Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Urteil, 15. März 2018 - 5 Sa 38/17
Tenor
1. Die Berufungen des Klägers und der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 26.01.2017, Az.: 2 Ca 1293 a/14, werden zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 25 % und die Beklagte zu 75 %.
3. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten um die Zahlung einer Karenzentschädigung aufgrund eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots.
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Das Unternehmen der Beklagten befasst sich mit der Finanzierung von Prozessen von Berufssportlern gegen Träger der gesetzlichen Unfallversicherung wegen erlittener Sportverletzungen. Die Sportler schließen mit der Beklagten einen Vertrag, der regelt, dass die Beklagte die Kosten der (außer-)gerichtlichen Auseinandersetzung trägt und im Gegenzug einen prozentualen Anteil der durchgesetzten Ansprüche erhält. Die Beklagte kooperiert hierzu mit zwei Rechtsanwälten. Diesen wird von den Sportlern eine Vertretungsvollmacht erteilt. Der Beklagten selbst sind Tätigkeiten, die der Erlaubnis nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) bedürfen, nicht erlaubt.
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Der 1949 geborene Kläger war in der Vergangenheit bei einer Berufsgenossenschaft und später als freier Rentenberater tätig. Er ist Mitbegründer der Beklagten und war zunächst auch bis Ende 2010 deren Mitgesellschafter. Als selbstständiger Rentenberater war und ist er insbesondere mit der Durchsetzung von Ansprüchen von Sportlern wegen einer Sportverletzung gegen die Träger der Sozialversicherung befasst. In diesem Zusammenhang vertrat und vertritt er namhafte Profiboxer, Berufsfußballer und Berufshandballer sowie weitere Sportler.
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Ab dem 01.06.2009 war der Kläger bei der Beklagten als angestellter Rentenberater zu einem Monatsgehalt von insgesamt 6.503,50 € brutto beschäftigt. Nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 26.05.2009 bestand seine Aufgabe darin, die an die Beklagte herangetragenen Rechtsstreitigkeiten anhand der von dem mandatierten Rechtsanwalt erstellten Schriftsätze und weiteren Unterlagen zu prüfen (Bl. 4 ff. d. A.). In § 5 des Arbeitsvertrags trafen die Parteien Regelungen über eine Nebentätigkeit als selbstständiger Rentenberater. Am 06.05.2010 vereinbarten die Parteien sodann eine sofort in Kraft tretende Nebenabrede zum Arbeitsvertrag, die u. a. folgende Regelungen enthält (Bl. 10 ff. d. A.) auszugsweise:
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„I.
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Der Mitarbeiter bleibt als Rentenberater im Anstellungsverhältnis tätig. Die an den Arbeitgeber herangetragenen Rechtsstreitigkeiten werden vorab anhand der von den Kunden eingereichten Unterlagen in einer Vorprüfung durch Herrn G. auf Erfolgsaussichten hin überprüft.
- 7
Alle weiteren Tätigkeiten, insbesondere die Erstellung von Schreiben und die laufende vollständige Betreuung in den sozialversicherungsrechtlichen Streitigkeiten und Maßnahmen im Bereich der Berufshilfe erfolgen ausschließlich durch die mandatierten Anwälte. Die Tätigkeit des Mitarbeiters beschränkt sich insoweit auf die mit dem Arbeitgeber abgestimmte Vorabprüfung.
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Arbeitsort ist in Abänderung des § 2 des bestehenden Arbeitsvertrages für den Mitarbeiter ausschließlich W… 2.. in 2… H…. .
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…
IV.
- 10
Im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf des Monats, in dem der Mitarbeiter das 65. Lebensjahr vollendet, gilt ausdrücklich folgendes Tätigkeits- und Wettbewerbsverbot:
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- Dem Mitarbeiter ist es während der Dauer von 1 Jahr nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausdrücklich untersagt, unmittelbar oder mittelbar - z. B. über eine Drittfirma - für direkte und indirekte Konkurrenten des Arbeitgebers oder Berufsgenossenschaften wie die VBG beruflich oder anderweitig, als Angestellter, freier Berater oder im Rahmen einer Beteiligung an einem Unternehmen - gleich welcher Rechtsform - in den Ländern: Bundesrepublik Deutschland, Republik Österreich und Schweiz tätig zu sein. Ebenso ist es ausdrücklich dem Mitarbeiter untersagt, als Rentenberater oder im Bereich der Berufshilfe für andere Dritte wie z. B. Sportvereine oder Sportler unmittelbar oder mittelbar - z. B. über eine Drittfirma - tätig zu sein.
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…
- 13
- Für die Dauer dieses Wettbewerbsverbotes zahlt der Arbeitgeber an den Mitarbeiter zum Ausgleich für das Wettbewerbs- und Tätigkeitsverbot eine monatliche Karenzentschädigung, die 100 % der zuletzt bezogenen monatlichen vertragsmäßigen Leistung entspricht.
- 14
- Der Mitarbeiter verpflichtet sich, während der Dauer des Wettbewerbs- und Tätigkeitsverbotes dem Arbeitgeber Auskunft über anderweitigen Erwerb während des Bezuges der Karenzentschädigung zu erteilen. Erteilt der Mitarbeiter Auskünfte nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig, so ist der Arbeitgeber zum Zurückbehalt der Karenzentschädigung berechtigt.
- 15
…“
- 16
Bei Abschluss des Arbeitsvertrags war von den Vertragsparteien beabsichtigt, dass die damaligen Mandanten des Klägers von diesen zum Abschluss eines Geschäftsbesorgungsvertrags mit der Beklagten bewegt werden sollten, was in der Folgezeit auch in einer Reihe von Fällen tatsächlich geschah.
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Auch die Ehefrau des Klägers war zuletzt bis zum 31.12.2012 bei der Beklagten als kaufmännische Angestellte beschäftigt und als persönliche Assistentin des Klägers eingesetzt.
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Mit Schreiben vom 22.11.2012 kündigte der Kläger sein Arbeitsverhältnis zum 31.12.2012. Der Kläger vertrat und vertritt auch nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses gegenüber den Sozialleistungsträgern mehrere Sportler, von denen einige auch Geschäftsbesorgungsverträge mit der Beklagten abschlossen. Die Beklagte zahlte an den Kläger keine Karenzentschädigung, weil sie die Auffassung vertrat, der Kläger habe gegen das nachvertragliche Wettbewerbsverbot verstoßen.
- 19
Der Kläger ist seit Jahren mit den Herren P. und W. bekannt, die Geschäftsführer der Fa. P. & W. Unternehmensberatungs GmbH (künftig: Fa. P. & W.) sind. Am 10.01.2013 schlossen die Herren P. und W. einen Gesellschaftsvertrag über die Gründung der Fa. a. GmbH (künftig: Fa. a.) ab. Bei einem Stammkapital von 25.000,00 € hält Herr W. einen Gesellschaftsanteil von 8.334,00 €, Herr P. zwei Anteile in Höhe von jeweils 8.333,00 €. Ein Drittel der Geschäftsanteile hielt Herr P. ausweislich des zwischen ihm und der Ehefrau des Klägers geschlossenen Treuhandvertrages vom 10.01.2013 treuhänderisch für die Ehefrau des Klägers. § 3 des Treuhandvertrages lautet auszugsweise wie folgt (Bl. 133 ff. d. A.):
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„§ 3
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Der Treuhänder hat seinen Geschäftsanteil auf jederzeit mögliche Anforderung des Treugebers unverzüglich, jedoch nicht vor dem 31.12.2013, auf den Treugeber oder auf eine von ihm zu benennende dritte Person zu übertragen. Umgekehrt ist der Treuhänder berechtigt, seinen Geschäftsanteil jederzeit, jedoch nicht vor dem 31.12.2013, auf den Treugeber zu übertragen. …“
- 22
Die a. GmbH, deren alleiniger Geschäftsführer Herr W. ist, hat den gleichen Firmensitz wie die Fa. P. & W. und verfolgt ausweislich des Handelsregisters neben der Beratung von Vereinen denselben Geschäftszweck - Prozessfinanzierung für Berufssportler - wie die Beklagte. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum, d. h. in 2013, in Geschäftsbeziehungen mit der Fa. a. stand und damit gegen das nachvertragliche Wettbewerbsverbot verstieß.
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Unter dem 10.01.2013 schloss die Ehefrau des Klägers mit der Fa. P. & W. einen Arbeitsvertrag mit Wirkung ab dem 01.01.2013 (Bl. 139 ff. d. A.). Es ist zwischen den Parteien streitig, ob dieser Arbeitsvertrag rückdatiert wurde. Ausweislich des Arbeitsvertrages wurde die Ehefrau des Klägers als kaufmännische Angestellte mit Heimarbeitsplatz zu einem Monatsgehalt von 3.600,00 € brutto eingestellt. Am 13.02.2013 gab die Fa. a. für die Ehefrau des Klägers eine Arbeitnehmer-Meldebescheinigung zur Sozialversicherung ab (Bl. 147 d. A.), die sie am 11.04.2013 stornierte (Bl. 148 ff. d. A.). Zunächst erhielt die Ehefrau des Klägers für die Monate Januar bis März 2013 Lohnabrechnungen von der Fa. a.. Sodann erteilte die Fa. P. & W. der Ehefrau des Klägers am 12.04.2013 drei Lohnabrechungen für Januar, Februar und März 2013 (Bl. 156 ff. d. A.). Die Fa. P. & W. zahlte an die Ehefrau des Klägers letztlich für die Monate Januar bis Mai 2013 jeweils 3.600,00 € brutto und für Juni 2013 2.880,00 € brutto jeweils zzgl. 370,00 € brutto für die private Nutzung des Dienstfahrzeugs (Bl. 261 ff. d. A.). Unstreitig übte die Ehefrau des Klägers weder für die Fa. a. noch für die Fa. P. & W. zu irgendeinem Zeitpunkt irgendwelche Tätigkeiten aus. Die Fa. P. & W. kündigte dieses Arbeitsverhältnis innerhalb der Probezeit fristgerecht zum 24.06.2013 (Bl. 260 d. A.). Das der Ehefrau der Beklagten von der Fa. P. & W. vertraglich überlassene Firmenfahrzeug (Mercedes-Benz Typ A 200) fuhr überwiegend der Kläger. Der Kläger hatte auch die Verhandlungen über den Leasingvertrag mit dem Autohändler geführt und das Fahrzeug dort abgeholt.
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Mit Schreiben vom 14.03.2013 erteilte der Kläger Herrn Rechtsanwalt Dr. P. eine Vergütungsrechnung für Januar 2013 über 6.000,00 € zzgl. Mehrwertsteuer (Bl. 163 d. A.), die dieser beglich. Sodann stellte Herr P. der Fa. a. 9.500,00 € zzgl. Mehrwertsteuer für „Beratung“ in Rechnung (Bl. 165 d. A.). Mit Schreiben vom 16.05.2014 forderte der Kläger die Fa. a. unter Bezugnahme auf eine zwischen ihm, der Fa. a. und Rechtsanwalt P. geschlossene mündliche Vereinbarung auf, für die Zeit vom 01.02.2013 bis 30.04.2014 die Garantiezahlungen in Höhe von monatlich 6.000,00 € zzgl. Mehrwertsteuer, mithin insgesamt 107.000,00 € zu zahlen (Bl. 277 d. A.). Mit Schreiben vom 27.05.2014 wies die Fa. a. jegliche Ansprüche des Klägers zurück (Bl. 310 d. A.).
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Am 16.01.2013 erhob der Kläger vor dem Arbeitsgericht Neumünster Klage und machte u. a. eine Karenzentschädigung für das Jahr 2013 in Höhe von monatlich 6.503,50 € geltend. Mit Urteil vom 16.05.2013 wies das Arbeitsgericht die dahingehende Zahlungsklage ab (2 Ca 74 d/13). Die hiergegen von dem Kläger eingelegte Berufung wies das Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 15.04.2014 als zurzeit nicht fällig zurück (Az. 1 Sa 208/13). Zur Begründung führte das Landesarbeitsgericht aus, dass der Anspruch des Klägers auf die Karenzentschädigung entstanden und auch nicht gemäß § 320 Abs. 1 BGB erloschen sei, weil der Kläger seinerseits gegen das vereinbarte Wettbewerbsverbot verstoßen habe. Nach § 74 a Abs. 1 Satz 1 HGB sei ein Wettbewerbsverbot insoweit unverbindlich, als es nicht zum Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses des Prinzipals diene. Es müsse ein Zusammenhang bestehen zwischen Inhalt und Umfang des Verbots und der bisherigen Funktion oder Tätigkeit des Arbeitnehmers. Hieran gemessen könne dem Kläger die Vertretung von Sportlern in Form einer Tätigkeit als freier Rentenberater nicht untersagt werden. Denn eine Rechtsberatung, insbesondere die rechtliche Vertretung gegenüber Behörden und Gerichten führe die Beklagte nicht durch und dürfe dies auch nicht, da sie insoweit keine erforderliche Erlaubnis nach dem RDG besitze. Der Kläger habe aber auch nicht gegen das - rechtsverbindlich vereinbarte - Wettbewerbsverbot verstoßen. Die Vertretung von Sportlern gegenüber Behörden und Gerichten sei dem Kläger erlaubt. Eine verbotene Sachbearbeiter-Tätigkeit für die a. habe die Beklagte nicht darzulegen vermocht. Der Kläger sei berechtigt gewesen, kooperativ als freier Rentenberater mit der Fa. a. zusammenzuarbeiten. Danach sei dem Grunde nach ein Anspruch auf Zahlung der Karenzentschädigung entstanden und auch nicht erloschen. Der Höhe nach stehe dem Kläger eine monatliche Karenzentschädigung in Höhe von 5.475,00 € zu, mithin insgesamt 65.700,00 € für das gesamte Jahr 2013. Dieser Anspruch des Klägers auf Zahlung der Karenzentschädigung sei jedoch noch nicht fällig. Der Beklagten stehe gemäß § 74 c Abs. 2 HGB ein Leistungsverweigerungsrecht zu, da der Kläger noch keine Auskunft über seinen anderweitigen Verdienst erteilt habe. Dieses Urteil des Landesarbeitsgerichts (1 Sa 208/13) ist rechtskräftig.
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Zwischenzeitlich legte der Kläger der Beklagten mit Schreiben vom 19.09.2014 seine Einkommenssteuererklärung 2013 vor, nach der er in jenem Jahr Einkünfte in Höhe von 3.465,00 € erzielte (Bl. 66 ff. d. A.). Der für den Kläger und dessen Ehefrau erteilte Steuerbescheid für das Jahr 2013 weist ein zu versteuerndes Einkommen des Klägers aus selbstständiger Tätigkeit i. H. v. 3.465,00 € sowie Einkünfte der Ehefrau des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von insgesamt 21.864,00 € aus (Bl. 91 ff. d. A.).
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Am 27.10.2014 hat der Kläger vor dem Arbeitsgericht Neumünster Zahlungsklage erhoben und gegenüber der Beklagten Karenzentschädigung für 2013 in Höhe von 65.700,00 € geltend gemacht. Angesichts seiner geringen Einkünfte im Jahre 2013 sei die Karenzentschädigung in voller Höhe von der Beklagten zu zahlen. Die Beklagte hat am 18.12.2014 Widerklage mit dem Antrag erhoben, den Kläger zu verurteilen, die Vollständigkeit und die Richtigkeit der erteilten Auskünfte betreffend sein Einkommen im Kalenderjahr 2013 an Eides Statt zu versichern. Mit rechtskräftigem Teil-Urteil vom 17.09.2015 hat das Arbeitsgericht der Widerklage stattgegeben. Am 26.02.2016 hat der Kläger die begehrte eidesstattliche Versicherung abgegeben (Bl. 307 ff. d. A.). Am 21.10.2016 hat die Beklagte ihre Widerklage erweitert und von dem Kläger bezüglich seiner Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit im Jahr 2013 ergänzende, detaillierte Auskünfte beansprucht.
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Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in erster Instanz, insbesondere dem streitigen Vortrag der Parteien, sowie der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils sowie der dortigen Inbezugnahmen verwiesen.
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Das Arbeitsgericht hat nach Beweiserhebung durch Vernehmung der Zeugen W. und Dr. P. mit Urteil vom 26.01.2017 der Zahlungsklage teilweise in Höhe von 45.705,00 € stattgegeben und diese im Übrigen abgewiesen und die Widerklage als unzulässig verworfen. Das erkennende Arbeitsgericht folge der Auffassung des Landesarbeitsgerichts, dass dem Kläger gegenüber der Beklagten grundsätzlich ein Anspruch auf Karenzentschädigung in Höhe von 65.700,00 € zustehe. Der Anspruch sei nicht durch die vertragliche Ausschlussklausel ausgeschlossen. Die Höhe der zu zahlenden Karenzentschädigung sei indessen abhängig von den anzurechnenden Einkünften des Klägers. Neben den eigenen Einkünften (3.465,00 €) müsse sich der Kläger die Einkünfte seiner Ehefrau aus deren Tätigkeit bei der Fa. P. & W. anrechnen lassen. Weil die Ehefrau des Klägers unstreitig keine Tätigkeiten für die Fa. P. & W. erbracht habe und unstreitig der Kläger vertragliche Beziehungen zu den Herren P. und W. auch als Vertreter der Fa. P. & W. unterhalten habe, könne nur geschlussfolgert werden, dass die Zahlungen der Fa. P. & W. als Gegenwert für Arbeitsleistungen des Klägers erbracht worden seien (5 x 3.600,00 € + 2.880,00 €). Das Gleiche gelte für den geldwerten Vorteil des der Ehefrau zur Verfügung gestellten Dienstfahrzeugs für sechs Monate (6 x 370,00 €). Infolge der Einkünfte der Ehefrau des Klägers, die als Einkünfte des Klägers zu betrachten seien, ergebe sich ein zusätzliches auf die Karenzentschädigung anzurechnendes Einkommen in Höhe von insgesamt 23.100,00 €. Der dem Kläger dem Grunde nach zustehenden Karenzentschädigung von 65.700,00 € seien gemäß § 74 c Abs. 1 HGB 10 % hinzuzurechnen. Hieraus ergebe sich ein Betrag in Höhe von 72.270,00 €, von dem das erzielte Einkommen (26.565,00 €) in Abzug zu bringen sei. Es verbleibe ein Anspruch auf Zahlung der Karenzentschädigung in Höhe von 45.705,00 €.
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Die Widerklage der Beklagten sei unzulässig. Nachdem der Kläger Auskunft über seine Einkünfte erteilt und die Richtigkeit dieser Auskünfte an Eides statt versichert habe, fehle der Widerklage das Rechtsschutzbedürfnis. Die mit der Widerklage beanspruchten weiteren Auskünfte und Unterlagen seien durchgehend darauf gerichtet, erst weitere Einkünfte zu ermitteln, die möglicherweise den Anspruch auf Karenzentschädigung mindern würden. Die verlangten Auskünfte stellten mithin Vorbereitungshandlungen dar, für die in diesem Zahlungsrechtsstreit kein Rechtsschutzbedürfnis bestehe. Ungeachtet dessen sei die Widerklage aber auch unbegründet. Wäre der Kläger verpflichtet, die streitigen Auskünfte zu erteilen, würde die Beklagte einen umfassenden Einblick in seine Geschäftstätigkeiten erlangen. Dies kann von einem unmittelbaren Konkurrenten nicht verlangt werden. Insoweit gehe die Wahrung von Betriebsgeheimnissen der Auskunftsverpflichtung vor.
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Gegen das ihm am 08.02.2017 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15.02.2017 beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Berufung eingelegt und diese am 28.02.2017 begründet. Die Beklagte ihrerseits hat gegen das ihr am 12.02.2017 zugestellte Urteil am 05.03.2017 beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Berufung eingelegt und diese am 04.04.2017 begründet.
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Der Kläger wendet ein,
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dass das Arbeitsgericht zu Unrecht das Einkommen seiner Ehefrau auf die Karenzentschädigung angerechnet habe. Das Arbeitsgericht habe außer Acht gelassen, dass seine Ehefrau nur deshalb keine Arbeit für die Fa. P. & W. habe verrichten können, weil ihr Arbeitgeber es nicht geschafft habe, ihr einen funktionsfähigen Heimarbeitsplatz einzurichten, insbesondere eine Verbindung zum Server des Unternehmens herzustellen. Es sei nicht richtig, dass er den Firmenwagen seiner Frau alleine genutzt habe. Ausweislich des zwischen seiner Frau und der Fa. P. & W. geschlossenen Nutzungsvertrages sei er befugt gewesen, das Dienstfahrzeug auch zu nutzen. Zudem habe das Arbeitsgericht unzulässigerweise unterstellt, er habe 2013 vertragliche Beziehungen zu Herrn W. und der Fa. P. & W. gehabt. Er habe als Rentenberater nur vertragliche Beziehungen zu Herrn Dr. P. in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt zur gemeinsamen Bearbeitung von Mandanten gehabt. Soweit er 2013 als Rentenberater auch Kunden der Fa. a. GmbH vertreten habe, seien dadurch keine vertraglichen Beziehungen zwischen ihm und der Fa. a. begründet worden. Dies ergebe sich bereits aus seinem von der Beklagten eingereichten Schreiben vom 03.10.2014, mit welchem er erstmals der Fa. a. zu schließende Honorarvereinbarungen vorgelegt habe (Bl. 335 ff. d. A.). Dies folge schließlich auch aus dem Schreiben der Fa. a. vom 27.07.2014, mit welchem diese seine Honorarforderung vom 15.05.2014 zurückgewiesen habe. Die Beweiserhebung sei als reiner Ausforschungsbeweis unzulässig gewesen. Die Beklagte habe in keiner Weise substantiiert vorgetragen, welche Arbeitsleistung er wem gegenüber hätte erbringen sollen, die durch die Gehaltszahlungen an seine Ehefrau hätten vergütet werden sollen oder können. Ungeachtet dessen habe auch die Beweisaufnahme nichts für die Behauptung ergeben, dass und welche Tätigkeiten er konkret wem geschuldet habe. Das Arbeitsgericht habe sich mit dem Inhalt seines Schriftsatzes vom 07.03.2016, mit welchem er zum Ergebnis der Beweisaufnahme vorgetragen habe, weder rechtlich noch tatsächlich auseinandergesetzt. Insbesondere habe es offen gelassen, welche durch was bewiesenen Tatsachen die Annahme rechtfertigen sollen, dass es zwischen dem Kläger und wem auch immer eine Verrechnungsabrede wegen des Gehalts seiner Frau zur Vergütung welcher, wem auch immer geschuldeten Tätigkeit des Klägers gegeben habe.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Neumünster vom 26.01.2017, Az. 2 Ca 1293 a/14, zu verurteilen, an ihn weitere 19.995,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 01.10.2014 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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1. die Berufung des Klägers zurückzuweisen;
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2. das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 26.01.2017, Az. 2 Ca 1293 a/14, abzuändern und
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a) die Klage in vollem Umfang abzuweisen;
- 40
b) widerklagend den Kläger zu verurteilen, die Gewinn- und Verlustrechnung betreffend seine selbständige Erwerbstätigkeit im Kalenderjahr 2013 vorzulegen;
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c) widerklagend den Kläger zu verurteilen, in Bezug auf die Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit im Kalenderjahr 2013 ergänzend Auskunft zu erteilen,
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- in welcher Höhe er für seine Leistungen als selbständiger Rentenberater Rechnungen gelegt hat,
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- welche Personalaufwendungen für angestellte Arbeitnehmer und freie Mitarbeiter er hatte, insbesondere einschließlich der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung, Beiträge zur Berufsgenossenschaft, den Arbeitnehmern gewährte geldwerte Vorteile,
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- über die Aufwendungen für elektronische Datenverarbeitung, insbesondere: Aufwendungen der elektronischen Datenverarbeitung, der Telekommunikation und ähnliche Aufwendungen, soweit sie seiner selbständigen Erwerbstätigkeit im Kalenderjahr 2013 zuzurechnen sind,
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- die Aufwendungen für Büroräume, insbesondere Mietaufwendungen, Kostenbelastungen bei Nutzung auch privat genutzter Räumlichkeiten, Heizung, Betriebskosten, Aufwendungen für das Mobiliar, Betriebs- und Geschäftsausstattung, laufende Unterhaltung der Büroräumlichkeiten;
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- sonstige Sachaufwendungen, insbesondere Kosten für die Nutzung eines Kraftfahrzeugs, Reisekosten, Vermögensschadenhaftpflichtversicherung, Haftpflichtversicherung und Fortbildungsaufwendungen, Büromaterial, Fachbücher, Literatur, Telefon, Porto, Bewirtungsaufwendungen, Geschenke, Aufwendungen für Werbeaufwendungen.
- 47
Der Kläger beantragt,
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die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
- 49
Die Beklagte trägt vor,
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die Anstellung der Ehefrau des Klägers sei von der Fa. a. nur zum Schein erfolgt. Eine tatsächliche Arbeit sei nie beabsichtigt gewesen. Vielmehr hätten der Kläger und die Gesellschafter der Fa. a. vereinbart, dass er für seine Tätigkeiten eine Vergütung erhalten sollte. Weil die Vergütung aber wegen des vereinbarten Wettbewerbsverbots nicht direkt an den Kläger habe fließen dürfen, sei der Umweg einer Zahlung über dessen Ehefrau gewählt worden. Dies hätten beide Zeugen übereinstimmend so bekundet. Hierfür spreche auch, dass die Ehefrau des Klägers Gesellschafterin der Fa. a. geworden sei und deren Gesellschaftsanteil lediglich treuhänderisch von dem Zeugen P. gehalten worden sei. Hierdurch sollte die Gesellschafterstellung des Klägers verschleiert werden. Es sei von vornherein geplant gewesen, dass der Kläger Gesellschafter der Fa. a. werden sollte. Deren Businessplan beruhte auf den Kenntnissen des Klägers. Anstelle einer direkten Beteiligung des Klägers sei eine Beteiligung der Ehefrau des Klägers gewählt worden, da der Kläger einem Wettbewerbsverbot unterlag. Die Umgehung ergebe sich auch daraus, dass im Treuhandvertrag die Rückübertragung des Geschäftsanteils an die Ehefrau des Klägers bzw. den Kläger zum 31.12.2013 enthalte. Die tatsächliche Gesellschafterstellung habe der Kläger innegehabt. Dies habe der Zeuge W. so auch bestätigt. Es habe zwischen der Fa. a. und dem Kläger auch Honorarvereinbarungen gegeben (Anlage B13, 5 Sa 472/15). Diese hätten korrespondiert mit Geschäftsbesorgungsverträgen, die diverse Sportler mit der Fa. a. abgeschlossen hätten. Es habe auch kein Heimarbeitsplatz für die Ehefrau des Klägers eingerichtet werden sollen. Vielmehr habe ein Mitarbeiter der Fa. P. & W., der Zeuge K., erfolgreich für den Kläger eine Verbindung zum Server der Fa. a. bzw. der Fa. P. & W.. Auch das Dienstfahrzeug sei Teil der Vergütung des Klägers gewesen. Es sei auch kein Grund ersichtlich, warum die Ehefrau des Klägers für die Ausübung der vermeintlich geschuldeten Heimarbeit ein Dienstfahrzeug benötigt hätte. Es stehe fest, dass es eine gesellschaftsvertragliche Verbindung zwischen der Fa. a. und dem Kläger gegeben habe. Der Kläger habe mit den Gesellschaftern der Fa. a. mündlich die Modalitäten der Kooperation ausgehandelt. Dies hätten die Zeugen P. und W. in ihren Aussagen bestätigt. Dass diese durch ein Treuhandmodell mit dessen Ehefrau verdeckt worden sei, ändere hieran nichts. Letztlich habe der Kläger eine solche Kooperation auch in der Berufungsbegründung selbst eingeräumt.
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Die Widerklage sei zulässig und begründet. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts habe sie ein Rechtsschutzbedürfnis an den geforderten weiteren Auskünften. Der Kläger habe offenbar eine falsche Erklärung zu seinen eigenen Einkünften im Jahr 2013 abgegeben und diese zudem durch Abgabe einer falschen eidesstattlichen Erklärung versichert. Die Strafandrohung habe hier nicht bewirkt, dass der Kläger eine wahrheitsgemäße Erklärung abgibt. Auch diesbezüglich habe die Beklagte gegen den Kläger Strafanzeige erhoben. Das staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren ruhe derzeit (545 Js 5279/15). Die Vorlage des Einkommensbescheides sei unzureichend. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass der Kläger keine wahrheitsgemäße Auskunft erteilt habe und hierzu auch nicht gewillt sei, stehe ihr ein weiterer Anspruch auf Auskunftsergänzung zu. Hierzu bedürfe es keiner neueren oder weiteren Tatsachen. Nach der neueren Rechtsprechung genüge nicht einmal die Vorlage einer Gewinn- und Verlustrechnung. Zudem habe das Arbeitsgericht verkannt, dass vorliegend nicht das steuerrechtliche Zuflussprinzip gelte, sondern das Anspruchsprinzip. Dies ergebe sich schon daraus, dass sich der Arbeitnehmer auch den böswillig unterlassenen Erwerb anrechnen lassen müsse. Steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten könnten auch nicht dazu führen, die auf die Karenzentschädigung anzurechnenden Einkünfte auf Null zu reduzieren. Wer ein Scheinarbeitsverhältnis für die eigene Ehefrau „gestalte“, um eigene Einkünfte zu verschleiern, habe jeden Vertrauensvorschuss mit Blick auf andere Gestaltungsmöglichkeiten verspielt.
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Der Kläger erwidert,
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der rechtshängigen Widerklage stehe die Rechtskraft des Teilurteils vom 16.04.2014, 2 Ca 74 d/13, entgegen. Die Widerklage sei deshalb unzulässig. Zudem sei der ausgeurteilte Auskunftsanspruch nebst Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung erfüllt. Im Übrigen fehle es an einer Anspruchsgrundlage für die Abgabe einer ergänzenden Auskunft. Ungeachtet dessen unterliege er ebenso wie Rechtsanwälte und Steuerberater der Verschwiegenheitspflicht. Schon aus diesem Grund könne er gar nicht allumfassend Einblick in seine Geschäftstätigkeit geben. Auskünfte darüber, an welche Mandanten welche Rechnungen gestellt worden seien, unterlägen der Verschwiegenheitspflicht. Vorliegend genüge zum Nachweis anderweitigen Verdienstes die Vorlage des Einkommenssteuerbescheides. Der Kläger bestreitet, dass es Honorarvereinbarungen mit der Fa. a. für die Vertretung von deren Mandanten gegeben habe. Aus der Anlage B 13 ergebe sich nur, dass er der Fa. a. Angebote auf Abschluss entsprechender Honorarvereinbarungen unterbreitet habe. Diese habe die Fa. a. aber nicht angenommen. Gegenteiliges habe die Beweisaufnahme nicht ergeben. Er habe keine Vergütungen von der Fa. a. erhalten. Ungeachtet dessen übersehe die Beklagte, dass er bereits während seines Arbeitsverhältnisses mit ihr einer Nebentätigkeit als freier Rentenberater habe nachgehen dürfen. Nicht anrechenbar seien solche Einnahmen aus der Auswertung der Arbeitskraft, die er infolge der erlaubten Nebentätigkeit auch während der Dauer des Arbeitsverhältnisses erzielt habe.
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Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt ihrer Berufungsschriftsätze sowie die Sitzungsniederschrift vom 15.03.2018 verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die selbstständigen Berufungen des Klägers und der Beklagten sind zulässig. Sie sind dem Beschwerdewert nach statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 64 Abs. 2 lit. b; 66 Abs. 1 ArbGG; §§ 519, 520 ZPO.
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In der Sache selbst haben weder die Berufung des Klägers (I.) noch diejenige der Beklagten (II.) Erfolg.
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I. Die Berufung des Klägers ist unbegründet.
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1. Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten dem Grunde nach gemäß §§ 74 Abs. 2, 74 b HGB i. V. m. Ziff. IV. der Nebenabrede vom 06.05.2010 zum Arbeitsvertrag vom 26.05.2009 aufgrund des vereinbarten nachvertraglichen Wettbewerbsverbots eine Karenzentschädigung für das Kalenderjahr 2013 in rechnerischer Höhe von 65.700,00 € zu. Dies hat das Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 15.04.2015, Az. 1 Sa 208/13, rechtskräftig entschieden. Hieran ist die erkennende 5. Kammer im vorliegenden Verfahren gemäß § 322 ZPO gebunden.
- 59
Wenn in einem rechtskräftigen Urteil eine Zahlungsklage ausdrücklich als (nur) zur Zeit unbegründet abgewiesen wurde, weil der Anspruch nach Auffassung des (Erst-) Gerichts zwar dem Grunde nach besteht, zur Zeit aber noch nicht fällig ist, so ist daran ein später angerufenes (Zweit-)Gericht nach § 322 ZPO auch insofern gebunden, als dieses nicht annehmen darf, schon das Erstgericht hätte den Anspruch unbeschränkt abweisen müssen (OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.10.1992 - 16 U 218/91 -, juris; Zöller/Vollkommer, ZPO, 33. Aufl., vor § 322 Rn. 58). Dieser Grundsatz gilt insbesondere auch dann, wenn das Erstgericht rechtskräftig festgestellt hat, dass dem Kläger dem Grunde nach Anspruch auf Zahlung einer Karenzentschädigung infolge eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots zustehe, diese aber noch nicht fällig sei, da der Kläger seinerseits gemäß § 74 c Abs. 2 HGB noch keine Auskunft über einen etwaig gemäß § 74 c Abs. 1 HGB anzurechnenden anderweitigen Verdienst erteilt habe. Diese Voraussetzungen einer Bindungswirkung nach § 322 ZPO liegen hier vor.
- 60
Dies verkennt die Beklagte auch nicht.
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2. Entgegen der Auffassung des Klägers muss sich dieser sowohl die eigenen als auch diejenigen Einkünfte seiner Ehefrau aus dem Jahr 2013 in den Grenzen des § 74 c Abs. 1 HGB anrechnen lassen. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.
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a) Gemäß § 74 c Abs. 1 HGB muss sich der Handlungsgehilfe bzw. Arbeitnehmer auf die fällige Karenzentschädigung anrechnen lassen, was er während des Zeitraums, für den die Entschädigung gezahlt wird, durch anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt, soweit die Entschädigung unter Hinzurechnung dieses Betrages den Betrag der zuletzt von ihm bezogenen vertragsmäßigen Leistungen um mehr als ein Zehntel übersteigen würde. Erwerb aus der Verwertung der Arbeitskraft sind alle geldwerten Leistungen zur Abgeltung der Arbeitsleistung (BAG, Urt. v. 16.11.2005 - 10 AZR 152/05 -, juris). Anzurechnen sind damit grundsätzlich Arbeitsentgelt und Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit. In beiden Fällen handelt es sich um den Ertrag aus persönlichem Arbeitseinsatz, der erst durch die Beendigung des vorherigen Arbeitsverhältnisses möglich geworden ist (LAG Köln, Urt. v. 30.01.2014 - 13 Sa 744/13 -, Rn. 20, juris).
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b) Hieran gemessen zählen zu den Einkünften des Klägers aus dem Jahr 2013 nicht nur die von ihm erzielten und gemäß § 74 c Abs. 1 HGB als anderweitig anerkannten Einkünfte in Höhe von 3.465,00 €, sondern auch die zugunsten seiner Ehefrau abgerechneten und ausgezahlten Gehälter der Fa. P. & W. in unstreitiger Höhe von insgesamt 21.864,00 €. Insoweit folgt die Berufungskammer der Argumentation des Arbeitsgerichts. Nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme steht auch zur Überzeugung der Berufungskammer fest, dass die zugunsten der Ehefrau des Klägers abgerechneten und gezahlten Gehälter tatsächlich als Gegenleistung für vom Kläger geschuldete Tätigkeiten für die neu gegründete Fa. a. gezahlt wurden. Die hiergegen seitens des Klägers erhobenen Einwände rechtfertigen kein anderes Ergebnis.
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aa) Die Ehefrau des Klägers hatte auf die Gehaltszahlungen keinen Anspruch nach §§ 611 Abs. 1 Halbs. 2, 611a Abs. 2 BGB i. V. m. § 6 des Arbeitsvertrags vom 10.01.2013. Zutreffend hat das Arbeitsgericht bereits darauf abgestellt, dass die Ehefrau des Klägers unstreitig weder für die Fa. a. noch für die Fa. P. & W. zu irgendeinem Zeitpunkt gearbeitet hat. Die strittige Vergütung wurde mithin unstreitig nicht als Gegenleistung für tatsächlich erbrachte Arbeitsleistungen der Ehefrau des Klägers gezahlt.
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bb) Die Fa. P. & W. schuldete der Ehefrau des Klägers aber auch kein Gehalt nach § 615 Satz 1 BGB. Es sind keine schlüssigen Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass sich die Fa. P. & W. in Annahmeverzug befand.
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(1) Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Fa. P. & W. es über ein halbes Jahr lang nicht geschafft habe, seiner Ehefrau einen funktionsfähigen Heimarbeitsplatz einzurichten. Es ist schon wenig glaubhaft und auch lebensfremd, dass die Fa. P. & W. über Monate hinweg Monatsgehälter über 3.600,00 € brutto zahlt, ohne jemals der Ehefrau einen Heimarbeitsplatz einzurichten. Der Kläger hat aber auch keine näheren Einzelheiten dafür vorgetragen, dass seitens der Fa. P. & W. überhaupt irgendwann versucht worden sei, für seine Ehefrau einen EDV-Zugang zum Server der Fa. P. & W. herzustellen und woran diese Versuche gescheitert seien. Es muss mithin davon ausgegangen werden, dass die Fa. P. & W. zu keinem Zeitpunkt versucht hat, der Ehefrau des Klägers einen Heimarbeitsplatz zu verschaffen. Dies spricht dafür, dass Arbeitsleistungen von ihr nicht erwartet wurden.
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(2) Dies ergibt sich auch eindeutig aus dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme. Danach steht auch zur Überzeugung der Berufungskammer fest, dass zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt war, dass die Ehefrau des Klägers tatsächlich für die Fa. a. oder die Fa. P. & W. arbeiten sollte. Vielmehr haben beide Zeugen übereinstimmend ausgesagt, dass die Gründungsgesellschafter der Fa. a. Vertragsverhandlungen nur mit dem Kläger führten und zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt gewesen sei, dass die Ehefrau des Klägers für die Fa. a. oder die Fa. P. & W. hätte arbeiten sollen. So hat der Zeuge W. ausgesagt, dass außer Zweifel gewesen sei, dass dieses Geld, d. h. die an die Ehefrau des Klägers gezahlten Gehälter, durch Tätigkeiten des Klägers hätten in Verdienst gebracht werden sollen. Es sei nur nach außen so dargestellt worden, dass der Ehefrau des Klägers ein Heimarbeitsplatz hätte zur Verfügung gestellt werden sollen. In Wirklichkeit habe der EDV-Mitarbeiter K. für den Kläger einen EDV-Arbeitsplatz eingerichtet. So habe der Kläger über das installierte EDV-Rechtsanwaltsprogramm alle Daten der Fa. a. abrufen können. Dieser Aussage ist der Kläger nicht entgegengetreten, sodass sie als unstreitig gewertet werden muss. Dies belegt jedoch zugleich, dass der Kläger Tätigkeiten für die Fa. a. erbringen sollte, denn anderenfalls wäre die Schaffung eines Zugangs zum Server der Fa. a. für den Kläger völlig unnötig gewesen. Der Zeuge W. hat ferner ausgesagt, dass die Vertragsgestaltung so gewählt worden sei, weil der Kläger zuvor bei der Beklagten angestellt gewesen sei und dort ein Wettbewerbsverbot gehabt habe. Aus diesem Grunde sei dann dessen Ehefrau „implantiert“ worden. Dies bedeutet aber nichts anderes, als dass die Ehefrau des Klägers nur Statthalterin für den Kläger in dessen Geschäftsbeziehung mit der Fa. a. war.
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(3) Der Arbeitsvertrag wurde mit der Ehefrau des Klägers nur zum Schein abgeschlossen, um mögliche Wettbewerbsverstöße des Klägers infolge direkter Zahlungen der Fa. a., einer Konkurrentin der Beklagten, an den Kläger zu verschleiern. Dies deckt sich auch mit der Aussage des Zeugen W.. Dieser hat ausgesagt, dass der Kläger gefordert habe, dass seine Ehefrau, die ihr Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ebenfalls zum 31.12.2012 gekündigt hatte, sozialversicherungsrechtlich absichert werden sollte. Es sei geplant gewesen, dass der Kläger der Fa. a. für seine Tätigkeiten Rechnungen stellt und diese Rechnungsbeträge dann mit den an seine Frau gezahlten Gehältern verrechnet werden sollten. Dieser Aussage lässt sich eindeutig entnehmen, dass die Gehaltszahlungen nur zum Schein als Arbeitsvergütung an die Ehefrau des Klägers gezahlt wurden. Es war von vornherein nicht beabsichtigt, dass die Ehefrau des Klägers tatsächlich bei der Fa. a. oder der Fa. P. & W. als kaufmännische Mitarbeiterin beschäftigt werden sollte. Vielmehr wurden die strittigen Gehälter als Gegenleistung für geschuldete Tätigkeiten des Klägers für die Fa. a. gezahlt.
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(4) Dies hat auch der Zeuge Dr. P. in seiner Zeugenaussage bestätigt. Dieser hat ausgesagt, dass die Leistungen stets nur durch den Kläger erbracht werden sollten. Der Kläger habe aber Wert daraufgelegt, dass seine Frau sozialversicherungsrechtlich abgesichert sei. Deshalb sei eine Vereinbarung (mit der Ehefrau des Klägers) geschlossen worden. Der Kläger habe die Vorprüfung der Verträge, die zwischen Sportlern und der Fa. a. geschlossen werden sollten, vornehmen sollen. Sodann habe entschieden werden sollen, ob der Kläger die Mandanten weiter betreuen sollte oder ob der Zeuge Dr. P. selbst die Vertretung übernehmen sollte. Der Kläger habe zum Teil durch die Gehaltszahlungen an seine Frau vergütet werden sollen. Der Zeuge hat sodann bekundet, dass der Kläger aufgrund der mit ihm aufgestellten Prognosen insgesamt monatlich rund 10.000,00 € beziehen sollte. Die Vergütung habe fallbezogen abgerechnet werden sollen. Da Mandate über den Kläger nie gekommen seien, sei es auch nie zu einer Verrechnung mit dem an seine Frau gezahlten Entgelt gekommen.
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(5) Nach alledem wurden Arbeitsleistungen der Ehefrau des Klägers weder erwartet noch wurden sie geschuldet. Zudem hat die Ehefrau des Klägers unstreitig ihre Arbeitskraft weder der Fa. a. noch der Fa. P. & W. jemals tatsächlich oder auch nur mündlich angeboten. Folglich befand sich die Fa. P. & W. auch nicht in Annahmeverzug. Damit steht aus Sicht der Kammer fest, dass die Zahlungen an die Ehefrau des Klägers letztlich zur Vergütung der vom Kläger gegenüber der Fa. a. erbrachten oder auch nur geschuldeten Arbeitsleistungen dienten.
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cc) Das dargetane Ergebnis der Beweisaufnahme steht auch im Einklang mit der unstreitigen Tatsache, dass die Ehefrau des Klägers zunächst für die Monate Januar bis März 2013 Gehaltsabrechnungen von der Fa. a. erhielt. Die Fa. P. & W. wollte nach den übereinstimmenden Aussagen der Zeugen W. und Dr. P. durch die Gehaltszahlungen an die Ehefrau des Klägers die vom Kläger gegenüber der Fa. a., deren Gründungsgesellschafter die Zeugen W. und Dr. P. waren, geschuldeten/erbrachten Dienstleistungen vergüten. Erst nachdem der Kläger in dem Berufungstermin im einstweiligen Verfügungsverfahren (1 SaGa 2/13) am 19.03.2013 zu Protokoll erklären ließ, dass er mit der Fa. a. keinen Vertrag habe, erhielt die Ehefrau des Klägers für die ersten drei Monate entsprechende Korrekturabrechnungen durch die Fa. P. & W.. Es besteht angesichts dieser zeitlichen Abfolge zumindest die Vermutung, dass die Korrektur der Abrechnungen letztlich zur Verschleierung der wahren Vergütungsabrede zwischen der Fa. a. und dem Kläger diente.
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dd) Hierfür spricht auch, dass die Ehefrau des Klägers die treuhänderische Verwaltung ihres Gesellschaftsanteils an der Fa. a. nur befristet für ein Jahr, d. h. bis zum 31.12.2013, auf den Zeugen Dr. P. übertragen hat. Nach diesem Zeitpunkt, der sich genau mit der Jahresfrist des Wettbewerbsverbots deckt, war der Treuhänder auf Anforderung der Ehefrau des Klägers jederzeit verpflichtet, den Geschäftsanteil wieder auf sie oder einen von ihr benannten Dritten, d. h. den Kläger, zu übertragen. Der Zeitraum der bindenden treuhänderischen Übertragung des Geschäftsanteils an der Fa. a. endete mithin mit dem Ablauf des Wettbewerbsverbots am 31.12.2013. Diese Konstruktion macht ebenfalls deutlich, dass zwischen dem Kläger und der Fa. a. von vornherein nicht nur eine geschäftliche, sondern auch eine gesellschaftsrechtliche Verbindung geplant war. Die Ehefrau des Klägers wurde in die Verträge mit der Fa. a. nur zum Schein eingebunden, weil der Kläger gegenüber der Beklagten ein Jahr, d. h. bis zum 31.12.2013, nicht in Wettbewerb treten durfte und es sich bei der Fa. a. um eine Wettbewerberin handelt.
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ee) Angesichts des eindeutigen Ergebnisses der Beweisaufnahme, dass die Gehaltszahlungen an die Ehefrau des Klägers von vornherein ausschließlich Vergütungsbestandteil des Klägers für dessen geschuldete Dienstleistungen gegenüber der Fa. a. sein sollten, kann dahingestellt werden, ob der zwischen der Fa. P. & W. geschlossene Arbeitsvertrag rückdatiert wurde.
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ff) Auch der geldwerte Vorteil der Privatnutzung des der Ehefrau des Klägers von der Fa. P. & W. zur Verfügung gestellten Dienstwagens ist vorliegend als anderweitiger Verdienst gemäß § 74c HGB auf die Karenzentschädigung des Klägers anzurechnen. Denn es ist bereits nicht ersichtlich, warum der Ehefrau des Klägers überhaupt ein Dienstfahrzeug zur Verfügung gestellt worden ist, da nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht einmal beabsichtigt war, diese überhaupt zu beschäftigen und sie auch tatsächlich zu keinem Zeitpunkt für die Fa. a. oder die Fa. P. & W. gearbeitet hat. Wer aber von vornherein nicht arbeiten soll, braucht auch keinen Dienstwagen, um etwaig geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Da der Arbeitsvertrag der Ehefrau des Klägers nur zum Schein zur Verschleierung von Vergütungszahlungen an den Kläger abgeschlossen wurde, benötigte die Ehefrau des Klägers folgerichtig auch keinen Dienstwagen. Die Beklagte hat auch unbestritten vorgetragen, dass der Kläger die Verhandlungen über den Leasingvertrag mit dem Autohändler geführt, den Dienstwagen ausgesucht und abgeholt hat. Zudem hat der Kläger den Dienstwagen unstreitig ganz überwiegend selbst gefahren. Er hat auch nicht behauptet, dass er im Jahr 2013 noch über ein eigenes Fahrzeug verfügte, welches er regelmäßig für seine eigenen Fahrten genutzt habe, sodass seiner Ehefrau der Dienstwagen ganz überwiegend zur Verfügung gestanden habe.
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c) Dementsprechend waren neben dem Einkommen des Klägers in Höhe von 3.465,00 € auch die Einnahmen seiner Ehefrau in Höhe von 23.100,00 € auf die dem Grunde nach entstandene Karenzentschädigung in Höhe von 65.700,00 € gemäß § 75 Abs. 2 HGB anzurechnen. Eine Anrechnung anderweitigen Erwerbs erfolgt nicht uneingeschränkt, sondern nur soweit die Karenzentschädigung und der anderweitige Erwerb in der Summe 110 % des letzten Einkommens übersteigt. Auf dieser Grundlage hat das Arbeitsgericht die dem Kläger letztlich zustehende Karenzentschädigung zutreffend in Höhe von 45.705,00 € errechnet: 92.265,00 (errechnete Karenzentschädigung + anderweitiges Einkommen) - 72.270,00 (letztes Jahreseinkommen + 10 %) = 19.995,00 (anzurechnendes Einkommen); 65.700,00 (Karenzentschädigung) - 19.995,00 (anzurechnendes Einkommen) = 45.705,00 (zustehende Karenzentschädigung).
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d) Der Beklagten steht im Hinblick auf diese dem Kläger zuerkannte Karenzentschädigung auch kein Leistungsverweigerungsrecht wegen nicht erteilter Auskunft über den anderweitigen Verdienst des Klägers in 2013 zu. Wenn der Arbeitnehmer die Auskunft nicht oder nicht ausreichend erteilt hat, kann der Arbeitgeber die Zahlung so lange verweigern, bis er die Auskunft erhält. Die Zahlungsklage ist in einem derartigen Fall als zurzeit unbegründet abzuweisen. Ein Leistungsverweigerungsrecht hat der Arbeitgeber allerdings nur, soweit von einer Nichterfüllung der Auskunftspflicht auszugehen ist. Ist die erteilte Auskunft lediglich in einzelnen Punkten unvollständig, so kommt nur eine Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Ableistung einer eidesstattlichen Versicherung in Betracht (vgl. BAG, Urt. v. 29.07.1993 - 2 AZR 110/93 -, juris, Rn. 28). Unstreitig hat der Kläger mit Schreiben vom 19.09.2015 Auskunft über seine im Jahr 2013 erzielten Einkünfte durch Vorlage seiner Steuererklärung und des entsprechenden Steuerbescheids erteilt. Zudem hat er in Erfüllung seiner Verpflichtung aus dem Teilurteil vom 08.10.2015, ArbG Neumünster: 2 Ca 1293 a/14, an Eides statt versichert, dass diese Auskünfte vollständig und richtig sind. Von einer Nichterfüllung der Auskunft nach § 74 c Abs. 2 HGB kann angesichts dessen nicht ausgegangen werden.
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e) Nach alledem war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
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II. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.
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1. Die detaillierte Auskunftsklage ist zulässig.
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Insbesondere fehlt der Auskunftsklage nicht das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger nach Verkündung des Berufungsurteils vom 15.04.2014, Az. 1 Sa 208/13, mit Schreiben vom 19.09.2014 Auskunft über das von ihm im Jahre 2013 erzielte Einkommen durch Vorlage seiner Einkommenssteuererklärung für 2013 sowie des nachfolgenden Einkommenssteuerbescheids für das Jahr 2013 erteilt und hernach in Erfüllung der Verpflichtung aus dem Teilurteil vom 08.10.2015, Arbeitsgericht Neumünster 2 Ca 1293 a/14, durch Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung glaubhaft gemacht hat. Da der Umfang und die Art und Weise der Auskunftspflicht gesetzlich in § 74c Abs. 2 HGB nicht normiert sind, richtet sich diese nach den Grundsätzen des § 242 BGB. Im Falle berechtigter Zweifel an einer bereits erteilten Auskunft können neben der Vorlage des Einkommenssteuerbescheides weitergehende Auskünfte erforderlich sein, damit der ehemalige Arbeitgeber unter Berücksichtigung des anderweitigen anrechenbaren Verdienstes, die dem Arbeitnehmer zu zahlende Karenzentschädigung zutreffend berechnen kann. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass der Kläger die Vollständigkeit und Richtigkeit der mit Schreiben vom 19.09.2014 erteilten Auskünfte an Eides statt versichert hat.
- 81
Das Rechtsschutzinteresse besteht bereits deshalb, weil die Beklagte für den Fall, dass der Kläger in 2013 über die hier bereits auf die Karenzentschädigung gemäß § 74c Abs. 1 HGB angerechneten Beträge noch weitergehende Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit erzielt hat, gegenüber dem Kläger aus ungerechtfertigter Bereicherung Rückzahlungsansprüche wegen zuviel gezahlter Karenzentschädigung geltend machen könnte.
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2. Die hier rechtshängigen detaillierten Auskunftsansprüche sind indessen unbegründet. Der Kläger hat den vertraglichen und gesetzlichen Auskunftsanspruch der Beklagten über seinen anderweitigen Erwerb bereits in vollem Umfang erfüllt, sodass die Schuld erloschen ist, § 362 BGB.
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a) Gemäß Ziff. IV Spiegelstrich 4 der Nebenabrede vom 06.05.2010 zum Arbeitsvertrag i. V. m. § 74c Abs. 1 HGB muss sich der Arbeitnehmer auf die Karenzentschädigung dasjenige anrechnen lassen, was er während des Zeitraums, für den er die Karenzentschädigung beansprucht, durch anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt, soweit die Entschädigung unter Hinzurechnung dieses Betrags den Betrag der zuletzt von ihm bezogenen vertragsmäßigen Leistungen um mehr als ein Zehntel übersteigen würde. Gemäß § 74c Abs. 2 HGB ist der Arbeitnehmer verpflichtet, dem Arbeitgeber auf Verlangen über die Höhe seines Erwerbes Auskunft zu erteilen. Der Umfang der Auskunftspflicht ist in § 74 c Abs. 2 HGB gesetzlich nicht vorgegeben und richtet sich somit nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB und hängt damit von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab (BAG, Urt. v. 02.06.1987 - 3 AZR 626/85 -, juris; BAG v. 25.02.1975 - 3 AZR 148/74 -, juris; vgl. BAG Urt. v. 29.07.1993 - 2 AZR 110/93 -, Rn. 35, juris; LAG Düsseldorf, Urt. v. 21.09.2015 - 9 Sa 152/15 -, Rn. 116 ff., juris). Der Auskunftsanspruch soll den Arbeitgeber in die Lage versetzen, festzustellen, ob er von der grundsätzlich geschuldeten Karenzentschädigung anderweitiges Einkommen des Arbeitnehmers abziehen kann. Sofern der Arbeitgeber Zweifel an den erteilten Auskünften hat, kann er in aller Regel von dem Arbeitnehmer verlangen, dass dieser seine Angaben belegt (BAG v. 25.02.1975 - 3 AZR 148/74 -, juris).
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Sofern der Arbeitnehmer seine Einkünfte aus unselbstständiger Tätigkeit erzielt, bilden in aller Regel die entsprechenden Gehalts- oder Lohnabrechnungen sowie die Eintragungen in der Lohnsteuerbescheinigung eine verlässliche Grundlage zum Beleg der erteilten Auskünfte (BAG v. 25.02.1975 - 3 AZR 148/74, juris). Anders sieht es bei Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit aus. Hier lassen sich keine schematischen Regeln aufstellen, die für die vielfältigen Erscheinungsformen des Arbeitslebens gleichermaßen Geltung beanspruchen. Bei nachvertraglichen Wettbewerbsverboten wird stets nach den Umständen des Einzelfalls abzuwägen sein zwischen dem Interesse des Arbeitnehmers, durch die Karenzentschädigung in kurzen Zeitabschnitten einen Beitrag zum Unterhalt zu erhalten, und dem Interesse des Arbeitgebers, überhöhte Vorleistungen zu vermeiden. Deswegen brauchen einerseits die Auskünfte des Arbeitnehmers nur so substantiiert zu sein, wie das in der gegebenen Situation möglich ist. Andererseits müssen sie dem Interesse des Arbeitgebers Rechnung tragen, ein möglichst deutliches Bild zu erhalten, mit welchen laufenden Verpflichtungen er zu rechnen hat (BAG, Urt. v. 02.06.1987 - 3 AZR 626/85 -, Rn. 35, juris).
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Der ehemalige Arbeitnehmer, der sich selbstständig macht, bezieht in aller Regel keine regelmäßigen und gleichbleibenden Einkünfte. Hieraus hat das Bundesarbeitsgericht abgeleitet, dass die Karenzentschädigung des früheren Arbeitnehmers, der sich selbstständig gemacht und unregelmäßige Bezüge hat, insgesamt aufgrund einer Gesamtberechnung für die Dauer eines Jahres zu ermitteln ist (BAG, Urt. v. 02.06.1987 - 3 AZR 626/85 -, Rn. 38, juris). Tut er dies erst am Ende der Karenzzeit, so hat er vor diesem Zeitpunkt keinen durchsetzbaren Anspruch auf Karenzentschädigung (§ 74 c Abs. 2 HGB i. V. m. § 320 BGB). Der Arbeitnehmer hat aber auch die rechtliche Möglichkeit, durch plausible Zwischenauskünfte monatlich, vierteljährlich oder in anderen Zeiträumen Entschädigungszahlungen fällig zu stellen. Dann muss er seinen Unternehmensgewinn so darstellen, wie ihm dies nach Treu und Glauben und den Umständen des Einzelfalls möglich und zumutbar ist (BAG, Urt. v. 02.06.1987 - 3 AZR 626/85 -, Rn. 38, juris).
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b) Hieran gemessen hat der Kläger den Auskunftsanspruch der Beklagten bereits mit Schreiben vom 19.09.2014 durch Vorlage seiner Steuererklärung 2013 des für ihn und seine Ehefrau erlassenen Steuerbescheids 2013 erfüllt. Damit ist das zwischen den Parteien gemäß § 74c Abs. 2 HGB bestehende Schuldverhältnis gemäß § 362 Abs. 1 BGB erloschen.
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aa) Vorliegend geht es nicht (mehr) um monatliche Teilansprüche der insgesamt für das Kalenderjahr 2013 zu zahlenden Karenzentschädigung. Vielmehr hat der Kläger die von ihm geschuldeten Auskünfte erst nach Ablauf des einjährigen Karenzzeitraums erteilt. Zum Beleg der erteilten Auskunft hat er der Beklagten sowohl seine Einkommenssteuererklärung für das Jahr 2013 als auch den hierauf gestützten Einkommenssteuerbescheid für 2013 vorgelegt. Damit hat er seiner Auskunftspflicht genüge getan. Der Einkommenssteuerbescheid weist sowohl die Einkünfte des Klägers aus seiner selbstständigen Tätigkeit als Rentenberater als auch die dem Kläger zuzurechnenden Einkünfte seiner Ehefrau aus deren angeblicher unselbstständiger Tätigkeit aus. Die Angaben des Klägers stehen auch in Einklang mit den im Steuerbescheid 2013 zugrunde gelegten Einkünften des Klägers und seiner Ehefrau. Vor Erlass eines Steuerbescheides hat das Finanzamt die Angaben in der Steuererklärung der Steuerpflichtigen zu prüfen. Deshalb genügt der Arbeitnehmer im Rahmen seiner Auskunftspflicht nach § 74 c Abs. 2 HGB seiner Verpflichtung zum Nachweis der behaupteten Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit, wenn er den maßgeblichen Einkommenssteuerbescheid vorlegt (BAG, Urt. v. 25.02.1975 - 3 AZR 148/74 -, Rn. 15, juris; BAG, Urt. v. 02.06.1987 - 3 AZR 626/85 -, Rn. 37, juris). Dies folgt bereits daraus, dass die steuerpflichtige Person nach § 25 Abs. 3 EStG zur eigenhändigen Unterschrift der Steuererklärung verpflichtet ist und damit gleichsam die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben bestätigt. Die eigenhändige Unterschrift soll neben der Identifizierung des Urhebers auch dazu dienen, den Steuerpflichtigen anzuhalten, sich die Bedeutung der Steuererklärung als (in erster Linie) Wissenserklärung bewusst zu machen und den Steuerpflichtigen dazu zu zwingen, die Richtigkeit der in der Erklärung enthaltenen Angaben zu überprüfen sowie die Verantwortung dafür zu übernehmen (vgl. Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Urt. v. 19.09.2013 - 1 K 166/12 -, Rn. 27, juris). Wer eine falsche Einkommenssteuererklärung abgibt und damit die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder andere nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt, macht sich gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 StGB strafbar. Der zur Abgabe einer Einkommenssteuererklärung Verpflichtete ist mithin in besonderem Maße zur Steuerehrlichkeit verpflichtet, sodass der hierauf fußende Einkommenssteuerbescheid grundsätzlich als ausreichender Nachweis für die bezogenen Einkünfte angesehen werden kann (LAG Nürnberg, Urt. v. 09.04.1987 - 5 Sa 104/84 -, LAGE § 74 c HGB Nr. 2). Dies muss umso mehr gelten, wenn - wie vorliegend - der ehemalige Arbeitnehmer die Vollständigkeit und Richtigkeit der erteilten und durch Vorlage des Einkommenssteuerbescheides belegten Auskünfte zudem in Kenntnis der Strafbarkeit der Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung an Eides statt versichert hat.
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bb) Der Kläger ist vor diesem Hintergrund auch nicht verpflichtet, die widerklagend geltend gemachten detaillierten Auskünfte zu seinen Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit zu erteilen und zu belegen. Die Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2013 muss der Kläger der Beklagten nicht vorlegen. Denn der Steuerpflichtige muss im Rahmen der abzugebenden jährlichen Einkommenssteuererklärung bereits für die Ermittlung des zu besteuernden Gewinns eine Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben abgeben. Diese Gegenüberstellung war mithin Grundlage des ergangenen Steuerbescheids. Der Kläger ist auch nicht verpflichtet, darüber Auskunft zu erteilen, in welcher Höhe er für seine Leistungen als selbstständiger Rentenberater Rechnungen erstellt hat. Eine derartige Pflicht besteht schon deshalb nicht, weil die Erteilung einer Rechnung nicht gleichzusetzen ist mit entsprechenden Einnahmen. Die Beklagte hat auch in keiner Weise Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass der Kläger im Rahmen der abgegebenen Einkommenssteuererklärung überhaupt irgendwelche Personalaufwendungen zu Unrecht gewinnmindernd berücksichtigt hat. Das Gleiche gilt für die geforderten Auskünfte in Bezug auf Aufwendungen für elektronische Datenverarbeitung, Anmietung von Büroräumen, sonstige Betriebskosten und Sachaufwendungen. Die Beklagte lässt außer Acht, dass der Kläger kein Unternehmen neu gegründet hat, sondern als freier Rentenberater seit langer Zeit, so unter anderem im Nebenberuf während seiner Beschäftigungszeit bei ihr, tätig war. Er musste mithin im Jahr 2013 kein Unternehmen „aufbauen“.
- 89
Weder dem unstreitigen Vortrag noch dem Ergebnis der Beweisaufnahme noch dem darüberhinausgehenden Vortrag der Beklagten in ihrer Berufungsbegründung lassen sich konkrete Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Kläger neben dem Rechnungsbetrag über 6.000,00 € zzgl. Mehrwertsteuer vom 14.03.2013 von Rechtsanwalt Dr. P. noch weitere Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit in 2013 erzielt haben könnte. Angesichts des unstreitigen Rechnungsbetrages in Höhe von 6.000,00 € zzgl. Mehrwertsteuer und des in der Steuererklärung angegebenen Einkommens aus selbstständiger Tätigkeit in Höhe von 3.465,00 € kann auch nicht darauf geschlossen werden, dass der Kläger im Rahmen der gegenüber dem Finanzamt mitzuteilenden Gewinn- und Verlustrechnung die gewinnmindernde Kostenseite zu seinen Gunsten „geschönt“ hat.
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c) Dementsprechend war die weitergehende Auskunftsklage der Beklagten unbegründet.
- 91
III. Nach alledem waren sowohl die Berufung des Klägers als auch die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
- 93
Die Revision war für die Beklagte wegen rechtsgrundsätzlicher Bedeutung zulassen, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG. Es ist höchstrichterlich nicht eindeutig geklärt, ob der Arbeitnehmer durch Vorlage seiner Einkommensteuererklärung und des nachfolgenden Einkommenssteuerbescheides seine Verpflichtung zur Auskunftserteilung gemäß § 74 c Abs. 2 HGB grundsätzlich erfüllt.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Urteil, 15. März 2018 - 5 Sa 38/17
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Urteil einreichenLandesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Urteil, 15. März 2018 - 5 Sa 38/17 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzelnen der ihm gebührende Teil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden. Die Vorschrift des § 273 Abs. 3 findet keine Anwendung.
(2) Ist von der einen Seite teilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben verstoßen würde.
Tenor
1. Die Restitutionsklage wird verworfen.
2. Die Kosten des Restitutionsrechtsstreits trägt die Restitutionsklägerin.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Restitutions-Klägerin (künftig: Beklagte) greift mit ihrer Restitutionsklage das rechtskräftige Urteil des Landesarbeitsgerichts vom 15.04.2014, Az. 1 Sa 208/13, an, mit welchem die Klage des Restitutions-Beklagten (künftig: Kläger) auf Zahlung einer Karenzentschädigung lediglich mangels Fälligkeit abgewiesen wurde. Das Landesarbeitsgericht hatte in den Entscheidungsgründen festgestellt, dass dem Kläger dem Grunde und der Höhe nach eine Karenzentschädigung in Höhe von 65.700,00 € brutto zustehe, diese aber wegen fehlender Auskunftserteilung des Klägers über anderweitige Einkünfte noch nicht fällig sei.
- 2
Im Ausgangsverfahren stritten die Parteien - soweit hier von Belang - um den Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Karenzentschädigung aufgrund eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots.
- 3
Der 1949 geborene Kläger war zunächst bei einer Berufsgenossenschaft und später als freier Rentenberater tätig. Er war und ist insbesondere mit der Durchsetzung von Ansprüchen von Sportlern wegen einer Sportverletzung gegen die Träger der Sozialversicherung befasst. In diesem Zusammenhang vertrat und vertritt er namhafte Profiboxer, Berufsfußballer und Berufshandballer sowie weitere Sportler. Der Kläger ist Mitbegründer und war bis Ende 2010 auch Mitgesellschafter der Beklagten.
- 4
Die Beklagte betreibt mit ihrem Unternehmen die Finanzierung von Prozessen von Berufssportlern wegen Sportverletzungen gegen die Träger der gesetzlichen Unfall-versicherung. Die Sportler schließen mit der Beklagten einen Vertrag, der regelt, dass die Beklagte die Kosten der (außer-)gerichtlichen Auseinandersetzung trägt und im Gegenzug einen Anteil der durchgesetzten Ansprüche erhält. Die Beklagte kooperiert hierzu mit zwei Rechtsanwälten. Diesen wird von den Sportlern eine Vertretungsvollmacht erteilt. Der Beklagten selbst sind Tätigkeiten, die der Erlaubnis nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) bedürfen, nicht erlaubt.
- 5
Ab dem 01.06.2009 war der Kläger bei der Beklagten als angestellter Rentenberater zu einem Monatsgehalt von insgesamt zuletzt 6.503,50 € brutto beschäftigt. Gemäß § 2 des Arbeitsvertrags oblag dem Kläger die Prüfung der an die Beklagte herangetragenen Rechtsstreitigkeiten anhand der vom mandatierten Anwalt erstellten Schriftsätze und weiteren Unterlagen. In § 5 des Arbeitsvertrags trafen die Parteien folgende Nebentätigkeitsabrede (Bl. 9 ff. d. A.):
- 6
„Herrn G. wird ausdrücklich gestattet, seiner Tätigkeit als selbstständiger Rentenberater weiterhin an den Wochentagen Freitag bis Sonntag nachzugehen. Dabei gelten jedoch die nachfolgenden Einschränkungen hinsichtlich der Mandatsverhältnisse:
- 7
Herrn G. wird gestattet, als selbstständiger Rentenberater folgende Mandanten weiter zu betreuen:
- 8
- Mandanten, zu denen ein Mandatsverhältnis bereits vor dem 09.08.2007 (Gründungsstichtag des Arbeitgebers) bestanden hat und welche nicht Klienten des Arbeitsgebers geworden sind. Hinsichtlich des Bestands eines Mandatsverhältnisses kommt es auf die Unterzeichnung einer Bevollmächtigung auf Herrn G. persönlich an.
- Mandanten, bei denen es um die Abwicklung der Altersrente geht
- Zukünftige sonstige Mandatierungen in rentenrechtlichen Angelegenheiten sind grundsätzlich nur noch über den Arbeitgeber abzuwickeln.
- 9
…“
- 10
Bei Abschluss des Arbeitsvertrags war von den Vertragsparteien beabsichtigt, dass die damaligen Mandanten des Klägers von diesem zum Abschluss eines Geschäftsbesorgungsvertrags mit der Beklagten bewegt werden sollten, was in der Folgezeit auch in einer Reihe von Fällen tatsächlich geschah.
- 11
Am 06.05.2010 vereinbarten die Parteien eine sofort in Kraft tretende Nebenabrede zum Arbeitsvertrag. Diese lautet auszugsweise (Bl. 370 ff. d. A.):
- 12
„I.
Der Mitarbeiter bleibt als Rentenberater im Anstellungsverhältnis tätig. Die an den Arbeitsgeber herangetragenen Rechtsstreitigkeiten werden vorab anhand der von den Kunden eingereichten Unterlagen in einer Vorprüfung durch Herrn G. auf Erfolgsaussichten hin überprüft.
- 13
Alle weiteren Tätigkeiten, insbesondere die Erstellung von Schreiben und die laufende vollständige Betreuung in den sozialversicherungsrechtlichen Streitigkeiten und Maßnahmen im Bereich der Berufshilfe erfolgen ausschließlich durch die mandatierten Anwälte. Die Tätigkeit des Mitarbeiters beschränkt sich insoweit auf die mit dem Arbeitsgeber abgestimmte Vorabprüfung.
- 14
Arbeitsort ist in Abänderung des § 2 des bestehenden Arbeitsvertrages für den Mitarbeiter ausschließlich W… 2b in 24.. H.-U..
…
IV.
- 15
Im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf des Monats, in dem der Mitarbeiter das 65. Lebensjahr vollendet, gilt ausdrücklich folgendes Tätigkeits- und Wettbewerbsverbot:
- 16
- Dem Mitarbeiter ist es während der Dauer von 1 Jahr nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausdrücklich untersagt, unmittelbar oder mittelbar - z. B. über eine Drittfirma - für direkte und indirekte Konkurrenten des Arbeitsgebers oder Berufsgenossenschaften wie die VBG beruflich oder anderweitig, als Angestellter, freier Berater oder im Rahmen einer Beteiligung an einem Unternehmen - gleich welcher Rechtsform - in den Ländern: Bundesrepublik Deutschland, Republik Österreich und Schweiz tätig zu sein. Ebenso ist es ausdrücklich dem Mitarbeiter untersagt, als Rentenberater oder im Bereich der Berufshilfe für andere Dritte wie z. B. Sportvereine oder Sportler unmittelbar oder mittelbar - z. B. über eine Drittfirma - tätig zu sein.
…
- Für die Dauer dieses Wettbewerbsverbotes zahlt der Arbeitgeber an den Mitarbeiter zum Ausgleich für das Wettbewerbs- und Tätigkeitsverbot eine monatliche Karenzentschädigung, die 100 % der zuletzt bezogenen monatlichen vertragsmäßigen Leistung entspricht.
- 17
…“
- 18
Mit Schreiben vom 22.11.2012 kündigte der Kläger das mit der Beklagten bestehende Arbeitsverhältnis zum 31.12.2012.
- 19
Der Kläger ist seit Jahren mit Rechtsanwalt P. und Herrn W. bekannt. Diese beiden Herren sind Geschäftsführer der Fa. P. & W. Unternehmensberatungs GmbH (künftig: Fa. P. & W.). Am 10.01.2013 schlossen die Herren P. und W. einen Gesellschaftsvertrag über die Gründung der Fa. A. GmbH (künftig: Fa. A.). Die Fa. A. verfolgt neben der Beratung von Vereinen denselben Geschäftszweck wie die Beklagte. Bei der Fa. P. & W. ist die Ehefrau des Klägers seit dem 01.01.2013 beschäftigt.
- 20
Unstreitig vertrat und vertritt der Kläger als Rentenberater auch nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses mehrere Sportler gegenüber den Sozialleistungsträgern, von denen einige auch Geschäftsbesorgungsverträge mit der Beklagten geschlossen hatten.
- 21
Die Beklagte lehnte gegenüber dem Kläger die Zahlung einer Karenzentschädigung wegen behaupteter Konkurrenztätigkeit ab.
- 22
Am 16.01.2013 hat der Kläger vor dem Arbeitsgericht Klage erhoben und - soweit hier von Belang - zuletzt Karenzentschädigung für das Jahr 2013 in Höhe von monatlich 6.503,50 € geltend gemacht. Das Arbeitsgericht hat diesbezüglich die Klage mit Urteil vom 16.05.2013 wegen nachgewiesener Konkurrenztätigkeit durch Vertretung des Sportlers K. abgewiesen. Mit Urteil vom 15.04.2014, Az. 1 Sa 208/13, hat das Landesarbeitsgericht die Berufung des Klägers abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass ein Anspruch des Klägers auf Zahlung von Karenzentschädigung für die Monate Januar bis Dezember 2013 gemäß § 74 Abs. 2 HGB i. V. m. Ziff. IV der Nebenabrede vom 06.05.2013 grundsätzlich entstanden, aber nur in Höhe von monatlich 5.475,00 € begründet sei, aber mangels Fälligkeit noch nicht beansprucht werden könne. Die Beklagte habe nicht schlüssig dargelegt, dass der Kläger im Jahr 2013 wettbewerbswidrige Tätigkeiten ausgeübt habe. Nach dem Geschäftszweck könne dem Kläger die Vertretung von Sportlern in Form einer Tätigkeit als freier Rentenberater nicht untersagt werden. Die Reichweite des Wettbewerbsverbots sei beschränkt auf eine Tätigkeit des Klägers als Angestellter, freier Berater oder im Rahmen einer Beteiligung für Konkurrenten der Beklagten tätig zu sein. Dabei seien als Konkurrenten nur diejenigen anzusehen, die sich wie die Beklagte mit der Prozessfinanzierung befassten. Die Vertretung von Sportlern gegenüber Behörden und Gerichten sei demgegenüber nicht untersagt. Demzufolge dürfe der Kläger die ihm bisher für die Beklagte obliegenden Prüfaufgaben nicht für andere Prozessfinanzierer wahrnehmen. Das ändere aber nichts daran, dass er durch eine Tätigkeit als freier Rentenberater nicht in Konkurrenz zur Beklagten stehe. Eine Tätigkeit, mit der der Kläger gegen das vorstehend definierte Wettbewerbsverbot verstoßen habe, habe die Beklagte nicht dargelegt. Auch die behauptete Äußerung des Sportlers G. dass die Behandlung seiner Angelegenheit nicht mehr über die „a. sports, sondern über die „a. GmbH“ laufe, belege nicht, dass der Kläger als Angestellter oder freier Berater oder im Rahmen einer Beteiligung für die A. tätig gewesen sei. Die Ausführungen belegten nicht mehr als eine Kooperation zwischen dem Kläger und der A.. Hierzu sei der Kläger berechtigt. Er dürfe für Mandanten der A. die Vertretung vor Gerichten und Behörden wahrnehmen. Auch der weitere Vortrag der Beklagten über die Bekanntschaft des Klägers mit den Gesellschaftern P. und W., der Fahrzeugnutzung des Klägers oder der Tätigkeit seiner Ehefrau für die A. oder eine der anderen Gesellschaften sowie die Weiterleitung der Telefaxe belegten zwar Indizien für eine Zusammenarbeit, aber noch keinen im vorstehenden Sinne definierten Wettbewerbsverstoß des Klägers. Die Ausführungen der Beklagten zu den Gesellschafterverhältnissen der A. seien nur spekulativ und ins Blaue hinein erfolgt. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung der Karenzentschädigung für das gesamte Jahr 2013 in Höhe von insgesamt 65.700,00 € sei indessen noch nicht fällig. Der Beklagten stehe gemäß § 74c Abs. 2 HGB ein Leistungsverweigerungsrecht zu, da der Kläger noch keine Auskunft über seinen anderweitigen Verdienst erteilt habe. Der Arbeitnehmer sei insoweit vorleistungspflichtig.
- 23
Das Urteil des Landesarbeitsgerichts vom 15.04.2014, Az. 1 Sa 208/13, ist rechtskräftig.
- 24
Im Oktober 2014 erhob der Kläger vor dem Arbeitsgericht Neumünster nochmals Klage auf Zahlung einer Karenzentschädigung über 65.700,00 €, Az. 2 Ca 1293 a/14, nachdem er zuvor mit Schreiben vom 19.09.2014 der Beklagten seine Einkommenssteuererklärung für das Jahr 2013 vorgelegt hatte. Widerklagend beantragte die Beklagte, den Kläger zu verurteilen, die Vollständigkeit und Richtigkeit der erteilten Auskünfte betreffend sein Einkommen im Kalenderjahr 2013 an Eides Statt zu versichern. Nach Beweiserhebung gab das Arbeitsgericht in jenem Verfahren der Widerklage mit Teilurteil vom 08.10.2015 statt. Das Ergebnis der Beweisaufnahme habe ergeben, dass der Kläger zur Verschleierung eigenen Einkommens mit der Fa. P. & W. zugunsten seiner Ehefrau einen Anstellungsvertrag und einen Kfz-Überlassungsvertrag geschlossen habe, obwohl der Zahlung von Arbeitsentgelt und der Überlassung des Kfz keine entsprechenden Leistungen der Ehefrau des Klägers gegenüberstehen sollten. Der Anstellungsvertrag und der Kfz-Überlassungsvertrag seien nur zur Verschleierung des klägerischen Einkommens mit der Ehefrau des Klägers abgeschlossen worden. Dies berechtigte zu der Annahme, dass die vom Kläger abgegebene Erklärung seiner Einkünfte im Jahr 2013 nicht vollständig sei. Der Kläger gab daraufhin die titulierte eidesstattliche Versicherung ab.
- 25
Am 29.10.2015 hat die Beklagte vor dem Landesarbeitsgericht die vorliegende Restitutionsklage erhoben.
- 26
Die Beklagte behauptet,
nachdem die Kooperation zwischen dem Kläger und der Fa. A. zwischenzeitlich beendet worden sei, hätten deren Gesellschafter P. und W. ihr Anfang März 2015 einige Unterlagen/Urkunden zur Verfügung gestellt. Hierbei handele es sich u. a. um den notariellen Treuhandvertrag vom 10.01.2013 zwischen der Ehefrau des Klägers als Treugeberin und Herrn P. als Treuhänder über den dritten Geschäftsanteil der Fa. A. in Höhe von 8.333,00 € (Anlage B2, Bl. 46 ff. d. A.). Des Weiteren beruft sich die Beklagte auf den Anstellungsvertrag zwischen der Ehefrau des Klägers und der Fa. P. & W. Unternehmensberatungs-GmbH vom 10.01.2013 (Anlage B3, Bl. 50 ff. d. A.), die Dienstwagenvereinbarung zwischen der Ehefrau des Klägers und der Fa. P. & W. Unternehmensberatungs-GmbH vom 10.01.2013 (Anlage B4, Bl. 58 ff. d. A.), die Vergütungsrechnung nach §§ 2, 13 RVG des Klägers an Rechtsanwalt P. vom 14.03.2013 (Anlage B5, Bl. 62), die Vergütungsrechnung des Rechtsanwalts P. an die Fa. A. (Anlage B7, Bl. 64). Die Zeugen W. und P. könnten bestätigen, dass die Ehefrau des Klägers nur als Strohfrau für den Kläger den Treuhandvertrag abgeschlossen habe, weil eine direkte Beteiligung des Klägers an der Fa. A. wegen des Wettbewerbsverbots nicht in Betracht gekommen sei. Die tatsächliche Gesellschafterstellung habe nicht Frau G., sondern der Kläger innegehabt. Tatsächlich sei die Ehefrau des Klägers auch von der Fa. A. angestellt worden. Erst nachdem der Kläger im Prozess behauptet habe, dass diese bei der Fa. P. & W. Unternehmensberatungs-GmbH beschäftigt sei, habe man den Vertrag rückdatiert geändert. Das Arbeitsverhältnis sei nur begründet worden, um die Tätigkeit des Klägers für die Fa. A. zu verschleiern und dem Kläger über dessen Ehefrau einen Teil seiner Vergütung zukommen zu lassen. Die Ehefrau des Klägers habe keine Arbeitsleistungen erbracht, weder für die Fa. A. noch für die Fa. P. & W. Unternehmensberatungs-GmbH. Auch das Dienstfahrzeug habe ausschließlich der Kläger genutzt. Für seine Tätigkeit für Fa. A. im Januar 2013 habe der Kläger dem Zeugen P. eine Rechnung erteilt (Anlage B5), die auch beglichen worden sei. Sodann habe Rechtsanwalt P. der A. genau diesen Betrag ebenfalls in Rechnung gestellt (Anlage B7).
- 27
Am 02.10.2015 habe sie, die Beklagte, schließlich Kenntnis von der Rechnung des Klägers an die Fa. A. vom 16.05.2014 erhalten mit folgendem Inhalt (Anlage B10, Bl. 84 d. A.):
- 28
„Bezug: Mündliche Vereinbarung zwischen Ihnen, Herrn RA P. und dem Unterzeichner
Betr. Monatliche Garantiezahlungen
Sehr geehrter Herr W.,
unter Bezugnahme auf die zwischen Ihnen, Herr RA P. und dem Unterzeichner getroffene mündliche Vereinbarung darf ich Ihnen nachfolgend die Kosten für die Zeit vom 01.02.2013 bis 30.04.2014 aufgeben:
Vereinbarte mtl. Zahlung 6.000,00 Euro
- 29
Vom 01.02.2013 bis 30.04.2014
15 Monat x 6.000,00 Euro
= 90.000,00 Euro
19 % MwSt.
= 17.100,00 Euro
Insgesamt
107.000,00 Euro
- 30
Den vorgenannten Betrag bitte ich bis zum 31.05.2014 auf das u. a. Konto zu überweisen.“
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Dies belege, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum Januar bis Dezember 2013 gegen das Wettbewerbsverbot verstoßen habe, indem er für die Fa. A. tätig gewesen sei. Wahrheitswidrig habe er bislang jedwede Kooperation mit der Fa. A. abgestritten. Hätten dem Landesarbeitsgericht in dem Verfahren die vorgenannten Urkunden vorgelegen, hätte es die Klage auf Karenzentschädigung bereits dem Grunde nach abgewiesen. Die Anlage K10 sei trotz des Ausstellungsdatums 16.05.2014 als Urkunde i. S. d. § 580 Nr. 7b ZPO anzuerkennen, weil diese Rechnung sich auf den streitgegenständlichen Zeitraum von Februar bis Dezember 2013 beziehe und die gleiche Beweiskraft aufweise, wie bereits eine im früheren Verfahren existente Urkunde. Mit Schriftsatz vom 23.04.2016 hat die Beklagte ein Schreiben des Klägers an die Fa. A. vom 03.10.2014 betreffend „Geschäftsbesorgungsverträge“ (Bl. 123 d. A.) sowie diverse „Honorarvereinbarungen“ vom 03.10.2014 vorgelegt, die nur vom Kläger als Rentenberater nicht aber von der Fa. A. als Prozessfinanzierer unterzeichnet waren (Bl. 125 ff. d. A.). Die Beklagte behauptet, diese Unterlagen seien ihr am 14.04.2016 per Email vom 14.06.2016 durch Herrn W. zugesandt worden.
- 32
Die Beklagte und Restitutionsklägerin beantragt,
- 33
das rechtskräftige Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 15.04.2014, Az. 1 Sa 208/13, aufzuheben und die Klage auf Zahlung einer Karenzentschädigung mangels Anspruchsgrundes abzuweisen.
- 34
Der Kläger und Restitutionsbeklagte beantragt,
- 35
die Restitutionsklage abzuweisen.
- 36
Der Kläger meint,
die Restitutionsklage sei bereits unzulässig. Die Beklagte habe die Klagefrist gemäß § 586 Abs. 1 ZPO nicht gewahrt. Von den zur Akte gereichten Urkunden der Anlagen B3 2, B4, B5 und B7 habe die Beklagte unstreitig spätestens im März 2015 Kenntnis gehabt. Bezogen auf die Anlage B10 habe die Beklagte nicht glaubhaft gemacht, dass sie hiervon erst am 02.10.2015 erfahren habe. Ungeachtet dessen scheide die Rechnung des Klägers vom 16.05.2014 als Urkunde i. S. v. § 580 Nr. 7b ZPO aus, da sie erst nach Erlass des angefochtenen rechtskräftigen Urteils vom 15.04.2014 erstellt worden sei. Vorliegend handele es sich auch nicht um eine zulässige Ausnahme. Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Ausnahme sei, dass es sich um staatliche Urkunden handele, die später errichtet wurden und nach dem Gesetz mit rückwirkender Kraft Geschehnisse der Vergangenheit beweisen. Dies sei hier aber nicht der Fall. Ungeachtet dessen würden diese Unterlagen aber auch nicht einen Wettbewerbsverstoß belegen, aufgrund dieser das Landesarbeitsgericht eine andere Entscheidung getroffen hätte. Dies gelte auch für die Anlage B10. Die Fa. A. hat auf das Schreiben vom 16.05.2014 mit Schreiben vom 27.05.2014 ihm gegenüber „angeblich vereinbarte Zahlungen vollstens“ zurückgewiesen (Bl. 99 d. A.). Er sei auch zu keinem Zeitpunkt Gesellschafter der Fa. A. gewesen, auch nicht mittelbar. Es sei zwar richtig, dass er mit Rechtsanwalt P. als Rentenberater zusammengearbeitet habe und es sich dabei zum Teil um Mandanten gehandelt habe, die mit der Fa. A. einen Prozessfinanzierungsvertrag abgeschlossen hatten. Dies sei aber keine wettbewerbswidrige Tätigkeit im Verhältnis zur Beklagten. Ob seine Ehefrau die gegenüber der Fa. P. & W. geschuldete Arbeitsleistung erbracht habe oder nicht, sei nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Indessen sei der Vortrag der Beklagten richtig zu stellen, da seine Frau nur deshalb nicht habe arbeiten können, weil es der Fa. P. & W. nicht gelungen sei, einen Heimarbeitsplatz mit Zugriff auf den Firmenserver einzurichten. Soweit der Zeuge P. in dem Verfahren vor dem Arbeitsgericht Neumünster, 2 Ca 1293 a/14, ausgesagt habe, dass er, der Kläger, für die Fa. A. die Vorprüfung der Verträge, die zwischen Sportlern und A. geschlossen wurden, habe vornehmen sollen, treffe dies nicht zu. Dass er diese Prüftätigkeit auch tatsächlich für die Fa. A. ausgeübt habe, hätten selbst die Zeugen P. und W. nicht bestätigt.
- 37
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt ihrer wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 26.05.2016 verwiesen.
Entscheidungsgründe
- 38
Die Restitutionsklage ist bereits unzulässig.
- 39
Gemäß § 79 Satz 1 ArbGG in Verbindung mit § 589 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist von Amts wegen zu prüfen, ob die Restitutionsklage an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben worden ist. Die Restitutionsklage ist zwar an sich statthaft (1.), indessen weder fristgerecht (2.) noch formgerecht (3. - 5.) erhoben worden.
- 40
1. Die Restitutionsklage ist gemäß § 578 Abs. 1 ZPO statthaft.
- 41
a) Mit der Restitutionsklage begehrt die Beklagte die Aufhebung des rechtskräftigen Urteils des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 15.04.2014, Az. 1 Sa 208/13.
- 42
b) Der Statthaftigkeit der Restitutionsklage steht auch nicht das fehlende Rechtsschutzinteresse entgegen. Zwar hat das Landesarbeitsgericht die Berufung des Klägers gegen das klagabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zurückgewiesen und damit im Ergebnis die Klagabweisung durch das Arbeitsgericht bestätigt. Indessen ist die Beklagte gleichwohl durch das mit der Restitutionsklage angefochtene Urteil des Landesarbeitsgerichts beschwert, weil das Landesarbeitsgericht in den Urteilsgründen ausgeführt hat, dass die Entschädigungsklage dem Grunde und der Höhe nach in Höhe von 65.700,00 € brutto begründet, aber noch nicht fällig sei. Die Rechtskraftwirkung eines Urteils, mit dem die Klage wegen Fehlens eines bestimmten Tatbestandsmerkmals (z. B. mangelnde Fälligkeit des Anspruchs) als - zur Zeit - unbegründet abgewiesen wird, kann zwar dahin eingeschränkt sein, dass sie der späteren klageweisen Geltendmachung desselben Anspruchs mit der Begründung, dass das bisher fehlende Tatbestandsmerkmal nunmehr gegeben sei, nicht entgegensteht. Das setzt aber stets voraus, dass die Auslegung des Vorurteils ergibt, dass die Klage gerade wegen des Fehlens des Tatbestandsmerkmals, dessen Vorliegen in dem neuen Prozess dargetan werden soll, abgewiesen worden ist (BGH, Urt. v. 17.12.2002 - XI ZR 90/02 - Rn. 13, juris). Vor diesem Hintergrund hat der Kläger nunmehr nochmals Klage auf Zahlung einer Karenzentschädigung - beruhend auf demselben Lebenssachverhalt - vor dem Arbeitsgericht erhoben (2 Ca 1923 a/14). Die Beklagte ist mithin durch die konkreten Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils beschwert, da der Kläger nicht gehindert ist, den gleichen Zahlungsanspruch, der jetzt auch fällig ist, nochmals klagweise geltend zu machen.
- 43
2. Die Restitutionsklage ist indessen nicht fristgerecht erhoben worden und bereits aus diesen Gründen unzulässig.
- 44
a) Die Restitutionsklage muss gemäß § 586 Abs. 1 ZPO i. V. m. 79 ArbGG vor Ablauf einer Notfrist von einem Monat erhoben werden. Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Partei von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat, jedoch nicht vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, § 586 Abs. 2 ZPO. Gemäß § 589 Abs. 2 ZPO sind die Tatsachen, die ergeben, dass die Klage vor Ablauf der Notfrist erhoben ist, glaubhaft zu machen. Die Beklagte beruft sich mit ihrer Restitutionsklage ausschließlich auf den Restitutionsgrund des § 580 Nr. 7b ZPO. In diesem Falle ist die Restitutionsklage nur zulässig, wenn der Zeitpunkt des Auffindens der Urkunde unstreitig ist oder der Kläger diesen Zeitpunkt glaubhaft macht.
- 45
b) Soweit der Kläger sich auf diverse Urkunden (Treuhandvertrag, Anstellungsvertrag, Dienstwagenvereinbarung, Rechnungen etc.) beruft, die ihr von den Zeugen P. und W. im März 2015 zur Verfügung gestellt worden sind, ist die Klagefrist gemäß § 586 Abs. 1 ZPO augenscheinlich nicht gewahrt. Die Beklagte kann sich allenfalls auf die Urkunde der Anlage B10, an die Fa. A. gerichtete Rechnung des Klägers vom 16.05.2014 (aa) sowie die Urkunden des Anlagenkonvoluts B13, d. h. die vom Kläger vorbereiteten Honorarvereinbarungen mit der Fa. A. vom 03.10.2014 (bb) berufen. In beiden Fällen hat die Beklagte indessen die Wahrung der Klagefrist nicht glaubhaft gemacht.
- 46
aa) Der Kläger hat bestritten, dass die Beklagte erst am 02.10.2015 in den Besitz der Anlage B10 gelangt sei. Die Beklagte hat zwar vorgetragen, dass der Zeuge P. ihr im Nachgang zu der Kammerverhandlung vor dem Arbeitsgericht vom 17.09.2015 (2 Ca 1293 a/14) diese Urkunde erstmals per Email am 02.10.2015 übersandt hat. Sie hat aber weder diese Email selbst zur Akte gereicht noch diese Tatsache durch eine eidesstattliche Versicherung des Zeugen P. oder anderweitig gemäß § 294 ZPO glaubhaft gemacht.
- 47
bb) Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 23.04.2016 - bei Gericht eingegangen am 26.04.2016 - das Anlagenkonvolut B13 vorgelegt, und behauptet, dass sich aus diesen Urkunden ebenfalls die Konkurrenztätigkeit des Klägers im streitgegenständlichen Zeitraum von Januar bis Dezember 2013 ergebe. Diese Urkunden habe ihr Prozessbevollmächtigter erst nach einem Telefonat von dem Zeugen W. am 14.06.2016 per Email zugesandt bekommen. Auch diese behauptete Tatsache hat die Beklagte nicht gemäß §§ 589 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft gemacht.
- 48
3. Die Unzulässigkeit der Restitutionsklage folgt aber auch daraus, dass es sich bei der von der Beklagten zur Begründung der Restitutionsklage vorgelegten Urkunde der Anlage B10 grundsätzlich nicht um eine Urkunde gemäß § 580 Nr. 7b ZPO handelt.
- 49
a) Nach § 580 Nr. 7 b ZPO findet die Restitutionsklage statt, wenn eine Partei eine Urkunde auffindet, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde. Diese Möglichkeit kann jedoch nur bei Urkunden bestehen, die bei der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz des Vorprozesses überhaupt hätten vorgelegt und vom Gericht berücksichtigt werden können; § 580 Nr. 7 b ZPO findet daher grundsätzlich nur bezüglich solcher Urkunden Anwendung, die zum Zeitpunkt des früheren Verfahrens bereits existiert haben. Maßgeblich ist dabei der Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz des Vorprozesses (hier: 11.03.2014) bzw. der Ablauf der Berufungsfrist beim nicht angegriffenen erstinstanzlichen Urteil.
- 50
b) Hieran gemessen ist die von der Beklagten als Restitutionsgrund herangezogene Urkunde der Anlage B10 kein gesetzlicher Restitutionsgrund gemäß § 580 Nr. 7b ZPO, weil die Rechnung vom 16.05.2014 erst nach der Berufungsverhandlung vom 11.03.2014 und auch nach dem Verkündungstermin vom 15.04.2014 entstanden ist.
- 51
c) Die Anlage B10 kann aber auch nicht ausnahmsweise als Restitutionsgrund im Sinne von § 580 Nr. 7b ZPO zugelassen werden.
- 52
aa) Ausnahmsweise ist auch eine nachträglich errichtete Urkunde als gesetzlicher Restitutionsgrund anzuerkennen. Dabei ist aber der Kreis der nach § 580 Nr. 7 b ZPO zuzulassenden nachträglich errichteten Urkunden eng zu ziehen, weil mit der Restitution stets die nur ausnahmsweise zulässige Durchbrechung der Rechtskraft des Urteils einhergeht und bei nachträglich errichteten Urkunden die Gefahr des Missbrauchs besteht (BAG, Urt. v. 22.01.1998 - 2 AZR 455/97 -, Rn. 22, juris). Eine nach der letzten mündlichen Verhandlung des Berufungsgerichts erstellte Urkunde kommt als Restitutionsgrund mithin nur dann ausnahmsweise in Betracht, wenn es sich um eine öffentliche Urkunde handelt, die Tatsachen bekundet, die bis zu diesem Zeitpunkt verortet sind, die Urkunde aber schlechterdings nicht vor Abschluss des Vorprozesses errichtet werden konnte, z. B. die Geburtsurkunde zur Bestimmung des Empfängniszeitpunktes, nachträglicher Anerkennungsbescheid über die Schwerbehinderung im Kündigungsschutzprozess (PG/Meller-Hannich, ZPO, 8. Aufl., Rn. 14 zu § 580).
- 53
bb) Hieran gemessen kann die Urkunde der Anlage B10 auch nicht ausnahmsweise als Restitutionsgrund gemäß § 580 Nr. 7b ZPO herangezogen werden. Es liegt kein berechtigter Ausnahmefall vor. Der Kläger hätte die dort auf den streitgegenständlichen Zeitraum Februar bis Dezember 2013 entfallenden monatlichen Garantiezahlungen spätestens im Januar 2014 in Rechnung stellen können. Damit liegt aber kein zwingender Grund vor, dass die in der Rechnung vom 16.05.2014 verorteten Beträge erst nach Schluss der Berufungsverhandlung erstellt werden konnten.
- 54
4. Die Beklagte kann sich aber auch nicht mit Erfolg zur Begründung der Restitutionsklage auf die Urkunden des Anlagenkonvoluts B13 berufen. Bei den vorgelegten „Honorarvereinbarungen“ vom 03.10.2014 handelt es sich erkennbar nur um Entwürfe oder einseitige Angebote und nicht um entsprechende Vereinbarungen, d. h. um schriftliche Verträge, die von beiden Seiten unterzeichnet worden sind. Urkunden sind im Sinne von § 580 Nr. 7 b ZPO die Urkunden nach §§ 415 ff. ZPO, die schriftlich verkörperte Gedankenerklärungen enthalten und durch deren Vorlage ein Urkundenbeweis gemäß § 420 ZPO geführt werden kann (OLG Köln, Urt. v. 18.12.2014 - 7 U 106/14 -, Rn. 18, juris). Dementsprechend handelt es sich bei dem Anlagenkonvolut B13 nicht um Urkunden, die eine Vielzahl von geschlossenen Honorarvereinbarungen zwischen dem Kläger und der Fa. A. gemäß § 416 ZPO bestätigen.
- 55
5. Auch das von der Beklagten eingereichte Vernehmungsprotokoll des Arbeitsgerichts Neumünster vom 17.09.2015, Az. 2 Ca 1293 a/14, ist grundsätzlich nicht geeignet, einen Restitutionsgrund nach § 580 Nr. 7b ZPO darzustellen (BAG, Urt. v. 22.01.1998 - 2 AZR 455/97 - Rn. 27, juris; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 74. Aufl., Rn. 13 zu § 580; PG/Meller-Hannich, a.a.O, Rn. 14 zu § 580 ZPO). Selbst wenn dem Landesarbeitsgericht dieses Vernehmungsprotokoll vorgelegen hätte, wäre es an die protokollierten Aussagen der Zeugen W. und P. nicht gebunden gewesen. Es hätte möglicherweise die Zeugen erneut vernommen.
- 56
6. Nach alledem war die Restitutionsklage als unzulässig zu verwerfen.
- 57
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
- 58
Ein gesetzlich begründbarer Anlass zur Zulassung der Revision liegt nicht vor, § 72 Abs. 2 ArbGG.
(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.
(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird; - 2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.
(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.
(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.
(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.
(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge); - 2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; - 3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.
(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt; - 2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.
(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist.
(2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig.
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil desArbeitsgerichts Köln vom 19.07.2013 - 19 Ca 7836/12 - wird zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten in der Berufung nur noch über die Anrechnung von Arbeitslosengeld auf den Anspruch auf Karenzentschädigung aus einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot.
3Die Klägerin war für die Beklagte vom 01.02.2010 bis zum 30.06.2012 als „Managerin Sales & Distribution“ in K tätig zu einem monatlichen Festgehalt von 3.000 € brutto und seit dem 01.04.2011 - nach Reduzierung ihrer Arbeitszeit auf 80 % der Vollzeitbeschäftigung - zu 2.400 € brutto. Unter dem 07./08.4.2011 schlossen die Parteien eine Zielvereinbarung für das Jahr 2011, die für eine Zielerreichung von 100 % eine Tantieme von 5.000 € vorsah. Die Klägerin erreichte die ihr vorgegebenen Ziele im Jahr 2011 zu 108,5 %.
4Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 19.01.2010 enthält in § 15 unter „Wettbewerbsklausel“ u. a. folgende Regelungen:
5„Der Mitarbeiter verpflichtet sich, für die Dauer von einem Jahr nach Beendigung des Anstellungsvertrages nicht für ein Luftverkehrsunternehmen tätig zu werden (…). (Die Beklagte) zahlt dem Mitarbeiter für die Dauer des Wettbewerbsverbotes eine Entschädigung in Höhe eines Brutto-Jahresgehalts, inklusive der durchschnittlichen variablen Vergütung der letzten zwei Jahre. Die Entschädigung (...) erfolgt durch monatliche Zahlungen in Höhe 1/12 eines Jahresgehalts. Auf die Entschädigung muss sich der Mitarbeiter des Weiteren andere Bezüge nach Maßgabe des § 74 c HGB anrechnen lassen. „
6Die Klägerin schied am 30.06.2012 durch Eigenkündigung aus dem Unternehmen der Beklagten aus. Seitdem war sie arbeitslos gemeldet und bezog Arbeitslosengeld i. H. v. 1.390 € monatlich.
7Mit Schreiben vom 26.06.2012 machte die Klägerin erstmals Zahlung einer Karenzentschädigung gegenüber der Beklagten geltend und bezifferte diese mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 06.08.2012 i. H. v. 2.823,44 € brutto monatlich.
8Mit ihrer am 08.10.2012 beim Arbeitsgericht Köln eingegangenen Klage machte die Klägerin Zahlung einer Karenzentschädigung für die Monate Juli bis Oktober 2012, mit Klageerweiterungen vom 15.02.2013 sowie 09.07.2013 für die Monate November 2012 bis Juni 2013 in Höhe von insgesamt 33.883,32 € brutto geltend.
9Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf das Urteil(Bl. 83 - 91 d. A.) wird verwiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten, die nur noch rügt, das Arbeitsgericht habe das Arbeitslosengeld nicht auf die Karenzentschädigung angerechnet. Die Beklagte vertritt die Auffassung, das Arbeitslosengeld sei im Wege einer unmittelbaren bzw. zumindest analogen Anwendung des § 74 c HGB in vollem Umfang anzurechnen. Dies ergebe bereits eine Auslegung der vertraglichen Regelung. Die Verwendung der Formulierungen „Bezüge“ und „Einkünfte“ in Ziffer 15 nehme bereits eine Differenzierung unter den Einnahmetypen vor. Der Begriff „Bezüge“ umfasse auch das Arbeitslosengeld. Sollte das Berufungsgericht einer unmittelbaren Anwendbarkeit des § 74 c HGB nicht folgen, so ergäbe sich die Rechtsfolge zumindest aus einer analogen Anwendung dieser Vorschrift. Denn bezüglich der Anrechnung des Arbeitslosengeldes auf die Karenzentschädigung bestehe eine planwidrige Regelungslücke. Die Nichtschließung dieser planwidrigen nachträglichen Regelungslücke führe zu Wertungswidersprüchen, wie bereits das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 25.06.1985 (3 AZR 305/83) ausgeführt habe. Das Bundesarbeitsgericht habe zwar in seiner Entscheidung vom 14.09.2011 (10 AZR 198/10) in einem obiter dictum den Gesetzgeber zur Klärung der Rechtslage aufgefordert. Solange der Gesetzgeber jedoch untätig bleibe, könne eine ungerechtfertigt die eine Partei privilegierende die andere benachteiligende Situation nicht ohne weiteres bestehen bleiben. Insoweit könne die Rechtsprechung im Wege einer Analogie Abhilfe schaffen.
10Die Beklagte beantragt,
11das Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
12Die Klägerin beantragt,
13die Zurückweisung der Berufung.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach-Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, die Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze, die eingereichten Unterlagen und die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.
15E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
16I. Die Berufung ist zulässig, in der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Karenzentschädigung für den Zeitraum Juli 2012 bis Juni 2013 in Höhe von insgesamt 33.883,33 € brutto nebst Zinsen. Das Berufungsgericht folgt der zutreffenden Begründung des Arbeitsgerichts.
171. Zwischen den Parteien ist in der Berufung nicht mehr Streit, dass der Klägerin die geltend gemachte Karenzentschädigung nach § 15 des Arbeitsvertrages dem Grunde und der Höhe nach zusteht. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die von der Beklagten nicht angegriffenen Ausführungen des Arbeitsgerichts verwiesen.
182. Entgegen der Auffassung der Beklagten muss sich die Klägerin auf ihren Anspruch auf Karenzentschädigung nicht das unstreitig bezogene Arbeitslosengeld anrechnen lassen.
19a. Zu Recht geht das Arbeitsgericht davon aus, dass die Parteien dies nicht vereinbart haben. In § 15 S. 4 des Arbeitsvertrages heißt es: „Auf die Entschädigung muss sich der Mitarbeiter des Weiteren andere Bezüge nach Maßgabe des § 74 c HGB anrechnen lassen.“ Zwar kann man mit der Beklagten unter den Begriff „Bezüge“ auch das Arbeitslosengeld subsummieren. Dessen Anrechnung erfolgt jedoch nur „nach Maßgabe des§ 74 c HGB“. Eine Anrechnung kommt nach dieser Rechtsgrundverweisung demnach nur in Betracht, wenn dies in der in Bezug genommen gesetzlichen Regelung vorgesehen ist. Dies ist jedoch bei § 74 Buchst. c HGB nicht der Fall.
20b. Nach § 74c Abs. 1 Satz 1 HGB muss sich der Handlungsgehilfe auf die fällige Karenzentschädigung anrechnen lassen, was er während des Zeitraums, für den die Entschädigung gezahlt wird, durch anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt, soweit die Entschädigung unter Hinzurechnung dieses Betrags den Betrag der zuletzt von ihm bezogenen vertragsmäßigen Leistungen um mehr als ein Zehntel übersteigen würde.
21c. Das Berufungsgericht folgt den Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts in seiner Entscheidung vom 14.09.2011 (10 AZR 198/10):
22aa. Erwerb aus der Verwertung der Arbeitskraft sind alle geldwerten Leistungen zur Abgeltung der Arbeitsleistung (BAG 16. November 2005 - 10 AZR 152/05 ; 7. November 1989 - 3 AZR 796/87). Anzurechnen sind damit grundsätzlich Arbeitsentgelt und Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit. In beiden Fällen handelt es sich um den Ertrag aus persönlichem Arbeitseinsatz, der erst durch die Beendigung des vorherigen Arbeitsverhältnisses möglich geworden ist (vgl. BAG 16. November 2005 - 10 AZR 152/05). Der Bezug von Arbeitslosengeld nach § 117 ff. SGB III beruht nicht auf der Verwertung der Arbeitskraft. Arbeitslosengeld ist ein Lohnersatz und wird von der Solidargemeinschaft der Versicherten und der Wirtschaft als Sozialleistung aufgebracht; diese ist nicht Gegenleistung verwerteter, also tatsächlich erbrachter Arbeit (BAG 25. Juni 1985 - 3 AZR 305/83).
23bb. Zum Rechtszustand vor Inkrafttreten von § 128a AFG hat das Bundesarbeitsgericht angenommen, durch die den § 74 ff. HGB nachfolgende Einführung einer dem Arbeitslosengeld ähnlichen Leistung durch die Verordnung über Erwerbslosenfürsorge vom 13. November 1918 (RGBl. S. 1305) sowie der Arbeitslosenversicherung durch das Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) vom 16. Juli 1927 (RGBl. S. 187) sei nachträglich eine Regelungslücke entstanden, die zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen durch entsprechende Anwendung des § 74c Abs. 1 HGB bei Bezug von Arbeitslosengeld geschlossen werden müsse (BAG 25. Juni 1985 - 3 AZR 305/83). Beziehe der zur Wettbewerbsunterlassung Verpflichtete ungekürzt Karenzentschädigung und Arbeitslosengeld, so habe er sonst bei einer den Mindestbetrag des § 74 Abs. 2 HGB übersteigenden Karenzentschädigung höhere Einkünfte als ein Arbeitnehmer, der während der Karenzzeit einer nicht verbotenen Tätigkeit nachgehe.
24cc. Durch Ergänzung von § 128a AFG um Satz 3 (Siebtes Gesetz zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes vom 20. Dezember 1985, BGBl. I S. 2484) ist die Anrechnung von Arbeitslosengeld auf die Karenzentschädigung gesetzlich geregelt worden. Der Arbeitnehmer musste sich das Arbeitslosengeld, das der Arbeitgeber der Bundesanstalt für Arbeit zu erstatten hatte, wie Arbeitsentgelt auf die Karenzentschädigung anrechnen lassen. Da die volle Erstattung von Arbeitslosengeld durch den Arbeitgeber verfassungswidrig war (BVerfG 10. November 1998 - 1 BvR 2296/96 und 1 BvR 1081/97 - BVerfGE 99, 202), wurde die gesetzliche Regelung (nunmehr § 148 SGB III) dahingehend geändert, dass der Arbeitgeber nur noch 30 % des Arbeitslosengelds zu erstatten hatte (Gesetz zur Neuregelung der sozialversicherungsrechtlichen Behandlung von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt vom 21. Dezember 2000, BGBl. I S. 1971). § 148 Abs. 1 Satz 2 SGB III bestimmte weiterhin, dass der Arbeitnehmer sich den Teil des Arbeitslosengelds, den der Arbeitgeber erstattet hatte, auf die Entschädigung für die Wettbewerbsbeschränkung anrechnen lassen musste. Durch die Abzugsmöglichkeit sollte die Doppelbelastung des erstattungspflichtigen Arbeitgebers vermieden werden. § 148 SGB III ist zum 1. Januar 2004 ersatzlos aufgehoben worden (Drittes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003, BGBl. I S. 2848), weil dem erheblichen Verwaltungsaufwand der Arbeitsverwaltung nur eine geringe Zahl von tatsächlichen Erstattungsfällen gegenüberstand (BT-Drucks. 15/1515 S. 88).
25dd.. Nach der Aufhebung von § 148 SGB III ist nach verbreiteter Auffassung (vgl. Weber in Großkomm. HGB 5. Aufl. § 74c Rn. 11; ErfK/Oetker 11. Aufl. § 74c HGB Rn. 4; Bauer/Diller Wettbewerbsverbote 5. Aufl. Rn. 532; MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene 3. Aufl. § 74c Rn. 11) die bis zum Inkrafttreten des § 128a Satz 3 AFG vorhandene Regelungslücke wieder entstanden, sodass § 74c Abs. 1 Satz 1 HGB bei Bezug von Arbeitslosengeld wieder entsprechend anzuwenden sein soll. Die Aufhebung der Anrechnungsregelung des § 148 Abs. 1 Satz 2 SGB III sei im Zusammenhang mit der Erstattungspflicht des Arbeitgebers zu sehen und nur ihre konsequente Folge (Weber aaO). Das Bundesarbeitsgericht hat die Frage der Anrechnung bisher offengelassen (BAG 16. November 2005 - 10 AZR 152/05 - Rn. 20, AP HGB § 74c Nr. 21 = EzA HGB § 74c Nr. 35; 23. November 2004 - 9 AZR 595/03 - zu A II der Gründe, BAGE 112, 376).
26ee. Es ist zweifelhaft, ob es nach der Aufhebung von § 148 SGB III noch eine gesetzliche Grundlage für die Anrechnung von Arbeitslosengeld auf die Karenzentschädigung gibt. Die Annahme einer erneuten „planwidrigen“ Regelungslücke begegnet Bedenken, weil eine bestehende gesetzliche Anrechnungsbestimmung aufgehoben worden ist. Dies gilt umso mehr, als nach § 148 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. Satz 1 SGB III nur 30 % des Arbeitslosengelds angerechnet werden konnten und die Schließung einer vermeintlichen Regelungslücke durch analoge Anwendung von § 74c Abs. 1 Satz 1 HGB nunmehr zu einer vollen Anrechnung führen würde.
27ff. Dem Gesetzgeber obliegt, das Verhältnis von Arbeitslosengeld und Karenzentschädigung zu regeln und gegebenenfalls Obergrenzen vorzusehen. Er kann die Solidargemeinschaft der Versicherten entlasten und die Anrechnung von Karenzentschädigung auf den Bezug von Arbeitslosengeld im Rahmen von Obergrenzen bestimmen oder er kann den vormaligen Arbeitgeber entlasten und die Anrechnung von Arbeitslosengeld auf die Karenzentschädigung regeln. Denkbar ist auch, von einer Anrechnung grundsätzlich abzusehen. Der Arbeitnehmer, der sich des Wettbewerbs enthält, erbringt seine vertraglich geschuldete Leistung und hat deshalb Anspruch auf die vereinbarte Gegenleistung. Wertungswidersprüche zu § 615 Satz 2 BGB bzw. § 11 Satz 1 Nr. 3 KSchG müssen dabei nicht entstehen, weil vertragliche Situation und Interessenlage gegenüber dem Fall des Annahmeverzugs nicht deckungsgleich sind. Bei Bezug von Arbeitslosengeld während des Annahmeverzugs geht der Vergütungsanspruch nach § 115 SGB X auf die Agentur für Arbeit über; der Arbeitnehmer behält seine vertraglich gesicherte Position. Nach Ablauf eines Wettbewerbsverbots trägt der arbeitslose Arbeitnehmer dagegen das Risiko, einen adäquaten Arbeitsplatz zu finden. Dieses Risiko besteht nicht, wenn er während der Dauer des Wettbewerbsverbots einer erlaubten Arbeit nachgeht. In diesem Fall ist der anderweitige Verdienst allerdings nach § 74c Abs. 1 Satz 1 HGB anzurechnen; hierdurch wird eine Übersicherung des Arbeitnehmers durch den Bezug von Karenzentschädigung, obwohl er wegen des Wettbewerbsverbots keine beruflichen Nachteile erleidet, vermieden (vgl. BGH 28. April 2008 - II ZR 11/07 - Rn. 5, DB 2008, 1558; MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene§ 74c Rn. 2).
28d. Das Bundesarbeitsgericht musste in seinem Urteil vom 14.9.2011(10 AZR 198/10) nicht abschließend entscheiden, ob eine Anrechnung von Arbeitslosengeld auf die Karenzentschädigung im Wege der Auslegung oder analogen Anwendung von § 74c Abs. 1 Satz 1 HGB dennoch in Betracht kommt. Im hier zu entscheidenden Streitfall ist die Frage der Anrechenbarkeit des Arbeitslosengeldes jedoch entscheidungserheblich, da die Einkünfte der Klägerin aus Karenzentschädigung und ausgezahltem Arbeitslosengeld die Anrechnungsgrenze des § 74c Abs. 1 Satz 1 HGB unstreitig erreichen. Das Berufungsgericht vertritt - wie das Arbeitsgericht – im Anschluss an das Bundesarbeitsgericht die Auffassung, dass eine „planwidrige“ Regelungslücke nach Aufhebung des § 148 SGB III nicht mehr angenommen werden kann und es nunmehr dem Gesetzgeber obliegt, das Verhältnis von Arbeitslosengeld und Karenzentschädigung zu regeln und gegebenenfalls Obergrenzen vorzusehen.
29II. Die Beklagte hat die Kosten der erfolglosen Berufung zu tragen(§ 97 Abs.1 ZPO).
30III. Die Revision war gemäß § 72 Abs.2 Nr.1 ArbGG zuzulassen.
31Re c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
32Gegen dieses Urteil kann von der Beklagten
33R E V I S I O N
34eingelegt werden.
35Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
36Bundesarbeitsgericht
37Hugo-Preuß-Platz 1
3899084 Erfurt
39Fax: 0361 2636 2000
40eingelegt werden.
41Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
42Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
43- 44
1. Rechtsanwälte,
- 45
2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
- 46
3. Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
48Eine Partei die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
49Bezüglich der Möglichkeit elektronischer Einlegung der Revision wird auf die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesarbeitsgericht vom 09.03.2006 (BGBl. I Seite 519) verwiesen.
50* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.
(1) Der Handlungsgehilfe muß sich auf die fällige Entschädigung anrechnen lassen, was er während des Zeitraums, für den die Entschädigung gezahlt wird, durch anderweite Verwertung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterläßt, soweit die Entschädigung unter Hinzurechnung dieses Betrags den Betrag der zuletzt von ihm bezogenen vertragsmäßigen Leistungen um mehr als ein Zehntel übersteigen würde. Ist der Gehilfe durch das Wettbewerbsverbot gezwungen worden, seinen Wohnsitz zu verlegen, so tritt an die Stelle des Betrags von einem Zehntel der Betrag von einem Viertel. Für die Dauer der Verbüßung einer Freiheitsstrafe kann der Gehilfe eine Entschädigung nicht verlangen.
(2) Der Gehilfe ist verpflichtet, dem Prinzipal auf Erfordern über die Höhe seines Erwerbes Auskunft zu erteilen.
(1) Löst der Gehilfe das Dienstverhältnis gemäß den Vorschriften der§§ 70 und 71wegen vertragswidrigen Verhaltens des Prinzipals auf, so wird das Wettbewerbverbot unwirksam, wenn der Gehilfe vor Ablauf eines Monats nach der Kündigung schriftlich erklärt, daß er sich an die Vereinbarung nicht gebunden erachte.
(2) In gleicher Weise wird das Wettbewerbsverbot unwirksam, wenn der Prinzipal das Dienstverhältnis kündigt, es sei denn, daß für die Kündigung ein erheblicher Anlaß in der Person des Gehilfen vorliegt oder daß sich der Prinzipal bei der Kündigung bereit erklärt, während der Dauer der Beschränkung dem Gehilfen die vollen zuletzt von ihm bezogenen vertragsmäßigen Leistungen zu gewähren. Im letzteren Falle finden die Vorschriften des § 74b entsprechende Anwendung.
(3) Löst der Prinzipal das Dienstverhältnis gemäß den Vorschriften der§§ 70 und 72wegen vertragswidrigen Verhaltens des Gehilfen auf, so hat der Gehilfe keinen Anspruch auf die Entschädigung.
(1) Der Handlungsgehilfe muß sich auf die fällige Entschädigung anrechnen lassen, was er während des Zeitraums, für den die Entschädigung gezahlt wird, durch anderweite Verwertung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterläßt, soweit die Entschädigung unter Hinzurechnung dieses Betrags den Betrag der zuletzt von ihm bezogenen vertragsmäßigen Leistungen um mehr als ein Zehntel übersteigen würde. Ist der Gehilfe durch das Wettbewerbsverbot gezwungen worden, seinen Wohnsitz zu verlegen, so tritt an die Stelle des Betrags von einem Zehntel der Betrag von einem Viertel. Für die Dauer der Verbüßung einer Freiheitsstrafe kann der Gehilfe eine Entschädigung nicht verlangen.
(2) Der Gehilfe ist verpflichtet, dem Prinzipal auf Erfordern über die Höhe seines Erwerbes Auskunft zu erteilen.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Der Handlungsgehilfe muß sich auf die fällige Entschädigung anrechnen lassen, was er während des Zeitraums, für den die Entschädigung gezahlt wird, durch anderweite Verwertung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterläßt, soweit die Entschädigung unter Hinzurechnung dieses Betrags den Betrag der zuletzt von ihm bezogenen vertragsmäßigen Leistungen um mehr als ein Zehntel übersteigen würde. Ist der Gehilfe durch das Wettbewerbsverbot gezwungen worden, seinen Wohnsitz zu verlegen, so tritt an die Stelle des Betrags von einem Zehntel der Betrag von einem Viertel. Für die Dauer der Verbüßung einer Freiheitsstrafe kann der Gehilfe eine Entschädigung nicht verlangen.
(2) Der Gehilfe ist verpflichtet, dem Prinzipal auf Erfordern über die Höhe seines Erwerbes Auskunft zu erteilen.
(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.
(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.
(1) Der Handlungsgehilfe muß sich auf die fällige Entschädigung anrechnen lassen, was er während des Zeitraums, für den die Entschädigung gezahlt wird, durch anderweite Verwertung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterläßt, soweit die Entschädigung unter Hinzurechnung dieses Betrags den Betrag der zuletzt von ihm bezogenen vertragsmäßigen Leistungen um mehr als ein Zehntel übersteigen würde. Ist der Gehilfe durch das Wettbewerbsverbot gezwungen worden, seinen Wohnsitz zu verlegen, so tritt an die Stelle des Betrags von einem Zehntel der Betrag von einem Viertel. Für die Dauer der Verbüßung einer Freiheitsstrafe kann der Gehilfe eine Entschädigung nicht verlangen.
(2) Der Gehilfe ist verpflichtet, dem Prinzipal auf Erfordern über die Höhe seines Erwerbes Auskunft zu erteilen.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Tenor
I.Auf die Berufung der Beklagten und des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 13.01.2015, Az.: 2 Ca 3082/12 teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 240.229,44 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.01.2015 zu zahlen.
II.Die weitergehende Berufung des Klägers und der Beklagten wird zurückgewiesen.
III.Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 5%, die Beklagte zu 95%.
IV.Die Revision wird zugelassen.
1
T a t b e s t a n d :
2Die Parteien streiten über die Zahlung einer Karenzentschädigung für den Zeitraum vom 01.04.2012 bis zum 31.03.2014 sowie um die Erteilung eines Referenzschreibens.
3Die Beklagte ist die deutsche Tochtergesellschaft eines in Israel tätigen Unternehmens. Ihr Geschäftsgeschäftsgegenstand ist die telemedizinische Versorgung von Patienten.
4Der Kläger, der israelischer Staatsbürger ist und aus Israel stammt, war vom 01.08.2008 bis zum 31.03.2012 bei der Beklagten in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt, zuletzt als Vice President Finance, IS and Administration. Er bezog eine jährliche Grundvergütung in Höhe von 148.260,00 € brutto, also monatlich 12.355,00 € brutto. Zudem erhielt er im Jahr 2009 eine Bonuszahlung in Höhe von 30.000 € brutto, in den Jahren 2010 und 2011 jeweils in Höhe von 25.000 € brutto und für den Zeitraum vom 01.01.2012 bis zum 31.03.2012 einen Bonus in Höhe von 1.095,94 € brutto. Der Kläger war zudem berechtigt, das ihm zur Verfügung gestellte Diensthandy privat zu nutzen, wobei ihm für privat veranlasste Telefonate ein geldwerter Vorteil von monatlich mindestens 1.000,00 € abgerechnet worden ist.
5Die Einzelheiten der Beschäftigung regelt der in englischer Sprache verfasste Arbeitsvertrag (Bl. 6 ff. d. A) vom 14./27.08.2008. Er enthält in § 14 Abs. 2 die folgende Schriftformklausel vor:
6"Any modifications, amendments, additions or supplemental agreements to this contract must be made in writing. This also applies to the cancellation of the written form requirement itself.”
7Die zur Akte gereichte beglaubigte Übersetzung (Bl. 85 ff. d. A.) lautet:
8"Alle Änderungen, Ergänzungen, Zusätze oder zusätzliche Vereinbarungen zu diesem Vertrag müssen schriftlich erfolgen. Dies gilt auch für die Aufhebung des Schriftformerfordernisses selbst."
9Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbarten die Parteien zunächst nicht. In einem Management Meeting am 20.05.2010 einigten sich die Mitglieder des Managements der Beklagten allerdings darauf, dass mit ihnen nachvertragliche Wettbewerbsverbote abgeschlossen werden sollten.
10In einem undatierten Schreiben des Geschäftsführers der Beklagten (Bl. 26 d. A.) wird Bezug genommen auf eine am 12.10.2010 von Seiten der Beklagten durch den Geschäfsführer M. unterzeichnete Änderungsvereinbarung zu dem Arbeitsvertrag vom 27.08.2008. Diese (Bl. 18 d.A.) hat auszugsweise den folgenden Wortlaut:
11"§ 3 Nachvertragliches Wettbewerbsverbot, Abwerbeverbot
12[…]
13(2)Wird das Anstellungsverhältnis über die in Abs. 1 genannte Wartezeit hinaus fortgeführt und dauert es nicht länger als 12 Monate, ist es dem Arbeitnehmer für die Dauer von 6 Monaten von der Beendigung des Anstellungsverhältnisses an untersagt, in selbständiger, unselbständiger oder sonstiger Weise in Deutschland direkt oder indirekt für ein Unternehmen tätig zu werden, welches direkt oder indirekt, im Ganzen oder teilweise Produkte oder Dienstleistungen anbietet, die mit den Produkten oder Dienstleistungen von T. Telemedizin konkurrieren oder welches mit einem solchen Wettbewerbsunternehmen verbunden ist. In gleicher Weise ist es dem Arbeitnehmer untersagt, ein solches Unternehmen, das in Deutschland tätig ist, zu errichten, zu erwerben oder sich hieran unmittelbar oder mittelbar zu beteiligen. Ausgenommen sind bloße Finanzbeteiligungen, durch die kein wesentlicher Einfluss auf die Führung der Gesellschaft entsteht.
14[…]
15(4)Dauert das Anstellungsverhältnis länger als 24 Monate, gilt Abs. 2 mit der Maßgabe, dass die Dauer des Verbots zwei Jahre von der Beendigung des Anstellungsverhältnisses an beträgt. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer bei Beendigung des Anstellungsverhältnisses das 65. Lebensjahr vollendet hat; […]
16[…]
17(6)Für die Einhaltung der in den vorstehenden Absätzen genannten Verbote erhält der Arbeitnehmer während deren Dauer eine Entschädigung, die für jedes Jahr der Verbote 65 % der von ihm zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen beträgt.
18[…]
19(9)Im Übrigen gelten die §§ 74 ff. HGB."
20In einem vom Kläger verfassten Protokoll eines weiteren Management Meetings vom 20.07.2010 (Bl. 265 ff. d. A.) heißt es auszugsweise:
21"Preventing employees from crossing to competitor - done".
22Im November 2011 bot die Beklagte dem Kläger eine Tätigkeit in der Zentrale der Muttergesellschaft in Tel Aviv als Finance Director im Bereich "Corporate" an. Eine entsprechende Vereinbarung kam zwischen den Parteien aber nicht zustande, wobei die Hintergründe zwischen den Parteien streitig sind.
23Mit Schreiben vom 25.11.2011 kündigte die Beklagte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis zum 31.03.2012. Dagegen wendete sich der Kläger mit einer Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf im Verfahren 7 Ca 7443/11. Dieses Verfahren endete durch einen Vergleich im schriftlichen Verfahren gemäß § 278 Abs. 6 ZPO mit Beschluss vom 09.03.2012, Bl. 23 d.A.. Auszugsweise enthält dieser Vergleich folgende Regelungen:
24"1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund arbeitgeberseitiger, fristgerechter, betriebsbedingter Kündigung vom 30.11.2011 am 31.03.2012 endet.
25[…]
263. Der Kläger wird seine vollen vertraglichen Leistungen für die Jahre 2011 und anteilig 2012 bis zu seinem Ausscheiden erhalten.
27[…]
287. Die Beklagte erteilt dem Kläger ein Zwischen- und Abschlusszeugnis mit einer sehr guten Führungs- und Leistungsbeurteilung auf Deutsch und Englisch und wird bei ihrer Gesellschafterin Sorge dafür tragen, dass diese bis zum 31.03.2012 ein entsprechendes Empfehlungsschreiben auf Englisch/Hebräisch erteilt.
29[…]
309. Die Beklagte zahlt an den Kläger in entsprechender Anwendung der §§ 9, 10 KSchG als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung in Höhe von 35.500,00 EUR, fällig am 31.03.2012."
31Vor Abschluss des Vergleiches tauschten die Parteien im Rahmen von außergerichtlich geführten Vergleichsgesprächen unterschiedliche Entwürfe in englischer Sprache aus. Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot bzw. eine Karenzentschädigung war nicht ausdrücklich Gegenstand der Vergleichsverhandlungen, die auf Seiten der Beklagten maßgeblich Herr B. führte, der von der Existenz eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes keine Kenntnis hatte.
32Mit Schreiben vom 28.12.2012 (Bl. 274 d. A.) focht die Beklagte den gerichtlichen Vergleich ebenso wie ein etwaiges nachvertragliches Wettbewerbsverbot wegen arglistiger Täuschung an. Vorsorglich erklärte sie den Verzicht auf ein etwaiges nachvertragliches Wettbewerbsverbot. Mit Urteil vom 08.04.2013 im Verfahren 7 Ca 7443/11 stellte das Arbeitsgericht Düsseldorf fest, dass der Prozess durch den gerichtlichen Vergleich vom 09.03.2012 beendet wurde. Die dagegen gerichtet Berufung wies das Landesarbeitsgericht Düsseldorf zurück.
33Nach seinem Ausscheiden bezog der Kläger im Zeitraum vom 01.04.2012 bis zum 30.06.2012 Arbeitslosengeld in Höhe von monatlich 2.031,30 €. Zudem war er auch im Juni 2012 für die F. Energie GmbH drei Wochen lang als Trainee oder Auszubildender zum Zwecke der Erprobung einer möglichen Tätigkeit unentgeltlich tätig. Seit dem 01.07.2012 ist der Kläger im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses jedenfalls für die F. Energie GmbH tätig. Die F. Energie GmbH zahlt dem Kläger ein fixes monatliches Gehalt. Der Ausdruck der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2012 (Bl. 834 d. A.) weist für den Zeitraum vom 01.07.2012 bis zum 31.12.2012 ein Bruttoarbeitslohn in Höhe von 24.999,96 € (monatlich 4.166,66 € brutto) sowie pauschalbesteuerte Arbeitgeberleistungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in Höhe von 326,28 € brutto (monatlich 54,38 € brutto) aus. Für die Zeit vom 01.01.2013 bis zum 31.12.2013 weist die elektronischen Lohnsteuerbescheinigung 2013 (Bl. 835 d. A.) von der F. Energie GmbH einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 50.499,92 € sowie pauschalbesteuerte Arbeitgeberleistungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in Höhe von 675,48 € brutto (monatlich 56,29 € brutto). In dem Bruttoarbeitslohn in Höhe von 50.449,92 € ist dabei ausweislich der Lohnabrechnung für Dezember 2013 (Bl. 851 d. A.) auch ein Weihnachtsgeld in Höhe von 500,00 € brutto enthalten, so dass sich der Bruttoarbeitslohn für das gesamte Jahr aus der Zahlung von monatlich 4.166,66 € brutto zuzüglich des Weihnachtsgeldes ergibt. Für das Jahr 2014 hatte der Kläger zunächst Entgeltabrechnungen für die Monate Januar bis März 2014 (Bl. 836 ff. d. A.) sowie Dezember 2014 (Bl. 860 d. A.) vorgelegt. Danach bezog er jeweils ein Festgehalt in Höhe von 4.166,66 € brutto sowie ein Fahrgeld in Höhe von 58,39 € brutto. Die später überreichte elektronische Lohnsteuerbescheinigung 2014 (Bl. 1064 d. A.) weist von der F. Energie GmbH 49.999,92 sowie Fahrgeld in Höhe von 700,68 € aus. Dies entspricht dem monatlichen Bezug eines Festgehaltes in Höhe von 4.166,66 € brutto sowie eines Fahrgeldes in Höhe von 58,39 €.
34Im Rahmen der Tätigkeit für die F. Energie GmbH erbringt er auch Leistungen für die F. Enterprises Limited, die mit der F. Energie GmbH konzernrechtlich verbunden ist. Darüber hinaus erhält er auch von der F. Enterprises Limited Geldleistungen, die auf selbständiger Basis vergütet werden. Insoweit hat der Kläger einen Kontoauszug der "N. INNOVATION LTD" vom 19.11.2014 (Bl. 857 ff. d. A.) mit Sitz in Zypern vorgelegt, wonach ihm am 23.09.2014 von der F. Enterprises Limited mit dem Betreff "INV 1/14" ein Betrag in Höhe von 70.000,00 € und am 14.11.2014 unter dem Betreff "INV NO 2/14" ein Betrag in Höhe von 5.000,00 € gutgeschrieben worden ist. Der Kläger hat hierzu behauptet, der Betrag in Höhe von 5.000,00 € sei als Bonus oder Gehalt für seine Tätigkeit als Trainee bzw. Auszubildender im Juni 2012 gezahlt worden, der weitere Betrag die Gegenleistung für die bisherige Tätigkeit in Höhe von 2.500,00 € monatlich.
35Ausweislich einer E-Mail des Klägers mit dem Betreff "Income Proof" vom 09.01.2015 (Bl. 855 ff.) bittet der Kläger Herrn C. N. von der F. Energie GmbH, zu bestätigen, dass er in der Zeit von 2012 bis zum 31.08.2014 für seine Tätigkeiten in der Gruppe eine Zahlung in Höhe von 70.000 € brutto, von der F. Energie GmbH zudem ein Gehalt in Höhe von 50.000 € erhalten habe und darüber hinaus keine Ansprüche gegen die F. Energie GmbH oder damit verbundene Unternehmen habe. Dies bestätigte Herr N. wie folgt:
36"Hi Moti,
37I need to prove my income from the F. group, as we don’t have any contract in place can you please confirm the below retroactive statement. It would be really helpful if I can send it to you on a letter head of F. for you to sign before Shabbat.
38Sorry for the last minute.
39Many thanks,
40Z.
41To whom it may concern,
42This is to certify that Mr. Z. I., directly or indirectly, has received for freelance work, he has rentered services to our consolidated group from 2012 and up until 31.08.2014 including a total payment of € 70,000.00 gross. Apart from for the above Mr. Z. I. directly or indirectly, is entitled and received for the period above only a salary of 50.000 EUR per annum from F. energie GmbH (HRB 15799). Mr. I. is not entitled, directly or indirectly, to make any further payment claims against us or affiliated companies for the period above.”
43Mit E-Mail vom 12.01.2015 bestätigt Herr C.-N. folgendes:
44"I confirm the below."
45Mit seiner am 18.05.2012 beim Arbeitsgericht Düsseldorf eingegangenen Klage, die der Beklagten am 25.05.2012 zugestellt worden ist, machte der Kläger diverse Zahlungsansprüche geltend. Dabei handelte es sich zum einen um eine Tantieme für die Kalenderjahre 2011 und 2012 in Höhe von 31.250,00 €. Insoweit hat das Arbeitsgericht Düsseldorf die Beklagte durch Teilurteil vom 27.08.2013 verurteilt, an den Kläger einen Betrag von 26.095,94 € brutto zu zahlen. Die dagegen gerichtete Berufung hat sie zurück genommen. Zum anderen hat der Kläger ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ab April 2012 behauptet und den Anspruch zunächst mit 10.035,00 € monatlich berechnet. Die Ansprüche auf Karenzentschädigung erweiterte er später.
46Soweit für das vorliegende Verfahren von Interesse hat der Kläger erstinstanzlich behauptet, er habe mit der Beklagten ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot entsprechend einer Änderungsvereinbarung vom 05./12.10.2010 abgeschlossen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Beklagte erstmals im Laufe des gerichtlichen Verfahrens mit Schriftsatz vom 04.01.2013 (Bl. 252 ff. d. A.) bemerkt habe, die Existenz des Wettbewerbsverbotes nicht positiv bestätigen zu können. Dies ergebe sich schon aus dem Schriftsatz vom 31.10.2012. Zudem habe er die Beklagte schon am 04.05.2012 zur Zahlung der Karenzentschädigung aufgefordert. Auch zahle die Beklagte die im Änderungsvertrag vom 05./12.10.2010 festgelegte Vergütung. Ob sich die Vereinbarung in der Personalakte befände, sei ohne Bedeutung. Er bestreitet auch, dass sie sich dort nicht befände. Er habe sie jedenfalls nicht entfernt. Auch aus den außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen ergebe sich nichts Gegenteiliges. Schließlich habe er keine allgemeine Erledigungsklausel akzeptiert und den Formulierungsvorschlag der Beklagten gestrichen. Er habe auch nie mitgeteilt, dass es keine weiteren Ansprüche gebe. Die Höhe der Karenzentschädigung berechnet er mit monatlich 10.238,04 € brutto. Er habe von der Beklagten eine vertragsgemäße Vergütung in Höhe von monatlich 12.355,00 € erhalten. Zu berücksichtigen sei auch der geldwerte Vorteil für die private Nutzung des Firmenhandys in Höhe von 1.000,00 € brutto sowie eine durchschnittliche Bonuszahlung in Höhe von monatlich 2.395,83 € brutto. Ihm müsse bei der Frage der Einkünfte auch nicht ein fiktiver Betrag angerechnet werden, den er bei der Muttergesellschaft in Israel hätte erzielen können. Denn er habe das ohne konkrete Konditionen übermittelte Angebot aus persönlichen Gründen nicht angenommen. Auch unter Berücksichtigung des Arbeitslosengeldes werde die Anrechnungsgrenze nicht erreicht. Von der F. Energie GmbH, mit der kein schriftlicher Vertrag abgeschlossen worden sei, erhalte er ein festes Gehalt in Höhe von jährlich 50.000,00 € brutto, also monatlich 4.166,66 € brutto. Zudem habe er Anspruch auf eine Bonuszahlung in Höhe von 30.000 € jährlich, also 2.500,00 € monatlich. Diesen Betrag hat er später der F. Enterprises Limited zugewiesen und erläutert, er werde von dieser auf selbständiger Basis vergütet und erhalte 2.500,00 € monatlich. Für Juni 2014 habe er von dieser Gesellschaft 5.000,00 € erhalten. Die F. Enterprises Limited habe die Beträge allerdings erst im November 2014 gezahlt.
47Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
481.die Beklagte zu verurteilen, an ihn 245.712,96 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 10.238,04 € seit dem 01.05.2012, 01.06.2012, 01.07.2012, 01.08.2012, 01.09.2012, 01.10.2012, 01.11.2012, 01.12.2012, 01.01.2013, 01.02.2013, 01.03.2013, 01.04.2013, 01.05.2013, 01.06.2013, 01.07.2013, 01.08.2013, 01.09.2013, 01.10.2013, 01.11.2013, 01.12.2013, 01.01.2014, 01.02.2014, 01.03.2014 sowie 01.04.2014 zu zahlen;
492.die Beklagte zu verurteilen, ihm ein von der T. Telemedicine Ltd. ausgestelltes, dem Zeugnis der Beklagten vom 30.04.2012 entsprechendes Referenzschreiben auf Englisch und Hebräisch zu erteilen.
50Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
51die Klage abzuweisen.
52Die Beklagte hat erstinstanzlich bestritten, dass zwischen den Parteien ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart worden sei, hielt dies aber auch nicht für völlig ausgeschlossen. Allerdings könne sich der Kläger in keinem Falle auf ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot berufen. Denn sie, die Beklagte, habe sich aufgrund des Verhaltens des Klägers darauf verlassen, dass ein solches nicht existiere. Schließlich habe sich das Verbot nicht in der vom Kläger geführten Personalakte befunden. Zwar sei im Rahmen des Management-Meetings am 20.05.2012 über den Abschluss von nachvertraglichen Wettbewerbsverboten gesprochen worden. Es seien aber nicht mit allen Mitarbeitern, so etwa mit Herrn M., tatsächlich nachvertragliche Wettbewerbsverbote geschlossen worden. Im Übrigen sollte die Dauer allenfalls ein Jahr betragen. Auch sei zu beachten, dass der Kläger die undatierte Vereinbarung über die Höhe des Bonus, in der auf die Änderungsvereinbarung vom 05./12.10.2010 Bezug genommen werde, selbst verfasst habe. Auch haben dem Kläger die Führung der Personalunterlagen und die Implementierung von nachvertraglichen Wettbewerbsverboten oblegen. Er hätte deshalb auf dessen Existenz hinweisen müssen. Jedenfalls habe er sie, die Beklagte, gemäß § 123 BGB arglistig getäuscht. Es bestehe der Verdacht, dass er ausschließlich eigene Interessen verfolge. Denn es habe in seinem Falle nie ein berechtigtes geschäftliches Interesse an der Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots bestanden. Zudem habe Herr B. den Kläger am Ende der geführten Gespräche auf hebräisch gefragt, ob es noch weitere Zahlungsansprüche gebe, was der Kläger verneint habe. Auch in einem Gespräch am 07.02.2012 oder 08.02.2012 in Düsseldorf habe Herr B. den Kläger gefragt, ob mit dem Vergleich alle finanziellen Forderungen erledigt seien oder ob er noch Anspruch auf weitere Leistungen habe. Auch dies habe der Kläger verneint. Der Vergleich habe damit als abschließend angesehen werden müssen. Auch habe der Kläger keine Rückstellungen für eine Karenzentschädigung gebildet, obwohl dies zu seinem Aufgabenkreis gehört hätte. Die Höhe der Einnahmen des Klägers bestreite sie. Der Kläger hätte auch nie ohne Vorhandensein eines schriftlichen Arbeitsvertrages die Tätigkeit für die F. Energie GmbH aufgenommen. Sie bestreitet seine Einkünfte in Höhe von monatlich 4.166,66 € brutto zuzüglich 2.500,00 € monatlich. Jedenfalls habe er bei ihr, der Beklagten wesentlich höhere Einnahmen erzielt und auch ihr Angebot zur Beschäftigung in Israel sei wesentlich höher dotiert gewesen. Es sei deshalb zu vermuten, dass ihm variable Vergütungen, Gewinnbeteiligungsrechte, Aktienoptionen, Long-Term Incentives oder ähnliches zustünden, die er nicht angegeben habe. Möglicherweise erhalte er auch Leistungen einer anderen Konzerngesellschaft. Auch seien Verträge mit Familienangehörigen denkbar. Insoweit hat sie mit Schriftsatz vom 12.09.2012 Auskunft über anderweitigen Verdienst begehrt und macht ein Zurückbehaltungsrecht geltend. Mit Schriftsatz vom 04.01.2013 hat die Beklagte die Aufrechnung mit den dem Kläger auf der Grundlage des gerichtlichen Vergleichs vom 09.03.2012 gewährten Leistungen, nämlich der Abfindung in Höhe von 35.500,00 € brutto sowie einer Einmalzahlung in Höhe von 13.000,00 € brutto, erklärt. Wegen der wirksamen Anfechtung des Vergleiches habe er diese Leistungen rechtsgrundlos erhalten.
53Das Arbeitsgericht Düsseldorf der Klage in Höhe von 240.127,84 € brutto stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Ein Wettbewerbsverbot sei wirksam durch die Änderungsvereinbarung vom 05./12.10.2010 vereinbart worden. Sie sei im Original für die Beklagte von deren Geschäftsführer M. unterschrieben worden. Dass sich die Urkunde nicht in der Personalakte befinde, sei unerheblich. Auch dass mit einem weiteren Mitarbeiter, Herrn M., keine Vereinbarung abgeschlossen worden sei, sei ebenso irrelevant, wie der Hinweis, dass Verbote nur für die Dauer von 12 Monaten vereinbart werden sollten. Die Beklagte habe die Vereinbarung auch nicht wirksam angefochten, weil es an einem Anfechtungsgrund fehle. Die Beklagte habe nicht dargelegt, inwiefern der Kläger bei Abschluss der Änderungsvereinbarung durch Vorspiegelung oder Entstellung von Tatsachen einen Irrtum erregt habe. Auch materielle Zweifel am Bestand des Wettbewerbsverbotes bestünden nicht. Die Beklagte habe auf das Wettbewerbsverbot auch nicht rechtswirksam verzichtet. Denn der Verzicht sei erst nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses erklärt worden. Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot sei auch nicht durch eine mündliche Vereinbarung aufgehoben worden. Dem stünde die im Arbeitsvertrag vom 14./27.08.2008 enthaltene doppelte Schriftformklausel entgegen. Zudem würde eine mündliche Ausgleichsklausel Ansprüche aus einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot auch nicht erfassen. Allein die Frage von Herrn B. im Rahmen der Vergleichsverhandlungen, ob es noch weitere Zahlungsansprüche bestünden, sei nicht trennscharf. Der Kläger könne sich auch auf das nachvertragliche Wettbewerbsverbot berufen. Schließlich sei es vom Geschäftsführer selbst unterzeichnet worden. Es sei auch nicht ersichtlich, dass der Kläger Ansprüche habe verschleiern wollen. Berechnungsgrundlage für die Höhe des Anspruchs sei die vertragsmäßige Vergütung in Höhe von 15.399,33 € brutto. Die Karenzentschädigung betrage 65% dieser Leistungen, also 10.009,56 € brutto. Darin enthalten sei das monatliche Festgehalt in Höhe von 12.355,00 € brutto. Provisionen und andere wechselnden Bezüge seien mit dem Durchschnitt der letzten drei Jahre, also für den Zeitraum vom 01.04.2009 bis zum 31.03.2012 zu berücksichtigen. Ausgehend vom Bonus für das Jahr 2009 für die Zeit vom 01.04.2009 bis zum 31.12.2009 in Höhe von 22.500,00 € brutto (30.000,00 € ./. 12 x 9) sowie für die Jahre 2010 und 2011 in Höhe von jeweils 25.000,00 € brutto errechne sich ein Bonus von insgesamt 73.595,94 € brutto für die Zeit vom 01.04.2009 bis zum 31.03.2012, also 2.044,33 € brutto monatlich. Der geldwerte Vorteil für das Diensthandy sei mit 1.000,00 € anzusetzen. Der Kläger müsse sich zwar anderweitigen Verdienst anrechnen lassen und der Beklagten stünde insoweit ein Auskunftsanspruch zu, aus dessen Nichterfüllung ein Zurückbehaltungsrecht resultiere. Der Kläger habe indes seine Pflichten zur Auskunftserteilung erfüllt. Dabei reiche bei einer unselbständigen Beschäftigung die Vorlage von Lohn- bzw. Gehaltsabrechnungen aus. Insoweit habe er für die Jahre 2012 und 2013 sogar eine elektronische Lohnsteuerbescheinigung der F. Energie GmbH vorgelegt. Da diese für das Jahr 2014 zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch nicht existierte, seien die übermittelten Gehaltsabrechnungen ausreichend. Die Zahlungen der F. Enterprises Limited habe er durch Vorlage eines Kontoauszug nachgewiesen und sich die Höhe der Vergütung von seinem Arbeitgeber bescheinigen lassen. Die sei ausreichend, zumal die Beklagte nicht aufgezeigt habe, weshalb die übermittelten Angaben fehlerhaft sein sollten. Allein, dass er bei dem neuen Arbeitgeber weniger verdiene, reiche jedenfalls nicht aus. Auch das Angebot der Konzernmutter habe er nicht annehmen müssen. Denn der Arbeitnehmer müsse seinen weiteren Werdegang nicht an den finanziellen Interessen seines früheren Arbeitgebers orientieren. Die Höhe der Karenzentschädigung berechnet das Arbeitsgericht mit 10.009,56 € brutto monatlich. Er müsse sich zwar erhaltene Einkünfte anrechnen lassen, diese erreichten aber mit Ausnahme des Monats Juni 2012, für den er sich 101,60 € brutto anrechnen lassen müsse, nicht die Anrechnungsgrenze von 16.939,26 €. Die von der Beklagten erklärte Aufrechnung gehe in die Leere. Ihr stünde keine aufrechenbare Forderung zu. Der ausgeurteilte Zinsanspruch folge aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB. Für die Monate April 2012 bis Juli 2012 habe er Anspruch auf Zinsen ab Fälligkeit der jeweiligen Karenzentschädigung. Für den Zeitraum danach sei zu beachten, dass sich die Beklagte mit Schriftsatz vom 12.09.2012 wirksam auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen habe. Der zugrunde liegenden Auskunftsverpflichtung sei der Kläger erst durch Übersendung der Gehaltsabrechnungen und sonstigen Unterlagen am 13.01.2015 nachgekommen. Für den Zeitraum vom 15.09.2012 bis zur vollständigen Erteilung der Auskunft im Kammertermin am 13.01.2015 habe der Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht zugestanden, so dass für diesen Zeitraum auch keine Zinsansprüche entstehen konnten. Der Kläger habe gegen die Beklagte aber keinen Anspruch auf Erteilung eines von der T. Telemedicine Ltd. ausgestellten Referenzschreibens auf Englisch und Hebräisch. Nicht die Beklagte, sondern die T. Telemedicine Ltd. habe ihm ein solches Referenzschreiben zu erteilen. Die Beklagte sei nicht Schuldnerin des Anspruchs.
54Gegen das ihr am 12.02.2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 02.02.2015 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet. Die Berufungsbegründungsfrist ist sodann bis zum 30.04.2014 verlängert worden. Eine ergänzende Berufungsbegründung erfolgte mit einem am 30.04.2015 eingegangenen Schriftsatz.
55Gegen das ihm am 24.02.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 24.03.2015 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Frist zur Begründung der Berufung bis zum 15.05.2015 - mit einem am 13.05.2015 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
56Der Kläger verfolgt mit der Berufung sein ursprüngliches Begehren teilweise weiter, soweit die Klage abgewiesen worden ist. Er meint, das Arbeitsgericht habe rechtsfehlerfrei eine Karenzentschädigung in Höhe von 10.009,56 € errechnet und darauf hingewiesen, dass die Anrechnungsgrenze nicht überschritten worden sei. Allerdings habe das Arbeitsgericht für Juni 2012 unzutreffend das Arbeitslosengeld angerechnet und einen Betrag in Höhe von 101,60 € abgezogen. Zudem habe das Arbeitsgericht die Zinszahlung unzutreffend gekürzt. Unzutreffend meine das Arbeitsgericht, dass sich die Beklagte von September 2012 bis zum 13.01.2015 auf ein Zurückbehaltungsrecht habe berufen können. Indes habe er bereits im Schriftsatz vom 12.09.2012 mitgeteilt, wieder beschäftigt zu sein und erklärt eine Grundvergütung in Höhe von 4.166,66 € sowie einen Bonus von jährlich 30.000,00 € (2.500,00 € monatlich) zu erzielen. Jeweils neue Lohnabrechnungen habe er bei gleichbleibender Vergütung nicht vorlegen müssen. Es hätten auch keine anderen Unterlagen zur Verfügung gestanden. Die Zahlung in Höhe von 30.000,00 € habe er erst am 23.09.2014 erhalten und deshalb nicht früher nachweisen können. Erstmals mit Schreiben vom 22.12.2014 habe die Beklagte dann Zweifel an seinem Einkommen geäußert. Zudem habe er mit Schriftsatz vom 04.12.2012 Gehaltsabrechnungen für September und Oktober 2012 vorgelegt und damit alle bestehenden Pflichten erfüllt. Er habe auch Anspruch auf das vereinbarte Referenzschreiben. Anspruchsgegner sei entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichtes die Beklagte, weil sie sich verpflichtet habe, bei der Gesellschafterin für die Erstellung "Sorge zu tragen".
57Der Kläger beantragt,
58das am 13.01.2015 verkündete Schlussurteil des Arbeitsgerichtes Düsseldorf - 2 Ca 3082/12 - wird abgeändert und die Beklagte verurteilt,
591.an ihn 240.229,44 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 10.009,56 € seit dem 01.05.2012, 01.06.2012, 01.07.2012, 01.08.2012, 01.09.2012, 01.10.2012, 01.11.2012, 01.12.2012, 01.01.2013, 01.02.2013, 01.03.2013, 01.04.2013, 01.05.2013, 01.06.2013, 01.07.2013, 01.08.2013, 01.09.2013, 01.10.2013, 01.11.2013, 01.12.2013, 01.01.2014, 01.02.2014, 01.03.2014 sowie 01.04.2014 zu zahlen;
602.ihm ein von der T. Telemedicine Ltd. ausgestelltes, dem Zeugnis der Beklagten vom 30.04.2012 entsprechendes Referenzschreiben auf Englisch und Hebräisch zu erteilen.
61Der Beklagte beantragt,
621.das am 13.01.2015 verkündete Urteil des Arbeitsgerichtes Düsseldorf - 2 Ca 3082/12 abzuändern und die Klage abzuweisen, hilfsweise als zur Zeit unbegründet abzuweisen;
632.die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
64Der Kläger beantragt,
65die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
66Die Beklagte verfolgt mit der Berufung ihr ursprüngliches Begehren der vollständigen Klageabweisung weiter. Die Beklagte fokussiert sich zunächst auf das vom Arbeitsgericht teilweise zugrunde gelegte Zurückbehaltungsrecht. Dies habe entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichtes nicht nur bis zum 12.01.2015 bestanden, sondern begründe ein dauerhaftes Leistungsverweigerungsrecht, weil es dem Kläger nach wie vor nicht gelungen sei, seine Einkünfte in der gebotenen Art und Weise darzulegen. Denn der Arbeitnehmer sei nach § 74c Abs. 2 HGB verpflichtet, über die Höhe seines Erwerbs Auskunft zu erteilen. Dies erfordere wahrheitsgemäße und nachprüfbare Angaben und erfasse nicht nur den tatsächlichen, sondern auch den böswillig unterlassenen Erwerb. Der Umfang der Auskunft werde durch § 259 BGB geregelt. Erforderlich seien eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und die Übermittlung von Nachweisen. Der Kläger müsse eine geordnete schriftliche der Nachprüfung zugängliche Zusammenstellung der Einnahmen vorlegen. Die Übermittlung von Unterlagen reiche hierzu nicht aus, sondern sei mit der Abrechnung zusammen vorzulegen. Zu unterscheiden seien inhaltliche Richtigkeit und formale Vollständigkeit der Rechnung. Hier fehle es schon an der formalen Vollständigkeit. Ihre Zweifel seien auch begründet. Zunächst sei die Diskrepanz zwischen der bei ihr, der Beklagten, bezogenen Vergütung und den behaupteten neuen Bezügen auffällig. Auch bestreitet sie, dass der Kläger erst ab dem 01.07.2012 eine Beschäftigung aufgenommen habe sowie die Höhe der mitgeteilten Bezüge. Der Kläger müsse schon den Arbeitsvertrag vorlegen oder ihn auf Grundlage des Nachweisgesetzes anfordern. Wenn das Gehalt zuträfe müssten ihm Gewinnbeteiligungen oder stille Beteiligungen zustehen. Es könnten auch Verträge mit Verwandten des Klägers abgeschlossen worden sein. Sein Verhalten bei der Übermittlung von Dokumenten sei auch dubios. Er übermittle wenige Unterlagen auf Anfrage, andere bringe er zum Termin mit. Dieses fragmentarische Vorgehen könne den Auskunftsanspruch nicht erfüllen, so dass ihr Leistungsverweigerungsrecht fortbestehe. Seine Angaben seien auch widersprüchlich, etwa wenn er behaupte, er arbeite nicht für die F. Energie GmbH, sondern für eine Gesellschaft in Großbritannien. Von einem Festgehalt in Höhe von 2.500,00 € von einer F. Enterprises Ltd. sei bisher nicht die Rede gewesen. Er habe erklärt, dass er dieses Gehalt "in Rechnung stelle". Er habe eingeräumt, bereits als Trainee gearbeitet zu haben. 70.000,00 € seien zudem nicht auf ein Konto des Klägers überwiesen worden, sondern an die N. Innovation Ltd auf Zypern. Im Ergebnis lege der Kläger also nur mosaikartig vor. Unabhängig vom Zurückbehaltungsrecht sei es ihm nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf Ansprüche aus dem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot zu berufen. Insoweit habe das Arbeitsgericht das widersprüchliche Verhalten des Klägers nicht zutreffend gewürdigt. Besonders zu betonen sei, dass beim Kläger, der insbesondere bei eigenen Belangen stets besonderen Wert auf akkurate Aufgabenerledigung Wert gelegt habe, das nachvertragliche Wettbewerbsverbot nicht in der Personalakte aufzufinden sei. Es habe auch kein anderer ein Interesse gehabt, den Vertrag aus der Akte zu entfernen, was ein Hinweis auf ein planvolles Handeln sei. Zudem habe er für das nachvertragliche Wettbewerbsverbot keine Rückstellungen gebildet, obgleich er dafür zuständig gewesen und an exponierter Stelle tätig geworden sei. Bei einer ordnungsgemäß gebildeten Rückstellung wäre den zuständigen Stellen auch sogleich aufgefallen, dass etwas nicht stimme. Schließlich habe er das nachvertragliche Wettbewerbsverbot lange verschwiegen und im Rahmen der Verhandlungen über den Aufhebungsvertrag darauf nicht hingewiesen. Dabei sei auch sein prozessuales Verhalten zu würdigen. So habe er sein "Original" der Änderungsvereinbarung erst im Termin am 13.01.2015 vorgelegt, als nur eine kurze Sichtprüfung möglich gewesen sei. Dieselbe Verschlossenheit zeige sich bei den Auskünften über den Zwischenverdienst. Es seien auch keine Gründe ersichtlich, weshalb er gegen sein wirtschaftliches Interesse gehandelt habe. Schließlich sei auch zu beachten, dass nur ein Verbot mit einer Dauer von einem Jahr habe abgeschlossen werden sollen, was sich bereits aus der E-Mail vom 14.07.2010 ergebe.
67Soweit das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben hat, verteidigt der Kläger das angefochtene Urteil und macht unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens ergänzend geltend: Die Beklagte stütze ihre Berufung lediglich auf die angeblich nicht erfüllte Verpflichtung zur Auskunftserteilung nach § 74c Abs. 2 HGB. Er habe indes seine Verpflichtungen erfüllt. Entscheidend sei eine einzelfallbezogene Betrachtung der Zumutbarkeit, um dem Anspruchsgegner einen vollständigen Überblick über die Einkünfte zu verschaffen. § 259 BGB finde gerade keine Anwendung. Denn es bestünde eine Auskunftspflicht, keine Pflicht zur Rechnungslegung. Er, der Kläger, habe insoweit bereits am 10.10.2012 mitgeteilt, wieder beschäftigt zu sein und eine Grundvergütung von 4.166,66 € sowie einen Bonus von jährlich 30.000,00 € (2.500,00 € monatlich) zu erzielen. Dies habe er ebenso wie die vorangegangenen Arbeitslosengeldzahlungen belegt. Zudem habe er dann nach dem gerichtlichen Hinweis die Lohnsteuerbescheinigungen für 2012 und 2013 vorgelegt. Für 2014 habe er Gehaltsabrechnungen vorgelegt, weil die Lohnsteuerbescheinigung noch nicht vorgelegen habe. Die Zahlung von 70.000,00 € im September 2014 beruhe auf der Bonuszahlung von 2.500,00 € für den Zeitraum Juli 2012 - August 2014, also für 26 Monate (65.000,00 €) zuzüglich einer weiteren Zahlung in Höhe von 5.000,00 €. Insoweit habe er seine Pflichten bereits durch den Schriftsatz vom 10.10.2012 erfüllt, spätestens aber im Kammertermin vom 13.01.2015. Es bestünden auch keine Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der Auskünfte. Dass er weniger als früher verdiene, sei richtig, aber ohne jeden Aussagewert. Er habe auch keine anderweitigen Einkünfte. Die Behauptung, seine Ehefrau oder Verwandte könnten als Strohmänner eingesetzt sein, sei reine Spekulation. Auch mit ihrer weiteren Begründung könne sie nicht durchdringen. Denn er, der Kläger, habe sich nicht widersprüchlich verhalten. Die Beklagte versuche wieder, die eindeutige Änderungsvereinbarung aus November 2011 zu ignorieren. Sie könne auch nicht behaupten, dass Herr M. nicht gewusst habe, was er unterschreibe. Auch aus Anlage K 32 und K 33 ergebe sich, dass der Änderungsvertrag offen kommuniziert worden sei. Tatsächlich sei das nachträgliche Wettbewerbsverbot nur auf Wunsch der Beklagten vereinbart worden. Auch dass das Original erst im Termin vorgelegt worden sei, sei irrelevant. Dies sei nur erfolgt, um letzte Zweifel der Beklagten auszuräumen. Sie müsse nur ihren Geschäftsführer M. fragen, ob er ein derartiges Exemplar unterschrieben habe. Im Übrigen verweist er darauf, dass Einkommenssteuerbescheide für 2013 und 2014 bislang noch nicht erlassen seien.
68Soweit der Anspruch durch das Arbeitsgericht abgewiesen worden ist, verteidigt die Beklagte das angefochtene Urteil. Die Berufung des Klägers sei zurückzuweisen. Er habe, wie sich aus ihrer Berufungsbegründung ergebe, nach wie vor seine Auskunftspflichten nicht erfüllt. Richtig erkenne er, dass eine Kongruenz zwischen seinen Angaben und den vorgelegten Bescheinigungen bestünde. Dies sei aber nicht entscheidend für die Frage der Vollständigkeit der Angaben. Es gehe vielmehr darum, was der Kläger nicht erklärt habe, also die Vollständigkeit seiner Angaben. Dass es keinen Arbeitsvertrag gebe, bestreite sie. Vereinbarungen mit den Unternehmen der F. Energie würden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schriftlich fixiert. Sie bleibe auch dabei, dass er über den Bestand des Wettbewerbsverbotes getäuscht habe. Herrn M. habe dem Kläger vertraut. Zweifel an der Existenz des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes seien auch nur deshalb aufgekommen, weil es sich nicht in den Personalakten befunden habe. Herr M. glaubte zwar, mit dem Kläger ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart zu haben, er war sich dessen aber nicht mehr sicher, weil nichts Entsprechendes in der Personalakte vorhanden gewesen sei. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf das Referenzschreiben, weil ihr dessen Erstellung unmöglich wäre.
69Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die in beiden Instanzen zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen.
70E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
71I.
72Die von Kläger und Beklagter eingelegten Berufungen sind zulässig, insbesondere sind sie unter Beachtung der Vorgaben der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie sind aber nur zu einem geringen Teil begründet. Die Berufung des Klägers ist in Höhe von 101,60 € begründet. Insoweit hat das Arbeitsgericht für den Monat Juni 2012 unzutreffend das vom Kläger bezogene Arbeitslosengeld verrechnet. Im Übrigen ist die Berufung des Klägers unbegründet. Insbesondere hat er keinen Anspruch auf das Referenzschreiben. Die Berufung der Beklagten hingegen ist nur teilweise hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten Zinsen gerechtfertigt. Denn ihr stand nach Auffassung der Kammer bis zum 13.01.2015 ein Zurückbehaltungsrecht zu. Zinsansprüche sind deshalb erst ab dem 14.01.2015 begründet. Im Übrigen ist auch die Berufung der Beklagten unbegründet. Zum einen kann sich der Kläger entgegen der Auffassung der Beklagten auf das nachvertragliche Wettbewerbsverbot berufen. Zum anderen hat er die ihm obliegenden Auskunftspflichten am 13.01.2015 erfüllt.
73Im Einzelnen:
74I.Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 240.229,44 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.01.2015.
751.Die Parteien haben wirksam ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart, das nicht nachträglich entfallen oder aufgehoben worden ist.
76a)Ausweislich der schriftlichen Änderungsvereinbarung vom 05./12.10.2010 haben die Parteien wirksam ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart.
77Darauf hat das Arbeitsgericht bereits zutreffend hingewiesen. Die erkennende Kammer folgt insoweit den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG von einer Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Die Beklagte hat zweitinstanzlich zur Begründung eines Wettbewerbsverbotes keine Tatsachen vorgetragen, die Anlass zu einer anderen rechtlichen Beurteilung geben.
78Nur ergänzend wird angemerkt: Ein Vertrag kommt nach Maßgabe der §§ 145 BGB zustande durch zwei sich deckende, in Bezug aufeinander abgegebene Willenserklärungen, Angebot und Annahme (vgl. BAG v. 22.07.2014 - 9 AZR 1066/12, juris; BAG v. 25.04.2013 - 8 AZR 453/12, juris; BAG v. 30.01.1991, DB 1991, 2342).
79Ausgangspunkt für entsprechende Willenserklärungen ist die vom Kläger und dem Geschäftsführer der Beklagten im Original unterschriebene Änderungsvereinbarung. Diese enthält ohne Zweifel konkrete und eindeutige Willenserklärungen gerichtet auf den Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes. Dass es sich um eine Fälschung handeln soll, hat die Beklagte nicht behauptet.
80Auch ist für die Frage der Existenz des Wettbewerbsverbotes nicht entscheidend, dass sich das Exemplar - wie von der Beklagten behauptet - nicht in der Personalakte befinden soll. Denn es reicht aus, dass ein schriftliches Exemplar existiert.
81Nach § 74 Abs. 1 HGB bedarf die Vereinbarung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes der Schriftform. Soweit Schriftform vorausgesetzt wird, ist nach § 126 Abs. 1 BGB erforderlich, dass die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet wird. Bei einem Vertrag müssen die Parteien nach § 126 Abs. 2 Satz 1 BGB regelmäßig auf derselben Urkunde unterzeichnen.
82Soweit die Beklagte die Rechtsunwirksamkeit möglicherweise damit begründen möchte, dass ihr selbst kein unterschriebenes Exemplar in der Personalakte vorliege, geht dies fehl. Ausreichend für die Wirksamkeit ist jedenfalls, dass eine Ausfertigung des Vertrages existiert, auf der sich beide Unterschriften befinden. Es gilt der Grundsatz der Urkundeneinheit. Die Aushändigung der gegengezeichneten Urkunde ist nicht Teil des Formerfordernisses. Denn für die Wahrung der Schriftform kommt es nicht darauf an, in wessen Besitz die Urkunde anschließend verbleibt. Die Aushändigung der gegengezeichneten Urkunde ist nicht Teil des Formerfordernisses, sondern gegebenenfalls eine Frage des Zustandekommens des Vertrags (BGH v. 14.07.2004 - XII ZR 68/02, juris; BGH v. 30.06.1999 - XII ZR 55/97, ZIP 1999, 1300; LAG Berlin v. 07.01.2005 - 8 Sa 1500/04, NZA-RR 2005, 464, ErfK/Preis, § 125 - 127 Rz. 20).
83Auch dass die Beklagte verschiedentlich behauptet, es habe allenfalls ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot für die Dauer von 12 Monaten vereinbart werden sollen, berührt den Bestand des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes nicht. Denn tatsächlich haben sich die Parteien gerade im Vertrag auf ein weitergehendes Verbot verständigt. Soweit die Beklagten hierzu meint, der Geschäftsführer der Beklagten habe dem Kläger vertraut, ist dies kein tragfähiger Ansatz, den Bestand der Vereinbarung mit dem schriftlich fixierten Inhalt zu negieren. Dies selbst dann nicht, wenn der Geschäftsführer der Beklagten die Urkunde gar nicht eingehend gelesen haben sollte. Wenn eine Urkunde unterzeichnet wird, ohne dass der Unterzeichnende sie vorher gelesen hat, ist es nur denkbar, dass sich die Parteien des Vertrages über ihren Inhalt einig sind, die Urkunde diesen Willen aber nicht einwandfrei zum Ausdruck bringt. Hier gilt dann nach dem Grundsatz der "falsa demonstratio non nocet" das übereinstimmend gewollte. Entsprechendes gilt, wenn der Partner den abweichenden Willen des Unterzeichnenden erkannt hat (Staudinger/Singer, § 119 BGB Rz. 9; MüKo/BGB/Kramer, § 119 Rz.50; Flume, § 23 2 b)). Hier ist aber nicht erkennbar, dass beide Parteien einen entsprechenden Willen gehabt haben. Dies gilt keinesfalls für den Kläger.
84b)Dass eine Anfechtung nicht durchgreift, weil kein Anfechtungsgrund vorliegt, hat das Arbeitsgericht ebenfalls auf Grundlage der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ausführlich begründet. Auch insoweit folgt die erkennende Kammer den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG von einer Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Die Beklagte hat diesen Gesichtspunkt zweitinstanzlich auch gar nicht mehr begründet. Nur ergänzend wird darauf hingewiesen, dass keine einzige Tatsache vorgetragen worden ist, inwieweit der Kläger bei Abschluss der Vereinbarung die Beklagte getäuscht haben soll. Dass überhaupt ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot abgeschlossen werden sollte, war seit dem Management Meeting am 20.05.2010 klar. Denkbar wäre auch hier wiederum nur, dass das Wettbewerbsverbot mit einem anderen Inhalt abgeschlossen werden sollte. Auch hierzu hat die Beklagte nicht ansatzweise aufgezeigt, wie und weshalb der Geschäftsführer der Beklagten durch welche Handlung des Klägers arglistig getäuscht worden sein sollte, zumal er das nachvertragliche Wettbewerbsverbot unterschrieben hat. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass das Wettbewerbsverbot in anderer Weise ausgehandelt worden sein soll und dann gleichsam heimlich vom Kläger abgeändert und der Beklagten untergeschoben worden sein soll. Das Gegenteil ist der Fall. Die Verträge sind offen kommuniziert worden. Dass sich der Geschäftsführer in dieser Situation möglicherweise nicht die Mühe gemacht hat, diese zu lesen, ist als solches kein Anfechtungsgrund.
85c)Dass der Verzicht am 28.12.2012 den Bestand des Wettbewerbsverbotes nicht mehr berühren konnte, ergibt sich bereits aus § 75 a HGB. Denn danach kann der Verzicht auf das Wettbewerbsverbot nur vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erklärt werden. Das Arbeitsverhältnis endete aber bereits am 31.03.2012. Ein fast neun Monate nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses erklärter Verzicht auf das nachvertragliche Wettbewerbsverbot geht in die Leere.
86d)Dass das nachvertragliche Wettbewerbsverbot auch nicht durch eine separate mündliche Abrede oder den Vergleich vom 09.03.2012 aufgehoben worden ist, hat wiederum bereits das Arbeitsgericht mit tragfähiger Begründung aufgezeigt. Auch diesen Gesichtspunkt hat die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung nicht mehr aufgegriffen. Dies zu Recht, weil die erstinstanzlich behauptete mündliche Erledigungsklausel offensichtlich keine Auswirkungen auf das nachvertragliche Wettbewerbsverbot haben kann. Denn die erstinstanzlich behauptete mündliche Erklärung ist schon inhaltlich nicht eindeutig darauf bezogen, ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot entschädigungslos aufzuheben.
87aa)Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist jederzeit aufhebbar. Eine Aufhebung ist auch möglich durch eine Ausgleichsklausel in einem Aufhebungsvertrag oder in einem gerichtlichen Vergleich, ohne dass sie gesondert getroffen worden sein muss (BAG v. 22.10.2008 - 10 AZR 617/07, juris; BAG v. 08.03.2006 - 10 AZR 349/05, juris; BAG v. 31.07.2002 - 10 AZR 558/01, juris; BAG v. 31.07.2002 - 10 AZR 513/01, juris).
88(1)Die Parteien haben einen Abwicklungsvertrag vereinbart, so dass das Arbeitsverhältnis infolge der ausgesprochenen Kündigung beendet worden ist. Das Arbeitsverhältnis war also trotz des Abwicklungsvertrages gekündigt.
89Mit einem Abwicklungsvertrag vereinbaren die Parteien nach Ausspruch einer Kündigung die Bedingungen, zu denen der Arbeitnehmer ausscheidet. Er ist in der Regel gekennzeichnet durch den (vertraglichen) Verzicht des Arbeitnehmers auf Kündigungsschutz gegen Zahlung einer Abfindung. Mit solchen nach geltendem Recht unbedenklich zulässigen Abfindungs- und Abwicklungsverträgen "erkauft” sich der Arbeitgeber die von ihm angestrebte Planungssicherheit. Gegenstand des Vertrags ist die Hinnahme der Kündigung unter Verzicht auf die Inanspruchnahme des staatlichen Rechtsschutzes (BAG v. 25.04.2007 - 6 AZR 622/06, juris; BAG v. 15.02.2005 - 9 AZR 116/04, juris). Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird damit nicht durch den Abwicklungsvertrag, sondern durch einen anderen Tatbestand bewirkt (BAG v. 25.04.2007 - 6 AZR 622/06, juris). Ein Aufhebungsvertrag dagegen ist eine Vereinbarung über das vorzeitige Ausscheiden eines Arbeitnehmers aus einem Dauerarbeitsverhältnis. Er führt selbst zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses (BAG v. 25.04.2007 - 6 AZR 622/06, juris; BAG v. 28.06.2005 - 1 ABR 25/04, juris; BAG v. 12.01.2000 - 7 AZR 48/99, juris).
90(2)Welche Rechtsqualität und welchen Umfang eine Ausgleichsklausel hat, ist durch Auslegung nach den Regeln der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln.
91Grundsätzlich sind Verträge gemäß § 157 BGB so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Dabei ist nach § 133 BGB der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Bei der Auslegung sind alle tatsächlichen Begleitumstände der Erklärung zu berücksichtigen, die für die Frage von Bedeutung sein können, welchen Willen der Erklärende bei seiner Erklärung gehabt hat und wie die Erklärung von ihrem Empfänger zu verstehen war (BAG v. 22.07.2014 - 9 AZR 1066/12, juris; BAG v. 25.04.2013 - 8 AZR 453/12, juris; BAG v. 02.07.2009 - 3 AZR 501/07, DB 2009, 1939; BAG v. 17.01.2008 - 2 AZR 902/06, NZA 2008, 872; BAG v. 13.12.2006 - 10 AZR 787/05, NZA 2007, 408; BAG v. 20.09.2006 - 10 AZR 770/05, AP Nr. 41 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag). Die Auslegung hat trotz des in § 133 BGB enthaltenen Verbotes der Buchstabeninterpretation vom Wortlaut auszugehen. Maßgebend ist im Zweifel der allgemeine Sprachgebrauch. Nach der Ermittlung des Wortsinns sind in einem zweiten Schritt die Begleitumstände heranzuziehen, insbesondere die Entstehungsgeschichte sowie die Äußerungen der Parteien sowie Interessenlage und Zweck. Geboten ist eine nach beiden Seiten interessengerechte Auslegung. Im Zweifel ist der Auslegung der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Vertragspartner gerecht werdenden Ergebnis führt (BAG v. 22.07.2014 - 9 AZR 1066/12, juris; BAG v. 02.07.2009 - 3 AZR 501/07, DB 2009, 1939; BAG v. 13.11.2007 - 3 AZR 636/06, AP Nr. 50 zu § 1 BetrAVG; BGH v. 13.07.2007 - IV ZR 330/05, NJW 2007, 2320; Palandt-Heinrichs, § 133 BGB Rdnr.14 ff; MüKo/Bussche, § 133 Rz. 60).
92Als rechtstechnische Mittel mit unterschiedlichen Rechtsfolgen kommen für den Willen der Parteien, ihre Rechtsbeziehungen zu bereinigen, der Erlassvertrag, das konstitutive oder das deklaratorische positive oder negative Schuldanerkenntnis in Betracht. Ein Erlassvertrag ist dann anzunehmen, wenn die Parteien vom Bestehen einer bestimmten Schuld ausgehen, diese aber übereinstimmend als nicht mehr zu erfüllend betrachten. Ein konstitutives negatives Schuldanerkenntnis liegt dann vor, wenn der Wille der Parteien darauf gerichtet ist, alle oder bestimmte Gruppen von bekannten oder unbekannten Ansprüchen zum Erlöschen bringen zu wollen. Ein deklaratorisches positives oder negatives Schuldanerkenntnis ist dann gegeben, wenn die Parteien nur die von ihnen angenommene Rechtslage eindeutig dokumentieren und damit fixieren wollen (BAG v. 22.10.2008 - 10 AZR 617/07, juris; BAG v. 08.03.2006 - 10 AZR 349/05, juris; BAG v. 31.07.2002 - 10 AZR 558/01, juris; BAG v. 31.07.2002 - 10 AZR 513/01, juris BAG v. 22.10.2008 - 10 AZR 617/07, juris).
93bb)Auf dieser Grundlage ist der abgeschlossene Vergleich als solches nicht geeignet, das nachvertragliche Wettbewerbsverbot aufzuheben. Denn der abgeschlossene Vergleich regelt jedenfalls ausdrücklich keine Ausgleichsklausel. Aber auch eine etwaige Erklärung der Parteien außerhalb des Vergleiches zum Ausgleich sämtlicher finanzieller Ansprüche lässt das nachvertragliche Wettbewerbsverbot in seinem Bestand unberührt. Denn einerseits enthält der Vertrag aus sich heraus keine abschließende Regelung der wechselseitigen Ansprüche. Vielmehr lässt er wichtige Regelungsfragen des Arbeitsverhältnisses offen. Dies betrifft etwa Regelungen zum überlassenen dienstlichen Mobiltelefon.
94Zudem ist die von der Beklagten erstinstanzlich behauptete mündliche Ausgleichsklausel auch gar nicht trennscharf gerichtet auf die entschädigungslose Aufhebung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes. Es darf nicht übersehen werden, dass das nachvertragliche Wettbewerbsverbot aus zwei wesentlichen Elementen besteht. Zum einen verpflichtet sich der Mitarbeiter dazu, sich im Rechtskreis des Arbeitgebers des Wettbewerbs zu enthalten. Zum anderen verpflichtet sich der Arbeitgeber zur Zahlung einer Entschädigung. Gerade die Verpflichtung zur Enthaltung von Wettbewerb aber ist keine finanzielle Verpflichtung des Arbeitnehmers. Soweit sich die Parteien also tatsächlich, wie der Arbeitgeber meint, darüber einig gewesen sein sollten, dass die finanziellen Ansprüche anschließend geregelt seien, blieb die weitere Verpflichtung zur Wettbewerbsenthaltung offen. Denn es ist nicht zu erwarten, dass die Parteien ein Wettbewerbsverbot unter Ausschluss der Karenzentschädigung aufrechterhalten wollten, zumal dies mit § 74 HGB unvereinbar wäre (so ausdrücklich auch BAG v. 08.03.2006 - 10 AZR 349/05, juris; Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote Rz. 723). Insoweit hätte die entschädigungslose Aufhebung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes ausdrücklich auch bei einem weiten Verständnis einer Ausgleichsklausel aufgenommen werden müssen, die sich nur auf die finanziellen Folgen bezieht.
952.Der Kläger kann sich entgegen der Auffassung der Beklagten auch auf das nachvertragliche Wettbewerbsverbot berufen. Die Beklagte hat insoweit in der Berufungsbegründung im Wesentlichen behauptet, der Kläger könne sich aus vier Gründen nicht auf das nachvertragliche Wettbewerbsverbot berufen. Erstens habe er es trotz seiner exponierten Position unterlassen, Rückstellungen zu bilden. Zweitens habe sich das nachvertragliche Wettbewerbsverbot nicht in der Personalakte befunden, für deren Führung der Kläger zuständig gewesen sei. Drittens habe er im Rahmen der Gespräche über den Abwicklungsvertrag nicht auf die Existenz des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes hingewiesen. Viertens sei er darüber unterrichtet gewesen, dass nur Verbote mit einer Laufzeit von einem Jahr abgeschlossen werden sollen. Mit diesen Verhaltensweisen habe er es der Beklagten unmöglich gemacht, ihre Interessen wahrzunehmen.
96aa)Zuzugeben ist der Beklagten, dass jeder Vertragspartei aus einem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils erwachsen, § 241 Abs. 2 BGB. Der Arbeitnehmer ist insoweit verpflichtet, einem dem Betrieb oder seinem Arbeitgeber drohenden Schaden für dessen Rechtsgüter, einschließlich seines Vermögens, zu verhindern (Müller-Glöge, MüKo-BGB, § 611 BGB Rn. 1082). Auch darf er keine Schäden herbeiführen. Die Regelung des § 241 Abs. 2 BGB dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks. Der Arbeitnehmer hat seine Arbeitspflichten so zu erfüllen und die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Arbeitgebers so zu wahren, wie dies von ihm unter Berücksichtigung seiner Stellung und Tätigkeit im Betrieb, seiner eigenen Interessen und der Interessen der anderen Arbeitnehmer des Betriebs nach Treu und Glauben verlangt werden kann (vgl. BAG v. 08.05.2014 - 2 AZR 249/13, juris; BAG v. 28.10.2010 - 2 AZR 293/09, juris; BAG v. 10. 09.2009 - 2 AZR 257/08, juris).
97Zuzugeben ist der Beklagten auch, dass es Fälle geben kann, in denen sich der Berechtigte nicht auf eine bestimmte Rechtsfolge berufen kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn dem Berechtigten eine eigene Pflichtverletzung zur Last fällt, oder aber er das Recht durch ein vertragswidriges Verhalten erworben hat (vgl. statt aller Palandt/Grüneberg § 242 Rz. 43, 46). Allerdings: Nicht jedes rechts- oder pflichtwidrige Verhalten führt stets oder auch nur regelmäßig zur Unzulässigkeit der Ausübung der hierdurch erlangten Rechtsstellung. Treuwidriges Verhalten eines Vertragspartners kann zwar dazu führen, dass ihm die Ausübung eines ihm zustehenden Rechts zu versagen ist, wenn er sich dieses Recht gerade durch das treuwidrige Verhalten verschafft hat (BGH v. 28.10.2009 - IV ZR 140/08 Rz. 21, juris). Entsprechendes gilt, wenn das treuwidrige Verhalten darauf gerichtet war, die tatsächlichen Voraussetzungen der Rechtsausübung zu schaffen. Lässt sich ein zielgerichtet treuwidriges Verhalten nicht feststellen, muss zudem durch eine umfassende Abwägung der maßgeblichen Umstände des Einzelfalls entschieden werden, ob und inwieweit einem Beteiligten die Ausübung einer Rechtsposition nach Treu und Glauben verwehrt sein soll (BGH v. 28.10.2009 - IV ZR 140/08 Rz. 21, juris; Looschelders/Olzen in Staudinger, BGB [2005] § 242 Rdn. 220, 251).
98bb)Die Behauptungen der Beklagten lassen aus Sicht der Kammer aber kein derartiges Verhalten des Klägers erkennen.
99(1)Jede Partei trägt die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass der Tatbestand der ihr günstigen Rechtsnorm erfüllt ist. Wer eine Rechtsfolge für sich in Anspruch nimmt, hat die rechtsbegründenden und rechtserhaltenden Tatsachen zu behaupten und zu beweisen, der Gegner die rechtsverhindernden, rechtsvernichtenden und rechtshemmenden (BAG v. 20.11.2003 - 8 AZR 580/02 - NZA 2004, 489; Thomas/Putzo, vor § 284 Rz. 23; Zöller/Vollkommer, vor § 284 Rz. 15 ff). Der Arbeitgeber, der sich auf § 242 beruft, trägt damit für das Vorliegen der behaupteten Pflichtverletzungen die Darlegungs- und Beweislast. Er hat im Rechtsstreit die konkreten Umstände, aus denen er die angeblichen Pflichtverletzungen herleitet, konkret zu bezeichnen. Nur dadurch werden die Tatsachengerichte in die Lage versetzt, zu überprüfen, ob die behaupteten Vorgänge zu einer Rechtsbeeinträchtigung des Arbeitgebers geführt haben, um dann gegebenenfalls über jeden behaupteten Vorgang Beweis zu erheben (vgl. allgemein zur Beweislast: BAG v. 24.04.2008 - 8 AZR 347/07 - NZA 2009, 38; BAG v. 13.03.2008 - 2 AZR 88/07 - DB 2009, 68; BAG v. 25.10.2007 - 8 AZR 593/06 - NZA 2008, 223; BAG v. 16.05.2007 - 8 AZR 709/06 - NZA 2007, 1154).
100Dabei ist ein Sachvortrag zur Begründung eines Klageanspruchs schlüssig und damit erheblich, wenn Tatsachen vorgetragen werden, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als entstanden erscheinen zu lassen. Das Gericht muss nur in der Lage sein, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs vorliegen (BGH v. 13.03.2012 - II ZR 50/09, NJW-RR 2012, 728; BAG v. 08.10.2008 - 5 AZR 8/08, NZA 2009, 98; BAG v. 20.11.2003 - 8 AZR 580/02, NZA 2004, 489; BGH v. 20.09.2002, NJW-RR 2003, 69; BGH v. 7.3.2001, NJW-RR 2001,887; BGH v. 28.04.1992 - X ZR 129/90, NJW 1992, 2427). Dazu sind regelmäßig bestimmte Tatsachen zu behaupten, die wenigstens einen einzelnen Lebensvorgang erkennen lassen, dem die geltend gemachte Rechtsfolge zu entnehmen ist (BGH v. 17.10.1996 - IX ZR 293/95, NJW 1997, 128). Die Haupttatsache kann dabei auch mit Indizien dargelegt werden. Dazu genügt es, wenn die Hilfstatsachen selbst vorgetragen sind, die auf sie gestützte Schlussfolgerung möglich ist und diese Schlussfolgerung die geltend gemachte Rechtsfolge als entstanden erscheinen lässt. Denn eine auf Tatsachenbehauptung beruhende mögliche Schlussfolgerung kann daraufhin beurteilt werden, ob sich ihretwegen die Überzeugung gewinnen lässt, dass die Voraussetzungen der Rechtsfolge vorliegen (BAG v. 20.11.2003 - 8 AZR 580/02, NZA 2004, 489; BGH v. 7.3.2001, NJW-RR 2001, 887).
101(2)Hier nun erschöpft sich der Sachvortrag der Beklagten mangels vorhandener Tatsachengrundlage in Spekulationen. Dabei verkennt sie schon, dass es der Geschäftsführer selbst gewesen ist, der das nachvertragliche Wettbewerbsverbot für sie unterzeichnete. Der Arbeitgeber selbst hatte also Kenntnis vom Wettbewerbsverbot, das zudem im Management Meeting für alle Führungskräfte thematisiert worden ist. Es war gerade die Beklagte, die Wert auf die Vereinbarung von Wettbewerbsverboten legte. In dieser Situation § 242 BGB heranzuziehen, greift zu kurz, weil der Abschluss des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes beim Geschäftsführer vielleicht nicht mehr als aktuelles präsentes Wissen vorhanden gewesen ist. Die Unzulänglichkeit menschlicher Erkenntnis ist aber kein Tatbestand des § 242 BGB. Denn die Beklagte hatte ursprünglich konkrete Kenntnis vom Abschluss des Verbotes durch den Geschäftsführer. Dass sich dieser nicht mehr daran erinnern konnte oder wollte ist nicht dem Kläger anzulasten. Dabei ist besonders zu betonen, dass die Beklagte zuletzt sogar vorgetragen hat, der Geschäftsführer meine, er habe ein Wettbewerbsverbot vereinbart, sei sich aber nicht sicher. Für dieses "sokratische" Element ist der Kläger nicht verantwortlich. Soweit die Beklagte meint, dass das Wettbewerbsverbot in die Personalakte gehöre, ist dies sicher richtig. Nur dem Kläger anzulasten, dass es dort nicht aufzufinden sei, ist kein zwingender Schluss. Auch hier spekuliert die Beklagte. Es sind diverse Sachverhalte denkbar, die dazu führen, dass das Dokument nicht zur Personalakte gelangt ist. Es kann schlicht vergessen worden sein. Jedenfalls existieren keine Tatsachen, die den Rückschluss zuließen, dass der Kläger das Schriftstück bewusst nicht in der Personalakte legte bzw. es von dort entfernte. Dass der Kläger als "akkurat" galt beschreibt ein Merkmal seiner Arbeitsleistung, nicht den Tatbestand einer Pflichtverletzung. Auch dass keine Rückstellungen gebildet worden sind, ist nicht trennscharf. Die Beklagte meint, dann wäre dem Ansprechpartner der Muttergesellschaft das Wettbewerbsverbot aufgefallen. Hier verkennt die Beklagte schon, dass es nicht um die Muttergesellschaft geht. Es gab auch nichts zu verschleiern. Denn das Wettbewerbsverbot war existent. Es besteht deshalb auch kein relevanter Kausalzusammenhang. Der Kläger war auch nicht gehalten, im Rahmen der Gespräche auf das nachvertragliche Wettbewerbsverbot hinzuweisen. Schließlich ist er insoweit nicht Sachwalter der Rechte der Beklagten sondern zunächst einmal der Vertragspartner, der - mangels gut dotierter Anschlussbeschäftigung - vielleicht sogar ein Interesse daran haben musste, dass die Beklagte keinen Verzicht erklärt. Denn ansonsten hätte er aufgrund der gesetzlichen Regelung nur für 12 Monate die Karenzentschädigung erhalten. Er steht der Beklagten jedenfalls hinsichtlich des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes als Vertragspartner gegenüber und muss insoweit nicht deren Rechte vertreten. Soweit die Beklagte meint, es hätten nur Wettbewerbsverbote mit einer Laufzeit von 12 Monaten abgeschlossen werden dürfen, ist schon nicht erkennbar, welche Pflichtverletzung die Beklagte hiermit behaupten will. Jedenfalls führt der Umstand des Vertragsschlusses über ein längeres nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes nicht zu einer gesteigerten Aufklärungspflicht des Klägers.
1023.Die Höhe der Karenzentschädigung beträgt 10.009,56 € brutto monatlich, woraus sich für den gesamten 24-monatigen Zeitraum 240.229,44 € errechnen.
103Die Höhe der monatlichen Karenzentschädigung beträgt gem. § 74 Abs. 2 HGB i.V.m. § 3 Abs. 6 der Änderungsvereinbarung 10.009,56 € brutto. Für 24 Monate ergibt sich hieraus ein Betrag in Höhe von 240.229,44 €.
104Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend berechnet und wird von der Beklagten in der Berufungsbegründung auch nicht angegriffen. Die erkennende Kammer folgt den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG von einer Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Die Beklagte hat zweitinstanzlich nichts vorgetragen, was Anlass zu einer anderen rechtlichen Beurteilung gäbe.
105a)Ausgangspunkt der Berechnung ist die vom Kläger zuletzt bezogene vertragsmäßige Vergütung in Höhe von 15.399,33 €.
106aa)Als vertragsmäßig im Sinne von § 74 Abs. 2 HGB ist eine Leistung anzusehen, die auf dem Austauschcharakter des Arbeitsvertrags beruht und als Vergütung für die geleistete Arbeit erbracht wird. Ausgangspunkt für die Bestimmung der "zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen" iSd. § 74 Abs. 2 HGB ist alles, was der Arbeitnehmer in der fraglichen Zeit als Gegenleistung für seine Arbeitsleistung erhalten hat (vgl. nur BAG v. 22.10.2008 - 10 AZR 617/07, juris; BAG v. 09.01.1990 - 3 AZR 110/88, juris; BAG v. 16.11.1973 - 3 AZR 61/73, juris; ErfK/Oetker § 74 HGB Rn. 15).
107Die Karenzentschädigung soll dabei dem Arbeitnehmer den Lebensstandard sichern, den er sich aufgrund seiner vorausgegangenen Tätigkeit erarbeitet hatte. Sie soll den Nachteil ausgleichen, den der Arbeitnehmer durch die Beschränkung in der Verwendung seiner Arbeitskraft erleidet. Es kommt deshalb darauf an, was der Arbeitnehmer als Gegenleistung für seine Arbeitsleistung in den maßgeblichen Zeiträumen zu beanspruchen hat. Wenn ein Arbeitnehmer seine fachlichen Möglichkeiten nicht mehr voll wahrnehmen kann und seine Erwerbsmöglichkeiten beschränkt sind, soll ihm das erhalten bleiben, was er bisher unter Verwertung seiner fachlichen Kenntnisse und Erfahrungen verdient hat (vgl. nur BAG v. 22.10.2008 - 10 AZR 617/07, juris; BAG v. 09.01.1990 - 3 AZR 110/88, juris). Auch Jahresvergütungen, Gratifikationen, zusätzliche Urlaubsgelder, Tantiemen und ähnliche Sonderzuwendungen zählen hierzu, selbst wenn sie der Arbeitgeber unter Ausschluss eines Rechtsanspruchs als freiwillige Leistung gewährt (vgl. nur BAG v. 22.10.2008 - 10 AZR 617/07, juris).
108Bezugspunkt sind dabei die letzten 36 Monate vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, 6. Aufl. 2012, Rn. 415), also der Zeitraum vom 01.04.2009 bis zum 31.03.2012. Insoweit kommt es bei wechselnden Bezügen also nicht auf den letzten Bezugszeitraum, sondern auf den Durchschnitt der letzten drei Jahre an. Dieser dreijährige Bezugszeitraum gilt aber nur für die variablen Vergütungsbestandteile. "Wechselnde Bezüge" sind alle Einkommensarten, die "von ständig wechselnden äußeren Umständen abhängen". Es handelt sich dabei um Entgeltbestandteile, die entweder nicht in jedem Bezugszeitraum anfallen oder aber in jeweils unterschiedlicher Höhe. Zu den wechselnden Bezügen zählen Provisionen, Tantiemen und sonstige von äußeren Umständen abhängige Leistungen (vgl. nur BAG v. 22.10.2008 - 10 AZR 617/07, juris).
109bb)Auf dieser rechtlichen Grundlage ergibt sich folgende Berechnung:
110(1)Das zu berücksichtigende monatliche Fixum beträgt 12.355,00 € brutto.
111(2)Der Bonus ist mit einem monatlichen Betrag in Höhe von 2.044,33 € anzusetzen. Ausgangspunkt ist § 74b Abs. 2 HGB, auf den die Änderungsvereinbarung vom 05./12.10.2010 in § 3 Abs. 9 Bezug nimmt. Danach sind Provisionen oder anderen wechselnde Bezüge mit dem Durchschnitt der letzten drei Jahre in Ansatz zu bringen. Der Bonus ist ein entsprechender wechselnder Bezug und gehört auch zu den "zuletzt" bezogenen vertragsmäßigen Leistungen. Das folgt aus Sinn und Zweck der Regelung sowie aus dem sachlichen Zusammenhang zwischen den Berechnungsvorschriften in § 74 Abs. 2 BGB einerseits und den Regelungen über anrechenbare Leistungen im Sinne von § 74 c Abs. 1 HGB andererseits. Der Kläger erhielt im Jahr 2009 insgesamt einen Bonus in Höhe von 30.000,00 € brutto, also für die Zeit vom 01.04.2009 bis zum 31.12.2009 einen Bonus in Höhe von 22.500,00 € brutto (30.000,00 € ./. 12 x 9). In den Jahren 2010 und 2011 erhielt er jeweils 25.000,00 € brutto und vom 01.01.2012 bis zum 31.03.2012 einen Betrag in Höhe von 1.095,94 € brutto. Für 36 Monate errechnet sich also insgesamt ein Bonus in Höhe von 73.595,94 € brutto, also 2.044,33 € brutto monatlich.
112(c)Auch der geldwerte Vorteil für das dem Kläger überlassene Mobiltelefon in Höhe von 1.000,00 € brutto ist zu berücksichtigen. Aus der oben aufgeführten Definition der vertragsmäßigen Leistungen ergibt sich, dass die Karenzentschädigung dem Arbeitnehmer den Lebensstandard sichern soll, den er sich aufgrund seiner vorausgegangenen Tätigkeit erarbeitet hatte. Sie soll den Nachteil ausgleichen, den er durch die Beschränkung in der Verwendung seiner Arbeitskraft erleidet. Es kommt deshalb darauf an, was der Arbeitnehmer als Gegenleistung für seine Arbeitsleistung in den maßgeblichen Zeiträumen zu beanspruchen hat. Dazu gehört dann aber auch die ihm eingeräumte Möglichkeit, das ihm zur Nutzung überlassene Mobiltelefon privat zu nutzen. Denn auch diese Privatnutzung ist eine Gegenleistung. Dies ergibt sich auch aus dem Begriff "vertragsmäßige Leistungen" gerade in Abgrenzung zum Begriff "Gehalt".
113Ein Gesetz auslegen heißt seinen Sinn zu erforschen. Maßgeblich ist dabei der im Gesetzeswortlaut objektivierte Wille des Gesetzgebers. Bei der Auslegung von Gesetzen ist zunächst vom Wortlaut der Regelung auszugehen. Abzustellen ist ferner auf den systematischen Zusammenhang und den Normzweck, sofern er im Gesetz erkennbaren Ausdruck gefunden hat (BAG v. 17.1.2008 - 2 AZR 902/06, NZA 2008, 872; BAG v. 16.6.2005 - 6 AZR 108/01, BAGE 115, 113). Häufig kann nur bei Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs der Sinn und Zweck zutreffend ermittelt werden. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einer zweckmäßigen, vernünftigen und gerechten Regelung führt.
114Wird etwa der Begriff des "Bruttogehalts" verwendet, spricht dies nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eher für einen engen Vergütungsbegriff. Der Begriff "Gehalt" umfasst nach allgemeinem Sprachgebrauch z.B. nicht die Überlassung eines Kraftfahrzeugs zur privaten Nutzung (vgl. BAG v. 14.08.1990, 3 AZR 321/89, juris). Unter dem Begriff "Gehalt" oder "Monatsgehalt" zählen nach allgemeinem Sprachgebrauch nur Geldleistungen, nicht aber geldwerte Vorteile oder Sachleistungen (vgl. LAG Düsseldorf v. 08.04.2011, 10 Sa 930/10 m.w.N., juris). Wird als Berechnungsgrundlage hingegen auf den zuletzt bezogenen "Bruttoverdienst" oder das zuletzt bezogene "Bruttoeinkommen" Bezug genommen, ist der geldwerte Vorteil durch die Zurverfügungstellung eines Dienstwagens bei der Berechnung der vertragsmäßigen Leistungen zu beachten. Die ist Konsequenz des weiten Einkommensbegriffs (vgl. auch BAG v. 21.08.2011, 3 AZR 746/00, zitiert nach juris). Nichts anderes ergibt sich aus der Verwendung des Begriffs "Leistung", der ebenfalls ein weites Verständnis zugrunde liegt. Letztlich handelt es sich um eine Hauptleistungspflicht aus dem Arbeitsverhältnis, die eine zusätzliche Gegenleistung für geschuldete Arbeitsleistung darstellt (BAG v. 27.05.1999 - 8 AZR 415/98, juris; LAG Hamm v. 30.03.2000 - 16 Sa 1684/99, juris).
115Insofern kommt es insbesondere auch nicht auf steuerliche Gesichtspunkte an (insoweit missverständlich Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, 6. Aufl. 2012, Rn. 377). Nur für die Bestimmung des Wertes kann auf die steuerlichen Gegebenheiten zurückgegriffen werden (ErfK/Oetker, § 74b HGB Rz.3; LAG Hamm v. 30.03.2000 - 16 Sa 1684/99, juris). Da die Parteien hier selbst eine Vereinbarung über den Wert der Leistung getroffen haben und einen Betrag in Höhe von 1.000,00 € unstreitig zugrunde legen, ist dieser zu berücksichtigen.
116b)Der Kläger hat von dem errechneten Betrag in Höhe von 15.399,33 € brutto 65% zu beanspruchen, also 10.009,56 € monatlich. Da das nachvertragliche Wettbewerbsverbot eine Laufzeit von 24 Monaten hat, errechnet sich als Zahlungsbetrag ein Wert in Höhe von 240.229,44 €.
1174.Der Beklagten steht kein Leistungsverweigerungsrecht zu. Dies hat nur bis zum 13.01.2015 bestanden. An diesem Tag hat der Kläger umfassend und ausreichend gemäß § 74c Abs. 2 HGB Auskunft erteilt.
118a)Gemäß § 3 Abs. 9 der Änderungsvereinbarung vom 05./12.10.2012 i. V. m. § 74c HGB hat der Kläger sich auf die Karenzentschädigung dasjenige anrechnen zu lassen, was er während des Zeitraums, für den die Entschädigung gezahlt wird, durch anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt, soweit die Entschädigung unter Hinzurechnung dieses Betrags den Betrag der zuletzt von ihm bezogenen vertragsmäßigen Leistungen um mehr als ein Zehntel übersteigen würde. Gemäß § 74c Abs. 2 HGB ist der Arbeitnehmer verpflichtet, dem Arbeitgeber auf Verlangen über die Höhe seines Erwerbes Auskunft zu erteilen. Aus dieser gesetzlichen Konstruktion ergibt sich nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes, der die erkennende Kammer folgt, ein Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitgebers. Solange der auskunftspflichtige Arbeitnehmer die geschuldeten Angaben nicht mitgeteilt hat, muss der Arbeitgeber keine Karenzentschädigung zahlen (BAG v. 12.01.1978 - 3 AZR 57/76, juris).
119b)Damit hängt die Frage, ob der Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht zusteht davon ab, ob der Kläger mit seinen Auskünften die ihm obliegende Auskunftspflicht erfüllt hat. Gem. § 74 c Abs. 2 HGB ist "Auskunft" zu erteilen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich der Auskunftsanspruch auf die Dauer der Bezugsberechtigung bezieht. Der Arbeitnehmer muss also Auskunft über den Verdienst für den Zeitraum vom 01.04.2012 bis zum 31.03.2014 erteilen.
120Welchen Umfang diese Auskunftspflicht erreicht, richtet sich nach der ständigen Rechtsprechung des BAG, der die erkennende Kammer folgt, nach § 242 BGB, also nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (BAG v. 02.06.1987 - 3 AZR 626/85, juris; BAG v. 25.02.1975 - 3 AZR 148/74, juris). Der Auskunftsanspruch soll dabei den zur Zahlung von Karenzentschädigung verpflichteten Arbeitgeber in die Lage versetzen, festzustellen, ob sein früherer Arbeitnehmer anrechenbares anderweitiges Einkommen bezieht. Was insoweit erforderlich ist, richtet sich auf Grundlage des § 242 BGB nach den Umständen des Einzelfalls. In vielen Fällen kann es ausreichen, wenn der Entschädigungsberechtigte erklärt, welche für eine Anrechnung in Betracht kommenden Einkünfte er erzielt hat. Damit braucht das Auskunftsbegehren aber nicht erschöpft zu sein. Hat der Entschädigungspflichtige Zweifel daran, ob die Angaben zutreffen, so kann er in aller Regel von dem Auskunftspflichtigen verlangen, dass er seine Angaben belegt (BAG v. 25.02.1975 - 3 AZR 148/74, juris).
121Auf dieser Grundlage ist anerkannt, dass der Arbeitnehmer, der unselbständige Einkünfte erzielt, Lohn und Gehaltsabrechnungen vorzulegen hat. Wenn das der Anrechnung unterliegende Einkommen aus einer abhängigen Beschäftigung fließt, bilden Lohnstreifen, Gehaltsabrechnungen oder die Eintragungen in der Lohnsteuerkarte meistens eine verlässliche Grundlage, um die Erklärungen zu bestätigen, die der Entschädigungsberechtigte über seine Bezüge abgegeben hat. Ihre Vorlage ist auch zumutbar und leicht durchzuführen; schützenswerte Belange des ohnehin zur Offenbarung seines Einkommens verpflichteten Entschädigungsberechtigten werden dadurch in der Regel nicht berührt (BAG v. 25.02.1975 - 3 AZR 148/74, juris).
122Bei Einkünften aus selbständiger Tätigkeit stehen diese Mittel nicht zur Verfügung. Hier hat das BAG zunächst die Vorlage einer Einkommenssteuererklärung für erforderlich gehalten und Ansprüche auf Vorlage der Gewinn- und Verlustrechnung abgelehnt. Insofern bestünden Bedenken, weil es die nach § 242 BGB zu bemessende Auskunftspflicht überschreiten könne, wenn der frühere Arbeitnehmer mit der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung seine gesamte geschäftliche Lage offenlegen müsste, obgleich es im Rahmen des § 74 c HGB nur auf das Geschäftsergebnis ankommt (BAG v. 25.02.1975 - 3 AZR 148/74, juris). Später hat das Bundesarbeitsgericht zu Recht vertreten, dass sich auf Grundlage des § 242 BGB auch bei selbständigen Tätigkeiten schematische Lösungen verbieten. Inhalt und Umfang von Auskunftspflichten richten sich im Einzelfall nach den Grundsätzen von Treu und Glauben. Das ist von besonderer praktischer Bedeutung, wenn es um Angaben über Einkünfte aus einer selbständigen Tätigkeit geht (BAG v. 02.06.1987 - 3 AZR 626/85, juris; BAG v. 25.02.1975 - 3 AZR 148/74, juris; BAG v. 07.07.1960 - 5 AZR 61/59, juris; BAG v. 25.06.1964 - 2 AZR 135/63, juris). Hier lassen sich keine schematischen Regeln aufstellen, die für die vielfältigen Erscheinungsformen des Arbeitslebens gleichermaßen Geltung beanspruchen. Bei nachvertraglichen Wettbewerbsverboten wird stets nach den Umständen des Einzelfalls abzuwägen sein zwischen dem Interesse des Arbeitnehmers, durch die Karenzentschädigung in kurzen Zeitabschnitten einen Beitrag zum Unterhalt zu erhalten und dem Interesse des Arbeitgebers, überhöhte Vorleistungen zu vermeiden. Deswegen brauchen einerseits die Auskünfte des Arbeitnehmers nur so substantiiert zu sein, wie das in der gegebenen Situation möglich ist. Andererseits müssen sie dem Interesse des Arbeitgebers Rechnung tragen, ein möglichst deutliches Bild zu erhalten, mit welchen laufenden Verpflichtungen er zu rechnen hat (BAG v. 02.06.1987 - 3 AZR 626/85, juris). Dabei hängt der Umfang der vorläufigen Auskunft auch vom Berechnungszeitraum ab. Verlangt der Arbeitnehmer, wozu er berechtigt ist, monatliche Zahlungen, dann wird er zunächst nur sein vorläufiges Monatsergebnis angeben können. Dabei muss er auch Zahlen nennen. Die Einzelheiten des zumutbaren Rechenwerkes hängen unter anderem von der Größe des Unternehmens ab. Wer allein arbeitet, kann die wirtschaftliche Situation seines Unternehmens leicht im Auge behalten. Schwieriger wird dies mit zunehmender Anzahl der Mitarbeiter und wachsendem Umfang der geschäftlichen Tätigkeit. Daher kann nur im konkreten Einzelfall nach Treu und Glauben beurteilt werden, wie detailliert die Angaben zumutbarer Weise sein müssen, um die Fälligkeit der Entschädigung nach § 74 b Abs. 1 HGB herbeizuführen und ein Zurückbehaltungsrecht des früheren Arbeitgebers unter Berufung auf § 74 c Abs. 2 HGB auszuschließen (BAG v. 02.06.1987 - 3 AZR 626/85, juris).
123Entsprechendes muss gelten, wenn der Arbeitgeber gegen die erteilten Auskünfte Einwendungen erhebt und Belege verlangt. Auch insoweit gelten die Grundsätze von Treu und Glauben, ohne dass sich feste Regeln aufstellen ließen. Je nach den Umständen des Einzelfalls wird sich der frühere Arbeitgeber, besonders zu Beginn der Karenzzeit, mit einer Plausibilitätsprüfung begnügen müssen. Gegen Ende der Karenzzeit werden auch konkrete Nachweise möglich und geboten sein. Auch besteht die Möglichkeit, den Steuerbescheid vorzulegen. Es kommen aber auch andere Belege in Betracht. Die Anforderungen dürfen insgesamt nicht überspannt werden. Die Pflicht des Arbeitnehmers, seine Angaben zu belegen, besteht nicht stets und von vornherein, sondern nur bei begründeten Einwendungen und mit dem Ziel, dem Arbeitgeber die Überprüfung der Auskunft zu ermöglichen. Der Arbeitgeber muss also seinerseits begründete Zweifel geltend machen können (BAG v. 02.06.1987 - 3 AZR 626/85, juris).
124Abschließend formuliert das BAG prägnant:
125"Zusammenfassend läßt sich festhalten: Die Karenzentschädigung des früheren Arbeitnehmers, der sich selbständig gemacht und unregelmäßige Bezüge hat, ist insgesamt aufgrund einer Gesamtberechnung für die Dauer eines Jahres zu ermitteln. Der frühere Arbeitnehmer muß deshalb auch nur eine auf den Jahreszeitraum bezogene Auskunft gem. § 74 c Abs. 2 HGB erteilen. Tut er dies erst am Ende der Karenzzeit, so hat er vor diesem Zeitpunkt keinen durchsetzbaren Anspruch auf Karenzentschädigung (§ 74 c Abs. 2 HGB in Verb. mit § 320 BGB). Der Arbeitnehmer hat aber auch die rechtliche Möglichkeit, durch plausible Zwischenauskünfte monatlich, vierteljährlich oder in anderen Zeiträumen Entschädigungszahlungen fällig zu stellen. Dann muß er seinen Unternehmensgewinn so darstellen, wie ihm dies nach Treu und Glauben und den Umständen des Einzelfalls möglich und zumutbar ist.
126Die Pflicht, Angaben der erteilten Auskunft zu belegen, richtet sich ebenfalls nach Treu und Glauben. Insoweit kommt es darauf an, welche Einwände der Arbeitgeber erhebt und was dem Arbeitnehmer möglich und zumutbar ist. Soweit es um längere Zeiträume geht, werden häufig anerkannte Steuerbelege oder Gewinn- und Verlustrechnungen zur Verfügung stehen.
127(BAG v. 02.06.1987 - 3 AZR 626/85, juris)
128c)Das Leistungsverweigerungsrecht wegen fehlender oder unzureichender Auskunftserteilung stand der Beklagten aufgrund der aufgezeigten Rechtsprechung, der die erkennende Kammer in vollem Umfang folgt, nur bis zum 13.01.2015 zu.
129aa)Der Kläger ist nach seinen Angaben zunächst arbeitslos gewesen. Er hat dazu mit der Klage vom 18.05.2012 behauptet, er erhalte ein Arbeitslosengeld, das unter der Kappungsgrenze liege. Unterlagen hat er nicht zur Verfügung gestellt. Im Schriftsatz vom 03.07.2012 hat er seine Klage erweitert und wiederum nur mitgeteilt, dass er lediglich Arbeitslosengeld erhalte. Nichts anderes gilt für den Zeitraum Juli 2012 (SS v. 14.08.2012). Mit Schriftsatz vom 12.09.2012 hat die Beklagte den Kläger sodann aufgefordert, Auskunft über seinen Verdienst zu erteilen und sich auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen. Die Höhe des Arbeitslosengeldes hat er dann mit Schriftsatz vom 10.10.2012 mitgeteilt und eine Bescheinigung überreicht. Zudem hat er darauf hingewiesen, dass er ab dem 01.07.2012 wieder erwerbstätig sei und ein monatliches Gehalt in Höhe von 4.166,66 sowie eine aufgeschobene jährliche Zahlung von 30.000,00 €, also 2.500,00 € monatlich erhalte. Die Gehaltsabrechnung für Juli und August 2012 hat der Kläger übermittelt, aus der sich der Betrag in Höhe von jeweils 4.166,66 € ergibt. Mit Schriftsatz vom 03.12.2012 hat er die Abrechnung für September und Oktober 2012 beigefügt. Weitere Unterlagen hat er zunächst nicht beigebracht. Erst mit Schriftsatz vom 09.01.2015 hat er für die Jahre 2012 und 2013 eine elektronische Lohnsteuerbescheinigung der F. Energie GmbH vorgelegt. Da diese für das Jahr 2014 zum damaligen Zeitpunkt noch nicht existierte, hat er für 2014 Lohnabrechnungen vorgelegt. Im Kammertermin vom 13.01.2015 legte er dann für eine von der F. Enterprises Limited erhaltene Zahlung einen Kontoauszug vor. Er hat sich von seinem Arbeitgeber ausweislich der E-Mail vom 12.01.2015 zudem bescheinigen lassen, dass er bis auf eine jährliche Festvergütung in Höhe von 50.000 € und den Zahlungen der F. Enterprises Limited in Höhe von 70.000 € keine weiteren Zahlungen bezogen hat. Im Rahmen des Berufungsverfahrens hat er die elektronische Lohnsteuerbescheinigung der F. Energie GmbH für das Jahr 2014 sowie im Termin am 21.09.2015 die Rechnungen über jeweils 2.500,00 € gegenüber der F. Enterprises Limited vorgelegt. Zudem hat er Einsicht in seine Steuerbescheide für 2012 und 2013 gewährt.
130bb)Damit behauptet der Kläger neben dem zunächst bezogenen Arbeitslosengeld Einkünfte aus abhängiger Beschäftigung bei der F. Energie GmbH. Zudem hat er behauptet, auch Tätigkeiten für die F. Enterprises Limited zu erbringen, die auf selbständiger Basis vergütet werden und die er in Rechnung stelle.
131(1)Im Hinblick auf das Arbeitslosengeld ist es erforderlich, die Höhe des Arbeitslosengeldes zu beziffern und den entsprechenden Bescheid der Agentur zu übermitteln. Diese Pflicht hat der Kläger erfüllt, aber erst mit Schriftsatz vom 10.10.2012.
132(2)Hinsichtlich der abhängigen Beschäftigung ist es erforderlich aber auch ausreichend, die Lohanrechnungen vorzulegen bzw. die elektronische Lohnsteuerbescheinigung beizubringen. Die ab dem 01.07.2012 bestehende Beschäftigung hat er ebenso wie die Gehaltsabrechnungen für Juli und August 2012 ebenfalls erst mit Schriftsatz vom 10.10.2012 übermittelt. Erst mit Schriftsatz vom 09.01.2015 hat er für die Jahre 2012 und 2013 eine elektronische Lohnsteuerbescheinigung der F. Energie GmbH vorgelegt. Da diese für das Jahr 2014 zum damaligen Zeitpunkt noch nicht existierte, hat er für 2014 Lohnabrechnungen vorgelegt.
133(3)Hinsichtlich der selbständigen Tätigkeit für die F. Enterprises Limited hat er zwar Einnahmen in Höhe von 2.500,00 € monatlich behauptet. Dazu waren seine Erklärungen aber zunächst indifferent. Denn ursprünglich sollte es sich um eine Zahlung der F. Energie GmbH handeln. Später erläuterte er dann Zahlungen der F. Enterprises Limited. Erst im Kammertermin vom 13.01.2015 legte er dann für eine von der F. Enterprises Limited erhaltene Zahlung einen Kontoauszug vor. Er hat sich von dieser ausweislich der E-Mail vom 12.01.2015 zudem bescheinigen lassen, dass er bis auf eine jährliche Festvergütung in Höhe von 50.000 € und den Zahlungen der F. Enterprises Limited in Höhe von 70.000 € keine weiteren Zahlungen bezogen hat.
134cc)Aus Sicht der Kammer hat der Kläger seine Auskunftspflichten damit erst am 13.01.2015 erfüllt. Auch wenn der Kläger zunächst am 10.10.2012 seine Pflichten hinsichtlich des erhaltenen Arbeitslosengeldes und der Gehälter für Juli und August 2012 erfüllte, blieb der weitere Teil seiner Einnahmen offen. Offen war dabei zunächst, auf welcher rechtlichen Grundlage er weitere Zahlungen zu beanspruchen hatte und von wem. Insofern darf nicht übersehen werden, dass bei der Auskunft über eine selbständige Tätigkeit eine Auskunft erforderlich ist und Belege beigebracht werden müssen. Auf Grundlage von Treu und Glauben musste der Kläger, da seine Angaben insbesondere zur Frage, wer zur Zahlung verpflichtet ist, widersprüchlich waren, Belege beibringen. Hierzu hätte er ohne weiteres seine monatlichen Abrechnungen vorlegen können. Dies hat er nicht getan, so dass er hinsichtlich der selbständigen Arbeit seine Pflichten nicht erfüllte. Der Kläger kann insoweit insbesondere nicht geltend machen, dass ihm keine Unterlagen vorgelegen hätten. Auch wenn ihm die behaupteten 2.500,00 € monatlich zunächst gar nicht gezahlt worden sind, sondern eine Einmalzahlung Ende 2014 erfolgte, darf nicht übersehen werden, dass der Kläger selbst es war, der monatliche verstetigte Einkünfte (Bonus) von der F. Energie GmbH über 2.500,00 € behauptete. Da er sie behauptet, aber nicht nachgewiesen hat und Fragen offen blieben, weil sie sich auch der Lohnabrechnung nicht entnehmen ließen, war die Sachlage unklar und verworren. In dieser Situation war es geboten, auch die Zahlung von monatlich 2.500,00 € zu belegen, weil die Beklagte begründete Zweifel dargelegt hat. Der Kläger hatte lediglich einen bestimmten Betrag behauptet, der sich nicht aus den Gehaltsabrechnungen erkennen ließ.
135Da er seine Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit zunächst nicht belegte, erfüllte er die ihm obliegenden Verpflichtungen nicht. Erst mit der Übermittlung des Kontoauszugs und der schriftlichen Erklärung der F. Enterprises Limited brachte der Kläger die erforderlichen Nachweise. Diese sind aus Sicht der Kammer auch ausreichend. Insbesondere musste der Kläger keine Einkommensteuerbescheinigung oder eine Gewinn- und Verlustrechnung beibringen. Wie gesehen richten sich die Anforderungen nach den Umständen des Einzelfalls. Dabei ist zu beachten, dass die Anforderungen nicht überspannt werden dürfen. Auch ist zu bedenken, dass der Kläger keine große Unternehmung betrieb, sondern einerseits angestellt war, zu anderen einige Leistungen offenbar auf Basis einer "freien Mitarbeit" abrechnete. In dieser Situation existieren ohnehin bei den Einnahmen nur die Abrechnungen gegenüber dem Auftraggeber. Er muss letztlich die Gewinne so darstellen, wie es ihm zumutbar ist. Dazu können jedwede Belege vorgelegt werden, die ein umfassendes Bild ergeben. Insoweit ist der Kontoauszug in Verbindung mit der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers ausreichender Nachweis. Denn dies ist die originäre Quelle. In dieser Situation weitere Nachweise zu verlangen, wäre eine überobligatorische Ausdehnung der dem Arbeitnehmer obliegenden Pflichten. Denn er muss ein umfassendes Bild abgeben, dies aber nur im Rahmen der Zumutbarkeit.
136dd)Soweit die Beklagte meint, der Kläger habe nach wie vor seine Auskunftspflichten nicht erfüllt, legt sie schon einen rechtlich unzutreffenden Ausgangspunkt zugrunde. Es geht nicht um eine Rechenschaftslegung nach § 259 BGB. Vielmehr richtet sich der Umfang der Auskunft und des Nachweises der Auskunft nach § 242 BGB. Es bedarf also nicht der Übermittlung einer geordneten Aufstellung, sondern der Vorlage von Dokumenten, die verfügbar sind und deren Vorlage zumutbar ist. Gerade bei den hier in Rede stehenden Zahlungen geht es auch fehl, eine Aufstellung immer stets gleicher Zahlen zu fordern sondern nur darum, die Angaben des Klägers zu verifizieren. Dazu reichen aber die vorgelegten Dokumente aus. Soweit die Beklagte meint, der Kläger trage nur mosaikartig vor und deshalb Zweifel an der Vollständigkeit der Angaben hat, ist auch dies unzutreffend. Insoweit spekuliert die Beklagte ohne ausreichende Tatsachengrundlage. Die von ihr herangezogenen Indizien sind weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit geeignet, die Vollständigkeit der Auskunft anzugreifen. Allein dass der Kläger weniger verdient, rechtfertigt keinen weitergehenden Auskunftsanspruch. Es ist die Beklagte, die begründete Zweifel anmelden muss. Dabei übersieht sie, dass es die freie Entscheidung des Arbeitnehmers ist, zu welchen Konditionen er eine Arbeitsstelle antritt. Der (alte) Arbeitgeber mag es lieber sehen, wenn er durch die Höhe des beim neuen Arbeitgeber erzielten Verdienstes von der Verpflichtung der Zahlung der Karenzentschädigung frei wird. Dieser Gedanke beeinflusst aber nicht den Umfang der Auskunft. Die Beklagte mag auch bestreiten, dass der Kläger erst ab dem 01.07.2012 eine Beschäftigung aufgenommen hat. Indes hat er ausreichende Nachweise vorgelegt. Denn insoweit sind die Bescheinigungen über das von ihm bezogene Arbeitslosengeld bis zum 30.06.2013 eine ausreichende Erklärung. Wenn die Beklagte hier Zweifel hat, muss sie darlegen, welche Tätigkeit der Kläger aufgrund welcher konkreter Anhaltspunkte vorher aufgenommen haben soll. Hierzu fehlt aber jeder Vortrag. Vielmehr handelt es sich um eine Spekulation "ins Blaue". Der Kläger muss auch nicht den Arbeitsvertrag vorlegen, sondern bei der abhängigen Beschäftigung reichen Lohnabrechnungen. Nur ergänzend sei erwähnt, dass sich diese nicht nur mit der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung decken, sondern auch mit den zur Einsicht vorgelegten Steuerbescheiden. Auch dass dem Kläger Gewinnbeteiligungen zustehen sollen, muss sie darlegen und keine Spekulationen anstellen. Allein aus der Stellung des Klägers bei der F. Energie GmbH ergibt sich dies nicht. Vollends driftet die Beklagte in den Bereich der Spekulation, wenn sie meint, es könnten auch Verträge mit Verwandten des Klägers bestehen. Das Verhalten des Klägers ist auch nicht "höchst dubios", sondern nachvollziehbar. Denn er hat Nachweise vorgelegt, die der Beklagten die Überprüfung seiner Angaben ermöglichen. Dass dies auf Aufforderung durch das Arbeitsgericht erfolgte, ist nicht zu beanstanden, da der Kläger der Auflage des Arbeitsgerichtes nachkommen wollte. Soweit die Angaben zunächst widersprüchlich gewesen sind, hat sich dieser Widerspruch - wie bereits dargelegt - durch die vorgelegten Unterlagen aufgeklärt.
137ee)Damit fehlte es bis zum 13.01.2015 an einem durchsetzbaren Anspruch des Klägers (vgl. BAG v. 02.06.1987 - 3 AZR 626/85, juris). Allerdings muss das Zurückbehaltungsrecht, um Rechtswirkungen entfalten zu können, ausgeübt werden. Dem Gläubiger muss deutlich gemacht werden, aufgrund welcher Gegenforderung die Leistung vorläufig nicht erbracht wird. Die Geltendmachung muss entweder ausdrücklich erklärt oder durch schlüssiges Verhalten deutlich gemacht werden. Insoweit hat der Schuldner dem Gläubiger unter Angabe konkreter Gründe mitzuteilen, aufgrund welcher konkreter Gegenforderung er sein Zurückbehaltungsrecht ausübe (BAG v. 13.03.3008 - 2 AZR 88/07, AP Nr. 87 zu § 1 KSchG 1969). Zudem muss das Zurückbehaltungsrecht entsprechend Treu und Glauben ausgeübt werden.
138Daran bestehen hier keine Bedenken. Die Beklagte hat das Zurückbehaltungsrecht bereits am 12.09.2012 ausgeübt.
1395.Auf die zu beanspruchende Karenzentschädigung muss sich der Kläger nichts anrechnen lassen. Denn unter Einrechnung seines anderweitig erzielten Verdienstes erreichen seine Bezüge nicht die Anrechnungsgrenze von 110%. Insbesondere hat der Kläger auch nicht böswillig die anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft unterlassen.
140a)Der Arbeitnehmer unterlässt eine anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft böswillig, wenn er eine ihm mögliche und nach den gesamten Umständen zumutbare Tätigkeit nicht aufnimmt (BAG v. 14.09.2011 - 10 AZR 198/10, juris). In diesem Fall muss er sich nach den gesetzlichen Bestimmungen fiktive Bruttobezüge anrechnen lassen. An die Böswilligkeit sind allerdings wegen der Freiheit der Arbeitsplatzwahl hohe Anforderungen zu stellen. Eine Böswilligkeit scheidet daher bereits dann aus, wenn der Arbeitnehmer für den von ihm gewählten Berufsweg vernünftige Gründe hat. Der Arbeitnehmer muss seinen Berufsweg auch nicht an den finanziellen Interessen seines früheren Arbeitgebers ausrichten und kann daher mit guten Gründen eine besser dotierte Stelle ablehnen und eine schlechter dotierte Stelle annehmen (Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, 6. Aufl. 2012, Rn. 801).
141Die Nichtaufnahme einer Tätigkeit bei der Konzernmutter der Beklagten in Israel ist von vornherein kein böswilliges Unterlassen. Der Kläger kann sich frei entscheiden, wo er seinen Lebensmittelpunkt wählt. Dies ist von der Beklagten hinzunehmen.
142Es existieren auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass er vor dem 01.07.2012 eine Tätigkeit hätte antreten können. Die Beklagte spekuliert erneut ohne ausreichende Tatsachengrundlage. Es ist an der Beklagten, ihren tatsachenarmen Sachvortrag zu substantiieren. (vgl. etwa BAG v. 13.02.1996 - 9 AZR 931/94, juris).
143b)Die anzurechnende Vergütung des Klägers erreicht in keinem Monat die Anrechnungsgrenze des § 74c Abs. 1 Satz 1 HGB.
144aa)Gemäß § 3 Abs. 9 der Änderungsvereinbarung vom 05./12.10.2012 i. V. m. § 74c HGB hat der Kläger sich auf die Karenzentschädigung dasjenige anrechnen zu lassen, was er während des Zeitraums, für den die Entschädigung gezahlt wird, durch anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt, soweit die Entschädigung unter Hinzurechnung dieses Betrags den Betrag der zuletzt von ihm bezogenen vertragsmäßigen Leistungen um mehr als ein Zehntel übersteigen würde. Der Bezugspunkt ist also als Obergrenze ein Übersteigen der zuletzt von ihm bezogenen vertragsmäßigen Leistungen um mehr als ein Zehntel. Die zuletzt bezogene vertragsmäßige Vergütung ist mit 15.399,33 € berechnet worden, oben 1). Damit beträgt die zu überschreitende Obergrenze, ab der eine Anrechnung erfolgt, 16.939, 26 €.
145bb)In keinem Monat erreichen die Einkünfte des Klägers die Obergrenze von 16.939,26 €.
146(1)Für die Monate April und Mai 2012 kann offen bleiben, ob das Arbeitslosengeld in Höhe von jeweils 2.031,30 € angerechnet werden muss. Denn selbst unter Einbeziehung dieser Werte wird die Anrechnungsschwelle in keinem Fall erreicht.
147Die Einkünfte des Klägers aus der Karenzentschädigung betragen 10.009,56 €, das Arbeitslosengeld 2.031,30 €. Insgesamt errechnen sich damit 12.040,86 €, also ein Wert unterhalb von 16.939, 26 €. Dabei ist zu beachten, dass der Arbeitgeber allenfalls den tatsächlichen Auszahlungsbetrag des Arbeitslosengeldes, nicht aber einen fiktiv aus dem Arbeitslosengeld hochgerechneten Bruttobetrag anrechnen kann (BAG v. 14.09.2011 - 10 AZR 198/10, juris).
148(2)Für Juni 2012 errechnet sich ebenfalls ein Wert unterhalb der Obergrenze, weil das gezahlte Arbeitslosengeld nicht anzurechnen ist.
149Die Karenzentschädigung beträgt 10.009,56 €.
150Der Kläger war im Juni 2012 als Trainee bei der F. Energie GmbH tätig. Hierfür erhielt er nachträglich im November 2014 von der F. Enterprises Limited jedoch einen Betrag in Höhe von 5.000,00 €. Diesen Betrag muss sich der Kläger anrechnen lassen.
151Der Kläger erhielt im Juni 2012 zudem Arbeitslosengeld in Höhe von 2.031,30 €. Wäre das Arbeitslosengeld anzurechnen, errechneten sich Einkünfte in Höhe von 17.040,86 € (10.009,56 € + 2.031,30 € + 5.000,00 €). Da die Anrechnungsgrenze 16.939,26 € beträgt, müsste ein Wert in Höhe von 101,60 € berücksichtigt werden.
152Indes handelt es sich beim Arbeitslosengeld nicht um einen Erwerb aus der Verwertung der Arbeitskraft.
153Erwerb aus der Verwertung der Arbeitskraft sind alle geldwerten Leistungen zur Abgeltung der Arbeitsleistung (BAG v. 14.09.2011 - 10 AZR 198/10, juris; BAG v. 16.11.2005 - 10 AZR 152/05, juris; BAG v. 07.11.1989 - 3 AZR 796/87, juris; BAG v. 13.11.1975 - 3 AZR 38/75, juris).
154Davon ist zunächst die unmittelbare Erzielung von Entgelt für die Erbringung von Arbeitsleistungen, in der Regel im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsvertrages, umfasst. Aber auch Einkommen aus selbständiger Tätigkeit ist anrechenbar. Denn in beiden Fällen handelt es sich um den Ertrag aus persönlichem Arbeitseinsatz, der erst durch die Beendigung des vorherigen Arbeitsverhältnisses möglich geworden ist (BAG v. 14.09.2011 - 10 AZR 198/10, juris; BAG v. 16.11.2005 - 10 AZR 152/05, juris; BAG v. 07.11.1989 - 3 AZR 796/87, juris; BAG v. 13.11.1975 - 3 AZR 38/75, juris; LAG Köln v. 30.01.2014 - 13 Sa 744/13, juris).
155Entscheidend ist also die Verknüpfung der erzielten Einkunft mit der Verwertung der Arbeitskraft, sei es im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit oder einer abhängigen Beschäftigung. Sie muss das Ergebnis eines persönlichen Arbeitseinsatzes sein, der gerade durch die Beendigung des vorhergehenden Arbeitsverhältnisses möglich geworden ist (vgl. auch BAG v. 16.11.2005 - 10 AZR 152/05, juris; LAG Köln v. 30.01.2014 - 13 Sa 744/13, juris).
156Der Bezug von Arbeitslosengeld beruht indes nicht auf der Verwertung der Arbeitskraft. Arbeitslosengeld ist ein Lohnersatz und wird von der Solidargemeinschaft der Versicherten und der Wirtschaft als Sozialleistung aufgebracht; diese ist nicht Gegenleistung verwerteter, also tatsächlich erbrachter Arbeit (so auch LAG Köln v. 30.01.2014 - 13 Sa 744/13, juris).
157Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht zum Rechtszustand vor Inkrafttreten von § 128a AFG angenommen, dass durch die den § 74 ff. HGB nachfolgende Einführung einer dem Arbeitslosengeld ähnlichen Leistung durch die Verordnung über Erwerbslosenfürsorge vom 13.11.1918 (RGBl. S. 1305) sowie der Arbeitslosenversicherung durch das Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) vom 16.07.1927 (RGBl. S. 187) nachträglich eine Regelungslücke entstanden sei, die zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen durch entsprechende Anwendung des § 74c Abs. 1 HGB bei Bezug von Arbeitslosengeld geschlossen werden müsse. Beziehe der zur Wettbewerbsunterlassung Verpflichtete ungekürzt Karenzentschädigung und Arbeitslosengeld, so habe er sonst bei einer den Mindestbetrag des § 74 Abs. 2 HGB übersteigenden Karenzentschädigung höhere Einkünfte als ein Arbeitnehmer, der während der Karenzzeit einer nicht verbotenen Tätigkeit nachgehe (BAG v. 25.06.1985 - 3 AZR 305/83).
158Zuletzt hat das Bundesarbeitsgericht diese Frage offen gelassen. Es hat in seiner Entscheidung v. 14.09.2011 - 10 AZR 198/10 allerdings folgendes ausgeführt:
159"d) Durch Ergänzung von § 128a AFG um Satz 3 (Siebtes Gesetz zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes vom 20. Dezember 1985, BGBl. I S. 2484) ist die Anrechnung von Arbeitslosengeld auf die Karenzentschädigung gesetzlich geregelt worden. Der Arbeitnehmer musste sich das Arbeitslosengeld, das der Arbeitgeber der Bundesanstalt für Arbeit zu erstatten hatte, wie Arbeitsentgelt auf die Karenzentschädigung anrechnen lassen. Da die volle Erstattung von Arbeitslosengeld durch den Arbeitgeber verfassungswidrig war (BVerfG 10. November 1998 - 1 BvR 2296/96 und 1 BvR 1081/97 - BVerfGE 99, 202), wurde die gesetzliche Regelung (nunmehr § 148 SGB III) dahingehend geändert, dass der Arbeitgeber nur noch 30 % des Arbeitslosengelds zu erstatten hatte (Gesetz zur Neuregelung der sozialversicherungsrechtlichen Behandlung von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt vom 21. Dezember 2000, BGBl. I S. 1971). § 148 Abs. 1 Satz 2 SGB III bestimmte weiterhin, dass der Arbeitnehmer sich den Teil des Arbeitslosengelds, den der Arbeitgeber erstattet hatte, auf die Entschädigung für die Wettbewerbsbeschränkung anrechnen lassen musste. Durch die Abzugsmöglichkeit sollte die Doppelbelastung des erstattungspflichtigen Arbeitgebers vermieden werden. § 148 SGB III ist zum 1. Januar 2004 ersatzlos aufgehoben worden (Drittes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003, BGBl. I S. 2848), weil dem erheblichen Verwaltungsaufwand der Arbeitsverwaltung nur eine geringe Zahl von tatsächlichen Erstattungsfällen gegenüberstand (BT-Drucks. 15/1515 S. 88).
160e) Nach der Aufhebung von § 148 SGB III ist nach verbreiteter Auffassung (vgl. Weber in Großkomm. HGB 5. Aufl. § 74c Rn. 11; ErfK/Oetker 11. Aufl. § 74c HGB Rn. 4; Bauer/Diller Wettbewerbsverbote 5. Aufl. Rn. 532; MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene 3. Aufl. § 74c Rn. 11) die bis zum Inkrafttreten des § 128a Satz 3 AFG vorhandene Regelungslücke wieder entstanden, sodass § 74c Abs. 1 Satz 1 HGB bei Bezug von Arbeitslosengeld wieder entsprechend anzuwenden sein soll. Die Aufhebung der Anrechnungsregelung des § 148 Abs. 1 Satz 2 SGB III sei im Zusammenhang mit der Erstattungspflicht des Arbeitgebers zu sehen und nur ihre konsequente Folge (Weber aaO). Das Bundesarbeitsgericht hat die Frage der Anrechnung bisher offengelassen (BAG 16. November 2005 - 10 AZR 152/05 - Rn. 20, AP HGB § 74c Nr. 21 = EzA HGB § 74c Nr. 35; 23. November 2004 - 9 AZR 595/03 - zu A II der Gründe, BAGE 112, 376).
161f) Es ist zweifelhaft, ob es nach der Aufhebung von § 148 SGB III noch eine gesetzliche Grundlage für die Anrechnung von Arbeitslosengeld auf die Karenzentschädigung gibt. Die Annahme einer erneuten "planwidrigen" Regelungslücke begegnet Bedenken, weil eine bestehende gesetzliche Anrechnungsbestimmung aufgehoben worden ist. Dies gilt umso mehr, als nach § 148 Abs. 1 Satz 2 iVm. Satz 1 SGB III nur 30 % des Arbeitslosengelds angerechnet werden konnten und die Schließung einer vermeintlichen Regelungslücke durch analoge Anwendung von § 74c Abs. 1 Satz 1 HGB nunmehr zu einer vollen Anrechnung führen würde.
162Dem Gesetzgeber obliegt, das Verhältnis von Arbeitslosengeld und Karenzentschädigung zu regeln und gegebenenfalls Obergrenzen vorzusehen. Er kann die Solidargemeinschaft der Versicherten entlasten und die Anrechnung von Karenzentschädigung auf den Bezug von Arbeitslosengeld im Rahmen von Obergrenzen bestimmen oder er kann den vormaligen Arbeitgeber entlasten und die Anrechnung von Arbeitslosengeld auf die Karenzentschädigung regeln. Denkbar ist auch, von einer Anrechnung grundsätzlich abzusehen. Der Arbeitnehmer, der sich des Wettbewerbs enthält, erbringt seine vertraglich geschuldete Leistung und hat deshalb Anspruch auf die vereinbarte Gegenleistung. Wertungswidersprüche zu § 615 Satz 2 BGB bzw. § 11 Satz 1 Nr. 3 KSchG müssen dabei nicht entstehen, weil vertragliche Situation und Interessenlage gegenüber dem Fall des Annahmeverzugs nicht deckungsgleich sind. Bei Bezug von Arbeitslosengeld während des Annahmeverzugs geht der Vergütungsanspruch nach § 115 SGB X auf die Agentur für Arbeit über; der Arbeitnehmer behält seine vertraglich gesicherte Position. Nach Ablauf eines Wettbewerbsverbots trägt der arbeitslose Arbeitnehmer dagegen das Risiko, einen adäquaten Arbeitsplatz zu finden. Dieses Risiko besteht nicht, wenn er während der Dauer des Wettbewerbsverbots einer erlaubten Arbeit nachgeht. In diesem Fall ist der anderweitige Verdienst allerdings nach § 74c Abs. 1 Satz 1 HGB anzurechnen; hierdurch wird eine Übersicherung des Arbeitnehmers durch den Bezug von Karenzentschädigung, obwohl er wegen des Wettbewerbsverbots keine beruflichen Nachteile erleidet, vermieden (vgl. BGH 28. April 2008 - II ZR 11/07 - Rn. 5, DB 2008, 1558; MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene § 74c Rn. 2)."
163Das Berufungsgericht vertritt - wie das Arbeitsgericht - im Anschluss an das Bundesarbeitsgericht die Auffassung, dass eine "planwidrige" Regelungslücke nach Aufhebung des § 148 SGB III nicht mehr angenommen werden kann und es nunmehr dem Gesetzgeber obliegt, das Verhältnis von Arbeitslosengeld und Karenzentschädigung zu regeln und gegebenenfalls Obergrenzen vorzusehen (ebenso: LAG Köln v. 30.01.2014 - 13 Sa 744/13, juris).
164(3)Der Kläger muss sich für Juli bis Dezember 2012 ebenfalls keinen Betrag anrechnen lassen, weil seine Einkünfte aus der anderweitigen Verwertung seiner Arbeitskraft auf Grundlage des § 74c Abs. 1 Satz 1 HGB die Anrechnungsobergrenze nicht erreichen.
165Der Kläger bezog bei der F. Energie GmbH ein monatliches festes Arbeitsentgelt in Höhe von 4.166,66 € brutto nebst einem monatlichen geldwerten Vorteil für das Jobticket in Höhe von 54,38 € sowie von der F. Enterprises Limited einen als Bonus bezeichneten weiteren monatlichen Betrag in Höhe von 2.500,00 €. Zuzüglich der Karenzentschädigung in Höhe von 10.009,56 € errechnen sich Einkünfte in Höhe von 16.730.30 €, also ein Wert der unterhalb der Anrechnungsgrenze des § 74c Abs. 1 Satz 1 HGB in Höhe von 16.939,26 € liegt.
166(4)Im Jahr 2013 ist die Anrechnungsgrenze gleichfalls nicht überschritten worden.
167Der Kläger bezog bei der F. Energie GmbH ein monatliches festes Arbeitsentgelt in Höhe von 4.166,66 € brutto nebst einem monatlichen geldwerten Vorteil für das Jobticket in Höhe von 56,29 € sowie von der F. Enterprises Limited einen als Bonus bezeichneten weiteren monatlichen Betrag in Höhe von 2.500,00 €. Er erhielt von der F. Energie GmbH zudem ein Weihnachtsgeld in Höhe von 500,00 € brutto. Dieses ist auf die einzelnen Monate umzulegen (Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, 6. Aufl. 2012, Rn. 820) und beträgt monatlich 41,67 € brutto. Zuzüglich der Karenzentschädigung in Höhe von 10.009,56 € errechnen sich Einkünfte in Höhe von 16.774,18 €, also ein Wert der wiederum unterhalb der Anrechnungsgrenze des § 74c Abs. 1 Satz 1 HGB in Höhe von 16.939,26 € liegt.
168(5)Nichts anderes gilt für das Jahr 2014. Auch hier ist die Anrechnungsgrenze des § 74c Abs. 1 Satz 1 HGB nicht überschritten worden.
169Der Kläger bezog bei der F. Energie GmbH ein monatliches festes Arbeitsentgelt in Höhe von 4.166,66 € brutto nebst einem monatlichen geldwerten Vorteil für das Jobticket in Höhe von 58,39 € sowie von der F. Enterprises Limited einen als Bonus bezeichneten weiteren monatlichen Betrag in Höhe von 2.500,00. Zuzüglich der Karenzentschädigung in Höhe von 10.009,56 € errechnen sich Einkünfte in Höhe von 16.734,61 €, also ein Wert der erneut unterhalb der Anrechnungsgrenze des § 74c Abs. 1 Satz 1 HGB in Höhe von 16.939,26 € liegt.
170II.Der Zinsanspruch folgt aus § 286, 288 Abs. 1 BGB. Die Karenzentschädigung war zwar jeweils monatlich nachschüssig fällig. Der Kläger hat - wie bereits unter Ziffer 1) dargelegt, seine Auskunftsansprüche zunächst nicht ordnungsgemäß erfüllt. Erst durch die umfangreiche Auskunftserteilung und Übermittlung von Unterlagen im Kammertermin am 13.01.2015 ist der Kläger seiner Verpflichtung nachgekommen. Die Beklagte hat sich - wie dargestellt - auch wirksam auf ihr Zurückbehaltungsrecht berufen.
171Erst am 13.01.2015 ist die Auskunft umfassend erteilt und das bestehende Zurückbehaltungsrecht beendet worden. Erst danach war die Beklagte zur Zahlung der Karenzentschädigung an den Kläger verpflichtet.
172Da es sich bei der Beendigung des Zurückbehaltungsrechtes um ein Ereignis nach § 187 Abs. 1 BGB handelt, bei dem der Ereignistag nicht mitgerechnet wird, war die Zinszahlung ab dem Folgetag, dem 14.01.2015 auszuurteilen.
173III.Der Kläger hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Erteilung eines von der T. Telemedicin ausgestellten Referenzschreibens auf Englisch und Hebräisch.
174Darauf hat das Arbeitsgericht ebenfalls bereits zutreffend hingewiesen. Die erkennende Kammer folgt insoweit den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG von einer Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Der Kläger hat zweitinstanzlich zur Verpflichtung der Beklagten keine Tatsachen vorgetragen, die Anlass zu einer anderen rechtlichen Beurteilung geben. Insoweit meint der Kläger lediglich, dass Anspruchsgegnerin die Beklagte sei, weil sie sich in Ziffer 7 des gerichtlichen Vergleiches zur Erstellung nicht nur des Zeugnisses, sondern auch des Referenzschreibens verpflichtet habe. Diese Konstruktion sei gerade deshalb gewählt worden, weil die Muttergesellschaft nicht Partei der Vereinbarung gewesen sei. Damit verkennt der Kläger allerdings den Inhalt der getroffenen Vereinbarung.
175a)Grundsätzlich sind Verträge gemäß § 157 BGB so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Dabei ist nach § 133 BGB der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Bei der Auslegung sind alle tatsächlichen Begleitumstände der Erklärung zu berücksichtigen, die für die Frage von Bedeutung sein können, welchen Willen der Erklärende bei seiner Erklärung gehabt hat und wie die Erklärung von ihrem Empfänger zu verstehen war (BAG v. 22.07.2014 - 9 AZR 1066/12, juris; BAG v. 25.04.2013 - 8 AZR 453/12, juris; BAG v. 02.07.2009 - 3 AZR 501/07, DB 2009, 1939; BAG v. 17.01.2008 - 2 AZR 902/06, NZA 2008, 872; BAG v. 13.12.2006 - 10 AZR 787/05, NZA 2007, 408; BAG v. 20.09.2006 - 10 AZR 770/05, AP Nr. 41 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag). Die Auslegung hat trotz des in § 133 BGB enthaltenen Verbotes der Buchstabeninterpretation vom Wortlaut auszugehen. Maßgebend ist im Zweifel der allgemeine Sprachgebrauch. Nach der Ermittlung des Wortsinns sind in einem zweiten Schritt die Begleitumstände heranzuziehen, insbesondere die Entstehungsgeschichte sowie die Äußerungen der Parteien sowie Interessenlage und Zweck. Geboten ist eine nach beiden Seiten interessengerechte Auslegung. Im Zweifel ist der Auslegung der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Vertragspartner gerecht werdenden Ergebnis führt (BAG v. 22.07.2014 - 9 AZR 1066/12, juris; BAG v. 02.07.2009 - 3 AZR 501/07, DB 2009, 1939; BAG v. 13.11.2007 - 3 AZR 636/06, AP Nr. 50 zu § 1 BetrAVG; BGH v. 13.07.2007 - IV ZR 330/05, NJW 2007, 2320; Palandt-Heinrichs, § 133 BGB Rdnr.14 ff; MüKo/Bussche, § 133 Rz. 60).
176Auslegungsziel ist bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen also nicht der innere Wille des Erklärenden, sondern das, was der Adressat nach seinem Empfängerhorizont als Willen des Erklärenden verstehen konnte (BAG v. 24.09.2014 - 5 AZR 611/12, juris; BAG v. 22.07.2014 - 9 AZR 1066/12, juris; BAG v. 11.07.2007 - 7 AZR 501/06 - juris, Rn. 36). Zu würdigen sind neben dem Wortlaut der Erklärung auch alle Begleitumstände, die dem Erklärungsempfänger bekannt waren und die für die Frage erheblich sein können, welchen Willen der Erklärende bei Abgabe der Erklärung hatte (BAG v. 24.09.2014 - 5 AZR 611/12, juris; BAG v. 20.06.2013 - 6 AZR 805/11 - juris, Rn. 14).
177Der Inhalt von Willenserklärungen ist nach §§ 133, 157 BGB objektiv unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles nach der Sicht des Empfängers zu bestimmen. Das gilt auch für die Frage, ob überhaupt eine Willenserklärung vorliegt (BAG v. 22.07.2014 - 9 AZR 1066/12, juris; BAG v. 09.07.2003 - 10 AZR 564/02, juris; BAG v. 09.11.1999 - 9 AZR 922/98, juris). Das Gericht muss die von den Parteien für und gegen die Auslegung geltend gemachten Umstände abwägen. Im Urteil ist nachvollziehbar darzulegen, aus welchen Gründen das Gericht zu seinem Ergebnis gelangt ist. Der in der auszulegenden Erklärung oder in dem auszulegenden Verhalten verkörperte rechtlich maßgebliche Wille ist zu ermitteln. Lässt sich dabei ein übereinstimmender Wille der Parteien feststellen, so ist dieser allein maßgeblich, auch wenn er in einer Vereinbarung nur einen unvollkommenen oder gar keinen Ausdruck gefunden hat. Das übereinstimmend Gewollte hat Vorrang vor dem insoweit falsch oder nicht ausdrücklich Erklärten. Kann eine solche Feststellung nicht getroffen werden, so sind die jeweiligen Erklärungen oder das Verhalten der Vertragsparteien jeweils aus der Sicht des Erklärungsempfängers so auszulegen, wie er sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen durfte und musste. Bei dieser Auslegung sind alle den Parteien erkennbaren Begleitumstände, die für den Erklärungsinhalt von Bedeutung sein können, zu berücksichtigen. Hierzu gehören vornehmlich die Entstehungsgeschichte, das Verhalten der Parteien vor und nach Vertragsschluss, ihre Interessen und der Zweck einer Abmachung (BAG v. 09.07.2003 - 10 AZR 564/02, juris).
178b)Auf dieser Grundlage ist nicht ersichtlich, dass für die Beklagte in der Vereinbarung vom 09.03.2012 hinsichtlich des Referenzschreibens eine eigene einklagbare Verpflichtung begründet worden ist. Im Eingangssatz von Ziffer 7 des Vergleiches ist zunächst eine ausdrückliche Verpflichtung der Beklagten hinsichtlich des Zeugnisses begründet worden. Denn dort findet sich die Formulierung: "Die Beklagte erteilt dem Kläger ein Zwischen- und Abschlusszeugnis …". Der Begriff "erteilen" zielt auf eine eigene Pflicht. Demgegenüber erfolgt nach dem durch "und" abgetrennten weiteren Hauptsatz eine eigene prädikative Weiterung. Denn statt "erteilt" enthält dieser Hauptsatz die Formulierung, dass die Beklagte "Sorge dafür tragen" wird, dass ein Empfehlungsschreiben erteilt werde. Die Einschränkung ist also gerade bei dem Wort "erteilt" zu sehen, weil die Beklagte nicht die "Erteilung" übernommen hat, sondern nur, dafür Sorge zu tragen, dass ein Dritter - hier die Gesellschafterin - ein entsprechendes Empfehlungsschreiben erteilt. Die Verpflichtung der Beklagten umfasste also nicht die Erteilung, die ihr - worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat - schon rechtlich unmöglich wäre. Gerade weil die rechtliche Konstruktion von den Parteien erkannt worden ist, ist ein "weniger" als Verpflichtung begründet worden. Die Beklagte soll lediglich "Sorge tragen". Dies ist gleichbedeutend mit "sich um etwas kümmern, veranlassen". Genau darin liegt der entscheidende Unterschied zur eigenen Verpflichtung. Erkennbar für den Kläger konnte die Beklagte das Schreiben nicht erstellen. Sie sollte deshalb bei der Beklagten veranlassen, dass ein entsprechendes Schreiben erteilt wird. Dies begründet keine eigene Verpflichtung, sondern ein Herantreten an die Muttergesellschaft mit der Bitte, das Schreiben zu erteilen. Dass die Beklagte dies nicht erfüllt hat, ist zu einen nicht ersichtlich, zum anderen auch gar nicht Streitgegenstand. Eine eigene Verpflichtung das Schreiben erstellen ist jedenfalls nicht begründet worden.
179II.
180Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 525, 92 ZPO. Danach sind die Kosten bei teilweisem Erfolg eines Rechtsmittels grundsätzlich nach dem Anteil des Obsiegens und Unterliegens zu verteilen.
181III.
182Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision an das Bundesarbeitsgericht liegen vor. Die Kammer ist der Auffassung, dass dem Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung zukommt. Dies betrifft die Frage der Anrechnung des Arbeitslosengeldes auf die Karenzentschädigung sowie der Umfang der Auskunftspflichten des Arbeitnehmers auf Grundlage des § 74 c Abs. 2 HGB. Damit besteht der Revisionsgrund des § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.
183RECHTSMITTELBELEHRUNG
184Gegen dieses Urteil kann von beiden Parteien
185R E V I S I O N
186eingelegt werden.
187Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
188Bundesarbeitsgericht
189Hugo-Preuß-Platz 1
19099084 Erfurt
191Fax: 0361-2636 2000
192eingelegt werden.
193Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
194Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
1951.Rechtsanwälte,
1962.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
1973.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
198In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
199Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
200Bezüglich der Möglichkeit elektronischer Einlegung der Revision wird auf die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesarbeitsgericht vom 09.03.2006 (BGBl. I Seite 519) verwiesen.
201* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
202Dr. UlrichMülleneisenIffländer
(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzelnen der ihm gebührende Teil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden. Die Vorschrift des § 273 Abs. 3 findet keine Anwendung.
(2) Ist von der einen Seite teilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben verstoßen würde.
(1) Der Handlungsgehilfe muß sich auf die fällige Entschädigung anrechnen lassen, was er während des Zeitraums, für den die Entschädigung gezahlt wird, durch anderweite Verwertung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterläßt, soweit die Entschädigung unter Hinzurechnung dieses Betrags den Betrag der zuletzt von ihm bezogenen vertragsmäßigen Leistungen um mehr als ein Zehntel übersteigen würde. Ist der Gehilfe durch das Wettbewerbsverbot gezwungen worden, seinen Wohnsitz zu verlegen, so tritt an die Stelle des Betrags von einem Zehntel der Betrag von einem Viertel. Für die Dauer der Verbüßung einer Freiheitsstrafe kann der Gehilfe eine Entschädigung nicht verlangen.
(2) Der Gehilfe ist verpflichtet, dem Prinzipal auf Erfordern über die Höhe seines Erwerbes Auskunft zu erteilen.
(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.
(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.
(1) Die Einkommensteuer wird nach Ablauf des Kalenderjahres (Veranlagungszeitraum) nach dem Einkommen veranlagt, das der Steuerpflichtige in diesem Veranlagungszeitraum bezogen hat, soweit nicht nach § 43 Absatz 5 und § 46 eine Veranlagung unterbleibt.
(2) (weggefallen)
(3)1Die steuerpflichtige Person hat für den Veranlagungszeitraum eine eigenhändig unterschriebene Einkommensteuererklärung abzugeben.2Wählen Ehegatten die Zusammenveranlagung (§ 26b), haben sie eine gemeinsame Steuererklärung abzugeben, die von beiden eigenhändig zu unterschreiben ist.
(4)1Die Erklärung nach Absatz 3 ist nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln, wenn Einkünfte nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 erzielt werden und es sich nicht um einen der Veranlagungsfälle gemäß § 46 Absatz 2 Nummer 2 bis 8 handelt.2Auf Antrag kann die Finanzbehörde zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine Übermittlung durch Datenfernübertragung verzichten.
Tenor
Der Ablehnungsbescheid vom 19. Januar 2012 und die Einspruchsentscheidung vom 22. Oktober 2012 werden aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, die Klägerin für den Veranlagungszeitraum 2007 zur Einkommensteuer zu veranlagen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
...
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Beteiligten streiten darüber, ob das beklagte Finanzamt (Bekl) verpflichtet ist, die Klägerin (Kl) für den Veranlagungszeitraum 2007 gem. § 46 Abs. 2 Nr. 8 Einkommensteuergesetz (EStG) zur Einkommensteuer zu veranlagen.
- 2
Die Kl war im Jahr 2007 als Lehrerin tätig und erzielte ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Am 28. Dezember 2011 hatte die von der Kl beauftragte Steuerberaterin die - komprimierte - Einkommensteuererklärung 2007 der Kl erstellt und in den Briefkasten der zu diesem Zeitpunkt urlaubsbedingt ortsabwesenden Kl eingeworfen. Die Erklärung wurde von der Tochter der Klägerin vorgefunden, die die Kl über deren Eingang informierte. Die Kl nahm am 29. Dezember 2012 telefonischen Kontakt zu ihrer Steuerberaterin auf und tauschte sich mit dieser im Rahmen eines etwa eineinhalbstündigen Telefonats über den Inhalt der Erklärung aus. Dabei vergewisserte sich die Kl, die die Belege für die Erklärung selbst zusammengestellt hatte, dass in der Erklärung die zutreffenden Beträge angesetzt worden waren. Im Anschluss teilte die Kl ihrer Tochter mit, dass die Steuererklärung bei dem Finanzamt eingereicht werden könne. Daraufhin faxte diese die erste Seite der Erklärung an den Urlaubsort der Kl. Auf dieser leistete die Kl ihre Unterschrift und faxte das Blatt zurück an ihre Tochter. Letztere reichte am 30. Dezember 2011 dieses Blatt und die von der Steuerberaterin erstellte komprimierte Einkommensteuererklärung 2007 bei dem Bekl ein, außerdem wurde die Erklärung von der Steuerberaterin elektronisch über das Datev-Rechenzentrum an den Bekl übermittelt.
- 3
Mit Schreiben vom 19. Januar 2012 teilte der Bekl mit, dass eine Veranlagung zur Einkommensteuer für 2007 nicht mehr erfolgen könne. Die Festsetzungsfrist sei am 31. Dezember 2011 abgelaufen. Zwar sei der Antrag auf Durchführung der Veranlagung in Gestalt der komprimierten Steuererklärung am 30. Dezember 2011 bei dem Bekl eingegangen. Der Antrag trage jedoch nicht die erforderliche eigenhändige Unterschrift der Kl, die Übermittlung per Telefax reiche nicht aus.
- 4
Die Kl unterschrieb die Erklärung am 24. Januar 2012 an Amtsstelle. Gegen den ablehnenden Bescheid legte sie am 14. Februar 2012 Einspruch ein. Die Steuererklärung entspreche den gesetzlichen Vorgaben. Es reiche aus, wenn der eigenhändig unterschriebene Erklärungsvordruck per Telefax übermittelt werde (Hinweis auf das Urteil des FG Brandenburg vom 24. Februar 2003 1 K 57/02, EFG 2003, 777). Das ergebe sich auch aus der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Wirksamkeit von Abtretungsanzeigen gem. § 46 Abgabenordnung (AO), danach seien auch per Telefax übermittelte Anzeigen wirksam (Hinweis auf das BFH-Urteil vom 8. Juni 2010 VII R 39/09, BFHE 229, 482, BStBl II 2010, 839). Nichts anderes könne für Einkommensteuererklärungen gelten, weil die Wirksamkeitsvoraussetzungen im Übrigen identisch seien.
- 5
Der Bekl wies den Einspruch am 22. Oktober 2012 als unbegründet zurück. Gem. § 25 Abs. 3 Satz 4 EStG sei eine Einkommensteuererklärung von dem Steuerpflichtigen eigenhändig zu unterschreiben. Eigenhändigkeit bedeute, dass die Unterschrift von der Hand des Steuerpflichtigen stammen müsse. Erforderlich sei außerdem eine Unterschrift im Original, so dass eine per Telefax erfolgende Übermittlung der Unterschrift nicht ausreiche (Hinweis auf die BFH-Urteile vom 17. Dezember 1998 III R 87/96, BFHE 188, 182, BStBl II 1999, 313, und III R 101/96, BFH/NV 1999, 967, sowie auf das Urteil des FG Sachsen-Anhalt vom 22. Juni 2006 1 K 948/04, EFG 2007, 1518). Anders sei das nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 4. Juli 2002 V R 31/01, BFHE 198, 337, BStBl II 2003, 45) nur bei Steuererklärungen, in denen gesetzlich nicht ausdrücklich eine eigenhändige Unterschrift durch den Steuerpflichtigen vorgesehen sei (Hinweis auf das BMF-Schreiben vom 20. Januar 2003 2003-01-20 IV D 2-S 0321-4/03, BStBl I 2003, 74). Eine solche sei auch bei einer Abtretungsanzeige gem. § 46 AO nicht erforderlich.
- 6
Dagegen wendet sich die Kl mit ihrer Klage, die am 23. November 2012 bei dem Gericht eingegangen ist. Der Bekl verkenne das Merkmal der Eigenhändigkeit einer Unterschrift. Dieses erschöpfe sich darin, dass die Unterschrift von der Hand des Steuerpflichtigen stammen müsse. Vorliegend bestehe aber gar kein Zweifel daran, dass der Erklärungsvordruck von der Kl selbst unterschrieben worden sei. Soweit der Bekl darüber hinaus der Auffassung sei, dass die Unterschrift im Original vorgelegt werden müsse, sei dies unzutreffend. Es könne auch nicht unbeachtet bleiben, dass die Erklärungsdaten ebenfalls rechtzeitig – wenn auch im nicht authentifizierten Verfahren – übermittelt worden seien. Die elektronische Datenübermittlung werde seit Jahren durch die Finanzverwaltung propagiert. Erfolge diese dann, so dürften aus dem Fehlen einer eigenhändigen Unterschrift keine für den Steuerpflichtigen nachteiligen Schlüsse gezogen werden, ansonsten verhalte sich die Verwaltung widersprüchlich. Jedenfalls bei einer Gesamtbetrachtung von Fax- und Datenübermittlung sei von einem wirksamen Antrag auszugehen. Im Übrigen tendiere auch die höchstrichterliche Rechtsprechung in jüngerer Zeit dazu, sich vor dem Hintergrund sich permanent fortentwickelnder Übermittlungstechniken von allzu formalistischen Betrachtungsweisen zu lösen. Die seitens des Bekl in der Einspruchsentscheidung angeführte Rechtsprechung sei daher überholt.
- 7
Die Kl beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 19. Januar 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. Oktober 2012 zu verpflichten, die Klägerin für den Veranlagungszeitraum 2007 zur Einkommensteuer zu veranlagen.
- 8
Der Bekl beantragt, die Klage abzuweisen.
- 9
Mit seiner eigenhändigen Unterschrift übernehme der Steuerpflichtige die Verantwortung für die der Erklärung zugrundeliegenden tatsächlichen Angaben. Die Unterschrift solle auch sicherstellen, dass sich der Steuerpflichtige hinsichtlich der Vollständigkeit und Richtigkeit insbesondere von Dritten erstellter Erklärungen vergewissere. Eine Blankounterschrift reiche daher nicht aus (Hinweis auf das BFH-Urteil vom 8. Juli 1983 VI R 80/81, BFHE 139, 158, BStBl II 1984, 13). Hier sei die Unterschrift der Kl aber einer solchen Blankounterschrift gleichzustellen, weil ihr lediglich die erste Seite der Einkommensteuererklärung vorgelegen habe. Der vorliegende Sachverhalt unterscheide sich insofern auch von demjenigen, über den das FG Brandenburg mit seinem Urteil vom 24. Februar 2003 1 K 57/02 (EFG 2003, 777) entschieden habe. Der dortige Kläger habe nämlich die Erklärung selbst erstellt und per Fax versandt, habe also mit seiner Unterschrift auch die Verantwortung für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Inhalts der Erklärung übernehmen können.
- 10
Bis zum Zeitpunkt der Nachholung der Originalunterschrift sei für den Bekl auch nicht erkennbar gewesen, ob der wirkliche Absender mit der Absenderkennung übereinstimme und ob die richtige Erklärung - und nicht lediglich ein Entwurf - mit dem Willen des Erklärungspflichtigen an das Finanzamt gelangt sei. Es sei ferner nicht zu erkennen gewesen, ob die auf der Telekopie erscheinende Unterschrift eine eigenhändige sei oder aber durch mechanische oder technische Hilfsmittel aufgebracht worden sei.
- 11
Hinsichtlich der elektronischen Übermittlung der Erklärungsdaten habe der Steuerpflichtige die Wahl, ob die Übersendung mit oder ohne elektronische Signatur erfolgen solle. Entscheide er sich - wie hier die Kl - für die letztgenannte Übersendungsmethode, so bleibe weiter die eigenhändige Unterschrift erforderlich.
- 12
Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der von den Beteiligten zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen. Die Verwaltungsakten (ein Band Einkommensteuerakten und ein Band Rechtsbehelfsakten) waren beigezogen und Gegen-stand des Verfahrens.
Entscheidungsgründe
- 13
Die zulässige Klage ist begründet.
- 14
Der Bekl ist verpflichtet, die von der Kl gem. § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG beantragte Einkommensteuerveranlagung für 2007 durchzuführen. Die am 30. Dezember 2011 bei dem Bekl eingegangene Steuererklärung ist ein wirksamer Antrag gem. § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG.
- 15
1.) Besteht das Einkommen eines Steuerpflichtigen ganz oder teilweise aus Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, so wird der Steuerpflichtige nur unter den Voraussetzungen des § 46 Abs. 2 Nrn. 1 - 8 EStG zur Einkommensteuer veranlagt. Da die Voraussetzungen der § 46 Abs. 2 Nr. 1 - 7 EStG im Streitjahr nicht vorliegen, kommt hier nur eine Veranlagung gem. § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG in Betracht. Danach erfolgt eine Veranlagung auf Antrag des Steuerpflichtigen (Satz 1), wobei der Antrag durch Abgabe einer Einkommen-steuererklärung zu stellen ist (Satz 2). Für den Antrag ist keine besondere Frist vorgesehen, er kann daher innerhalb der vierjährigen Festsetzungsfrist gestellt werden, die mit Ablauf des Kj. beginnt, in dem die Steuer entstanden ist (vgl. BFH-Urteil vom 18. Oktober 2012 VI R 16/11, BFH/NV 2013, 340). Die Antragsfrist für die Veranlagung zur Einkommen-steuer 2007 endete folglich am 31. Dezember 2011.
- 16
Der Antrag ist rein verfahrensrechtlicher Natur und wirkt nicht auf die materielle Rechtslage ein. Er leitet lediglich das Veranlagungsverfahren ein, mittels dessen die materiell gem. § 36 Abs. 1 EStG mit Ablauf des Kalenderjahres bereits entstandene Einkommensteuer ermittelt und festgesetzt wird (vgl. BFH-Urteil vom 22. Mai 2006 VI R 15/05, BFHE 214, 149, BStBl II 2006, 912). Der Antrag ist daher keine Steuererklärung, er muss lediglich in der Form einer Einkommensteuererklärung abgegeben werden. § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG verknüpft dabei die Wirksamkeit des Antrags mit den Anforderungen an eine formal wirksame Einkommensteuererklärung. Es gelten deshalb die Voraussetzungen der §§ 150 Abs. 1 Satz 1 AO und § 25 Abs. 3 Satz 4 EStG, denen zufolge Einkommensteuererklärungen nach amtlichem Vordruck und vom Steuerpflichtigen eigenhändig unterschrieben einzureichen sind. Liegt danach eine wirksame Steuererklärung nicht vor, so ist auch der Antrag nicht wirksam gestellt (vgl. BFH-Beschluss vom 22. Mai 2006 VI R 49/04, BFHE 213, 508, BStBl II 2006, 808 m. w. N.).
- 17
2.) Die am 30. Dezember 2011 beim Bekl eingegangene Erklärung erfüllt die genannten Wirksamkeitsvoraussetzungen. Dem steht weder der Umstand entgegen, dass das Deckblatt der Erklärung mit der Unterschrift der Kl dem Bekl als Telekopie (Telefax) vorgelegt worden ist, noch die Tatsache, dass der Kl im Zeitpunkt der Unterzeichnung lediglich das Deckblatt der Erklärung vorgelegen hat.
- 18
a.) Das Merkmal der Eigenhändigkeit einer Unterschrift erfordert nicht, dass die Unterschrift im Original vorgelegt wird. Es reicht aus, wenn dies in Gestalt einer (Tele-)Kopie erfolgt. Demgemäß erfüllt auch eine insgesamt per Telefax an das Finanzamt übermittelte Einkommensteuererklärung die Voraussetzungen der §§ 150 Abs. 1 Satz 1 AO, 25 Abs. 3 Satz 4 EStG. Nichts anderes gilt hier, obwohl die Erklärung bis auf das Deckblatt im Original, das Deckblatt selbst aber in Gestalt einer Telekopie eingereicht worden ist.
- 19
aa.) Die Frage, ob eine per Telefax übermittelte Einkommensteuererklärung wirksam ist, insbesondere das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift durch den Steuerpflichtigen erfüllt ist, ist bislang höchstrichterlich nicht geklärt.
- 20
(1) In Bezug auf Investitionszulagenanträge, die zu ihrer Wirksamkeit wie Einkommen-steuererklärungen einer eigenhändigen Unterschrift des Steuerpflichtigen bedürfen, hat der 3. Senat des BFH allerdings mehrfach erkannt, dass eine Übermittlung des Antrages per Telefax nicht ausreiche (BFH-Urteil vom 17. Dezember 1998 III R 87/96, BFHE 188, 182, BStBl II 1999, 313; III R 101/96, BFH/NV 1999, 967; BFH-Beschluss vom 24. Juli 2003, III B 78/02, BFH/NV 2003, 1610). Die Telekopie einer Unterschrift stelle keine eigenhändige Unterschrift dar. Eine solche erfordere, dass der Steuerpflichtige den Antrag höchstpersönlich unterzeichne. Diesem Erfordernis wiederum sei nur genügt, wenn dem Finanzamt gegenüber auch der Nachweis erbracht sei, dass der Steuerpflichtige den Antrag höchstpersönlich unterzeichnet habe. Dieser Nachweis könne nur durch die körperliche Übermittlung des Originalantrages geführt werden, auf den der Steuerpflichtige höchstpersönlich die eigenhändige Unterschrift gesetzt habe. Das ergebe sich aus der besonderen Bedeutung, die der eigenhändigen Unterschrift bei Investitionszulagenanträgen zukomme. Diese diene nicht nur dazu, dem Steuerpflichtigen die Bedeutung der in dem Antrag enthaltenen Wissens- und Absichtserklärungen bewusst zu machen und ihn für die Richtigkeit der in dem Antrag enthaltenen Tatsachenangaben in die Verantwortung zu nehmen. Die Verantwortlichkeit umfasse vielmehr auch die volle strafrechtliche Verantwortung für unrichtige oder unvollständige Tatsachen, die subventionsrechtliche Tatsachen i.S.d. § 264 des Strafgesetzbuches (StGB) darstellten. Es sollten mögliche spätere Ausflüchte des Erklärenden von vornherein entkräftet sowie verhindert werden, dass der Erklärende die Verantwortung von sich schieben könne. Daher müssten unrichtige oder unvollständige Angaben im Investitionszulagenantrag in strafrechtlicher Hinsicht unschwer und zweifelsfrei der Person zugerechnet werden können, die sich die als wahr versicherten Angaben durch die körperliche Vorlage des die eigenhändige Unterschrift tragenden Antragsvordrucks zu eigen gemacht habe. Diese strafrechtliche Verantwortlichkeit würde verwischt, wenn man die Vorlage einer Telekopie des die eigenhändige Unterschrift tragenden Erklärungsvordrucks ausreichen ließe. Denn in diesem Fall könne sich der Empfänger nicht sicher sein, dass das Schriftstück sowie die auf dem Schriftstück angebrachte Unterschrift vom Absender stammten. Es sei auch nicht zu erkennen, ob es sich lediglich um einen Entwurf handele, der u.U. ohne den Willen des Anspruchsberechtigten an das Finanzamt gelangt sei. Außerdem sei nicht sichergestellt, dass die Absenderkennung des sendenden Faxgerätes den tatsächlichen Absender wiedergebe. Der Empfänger wisse schließlich auch nicht, ob es sich bei der telekopierten Unterschrift um die eigenhändige Unterschrift des Absenders handele oder ob diese - in welcher Weise auch immer - manipuliert worden sei. Angesichts der leichten und für den Empfänger nicht erkennbaren technischen Gestaltungs- und Manipulationsmöglichkeiten könne einer Telekopie demnach für die mit der eigenhändigen Unterschrift zusammenhängende Übernahme der strafrechtlichen Verantwortlichkeit kein Beweiswert beigemessen werden. Allein die körperliche Übermittlung des Originalantrages, auf den der Anspruchsberechtigte höchstpersönlich die eigenhändige Unterschrift gesetzt habe, biete die Gewähr dafür, dass dem Anspruchsberechtigten die Bedeutung der in dem Antrag enthaltenen Wissenserklärung bewusst gemacht werde und er - auch in strafrechtlicher Hinsicht - die Verantwortung für die Richtigkeit der der Erklärung zugrundeliegenden Tatsachen und Belege übernehme.
- 21
Anderes ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Bundesfinanzhof - wie auch die übrigen obersten Bundesgerichte - es als zulässig ansähen, bestimmende Schriftsätze, die der Schriftform bedürfen, per Telefax zu übermitteln. Denn dort gehe es um die Frage, ob ein solcher bestimmender Schriftsatz unter Wahrung der in den Verfahrensgesetzen vorgesehenen Schriftform mittels moderner Übertragungsmittel rechtzeitig bei Gericht eingehe, während im Hinblick auf die eigenhändige Unterzeichnung eines Investitionszulagenantrages die Frage zu lösen sei, ob der Nachweis eines tatsächlichen Geschehens - nämlich die eigenhändige und höchstpersönliche Unterschriftsleistung durch den Anspruchsberechtigten - schon durch Vorlage der Kopie einer dieses Geschehen dokumentierenden Urkunde erbracht werden könne.
- 22
(2) Demgegenüber hat der 5. Senat im Hinblick auf Umsatzsteuervoranmeldungen erkannt, dass diese wirksam per Telefax übermittelt werden könnten (Urteil vom 4. Juli 2002 V R 31/01, BFHE 198, 337, BStBl II 2003, 45). Es fehle insbesondere nicht an der erforderlichen Unterschrift durch den Anmeldenden. Durch die Schriftlichkeit solle gewährleistet werden, dass aus dem Schriftstück der Inhalt der Erklärung, die abgegeben werden solle, und die Person, von der sie ausgehe, hinreichend zuverlässig entnommen werden könne; außerdem müsse feststehen, dass es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handele, sondern dass es mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Empfänger zugeleitet worden sei. Diese Voraussetzungen erfülle auch eine per Telefax übermittelte Umsatzsteuervoranmeldung. Dabei hat der 5. Senat ausdrücklich offen gelassen, ob er der Sichtweise des 3. Senats in Bezug auf Investitionszulagenanträge folgen könnte.
- 23
bb.) Die Verwaltung folgert aus dieser Rechtsprechung, dass zwar Steueranmeldungen und -erklärungen wirksam per Telefax übermittelt werden könnten, für die das Gesetz - wie bei der Umsatzsteuervoranmeldung - nicht ausdrücklich eine eigenhändige Unterschrift durch den Erklärenden vorsehe. Soweit dies - wie etwa bei Einkommensteuererklärungen - jedoch der Fall sei, reiche eine Übermittlung per Telefax nicht aus (BMF-Schreiben vom 20. Januar 2003 VV DEU BMF 2003-01-20 IV D 2-S 0321/4/03, BStBl I 2003, 74).
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cc.) Dem folgen Teile der Instanzgerichte und der Literatur. Dies wird teils in Anlehnung an die o.g. Rechtsprechung des 3. Senats des BFH zu Investitionszulagenanträgen näher begründet (vgl. Urteil des FG Sachsen-Anhalt vom 22. Juni 2006 1 K 948/04, EFG 2007, 1518; Stöcker in Beermann/Gosch, AO und FGO, § 150 AO Rz. 94.4; Cöster in Pahlke/König, AO, 2. A., § 150 Rz. 21), teils wird die Verwaltungsauffassung lediglich in Bezug genommen (Lochte in Frotscher, EStG, § 25 Rz. 66; Tormöhlen in Korn, EStG, § 25 Rz. 15.2). Andere betonen neben dem gesetzlichen Erfordernis der Eigenhändigkeit der Unterschrift bei Einkommensteuererklärungen auch, dass diese viel umfangreicher seien als etwa Umsatzsteuervoranmeldungen, so dass mangels mechanischer Verbindung der einzelnen Seiten eine Verwechslung oder Trennung der Seiten nicht ausgeschlossen sei (so Rätke in Klein, AO, 11. A., § 150 Rz. 2).
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dd.) Nach anderer Ansicht hingegen soll eine Übermittlung per Telefax der Wirksamkeit einer Einkommensteuererklärung nicht entgegenstehen (vgl. Urteil des FG München vom 1. Dezember 1994 10 K 1427/94, zitiert nach juris; Urteil des FG Brandenburg vom 24. Februar 2003 1 K 57/02, EFG 2003, 777; Kuhfus, EFG 2007, 1518; Seeger in Schmidt, EStG, 32. A., § 25 Rz. 6; Lambrecht in Kirchhhof, EStG, § 25 Rz. 10; Seer in Tipke/Kruse, AO und FGO, § 150 Rz. 6; Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO und FGO, § 150 AO Rz. 34 a.E.).
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ee.) Der Senat folgt der letztgenannten Sichtweise. Eine Unterschrift muss nicht im Original auf der dem Finanzamt zugehenden Steuererklärung angebracht sein, um das Merkmal der Eigenhändigkeit zu erfüllen.
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(1) Der Steuerpflichtige leistet eine Unterschrift eigenhändig, wenn sie von seiner Hand stammt, er sie also höchstpersönlich erbracht hat. Die Bedeutung dieses Erfordernisses ist umstritten. Vereinzelt wird vertreten, es handele sich um einen reinen Autorisierungsakt, der allein die Zurechnung bzw. Zurechenbarkeit der Erklärung bewirke (Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO und FGO, § 150 AO Rz. 36; Seer in Tipke/Kruse, AO und FGO, § 150 AO Rz. 26). Wohl überwiegend wird hingegen angenommen, dass die eigenhändige Unterschrift neben der Identifizierung des Urhebers auch dazu dienen soll, den Steuerpflichtigen dazu anzuhalten, sich die Bedeutung der Steuererklärung als (in erster Linie) Wissenserklärung bewusst zu machen und den Steuerpflichtigen quasi dazu zu zwingen, die Richtigkeit der in der Erklärung enthaltenen Angaben zu überprüfen sowie die Verantwortung dafür zu übernehmen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 8. Juli 1983 VI R 80/81, BFHE 139, 158, BStBl II 1984, 13; vom 17. Dezember 1998 III R 87/96, BFHE 188, 182, BStBl II 1999, 313; Urteil des FG Brandenburg vom 24. Februar 2003 1 K 57/02, EFG 2003, 777; Hettler in Lademann, EStG, § 25 Rz. 44; Dumke in Schwarz, AO, § 150 Rz. 12a, alle m.w.N.).
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Diese Zwecke werden jedoch sämtlich auch erfüllt, wenn der Steuerpflichtige zwar die Erklärung unterschreibt, er anschließend dem Finanzamt aber nur eine (Tele-)Kopie der unterschriebenen Erklärung vorlegt. Das versteht sich von selbst, wenn man die Leistung der Unterschrift als bloßen Autorisationsakt versteht. Die Autorisierung lässt sich auch anhand einer Kopie der Unterschrift nachvollziehen. Auch die übrigen der eigenhändigen Unterschrift beigemessenen Zielsetzungen erfordern jedoch nicht, dass die Unterschrift des Steuerpflichtigen im Original auf der beim Finanzamt eingehenden Steuererklärung angebracht sein muss. So wird die Bedeutung der Erklärung dem Steuerpflichtigen auch dann und in dem Zeitpunkt vor Augen geführt, in dem er das Original der Steuererklärung - die Grundlage der später gefertigten (Tele-)Kopie - unterschreibt. Mit der Unterschriftsleistung versichert er auch die in der Erklärung enthaltenen Angaben und übernimmt für dieselben die Verantwortung. Die Art und Weise der nachfolgenden Übermittlung des unterschriebenen Vordrucks erfüllt demgegenüber keine weitergehende Funktion, insbesondere keine weitergehende Schutzfunktion (vgl. BFH-Urteil vom 8. Juni 2010 VII R 39/09, BFHE 229, 482, BStBl II 2010, 839). Weder wird dem Steuerpflichtigen die Bedeutung der Erklärung eindringlicher deutlich, noch vertieft sich die Übernahme seiner Verantwortung für die von ihm gemachten Angaben dadurch, dass er die Unterschrift später dem Finanzamt im Original vorlegt anstatt sie per Fax zu übersenden (in diesem Sinne auch FG Brandenburg, Urteil vom 24. Februar 2003 1 K 57/02, EFG 2003, 777; Kuhfus, EFG 2007, 1518). Schließlich ermöglicht auch eine kopierte Unterschrift - u.U. neben anderen Umständen - die Identifizierung des Urhebers der Erklärung bzw. die Zuordnung der Erklärung zu einer bestimmten Person.
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(2) Die Gegenansicht, die für eine wirksame Einkommensteuererklärung das Vorliegen einer Originalunterschrift fordert, überzeugt nicht.
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(a) Sie kann sich nicht auf die Rechtsprechung des BFH zur Wirksamkeit von Investitionszulagenanträgen berufen. Der BFH selbst hat in den maßgeblichen Entscheidungen ausdrücklich klargestellt, dass die Forderung nach dem Vorliegen der Originalunterschrift in erster Linie auf der investitionszulagenrechtlichen und insbesondere damit einhergehenden strafrechtlichen Zielsetzung beruhte, Beweisvorsorge für den Umstand zu treffen, dass der Steuerpflichtige den Vordruck tatsächlich unterschrieben und die strafrechtliche Verantwortung für seinen Inhalt übernommen hatte (BFH-Urteil vom 17. Dezember 1998 III R 87/96, BFHE 188, 182, BStBl II 1999, 313, unter II 2b a.E. – Tz 17). Eine über den Bereich der Investitionszulagenanträge hinausgehende Bedeutung kommt den Entscheidungen daher nicht zu (so auch BFH-Urteil vom 4. Juli 2002 V R 31/01, BFHE 198, 337, BStBl II 2003, 45). Ihre Wertungen lassen sich nicht auf die Frage nach der Wirksamkeit einer Einkommensteuererklärung übertragen, zumal sich aus dem Umfang des Beweiswertes einer Unterschrift in einem eventuellen Strafverfahren nichts dafür entnehmen lässt, ob verwaltungsrechtliche Formvorschriften erfüllt sind (so auch FG München, Urteil vom 1. Dezember 1994 10 K 1427/94, zitiert nach juris; Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO und FGO, § 150 Rz. 34 a.E.).
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(b) Letzteres ist aber hier die allein interessierende Frage, zu deren Beantwortung es einer solchen Verknüpfung mit dem Beweiswert der Unterschrift nicht bedarf. Vielmehr ist für den Bereich des Prozessrechts höchstrichterlich geklärt und allgemein anerkannt, dass die Übermittlung fristwahrender und damit eigenhändig zu unterschreibender Schriftstücke mittels Telefax ausreichend ist (vgl. den Beschluss des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 5. April 2000 GmS-OGB 1/98, DStR 2000, 1362 unter III. 2.), ohne dass die Authentizität der Faxschreiben problematisiert würde. Es erschließt sich - auch im Interesse einer einheitlichen Rechtslage - nicht, warum dies bei Steuererklärungen anders sein sollte (so auch FG Brandenburg, Urteil vom 24. Februar 2003 1 K 57/02, EFG 2003, 777; Kuhfus, EFG 2007, 1518; Seer in Tipke/Kruse, AO und FGO, § 150 AO Rz. 6).
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(c) Außerdem ist auch in rein tatsächlicher Hinsicht nicht nachvollziehbar, warum die Gefahr, dass eine mit einer Originalunterschrift versehene Erklärung einen Entwurf darstellen könnte, größer sein soll, wenn sie per Fax übermittelt wird, als wenn sie postalisch versandt wird (so aber Stöcker in Beermann/Gosch, AO, § 150 Rz. 94.4). Ebenso wenig erhält der Empfänger im Falle eines postalischen Versands eine größere Gewissheit darüber, dass das Schriftstück sowie die auf dem Schriftstück angebrachte Unterschrift vom angegebenen Absender stammen, wobei im Hinblick auf den o.g. Zweck der Eigenhändigkeit der Unterschrift entscheidend ohnehin die Übereinstimmung zwischen Unterschreibendem und Erklärendem (und nicht dem Absender) wäre. Dementsprechend ist auch unerheblich, welche Absenderkennung das bei dem Finanzamt eingehende Telefax trägt. Zwar mag man einer telekopierten Unterschrift nicht ohne weiteres ansehen können, ob sie - in welcher Weise auch immer - manipuliert worden ist. Auch einer im Original vorliegenden Unterschrift kann man im Zeitpunkt ihres Eingangs aber nicht ansehen, ob sie tatsächlich von demjenigen stammt, der sich aus der Erklärung als Erklärender ergibt, oder ob sie ein Dritter geleistet hat. Es erschließt sich nicht, warum es sich in diesem Fall nicht auf die Wirksamkeit der Erklärung auswirken soll, dass sich die Identität von Unterzeichnendem und Erklärendem erst nach Erklärungseingang feststellen lässt, einer telekopierten Erklärung aufgrund dessen aber die Wirksamkeit versagt werden soll.
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(d) Vorliegend stand ohnehin nie in Zweifel, dass die Kl das Deckblatt der Erklärung im Original selbst - eigenhändig - unterschrieben hatte. Daher ist die Erklärung nicht schon deshalb unwirksam, weil das Deckblatt mit der Unterschrift bis zum 31. Dezember 2011 bei dem Bekl lediglich als (Tele-)Kopie eingegangen ist.
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b.) Nach dem Gesagten wäre die Erklärung allerdings - wie auch eine mit einer Originalunterschrift versehene Erklärung - unwirksam, wenn festzustellen wäre, dass die Unterschrift ihre oben genannten Funktionen, insbesondere die Warn- und Schutzfunktion, aber auch die Verantwortungsübernahme für den Erklärungsinhalt durch die Kl, nicht erfüllen konnte. Solche Feststellungen lassen sich hier aber nicht treffen. Auch der Umstand, dass die Erklärung der Kl im Zeitpunkt der Unterzeichnung nicht vollständig körperlich vorlag, steht ihrer Wirksamkeit nicht entgegen.
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Regelmäßig ist einer beim Finanzamt eingehenden Erklärung nicht anzusehen, ob die Unterschrift, die auf ihr angebracht ist, die o.g. Funktionen erfüllen kann, oder etwa deshalb nicht, weil der Steuerpflichtige von dem Inhalt der Erklärung tatsächlich gar keine Kenntnis genommen hat. Das gilt auch für Erklärungen, die eine Originalunterschrift enthalten, denn die Unterschrift allein besagt nichts darüber, wann und unter welchen Umständen sie geleistet worden ist. Dementsprechend begnügt sich das Gesetz aus Gründen der Rechtssicherheit allein mit dem äußeren Merkmal der Unterschrift. Ist eine Erklärung unterschrieben, besteht für das Finanzamt daher regelmäßig kein Anlass zu hinterfragen, ob und ggf. in welcher Tiefe der Steuerpflichtige die Erklärung auch überprüft hat. Das Finanzamt kann dann ohne weiteres von der Wirksamkeit der Erklärung ausgehen. Anders verhält es sich ausnahmsweise nur dann, wenn dem Finanzamt Umstände positiv bekannt sind, aus denen sich ergibt, dass die Unterschrift ihre Zielsetzungen nicht erfüllen konnte (vgl. zum Ganzen den Beschluss des Bundesgerichtshofs – BGH – vom 23. Juni 2005 V ZB 45/04, NJW 2005, 2709 in einer vergleichbaren Sachverhaltskonstellation im zivilgerichtlichen Berufungsverfahren). Bestehen im Zeitpunkt des Eingangs einer fristgebundenen Erklärung vor Fristablauf - etwa wegen ihrer Ausgestaltung (wie hier: Deckblatt als Telekopie und Erklärung im Übrigen im Original) - insofern lediglich Zweifel, stellt sich dann aber im weiteren Verlauf - sei es auch nach Fristablauf - endgültig heraus, dass die Unterschrift ihre Funktionen erfüllt hat, so wird die Frist durch die Erklärung gewahrt. Denn insoweit handelt es sich lediglich um eine Beweisfrage, nicht um die Fristwahrung selbst (vgl. Urteil des FG München vom 1. Dezember 1994 10 K 1427/94, zitiert nach juris).
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So verhält es sich hier, denn es steht fest, dass die Unterschrift der Kl sämtliche o.g. Funktionen erfüllte. Sie ermöglichte zum einen – im Zusammenhang mit der Erklärung – die Identifizierung des Erklärenden und damit die Zuordnung der Erklärung. Zum anderen konnte sie ihre Warn- und Schutzfunktion entfalten und der Kl auch vor Augen führen, dass sie die Verantwortung für den Erklärungsinhalt übernahm. Zwar hat der Kl nicht die vollständige Erklärung körperlich vorgelegen, als sie das Deckblatt unterzeichnete. Das ist aber auch nicht zwingend erforderlich. Ausreichend für die Erfüllung der Warn- und Schutzfunktion der Unterschrift ist vielmehr, dass festgestellt werden kann, dass der Steuerpflichtige Kenntnis vom Inhalt der Erklärung genommen hat. Das kann dadurch geschehen, dass der Steuerpflichtige die ihm körperlich vorliegende Erklärung liest. Im Hinblick auf die angesprochene Warn- und Schutzfunktion macht es aber keinen Unterschied, ob der Steuerpflichtige u.U. auf andere Weise von dem Inhalt der Erklärung Kenntnis erhält. Entscheidend ist allein, dass der Steuerpflichtige die Erklärung unterschreibt, nachdem er von ihrem Inhalt Kenntnis genommen hat, nur dann kann er die inhaltliche Richtigkeit der Angaben überprüfen und auch die Verantwortung für die Angaben übernehmen.
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Das hat die Kl hier getan. Sie hat vorgetragen, dass sie sich vor der Unterschrift bei ihrer Steuerberaterin ausführlich und detailliert über den Inhalt der Erklärung vergewissert habe. Erst in Kenntnis und im Bewusstsein des genauen Erklärungsinhalts habe sie sodann ihre Unterschrift geleistet. Der Bekl ist diesem Vortrag der Kl nicht entgegengetreten. Der Senat hat keine Veranlassung, an der Richtigkeit des Vortrages zu zweifeln. Er hält ihn für glaubhaft, zumal die Steuerberaterin der Kl ihn im Termin vom 19. September 2013 bestätigt und außerdem dargelegt hat, dass die Kl die der Erklärung beigefügten Belege äußerst gewissenhaft selbst zusammengestellt habe und dass im Laufe des Gesprächs die einzelnen Ansätze in der Erklärung umfassend erörtert worden seien. Es sind auch keine Umstände dafür dargetan oder sonst ersichtlich, dass die Kl über den Erklärungsinhalt nicht zutreffend informiert worden wäre.
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Angesichts dessen ist die vorliegende Sachverhaltskonstellation auch nicht mit der Leistung einer Blankounterschrift vergleichbar. Letztere zeichnet sich nämlich dadurch aus, dass der Steuerpflichtige den Inhalt der regelmäßig erst noch abschließend zu erstellenden Steuererklärung im Zeitpunkt der Unterschriftsleistung gar nicht kennt (vgl. dazu z.B. die BFH-Urteile vom 8. Juli 1983 VI R 80/81, BFHE 139, 158, BStBl II 1984, 13 und vom 20. Januar 1984 VI R 15/82, zitiert nach juris). Es kann daher dahinstehen, ob die Erklärung unwirksam wäre, wenn eine solche Blankounterschrift vorläge (ausgehend von seiner Konzeption der eigenhändigen Unterschrift als reinem Autorisationsakt die Unwirksamkeit ausdrücklich verneinend etwa Seer in Tipke/Kruse, AO und FGO, § 150 AO Rz. 26).
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3.) Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gem. § 151 Abs. 1, Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10 (analog), 711, 709 Satz 2 ZPO. Die Revision wird gem. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.