vorgehend
Landgericht Hannover, 8 O 183/07, 09.07.2009
Oberlandesgericht Celle, 3 U 202/09, 21.04.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 191/10
vom
19. Juli 2011
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zu Rückvergütungen, über die eine anlageberatende Bank einen Kapitalanleger
aufklären muss (Bestätigung des Senatsbeschlusses vom 9. März 2011 - XI ZR
191/10, WM 2011, 925 Rn. 21 ff.).

b) Zur Kausalität zwischen einer Aufklärungspflichtverletzung und dem Erwerb
einer Kapitalanlage (Bestätigung des Senatsbeschlusses vom 9. März 2011
- XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 33 ff.).

c) Zur schuldhaften Verletzung der Pflicht der anlageberatenden Bank, über
Rückvergütungen aufzuklären (Festhalten an Senatsbeschluss vom 29. Juni
2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694).

d) Zur Haftung wegen falscher Darstellung einer Kapitalgarantie.
BGH, Beschluss vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10 - OLG Celle
LG Hannover
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Wiechers, die Richterin Mayen und die Richter Dr. Ellenberger, Maihold und
Pamp
am 19. Juli 2011
einstimmig beschlossen:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 21. April 2010 wird auf ihre Kosten nach § 552a ZPO i.V.m. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO zurückgewiesen.

Gründe:

1
Zur Begründung wird auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 9. März 2011 (XI ZR 191/10, WM 2011, 925 ff.) Bezug genommen. Die Stellungnahme der Revision vom 11. Mai 2011 gibt zu einer abweichenden Beurteilung keinen Anlass.
2
1. Entgegen der Ansicht der Revision ist ein Zulassungsgrund im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Januar 2005 - I ZR 255/02, NJW-RR 2005, 650 f.) nicht gegeben. Die Rechtsfrage, was unter aufklärungspflichtigen Rückvergütungen zu verstehen ist, ist - wie im Hinweisbeschluss im Einzelnen dargelegt - aufgrund der bisherigen Senatsrechtsprechung beantwortbar, so dass weder grundsätzliche Bedeutung noch Rechtsfortbildung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 Fall 1 ZPO) die Zulassung der Revision erfordern. Da das Berufungsgericht sich insgesamt in Übereinstimmung mit dieser Rechtsprechung befindet, erfordert auch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO) die Zulassung der Revision im vorliegenden Verfahren nicht, selbst wenn das Oberlandesgerichts Frankfurt am Main einen von der Senatsrechtsprechung abweichenden Obersatz aufgestellt hätte (vgl. Senatsbeschluss vom 9. März 2011 aaO Rn. 16).
3
2. Die Revision hat auch aus den im Hinweisbeschluss des Senats vom 9. März 2011 (aaO Rn. 17 ff.) genannten Gründen keine Aussicht auf Erfolg. Die Stellungnahme der Revision vom 11. Mai 2011 bietet keinen Anlass, von der Beurteilung im Hinweisbeschluss abzuweichen.
4
a) Zum unterschiedlichen dogmatischen Ansatz für die Aufklärungspflicht über Rückvergütungen einerseits und Innenprovisionen andererseits wird auf die Ausführungen im Hinweisbeschluss vom 9. März 2011 (aaO Rn. 21 ff.) verwiesen. Soweit die Revision sich nunmehr insgesamt gegen die Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Pflicht einer anlageberatenden Bank, einen Anleger, dem sie eine Kapitalanlage empfiehlt, ungefragt über erhaltene Rückvergütungen aufzuklären, wendet, hält der Senat an seiner gefestigten Rechtsprechung fest (vgl. Senatsbeschluss vom 9. März 2011 aaO Rn. 20 mwN). Die Revision beruft sich für ihre gegenteilige Ansicht auf das Senatsurteil vom 22. März 2011 (XI ZR 33/10, WM 2011, 682 Rn. 38). Dabei verkennt sie, dass es in jenem Urteil um die Frage der Aufklärung über den in die Vertragsbedingungen einkalkulierten Gewinn des Verkäufers im Zweipersonenverhältnis ging. Vorliegend geht es hingegen um verheimlichte Provisionsrückflüsse von einem Dritten an den Berater des Kapitalanlegers. In diesem Dreipersonenverhältnis ist der durch die Zuwendung bestehende Interessenkonflikt nicht offenkundig und muss darüber aufgeklärt werden. Das entspricht auch der gesetzlichen Wertung des § 31d WpHG.
5
Im Übrigen verkennt die Revision - worauf die Revisionserwiderung im Schriftsatz vom 30. Mai 2011 zutreffend hinweist -, dass nach ihrem eigenen Vortrag bei V 4 auch zumindest teilweise Rückvergütungen aus dem Agio geflossen sind. Die Beklagte hat vorgetragen, bis zu 8,72% bei V 4 erhalten zu haben, die aus den ausgewiesenen 4,9% Eigenkapitalvermittlung + 2% Platzierungsgarantie + 2% Finanzvermittlungsgebühr zurückzuführen seien. Da Vertriebsprovision , Finanzierungsvermittlungsprovision und Platzierungsgarantieprovision verschiedene Lebenssachverhalte betreffen und die beiden letzteren kein Entgelt für den Vertrieb darstellen, sind - unabhängig davon, ob, wie die Revisionserwiderung vorträgt, in einem Parallelverfahren ein Bankmitarbeiter als Zeuge ausgesagt hat, dass in der Vergütung das Agio in Höhe von 5% mitenthalten war (§ 138 Abs. 1 ZPO) - bereits nach dem eigenen Vortrag der Beklagten zumindest Teile des Agios an sie geflossen.
6
b) Entgegen der Ansicht der Revision liegt - wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 9. März 2011 (aaO Rn. 28 ff.) ausgeführt hat - auch keine Divergenz zur Rechtsprechung des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vor. Der III. Zivilsenat hat im Gegenteil in seinem Urteil vom 3. März 2011 (III ZR 170/10, WM 2011, 640 Rn. 18 ff.) noch einmal bekräftigt, dass sich die Pflichten einer Bank und eines freien Anlageberaters bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise unterscheiden und die Bank danach in Übereinstimmung mit der Senatsrechtsprechung zur Aufklärung über Rückvergütungen verpflichtet ist.
7
c) Der Senat hat entgegen der Ansicht der Revision hinsichtlich der Kausalität auch kein Neuland betreten. Der Senat hat im Beschluss vom 9. März 2011 (aaO Rn. 33 mwN) die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Beweislastumkehr infolge der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens angewendet (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 1973 - VII ZR 12/73, BGHZ 61, 118, 122; Senatsurteile vom 16. November 1993 - XI ZR 214/92, BGHZ 124, 151, 159 f.; vom 14. Mai 1996 - XI ZR 188/95, WM 1996, 1214, 1216; vom 7. Mai 2002 - XI ZR 197/01, BGHZ 151, 5, 12; vom 13. Juli 2004 - XI ZR 178/03, WM 2004, 1774, 1777 und BGH, Urteil vom 2. März 2009 - II ZR 266/07, WM 2009, 789 Rn. 6, jeweils mwN).
8
Soweit die Revision meint, die Rechtsprechung des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (u.a. Urteil vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05, WM 2006, 668, 671) weiche von der vorgenannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ab, so trifft das nicht zu. Die in einem obiter dictum angedeuteten Zweifel an einer langjährigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellen keine Abweichung in einer Rechtsfrage dar.
9
Soweit die Revision rügt, das Berufungsgericht habe die Indizien, die gegen die Kausalitätsvermutung sprächen, nicht gewürdigt und angebotene Beweise nicht erhoben, vermag sie damit nicht durchzudringen. Es obliegt dem Tatrichter, die zur Verfügung stehenden Indizien nach § 286 ZPO zu würdigen. Die tatrichterliche Würdigung kann in der Revisionsinstanz nur eingeschränkt daraufhin überprüft werden, ob sie vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denk- oder Erfahrungssätze verstößt (Senatsurteile vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 211/03, WM 2005, 27 und vom 18. Dezember 2007 - XI ZR 76/06, WM 2008, 292 Rn. 20 mwN). Dieser Überprüfung hält das Berufungsurteil stand. Das Berufungsgericht hat entgegen der Ansicht der Revision die relevanten Indizien vollständig gewürdigt und sie für nicht durchgreifend erachtet. Es hat auch entgegen der Ansicht der Revision keine antizipierte Beweiswürdigung vorgenommen, sondern unter Beweis gestellten Vortrag der Beklagten rechtsfehlerfrei als Behauptung ins Blaue hinein gewertet. Soweit die Revision einer mangelnden Nachfrage des Zedenten Bedeutung beimessen will, verkennt sie, dass der Bankberater - anders als ein freier Anlageberater (vgl. BGH, Urteil vom 3. März 2011 - III ZR 170/10, WM 2011, 640 Rn. 21) - ungefragt nicht nur über das Ob, sondern auch über die Höhe der Rückvergütungen aufklären muss (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 24). Es ist auch entgegen der Ansicht der Revision nicht treuwidrig, wenn der Anleger, der nicht nachgefragt hat, sich später auf die Aufklärungspflichtverletzung beruft. Weiter kann entgegen der Ansicht der Revision aus dem Einverständnis des Zedenten mit Provisionszahlungen bei Wertpapiergeschäften nicht auf sein Einverständnis mit Rückvergütungen im vorliegenden Fall geschlossen werden. Ein solcher Schluss wäre nur möglich, wenn der Anleger vergleichbare Produkte in Kenntnis dort geflossener Rückvergütungen erworben hätte (vgl. Ellenberger in Anlegerschutz im Wertpapiergeschäft , AGB in der Kreditwirtschaft, Bankrechtstag 2010, S. 37, 49 f. mwN). Das ist hier aber nicht der Fall.
10
d) Das Berufungsgericht hat auch zutreffend das Verschulden der Beklagten festgestellt.
11
Das Verschulden wird bei Vorliegen einer Pflichtverletzung nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet. Der Aufklärungspflichtige muss danach darlegen und beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft (BGH, Urteil vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06, WM 2007, 542 Rn. 18 und Senatsurteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 17).
12
Soweit sich die Revision auf einen Rechtsirrtum beruft, übersieht sie, dass die Haftung wegen einer fahrlässig begangenen Pflichtverletzung nur bei Vorliegen eines unvermeidbaren Rechtsirrtums entfällt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind an das Vorliegen eines unverschuldeten Rechtsirrtums strenge Maßstäbe anzulegen, wobei der Schuldner die Rechtslage sorgfältig prüfen, soweit erforderlich, Rechtsrat einholen und die höchstrichterliche Rechtsprechung sorgfältig beachten muss (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 1984 - VIII ZR 255/82, BGHZ 89, 296, 303; Urteile vom 14. Juni 1994 - XI ZR 210/93, WM 1994, 1613, 1614 und vom 4. Juli 2001 - VIII ZR 279/00, WM 2001, 2012, 2014). Grundsätzlich trifft den Schuldner das Risiko, die Rechtslage zu verkennen. Er handelt schuldhaft, wenn er mit der Möglichkeit rechnen musste, dass das zuständige Gericht einen anderen Rechtsstandpunkt einnimmt (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Dezember 1995 - V ZB 4/94, BGHZ 131, 346, 353 f. mwN). Wie der Senat mit Beschluss vom 29. Juni 2010 (XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 5 ff. mwN) entschieden und eingehend begründet hat, kann sich eine anlageberatende Bank jedenfalls für die Zeit nach 1990 hinsichtlich ihrer Aufklärungspflicht über Rückvergütungen nicht auf einen unvermeidbaren Rechtsirrtum berufen. Soweit die Revision aus der Unterscheidung der Rechtsprechung zu Innenprovisionen und Rückvergütungen etwas anderes herleiten will, kann sie damit nicht durchdringen. Dass verheimlichte Rückflüsse aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen aufklärungspflichtig sind, konnte der veröffentlichten Rechtsprechung zum Zeitpunkt der streitigen Anlageberatung in den Jahren 2003 und 2004 entnommen werden (vgl. nur Senatsurteil vom 19. Dezember 2000 - XI ZR 349/99, BGHZ 146, 235, 239). Entgegen der Ansicht der Revision gab es keine Rechtsprechung, die das Verheimlichen von Rückvergütungen erlaubt hätte, so dass keine rückwirkende Rechtsprechungsänderung vorliegt (Senatsbeschluss vom 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 11). Die Revision kann sich für ihre Ansicht auch nicht auf die Ausführungen von Nobbe (WuB I G. 1. - 5.10. S. 126) berufen. Diese betreffen Innenprovisionen, nicht jedoch Rückvergütungen.
13
e) Soweit sich die Revision gegen die Haftung der Beklagten in Bezug auf V 3 wegen falscher Darstellung der Kapitalgarantie wendet, kommt es darauf für die Entscheidung des Rechtsstreits nach oben Gesagtem nicht mehr an. Das Berufungsgericht hat aber auch insofern einen Schadensersatzanspruch der Klägerin zu Recht bejaht.
14
Zunächst ist die Einschätzung des Berufungsgerichts zutreffend, dass durch die Kurzübersicht (GA I 150) das Risiko der Fondsbeteiligung falsch dargestellt worden ist. Ferner hat das Berufungsgericht bindend festgestellt (§ 314 ZPO), dass unstreitig das Beratungsgespräch zu V 3 auf der Grundlage der Kurzübersicht geführt worden ist und dass diese Übersicht dem Zedenten ausgehändigt worden ist.
15
Da die Falschberatung durch die Übergabe der Kurzübersicht und die Feststellung des Berufungsgerichts, dass anhand dieser Übersicht beraten wurde, feststeht, trifft die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass sie den Fehler richtig gestellt hat (Senatsbeschluss vom 17. September 2009 - XI ZR 264/08, BKR 2009, 471 Rn. 5 mwN).
16
Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, der Vortrag der darlegungspflichtigen Beklagten über die Richtigstellung sei nicht ausreichend, ist revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar (vgl. Senatsurteile vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 211/03, WM 2005, 27 und vom 18. Dezember 2007 - XI ZR 76/06, WM 2008, 292 Rn. 20 mwN) und hält dieser Überprüfung stand. Der von der Revision angeführte Vortrag, es seien keine vom Fondsprospekt abweichenden Angaben oder Zusicherungen gemacht worden, steht im Widerspruch zu den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts, dass das Beratungsgespräch auf der Grundlage der Kurzübersicht geführt worden ist. In dieser ist eine falsche Zusicherung über die Kapitalgarantie expressis verbis enthalten.
17
Soweit die Revision rügt, das Berufungsgericht hätte nach § 139 ZPO einen Hinweis darauf erteilen müssen, dass es von einer nicht ausreichenden Richtigstellung der Kurzübersicht ausgehe, so trifft das nicht zu. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Landgericht keine vom Berufungsgericht abweichende Auffassung vertreten, sondern die Falschberatung unterstellt und lediglich die Kausalität verneint, weil der Zedent wegen des auf informierter Grundlage erfolgten Erwerbs von V 4 sich auch für V 3 entschieden hätte. Die Beklagte konnte daher nicht darauf vertrauen, dass das Berufungsgericht keine Aufklärungspflichtverletzung annehmen würde.
18
Entgegen der Ansicht der Revision ist eine ordnungsgemäße Richtigstellung auch nicht durch den Prospekt erfolgt. Die ordnungsgemäße Aufklärung durch einen Prospekt setzt voraus, dass er dem Anleger so rechtzeitig vor der Anlageentscheidung übergeben wird, dass der Anleger sich mit dem Prospektinhalt vertraut machen kann (Senatsurteil vom 25. September 2007 - XI ZR 320/06, BKR 2008, 199 Rn. 17). Nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts kann dem Zedenten der Prospekt frühestens einen Tag vor der Zeichnung zugegangen sein. Ob ein Tag ausreicht, sich mit dem Inhalt eines Verkaufsprospektes vertraut zu machen, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Diese hat das Berufungsgericht gewürdigt und die Zeit für nicht ausreichend erachtet. Diese in der Revisionsinstanz nur eingeschränkt überprüfbare tatrichterliche Würdigung (vgl. Senatsurteile vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 211/03, WM 2005, 27 und vom 18. Dezember 2007 - XI ZR 76/06, WM 2008, 292 Rn. 20 mwN) hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
19
Soweit das Berufungsgericht die Kausalität aufgrund der Umstände des Einzelfalls als gegeben angesehen hat, ist auch diese tatrichterliche Würdigung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Wiechers Mayen Ellenberger Maihold Pamp
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 09.07.2009 - 8 O 183/07 -
OLG Celle, Entscheidung vom 21.04.2010 - 3 U 202/09 -

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Kick-Back: Aufklärungspflichten der Bank über Rückvergütungen

17.06.2011

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht


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(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 191/10
vom
9. März 2011
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Wiechers und die Richter Dr. Ellenberger, Maihold, Dr. Matthias und Pamp
am 9. März 2011
einstimmig beschlossen:
Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt , die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 21. April 2010 durch Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 11. April 2011. Der Streitwert wird auf 58.524,34 € festgesetzt.

Gründe:


I.

1
1. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes (nachfolgend: Zedent) auf Rückabwicklung der Beteiligung an der F. Medienfonds 3 GmbH & Co. KG (im Folgenden: V 3) und der teilweise kreditfinanzierten Beteiligung an der F. Medienfonds 4 GmbH & Co. KG (im Folgenden: V 4) auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Der Zedent erwartete im März 2003 einen größeren Geldbetrag, den er gewinnbringend anlegen wollte. Deshalb stellten ihm Angestellte der Beklagten in mehreren persönlichen Gesprächen die Fonds V 3 und V 4 vor, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob der Zedent den Verkaufsprospekt für V 3 vor Zeichnung der Anlage erhalten hat. Gegenstand der beiden als "Garantiefonds" beworbenen Fonds war die Finanzierung von Filmproduktionen und deren Vermarktung.
3
Der Zedent, der wegen des Geschäfts auch seinen Steuerberater kontaktiert hatte, zeichnete am 5. Juni 2003 Anteile an V 3 im Gegenwert von 25.000 € zuzüglich 5% Agio (insgesamt 26.250 €) und - nach erneuter Beratung durch die Beklagte - am 28. Juni 2004 Anteile an V 4 im Gegenwert von ebenfalls 25.000 € zuzüglich 5% Agio (insgesamt 26.250 €), wobei die letztgenannte Beteiligung obligatorisch eine Kreditfinanzierung in Höhe von 45,5% des anzulegenden Betrages vorsah. Deswegen schloss er zugleich mit der B. AG einen Vertrag über ein endfälliges Darlehen in Höhe von 11.375 € ab, das - einschließlich der bis dahin aufgelaufenen und gestundeten Zinsen - am 30. November 2014 in Höhe von 19.811,68 € fällig wird.
4
In dem Verkaufsprospekt zu V 3 heißt es auf Seite 40 unter "Mittelverwendung" zu Punkt 0.2: "Eigenkapitalvermittlung 8,9%". Auf derselben Seite wird dieser Punkt wie folgt erläutert: "Der Vertrag über die Eigenkapitalbeschaffung wurde mit der V. AG abgeschlossen. Die Vergütung in Höhe von 8,9% des Beteiligungskapitals beinhaltet eine gegebenenfalls anfallende Umsatzsteuer. Zuzüglich zu dieser Vergütung erhält die V. AG das Agio. …" Auf derselben Seite wird das Agio wie folgt erläutert: "Ein Agio in Höhe von 5% auf die Zeichnungssumme (Kommanditkapital) wird innerhalb einer Woche nach Zugang der Annahme der Beitrittserklärung zur Zahlung fällig. Es dient der Eigenkapitalvermittlerin, der V. AG, zur zusätzlichen Abdeckung von Vertriebsaufwendungen."
5
Auf Seite 69 heißt es zu dem "Eigenkapitalvermittlungsvertrag" zwischen der V. (V. AG) und der Fondsgesellschaft unter anderem : "Die V. AG hat das Recht, ihre Rechte und Pflichten aus dieser Vertriebsvereinbarung auf Dritte zu übertragen, … ."
6
Der Verkaufsprospekt zu V 4 enthält auf Seite 63 unter "Mittelverwendung" zu Punkt 03: "Eigenkapitalvermittlung 4,9%". Auf Seite 64 wird dieser Punkt wie folgt erläutert: "Der Vertrag über die Eigenkapitalbeschaffung wurde mit der V. AG abgeschlossen. Die Vergütung wird in Höhe von 4,9% des Beteiligungskapitals fällig. Zuzüglich zu dieser Vergütung erhält die V. AG das Agio. …"
7
Das Agio wird auf Seite 63 wie folgt erläutert: "Ein Agio in Höhe von 5% auf die Zeichnungssumme (Kommanditkapital) wird innerhalb einer Woche nach Zugang der Annahme der Beitrittserklärung zur Zahlung fällig. Es dient der Eigenkapitalvermittlerin, der V. AG, zur zusätzlichen Abdeckung von Vertriebsaufwendungen."
8
Ferner enthält die Übersicht auf Seite 63 unter Punkt 05 eine Platzierungsgarantiegebühr in Höhe von 2% und unter Punkt 07 eine Finanzvermittlungsgebühr (Darlehen/Schuldübernahme) in Höhe von ebenfalls 2%. Diese werden auf Seite 64 wie folgt erläutert: "Zu 05: Die V. AG wird eine Platzierungsgarantie in Höhe des prospektierten Kapitals von € 5 Mio. geben. Für die Garantie erhält sie eine Gebühr in Höhe von 2% des Beteiligungskapitals." "Zu 07: Die V. AG erhält für die Finanzierungsvermittlung eine Gebühr in Höhe von 2% des Beteiligungskapitals."
9
Auf Seite 91 heißt es zum "Eigenkapitalvermittlungsvertrag" mit der V. AG unter anderem: "Die V. AG … ist berechtigt, Dritte als Vertriebspartner einzusetzen."
10
Die V. AG leitete bei V 3 aus den vereinnahmten Provisionen 8,25% und bei V 4 zwischen 8,45 und 8,72% an die Beklagte weiter, ohne dass dies dem Zedenten offen gelegt wurde.
11
Die Fondsinitiatoren, gegen die Ende 2006 Anklage wegen Steuerhinterziehung und Untreue erhoben wurde, sind rechtskräftig zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden.
12
2. Das Berufungsgericht hat die Beklagte im Wesentlichen antragsgemäß verurteilt und zur Begründung unter anderem ausgeführt:
13
Hinsichtlich beider Fonds (V 3 und V 4) sei der Beklagten auch insoweit eine Aufklärungspflichtverletzung vorzuwerfen, als sie den Zedenten nicht über die Provision, die sie von der V. AG bzw. Fondsgesellschaft erhalten habe, aufgeklärt habe. Bei diesen Vertriebsprovisionen handele es sich um Rückver- gütungen im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Aus den Prospekten gehe nicht wie geboten hervor, dass und in welcher Höhe gerade die Beklagte eine Provision erhalte. Einen mündlichen Hinweis habe die Beklagte dem Zedenten auch nicht erteilt.
14
Die Nichtaufklärung über die erhaltene Vertriebsprovision sei auch kausal für die Zeichnung des Zedenten gewesen, was nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu vermuten sei. Selbst wenn der Zedent möglicherweise angenommen habe, die Beklagte würde eine Provision von 1% des Zeichnungsbetrages erhalten, sei dies nicht geeignet, die Vermutung zu widerlegen , weil die Provision tatsächlich mehr als 8% betragen habe. Die hiergegen weiter vorgebrachten Einwendungen der Beklagten seien unsubstantiiert. Die Beklagte habe auch schuldhaft gehandelt; insbesondere könne sie sich nicht auf einen Rechtsirrtum berufen.

II.

15
Der Senat beabsichtigt, die vom Berufungsgericht zugelassene Revision gemäß § 552a ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
16
1. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) liegen nicht vor. Das Berufungsgericht hat die Revision gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO "mit Blick auf die abweichenden Entscheidungen des Oberlandesgerichts Frankfurt" (17 U 307[nicht 308]/08, WM 2010, 1313 und 17 U 98/09, BB 2009, 2334) zugelassen. In diesen Urteilen hat das Oberlandesgericht Frankfurt angenommen, der Angabe in den Prospekten, die V. AG sei berechtigt, ihre Rechte aus der Vertriebsvereinbarung über die Eigenkapitalvermittlung auf Dritte zu übertragen, habe der Anleger entnehmen können, dass die Beklagte für die Vermittlung der Fondsbeteiligung von der Fondsgesellschaft eine Rückvergütung erhalte. Dagegen hat das Berufungsgericht diese Angabe insoweit nicht als ausreichend angesehen. Auf diese unterschiedliche Beurteilung kommt es nicht an. Selbst wenn dem Oberlandesgericht Frankfurt zu folgen wäre, ergäbe sich daraus nichts für die - ebenfalls aufklärungsbedürftige (Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 24) - Höhe der an die Beklagte geflossenen Rückvergütung (ebenso OLG München, BKR 2010, 479 Rn. 27; das verkennt LG Bremen, WM 2010, 798, 800 f.).
17
2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
18
a) Entgegen der Ansicht der Revision ist es rechtlich nicht zu beanstanden , dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten wegen verschwiegener Rückvergütungen bejaht hat.
19
aa) Rechtsfehlerfrei und von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungsgericht angenommen, dass zwischen dem Zedenten und der Beklagten nach den Grundsätzen des Bond-Urteils (BGHZ 123, 126, 128) ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist (vgl. auch Senatsurteile vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442; vom 25. Juni 2002 - XI ZR 218/01, WM 2002, 1683, 1686; vom 21. März 2006 - XI ZR 63/05, WM 2006, 851 Rn. 10 und vom 25. September 2007 - XI ZR 320/06, BKR 2008, 199 Rn. 12) und nicht lediglich ein Auskunftsvertrag, da eine Bank regelmäßig Anlageberaterin und nicht lediglich reine Anlagevermittlerin ist (vgl. dazu Senatsurteil vom 7. Oktober 2008 - XI ZR 89/07, BGHZ 178, 149 Rn. 11 mwN).
20
bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht weiter angenommen, dass die Beklagte aus dem Beratungsvertrag verpflichtet war, den Zedenten über an sie fließende Rückvergütungen aus Vertriebsprovisionen aufzuklären (vgl. Senats- urteile vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 22 f.; vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 11 und vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 338/08, WM 2009, 2306 = ZIP 2009, 2380 Rn. 31; Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 13 und vom 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 5).
21
cc) Soweit die Revision geltend macht, bei den Provisionen, die die Beklagte unstreitig in Höhe von 8,25% des Kommanditkapitals bei V 3 und in Höhe von 8,45% bis zu 8,72% des Kommanditkapitals bei V 4 erhalten hat, handele es sich um nicht aufklärungspflichtige "Innenprovisionen", die keine Rückvergütungen im Sinne der Senatsrechtsprechung darstellten, kann sie damit nicht durchdringen. Die Revision verkennt die rechtliche Unterscheidung zwischen Innenprovisionen und Rückvergütungen.
22
(1) Innenprovisionen sind nicht ausgewiesene Vertriebsprovisionen, die bei einem Fonds aus dem Anlagevermögen gezahlt werden. Über sie muss nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (st. Rspr., u.a. BGH, Urteile vom 1. März 2004 - II ZR 88/02, WM 2004, 928, 930 und vom 2. Februar 2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110, 118) bei einem Fonds unter bestimmten Umständen aufgeklärt werden, weil sie Einfluss auf die Werthaltigkeit der vom Anleger erworbenen Anlage haben und deswegen bei diesem insoweit eine Fehlvorstellung herbeiführen können.
23
(2) Aufklärungspflichtige Rückvergütungen liegen dagegen, wie der Senat zuletzt formuliert hat, nur dann vor, wenn Teile der Ausgabeaufschläge oder Verwaltungsgebühren, die der Kunde über die Bank an die Gesellschaft zahlt, hinter seinem Rücken an die beratende Bank umsatzabhängig zurückfließen, so dass diese ein für den Kunden nicht erkennbares besonderes Interesse hat, gerade diese Beteiligung zu empfehlen (Senatsurteil vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 338/08, WM 2009, 2306 Rn. 31). Insoweit ist folgendes klarzustellen:
24
Soweit als Quelle der Rückvergütungen "Ausgabeaufschläge und Verwaltungsvergütungen" genannt werden, ist das - entgegen der Annahme der Revision - nicht abschließend, sondern - in Anknüpfung an das grundlegende Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05 (BGHZ 170, 226) - nur beispielhaft gemeint. Damit soll lediglich zum Ausdruck gebracht werden, dass Rückvergütungen - anders als Innenprovisionen - nicht im Anlagebetrag enthalten (versteckt) sind, so dass beim Anleger keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen kann. Maßgebend für die Aufklärungspflicht über Rückvergütungen ist hingegen, dass der Anleger ohne diese Aufklärung nicht das besondere Interesse der beratenden Bank erkennen kann, gerade diese Anlage zu empfehlen. Die Fehlvorstellung über die Neutralität der Beratungsleistung der Bank, der mit der Aufklärungspflicht über Rückvergütungen begegnet werden soll, beruht allein darauf, dass die beratende Bank als Empfängerin der Rückvergütung ungenannt bleibt. Sie entsteht dagegen unabhängig davon, aus welcher offen angegebenen Quelle die Rückvergütung an die beratende Bank fließt.
25
Aufklärungspflichtige Rückvergütungen sind danach - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen gezahlt werden, so dass beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen kann, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt, so dass der Anleger das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen kann.
26
(3) Danach handelt es sich bei den hier an die Beklagte geflossenen Provisionen um aufklärungspflichtige Rückvergütungen. Sie waren nicht in den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Fondsobjekts versteckt, sondern flossen aus den offen ausgewiesenen Vertriebskosten. Gemäß den nachstehenden Ausführungen war die Beklagte jedoch nicht als Empfänger der Provisionen angegeben. Vielmehr sind diese hinter dem Rücken der Klägerin an die Beklagte geflossen, so dass die Klägerin das besondere Interesse der Beklagten an der Empfehlung gerade von V 3 und 4 nicht erkennen konnte.
27
dd) Eine ordnungsgemäße Aufklärung des Zedenten über die Rückvergütungen ist bei beiden Fonds nicht erfolgt, selbst wenn man unterstellt, auch der Prospekt bei V 3 sei dem Zedenten rechtzeitig übergeben worden. Den beiden Verkaufsprospekten ist nicht zu entnehmen, dass die Beklagte Empfängerin der dort genannten Vertriebsprovisionen oder des Agios sein sollte. Empfängerin sollte vielmehr ausdrücklich die V. AG sein. Den Prospekten lässt sich an keiner Stelle entnehmen, dass die Beklagte von dieser einen Teil der Vertriebsprovisionen erhalten sollte. Das ergibt sich nach der zutreffenden Auslegung des Berufungsgerichts auch nicht aus der Tatsache, dass die V. AG berechtigt sein sollte, Dritte einzuschalten. Selbst wenn daraus jedoch hervorgehen sollte, dass damit auch die Beklagte gemeint war, so ist dem Prospekt jedenfalls nicht zu entnehmen, in welcher Höhe Rückvergütungen an die Beklagte geflossen sind. Insbesondere auch die Höhe der Rückvergütung muss aber nach der Senatsrechtsprechung von der Bank ungefragt offen gelegt werden (Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 24; dies verkennt LG Bremen, WM 2010, 798, 800 f.).
28
ee) Soweit die Revision meint, es sei nicht einsichtig, dass eine Bank höhere Aufklärungspflichten träfen als einen freien Anlageberater, kann sie damit nicht durchdringen.
29
Allerdings trifft nach der Rechtsprechung des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs bankungebundene freie Berater - außerhalb des Anwendungsbereichs des § 31d WpHG - keine (ungefragte) Aufklärungspflicht, da der Anleger bei solchen Beratern - anders als bei Banken - von einer durch den Produktanbieter "eingepreisten" Vergütung ausgehen und er deshalb deren Höhe erfragen müsse, wenn sie ihn interessiere (BGH, Urteil vom 15. April 2010 - III ZR 196/09, BGHZ 185, 185 Rn. 13).
30
Die Unterscheidung der Pflichten eines freien Anlageberaters zu den Pflichten eines Beraters im Bankensektor rechtfertigt sich daraus, dass der Bankkunde in der Regel bei "seiner" Bank eine Reihe von kostenpflichtigen Vertragsverhältnissen unterhält, insbesondere auf Dauer angelegte Vertragsverhältnisse wie einen Zahlungsdiensterahmenvertrag oder einen Depotvertrag (vgl. BGH, Urteil vom 15. April 2010 - III ZR 196/09, BGHZ 185, 185 Rn. 12), bzw. Banken typischerweise solche Vertragsverhältnisse anstreben. Das ist bei einem freien Anlageberater typischerweise nicht der Fall.
31
Diese typisierende Einordnung von Berufsgruppen zur Unterscheidung zwischen aufklärungspflichtigen Personen und nicht aufklärungspflichtigen Personen findet in Gesetz und Rechtsprechung Vorbilder. Sie wird insbesondere vom Gesetzgeber im Bereich des § 31d WpHG vorgegeben. Diese Vorschrift statuiert Aufklärungspflichten ausdrücklich nur für Wertpapierdienstleistungsunternehmen , nicht aber für sonstige Anlagevertreiber. Eine typisierende Einordnung wird auch seit langem bei der Abgrenzung der Pflichten eines Anlageberaters von denen eines Anlagevermittlers entsprechend der Regelung in § 1 Abs. 1a Nr. 1 und 1a KWG in der Rechtsprechung praktiziert. Während bei einem Kontakt des Anlegers mit einem Anlageberater ein Beratungsvertrag nach den Grundsätzen des Bond-Urteils zustande kommt, kommt im Verhältnis zu einem Anlagevermittler lediglich ein Auskunftsvertrag mit einem geringeren Pflichtenumfang zustande (vgl. BGH, Urteile vom 13. Mai 1993 - III ZR 25/92, WM 1993, 1238, 1239; vom 12. Februar 2004 - III ZR 359/02, WM 2004, 631, 633, insofern in BGHZ 158, 110 nicht abgedruckt, und Senatsurteil vom 7. Oktober 2008 - XI ZR 89/07, BGHZ 178, 149 Rn. 11).
32
b) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch die Kausalität der Aufklärungspflichtverletzung für den Erwerb der Kapitalanlagen bejaht.
33
Steht - wie hier in Bezug auf Rückvergütungen - eine Aufklärungspflichtverletzung fest, streitet für den Anleger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, die zu einer Beweislastumkehr führt. Der Aufklärungspflichtige muss beweisen, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung erworben hätte, weil er den richtigen Rat oder Hinweis nicht befolgt hätte (vgl. Senatsurteile vom 16. November 1993 - XI ZR 214/92, BGHZ 124, 151, 159 f.; vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, ZIP 2007, 518, 521 Rn. 27, insoweit in BGHZ 170, 226 nicht abgedruckt, und vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 22, auch BGH, Urteil vom 2. März 2009 - II ZR 266/07, WM 2009, 789 Rn. 6 mwN).
34
Die Vermutung greift allerdings dann nicht ein, wenn sich der Anleger bei gehöriger Aufklärung in einem Entscheidungskonflikt befunden hätte, wenn es also nicht nur eine bestimmte Möglichkeit aufklärungsrichtigen Verhaltens gab (Senatsurteile vom 16. November 1993 - XI ZR 214/92, BGHZ 124, 151, 161 und vom 7. Mai 2002 - XI ZR 197/01, BGHZ 151, 5, 12). Davon kann bei verschwiegenen Rückvergütungen nicht schon wegen deren Geringfügigkeit im Verhältnis zur Anlagesumme ausgegangen werden (OLG Köln, WM 2003, 338, 340 f.). Es muss vielmehr aufgrund konkreter Umstände des Einzelfalls feststehen , dass dem Anleger bei gehöriger Aufklärung mindestens zwei tatsächlich von ihm zu ergreifende Handlungsalternativen zur Verfügung standen.
35
Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung das Vorliegen eines Entscheidungskonflikts und die Widerlegung der Vermutung rechtsfehlerfrei verneint. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht die Darlegungs- und Beweislast für das Nichteingreifen der Vermutung nicht verkannt. Diese trifft - genauso wie für die Widerlegung der Vermutung - die Bank, deren Aufklärungspflichtverletzung feststeht (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Februar 2010 - XI ZR 140/09, BKR 2010, 515 Rn. 11). Soweit die Revision in diesem Zusammenhang Verfahrensfehler rügt, hat der Senat diese geprüft und für nicht durchgreifend erachtet (§ 564 ZPO).
36
c) Ebenfalls rechts- und verfahrensfehlerfrei hat das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch das Ver- schulden der Beklagten und die Aktivlegitimation der Klägerin sowie auch eine Haftung der Beklagten in Bezug auf V 3 wegen falscher Darstellung der Kapitalgarantie bejaht.
Wiechers Ellenberger Maihold Matthias Pamp
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 09.07.2009 - 8 O 183/07 -
OLG Celle, Entscheidung vom 21.04.2010 - 3 U 202/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 255/02
vom
20. Januar 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
SIM-Lock II
Für die Beurteilung nach § 552a ZPO, ob die Voraussetzungen für die Zulassung
der Revision vorliegen, ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Revisionsgerichts
maßgeblich.
BGH, Beschl. v. 20. Januar 2005 - I ZR 255/02 - OLG Frankfurt a.M.
LG Frankfurt a.M.
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Januar 2005 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Pokrant, Dr. Büscher,
Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

beschlossen:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 15. August 2002 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Der Streitwert wird auf 150.000 € festgesetzt.

Gründe:


I. Die Klägerin, die Inhaberin der für "Geräte und Anlagen für den Mobilfunk" eingetragenen Marke "S. " ist, stellt Mobiltelefone her, die mit einem sog. SIM-Lock versehen sind. Dieser bewirkt, daß die Mobiltelefone nur im Netz eines bestimmten Netzbetreibers verwendet werden können.
Der Beklagte hat von der Klägerin hergestellte und mit ihrer Marke versehene Mobiltelefone, bei denen die Sperre entfernt worden war, vertrieben und selbst Entsperrungen vorgenommen.
Die Klägerin hat den Beklagten - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - wegen Verletzung ihrer Markenrechte auf Auskunft und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat den Beklagten zur Auskunftserteilung verurteilt und seine Verpflichtung festgestellt, Schadensersatz zu leisten. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen (OLG Frankfurt GRUR-RR 2002, 327). Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.
II. Die Revision wird zurückgewiesen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht mehr vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 552a Satz 1 ZPO).
1. Die Revision ist zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die klärungsbedürftige Frage von grundsätzlicher Bedeutung, die sich dem Berufungsgericht im vorliegenden Fall stellte, hat der Senat inzwischen im Urteil vom 9. Juni 2004 - I ZR 13/02 (WRP 2005, 106 - SIM-Lock) entschieden. Eine die Erschöpfung nach § 24 Abs. 1 MarkenG ausschließende Produktveränderung i.S. von § 24 Abs. 2 MarkenG liegt danach vor, wenn Mobiltelefone, mit denen aufgrund einer Sperre (sog. SIM-Lock) nur in einem bestimmten Mobilfunknetz telefoniert werden kann, nach dem Inverkehrbringen durch den Markeninhaber ohne dessen Zustimmung von einem Dritten entsperrt werden.
Danach lagen die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision zwar im Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts vor. Sie sind jedoch aufgrund der "SIM-Lock"-Entscheidung des Senats zwischenzeitlich entfallen. Die-
ser Fall wird vom Regelungsbereich des § 552a ZPO erfaßt. Denn maßgeblich für die Beurteilung nach § 552a ZPO, ob die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision vorliegen, ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Revisionsgerichts (vgl. Begründung der Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 15/3482, S. 19; Zöller/Gummer, ZPO, 25. Aufl., § 552a Rdn. 3; Musielak/Ball, ZPO, 4. Aufl., § 552a Rdn. 2; Thomas/Putzo, ZPO, 26. Aufl., Anh. § 552a).
2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsgericht hat im Sinne der Entscheidung "SIM-Lock" erkannt.

a) Der Beklagte ist zur Auskunft nach § 19 Abs. 1 und Abs. 2 MarkenG, § 242 BGB und zum Schadensersatz nach § 14 Abs. 6 MarkenG verpflichtet.
Der Beklagte hat mit der Marke "S. " gekennzeichnete Mobiltelefone ohne Zustimmung der Klägerin vertrieben (§ 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 2 MarkenG). Der markenrechtliche Schutz war nicht aufgrund Erschöpfung nach § 24 Abs. 1 MarkenG ausgeschlossen, weil die Klägerin sich dem weiteren Vertrieb der Mobiltelefone aus berechtigten Gründen i.S. von § 24 Abs. 2 MarkenG widersetzen konnte. Die Aufhebung der Sperre (SIM-Lock) der Mobiltelefone stellte eine Produktveränderung dar, die die Erschöpfung nach § 24 Abs. 1 MarkenG ausschloß (vgl. BGH WRP 2005, 106, 108 - SIM-Lock). Die Markenrechtsverletzung hat der Beklagte, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat, jedenfalls fahrlässig begangen.

b) Entgegen der Ansicht der Revision erfassen der Auskunfts- und der Feststellungsantrag nicht auch Fälle, in denen die Klägerin der Aufhebung der Sperre zugestimmt hat. Aus den Gründen des Berufungsurteils, die zur Auslegung des Urteilstenors heranzuziehen sind, ergibt sich, daß eine Markenverlet-
zung nur dann vorliegt, wenn die Aufhebung der Sperre ohne Zustimmung der Klägerin erfolgt ist.

c) Zu Recht hat das Berufungsgericht eine rechtsmißbräuchliche Geltendmachung des Markenrechts durch die Klägerin verneint. Diese braucht einen Weitervertrieb der mit ihrer Marke gekennzeichneten Waren nicht hinzunehmen , wenn der Originalzustand der von ihr produzierten und vertriebenen Mobiltelefone von dem Beklagten oder durch Dritte verändert worden ist.
Auch soweit sich die Revision auf eine irreführende Werbung eines Netzbetreibers gegenüber Endkunden, einen Verdrängungswettbewerb gegenüber dem Handel und einem Verkauf unter Einstandspreis beruft, verhilft ihr dies nicht zum Erfolg. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, daß die Klägerin hieran beteiligt ist. Durchgreifende Verfahrensrügen dagegen hat die Revision nicht erhoben.
Die Entfernung des "SIM-Lock" stellt sich entgegen der Meinung der Revision auch nicht als Fehlerberichtigung i.S. von § 69d UrhG dar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann Pokrant Büscher
Schaffert Bergmann

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

18
(1) Bei gebotener typisierender Betrachtungsweise unterscheidet sich die vorerwähnte Gestaltung der Anlageberatung durch einen freien Anlageberater grundlegend von der Anlageberatung durch eine Bank. Dies hat der Senat in seinem Urteil vom 15. April 2010 (aaO Rn. 11 ff) im Einzelnen ausgeführt. Die dagegen erhobene Kritik dringt nicht durch, da sie außer Acht lässt, dass bei der Erörterung des Bestehens, der Art und der Reichweite von allgemeinen Aufklärungspflichten (§ 242 BGB) eine auf den Regelfall abstellende, typisierende Betrachtung der betroffenen Vertragsverhältnisse vorzunehmen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 197/01 Verkündet am:
7. Mai 2002
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
_____________________
Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte Nr. 15

a) Bei der sich aus Nr. 15 Abs. 2 der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte
ergebenden Pflicht, den Kunden über den Verfall von Rechten
aus Optionsscheinen zu benachrichtigen, handelt es sich für die Bank
grundsätzlich nicht um eine Bring-, sondern um eine Schickschuld.

b) § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB gilt nicht für Benachrichtigungen nach § 666
BGB oder Nr. 15 Abs. 2 der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte.

c) Eine Bank kommt ihrer Verpflichtung aus Nr. 15 Abs. 2 der Sonderbindungen
für Wertpapiergeschäfte, den Kunden über den Verfall von
Rechten aus Optionsscheinen zu benachrichtigen, nur dann in ausreichendem
Maße nach, wenn der Mitteilung unmißverständlich zu entnehmen
ist, daß das Optionsrecht mit Ablauf der hierfür vorgesehenen Frist
möglicherweise ersatzlos erlischt und ohne einen rechtzeitigen Verkauf
oder die fristgerechte Ausübung des Optionsrechts ein etwaiger Wert
verloren geht.

d) Die Vermutung "aufklärungsrichtigen Verhaltens" gilt auch dann, wenn
es für den aufzuklärenden Teil vernünftigerweise zwei Handlungsalternativen
gibt, deren Wahrnehmung jeweils geeignet gewesen wäre, den
entstandenen Schaden zu vermeiden.

e) Bei einem Optionsrecht, das auch nach dem Ende seines Börsenhandels
ausgeübt werden kann, ergibt sich weder aus Nr. 15 Abs. 2 der Sonderbedingungen
für Wertpapiergeschäfte noch aus § 31 Abs. 1 Nr. 1 WpHG
eine Verpflichtung der Bank, die Optionsscheine vor dem Ende ihres
Börsenhandels auch ohne eine Weisung des Kunden zu verkaufen.
BGH, Urteil vom 7. Mai 2002 - XI ZR 197/01 - OLG Bamberg
LG Hof
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Mai 2002 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe und
die Richter Dr. Siol, Dr. Bungeroth, Dr. Joeres und Dr. Wassermann

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 27. März 2001 aufgehoben und das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Hof vom 20. Januar 2000 teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger über den vom Landgericht zuerkannten Betrag hinaus weitere 8.709 ? nebst 4% Zinsen seit dem 1. September 1997 zu zahlen.
Die Rechtsmittel des Klägers im übrigen und die Berufung der Beklagten werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger nimmt die beklagte Bank auf Schadensersatz in Anspruch , weil sie ihn nicht auf den bevorstehenden Verfall von Optionsscheinen hingewiesen habe. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger unterhielt bei der Beklagten, einer Direktanlagebank, ein Depotkonto sowie ein Kontokorrentkonto zur Verrechnung von Wertpapiergeschäften. Vertragsbestandteil waren die "Sonderbedingungen für das Discount Brokerage" (künftig: Sonderbedingungen). Deren Nr. 15 Abs. 2 lautet:
"Options- und Wandlungsrechte Über den Verfall von Rechten aus Optionsscheinen oder Wandlungsrechten aus Wandelschuldverschreibungen wird die Bank den Kunden mit der Bitte um Weisung benachrichtigen, wenn auf den Verfalltag in den "Wertpapier-Mitteilungen" hingewiesen worden ist." Der Kläger kaufte am 18. März und am 30. Mai 1997 über die Beklagte insgesamt 1.400 Optionsscheine, die zum Bezug von Aktien der D. B. berechtigten. Sie hatten am 30. Juni 1997 einen Wert von 102.200 DM. Nach Ablauf der an diesem Tage endenden Optionsfrist wurden die Optionsscheine dem Depot des Klägers als wertlos entnommen.
Der Kläger begehrt die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 102.200 DM nebst Zinsen. Er macht geltend: Er habe von der Beklagten keine Mitteilung darüber erhalten, daû die Optionsfrist am 30. Juni 1997
ablaufe und die Optionsscheine sodann wertlos würden. Auch ohne eine Weisung sei die Beklagte verpflichtet gewesen, die Optionsscheine an deren letztem Börsenhandelstag zu veräuûern.
Die Beklagte trägt vor, sie habe den Kläger vom Verfall der Optionsscheine mit folgendem, am 4. Juni 1997 zur Post gegebenen Schreiben informiert:
"Sehr geehrter Kunde, die oben genannten Optionsscheine werden zum 30. Juni 1997 fällig. Wir erlauben uns, darauf aufmerksam zu machen, daû die Optionsscheine voraussichtlich bis zum 23. Juni 1997 an der Börse gehandelt werden. Wir bitten Sie, sich rechtzeitig mit Ihrer depotführenden Stelle w/Verkauf bzw. Optionsscheineausübung in Verbindung zu setzen. Ohne Ihre Weisung werden wir von uns aus in dieser Angelegenheit nicht tätig werden." Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 51.100 DM nebst 4% Zinsen seit dem 1. September 1997 verurteilt und die Klage im übrigen abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist überwiegend begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Verurteilung der Beklagten in Höhe von zwei Dritteln des Klageantrags.

I.


Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt:
Dem Kläger stehe kein Schadensersatzanspruch wegen positiver Forderungsverletzung des Depotvertrages zu. Ihrer Pflicht aus Nr. 15 Abs. 2 der Sonderbedingungen zur Benachrichtigung des Klägers vom Verfall der Optionsscheine sei die Beklagte mit der Absendung ihres Schreibens vom 4. Juni 1997 nachgekommen. Eine Bringschuld liege insoweit nicht vor, so daû die Beklagte für den Zugang des Schreibens nicht hafte. § 130 BGB könne hier weder unmittelbar noch analog angewendet werden, weil das Benachrichtigungsschreiben keine Willenserklärung darstelle.
Der Inhalt des Schreibens sei ausreichend gewesen, um den Kläger rechtzeitig auf den bevorstehenden Ablauf der Optionsausübungsfrist hinzuweisen. Weitere Ausführungen, insbesondere zu den Folgen der Versäumung der Ausübungsfrist, seien nicht veranlaût gewesen. Zu einer nochmaligen Benachrichtigung habe die Beklagte auch im Hinblick
auf das Ausbleiben einer Weisung des Klägers gegen Ende des Optionsscheinshandels an der Börse keinen Anlaû gehabt.
Es stelle ebenfalls keine Pflichtverletzung dar, daû die Beklagte die Optionsscheine nicht am letzten Tag des Börsenhandels auch ohne eine Weisung des Klägers verkauft habe. In Nr. 15 Abs. 2 der Sonderbedingungen sei ein Verkauf von Optionsrechten ohne entsprechenden Kundenauftrag nicht vorgesehen. Die Initiative für einen Verkauf habe wegen der verschiedenen Handlungsmöglichkeiten und ihrer Folgen allein beim Anleger zu verbleiben.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
Die Beklagte hat gemäû § 280 Abs. 1 BGB a.F. dem Kläger den entstandenen Schaden zu ersetzen, da sie ihre Verpflichtung, ihn vom Verfall der Rechte aus den Optionsscheinen zu benachrichtigen, mit Absendung des Schreibens vom 4. Juni 1997 nicht erfüllt hat, die Erfüllung dieser Verpflichtung jedenfalls mit Ablauf der Frist zur Ausübung der Option am 30. Juni 1997 unmöglich geworden ist und die Beklagte dies auch zu vertreten hat. Der Kläger hat sich aber ein Mitverschulden in Höhe von einem Drittel anrechnen zu lassen.
1. Zu Unrecht meint die Revision allerdings, die Beklagte habe ihrer Benachrichtigungspflicht aus Nr. 15 Abs. 2 der - insoweit mit den Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte (WM 1995, 362 ff.) identischen - Sonderbedingungen bereits deshalb nicht genügt, weil sie den Zugang ihres Schreibens vom 4. Juni 1997 beim Kläger nicht nachgewiesen habe. Die Ansicht des Berufungsgerichts, die Beklagte habe nur für eine ordnungsgemäûe Absendung eines inhaltlich ausreichenden Benachrichtigungsschreibens Sorge zu tragen, ist nicht zu beanstanden.

a) Bei der sich aus Nr. 15 Abs. 2 der Sonderbedingungen ergebenden Benachrichtigungspflicht handelt es sich für die Beklagte nicht um eine Bring-, sondern um eine Schickschuld. Nr. 15 Abs. 2 der Sonderbedingungen konkretisiert die sich aus § 666 BGB ergebenden Benachrichtigungspflichten. Ihre Verpflichtungen aus dem Depotvertrag mit dem Kläger hat die Beklagte gemäû § 269 BGB grundsätzlich an ihrem Geschäftssitz zu erfüllen; das gilt im Zweifel auch für Nebenpflichten, insbesondere Auskunftspflichten (BGH, Urteil vom 30. September 1976 - II ZR 107/74, WM 1976, 1230, 1232; Erman/Kuckuk, BGB 10. Aufl. § 269 Rdn. 4). Daû die Parteien hinsichtlich des Leistungsortes eine anderweitige Vereinbarung getroffen und bezüglich der hier in Rede stehenden Benachrichtigungspflicht eine Bringschuld der Beklagten vereinbart hätten, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Eine solche Bestimmung des Leistungsortes ergibt sich weder aus Nr. 15 Abs. 2 der Sonderbedingungen noch aus der Natur des Schuldverhältnisses. Die Beklagte hatte keinen Grund, das Risiko des Zugangs einer ausschlieûlich im Interesse des Kunden erfolgenden Benachrichtigung zu übernehmen, zumal die Nachricht für diesen nur eine Erinnerungshilfe darstellt. Sie
schuldete deshalb nur die sorgfältige Auswahl des Boten und die ordnungsgemäûe Absendung der Benachrichtigung, nicht aber deren Zugang.

b) Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich aus § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB, wonach die einem anderen gegenüber in dessen Abwesenheit abgegebene Willenserklärung - erst - in dem Zeitpunkt wirksam wird, in dem sie ihm zugeht, nichts anderes. Diese Vorschrift gilt unmittelbar nur für empfangsbedürftige Willenserklärungen; sie wird von der herrschenden Meinung zwar entsprechend angewendet auf geschäftsähnliche Handlungen (MünchKomm/Einsele, BGB 4. Aufl. § 130 Rdn. 4; Soergel/Hefermehl, BGB 13. Aufl. § 130 Rdn. 4; Staudinger /Dilcher, BGB 12. Aufl. § 130 Rdn. 15). Hierzu gehören auch Mitteilungen und Anzeigen, an die das Gesetz Rechtsfolgen knüpft (vgl. Erman /Palm, aaO Einl. § 104 Rdn. 6; Staudinger/Dilcher, aaO Einl. zu §§ 104 bis 185 Rdn. 20), nicht aber bloûe Benachrichtigungen nach § 666 BGB oder Nr. 15 Abs. 2 der Sonderbedingungen (vgl. BGBRGRK /Steffen, 12. Aufl. § 666 Rdn. 4).
Zu Unrecht beruft sich die Revision insoweit auf die Entscheidung des Senats vom 28. Februar 1989 (XI ZR 80/88, WM 1989, 625, 626). In diesem Urteil, das die Unterrichtung des Lastschriftschuldners von der Nichteinlösung einer Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren betraf , hat der Senat zwar ausgeführt, daû die von Rechtsprechung und Schrifttum zu § 130 BGB entwickelten Rechtsgrundsätze über den Zugang von Willenserklärungen im Falle der Abgabe gegenüber einem Abwesenden entsprechende Anwendung finden könnten, wenn es nicht um
eine Willenserklärung, sondern um eine der Unterrichtung des Adressaten dienende Mitteilung gehe. Diese Ausführungen betrafen jedoch die - seinerzeit verneinte - Frage, ob auch die Eltern eines volljährigen Mitteilungsadressaten als geeignete Empfangsboten in Betracht kommen können. Daû eine Verpflichtung zu Auskünften und Benachrichtigungen im Sinne des § 666 BGB erst mit Zugang gemäû § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB erfüllt sei, sollte damit nicht zum Ausdruck gebracht werden.
2. a) Zu Recht rügt die Revision jedoch die Ansicht des Berufungsgerichts , der Inhalt des Schreibens der Beklagten vom 4. Juni 1997 sei ausreichend gewesen, den Kläger rechtzeitig auf den bevorstehenden Ablauf der Optionsausübungsfrist am 30. Juni 1997 hinzuweisen. Nach Nr. 15 Abs. 2 der Sonderbedingungen war die Beklagte verpflichtet , den Kläger "über den Verfall von Rechten aus Optionsscheinen ... mit der Bitte um Weisung zu benachrichtigen, wenn auf den Verfalltag in den Wertpapier-Mitteilungen hingewiesen worden ist". Diese Verpflichtung hat die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 4. Juni 1997 nicht in ausreichendem Maûe erfüllt.
Mit ihm hat die Beklagte dem Kläger mitgeteilt: "Die oben genannten Optionsscheine werden zum 30. Juni 1997 fällig". Diese Mitteilung macht den "Verfall" der Optionsscheine zum 30. Juni 1997 nicht in ausreichendem Maûe deutlich. Insbesondere geht aus dem Schreiben der Beklagten nicht hinreichend klar hervor, daû dem Kläger der ersatzlose Verfall der Scheine und damit ein Totalverlust droht, wenn er sie nicht bis zum 23. Juni 1997 verkauft oder rechtzeitig die Option ausübt. Das ergibt sich auch nicht aus der Bitte der Beklagten, sich rechtzeitig
mit der depotführenden Stelle wegen eines Verkaufs bzw. der Ausübung der Option in Verbindung zu setzen.
Vielmehr vermittelt die Verwendung des Begriffs "fällig" den unzutreffenden Eindruck, daû zu dem genannten Zeitpunkt eine Leistung aus den Optionsscheinen zu erwarten sei. Die Mitteilung der Beklagten war damit sogar geeignet, den Irrtum hervorzurufen oder zu bestärken, bei einem werthaltigen Optionsschein werde vom Emittenten, wie das bei zahlreichen Optionsscheinen der Fall ist, nach Ablauf der Optionsausübungsfrist automatisch ein Wertausgleich gezahlt. Eine Bank kommt ihrer Verpflichtung, den Kunden von dem Verfall von Rechten aus Optionsscheinen zu benachrichtigen, deshalb nur dann in ausreichendem Maûe nach, wenn der Mitteilung unmiûverständlich zu entnehmen ist, daû das Optionsrecht mit Ablauf der hierfür vorgesehenen Frist möglicherweise ersatzlos erlischt und ohne einen rechtzeitigen Verkauf oder die fristgerechte Ausübung des Optionsrechts ein etwaiger Wert verloren geht.

b) Die Erfüllung ihrer sich aus Nr. 15 Abs. 2 der Sonderbedingungen ergebenden und mit dem inhaltlich unzureichenden Schreiben vom 4. Juni 1997 nicht erfüllten Benachrichtigungspflicht ist der Beklagten mit Ablauf des 23. Juni 1997, dem letzten für den in Rede stehenden Optionsschein vorgesehenen Börsenhandelstag, jedenfalls aber mit Ablauf der Optionsausübungsfrist am 30. Juni 1997, unmöglich geworden. Das folgt aus dem zeitgebundenen Charakter der Benachrichtigungspflicht , deren Zweck spätestens nach Ablauf der Optionsfrist nicht mehr erfüllt werden kann. Diese Unmöglichkeit hat die Beklagte auch zu ver-
treten, da ihre Mitarbeiter bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätten erkennen müssen, daû das Schreiben vom 4. Juni 1997 nicht geeignet war, die Benachrichtigungspflicht zu erfüllen.

c) Die Nichterfüllung der der Beklagten obliegenden Benachrichtigungspflicht ist für den vom Kläger geltend gemachten Schaden ursächlich geworden. Das gilt auch im Hinblick auf den vorgetragenen Irrtum des Klägers, bei Verfall eines werthaltigen Optionsscheines werde grundsätzlich automatisch ein Wertausgleich gezahlt. Es ist nicht ausgeschlossen , daû bei einer inhaltlich ordnungsgemäûen Benachrichtigung vor dem Verfall des Optionsscheins ein solcher Irrtum des Klägers beseitigt worden wäre. Dies geht zu Lasten der Beklagten, die aufgrund der Verletzung ihrer vertraglichen Aufklärungspflicht darlegungs- und beweispflichtig dafür ist, daû der Schaden auch bei pflichtgemäûem Ve rhalten eingetreten wäre, der Geschädigte also den Hinweis unbeachtet gelassen hätte (vgl. Senatsurteile BGHZ 124, 151, 159 f. und vom 14. Mai 1996 - XI ZR 188/95, WM 1996, 1214, 1216; BGH, Urteil vom 6. April 2001 - V ZR 402/99, WM 2001, 1158, 1160).
Das gilt ungeachtet des Umstands, daû der Kläger zwei Handlungsalternativen hatte, nämlich zum einen die Veräuûerung der Optionsscheine bis zum letzten hierfür vorgesehenen Börsenhandelstag und zum anderen die Ausübung der Optionsrechte bis zum Ende der dafür bestimmten Frist. Zwar besteht die Vermutung "aufklärungsrichtigen Verhaltens" nur in Fällen, in denen es für den aufzuklärenden Partner vernünftigerweise nur eine Möglichkeit der Reaktion gibt, die vollständige und richtige Auskunft also keinen Entscheidungskonflikt ausgelöst
hätte (Senatsurteile BGHZ 124, 151, 161; vom 10. Mai 1994 - XI ZR 115/93, WM 1994, 1466, 1467; vom 11. März 1997 - XI ZR 92/96, WM 1997, 811, 813 und vom 9. Juni 1998 - XI ZR 220/97, WM 1998, 1527, 1529). Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens hat jedoch auch dann zu gelten, wenn es für den aufzuklärenden Teil vernünftigerweise zwei Handlungsalternativen gibt, deren Wahrnehmung jeweils geeignet gewesen wäre, den entstandenen Schaden zu vermeiden.
So liegt es hier. Bei einer Veräuûerung der Optionsscheine am 23. Juni 1997, ihrem letzten Börsenhandelstag, hätte der Kläger einen Veräuûerungserlös in Höhe von jeweils 73,20 DM erzielt, bei Ausübung der Optionsrechte am 30. Juni 1997 deren Wert in Höhe von jeweils 73 DM realisiert. Mehr als den letztgenannten Betrag je Optionsschein macht er als Schaden nicht geltend.
3. Den Kläger trifft an der Entstehung des eingetretenen Schadens jedoch ein Mitverschulden, das in Höhe von einem Drittel zu bewerten ist.

a) Der Kläger hat den ihm entstandenen Schaden dadurch mitverursacht und mitverschuldet, daû er sich gegen Ende der Laufzeit der Optionsscheine nicht um diese gekümmert hat. Optionsscheine verbriefen das Recht, vom Emittenten zu einem bestimmten Zeitpunkt oder innerhalb eines bestimmten Zeitraums die Lieferung bestimmter Werte für einen festgelegten Preis oder die Zahlung eines Geldbetrages zu verlangen (Kienle in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 106 Rdn. 64). Von ihrem Wesen her stellen Optionsscheine
daher zeitgebundene Rechte dar. Den Inhaber trifft deshalb - vor allem gegen Ende ihrer Laufzeit - die Obliegenheit, Optionsscheine nicht völlig unbeobachtet zu lassen. Gegebenenfalls hat er sich über die von ihm zur Realisierung eines etwaigen inneren Wertes der Optionsscheine zu unternehmenden Schritte zu informieren. Daran hat es der Kläger, der aufgrund der Kaufbelege über die Laufzeit der Scheine informiert war, erkennbar fehlen lassen. Er durfte nicht blind auf die Richtigkeit seiner Annahme vertrauen, beim Verfall eines werthaltigen Optionsscheins werde stets automatisch ein Wertausgleich gezahlt.
Die Höhe des Anteils des Klägers an der Mitverursachung und sein Mitverschulden bewertet der Senat unter Abwägung der Verursachungs - und Verschuldensanteile beider Parteien mit einem Drittel. Diese Abwägung kann der Senat selbst vornehmen, da insoweit weitere tatsächliche Feststellungen nicht mehr zu treffen sind (vgl. Senat, Urteile vom 12. Oktober 1999 - XI ZR 294/98, WM 1999, 2255, 2256 und vom 24. Juli 2001 - XI ZR 164/00, WM 2001, 1716, 1717).

b) Die Mitverursachung und das Mitverschulden auf seiten des Klägers ist entgegen der Auffassung der Revision nicht deshalb geringer zu bewerten, weil die Beklagte hier zusätzlich eine Pflicht verletzt hätte, die Optionsscheine auch ohne eine entsprechende Weisung des Klägers an deren letztem Börsenhandelstag zu veräuûern. Eine solche Verpflichtung traf die Beklagte nicht.
aa) Anders als Nr. 15 Abs. 1 der Sonderbedingungen, die mit Nr. 15 Abs. 1 der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte
(WM 1995, 362 ff.) identisch ist und den Verkauf von Bezugsrechten am Ende des Bezugsrechtshandels auch ohne entsprechende Weisung des Kunden vorsieht, enthält Nr. 15 Abs. 2 der Sonderbedingungen für Optionsscheine keine entsprechende Regelung. Einer ergänzenden Vertragsauslegung oder dem Grundsatz von Treu und Glauben kann eine Verkaufsverpflichtung der Beklagten ebenfalls nicht entnommen werden. Dem steht bereits der Umstand entgegen, daû die Beklagte durch einen Verkauf der Optionsscheine ohne Weisung dem Kläger die Möglichkeit genommen hätte, die Aktien durch Ausübung der Option innerhalb der noch bis zum 30. Juni 1997 laufenden Frist zu beziehen. Aus der Sicht der mit den Absichten des Klägers nicht vertrauten Beklagten war es durchaus möglich, daû es diesem gerade darauf ankam, die Aktien zu erwerben, z.B. weil er sie schon "leer" verkauft hatte oder weil er sie für eine zukunftsträchtige Anlage hielt.
bb) Eine Verpflichtung der Beklagten, die Optionsscheine am letzten Tag ihres Börsenhandels auch ohne Weisung des Klägers zu verkaufen, ergibt sich entgegen der Auffassung der Revision nicht aus § 31 Abs. 1 Nr. 1 WpHG, wonach ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen verpflichtet ist, Wertpapierdienstleistungen mit der erforderlichen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit im Interesse seiner Kunden zu erbringen. Es kann dabei dahinstehen, ob diese Vorschrift als Norm des öffentlichen Aufsichtsrechts überhaupt geeignet ist, unmittelbar in die vertraglichen Beziehungen der Parteien hineinzuwirken. Im Hinblick auf die auch nach Ablauf des Börsenhandels der Optionsscheine verbleibende Handlungsalternative des Klägers lag der Verkauf der Optionsscheine eben nicht notwendigerweise in seinem Interesse. § 31
Abs. 1 Nr. 1 WpHG verpflichtete die Beklagte deshalb nicht zu einem solchen Verkauf.

III.


Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F.) und der Klage zu zwei Dritteln stattgeben.
Nobbe Siol Bungeroth
Joeres Wassermann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 178/03 Verkündet am:
13. Juli 2004
Herrwerth,
Justizangestelle
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
BörsG §§ 50 (F: 21.12.2000), 53 (F: 13.7.2001);

a) Verträge über Indexzertifikate sind keine Börsentermingeschäfte.

b) Zur Pflicht von Direkt-Brokern, Anleger beim Erwerb von Aktien oder Indexzertifikaten
des Neuen Marktes auf Abweichungen von zuvor erklärten Zielvorstellungen
hinzuweisen.
BGH, Urteil vom 13. Juli 2004 - XI ZR 178/03 - OLG Hamm
LG Detmold
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Juli 2004 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die
Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die Richterin Mayen

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 31. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 10. März 2003 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger nimmt die beklagte Sparkasse wegen verl ustreicher Geschäfte mit Aktien und Indexzertifikaten auf Schadensersatz und Bereicherungsausgleich in Anspruch.
Der Kläger, der Belegschaftsaktien seines Arbeitge bers, der D. AG, besaß, eröffnete am 29. Juni 1998 bei der Beklagten ein "direkt-Depot" und erklärte, ohne Beratung Wertpapiere erwerben und veräußern zu wollen. Nach den vereinbarten Sonderbedingungen der Beklagten verzichtet der Kunde bei der Nutzung von "direkt-Brokerage" auf jegliche Beratungsleistung der Beklagten sowie auf individuelle Hinweise und Empfehlungen zu einzelnen Wertpapieren. Auf einem Fragebogen der Beklagten gab der Kläger am 30. Juni
1998 an, er sei risikobewußt, strebe höhere Renditeaussichten bei überschaubaren Risiken an und wolle Geschäfte mit Aktien tätigen. Die Beklagte händigte ihm Broschüren mit Basisinformationen über die Vermögensanlage in offenen Fonds und in Aktien, Genußscheinen und Indexzertifikaten aus, in denen die Risiken von Aktien des Neuen Markts nicht besonders angesprochen wurden.
In der Zeit von Dezember 1998 bis März 2000 erwarb der Kläger verschiedene am Neuen Markt gehandelte Aktien. Einen Teil dieser Aktien veräußerte er, in mehreren Fällen kurzfristig nach dem Erwerb, mit einem Verlust von insgesamt 7.576,71 €. Die restlichen Aktien befinden sich mit Kurswerten unter den Erwerbspreisen noch in seinem Depot.
Ferner erwarb der Kläger in der Zeit von Oktober b is Dezember 2000 von der... Bank emittierte, laufzeitabhängige Indexzertifikate , denen der Nemax 50 zugrunde lag. Am 3. Januar 2001 veräußerte er sämtliche Zertifikate mit einem Verlust von insgesamt 11.429,24 €, kaufte am 9. Januar 2001 aber 740 Zertifikate zurück. In einem am 12. Januar 2001 ausgefüllten Fragebogen gab er an, spekulativ eine offensive Nutzung der Marktchancen bei entsprechend hoher Risikotoleranz anzustreben und Aktien, Genußscheine und Investmentzertifikate erwerben zu wollen. Er veräußerte alle Zertifikate am 1. März 2001 mit einem Verlust von 3.235,48 €.
Der Kläger macht geltend, die Beklagte habe ihre A ufklärungs- und Beratungspflichten verletzt. Die Geschäfte über die Indexzertifikate seien unverbindlich, weil er nicht börsentermingeschäftsfähig sei. Seine Klage, die er zuletzt auf Zahlung von 22.241,43 € nebst Zinsen und auf Fest-
stellung der Pflicht der Beklagten zum Ersatz aller Schäden aus dem Erwerb der noch in seinem Depot befindlichen Aktien, hilfsweise auf Feststellung der Pflicht zum Ersatz aller Schäden aus der Vermittlung von Wertpapieren im Rahmen des "direkt-Brokerage" gerichtet hat, ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist unbegründet.

I.


Das Berufungsgericht hat Schadensersatz- und Berei cherungsansprüche des Klägers verneint und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt :
Auf der Grundlage des zu berücksichtigenden Partei vorbringens scheide eine Beratungspflichtverletzung aus, weil der Kläger im Rahmen des "direkt-Brokerage" auf jegliche Beratung verzichtet habe.
Die Beklagte hafte auch nicht wegen Verletzung der Aufklärungspflicht gemäß § 31 Abs. 2 WpHG. Ob sie diese Pflicht verletzt habe, sei problematisch. Die Beklagte habe zwar ihre Pflicht als "direkt-Broker" zur standardisierten Anfangsaufklärung durch die Übergabe von Informationsbroschüren erfüllt. Fraglich sei aber, ob sie über die besonderen Ri-
siken der Papiere des Neuen Marktes weitergehend und gesondert aufklären mußte. Dies bedürfe indes keiner Entscheidung, weil eine etwaige Aufklärungspflichtverletzung jedenfalls nicht schadensursächlich geworden sei. Für den Kläger spreche zwar die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens. Sein Anlageverhalten, insbesondere das weitere Investieren in Aktien des Neuen Marktes trotz erlittener Verluste und das Bestehen auf dem von der Beklagten zunächst verweigerten erneuten Erwerb der Indexzertifikate im Januar 2001 trotz vorheriger Verluste und des zumindest jetzt erfolgten Hinweises auf den spekulativen Charakter der Geschäfte, lasse aber darauf schließen, daß er sich durch eine Aufklärung über die - unterstellten - besonderen Risiken von Papieren des Neuen Marktes nicht vom Erwerb dieser Aktien hätte abhalten lassen. Ein Bereicherungsanspruch gemäß § 812 BGB wegen de s Erwerbs der Indexzertifikate bestehe nicht, weil diese Geschäfte nicht gemäß § 53 Abs. 2 BörsG a.F. unverbindlich seien. Ihnen fehlten die für Börsentermingeschäfte typischen Merkmale. Bei einem Indexzertifikat verpflichte sich der Emittent, am Fälligkeitstag einen Betrag zu zahlen, der dem Stand des zugrunde gelegten Aktienindex entspreche. Der Anleger zahle den am Indexstand orientierten Erwerbspreis sofort und nehme an Veränderungen des Kurses, der sich regelmäßig parallel zum Index entwickle , im Verhältnis 1 : 1 teil. Selbst wenn das Zertifikat mit einem Abschlag zum Indexstand gehandelt werde, ergebe sich allenfalls eine geringe Hebelwirkung. Das Risiko eines Totalverlustes sei nicht höher als bei einer Aktie.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
1. Rechtsfehlerfrei ist allerdings die Auffassung des Berufungsgerichts , dem Kläger stehe wegen der Verluste in Höhe von 14.664,72 €, die er durch die Geschäfte mit Indexzertifikaten erlitten habe, kein Bereicherungsanspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zu. Diese Geschäfte sind keine gemäß § 53 Abs. 1 BörsG a.F. unverbindlichen Börsentermingeschäfte.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Börsentermingeschäfte standardisierte Verträge, die von beiden Seiten erst zu einem späteren Zeitpunkt, dem Ende der Laufzeit, zu erfüllen sind und einen Bezug zu einem Terminmarkt haben (BGHZ 92, 317, 320; Senat BGHZ 114, 177, 179; 142, 345, 350; 149, 294, 301; 150, 164, 168). Die besondere Gefährlichkeit dieser Geschäfte, vor der nicht börsentermingeschäftsfähige Anleger durch die §§ 53 ff. BörsG a.F. geschützt werden sollten, besteht darin, daß sie - anders als Kassageschäfte, bei denen der Anleger sofort Barvermögen oder einen Kreditbetrag einsetzen muß (vgl. BGHZ 103, 84, 87) - durch den hinausgeschobenen Erfüllungszeitpunkt zur Spekulation auf eine günstige, aber ungewisse Entwicklung des Marktpreises in der Zukunft verleiten, die die Auflösung des Terminengagements ohne Einsatz eigenen Vermögens und ohne Aufnahme eines förmlichen Kredits durch ein gewinnbringendes Glattstellungsgeschäft ermöglichen soll (Senat BGHZ 149, 294, 301; 150, 164, 169). Typischerweise sind mit Börsentermingeschäften die Risiken der Hebelwir-
kung (Senat BGHZ 139, 1, 6) und des Totalverlustes des angelegten Kapitals (Senat BGHZ 150, 164, 169) sowie die Gefahr, planwidrig zusätzliche Mittel einsetzen zu müssen, verbunden.

b) Gemessen hieran sind die zwischen den Parteien geschlossenen Verträge über Indexzertifikate keine Börsentermingeschäfte (vgl. Tilp, in: Allmendinger/Tilp, Börsentermin- und Differenzgeschäfte Rdn. 332; Wohlfarth/Brause WM 1998, 1859, 1866 f.; ebenso für Finanztermingeschäfte : Begr.RegE 4. FMFG, BT-Drucks. 14/8017, S. 85; Beck, in: Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar 3. Aufl. WpHG § 2 Rdn. 18).
Indexzertifikate sind Schuldverschreibungen (vgl. Wohlfarth/ Brause WM 1998, 1859, 1866; Luttermann/Backmann ZIP 2002, 1017, 1019; Beck, in: Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar 3. Aufl. WpHG § 2 Rdn. 18), die den Anspruch des Inhabers gegen den Emittenten auf Zahlung eines Geldbetrages verbriefen, dessen Höhe vom Stand des zugrunde gelegten Index am Ende der Laufzeit abhängt. Der Leistungsaustausch durch Übertragung der Schuldverschreibung mit der darin wertpapiermäßig verbrieften Forderung hat Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises binnen der für Kassageschäfte üblichen Frist von zwei Tagen (BGHZ 103, 84, 87) zu erfolgen. Durch die spätere Rückzahlung des Emittenten an den Erwerber wird nicht der Vertrag über den Erwerb des Zertifikats, sondern die durch die Schuldverschreibung begründete Forderung erfüllt.
Mangels hinausgeschobenen Erfüllungszeitpunkts feh lt dem Geschäft mit Indexzertifikaten die für Termingeschäfte spezifische Gefährlichkeit und damit das für die Qualifizierung als Börsentermingeschäft
wesentliche Schutzbedürfnis des Anlegers (vgl. Senat, BGHZ 150, 164, 170 und Beschluß vom 9. Dezember 1997 - XI ZR 85/97, WM 1998, 274, 275). Dieser wird nicht dazu verleitet, ohne oder mit verhältnismäßig geringem Einsatz eigenen Vermögens und ohne Aufnahme eines förmlichen Kredits auf Gewinn zu spekulieren. Sein Verlustrisiko ist auf den Kaufpreis für die Schuldverschreibung begrenzt, den er sofort bei Vertragsschluß in voller Höhe bezahlen muß. Die Gefahr, planwidrig zusätzliche Mittel einsetzen zu müssen, besteht nicht.
Der Erwerb von Indexzertifikaten hat auch nicht di e für Termingeschäfte spezifische Hebelwirkung. Da der Preis des Indexzertifikats in der Regel dem Index der zugrunde gelegten Aktien entspricht, erlangt der Erwerber des Zertifikats nicht die Möglichkeit, mit verhältnismäßig geringem Geldeinsatz weit überproportional an der Wertentwicklung des Index und der zugrunde gelegten Aktien teilzunehmen. Abweichungen des Preises des Indexzertifikats von der Wertentwicklung des Index, die sich aufgrund des Zinsniveaus, der Markterwartung und etwaiger Dividendenzahlungen auf die im Index berücksichtigten Aktien ergeben können , sind entgegen der Auffassung der Revision zu gering, um der für Termingeschäfte spezifischen Hebelwirkung gleichgestellt werden zu können (vgl. Wohlfarth/Brause WM 1998, 1859, 1867).
Auch die Gefahr des Totalverlustes besteht bei Ind exzertifikaten nicht in dem für Termingeschäfte typischen Maße. Während bei Termingeschäften aufgrund der begrenzten Laufzeit ein Totalverlust droht und insbesondere Optionsprämien durch bloßen Zeitablauf vollständig verfallen können (BGHZ 150, 164, 170 f.), besteht bei Indexzertifikaten grundsätzlich nur das Risiko, aufgrund eines ungünstigen Standes des Index
bei der Fälligkeit des Zertifikats nur einen Teil des gezahlten Kaufpreises zurückzuerhalten. Die Gefahr eines Totalverlustes aufgrund einer Insolvenz des Emittenten ist nicht größer als beim Direkterwerb von Aktien, der unzweifelhaft kein Börsentermingeschäft ist (Senat BGHZ 150, 164, 171). Die Gefahr der Insolvenz aller in den Index aufgenommenen Aktiengesellschaften ist sogar deutlich geringer als beim Direkterwerb von Aktien einzelner dieser Gesellschaften.
Schließlich dient der Erwerb von Indexzertifikaten einem ähnlichen wirtschaftlichen Zweck (vgl. zu dessen Bedeutung für die Qualifizierung als Börsentermingeschäft: Senat BGHZ 133, 200, 206; 139, 1, 7; 150, 164, 171) wie der Direkterwerb von Aktien. Indexzertifikate eröffnen die Möglichkeit, an der Kursentwicklung des Index teilzunehmen, ohne alle in den Index aufgenommenen Aktien einzeln erwerben zu müssen. Auch dies unterscheidet den Erwerb von Indexzertifikaten von Termingeschäften.
2. Rechtsfehlerhaft ist hingegen die Begründung, m it der das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch des Klägers wegen Verletzung der Aufklärungspflicht gemäß § 31 Abs. 2 WpHG verneint hat. Anders als das Berufungsgericht meint, wird eine tatsächliche Vermutung für die Schadensursächlichkeit einer Aufklärungspflichtverletzung nicht dadurch ausgeräumt, daß der Anleger trotz erlittener Verluste und ungeachtet eines nachgeholten Hinweises auf den spekulativen Charakter der Kapitalanlage weitere Geschäfte abschließt. Die Fortsetzung der Spekulation trotz eingetretener Verluste läßt nicht darauf schließen, daß der Anleger das Erstgeschäft auch nach gehöriger Aufklärung abgeschlossen hätte, sondern ist eher darauf zurückzuführen, daß er sich trotz der
Verluste über die Geschäftsrisiken nicht im klaren ist (Senat, Urteil vom 17. März 1992 - XI ZR 204/91, WM 1992, 770, 773). Ein nach dem Erstgeschäft erteilter warnender Hinweis rechtfertigt keine andere Beurteilung , weil der Anleger diesem Hinweis unter dem Eindruck des Erstgeschäfts nicht mehr unvoreingenommen gegenübersteht (Senat, Beschluß vom 22. Juni 1993 - XI ZR 215/92, WM 1993, 1457, 1458).

III.


Das Berufungsurteil stellt sich aber aus anderen G ründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
Die Beklagte hat zwar ihre Pflichten gemäß § 31 Ab s. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG (vgl. zu dessen Bedeutung für Inhalt und Umfang vertraglicher Aufklärungspflichten: Senat BGHZ 142, 345, 356; ebenso für § 31 Abs. 1 Nr. 1 WpHG: Senat BGHZ 147, 343, 348) verletzt. Es besteht im vorliegenden Fall aber keine tatsächliche Vermutung dafür, daß der Kläger nach ordnungsgemäßer Aufklärung die verlustbringenden Geschäfte nicht abgeschlossen hätte. Er hat den Ursachenzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem ihm entstandenen Schaden auch nicht nach allgemeinen Grundsätzen nachgewiesen.
1. a) Die Pflichten der Beklagten gemäß § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG beschränkten sich im Rahmen des "direkt-Brokerage" nicht allein darauf, dem Kläger geeignetes schriftliches Material mit standardisierten Informationen über die in Aussicht genommenen Wertpapiergeschäfte zur Verfügung zu stellen. Sie war auch zu besonderer Warnung verpflich-
tet, wenn Kundenaufträge von der zuvor erklärten Zielvorstellung deutlich abwichen (Senat, Urteil vom 11. November 2003 - XI ZR 21/03, WM 2004, 24, 27; vgl. auch Senat BGHZ 142, 345, 357).

b) Eine solche Abweichung liegt hier vor. In dem F ragebogen vom 30. Juni 1998 hatte der Kläger seine Risikobereitschaft bei den angestrebten Geschäften als "risikobewußt - höhere Renditeaussichten bei überschaubaren Risiken", nicht aber als "spekulativ - offensive Nutzung der Marktchancen bei entsprechend hoher Risikotoleranz" bezeichnet. Diese Zielvorstellung traf auf die seit Dezember 1998 erworbenen Aktien des Neuen Marktes und die Indexzertifikate, denen der Nemax 50 zugrunde lag, nicht mehr zu. Hierbei handelte es sich um spekulative Geschäfte.
Der Neue Markt wurde seit dem 10. März 1997 an der Frankfurter Wertpapierbörse als Marktsegment angeboten, in dem junge, innovative Wachstumsunternehmen Risikokapital aufnehmen konnten. Er sollte Anlegern die Investition in Aktien mit einem erhöhten Risiko und einer entsprechend erhöhten Gewinnchance ermöglichen (Kersting AG 1997, 222, 223). Besondere Risiken ergaben sich daraus, daß die Unternehmen des Neuen Marktes in der Regel nur mit wenigen Produkten und Dienstleistungen , die zudem erst kurze Zeit marktreif waren (vgl. Kümpel, Bankund Kapitalmarktrecht, 3. Aufl. Rdn. 17.641) und sich am Markt noch durchsetzen mußten, am Wettbewerb teilnahmen. Das starke Wachstum warf Probleme für Unternehmensstruktur, Risikomanagement und Finanzierung auf. Mangels ausreichender Reserven hatten geschäftliche Rückschläge vergleichsweise starke Auswirkungen. Unternehmen des Neuen Marktes waren deshalb konkursgefährdeter als andere Unterneh-
men. Da es sich überwiegend um relativ junge Unternehmen handelte, die ihre Geschäftstätigkeit noch aufbauten, war ihre Bonität ebenso wie die Erträge und Dividenden oft gering. Die Aktien waren einem erheblichen Kursrisiko ausgesetzt, weil Kurssteigerungen oft nicht tatsächlich erwirtschaftete Gewinne, sondern nur die Erwartung künftiger Gewinne widerspiegelten. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) überstieg im Durchschnitt das in anderen Marktsegmenten übliche KGV deutlich. (vgl. Helmschrott /Waßmer WM 1999, 1853, 1858)
Angesichts dieser Besonderheiten der Unternehmen d es Neuen Marktes handelte ein Anleger, der Aktien des Neuen Marktes erwarb, entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht risikobewußt, sondern spekulativ. Über diese Abweichung von seiner im Fragebogen vom 30. Juni 1998 erklärten Zielsetzung hätte die Beklagte den Kläger vor dem ersten Erwerb solcher Aktien im Dezember 1998 und nicht erst bei der Ausfüllung des Fragebogens vom 12. Januar 2001 aufklären müssen.
2. Die Verletzung dieser Aufklärungspflicht ist ab er für den Abschluß der Geschäfte und den dadurch verursachten Schaden des Klägers nicht ursächlich geworden.

a) Für die Kausalität spricht keine tatsächliche V ermutung. Die Kausalitätsvermutung bei Aufklärungspflichtverletzungen setzt voraus, daß es nur eine bestimmte Möglichkeit "aufklärungsrichtigen" Verhaltens gibt (Senat BGHZ 124, 151, 161). Hingegen ist diese Vermutung nicht begründet, wenn eine gehörige Aufklärung beim Vertragspartner einen Entscheidungskonflikt ausgelöst hätte, weil es vernünftigerweise nicht
nur eine, sondern mehrere Möglichkeiten aufklärungsrichtigen Verhaltens gab (Senat, Urteil vom 9. Juni 1998 - XI ZR 220/97, WM 1998, 1527, 1529 m.w.Nachw.).
So lag es hier. Nach einer Aufklärung über den spe kulativen Charakter des Erwerbs von Aktien des Neuen Marktes und die daraus resultierende Abweichung von der am 30. Juni 1998 erklärten Zielvorstellung wäre es nicht einzig vernünftig gewesen, von diesen Geschäften abzusehen. Aktien des Neuen Marktes waren nicht nur mit den bezeichneten Risiken behaftet, sondern boten - wie die über längere Zeit gestiegenen Kurse zeigen - auch entsprechende Gewinnchancen. Dies veranlaßte Ende der 1990er Jahre, als der Kläger die ersten Aktien des Neuen Marktes erwarb, zahlreiche Anleger, in den Neuen Markt zu investieren. Vor diesem Hintergrund ist offen, wie der Kläger sich nach gehöriger Information verhalten hätte. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil er die Aktien des Neuen Marktes nicht auf Empfehlung der Beklagten, sondern aus eigener Initiative erworben und dabei offensichtlich keine dauerhafte Kapitalanlage, sondern die Erzielung kurzfristiger Gewinne angestrebt hat. Er hat nämlich die ersten, im Dezember 1998 erworbenen Aktien bereits nach drei Tagen wieder verkauft und auch die nächsten , im Januar 1999 erworbenen Aktien von drei verschiedenen Unternehmen nur bis zum 11. Februar 1999 gehalten.

b) Da mehrere Möglichkeiten der Reaktion des Kläge rs auf die gehörige Aufklärung denkbar sind, nämlich sowohl der Abschluß als auch das Unterlassen der verlustbringenden Geschäfte, hatte der Kläger den vollen Beweis dafür zu erbringen, daß er die Aktien des Neuen Marktes und die Indexzertifikate nicht erworben hätte, wenn die Beklagte ihre
Aufklärungspflicht ordnungsgemäß erfüllt hätte. Hierfür hat er jedoch keinen Beweis angetreten.

IV.


Die Revision des Klägers war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Nobbe Müller Joeres
Wassermann Mayen
6
a) Das Berufungsgericht hat verkannt, dass bei einer unrichtigen oder unvollständigen Darstellung von für die Anlageentscheidung wesentlichen Umständen eine tatsächliche Vermutung dafür besteht, dass die mangelhafte Prospektdarstellung für die Anlageentscheidung ursächlich war (st.Rspr. BGHZ 79, 337, 346; Sen.Urt. v. 3. Dezember 2007 - II ZR 21/06, ZIP 2008, 412 Tz. 16; v. 21. März 2005 - II ZR 149/03, ZIP 2005, 763; v. 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, ZIP 2004, 1706; v. 1. März 2004 - II ZR 88/02, ZIP 2004, 1104; v. 15. Dezember 2003 - II ZR 244/01, ZIP 2004, 312; v. 14. Juli 2003 - II ZR 202/02, ZIP 2003, 1651). Durch unzutreffende oder unvollständige Informationen des Prospekts wird in das Recht des Anlegers eingegriffen, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in das Projekt investieren will oder nicht. Das Bestehen von Handlungsvarianten ist nicht geeignet, diese auf der Lebenserfahrung beruhende tatsächliche Vermutung für die Ursächlichkeit fehlerhafter Prospektdarstellungen für die Anlageentscheidung bei Immobilien zu entkräften, bei denen es in der Regel vordringlich um Sicherheit, Rentabilität und Inflationsschutz geht (BGH, Urt. v. 9. Februar 2006 - III ZR 20/05, ZIP 2006, 568). Eine Ausnahme kommt allenfalls bei - hier nicht vorliegenden - von vornherein spekulativen Geschäften in Betracht, bei denen es nur um das Maß der Sicherheit geht (vgl. BGHZ 160, 58, 66). Die Annahme des Berufungsgerichts, die Kläger hätten sich wegen der Einschätzung der D. Bank, kein mit den Konditionen und Sicherheiten des Fonds vergleichbar gutes Angebot machen zu können, in einem Entscheidungskonflikt befunden, beruht außerdem auf einem Denkfehler. Es hat verkannt , dass diese Bewertung auf den Angaben im Prospekt beruht, die die D. Bank für richtig gehalten hat, während zumindest zu unterstellen ist, dass sie nicht zutreffen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 20/05
Verkündet am:
9. Februar 2006
B l u m
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Kausalität, wenn der Vermittler
einer prospektierten Kapitalanlage pflichtwidrig an ihn für den Vertrieb
gezahlte "Innenprovisionen" ungenügend offen gelegt oder sonstige Unrichtigkeiten
im Prospekt nicht richtig gestellt hat.
BGH, Urteil vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Februar 2006 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Streck, Dörr und Dr. Herrmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30. Dezember 2004 im Kostenpunkt - mit Ausnahme der darin enthaltenen Anordnung der Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 - und insoweit aufgehoben, als über die Klage gegen die Beklagte zu 1 erkannt worden ist.
In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten dieses Revisionsrechtszuges - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger zeichnete mit Beitrittserklärungen vom 1. Dezember 1996 und vom 13. Juni 1997 Beteiligungen als Kommanditist mit Beträgen von jeweils 80.000 DM zuzüglich 5 % Agio an der D. , Grundstücks- und Verwaltungs-GmbH & Co. P. /W. -G. 1 KG (im Folgenden: W. 1) und an der D. Grund- stücks-Entwicklungs-GmbH & Co. W. -G. 2 KG (im Folgenden: W. 2). Geschäftsgegenstand dieser Fonds war der Bau und der Betrieb verschiedener Ladenzentren. Diese Kapitalanlagen vertrieb die Beklagte zu 1 unter Verwendung der von den Objektgesellschaften herausgegebenen Prospekte.
2
Der Kläger, der seine Beteiligungen aufgrund der ihm von dem Vertriebsbeauftragten der Beklagten zu 1, E. , gegebenen Informationen zeichnete, hat - soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse - von der Beklagten zu 1 (im Folgenden: die Beklagte) Ersatz der ihm durch den Erwerb der Beteiligungen an den mittlerweile in wirtschaftliche Schwierigkeiten, in einem Fall (W. 2) in Insolvenz geratenen Gesellschaften entstandenen Aufwendungen , Zug um Zug gegen Abtretung der Beteiligungen, verlangt. Wegen weiterer Einzelheiten bis zum Erlass des ersten Revisionsurteils des Senats wird auf das Urteil vom 12. Februar 2004 - III ZR 359/02 - BGHZ 158, 110 = NJW 2004, 1732 verwiesen. Aufgrund der neuen Berufungsverhandlung hat das Berufungsgericht erneut - unter Aufrechterhaltung eines entsprechenden Versäumnisurteils - die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Senat bezüglich des Klageanspruchs gegen die Beklagte zugelassene Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe


3
Die Revision führt in dem Umfang, in dem sie vom Senat zugelassen worden ist, zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.



4
1. a) Das Berufungsgericht geht aufgrund des ersten Revisionsurteils des Senats von einem objektiv pflichtwidrigen Verhalten der Beklagten aus, indem diese den Kläger nicht darüber aufklärte, dass bei W. 1 über die Eigenkapitalbeschaffungskosten in einer Größenordnung von 20 %, auf die es Hinweise im Prospekt gab, hinaus weitere Innenprovisionszahlungen in Höhe von 5 % erfolgt waren und bei W. 2 der bloße Hinweis im Prospekt, dass von Seiten der Verkäufer der Einkaufs- und Dienstleistungszentren noch eine "weitere Vergütung (Werbungskostenzuschuss)" gezahlt werde, den Umstand verschleierte, dass dieser "Werbungskostenzuschuss" mit 14 % betragsmäßig noch über die - ohnehin nicht unbeträchtlichen - bekannten Provisionszahlungen (insgesamt 11 %) hinausging, die die Beteiligungsgesellschaft selbst zu erbringen hatte (s. BGHZ 158, 110, 121 f).
5
Dabei sind die gezahlten Innenprovisionen (= für die Vermittlung des Eigenkapitals) richtigerweise jeweils ins Verhältnis gesetzt worden zu dem von den Anlegern als Gegenleistung (Preis) für ihre Beteiligung an den Kommanditgesellschaften einzubringenden Eigenkapital (bei W. 1: 27 Mio. DM, bei W. 2: 19,2 Mio. DM). Auf ein prozentuales Verhältnis dieser Provisionen zu dem prospektierten Gesamtaufwand der Anlagegesellschaften für ihre, aus Fremd- und Eigenkapital zu finanzierenden, (Bau-)Vorhaben als ganze (bei W. 1: 62.845.30 DM, bei W. 2: 37.920.000 DM) hat der Senat dagegen in BGHZ 158, 110, 121 f - unbeschadet der möglicherweise missverständlichen Verwendung des Begriffs "Gesamtaufwand" in unterschiedlichen Bedeutungszusammenhängen in diesem Urteil - nicht entscheidend abgestellt. An dieser Sicht ist entgegen der von dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der Revisionsverhandlung geäußerten Kritik festzuhalten. Dies folgt schon aus der Bindungswirkung des ersten Revisionsurteils; der Senat sieht aber auch unab- hängig von der Bindung keinen Grund für eine andere Beurteilung. Ein maßgeblicher Gesichtspunkt für die Rechtsprechung, wonach Innenprovisionen ab einer gewissen Größenordnung ausgewiesen werden müssen, jedenfalls diesbezügliche Angaben zutreffend sein müssen, liegt darin, dass sich aus der Existenz und Höhe solcher Provisionen Rückschlüsse auf eine geringere Werthaltigkeit des Objekts ergeben können (BGHZ 158, 110, 118 f). Dabei ist das "Objekt", um dessen Werthaltigkeit - gemessen am zu zahlenden Preis - es geht, nächstliegend danach zu bestimmen, was jeweils Gegenstand des Vertriebs ist. Das können beispielsweise rechtlich selbständige Hausgrundstücke und Eigentumswohnungen, aber auch Beteiligungen an Immobilienfonds der hier in Rede stehenden Art sein. Wenn, wie hier, "Kauf"-Gegenstand die Beteiligung an einem Immobilienfonds ist, deren Preis die Aufbringung (eines Teils) des für das Bauvorhaben erforderlichen Eigenkapitals darstellt, so kann für die Wertschätzung dieser Geldanlage allein schon der Umstand, in welchem Umfang dem vom Anleger dafür zu zahlenden Preis (Innen-)Provisionen eben für die Vermittlung des Eigenkapitals gegenüberstehen, von maßgeblicher Bedeutung sein. Würde man dies anders sehen, so hätte dies gegebenenfalls die merkwürdige Konsequenz, dass bei Anlageobjekten mit einem besonders großen Anteil "weicher Kosten" und einem hohen Fremdkapitalanteil (was zwangsläufig auch mit höheren Finanzierungskosten für die Fondsgesellschaft verbunden ist) selbst über - im Verhältnis zu dem vom Anleger aufzubringenden Geldbetrag - außergewöhnlich hohe Innenprovisionen für die Vermittlung des Eigenkapitals nur deshalb nicht aufgeklärt werden müsste, weil die insgesamt geflossenen Provisionen weniger als 15 % des Gesamtaufwands ausmachten. Somit könnten gerade bei Anlagen, deren Rentabilität ohnehin in Frage gestellt ist, folgenlos hohe Innenprovisionen vereinbart werden, wodurch die ohnehin geringen Renditechancen der Anleger weiter verschlechtert würden.
6
b) Das Berufungsgericht verneint jedoch - letztlich wohl vor allem im Hinblick auf die dem Kläger für die Anlagen in Aussicht gestellten steuerlichen Vorteile - die Ursächlichkeit dieser Pflichtverletzungen der Beklagten für den Beitritt des Klägers zu W. 1 und 2 und den damit verbundenen Schaden.
7
2. An weiteren Pflichtverletzungen der Beklagten erörtert das Berufungsgericht , soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse:
8
Die Werbung mit der Behauptung, dass zur Absicherung einer in den Anlagemodellen eingeschalteten Mietgarantin bereits eine Bankbürgschaft bereit stehe, was in Wirklichkeit nicht der Fall war, sieht das Berufungsgericht für W. 2 als pflichtwidrig an, für W. 1 lässt es dies offen, sieht aber auch insoweit keinen Kausalzusammenhang mit dem Anlageentschluss des Klägers.
9
Darüber, dass die Mietgarantin im Falle W. 1 nicht über das bei Zeichnung im Prospekt genannte Stammkapital von 2 Mio. DM verfügte, sondern dieses nur 50.000 DM betrug, bedurfte es nach Auffassung des Berufungsgerichts angesichts der Hinweise im Prospekt auf kapitalmäßige Verflechtungen keiner zusätzlichen Aufklärung durch die Beklagte; jedenfalls verneint das Berufungsgericht auch insoweit einen Kausalzusammenhang mit dem Anlageentschluss des Klägers.
10
Soweit der Kläger geltend gemacht hat, die in den Prospekten zugrunde gelegten Mieteinnahmen seien übersetzt gewesen, verneint das Berufungsgericht eine Pflichtverletzung der Beklagten, die keinen Anlass gehabt habe, sich einzelne Mietverträge oder gar Flächenberechnungen vorlegen zu lassen. Darüber hinaus erscheine es im Hinblick auf den Verlauf der Beitritte des Klägers ausgeschlossen, dass derartige Angaben seine Beteiligungsentscheidungen auch nur mitbestimmt hätten. Der Kläger habe sich nur den Emissionsprospekt zu W. 1 vorlegen lassen, und dies auch erst nach Unterzeichnung der Beitrittserklärung. An W. 2 habe er sich beteiligt, ohne den Prospekt auch nur zu irgendeinem Zeitpunkt einzusehen. Aufgrund dieses Verlaufs könne nur angenommen werden, dass dem Kläger die einzelnen Zahlen zu den Flächengrößen und voraussichtlichen Mieten gleichgültig gewesen seien. Ihm sei es vor allen Dingen auf die Höhe der ihm von dem Vermittlungsbeauftragten der Beklagten , Erbach, vorgerechneten Steuervorteile angekommen. Welche Erwartungen er ansonsten aus den ihm vorgelegten Kurz-Exposés und dem Emissionsprospekt zu W. 1 abgeleitet habe und inwiefern diese Erwartungen der Wirklichkeit zuwidergelaufen seien, lege er nirgends konkret dar.
11
Dies hält in entscheidenden Punkten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

II.


12
Soweit das Berufungsgericht über die Aufklärungspflichtverstöße der Beklagten zu 1 zu den Innenprovisionen und zur - fehlenden - Existenz einer Bankbürgschaft für die Mietgarantin (bei W. 2 nicht abschließend geprüft) hinaus weitere objektive Pflichtverletzungen der Beklagten gegenüber dem Kläger (abschließend) verneint hat, rügt die Revision im Ansatz mit Recht, dass die Begründung des Berufungsgerichts hierzu in zwei Punkten rechtlichen Bedenken unterliegt.
13
1. In Bezug auf die unzutreffende Angabe des Stammkapitals der Mietgarantin für W. 1 (2 Mio. DM statt tatsächlicher 50.000 DM) wird es der Bedeutung des Einbaus eines Mietgaranten in das "Sicherheits-System" einer Vermögensanlage der vorliegenden Art - insbesondere aus der Sicht eines nicht besonders erfahrenen, durchschnittlichen Anlageinteressenten - nicht gerecht, wenn das Berufungsgericht ausführt, durch die weiteren Angaben im Prospekt über die kapitalmäßigen Verflechtungen der beteiligten Unternehmen und die weiteren Umstände sei die "scheinbare Sicherheit" der Mietgarantie "relativiert" worden, was dem nicht nur flüchtigen Leser des Prospekts nicht hätte verborgen bleiben können. Solche Erwägungen führen nicht daran vorbei, dass die Angaben über die Höhe des Stammkapitals des Mietgaranten im Prospekt darauf abzielten, Vertrauen beim Anleger zu begründen, dann aber auch unbedingt den Tatsachen entsprechen mussten. Es kann andererseits insoweit auch nicht der von der Beklagten in der Revisionsverhandlung vertretenen Ansicht gefolgt werden, der betreffende Prospektmangel sei durch die spätere Erhöhung des Stammkapitals der Mietgarantin geheilt worden.
14
2. Was die Prüfung der Plausibilität der (dauerhaften Erzielbarkeit der) in den Angeboten zugrunde gelegten Mieteinnahmen beider Anlagen angeht, setzt sich das Berufungsgericht, wie die Revision rügt, nicht mit dem Vorwurf des Klägers auseinander, die Beklagte hätte ebenso wie der Gerlach-Report erkennen müssen, dass die angesetzten Eingangsmieten "deutlich über den Werten des RDM-Preisspiegels" lagen. Andererseits musste die Beklagte angesichts dessen, dass die in Rede stehenden Mietverträge bei Zeichnung der Anlagen durch den Kläger schon überwiegend abgeschlossen waren, unbeschadet des allgemeinen Preisspiegels nicht unbedingt Probleme hinsichtlich der dauerhaften Erzielbarkeit der Mieten sehen.
15
3. Auf die beiden angesprochenen Punkte - vom Kläger weiter geltend gemachte objektive Pflichtverstöße der Beklagten - braucht allerdings im vorliegenden Revisionsverfahren nicht abschließend eingegangen zu werden. Das Berufungsgericht hat in einer neuen Berufungsverhandlung ohnehin Gelegenheit , sich mit dem betreffenden Vortrag des Klägers noch einmal auseinanderzusetzen. Sein Urteil unterliegt schon aus anderen Gründen der Aufhebung.

III.


16
Denn soweit das Berufungsgericht zutreffend objektive Pflichtverstöße der Beklagten zu 1 angenommen hat oder solche - ohne sie abschließend zu prüfen - in Betracht gezogen beziehungsweise bei seiner weiteren Prüfung in Hilfserwägungen unterstellt hat, trägt seine Begründung nicht die Annahme, es fehle am Ursachenzusammenhang zwischen diesen Pflichtverstößen und dem Anlageentschluss des Klägers.
17
1. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die in Betracht gezogenen Pflichtverletzungen der Beklagten seien für den dem Kläger entstandenen Schaden nicht ursächlich gewesen, entbehrt einer rechtlichen Grundlage, soweit es diese - so hinsichtlich des dem Kläger verschwiegenen Umstands, dass bei W. 1 das Stammkapital des Mietgaranten nicht 2 Mio. DM, sondern nur 50.000 DM betrug - wie folgt begründet: Der Schaden des Klägers bestehe letztlich darin, dass die Rendite nicht die vom Kläger erhoffte Höhe erreicht habe , sich die Anlagen nach seiner Darstellung vielmehr als wertlos entpuppt hätten. Der Kläger habe nicht dargelegt, dass sich dieser Schaden dadurch vergrößert habe, dass die Erhöhung des Stammkapitals des Mietgaranten erst im September 1997 beschlossen worden sei; der Schaden wäre nicht geringer ausgefallen, wäre die Erhöhung des Stammkapitals schon vor dem Beitritt des Klägers zu W. 1 beschlossen worden. Bei dieser Argumentation übersieht das Berufungsgericht, dass bei Verletzung einer Beratungs- oder Aufklärungspflicht ein Vermögensschaden des Anlegers, der sich bei zutreffender Unterrichtung nicht an dem Anlagemodell beteiligt hätte, schon immer dann zu bejahen ist, wenn die Anlage - aus welchen Gründen auch immer - den gezahlten Preis nicht wert ist, und er nach § 249 BGB so zu stellen ist, wie wenn er sich daran nicht beteiligt hätte (vgl. nur Senatsurteil vom 13. Januar 2000 - III ZR 62/99 - ZIP 2000, 355, 357; BGH, Urteil vom 13. Januar 2004 - XI ZR 355/02 - NJW 2004, 1868, 1869). Um einen anderen Schaden geht es hier, anders als das Berufungsgericht erwägt, nicht.
18
2. Die Kausalitätsfrage stellt sich dahin, wie die Dinge sich entwickelt hätten , wenn der Kläger zu den betreffenden Punkten in der gebotenen Weise aufgeklärt worden wäre. Das heißt, der gebotene Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden ist hier gegeben, wenn der Kläger bei pflichtgemäßem Verhalten der Beklagten von der Zeichnung der Anlage abgesehen hätte.
19
a) Das Berufungsgericht, das von diesem Ansatz im sonstigen Zusammenhang seiner Ausführungen auch selbst ausgeht, verneint insoweit die Ursächlichkeit der erörterten Pflichtverletzungen der Beklagten unter anderem mit der verschiedentlich gemachten Aussage, es sei davon "überzeugt", dass die Pflichtverletzungen dafür, dass der Kläger W. 1 und W. 2 beigetreten sei, nicht ursächlich seien. An anderer Stelle bringt es seine "Überzeugung" zum Ausdruck, dass eine Richtigstellung - hier zur Höhe der Innenprovision - den Kläger nicht dazu bewogen hätte, von dem vereinbarten Widerrufsrecht Gebrauch zu machen.

20
b) Bei einer Gesamtwürdigung sämtlicher darauf bezogener Ausführungen des Berufungsgerichts kann darin jedoch keine eindeutige, auf lückenlose Indizien gestützte, auf tatrichterlicher Überzeugung (§ 286 ZPO) beruhende, (positive) Feststellung eines bestimmten - hypothetischen - Sachverhalts gesehen werden. Die betreffenden Schlussfolgerungen des Berufungsgerichts sind vielmehr mit einer Reihe - noch näher zu erörternder - normativer Erwägungen verbunden, aus denen es letztlich die Berechtigung herleitet, die Unklarheiten über die hypothetischen Abläufe, insbesondere zu den gegebenenfalls vom Kläger zu treffenden Willensentscheidungen, zu Lasten des von der Vorinstanz jedenfalls in erster Linie für vortragspflichtig gehaltenen Klägers - dem nach Auffassung des Berufungsgerichts "Erleichterungen der Darlegungslast … nicht zugute kommen" sollen - gehen zu lassen.
21
aa) Dabei ist, wie die Revision mit Recht rügt, der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, was die Darlegungs- und Beweislast angeht, unrichtig oder zumindest missverständlich, ohne dass sich revisionsrechtlich ausschließen lässt, dass sich dieses Missverständnis auf das vom Berufungsgericht gefundene Ergebnis ausgewirkt hat. Das Berufungsgericht führt nämlich am Schluss seiner allgemeinen Erwägungen über die Darlegungs- und Beweislast für die Kausalität aus, letztlich sei der Tatrichter in jedem Einzelfall dazu aufgerufen, die Kausalitätsfrage "anhand der grundsätzlich zunächst einmal vom Kläger vorzutragenden konkreten Umstände zu beurteilen". Das trifft für den vorliegenden Fragenkreis nicht zu.
22
(1) Das Berufungsgericht nimmt mit seiner Bemerkung Bezug auf zwei Urteile des Bundesgerichtshofs vom 19. Juli 2004 zur Haftung der Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft für fehlerhafte Ad hoc-Mitteilungen (II ZR 217/03 - NJW 2004, 2668, 2671; vgl. auch BGHZ 160, 134, 144 ff, 147). Diese Urteile betreffen aber, wie die Revision mit Recht anführt, andere Sachverhalte als die hier in Rede stehenden Fälle der Prospekthaftung (im weiteren Sinne). In diesen Fällen entspricht es nach der ständigen, vom Berufungsgericht auch zitierten, Rechtsprechung der Lebenserfahrung, dass ein Prospektfehler für die Anlageentscheidung ursächlich geworden ist (BGHZ 79, 337, 346; 84, 141, 148; BGH, Urteil vom 1. März 2004 - II ZR 88/02 - ZIP 2004, 1104, 1106). Entscheidend ist insoweit, dass durch unzutreffende oder unvollständige Informationen des Prospekts in das Recht des Anlegers eingegriffen worden ist, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in das Objekt investieren will oder nicht. Anhaltspunkte dafür, dass der jeweilige Kläger bei vollständiger Aufklärung sich dennoch für die Anlage entschieden hätte, sind von dem jeweiligen Beklagten vorzutragen (BGH, Urteil vom 1. März 2004 aaO; vgl. auch Senatsurteil vom 28. Juli 2005 - III ZR 290/04 - ZIP 2005, 1599, 1604).
23
(2) Ob der vorliegende Ansatz sogar zu einer echten Beweislastumkehr zu Lasten des wegen Aufklärungspflichtverletzung in Anspruch genommenen Beklagten führt oder sich nach dem hier vertretenen Standpunkt in der Möglichkeit einer erleichterten Beweisführung auf der Grundlage einer nur tatsächlichen Vermutung erschöpft, braucht im vorliegenden Zusammenhang nicht weiter vertieft zu werden. Ausgangspunkt für das vorliegende Verfahren muss jedenfalls sein, dass es grundsätzlich Sache des Aufklärungspflichtverletzers sein muss, die durch die Lebenserfahrung begründete (tatsächliche) Vermutung, dass der Anlageinteressent bei richtiger Aufklärung von der Zeichnung der Anlage abgesehen hätte, durch konkreten Vortrag zu entkräften.
24
bb) Diese (tatsächliche) Vermutung zugunsten des Klägers dafür, dass er die Anlagen nicht gezeichnet hätte, ist, anders als nach dem rechtlichen Ansatz des Berufungsgerichts, ausgehend von dem bisherigen Parteivorbringen auch nicht im Blick auf die Möglichkeit mehrerer "aufklärungsrichtiger" Verhaltensweisen des Klägers (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BGHZ 160, 58, 66) ihrer Grundlage beraubt. Bei dauerhaften Vermögensanlagen wie bei einem Immobilienfonds , bei denen der Anleger - wie auch der Kläger im Streitfall nach den Feststellungen des Berufungsgerichts - "Sicherheit, Rentabilität und Inflationsschutz" , also nachhaltige Werthaltigkeit, erwartet, verbietet sich im Regelfall (vorbehaltlich konkreter gegenteiliger Anhaltspunkte im Einzelfall) die Annahme, eine gehörige Aufklärung über wichtige, für eine werthaltige Anlage (objektiv) abträgliche Umstände - wie etwa auch die signifikante Überhöhung der prospektierten Innenprovisionen - hätte bei Anlageinteressenten allein schon deshalb , weil er mit erheblichen Steuervorteilen geworben wurde, vernünftigerweise mehrere Entscheidungsmöglichkeiten eröffnet, also nur einen "Entscheidungskonflikt" begründet (vgl. BGHZ 160, 58, 66 - jedoch für eine andere Fallgestaltung ). Auch hier greift vielmehr zunächst einmal die (tatsächliche) Vermutung ein, dass der Anlageinteressent wegen gewichtiger Bedenken hinsichtlich der Werthaltigkeit der Anlage diese nicht gezeichnet hätte. Die Erwartung von Steuervorteilen für eine begrenzte Zeit aus einer Immobilie kann zwar ausnahmsweise Selbstzweck der Anschaffung der Immobilie sein. In aller Regel wird diese aber als dauerhafte Wertanlage erworben.
25
c) Ein weiterer durchgreifender Mangel der Beurteilung des Berufungsgerichts liegt darin, dass es bei seinen Kausalitätserwägungen all diejenigen unrichtigen oder irreführenden und daher von der Beklagten richt zu stellenden Prospektangaben ausklammert, die der Kläger vor der Zeichnung der beiden Anlagen nicht zur Kenntnis genommen hatte (die Zeichnungen des Klägers er- folgten aufgrund der mündlichen Informationen des Vertriebsbeauftragten der Beklagten, bei W. 1 anhand eines Kurzexposés, ohne dass die eigentlichen Prospekte vorlagen; bei W. 1 wurde er nachgereicht, bei W. 2 nicht). Der Schluss, solche Prospektangaben hätten für den Anlageentschluss des Klägers keine Rolle spielen können, ist, jedenfalls bei Zugrundelegung des diesbezüglichen Vortrags des Klägers, rechtlich nicht haltbar.
26
aa) Nach den von der Rechtsprechung zur Prospekthaftung nach dem Börsengesetz alter Fassung entwickelten Grundsätzen wird ein Kausalzusammenhang zwischen einem prospektierten Unternehmensbericht und dem Kaufentschluss des Anlegers vermutet, wenn die Aktien nach Veröffentlichung des Unternehmensberichts erworben worden sind. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Anleger den Bericht gelesen oder gekannt hat. Ausschlaggebend ist, dass der Bericht die Einschätzung eines Wertpapiers in Fachkreisen mitbestimmt und damit eine Anlagestimmung erzeugt. Diese Stimmung kann der Erwerber für sich in Anspruch nehmen (BGHZ 139, 225, 233; vgl. auch BGHZ 160, 134, 144 f und BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 217/03 - NJW 2004, 2668, 2671). Ob diese Grundsätze für den speziellen Bereich der Emissionsprospekthaftung nach dem Börsengesetz alter Fassung auch auf den Vertrieb von Kapitalanlagen in der Form geschlossener Immobilienfonds, für die die Initiatoren Prospekte herausgegeben hatten, übertragen werden könnten (vgl. auch zur Prospekthaftung im Bereich geschlossener Fonds nach § 13 Abs. 1 Nr. 3, § 13a des Verkaufsprospektgesetzes in der Fassung des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes zum 28. Oktober 2004, BGBl. I S. 2630, Bohlken/ Lange, DB 2005, 1259, 1260), braucht nach dem derzeitigen Sachstand im Revisionsverfahren nicht abschließend beurteilt zu werden, zumal es bisher an Feststellungen beziehungsweise Parteivortrag zu einer "Anlagestimmung" aufgrund der Prospekte für W. 1 und 2 fehlt.

27
bb) Hierauf kommt es nicht an, denn nach dem jetzigen Sachstand können schon deshalb nicht einzelne (unrichtige) Prospektaussagen als vom Kläger überhaupt nicht zur Kenntnis genommen ganz ausgeschieden werden, weil bei W. 1 dem Kläger einen Tag nach der Erklärung seines Beitritts - aber vor Ablauf der Widerrufsfrist - der Prospekt ausgehändigt worden ist und der Beitritt zu W. 2, zwar ohne Aushändigung eines Prospekts, aber, wie die Revision zutreffend rügt, nach dem Klägervortrag auf der Grundlage der Erklärung des Vermittlungsbeauftragten E. erfolgt ist, die wirtschaftlichen Eckdaten bei W. 2 seien ähnlich wie bei W. 1.
28
cc) Darüber hinaus ist es rechtlich bedenklich, wenn das Berufungsgericht daraus, dass der Kläger sich über bestimmte Umstände - hier in erster Linie die Innenprovisionen - nicht informiert hat, ohne weiteres den Schluss zieht, diese Umstände hätten den Kläger überhaupt nicht interessiert und die unrichtigen Angaben im Prospekt könnten schon deshalb für seinen Anlageentschluss nicht ursächlich gewesen sein. Insbesondere, was den Komplex Innenprovisionen angeht, hat sich das Bewusstsein hierfür in den Anlegerkreisen erst nach und nach entwickelt (s. die Hinweise auf die in der Fachliteratur geführten Diskussion in dem Senatsurteil BGHZ 158, 110, 118 und in BGHZ 145, 121, 129). Nach dem Klägervortrag ist davon auszugehen, dass auch ihm bei Zeichnung der Anlagen diese Problematik nicht bekannt war. Es kann aber nicht angehen, dass beim Vertrieb einer Kapitalanlage verwendete irreführende Beschreibungen von - für die Werthaltigkeit - (objektiv) wesentlicher Bedeutung schadensersatzrechtlich allein deshalb sanktionslos bleiben, weil der Anlageinteressent aufgrund mangelnder oder nur begrenzter Anlegererfahrung keinen Anlass gesehen hatte, sich zu dem betreffenden Punkt Informationen geben zu lassen. Das gilt auch, soweit - was nicht auszuschließen ist - mangelnde Information zu diesem Gesichtspunkt dazu geführt hat, dass dieser nicht von Anfang an vom Kläger als Pflichtverletzung der Beklagten in den vorliegenden Prozess eingeführt worden ist.
29
d) Die Schlussfolgerungen des Berufungsgerichts sind schließlich auch insoweit unzureichend, als es die Frage, wie der Kläger sich im Falle korrekter Informationen über die in Rede stehenden Kapitalanlagen verhalten hätte, erörtert , ohne darauf einzugehen, auf welche Art und Weise die "Richtigstellung" der zunächst einmal vorhandenen Unrichtigkeiten im Prospekt hätte erfolgen müssen. Insoweit trifft es zwar nicht zu, dass, wie die Revisionsbegründung geltend macht, Richtigstellung zwangsläufig bedeutet hätte, dass die bisherige Prospektierung als "unredlich" aufgedeckt worden wäre. Eine sachgerechte Richtigstellung hätte aber möglicherweise geeignet sein können - z.B. bezüglich der Innenprovisionen -, ein Problembewusstsein bei dem Kläger zu wecken oder ihn zu veranlassen, sich zu diesem Punkt vor der Anlageentscheidung fachkundigen Rat geben zu lassen.
30
3. Da, wie vorstehend erörtert, die tatrichterliche Prüfung des Ursachenzusammenhangs zwischen den Aufklärungspflichtverletzungen der Beklagten und den Anlageentschlüssen des Klägers in wesentlichen Punkten von unzutreffenden Ansätzen ausgeht, trägt die bisher vom Berufungsgericht gegebene Begründung die Abweisung der Klage gegen die Beklagte nicht. Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht ohne die angesprochenen rechtlichen Mängel nicht zu der von ihm erklärten "Überzeugung" gelangt wäre. Auf die weiteren gegen die Würdigung des Berufungsgerichts gerichteten Rügen der Revision, insbesondere die, dass wesentliches Parteivorbringen des Klägers übergangen oder falsch verstanden worden sei, kommt es nicht mehr an.
Das Berufungsgericht hat in der neuen Berufungsverhandlung Gelegenheit, sich auch damit auseinanderzusetzen.

IV.


31
Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Die Auffassung der Revisionserwiderung, die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede sei begründet, hat im vorliegenden Prozessstoff keine Grundlage. Nach dem hier noch anwendbaren früheren Recht gilt für Schadensersatzansprüche des Anlegers gegen den Anlagevermittler grundsätzlich die 30-jährige Verjährungsfrist nach § 195 BGB a.F. (BGHZ 83, 222, 227; BGH, Urteil vom 27. Juni 1984 - IVa ZR 231/82 - WM 1984, 1075, 1077; Senatsurteil vom 11. Dezember 2003 - III ZR 118/03 - WM 2004, 278, 279). Dass diese Frist, was grundsätzlich nicht ausgeschlossen war, wirksam rechtsgeschäftlich verkürzt worden wäre, ergibt sich aus dem Vorbringen der Revisionserwiderung nicht. Eine diesbezügliche Absprache unmittelbar zwischen dem Kläger und der Beklagten (Anlagevermittlerin) wird nicht behauptet. Dem Parteivortrag ist auch nicht zu entnehmen, dass aufgrund der durch den Beitritt des Klägers zu den Fonds - in Verbindung mit den Anlageprospekten - begründeten Vertragsbeziehung zu den Anlagegesellschaften zugunsten der Beklagten als Dritter eine Verjährungsverkürzung wirksam vereinbart worden wäre. Der Prospekt W. 1 enthält zwar einen "Haftungsvorbehalt", der nach seinem Gesamtzusammenhang auch darauf abzielt, die Kapitalvermittlungsgesellschaft haftungsrechtlich mit zu entlasten. Als Teil der in den Beitrittsvertrag einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beteiligungsgesellschaft wäre diese Bestimmung aber jedenfalls als überraschende Klausel gemäß § 3 AGBG ungültig (vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 2003 aaO). Der Überraschungscharakter wird auch - was die Verkürzung der Verjährung gerade gegenüber der Kapitalvermittlungsgesellschaft angeht - nicht durch hinreichende drucktechnische Hervorhebung der Klausel (vgl. Senatsurteil aaO S. 281) beseitigt; der auf die Verjährung bezogene, fettgedruckte Teil des "Haftungsvorbehalts" (S. 30 des Prospekts W. 1, rechte Spalte) spricht nur Schadensersatzansprüche "gegen die vorgenannten Personen oder Gesellschaften" an, ohne letztere in diesem optisch herausgestellten Teil konkret zu bezeichnen. Selbst wenn hierdurch ein hinreichend deutlicher Hinweis jedenfalls auch auf die "Kapitalvermittlungsgesellschaft" erfolgt wäre, war damit noch nicht ohne weiteres die Beklagte gemeint, denn nach dem Prospekt (S. 18) war die D. Planungs-, Entwicklungs- und Management AG mit der Eigenkapitalbeschaffung beauftragt.
32
Die Anwendung der von der Revisionserwiderung ebenfalls zur Sprache gebrachten Verjährungsvorschrift des § 37a WpHG scheitert schon daran, dass die Beklagte weder als ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen tätig geworden ist, noch die ihm angelasteten Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit Wertpapierdienstleistungen begangen hat (s. zu den Voraussetzungen dieser Vorschrift auch das zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmte Senatsurteil vom 19. Januar 2006 - III ZR 105/05).

V.


33
Das Berufungsurteil kann daher in dem angefochtenen Umfang keinen Bestand haben. Mangels Entscheidungsreife im Revisionsverfahren ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieses die noch erforderlichen tatrichterlichen Feststellungen treffen kann. Insbesondere hat das Be- rufungsgericht noch einmal umfassend zu prüfen - gegebenenfalls auch unter persönlicher Anhörung des Klägers -, ob und inwieweit die bestehende (tatsächliche ) Vermutung der Ursächlichkeit der Aufklärungspflichtverletzungen der Beklagten für die Anlageentscheidungen des Klägers entkräftet ist.
Schlick Wurm Streck
Dörr Herrmann
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 28.11.2000 - 8 O 234/00 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 30.12.2004 - I-15 U 26/01 -

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 211/03 Verkündet am:
26. Oktober 2004
Weber,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Zum Vorsatz des Geschäftsführers einer Optionsgeschäfte ohne ausreichende
Risikoaufklärung vermittelnden GmbH, Kapitalanleger in sittenwidriger Weise zu
schädigen.
BGH, Urteil vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 211/03 - OLG Hamm
LG Hagen
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. Oktober 2004 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe
und die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die Richterin
Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 7. Mai 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 31. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin nimmt den Beklagten im Urkundenprozeß auf Schadensersatz für Verluste aus Terminoptionsgeschäften an USamerikanischen Börsen in Anspruch.
Der Beklagte ist Mitgeschäftsführer einer GmbH, di e gewerbsmäßig Optionsgeschäfte vermittelt. Die Klägerin, eine Zahntechnikerin,
schloß mit der GmbH am 31. März 1994 einen Optionsvermittlungs- und Betreuungsvertrag. Dieser enthielt eine Risikoaufklärung, die die Klägerin gesondert unterschrieb. Ferner erhielt sie die Broschüre "Grundlagen des Terminhandels". Bis zum 23. Juni 1994 zahlte die Klägerin der GmbH 90.000 DM, die an einen US-amerikanischen Broker weitergeleitet und für Optionsgeschäfte verwandt werden sollten. Hierbei hatte die Klägerin außer der Optionsprämie Gebühren der GmbH von bis zu 37,5% der Prämie und Kommissionen des Brokers in Höhe von 90 US-Dollar je Geschäft zu entrichten. Die Optionsgeschäfte endeten insgesamt verlustreich.
Die Klägerin macht geltend, der Beklagte habe sie nicht ausreichend über die Risiken der Geschäfte aufgeklärt und durch den Abschluß einer Vielzahl von Geschäften Gebühren geschunden ("churning"). Der Beklagte behauptet, der Broker habe der Klägerin per Scheck 4.044,58 US-Dollar zurückgezahlt, und erhebt die Einrede der Verjährung.
Die Klage auf Zahlung von 90.000 DM nebst Zinsen i st in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Nachdem der erkennende Senat das Berufungsurteil aufgehoben hat (WM 2002, 1445 ff.), hat das Berufungsgericht die Berufung erneut zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebun g des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Ent scheidung im wesentlichen ausgeführt:
Ein vorsätzliches Handeln des Beklagten im Sinne d es § 826 BGB sei nicht feststellbar. Aufgrund der Entscheidung, mit der der Senat das erste Berufungsurteil aufgehoben hat, sei zwar davon auszugehen, daß die Klägerin nicht ausreichend aufgeklärt worden sei, weil in dem schriftlichen Aufklärungsmaterial der Hinweis fehle, daß der Aufschlag auf die Optionsprämie vor allem Anleger, die - wie die Klägerin - mehrere verschiedene Optionen erwerben, aller Wahrscheinlichkeit nach im Ergebnis praktisch chancenlos mache. Dieser Hinweis sei jedoch erstmals im Urteil des Senats vom 16. November 1993 (XI ZR 214/92, WM 1994, 149 ff.) gefordert worden, das unmittelbar vor Abschluß des Vertrages mit der Klägerin veröffentlicht worden sei. Der Beklagte habe hierzu unwidersprochen vorgetragen, die GmbH habe einen Rechtsanwalt beauftragt , die Aufklärungsbroschüre jeweils auf den neuesten Stand der Rechtsprechung zu bringen. Man könne darüber streiten, ob die seit Juli 1994 verwendete Neufassung der Broschüre den Anforderungen des Urteils des Senats vom 16. November 1993 genüge. Jedenfalls könne dem
Geschäftsführer einer Options-Vermittlungs-GmbH nicht der Vorwurf einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung gemacht werden, wenn er einen Rechtsanwalt beauftragt habe, die Aufklärung den Anforderungen der Rechtsprechung anzupassen.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Die Auffassung des Berufungsgerichts, ein vorsätzl iches Handeln des Beklagten sei nicht feststellbar, unterliegt als Ergebnis tatrichterlicher Würdigung im Sinne des § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht. Dieses kann lediglich prüfen, ob der Streitstoff umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denk- oder Erfahrungssätze gewürdigt worden ist (BGH, Urteile vom 9. Juli 1999 - V ZR 12/98, WM 1999, 1889, 1890 und vom 13. Juli 2004 - VI ZR 136/03, WM 2004, 1768, 1770; jeweils m.w.Nachw.). Solche Rechtsfehler liegen hier, wie die Revision zu Recht rügt, vor.
1. Bereits der rechtliche Ausgangspunkt des Berufu ngsgerichts ist fehlerhaft. Dieses ist zu Unrecht davon ausgegangen, der Hinweis, daß Erwerber mehrerer verschiedener Optionen aller Wahrscheinlichkeit nach im Ergebnis praktisch chancenlos seien, sei erstmals in dem Urteil des Senats vom 16. November 1993 (BGHZ 124, 151, 155 f. = WM 1994, 149, 150) gefordert worden. Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat, vom Berufungsgericht übersehen, schon in einem Urteil vom
11. Januar 1988 (II ZR 134/87, WM 1988, 291, 293) entschieden, daß Anleger darüber aufzuklären sind, daß der Gebührenaufschlag auf die Optionsprämie eine Gewinnerwartung praktisch ausgrenzt. Diese Aufklärung , die mit dem vom Senat geforderten Hinweis auf die praktische Chancenlosigkeit des Anlegers inhaltlich gleichbedeutend ist, fehlt in dem der Klägerin ausgehändigten Informationsmaterial. Dieses erweckt vielmehr, wie der Senat in seinem ersten Revisionsurteil im einzelnen ausgeführt hat, durch zahlreiche Formulierungen den falschen Eindruck realistischer Gewinnchancen. Auch angesichts dieser irreführenden Darstellung kann der Vorsatz des Beklagten nicht mit der Begründung verneint werden, er habe die Erforderlichkeit des Hinweises auf die praktische Chancenlosigkeit bei Abschluß des Vertrages mit der Klägerin noch nicht kennen können.
2. Auch die Würdigung der Bemühung des Beklagten, das Informationsmaterial mit Hilfe eines Rechtsanwalts den Anforderungen der Rechtsprechung anzupassen, ist rechtfehlerhaft. Das Berufungsgericht hat die Ambivalenz dieses Verhaltens verkannt (vgl. hierzu: BGH, Urteil vom 22. Januar 1991 - VI ZR 97/90, NJW 1991, 1894, 1895 f.). Der Beklagte muß bei seiner Bemühung nicht das Ziel verfolgt haben, die Anleger sachgerecht aufzuklären. Er könnte ebensogut die Absicht gehabt haben, durch die - unvollständige - Zitierung einschlägiger Gerichtsentscheidungen , so etwa auf Seite 7 der seit Juli 1994 verwendeten Neufassung der Informationsbroschüre "Kurzgefaßte Einführung in die Grundsätze des Termingeschäfts", Haftungsrisiken zu verringern, ohne die Anleger sachgerecht aufzuklären. Dafür spricht, daß auch diese Neufassung , wie der Senat in seinem in anderer Sache gegen den Beklagten ergangenen Urteil vom 21. Oktober 2003 (XI ZR 453/02, ZIP 2003, 2242,
2245 f.) näher ausgeführt hat, nicht klar genug zum Ausdruck bringt, daß der Gebührenaufschlag Erwerber mehrerer verschiedener Optionen aller Wahrscheinlichkeit nach praktisch chancenlos macht.
Hinzu kommt, daß Formulierungen in Entscheidungen des Senats ohnehin nicht dazu dienen, den Text festzulegen, mit dem unerfahrene Optionsinteressenten ausreichend aufgeklärt werden könnten (Senat, BGHZ 124, 151, 155), und daß auch ein nach anwaltlicher Beratung fortbestehender Irrtum über die Reichweite der Aufklärungspflicht vorsätzliches Handeln nicht ausschließt (Senat, BGHZ 124, 151, 163; Urteile vom 17. Mai 1994 - XI ZR 144/93, WM 1994, 1746, 1747 und vom 16. Oktober 2001 - XI ZR 25/01, WM 2001, 2313, 2315).

III.


Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 56 2 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, war sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dabei hat der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.
Nobbe Müller Joeres
Wassermann Mayen
20
Ob eine - vorliegend unterstellte - Haustürsituation bei Unterzeichnung des Zeichnungsscheins im Jahr 1993 für den Abschluss des Vergleichs im Jahr 1999 mitursächlich war, ist eine Frage der Würdigung des konkreten Einzelfalles, die jeweils dem Tatrichter obliegt und die deshalb in der Revisionsinstanz grundsätzlich nur beschränkt überprüft werden kann (Senatsurteile vom 9. Mai 2006 - XI ZR 119/05, WM 2006, 1243, 1244, Tz. 14, vom 13. Juni 2006 - XI ZR 94/05, WM 2006, 1995, 1997, Tz. 15 und vom 10. Juli 2007 - XI ZR 243/05, WM 2007, 1831, 1832, Tz. 11 m.w.Nachw.). Dabei ist zu beachten, dass es keinen Rechtssatz gibt, nach dem mit Ablauf einer bestimmten Frist die Kausalität ohne Rücksicht auf die Umstände des Einzelfalls entfällt. Das Berufungsgericht ist unter Würdigung der Umstände des Falles rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass der Abschluss des Vergleichs der Parteien nicht unter dem Eindruck einer für Haustürgeschäfte typischen Überrumpelungssituation zustande gekommen ist, sondern nach eingehender rechtlicher Beratung und nach langem Zeitabstand unbeeinflusst von einer eventuellen Haustürsituation geschlossen wurde. Diese tatrichterliche Würdigung ist ohne weiteres vertretbar, verstößt nicht gegen die Denkgesetze und beruht nicht auf verfahrenswidriger Tatsachenfeststellung.
18
(1) Bei gebotener typisierender Betrachtungsweise unterscheidet sich die vorerwähnte Gestaltung der Anlageberatung durch einen freien Anlageberater grundlegend von der Anlageberatung durch eine Bank. Dies hat der Senat in seinem Urteil vom 15. April 2010 (aaO Rn. 11 ff) im Einzelnen ausgeführt. Die dagegen erhobene Kritik dringt nicht durch, da sie außer Acht lässt, dass bei der Erörterung des Bestehens, der Art und der Reichweite von allgemeinen Aufklärungspflichten (§ 242 BGB) eine auf den Regelfall abstellende, typisierende Betrachtung der betroffenen Vertragsverhältnisse vorzunehmen ist.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

18
4. Das Verschulden des Auskunftsverpflichteten wird vermutet (§ 282 BGB a.F.; jetzt: § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB).
17
aa) Nach § 282 BGB aF (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nF) muss der Schuldner beweisen, dass er eine Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Zum Vertretenmüssen gehören gleichermaßen Vorsatz und Fahrlässigkeit (§ 276 BGB). Teilweise wird zwar die Auffassung vertreten, dass dann, wenn die Haftung des Schuldners auf Vorsatz beschränkt ist, es im Regelfall zunächst Sache des Gläubigers sei, die Umstände darzutun, die für den Vorsatz des Schuldners sprächen (vgl. MünchKommBGB/ Ernst, 5. Aufl., § 280 Rn. 35 m.w.N.). Das ist jedoch mit der gesetzlichen Wertung des § 282 BGB aF (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nF) nicht vereinbar. Der Gesetzeswortlaut und der Sinn und Zweck der Regelung sprechen gegen eine unterschiedliche Darlegungslast für vorsätzliches und fahrlässiges Verhalten. Der Bundesgerichtshof hat eine Differenzierung der Darlegungs- und Beweislast nach Verschuldensgrad ausdrücklich abgelehnt und entschieden, dass der Schuldner, der nur für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit einzustehen hat, zu beweisen hat, dass beide Verschuldensgrade nicht vorliegen (BGHZ 46, 260, 267). Daraus folgt, dass auch eine Differenzierung zwischen Vorsatz und einfacher Fahrlässigkeit im Rahmen des Entlastungsbeweises nicht zulässig ist (vgl. Soergel /Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 282 Rn. 14 m.w.N.; Nobbe, ZBB 2009, 93, 104). Es gibt auch keinen sachlichen Grund, dem Gläubiger ausnahmsweise eine Darlegungslast aufzubürden. Ob vorsätzliches Handeln vorliegt, betrifft eine innere Tatsache des Schuldners, über die er ohne weiteres Auskunft geben kann, während sie dem Gläubiger verschlossen ist. Der Gläubiger kann lediglich Indizien anführen, aus denen sich der Vorsatz ergibt. Auch dies spricht dagegen, den Schuldner entgegen der gesetzlichen Wertung von ihm möglichen und zumutbaren Vortrag zu entlasten.
5
aa) Zwar lagen im Zeitpunkt des ersten Beratungsgesprächs im Dezember 1997 die Entscheidungen des Senats zur Aufklärungspflicht über Rückvergütungen vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226 ff.) und vom 20. Januar 2009 (XI ZR 510/07, WM 2009, 405 f.) noch nicht vor. Der Senat hat aber bereits in den Jahren 1989 und 1990 in zwei Entscheidungen (Urteile vom 28. Februar 1989 - XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1051 und vom 6. Februar 1990 - XI ZR 184/88, WM 1990, 462, 464) bei vermittelten Warentermingeschäften heimliche Kick-back-Vereinbarungen zwischen Anlagenvermittler und Broker missbilligt, den Vermittler zur Herausgabe der Rückvergütungen nach §§ 675, 667 BGB für verpflichtet gehalten und dem Berufungsgericht aufgegeben , Schadensersatzansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB zu prüfen. In der Literatur sind diese Entscheidungen zu Recht dahin verstanden worden, dass die Verheimlichung der Rückvergütung nicht nur in Bezug auf die bloße Herausgabepflicht eine Täuschung des Kunden darstellt, sondern auch deswegen, weil die Rückvergütungen die Tätigkeit des Vermittlers zuungunsten des Anlegers beeinflussen (vgl. Nassall, WuB IV A § 826 BGB 8.89 unter 3.; Wach, EWiR 1989, 765, 766). Aufgrund dessen war für eine Bank bereits ab diesem Zeitpunkt erkennbar, dass auch im Verhältnis zu ihren Kunden bei der - allein in deren Interesse erfolgenden - Beratung über eine Kapitalanlage eine Aufklärungspflicht über solche Umstände besteht, die das Beratungsziel in Frage stellen und die Kundeninteressen gefährden.

Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 264/08
vom
17. September 2009
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden Richter
Wiechers, den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter
Dr. Ellenberger und Dr. Matthias
am 17. September 2009

beschlossen:
Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Beklagte zu 3). Die Kostenentscheidung im Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 28. Juli 2008 bezüglich der Kosten erster und zweiter Instanz wird abgeändert und wie folgt neu gefasst : Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen der Kläger, die Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 3) jeweils 1/3. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2). Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und 3) tragen diese jeweils selbst.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren beträgt für die Zeit bis zur Erledigungserklärung 53.685,65 €, für die Zeit danach bis zu 9.000 €.

Gründe:


1
Die auch in der Revisionsinstanz zulässige Erledigungserklärung führt dazu, dass gemäß § 91 a ZPO über die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden ist, ohne dass dabei schwierige rechtliche oder tatsächliche Fragen abschließend geklärt werden können (vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 2006 - IV ZR 28/05, VersR 2007, 84, Tz. 2 m.w.N.).
2
1. Bei der danach vorzunehmenden summarischen Prüfung hätte das Berufungsurteil voraussichtlich keinen Bestand gehabt, soweit die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts in Bezug auf die Beklagte zu 3) zurückgewiesen worden ist. Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand hätte die Klage gegen die Beklagte zu 3) unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der schuldhaften Verletzung eines Beratungsvertrages Erfolg gehabt.
3
a) Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein Anlageberater, der seinen Kunden unter Verwendung eines fehlerhaften Prospektes über eine bestimmte Fondsanlage berät, nicht darlegungs- und beweispflichtig dafür ist, dass er den Prospektfehler in dem Beratungsgespräch richtig gestellt hat.
4
aa) Im Ansatz zutreffend ist, dass derjenige, der Schadensersatz wegen einer fehlerhaften Beratung geltend macht, dafür die Darlegungs- und Beweislast trägt, wobei aber die Grundsätze der sekundären Darlegungslast zu beachten sind (st. Rspr., vgl. u.a. Senatsurteil vom 27. Juni 2000 - XI ZR 174/99, WM 2000, 1685, 1686 m.w.N.).
5
bb) Das Berufungsgericht hat aber verkannt, dass derjenige Anlageberater , der - was vorliegend unstreitig ist - dem Anlageinteressenten in dem Beratungsgespräch einen Verkaufsprospekt vorlegt und diesen zur Grundlage seiner Beratung macht, obwohl dieser Prospekt fehlerhaft ist, den Anleger falsch beraten hat. Die Pflichtverletzung des Anlageberaters steht aufgrund der Übergabe des falschen Prospektes (vgl. zur Fehlerhaftigkeit des Prospektes BGH, Urteil vom 6. März 2008 - III ZR 298/05, WM 2008, 725, Tz. 22, vgl. auch Senatsbeschlüsse vom 19. Mai 2009 - XI ZR 342, 345, 346/08) fest. Sie entfällt nur dann, wenn er diesen Fehler berichtigt hat. Dafür, dass er dies getan hat, ist aber der Anlageberater und nicht etwa der Anleger beweispflichtig (vgl. BGH, Urteil vom 5. März 2009 - III ZR 17/08, WM 2009, 739, Tz. 14 m.w.N. zur Plausibilitätsprüfung ). Vorliegend kommt hinzu, dass der Zeuge J. nach dem eigenen Vortrag der Beklagten zu 3) unstreitig den Prospektfehler nicht berichtigt hat.
6
b) Auch die Hilfsbegründung des Berufungsgerichts, die Beklagte zu 3) treffe kein Verschulden, weil sie sich auf das Prospektprüfungsgutachten habe verlassen dürfen, ist rechtsfehlerhaft. Das Verschulden der Beklagten zu 3) wird vermutet (§ 282 BGB aF). Der Aufklärungspflichtige muss, wenn er sich entlasten will, darlegen und beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft (BGH, Urteil vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06, WM 2007, 542, Tz. 18).
7
Ein aa) Anlageberater ist nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 178, 149, Tz. 12 m.w.N.) selbst zur Überprüfung des Prospektes verpflichtet. Er kann sich hierzu zwar eines Gehilfen bedienen (Senat aaO, Tz. 16); die Beklagte zu 3) hat aber vorgetragen, die frühere Beklagte zu 2) nicht beauftragt zu haben. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts war der Prospektfehler auch nicht "extrem schwer" feststellbar, sondern unmittelbar aus dem Prospekt ersichtlich, so dass ihn die Beklagte zu 3) bei der ihr obliegenden gebotenen kritischen Prüfung hätte erkennen können.
8
bb) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung kann sich die Beklagte zu 3) auch nicht auf einen Rechtsirrtum berufen, da sie bereits für eine fahrlässige Falschberatung haftet und bei Fahrlässigkeit das Verschulden nur dann entfällt, wenn der Rechtsirrtum unvermeidbar war (vgl. BGHZ 118, 201, 208). Der Vortrag der insofern darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten zu 3) vermag einen solchen unvermeidbaren Rechtsirrtum nicht zu belegen. Es gab im Zeitpunkt des Beratungsgesprächs entgegen ihrer Ansicht keine Rechtsprechung , die es einer Bank, die im Rahmen eines Beratungsvertrages Kapitalanlegeempfehlungen abgibt, erlaubt hätte, ihrer Prospektprüfungspflicht nicht nachzukommen. Das Gegenteil ergab sich aus dem Bond-Urteil des erkennenden Senats (BGHZ 123, 126, 129).
9
2. Die Beklagte zu 3) hat daher die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen. Die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts ist wie geschehen abzuändern. Hinsichtlich der Kostenentscheidung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens bleibt es bei der Kostenentscheidung des Senatsbeschlusses vom 19. Mai 2009.
Wiechers Joeres Mayen
Ellenberger Matthias

Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 31.07.2006 - 27 O 2831/05 -
OLG München, Entscheidung vom 28.07.2008 - 21 U 4527/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 211/03 Verkündet am:
26. Oktober 2004
Weber,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Zum Vorsatz des Geschäftsführers einer Optionsgeschäfte ohne ausreichende
Risikoaufklärung vermittelnden GmbH, Kapitalanleger in sittenwidriger Weise zu
schädigen.
BGH, Urteil vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 211/03 - OLG Hamm
LG Hagen
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. Oktober 2004 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe
und die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die Richterin
Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 7. Mai 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 31. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin nimmt den Beklagten im Urkundenprozeß auf Schadensersatz für Verluste aus Terminoptionsgeschäften an USamerikanischen Börsen in Anspruch.
Der Beklagte ist Mitgeschäftsführer einer GmbH, di e gewerbsmäßig Optionsgeschäfte vermittelt. Die Klägerin, eine Zahntechnikerin,
schloß mit der GmbH am 31. März 1994 einen Optionsvermittlungs- und Betreuungsvertrag. Dieser enthielt eine Risikoaufklärung, die die Klägerin gesondert unterschrieb. Ferner erhielt sie die Broschüre "Grundlagen des Terminhandels". Bis zum 23. Juni 1994 zahlte die Klägerin der GmbH 90.000 DM, die an einen US-amerikanischen Broker weitergeleitet und für Optionsgeschäfte verwandt werden sollten. Hierbei hatte die Klägerin außer der Optionsprämie Gebühren der GmbH von bis zu 37,5% der Prämie und Kommissionen des Brokers in Höhe von 90 US-Dollar je Geschäft zu entrichten. Die Optionsgeschäfte endeten insgesamt verlustreich.
Die Klägerin macht geltend, der Beklagte habe sie nicht ausreichend über die Risiken der Geschäfte aufgeklärt und durch den Abschluß einer Vielzahl von Geschäften Gebühren geschunden ("churning"). Der Beklagte behauptet, der Broker habe der Klägerin per Scheck 4.044,58 US-Dollar zurückgezahlt, und erhebt die Einrede der Verjährung.
Die Klage auf Zahlung von 90.000 DM nebst Zinsen i st in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Nachdem der erkennende Senat das Berufungsurteil aufgehoben hat (WM 2002, 1445 ff.), hat das Berufungsgericht die Berufung erneut zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebun g des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Ent scheidung im wesentlichen ausgeführt:
Ein vorsätzliches Handeln des Beklagten im Sinne d es § 826 BGB sei nicht feststellbar. Aufgrund der Entscheidung, mit der der Senat das erste Berufungsurteil aufgehoben hat, sei zwar davon auszugehen, daß die Klägerin nicht ausreichend aufgeklärt worden sei, weil in dem schriftlichen Aufklärungsmaterial der Hinweis fehle, daß der Aufschlag auf die Optionsprämie vor allem Anleger, die - wie die Klägerin - mehrere verschiedene Optionen erwerben, aller Wahrscheinlichkeit nach im Ergebnis praktisch chancenlos mache. Dieser Hinweis sei jedoch erstmals im Urteil des Senats vom 16. November 1993 (XI ZR 214/92, WM 1994, 149 ff.) gefordert worden, das unmittelbar vor Abschluß des Vertrages mit der Klägerin veröffentlicht worden sei. Der Beklagte habe hierzu unwidersprochen vorgetragen, die GmbH habe einen Rechtsanwalt beauftragt , die Aufklärungsbroschüre jeweils auf den neuesten Stand der Rechtsprechung zu bringen. Man könne darüber streiten, ob die seit Juli 1994 verwendete Neufassung der Broschüre den Anforderungen des Urteils des Senats vom 16. November 1993 genüge. Jedenfalls könne dem
Geschäftsführer einer Options-Vermittlungs-GmbH nicht der Vorwurf einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung gemacht werden, wenn er einen Rechtsanwalt beauftragt habe, die Aufklärung den Anforderungen der Rechtsprechung anzupassen.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Die Auffassung des Berufungsgerichts, ein vorsätzl iches Handeln des Beklagten sei nicht feststellbar, unterliegt als Ergebnis tatrichterlicher Würdigung im Sinne des § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht. Dieses kann lediglich prüfen, ob der Streitstoff umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denk- oder Erfahrungssätze gewürdigt worden ist (BGH, Urteile vom 9. Juli 1999 - V ZR 12/98, WM 1999, 1889, 1890 und vom 13. Juli 2004 - VI ZR 136/03, WM 2004, 1768, 1770; jeweils m.w.Nachw.). Solche Rechtsfehler liegen hier, wie die Revision zu Recht rügt, vor.
1. Bereits der rechtliche Ausgangspunkt des Berufu ngsgerichts ist fehlerhaft. Dieses ist zu Unrecht davon ausgegangen, der Hinweis, daß Erwerber mehrerer verschiedener Optionen aller Wahrscheinlichkeit nach im Ergebnis praktisch chancenlos seien, sei erstmals in dem Urteil des Senats vom 16. November 1993 (BGHZ 124, 151, 155 f. = WM 1994, 149, 150) gefordert worden. Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat, vom Berufungsgericht übersehen, schon in einem Urteil vom
11. Januar 1988 (II ZR 134/87, WM 1988, 291, 293) entschieden, daß Anleger darüber aufzuklären sind, daß der Gebührenaufschlag auf die Optionsprämie eine Gewinnerwartung praktisch ausgrenzt. Diese Aufklärung , die mit dem vom Senat geforderten Hinweis auf die praktische Chancenlosigkeit des Anlegers inhaltlich gleichbedeutend ist, fehlt in dem der Klägerin ausgehändigten Informationsmaterial. Dieses erweckt vielmehr, wie der Senat in seinem ersten Revisionsurteil im einzelnen ausgeführt hat, durch zahlreiche Formulierungen den falschen Eindruck realistischer Gewinnchancen. Auch angesichts dieser irreführenden Darstellung kann der Vorsatz des Beklagten nicht mit der Begründung verneint werden, er habe die Erforderlichkeit des Hinweises auf die praktische Chancenlosigkeit bei Abschluß des Vertrages mit der Klägerin noch nicht kennen können.
2. Auch die Würdigung der Bemühung des Beklagten, das Informationsmaterial mit Hilfe eines Rechtsanwalts den Anforderungen der Rechtsprechung anzupassen, ist rechtfehlerhaft. Das Berufungsgericht hat die Ambivalenz dieses Verhaltens verkannt (vgl. hierzu: BGH, Urteil vom 22. Januar 1991 - VI ZR 97/90, NJW 1991, 1894, 1895 f.). Der Beklagte muß bei seiner Bemühung nicht das Ziel verfolgt haben, die Anleger sachgerecht aufzuklären. Er könnte ebensogut die Absicht gehabt haben, durch die - unvollständige - Zitierung einschlägiger Gerichtsentscheidungen , so etwa auf Seite 7 der seit Juli 1994 verwendeten Neufassung der Informationsbroschüre "Kurzgefaßte Einführung in die Grundsätze des Termingeschäfts", Haftungsrisiken zu verringern, ohne die Anleger sachgerecht aufzuklären. Dafür spricht, daß auch diese Neufassung , wie der Senat in seinem in anderer Sache gegen den Beklagten ergangenen Urteil vom 21. Oktober 2003 (XI ZR 453/02, ZIP 2003, 2242,
2245 f.) näher ausgeführt hat, nicht klar genug zum Ausdruck bringt, daß der Gebührenaufschlag Erwerber mehrerer verschiedener Optionen aller Wahrscheinlichkeit nach praktisch chancenlos macht.
Hinzu kommt, daß Formulierungen in Entscheidungen des Senats ohnehin nicht dazu dienen, den Text festzulegen, mit dem unerfahrene Optionsinteressenten ausreichend aufgeklärt werden könnten (Senat, BGHZ 124, 151, 155), und daß auch ein nach anwaltlicher Beratung fortbestehender Irrtum über die Reichweite der Aufklärungspflicht vorsätzliches Handeln nicht ausschließt (Senat, BGHZ 124, 151, 163; Urteile vom 17. Mai 1994 - XI ZR 144/93, WM 1994, 1746, 1747 und vom 16. Oktober 2001 - XI ZR 25/01, WM 2001, 2313, 2315).

III.


Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 56 2 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, war sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dabei hat der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.
Nobbe Müller Joeres
Wassermann Mayen
20
Ob eine - vorliegend unterstellte - Haustürsituation bei Unterzeichnung des Zeichnungsscheins im Jahr 1993 für den Abschluss des Vergleichs im Jahr 1999 mitursächlich war, ist eine Frage der Würdigung des konkreten Einzelfalles, die jeweils dem Tatrichter obliegt und die deshalb in der Revisionsinstanz grundsätzlich nur beschränkt überprüft werden kann (Senatsurteile vom 9. Mai 2006 - XI ZR 119/05, WM 2006, 1243, 1244, Tz. 14, vom 13. Juni 2006 - XI ZR 94/05, WM 2006, 1995, 1997, Tz. 15 und vom 10. Juli 2007 - XI ZR 243/05, WM 2007, 1831, 1832, Tz. 11 m.w.Nachw.). Dabei ist zu beachten, dass es keinen Rechtssatz gibt, nach dem mit Ablauf einer bestimmten Frist die Kausalität ohne Rücksicht auf die Umstände des Einzelfalls entfällt. Das Berufungsgericht ist unter Würdigung der Umstände des Falles rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass der Abschluss des Vergleichs der Parteien nicht unter dem Eindruck einer für Haustürgeschäfte typischen Überrumpelungssituation zustande gekommen ist, sondern nach eingehender rechtlicher Beratung und nach langem Zeitabstand unbeeinflusst von einer eventuellen Haustürsituation geschlossen wurde. Diese tatrichterliche Würdigung ist ohne weiteres vertretbar, verstößt nicht gegen die Denkgesetze und beruht nicht auf verfahrenswidriger Tatsachenfeststellung.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 320/06 Verkündet am:
25. September 2007
Weber
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. September 2007 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Nobbe, den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen sowie die
Richter Dr. Ellenberger und Prof. Dr. Schmitt

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 8. September 2006 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung in Anspruch.
2
Der Zedent, ein Bauingenieur, erwarb auf Empfehlung der Beklagten durch Beitrittserklärungen vom 20. Juli 1990 und 22. November 1991 Kommanditbeteiligungen in Höhe von 80.000 DM bzw. 60.000 DM an zwei Immobilienfonds, deren Gesellschaftszweck auf den Erwerb, die Sanierung, die Errichtung und die Vermietung von Wohn- und Gewerberäumen gerichtet war. Zwischen den Parteien ist streitig, ob dem Zedenten die Emissionsprospekte der Fondsgesellschaften bereits vor Abgabe der Beitrittserklärungen vorgelegt wurden. Die Fondsgesellschaften gerieten in der Folgezeit in finanzielle Schwierigkeiten bzw. wurden insolvent.
3
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte habe den Zedenten nicht ausreichend darüber aufgeklärt, dass die Beteiligungen praktisch unveräußerlich seien, dass die Prospektangaben über zu erwartende Mietsteigerungen zu optimistisch seien und dass der Anteil der "weichen Kosten" am Gesamtaufwand unverhältnismäßig hoch sei. Mit der Klage nimmt sie die Beklagte auf Ersatz der Anlagebeträge, eines späteren Sanierungsbeitrages und entgangener Zinsen aus einer sicheren Anlage in Höhe von insgesamt 135.710,48 € nebst Zinsen Zug-um-Zug gegen Abtretung der Kommanditanteile sowie auf Feststellung, dass die Beklagte sich mit der Annahme der Kommanditanteile in Verzug befindet, in Anspruch.

4
Landgericht Das hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Verurteilung zur Zahlung auf 129.120,48 € nebst Zinsen reduziert. Mit der - vom Senat zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
7
Klägerin Der stehe gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung eines Anlageberatungs- oder -vermittlungsvertrages zu. Zwischen dem Zedenten und der Beklagten sei ein Auskunftsvertrag zustande gekommen, durch den die Beklagte sich zur wahrheitsgemäßen und vollständigen Information über die für den Anlageentschluss des Zedenten wesentlichen Umstände verpflichtet habe. Dieser Aufklärungspflicht sei die Beklagte nicht nachgekommen, weil sie auf die für den Vertrieb gezahlten Innenprovisionen, die Zweifel an der Wirtschaftlichkeit der Kapitalanlage begründeten, nicht speziell hingewiesen habe. Zu den Vergütungen, die der Veräußerer an die von ihm beauftragten Vertriebsorganisationen zahle, rechne neben der Marketinggebühr von 3% der Beteiligungssumme auch die im Prospekt aufgeführte "Eigenkapitalbeschaffung" in Höhe von 16,55% beim Fonds Nr. ... bzw. 18,8% beim Fonds Nr. .... Diese Vergütungen für den Vertrieb überschritten die Grenze von 15%, von der an nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 158, 110, 121) eine Auskunftspflicht gegenüber dem Anleger bestehe. Die Hinweispflicht sei unabhängig davon gegeben, ob die Emissionsprospekte dem Zedenten vor den Beitrittserklärungen übergeben worden seien. Die in den Prospekten verwandte Bezeichnung "Eigenkapitalkosten (u.a.)" lasse den Anleger darüber im Unklaren, dass darunter die Kosten für den Vertrieb der Kommanditbeteiligungen zu verstehen seien. Dieses Informationsdefizit habe die Beklagte im Rahmen einer Plausibilitätskontrolle erkennen und durch eine entsprechende Aufklärung ausgleichen müssen.
8
Die Verletzung der Aufklärungspflicht sei für die Anlageentscheidung des Zedenten ursächlich gewesen. Die dahingehende Vermutung habe die Beklagte nicht ausgeräumt. Sie sei deshalb zum Ersatz des investierten Kapitals, einschließlich der Marketinggebühren, des späteren Sanierungsbeitrages des Zedenten für einen Fonds und der entgangenen Zinsen aus einer sicheren Anlage verpflichtet. Die Klägerin müsse sich allerdings die vom Zedenten erlangten Steuervorteile anrechnen lassen.
9
Die Klageforderung sei nicht verjährt. Die aus Vertragsverletzung haftende Beklagte könne sich nicht auf die kurze Verjährungsfrist für die Ansprüche aus Prospekthaftung im engeren Sinne berufen.

II.


10
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
11
1. Rechtlich nicht zu beanstanden ist im Ergebnis die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte sei vertraglich verpflichtet gewesen, den Zedenten richtig und vollständig über alle für seine Anlageentscheidung wesentlichen Umstände aufzuklären. Diese Aufklärungspflicht ergibt sich allerdings, anders als das Berufungsgericht meint, nicht aus einem Auskunfts-, sondern aus einem Beratungsvertrag.
12
Beratungsvertrag Ein kommt regelmäßig konkludent zustande, wenn im Zusammenhang mit der Anlage eines Geldbetrages tatsächlich eine Beratung stattfindet (Senat, Urteil vom 25. Juni 2002 - XI ZR 218/01, WM 2002, 1683, 1686). Tritt ein Anlageinteressent an ein Kreditinstitut oder der Anlageberater einer Bank an einen Kunden heran, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden bzw. zu beraten, so wird das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrages stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgespräches angenommen (Senat BGHZ 123, 126, 128; vgl. auch Senat, Urteile vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442 und vom 21. März 2006 - XI ZR 63/05, WM 2006, 851, 852). Diese Voraussetzungen sind nach den rechtsfehlerfreien und von der Revision unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts erfüllt, weil die Beteiligung an den beiden Immobilienfonds dem Zedenten, der nach einem Grundstücksverkauf über 200.000 DM verfügte, von einem Prokuristen der Beklagten empfohlen worden ist.

13
2. Rechtsfehlerhaft ist hingegen die Begründung, mit der das Berufungsgericht angenommen hat, die Beklagte habe ihre Pflichten aufgrund des Beratungsvertrages verletzt.
14
a) Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen von den Umständen des Einzelfalles ab. Die Beratung muss anlage- und objektgerecht sein. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden, andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarkts , sowie die speziellen Risiken, die sich aus den besonderen Umständen des Anlageobjektes ergeben (Senat BGHZ 123, 126, 128 f.). Zu den für die Anlageentscheidung bedeutsamen Umständen, über die der Anleger wahrheitsgemäß, richtig und vollständig aufzuklären ist (vgl. Senat , Urteile vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442 und vom 21. März 2006 - XI ZR 63/05, WM 2006, 851, 852), gehört auch eine im Anlageprospekt nicht ausgewiesene, an den Vermittler gezahlte Innenprovision von 15% und mehr (BGHZ 158, 110, 121; Senat, Urteil vom 23. März 2004 - XI ZR 194/02, WM 2004, 1221, 1225). Dies gilt insbesondere dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - gegenüber dem Anleger eine Marketinggebühr von 3% der Beteiligungssumme offen ausgewiesen wird und ohne Erwähnung der Innenprovision ein unrichtiger Eindruck von der Höhe der Vertriebskosten entstünde (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2007 - III ZR 218/06, WM 2007, 873, 874).
15
b) Nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt , d.h. bei Vorlage der Emissionsprospekte rechtzeitig vor Abgabe der Beitrittserklärungen, kann der Beklagten nicht vorgeworfen werden, eine Pflicht zur Aufklärung über für den Vertrieb gezahlte Innenprovisionen verletzt zu haben. Eine Pflicht zur Aufklärung über die Kosten der Eigenkapitalbeschaffung in Höhe von 16,55% bzw. 18,8% bestand entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht, weil diese Kosten in den Emissionsprospekten ausgewiesen sind. Die dabei verwandte Bezeichnung als Kosten der "Eigenkapitalbeschaffung (u.a.)" hat den Anleger nicht darüber im Unklaren gelassen, dass darunter Kosten für den Vertrieb der Kommanditbeteiligungen zu verstehen sind.
16
Zur Akquisition verwendete Prospekte sind allgemein darauf ausgerichtet , die angebotene Anlage als (besonders) werthaltig und rentabel herauszustellen. Sie erwecken regelmäßig den Anschein, dass der Preis der Anlage jedenfalls in einem angemessenen Verhältnis zu den vom Veräußerer für sie erbrachten sachlichen Leistungen steht (BGHZ 158, 110, 120). Deshalb sind Innenprovisionen, die als solche keine Gegenleistung für die Schaffung von Sachwerten darstellen und auf eine geringere Werthaltigkeit des Objekts und Rentabilität der Anlage schließen lassen (BGHZ 158, 110, 118), dem Anleger offen zu legen. Dafür reicht es aber nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 158, 110, 121) aus, dass die Innenprovision im Prospekt als "Kosten der Eigenkapitalbeschaffung" bezeichnet wird. Da die Kosten der Eigenkapitalbeschaffung in den Prospekten beider Immobilienfonds als solche ausgewiesen sind, war die Beklagte nicht verpflichtet, von sich aus ungefragt eine weitere Aufklärung über diese Kosten vorzunehmen. Das Berufungsgericht beruft sich für seine gegenteilige Auffassung zu Unrecht auf das Urteil des Senats vom 23. März 2004 - XI ZR 194/02, WM 2004, 1221, 1225, in dem eine Aufklärungspflicht eines Anlagevermittlers nur für im Anlageprospekt nicht ausgewiesene Innenprovisionen bejaht worden ist.

III.


17
DasangefochteneUrte il war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird nunmehr Feststellungen dazu zu treffen haben, ob dem Zedenten die Emissionsprospekte der Fondsgesellschaften bereits so rechtzeitig vor Abgabe der Beitrittserklärungen vorgelegt worden sind, dass er sich mit ihrem Inhalt vor seiner Beitrittsentscheidung vertraut machen konnte. Gegebenenfalls sind auch Feststellungen zu den weiteren von der Klägerin geltend gemachten und vom Berufungsgericht bislang offen gelassenen Pflichtverletzungen der Beklagten erforderlich.

Nobbe Joeres Mayen
Ellenberger Schmitt
Vorinstanzen:
LG Baden-Baden, Entscheidung vom 25.08.2005 - 3 O 362/04 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 08.09.2006 - 17 U 273/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 211/03 Verkündet am:
26. Oktober 2004
Weber,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Zum Vorsatz des Geschäftsführers einer Optionsgeschäfte ohne ausreichende
Risikoaufklärung vermittelnden GmbH, Kapitalanleger in sittenwidriger Weise zu
schädigen.
BGH, Urteil vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 211/03 - OLG Hamm
LG Hagen
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. Oktober 2004 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe
und die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die Richterin
Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 7. Mai 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 31. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin nimmt den Beklagten im Urkundenprozeß auf Schadensersatz für Verluste aus Terminoptionsgeschäften an USamerikanischen Börsen in Anspruch.
Der Beklagte ist Mitgeschäftsführer einer GmbH, di e gewerbsmäßig Optionsgeschäfte vermittelt. Die Klägerin, eine Zahntechnikerin,
schloß mit der GmbH am 31. März 1994 einen Optionsvermittlungs- und Betreuungsvertrag. Dieser enthielt eine Risikoaufklärung, die die Klägerin gesondert unterschrieb. Ferner erhielt sie die Broschüre "Grundlagen des Terminhandels". Bis zum 23. Juni 1994 zahlte die Klägerin der GmbH 90.000 DM, die an einen US-amerikanischen Broker weitergeleitet und für Optionsgeschäfte verwandt werden sollten. Hierbei hatte die Klägerin außer der Optionsprämie Gebühren der GmbH von bis zu 37,5% der Prämie und Kommissionen des Brokers in Höhe von 90 US-Dollar je Geschäft zu entrichten. Die Optionsgeschäfte endeten insgesamt verlustreich.
Die Klägerin macht geltend, der Beklagte habe sie nicht ausreichend über die Risiken der Geschäfte aufgeklärt und durch den Abschluß einer Vielzahl von Geschäften Gebühren geschunden ("churning"). Der Beklagte behauptet, der Broker habe der Klägerin per Scheck 4.044,58 US-Dollar zurückgezahlt, und erhebt die Einrede der Verjährung.
Die Klage auf Zahlung von 90.000 DM nebst Zinsen i st in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Nachdem der erkennende Senat das Berufungsurteil aufgehoben hat (WM 2002, 1445 ff.), hat das Berufungsgericht die Berufung erneut zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebun g des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Ent scheidung im wesentlichen ausgeführt:
Ein vorsätzliches Handeln des Beklagten im Sinne d es § 826 BGB sei nicht feststellbar. Aufgrund der Entscheidung, mit der der Senat das erste Berufungsurteil aufgehoben hat, sei zwar davon auszugehen, daß die Klägerin nicht ausreichend aufgeklärt worden sei, weil in dem schriftlichen Aufklärungsmaterial der Hinweis fehle, daß der Aufschlag auf die Optionsprämie vor allem Anleger, die - wie die Klägerin - mehrere verschiedene Optionen erwerben, aller Wahrscheinlichkeit nach im Ergebnis praktisch chancenlos mache. Dieser Hinweis sei jedoch erstmals im Urteil des Senats vom 16. November 1993 (XI ZR 214/92, WM 1994, 149 ff.) gefordert worden, das unmittelbar vor Abschluß des Vertrages mit der Klägerin veröffentlicht worden sei. Der Beklagte habe hierzu unwidersprochen vorgetragen, die GmbH habe einen Rechtsanwalt beauftragt , die Aufklärungsbroschüre jeweils auf den neuesten Stand der Rechtsprechung zu bringen. Man könne darüber streiten, ob die seit Juli 1994 verwendete Neufassung der Broschüre den Anforderungen des Urteils des Senats vom 16. November 1993 genüge. Jedenfalls könne dem
Geschäftsführer einer Options-Vermittlungs-GmbH nicht der Vorwurf einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung gemacht werden, wenn er einen Rechtsanwalt beauftragt habe, die Aufklärung den Anforderungen der Rechtsprechung anzupassen.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Die Auffassung des Berufungsgerichts, ein vorsätzl iches Handeln des Beklagten sei nicht feststellbar, unterliegt als Ergebnis tatrichterlicher Würdigung im Sinne des § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht. Dieses kann lediglich prüfen, ob der Streitstoff umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denk- oder Erfahrungssätze gewürdigt worden ist (BGH, Urteile vom 9. Juli 1999 - V ZR 12/98, WM 1999, 1889, 1890 und vom 13. Juli 2004 - VI ZR 136/03, WM 2004, 1768, 1770; jeweils m.w.Nachw.). Solche Rechtsfehler liegen hier, wie die Revision zu Recht rügt, vor.
1. Bereits der rechtliche Ausgangspunkt des Berufu ngsgerichts ist fehlerhaft. Dieses ist zu Unrecht davon ausgegangen, der Hinweis, daß Erwerber mehrerer verschiedener Optionen aller Wahrscheinlichkeit nach im Ergebnis praktisch chancenlos seien, sei erstmals in dem Urteil des Senats vom 16. November 1993 (BGHZ 124, 151, 155 f. = WM 1994, 149, 150) gefordert worden. Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat, vom Berufungsgericht übersehen, schon in einem Urteil vom
11. Januar 1988 (II ZR 134/87, WM 1988, 291, 293) entschieden, daß Anleger darüber aufzuklären sind, daß der Gebührenaufschlag auf die Optionsprämie eine Gewinnerwartung praktisch ausgrenzt. Diese Aufklärung , die mit dem vom Senat geforderten Hinweis auf die praktische Chancenlosigkeit des Anlegers inhaltlich gleichbedeutend ist, fehlt in dem der Klägerin ausgehändigten Informationsmaterial. Dieses erweckt vielmehr, wie der Senat in seinem ersten Revisionsurteil im einzelnen ausgeführt hat, durch zahlreiche Formulierungen den falschen Eindruck realistischer Gewinnchancen. Auch angesichts dieser irreführenden Darstellung kann der Vorsatz des Beklagten nicht mit der Begründung verneint werden, er habe die Erforderlichkeit des Hinweises auf die praktische Chancenlosigkeit bei Abschluß des Vertrages mit der Klägerin noch nicht kennen können.
2. Auch die Würdigung der Bemühung des Beklagten, das Informationsmaterial mit Hilfe eines Rechtsanwalts den Anforderungen der Rechtsprechung anzupassen, ist rechtfehlerhaft. Das Berufungsgericht hat die Ambivalenz dieses Verhaltens verkannt (vgl. hierzu: BGH, Urteil vom 22. Januar 1991 - VI ZR 97/90, NJW 1991, 1894, 1895 f.). Der Beklagte muß bei seiner Bemühung nicht das Ziel verfolgt haben, die Anleger sachgerecht aufzuklären. Er könnte ebensogut die Absicht gehabt haben, durch die - unvollständige - Zitierung einschlägiger Gerichtsentscheidungen , so etwa auf Seite 7 der seit Juli 1994 verwendeten Neufassung der Informationsbroschüre "Kurzgefaßte Einführung in die Grundsätze des Termingeschäfts", Haftungsrisiken zu verringern, ohne die Anleger sachgerecht aufzuklären. Dafür spricht, daß auch diese Neufassung , wie der Senat in seinem in anderer Sache gegen den Beklagten ergangenen Urteil vom 21. Oktober 2003 (XI ZR 453/02, ZIP 2003, 2242,
2245 f.) näher ausgeführt hat, nicht klar genug zum Ausdruck bringt, daß der Gebührenaufschlag Erwerber mehrerer verschiedener Optionen aller Wahrscheinlichkeit nach praktisch chancenlos macht.
Hinzu kommt, daß Formulierungen in Entscheidungen des Senats ohnehin nicht dazu dienen, den Text festzulegen, mit dem unerfahrene Optionsinteressenten ausreichend aufgeklärt werden könnten (Senat, BGHZ 124, 151, 155), und daß auch ein nach anwaltlicher Beratung fortbestehender Irrtum über die Reichweite der Aufklärungspflicht vorsätzliches Handeln nicht ausschließt (Senat, BGHZ 124, 151, 163; Urteile vom 17. Mai 1994 - XI ZR 144/93, WM 1994, 1746, 1747 und vom 16. Oktober 2001 - XI ZR 25/01, WM 2001, 2313, 2315).

III.


Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 56 2 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, war sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dabei hat der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.
Nobbe Müller Joeres
Wassermann Mayen
20
Ob eine - vorliegend unterstellte - Haustürsituation bei Unterzeichnung des Zeichnungsscheins im Jahr 1993 für den Abschluss des Vergleichs im Jahr 1999 mitursächlich war, ist eine Frage der Würdigung des konkreten Einzelfalles, die jeweils dem Tatrichter obliegt und die deshalb in der Revisionsinstanz grundsätzlich nur beschränkt überprüft werden kann (Senatsurteile vom 9. Mai 2006 - XI ZR 119/05, WM 2006, 1243, 1244, Tz. 14, vom 13. Juni 2006 - XI ZR 94/05, WM 2006, 1995, 1997, Tz. 15 und vom 10. Juli 2007 - XI ZR 243/05, WM 2007, 1831, 1832, Tz. 11 m.w.Nachw.). Dabei ist zu beachten, dass es keinen Rechtssatz gibt, nach dem mit Ablauf einer bestimmten Frist die Kausalität ohne Rücksicht auf die Umstände des Einzelfalls entfällt. Das Berufungsgericht ist unter Würdigung der Umstände des Falles rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass der Abschluss des Vergleichs der Parteien nicht unter dem Eindruck einer für Haustürgeschäfte typischen Überrumpelungssituation zustande gekommen ist, sondern nach eingehender rechtlicher Beratung und nach langem Zeitabstand unbeeinflusst von einer eventuellen Haustürsituation geschlossen wurde. Diese tatrichterliche Würdigung ist ohne weiteres vertretbar, verstößt nicht gegen die Denkgesetze und beruht nicht auf verfahrenswidriger Tatsachenfeststellung.