Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 17. Mai 2016 - 6 Sa 66/15

ECLI:ECLI:DE:LAGST:2016:0517.6SA66.15.0A
bei uns veröffentlicht am17.05.2016

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 20.01.2015 - 9 Ca 1504/14 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten (noch) über die Frage, welche Tarifwerke auf ihr Arbeitsverhältnis zur Anwendung kommen und damit im Zusammenhang stehend über die Frage, ob die Beklagte der Klägerin (weitere) Arbeitsvergütung schuldet.

2

Die Klägerin ist seit 01.09.1989 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern als Krankenschwester in dem nach dem Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes zunächst von dem O bzw. dem diesen nachfolgenden B als Eigenbetrieb geführten Krankenhauses „O“ in H, K, tätig.

3

Das Klinikum ging im Wege des Betriebsüberganges im Jahr 2007 an die S über.

4

Aufgrund eines weiteren Betriebsübergangs wechselte die Inhaberschaft auf die Beklagte, damals firmierend unter „A“ mit Wirkung zum 01.11.2013.

5

Die Klägerin ist seit 2007 Mitglied der Gewerkschaft ver.di.

6

Sie hat mit den Rechtsvorgängern der Beklagten die vertragliche Grundlage für das Arbeitsverhältnis mehrfach im Wege des Änderungsvertrages angefasst. Der Arbeitsvertrag vom 30.04.1992 (Bl. 115 d. A.) enthält in § 2 eine Verweisungsklausel auf den BAT-O sowie auf die für den Arbeitgeber jeweils weitergeltenden Tarifverträge. § 2 des Änderungsvertrages vom 17.05.2010 (Bl. 48 d. A.) enthält demgegenüber die folgende Bezugnahmeklausel:

7
        

 ...   

        

 § 2 wird wie folgt ersetzt:

        

 Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und dem Besonderen Teil Stand 31.12.2006

        

 ( ) Verwaltung

        

 (x) Krankenhäuser Stand 31.12.2006

        

 Außerdem gilt weiterhin der Tarifvertrag zur Überleitung und Beschäftigungssicherung in der S vom 05. März 2007.

        

 Dieser Änderungsvertrag tritt am 17.05.2010 in Kraft.

        

 H, den 17.05.2010
(Ort, Datum)

        

 D
Geschäftsführer
(Für den Arbeitgeber)

 (Datum/Beschäftigte)

8

Dementsprechend kamen auf die Rechtsbeziehungen zwischen der Klägerin und der S zunächst weiter die Bestimmungen des TVöD zur Anwendung. Mit Schreiben vom 28.10.2010 (Bl. 162 fd. A.) teilte die S der Klägerin mit, dass rückwirkend zum 01.01.2010 nunmehr die Tarifverträge des S zur Anwendung kommen. Danach (Tarifvertrag O 2012 vom 25.02.2013 - abgeschlossen mit ver.di) beträgt die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit für die Klägerin 35 Stunden.

9

Die Beklagte betrieb (und betreibt noch) vor der Übernahme des O in H, K, eine medizinische Einrichtung, nämlich ein Fachkrankenhaus für Psychiatrie und Neurologie. Sie hatte bereits am 28.03.2006 mit ver.di einen Haustarifvertrag abgeschlossen, dessen Rubrum wie folgt lautet:

10

Haustarifvertrag
(mit weitergeltenden Regelungen aus dem BAT-O)

11

zwischen dem

A

12

vertreten durch die

13

Trägerschaft A H, diese vertreten durch die Geschäftsführerin, Frau M...

14

- einerseits -

15

und der

16

Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di,
vertreten durch die Landesbezirksleitung Sachsen-Anhalt,
Nachtweide 82, 39124 Magdeburg

17

- andererseits -

...

18

Weiter heißt es in diesem Tarifvertrag -(im Folgenden A HTV) in § 1:

19

§ 1 Allgemeiner Geltungsbereich

20

(1) Dieser Tarifvertrag gilt für alle Beschäftigte des A in H, die Mitglieder der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) sind.

21

(2) Ausgenommen sind leitende Mitarbeiterinnen im Sinne des § 5 (3) BetrVG und Beschäftigte, die im Sinne des § 8 SGB IV - unter Berücksichtigung des § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB IV - geringfügig beschäftigt oder als Studierende nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB V versicherungsfrei sind oder die nebenberuflich tätig sind.

22

§ 1a Anwendung von Tarifverträgen

23

(1) Für die in § 1 (1) genannten Beschäftigten gelten die für die Angestellten der Länder zwischen den Tarifvertragsparteien vereinbarten Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrages Ost (BAT-O) vom 10. Dezember 1990 und diese ändernden und ergänzenden Vorschriften einschließlich der Vergütungsregelung in der jeweils geltenden Fassung (für den Bereich Bund/Land) samt der z. Zt. (Stand Juni 2005) geltenden Sonderregelungen, Anlagen, Anhänge und sonstigen tariflichen Regelungen, die für den Bereich des öffentlichen Dienstes abgeschlossen werden, soweit in diesem Tarifwerk nicht Abweichendes bestimmt wird.

...

24

Die Tarifvertragsparteien waren sich darüber einig, dass die Regelungen des A-HTV auch die Mitarbeiter der von der Beklagten betriebenen Tagesklinik in O erfassen.

25

Die Beklagte wendet die Bestimmungen dieses Tarifvertrages, insbesondere die dort geregelte regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 38 Stunden auch auf die Mitarbeiter des von ihr im Wege des Asset-Deal erworbenen O in der K an.

26

Hingegen ist die Klägerin der Ansicht, dass sich die arbeitsvertraglichen Beziehungen zwischen den Parteien weiter nach den sich für den S-Konzern geltenden Tarifverträgen (S-TVe) bestimmen. Sie hat hierzu erstinstanzlich - basierend auf dem Vorbringen, die Klägerin sei kein Mitglied der Gewerkschaft ver.di - die Rechtsauffassung vertreten, die zwischen ihr und den Rechtsvorgängern der Beklagten getroffenen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen seien nicht dahin auszulegen, dass im Wege einer sog.

27

Tarifwechselklausel seit 01.11.2013 der A-HTV zur Anwendung komme. im Hinblick auf die mithin geltende regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 35 Stunden einerseits und ihrem Einsatz im Umfang von 38 Stunden wöchentlich andererseits sei die Beklagte verpflichtet, ihr für die zusätzlich geleisteten 3 Stunden pro Woche eine Überstundenvergütung zu gewähren.

28

Erstinstanzlich hat die Klägerin weiterhin die teilweise Rückabwicklung der von der Beklagten zu ihrem Gunsten bei der D. U. K. e. V. abgeschlossenen betrieblichen Altersversorgung begehrt.

29

Sie hat beantragt,

30

1. festzustellen, dass der Haustarifvertrag der Beklagten auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung findet und zwischen den Parteien eine wöchentliche Arbeitszeit von 35 Stunden als vereinbart gilt. Die Beklagte ist verpflichtet, die Klägerin ab sofort für 35 Stunden wöchentlich im Dienstplan einzusetzen.

31

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Zeitraum November 2013 bis August 2014 einen Betrag in Höhe von 2.193,60 € brutto zu zahlen. Darüber hinaus ist festzustellen, dass die Beklagte für jeden weiteren Monat ab September 2014, in dem sie die Klägerin 38 Stunden wöchentlich beschäftigt, verpflichtet ist, monatlich an die Klägerin eine Vergütung von 219,36 € brutto zu zahlen.

32

3. festzustellen, dass die Beiträge zur betrieblichen Altersvorsorge ab November 2013 weiterhin an die ZVK Sachsen-Anhalt zu zahlen sind. Die Beklagte wird verpflichtet, für November 2013 einen Betrag von 52,29 €, für Dezember 2013 einen Betrag von 52,04 €, für Januar 2014 einen Betrag von 51,89 €, für Februar 2014 einen Betrag von 61,45 €, für März 2014 einen Betrag von 51,85 €, für April 2014 einen Betrag von 51,92 €, für Mai 2014 einen Betrag von 51,85 €, für Juni 2014 einen Betrag von 51,96 € und für Juli 2014 einen Betrag von 51,85 € auf den bestehenden Altersvorsorgevertrag der Klägerin bei der ZVK Sachsen-Anhalt zu zahlen.

33

hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, die vorgenannten Beträge für November 2013 bis Juli 2014 an die Klägerin zu zahlen.

34

4. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die im September 2014 einbehaltenen Auszahlungen für die Monate November 2013 bis August 2014 in Höhe von insgesamt 220,45 € netto an die Klägerin zu zahlen.

35

5. festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, einen Abschlag von 50,-- € monatlich hinsichtlich der zu zahlenden betrieblichen Altersvorsorge vom Nettolohn der Klägerin in Abzug zu bringen.

36

Die Beklagte hat beantragt,

37

die Klage abzuweisen.

38

Sie hat - ebenfalls davon ausgehend, die Klägerin sei nicht Mitglied der Gewerkschaft ver.di - die Auffassung vertreten, die in § 2 des Arbeitsvertrages vom 30.04.1992 enthaltene Verweisungsklausel sei als Tarifwechselklausel auszulegen. Damit bestimme sich das Arbeitsverhältnis der Parteien seit 01.11.2013 nach Maßgabe des A-ATV.

39

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 20.01.2015 die Klage abgewiesen und zur Begründung u. a. ausgeführt, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Überstundenvergütung zu, weil die für sie geltende regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 38 Stunden betrage. Aufgrund der Verweisungsklausel im Arbeitsvertrag vom 30.04.1992 finde seit 01.11.2013 der A-HTV auf die Rechtsbeziehungen der Parteien Anwendung. Wegen der weiteren Einzelheiten der angefochtenen Entscheidung wird auf Blatt 131 bis 141 der Akte verwiesen.

40

Die Beklagte hat gegen die ihr am 03.02.2015 zugestellte Entscheidung am 18.02.2015 Berufung eingelegt und diese am 17.03.2015 begründet.

41

Mit ihrem Rechtsmittel verfolgt sie - nach teilweiser Berufungsrücknahme im Termin am 17.05.2016 - ihre Klaganträge zu Ziffer 1 und 2 - den Feststellungsantrag zu Ziffer 1 in veränderter Form - weiter.

42

Zwar sei der erstinstanzliche Sachvortrag dahin zu korrigieren, dass die Klägerin seit 2007 Mitglied der Gewerkschaft ver.di. war. Dennoch finde der A-HTV auf die Rechtsbeziehungen der Parteien keine Anwendung, weil dieser nach seinen persönlichen Geltungsbereich nicht die Mitarbeiter des ehemaligen O, K, erfasse. Ausweislich des Rubrums und des § 1 des A-HTV sei dieser räumlich auf das in der K gelegene Fachklinikum für Psychiatrie und Neurologie begrenzt.

43

Die Klägerin beantragt,

44

das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 20.01.2015 abzuändern und

45

1. festzustellen, dass der Konzern-Mantel-Tarifvertrag für die Funktionsbereiche medizinischer Heil-, Fach- und Heilberufe, Wirtschaft und Infrastruktur (M-TVM/W/I S), der Konzern-Entgelt-Tarifvertrag für die Funktionsbereiche medizinischer Heil-, Fach- und Heilberufe, Wirtschaft und Infrastruktur (E-TVM/W/I S), der Konzern-Überleitungs-Tarifvertrag für die Funktionsbereiche medizinischer Heil-, Fach- und Heilberufe, Wirtschaft und Infrastruktur (Ü-TVM/W/I S), der Konzern-Tarifvertrag zur Entgeltumwandlung für die Funktionsbereiche medizinischer Heil-, Fach- und Heilberufe, Wirtschaft und Infrastruktur (TV-EUmwM/w/I S, die Niederschrift zu den Konzern-Tarif-Verhandlungen zwischen der vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) und der S, dem Konzern-Tarifvertrag zu Beruf, Familie und Gesundheitsförderung für die Funktionsbereiche medizinischer Heil-, Fach und Heilberufe, Wirtschaft und Infrastruktur (BFG-TVM/W/I S) Inhalt des zwischen der Klägerin und der Beklagten bestehenden Arbeitsverhältnisses ist und zwischen den Parteien demnach eine wöchentliche Arbeitszeit von 35 Stunden gilt. Die Beklagte ist verpflichtet, die Klägerin ab sofort für 35 Stunden wöchentlich im Dienstplan einzusetzen,

46

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Zeitraum November 2013 bis August 2014 einen Betrag in Höhe von 2.193,60 Euro brutto zu zahlen, und darüber hinaus festzustellen, dass die Beklagte für jeden weiteren Monat ab September 2014, in dem sie die Klägerin 38 Stunden wöchentlich beschäftigt, verpflichtet ist, monatlich an die Klägerin eine Vergütung von 219,36 Euro brutto zu zahlen.

47

Die Beklagte beantragt,

48

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

49

Die Beklagte hält an ihrem Rechtsstandpunkt, das Arbeitsverhältnis der Parteien bestimme sich seit 01.11.2013 nach dem A-HTV fest. Im Hinblick auf die nunmehr unstreitige Mitgliedschaft der Klägerin in der tarifschließenden Gewerkschaft ver.di ergebe sich dies aus § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB. Der A-HTV erfasse entgegen der Ansicht der Klägerin auch die Mitarbeiter des ehemaligen O. Ungeachtet der im Rubrum und § 1 verwendeten Bezeichnung „Fachkrankenhaus“ sei der Geltungsbereich des Tarifvertrages dahin auszulegen, dass er das gesamte Unternehmen der Beklagten abdecken solle.

50

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.

51

Die an sich statthafte (§§ 8 Abs. 2, 64 ArbGG) und auch im Übrigen zulässige (§ 66 Abs. 1 ArbGG) Berufung der Klägerin ist nicht begründet.

I.

52

Die von ihr vorgenommene Klagänderung in Form des Antrages zu Ziffer 1 gemäß Schriftsatz vom 21.03.2016 ist gemäß § 533 ZPO zulässig. Sie ist sachdienlich. Hierüber kann auch auf Grundlage des gemäß § 67 ArbGG zu berücksichtigenden Tatsachenstoffs entschieden werden.

II.

53

Der (geänderte) Feststellungsantrag betreffend die Anwendbarkeit der S-TVe ist in der veränderten Form zwar zulässig, aber nicht begründet.

1.

54

Die Feststellungsklage ist als sog. Elementenfeststellungsklage zulässig (BAG 26.08.2015 - 4 AZR 719/13).

2.

55

Die Klage ist jedoch nicht begründet. Auf die Rechtsbeziehungen der Parteien finden nicht die S-TVe, sondern der A-HTV Anwendung.

a)

56

Dieser hat die S-TVe zum 01.11.2013 gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB abgelöst.

57

Voraussetzung für das Eingreifen des § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB ist, dass hinsichtlich des maßgeblichen Tarifvertrages eine konkruente Tarifbindung des Arbeitnehmers und des Betriebserwerbers besteht (BAG 09.04.2008 - 4 AZR 164/07 - Rn. 19. Das ist vorliegend der Fall.

aa)

58

Grundsätzlich wird das Arbeitsverhältnis der Parteien von Tarifverträgen, die die Beklagte mit der Gewerkschaft ver.di schließt, gemäß § 4 Abs. 1 TVG erfasst, weil - wie nunmehr unstreitig ist - die Klägerin Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft ist.

bb)

59

Vorliegend unterfällt die Klägerin auch dem persönlichen Geltungsbereichs des A-HTV. Dies ergibt eine Auslegung des § 1 jenes Tarifvertrages.

60

Nach ständiger Rechtsprechung des BAG (BAG 16.12.2014 - 6 AZR 658/13) ist der normative Teil eines Tarifvertrages nach den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln auszulegen. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu ermitteln ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können (st. Rspr. des BAG, vgl. 28. Mai 1998 - 6 AZR 349/96 - AP BGB § 611 Bühnenengagementvertrag Nr. 52 = EzA TVG § 4 Bühnen Nr. 5, zu II 2 a der Gründe; 26. April 2001 - 6 AZR 2/00 - AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 37, zu 1 a der Gründe; 29. August 2001 - 4 AZR 337/00 - BAGE 99, 24, 28; 22. Oktober 2002 - 3 AZR 664/01 - AP TVG § 1 Auslegung Nr. 185, zu II 1 a der Gründe). Lässt eine Tarifnorm mehrere Auslegungen zu, von denen die eine zu einem gesetzeswidrigen, die andere zu einem gesetzesgemäßen Ergebnis führt, ist die Tarif norm so anzuwenden, dass sie zu einem gesetzesgemäßen Ergebnis führt. Dies gilt nicht nur für eine Kollision der Tarifnorm mit Verfassungsrecht (dazu: BAG 21. Januar 1987 - 4 AZR 547/86 - BAGE 54, 113), sondern auch für eine solche mit einfachem Gesetzesrecht (ErfK/Schaub 5. Aufl. § 1 TVG Rn. 20; Wank in Wiedemann TVG 6. Aufl. § 1 Rn. 802). Die Tarifvertragsparteien wollen im Zweifel Regelungen treffen, die mit zwingendem höherrangigen Recht in Einklang stehen und damit auch Bestand haben (BAG 21. Juli 1993 - 4 AZR 468/92 - BAGE 73, 364, 369).

61

Bei Anwendung dieser Auslegungskriterien ergibt sich, dass der A-HTV nicht auf Arbeitnehmer beschränkt sein soll, die in dem Fachkrankenhaus K zum Einsatz kommen. Er erfasst vielmehr auch die Arbeitnehmer der Beklagten, die in anderen medizinischen Einrichtungen, die von ihr unterhalten, tätig sind.

62

Zwar spricht der reine Wortlaut des § 1 für eine Beschränkung des Geltungsbereiches auf das Fachkrankenhaus. Bei systematischer Betrachtung ergibt sich aber, dass die Tarifvertragsparteien die tariflichen Vereinbarungen auch auf Arbeitnehmer zur Anwendung bringen wollten, die in anderen medizinischen Einrichtungen der Beklagten tätig sind. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des A-HTV war das vorgenannte Fachkrankenhaus einzige medizinische Einrichtung, die die Beklagte in H betrieben hat. Dies lässt sich bereits aus der Formulierung des Rubrums des Tarifvertrages „A Fachkrankenhaus ..., vertreten durch...“ ableiten. Die wenn auch juristisch ungenaue Formulierung lässt hinreichend deutlich erkennen, dass die Beklagte unter der damaligen Firma „insgesamt“ und nicht nur beschränkte auf die damals in H betriebene konkrete Einrichtung den nachfolgenden Regelungen des Tarifvertrages unterfallen sollte. Dieses Ergebnis wird durch § 2 A-HTV gestützt, der „Sonderregelung“ für Beschäftigte, die in Einrichtungen der Krankenpflege oder in Anstalten und Heimen beschäftigt sind, enthält. Die Bestimmung erfasst mithin auch die medizinische/pflegerische Einrichtung, die die Beklagte zum damaligen Zeitpunkt in H nicht betrieben hat. Auch der weitere Inhalt des A-HTV spricht für eine Erstreckung auf sämtliche Arbeitnehmer der Beklagten. Der Haustarifvertrag zeichnet in weiten Bereichen den BAT-O nach und eignet sich daher als „Grundlage“ auch für solche Arbeitsverhältnisse, die nicht der Klinik für Psychiatrie und Neurologie, K organisatorisch zugeordnet sind. Andererseits enthält der Tarifvertrag gerade keine speziell auf ein Fachkrankenhaus für Psychiatrie und Neurologie zugeschnittenen Spezialregelungen.

63

Letztendlich wird eine räumliche Beschränkung des Haustarifvertrages auf diese Einrichtung nicht dem Regelungszweck entsprechen. Dieser liegt darin, sämtliche mit dem vertragsschließenden Arbeitgeber bestehenden Arbeitsverhältnisse einer tariflichen Grundlage zuzuführen. Dem würde es nicht gerecht werden, wenn bei nach Abschluss des Haustarifvertrages erfolgenden Veränderungen organisatorischer Art dem Unternehmen der Beklagten ein tariffreier Raum entstehen würde. Beispielsweise wäre hier zu nennen eine bauliche Erweiterung des Fachkrankenhauses und damit verbunden die Schaffung von neuen Abteilungen. Die für diese Abteilungen eingestellten Arbeitnehmer, aber auch „Alt-Arbeitnehmer“, die per Direktionsrecht in die neue Abteilung versetzt werden würden, obwohl sie gleichartige Tätigkeiten ausüben wie die im Bereich Psychiatrie/Neurologie tätigen Kollegen, von den tariflichen Regelungen nicht (mehr) erfasst.

64

Wäre von den Tarifvertragsparteien ein - Stichtag 28.03.2006 - einrichtungsbezogener und nicht ein unternehmensbezogener Geltungsbereich gewollt gewesen, wogegen im Übrigen auch die tatsächliche Handhabung - die Tarifvertragsparteien beziehen die in der von der Beklagten in O betriebenen Tagesklinik beschäftigten Arbeitnehmer in den Haustarifvertrag ein - spricht, so hätte dies seinen eindeutigen Niederschlag im Tarifvertrag finden müssen.

b)

65

Schlussendlich ergibt sich eine Anwendbarkeit der S TVe nicht auf individualrechtlicher Grundlage gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB i. V. m. § 4 Abs. 3 TVG Günstigkeitsprinzip. Voraussetzung hierfür wäre, dass die arbeitsvertraglichen Abreden eine konstitutiv wirkende dynamische Bezugnahmeklausel auf die S-TVe enthalten (vgl. grundlegend 14.12.2005 - 4 AZR 536/04). Eine solche Vereinbarung ist dem Sachvortrag der Parteien nicht zu entnehmen. Dabei kann dahinstehen, welche Bedeutung der in § 2 des Arbeitsvertrages vom 30.04.1992 enthaltenen Bezugnahmeklausel zukommt, da die (damaligen) Vertragsparteien hinsichtlich der Bezugnahme von Tarifverträgen im Änderungstarifvertrag vom 17.05.2010 eine Neuregelung getroffen haben. Gemäß § 2 des Änderungsvertrages soll sich das Arbeitsverhältnis nach dem TVöD - Stand 31.12.2006 - und dem Tarifvertrag zur Überleitung und Beschäftigungssicherung vom 05.03.2007 bestimmen. Aus dieser in Bezug auf den TVöD statischen Bezugnahmeklausel ergibt sich gerade keine konstitutiv wirkende Einbeziehung der S-TVe. Aus dem Vorbringen kann auch nicht abgeleitet werden, dass die damaligen Vertragsparteien eine solche Klausel konkludent vereinbart haben. Das zur Akte gereichte Schreiben der Betriebsveräußerin vom 28.10.2010 enthält kein diesbezügliches Vertrags-Angebot. Nach seinem Gesamtinhalt erfolgt hierin lediglich eine Information über den bereits vollzogenen Tarifwechsel.

III.

66

Nach alledem konnte das Rechtsmittel - soweit hierüber nach Teilrücknahme noch zu entscheiden war - der Klägerin keinen Erfolg haben.

B.

67

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 519 ZPO.

C.

68

Gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG war wegen grundsätzlicher Bedeutung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen die Revision für die Klägerin zuzulassen.


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nicht-deutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
2.
Beamte, Richter, Soldaten auf Zeit sowie Berufssoldaten der Bundeswehr und sonstige Beschäftigte des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbandes, einer Gemeinde, von öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten, Stiftungen oder Verbänden öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder deren Spitzenverbänden, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben,
3.
Personen, die während der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind,
4.
Geistliche der als öffentlich-rechtliche Körperschaften anerkannten Religionsgesellschaften, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben,
5.
Lehrer, die an privaten genehmigten Ersatzschulen hauptamtlich beschäftigt sind, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben,
6.
die in den Nummern 2, 4 und 5 genannten Personen, wenn ihnen ein Anspruch auf Ruhegehalt oder ähnliche Bezüge zuerkannt ist und sie Anspruch auf Beihilfe im Krankheitsfalle nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen haben,
7.
satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und ähnliche Personen, wenn sie sich aus überwiegend religiösen oder sittlichen Beweggründen mit Krankenpflege, Unterricht oder anderen gemeinnützigen Tätigkeiten beschäftigen und nicht mehr als freien Unterhalt oder ein geringes Entgelt beziehen, das nur zur Beschaffung der unmittelbaren Lebensbedürfnisse an Wohnung, Verpflegung, Kleidung und dergleichen ausreicht,
8.
Personen, die nach dem Krankheitsfürsorgesystem der Europäischen Gemeinschaften bei Krankheit geschützt sind.

(2) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 versicherungspflichtige Hinterbliebene der in Absatz 1 Nr. 2 und 4 bis 6 genannten Personen sind versicherungsfrei, wenn sie ihren Rentenanspruch nur aus der Versicherung dieser Personen ableiten und nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Beihilfe haben.

(3) Die nach Absatz 1 oder anderen gesetzlichen Vorschriften mit Ausnahme von Absatz 2 und § 7 versicherungsfreien oder von der Versicherungspflicht befreiten Personen bleiben auch dann versicherungsfrei, wenn sie eine der in § 5 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 5 bis 13 genannten Voraussetzungen erfüllen. Dies gilt nicht für die in Absatz 1 Nr. 3 genannten Personen, solange sie während ihrer Beschäftigung versicherungsfrei sind.

(3a) Personen, die nach Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungspflichtig werden, sind versicherungsfrei, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Versicherungspflicht nicht gesetzlich versichert waren. Weitere Voraussetzung ist, dass diese Personen mindestens die Hälfte dieser Zeit versicherungsfrei, von der Versicherungspflicht befreit oder nach § 5 Abs. 5 nicht versicherungspflichtig waren. Der Voraussetzung nach Satz 2 stehen die Ehe oder die Lebenspartnerschaft mit einer in Satz 2 genannten Person gleich. Satz 1 gilt nicht für Personen, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 versicherungspflichtig sind.

(4) Wird die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten, endet die Versicherungspflicht mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie überschritten wird. Dies gilt nicht, wenn das Entgelt die vom Beginn des nächsten Kalenderjahres an geltende Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht übersteigt. Rückwirkende Erhöhungen des Entgelts werden dem Kalenderjahr zugerechnet, in dem der Anspruch auf das erhöhte Entgelt entstanden ist.

(5) (weggefallen)

(6) Die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach Absatz 1 Nr. 1 beträgt im Jahr 2003 45 900 Euro. Sie ändert sich zum 1. Januar eines jeden Jahres in dem Verhältnis, in dem die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches) im vergangenen Kalenderjahr zu den entsprechenden Bruttolöhnen und -gehältern im vorvergangenen Kalenderjahr stehen. Die veränderten Beträge werden nur für das Kalenderjahr, für das die Jahresarbeitsentgeltgrenze bestimmt wird, auf das nächsthöhere Vielfache von 450 aufgerundet. Die Bundesregierung setzt die Jahresarbeitsentgeltgrenze in der Rechtsverordnung nach § 160 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch fest.

(7) Abweichend von Absatz 6 Satz 1 beträgt die Jahresarbeitsentgeltgrenze für Arbeiter und Angestellte, die am 31. Dezember 2002 wegen Überschreitens der an diesem Tag geltenden Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren, im Jahr 2003 41 400 Euro. Absatz 6 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(8) (weggefallen)

(9) (weggefallen)

(1) Im ersten Rechtszug sind die Arbeitsgerichte zuständig, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

(2) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet die Berufung an die Landesarbeitsgerichte nach Maßgabe des § 64 Abs. 1 statt.

(3) Gegen die Urteile der Landesarbeitsgerichte findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 72 Abs. 1 statt.

(4) Gegen die Beschlüsse der Arbeitsgerichte und ihrer Vorsitzenden im Beschlußverfahren findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 87 statt.

(5) Gegen die Beschlüsse der Landesarbeitsgerichte im Beschlußverfahren findet die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 92 statt.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug entgegen einer hierfür nach § 56 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 oder § 61a Abs. 3 oder 4 gesetzten Frist nicht vorgebracht worden sind, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt. Der Entschuldigungsgrund ist auf Verlangen des Landesarbeitsgerichts glaubhaft zu machen.

(3) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug entgegen § 282 Abs. 1 der Zivilprozessordnung nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 der Zivilprozessordnung nicht rechtzeitig mitgeteilt worden sind, sind nur zuzulassen, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei das Vorbringen im ersten Rechtszug nicht aus grober Nachlässigkeit unterlassen hatte.

(4) Soweit das Vorbringen neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel nach den Absätzen 2 und 3 zulässig ist, sind diese vom Berufungskläger in der Berufungsbegründung, vom Berufungsbeklagten in der Berufungsbeantwortung vorzubringen. Werden sie später vorgebracht, sind sie nur zuzulassen, wenn sie nach der Berufungsbegründung oder der Berufungsbeantwortung entstanden sind oder das verspätete Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder nicht auf Verschulden der Partei beruht.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 7. März 2013 - 3 Sa 258/11 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Anwendbarkeit des TVöD auf ihr Arbeitsverhältnis.

2

Der Kläger, Mitglied der Gewerkschaft ver.di, wurde im Jahr 2006 vom städtischen Klinikum M, einem Eigenbetrieb der Stadt, die ihrerseits Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband war, als Krankenpfleger eingestellt. In § 2 des Arbeitsvertrags vom 12. Mai 2006 heißt es:

„Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und dem Besonderen Teil Krankenhäuser und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen, einschl. des TV zur Überleitung in den TVöD, in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung.

Außerdem finden die im Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung.“

3

Zum 1. Januar 2008 ging das Arbeitsverhältnis des Klägers auf die Beklagte über. Diese ist nicht Mitglied des kommunalen Arbeitgeberverbands. Die Parteien schlossen am 23. Dezember 2008 einen Änderungsvertrag. Danach wurde der Kläger ab dem 1. Dezember 2008 nach der Entgeltgruppe 9a TVöD vergütet.

4

Seit dem 1. März 2011 wendet die Beklagte auf die Arbeitsverhältnisse ihrer Beschäftigten - mit Ausnahme der Ärzte - den mit der Gewerkschaft ver.di abgeschlossenen „Tarifvertrag für die KLINIKUM M gemeinnützige GmbH“ vom 25. Februar 2011 (im Folgenden HTV) an. An den Kläger zahlt sie weiterhin ein Gehalt auf der Grundlage des TVöD mit Stand vom 31. Dezember 2007.

5

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der TVöD finde aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel dynamisch auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung. Er hat beantragt

festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 1. Januar 2008 hinaus zeitdynamisch im Sinne der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und der für den Besonderen Teil Krankenhäuser und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung Anwendung finden.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Klage sei wegen des Vorrangs der Leistungsklage bereits unzulässig. Es werde lediglich eine Vorfrage geklärt. Streitig bliebe hingegen, welcher Tarifvertrag hinsichtlich der verschiedenen Sachgruppen günstiger sei. Die Klage sei zudem unbegründet. Der Kläger sei an den HTV unmittelbar und zwingend gebunden. Überdies nehme die Verweisungsklausel auf den mit derselben Gewerkschaft abgeschlossenen HTV Bezug. Für das Verhältnis von TVöD/VKA und HTV gelte das Ablöseprinzip. Abgesehen davon sei die Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsabrede auszulegen.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen.

9

I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche besondere Feststellungsinteresse.

10

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann ein Arbeitnehmer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung haben, dass ein bestimmter Tarifvertrag auf sein Arbeitsverhältnis anzuwenden ist (sog. Elementenfeststellungsklage). Eine entsprechende Feststellung ist geeignet, eine Vielzahl von Einzelfragen zu klären, die sich an dessen Anwendbarkeit knüpfen (vgl. hierzu ausführlich BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 11 mwN, BAGE 134, 283).

11

2. Entgegen der Auffassung der Revision steht der Annahme eines Feststellungsinteresses nicht entgegen, dass mit einem Feststellungsurteil nicht abschließend geklärt wird, welcher Tarifvertrag im Rahmen des im Einzelfall vorzunehmenden Sachgruppenvergleichs günstiger wäre und es deshalb nachfolgend zu weiteren Rechtsstreitigkeiten darüber kommen kann, ob sich einzelne Rechte und Pflichten aus den fraglichen Tarifverträgen als günstigere einzelvertragliche Regelung im Arbeitsverhältnis der Parteien durchsetzen oder ob sie durch die Regelung des Haustarifvertrags verdrängt werden(vgl. BAG 10. Dezember 2014 - 4 AZR 991/12 - Rn. 12; 6. Juli 2011 - 4 AZR 494/09 - Rn. 23 mwN).

12

II. Die Klage ist auch begründet. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der TVöD/VKA einschließlich des Besonderen Teils Krankenhäuser in seiner jeweils gültigen Fassung Anwendung. Das ergibt die Auslegung der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel.

13

1. Nach § 2 des im Jahr 2006 abgeschlossenen und am 23. Dezember 2008 geänderten Arbeitsvertrags bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst und dem Besonderen Teil Krankenhäuser und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände jeweils geltenden Fassung. Diese Abrede enthält eine zeitdynamische Bezugnahme, die die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst (VKA) einschließlich der besonderen Regelungen für die Krankenhäuser in ihrer jeweils geltenden Fassung erfasst (zu den Maßstäben der Auslegung einer Allgemeinen Geschäftsbedingung vgl. BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 15, BAGE 134, 283).

14

2. Entgegen der Auffassung der Revision verweist die Bezugnahmeklausel jedoch nicht auf den Haustarifvertrag der Beklagten.

15

a) Der HTV ist kein den TVöD/VKA „ergänzender, ändernder oder ersetzender“ Tarifvertrag iSv. § 2 Abs. 1 des Arbeitsvertrags. Nach dem Wortlaut der Bezugnahmeregelung ist das Arbeitsverhältnis den Tarifbestimmungen des öffentlichen Dienstes „für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände“ unterstellt worden. Damit sollten nur die von den Tarifvertragsparteien des TVöD/VKA abgeschlossenen (Verbands-)Tarifverträge in Bezug genommen werden. Dies können zwar auch firmenbezogene Sanierungstarifverträge sein. Sie müssen dann aber unter Beteiligung des Kommunalen Arbeitgeberverbands geschlossen worden sein. Nicht von der Bezugnahmeklausel erfasst sind hingegen Haustarifverträge eines privaten Arbeitgebers. Diese sind - jedenfalls arbeitgeberseitig - nicht von den Tarifvertragsparteien des TVöD/VKA abgeschlossen worden.

16

b) Eine Bezugnahme auf den HTV ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs. 2 des Arbeitsvertrags, wonach „außerdem … die im Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung“ finden sollen.

17

aa) Der Begriff „außerdem“ bedeutet „daneben“, „des Weiteren“, „im Übrigen“, „zusätzlich“ (Duden Das Bedeutungswörterbuch 4. Aufl.). Aus der Wortwahl ergibt sich, dass mit dieser ergänzenden Bezugnahmeregelung Tarifverträge erfasst werden sollten, die „neben“ dem TVöD oder „zusätzlich“ zu diesem zur Anwendung kommen können. Dabei kann es sich allerdings nur um Tarifverträge handeln, deren inhaltliche Regelungsbereiche sich nicht mit denen des TVöD überschneiden. Andernfalls wären sie nicht „neben“ dem, sondern vielmehr „anstelle“ des TVöD anwendbar (vgl. auch BAG 16. Mai 2012 - 4 AZR 290/10 - Rn. 30; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 20, BAGE 128, 165).

18

bb) Dieses Verständnis wird durch die Bezugnahme auf die „sonstigen“ einschlägigen Tarifverträge bestätigt. Ein verständiger und redlicher Vertragspartner des Arbeitgebers als der Verwender der Klausel durfte diese Formulierung als inhaltliche Einschränkung der Verweisung, dh. dahingehend verstehen, dass es sich insoweit nur um solche Tarifverträge handeln sollte, die sich in ihrem inhaltlichen Regelungsbereich von denen der Tarifverträge des TVöD/VKA unterscheiden und diese nicht „verdrängen“. Andernfalls käme der Regelung in § 2 Abs. 2 des Arbeitsvertrags - was die Beklagte offenbar annimmt - die Funktion einer Tarifwechselklausel zu. Eine kleine dynamische Verweisung kann jedoch über ihren Wortlaut hinaus nur dann als große dynamische Verweisung (Tarifwechselklausel) ausgelegt werden, wenn sich dies aus den besonderen Umständen ergibt (vgl. nur BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 45, BAGE 138, 269 mwN). Solche sind dem Wortlaut der Bezugnahmeklausel im Entscheidungsfall nicht zu entnehmen.

19

c) Es sind auch keine - für den Kläger aus damaliger Sicht erkennbaren - Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Arbeitgeber als Partei des Arbeitsvertrags andere und ggf. sogar konkurrierende Haustarifverträge einbeziehen wollte. Insbesondere gebietet der Umstand, dass die Parteien des Arbeitsvertrags bei Vertragsschluss normativ an den TVöD/VKA gebunden waren und nunmehr an den Haustarifvertrag der Beklagten gebunden sind, keine abweichende Auslegung der arbeitsvertraglichen Klausel. Die Anwendbarkeit eines Tarifvertrags aufgrund einer einzelvertraglichen Abrede auf der einen und seine Geltung kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit auf der anderen Seite sind grundlegend voneinander zu trennen. Die Wirkung einer Bezugnahmeklausel wird nicht dadurch berührt, dass der in Bezug genommene Tarifvertrag noch aus einem weiteren rechtlichen Grund für das Arbeitsverhältnis der Parteien maßgebend ist (BAG 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - Rn. 13, BAGE 124, 34).

20

3. Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei der Bezugnahmeklausel nicht um eine Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung.

21

a) Nach der früheren Rechtsprechung des Senats galt die - widerlegliche - Vermutung, dass es einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum gehe, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten Beschäftigten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Der Senat ging davon aus, dass mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden soll, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags und damit zu dessen Geltung für alle Beschäftigten zu kommen. Daraus hat der Senat die Konsequenz gezogen, dass auch ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder in den Begleitumständen bei Vertragsschluss im Falle der normativen Gebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeklauseln in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen seien. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik gehe nur so weit, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reiche, also dann ende, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden sei (st. Rspr., siehe nur BAG 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 17 f. mwN).

22

b) Diese Rechtsprechung hat der Senat jedoch für vertragliche Bezugnahmeregelungen, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Er wendet die Auslegungsregel lediglich aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf Bezugnahmeklauseln an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind (BAG 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 24 ff., BAGE 116, 326; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 29 ff., BAGE 122, 74; bestätigt durch BVerfG 26. März 2009 - 1 BvR 3564/08 - und 21. April 2009 - 1 BvR 784/09 -).

23

c) Auf diesen vom Senat in ständiger Rechtsprechung gewährten Vertrauensschutz kann sich die Beklagte nicht berufen. Zwar war ihre Rechtsvorgängerin tarifgebunden. Die streitgegenständliche Bezugnahmeklausel ist aber erst im Jahr 2006 und damit nach dem 1. Januar 2002 vereinbart worden. Der Umstand, dass der Senat seine geänderte Rechtsprechung erstmals im Jahr 2007 angewandt hat, gebietet bereits deshalb keinen weitergehenden Anspruch auf Vertrauensschutz, weil der Senat seine Rechtsprechungsänderung schon im Jahr 2005 angekündigt hatte (vgl. BAG 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 19 ff., BAGE 116, 326).

24

4. Schließlich ist - entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts - die Frage, ob der TVöD/VKA günstiger ist als der HTV, nicht Voraussetzung für die Begründetheit der Feststellungsklage. Die Klage ist bereits deshalb begründet, weil die im Antrag genannten Tarifverträge - aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel - im Grundsatz auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar sind. Ob und inwieweit sie günstiger sind als die für das Arbeitsverhältnis der Parteien daneben normativ geltenden Tarifverträge, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Diese Frage ist ggf. zu klären, sobald der Kläger konkrete Ansprüche aus dem TVöD geltend macht (vgl. zur Durchführung eines Sachgruppenvergleichs BAG 15. April 2015 - 4 AZR 587/13 -).

25

III. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Eylert    

        

    Creutzfeldt    

        

    Rinck    

        

        

        

    Pfeil    

        

    Rupprecht    

                 

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.