschaden dadurch erleiden, daß die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist (BGH, Urteil vom 26. September 1997 - V ZR 29/96, WM 1997, 2309, 2312; vgl. auch BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, WM 2004, 1721, 1724, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
Diese Rechtsprechung ist auf den zu entscheidenden Fall, daß der Kunde eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens infolge der Verletzung einer Aufklärungspflicht oder fehlerhafter Beratung Wertpapiere erworben hat, die mit den von ihm verfolgten Anlagezielen nicht in Einklang stehen, übertragbar. Der Anleger ist bei der gebotenen wertenden Betrachtung von diesem Zeitpunkt an nicht lediglich dem - bei spekulativen Wertpapieranlagen erhöhten - Risiko eines Vermögensnachteils ausgesetzt, sondern bereits geschädigt. Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, daß die Wertpapiere möglicherweise zunächst, solange ein Kursverlust nicht eingetreten ist, ohne Einbuße wieder veräußert bzw. zurückgegeben werden können. Denn bei einer Beratung schuldet das Wertpapierdienstleistungsunternehmen eine auf die Anlageziele des Kunden abgestimmte Empfehlung von Produkten (Senat BGHZ 123, 126, 128 f.). Der Erwerb einer diesen Zielen nicht entsprechenden empfohlenen Wertpapierkapitalanlage läßt auch bei objektiver Betrachtung bereits den Vertragsschluß den konkreten Vermögensinteressen des Anlegers nicht angemessen und damit als nachteilig erscheinen.

c) Die Verjährungsfrist von drei Jahren, die demna ch mit Ablauf (§ 187 Abs. 1 BGB) des 8. Februar 2000 begann, wurde durch die Zustellung der am 28. Februar 2003 eingereichten Klage nicht mehr rechtzeitig gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt.
2. Zu Recht ist das Berufungsgericht auch davon au sgegangen, daß der Kläger keinen Anspruch gegen die Beklagte wegen eines nach dem Erwerb der Kapitalanlage unterlassenen Hinweises auf eingetretene Kursverluste hat.

Die Beklagte war nicht verpflichtet, die Zedentin nach dem 8. Februar 2000 ungefragt auf die nachteilige Wertentwicklung der erworbenen Fondsanteile hinzuweisen. Entgegen der Ansicht der Revision spricht nichts dafür, daß eine Bank außerhalb eines Vermögensverwaltungsvertrages nach beendeter Anlageberatung, die zum Erwerb von Wertpapieren geführt hat, ohne weitere Vergütung verpflichtet ist, die Entwicklung der Wertpapierkurse fortlaufend zu beobachten und den Kunden im Falle einer ungünstigen Entwicklung zu warnen (vgl. OLG Düsseldorf ZIP 1994, 1256, 1257).
3. Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht ang enommen, daß offen bleiben kann, ob § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB ist (so auch Senatsurteile BGHZ 142, 345, 356 und vom 11. November 2003 - XI ZR 21/03, WM 2004, 24, 26), da ein etwaiger Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte aus einem allein zur Entscheidung stehenden fahrlässigen Verstoß gegen § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG ebenfalls nach § 37 a WpHG verjährt ist.

a) Es entspricht - soweit ersichtlich - der einhel ligen instanzgerichtlichen Rechtsprechung und der herrschenden Meinung in der Literatur , daß die Verjährungsvorschrift des § 37 a WpHG nicht nur für Ansprüche aus vertraglichen und vorvertraglichen Pflichtverletzungen gilt, sondern auch für Ansprüche aus fahrlässigen deliktischen Ansprüchen wegen der Verletzung der Pflichten aus § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG (LG Zweibrücken BB 2004, 2373, 2375; LG Düsseldorf BKR 2004, 413, 414 f.; LG Berlin BKR 2004, 127 (LS.); LG Göttingen EWiR 2005, 91;
Kümpel, aaO Rdn. 16.572; Schwark, aaO § 37 a WpHG Rdn. 5; MünchKomm /Ekkenga, HGB Bd. 5 Effektengeschäft Rdn. 248; Schäfer, WpHG § 37 a Rdn. 7 f.; ders., in: Festschrift für Schimansky S. 699, 712 ff.; Lang, aaO § 20 Rdn. 12 f.; Kritter BKR 2004, 261, 263; a.A. Koller, aaO § 37 a Rdn. 6; Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel S. 123 ff.; ders. WM 2001 Sonderbeilage Nr. 1 S. 16; Roller/Hackenberg ZBB 2004, 227, 235 f.; Berg VuR 1999, 335, 337 Fn. 102). Der Senat schließt sich der herrschenden Meinung an.
Sowohl nach dem Wortlaut des § 37 a WpHG als auch nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 13/8933 S. 96) unterfallen dieser Verjährungsvorschrift Informationspflichtverletzungen unabhängig davon, ob sie auf vertraglicher Grundlage beruhen oder gesetzlich - insbesondere durch § 31 Abs. 2 WpHG - angeordnet werden. Entscheidend spricht für diese Auslegung auch der mit der Vorschrift verfolgte Zweck. Der Gesetzgeber wollte mit der Verkürzung der bis dahin geltenden regelmäßigen Verjährungsfrist von dreißig Jahren die Haftung von Anlageberatern begrenzen, um die Kapitalbeschaffung für junge und innovative Unternehmen zu erleichtern. Den Anlageberatern sollte eine zuverlässige Einschätzung möglicher Haftungsansprüche ermöglicht werden, um so ihre Bereitschaft zu stärken, den Anlegern vermehrt risikoreiche Kapitalanlagen zu empfehlen (BT-Drucks. 13/8933 S. 59, 96). Da eine vertragliche Beratungs- und Aufklärungspflichtverletzung stets auch eine Verwirklichung des Tatbestandes des § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG darstellt, würde dieser Gesetzeszweck verfehlt, wenn die kurze Verjährungsfrist des § 37 a WpHG bei deliktsrechtlichen Schadensersatzansprüchen wegen fahrlässiger Fehlberatung keine Anwendung fände. Wollte man dies anders sehen, würde sich durch die Rege-
lung des § 37 a WpHG für angestellte Anlageberater, die aus Verschulden bei Vertragsschluß oder bei einem Beratungsverschulden aus positiver Vertragsverletzung persönlich nicht haften, entgegen der erklärten Absicht des Gesetzgebers nichts ändern.

b) Demgegenüber verbleibt es für Schadensersatzans prüche aus vorsätzlichen Beratungspflichtverletzungen bei der Regelverjährung für deliktsrechtliche Ersatzansprüche (BT-Drucks. 13/8933 S. 97). Wie der Prozeßbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat, stehen solche Ansprüche vorliegend jedoch nicht zur Entscheidung.
4. Das Berufungsgericht hat auch zu Recht in Übere instimmung mit der herrschenden Meinung (LG Zweibrücken BB 2004, 2373, 2374; LG Düsseldorf BKR 2004, 413, 414; Schwark, aaO Rdn. 6; Schäfer, Festschrift für Schimansky S. 699, 712; Kritter BKR 2004, 261, 263 f.; a.A. Koller, aaO § 37 a Rdn. 18; Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel S. 121 ff.; ders. WM 2001 Sonderbeilage Nr. 1 S. 15 f.; Roller/Hackenberg ZBB 2004, 227, 229 ff.; dies. VuR 2004, 46, 48 ff.), der sich der Senat anschließt, angenommen, daß die zur Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen Rechtsanwälte entwickelte Sekundärverjährung (RGZ 158, 130, 134 und 136; BGH, Urteil vom 11. Juli 1967 - VI ZR 41/66, VersR 1967, 979, 980) auf die Fälle schuldhafter Anlageberatung durch Wertpapierdienstleister mangels eines vergleichbaren dauerhaften Vertrauensverhältnisses nicht übertragbar ist. Aus der Erwähnung der §§ 51 b BRAO, 68 StBerG und 51 a WPO in der Gesetzesbegründung ergibt sich nichts anderes, zumal die Sekundärverjährung der Absicht des Gesetzgebers, die Verjährungsfrist im Interesse von
Wertpapierdienstleistungsunternehmen und ihrer Anlageberater erheblich zu verkürzen, zuwider läuft.
Abgesehen davon ist es Aufgabe des Gesetzgebers, a ls zu kurz erachtete Verjährungsfristen aufzuheben, wie er das bei § 51 a WPO mit Gesetz vom 1. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2446, 2451) und bei §§ 51 b BRAO, 68 StBerG mit Gesetz vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3214, 3217) getan hat und in bezug auf § 37 a WpHG in Erwägung zieht (BTDrucks. 15/3653 S. 30 und 32; siehe auch den am 17. November 2004 vom Bundeskabinett zurückgestellten Entwurf eines Kapitalmarktinformationshaftungsgesetzes - KapInHaG, NZG 2004, 1042, 1044).

III.


Die Revision war daher zurückzuweisen.
Nobbe Müller Wassermann Appl Ellenberger

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 586/07 Verkündet am:
12. Mai 2009
Herrwerth
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 282 (Fassung: 1.1.1964), § 280 Abs. 1 Satz 2 (Fassung: 2.1.2002)

a) Verletzt ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen seine Pflicht, den
Kunden über Rückvergütungen aufzuklären, trägt es die Darlegungsund
Beweislast dafür, dass es nicht vorsätzlich gehandelt hat, auch
dann, wenn seine Haftung für fahrlässiges Handeln nach § 37a WpHG
verjährt ist (Fortführung von BGHZ 170, 226).

b) Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens gilt auch im Falle unterlassener
Aufklärung über Rückvergütungen.
BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07 - OLG München
LG München I
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Mai 2009 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers,
den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter
Dr. Ellenberger und Dr. Matthias

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 19. Dezember 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 17. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem Recht der H. GmbH (im Folgenden: Zedentin) im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften in Anspruch.
2
Die Zedentin erwarb nach einem - inhaltlich im Einzelnen streitigen - Beratungsgespräch mit Mitarbeitern der Beklagten am 15. Februar 2000 zwischen dem 16. Februar und dem 14. Juni 2000 über die Beklagte für 141.478,21 € Anteile an Aktienfonds und für 106.395,72 € Aktien. In den Wertpapierabrechnungen über die Fondsanteile sind nicht besonders ausgewiesene Ausgabeaufschläge zwischen 3% und 5% enthalten. Die Beklagte, die aus diesen Aufschlägen und den von den konzerneigenen Fonds erhobenen Verwaltungsgebühren Rückvergütungen erhält, gewährte der Zedentin insoweit Bonifikationen von zumeist 1%, in einem Fall von 2,5%. Über die Ausgabeaufschläge wurde die Zedentin informiert , nicht aber über die Rückvergütungen an die Beklagte.
3
Nach erheblichen Kursverlusten suchte der Geschäftsführer der Zedentin, der sich falsch beraten fühlte, am 8. August 2000 zusammen mit einem Rechtsanwalt die Beklagte auf. Der Inhalt des Gesprächs ist streitig. Nach Veräußerung eines Teils der Fondsanteile für 70.842,62 € und der Aktien für 54.908,60 € hat der Kläger am 13. August 2003 Klage eingereicht und unter Berücksichtigung erzielter Wertpapiererträge von 511,58 € die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 127.611,13 € zuzüglich Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung der restlichen Wertpapiere beantragt.
4
Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Die Berufung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Auf die Revision des Klägers hat der erkennende Senat mit Urteil vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226) das Berufungsurteil aufgehoben, weil die Beklagte durch das Verschweigen der Rückvergütungen den zwischen der Zedentin und der Beklagten zustande gekommenen Beratungsvertrag verletzt hat und ein etwaiger Schadensersatzanspruch der Zedentin aus vorsätzlichem Handeln der Beklagten nicht nach § 37a WpHG verjährt ist.
Er hat die Sache zur Klärung der Frage, ob die Beklagte die erhaltenen Rückvergütungen vorsätzlich verschwiegen hat, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Im zweiten Berufungsverfahren hat der Kläger unter Berücksichtigung dessen, dass ein Teil der streitgegenständlichen Wertpapiere zum 1. Januar 2006 veräußert worden ist, nur noch beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 91.668,16 € nebst Zinsen zu zahlen, und im Übrigen den Rechtsstreit einseitig für erledigt erklärt. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers nach Vernehmung des damals für die Beklagte tätigen Anlageberaters K. erneut zurückgewiesen.
5
Mit der - vom erkennenden Senat zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren im Umfang der zuletzt gestellten Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision ist begründet.

I.


7
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in WM 2008, 351 veröffentlicht ist, hat im Wesentlichen ausgeführt:
8
Der für die Beklagte tätig gewesene Mitarbeiter K. habe seine Beratung damals als rechtlich ausreichend erachtet und noch nicht einmal als möglich erkannt, dass er Aufklärungspflichten verletze. Ihm habe daher das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit seines Unterlassens gefehlt. Dieser Rechtsirrtum schließe den Vorsatz aus.
9
Der Kläger könne sich auch nicht auf ein vorsätzliches Organisationsverschulden der Beklagten berufen. Seine Behauptung, die Beklagte habe ihre Aufklärungspflicht gekannt, die Rückvergütung aber behalten wollen, ohne sie zu offenbaren, lasse kein vorsätzliches und für den Abschluss der streitgegenständlichen Wertpapiergeschäfte ursächliches Verhalten eines Entscheidungsträgers der Beklagten erkennen. Auch das weitere Vorbringen des Klägers, das zuständige Vorstandsmitglied der Beklagten sei nicht seiner Verpflichtung nachgekommen, sich bei der Rechtsabteilung über die Behandlung von Rückvergütungen zu vergewissern und dafür Sorge zu tragen, dass die Mitarbeiter der Beklagten die Rückvergütungen dem Kunden offenbarten, lasse die Feststellung vorsätzlichen Verhaltens nicht zu. Dass von einem Verantwortlichen der Beklagten durch eine Einzelfallweisung, eine generelle Anordnung oder eine bankinterne Richtlinie die gebotene Aufklärung im vorliegenden Fall vorsätzlich verhindert worden wäre, sei nicht ersichtlich.
10
Dass es dem Kläger mangels Kenntnis von den Unternehmensinterna der Beklagten naturgemäß Schwierigkeiten bereite, ein etwaiges vorsätzliches Verhalten der Beklagten durch konkreten Tatsachenvortrag zu untermauern, rechtfertige es nicht, den Vorsatz einer Person, deren Verhalten der Beklagten nach § 31 BGB oder § 278 BGB zuzurechnen sei, zu unterstellen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass nach § 280 Abs. 1 BGB282 BGB aF) grundsätzlich der Schädiger die Beweislast dafür trage, die Pflichtverletzung nicht vertreten zu müssen. Komme - wie vorliegend wegen Verjährung (§ 37a WpHG) der auf Fahr- lässigkeit gestützten Ansprüche - nur eine Haftung wegen vorsätzlichen Verhaltens in Betracht, obliege es dem Geschädigten, das Vorliegen des Vorsatzes darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.

II.


11
Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand. Nach den bisher getroffenen Feststellungen hat das Berufungsgericht eine vorsätzliche Verletzung der der Beklagten obliegenden Pflicht, den Kläger über die Rückvergütungen zu unterrichten, zu Unrecht verneint.
12
Ohne 1. Rechtsfehler hat das Berufungsgericht allerdings angenommen , dass dem Anlageberater K. das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit seines Unterlassens gefehlt habe und er sich daher in einem Vorsatz ausschließenden Rechtsirrtum befunden habe. Die tatrichterliche Würdigung der Aussage des Zeugen K. , die in der Revisionsinstanz nur eingeschränkt überprüfbar ist, lässt Rechtsfehler nicht erkennen und wird auch von der Revision ausdrücklich hingenommen.
13
2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch ein vorsätzliches Organisationsverschulden der Beklagten verneint.
14
Eine Bank muss ihren Geschäftsbetrieb zum Schutz des Rechtsverkehrs so organisieren, dass bei ihr vorhandenes Wissen den Mitarbeitern , die für die betreffenden Geschäftsvorgänge zuständig sind, zur Verfügung steht und von diesen auch genutzt wird (vgl. BGHZ 135, 202, 205 ff.; MünchKommBGB/Schramm, 5. Aufl., § 166 Rn. 26 m.w.N.). Danach ist hier ein vorsätzliches Organisationsverschulden der Beklagten gegeben, wenn sie ihre Verpflichtung zur Aufklärung der Kunden gekannt oder zumindest für möglich gehalten hat (bedingter Vorsatz) und es gleichwohl bewusst unterlassen hat, ihre Anlageberater anzuweisen, die Kunden entsprechend aufzuklären (Nobbe, ZBB 2009, 93, 104; Koller, ZBB 2007, 197, 201).
15
a) Insoweit hat der Kläger unter Hinweis auf die Rechtsprechung zur auftrags- bzw. kommissionsrechtlichen Auskunfts- und Herausgabepflicht (§§ 666, 667 BGB, § 384 Abs. 2 HGB) in Bezug auf heimlich hinter dem Rücken des Auftraggebers geflossene Zahlungen (vgl. BGHZ 114, 87, 91; 146, 235, 239 und BGH, Urteil vom 17. Oktober 1991 - III ZR 352/89, WM 1992, 879, 880 f.) und unter Hinweis auf Ziffer 2.2 Abs. 2 der Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel (BAWe) zur Konkretisierung der §§ 31 und 32 WpHG für das Kommissions -, Festpreis- und Vermittlungsgeschäft der Kreditinstitute vom 26. Mai 1997 (BAnz. Nr. 98 vom 3. Juni 1997, S. 6586), nach der eine zivilrechtliche Aufklärungspflicht über die kommissionsrechtliche Verpflichtung zur Herausgabe von Rückvergütungen vorausgesetzt wird, behauptet, die Beklagte habe ihre Herausgabe- und Aufklärungspflicht zwar gekannt, die Rückvergütungen aber behalten wollen und deswegen nicht offenbart. Soweit das Berufungsgericht diesen Vortrag als unschlüssig angesehen hat, erscheint das im Hinblick auf die vom Kläger angeführte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (die Revision hat sich zusätzlich noch auf BGHZ 78, 263, 268 und das Senatsurteil vom 28. Februar 1989 - XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1051 bezogen) zu Herausgabe- und Aufklärungspflichten eines Beraters zweifelhaft, kann aber letztlich da- hinstehen, da das Berufungsgericht bereits die Darlegungs- und Beweislast für ein vorsätzliches Handeln der Beklagten verkannt hat.
16
b) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht angenommen, die Darlegungs - und Beweislast für vorsätzliches Handeln der Beklagten trage der Kläger.
17
aa) Nach § 282 BGB aF (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nF) muss der Schuldner beweisen, dass er eine Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Zum Vertretenmüssen gehören gleichermaßen Vorsatz und Fahrlässigkeit (§ 276 BGB). Teilweise wird zwar die Auffassung vertreten, dass dann, wenn die Haftung des Schuldners auf Vorsatz beschränkt ist, es im Regelfall zunächst Sache des Gläubigers sei, die Umstände darzutun, die für den Vorsatz des Schuldners sprächen (vgl. MünchKommBGB/ Ernst, 5. Aufl., § 280 Rn. 35 m.w.N.). Das ist jedoch mit der gesetzlichen Wertung des § 282 BGB aF (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nF) nicht vereinbar. Der Gesetzeswortlaut und der Sinn und Zweck der Regelung sprechen gegen eine unterschiedliche Darlegungslast für vorsätzliches und fahrlässiges Verhalten. Der Bundesgerichtshof hat eine Differenzierung der Darlegungs- und Beweislast nach Verschuldensgrad ausdrücklich abgelehnt und entschieden, dass der Schuldner, der nur für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit einzustehen hat, zu beweisen hat, dass beide Verschuldensgrade nicht vorliegen (BGHZ 46, 260, 267). Daraus folgt, dass auch eine Differenzierung zwischen Vorsatz und einfacher Fahrlässigkeit im Rahmen des Entlastungsbeweises nicht zulässig ist (vgl. Soergel /Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 282 Rn. 14 m.w.N.; Nobbe, ZBB 2009, 93, 104). Es gibt auch keinen sachlichen Grund, dem Gläubiger ausnahmsweise eine Darlegungslast aufzubürden. Ob vorsätzliches Handeln vorliegt, betrifft eine innere Tatsache des Schuldners, über die er ohne weiteres Auskunft geben kann, während sie dem Gläubiger verschlossen ist. Der Gläubiger kann lediglich Indizien anführen, aus denen sich der Vorsatz ergibt. Auch dies spricht dagegen, den Schuldner entgegen der gesetzlichen Wertung von ihm möglichen und zumutbaren Vortrag zu entlasten.
18
bb) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts trägt der Kläger auch nicht ausnahmsweise die Darlegungs- und Beweislast für den Vorsatz der Beklagten, weil die ohne Zweifel vorliegende fahrlässige Beratungspflichtverletzung der Beklagten nach § 37a WpHG verjährt ist und damit nur noch eine Vorsatzhaftung im Streit ist. Zu Unrecht hat sich das Berufungsgericht als Beleg für seine Ansicht auf das Senatsurteil vom 12. Oktober 1993 (XI ZR 155/92, WM 1993, 2251, 2252) berufen. Das Senatsurteil betraf den Aufrechnungsausschluss nach § 393 BGB, bei dem der Vorsatz eine Voraussetzung des Ausschlusses ist, so dass er von demjenigen, der sich darauf beruft, darzulegen und zu beweisen ist. Damit ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar. Es steht fest, dass die Beklagte den Kläger fehlerhaft beraten hat, indem sie die Rückvergütungen verschwiegen hat. Für diese fehlerhafte Aufklärung haftet die Beklagte grundsätzlich bereits bei leichter Fahrlässigkeit (§ 276 BGB). Ihre Haftung ist nicht auf vorsätzliches Handeln beschränkt. Die Besonderheit besteht vorliegend allein darin, dass der Anspruch des Klägers wegen fahrlässig unterlassener Aufklärung, der an sich gegeben ist, wegen der Sonderverjährungsregelung des § 37a WpHG bereits verjährt und damit lediglich nicht mehr durchsetzbar ist. Dadurch wird aber der Anspruch des Klägers nicht ein solcher, der allein durch vorsätzliches Handeln begründet werden kann und bei dem der Vorsatz zum Anspruchsgrund ge- hört (Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktiker-Handbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, Rn. 864).
19
cc) Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Senatsurteil vom 1. Juli 2008 (XI ZR 411/06, WM 2008, 1596, Tz. 23), dessen Aussagen zur Beweislast nicht die allgemeine Vorsatzhaftung nach § 276 BGB betreffen. In jenem Fall ging es um arglistiges Verhalten eines Kapitalanlagevermittlers nach § 123 BGB, für das der Anspruchsteller darlegungsund beweispflichtig ist. Da die Arglist des Vermittlers bei einem verbundenen Geschäft nach den Grundsätzen des Senatsurteils vom 25. April 2006 (BGHZ 167, 239, Tz. 29 f.) zugleich eine Haftung der den Erwerb der Kapitalanlage finanzierenden Bank für ein vorsätzliches Verschulden bei Vertragsverhandlungen (jetzt § 311 Abs. 2 BGB) begründet, trägt die Beweislast für diesen aus der Arglist hergeleiteten Vorsatz ausnahmsweise ebenfalls der Anspruchsteller.
20
c) Das Berufungsgericht hat zudem verkannt, dass es aufgrund der Aussage des Zeugen K. feststeht, dass die Beklagte ihre Anlageberater nicht angehalten hat, die Kunden über die Rückvergütungen aufzuklären. Es geht danach letztlich allein um die Frage, ob bei den Verantwortlichen der Beklagten in Bezug auf die Aufklärungspflicht ein Vorsatz ausschließender Rechtsirrtum bestand. Wer sich aber wie die Beklagte auf einen Rechtsirrtum beruft, muss diesen auch darlegen und beweisen (vgl. BGHZ 69, 128, 143; Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 276 Rn. 11).

III.


21
angefochtene Das Urteil ist nach alledem aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Entscheidung reif ist, ist sie zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), wobei der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch macht. Die Beklagte wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren Gelegenheit haben, ergänzend dazu vorzutragen und gegebenenfalls unter Beweis zu stellen, dass sie trotz Kenntnis der Auskunfts- und Herausgabepflichten des Geschäftsbesorgers nach §§ 675, 666, 667 BGB bzw. des Kommissionärs nach §§ 383, 384 Abs. 2 HGB und der dazu veröffentlichten Rechtsprechung sowie der darauf Bezug nehmenden BAWe-Richtlinie vom 26. Mai 1997 (aaO) eine Aufklärungspflicht über Rückvergütungen nicht erkannt und auch nicht für möglich gehalten hat und sie es deswegen auch nicht im Bewusstsein der Rechtswidrigkeit unterlassen hat, ihre Anlageberater zur Aufklärung der Kunden zu verpflichten.
22
Für den Fall, dass das Berufungsgericht nach neuer Verhandlung eine Haftung der Beklagten aus vorsätzlichem Handeln bejahen sollte, weist der Senat darauf hin, dass bei der fehlerhaften Anlageberatung bereits der Erwerb der Kapitalanlage aufgrund einer fehlerhaften Information ursächlich für den späteren Schaden ist, weil der ohne die erforderliche Aufklärung gefasste Anlageentschluss von den Mängeln der fehlerhaften Aufklärung beeinflusst ist. Auf die Gründe, warum die Kapitalanlage später im Wert gefallen ist, kommt es nicht an. Steht eine Aufklärungspflichtverletzung fest, streitet für den Anleger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, das heißt, dass der Aufklärungspflichtige beweisen muss, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben hätte, er also den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte (vgl. BGHZ 61, 118, 122; 124, 151, 159 f.; auch BGH, Urteil vom 2. März 2009 - II ZR 266/07, WM 2009, 789, Tz. 6 m.w.N.). Diese Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens gilt grundsätzlich für alle Aufklärungsfehler eines Anlageberaters, also auch für die fehlende Aufklärung über Rückvergütungen (Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/ Clouth/Lang, Praktiker-Handbuch Wertpapier- und Derivategeschäft Rn. 863). Erwirbt der Anleger neben Produkten, bei denen ihm Rückvergütungen verschwiegen wurden, auch Produkte, bei denen die Bank keine Rückvergütungen erhalten hat, so kann er sich aber nur in Bezug auf die erstgenannten Produkte auf die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens berufen. Hinsichtlich der Produkte, bei denen keine Rückvergütungen gezahlt wurden, muss der Anleger darlegen und beweisen, dass er bei gehöriger Aufklärung insgesamt den Geschäftskontakt mit der beratenden Bank abgebrochen und auch die Produkte nicht erworben hätte, bei denen keine Rückvergütungen geflossen sind (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, WM 2007, 487, Tz. 27, insoweit in BGHZ 170, 226 nicht abgedruckt).
Wiechers Joeres Mayen
Ellenberger Matthias
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 19.04.2004 - 11 HKO 15075/03 -
OLG München, Entscheidung vom 19.12.2007 - 7 U 3009/04 -

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 586/07 Verkündet am:
12. Mai 2009
Herrwerth
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 282 (Fassung: 1.1.1964), § 280 Abs. 1 Satz 2 (Fassung: 2.1.2002)

a) Verletzt ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen seine Pflicht, den
Kunden über Rückvergütungen aufzuklären, trägt es die Darlegungsund
Beweislast dafür, dass es nicht vorsätzlich gehandelt hat, auch
dann, wenn seine Haftung für fahrlässiges Handeln nach § 37a WpHG
verjährt ist (Fortführung von BGHZ 170, 226).

b) Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens gilt auch im Falle unterlassener
Aufklärung über Rückvergütungen.
BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07 - OLG München
LG München I
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Mai 2009 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers,
den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter
Dr. Ellenberger und Dr. Matthias

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 19. Dezember 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 17. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem Recht der H. GmbH (im Folgenden: Zedentin) im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften in Anspruch.
2
Die Zedentin erwarb nach einem - inhaltlich im Einzelnen streitigen - Beratungsgespräch mit Mitarbeitern der Beklagten am 15. Februar 2000 zwischen dem 16. Februar und dem 14. Juni 2000 über die Beklagte für 141.478,21 € Anteile an Aktienfonds und für 106.395,72 € Aktien. In den Wertpapierabrechnungen über die Fondsanteile sind nicht besonders ausgewiesene Ausgabeaufschläge zwischen 3% und 5% enthalten. Die Beklagte, die aus diesen Aufschlägen und den von den konzerneigenen Fonds erhobenen Verwaltungsgebühren Rückvergütungen erhält, gewährte der Zedentin insoweit Bonifikationen von zumeist 1%, in einem Fall von 2,5%. Über die Ausgabeaufschläge wurde die Zedentin informiert , nicht aber über die Rückvergütungen an die Beklagte.
3
Nach erheblichen Kursverlusten suchte der Geschäftsführer der Zedentin, der sich falsch beraten fühlte, am 8. August 2000 zusammen mit einem Rechtsanwalt die Beklagte auf. Der Inhalt des Gesprächs ist streitig. Nach Veräußerung eines Teils der Fondsanteile für 70.842,62 € und der Aktien für 54.908,60 € hat der Kläger am 13. August 2003 Klage eingereicht und unter Berücksichtigung erzielter Wertpapiererträge von 511,58 € die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 127.611,13 € zuzüglich Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung der restlichen Wertpapiere beantragt.
4
Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Die Berufung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Auf die Revision des Klägers hat der erkennende Senat mit Urteil vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226) das Berufungsurteil aufgehoben, weil die Beklagte durch das Verschweigen der Rückvergütungen den zwischen der Zedentin und der Beklagten zustande gekommenen Beratungsvertrag verletzt hat und ein etwaiger Schadensersatzanspruch der Zedentin aus vorsätzlichem Handeln der Beklagten nicht nach § 37a WpHG verjährt ist.
Er hat die Sache zur Klärung der Frage, ob die Beklagte die erhaltenen Rückvergütungen vorsätzlich verschwiegen hat, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Im zweiten Berufungsverfahren hat der Kläger unter Berücksichtigung dessen, dass ein Teil der streitgegenständlichen Wertpapiere zum 1. Januar 2006 veräußert worden ist, nur noch beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 91.668,16 € nebst Zinsen zu zahlen, und im Übrigen den Rechtsstreit einseitig für erledigt erklärt. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers nach Vernehmung des damals für die Beklagte tätigen Anlageberaters K. erneut zurückgewiesen.
5
Mit der - vom erkennenden Senat zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren im Umfang der zuletzt gestellten Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision ist begründet.

I.


7
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in WM 2008, 351 veröffentlicht ist, hat im Wesentlichen ausgeführt:
8
Der für die Beklagte tätig gewesene Mitarbeiter K. habe seine Beratung damals als rechtlich ausreichend erachtet und noch nicht einmal als möglich erkannt, dass er Aufklärungspflichten verletze. Ihm habe daher das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit seines Unterlassens gefehlt. Dieser Rechtsirrtum schließe den Vorsatz aus.
9
Der Kläger könne sich auch nicht auf ein vorsätzliches Organisationsverschulden der Beklagten berufen. Seine Behauptung, die Beklagte habe ihre Aufklärungspflicht gekannt, die Rückvergütung aber behalten wollen, ohne sie zu offenbaren, lasse kein vorsätzliches und für den Abschluss der streitgegenständlichen Wertpapiergeschäfte ursächliches Verhalten eines Entscheidungsträgers der Beklagten erkennen. Auch das weitere Vorbringen des Klägers, das zuständige Vorstandsmitglied der Beklagten sei nicht seiner Verpflichtung nachgekommen, sich bei der Rechtsabteilung über die Behandlung von Rückvergütungen zu vergewissern und dafür Sorge zu tragen, dass die Mitarbeiter der Beklagten die Rückvergütungen dem Kunden offenbarten, lasse die Feststellung vorsätzlichen Verhaltens nicht zu. Dass von einem Verantwortlichen der Beklagten durch eine Einzelfallweisung, eine generelle Anordnung oder eine bankinterne Richtlinie die gebotene Aufklärung im vorliegenden Fall vorsätzlich verhindert worden wäre, sei nicht ersichtlich.
10
Dass es dem Kläger mangels Kenntnis von den Unternehmensinterna der Beklagten naturgemäß Schwierigkeiten bereite, ein etwaiges vorsätzliches Verhalten der Beklagten durch konkreten Tatsachenvortrag zu untermauern, rechtfertige es nicht, den Vorsatz einer Person, deren Verhalten der Beklagten nach § 31 BGB oder § 278 BGB zuzurechnen sei, zu unterstellen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass nach § 280 Abs. 1 BGB282 BGB aF) grundsätzlich der Schädiger die Beweislast dafür trage, die Pflichtverletzung nicht vertreten zu müssen. Komme - wie vorliegend wegen Verjährung (§ 37a WpHG) der auf Fahr- lässigkeit gestützten Ansprüche - nur eine Haftung wegen vorsätzlichen Verhaltens in Betracht, obliege es dem Geschädigten, das Vorliegen des Vorsatzes darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.

II.


11
Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand. Nach den bisher getroffenen Feststellungen hat das Berufungsgericht eine vorsätzliche Verletzung der der Beklagten obliegenden Pflicht, den Kläger über die Rückvergütungen zu unterrichten, zu Unrecht verneint.
12
Ohne 1. Rechtsfehler hat das Berufungsgericht allerdings angenommen , dass dem Anlageberater K. das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit seines Unterlassens gefehlt habe und er sich daher in einem Vorsatz ausschließenden Rechtsirrtum befunden habe. Die tatrichterliche Würdigung der Aussage des Zeugen K. , die in der Revisionsinstanz nur eingeschränkt überprüfbar ist, lässt Rechtsfehler nicht erkennen und wird auch von der Revision ausdrücklich hingenommen.
13
2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch ein vorsätzliches Organisationsverschulden der Beklagten verneint.
14
Eine Bank muss ihren Geschäftsbetrieb zum Schutz des Rechtsverkehrs so organisieren, dass bei ihr vorhandenes Wissen den Mitarbeitern , die für die betreffenden Geschäftsvorgänge zuständig sind, zur Verfügung steht und von diesen auch genutzt wird (vgl. BGHZ 135, 202, 205 ff.; MünchKommBGB/Schramm, 5. Aufl., § 166 Rn. 26 m.w.N.). Danach ist hier ein vorsätzliches Organisationsverschulden der Beklagten gegeben, wenn sie ihre Verpflichtung zur Aufklärung der Kunden gekannt oder zumindest für möglich gehalten hat (bedingter Vorsatz) und es gleichwohl bewusst unterlassen hat, ihre Anlageberater anzuweisen, die Kunden entsprechend aufzuklären (Nobbe, ZBB 2009, 93, 104; Koller, ZBB 2007, 197, 201).
15
a) Insoweit hat der Kläger unter Hinweis auf die Rechtsprechung zur auftrags- bzw. kommissionsrechtlichen Auskunfts- und Herausgabepflicht (§§ 666, 667 BGB, § 384 Abs. 2 HGB) in Bezug auf heimlich hinter dem Rücken des Auftraggebers geflossene Zahlungen (vgl. BGHZ 114, 87, 91; 146, 235, 239 und BGH, Urteil vom 17. Oktober 1991 - III ZR 352/89, WM 1992, 879, 880 f.) und unter Hinweis auf Ziffer 2.2 Abs. 2 der Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel (BAWe) zur Konkretisierung der §§ 31 und 32 WpHG für das Kommissions -, Festpreis- und Vermittlungsgeschäft der Kreditinstitute vom 26. Mai 1997 (BAnz. Nr. 98 vom 3. Juni 1997, S. 6586), nach der eine zivilrechtliche Aufklärungspflicht über die kommissionsrechtliche Verpflichtung zur Herausgabe von Rückvergütungen vorausgesetzt wird, behauptet, die Beklagte habe ihre Herausgabe- und Aufklärungspflicht zwar gekannt, die Rückvergütungen aber behalten wollen und deswegen nicht offenbart. Soweit das Berufungsgericht diesen Vortrag als unschlüssig angesehen hat, erscheint das im Hinblick auf die vom Kläger angeführte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (die Revision hat sich zusätzlich noch auf BGHZ 78, 263, 268 und das Senatsurteil vom 28. Februar 1989 - XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1051 bezogen) zu Herausgabe- und Aufklärungspflichten eines Beraters zweifelhaft, kann aber letztlich da- hinstehen, da das Berufungsgericht bereits die Darlegungs- und Beweislast für ein vorsätzliches Handeln der Beklagten verkannt hat.
16
b) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht angenommen, die Darlegungs - und Beweislast für vorsätzliches Handeln der Beklagten trage der Kläger.
17
aa) Nach § 282 BGB aF (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nF) muss der Schuldner beweisen, dass er eine Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Zum Vertretenmüssen gehören gleichermaßen Vorsatz und Fahrlässigkeit (§ 276 BGB). Teilweise wird zwar die Auffassung vertreten, dass dann, wenn die Haftung des Schuldners auf Vorsatz beschränkt ist, es im Regelfall zunächst Sache des Gläubigers sei, die Umstände darzutun, die für den Vorsatz des Schuldners sprächen (vgl. MünchKommBGB/ Ernst, 5. Aufl., § 280 Rn. 35 m.w.N.). Das ist jedoch mit der gesetzlichen Wertung des § 282 BGB aF (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nF) nicht vereinbar. Der Gesetzeswortlaut und der Sinn und Zweck der Regelung sprechen gegen eine unterschiedliche Darlegungslast für vorsätzliches und fahrlässiges Verhalten. Der Bundesgerichtshof hat eine Differenzierung der Darlegungs- und Beweislast nach Verschuldensgrad ausdrücklich abgelehnt und entschieden, dass der Schuldner, der nur für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit einzustehen hat, zu beweisen hat, dass beide Verschuldensgrade nicht vorliegen (BGHZ 46, 260, 267). Daraus folgt, dass auch eine Differenzierung zwischen Vorsatz und einfacher Fahrlässigkeit im Rahmen des Entlastungsbeweises nicht zulässig ist (vgl. Soergel /Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 282 Rn. 14 m.w.N.; Nobbe, ZBB 2009, 93, 104). Es gibt auch keinen sachlichen Grund, dem Gläubiger ausnahmsweise eine Darlegungslast aufzubürden. Ob vorsätzliches Handeln vorliegt, betrifft eine innere Tatsache des Schuldners, über die er ohne weiteres Auskunft geben kann, während sie dem Gläubiger verschlossen ist. Der Gläubiger kann lediglich Indizien anführen, aus denen sich der Vorsatz ergibt. Auch dies spricht dagegen, den Schuldner entgegen der gesetzlichen Wertung von ihm möglichen und zumutbaren Vortrag zu entlasten.
18
bb) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts trägt der Kläger auch nicht ausnahmsweise die Darlegungs- und Beweislast für den Vorsatz der Beklagten, weil die ohne Zweifel vorliegende fahrlässige Beratungspflichtverletzung der Beklagten nach § 37a WpHG verjährt ist und damit nur noch eine Vorsatzhaftung im Streit ist. Zu Unrecht hat sich das Berufungsgericht als Beleg für seine Ansicht auf das Senatsurteil vom 12. Oktober 1993 (XI ZR 155/92, WM 1993, 2251, 2252) berufen. Das Senatsurteil betraf den Aufrechnungsausschluss nach § 393 BGB, bei dem der Vorsatz eine Voraussetzung des Ausschlusses ist, so dass er von demjenigen, der sich darauf beruft, darzulegen und zu beweisen ist. Damit ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar. Es steht fest, dass die Beklagte den Kläger fehlerhaft beraten hat, indem sie die Rückvergütungen verschwiegen hat. Für diese fehlerhafte Aufklärung haftet die Beklagte grundsätzlich bereits bei leichter Fahrlässigkeit (§ 276 BGB). Ihre Haftung ist nicht auf vorsätzliches Handeln beschränkt. Die Besonderheit besteht vorliegend allein darin, dass der Anspruch des Klägers wegen fahrlässig unterlassener Aufklärung, der an sich gegeben ist, wegen der Sonderverjährungsregelung des § 37a WpHG bereits verjährt und damit lediglich nicht mehr durchsetzbar ist. Dadurch wird aber der Anspruch des Klägers nicht ein solcher, der allein durch vorsätzliches Handeln begründet werden kann und bei dem der Vorsatz zum Anspruchsgrund ge- hört (Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktiker-Handbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, Rn. 864).
19
cc) Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Senatsurteil vom 1. Juli 2008 (XI ZR 411/06, WM 2008, 1596, Tz. 23), dessen Aussagen zur Beweislast nicht die allgemeine Vorsatzhaftung nach § 276 BGB betreffen. In jenem Fall ging es um arglistiges Verhalten eines Kapitalanlagevermittlers nach § 123 BGB, für das der Anspruchsteller darlegungsund beweispflichtig ist. Da die Arglist des Vermittlers bei einem verbundenen Geschäft nach den Grundsätzen des Senatsurteils vom 25. April 2006 (BGHZ 167, 239, Tz. 29 f.) zugleich eine Haftung der den Erwerb der Kapitalanlage finanzierenden Bank für ein vorsätzliches Verschulden bei Vertragsverhandlungen (jetzt § 311 Abs. 2 BGB) begründet, trägt die Beweislast für diesen aus der Arglist hergeleiteten Vorsatz ausnahmsweise ebenfalls der Anspruchsteller.
20
c) Das Berufungsgericht hat zudem verkannt, dass es aufgrund der Aussage des Zeugen K. feststeht, dass die Beklagte ihre Anlageberater nicht angehalten hat, die Kunden über die Rückvergütungen aufzuklären. Es geht danach letztlich allein um die Frage, ob bei den Verantwortlichen der Beklagten in Bezug auf die Aufklärungspflicht ein Vorsatz ausschließender Rechtsirrtum bestand. Wer sich aber wie die Beklagte auf einen Rechtsirrtum beruft, muss diesen auch darlegen und beweisen (vgl. BGHZ 69, 128, 143; Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 276 Rn. 11).

III.


21
angefochtene Das Urteil ist nach alledem aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Entscheidung reif ist, ist sie zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), wobei der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch macht. Die Beklagte wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren Gelegenheit haben, ergänzend dazu vorzutragen und gegebenenfalls unter Beweis zu stellen, dass sie trotz Kenntnis der Auskunfts- und Herausgabepflichten des Geschäftsbesorgers nach §§ 675, 666, 667 BGB bzw. des Kommissionärs nach §§ 383, 384 Abs. 2 HGB und der dazu veröffentlichten Rechtsprechung sowie der darauf Bezug nehmenden BAWe-Richtlinie vom 26. Mai 1997 (aaO) eine Aufklärungspflicht über Rückvergütungen nicht erkannt und auch nicht für möglich gehalten hat und sie es deswegen auch nicht im Bewusstsein der Rechtswidrigkeit unterlassen hat, ihre Anlageberater zur Aufklärung der Kunden zu verpflichten.
22
Für den Fall, dass das Berufungsgericht nach neuer Verhandlung eine Haftung der Beklagten aus vorsätzlichem Handeln bejahen sollte, weist der Senat darauf hin, dass bei der fehlerhaften Anlageberatung bereits der Erwerb der Kapitalanlage aufgrund einer fehlerhaften Information ursächlich für den späteren Schaden ist, weil der ohne die erforderliche Aufklärung gefasste Anlageentschluss von den Mängeln der fehlerhaften Aufklärung beeinflusst ist. Auf die Gründe, warum die Kapitalanlage später im Wert gefallen ist, kommt es nicht an. Steht eine Aufklärungspflichtverletzung fest, streitet für den Anleger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, das heißt, dass der Aufklärungspflichtige beweisen muss, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben hätte, er also den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte (vgl. BGHZ 61, 118, 122; 124, 151, 159 f.; auch BGH, Urteil vom 2. März 2009 - II ZR 266/07, WM 2009, 789, Tz. 6 m.w.N.). Diese Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens gilt grundsätzlich für alle Aufklärungsfehler eines Anlageberaters, also auch für die fehlende Aufklärung über Rückvergütungen (Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/ Clouth/Lang, Praktiker-Handbuch Wertpapier- und Derivategeschäft Rn. 863). Erwirbt der Anleger neben Produkten, bei denen ihm Rückvergütungen verschwiegen wurden, auch Produkte, bei denen die Bank keine Rückvergütungen erhalten hat, so kann er sich aber nur in Bezug auf die erstgenannten Produkte auf die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens berufen. Hinsichtlich der Produkte, bei denen keine Rückvergütungen gezahlt wurden, muss der Anleger darlegen und beweisen, dass er bei gehöriger Aufklärung insgesamt den Geschäftskontakt mit der beratenden Bank abgebrochen und auch die Produkte nicht erworben hätte, bei denen keine Rückvergütungen geflossen sind (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, WM 2007, 487, Tz. 27, insoweit in BGHZ 170, 226 nicht abgedruckt).
Wiechers Joeres Mayen
Ellenberger Matthias
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 19.04.2004 - 11 HKO 15075/03 -
OLG München, Entscheidung vom 19.12.2007 - 7 U 3009/04 -

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen erlassen über den Inhalt, die Art, die Sprache, den Umfang und die Form der Unterrichtung nach Artikel 4a Absatz 1 Unterabsatz 2 Buchstabe a oder nach Artikel 10 Absatz 1 Unterabsatz 2 Buchstabe a sowie der Nachweise nach Artikel 4a Absatz 2 Unterabsatz 1 oder nach Artikel 10 Absatz 2 Unterabsatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012. Das Bundesministerium der Finanzen kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Bundesanstalt übertragen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 93/09 Verkündet am:
9. März 2010
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Deutsche Gerichte sind international zuständig für Klagen gegen ausländische
Broker, die Beihilfe zu einer im Inland begangenen unerlaubten Handlung leisten.

b) Ein ausländischer Broker beteiligt sich bedingt vorsätzlich an einer vorsätzlichen
sittenwidrigen Schädigung von Kapitalanlegern durch einen inländischen Terminoptionsvermittler
, wenn er diesem ohne Überprüfung seines Geschäftsmodells
bewusst und offenkundig den unkontrollierten Zugang zu ausländischen Börsen
eröffnet.
BGH, Urteil vom 9. März 2010 - XI ZR 93/09 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. Februar 2010 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers und die Richter
Dr. Müller, Dr. Ellenberger, Maihold und Dr. Matthias

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 9. März 2009 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin, eine Deutsche mit Wohnsitz in Deutschland, verlangt von der Beklagten, einem Brokerhaus mit Sitz im US-Bundesstaat N. , Schadensersatz wegen Verlusten im Zusammenhang mit Termin- bzw. Optionsgeschäften.
2
Die der New Yorker Börsenaufsicht unterliegende Beklagte arbeitet weltweit mit Vermittlern zusammen, denen sie über eine Online-Plattform den Zugang zur Ausführung von Wertpapiergeschäften an Börsen in den USA ermöglicht , den diese mangels einer dortigen Zulassung sonst nicht hätten. Die Vermittler können die Kauf- und Verkaufsorders ihrer Kunden sowie ihre eigenen anfallenden Provisionen und Gebühren in das Online-System der Beklagten eingeben, wo sie vollautomatisch bearbeitet und verbucht werden.
3
Einer dieser Vermittler war S. e.K. (im Folgenden: S.) mit Sitz in D. , der bis zur Einstellung seiner Geschäftstätigkeit im November 2005 über eine deutsche aufsichtsrechtliche Erlaubnis als selbstständiger Finanzdienstleister verfügte. Der Geschäftsbeziehung zwischen der Beklagten und S. lag ein am 21. August 2003 geschlossenes Verrechnungsabkommen ("Fully disclosed clearing agreement") zugrunde. Vor dessen Zustandekommen hatte die Beklagte geprüft, ob S. über eine aufsichtsrechtliche Erlaubnis verfügte und ob gegen ihn aufsichtsrechtliche Verfahren in Deutschland anhängig waren. Nach Ziffern 2.0 und 12.1 des Verrechnungsabkommens war die Beklagte unter anderem verpflichtet, für die von S. geworbenen Kunden Einzelkonten einzurichten und hierüber die in Auftrag gegebenen Transaktionen abzuwickeln. In Ziffer 6 des Abkommens wurden S. umfassend alle aufsichts- und privatrechtlichen Pflichten zur Information der Kunden übertragen. Dort heißt es unter anderem: "6.1. … P. ist nicht verpflichtet, Erkundigungen bezüglich der Tatsachen anzustellen, die mit einer von P. für den Korrespondenten [S.] oder für einen Kunden des Korrespondenten vorgenommenen Ausführung oder Verrechnung verbunden sind. … 6.3. … Der Korrespondent … sagt weiterhin die Einhaltung … sonstiger Gesetze, Verordnungen oder Bestimmungen zu, die maßgeblich für die Art und Weise und die Umstände sind, die für Konteneinrichtungen oder die Genehmigung von Transaktionen gelten."
4
Nach Ziffer 18 des Verrechnungsabkommens sollte die Beklagte den Kunden die von S. angewiesenen Provisionen auf deren Konten belasten und von diesen Beträgen ihre eigene Vergütung abziehen.
5
Die Klägerin schloss Ende des Jahres 2003 mit S. einen formularmäßigen Geschäftsbesorgungsvertrag über die Durchführung von Börsentermin- und Optionsgeschäften, in dem sich S. unter anderem auch zur Vermittlung eines Brokereinzelkontos und zur Information über Märkte, Marktsituationen und Handelsempfehlungen des Brokers verpflichtete. Nach einem "Preisaushang", der diesem Vertrag beigefügt war, hatte die Klägerin an S. für jeden Einschuss eine Dienstleistungsgebühr in Höhe von 6% sowie bei Options- und Futuregeschäften eine Gewinnbeteiligung in Höhe von 10% der realisierten Quartalsgewinne zu zahlen. Ferner hatte sie an "Brokergebühren" eine "HalfturnCommission" von 50 USD bei Kauf und eine "Halfturn-Commission" von 50 USD bei Verkauf einer Option bzw. eines Futures zu zahlen, wovon jeweils ca. 40 USD als "Rebate-Payment" dem S. rückvergütet wurden.
6
Im Zusammenhang mit dem Abschluss des Geschäftsbesorgungsvertrages legte S. der Klägerin zwecks Eröffnung eines Kontos bei der Beklagten ein Formular der Beklagten ("Option agreement and approval form") vor, das in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch eine Schiedsklausel enthält und das die Klägerin am 17. November 2003 unterzeichnete. Im Anschluss daran eröffnete die Beklagte für die Klägerin ein Transaktionskonto, auf das die Klägerin im Dezember 2003 einen Betrag von 6.000 € einzahlte. Bei Beendigung der Geschäftsbeziehung zu Beginn des Jahres 2006 erhielt die Klägerin insgesamt 205,01 € zurück. Den Differenzbetrag von 5.794,99 € zum eingezahlten Kapital zuzüglich Zinsen sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 313,65 € macht sie mit der Klage geltend, wobei sie ihr Zahlungsverlangen ausschließlich auf deliktische Schadensersatzansprüche unter anderem wegen Beteiligung der Beklagten an einer vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung durch S. stützt. Die Beklagte ist dem in der Sache entgegengetreten und hat zudem die fehlende internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte gerügt sowie unter Berufung auf die Schiedsabrede die Unzulässigkeit der Klage geltend gemacht.
7
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Beklagten die im Wege der Hilfswiderklage geltend gemachten vorprozessualen Rechtsanwaltsgebühren zugesprochen. Auf die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht der Klage mit Ausnahme eines Teils der Zinsforderung stattgegeben.
8
Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

9
Die Revision ist unbegründet.

I.

10
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
11
Die Klage sei zulässig. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte folge aus § 32 ZPO, weil sich nach dem Klagevorbringen eine bedingt vorsätzliche Beteiligung der Beklagten an einer sittenwidrigen Schädigung (§ 826 BGB) der Klägerin durch den im Inland tätig gewordenen S. ergebe. Die Beklagte habe zumindest billigend in Kauf genommen, dass S. die Klägerin ohne die erforderliche Aufklärung zur Durchführung hochriskanter Optionsgeschäfte veranlasst habe. Diese Tathandlungen müsse die Beklagte sich zurechnen lassen. Die Einrede der Schiedsvereinbarung greife nicht durch. Die Schiedsklausel sei unwirksam, da die Voraussetzungen des § 37h WpHG in der Person der Klägerin nicht erfüllt seien.
12
Die Klage sei auch begründet. Die Klägerin habe gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch wegen einer gemeinsam mit S. begangenen vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung (§§ 826, 830 BGB).
13
Die im Streitfall geltend gemachten Ansprüche aus unerlaubter Handlung unterlägen deutschem Recht, da der Handlungsort im Sinne des Art. 40 Abs. 1 Satz 1 EGBGB in Deutschland liege. Zwar befinde sich der Handlungsort in Bezug auf die Beklagte in den USA, weil bei Mittätern grundsätzlich an das Recht des jeweiligen Handlungsortes anzuknüpfen sei. Jedoch bestehe nach Art. 41 Abs. 1 EGBGB eine gemeinsame wesentlich engere Verbindung mit dem deutschen Recht. In Deutschland habe nicht nur die ordnungsgemäße Aufklärung der Klägerin erfolgen müssen, sondern die Klägerin sei durch den als Haupttäter einzustufenden Vermittler vom Inland aus auch zu den Anlagegeschäften veranlasst worden. Im Übrigen sei der Anlagebetrag in Umsetzung des Anlageentschlusses von Deutschland aus überwiesen worden, so dass hier auch der schädigende Erfolg eingetreten sei (Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB).
14
S. habe die nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für gewerbliche Vermittler von Terminoptionen bestehende Pflicht verletzt, Kunden vor Vertragsschluss schriftlich die Kenntnisse zu vermitteln, die sie in die Lage versetzen, den Umfang ihres Verlustrisikos und die Verringerung ihrer Gewinnchance durch den Aufschlag auf die Optionsprämie richtig einzuschätzen. Dies stelle eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung der Klägerin durch S. dar.
15
Hierzu habe die Beklagte objektiv einen Tatbeitrag geleistet, indem sie dem über keine Börsenzulassung für die USA verfügenden S. über ihr OnlineSystem den Zugang zur New Yorker Börse ermöglicht habe. Dabei habe die Beklagte zumindest bedingt vorsätzlich gehandelt, denn sie habe billigend in Kauf genommen, dass Anleger ohne hinreichende Aufklärung zu hochspekula- tiven Börsentermingeschäften veranlasst wurden. Die Beklagte, die als international operierendes großes Online-Brokerhaus durch Rahmenverträge mit deutschen Vermittlerfirmen eine Verbindung zu Deutschland geknüpft habe, habe nämlich das aufsichtsrechtliche Erfordernis einer Genehmigung und die langjährig bestehende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Sittenwidrigkeit der Tätigkeit so genannter Terminoptionsvermittler ebenso in Grundzügen gekannt wie zurückliegende zahlreiche Fälle unzureichender Risikoaufklärung. Deshalb habe sie Veranlassung gehabt, Erkundigungen über die Seriosität des Vermittlers einzuholen. Die von der Beklagten vorgenommene Prüfung, ob eine Genehmigung nach dem Kreditwesengesetz (KWG) vorlag, sei ungenügend gewesen, weil sie keinen Aufschluss über die Erfüllung von Aufklärungspflichten des Vermittlers gebe. Gleiches gelte für eine bei dem Vermittler eingeholte Selbstauskunft und die öffentlich-rechtliche Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BAFin). Indem die Beklagte sich insbesondere nicht über die Höhe der anfallenden Gebühren informiert habe, habe sie bewusst die Augen vor dem drohenden Verlust der Kunden verschlossen. Damit habe sie die Verwirklichung der nahe liegenden Gefahr des Missbrauchs geschäftlicher Überlegenheit durch S. in Kauf genommen und zu dessen sittenwidrigem Handeln zumindest bedingt vorsätzlich Hilfe geleistet. Insofern könne die Beklagte sich auch nicht unter Hinweis auf die Gesichtspunkte des Massengeschäfts und des Online-Systems entlasten; ein Blick auf die Kontenbewegungen hätte das extreme Verlustrisiko offenbart.

II.

16
Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
17
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht die - auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfende (BGHZ 153, 82, 84 ff.; BGH, Urteil vom 9. Juli 2009 - Xa ZR 19/08, WM 2009, 1947, Tz. 9, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen ) - internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nach § 32 ZPO bejaht.
18
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes regeln die Vorschriften der §§ 12 ff. ZPO über die örtliche Zuständigkeit mittelbar auch die internationale Zuständigkeit. Diese Vorschriften werden im vorliegenden Streitverhältnis nicht durch die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22. Dezember 2000 (ABl. Nr. L 12 vom 16. Januar 2001, S. 1-23, im Folgenden: EuGVVO) verdrängt, weil die Beklagte ihren Sitz im Sinne des Art. 60 EuGVVO in den Vereinigten Staaten von Amerika, mithin nicht im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates (vgl. Art. 4 Abs. 1 EuGVVO) hat und sie sich auch nicht nach Art. 15 Abs. 2 EuGVVO so behandeln lassen muss, als habe sie ihren Sitz in Deutschland. Ist mithin ein deutsches Gericht örtlich zuständig, indiziert dies regelmäßig seine internationale Zuständigkeit (vgl. BGHZ 44, 46 ff.; Senatsurteil vom 22. November 1994 - XI ZR 45/91, WM 1995, 100, 101).
19
b) Nach dem im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung maßgeblichen Vortrag der Klägerin ist der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung gemäß § 32 ZPO gegeben. Die Klägerin hat eine Haftung der Beklagten aus §§ 826, 830 BGB substantiiert dargelegt. Nach ihrem Vortrag hat S. die Klägerin durch die Vermittlung chancenloser Optionsgeschäfte im Sinne von § 826 BGB vorsätzlich sittenwidrig geschädigt (vgl. unter anderem Senatsurteil vom 22. November 2005 - XI ZR 76/05, WM 2006, 84, 86 f. m.w.N.). Die Beklagte hat sich nach dem Vorbringen der Klägerin an dieser in Deutschland begangenen unerlaub- ten Handlung des S. mit bedingtem Vorsatz zumindest als Gehilfin beteiligt (§ 830 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB), so dass auch für sie die deutsche internationale Zuständigkeit eröffnet ist, weil bei einer Beteiligung Mehrerer an einer unerlaubten Handlung jeder Beteiligte sich die von einem anderen Beteiligten erbrachten Tatbeiträge im Rahmen nicht nur des § 830 BGB, sondern auch des § 32 ZPO zurechnen lassen muss (vgl. jeweils für Mittäterschaft die Senatsurteile vom 6. Februar 1990 - XI ZR 184/88, WM 1990, 462, 463 und vom 22. November 1994 - XI ZR 45/91, WM 1995, 100, 102; allgemein Ellenberger, WM 1999, Sonderbeilage Nr. 2, S. 22).
20
c) Der Geltendmachung des Anspruchs aus unerlaubter Handlung vor einem deutschen Gericht steht die durch die Beklagte erhobene Einrede des Schiedsvertrages nicht entgegen. Die in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Schiedsklausel, auf welche die Beklagte sich hierbei stützt, ist nicht nach § 37h WpHG verbindlich.
21
Nach dieser Vorschrift sind Schiedsvereinbarungen über künftige Rechtsstreitigkeiten aus Wertpapierdienstleistungen, Wertpapiernebendienstleistungen oder Finanztermingeschäften nur verbindlich, wenn beide Vertragsteile Kaufleute oder juristische Personen des öffentlichen Rechts sind. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht § 37h WpHG, der die subjektive Schiedsfähigkeit beschränkt (Assmann/Schneider/Sethe, WpHG, 5. Aufl., § 37h Rn. 11; Fuchs/Jung, WpHG, 1. Aufl., § 37h Rn. 1, 46; KK-WpHG/Hirte, 1. Aufl., § 37h Rn. 1; Reithmann/Martiny/Hausmann, Internationales Vertragsrecht, 7. Aufl., Rn. 6761; Reithmann/Martiny/Mankowski, aaO, Rn. 2541; Zöller/ Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 1029 Rn. 19; jeweils m.w.N.) und damit einen besonderen Ausschnitt der allgemeinen Geschäftsfähigkeit regelt (Fuchs/Jung, aaO, § 37h Rn. 46; Schlosser, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit , 2. Aufl., Rn. 324 ff.; Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfah- ren, 4. Aufl., Rn. 83), vorliegend angewendet. Dabei kann dahinstehen, ob die subjektive Schiedsfähigkeit sich nach dem gemäß Art. 7 Abs. 1 Satz 1 EGBGB zu beurteilenden Personalstatut (so Berger, ZBB 2003, 77, 82; Czernich, New Yorker Schiedsübereinkommen, 1. Aufl., Art. II NYÜ Rn. 41, Art. V NYÜ Rn. 14; Fuchs/Jung, aaO, § 37h Rn. 46; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 6. Aufl., Rn. 3815a f.; Huber, IPRax 2009, 134, 138; KK-WpHG/Hirte, aaO, § 37h Rn. 34; MünchKommZPO/Adolphsen, 3. Aufl., § 1061 Anh. 1 UNÜ Art. II Rn. 30, Art. V Rn. 19; MünchKommZPO/Münch, aaO, § 1029 Rn. 41 f., § 1059 Rn. 10; Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 22. Aufl., Anhang § 1061 Rn. 44, 79 mit Fn. 355; Weihe, Der Schutz der Verbraucher im Recht der Schiedsgerichtsbarkeit , S. 133 f.; Zöller/Geimer, aaO, § 1025 Rn. 15, § 1029 Rn. 19, 23; jeweils m.w.N.) oder nach dem Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Anlegers (so Samtleben, ZBB 2003, 69, 77; Schwark/Zimmer, KMRK, 3. Aufl., § 37h WpHG Rn. 3, 5; in der Tendenz auch Assmann/Schneider/Sethe, aaO, § 37h Rn. 12, 48 f.) bestimmt. Beides führt bei der Klägerin vorliegend zu deutschem Recht.
22
Das Berufungsgericht hat auch zu Recht und von der Revision unangegriffen die Kaufmannseigenschaft der Klägerin verneint, weil die in der Einredesituation für das wirksame Zustandekommen der Schiedsvereinbarung darlegungs - und beweisbelastete Beklagte (vgl. MünchKommZPO/Münch, aaO, § 1032 Rn. 6; Stein/Jonas/Schlosser, aaO, § 1032 Rn. 17; jeweils m.w.N.) keine die Kaufmannseigenschaft der Klägerin begründenden Umstände im Sinne der §§ 1 ff. HGB dargelegt hat.
23
2. Das Berufungsgericht hat weiter zu Recht eine Schadensersatzpflicht der Beklagten wegen Beteiligung an einer durch S. begangenen vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung (§§ 830, 826 BGB) der Klägerin bejaht.
24
a) Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zutreffend und von der Revision nicht angegriffen ausgeführt, dass S. die Klägerin vorsätzlich sittenwidrig geschädigt hat, indem er ihr von vornherein chancenlose Börsentermin- und Optionsgeschäfte vermittelte.
25
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind außerhalb des banküblichen Effektenhandels tätige gewerbliche Vermittler von Terminoptionen verpflichtet, Kaufinteressenten vor Vertragsschluss schriftlich die Kenntnisse zu vermitteln, die sie in die Lage versetzen, den Umfang ihres Verlustrisikos und die Verringerung ihrer Gewinnchance durch den Aufschlag auf die Optionsprämie richtig einzuschätzen (vgl. BGHZ 80, 80 ff.; BGHZ 105, 108, 110 f.; Senat BGHZ 124, 151, 154 ff.; Senatsurteile vom 13. Oktober 1992 - XI ZR 30/92, WM 1992, 1935 ff.; vom 1. Februar 1994 - XI ZR 125/93, WM 1994, 453 f.; vom 17. Mai 1994 - XI ZR 144/93, WM 1994, 1746, 1747; vom 2. Februar 1999 - XI ZR 381/97, WM 1999, 540, 541; vom 16. Oktober 2001 - XI ZR 25/01, WM 2001, 2313, 2314; vom 28. Mai 2002 - XI ZR 150/01, WM 2002, 1445, 1446; vom 1. April 2003 - XI ZR 385/02, WM 2003, 975, 976 f.; vom 21. Oktober 2003 - XI ZR 453/02, ZIP 2003, 2242, 2243; vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 211/03, WM 2005, 27; vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 279/03, WM 2005, 28, 29 und vom 22. November 2005 - XI ZR 76/05, WM 2006, 84, 86).
26
Darauf kommt es vorliegend entgegen den missverständlichen Formulierungen des Berufungsgerichts allerdings nicht entscheidend an. Denn neben der - hier nicht maßgeblichen - Haftung aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen haftet der Vermittler auch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB, wenn sein Geschäftsmodell darauf angelegt ist, für den Anleger chancenlose Geschäfte zum ausschließlich eigenen Vorteil zu vermitteln. Einem solchen Vermittler geht es allein darum, hohe Gewinne zu erzielen, indem er möglichst viele Geschäfte realisiert, die für den Anleger aufgrund über- höhter Gebühren und Aufschläge chancenlos sind. Sein Geschäftsmodell zielt damit von vornherein ganz bewusst darauf ab, uninformierte, leichtgläubige Menschen unter sittenwidriger Ausnutzung ihres Gewinnstrebens und ihres Leichtsinns als Geschäftspartner zu gewinnen und sich auf deren Kosten zu bereichern (vgl. Senatsurteile vom 22. November 2005 - XI ZR 76/05, WM 2006, 84, 87 und vom 2. Februar 1999 - XI ZR 381/97, WM 1999, 540, 541).
27
bb) So liegt der Fall gemäß den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts auch hier. Die von S. verlangten Gebühren brachten das Chancen -Risiko-Verhältnis aus dem Gleichgewicht. Die dadurch verminderte Gewinnchance musste mit zunehmender Anzahl der Optionsgeschäfte, die S. nach seinem Belieben steigern konnte, weiter abnehmen. Sowohl die an die einzelnen Optionskontrakte anknüpfende "Halfturn-Commission" von jeweils 50 USD für den Kauf und für den Verkauf als auch die pauschale Dienstleistungsgebühr von 6% für jeden Einschuss und die darüber hinaus gehende 10%ige Gewinnbeteiligung an einem anfallenden etwaigen Quartalsgewinn machten selbst für den Fall, dass einzelne Geschäfte Gewinn abwarfen, für die Gesamtinvestition jede Chance auf positive Ergebnisse äußerst unwahrscheinlich und ließen den weitgehenden Verlust der eingesetzten Mittel - wie geschehen - so gut wie sicher erscheinen. Damit haftet S. aus § 826 BGB, weil sein Geschäftsmodell von vornherein darauf angelegt war, uninformierte, leichtgläubige Menschen - wie hier die Klägerin - unter sittenwidriger Ausnutzung ihres Gewinnstrebens und ihres Leichtsinns als Geschäftspartner zu gewinnen und sich auf deren Kosten zu bereichern.
28
b) Entgegen der Ansicht der Revision hat die Beklagte zumindest bedingt vorsätzlich Beihilfe zu der unerlaubten Handlung des S. geleistet (§ 830 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB).
29
aa) Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht auch insoweit deutsches Deliktsrecht auf den Streitfall angewendet.
30
(1) Nach Art. 40 Abs. 1 Satz 1 EGBGB, der im Streitfall von der in zeitlicher Hinsicht noch nicht geltenden Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht ("Rom II", ABl. EU Nr. L 199 S. 40-49 vom 31. Juli 2007) nicht verdrängt wird, ist das Recht des Staates anzuwenden , in dem der Ersatzpflichtige gehandelt hat. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hat die Beklagte nicht lediglich in den USA gehandelt, sondern die entscheidenden Teilnahmehandlungen in Deutschland vorgenommen. In den USA fanden nach den Feststellungen des Berufungsgerichts lediglich automatisierte Abläufe des Online-Systems statt. Demgegenüber ist die Beklagte in Deutschland aktiv geworden, indem sie hier ihr Kontoeröffnungsformular über S. der Klägerin hat vorlegen und es sich hier von der Klägerin hat unterschreiben lassen. Hierbei handelte es sich nicht lediglich um eine Vorbereitungshandlung , sondern um einen unverzichtbaren Tatbeitrag, ohne den die Klägerin ihren Anlagebetrag nicht aus dem Inland auf das bei der Beklagten eröffnete Konto überwiesen hätte.
31
(2) Darüber hinaus ist in Fällen der vorliegenden Art, in denen mehrere Beteiligte eine unerlaubte Handlung begehen, nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats für alle Teilnehmer das Recht des Ortes maßgeblich, an dem der Haupttäter - hier S. - gehandelt hat, auch wenn der Teilnehmer an diesem Ort nicht selbst tätig geworden ist (vgl. Senatsurteil vom 6. Februar 1990 - XI ZR 184/88, WM 1990, 462, 463; auch MünchKommEGBGB/Kreuzer, Band 10, 3. Aufl., Art. 38 Rn. 54, 97: einheitliche Beurteilung nach eindeutig feststellbarem Haupttäterstatut; nach Teilnahmeform differenzierend: von Hein, Das Günstigkeitsprinzip im Internationalen Deliktsrecht, S. 278 ff.: bei Mittäter- schaft gesonderte Anknüpfung [aaO S. 281 f.], bei Anstiftung und Beihilfe einheitliche Anknüpfung an das für den Haupttäter maßgebliche Deliktsstatut [aaO S. 282 ff.]).
32
Nach der im Schrifttum vorherrschenden Ansicht ist zwar bei Tatbeteiligung Mehrerer, die in unterschiedlichen Staaten gehandelt haben, zunächst von unterschiedlichen Handlungsorten auszugehen (vgl. Erman/Hohloch, BGB, 12. Aufl., EGBGB Art. 40 Rn. 62; Huber, IPRax 2009, 134, 139; Kropholler, Internationales Privatrecht, 6. Aufl., § 53 IV 3 d; MünchKommEGBGB/Junker, 4. Aufl., Art. 40 Rn. 49; PWW/Schaub, BGB, 4. Aufl., EGBGB Art. 40 Rn. 10; Palandt/Thorn, BGB, 69. Aufl., EGBGB Art. 40 Rn. 4; Staudinger/von Hoffmann, IPR/EGBGB (2001), Art. 40 Rn. 40; Weller, IPRax 2000, 202, 206; Wilhelmi, IPRax 2005, 236, 237). Aber auch nach dieser Ansicht ist in Fällen der vorliegenden Art nach Art. 41 Abs. 1 EGBGB deutsches Recht anzuwenden, weil die den Sachverhalt wesentlich prägende Handlung in Deutschland stattgefunden hat. Überantwortet ein ausländisches Brokerunternehmen durch die von ihm selbst im Wesentlichen vorgegebene vertragliche Konstruktion die Aufklärungs-, Leistungs- und Einstandspflichten gegenüber Anlegern weitgehend auf ein selbstständiges Finanzdienstleistungsunternehmen, das seinen Sitz in einem anderen Staat hat als das Brokerunternehmen, befindet sich der Ort der den Sachverhalt wesentlich prägenden Ausführungshandlungen und damit auch der für das Brokerunternehmen kollisionsrechtlich maßgebliche Handlungsort grundsätzlich in dem Staat, in dem das gegenüber den Anlegern handelnde Finanzdienstleistungsunternehmen seinen Sitz hat. Dieser befand sich im Streitfall in Deutschland.
33
bb) Das Berufungsgericht hat auch die Teilnahme der Beklagten an der unerlaubten Handlung des S. im Ergebnis zu Recht bejaht.
34
(1) Die Voraussetzungen für die Teilnahme an einer unerlaubten Handlung im Sinne von § 830 BGB richten sich nach den für das Strafrecht entwickelten Grundsätzen. Demgemäß verlangt die Teilnahme neben der Kenntnis der Tatumstände wenigstens in groben Zügen den jeweiligen Willen der einzelnen Beteiligten, die Tat gemeinschaftlich mit anderen auszuführen oder sie als fremde Tat zu fördern. In objektiver Hinsicht muss eine Beteiligung an der Ausführung der Tat hinzukommen, die in irgendeiner Form deren Begehung fördert und für diese relevant ist. Für den einzelnen Teilnehmer muss ein Verhalten festgestellt werden können, das den rechtswidrigen Eingriff in ein fremdes Rechtsgut unterstützt hat und das von der Kenntnis der Tatumstände und dem auf die Rechtsgutverletzung gerichteten Willen getragen war (vgl. BGHZ 137, 89, 102 f.; BGH, Urteil vom 13. Juli 2004 - VI ZR 136/03, WM 2004, 1768, 1771).
35
Da sich in Fällen der vorliegenden Art nur ausnahmsweise eine ausdrückliche Vereinbarung der Beteiligten zur Vornahme sittenwidriger Handlungen oder eine ausdrückliche Zusage eines Beteiligten zur Hilfeleistung wird feststellen lassen, ergibt sich die Notwendigkeit, die gesamten Umstände des konkreten Einzelfalles, die möglicherweise auch Grundzüge bestimmter zu missbilligender branchentypischer Handlungsweisen aufzeigen, daraufhin zu untersuchen, ob sich ausreichende Anhaltspunkte für die Beteiligung an einem sittenwidrigen Verhalten ergeben (BGH, Urteil vom 13. Juli 2004 - VI ZR 136/03, WM 2004, 1768, 1771). Ist - wie hier - ein sittenwidriges Verhalten festgestellt , unterliegt die tatrichterliche Würdigung, ein Dritter habe daran mitgewirkt , nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht. Sie kann lediglich darauf überprüft werden, ob die Voraussetzungen für eine Teilnahme verkannt und ob bei der Würdigung der Tatumstände der Streitstoff umfassend , widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denk- und Erfahrungssätze gewürdigt worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 2004 - VI ZR 136/03, WM 2004, 1768, 1771; Senatsurteil vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 211/03, WM 2005, 27).
36
(2) Das Berufungsgericht hat danach ohne Rechtsfehler sowohl die objektiven als auch die subjektiven Merkmale einer nach § 830 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB haftungsrelevanten Teilnahmehandlung bejaht.
37
(a) Die objektiven Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen und von der Revision als Ergebnis tatrichterlicher Würdigung hingenommenen Feststellungen hat die Beklagte über ihr OnlineSystem S. den Zugang zur New Yorker Börse eröffnet, für die Klägerin ein Transaktionskonto eröffnet und die Einzahlung der Klägerin darauf gebucht sowie die von S. berechneten überhöhten Provisionen und Gebühren von diesem Konto an S. abgeführt und damit am Gesamtvorgang fördernd mitgewirkt.
38
(b) Auch die tatrichterliche Bejahung der subjektiven Voraussetzungen für eine haftungsbegründende Teilnahme der Beklagten ist nicht zu beanstanden.
39
(aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haftet gemäß § 826 BGB nicht nur, wer die die Sittenwidrigkeit seines Handelns begründenden Umstände positiv kennt, sondern auch, wer sich dieser Kenntnis bewusst verschließt (BGHZ 129, 136, 175 f.; 176, 281, Tz. 46; BGH, Urteile vom 28. Februar 1989 - XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1048 f. und vom 27. Januar 1994 - I ZR 326/91, ZIP 1994, 789, 792) und etwa seine Berufspflichten in solchem Maße leichtfertig verletzt, dass sein Verhalten als bedenken- und gewissenlos zu bezeichnen ist (BGHZ 176, 281, Tz. 46; BGH, Urteile vom 5. März 1975 - VIII ZR 230/73, WM 1975, 559, 560, vom 24. September 1991 - VI ZR 293/90, WM 1991, 2034, 2035 und vom 14. Mai 1992 - II ZR 299/90, WM 1992, 1184, 1187). Aus der Art und Weise des sittenwidrigen Handelns kann sich die Schlussfolgerung ergeben, dass mit Schädigungsvorsatz gehandelt worden ist (BGHZ 129, 136, 177; 176, 281, Tz. 46). Von vorsätzlichem Handeln ist auszugehen , wenn der Schädiger so leichtfertig gehandelt hat, dass er eine Schädigung des anderen Teils in Kauf genommen haben muss (BGHZ 176, 281, Tz. 46; BGH, Urteile vom 14. April 1986 - II ZR 123/85, WM 1986, 904, 906, vom 28. Februar 1989 - XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1049 und vom 24. September 1991 - VI ZR 293/90, WM 1991, 2034, 2035).
40
Für den Gehilfenvorsatz ist ausreichend, wenn die Hilfeleistung nicht der eigentliche oder einzige Beweggrund für den Helfer ist. Beihilfe kann auch leisten , wer mit der Unterstützung des Täters andere Absichten und Ziele verfolgt, ja es innerlich ablehnt, dem Täter zu helfen (BGHZ 70, 277, 286; BGH, Urteil vom 13. Juli 2004 - VI ZR 136/03, WM 2004, 1768, 1771, jeweils m.w.N.). Nimmt er gleichwohl die Förderung der Tat bewusst in Kauf, dann deckt der so betätigte Ausführungswille diese (BGHZ 70, 277, 286). In Kauf nehmen liegt auch dann vor, wenn man sich mit dem Eintritt eines an sich unerwünschten Erfolges abfindet und es dem Zufall überlässt, ob er eintritt oder nicht (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2001 - VII ZR 305/99, WM 2002, 861, 862 m.w.N.).
41
(bb) Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat das Berufungsgericht eine tragfähige Grundlage für eine haftungsrechtlich relevante Mitwirkungshandlung der Beklagten auch in subjektiver Hinsicht im Ergebnis rechtsfehlerfrei angenommen.
42
(1) Nach den unangegriffenen Feststellungen, die das Berufungsgericht als Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstandender tatrichterlicher Würdigung getroffen hat, kannte die Beklagte bei Begründung ihrer Geschäftsbeziehung mit S. und der damit verbundenen Eröffnung des Zugangs zu ihrem voll- automatisch arbeitenden Online-System nicht nur das deutsche Recht und die einschlägige höchstrichterliche Rechtsprechung in Deutschland, sondern hatte sie auch Kenntnis von den zurückliegenden zahlreichen Missbrauchsfällen. Damit wusste sie, dass für einen gewerblichen Terminoptionsvermittler wie S. aufgrund der hohen Gebühren ein großer Anreiz bestand, seine geschäftliche Überlegenheit zum Schaden der Anleger auszunutzen.
43
Vor diesem Hintergrund hat die Beklagte, indem sie S. den Zugang zu ihrem vollautomatischen Online-System von vornherein ohne geeignete Kontrollmaßnahmen eröffnete, eine als möglich vorgestellte vorsätzlich sittenwidrige Schädigung der Anleger durch S. billigend in Kauf genommen. Dass sie das Geschäftsmodell, das S. - hier mit der Klägerin - praktizierte, nicht positiv kannte , steht der Annahme eines bedingten Vorsatzes der Beklagten nicht entgegen. Die Beklagte hat zumindest so leichtfertig gehandelt, dass sie die als möglich erkannte Schädigung der Klägerin in Kauf genommen haben muss. Die Beklagte , die S. mit der Eröffnung des Zugangs zu ihrem automatischen OnlineSystem die faktische Ausführung der Transaktionen mit Wirkung für die Anleger und deren Anlagegelder ermöglicht hat, hat trotz der ihr bekannten hohen Missbrauchsgefahr nach ihrem eigenen Vorbringen das Geschäftsmodell des S. nicht vorab anhand der von ihm nebst "Preisaushang" vorgehaltenen Vertragsformulare geprüft. Sie hat gegenüber S. im Verrechnungsabkommen deutlich zu erkennen gegeben, keine Kontrolle seines Geschäftsgebarens gegenüber seinen Kunden auszuüben (vgl. Ziffer 6.1 des Verrechnungsabkommens), ihn also nach Belieben "schalten und walten" zu lassen. Indem sie damit die Augen bewusst vor der sich aufdrängenden Erkenntnis einer Sittenwidrigkeit des Geschäftsmodells von S. verschloss und diesem gleichwohl ermöglichte, dieses Geschäftsmodell unkontrolliert zu betreiben, hat sie die Verwirklichung der erkannten Gefahr dem Zufall überlassen und zumindest bedingt vorsätzlich Beihilfe zu der unerlaubten Handlung des S. geleistet. Dies wird auch dadurch belegt, dass sie vertraglich jede Verantwortung für den Missbrauch ihres Online-Systems auf S. abgewälzt hat (vgl. Ziffer 6.3 des Verrechnungsabkommens).
44
Entgegen der Auffassung der Revision musste das Berufungsgericht keine konkreten Ausführungen zum Bewusstsein der Rechtswidrigkeit der Beklagten machen, da sich dieses ohne Weiteres aus den vom Berufungsgericht gewürdigten Indizien - insbesondere auch aus den Regelungen in Ziffer 6 des Verrechnungsabkommens - ergibt.
45
(2) Entgegen der Ansicht der Revision sind die Entscheidungen des Bundesgerichtshofes vom 11. März 2004 (BGHZ 158, 236 - "Internet-Versteigerung" ) und vom 19. April 2007 (BGHZ 170, 119 - "Internet-Versteigerung II"), die sich mit der Haftung des Betreibers einer Internet-Auktionsplattform für Markenrechtsverletzungen durch Anbieter befassen, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, wegen der nicht vergleichbaren Risiken und der unterschiedlich gelagerten Sachverhalte hier nicht einschlägig. Terminoptionsgeschäfte sind bereits ihrem Wesen nach in erheblichem Maße risikobehaftet, weshalb gewerbliche Vermittler von Terminoptionsgeschäften, wie dargelegt, nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht nur besonders strengen Aufklärungspflichten unterliegen, sondern bei Missbrauch ihrer geschäftlichen Möglichkeiten zum Nachteil der Kunden auch nach § 826 BGB wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung haften. Zu diesem allgemeinen geschäftsimmanenten hohen Risiko, das nicht ohne Auswirkungen auf die Prüfpflichten eines Brokerhauses bleiben kann, das - wie die Beklagte - Vermittlern den Zugang zu seinem Online-System eröffnet, kommt hinzu, dass vorliegend S. über das automatisierte Online-System der Beklagten die Möglichkeit hatte, die Transaktions- und Gebührenanweisungen mit Wirkung für die Anleger und deren Transaktionskonto faktisch selbst durchzuführen; damit war S. anders als einem Anbieter auf einer Internet-Auktionsplattform der unmittelbare Zugriff auf die bereits auf das Transaktionskonto eingezahlten Anlagegelder der Anleger eröffnet.
46
(3) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch die von der Beklagten zur Überprüfung der Seriosität von S. ergriffenen Maßnahmen als ungeeignet angesehen. Selbstverständlich muss ein ausländischer Broker - wie die Beklagte - vor Begründung einer Geschäftsbeziehung nach Deutschland zunächst den Inhalt des deutschen Rechts ermitteln und sich vergewissern, dass potenzielle Geschäftspartner - wie S. - die Erlaubnis nach § 32 KWG tatsächlich besitzen und keine aufsichtsrechtlichen Verfahren gegen sie geführt werden. Damit darf sich der Broker jedoch nicht begnügen; vielmehr muss er jedenfalls dann, wenn er - wie oben dargelegt die Beklagte - eine besondere Gefährdungslage schafft, auch prüfen, ob das Geschäftsmodell seines potentiellen Geschäftspartners zivilrechtlich sittenwidrig ist. Das ist nicht schon deswegen ausgeschlossen, weil der Vermittler eine Erlaubnis gemäß § 32 KWG hat und der Aufsicht der BAFin unterliegt (aA OLG Frankfurt, ZIP 2006, 2385, 2387). Die Erteilung der Erlaubnis nach § 32 KWG beruht auf einer Beurteilung der BAFin, die diese anhand der in § 32 Abs. 1 KWG i.V.m. der Verordnung über die Anzeigen und die Vorlage von Unterlagen nach dem Gesetz über das Kreditwesen (Anzeigenverordnung - AnzV, in der hier maßgeblichen Fassung vom 29. Dezember 1997, BGBl. 1997 I, S. 3372) aufgeführten und durch den Antragsteller eingereichten Unterlagen vorgenommen hat. Die Erteilung der Erlaubnis, die damit nur prognostischen Charakter hat, beinhaltet insbesondere keine positive Feststellung der für die Seriosität eines Finanzdienstleistungsinstituts und seines Geschäftsgebarens bedeutsamen persönlichen Zuverlässigkeit des Antragstellers bzw. Inhabers (vgl. § 32 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KWG); das Gesetz geht vielmehr - lediglich bezogen auf den Zeitpunkt der Erlaubniserteilung - vom Vorliegen der Zuverlässigkeit aus (vgl. Fischer in Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 3. Aufl., § 33 Rn. 33; von Goldbeck in Luz/Neus/Scharpf/Schneider/Weber, KWG, 1. Aufl., § 33 Rn. 21; Samm in Beck/Samm/Kockemoor, KWG - Band 2, Stand: 117. Aktualisierung Juni 2006, § 33 Rn. 40, 45; Schwennicke in Schwennicke/Auerbach, KWG, 1. Aufl., § 33 Rn. 34). Die zivilrechtliche Unbedenklichkeit des tatsächlichen Verhaltens des Erlaubnisinhabers gegenüber Kunden im Rahmen seiner Geschäftstätigkeit kann weder der Erlaubnis noch dem Bestehen der Finanzmarktaufsicht entnommen werden.
Wiechers Müller Ellenberger Maihold Matthias
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 29.07.2008 - 8 O 418/07 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 09.03.2009 - I-9 U 171/08 -

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 249/09
Verkündet am:
8. Juli 2010
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Eine grob fahrlässige Unkenntnis des Beratungsfehlers eines Anlageberaters
oder der unrichtigen Auskunft eines Anlagevermittlers ergibt sich nicht schon
allein daraus, dass es der Anleger unterlassen hat, den ihm überreichten
Emissionsprospekt durchzulesen und auf diese Weise die Ratschläge und Auskünfte
des Anlageberaters oder -vermittlers auf ihre Richtigkeit hin zu kontrollieren.
BGH, Urteil vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09 - OLG Köln
LG Köln
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Juli 2010 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Dörr,
Dr. Herrmann, Hucke und Tombrink

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 25. August 2009 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger nimmt den Beklagten unter dem Vorwurf fehlerhafter Anlageberatung auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Empfehlung Auf des Beklagten zeichnete der Kläger am 28. Oktober 1999 über eine Summe von 150.000 DM zuzüglich 5 % Agio (7.500 DM) eine Beteiligung an der C. G. GmbH & Co. Vermietungs KG (Turmcenter F. ), einem geschlossenen Immobilienfonds. Die hierfür benötigten Mittel hatte der Kläger aus dem Verkauf eines von seinem Vater ererbten Hausgrundstücks gewonnen. Der Fonds wurde zum 31. Dezember 1999 nach Vollplatzierung geschlossen. Nach anfänglichen Ausschüttungen geriet der Fonds aufgrund deutlichen Rückgangs der Mieteinnahmen ab dem Jahre 2002 in zunehmende wirtschaftliche Schwierigkeiten. Der Versuch, die im Eigentum des Fonds stehende Büroturm-Immobilie - als wesentlichen Teil des Fondsvermögens - zu veräußern, blieb ohne Erfolg. Auf Antrag der finanzierenden Bank wurde am 4. August 2005 die Zwangsverwaltung des Objekts angeordnet. Die Hauptmieterin kündigte das Mietverhältnis außerordentlich zum 31. Dezember 2005. Am 17. Februar 2006 ordnete das Amtsgericht München die vorläufige Insolvenzverwaltung über das Vermögen der Fondsgesellschaft an.
3
Der Kläger hat seine Schadensersatzforderung unter Einberechnung der Kosten für die Beteiligung an dem Fonds und entgangener anderweitiger Anlagezinsen - nach Abzug ihm verbliebener Ausschüttungen - mit 102.879,46 € beziffert und geltend gemacht, der Beklagte habe seine Pflichten aus dem Anlageberatungsvertrag verletzt, da er ihm mit der Fondsbeteiligung eine Anlage empfohlen habe, die seinem erklärten Anlageziel einer sicheren Altersvorsorge widersprochen habe. Der Beklagte habe ihn nicht auf die spezifischen Risiken dieser Anlage, insbesondere nicht auf das Risiko eines Totalverlusts, hingewiesen , die gebotene Überprüfung der wirtschaftlichen Plausibilität, Seriosität und Tragfähigkeit des Beteiligungsangebots unterlassen und negative Pressestimmen nicht berücksichtigt. Als Fachmann habe der Beklagte erkennen müssen, dass das Beteiligungsangebot auf eine Täuschung der neu eintretenden Anleger abgezielt und von vornherein keine Aussicht auf wirtschaftlichen Erfolg gehabt habe.
4
Der Beklagte ist diesen Vorwürfen entgegengetreten und hat die Einrede der Verjährung erhoben.
5
Das Landgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist im Wesentlichen - bis auf einen geringfügigen Teil der erstinstanzlich zugesprochenen Zinsen - ohne Erfolg geblieben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe


6
Die zulässige Revision des Beklagten ist unbegründet.

I.


7
Das Berufungsgericht (GWR 2010, 93) hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
8
Dem Kläger stehe ein Schadensersatzanspruch wegen Vertragspflichtverletzung des Beklagten zu. Zwischen den Parteien sei ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen. Die ihm hieraus erwachsenen Pflichten habe der Beklagte verletzt, da er keine anlegergerechte - das heißt dem erklärten Anlageziel des Klägers gemäße - Beratung geleistet habe. Der Beklagte habe dem Kläger eine Kapitalanlage empfohlen, die für das Ziel einer Altersvorsorge erkennbar ungeeignet gewesen sei. Die Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds berge das Risiko des Totalverlusts. Nach den zu Grunde zu legenden Feststellungen des Landgerichts habe der Kläger eine Kapitalanlage gewünscht, die gerade auch dem Zweck der Altersversorgung habe dienen sollen. Durch den von ihm zu vertretenden Beratungsfehler habe der Beklagte einen Schaden in der mit der Klage geltend gemachten Höhe herbeigeführt. Ein anrechnungsfähiges Mitverschulden falle dem Kläger nicht zur Last, da er auf den Rat des Beklagten habe vertrauen dürfen. Der Schadensersatzanspruch des Klägers sei auch nicht verjährt. Es sei nicht feststellbar, dass der Kläger vor dem 1. Januar 2004 Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen gehabt oder sich insoweit grob fahrlässig in Unkenntnis befunden habe. Für eine grob fahrlässige Unkenntnis genüge es nicht, dass er den ihm überlassenen Anlageprospekt nicht durchgelesen habe.

II.


9
Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat die Klage zu Recht als begründet angesehen. Der Beklagte schuldet dem Kläger den geforderten Schadensersatz nach den Grundsätzen der Haftung wegen positiver Vertragsverletzung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).
10
1. Die Annahme des Berufungsgerichts, zwischen den Parteien sei - über eine reine Anlagevermittlung hinausgehend - ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen, der den Beklagten zu einer eingehenden anlegergerechten, an den konkreten Anlagezielen des Klägers orientierten Beratung verpflichtet habe, lässt Rechtsfehler nicht erkennen und wird von der Revision auch nicht angegriffen.
11
2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Auffassung des Berufungsgerichts , dass der Beklagte seine Pflichten aus dem Anlageberatungsvertrag verletzt habe, da er keine anlegergerechte - dem erklärten Anlageziel des Klägers gemäße - Beratung geleistet habe.
12
a) Nach den Feststellungen beider Vorinstanzen, die maßgeblich auf die Würdigung der Aussage des erstinstanzlich vernommenen Zeugen R. -H.. E. , des Sohnes des Klägers, gestützt worden sind, hatte der Kläger dem Beklagten im Beratungsgespräch erklärt, dass es ihm neben dem Aspekt der Steuerersparnis gerade auch darum gehe, dass das Kapital "sicher" sei und so angelegt werden solle, dass es für das Alter reiche; der Zweck der Alterssicherung und -vorsorge sei ausdrücklich mitgeteilt worden.
13
Diese Beweiswürdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
14
Soweit der Beklagte einwendet, dass es weitere Gespräche zwischen den Parteien gegeben habe, an denen der Zeuge E. nicht beteiligt gewesen sei, weist die Revisionserwiderung in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht zu Recht darauf hin, dass der Beklagte nicht dargetan hat, dass der Kläger in diesen weiteren Gesprächen von dem bekundeten Anlageziel abgewichen wäre, insbesondere das Ziel einer "sicheren Altersvorsorge" aufgegeben hätte. Dass die Ziele einer einerseits steuersparenden und andererseits zur Altersvorsorge geeigneten, "sicheren" Kapitalanlage in einen Konflikt geraten können - jedoch nicht: geraten "müssen" -, steht der Schlüssigkeit und Widerspruchsfreiheit der Beweiswürdigung nicht entgegen.
15
Auch mit seiner Rüge, das Berufungsgericht habe - ebenso wie schon das Landgericht - fehlerhaft davon abgesehen, ihn selbst zum Inhalt der Beratungsgespräche als Partei zu vernehmen oder anzuhören, vermag der Beklagte nicht durchzudringen. Mangels Zustimmung des Klägers (§ 447 ZPO) kam hier allein eine Parteivernehmung des Beklagten nach § 448 ZPO in Betracht. Diese setzt freilich voraus, dass aufgrund einer schon durchgeführten Beweisaufnahme oder des sonstigen Verhandlungsinhalts bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die durch die Parteivernehmung zu beweisende Tatsache spricht ("Anbeweis"; s. etwa BGHZ 150, 334, 342; BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002 - VII ZR 176/02 - NJW-RR 2003, 1002, 1003 m.w.N.). Hiervon ist das Berufungsgericht nicht ausgegangen, ohne dass ihm dabei ein Rechtsfehler unterlaufen ist.
16
Allerdings kann im Fall der Beweisnot einer Partei eine Parteivernehmung nach § 448 ZPO oder eine Anhörung der Partei nach § 141 ZPO aus dem Gesichtspunkt der prozessualen Waffengleichheit notwendig sein. Der Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit, der Anspruch auf rechtliches Gehör sowie das Recht auf Gewährleistung eines fairen Prozesses und eines wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 103 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 6 Abs. 1 EMRK) erfordern, dass einer Partei, die für ein Vier-Augen-Gespräch - anders als die Gegenpartei - keinen Zeugen hat, Gelegenheit gegeben wird, ihre Darstellung des Gesprächs in den Prozess persönlich einzubringen; zu diesem Zweck ist die Partei gemäß § 448 ZPO zu vernehmen oder gemäß § 141 ZPO persönlich anzuhören (Senat, Urteil vom 12. Juli 2007 - III ZR 83/06 - NJW-RR 2007, 1690, 1691 Rn. 10 sowie Beschlüsse vom 25. September 2003 - III ZR 384/02 - NJW 2003, 3636 und vom 30. September 2004 - III ZR 369/03 - BeckRS 2004, 09779; BGH, Urteile vom 9. Oktober 1997 - IX ZR 269/96 - NJW 1998, 306 f; vom 16. Juli 1998 - I ZR 32/96 - NJW 1999, 363, 364; vom 19. Dezember 2002 aaO; vom 27. September 2005 - XI ZR 216/04 - NJW-RR 2006, 61, 63 und vom 23. April 2008 - XII ZR 195/06 - NJW-RR 2008, 1086, 1087 Rn. 13; BVerfG, NJW 2001, 2531 f; NJW 2008, 2170 f; EGMR, NJW 1995, 1413 f). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Bei dem vom Zeugen E. bekundeten Gespräch handelt es sich nicht um ein Vier-Augen-Gespräch. Der Zeuge E. hat bei dem Beratungsgespräch nicht anstelle des Klägers als dessen Vertreter gehandelt, sondern als weitere Person teilgenommen. Dass er dem Kläger als dessen Sohn nahe steht, rechtfertigt es nicht ohne weiteres, das Gespräch als ein zwischen den Parteien geführtes "Vier-Augen-Gespräch" einzuordnen (s. auch BGH, Urteil vom 23. April 2008 aaO; für den Fall des Gesprächs zwischen einer Prozesspartei und einem "außenstehenden" bzw. "nicht ausschließlich im Lager" der gegnerischen Partei stehenden Zeugen s. BGHZ 150, 334, 341 ff und Senatsbeschluss vom 30. September 2004 aaO). Hinzu kommt, dass sich der Beklagte für seine gegenteilige Behauptung, dass es dem Kläger stets und allein um die Steuerersparnis - als "einzige Richtschnur" - gegangen sei, nicht aber (auch) um eine sichere, zur Altersvorsorge geeignete Kapitalanlage, auf das Zeugnis der Steuerberaterin F. -F. berufen hat; diese Zeugin hat in ihrer Vernehmung vor dem Landgericht freilich bekundet, an den Gesprächen nicht beteiligt gewesen zu sein beziehungsweise sich hieran nicht mehr erinnern zu können. Bei dieser Lage einer - behaupteten - Gesprächsbeteiligung zweier weiterer als Zeugen vernommener Personen fordert der Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit nicht die Anhörung oder Vernehmung derjenigen Partei, zu deren Nachteil die Beweisaufnahme ausgegangen ist. Abgesehen davon ist den Belangen der in Beweisnot geratenen Partei zureichend Genüge getan, wenn diese bei oder nach der Beweisaufnahme (Zeugenvernehmung ) vor Gericht persönlich anwesend war und daher die Möglichkeit hatte, ihre Darstellung vom Verlauf des Gesprächs durch eine Wortmeldung gemäß § 137 Abs. 4 ZPO persönlich vorzutragen oder den Zeugen zu befragen (Senatsbeschlüsse vom 25. September 2003 aaO und vom 30. September 2004 aaO; BGH, Urteil vom 23. April 2008 aaO; BVerfG, NJW 2008, 2170, 2171). Der Beklagte war bei sämtlichen Verhandlungs- und Beweisterminen in beiden Vorinstanzen persönlich anwesend; zum Verhandlungstermin vor dem Berufungsgericht war zudem sein persönliches Erscheinen angeordnet worden. Dafür, dass er daran gehindert gewesen wäre, in diesen Terminen seine Sicht der Gesprächsinhalte zu schildern, ist nichts vorgetragen noch sonst ersichtlich.
17
b) Ausgehend davon, dass der Kläger ausdrücklich - auch - eine "sichere" , zur Altersvorsorge geeignete Kapitalanlage wünschte, hat das Berufungsgericht einen Beratungsfehler des Beklagten zu Recht schon darin gesehen, dass dieser dem Kläger die Anlage in dem hier streitgegenständlichen geschlossenen Immobilienfonds empfohlen hat.
18
Eine solche Empfehlung verletzte die Pflicht zur "anlegergerechten", auf die persönlichen Verhältnisse und Anlageziele des Kunden zugeschnittene Beratung. Soll gemäß dem Anlageziel des Kunden eine sichere Geldanlage getätigt werden, so kann, wie dies der Senat bereits mehrfach ausgesprochen hat, die Empfehlung einer unternehmerischen Beteiligung wegen des damit regelmäßig verbundenen Verlustrisikos schon für sich genommen fehlerhaft sein (Senatsurteile vom 19. Juni 2008 - III ZR 159/07 - BeckRS 2008, 13080 Rn. 6 und vom 19. November 2009 - III ZR 169/08 - BKR 2010, 118, 120 Rn. 21). Zwar ist bei der Beteiligung an einem Immobilienfonds das Risiko eines anteilmäßig hohen Kapitalverlusts meist gering zu veranschlagen; dies gilt insbesondere für das Risiko eines Totalverlusts, da dem Fonds in aller Regel der Sachwert des Immobilienvermögens verbleibt (vgl. dazu BGHZ 167, 239, 249 Rn. 26 sowie BGH, Urteile vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 337/08 - NJW-RR 2010, 115, 116 Rn. 25 und - XI ZR 338/08 - BB 2010, 15, 16 Rn. 28). Gleichwohl handelt es sich hierbei um eine "unternehmerische Beteiligung", die als solche das Risiko birgt, dass das eingesetzte Kapital zumindest zu einem Teil verloren gehen kann. Dieses Risiko hängt in seinem Ausmaß unter anderem von der Eigenkapital -/Fremdkapitalquote, der Entwicklung der Immobilienpreise und Mieteinkünfte und den zu Grunde gelegten Wertansätzen ab. Da die hier empfohlene Fondsanlage - worauf der Beklagte den Kläger unter Bezugnahme auf entsprechende Angaben im Anlageprospekt hingewiesen haben will - sogar (im "Extremfall" ) ein "Totalverlustrisiko" aufwies, durfte diese Beteiligung nicht als praktisch (weitgehend) "risikofrei" und mithin "sichere", zur Altersvorsorge geeignete Kapitalanlage eingeordnet werden. Gegenteiliges hat der Beklagte in den Vorinstanzen auch nicht geltend gemacht.
19
Unter diesen Umständen hätte der Beklagte dem Kläger die hier eingegangene Beteiligung nicht empfehlen dürfen, sondern davon abraten müssen. Dafür, dass der Kläger, etwa unter dem Eindruck entsprechender deutlicher Hinweise des Beklagten, von seinem Anlageziel einer "sicheren", zur Altersvorsorge geeigneten Kapitalanlage abgerückt wäre und sich letztlich bewusst auf eine diesem Anlageziel widersprechende Fondsbeteiligung eingelassen hätte, hat der Beklagte keinen tragfähigen Anhaltspunkt vorgetragen, und ein solcher ist auch im Übrigen nicht ersichtlich.
20
3. Die Kausalität des Beratungsfehlers des Beklagten für die Anlageentscheidung des Klägers und den ihm daraus erwachsenen Schaden hat das Berufungsgericht mit Recht bejaht. Diesen Punkt greift die Revision auch nicht an. Für den Ursachenzusammenhang zwischen einer fehlerhaften Beratung und der Anlageentscheidung spricht eine durch die Lebenserfahrung begründete tatsächliche Vermutung (s. etwa Senatsurteile vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05 - NJW-RR 2006, 685, 687 f Rn. 22 ff; vom 19. Juni 2008 aaO Rn. 8; vom 5. November 2009 aaO S. 351 Rn. 21 und vom 19. November 2009 aaO S. 121 Rn. 26 sowie Senatsbeschluss vom 9. April 2009 - III ZR 89/08 - BeckRS 2009, 11192 Rn. 8 m.w.N.). Diese Vermutung hat der Beklagte nicht zu entkräften vermocht.
21
4. Auch gegen den Umfang des zuerkannten Schadensersatzanspruchs und die Ablehnung eines anrechnungsfähigen Mitverschuldens des Klägers (§ 254 BGB) bringt die Revision nichts vor. Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein Mitverschulden des Anlageinteressenten im Falle eines Schadensersatzanspruchs wegen der Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten nur unter besonderen Umständen zur Anrechnung kommt, weil sich der Anleger regelmäßig auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der ihm erteilten Aufklärung und Beratung verlassen darf (s. dazu BGHZ 100, 117, 125; BGH, Urteile vom 25. November 1981 - IVa ZR 286/80 - NJW 1982, 1095, 1096; vom 26. September 1997 - V ZR 65/96 - NJW-RR 1998, 16 und vom 13. Januar 2004 - XI ZR 355/02 - NJW 2004, 1868, 1870, jeweils m.w.N.).
22
5. Entgegen der Ansicht der Revision greift auch der Einwand der Verjährung (§ 214 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB) nicht durch. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Verjährungsfrist habe nicht vor Ablauf des Jahres 2004 zu laufen begonnen und sei daher durch Zustellung des Mahnbescheids am 13. Februar 2007 gehemmt worden (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB), lässt Rechtsfehler nicht erkennen.
23
a) Der hier in Rede stehende Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung ist im Jahre 1999, nämlich mit dem vom Beklagten empfohlenen Erwerb der Beteiligung an dem geschlossenen Immobilienfonds, entstan- den (§ 198 Satz 1 BGB a.F.) und unterlag mithin zunächst der 30jährigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB a.F.
24
Zwar ist der Eintritt eines Schadens regelmäßig erst dann anzunehmen, wenn es zu einer konkreten Verschlechterung der Vermögenslage des Gläubigers gekommen ist; der Eintritt einer risikobehafteten Situation genügt dafür grundsätzlich nicht (BGHZ 73, 363, 365; 100, 228, 231 f; 124, 27, 30; BGH, Urteil vom 17. Februar 2000 - IX ZR 436/98 - NJW 2000, 1498, 1499). Allerdings kann der auf einer fehlerhaften Beratung beruhende Erwerb einer für den Anlageinteressenten nachteiligen, seinen konkreten Anlagezielen und Vermögensinteressen nicht entsprechenden Kapitalanlage bereits für sich genommen einen Schaden darstellen und ihn deshalb - unabhängig von der Werthaltigkeit der Anlage - dazu berechtigen, im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung des Erwerbs der Anlage zu verlangen; der Schadensersatzanspruch entsteht hierbei schon mit dem (unwiderruflichen und vollzogenen) Erwerb der Kapitalanlage (BGHZ 162, 306, 309 f; BGH, Urteile vom 7. Mai 1991 - IX ZR 188/90 - NJW-RR 1991, 1125, 1127; vom 27. Januar 1994 - IX ZR 195/93 - NJW 1994, 1405, 1407; vom 26. September 1997 - V ZR 29/96 - NJW 1998, 302, 304 und vom 19. Juli 2004 - II ZR 354/02 - NJW-RR 2004, 1407). So liegt es auch hier.
25
b) Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 EGBGB gilt seit dem 1. Januar 2002 für den bis dahin nicht verjährten Schadensersatzanspruch die dreijährige Regelverjährung nach § 195 BGB n.F., wobei für den Fristbeginn zusätzlich die subjektiven Voraussetzungen nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorliegen müssen; der Gläubiger muss von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt haben oder seine diesbezügliche Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruhen (BGHZ 171, 1, 7 ff Rn. 19 ff; 179, 260, 276 Rn. 46; BGH, Urteil vom 9. November 2007 - V ZR 25/07 - NJW 2008, 506 Rn. 8; Senatsurteil vom 19. November 2009 aaO S. 119 Rn. 13). Für eine dahingehende Kenntnis oder grobfahrlässige Unkenntnis des Klägers trägt der Beklagte als Schuldner die Darlegungs- und Beweislast (BGHZ 171, 1, 11 Rn. 32; BGH, Urteil vom 3. Juni 2008 - XI ZR 319/06 - NJW 2008, 2576, 2578 Rn. 25).
26
c) Die Würdigung des Berufungsgerichts, eine grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers von den Anspruchsvoraussetzungen ergebe sich nicht schon daraus, dass dieser es unterlassen hat, den ihm übergebenen Emissionsprospekt durchzulesen und hierbei auf durchgreifende Hinweise auf die fehlende Eignung der Kapitalanlage für seine Anlageziele zu stoßen, hält den Angriffen der Revision stand.
27
aa) Die tatrichterliche Beurteilung, ob einer Partei der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu machen ist, unterliegt der Nachprüfung durch das Revisionsgericht nur dahin, ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt , bei der Beurteilung des Verschuldensgrades wesentliche Umstände außer Betracht gelassen oder gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verstoßen hat (st. Rspr.; s. nur BGHZ 10, 14, 16 f; 10, 69, 74; 145, 337, 340; 163, 351, 353; BGH, Urteile vom 23. September 2008 - XI ZR 262/07 - NJW-RR 2009, 547 Rn. 17 m.w.N. und vom 10. November 2009 - VI ZR 247/08 - VersR 2010, 214, 215 Rn. 12 m.w.N.).
28
Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schwerwiegenden und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen, wie etwa dann, wenn sich dem Gläubiger die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben und er leicht zugängliche Informationsquellen nicht genutzt hat (s. BGH, Urteile vom 23. September 2008 aaO Rn. 16 und vom 10. November 2009 aaO Rn. 13 m.w.N.; Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/6040, S. 108 unter anderem mit Hinweis auf BGHZ 10, 14, 16 und 89, 153, 161; Palandt/Ellenberger, BGB, 69. Aufl., § 199 Rn. 36; MünchKommBGB/ Grothe, 5. Aufl., § 199 Rn. 28; Henrich/Spindler, in: Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl., § 199 Rn. 19 f). Dem Gläubiger muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung, eine schwere Form von "Verschulden gegen sich selbst", vorgeworfen werden können (BGH, Urteil vom 10. November 2009 aaO m.w.N.; Grothe aaO). Ihn trifft generell keine Obliegenheit, im Interesse des Schuldners an einem möglichst frühzeitigen Beginn der Verjährungsfrist Nachforschungen zu betreiben; vielmehr muss das Unterlassen von Ermittlungen nach Lage des Falles als geradezu unverständlich erscheinen, um ein grob fahrlässiges Verschulden des Gläubigers bejahen zu können (s. BGH, Urteil vom 10. November 2009 aaO S. 216 Rn. 15 f m.w.N.; s. auch Grothe aaO).
29
bb) Nach diesen Maßgaben ist die Auffassung des Berufungsgerichts, der Umstand, dass der Anlageinteressent den ihm überlassenen Emissionsprospekt nicht durchgelesen hat, genüge für sich allein noch nicht, um die grob fahrlässige Unkenntnis von einem Beratungsfehler zu begründen, nicht zu beanstanden.
30
Diese Frage wird in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte allerdings nicht einheitlich beantwortet. Eine Reihe von Oberlandesgerichten hält es für einen den Vorwurf grober Fahrlässigkeit rechtfertigenden schweren Verstoß gegen die Gebote des eigenen Interesses des Anlageinteressenten, wenn er es im Zusammenhang mit einer bedeutsamen Investitionsentscheidung unterlässt, den ihm von einem Anlageberater oder einem Anlagevermittler zur Verfügung gestellten Anlageprospekt durchzulesen, und aus diesem Grunde nicht bemerkt , dass er falsch beraten oder ihm eine unrichtige Auskunft erteilt worden ist (so OLG Frankfurt am Main, OLGR 2008, 880, 881 f und Beschluss vom 20. September 2007 - 14 W 75/07 - juris Rn. 5; OLG Düsseldorf, Teilurteil vom 18. April 2008 - I-16 U 275/06 - juris Rn. 58 ff; OLG Köln, Beschluss vom 22. Oktober 2008 - 13 U 10/08 - juris Rn. 7 f; Brandenburgisches OLG, Urteile vom 19. Februar 2009 - 12 U 140/08 - juris Rn. 26 ff und vom 30. April 2009 - 12 U 225/08 - juris Rn. 24; OLG Celle, OLGR 2009, 121) Dabei wird teilweise grob fahrlässige Unkenntnis selbst für den Fall bejaht, dass der Prospekt erst bei oder sogar kurz nach der Zeichnung übergeben worden ist (OLG Köln aaO; Brandenburgisches OLG aaO), teilweise nur für den Fall, dass der Prospekt ausreichende Zeit vor dem abschließenden Beratungsgespräch vorgelegen hat (OLG Celle aaO). Die Gegenansicht verweist demgegenüber darauf, dass der Anlageinteressent regelmäßig auf die Richtigkeit und Ordnungsmäßigkeit der ihm erteilten Anlageberatung vertrauen und ihm eine unterbliebene "Kontrolle" dieser Beratung durch Lektüre des Prospekts deshalb nicht ohne weiteres als grobe Fahrlässigkeit vorgehalten werden dürfe (s. OLG München, Urteil vom 6. September 2006 - 20 U 2694/06 - juris Rn. 63; OLG Hamm, Urteile vom 20. November 2007 - 4 U 98/07 - juris Rn. 49 und vom 26. November 2009 - I-4 U 224/08 - juris Rn. 50).
31
Der erkennende Senat hält die letzterwähnte Ansicht für zutreffend.
32
Zwar kommt dem Anlageprospekt in aller Regel eine große Bedeutung für die Information des Anlageinteressenten über die ihm empfohlene Kapitalanlage zu. Sofern der Prospekt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln, und er dem Anleger rechtzeitig vor Vertragsschluss überlassen worden ist, kann die Aushändigung eines Prospekts im Einzelfall ausreichen, um den Beratungs- und Auskunftspflichten Genüge zu tun (s. etwa Senat, Versäumnisurteil vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06 - NJW-RR 2007, 621, 622 Rn. 17 sowie Urteile vom 12. Juli 2007 - III ZR 145/06 - NJWRR 2007, 1692 Rn. 9; vom 19. Juni 2008 aaO Rn. 7; vom 5. März 2009 - III ZR 302/07 - NJW-RR 2009, 687, 688 Rn. 17; vom 5. März 2009 - III ZR 17/08 - WM 2009, 739, 740 Rn. 12 und vom 19. November 2009 aaO S. 120 Rn. 24 m.w.N.; s. auch BGH, Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 310/03 - NJW 2005, 1784, 1787 f). Es liegt daher zweifellos im besonderen Interesse des Anlegers, diesen Prospekt eingehend durchzulesen.
33
Andererseits misst der Anleger, der bei seiner Anlageentscheidung die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse eines Anlageberaters oder Anlagevermittlers in Anspruch nimmt, den Ratschlägen, Auskünften und Mitteilungen des Anlageberaters oder -vermittlers, die dieser ihm in einem persönlichen Gespräch unterbreitet, besonderes Gewicht bei. Die Prospektangaben, die notwendig allgemein gehalten sind und deren Detailfülle, angereichert mit volks-, betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Fachausdrücken, viele Anleger von einer näheren Lektüre abhält, treten demgegenüber regelmäßig in den Hintergrund. Vertraut daher der Anleger auf den Rat und die Angaben "seines" Beraters oder Vermittlers und sieht er deshalb davon ab, den ihm übergebenen Anlageprospekt durchzusehen und auszuwerten, so ist darin im Allgemeinen kein in subjektiver und objektiver Hinsicht "grobes Verschulden gegen sich selbst" zu sehen. Unterlässt der Anleger eine "Kontrolle" des Beraters oder Vermittlers durch Lektüre des Anlageprospekts, so weist dies auf das bestehende Vertrauensverhältnis zurück und ist daher für sich allein genommen nicht schlechthin "unverständlich" oder "unentschuldbar".
34
Eine andere Betrachtungsweise stünde zum einen in einem Wertungswiderspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Frage des anspruchsmindernden Mitverschuldens (siehe oben 4.). Zum anderen würde sie den Anleger unangemessen benachteiligen und seinen Schadensersatzanspruch oftmals leer laufen lassen. Denn die Risiken und Nachteile einer Kapitalanlage wirken sich vielfach erst einige Jahre nach dem Erwerb finanziell spürbar aus (Reduzierung oder gar Wegfall von Ausschüttungen etc.). Fiele dem Anleger bereits die unterbliebene Lektüre des Anlageprospekts als grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB zur Last, so wäre sein Schadensersatzanspruch häufig schon verjährt, bevor sich die Risiken oder Nachteile der Kapitalanlage für ihn "bemerkbar" machen und er sich daher veranlasst sieht, die Richtigkeit der ihm von einem Anlageberater oder -vermittler gegebenen Empfehlungen und Auskünfte zu hinterfragen.
35
cc) Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, auch nach der Zeichnung der Anlage habe sich in der Zeit bis zum 1. Januar 2004 kein dringender , den Vorwurf der grob fahrlässigen Unkenntnis rechtfertigender Anlass für die Lektüre des Emissionsprospekts ergeben, ist revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.
Schlick Dörr Herrmann
Hucke Tombrink
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 11.09.2008 - 29 O 102/07 -
OLG Köln, Entscheidung vom 25.08.2009 - 24 U 154/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 259/03 Verkündet am:
28. September 2004
Weber,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Die allgemeine Berufserfahrung eines Rechtsanwalts und Notars reicht zur Verneinung
seiner Aufklärungsbedürftigkeit in bezug auf Börsentermingeschäfte nicht
aus.
BGH, Urteil vom 28. September 2004 - XI ZR 259/03 - OLG Schleswig
LG Kiel
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. September 2004 durch den Vorsitzenden Richter
Nobbe und die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Appl und
Dr. Ellenberger

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 19. Juni 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger, ein Rechtsanwalt und Notar, nimmt die beklagte Bank wegen verlustreicher Optionsgeschäfte an der Deutschen Terminbörse auf Schadensersatz und Bereicherungsausgleich in Anspruch.
Die Parteien führten am 30. September 1997 ein Ber atungsgespräch , dessen Inhalt streitig ist. Am selben Tag unterzeichnete der Kläger ein Informationsblatt der Beklagten über "Wichtige Informationen
über Verlustrisiken bei Börsentermingeschäften" sowie eine "Selbstauskunft und Vermögensanalyse für den Abschluß von Börsentermingeschäften". Darin sind als geplante Geschäftsarten der Kauf und Verkauf von Kauf- und Verkaufsoptionen (Calls, Puts) sowie von Optionskombinationen angegeben. Zwischen den Parteien ist streitig, ob im Zeitpunkt der Unterzeichnung bereits eine zehnjährige Anlageerfahrung des Klägers mit festverzinslichen Wertpapieren, Aktien, Optionsscheinen, Optionen und sonstigen Termingeschäften eingetragen und ob das Immobilienvermögen des Klägers mit 1,4 Millionen DM, sein liquides Nettovermögen mit 200.000 DM und sein Bruttojahreseinkommen mit 400.000 DM angegeben waren. Die Beklagte händigte dem Kläger die Broschüre "Basisinformationen über Börsentermingeschäfte" aus.
In der Folgezeit tätigte die Beklagte für den Kläg er verschiedene Optionsgeschäfte, die anfangs zu Gewinnen, später auch zu Verlusten führten. Am 1. Juli 1998 verkaufte sie für ihn zehn V.-Put-Optionen mit Basispreis 115 DM und Verfalltag 5. August 1998, am 23. Juli 1998 zehn DAX-Put-Optionen mit Basispreis 5.800 DM und Verfalltag 21. August 1998 und am 24. Juli 1998 zehn DAX-Put-Optionen mit Basispreis 5.700 DM und Verfalltag 21. August 1998. Diese Geschäfte führten infolge fallender Kurse zu Verlusten in Höhe von 7.300 DM, 40.680 DM und 40.526 DM.
Der Kläger macht geltend, die Beklagte habe Aufklä rungs-, Beratungs - und weitere Vertragspflichten bei der Durchführung der Optionsgeschäfte verletzt. Außerdem seien die Geschäfte unverbindlich, weil er nicht börsentermingeschäftsfähig sei. Seine zuletzt auf Zahlung von 45.252,40 € nebst Zinsen gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen erfolg-
los geblieben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet.

I.


Das Berufungsgericht hat Bereicherungs- und Schade nsersatzansprüche des Klägers verneint und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt :
Dem Kläger stehe kein Bereicherungsanspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zu. Die Optionsgeschäfte seien verbindlich, weil der Kläger durch die Unterzeichnung einer Unterrichtungsschrift im Sinne des § 53 Abs. 2 BörsG a.F. die Börsentermingeschäftsfähigkeit erlangt habe. Ob er den Inhalt der Schrift zur Kenntnis genommen habe, sei unerheblich.
Die Beklagte schulde keinen Schadensersatz wegen V erschuldens bei Vertragsverhandlungen bzw. positiver Vertragsverletzung aufgrund unzureichender Aufklärung über die Risiken der Optionsgeschäfte. Zweifelhaft sei bereits, ob der Kläger aufklärungsbedürftig gewesen sei. Er sei ein berufserfahrener Rechtsanwalt und Notar und habe zur Aufklärung jedenfalls die Broschüre "Basisinformationen über Börsenterminge-
schäfte" erhalten. Zudem habe er gegenüber der Beklagten den Eindruck erweckt, er lege auf eine gründliche Aufklärung keinen Wert. Nach seinem eigenen Vortrag habe er sich auf ein nur 30-minütiges Beratungsgespräch eingelassen, das lediglich zur Hälfte den Optionsgeschäften und im übrigen privaten Themen gewidmet worden sei, und das er mit Blankounterschriften auf den ihm vorgelegten Urkunden beendet habe. Angesichts dieses Verhaltens habe er nicht erwarten dürfen, von der Beklagten als aufklärungsbedürftig angesehen zu werden.
Der Mitarbeiter der Beklagten, der die Optionsgesc häfte durchgeführt habe, habe dabei keine Pflichten verletzt. Er habe den Rahmen der getroffenen Vereinbarungen nicht überschritten. Das mit dem Verkauf der Optionen eingegangene Risiko sei, wie die folgenden Schwankungen des DAX belegten, nicht unvertretbar gewesen. Der Kläger selbst habe sich in einem Gespräch in der letzten Juliwoche auf Anraten des Mitarbeiters der Beklagten entschlossen, die Geschäfte nicht glattzustellen, sondern zu halten. Die Beklagte sei auch nicht verpflichtet gewesen, ungeachtet der Aussicht auf eine Erholung des DAX die Geschäfte jedenfalls bei einem Verlust von 10.000 DM glattzustellen. Die Schmerzgrenze des Klägers habe angesichts seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse deutlich höher gelegen.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand.
1. Rechtsfehlerfrei ist allerdings die Auffassung des Berufungsgerichts , dem Kläger stehe kein Bereicherungsanspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zu. Die im Juli 1998 getätigten Optionsgeschäfte sind verbindlich, weil der Kläger für ihren Abschluß nach Unterzeichnung der Unterrichtungsschrift der Beklagten am 30. September 1997 als börsentermingeschäftsfähig anzusehen ist (§ 53 Abs. 2 BörsG a.F.). Die Informationsschrift entspricht im wesentlichen der von den Spitzenverbänden der Kreditwirtschaft entwickelten (WM 1989, 1193 ff.; vgl. hierzu Senat BGHZ 133, 82, 85 und Urteil vom 14. Februar 1995 - XI ZR 218/93, WM 1995, 658) und genügt inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen. Ob der Kläger die Schrift verstanden oder auch nur gelesen hat, ist in diesem Zusammenhang unerheblich (vgl. Senat BGHZ 133, 82, 87; Ellenberger, WM 1999 Sonderbeilage 2, S. 8).
2. Rechtlich nicht zu beanstanden ist ferner die B egründung, mit der das Berufungsgericht Schadensersatzansprüche wegen Pflichtverletzungen bei der Durchführung der Optionsgeschäfte verneint hat.
Die Beklagte hat sich nicht durch einen entgeltlic hen Vermögensverwaltungsvertrag zur Einhaltung bestimmter Anlagerichtlinien (vgl. Senat BGHZ 137, 69, 73) verpflichtet. Daß sie im Rahmen des zwischen den Parteien bestehenden Kommissionsvertrages beim Abschluß der streitgegenständlichen Optionsgeschäfte weisungswidrig gehandelt hätte und ein zu hohes Risiko eingegangen wäre, hat der Kläger in den Tatsacheninstanzen nicht substantiiert vorgetragen. Die Revision macht dies auch nicht geltend.
Die Beklagte hat auch nicht ihre nach dem Vortrag des Klägers gegebene Zusage verletzt, das Risiko ggf. durch die Glattstellung der Geschäfte bzw. den Aufbau von Gegenpositionen gering zu halten, falls Verluste eintreten sollten. Da diese Zusage nicht näher konkretisiert worden ist, lag die Entscheidung, wann einzuschreiten sei, im Ermessen der Beklagten. Ihr kann nicht vorgeworfen werden, dieses Ermessen nicht pflichtgemäß im Interesse des Klägers ausgeübt zu haben. Sie war, anders als die Revision meint, nicht verpflichtet, spätestens bei Verlusten in Höhe von 10.000 DM einzuschreiten. Die Parteien haben eine solche "stop-loss-Marke" nicht ausdrücklich vereinbart. Sie ergibt sich auch nicht etwa aus dem Kundenprofil des Klägers, der über ein überdurchschnittliches Einkommen und Vermögen verfügte, oder den Gesamtumständen der Optionsgeschäfte. Da der Kläger auch nicht dargelegt hat, daß im Juli und August 1998 keine realistische Aussicht auf eine Erholung des DAX bestand, kann die Entscheidung der Beklagten, die Geschäfte zu halten, nicht aber mit Verlust glattzustellen oder Gegenpositionen aufzubauen, nicht als Pflichtverletzung angesehen werden.
3. Hingegen begegnet die Begründung, mit der das B erufungsgericht Schadensersatzansprüche wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen bzw. positiver Vertragsverletzung aufgrund unzureichender Aufklärung über die Eigenart und Risiken der Optionsgeschäfte abgelehnt hat, rechtlichen Bedenken. Nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Vortrag des Klägers kann seine Aufklärungsbedürftigkeit nicht verneint werden.

a) Nicht aufklärungsbedürftig sind Kunden, die übe r ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen mit den beabsichtigten Geschäften verfügen
oder sich, nicht ersichtlich unglaubwürdig, als erfahren gerieren und eine Aufklärung nicht wünschen (Senat, Urteile vom 14. Mai 1996 - XI ZR 188/95, WM 1996, 1214, 1216, vom 24. September 1996 - XI ZR 244/95, WM 1997, 309, 311 und vom 21. Oktober 2003 - XI ZR 453/02, ZIP 2003, 2242, 2244).

b) Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.
aa) Den Feststellungen des Berufungsgerichts und d em Vortrag des Klägers ist nicht zu entnehmen, daß er über ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen mit Optionsgeschäften verfügte. Insbesondere ist nicht ersichtlich, daß er durch seine Tätigkeit als Rechtsanwalt und Notar tatsächlich Kenntnisse und Erfahrungen mit Optionsgeschäften erworben hat. Seine allgemeine Berufserfahrung und seine Fähigkeit, im Rahmen eines Mandats nach entsprechender Einarbeitung andere über die Eigenart und Risiken von Optionsgeschäften aufzuklären, reicht - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - zur Verneinung seiner Aufklärungsbedürftigkeit nicht aus (vgl. zur Aufklärungsbedürftigkeit eines Versicherungs - und Immobilienfinanzierungsmaklers bzw. eines Wirtschaftsprüfers in bezug auf Börsentermingeschäfte: Senat, Urteile vom 24. September 1996 - XI ZR 244/95, WM 1997, 309, 311 und vom 21. Oktober 2003 - XI ZR 453/02, ZIP 2003, 2242, 2244 f. und zur Aufklärungsbedürftigkeit eines Rechtsanwalts in bezug auf steuerbegünstigte Kapitalanlagemodelle: BGH, Urteil vom 9. Oktober 1989 - II ZR 257/88, WM 1990, 145, 147).
Die Aushändigung der Broschüre "Basisinformationen über Börsentermingeschäfte" , auf die das Berufungsgericht in diesem Zusam-
menhang zu Unrecht verweist, ließ die Aufklärungsbedürftigkeit ebenfalls nicht entfallen. Die Übergabe von Informationsmaterial ist nicht für die Beurteilung der Aufklärungsbedürftigkeit des Anlegers, sondern für die Erfüllung der Aufklärungspflicht von Bedeutung. Hierfür reicht aber die bloße Überlassung der Broschüre "Basisinformationen über Börsentermingeschäfte" , die verschiedene Arten von Termingeschäften behandelt und aus der sich ein Anleger die Informationen, die die von ihm beabsichtigten Geschäfte betreffen, erst heraussuchen müßte, nicht aus (vgl. Senat, Urteile vom 14. Mai 1996 - XI ZR 188/95, WM 1996, 1214, 1215 und vom 24. September 1996 - XI ZR 244/95, WM 1997, 309, 310 f.). Aus dem Beschluß des Senats vom 24. November 1998 (XI ZR 113/98, WM 1999, 15) ergibt sich nichts Gegenteiliges, weil der Anleger dort zusätzlich auf die Gefahr eines Totalverlustes hingewiesen worden war und das mit den Termingeschäften verbundene Risiko kannte.
bb) Der Kläger hat sich nach seinem eigenen Vorbri ngen auch nicht als erfahren geriert. Er bestreitet, in der "Selbstauskunft und Vermögensanalyse für den Abschluß von Börsentermingeschäften" eine zehnjährige Erfahrung in Termingeschäften angegeben zu haben. Das Berufungsgericht hat dies nicht festgestellt. Daß der Kläger diese Urkunde blanko unterschrieben haben will, bedeutet lediglich, daß er auf die korrekte Ausfüllung durch die Beklagte vertraute. Dies rechtfertigt es, anders als das Berufungsgericht meint, nicht, ihn nicht mehr als aufklärungsbedürftig anzusehen. Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil der Kläger sich nach seinem Vortrag auf ein Beratungsgespräch eingelassen hat, das wegen Zeitnot nur 30 Minuten dauerte und zur Hälfte privaten Themen gewidmet war. Der Kläger konn-
te erwarten, daß die Beklagte ihm von sich aus die erforderliche Aufklärung erteilte.

III.


Das angefochtene Urteil war aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, war sie an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses wird die angebotenen Beweise zu den Behauptungen des Klägers, er habe der Beklagten nicht erklärt, über Anlageerfahrungen von 10 Jahren unter anderem in Optionen und Termingeschäften zu verfügen, sondern die von der Beklagten später unrichtig ausgefüllte Selbstauskunft blanko unterzeichnet , sowie gegebenenfalls dazu, die Beklagte habe ihn nicht ausreichend über Eigenart und Risiken der Optionsgeschäfte aufgeklärt, zu erheben haben.
Falls eine für die Anlageentscheidung kausale Aufk lärungspflichtverletzung festgestellt werden sollte, wird bei der Berechnung der Schadenshöhe davon auszugehen sein, daß der Kläger bei sachgerechter
Aufklärung am 30. September 1997 alle in der Folgezeit getätigten Optionsgeschäfte nicht abgeschlossen und sämtliche Gewinne und Verluste aus diesen Geschäften nicht erzielt hätte.
Nobbe Müller Joeres
Appl Ellenberger

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 221/10 Verkündet am:
20. Mai 2011
Langendörfer-Kunz,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wird in einem notariellen Grundstückskaufvertrag die Kaufpreiszahlung bestätigt,
obwohl sie erst nach der Beurkundung erfolgen soll, stellt die Bestätigung eine
Vorausquittung dar. Diese hat für sich genommen weder die Nichtigkeit als Scheingeschäft
noch die Formnichtigkeit des Vertrags zur Folge.
BGH, Urteil vom 20. Mai 2011 - V ZR 221/10 - KG Berlin
LG Berlin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Mai 2011 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richterin Dr. Stresemann, den
Richter Dr. Roth und die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 19. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 23. September 2010 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Mit notariellem Vertrag vom 27. Oktober 2005 verkaufte der Kläger an die Beklagte ein Grundstück zum Preis von 30.000 € und bewilligte die Eintra- gung einer Auflassungsvormerkung. Nr. III.2. des Vertrags lautet: "Der gesamte Kaufpreis ist bereits gezahlt." Die Auflassungsvormerkung wurde eingetragen. Im Übrigen ist der Vertrag nicht vollzogen worden. Der Kläger hat behauptet, er habe die Zahlung im Voraus bestätigt. In Wahrheit habe die Beklagte nicht gezahlt.
2
Das Landgericht hat der auf Feststellung der Nichtigkeit des Kaufvertrags und Löschung der Auflassungsvormerkung gerichteten Klage nach Beweisaufnahme stattgegeben. Das Kammergericht hat die Klage abgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der von diesem Gericht zugelassenen Revision. Er erstrebt die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils mit der Maßgabe, dass die Beklagte aus dem Kaufvertrag keine Rechte herleiten darf.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Das Berufungsgericht meint, der Kaufvertrag sei wirksam. Dabei könne unterstellt werden, dass die Zahlung tatsächlich nicht erfolgt sei. Die unrichtige Zahlungsbestätigung sei weder ein Scheingeschäft noch habe sie die Formnichtigkeit des Vertrags zur Folge. Der Beurkundungszwang erstrecke sich nämlich nicht auf eine Zahlungsbestätigung.

II.

4
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand. Dabei ist in der Revisionsinstanz als für den Kläger günstig zu unterstellen, dass die beurkundete Zahlungsbestätigung tatsächlich unrichtig und der Kaufpreis bei der Beurkundung nicht gezahlt worden war.
5
1. Die unrichtige Zahlungsbestätigung führt nicht zur Nichtigkeit des Kaufvertrags; davon geht auch die Revision zutreffend aus.
6
a) Zu Recht legt das Berufungsgericht zugrunde, dass die Voraussetzungen eines Scheingeschäfts nicht dargelegt sind. Ein Vertrag ist nur dann nach § 117 Abs. 1 BGB nichtig, wenn das Vereinbarte nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien keine Geltung haben soll (Senat, Urteil vom 5. Juli 2002 - V ZR 229/01, DNotZ 2003, 123, 124 mwN). Die Vertragsurkunde gibt die zwischen den Parteien vereinbarten Pflichten zur Kaufpreiszahlung einerseits und zur Übertragung des Grundstücks andererseits zutreffend wieder. Nach dem Vortrag des Klägers wollten beide Parteien diese Rechtsfolgen herbeiführen , auch wenn der Kaufpreis tatsächlich erst im Anschluss an die Beurkundung gezahlt werden sollte.
7
b) Ebenso wenig ist der Vertrag gemäß § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 125 Satz 1 BGB formnichtig. Die Frage nach der Beurkundungspflichtigkeit einer Zahlungsbestätigung, die das Berufungsgericht zur Zulassung der Revision veranlasst hat, stellt sich nicht. Nicht jede bewusst unrichtige Beurkundung führt zu einer Nichtigkeit wegen Formmangels (missverständlich insoweit Palandt /Grüneberg, BGB, 70. Aufl., § 311b Rn. 36). Entscheidend ist, ob die der Beurkundungspflicht unterliegenden Vereinbarungen beurkundet worden sind. Daran fehlt es beispielsweise, wenn der vereinbarte Kaufpreis bewusst falsch beurkundet wird (Senat, Urteil vom 15. Mai 1970 - V ZR 20/68, BGHZ 54, 56, 62 f.; Urteil vom 11. November 1983 - V ZR 211/82, BGHZ 89, 41, 43). Hier ist dagegen die (unwahre) Zahlungsbestätigung notariell beurkundet worden. Nicht beurkundet worden ist lediglich der (wahre) Umstand, dass der vereinbarte Kaufpreis nicht gezahlt war. Dabei handelt es sich nicht um einen Teil der Vereinbarung , sondern um eine negative Tatsache, auf die sich die Beurkundungspflicht ohne Zweifel nicht erstreckt.
8
2. Ohne Erfolg bleibt die Revision, soweit sie einen Anspruch auf Rückgängigmachung des Kaufvertrags nunmehr aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 249 Abs. 1 BGB herleiten will.
9
a) Obwohl ein solcher Anspruch in den Tatsacheninstanzen nicht geltend gemacht worden ist, handelt es sich entgegen der in der mündlichen Verhand- lung vor dem Senat seitens der Beklagten vertretenen Auffassung nicht um eine in der Revisionsinstanz unzulässige Klageänderung. Der Streitgegenstand ist gleich. Er wird durch den Klageantrag und den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (vgl. nur BGH, Urteil vom 3. April 2003 - I ZR 1/01, BGHZ 154, 342, 347 f.; Urteil vom 19. November 2003 - VIII ZR 60/03, BGHZ 157, 47, 50 ff. jeweils mwN). Der in den Vorinstanzen auf Feststellung der Nichtigkeit des Kaufvertrags gerichtete Antrag des Klägers umfasst als Minus die Feststellung, dass die Beklagte aus dem Vertrag keine Rechte mehr herleiten kann. Beide Ansprüche beruhen auch auf einem einheitlichen Lebenssachverhalt. Maßgeblich ist insoweit, dass das zugrunde liegende tatsächliche Geschehen bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden Betrachtungsweise zusammengehört (Senat, Urteil vom 11. November 1994 - V ZR 46/93, NJW 1995, 967, 968 mwN). Das ist der Fall. Der Kläger hat sein Klagebegehren in den Vorinstanzen darauf gestützt , dass er zu der Zahlungsbestätigung durch Täuschung bewogen worden ist. Auch wenn er damit in erster Linie den Zweck verfolgt hat, seine Motivation für die Abgabe einer Vorausquittung plausibel zu erklären, wäre eine rechtliche Aufteilung in unterschiedliche Sachverhalte aus Sicht der Parteien nicht nachvollziehbar.
10
b) Der Kläger hat jedoch einen Anspruch auf Rückgängigmachung des Vertrags und Löschung der Auflassungsvormerkung wegen der Verletzung vorvertraglicher Pflichten nicht substantiiert dargelegt.
11
aa) Voraussetzung für einen solchen Anspruch ist ein Vermögensschaden des Klägers (vgl. nur Senat, Urteil vom 26. September 1997 - V ZR 29/96, NJW 1998, 302, 303 f. mwN). Insoweit stützt sich die Revision auf die Überlegung , der Kläger sei durch die Täuschung der Beklagten über deren Zahlungsabsicht zu der Beurkundung der Zahlungsbestätigung verleitet worden und ha- be sich deshalb zu der Übertragung des Grundstücks "ohne weitere Gegenleistung" verpflichtet. Diese Argumentation verkennt, dass der Kaufvertrag eine Pflicht der Beklagten zur Zahlung des Kaufpreises begründete. Die Zahlungsbestätigung stellt - wie das Berufungsgericht insoweit zu Recht ausgeführt hat - nur eine Quittung dar, mit der der Empfang der Leistung bestätigt wird. Als Erklärung über eine Tatsache hat sie keine rechtsgeschäftliche Bedeutung und unterliegt der freien Beweiswürdigung (vgl. nur Senat, Urteil vom 14. April 1978 - V ZR 10/77, WM 1978, 849). Handelte es sich um eine Vorausquittung und kann der Kläger dies nachweisen, besteht sein Anspruch auf Kaufpreiszahlung weiterhin. Sollte die Beklagte ihren Zahlungspflichten nicht nachkommen, stehen dem Kläger die im Gesetz vorgesehenen Leistungsstörungsrechte offen. Ausreichend für die Annahme eines Vermögensschadens des Klägers ist aber die Vermögensgefährdung infolge der mit der Zahlungsbestätigung einhergehenden Verschlechterung seiner Beweissituation, nachdem nur in diesem Verfahren revisionsrechtlich zu unterstellen ist, dass keine Zahlung erfolgt ist.
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bb) Es fehlt aber an der Darlegung einer für diesen Vermögensschaden ursächlichen Pflichtverletzung der Beklagten. Darüber, dass bei Beurkundung keine Zahlung erfolgt war, hat sie nicht getäuscht; dies war dem Kläger bekannt. Eine Pflichtverletzung im Zusammenhang mit der Zahlungsbestätigung läge deshalb nur dann vor, wenn die Beklagte insgesamt über ihre Zahlungsfähigkeit oder -willigkeit getäuscht und den Kläger auf diese Weise zu der Erteilung der Vorausquittung bewogen hätte. Auf einen solchen Vortrag des Klägers verweist die Revision nicht. Nach den seitens des Berufungsgerichts in Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts hat er lediglich behauptet, der damalige Geschäftsführer der Beklagten habe ihm fälschlich vorgespiegelt, der Kaufpreis werde durch ein Darlehen der Ehefrau des Klägers finanziert werden. Dass die Beklagte nicht nur über eine bestimmte Finanzierungsform getäuscht hat, sondern insgesamt nicht bereit oder in der Lage war, die bereits bestätigte Zahlung auch tatsächlich zu leisten, ergibt sich daraus nicht. Noch weniger lässt sich dies den von der Revision in Bezug genommenen Schriftsätzen des Klägers entnehmen. Dort ist nur die Rede davon, der Geschäftsführer der Beklagten habe dem Kläger eine Finanzierung über ein Darlehen mit der Ehefrau des Klägers "suggeriert".
13
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Krüger Stresemann Roth Brückner Weinland
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 08.12.2009 - 37 O 240/09 -
KG Berlin, Entscheidung vom 23.09.2010 - 19 U 2/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 108/09 Verkündet am:
24. März 2011
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
TÜV

a) Die alternative Klagehäufung, bei der der Kläger ein einheitliches Klagebegehren
aus mehreren prozessualen Ansprüchen (Streitgegenständen) herleitet
und dem Gericht die Auswahl überlässt, auf welchen Klagegrund es
die Verurteilung stützt, verstößt gegen das Gebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2
ZPO, den Klagegrund bestimmt zu bezeichnen.

b) Hat der Kläger mehrere Klagegründe im Wege einer alternativen Klagehäufung
verfolgt, kann er die gebotene Bestimmung der Reihenfolge, in der er
die prozessualen Ansprüche geltend machen will, noch in der Berufungsoder
der Revisionsinstanz nachholen.

c) Nimmt der Kläger die Bestimmung erst in der Revisionsinstanz vor, kann
der auch im Prozessrecht geltende Grundsatz von Treu und Glauben den
Kläger in der Wahl der Reihenfolge in der Weise beschränken, dass er zunächst
die vom Berufungsgericht behandelten Streitgegenstände zur Entscheidung
des Revisionsgerichts stellen muss.
BGH, Beschluss vom 24. März 2011 - I ZR 108/09 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. November 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Koch

beschlossen:
Die Klägerin wird darauf hingewiesen, dass die Klage wegen fehlender Bestimmtheit des Klagegrundes unzulässig ist, wenn sie nicht nach Maßgabe der nachstehenden Ausführungen eine Reihenfolge bestimmt, in der die bislang alternativ geltend gemachten prozessualen Ansprüche (Streitgegenstände) verfolgt werden.

Gründe:


1
I. Die Klägerin hat ihre Ansprüche gegen die Beklagten wegen der beanstandeten Benutzung der Bezeichnung TÜV aus den drei Klagemarken und ihrem Unternehmenskennzeichen hergeleitet und eine Verletzung dieser Kennzeichen durch eine identische Verwendung (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), durch Hervorrufen einer Verwechslungsgefahr (§ 14 Abs. 2 Nr. 2, § 15 Abs. 2 MarkenG) und durch eine Ausnutzung und Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft und der Wertschätzung ihrer bekannten Kennzeichen (§ 14 Abs. 2 Nr. 3, § 15 Abs. 3 MarkenG) geltend gemacht. Eine Reihenfolge, in der die Prüfung erfolgen soll, hat sie nicht bestimmt.
2
1. Die Klägerin hat ihr Klagebegehren danach auf verschiedene Streitgegenstände gestützt.
3
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch) durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (vgl. BGH, Urteil vom 3. April 2003 - I ZR 1/01, BGHZ 154, 342, 347 f. - Reinigungsarbeiten). Geht der Kläger aus einem Schutzrecht vor, wird der Gegenstand der Klage durch den Antrag und das im Einzelnen bezeichnete Schutzrecht festgelegt (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2000 - I ZR 146/98, GRUR 2001, 755, 756 f. = WRP 2001, 804 - Telefonkarte; Urteil vom 20. September 2007 - I ZR 94/04, GRUR 2007, 1066 Rn. 60 = WRP 2007, 1466 - Kinderzeit; Urteil vom 20. September 2007 - I ZR 6/05, GRUR 2007, 1071 Rn. 56 = WRP 2007, 1461 - Kinder II; zum Urheberrecht: BGH, Urteil vom 24. Mai 2007 - I ZR 42/04, GRUR 2007, 691 Rn. 17 = WRP 2007, 996 - Staatsgeschenk ). Zu erwägen ist auch, ob mehrere Streitgegenstände trotz gleichen Klagebegehrens nicht auch bei einem einzelnen Kennzeichenrecht vorliegen können. Werden aus einem Schutzrecht sowohl Ansprüche wegen Verwechslungsschutzes nach § 14 Abs. 2 Nr. 2, § 15 Abs. 2 MarkenG als auch wegen Bekanntheitsschutzes nach § 14 Abs. 2 Nr. 3, § 15 Abs. 3 MarkenG geltend gemacht, könnte es sich um zwei Streitgegenstände handeln, weil zur Begründung der Ansprüche Lebenssachverhalte vorgetragen werden müssen, die sich grundlegend unterscheiden (vgl. Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, 2. Aufl., § 14 MarkenG Rn. 698).
4
b) Im Streitfall liegen danach unterschiedliche Streitgegenstände jedenfalls insoweit vor, als die Klägerin aus vier Klagezeichen vorgeht. Darüber hinaus kommen möglicherweise auch insoweit verschiedene Streitgegenstände in Betracht, als die Klägerin einerseits Ansprüche wegen Verwechslungsgefahr der Kollisionszeichen (§ 14 Abs. 2 Nr. 2, § 15 Abs. 2 MarkenG) und andererseits wegen einer Ausnutzung und Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft und der Wertschätzung bekannter Kennzeichen (§ 14 Abs. 2 Nr. 3, § 15 Abs. 3 MarkenG) verfolgt. Dass im Verhältnis zum Verwechslungsschutz - wie die Anschlussrevision meint - die Geltendmachung identischer Verletzungen der Marken im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG und die identische Benutzung des Unternehmenskennzeichens nach § 15 Abs. 2 Fall 1 MarkenG weitere Streitgegenstände darstellen, begegnet dagegen Bedenken und ist eher zu verneinen. Die Frage kann derzeit aber offenbleiben.
5
c) Der Senat geht davon aus, dass die verschiedenen Streitgegenstände von der Klägerin in den Vorinstanzen nicht kumulativ, sondern alternativ geltend gemacht worden sind. In der Revisionsinstanz kann die Klägerin nicht mehr von der alternativen zur kumulativen Klagehäufung übergehen, weil darin eine Klageänderung liegt, die in der Revisionsinstanz nicht mehr möglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2006 - XII ZR 97/04, BGHZ 170, 152 Rn. 30).
6
2. In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob der Kläger ein einheitliches Klagebegehren alternativ auf mehrere Streitgegenstände stützen und dem Gericht die Auswahl des Klagegrundes überlassen kann. Teilweise wird angenommen, die alternative Klagehäufung sei zulässig. Mehrere prozessuale Ansprüche sollen danach unter der auflösenden Bedingung geltend gemacht werden können, dass einem von ihnen stattgegeben wird (OLG Nürnberg, GRUR-RR 2008, 55; OLG Köln, GRUR-RR 2010, 202; Köhler in Köhler/Bornkamm , UWG, 29. Aufl., § 12 Rn. 23a; Saenger, ZPO, 4. Aufl., § 260 Rn. 15; Götz, GRUR 2008, 401, 407; Bergmann, GRUR 2009, 224, 225; v. UngernSternberg , GRUR 2009, 1009, 1012; Schwippert, Festschrift Loschelder, 2010, 345, 348 ff.). Nach dieser Ansicht muss das Gericht bei einer alternativen Klagehäufung über sämtliche Streitgegenstände entscheiden, wenn es die Klage ganz oder teilweise abweist. Dagegen kann es sich bei einer die Klage zusprechenden Entscheidung darauf beschränken, einen der Klagegründe, den es als durchgreifend erachtet, auszuwählen und die Entscheidung auf diesen Klage- grund zu stützen, der dementsprechend allein in Rechtskraft erwächst (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 1992, 1279).
7
Nach anderer Ansicht soll die alternative Klagehäufung unzulässig sein (vgl. OLG München, OLG-Rep 2003, 37; OLG-Rep 2003, 179; OLG Hamm, Urteil vom 3. August 2009 - 8 U 237/07 Rn. 66, juris; OLG Düsseldorf, Urteil vom 2. Oktober 2008 - 7 U 82/07 Rn. 13, juris; Musielak/Foerste, ZPO, 7. Aufl., § 260 Rn. 7; Schwab, Der Streitgegenstand im Zivilprozess, 1954, 90; Wieczorek /Schütze/Assmann, ZPO, 3. Aufl., § 260 Rn. 24; Wieczorek/Schütze/Büscher aaO § 322 Rn. 139; Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., Einl. Rn. 74; Zöller/ Greger aaO § 260 Rn. 5; Berneke, WRP 2007, 579, 585 f.). Auch bei einem einheitlichen Rechtsschutzbegehren soll die alternativ auf verschiedene Klagegründe gestützte Klage nicht hinreichend bestimmt sein.
8
Der Senat hat zwar in der Vergangenheit die alternative Klagehäufung, bei der ein einheitliches Rechtsschutzbegehren auf verschiedene Klagegründe gestützt wird, nicht beanstandet (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 26. Oktober 2000 - I ZR 180/98, GRUR 2001, 453, 455 = WRP 2001, 400 - TCM-Zentrum; Urteil vom 28. Juni 2007 - I ZR 132/04, GRUR 2008, 258 = WRP 2008, 232 - INTERCONNECT/T-InterConnect; Urteil vom 5. November 2008 - I ZR 39/06, GRUR 2009, 766 = WRP 2009, 831 - Stofffähnchen; GRUR 2010, 642 - WMMarken ). Er stimmt jedoch nunmehr der zuletzt genannten Ansicht zu.
9
a) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift neben einem bestimmten Antrag auch eine bestimmte Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs enthalten. Damit wird der Streitgegenstand abgegrenzt und werden die Grenzen der Rechtshängigkeit und der Rechtskraft festgelegt sowie Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) bestimmt. Dies erfordert auch der Schutz des Beklag- ten, für den erkennbar sein muss, welche prozessualen Ansprüche gegen ihn erhoben werden, um seine Rechtsverteidigung danach ausrichten zu können (vgl. BGHZ 154, 342, 349 - Reinigungsarbeiten). Eine ordnungsgemäße Klageerhebung erfordert eine Individualisierung des Streitgegenstands (BGH, Urteil vom 11. Februar 2004 - VIII ZR 127/03, NJW-RR 2005, 216). Hierfür ist es entsprechend dem Zweck der Klageerhebung, dem Beklagten den Willen des Klägers zur Durchsetzung seiner Forderungen zu verdeutlichen, im Allgemeinen ausreichend, wenn der Anspruch als solcher identifizierbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2003 - I ZR 295/00, NJW-RR 2004, 639, 640). Der Kläger muss aber die gebotene Bestimmung des Streitgegenstandes vornehmen und kann sie nicht zur Disposition des Gerichts stellen. Dazu gehört bei mehreren Streitgegenständen auch die Benennung der Reihenfolge, in der diese zur Überprüfung durch das Gericht gestellt werden. Der Bundesgerichtshof sieht es deshalb als unabdingbar an, dass bei einer Teilleistungsklage, mit der mehrere selbständige prozessuale Ansprüche geltend gemacht werden, genau anzugeben ist, wie sich der eingeklagte Betrag auf die einzelnen Ansprüche verteilen soll und in welcher Reihenfolge diese Ansprüche zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden sollen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juni 2000 - II ZR 319/98, NJW 2000, 3718, 3719; Urteil vom 17. Juli 2008 - IX ZR 96/06, NJW 2008, 3142 Rn. 7). Der Kläger kann die Auswahl, über welche selbständigen Ansprüche bis zur Höhe der eingeklagten Forderung entschieden werden soll, nicht dem Gericht überlassen (BGH, Urteil vom 22. Mai 1984 - VI ZR 228/82, NJW 1984, 2346, 2347).
10
Nichts anderes hat bei der Verfolgung eines einheitlichen Klagebegehrens zu gelten, das aus mehreren Schutzrechten oder mehreren wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen hergeleitet wird, sofern sie verschiedene prozessuale Ansprüche (Streitgegenstände) bilden und nicht kumulativ verfolgt werden. In einem solchen Fall muss der Kläger, um dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu genügen, die Reihenfolge bezeichnen, in der er die Streitgegenstände geltend machen will. Für den Beklagten bleibt ansonsten bis zu einem Urteil bei einer alternativen Klagehäufung unklar, ob das Gericht die Verurteilung nur auf einen oder auf mehrere Streitgegenstände stützen wird. Die Frage, ob der Beklagte nur aufgrund eines Streitgegenstands oder aufgrund mehrerer Streitgegenstände verurteilt wird, ist für die Reichweite der Verurteilung aber von Bedeutung. Hat das Gericht etwa einen Verbotsausspruch auf mehrere Kennzeichenrechte der klagenden Partei gestützt - wie dies im Streitfall geschehen ist -, lässt das Erlöschen eines der Kennzeichenrechte den Verbotsausspruch unberührt. Dagegen kann der Beklagte mit der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO gegen einen Unterlassungstitel vorgehen, wenn die Verurteilung nur auf ein Kennzeichenrecht gestützt und dieses erloschen ist (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juni 2009 - I ZR 47/07, GRUR 2010, 156 Rn. 28 f. = WRP 2010, 266 - EIFEL-ZEITUNG). Nichts anderes gilt, wenn das Klagebegehren auf das Verbot einer bestimmten Werbung gerichtet ist, die der Kläger alternativ unter mehreren Gesichtspunkten, die selbständige prozessuale Ansprüche (Streitgegenstände) darstellen, als unlauter beanstandet. Auch in einem solchen Fall entscheidet das Gericht mit der Auswahl des Streitgegenstands über die Reichweite des Verbots. Denn je nachdem, auf welchen Streitgegenstand das Gericht das Verbot der einheitlichen Werbung stützt, beurteilt sich, was der Beklagte an der beanstandeten Werbung ändern muss, um nicht gegen das ausgesprochene Verbot zu verstoßen. Mit dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist aber nicht zu vereinbaren, dass die Reichweite des Verbots der Wahl des Gerichts überlassen bleibt.
11
b) Für die Unzulässigkeit der alternativen Klagehäufung spricht auch der allgemeine Rechtsgedanke der "Waffengleichheit" der Parteien im Prozess. Die alternative Klagehäufung benachteiligt den Beklagten in seiner Rechtsverteidigung im Verhältnis zum Kläger. Der Beklagte muss sich, will er nicht verurteilt werden, gegen sämtliche vom Kläger im Wege der alternativen Klagehäufung verfolgten prozessualen Ansprüche (Streitgegenstände) zur Wehr setzen. Dagegen kann der Kläger sein Klagebegehren auf eine Vielzahl von prozessualen Ansprüchen stützen, ohne dass für ihn damit ein zusätzliches Prozesskostenrisiko verbunden ist. Der Beklagte hat auch dann die gesamten Prozesskosten zu tragen, wenn der Kläger im Rahmen des einheitlichen Klagebegehrens nur mit einem aus einer Vielzahl alternativ zur Entscheidung gestellter Streitgegenstände durchdringt. In der Praxis führt dies bei einem Vorgehen aus Schutzrechten und bei der Verfolgung von Ansprüchen aufgrund wettbewerbsrechtlicher Tatbestände wegen des fehlenden zusätzlichen Prozesskostenrisikos zu einer Häufung von Streitgegenständen (vgl. etwa BGH, Urteil vom 12. November 2009 - I ZR 183/07, GRUR 2010, 642 = WRP 2010, 764 - WM-Marken). Bestimmt der Kläger die Reihenfolge nicht, in der das Gericht die Prüfung der einzelnen Streitgegenstände vorzunehmen hat, erschließt sich dem Beklagten auch nicht ohne weiteres, gegen welchen aus einer Vielzahl von Streitgegenständen er seine Rechtsverteidigung in erster Linie richten muss.
12
c) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Der V. Zivilsenat hat eine alternative Klagehäufung zwar bei einer Mehrheit von Klagegründen in einem Fall zugelassen, in dem der Kläger seine Ansprüche sowohl auf einen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch als auch auf einen verschuldensabhängigen Deliktsanspruch gestützt hat (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 1997 - V ZR 48/96, NJW-RR 1997, 1374). In diesem Zusammenhang hat er maßgeblich darauf abgestellt, dass die Ansprüche nicht nur von den Voraussetzungen, sondern auch von den Folgen verschieden waren und der Kläger den Anspruch nur einmal geltend machen wollte (vgl. BGH, Urteil vom 20. April 1990 - V ZR 282/88, BGHZ 111, 158, 167; NJW-RR 1997, 1374). Davon kann aber bei den hier fraglichen Fällen der alternativen Klagehäufung keine Rede sein, die auf identische Folgen gerichtet sind und bei de- nen der Kläger die nicht beschiedenen Streitgegenstände in einem weiteren Prozess aufgreifen kann (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 2006 - I ZR 272/02, BGHZ 166, 253 Rn. 23 - Markenparfümverkäufe).
13
3. Da der Senat die alternative Klagehäufung in der Vergangenheit nicht beanstandet hat, müssen die Parteien Gelegenheit haben, zur Frage der Zulässigkeit der alternativen Klagehäufung Stellung zu nehmen (§ 139 ZPO). Die Klägerin muss zudem die Möglichkeit erhalten anzugeben, in welcher Reihenfolge sie ihr Klagebegehren im Hinblick auf die verschiedenen Streitgegenstände stützt. Eine entsprechende Klarstellung wäre bereits in der Klage geboten gewesen. Sie kann aber noch im Laufe des Verfahrens, und zwar auch noch in der Revisionsinstanz nachgeholt werden (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 1953 - III ZR 66/52, BGHZ 11, 192, 195; Urteil vom 21. Dezember 1959 - III ZR 137/58, ZZP 78 (1960) 463, 465). Die klagende Partei ist grundsätzlich in der Bestimmung der Reihenfolge frei, in der sie die unterschiedlichen Streitgegenstände zur Überprüfung stellt. Eine Einschränkung in der Wahl der Reihenfolge kann sich aber in der Revisionsinstanz nach dem auch im Verfahrensrecht geltenden Gebot von Treu und Glauben ergeben (vgl. BVerfGE 104, 220, 232; BGH, Beschluss vom 25. März 1965 - V BLw 25/64, BGHZ 43, 289, 292; Urteil vom 23. Oktober 1990 - VI ZR 105/90, BGHZ 112, 345, 349). Die Klägerseite kann danach daran gehindert sein, in der Revisionsinstanz ihre Ansprüche in erster Linie auf einen Streitgegenstand zu stützen, den das Berufungsgericht bei der bislang unbeanstandet gebliebenen alternativen Klagehäufung seiner Verurteilung nicht zugrunde gelegt hat. Denn wählt die Klagepartei in der Revisionsinstanz vorrangig einen Streitgegenstand aus, zu dem das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen hat, weil die Partei dem Berufungsgericht die Auswahl zwischen den Streitgegenständen überlassen hatte, macht dies eine Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht erforderlich, die vermieden werden kann, wenn die Klägerseite das Klagebegehren vorrangig aus einem Streitgegenstand herleitet, den das Berufungsgericht seiner Verurteilung zugrunde gelegt hat.
14
Nachdem das Berufungsgericht sich nur mit Ansprüchen aufgrund des Bekanntheitsschutzes der deutschen Marken Nr. 1005648 und Nr. 30412680.2 und des Unternehmenskennzeichens der Klägerin befasst, nur hierzu Feststellungen getroffen und die Verurteilung der Beklagten nur hierauf gestützt hat, wird es unter diesen Umständen naheliegen, dass die Klägerin diese Streitgegenstände - gestaffelt - in erster Linie zur Beurteilung durch das Revisionsgericht stellt.
15
II. Zur Stellungnahme - auch zur Frage, ob der Senat im schriftlichen Verfahren entscheiden kann - wird eine Frist von einem Monat ab Zustellung dieses Beschlusses bestimmt.
Bornkamm Pokrant Büscher
Schaffert Koch
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 06.03.2008 - 37 O 51/07 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 09.06.2009 - I-20 U 87/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 278/06 Verkündet am:
8. Mai 2007
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Der Streitgegenstand ändert sich nicht, wenn der Kläger seine Aktivlegitimation
zunächst aus einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss und
später aus einer Abtretung der Klageforderung herleitet (im Anschluss an
BGH, Urteil vom 23. März 1999 - VI ZR 101/98, WM 1999, 1065, 1066).
BGH, Urteil vom 8. Mai 2007 - XI ZR 278/06 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
vom 8. Mai 2007 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die
Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, die Richterin Mayen und den Richter
Dr. Grüneberg

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 13. Juli 2006 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens , mit Ausnahme der durch die Nebenintervention verursachten Kosten, die die Streithelferin der Beklagten trägt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem und gepfändetem Recht als Prozessbürgin in Anspruch.
2
Die I. GmbH (im Folgenden: I. ) wurde durch - inzwischen rechtskräftiges - Vorbehaltsurteil des Landgerichts E. vom 23. Dezember 1998 verurteilt, 90.943 DM nebst Zinsen an die IM. GmbH (im Folgenden: IM. ) zu zahlen. Der I. wurde nachgelassen, die Vollstreckung aus dem für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteil durch Sicherheitsleistung in Höhe von 105.000 DM abzuwenden. Nach dem Beschluss des Landgerichts E. vom 28. Januar 1999 konnte die Sicherheitsleistung auch durch eine Bankbürgschaft erbracht werden.
3
Am 29. Juli 1999 verbürgte sich die Beklagte gegenüber der IM. für die von der I. zu leistende Sicherheit in Höhe von 52.600,95 DM. Die IM. trat der Klägerin am 10. September 1999 ihre Forderungen aus dem Rechtsstreit gegen die I. und aus der Bürgschaft sicherungshalber ab. Am selben Tag erklärte sie in einem notariell beurkundeten Schuldanerkenntnis, der Klägerin 260.000 DM zu schulden, und unterwarf sich der Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen. Nachdem ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen mangels Masse abgelehnt worden war, wurde die IM. im Jahre 2002 im Handelsregister gelöscht. Durch Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse vom 11. und 17. Februar 2003 wurden die Forderungen der IM. gegen die I. und gegen die Beklagte gepfändet und der Klägerin zur Einziehung überwiesen.
4
Klage Die auf Zahlung von 26.894,44 € (= 52.600,95 DM) nebst Zinsen hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision der Beklagten ist unbegründet.

I.


6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
7
Die Klägerin sei aufgrund der Abtretung vom 10. September 1999 aktivlegitimiert. Außerdem habe sie, auch wenn sie als Zessionarin bereits materielle Rechtsinhaberin gewesen sei, die Forderung der IM. pfänden können, um Inhaberin der formell titulierten Rechtsposition zu werden. Die Pfändungen seien nicht aus formellen Gründen nichtig. Die gepfändete Forderung sei in dem Beschluss vom 11. Februar 2003 ausreichend genau bezeichnet. Dass die IM. als Vollstreckungsschuldnerin bereits seit dem Jahre 2002 im Handelsregister gelöscht gewesen sei, stehe der Wirksamkeit der Pfändung nicht entgegen.
8
Die Klageforderung sei nicht verjährt. Ein Anspruch aus einer Prozessbürgschaft verjähre wie die titulierte Hauptforderung in 30 Jahren. Aus § 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO ergebe sich eine Gleichwertigkeit von Bürgschaft und Hinterlegung. Der Anspruch auf Herausgabe hinterlegter Gegenstände erlösche gemäß § 21 Abs. 1 HinterlO grundsätzlich nach 30 Jahren.
9
Auch bei Zugrundelegung einer nur dreijährigen Verjährungsfrist sei keine Verjährung eingetreten. Die gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB bis zum 31. Dezember 2004 laufende Verjährungsfrist sei durch die Zustellung der Klage am 15. Dezember 2004 gehemmt worden. Dies gelte nicht nur, wenn die Klägerin die Bürgschaftsforderung durch die Pfändung erworben habe, auf die die Klage von Anfang an gestützt worden sei, sondern auch bei einem Erwerb durch die Abtretung, auf die die Klägerin sich erstmals im Schriftsatz vom 1. Juni 2005 bezogen habe. Streitgegenstand sei immer die Bürgschaftsforderung gewesen, die die Klägerin aus fremdem Recht geltend gemacht habe. Ob die Klägerin durch Abtretung oder durch Pfändung Rechtsinhaberin geworden sei, habe auf den Streitgegenstand der Bürgschaftsklage keinen Einfluss.

II.


10
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand.
11
1. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei und von der Revision unangegriffen festgestellt, dass die Klägerin aufgrund der Abtretung vom 10. September 1999 Inhaberin der Forderung gemäß § 765 Abs. 1 BGB gegen die Beklagte in Höhe der Klagesumme geworden ist. Deshalb braucht nicht entschieden zu werden, ob die Klägerin auch aufgrund der Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse vom 11. und 17. Februar 2003 aktivlegitimiert ist, d.h. ob die Klägerin die Forderung, deren Inhaberin sie bereits durch die Abtretung geworden war, noch wirksam pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen konnte (bejahend: OLG Köln WM 1978, 383, 385; Stein/Jonas/Brehm, ZPO 22. Aufl. § 829 Rdn. 21, 67; Musielak/Becker, ZPO 5. Aufl. § 829 Rdn. 8; Thomas/Putzo, ZPO 27. Aufl. § 829 Rdn. 11; HK-ZPO/Kemper, § 829 Rdn. 9; vgl. auch RGZ 86, 135, 137; verneinend: Rosenberg/Gaul/Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht 10. Aufl. § 54 S. 636; Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz 2. Aufl. § 829 Rdn. 18).
12
2. Auch die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klageforderung sei nicht verjährt, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
13
a) Dies gilt auch dann, wenn für den Anspruch aus der Prozessbürgschaft vom 29. Juli 1999 die kürzeste in Betracht kommende, nämlich die dreijährige Verjährungsfrist gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB, Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB gilt, die nach der rechtsfehlerfreien und von der Revision unangegriffenen Feststellung des Berufungsgerichts am 31. Dezember 2004 endete. Deshalb kann dahinstehen, ob aufgrund einer längeren Verjährungsfrist, eines späteren Fristbeginns, etwa erst mit der Inanspruchnahme des Bürgen, oder einer Ablaufhemmung , z.B. bis zur Verjährung der Hauptschuld (vgl. Palandt/Sprau, BGB 66. Aufl. § 765 Rdn. 26 m.w.Nachw.), von einem späteren Ende der Verjährungsfrist auszugehen ist.
14
b) Die Verjährungsfrist ist durch die Zustellung der Klageschrift am 15. Dezember 2004 gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt worden. Dies gilt ungeachtet des Umstandes, dass die Aktivlegitimation in der Klageschrift nur mit den Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen vom 11. und 17. Februar 2003 begründet und erst nach Ablauf der Verjäh- rungsfrist in einem Schriftsatz vom 1. Juni 2005 auf die Abtretung vom 10. September 1999 gestützt worden ist.
15
Die Erhebung der Klage hemmt die Verjährung nur für Ansprüche in der Gestalt und in dem Umfang, wie sie mit der Klage geltend gemacht werden, also nur für den streitgegenständlichen prozessualen Anspruch (BGH, Urteil vom 4. Mai 2005 - VIII ZR 93/04, NJW 2005, 2004, 2005 m.w.Nachw.). Hingegen erstreckt sich die Verjährungshemmung nicht auf Ansprüche, die nicht Gegenstand der Klageerhebung waren (vgl. BGHZ 104, 268, 271 ff.; BGH, Urteil vom 23. März 1999 - VI ZR 101/98, WM 1999, 1065, 1066). Der auf die Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse und der auf die Abtretung gestützte Anspruch ist entgegen der Auffassung der Revision derselbe prozessuale Anspruch.
16
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes wird mit der Klage nicht ein bestimmter materiell-rechtlicher Anspruch geltend gemacht. Gegenstand des Rechtsstreits ist vielmehr der als Rechtsschutzbegehren oder Rechtsfolgebehauptung aufgefasste eigenständige prozessuale Anspruch. Dieser wird bestimmt durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert , und den Lebenssachverhalt (Anspruchsgrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet. In diesem Sinn geht der Klagegrund über die Tatsachen, die die Tatbestandsmerkmale einer Rechtsgrundlage ausfüllen, hinaus. Zu ihm sind alle Tatsachen zu rechnen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden, den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtungsweise zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören, den der Kläger zur Stützung seines Rechtsschutzbegehrens dem Gericht zu unterbreiten hat (BGHZ 117, 1, 5 f.; BGH, Urteil vom 6. Mai 1999 - III ZR 265/98, NJW 1999, 3126, 3127 m.w.Nachw.).
17
Nach diesen Grundsätzen liegt im Übergang von einem Anspruch aus eigenem Recht zu einem solchen aus abgetretenem Recht wegen der Änderung des dazu vorgetragenen Lebenssachverhalts grundsätzlich ein Wechsel des Streitgegenstandes im Sinne einer Klageänderung gemäß § 263 ZPO (BGH, Urteil vom 4. Mai 2005 - VIII ZR 93/04, NJW 2005, 2004, 2005). Hingegen ändert sich der Streitgegenstand nicht, wenn bei einer stillen Sicherungszession der Zedent die abgetretene Forderung zunächst aufgrund der ihm eingeräumten Einziehungsermächtigung geltend macht und später aufgrund einer Rückabtretung des Sicherungsnehmers weiterverfolgt. Dasselbe gilt für eine Umstellung des Klageantrages auf Zahlung an den Sicherungsnehmer nach Offenlegung der Sicherungsabtretung. Bei einer stillen Zession macht der Zedent nämlich aufgrund der Einziehungsermächtigung, auch wenn er Zahlung an sich verlangt, grundsätzlich die an den Sicherungsnehmer abgetretene Forderung geltend (BGH, Urteil vom 23. März 1999 - VI ZR 101/98, WM 1999, 1065, 1066).
18
bb) Gemessen hieran hat sich der Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens nicht dadurch geändert, dass die Klägerin den Anspruch gegen die Beklagte gemäß § 765 Abs. 1 BGB aufgrund der Prozessbürgschaft vom 29. Juli 1999 zunächst auf die Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse vom 11. und 17. Februar 2003 und später auf die Abtretung vom 10. September 1999 gestützt hat. Die Klägerin hat, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, unabhängig von der Begründung ihrer Aktivlegitimation, immer die in der Person der IM. entstan- dene Bürgschaftsforderung gegen die Beklagte geltend gemacht. Die Revision wendet hiergegen ohne Erfolg ein, die Klägerin sei aufgrund der Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse aus fremdem Recht, aufgrund der Abtretung hingegen aus eigenem Recht vorgegangen. Die Überweisung einer Forderung zur Einziehung bewirkt zwar keinen Forderungsübergang (BGHZ 114, 138, 141) und steht deshalb einer Forderungsabtretung nicht gleich (Stöber, Forderungspfändung 14. Aufl. Rdn. 589). Sie verschafft dem Vollstreckungsgläubiger aber ein eigenes Einziehungsrecht und ermächtigt ihn, die Forderung in eigenem Namen einzuziehen (BGH, Urteil vom 8. Oktober 1981 - VII ZR 319/80, WM 1981, 1338). Deshalb tritt - ebenso wie bei Geltendmachung einer abgetretenen Forderung aufgrund einer rechtsgeschäftlich erteilten Einziehungsermächtigung und später aufgrund einer Rückabtretung (BGH, Urteil vom 23. März 1999 - VI ZR 101/98, WM 1999, 1065, 1066) - keine Änderung des Streitgegenstandes ein, wenn - wie hier - eine Forderung zunächst aufgrund des durch einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erlangten Einziehungsrechts und später aufgrund einer Abtretung geltend gemacht wird. Der zeitliche Abstand zwischen der Abtretung und dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist entgegen der Auffassung der Revision für die Bestimmung des Streitgegenstandes unerheblich (vgl. BGH, Urteil vom 23. März 1999 - VI ZR 101/98, WM 1999, 1065).

III.


19
Die Revision war demnach als unbegründet zurückzuweisen.
Nobbe Müller Joeres
Mayen Grüneberg
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 26.10.2005 - 21 O 530/04 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 13.07.2006 - 13 U 226/05 -

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 170/04 Verkündet am:
8. März 2005
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________

a) Der auf Verletzung einer Aufklärungs- oder Beratungspflicht eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens
beruhende Schadensersatzanspruch entsteht bereits
mit dem Erwerb der pflichtwidrig empfohlenen Wertpapiere.

b) Die Verjährungsvorschrift des § 37 a WpHG gilt auch für deliktische Schadensersatzansprüche
, die auf einer fahrlässig begangenen Informationspflichtverletzung
beruhen. Für Ansprüche aus vorsätzlich falscher Anlageberatung verbleibt es bei
der deliktischen Regelverjährung.

c) Die zur Berufshaftung von Rechtsanwälten entwickelten Grundsätze der Sekundärverjährung
sind auf die Haftung von Wertpapierdienstleistungsunternehmen
aus fehlerhafter Anlageberatung nicht übertragbar.
BGH, Urteil vom 8. März 2005 - XI ZR 170/04 - KG Berlin
LG Berlin
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. März 2005 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe und
die Richter Dr. Müller, Dr. Wassermann, Dr. Appl und Dr. Ellenberger

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 19. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 11. März 2004 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger nimmt die beklagte Bank aus abgetretene m Recht auf Schadensersatz wegen eines angeblichen Beratungsverschuldens bei Wertpapiergeschäften in Anspruch.
Die Zedentin erwarb am 8. Februar 2000 nach einer Beratung durch einen Angestellten der Beklagten Anteile an den Investmentfonds "D. -T. ", "D. -E. " und "B. W. ". Die Kurswerte der Fondsanteile sanken ab End e 2000 erheblich, was die Zedentin zum Anlaß nahm, der Beklagten mit Schreiben vom 30. Januar 2001 ein grobes Beratungsverschulden vorzuwerfen.
Mit seiner am 28. Februar 2003 bei Gericht eingega ngenen und auf eine Beratungspflichtverletzung gestützten Klage hat der Kläger zunächst Schadensersatz in Höhe der bis zum 31. Dezember 2002 eingetretenen , von ihm auf 24.771,52 € bezifferten Verluste nebst Zinsen verlangt. Im Berufungsverfahren hat er in erster Linie Schadensersatz in Höhe des Anlagebetrages von 49.266,59 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung der erworbenen Wertpapiere begehrt. Seinen ursprünglichen Antrag hat er hilfsweise aufrecht erhalten. Der Kläger behauptet, daß die Zedentin in dem Beratungsgespräch erklärt habe, ausschließlich an einer sicheren und risikolosen Geldanlage interessiert zu sein. Der Angestellte der Beklagten habe auf die Risiken der von ihm empfohlenen Anlage in Investmentfonds, insbesondere die Möglichkeit von Kursverlusten , nicht hingewiesen. Die Beklagte stellt eine fehlerhafte Beratung der Zedentin in Abrede und erhebt die Einrede der Verjährung.
Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg gebl ieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat keinen Erfolg.

I.


Das Berufungsgericht (WM 2004, 1872) hat seine Ent scheidung im wesentlichen wie folgt begründet:
Der Kläger habe einen Schadensersatzanspruch aus p ositiver Vertragsverletzung gegen die Beklagte sowie einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG schlüssig dargelegt. Nach seinem Vorbringen habe die Beklagte die Zedentin fehlerhaft beraten.
Ein etwa bestehender vertraglicher Anspruch sei je doch verjährt. Der Anspruch verjähre nach § 37 a WpHG in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem er entstanden sei. Diese Voraussetzung sei nicht erst mit dem Eintritt von Kursverlusten, sondern schon mit dem Erwerb der Wertpapiere am 8. Februar 2000 erfüllt gewesen, da die Zedentin die risikoreichen Wertpapiere bei sachgerechter Beratung nicht erworben hätte. Bei Eingang der Klage am 28. Februar 2003 sei die Verjährungsfrist daher abgelaufen gewesen.
Ein - noch nicht verjährter - Schadensersatzanspru ch des Klägers ergebe sich auch nicht daraus, daß die Beklagte es nach dem 8. Februar 2000 unterlassen habe, die Zedentin auf die ungünstige Kursentwicklung der Fondsanteile hinzuweisen. Mangels Vorliegens eines Vermögensverwaltungsvertrages habe eine solche Hinweispflicht der Beklagten nicht bestanden.
Die Verjährungsvorschrift des § 37 a WpHG erfasse auch die nach dem Klägervortrag bestehenden, mit dem Anspruch aus dem Beratungsvertrag konkurrierenden deliktischen Ansprüche wegen fahrlässiger fehlerhafter Beratung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG. Bei Zusammentreffen von Ansprüchen aus Vertragsverletzung und aus unerlaubter Handlung unterliege zwar jeder Anspruch grundsätzlich seiner eigenen Verjährungsfrist. Etwas anderes gelte aber dann, wenn das Ausweichen des Geschädigten auf einen aus demselben Sachverhalt hergeleiteten deliktischen Anspruch den Zweck der kurz bemessenen vertraglichen Verjährungsfrist vereiteln oder die gesetzliche Regelung aushöhlen würde. Ein solcher Fall sei hier gegeben. Die Pflichten aus einem Beratungsvertrag und nach dem Wertpapierhandelsgesetz seien gleich und schützten dasselbe Interesse, nämlich eine anlegergerechte Beratung. Der Gesetzgeber habe die gemäß § 195 a.F. für Schadensersatzansprüche aus positiver Vertragsverletzung und Verschulden bei Vertragsschluß geltende dreißigjährige Verjährungsfrist abkürzen wollen, die er als international unüblich und als Hemmnis bei der Beratung von Aktienanlegern wegen des unüberschaubar langen Zeitraums einer möglichen Haftung angesehen habe. Ansprüche aus unerlaubter Handlung verjährten zwar gemäß § 852 Abs. 1 BGB a.F., §§ 195, 199 Abs. 1 BGB n.F. ebenfalls in drei Jahren. Der Verjährungsbeginn hänge aber von subjektiven, für die Bank nicht kalkulierbaren Voraussetzungen ab. Insbesondere könne die Kenntnis des Geschädigten vom Schaden erst Jahre nach der Beratung eintreten.
Ein vorsätzliches Handeln des Angestellten der Bek lagten, das nicht unter die Verjährungsvorschrift des § 37 a WpHG falle, habe der Kläger nicht schlüssig dargelegt.

Schließlich stehe dem Kläger auch ein Sekundäransp ruch, der entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu §§ 51 b BRAO, 68 StBerG darauf gerichtet sei, daß die Beklagte sich hinsichtlich des Primäranspruchs nicht auf Verjährung berufen könne, nicht zu, weil die zur Sekundärverjährung entwickelten Grundsätze auf § 37 a WpHG nicht anwendbar seien.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand.
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend zu dem Erge bnis gelangt, daß ein vertraglicher Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte wegen fehlerhafter Beratung der Zedentin gemäß § 37 a WpHG verjährt ist. Danach verjährt der Anspruch des Kunden gegen ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen auf Schadensersatz wegen Verletzung der Pflicht zur Information und wegen fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit einer Wertpapierdienstleistung oder Wertpapiernebendienstleistung in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist.

a) Die Beklagte hat als Wertpapierdienstleistungsu nternehmen (§ 2 Abs. 4 WpHG) im Zusammenhang mit einer Wertpapiernebendienstleistung (§ 2 Abs. 3 a Nr. 3 WpHG) nach dem in der Revisionsinstanz als wahr zu unterstellenden Vortrag des Klägers ihre Beratungspflichten verletzt.


b) Das Berufungsgericht hat, wie auch die Revision nicht in Zweifel zieht, mit Recht angenommen, daß ein auf der Beratungspflichtverletzung beruhender Schadensersatzanspruch bereits mit dem Erwerb der Wertpapiere durch die Zedentin am 8. Februar 2000 entstanden ist. Das entspricht der zu § 37 a WpHG in Rechtsprechung und Schrifttum ganz überwiegend vertretenen Auffassung (LG Zweibrücken BB 2004, 2373 f.; LG Düsseldorf BKR 2004, 413, 414; Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG 3. Aufl. § 37 a Rdn. 7; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht 3. Aufl. Rdn. 16.568 f.; Schäfer, WpHG § 37 a Rdn. 4; Manfred Wolf EWiR 2005, 91, 92; a.A. LG Hof BKR 2004, 489, 490 f.; Schwark, Kapitalmarktrechts -Kommentar 3. Aufl. § 37 a WpHG Rdn. 4), der der Senat sich anschließt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtsho fs ist der Anleger, der aufgrund einer fehlerhaften Empfehlung eine für ihn nachteilige Kapitalanlage erworben hat, in der Regel bereits durch deren Erwerb geschädigt (BGH, Urteile vom 7. Mai 1991 - IX ZR 188/90, WM 1991, 1303, 1305 und vom 27. Januar 1994 - IX ZR 195/93, WM 1994, 504, 506). Wer durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluß eines Vertrages verleitet wird, den er ohne dieses Verhalten nicht geschlossen hätte, kann sogar bei objektiver Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung einen Vermögensschaden dadurch erleiden, daß die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist (BGH, Urteil vom 26. September 1997 - V ZR 29/96, WM 1997, 2309, 2312; vgl. auch BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, WM 2004, 1721, 1724, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
Diese Rechtsprechung ist auf den zu entscheidenden Fall, daß der Kunde eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens infolge der Verletzung einer Aufklärungspflicht oder fehlerhafter Beratung Wertpapiere erworben hat, die mit den von ihm verfolgten Anlagezielen nicht in Einklang stehen, übertragbar. Der Anleger ist bei der gebotenen wertenden Betrachtung von diesem Zeitpunkt an nicht lediglich dem - bei spekulativen Wertpapieranlagen erhöhten - Risiko eines Vermögensnachteils ausgesetzt, sondern bereits geschädigt. Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, daß die Wertpapiere möglicherweise zunächst, solange ein Kursverlust nicht eingetreten ist, ohne Einbuße wieder veräußert bzw. zurückgegeben werden können. Denn bei einer Beratung schuldet das Wertpapierdienstleistungsunternehmen eine auf die Anlageziele des Kunden abgestimmte Empfehlung von Produkten (Senat BGHZ 123, 126, 128 f.). Der Erwerb einer diesen Zielen nicht entsprechenden empfohlenen Wertpapierkapitalanlage läßt auch bei objektiver Betrachtung bereits den Vertragsschluß den konkreten Vermögensinteressen des Anlegers nicht angemessen und damit als nachteilig erscheinen.

c) Die Verjährungsfrist von drei Jahren, die demna ch mit Ablauf (§ 187 Abs. 1 BGB) des 8. Februar 2000 begann, wurde durch die Zustellung der am 28. Februar 2003 eingereichten Klage nicht mehr rechtzeitig gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt.
2. Zu Recht ist das Berufungsgericht auch davon au sgegangen, daß der Kläger keinen Anspruch gegen die Beklagte wegen eines nach dem Erwerb der Kapitalanlage unterlassenen Hinweises auf eingetretene Kursverluste hat.

Die Beklagte war nicht verpflichtet, die Zedentin nach dem 8. Februar 2000 ungefragt auf die nachteilige Wertentwicklung der erworbenen Fondsanteile hinzuweisen. Entgegen der Ansicht der Revision spricht nichts dafür, daß eine Bank außerhalb eines Vermögensverwaltungsvertrages nach beendeter Anlageberatung, die zum Erwerb von Wertpapieren geführt hat, ohne weitere Vergütung verpflichtet ist, die Entwicklung der Wertpapierkurse fortlaufend zu beobachten und den Kunden im Falle einer ungünstigen Entwicklung zu warnen (vgl. OLG Düsseldorf ZIP 1994, 1256, 1257).
3. Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht ang enommen, daß offen bleiben kann, ob § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB ist (so auch Senatsurteile BGHZ 142, 345, 356 und vom 11. November 2003 - XI ZR 21/03, WM 2004, 24, 26), da ein etwaiger Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte aus einem allein zur Entscheidung stehenden fahrlässigen Verstoß gegen § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG ebenfalls nach § 37 a WpHG verjährt ist.

a) Es entspricht - soweit ersichtlich - der einhel ligen instanzgerichtlichen Rechtsprechung und der herrschenden Meinung in der Literatur , daß die Verjährungsvorschrift des § 37 a WpHG nicht nur für Ansprüche aus vertraglichen und vorvertraglichen Pflichtverletzungen gilt, sondern auch für Ansprüche aus fahrlässigen deliktischen Ansprüchen wegen der Verletzung der Pflichten aus § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG (LG Zweibrücken BB 2004, 2373, 2375; LG Düsseldorf BKR 2004, 413, 414 f.; LG Berlin BKR 2004, 127 (LS.); LG Göttingen EWiR 2005, 91;
Kümpel, aaO Rdn. 16.572; Schwark, aaO § 37 a WpHG Rdn. 5; MünchKomm /Ekkenga, HGB Bd. 5 Effektengeschäft Rdn. 248; Schäfer, WpHG § 37 a Rdn. 7 f.; ders., in: Festschrift für Schimansky S. 699, 712 ff.; Lang, aaO § 20 Rdn. 12 f.; Kritter BKR 2004, 261, 263; a.A. Koller, aaO § 37 a Rdn. 6; Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel S. 123 ff.; ders. WM 2001 Sonderbeilage Nr. 1 S. 16; Roller/Hackenberg ZBB 2004, 227, 235 f.; Berg VuR 1999, 335, 337 Fn. 102). Der Senat schließt sich der herrschenden Meinung an.
Sowohl nach dem Wortlaut des § 37 a WpHG als auch nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 13/8933 S. 96) unterfallen dieser Verjährungsvorschrift Informationspflichtverletzungen unabhängig davon, ob sie auf vertraglicher Grundlage beruhen oder gesetzlich - insbesondere durch § 31 Abs. 2 WpHG - angeordnet werden. Entscheidend spricht für diese Auslegung auch der mit der Vorschrift verfolgte Zweck. Der Gesetzgeber wollte mit der Verkürzung der bis dahin geltenden regelmäßigen Verjährungsfrist von dreißig Jahren die Haftung von Anlageberatern begrenzen, um die Kapitalbeschaffung für junge und innovative Unternehmen zu erleichtern. Den Anlageberatern sollte eine zuverlässige Einschätzung möglicher Haftungsansprüche ermöglicht werden, um so ihre Bereitschaft zu stärken, den Anlegern vermehrt risikoreiche Kapitalanlagen zu empfehlen (BT-Drucks. 13/8933 S. 59, 96). Da eine vertragliche Beratungs- und Aufklärungspflichtverletzung stets auch eine Verwirklichung des Tatbestandes des § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG darstellt, würde dieser Gesetzeszweck verfehlt, wenn die kurze Verjährungsfrist des § 37 a WpHG bei deliktsrechtlichen Schadensersatzansprüchen wegen fahrlässiger Fehlberatung keine Anwendung fände. Wollte man dies anders sehen, würde sich durch die Rege-
lung des § 37 a WpHG für angestellte Anlageberater, die aus Verschulden bei Vertragsschluß oder bei einem Beratungsverschulden aus positiver Vertragsverletzung persönlich nicht haften, entgegen der erklärten Absicht des Gesetzgebers nichts ändern.

b) Demgegenüber verbleibt es für Schadensersatzans prüche aus vorsätzlichen Beratungspflichtverletzungen bei der Regelverjährung für deliktsrechtliche Ersatzansprüche (BT-Drucks. 13/8933 S. 97). Wie der Prozeßbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat, stehen solche Ansprüche vorliegend jedoch nicht zur Entscheidung.
4. Das Berufungsgericht hat auch zu Recht in Übere instimmung mit der herrschenden Meinung (LG Zweibrücken BB 2004, 2373, 2374; LG Düsseldorf BKR 2004, 413, 414; Schwark, aaO Rdn. 6; Schäfer, Festschrift für Schimansky S. 699, 712; Kritter BKR 2004, 261, 263 f.; a.A. Koller, aaO § 37 a Rdn. 18; Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel S. 121 ff.; ders. WM 2001 Sonderbeilage Nr. 1 S. 15 f.; Roller/Hackenberg ZBB 2004, 227, 229 ff.; dies. VuR 2004, 46, 48 ff.), der sich der Senat anschließt, angenommen, daß die zur Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen Rechtsanwälte entwickelte Sekundärverjährung (RGZ 158, 130, 134 und 136; BGH, Urteil vom 11. Juli 1967 - VI ZR 41/66, VersR 1967, 979, 980) auf die Fälle schuldhafter Anlageberatung durch Wertpapierdienstleister mangels eines vergleichbaren dauerhaften Vertrauensverhältnisses nicht übertragbar ist. Aus der Erwähnung der §§ 51 b BRAO, 68 StBerG und 51 a WPO in der Gesetzesbegründung ergibt sich nichts anderes, zumal die Sekundärverjährung der Absicht des Gesetzgebers, die Verjährungsfrist im Interesse von
Wertpapierdienstleistungsunternehmen und ihrer Anlageberater erheblich zu verkürzen, zuwider läuft.
Abgesehen davon ist es Aufgabe des Gesetzgebers, a ls zu kurz erachtete Verjährungsfristen aufzuheben, wie er das bei § 51 a WPO mit Gesetz vom 1. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2446, 2451) und bei §§ 51 b BRAO, 68 StBerG mit Gesetz vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3214, 3217) getan hat und in bezug auf § 37 a WpHG in Erwägung zieht (BTDrucks. 15/3653 S. 30 und 32; siehe auch den am 17. November 2004 vom Bundeskabinett zurückgestellten Entwurf eines Kapitalmarktinformationshaftungsgesetzes - KapInHaG, NZG 2004, 1042, 1044).

III.


Die Revision war daher zurückzuweisen.
Nobbe Müller Wassermann Appl Ellenberger

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 81/10
Verkündet am:
24. März 2011
K i e f e r
Jusitzangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Grundsatz, dass bei mehreren voneinander abgrenzbaren Aufklärungsoder
Beratungsfehlern die Verjährung nicht einheitlich, sondern getrennt für
jede einzelne Pflichtverletzung zu prüfen ist, setzt nicht voraus, dass die
Pflichtverletzung jeweils eigene, von den anderen Fehlern und deren Folgen
gesonderte Schäden zeitigt, sondern ist gerade auch anwendbar in den Fällen
, in denen die Pflichtverletzungen denselben Schaden verursacht haben,
nämlich jeweils für die Anlageentscheidung ursächlich waren.
BGH, Urteil vom 24. März 2011 - III ZR 81/10 - OLG Saarbrücken
LG Saarbrücken
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. März 2011 durch den Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter
Dr. Herrmann, Wöstmann, Hucke und Seiters

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 17. März 2010 - bezüglich des Zahlungsantrags zu Nummer 1 allerdings nur, soweit die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 2. Juni 2009 in Höhe von 17.482,36 € zuzüglich Zinsen zurückgewiesen wurde - aufgehoben.
In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Kläger Der verlangt Schadensersatz wegen behaupteter Beratungspflichtverletzungen des Beklagten anlässlich einer Beteiligung an der sogenannten "G. Gruppe".
2
Die "G. Gruppe", die aus mehreren miteinander verbundenen Unternehmen bestand und zu der unter anderem die G. Gruppe Vermögens - und Finanzholding GmbH & Co. KG a.A. gehörte, beschäftigte sich seit den neunziger Jahren mit dem Erwerb, der Verwaltung und der Verwertung von Immobilien, Wertpapieren und Unternehmensbeteiligungen. Das hierfür erforderliche Kapital wurde durch die Gründung stiller Gesellschaften mit zahlreichen Kleinanlegern beschafft. Der Kläger beteiligte sich am 2. Mai 1996 als stiller Gesellschafter an der G. Beteiligungs-Aktiengesellschaft, zum einen mit einer Einlage von 10.000 DM zuzüglich eines Agios von 5 %, zum anderen mit einer in 120 Monatsraten zu erbringenden Einlage von 48.000 DM zuzüglich eines Agios von ebenfalls 5 %. Außerdem unterzeichnete der Kläger eine Vollmacht , wonach die G. Beteiligungs-Aktiengesellschaft mit anderen Gesellschaften weitere stille Gesellschaftsverträge abschließen durfte. Aufgrund dieser Vollmacht wurde für den Kläger 1998 eine atypische stille Beteiligung an der Securenta G. Immobilienanlagen und Vermögensmanagement AG Unternehmenssegment VII abgeschlossen. Im Jahre 2007 wurde das Insolvenzverfahren über die Vermögen der G. Gruppe Vermögens- und Finanzholding GmbH & Co. KG a.A. sowie der Securenta G. Immobilienanlagen und Vermögensmanagement AG eröffnet.
3
Der Kläger hat den Beklagten wegen verschiedener behaupteter Beratungspflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Zeichnung seiner Beteiligung an der "G. Gruppe" auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg gehabt. Gegen das Urteil des Oberlandesgerichts richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Klägers, mit der dieser seine Ansprüche - den Zahlungsantrag zu Nummer 1 allerdings nur noch in Höhe von 17.482,36 € nebst Zinsen - weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe


4
Die zulässige Revision führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

I.


5
Auffassung Nach des Oberlandesgerichts kann dahinstehen, ob dem Kläger gegen den Beklagten ein Anspruch auf Schadensersatz wegen schuldhaft begangener Beratungsfehler zusteht. Denn etwaige Ansprüche seien jedenfalls verjährt (Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 EGBGB, §§ 195, 199 Abs. 1 BGB).
6
Wie das Landgericht zutreffend festgestellt habe, hätten beim Kläger die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vor dem 1. Januar 2002 vorgelegen, so dass mit Ablauf des Jahres 2004 Verjährung eingetreten sei. Der Kläger habe spätestens im Jahre 2001 gewusst, dass es sich bei den von ihm gezeichneten Beteiligungen nicht um sichere Kapitalanlagen gehandelt habe. Insoweit sei ihm auch bewusst gewesen, dass der Beklagte ihn unrichtig beraten und nicht über das Verlustrisiko sowie eine eventuell bestehende Nachschusspflicht aufgeklärt habe. Diese Kenntnis beziehe sich nicht nur auf die Beratungspflichtverletzung, sondern auch auf den eingetretenen Schaden, nämlich die Vermögensminderung in Gestalt nicht wertgesicherter Anlagen.
7
Der eventuelle Anspruch auf Schadensersatz sei auch nicht deshalb unverjährt , weil mehrere Beratungsfehler vorlägen, die dem Kläger erst sukzessive bekannt geworden seien. Zwar beginne die Verjährung, wenn sich ein Anspruch auf mehrere Pflichtverletzungen stützen lasse, jeweils gesondert zu lau- fen (BGH, Urteil vom 9. November 2007 - V ZR 25/07, NJW 2008, 506). Dieser aus der früheren Rechtsprechung zu § 852 Abs. 1 BGB a.F. hergeleitete Grundsatz beruhe jedoch darauf, dass jede Handlung, die eigene Schadensfolgen erzeuge und dadurch zum Gesamtschaden beitrage, verjährungsrechtlich eine neue selbständige Schädigung darstelle und daher einen neuen Ersatzanspruch mit eigener Verjährungsfrist schaffe. Mit dem 8. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts (Urteil vom 21. August 2008 - 8 U 289/07-80, OLGR 2008, 983) sei daher davon auszugehen, dass der einzelne Beratungsfehler nur dann eine gesonderte kenntnisabhängige Verjährungsfrist auslöse, wenn er eine eigene Schadensfolge herbeigeführt habe. Im vorliegenden Fall lägen bereits nicht mehrere voneinander trennbare, sondern nur ein einheitlicher Beratungsfehler hinsichtlich der Sicherheit der ins Auge gefassten Anlage vor. Die einzelnen zu beachtenden Sicherheitsaspekte beträfen insoweit lediglich einzelne Ausprägungen der erforderlichen Gesamtbetrachtung, etwa das Risiko eines Totalverlusts, einer Nachschusspflicht oder die Verminderung der Gewinnerwartungen im Falle gewinnunabhängig möglicher Entnahmen. Über keinen dieser zusammen gehörenden Umstände habe der Beklagte beraten. Selbst wenn man hierin jedoch verschiedene Beratungsfehler sehen wollte, hätten diese lediglich eine einheitliche Schadensfolge ausgelöst, nämlich den Verlust der klägerischen Investitionen aufgrund unsicherer, nicht werthaltiger Beteiligungen. Dies bedeute, dass der Kläger schlicht die getätigten Einzahlungen ersatzlos verloren habe, ohne dass danach differenziert werden könne, bei welchen Teilbeträgen welcher Beratungsfehler ursächlich gewesen sei. Die Verjährung habe deshalb nicht mit jeder eventuellen späteren Kenntnis von weiteren Beratungsfehlern, deren Zeitpunkt im Übrigen auch nicht substantiiert dargelegt und unter Beweis gestellt worden sei, neu zu laufen begonnen.

II.


8
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
9
1. Die hier in Rede stehenden Ansprüche wegen Beratungspflichtverletzung sind im Jahre 1996, nämlich mit der Beteiligung an der "G. Gruppe" entstanden (§ 198 Satz 1 BGB a.F.) und unterlagen zunächst der 30jährigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB a.F. Zwar ist der für den Verjährungsbeginn maßgebliche Eintritt eines Schadens regelmäßig erst dann anzunehmen, wenn es zu einer konkreten Verschlechterung der Vermögenslage des Gläubigers gekommen ist; der Eintritt einer risikobehafteten Situation reicht dafür regelmäßig nicht (vgl. nur BGH, Urteile vom 22. Februar 1979 - VIII ZR 256/77, BGHZ 73, 263, 265; vom 23. März 1987 - II ZR 190/86, BGHZ 100, 228, 231 f; und vom 28. Oktober 1993 - IX ZR 21/93, BGHZ 124, 27, 30). Jedoch kann der auf einer Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung beruhende Erwerb einer für den Anlageinteressenten nachteiligen, weil seinen konkreten Anlagezielen und Vermögensinteressen nicht entsprechenden Kapitalanlage bereits für sich genommen einen Schaden darstellen und ihn deshalb - unabhängig von der ursprünglichen Werthaltigkeit der Anlage - dazu berechtigen, im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung zu verlangen; der Anspruch entsteht hierbei schon mit dem (unwiderruflichen und vollzogenen) Erwerb der Anlage (vgl. - jeweils mwN - nur BGH, Urteil vom 8. März 2005 - XI ZR 170/04, BGHZ 162, 306, 309 f; Senat, Urteil vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, BGHZ 186, 152 Rn. 24). So liegt der Fall auch hier.
10
2. Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 EGBGB gilt seit dem 1. Januar 2002 für bis dahin nicht verjährte Schadensersatzansprüche die dreijährige Regelverjährung nach § 195 BGB n.F. Hierbei setzt der Beginn der Frist allerdings das Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB voraus, das heißt der Gläubiger muss von den seinen Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt haben oder seine diesbezügliche Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruhen (vgl. nur BGH, Urteile vom 23. Januar 2007 - XI ZR 44/06, BGHZ 171, 1 Rn. 19 ff; und vom 20. Januar 2009 - XI ZR 504/07, BGHZ 179, 260 Rn. 46; Senat, Urteile vom 19. November 2009 - III ZR 169/08, BKR 2010, 118 Rn. 13, und vom 8. Juli 2010 aaO Rn. 25). Für eine dahingehende Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis trägt der Schuldner - hier also der Beklagte - die Darlegungs - und Beweislast (vgl. nur BGH, Urteile vom 23. Januar 2007 aaO Rn. 32; und vom 3. Juni 2008 - XI ZR 319/06, ZIP 2008, 1714 Rn. 25; Senat, Urteil vom 8. Juli 2010 aaO).
11
3. Geht es um den Vorwurf verschiedener Aufklärungs- oder Beratungsfehler sind die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB getrennt für jede einzelne Pflichtverletzung zu prüfen. Wird ein Schadensersatzanspruch auf mehrere voneinander abgrenzbare Fehler bzw. offenbarungspflichtige Umstände gestützt , beginnt die Verjährung daher nicht einheitlich, wenn bezüglich eines Fehlers bzw. Umstands Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vorliegt und dem Anleger insoweit eine Klage zumutbar wäre. Vielmehr ist jede Pflichtverletzung verjährungsrechtlich selbständig zu behandeln. Dem Gläubiger muss es in einem solchen Fall auch unbenommen bleiben, eine ihm bekannt gewordene Pflichtverletzung - selbst wenn eine darauf gestützte Klage auf Rückabwicklung des Vertrags erfolgversprechend wäre - hinzunehmen, ohne Gefahr zu laufen, dass deshalb Ansprüche aus weiteren, ihm zunächst aber noch unbekannten Pflichtverletzungen zu verjähren beginnen (vgl. BGH, Urteile vom 9. November 2007 - V ZR 25/07, NJW 2008, 506 Rn. 14 ff; und vom 23. Juni 2009 - XI ZR 171/08, BKR 2009, 372 Rn. 14; Senat, Urteile vom 19. November 2009 aaO Rn. 14 f; und vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09, WM 2010, 1690 Rn. 13).
12
4. Mit diesen Grundsätzen ist die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht vereinbar.
13
a) Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts liegt kein einheitlicher Beratungsfehler mit einer insoweit einheitlichen Verjährungsfrist vor. Die in den Gründen des angefochtenen Urteils angesprochenen Aspekte des Totalverlustrisikos , der Nachschusspflicht sowie der Verminderung der Gewinnerwartungen im Fall gewinnunabhängig möglic her Entnahmen wie auch die vom Kläger nach dem Tatbestand des angefochtenen Urteils weiter erhobenen Rügen - unter anderem im Zusammenhang mit der Fungibilität der Anlage, dem mangelnden Kapitalzuwachs und den Innenprovisionen - lassen sich nicht unter dem Oberbegriff der "Sicherheit der Anlage" zu einer Einheit zusammenfassen und insoweit als unselbständige Bestandteile einer einzigen Pflichtverletzung charakterisieren. Es handelt sich vielmehr um mehrere voneinander abgrenzbare Gesichtspunkte, die gegebenenfalls Gegenstand eigenständiger Aufklärungs - und Beratungspflichten sein können. Die gegenteilige "Gesamtbetrachtung" des Berufungsgerichts läuft im Ergebnis auch auf eine unzulässige Aushöhlung der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hinaus.
14
b) Danach unterliegen mehrere Aufklärungs- oder Beratungsfehler, auch wenn sie nicht jeweils unterschiedliche eigenständige Schadensfolgen verursacht haben, sondern in demselben Schaden - hier: Erwerb der Kapitalanlage - münden, keiner einheitlichen, mit der Kenntnis vom ersten Fehler beginnenden Verjährung.
15
Soweit das Berufungsgericht aus der in den Urteilen vom 9. November 2007 (Rn. 15 f) und 19. November 2009 (Rn. 15) erfolgten Bezugnahme auf die frühere Rechtsprechung zu § 852 BGB a.F. ableitet, dass eine neue Verjährungsfrist nur bei Verursachung eines gesonderten, von anderen Fehlern und deren Folgen abgrenzbaren Schadens in Gang gesetzt wird, ist dies unzutreffend. Abgesehen davon, dass sich dieser Schluss aus der früheren Rechtsprechung zu § 852 BGB a.F. nicht ziehen lässt, liegt der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB die gegenteilige Auffassung zugrunde. Mit der in den vom Berufungsgericht angesprochenen Entscheidungen verwandten Formulierung "eigene Schadensfolgen" sind insoweit nicht (nur) unterschiedliche Schäden gemeint (dass dann, wenn verschiedene Aufklärungs - und Beratungsfehler unterschiedliche Schadensfolgen verursachen, die sich hieraus ergebenden Schadensersatzansprüche auch unterschiedlich verjähren, hätte im Übrigen, weil selbstverständlich, keiner näheren Begründung bedurft); vielmehr wird auch und gerade der Fall erfasst, dass die Pflichtverletzungen denselben Schaden verursachen, also auch weitere Beratungsoder Aufklärungsfehler ursächlich für die Anlageentscheidung gewesen sind. Dies zeigen die in den Urteilen vom 9. November 2007, 23. Juni und 19. November 2009 sowie 22. Juli 2010 erfassten Fallgestaltungen. Die Verjährung beginnt danach für jeden abgrenzbaren Beratungsfehler gesondert zu laufen, und zwar, wenn der Anleger die Umstände, insbesondere die wirtschaftlichen Zusammenhänge kennt, aus denen sich die jeweilige Rechtspflicht des Bera- ters oder Vermittlers zur Aufklärung ergibt (BGH, Urteil vom 9. November 2007 aaO Rn. 17; Senat, Urteil vom 19. November 2009 aaO Rn. 15).
16
Die gegenteilige Auffassung des Berufungsgerichts würde vor dem Hintergrund , dass Beratungsfehler im Zusammenhang mit einer Kapitalanlage regelmäßig die im Erwerb der Anlage liegende Schadensfolge verursachen, dazu führen, dass die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aufgestellten Grundsätze praktisch leer liefen.
17
5. Das angefochtene Urteil wird auch nicht von der - letztlich mehr beiläufigen - Bemerkung des Berufungsgerichts getragen, der Zeitpunkt einer eventuellen späteren Kenntnis von weiteren Beratungsfehlern sei im Übrigen nicht substantiiert dargelegt und unter Beweis gestellt. Denn es ist grundsätzlich Sache des Beklagten und nicht des Klägers, die für den Beginn der Verjährungsfrist maßgebenden Tatsachen vorzutragen und zu beweisen (vgl. nur BGH, Urteile vom 23. Januar 2007 aaO Rn. 32; und vom 3. Juni 2008 aaO Rn. 25; Senat, Urteil vom 8. Juli 2010 aaO Rn. 25).
18
6. Da das Berufungsgericht keine Feststellungen zu den Voraussetzungen und zur Höhe des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs getroffen hat, ist die Sache nicht zur Endentscheidung reif. Sie ist deshalb unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an die Vorinstanz zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 und 3 ZPO).
Schlick Herrmann Wöstmann
Hucke Seiters
Vorinstanzen:
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 02.06.2009 - 14 O 448/08 -
OLG Saarbrücken, Entscheidung vom 17.03.2010 - 5 U 338/09-83- -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 277/09 Verkündet am:
20. September 2011
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Vor dem Abschluss eines Unterbeteiligungsvertrages zu Anlagezwecken ist der Vertragspartner
des Kapitalanlegers nur unter besonderen Voraussetzungen verpflichtet,
diesen über die Zahlung von Vertriebsprovisionen aufzuklären, die er an einen zugleich
für den Anleger beratend tätigen Anlagevermittler leistet.
BGH, Urteil vom 20. September 2011 - II ZR 277/09 - OLG München
LG München I
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Juni 2011 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Bergmann, die
Richterin Caliebe und die Richter Dr. Drescher, Born und Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 28. September 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte, eine Privatbank, beteiligte sich im Jahr 2000 mit einem An- teil von rund 8,5 Mio. € an der Fondsgesellschaft „W. V. II GmbH & Co. KG“. Sie räumte der Klägerin durch Vertrag vom 30. März/ 24. Mai 2000 eine Unterbeteiligung in Höhe von 100.000 € ein. Zu diesem Zweck vereinbarten die Parteien in § 1 des Vertrags eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts; die Klägerin erwarb keine Mitberechtigung an der Hauptbeteiligung , sondern nur schuldrechtliche Ansprüche aus dem Vertrag mit der Beklagten. In § 3 des Vertrags verpflichtete sich die Klägerin, zuzüglich zu der Einlage in Höhe von 100.000 € ein Agio in Höhe von 5 % zu leisten, das der Aufbringung des Agios für die Hauptbeteiligung dienen sollte.
2
Die Unterbeteiligung der Klägerin war auf Empfehlung des Grafen S. zustande gekommen, der die Klägerin seinerzeit in Geldanlagen beriet und der zugleich Geschäftsbeziehungen zu der Beklagten unterhielt. Graf S. stand auch mit weiteren Anlegerinnen in Verbindung, die bei der Beklagten eine Unterbeteiligung an dem genannten Fonds erwarben. Am 31. März 2000 überwies ihm die Beklagte 40.000,01 DM (20.451,68 €) als „Bonifikation bezüglich Ihrer Vermittlungstätigkeit V. II Zeichnungen“. Hierüber klärte sie die Klägerin nicht auf.
3
Die Klägerin überließ Graf S. den Beteiligungsbetrag zuzüglich Agio in Höhe von insgesamt 105.000 € zur Weiterleitung an die Beklagte. Die Beklagte forderte den Betrag, wie in § 3 des Unterbeteiligungsvertrages optional vorgesehen, erst nach und nach in Teilbeträgen ein, wobei sie ihre Kapitalabrufe an Graf S. richtete, ohne die Klägerin darüber zu informieren. Graf S. kam den Kapitalabrufen nur teilweise nach. Am 16. November 2004 beging er Selbstmord. Der Insolvenzverwalter über seinen Nachlass zahlte am 3. Sep- tember 2007 an die Klägerin 11.355,74 €.
4
Das Landgericht hat der Klägerin Schadensersatz in Höhe des Anlagebetrages samt Agio abzüglich der geleisteten Zahlung Zug um Zug gegen Rückübertragung der Ansprüche aus der Unterbeteiligung sowie außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten zugesprochen. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Dagegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
6
I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
7
Der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein auf Rückabwicklung der Unterbeteiligung gerichteter Schadensersatzanspruch nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo zu, weil die Beklagte sie nicht vor Vertragsschluss auf die mit Graf S. bestehende Provisionsvereinbarung hingewiesen habe. Nach Beweisaufnahme bestehe kein Zweifel daran, dass die Beklagte dem Grafen S. noch vor dem Vertragsabschluss mit der Klägerin eine Provision für die Vermittlung von Unterbeteiligungen versprochen und in Höhe von 2 % der Beteiligungssumme gezahlt habe. Durch die Provisionsvereinbarung habe die Beklagte das Interesse der Klägerin an einer neutralen und sachgerechten Beratung gefährdet; darüber hätte sie die Klägerin aufklären müssen. Die Aufklärungspflicht bestehe unabhängig davon, ob Graf S. als Vermögensverwalter oder als Anlageberater der Klägerin aufgetreten sei. Die Pflichtverletzung der Beklagten sei auch schuldhaft und für den Schaden der Klägerin ursächlich gewesen. Die Klägerin, der die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens zu Gute komme, sei so zu stellen, als wäre sie die streitgegenständliche Unterbeteiligung nicht eingegangen.
8
II. Diese Beurteilung hält rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand. Die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts bieten keine tragfähige Grundlage für die Annahme eines vorvertraglichen Aufklärungsverschuldens der Beklagten.
9
1. Die Feststellung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe Graf S. für die Vermittlung der Unterbeteiligung eine Provision versprochen, lässt allerdings keinen revisionsrechtlich relevanten Fehler erkennen; sie wird von der Revision auch nicht angegriffen.
10
2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung die Annahme zugrunde gelegt, der Vertragspartner des Anlegers (hier: die Beklagte ) habe diesen grundsätzlich über Provisionszahlungen aufzuklären, die er dem Vermögensverwalter oder Anlageberater des Anlegers gewährt.
11
a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass zwischen den Parteien mit dem Abschluss des Unterbeteiligungsvertrags eine Innengesellschaft des Bürgerlichen Rechts zustande gekommen ist, an der sich die Klägerin zu Anlagezwecken beteiligt hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Vertragspartner des Anlegers diesem wegen Verschuldens beim Abschluss des mit ihm geschlossenen Gesellschaftsvertrags zum Schadenersatz verpflichtet sein, wenn er den Anleger bei der Vertragsanbahnung nicht über alle für seine Anlageentscheidung wesentlichen Umstände zutreffend, verständlich und vollständig aufklärt (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, ZIP 2004, 1706, 1707 f.; Urteil vom 29. November 2004 - II ZR 6/03, ZIP 2005, 254, 256; Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 140/03, ZIP 2005, 753, 757; Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 310/03, ZIP 2005, 759, 760 f.). Diese Aufklärungspflicht trifft den Vertragspartner des Anlegers unabhängig davon, ob der Gesellschaftsvertrag unter Verwendung eines Prospekts angebahnt wird (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juni 2008 - II ZR 210/06, BGHZ 177, 25 Rn. 11). Die Klägerin macht allerdings, soweit sie beanstandet, dass die Beklagte die an Graf S. gezahlte Provision verschwiegen habe, keinen Aufklärungsmangel geltend, der die Umstände der Hauptbeteiligung betrifft. Daher musste sich das Berufungsgericht auch nicht näher damit befassen, dass der Klägerin nach § 1 Nr. 3 des Unterbeteiligungsvertrages der Zeichnungsprospekt der Hauptgesellschaft mit weiteren Unterlagen übergeben und erläutert worden sein soll.
12
b) Der Vertragspartner des Anlegers ist jedoch grundsätzlich nicht verpflichtet , diesen vor Vertragsabschluss über die Zahlung von Vertriebsprovisionen aufzuklären, die er an einen (zugleich für den Anleger beratend tätigen) Anlagevermittler leistet (vgl. BGH, Urteil vom 14. März 2003 - V ZR 308/02, ZIP 2003, 1355, 1356; Urteil vom 21. September 2010 - XI ZR 232/09, ZIP 2010, 2140 Rn. 19 f.; s.a. Urteil vom 15. April 2010 - III ZR 196/09, BGHZ 185, 185 Rn. 11 ff.). Zwar besteht selbst bei Vertragsverhandlungen, in denen die Parteien entgegengesetzte Interessen verfolgen, die Pflicht, den anderen Teil über solche Umstände aufzuklären, die den von ihm verfolgten Vertragszweck vereiteln können und daher für seinen Entschluss von wesentlicher Bedeutung sind, sofern er die Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwarten durfte (BGH, Urteil vom 4. April 2001 - VIII ZR 32/00, ZIP 2001, 918, 920; Urteil vom 14. März 2003 - V ZR 308/02, ZIP 2003, 1355, 1357). Diese allgemeinen Voraussetzungen einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht sind aber nicht schon dann erfüllt, wenn der eine Verhandlungspartner dem (auch für den anderen Teil tätigen) Vermittler des Geschäfts eine Provision zahlt.
13
aa) Nur unter besonderen Voraussetzungen hat der Vertragspartner des Anlegers diesem gegenüber die an einen Vermittler gezahlte Vertriebsprovision offenzulegen. Der Bundesgerichtshof hat eine solche Offenbarungspflicht für den Fall bejaht, dass eine Bank den Vermögensverwalter eines Kunden an ihren Provisionen und Depotgebühren beteiligt (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2000 - XI ZR 349/99, BGHZ 146, 235, 239). Durch die Vereinbarung, dem Vermögensverwalter einen Teil der Provisionen und Depotgebühren zu vergüten, die sie künftig von Kunden erhalte, die er ihr zuführe, schaffe die Bank nämlich für ihn einen Anreiz, sowohl bei der Auswahl der Bankverbindung als auch hinsichtlich der Anzahl und des Umfangs der Geschäfte nicht allein das Interesse des Kunden, sondern auch das eigene Interesse an möglichst umfangreichen Vergütungen der Bank zu berücksichtigen (BGH, aaO). An einer vergleichbaren Interessengefährdung und damit an der Grundlage für die Annahme einer Aufklärungspflicht fehlt es jedoch, wenn zwischen dem Anleger und dem Provisionsempfänger kein Vertragsverhältnis besteht, aufgrund dessen der Provisionsempfänger ähnlich einem Vermögensverwalter die Wahrnehmung der Interessen des Anlegers - insbesondere als Hauptleistungspflicht - schuldet (vgl. BGH, Urteil vom 14. März 2003 - V ZR 308/02, ZIP 2003, 1355, 1356; Urteil vom 21. September 2010 - XI ZR 232/09, ZIP 2010, 2140 Rn. 20).
14
bb) Danach kommt eine Pflicht des Vertragspartners des Anlegers, die Bezahlung einer Vertriebsprovision zu offenbaren, lediglich dann in Betracht, wenn der Provisionsempfänger ähnlich einem Vermögensverwalter verpflichtet ist, die Interessen des Anlegers wahrzunehmen und wenn infolgedessen durch die Provisionsvereinbarung das Interesse des Anlegers an einer sachgerechten , durch eigene Erwerbsinteressen seines Vermögensverwalters oder Beraters unbeeinflussten Anlageempfehlung erheblich gefährdet wird. Eine solche Aufklärungspflicht setzt weiter voraus, dass der Anleger die durch die Provisionsvereinbarung bedingte Gefährdung seiner Interessen ohne zutreffende Aufklärung nicht erkennen würde. Erforderlich ist außerdem, dass die Aufklärungsbedürftigkeit des Anlegers einschließlich der sie begründenden Vertragsbeziehung zu dem Provisionsempfänger für den Vertragspartner des Anlegers ersichtlich ist.
15
c) Das Berufungsgericht hat die für die Annahme einer Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten erforderlichen Feststellungen nicht getroffen.
16
aa) Das Berufungsgericht durfte sich schon im Rahmen der Prüfung, ob zwischen Graf S. und der Klägerin ein Vertragsverhältnis bestand, das als Grundlage für eine Aufklärungspflicht der Beklagten über die Provisionszahlung an Graf S. in Betracht kam, nicht darauf beschränken, offen zu lassen, ob Graf S. als Vermögensverwalter der Klägerin oder als deren Anlageberater tätig geworden ist, ohne nähere Feststellungen zum konkreten Inhalt der Rechtsbeziehung zwischen der Klägerin und dem Grafen S. zu treffen. Der Auffassung des Berufungsgerichts, der Anlageberater habe (als solcher) seine Vertragspflichten „neutral“, nämlich anleger- und objektgerecht zu erfüllen und dürfe sich dabei nicht von eigenen finanziellen Interessen leiten lassen, und dem vom Berufungsgericht darauf gestützten Schluss, dass schon aus diesem Grund eine Aufklärungspflicht der Beklagten auch dann bestanden habe, wenn Graf S. als Anlageberater für die Klägerin tätig geworden sei, kann aus Rechtsgründen nicht gefolgt werden. Die bloße - nicht näher konkretisierte - Annahme, der Provisionsempfänger sei (möglicherweise) als Anlageberater für den Anleger tätig geworden, reicht für die Feststellung eines eine Aufklärungspflicht des die Provision zahlenden Vertragspartners des Anlegers begründenden Vertragsverhältnisses zwischen dem Anleger und dem Provisionsempfänger nicht aus. Dem allein lässt sich nicht entnehmen, dass der Provisionsempfänger ähnlich einem Vermögensverwalter verpflichtet war, die Interessen des Anlegers so wahrzunehmen, dass durch die Provisionsvereinbarung das Interesse des Anlegers an einer sachgerechten, durch eigene Erwerbsinteressen seines Beraters unbeeinflussten Anlageempfehlung erheblich gefährdet war.
17
bb) Wie der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs - nach Erlass des Berufungsurteils - entschieden hat, besteht für einen nicht bankmäßig gebundenen , freien Anlageberater - soweit nicht § 31d des Wertpapierhandelsgesetzes eingreift - jedenfalls dann keine Verpflichtung gegenüber seinem Kunden, ungefragt über eine von ihm bei der empfohlenen Anlage erwartete Provision aufzu- klären, wenn der Kunde selbst keine Provision an den Berater zahlt und offen ein Agio oder Kosten für die Eigenkapitalbeschaffung ausgewiesen werden, aus denen ihrerseits die Vertriebsprovisionen aufgebracht werden (BGH, Urteil vom 15. April 2010 - III ZR 196/09, BGHZ 185, 185; Urteil vom 3. März 2011 - III ZR 170/10, ZIP 2011, 607; s.a. BGH, Beschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, ZIP 2011, 855 Rn. 28 ff.). Maßgebend hierfür ist die Erwägung, dass es für einen Anleger, der sich durch einen freien Anlageberater beraten lässt und diesem selbst keinerlei Entgelt oder Provision zahlt, regelmäßig auf der Hand liegt, dass der Anlageberater von der kapitalsuchenden Anlagegesellschaft (gegebenenfalls vermittelt über einen Hauptvertriebsbeauftragten) Vertriebsprovisionen erhält, die jedenfalls wirtschaftlich betrachtet dem vom Anleger an die Anlagegesellschaft gezahlten Betrag entnommen werden.
18
cc) Schon aus diesem Grunde genügte entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die Annahme, Graf S. sei (jedenfalls) als Anlageberater der Klägerin tätig geworden, nicht. Soweit das Berufungsgericht beiläufig auch darauf abstellt, dass Graf S. tatsächlich als von der Klägerin vergüteter Anlageberater tätig geworden sein könne, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Für welche konkreten Leistungen Graf S. etwaige Vergütungen von der Klägerin, für die er nach den tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts zum damaligen Zeitpunkt in Geldanlagen beratend tätig war, erhalten hat, lässt sich dem Berufungsurteil nicht entnehmen. Es kann daher hier offen bleiben, unter welchen Voraussetzungen der Umstand, dass der Provisionsempfänger (hier: Graf S. ) auch von dem Anleger eine Vergütung erhält, eine Aufklärungspflicht des Vertragspartners des Anlegers (hier: der Beklagten) über die von ihm gezahlte Provision begründet oder zu deren Begründung zumindest beitragen kann.
19
III. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
20
Anders als die Revisionserwiderung meint, kann eine vorvertragliche Pflichtverletzung der Beklagten nicht ohne weiteres daraus hergeleitet werden, dass einer Provisionszahlung an Graf S. die Regelung in § 3 Nr. 1 Satz 2 des Unterbeteiligungsvertrages entgegengestanden habe, nach der das Agio der Aufbringung des Agios für die Hauptbeteiligung dienen sollte. Diese Vertragsbestimmung lässt die Möglichkeit offen, dass aus dem Agio für die Hauptbeteiligung Vertriebsprovisionen gezahlt und von der Beklagten gegebenenfalls (anteilig) weitergereicht werden. Nach § 1 Nr. 4 Satz 2 des Unterbeteiligungsvertrags war die Beklagte zwar verpflichtet, alle Vorteile unverzüglich an die Klägerin weiterzureichen. Hiervon wurde aber „die von der Beklagten berechtigterweise vereinnahmte Platzierungsprovision“ ausgenommen, deren Höhe un- genannt blieb. Daraus konnte die Klägerin entnehmen, dass die Beklagte nicht provisionsfrei tätig wurde und dass auch eine Bezahlung von Unterprovisionen in Betracht kam.
21
IV. Die Sache ist entgegen der Ansicht der Revision nicht im Sinne der Beklagten entscheidungsreif.
22
1. Sollte die Beklagte verpflichtet gewesen sein, die Klägerin über die Provisionsvereinbarung mit Graf S. aufzuklären, so könnte sie sich nicht auf einen unvermeidbaren Rechtsirrtum berufen. Die Beklagte musste eine aufgrund ihrer Beteiligung an der Provisionsvereinbarung mit Graf S. möglicherweise bestehende Verpflichtung zur Aufklärung der Klägerin in Betracht ziehen.
23
2. Ein Verschulden der Beklagten kann auch nicht mit der Begründung verneint werden, die Beklagte habe gemäß § 708 BGB nur für diejenige Sorgfalt einstehen müssen, die sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt. Die Haftungsmilderung nach § 708 BGB gilt im vorvertraglichen Stadium jedenfalls dann nicht, wenn die Pflichtverletzung in einer Fehlinformation oder einer Aufklärungspflichtverletzung besteht, die den Geschädigten zum Abschluss des Gesellschaftsvertrages erst bewogen hat (vgl. Staudinger/Habermeier, BGB, Neubearb. 2003, § 708 Rn. 2; MünchKommBGB/Emmerich, 5. Aufl., § 311 Rn. 282; Palandt/Sprau, BGB, 70. Aufl., § 708 Rn. 2).
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V. Das Berufungsurteil ist danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit es die zur Beurteilung einer möglichen Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten erforderlichen Feststellungen treffen kann.
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Sollte das Berufungsgericht in der wiedereröffneten Berufungsverhandlung erneut zu dem Ergebnis gelangen, dass die Beklagte der Klägerin wegen Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht zum Schadensersatz verpflichtet ist, wird es hinsichtlich der Höhe des Schadens folgendes zu beachten haben:
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1. Grundsätzlich ist der Schadensersatzanspruch eines unzutreffend oder unzureichend informierten Anlegers aus Verschulden bei Vertragsschluss umfassend darauf gerichtet, so gestellt zu werden, als hätte er die Anlageentscheidung nicht getroffen. Geschützt wird das Recht des Anlegers, in freier Willensentscheidung zutreffend informiert unter Abwägung der bestehenden Chancen und Risiken über die Verwendung seines Vermögens selbst zu bestimmen. Auf einen Schaden im Sinne fehlender Werthaltigkeit der Beteiligung kommt es nicht an. Der Anleger kann grundsätzlich Befreiung von dem abgeschlossenen Vertrag und Ersatz seiner im Zusammenhang mit dem Vertrag stehenden Aufwendungen verlangen (BGH, Urteil vom 5. Juli 1993 - II ZR 194/92, BGHZ 123, 106, 111 ff.; Urteil vom 31. Mai 2010 - II ZR 30/09, ZIP 2010, 1397, Rn. 19).
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Aus diesen Grundsätzen folgt jedoch nicht, dass der Schadensersatzanspruch des Anlegers auch den Ausgleich von Nachteilen umfasst, die der Anleger erleidet, weil schon der Versuch, den Anlagebetrag dem Partner des Anlagegeschäfts zur Verfügung zu stellen, (teilweise) fehlschlägt. Das Recht des Anlegers, zutreffend informiert in freier Willensentscheidung über die Verwendung seines Vermögens bestimmen zu können, wird durch die Investition in eine Kapitalanlage beeinträchtigt, für die er sich bei zutreffender Information nicht entschieden hätte. Der Schutzzweck der Aufklärungspflicht umfasst nicht den Ersatz von Verlusten, die zwar aus Anlass des Anlagegeschäfts, aber unabhängig von seinem Inhalt und Gegenstand im Zuge des Geldtransfers eintreten und auf Umstände zurückzuführen sind, die - wie die Untreuehandlungen eines von dem Anleger beauftragten Geldübermittlers - der Sphäre des Anlegers zuzuordnen sind.
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2. Nach der für Schadensersatzansprüche aller Art anerkannten Schutzzwecklehre besteht eine Schadensersatzpflicht nur dann, wenn der geltend gemachte Schaden nach Art und Entstehungsweise unter den Schutzzweck der verletzten Norm oder Pflicht fällt. Zu ersetzen sind lediglich die Schäden, die aus dem Bereich der Gefahren stammen, vor denen die betreffende Verhaltenspflicht schützen soll (BGH, Urteil vom 22. April 1958 - VI ZR 65/57, BGHZ 27, 137, 143; Urteil vom 6. Mai 1999 - III ZR 89/97, NJW 1999, 3203, 3204; Urteil vom 6. Juni 2002 - III ZR 206/01, ZIP 2002, 1453, 1454; Urteil vom 11. Januar 2005 - X ZR 163/02, NJW 2005, 1420, 1421 f.; Staudinger/ Schiemann, BGB, Neubearb. 2005, § 249 Rn. 27; MünchKomm/Oetker, BGB, 5. Aufl., § 249 Rn. 118; Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl., vor § 249 Rn. 29).
Dies gilt auch dann, wenn der Schaden letztlich durch das vorsätzliche Fehlverhalten eines Dritten herbeigeführt wurde (vgl. BGH, Urteil vom 3. Oktober 1978 - VI ZR 253/77, NJW 1979, 712 f.; Urteil vom 26. Januar 1989 - III ZR 192/87, BGHZ 106, 313, 316 f.; Erman/Ebert, BGB, 12. Aufl., vor § 249 Rn. 59; Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl., vor § 249 Rn. 49; s.a. Staudinger/ Schiemann, BGB, Neubearb. 2005, § 249 Rn. 61; MünchKomm/Oetker, BGB, 5. Aufl., § 249 Rn. 152). Der Nachteil muss zu der vom Schädiger geschaffenen Gefahrenlage in einem inneren Zusammenhang stehen, eine bloß zufällige äußere Verbindung genügt nicht (BGH, Urteil vom 14. März 1985 - IX ZR 26/84, ZIP 1985, 1143, 1148).
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Die Pflicht, über eine Provisionsvereinbarung aufzuklären, dient zwar auch dazu, dem Anleger wegen seines Interesses am Erfolg des in Aussicht genommenen Anlagegeschäfts Informationen über die Vertrauenswürdigkeit seines Beraters im Hinblick auf die Qualität der Anlageempfehlung zu vermitteln (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BGH, Urteil vom 19. Dezember 2000 - XI ZR 349/99, BGHZ 146, 235, 240). Ein Schaden, der dem Anleger durch die Veruntreuung der dem Berater zu Anlagezwecken anvertrauten Gelder entsteht , stammt jedoch nicht aus dem Bereich der Gefahren, vor denen die Pflicht zur Aufklärung über eine Provisionszahlung schützen soll.
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Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 20.10.2008 - 27 O 16345/06 -
OLG München, Entscheidung vom 28.09.2009 - 19 U 5072/08 -

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

Die Aufrechnung bewirkt, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind.

Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann.

Die Aufrechnung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil. Die Erklärung ist unwirksam, wenn sie unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben wird.

Die Verjährung schließt die Aufrechnung und die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts nicht aus, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals aufgerechnet oder die Leistung verweigert werden konnte.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

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(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.