Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 13. Jan. 2015 - 8 Sa 373/14

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2015:0113.8SA373.14.0A
bei uns veröffentlicht am13.01.2015

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 27.03.2014 Az.: 7 Ca 3802/13 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt Urlaubsabgeltung aus einem beendeten Arbeitsverhältnis.

2

Die Klägerin war bei dem Beklagten seit dem 19. Oktober 1998 als Zahnarzthelferin zu einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt 1.040,00 EUR beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer Eigenkündigung der Klägerin vom 31. Juli 2013 am 31. August 2013. In § 7 - Urlaub - des Arbeitsvertrags vom 07. Oktober 1998 (Bl. 4 ff. d. A.) heißt es:

3

„Der Arbeitnehmer erhält kalenderjährlich einen Erholungsurlaub von 30 Werktagen (30 Arbeitstage).
Der Urlaubszeitraum wird in Abstimmung mit dem Arbeitgeber festgelegt.
Bei verschuldeter fristloser Kündigung reduziert sich der Urlaubsanspruch auf den anteiligen gesetzlichen Mindesturlaub.“

4

Die Klägerin hat einen Urlaubsantrag vom 16. Juli 2012 (Bl. 12 d. A.) zur Akte gereicht, in dem unter Berücksichtigung eines Jahresurlaubs von insgesamt 30 Tagen und des beantragten Urlaubs noch 10 verbleibende Urlaubstage für das Kalenderjahr 2012 aufgeführt sind.

5

Die Klägerin hat weiter folgende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt:

6

- Erstbescheinigung von Herrn Dr. med. M. (Bl. 15 d. A.):

arbeitsunfähig seit 07.12.2012 bis 20.12.2012, festgestellt am 07.12.2012

- Folgebescheinigung von Herrn Dr. med. M. (Bl. 15 d. A.):

arbeitsunfähig seit 07.12.2012 bis 03.01.2013, festgestellt am 20.12.2012

- Erstbescheinigung der Gemeinschaftspraxis Dres. B./F. (Bl. 14 d. A.):

arbeitsunfähig seit 02.01.2013 bis 23.01.2013, festgestellt am 02.01.2013

- Folgebescheinigung der Gemeinschaftspraxis Dres. B./F. (Bl. 48 d. A.):

arbeitsunfähig seit 02.01.2013 bis 13.02.2013, festgestellt am 23.01.2013

- Folgebescheinigung der Gemeinschaftspraxis Dres. B./F. (Bl. 49 d. A.):

arbeitsunfähig seit 02.01.2013 bis 31.07.2013, festgestellt am 10.07.2013

- Folgebescheinigung der Gemeinschaftspraxis Dres. B./F. (Bl. 50 d. A.):

arbeitsunfähig seit 02.01.2013 bis 30.08.2013, festgestellt am 31.07.2013

- Folgebescheinigung der Gemeinschaftspraxis Dres. B./F. (Bl. 13 d. A.):

arbeitsunfähig seit 02.01.2013 bis 12.09.2013, festgestellt am 30.08.2013

7

In einer Bescheinigung vom 21. Mai 2013 (Bl. 51 d. A.) der Gemeinschaftspraxis Dres. B./F. heißt es:

8

„Og. Pat. ist seit dem 02.01.2013 bis auf weiteres arbeitsunfähig erkrankt.
Der Auszahlschein ersetzt die Ausfertigung zur Vorlage beim Arbeitgeber!“

9

Der Beklagte hatte die Klägerin mit Schreiben vom 14. Dezember 2012 (Bl. 31 d. A.) wegen verspäteter Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 07. Dezember 2012 sowie mit Schreiben vom 17. Mai 2013 (Bl. 32 d. A.) und 21. Juni 2013 (Bl. 33 d. A.) wegen unterbliebener Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ab dem 14. Februar 2013 abgemahnt.

10

Die Klägerin hat Auszahlungsscheine für das Krankengeld durch den behandelnden Arzt Dr. F. vom 01.02.2013, 13.02.2013, 13.03.2013, 10.04.2013, 25.04.2013, 13.05.2013, 22.05.2013, 07.06.2013, 21.06.2013 und 10.07.2013 (Bl. 38 ff. der Akte) zur Akte gereicht.

11

Die Klägerin hat ein Schreiben ihrer Krankenkasse vom 31. Januar 2014 (Bl. 52 d. A.) zur Akte gereicht, in dem erklärt wird, dass die Klägerin vom 18. Januar 2013 bis zum 04. Dezember 2013 Krankengeld erhalten habe.

12

Weiter hat die Klägerin eine fachärztliche Bescheinigung vom 03. Februar 2014 (Bl. 53 d. A.) zur Akte gereicht, in der es heißt:

13

"Die oben genannte Patientin befindet sich seit dem 02.01.2013 regelmäßig in unserer fachärztlichen Behandlung und ist ab diesem Datum durchgehend arbeitsunfähig erkrankt."

14

Die Klägerin hat den Beklagten mit Schreiben vom 18. September 2013 (Bl. 16 d. A.) zur Zahlung von Urlaubsabgeltung für 40 Tage iHv. 1.980,80 EUR bis zum 02. Oktober 2013 aufgefordert. Am 14. Oktober 2013 hat sie Klage eingereicht.

15

Wegen des wechselseitigen erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts vom 27. März 2014, Az.: 7 Ca 3802/13 (Bl. 61 ff. d. A.), Bezug genommen.

16

Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

17

den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.920,00 EUR brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 03. Oktober 2013 zu zahlen.

18

Der Beklagte hat beantragt,

19

die Klage abzuweisen.

20

Das Arbeitsgericht hat den Beklagten durch das genannte Urteil vom 27. März 2014 zur Zahlung von 1.920,00 EUR nebst Zinsen verurteilt. Es hat ausgeführt, die Klägerin habe Anspruch auf Abgeltung von 40 Tagen Urlaub nach § 7 BUrlG. Für das Kalenderjahr 2012 ergebe sich ein Abgeltungsanspruch in Höhe von 10 Arbeitstagen aus der von dem Beklagten selber erteilten Urlaubsbescheinigung vom 16. Juli 2013. Das Bestreiten des Beklagten hinsichtlich der Höhe stelle sich somit als ein Bestreiten ins Blaue hinein dar. Der Anspruch sei nicht gemäß § 7 Abs. 3 verfallen, da nach Auffassung der Kammer die Klägerin in geeigneter Form bewiesen habe, dass sie vom 07. Dezember 2012 bis zum 31. August 2013 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei. Die Erkrankung sei durch die Auszahlungsscheine zur Vorlage bei der Krankenkasse und die fachärztliche Bescheinigung vom 03. Februar 2014 ärztlich attestiert. Offenbleiben könne, ob es sich bei diesen Bescheinigungen um solche handle, welche die Indizwirkung nach §§ 3, 5 EFZG auslösten, da es nicht um einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gehe, sondern um Urlaubsabgeltung. Der Beklagte habe neben dem Einwand eines formalen Aspekts keine Gründe vorgetragen, welche die Annahme rechtfertigen könnten, die Klägerin sei in dem streitgegenständlichen Zeitraum nicht arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Für das Kalenderjahr 2013 ergebe sich ein Abgeltungsanspruch für die vollen 30 Tage. Entgegen der Auffassung des Beklagten seien auf den Abgeltungsanspruch Zeiten des Betriebsurlaubs nicht anzurechnen, da die Klägerin nicht arbeitsfähig gewesen sei. Gründe für die Annahme, die Klägerin habe konkludent auf die Nachgewährung von Urlaub verzichtet, seien nicht erkennbar. Den Regelungen im Arbeitsvertrag sei nicht zu entnehmen, dass der Abgeltungsanspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub zu beschränken sei.

21

Das Urteil ist dem Beklagten am 12. Mai 2014 zugestellt worden. Er hat hiergegen mit einem am 12. Juni 2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 12. August 2014 durch Beschluss vom 15. Juli 2014 mit Schriftsatz vom 12. August 2014, beim Landesarbeitsgericht am selben Tag eingegangen, begründet.

22

Zur Begründung seiner Berufung macht der Beklagte geltend:

23

Auch im Bereich der Urlaubsabgeltung nach § 7 BUrlG hätten die ärztlichen Bescheinigungen die Kriterien gem. § 5 EFZG zu erfüllen. Dies ergebe sich auch aus einer vergleichenden Betrachtung von § 9 BUrlG, der ebenfalls eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung iSd EFZG erfordere.

24

Entsprechend einer Entscheidung des LAG Sachsen-Anhalt vom 24. April 1996 (Az: 3 Sa 449/95) habe auch nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums die Verpflichtung der Klägerin bestanden, formal ordnungsgemäße Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorzulegen. Bescheinigungen, die den Anforderungen dieses Urteils nicht genügten, könnten auch keine Indizwirkung hinsichtlich des Bestehens einer Arbeitsunfähigkeit der Klägerin auslösen. Nach der benannten Entscheidung könne die Nichtvorlage sogar zu einer außerordentlichen Kündigung führen. Insbesondere mit den Abmahnungen habe er alles in seiner Macht stehende getan, um die Klägerin darauf hinzuweisen und anzuhalten, die üblichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorzulegen. Wenn der behandelnde Arzt die Ausstellung der üblichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen verweigere, könne dies nicht zum Nachteil des Arbeitgebers gereichen.

25

Es sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin auch für die Zeiten, in denen Betriebsurlaub angesetzt gewesen sei, keine genügende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt habe. Aus der unterlassenen Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen in den Zeiten des Betriebsurlaubs folge auch der konkludente Verzicht auf Urlaubsgewährung bzw. Urlaubsabgeltung.

26

Der Beklagte beantragt,

27

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz abzuändern und die Klage abzuweisen.

28

Die Klägerin beantragt,

29

die Berufung zurückzuweisen.

30

Sie trägt vor:

31

Sie sei im Zeitraum vom 07. Dezember 2012 bis zum 31. August 2013 arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Die Problematik habe darin bestanden, dass der behandelnde Arzt nach Ablauf der 6-wöchigen Entgeltfortzahlungszeit nicht bereit gewesen sei, weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zu erteilen, sondern hierzu auf die Auszahlungsscheine der Krankenkasse verwiesen habe. Dies entspreche den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit. Dort sei nach Ende des Lohnfortzahlungszeitraums nur noch die "Bescheinigung für Krankengeldzahlung" vorgesehen und nicht mehr die Erteilung einer normalen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Demgemäß habe sie zum Beleg ihrer Erkrankung lückenlos die Auszahlungsscheine des Krankengeldes vorgelegt. Auf nochmalige Bitte habe der Arzt dann zusätzlich die Atteste vom 03. Februar 2013 und 21. Mai 2013 sowie weitere 2 Folgebescheinigungen am 10. Juli 2013 und 31. Juli 2013 ausgestellt. Die rückwirkend bescheinigte Arbeitsunfähigkeit sei nicht problematisch, weil zusätzlich die ärztlichen Atteste aus Februar und Mai 2012 und die lückenlosen Krankengeldauszahlungsscheine vorlägen. Soweit es um den Zeitraum nach Ende der Entgeltfortzahlung gehe, ergebe sich aus dem EFZG nicht, dass die Arbeitsunfähigkeit nur durch Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu beweisen wäre. Der Arbeitgeber habe u.U. ein berechtigtes Interesse daran, sich zur weiteren Planung der Betriebsorganisation auch nach Ablauf der Entgeltfortzahlung die Arbeitsunfähigkeit bescheinigen zu lassen. Es gehe bei einem solchen Informationsinteresse jedoch nicht darum, erhöhte Anspruchsvoraussetzungen für Ansprüche auf Urlaubsabgeltung zu begründen.

32

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

33

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung des Beklagten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

B.

34

In der Sache hat die Berufung des Beklagten keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben.

35

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Abgeltung von Resturlaub im Umfang von 10 Arbeitstagen für das Jahr 2012 und 30 Arbeitstagen für das Jahr 2013 in Höhe von EUR 1.920,00 (§§ 1, 3 Abs. 1, §§ 4, 7 Abs. 4 BUrlG) nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 03. Oktober 2013.

I.

36

Zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses standen der Klägerin noch 10 Tage Urlaub für das Jahr 2012 zu.

37

1. Da die Klägerin vom 07. Dezember 2012 bis einschließlich 31. August 2013 arbeitsunfähig erkrankt war, ist ihr Resturlaub für das Jahr 2012 nicht nach § 7 Abs. 3 S. 2 und 3 BUrlG mit dem 31. Dezember 2011 oder dem 31. März 2012 untergegangen. Dies gilt auch für den im Arbeitsvertrag in § 7 vereinbarten Mehrurlaub von 10 Tagen.

38

a) § 7 Abs. 3 BUrlG ist so auszulegen, dass der Urlaub nicht erlischt, wenn der Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahres oder des Übertragungszeitraums erkrankt und deshalb arbeitsunfähig ist. Aufgrund der Vorgaben des Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (im Folgenden: Arbeitszeitrichtlinie) ist § 7 Abs. 3 BUrlG unionsrechtskonform so auszulegen, dass der gesetzliche Urlaub nicht erlischt, wenn der Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahres oder des Übertragungszeitraums erkrankt und deshalb arbeitsunfähig ist. Die unionsrechtskonforme Auslegung hat zur Folge, dass der aufrechterhaltene Urlaubsanspruch zu dem im Folgejahr entstandenen Urlaubsanspruch hinzutritt (BAG 18. März 2014 - 9 AZR 669/12 - Rn. 14, juris).

39

b) Die Klägerin war vom 07. Dezember 2012 bis einschließlich 31. August 2013 arbeitsunfähig erkrankt.

40

aa) Zunächst hat die Klägerin für den Zeitraum vom 07. Dezember 2012 bis zum 13. Februar 2013 ihre Arbeitsunfähigkeit nachgewiesen. Bei den Attesten, die diesen Zeitraum abdecken, handelt es sich jedenfalls um ärztliche Bescheinigungen iSd. § 5 Abs. 1 S. 2 EFZG.

41

In der Regel führt der Arbeitnehmer den Beweis der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit durch die Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 2 EFZG. Die ordnungsgemäß ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist das gesetzlich ausdrücklich vorgesehene und insoweit wichtigste Beweismittel für das Vorliegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit. Einer solchen Bescheinigung kommt ein hoher Beweiswert zu. Dies ergibt sich aus der Lebenserfahrung. Der Tatrichter kann normalerweise den Beweis, dass eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit vorliegt, als erbracht ansehen, wenn der Arbeitnehmer im Rechtsstreit eine solche Bescheinigung vorlegt (BAG 26. Februar 2003 - 5 AZR 112/02 - Rn. 33 mwN, juris). Bei den Attesten vom 07. Dezember 2012, 20. Dezember 2012, 02. Januar 2013 und 23. Januar 2013 handelt es sich jeweils um ab dem Ausstellungsdatum für die Zukunft geltende und nahtlos aufeinanderfolgende ärztliche Bescheinigungen, welche die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 S. 2 EFZG erfüllen.

42

bb) Die Klägerin hat auch für den Zeitraum ab dem 14. Februar 2013 bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses am 31. August 2013 ihre Arbeitsunfähigkeit nachgewiesen.

43

(1) Dieser Nachweis ergibt sich aus den von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen im Zusammenhang mit den regelmäßig getroffenen Feststellungen über die fortdauernde Arbeitsunfähigkeit in den Auszahlungsscheinen für die Krankenkasse.

44

Die Klägerin hat eine ärztliche Bescheinigung vom 21. Mai 2013, Folgebescheinigungen vom 10. Juli 2013, 31. Juli 2013 und vom 30. August 2013 sowie eine fachärztliche Bescheinigung vom 03. Februar 2014 vorgelegt. In diesen Bescheinigungen bezeugt der behandelnde Arzt eine durchgehende krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit der Klägerin vom 02. Januar 2013 bis zum hier maßgeblichen Zeitpunkt 31. August 2013.

45

Weiterhin hat die Klägerin die Auszahlungsscheine für das Krankengeld vorgelegt, in denen durchgehend ab dem 01. Februar 2013 im 2- bis 4-Wochenrhythmus jeweils eine künftig weiterhin bestehende Arbeitsunfähigkeit der Klägerin durch ihren behandelnden Arzt gegenüber der Krankenkasse bekundet wird. Aus § 4 Abs. 2 der zeitlich hier maßgeblichen Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien in der Fassung vom 01. Dezember 2003, zuletzt geändert am 21. Juni 2012, ergibt sich dabei, dass die ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit gleichermaßen Voraussetzung für den Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall wie für den Anspruch auf Krankengeld ist. Die medizinische Feststellung unterscheidet sich in beiden Fällen nicht. Der von einem Arzt zur Vorlage bei der Krankenkasse ausgestellte "Krankengeldauszahlschein" kann, wenn sich hieraus das voraussichtliche Ende der Arbeitsunfähigkeit ergibt, sogar selbst als ordnungsgemäßer Nachweis der Arbeitsunfähigkeit iSd. § 5 Abs. 1 EFZG anzusehen sein (vgl. Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, 04. April 2007 - 7 Sa 108/07 - Rn. 37, juris).

46

Die besagten Atteste und die regelmäßig vom Arzt ausgestellten Auszahlungsscheine für die Krankenkasse reichen jedenfalls zusammengenommen aus, um einen Nachweis für die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit der Klägerin bis zum 31. August 2013 zu begründen. Aus den regelmäßigen medizinischen Feststellungen, die den Auszahlungsscheinen zu Grunde liegen, ergibt sich dabei die Legitimation für den Arzt, auch nachträglich eine durchgängig bestehende Arbeitsunfähigkeit zu bescheinigen.

47

(2) Aufgrund der durchgehenden Behandlung der Klägerin widerspricht die Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit für einen zurückliegenden Zeitraum durch ihren behandelnden Arzt nicht den Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist der Beweiswert der Atteste nicht erschüttert.

48

Nach § 5 Abs. 3 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien soll die Arbeitsunfähigkeit für eine vor der ersten Inanspruchnahme des Arztes liegende Zeit grundsätzlich nicht bescheinigt werden. Eine Rückdatierung des Beginns der Arbeitsunfähigkeit auf einen vor dem Behandlungsbeginn liegenden Tag ist ebenso wie eine rückwirkende Bescheinigung über das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit nur ausnahmsweise und nur nach gewissenhafter Prüfung und in der Regel nur bis zu zwei Tagen zulässig. Der Grund für diese Regelung in den Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien ist, dass die notwendigen medizinischen Feststellungen hinsichtlich einer Arbeitsunfähigkeit für einen noch länger zurückliegenden Zeitraum grundsätzlich nicht mehr mit der erforderlichen Sicherheit getroffen werden können. Daher ist im Fall einer nachwirkenden Krankschreibung über zwei Tage hinaus in der Regel von der Erschütterung des Beweiswertes eines solchen Attestes auszugehen (vgl. LAG Mecklenburg-Vorpommern 30. Mai 2008 - 3 Sa 195/07 - Rn. 47, juris).

49

Dieser Grund trifft auf den vorliegenden Sachverhalt jedoch nicht zu. Da die Klägerin sich seit dem 02. Januar 2013 durchgehend bei dem die späteren Atteste ausstellenden Arzt in Behandlung befand, bestehen hier keine Bedenken, dass dieser Arzt das Fortbestehen der Erkrankung über Atteste im Nachhinein für den Zeitraum dokumentiert, in dem er fortlaufend die medizinischen Feststellungen hinsichtlich der Arbeitsunfähigkeit getroffen hat.

50

(3) Entgegen der Auffassung des Beklagten ist auch nicht erforderlich, dass die Klägerin dem Beklagten für den Zeitraum ab 14. Februar 2013 lückenlos und rechtzeitig Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 2 EFZG vorgelegt hat.

51

Zwar ist der Arbeitnehmer nach § 5 Abs. 1 S. 2 EFZG zur Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer auch nach Ablauf der sechswöchigen Entgeltfortzahlung (§ 3 Abs. 1 EFZG) verpflichtet. Denn die Pflicht zur Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung besteht gem. § 5 Abs.1 S. 2-4 EFZG unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer (noch) einen Entgeltfortzahlungsanspruch geltend machen kann (vgl. LAG Sachsen-Anhalt 24. April 1996 - 3 Sa 449/95 - NZA 1997, 772). Wegen der Verletzung der Anzeige- und Nachweispflicht des § 5 Abs. 1 S. 1- 4 EFZG kann auch nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums eine Kündigung berechtigt sein (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 04. April 2007 - 7 Sa 108/07 - Rn. 32 ff., juris; LAG Sachsen-Anhalt 24. April 1996 - 3 Sa 449/95 - NZA 1997, 772).

52

Soweit § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG eine fortbestehende Pflicht zur direkten Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen auch nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums vorsieht, ist dies jedoch für die hier entscheidende Frage der Aufrechterhaltung des Urlaubsanspruchs wegen Arbeitsunfähigkeit nicht relevant.

53

Die Verpflichtungen nach § 5 EFZG haben insoweit eine andere Zielrichtung. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung isd. § 5 Abs. 1 S. 2 EFZG hat nicht nur den Zweck, die Tatsache der Arbeitsunfähigkeit durch ärztliches Attest nachzuweisen. Sie soll vielmehr den Arbeitgeber aufgrund der ärztlichen Angaben über die voraussichtliche (Fort-)Dauer der Arbeitsunfähigkeit auch in die Lage versetzen, möglichst frühzeitig die wegen des fortgesetzten Ausfalls des Arbeitnehmers notwendig werdenden betrieblichen Dispositionen treffen zu können (vgl. LAG Sachsen-Anhalt 24. April 1996 - 3 Sa 449/95 - NZA 1997, 772).

54

Bei der Frage, ob ein Urlaubsanspruch wegen Arbeitsunfähigkeit fortbesteht, kommt dieser fortlaufenden Pflicht jedoch keine Bedeutung zu. Es geht nicht darum, dem Arbeitgeber betriebliche Dispositionen zu ermöglichen und ihm bei Verstößen des Arbeitnehmers gegen die Nachweispflicht das Recht zur Abmahnung oder Kündigung zu geben. Zu prüfen ist vielmehr die Tatsache der Arbeitsunfähigkeit während eines bestimmten Zeitraums und die dadurch bewirkte Aufrechterhaltung eines Urlaubsanspruchs. Dies ist eine Frage des Nachweises der Arbeitsunfähigkeit und nicht der Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten.

55

(4) Die Regelung in § 9 BUrlG bestätigt, dass es lediglich auf einen Nachweis der Arbeitsunfähigkeit durch ärztliches Zeugnis für den bestimmten Zeitraum ankommt.

56

Erkrankt ein Arbeitnehmer während des Urlaubs, so werden nach § 9 BUrlG die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Jahresurlaub nicht angerechnet. Entscheidend ist im Anwendungsbereich des § 9 BUrlG, dass ein ärztliches Zeugnis beides bescheinigt: die Krankheit des Arbeitnehmers und die dadurch hervorgerufenen Arbeitsunfähigkeit (Gutzeit in Dornbusch/Fischermeier/Löwisch, Fachanwaltskommentar Arbeitsrecht, 6. Aufl., § 9 BUrlG Rn. 8). Eine Frist zur Vorlage des ärztlichen Attests schreibt das Gesetz für die Nachgewährung nicht vor. Die Regeln des Entgeltfortzahlungsrechts über die Anzeige- und Nachweispflichten sind nicht entsprechend anwendbar (ErfK/Gallner, 15. Aufl., BUrlG § 9 Rn. 5). Die Regelung in § 9 BUrlG betrifft eine dem vorliegenden Fall entsprechende Interessenlage. Es geht um die Aufrechterhaltung eines Urlaubsanspruchs aufgrund nachgewiesener krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit. Dafür kommt es allein auf ein ärztliches Zeugnis an, dessen Beweiswert nicht erschüttert ist.

57

2. Der Arbeitsvertrag sieht auch keinen Verfall des übergesetzlichen Urlaubsanspruchs vor. Der Anspruch auf Abgeltung des vertraglichen Mehrurlaubs in Höhe von zehn Tagen nimmt daher mittelbar an der richtlinienkonformen Fortbildung von § 7 Abs. 3 und 4 BUrlG teil.

58

Die Vertragsparteien können Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche, die den von Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie gewährleisteten und von §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG begründeten Anspruch auf Mindestjahresurlaub von vier Wochen übersteigen, frei regeln. Ihre Regelungsmacht ist nicht durch die für gesetzliche Urlaubsansprüche erforderliche richtlinienkonforme Fortbildung des § 7 Abs. 3 und 4 BUrlG beschränkt (vgl. BAG 04. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 23, juris). Allerdings müssen für einen Regelungswillen der Parteien des Einzelarbeitsvertrags, der zwischen gesetzlichen und übergesetzlichen vertraglichen Ansprüchen unterscheidet, im Rahmen der Auslegung nach §§ 133, 157 BGB deutliche Anhaltspunkte bestehen. Regel ist der „Gleichlauf“ der Ansprüche. Ausnahme ist ihr unterschiedliches rechtliches Schicksal. Das gilt auch für Arbeitsverträge, die vor der Entscheidung des EuGH in der Sache Schultz-Hoff vom 20. Januar 2009 (- C-350/06 und C-520/06 - AP Richtlinie 2003/88/EG Nr. 1 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2003/88 Nr. 1) geschlossen wurden (BAG 04. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 25, juris).

59

Solche Anhaltspunkte gibt es hier nicht. Die Parteien haben in § 7 des Arbeitsvertrags ohne jede Unterscheidung zwischen dem gesetzlichen und dem vertraglichen Urlaubsanspruch einen Gesamturlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen festgehalten. Sie haben keine eigenständigen Regeln für die Gewährung und die Abgeltung des vertraglichen Mehrurlaubsanspruchs aufgestellt. Lediglich für den Fall der verschuldeten fristlosen Kündigung sieht der Arbeitsvertrag eine Reduzierung des Urlaubsanspruchs auf den anteiligen gesetzlichen Mindesturlaub vor. Damit haben die Parteien einen Sonderfall des Verlusts des vertraglichen Mehrurlaubs geregelt und ein Verhalten des Arbeitnehmers sanktioniert. Es gibt jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass über die Regelung dieses Einzelfalls hinaus die Ansprüche auf gesetzlichen und vertraglichen Urlaubs generell unterschiedlich laufen sollten.

60

3. Der Umfang des Abgeltungsanspruchs ergibt sich aus der von dem Beklagten erteilten Urlaubsbescheinigung vom 16. Juli 2012. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin noch 10 Tage Urlaub von insgesamt 30 in § 7 des Arbeitsvertrags vorgesehenen Urlaubstagen. Der darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat nicht vorgetragen, wann der Klägerin über die zu diesem Zeitpunkt bewilligten 20 Urlaubstage hinaus die ihr noch zustehenden 10 Urlaubstage für das Jahr 2012 gewährt worden sein sollen.

61

Soweit es im Betrieb des Beklagten Betriebsferien gab, haben diese jedenfalls nicht zu einer Erfüllung von Urlaubsansprüchen der Klägerin geführt. Wer arbeitsunfähig krank ist, kann durch Urlaubserteilung von seiner Arbeitspflicht nicht mehr befreit werden. Ein Erlöschen des Urlaubsanspruchs nach § 362 Abs. 1 BGB kann dann nicht bewirkt werden (vgl. BAG 18. März 2014 - 9 AZR 669/12 - Rn. 16, juris). Dies gilt gleichermaßen, wenn der Arbeitgeber kraft des ihm obliegenden Direktionsrechts Betriebsurlaub anordnet. Auch dies ist eine Erfüllung von Urlaubsansprüchen (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 25. September 2012 - 10 Ta 149/12 - Rn. 4, juris), die bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nicht möglich ist.

62

Im Übrigen hat die unterlassene Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen insbesondere in Zeiten eines Betriebsurlaubs vorliegend keinen Erklärungswert. Es gibt keinen Grund, aus dem sich - wie von dem Beklagten angeführt - ein konkludenter Verzicht der Klägerin auf Urlaubsgewährung bzw. Urlaubsabgeltung ergeben könnte.

II.

63

Für das Jahr 2013 stand der Klägerin bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch der volle Urlaubsanspruch von 30 Tagen zu.

64

Da sie nach erfüllter Wartezeit in der zweiten Hälfte des Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausschied, fand keine Zwölftelung des Urlaubsanspruchs nach § 5 BUrlG statt, wie sich aus dem Umkehrschluss aus § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG ergibt (vgl. BAG 12. November 2013 - 9 AZR 727/12 - Rn. 17, juris.).

65

Betriebsferien haben in Bezug auf diesen Urlaub wegen der Erkrankung der Klägerin ebenfalls nicht zu einer Erfüllung von Urlaubsansprüchen geführt.

III.

66

Der Klägerin steht damit insgesamt ein Abgeltungsanspruch für 40 Urlaubstage in Höhe von EUR 1.920,00 brutto zu (40 Tage x EUR 48,00 brutto je Tag).

IV.

67

Die Beklagte hat die Klageforderung mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen (§ 286 Abs. 1 S. 1 iVm. § 288 Abs. 1 BGB).

C.

68

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

69

Eine Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

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(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 362 Erlöschen durch Leistung


(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. (2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

Bundesurlaubsgesetz - BUrlG | § 7 Zeitpunkt, Übertragbarkeit und Abgeltung des Urlaubs


(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspu

Bundesurlaubsgesetz - BUrlG | § 3 Dauer des Urlaubs


(1) Der Urlaub beträgt jährlich mindestens 24 Werktage. (2) Als Werktage gelten alle Kalendertage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind.

Bundesurlaubsgesetz - BUrlG | § 1 Urlaubsanspruch


Jeder Arbeitnehmer hat in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub.

Bundesurlaubsgesetz - BUrlG | § 5 Teilurlaub


(1) Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer a) für Zeiten eines Kalenderjahrs, für die er wegen Nichterfüllung der Wartezeit in diesem Kalenderjahr keinen vollen U

Bundesurlaubsgesetz - BUrlG | § 4 Wartezeit


Der volle Urlaubsanspruch wird erstmalig nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben.

Bundesurlaubsgesetz - BUrlG | § 9 Erkrankung während des Urlaubs


Erkrankt ein Arbeitnehmer während des Urlaubs, so werden die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Jahresurlaub nicht angerechnet.

Referenzen - Urteile

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Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 13. Jan. 2015 - 8 Sa 373/14 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 13. Jan. 2015 - 8 Sa 373/14 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 18. März 2014 - 9 AZR 669/12

bei uns veröffentlicht am 18.03.2014

Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 12. Dezember 2011 - 17 Sa 496/11 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 12. Nov. 2013 - 9 AZR 727/12

bei uns veröffentlicht am 12.11.2013

Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 11. Juli 2012 - 5 Sa 289/11 - wird zurückgewiesen.

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 25. Sept. 2012 - 10 Ta 149/12

bei uns veröffentlicht am 25.09.2012

weitere Fundstellen ... Tenor Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 20.06.2012 in Gestalt der teilweise Abhilfe- und Nichtabhilfeentscheidung vom 24.07.2012 teilweise abgeändert und

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 30. Mai 2008 - 3 Sa 195/07

bei uns veröffentlicht am 30.05.2008

Tenor I. Auf die Berufung des beklagten Landes wird die Klage unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Neubrandenburg vom 25.02.2007 - 1 Ca 1404/06 - abgewiesen. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits. III. Die Revision

Referenzen

(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluß an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt.

(2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muß einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.

(3) Der Urlaub muß im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muß der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a entstehender Teilurlaub jedoch auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen.

(4) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.

Erkrankt ein Arbeitnehmer während des Urlaubs, so werden die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Jahresurlaub nicht angerechnet.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

Jeder Arbeitnehmer hat in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub.

(1) Der Urlaub beträgt jährlich mindestens 24 Werktage.

(2) Als Werktage gelten alle Kalendertage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind.

Der volle Urlaubsanspruch wird erstmalig nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben.

(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluß an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt.

(2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muß einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.

(3) Der Urlaub muß im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muß der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a entstehender Teilurlaub jedoch auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen.

(4) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 12. Dezember 2011 - 17 Sa 496/11 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von der Beklagten, einer Fluggesellschaft, die Gewährung von Erholungsurlaub.

2

Die Parteien begründeten mit schriftlichem Arbeitsvertrag vom 13. Dezember 1991 ein Arbeitsverhältnis. Ziff. 1 des Arbeitsvertrags lautet:

        

„1.     

Beginn und Ort der Tätigkeit

                 

Herr T wird im Anschluss an die erfolgreich abgeschlossene Schulung (voraussichtlich 20.06.1992) als Flugzeugführer mit Einsatzort Köln beschäftigt.

                 

DLT kann Herrn T entsprechend seinen Fähigkeiten und Kenntnissen auch mit einer anderen im Interesse der DLT liegenden Aufgabe im Flugbetrieb betrauen, unter Umständen auch an einem anderen Ort im In- und Ausland.“

3

Das Grundgehalt des Klägers betrug ab Mai 2009 monatlich 9.122,71 Euro brutto. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Manteltarifvertrag Nr. 1 für die Mitarbeiter des Cockpitpersonals der Lufthansa CityLine GmbH vom 17. April 2004 (im Folgenden: MTV) kraft vertraglicher Vereinbarung Anwendung.

4

Gemäß einer Mitteilung des flugmedizinischen Sachverständigen vom 19. November 2008 kann dem Kläger dauerhaft kein Tauglichkeitszeugnis als Flugzeugführer iSd. Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung erteilt werden. Über die Fluguntauglichkeit des Klägers besteht zwischen den Parteien kein Streit. Wegen ihr wird der Kläger von der Beklagten nicht beschäftigt.

5

Mit seiner der Beklagten am 18. August 2009 zugestellten Klageerweiterung hat der Kläger von der Beklagten ua. verlangt, ihm den tariflichen Erholungsurlaub für das Jahr 2009 zu gewähren. Dazu hat er die Ansicht vertreten, die Gewährung von Urlaub setze nicht die Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers voraus.

6

Er hat - soweit für die Revision von Bedeutung - zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihm für das Urlaubsjahr 2009 30 bezahlte Tage Urlaub ab Rechtskraft der Entscheidung zu gewähren.

7

Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, der Kläger könne eine Urlaubsgewährung nicht verlangen, weil der Urlaubsanspruch wegen der Fluguntauglichkeit des Klägers nicht erfüllt werden könne.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Auf die Beschwerde des Klägers hat das Bundesarbeitsgericht die Revision gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts mit Beschluss vom 10. Juli 2012 zugelassen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Klage auf Urlaubsgewährung ist zulässig, aber unbegründet.

10

I. Der auf Gewährung von 30 Tagen Urlaub aus dem Jahr 2009 gerichtete Leistungsantrag ist zulässig.

11

1. Der Antrag bedarf der Auslegung. Der Kläger begehrt keine rückwirkende Befreiung von seiner Arbeitspflicht. Mit der Formulierung, die Beklagte solle verurteilt werden, ihm „für das Urlaubsjahr 2009 30 bezahlte Tage Urlaub“ zu gewähren, kennzeichnet er lediglich das Jahr, in dem der geltend gemachte Urlaubsanspruch entstanden sein soll (vgl. BAG 11. Dezember 2001 - 9 AZR 522/00 - zu I der Gründe). Mit seinem Revisionsantrag hat der Kläger dies nunmehr auch klargestellt, indem er eine Gewährung erst „ab Rechtskraft der Entscheidung“ begehrt. Da der Antrag von vornherein in diesem Sinne zu verstehen war, handelt es sich nicht um eine unzulässige Klageänderung in der Revisionsinstanz.

12

2. Der Antrag ist hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Klagen, mit denen der Arbeitgeber zur Gewährung einer bestimmten Anzahl von Urlaubstagen ab einem in der Zukunft liegenden, nicht näher genannten Zeitpunkt verurteilt werden soll, sind zulässig (ErfK/Gallner 14. Aufl. § 7 BUrlG Rn. 31 unter Hinweis auf BAG 5. September 2002 - 9 AZR 355/01 - zu A I der Gründe, BAGE 102, 294; Leinemann/Linck Urlaubsrecht 2. Aufl. § 7 BUrlG Rn. 80 f. unter Hinweis auf BAG 25. November 1982 - 6 AZR 1254/79 - zu 4 der Gründe, BAGE 40, 379).

13

II. Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht der beanspruchte Urlaub nicht zu.

14

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Urlaub im Umfang von 30 Tagen aus § 17 MTV bzw. 20 Arbeitstagen gemäß §§ 1, 3 BUrlG. Der im Jahr 2009 entstandene Urlaub ist spätestens am 31. März 2011 verfallen. Aufgrund der Vorgaben des Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (im Folgenden: Arbeitszeitrichtlinie) ist § 7 Abs. 3 BUrlG zwar unionsrechtskonform so auszulegen, dass der gesetzliche Urlaub nicht erlischt, wenn der Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahres oder des Übertragungszeitraums erkrankt und deshalb arbeitsunfähig ist(vgl. BAG 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 47 ff., BAGE 130, 119). Die unionsrechtskonforme Auslegung hat jedoch nur zur Folge, dass der aufrechterhaltene Urlaubsanspruch zu dem im Folgejahr entstandenen Urlaubsanspruch hinzutritt und damit erneut dem Fristenregime des § 7 Abs. 3 BUrlG unterfällt(vgl. BAG 9. August 2011 - 9 AZR 425/10 - Rn. 19). Besteht die Arbeitsunfähigkeit auch am 31. März des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Jahres fort, so gebietet auch das Unionsrecht keine weitere Aufrechterhaltung des Urlaubsanspruchs (vgl. EuGH 22. November 2011 - C-214/10 - [KHS] Rn. 38, Slg. 2011, I-11757). Der zunächst aufrechterhaltene Urlaubsanspruch erlischt somit zu diesem Zeitpunkt (vgl. BAG 16. Juli 2013 - 9 AZR 914/11 - Rn. 26; 7. August 2012 - 9 AZR 353/10 - Rn. 32 ff., BAGE 142, 371). Der MTV enthält keinen längeren Übertragungszeitraum. § 17 Abs. 4 MTV entspricht weitgehend § 7 Abs. 3 BUrlG, sodass insoweit von einem Gleichlauf der gesetzlichen und tariflichen Urlaubsregelungen auszugehen ist.

15

2. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Gewährung von 30 Tagen Urlaub unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes zu. Die Beklagte ist nicht gemäß § 275 Abs. 1 und Abs. 4, § 280 Abs. 1 und Abs. 3, § 283 Satz 1, § 286 Abs. 1 Satz 2 iVm. Satz 1, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB verpflichtet, dem Kläger 30 Arbeitstage Ersatzurlaub für verfallenen Urlaub aus dem Jahr 2009 zu gewähren. Zwar hat der Kläger mit seiner Klageerweiterung im August 2009 den Urlaubsanspruch rechtzeitig geltend gemacht (vgl. BAG 11. Juli 2006 - 9 AZR 535/05 - Rn. 18). Die Beklagte konnte dem Kläger jedoch keinen Urlaub gewähren.

16

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats hängt die Erfüllbarkeit des gesetzlichen Urlaubsanspruchs nach dem nationalen Urlaubsrecht von der Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers ab. Wer arbeitsunfähig krank ist, kann durch Urlaubserteilung von seiner Arbeitspflicht nicht mehr befreit werden (BAG 26. Mai 1992 - 9 AZR 172/91 - zu 1 a der Gründe; zust. Düwell NZA Beilage 3/2011, 133, 134; vgl. auch ErfK/Gallner § 7 BUrlG Rn. 21; Leinemann/Linck § 7 BUrlG Rn. 134; Powietzka/Rolf BUrlG § 7 Rn. 51). Eine Freistellungserklärung des Arbeitgebers kann nach § 362 Abs. 1 BGB das Erlöschen des Urlaubsanspruchs nur bewirken, soweit für den Freistellungszeitraum eine Arbeitspflicht des Arbeitnehmers besteht(vgl. BAG 14. Mai 2013 - 9 AZR 760/11 - Rn. 17 mwN; 8. September 1998 - 9 AZR 161/97 - zu I 2 c der Gründe, BAGE 89, 362; krit. DFL/Gutzeit 6. Aufl. § 3 BUrlG Rn. 4). Kann der Arbeitnehmer die geschuldete Arbeit nicht mehr erbringen, wird ihm die Arbeitsleistung nachträglich unmöglich. Er wird nach § 275 Abs. 1 BGB von der Pflicht zur Arbeitsleistung frei(Schaub/Linck ArbR-HdB 15. Aufl. § 49 Rn. 5). Der arbeitsunfähige Arbeitnehmer ist nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet (vgl. Gotthardt/Greiner DB 2002, 2106, 2111 f. mwN zur Abgrenzung zwischen § 275 Abs. 1 und Abs. 3). Es handelt sich um eine Leistungsstörung auf Seiten des Arbeitnehmers (BAG 25. September 2013 - 10 AZR 850/12 - Rn. 14 mwN).

17

b) Diese Rechtsprechung steht im Einklang mit dem Recht der Europäischen Union.

18

aa) Soweit der EuGH davon ausgeht, die Arbeitszeitrichtlinie behandele den Anspruch auf Jahresurlaub und denjenigen auf Zahlung des Urlaubsentgelts als zwei Teile eines einzigen Anspruchs (EuGH 16. März 2006 - C-131/04 und C-257/04 - [Robinson-Steele ua.] Rn. 58, Slg. 2006, I-2531), folgt daraus nicht, dass einem Arbeitnehmer, dem die Erbringung der Arbeitsleistung nicht möglich ist, Urlaub zu gewähren ist. Gerade wenn man mit dem EuGH davon ausginge, es bestehe ein einheitlicher Anspruch auf bezahlten Urlaub, kann nicht ein Teilaspekt - der Anspruch auf Urlaubsvergütung - erfüllt werden, ohne dass zugleich auch der andere Teil - der Anspruch auf Freistellung von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung - erfüllt wird. Wäre der Arbeitgeber gemäß der Rechtsansicht des Klägers verpflichtet, im fortbestehenden Arbeitsverhältnis einem arbeitsunfähigen Arbeitnehmer trotz der nicht möglichen Freistellung von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung Urlaubsvergütung zu zahlen, käme dies im Ergebnis einer Abgeltung des Urlaubs im laufenden Arbeitsverhältnis gleich. Der bezahlte Mindestjahresurlaub darf jedoch nach Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeitrichtlinie außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden.

19

bb) Der EuGH hat ausdrücklich klargestellt, dass Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie dahin auszulegen ist, dass er einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten nicht entgegensteht, nach denen ein Arbeitnehmer „im Krankheitsurlaub nicht berechtigt ist, während eines Zeitraums, der in die Zeit des Krankheitsurlaubs fällt, bezahlten Jahresurlaub zu nehmen“(EuGH 20. Januar 2009 - C-350/06 und C-520/06 - [Schultz-Hoff ua.] Rn. 32, Slg. 2009, I-179). Was den Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub betrifft, ist es, wie sich aus dem Wortlaut der Arbeitszeitrichtlinie und der Rechtsprechung des EuGH ergibt, Sache der Mitgliedstaaten, in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften die Voraussetzungen für die Ausübung und die Umsetzung dieses Anspruchs festzulegen und dabei die konkreten Umstände zu bezeichnen, unter denen die Arbeitnehmer von diesem Anspruch Gebrauch machen können, ohne dabei aber bereits die Entstehung dieses sich unmittelbar aus der Richtlinie ergebenden Anspruchs von irgendeiner Voraussetzung abhängig zu machen (EuGH 20. Januar 2009 - C-350/06 und C-520/06 - [Schultz-Hoff ua.] Rn. 28, aaO). Wenn nach dem Unionsrecht der Urlaub eines Arbeitnehmers auch dann abzugelten ist, wenn dieser längere Zeit krankheitsbedingt arbeitsunfähig war, wird daraus deutlich, dass während der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit der Freistellungsanspruch nicht erfüllt werden konnte (nochmals bestätigend: EuGH 8. November 2012 - C-229/11 und C-230/11 - [Heimann und Toltschin] Rn. 25).

20

cc) Aus Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) folgt nichts anderes. Die Vorschrift bestimmt nur, dass jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer das Recht auf bezahlten Jahresurlaub hat. Die Grundrechtecharta enthält keine Regelung über die Bedingungen für die Inanspruchnahme und die Gewährung des Urlaubs. Die Frage, inwieweit Art. 31 Abs. 2 GRC im Verhältnis zwischen zwei Privaten überhaupt unmittelbare Wirkung entfalten kann(vgl. EuGH 15. Januar 2014 - C-176/12 - [Association de médiation sociale]), kann vor diesem Hintergrund offenbleiben.

21

dd) Der Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV bedarf es nicht. Die entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind - wie dargestellt - durch die Rechtsprechung des EuGH geklärt oder ihre Beantwortung ist offenkundig.

22

c) Entgegen der Ansicht des Klägers gibt auch das nationale Recht keinen Anlass, die Rechtsprechung zur Unvereinbarkeit von Urlaub und Krankheit in Frage zu stellen.

23

aa) Dies gilt insbesondere für die Bestimmung des § 9 BUrlG(vgl. LAG Köln 10. Oktober 2012 - 5 Sa 255/12 - zu II 2 b bb der Gründe; aA noch LAG Köln 7. Februar 2011 - 5 Sa 891/10 - zu V 2 d der Gründe). Die Vorschrift regelt den Fall, dass der Arbeitgeber vor dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers diesem Urlaub gewährt hat, indem er ihn für einen bestimmten Zeitraum von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung befreit hat. Ohne die Regelung in § 9 BUrlG würde der Arbeitnehmer seinen Urlaubsanspruch ersatzlos verlieren, wenn er während eines bereits bewilligten Urlaubs arbeitsunfähig erkrankt. Dies folgt aus § 275 Abs. 1 BGB. Der Arbeitgeber würde von der Leistungspflicht frei, weil er mit der Festlegung des Urlaubszeitraums als Schuldner das nach § 7 Abs. 1 BUrlG Erforderliche getan hätte(AnwK-ArbR/Düwell 2. Aufl. Bd. 2 § 9 BUrlG Rn. 8). Bei bestehender Arbeitsunfähigkeit träte somit Unmöglichkeit ein, die an sich eigentlich zum Ausschluss einer Verpflichtung des Arbeitgebers, erneut Urlaub zu bewilligen, führen würde. Hiervon enthält § 9 BUrlG eine Ausnahme zugunsten des Arbeitnehmers. Diese führt indes nicht dazu, dass der Arbeitnehmer den Urlaub während der Arbeitsunfähigkeit nehmen kann. Er soll ihn vielmehr, wenn er initiativ wird, danach erneut beanspruchen können. Wird er nicht initiativ, bleibt es bei der Rechtsfolge, dass der Arbeitgeber von der Leistungspflicht frei wird.

24

bb) Auch die Regelung in § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG spricht gegen die Rechtsauffassung des Klägers, einem arbeitsunfähigen Arbeitnehmer könne Urlaub erteilt werden. Nach dieser Bestimmung findet eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr statt, wenn in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Damit ist insbesondere die mit einer Erkrankung des Arbeitnehmers verbundene Arbeitsunfähigkeit gemeint (vgl. BAG 5. Dezember 1995 - 9 AZR 871/94 - zu II 2 a der Gründe mwN, BAGE 81, 339; HWK/Schinz 6. Aufl. § 7 BUrlG Rn. 82). Einer derartigen Übertragungsvorschrift bedürfte es nicht, wenn der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer während seiner Erkrankung Urlaub gewähren könnte.

25

d) Vor diesem Hintergrund war es der Beklagten bis zum Untergang des Urlaubsanspruchs unmöglich, dem Kläger Urlaub durch Freistellung von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung zu gewähren. Der Kläger war schon aufgrund seiner Fluguntauglichkeit nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet. Davon ist das Landesarbeitsgericht ohne Rechtsfehler ausgegangen. Krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer seine vertraglich geschuldete Tätigkeit beim Arbeitgeber wegen Krankheit nicht mehr ausüben kann oder nicht mehr ausüben sollte, weil die Heilung einer vorhandenen Krankheit nach ärztlicher Prognose verhindert oder verzögert wird (BAG 23. Januar 2008 - 5 AZR 393/07 - Rn. 19 mwN). Der Urlaubsanspruch ist auch dann erfüllbar, wenn der Arbeitnehmer andere Arbeitsleistungen hätte erbringen können, welche der Arbeitgeber nach dem Arbeitsvertrag als vertragsgemäß hätte annehmen müssen (BAG 24. Juni 2003 - 9 AZR 423/02 - zu A II 2 b bb der Gründe, BAGE 106, 361). Aufgrund seiner durch den flugmedizinischen Sachverständigen festgestellten Fluguntauglichkeit konnte der Kläger seine Arbeitsleistung als Flugzeugführer dauerhaft nicht mehr erbringen. Die Beklagte hatte auch keine Möglichkeit, dem Kläger in Ausübung ihres Direktionsrechts einen sogenannten leidensgerechten Arbeitsplatz zuzuweisen. Die hierauf gerichteten Klageanträge hat das Landesarbeitsgericht rechtskräftig abgewiesen. Für den Kläger bestand demnach gemäß § 275 Abs. 1 BGB keine Arbeitspflicht.

26

Da es nur darauf ankommt, ob dem Arbeitgeber die von ihm geschuldete Erfüllungshandlung möglich ist, ist es unerheblich, ob unabhängig davon bei dem Arbeitnehmer der Zweck der Urlaubsgewährung eintreten kann. Entgegen der Ansicht des Klägers ist es daher ohne Bedeutung, ob er sich trotz seiner Krankheit hätte erholen können (vgl. AnwK-ArbR/Düwell § 9 BUrlG Rn. 14; Leinemann/Linck § 9 Rn. 3).

27

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Klose    

        

        

        

    W. Schmid    

        

    Mehnert    

                 

Tenor

I. Auf die Berufung des beklagten Landes wird die Klage unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Neubrandenburg vom 25.02.2007 - 1 Ca 1404/06 - abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer fristgemäßen und verhaltensbedingten Kündigung.

2

Die am 19.07.1962 geborene und getrennt lebende Klägerin hat drei unterhaltsberechtigte Kinder (im Kündigungszeitpunkt zwei, achtzehn und dreiundzwanzig Jahre alt). Sie war seit dem 01.09.1998 bei dem beklagten Land als Lehrerin für das Fach Deutsch an der B. Schule des Kreises Mecklenburg-Strelitz gegen ein Bruttomonatsgehalt von ca. EUR 3.000,00 beschäftigt.

3

Der Dienstbeginn für das Schuljahr 2006/2007 war auf den 24.08.20006 festgelegt worden. Für den 29.08.2006 war eine schulinterne Fortbildungsveranstaltung vorgesehen. Zu beiden dienstlichen Veranstaltungen blieb die Klägerin fern.

4

Am 30.08.2006 befanden sich zwei Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen in der Schulpost. Aus der einen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 29.08.2006 ergab sich eine Arbeitsunfähigkeit der Klägerin ab dem 29.08.2006. Die andere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung - ebenfalls vom 29.08.2006 - beinhaltete eine rückwirkende Krankschreibung der Klägerin für den 24.08.2006.

5

Daraufhin beantragte das beklagte Land mit Schreiben vom 21.09.2006 (Blatt 48 ff. d. A.) die Zustimmung des Bezirkspersonalrates zur beabsichtigten fristgemäßen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin. Mit Schreiben vom 05.10.2006 verweigerte der Bezirkspersonalrat die Zustimmungserteilung. Mit Schreiben vom 12.10.2006 beantragte das beklagte Land (Blatt 53 ff. d. A.) erneut die Zustimmung, welche der Bezirkspersonalrat wiederum mit Schreiben vom 19.10.2006 verweigerte. Ob das zuletzt genannte Schreiben bereits am 19.10.2006 (so die Klägerin), oder erst am 02.11.2006 (so das beklagte Land) das Staatliche Schulamt Neubrandenburg erreichte, ist zwischen den Parteien streitig. Jedenfalls kündigte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin mit Schreiben vom 09.11.2006 fristgemäß zum 31.03.2007.

6

Vor Ausspruch der streitbefangenen Kündigung hatte die Klägerin insgesamt vier sogenannte "Abmahnungen" (vom 28.02.2002 Blatt 39 d. A.; vom 04.07.2002 Blatt 40 d. A.; vom 01.04.2004 Blatt 43 d. A.; vom 01.07.2005 Blatt 41 d. A.) sowie drei sogenannte "Ermahnungen" (vom 19.06.2001 Blatt 45 d. A.; vom 10.04.2002 Blatt 46 d. A.; vom 10.11.2005 Blatt 47 d. A.) erhalten.

7

Mit ihrer am 27.11.2006 bei dem Arbeitsgericht Neubrandenburg eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der Kündigung sowie die Verurteilung des beklagten Landes zur vertragsgemäßen Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits.

8

Die Klägerin beantragt,

9

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des beklagten Landes vom 09. November 2006 nicht beendet worden ist;

10

2. im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. das beklagte Land zu verurteilen, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Lehrerin weiterzubeschäftigen.

11

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen.

12

Das Arbeitsgericht Neubrandenburg hat der Klage mit Urteil vom 23.05.2007 vollumfänglich stattgegeben und im Wesentlichen argumentiert, hinsichtlich des Fernbleibens der Klägerin am 29.08.2006 sei eine schuldhafte Pflichtwidrigkeit nicht zu erkennen. Das Nichterscheinen der Klägerin am 24.08.2006 stelle zwar in jedem Fall - entweder als Verletzung der Anzeige- und Nachweispflicht oder aber als unentschuldigtes Fehlen - eine eindeutige Pflichtwidrigkeit dar, jedoch fehle es insoweit an einer - noch - verwertbaren Abmahnung. Ob die Kündigung auch wegen der fehlenden Zustimmung des Bezirkspersonalrates rechtsunwirksam sei, könne dahinstehen.

13

Gegen diese am 17.07.2007 zugestellte Entscheidung richtet sich die Berufung des beklagten Landes vom 27.07.2007 (Gerichtseingang am gleichen Tage) nebst am 17.10.2007 bei dem Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern eingegangener Begründung (nach entsprechender gerichtlicher Fristverlängerung).

14

Das beklagte Land hält an der erstinstanzlich vertretenen Rechtsauffassung fest, wonach die Klägerin am 29.08.2006 gegen ihre Hinweis- und Nachweispflichten verstoßen habe. Am 24.08.2006 habe die Klägerin unentschuldigt gefehlt. Die nachträgliche Krankschreibung am 29.08.2006 sei insbesondere vor dem Hintergrund des § 5 Abs. 3 der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit und die Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung (Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien) als Beweis für eine tatsächliche Erkrankung der Klägerin am 24.08.2006 ungeeignet. Der nochmalige Ausspruch einer Abmahnung sei angesichts der zuvor ausgesprochenen Ermahnungen und Abmahnungen entbehrlich gewesen.

15

Die Anhörung des Bezirkspersonalrates sei mit den Schreiben vom 21.09.2006 sowie vom 12.10.2006 ordnungsgemäß erfolgt. Die ablehnende Stellungnahme des Bezirkspersonalrates datiere zwar vom 19.10.2006, sei dem beklagten Land jedoch erst am 02.11.2006 zugegangen, so dass die Frist von zehn Arbeitstagen gem. § 62 Abs. 2 LPersVG M-V im Kündigungszeitpunkt verstrichen gewesen sei.

16

Das beklagte Land beantragt,

17

das Urteil des Arbeitsgerichts Neubrandenburg vom 23.05.2007 abzuändern und die Klage abzuweisen.

18

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

19

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Sie habe sich wenige Wochen vor der Krankschreibung am 29.08.2006 von ihrem Mann getrennt. Auf Grund der Depressionen sei sie am 24.08.2006 nicht in der Lage gewesen, ihre Krankheit zu melden. Ihr Gesundheitszustand sei derart beeinträchtigt gewesen, dass sie nicht in der Lage gewesen sei, logisch und entsprechend allgemeiner Vernunft zu handeln. Am 08.11.2005 sei sie im Übrigen nicht abgemahnt, sondern nur ermahnt worden. Eine fristlose Entlassung sei ihr nicht angedroht worden. Schließlich sei die Stellungnahme des Bezirkspersonalrates bereits am 19.10.2006 in den Machtbereich des beklagten Landes gelangt. Sowohl das Staatliche Schulamt Neubrandenburg als auch der Bezirkspersonalrat seien - unstreitig - in einem Gebäude untergebracht. Dort habe das beklagte Land - ebenfalls unstreitig - ein Postfach eingerichtet. In dieses Postfach sei die Stellungnahme des Bezirkspersonalrates am 19.10.2006 - unstreitigste - eingelegt worden.

20

In der mündlichen Verhandlung vom 29.02.2008 ist Beweis erhoben worden durch die Vernehmung des Zeugen Dr. K.. Hinsichtlich des Beweisthemas sowie bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll (Blatt 185 - 189 d. A.) Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten im Berufungsrechtszug wird auf die insoweit zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

21

Die zulässige Berufung des beklagten Landes ist begründet. Das Urteil des Arbeitsgerichts Neubrandenburg vom 23.05.2007 war daher abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

22

1. Die streitbefangene Kündigung ist nicht aus personalvertretungsrechtlichen Gesichtspunkten rechtsunwirksam.

23

Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass die streitbefangene Kündigung dann als rechtsunwirksam anzusehen wäre, wenn sich der Ausspruch einer fristgemäßen Kündigung im Anwendungsbereich des LPersVG M-V als mitbestimmungspflichtige Angelegenheit darstellen sollte, denn zwischen den Parteien ist unstreitig, dass sich das Staatliche Schulamt Neubrandenburg und der zuständige Bezirkspersonalrat in einem Gebäude befinden und das Staatliche Schulamt dort ein Postfach eingerichtet hat, in welches üblicherweise auch die an das Schulamt gerichtete Post des Bezirkspersonalrates eingelegt wird. Ebenfalls unstreitig ist zwischen den Parteien der Umstand, dass die "zweite" Stellungnahme des Bezirkspersonalrates vom 19.10.2006 auf das "zweite" Anschreiben des beklagten Landes vom 12.10.2006 durch den Bezirkspersonalrat am 19.10.2006 in eben dieses Postfach eingelegt wurde. Damit ist nach Auffassung des erkennenden Gerichtes von einem Zugang am 19.10.2006 auszugehen, denn der Arbeitgeber, der - jedenfalls auch - zum Empfang der Post der Personalvertretung ein Postfach einrichtet, hat in der Folge Sorge für eine rechtzeitige Entleerung des Postfaches und für eine korrekte Zuordnung der darin befindlichen Schriftstücke zu tragen. Mit der Einrichtung eines entsprechenden Postfaches hat ein solcher Arbeitgeber mithin den eigenen Macht- und Zugriffsbereich eröffnet.

24

Ginge man also - wie die Klägerin - im Rahmen fristgemäßer Kündigungen von einer mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit aus, hätte das beklagte Land vor Ausspruch der streitbefangenen Kündigung zwingend das Stufenverfahren und gegebenenfalls auch das vorgesehene Einigungsstellenverfahren durchführen müssen.

25

Jedoch ist die Kammer im Anschluss an die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 10.01.2000 (2 AZR 65/99; PersR 2000 Seite 214, 216; a. A. offensichtlich BAG vom 23.04.1998 - 8 AZR 622/96 -; JURIS) zu dem Ergebnis gelangt, dass fristgemäße Kündigungen nach Maßgabe des § 68 LPersVG M-V nicht der Mitbestimmung, sondern der Mitwirkung unterliegen.

26

Zwar spricht der Wortlaut des § 68 Abs. 1 Nr. 2 LPersVG M-V auf den ersten Blick für die Bejahung eines Mitbestimmungstatbestandes auch hinsichtlich fristgemäßer Kündigungen. Andererseits muss nach den weiteren gesetzgeberischen Formulierungen in §§ 68 Abs. 5 bis Abs. 7 LPersVG M-V insoweit von einem Mitwirkungstatbestand ausgegangen werden.

27

Der aus dem völlig missglückten Gesetzeswortlaut resultierende Wertungswiderspruch ist nach Auffassung der Kammer im Sinne der Bejahung eines Mitwirkungstatbestandes aufzulösen. In der Argumentation folgt das erkennende Gericht der Begründung des Bundesarbeitsgerichts in der bereits angesprochenen Entscheidung vom 20.01.2000 ( a. a. 0.), und zwar soweit dort ausgeführt wird:

28

"Allerdings müsste dann die Aufnahme der Absätze 5 bis 7 in § 68 PersVG M-V als Redaktionsversehen zu werten sein, weil diese ersichtlich davon ausgehen, Kündigungen könnten auch ohne vorherige Zustimmung des Personalrates unwirksam sein.

29

Es erscheint kaum vorstellbar, dass der Gesetzgeber mit § 68 Abs. 5 und 6 PersVG M-V Regelungen für Kündigungen treffen wollte, die der Arbeitgeber ausspricht, obwohl ihm mangels Zustimmung des Personalrates ihre Unwirksamkeit klar sein muss. Deshalb spricht einiges dafür, § 68 Abs. 5 bis 7 PersVG M-V als spezielle Regelung für ordentliche Kündigungen anzusehen und insoweit, was auch der Hinweis in Abs. 5 auf § 62 Abs. 10 PersVG M-V belegen könnte, nur von einem bloßen Mitwirkungs- statt einem Zustimmungserfordernis auszugehen. Die Entstehungsgeschichte des Gesetzes belegt den Willen des Gesetzgebers, alle Kündigungen zustimmungspflichtig zu machen, jedenfalls nicht eindeutig. Zwar sprechen dafür diverse Äußerungen im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens (z. B. Kurzprotokolle der gemeinsamen Sitzung des Innen- und Rechtsausschusses vom 29. Oktober 1992 und des Innenausschusses vom 25. November 1992 sowie das Protokoll der 67. Sitzung des Landtages am 20. Januar 1993). Andererseits wurden noch in der Schlussphase des Verfahrens die Überschrift in § 68 ("Beteiligung" statt "Mitbestimmung") der Einleitungssatz des Absatzes 5 sowie der Satz 2 dieses Absatzes geändert und die Absätze 6 und 7 eingefügt, wofür teilweise die Gründe aus den dem Senat zugänglichen Materialien des Gesetzgebungsverfahrens nicht ersichtlich sind."

30

Zwar findet sich in § 68 Abs. 5 auf Grund der Gesetzesberichtigung mit Wirkung vom 21.04.1993 (Gesetzes- und Verordnungsblatt Mecklenburg-Vorpommern 1993, Seite 300) keine Bezugnahme auf § 62 Abs. 10 LPersVG M-V, sondern vielmehr eine solche auf § 62 Abs. 3 bis 7 LPersVG M-V. Jedoch rechtfertigt sich aus diesem Umstand nach Auffassung des erkennenden Gerichts kein anderes Ergebnis.

31

Die danach notwendige Beteiligung im Sinne des § 68 Abs. 7 LPersVG M-V setzt mithin zum einen die ordnungsgemäße Anhörung des Personalrates zur beabsichtigten fristgemäßen Kündigung und zum anderen im Fall der fristgemäßen Erhebung von Einwendungen im Sinne des § 68 Abs. 5 LPersVG M-V, die anschließende Erörterung der erhobenen Einwendungen durch den Arbeitgeber mit dem Personalrat gem. § 62 Abs. 10 Satz 1 LPersVG M-V voraus. Gemessen an den genannten Voraussetzungen ist die hier vorgenommene Beteiligung des Bezirkspersonalrates durch das beklagte Land rechtlich zu beanstanden.

32

a) Das beklagte Land hat den zuständigen Bezirkspersonalrat bereits mit Schreiben vom 21.09.2006 (Blatt 48 - 50 d. A.) ordnungsgemäß angehört.

33

Dem Bezirkspersonalrat sind sowohl die Sozialdaten der Klägerin als auch die Kündigungsgründe dezidiert mitgeteilt worden. Ebenso sind der Personalvertretung in diesem Zusammenhang die dort im Einzelnen näher bezeichneten Anlagen (Abmahnungen, Aktennotizen zu den ausgesprochenen Ermahnungen, Dienstanweisungen, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vom 29.08.2006) übergeben worden. Ferner ist dem Bezirkspersonalrat anlässlich des weiteren Anschreibens des beklagten Landes vom 12.10.2006 auch die Aktennotiz zu der mündlichen Ermahnung vom 10.11.2005 übermittelt worden. Der Bezirkspersonalrat ist mithin in die Lage versetzt worden, ohne weitere eigene Nachforschungen die Hintergründe der Kündigungsabsicht des beklagten Landes nachvollziehen zu können und sich insoweit eine eigene Auffassung zu der beabsichtigten fristgemäßen Kündigung zu bilden.

34

b) Die Rechtswirksamkeit der streitbefangenen Kündigung ergibt sich schließlich nicht aus einer unterbliebenen Erörterung im Sinne von § 62 Abs. 10 Satz LPersVG M-V.

35

aa) Dieses Ergebnis folgt hier bereits aus dem Umstand, dass der Bezirkspersonalrat keine Einwendungen im Sinne des § 68 Abs. 5 LPersVG M-V erhoben hat, denn die sich aus § 62 Abs. 10 Satz 1 LPersVG M-V ergebende Erörterungspflicht ist nach Ansicht des erkennenden Gerichts deckungsgleich mit dem Umfang des Mitwirkungsrechts, so dass eine weitere Erörterungspflicht im Rahmen fristgemäßer Kündigungen - wie hier - dann nicht gegeben sein kann, wenn die Personalvertretung keine Einwendungen im Sinne des § 68 Abs. 5 LPersVG M-V erhoben hat.

36

bb) Selbst wenn man jedoch entgegen der hier vertretenen Ansicht die Erörterungspflicht nach § 62 Abs. 10 Satz 1 LPersVG M-V auch auf die außerhalb von § 68 Abs. 5 LPersVG M-V geäußerten Bedenken einer Personalvertretung erstreckt, so führt dieser Umstand vorliegend nicht zur Bejahung der Rechtsunwirksamkeit der streitbefangenen Kündigung, denn das beklagte Land hat sich dezidiert mit Schreiben vom 12.10.2006 mit den geäußerten Bedenken des Bezirkspersonalrates aus dem Schreiben vom 05.10.2006 auseinandergesetzt. Eine solche schriftliche Erörterung, die sich auf alle Umstände der durch den Personalrat erhobenen Einwendungen bezieht, genügt den Voraussetzungen des § 62 Abs. 10 Satz 1 LPersVG M-V. Die Notwendigkeit einer ausschließ-lichen oder ergänzend notwendigen mündlichen Erörterung lässt sich weder dem Gesetzeswortlaut noch dem Sinn und Zweck der vorbenannten Regelung entnehmen.

37

Die im Streit befindliche fristgemäße Kündigung ist mithin im Ergebnis nicht aus personalvertretungsrechtlichen Gesichtspunkten heraus rechtsunwirksam.

38

2. Die ordentliche Kündigung des beklagten Landes vom 09.11.2006 zum 31.03.2007 ist entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts Neubrandenburg vom 23.05.2007 nicht gem. § 1 Abs. 2 KSchG sozialwidrig.

39

a) Die Voraussetzungen der Anwendbarkeit des KSchG auf das vorliegende Arbeitsverhältnis sind zwischen den Parteien unstreitig.

40

b) Gemäß § 1 Abs. 1 KSchG ist eine Kündigung rechtsunwirksam, wenn sie nicht sozial gerechtfertigt ist. Gemäß § l Abs. 2 KSchG ist eine ordentliche Kündigung u. a. dann sozial gerechtfertigt, wenn sie durch das Verhalten des Arbeitnehmers bedingt ist, wobei oder Arbeitgeber gem. § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG, die Kündigungsgründe darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen hat.

41

Die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung gem. § 1 Abs. 2 KSchG setzt zunächst voraus, dass der Arbeitnehmer durch ein - in der Regel - schuldhaftes Verhalten seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt hat und dieser Umstand das Arbeitsverhältnis konkret beeinträchtigt. Zudem ist es notwendig, dass für den kündigenden Arbeitgeber eine zumutbare Möglichkeit der Beschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz nicht besteht. Schließlich muss die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile billigenswert und angemessen erscheinen (BAG vom 31.05.2007, 2 AZR 200/06, JURIS).

42

In diesem Zusammenhang gilt auch insoweit das Prognoseprinzip, da eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung der Vermeidung des Risikos weiterer Pflichtverletzungen dient, so dass sich die vergangene Pflichtverletzung noch in der Zukunft belastend auswirken muss. Die notwendige negative Prognose ist dann zu bejahen, wenn aus der konkreten Vertragspflichtverletzung und der daraus resultierenden Vertragsstörung geschlossen werden kann, der Arbeitnehmer werde zukünftig arbeitsvertragliche Pflichten auch nach einer Kündigungsandrohung erneut oder in ähnlicher Weise verletzen (BAG vom 31.05.2007, a. a. 0.). Deshalb setzt die Rechtswirksamkeit einer verhaltensbedingten Kündigung - sei es im sogenannten Leistungsbereich oder im sogenannten Vertrauensbereich (BAG vom 10.02.1999, EzA Nr. 47 zu § 15 KSchG) - grundsätzlich voraus, dass der Arbeitgeber das entsprechende Verhalten durch eine vorausgegangene einschlägige Abmahnung formgerecht gerügt hat. Dies gilt ausnahmsweise dann nicht, wenn die Abmahnung von vornherein nicht erfolgversprechend ist (BAG vom 18.05.1994, RzK I 5 i Nr. 93), oder wenn es um schwere Pflichtverletzungen geht, deren Rechtswidrigkeit für den Arbeitnehmer ohne Weiteres erkennbar ist und bei dem eine Akzeptanz des Verhaltens aus Sicht eines verständigen Arbeitgebers offensichtlich ausgeschlossen ist (BAG vom 10.02.1999, a. a. 0.) und sich deshalb ausnahmsweise bereits aus der Schwere der Pflichtverletzung selbst die notwendige negative Prognose im Hinblick auf das Risiko weiterer Pflichtverletzungen herleiten lässt.

43

Gemessen an den vorbenannten Voraussetzungen erweist sich die streitbefangene Kündigung nicht als sozialwidrig im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG. Vielmehr ist die Kündigung durch das Verhalten der Klägerin bedingt.

44

aa) Zwar lässt sich - entgegen der Auffassung des beklagten Landes - bezogen auf den 29.08.2006 eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung nicht feststellen. Da diesbezüglich in der Berufungsinstanz keine entscheidungserheblich neuen Tatsachen vorgetragen worden sind, kann zur Begründung insoweit auf die zutreffenden Erwägungen in der angefochtenen Entscheidung vom 23.05.2007 verwiesen werden.

45

Jedoch ergibt sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme für den 24.08.2006 eine schwerwiegende Pflichtverletzung durch die Klägerin, denn an diesem Tag ist sie zur Überzeugung der Kammer, der angeordneten dienstlichen Veranstaltung ferngeblieben, ohne dienstunfähig erkrankt gewesen zu sein. Damit hat die Klägerin zum einen unentschuldigt ihre Arbeitsleistung am 24.08.2006 nicht erbracht und zum anderen durch Abreichung eines nicht aussagefähigen ärztlichen Attestes vom 29.08.2006 am 29.08.2006 die Gehaltsfortzahlung für den 24.08.2006 erschlichen.

46

Zwar verfügt die Klägerin für den 24.08.2006 über eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Auch ist der Klägerin zuzugestehen, dass einem derartigen Attest grundsätzlich ein hoher Beweiswert beizumessen ist.

47

Dieser grundsätzlich zu bejahende hohe Beweiswert ist vorliegend jedoch nach Ansicht der Kammer erschüttert. Dieser Umstand basiert bereits darauf, dass das dem beklagte Land am 29.08.2006 vorgelegte Attest durch den behandelnden Arzt erst am 29.08.2006 und damit fünf Tage nach der vermeintlichen Arbeitsunfähigkeit der Klägerin erstellt worden ist. Demgegenüber lässt § 5 Abs. 3 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien eine nachträgliche Krankschreibung nur in Ausnahmefällen, und zwar maximal bis zu zwei Tagen zu. Danach ist eine weitergehende nachträgliche Krankschreibung offensichtlich deshalb nicht vorzunehmen, weil die notwendigen medizinischen Feststellungen hinsichtlich einer Arbeitsunfähigkeit für einen noch länger zurückliegenden Zeitraum grundsätzlich nicht mehr mit der erforderlichen Sicherheit getroffen werden können, so dass im Falle einer nachwirkenden Krankschreibung über zwei Tage hinaus in der Regel von der Erschütterung des Beweiswertes eines solchen Attestes ausgegangen werden kann (zutreffend Erfurter Kommentar/Dörner, 8. Auflage Rn. 16 zu § 5 Entgeltfortzahlungsgesetz m. w. N.).

48

Auch nach der durchgeführten Beweisaufnahme lässt sich eine Arbeitsunfähigkeit der Klägerin am 24.08.2006 nicht feststellen. Im Gegenteil hat der als Zeuge vernommene behandelnde Arzt der Klägerin ihren Vortrag, am 24.08.2006 an Depressionen erkrankt zu sein, nicht nur nicht bestätigt, sondern abweichend klargestellt, am 29.08.2006 ein Krankheitsbild im Sinne von Depressionen nicht festgestellt zu haben. Vielmehr habe sich die Klägerin - so der Zeuge - am 29.08.2006 in einer angespannten psychischen Situation im Sinne eines starken Erregungszustandes befunden. Ferner hat der Zeuge zu dem weiteren Vortrag der Klägerin, sie sei am 24.08.2006 nicht in der Lage gewesen, logisch und entsprechend allgemeiner Vernunft zu handeln, angegeben, zu dieser Thematik "im Grunde" nichts sagen zu können. Am 29.08.2006 sei die Klägerin - so der Zeuge - verhandlungsfähig gewesen.

49

Auch hinsichtlich der Frage nach sonstigen Arbeitsunfähigkeitsgründen für den 24.08.2006 ist die durchgeführte Beweisaufnahme ergebnislos verlaufen. Insoweit hat der Zeuge nämlich angeführt, er habe die rückwirkende Krankschreibung auf Bitten der Klägerin vorgenommen. Er habe der Klägerin hinsichtlich der von ihr geschilderten Umstände, bezogen auf den 24.08.2006, geglaubt und daraufhin die rückwirkende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt. Er habe das Vorliegen der krankheitsbedingten Symptome für den 24.08.2006 aus eigener Wahrnehmung am 29.08.2006 nicht feststellen können.

50

Da im Rahmen der Beweisaufnahme die diesbezüglichen Behauptungen der Klägerin durch den Zeugen nicht bestätigt worden sind und sich insoweit für den 24.08.2006 auch keine sonstigen Arbeitsunfähigkeitsgründe ergeben haben, geht die Kammer davon aus, dass es sich bei der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 29.08.2006 für den 24.08.2006 um ein Gefälligkeitsattest handelt, das der Zeuge auf Bitten der Klägerin ohne eigene Wahrnehmungsmöglichkeit konkreter krankheitsbedingter Symptome - bezogen auf den 24.08.2006 - erstellt hat.

51

Die Glaubwürdigkeit des Zeugen bzw. die Glaubhaftigkeit seiner Aussage unterliegen keinen Bedenken. Zum einen sind eigene wirtschaftliche Interessen an dem Ausgang des Verfahrens nicht erkennbar. Zum anderen hat der Zeuge die Abweichung von § 5 Abs. 3 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien nicht etwa zu beschönigen versucht, sondern er hat authentisch und in sich schlüssig die eigenen Wahrnehmungen wiedergegeben. Der Vollständigkeit halber sei schließlich auch darauf hingewiesen, dass sich aus dem weiteren Vortrag der Klägerin, sie habe sich auf Grund der Trennung von ihrem Mann am 24.08.2006 in einer psychisch angespannten Situation befunden, eine tatsächliche Arbeitsunfähigkeit eben für den 24.08.2006 nicht herleiten lässt, denn dieser Vortrag ist für sich genommen zu pauschal, um daraus konkrete Anhaltspunkte für eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit der Klägerin am 24.08.2006 herleiten zu können.

52

Im Ergebnis bleibt damit festzuhalten, dass die Klägerin ihre arbeitsvertraglichen Verpflichtungen zum einen am 24.08.2006 verletzt hat, indem sie unentschuldigt der dienstlich angeordneten Veranstaltung ferngeblieben ist und sich zum anderen durch die Vorlage des Gefälligkeitsattestes am 29.08.2006 die Vornahme einer strafrechtlich relevanten Betrugshandlung zu Lasten des beklagten Landes hinsichtlich der Entgeltfortzahlung für den 24.08.2006 vorhalten lassen muss (vgl. dazu grundsätzlich BAG vom 26.08.1993, AP Nr. 112 zu § 626 BGB).

53

Die daraus resultierende Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses folgt dabei bereits aus der Schwere der aufgezeigten Pflichtverletzungen selbst.

54

bb) Die Möglichkeit einer zumutbaren Weiterbeschäftigung der Klägerin auf einen anderen freien Arbeitsplatz wird von der Klägerin nicht vorgetragen und ist auch unter Berücksichtigung des weiteren Sach- und Streitstandes nicht ersichtlich.

55

cc) Zudem scheitert die Rechtswirksamkeit der streitbefangenen Kündigung vorliegend nach Ansicht der Kammer nicht an einer fehlenden Kündigungsandrohung.

56

Hinsichtlich der insoweit anzustellenden Zukunftsprognose im Sinne einer Negativprognose im Hinblick auf das zu erwartende künftige Verhalten der Klägerin im Rahmen der Erbringung der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeiten ergibt sich nach Auffassung des erkennenden Gerichts vorliegend ausnahmsweise in Anbetracht der Schwere der Pflichtverletzungen die Entbehrlichkeit des Ausspruches einer vorhergehenden Abmahnung. Das Verhalten der Klägerin insbesondere in Bezug auf die Vorlage des Gefälligkeitsattestes am 29.08.2006 mit dem Ergebnis der Entgeltfortzahlung durch das beklagte Land für den 24.08.2006 ist - wie bereits erörtert - als sehr schwerwiegende Pflichtverletzung vor allem auch vor dem Hintergrund des beschriebenen strafrechtlich relevanten Sachverhaltes zu qualifizieren. Darüber hinaus wäre auf Grund der festgestellten Intensität der Vorgehensweise der Klägerin auch aus Sicht eines verständigen Arbeitgebers mit dem Ausspruch einer Abmahnung im Rahmen einer Prognoseentscheidung nicht mit der notwendigen Sicherheit ein zukünftig vertragsgetreues Verhalten der Klägerin zu gewährleisten gewesen.

57

Dies gilt umso mehr, als auch aus Sicht eines verständigen Arbeitgebers jedenfalls die Vorlage eines Gefälligkeitsattestes zur Sicherstellung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall eine beträchtliche Beeinträchtigung des Vertrauensverhältnisses darstellt. Das heißt, auch ein verständiger Arbeitgeber hätte auf Grund der Intensität und der willentlichen Vorgehensweise der Klägerin in dem geschilderten Zusammenhang davon ausgehen dürfen, dass der Ausspruch einer Abmahnung nicht mit der notwendigen Sicherheit zu einer vertragsgetreuen Arbeitsweise in der Zukunft durch die Klägerin geführt hätte.

58

Aber auch die Klägerin hätte angesichts der von ihr an den Tag gelegten Vorgehensweise - auch unter Berücksichtigung der Sichtweise eines verständigen Arbeitgebers - nicht darauf vertrauen dürfen, das beklagte Land werde diesbezüglich mit einer Konsequenz unterhalb der Schwelle des Ausspruches einer fristgemäßen Kündigung reagieren. Die Klägerin hätte sich darüber im Klagen sein müssen, dass auch bei objektiver Betrachtungsweise bei einem derartigen Verhalten insbesondere im Hinblick auf die Vorlage eines Gefälligkeitsattestes zur ungerechtfertigten Sicherung der Entgeltfortzahlung für den Arbeitgeber das notwendige Vertrauensverhältnis für die Zukunft gravierend gestört ist.

59

dd) Auch die notwendigerweise durchzuführende Interessenabwägung führt vorliegend aus Sicht der Kammer zu keinem anderen Ergebnis. Zwar ist hier zu Gunsten der Klägerin zum einen ihre Betriebszugehörigkeit seit dem 01. September 1998 ebenso zu berücksichtigen wie der Umstand, dass auf Grund ihrer beruflichen Ausbildung als Lehrerin jedenfalls eine Rückkehr in den Lehrerberuf im öffentlichen Dienst als sehr schwierig einzustufen ist. Zudem bedarf auf Seiten der getrennt lebenden Klägerin nicht unberücksichtigt bleiben, dass sie im Übrigen gegenüber drei Kindern unterhaltsverpflichtet ist.

60

Jedoch ist zu Gunsten des beklagten Landes zu berücksichtigen, dass die Klägerin selbst ohne jedwede sachliche Veranlassung und insbesondere auch ohne Zutun des beklagten Landes die schwerwiegenden arbeitsvertraglichen Pflichtverletzungen, die zudem - wie bereits dargelegt - teilweise strafrechtliche Relevanz besitzen, herbeigeführt hat. Wie ebenfalls bereits ausgeführt, hat dieser Umstand zu einer ganz gravierenden Beeinträchtigung des notwendigen Vertrauensverhältnisses zwischen der Klägerin und dem beklagten Land geführt, welches sich auch nach der entsprechenden Prognoseentscheidung für die Zukunft nicht mit der notwendigen Sicherheit hätte wiederherstellen lassen.

61

Insgesamt sind mithin die Interessen des beklagten Landes an der fristgemäßen Beendigung des Arbeitsverhältnisses letztendlich höher zu bewerten, als die Interessen der Klägerin an dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über die Kündigungsfrist hinaus.

62

3. Da das Arbeitsverhältnis damit auf Grund der fristgemäßen Kündigung rechtswirksam zum 31.03.2007 beendet worden ist, ist der zudem gestellte Weiterbeschäftigungsantrag unbegründet.

63

4. Die Klägerin hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§ 91 ZPO).

64

Die Revisionszulassung folgt aus § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG. Diese Entscheidung befindet sich zwar im Einklang mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 20.01.2000 (a. a. O.), steht jedoch im Widerspruch zu der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 23.04.1998 (a. a. O.).

Erkrankt ein Arbeitnehmer während des Urlaubs, so werden die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Jahresurlaub nicht angerechnet.

(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluß an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt.

(2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muß einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.

(3) Der Urlaub muß im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muß der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a entstehender Teilurlaub jedoch auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen.

(4) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.

Jeder Arbeitnehmer hat in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub.

(1) Der Urlaub beträgt jährlich mindestens 24 Werktage.

(2) Als Werktage gelten alle Kalendertage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind.

(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluß an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt.

(2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muß einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.

(3) Der Urlaub muß im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muß der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a entstehender Teilurlaub jedoch auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen.

(4) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.

(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 12. Dezember 2011 - 17 Sa 496/11 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von der Beklagten, einer Fluggesellschaft, die Gewährung von Erholungsurlaub.

2

Die Parteien begründeten mit schriftlichem Arbeitsvertrag vom 13. Dezember 1991 ein Arbeitsverhältnis. Ziff. 1 des Arbeitsvertrags lautet:

        

„1.     

Beginn und Ort der Tätigkeit

                 

Herr T wird im Anschluss an die erfolgreich abgeschlossene Schulung (voraussichtlich 20.06.1992) als Flugzeugführer mit Einsatzort Köln beschäftigt.

                 

DLT kann Herrn T entsprechend seinen Fähigkeiten und Kenntnissen auch mit einer anderen im Interesse der DLT liegenden Aufgabe im Flugbetrieb betrauen, unter Umständen auch an einem anderen Ort im In- und Ausland.“

3

Das Grundgehalt des Klägers betrug ab Mai 2009 monatlich 9.122,71 Euro brutto. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Manteltarifvertrag Nr. 1 für die Mitarbeiter des Cockpitpersonals der Lufthansa CityLine GmbH vom 17. April 2004 (im Folgenden: MTV) kraft vertraglicher Vereinbarung Anwendung.

4

Gemäß einer Mitteilung des flugmedizinischen Sachverständigen vom 19. November 2008 kann dem Kläger dauerhaft kein Tauglichkeitszeugnis als Flugzeugführer iSd. Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung erteilt werden. Über die Fluguntauglichkeit des Klägers besteht zwischen den Parteien kein Streit. Wegen ihr wird der Kläger von der Beklagten nicht beschäftigt.

5

Mit seiner der Beklagten am 18. August 2009 zugestellten Klageerweiterung hat der Kläger von der Beklagten ua. verlangt, ihm den tariflichen Erholungsurlaub für das Jahr 2009 zu gewähren. Dazu hat er die Ansicht vertreten, die Gewährung von Urlaub setze nicht die Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers voraus.

6

Er hat - soweit für die Revision von Bedeutung - zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihm für das Urlaubsjahr 2009 30 bezahlte Tage Urlaub ab Rechtskraft der Entscheidung zu gewähren.

7

Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, der Kläger könne eine Urlaubsgewährung nicht verlangen, weil der Urlaubsanspruch wegen der Fluguntauglichkeit des Klägers nicht erfüllt werden könne.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Auf die Beschwerde des Klägers hat das Bundesarbeitsgericht die Revision gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts mit Beschluss vom 10. Juli 2012 zugelassen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Klage auf Urlaubsgewährung ist zulässig, aber unbegründet.

10

I. Der auf Gewährung von 30 Tagen Urlaub aus dem Jahr 2009 gerichtete Leistungsantrag ist zulässig.

11

1. Der Antrag bedarf der Auslegung. Der Kläger begehrt keine rückwirkende Befreiung von seiner Arbeitspflicht. Mit der Formulierung, die Beklagte solle verurteilt werden, ihm „für das Urlaubsjahr 2009 30 bezahlte Tage Urlaub“ zu gewähren, kennzeichnet er lediglich das Jahr, in dem der geltend gemachte Urlaubsanspruch entstanden sein soll (vgl. BAG 11. Dezember 2001 - 9 AZR 522/00 - zu I der Gründe). Mit seinem Revisionsantrag hat der Kläger dies nunmehr auch klargestellt, indem er eine Gewährung erst „ab Rechtskraft der Entscheidung“ begehrt. Da der Antrag von vornherein in diesem Sinne zu verstehen war, handelt es sich nicht um eine unzulässige Klageänderung in der Revisionsinstanz.

12

2. Der Antrag ist hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Klagen, mit denen der Arbeitgeber zur Gewährung einer bestimmten Anzahl von Urlaubstagen ab einem in der Zukunft liegenden, nicht näher genannten Zeitpunkt verurteilt werden soll, sind zulässig (ErfK/Gallner 14. Aufl. § 7 BUrlG Rn. 31 unter Hinweis auf BAG 5. September 2002 - 9 AZR 355/01 - zu A I der Gründe, BAGE 102, 294; Leinemann/Linck Urlaubsrecht 2. Aufl. § 7 BUrlG Rn. 80 f. unter Hinweis auf BAG 25. November 1982 - 6 AZR 1254/79 - zu 4 der Gründe, BAGE 40, 379).

13

II. Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht der beanspruchte Urlaub nicht zu.

14

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Urlaub im Umfang von 30 Tagen aus § 17 MTV bzw. 20 Arbeitstagen gemäß §§ 1, 3 BUrlG. Der im Jahr 2009 entstandene Urlaub ist spätestens am 31. März 2011 verfallen. Aufgrund der Vorgaben des Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (im Folgenden: Arbeitszeitrichtlinie) ist § 7 Abs. 3 BUrlG zwar unionsrechtskonform so auszulegen, dass der gesetzliche Urlaub nicht erlischt, wenn der Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahres oder des Übertragungszeitraums erkrankt und deshalb arbeitsunfähig ist(vgl. BAG 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 47 ff., BAGE 130, 119). Die unionsrechtskonforme Auslegung hat jedoch nur zur Folge, dass der aufrechterhaltene Urlaubsanspruch zu dem im Folgejahr entstandenen Urlaubsanspruch hinzutritt und damit erneut dem Fristenregime des § 7 Abs. 3 BUrlG unterfällt(vgl. BAG 9. August 2011 - 9 AZR 425/10 - Rn. 19). Besteht die Arbeitsunfähigkeit auch am 31. März des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Jahres fort, so gebietet auch das Unionsrecht keine weitere Aufrechterhaltung des Urlaubsanspruchs (vgl. EuGH 22. November 2011 - C-214/10 - [KHS] Rn. 38, Slg. 2011, I-11757). Der zunächst aufrechterhaltene Urlaubsanspruch erlischt somit zu diesem Zeitpunkt (vgl. BAG 16. Juli 2013 - 9 AZR 914/11 - Rn. 26; 7. August 2012 - 9 AZR 353/10 - Rn. 32 ff., BAGE 142, 371). Der MTV enthält keinen längeren Übertragungszeitraum. § 17 Abs. 4 MTV entspricht weitgehend § 7 Abs. 3 BUrlG, sodass insoweit von einem Gleichlauf der gesetzlichen und tariflichen Urlaubsregelungen auszugehen ist.

15

2. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Gewährung von 30 Tagen Urlaub unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes zu. Die Beklagte ist nicht gemäß § 275 Abs. 1 und Abs. 4, § 280 Abs. 1 und Abs. 3, § 283 Satz 1, § 286 Abs. 1 Satz 2 iVm. Satz 1, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB verpflichtet, dem Kläger 30 Arbeitstage Ersatzurlaub für verfallenen Urlaub aus dem Jahr 2009 zu gewähren. Zwar hat der Kläger mit seiner Klageerweiterung im August 2009 den Urlaubsanspruch rechtzeitig geltend gemacht (vgl. BAG 11. Juli 2006 - 9 AZR 535/05 - Rn. 18). Die Beklagte konnte dem Kläger jedoch keinen Urlaub gewähren.

16

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats hängt die Erfüllbarkeit des gesetzlichen Urlaubsanspruchs nach dem nationalen Urlaubsrecht von der Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers ab. Wer arbeitsunfähig krank ist, kann durch Urlaubserteilung von seiner Arbeitspflicht nicht mehr befreit werden (BAG 26. Mai 1992 - 9 AZR 172/91 - zu 1 a der Gründe; zust. Düwell NZA Beilage 3/2011, 133, 134; vgl. auch ErfK/Gallner § 7 BUrlG Rn. 21; Leinemann/Linck § 7 BUrlG Rn. 134; Powietzka/Rolf BUrlG § 7 Rn. 51). Eine Freistellungserklärung des Arbeitgebers kann nach § 362 Abs. 1 BGB das Erlöschen des Urlaubsanspruchs nur bewirken, soweit für den Freistellungszeitraum eine Arbeitspflicht des Arbeitnehmers besteht(vgl. BAG 14. Mai 2013 - 9 AZR 760/11 - Rn. 17 mwN; 8. September 1998 - 9 AZR 161/97 - zu I 2 c der Gründe, BAGE 89, 362; krit. DFL/Gutzeit 6. Aufl. § 3 BUrlG Rn. 4). Kann der Arbeitnehmer die geschuldete Arbeit nicht mehr erbringen, wird ihm die Arbeitsleistung nachträglich unmöglich. Er wird nach § 275 Abs. 1 BGB von der Pflicht zur Arbeitsleistung frei(Schaub/Linck ArbR-HdB 15. Aufl. § 49 Rn. 5). Der arbeitsunfähige Arbeitnehmer ist nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet (vgl. Gotthardt/Greiner DB 2002, 2106, 2111 f. mwN zur Abgrenzung zwischen § 275 Abs. 1 und Abs. 3). Es handelt sich um eine Leistungsstörung auf Seiten des Arbeitnehmers (BAG 25. September 2013 - 10 AZR 850/12 - Rn. 14 mwN).

17

b) Diese Rechtsprechung steht im Einklang mit dem Recht der Europäischen Union.

18

aa) Soweit der EuGH davon ausgeht, die Arbeitszeitrichtlinie behandele den Anspruch auf Jahresurlaub und denjenigen auf Zahlung des Urlaubsentgelts als zwei Teile eines einzigen Anspruchs (EuGH 16. März 2006 - C-131/04 und C-257/04 - [Robinson-Steele ua.] Rn. 58, Slg. 2006, I-2531), folgt daraus nicht, dass einem Arbeitnehmer, dem die Erbringung der Arbeitsleistung nicht möglich ist, Urlaub zu gewähren ist. Gerade wenn man mit dem EuGH davon ausginge, es bestehe ein einheitlicher Anspruch auf bezahlten Urlaub, kann nicht ein Teilaspekt - der Anspruch auf Urlaubsvergütung - erfüllt werden, ohne dass zugleich auch der andere Teil - der Anspruch auf Freistellung von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung - erfüllt wird. Wäre der Arbeitgeber gemäß der Rechtsansicht des Klägers verpflichtet, im fortbestehenden Arbeitsverhältnis einem arbeitsunfähigen Arbeitnehmer trotz der nicht möglichen Freistellung von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung Urlaubsvergütung zu zahlen, käme dies im Ergebnis einer Abgeltung des Urlaubs im laufenden Arbeitsverhältnis gleich. Der bezahlte Mindestjahresurlaub darf jedoch nach Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeitrichtlinie außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden.

19

bb) Der EuGH hat ausdrücklich klargestellt, dass Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie dahin auszulegen ist, dass er einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten nicht entgegensteht, nach denen ein Arbeitnehmer „im Krankheitsurlaub nicht berechtigt ist, während eines Zeitraums, der in die Zeit des Krankheitsurlaubs fällt, bezahlten Jahresurlaub zu nehmen“(EuGH 20. Januar 2009 - C-350/06 und C-520/06 - [Schultz-Hoff ua.] Rn. 32, Slg. 2009, I-179). Was den Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub betrifft, ist es, wie sich aus dem Wortlaut der Arbeitszeitrichtlinie und der Rechtsprechung des EuGH ergibt, Sache der Mitgliedstaaten, in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften die Voraussetzungen für die Ausübung und die Umsetzung dieses Anspruchs festzulegen und dabei die konkreten Umstände zu bezeichnen, unter denen die Arbeitnehmer von diesem Anspruch Gebrauch machen können, ohne dabei aber bereits die Entstehung dieses sich unmittelbar aus der Richtlinie ergebenden Anspruchs von irgendeiner Voraussetzung abhängig zu machen (EuGH 20. Januar 2009 - C-350/06 und C-520/06 - [Schultz-Hoff ua.] Rn. 28, aaO). Wenn nach dem Unionsrecht der Urlaub eines Arbeitnehmers auch dann abzugelten ist, wenn dieser längere Zeit krankheitsbedingt arbeitsunfähig war, wird daraus deutlich, dass während der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit der Freistellungsanspruch nicht erfüllt werden konnte (nochmals bestätigend: EuGH 8. November 2012 - C-229/11 und C-230/11 - [Heimann und Toltschin] Rn. 25).

20

cc) Aus Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) folgt nichts anderes. Die Vorschrift bestimmt nur, dass jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer das Recht auf bezahlten Jahresurlaub hat. Die Grundrechtecharta enthält keine Regelung über die Bedingungen für die Inanspruchnahme und die Gewährung des Urlaubs. Die Frage, inwieweit Art. 31 Abs. 2 GRC im Verhältnis zwischen zwei Privaten überhaupt unmittelbare Wirkung entfalten kann(vgl. EuGH 15. Januar 2014 - C-176/12 - [Association de médiation sociale]), kann vor diesem Hintergrund offenbleiben.

21

dd) Der Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV bedarf es nicht. Die entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind - wie dargestellt - durch die Rechtsprechung des EuGH geklärt oder ihre Beantwortung ist offenkundig.

22

c) Entgegen der Ansicht des Klägers gibt auch das nationale Recht keinen Anlass, die Rechtsprechung zur Unvereinbarkeit von Urlaub und Krankheit in Frage zu stellen.

23

aa) Dies gilt insbesondere für die Bestimmung des § 9 BUrlG(vgl. LAG Köln 10. Oktober 2012 - 5 Sa 255/12 - zu II 2 b bb der Gründe; aA noch LAG Köln 7. Februar 2011 - 5 Sa 891/10 - zu V 2 d der Gründe). Die Vorschrift regelt den Fall, dass der Arbeitgeber vor dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers diesem Urlaub gewährt hat, indem er ihn für einen bestimmten Zeitraum von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung befreit hat. Ohne die Regelung in § 9 BUrlG würde der Arbeitnehmer seinen Urlaubsanspruch ersatzlos verlieren, wenn er während eines bereits bewilligten Urlaubs arbeitsunfähig erkrankt. Dies folgt aus § 275 Abs. 1 BGB. Der Arbeitgeber würde von der Leistungspflicht frei, weil er mit der Festlegung des Urlaubszeitraums als Schuldner das nach § 7 Abs. 1 BUrlG Erforderliche getan hätte(AnwK-ArbR/Düwell 2. Aufl. Bd. 2 § 9 BUrlG Rn. 8). Bei bestehender Arbeitsunfähigkeit träte somit Unmöglichkeit ein, die an sich eigentlich zum Ausschluss einer Verpflichtung des Arbeitgebers, erneut Urlaub zu bewilligen, führen würde. Hiervon enthält § 9 BUrlG eine Ausnahme zugunsten des Arbeitnehmers. Diese führt indes nicht dazu, dass der Arbeitnehmer den Urlaub während der Arbeitsunfähigkeit nehmen kann. Er soll ihn vielmehr, wenn er initiativ wird, danach erneut beanspruchen können. Wird er nicht initiativ, bleibt es bei der Rechtsfolge, dass der Arbeitgeber von der Leistungspflicht frei wird.

24

bb) Auch die Regelung in § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG spricht gegen die Rechtsauffassung des Klägers, einem arbeitsunfähigen Arbeitnehmer könne Urlaub erteilt werden. Nach dieser Bestimmung findet eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr statt, wenn in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Damit ist insbesondere die mit einer Erkrankung des Arbeitnehmers verbundene Arbeitsunfähigkeit gemeint (vgl. BAG 5. Dezember 1995 - 9 AZR 871/94 - zu II 2 a der Gründe mwN, BAGE 81, 339; HWK/Schinz 6. Aufl. § 7 BUrlG Rn. 82). Einer derartigen Übertragungsvorschrift bedürfte es nicht, wenn der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer während seiner Erkrankung Urlaub gewähren könnte.

25

d) Vor diesem Hintergrund war es der Beklagten bis zum Untergang des Urlaubsanspruchs unmöglich, dem Kläger Urlaub durch Freistellung von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung zu gewähren. Der Kläger war schon aufgrund seiner Fluguntauglichkeit nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet. Davon ist das Landesarbeitsgericht ohne Rechtsfehler ausgegangen. Krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer seine vertraglich geschuldete Tätigkeit beim Arbeitgeber wegen Krankheit nicht mehr ausüben kann oder nicht mehr ausüben sollte, weil die Heilung einer vorhandenen Krankheit nach ärztlicher Prognose verhindert oder verzögert wird (BAG 23. Januar 2008 - 5 AZR 393/07 - Rn. 19 mwN). Der Urlaubsanspruch ist auch dann erfüllbar, wenn der Arbeitnehmer andere Arbeitsleistungen hätte erbringen können, welche der Arbeitgeber nach dem Arbeitsvertrag als vertragsgemäß hätte annehmen müssen (BAG 24. Juni 2003 - 9 AZR 423/02 - zu A II 2 b bb der Gründe, BAGE 106, 361). Aufgrund seiner durch den flugmedizinischen Sachverständigen festgestellten Fluguntauglichkeit konnte der Kläger seine Arbeitsleistung als Flugzeugführer dauerhaft nicht mehr erbringen. Die Beklagte hatte auch keine Möglichkeit, dem Kläger in Ausübung ihres Direktionsrechts einen sogenannten leidensgerechten Arbeitsplatz zuzuweisen. Die hierauf gerichteten Klageanträge hat das Landesarbeitsgericht rechtskräftig abgewiesen. Für den Kläger bestand demnach gemäß § 275 Abs. 1 BGB keine Arbeitspflicht.

26

Da es nur darauf ankommt, ob dem Arbeitgeber die von ihm geschuldete Erfüllungshandlung möglich ist, ist es unerheblich, ob unabhängig davon bei dem Arbeitnehmer der Zweck der Urlaubsgewährung eintreten kann. Entgegen der Ansicht des Klägers ist es daher ohne Bedeutung, ob er sich trotz seiner Krankheit hätte erholen können (vgl. AnwK-ArbR/Düwell § 9 BUrlG Rn. 14; Leinemann/Linck § 9 Rn. 3).

27

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Klose    

        

        

        

    W. Schmid    

        

    Mehnert    

                 

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Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 20.06.2012 in Gestalt der teilweise Abhilfe- und Nichtabhilfeentscheidung vom 24.07.2012 teilweise abgeändert und

a) dem Kläger für den ersten Rechtszug auch Prozesskostenhilfe bewilligt soweit er Urlaubsabgeltung für 20 Tage aus 2011 in Höhe von € 2.584,60 brutto beantragt.

Gleichzeitig wird ihm zur Wahrnehmung seiner Rechte im Rechtsstreit Herr Rechtsanwalt D., D-Stadt, beigeordnet.

Die Bewilligung erfolgt mit der Maßgabe, dass der Kläger vorerst keine Raten an die Landeskasse zu zahlen hat.

Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass er verpflichtet ist, die von der Landeskasse getragenen Prozesskosten (Gerichtskosten und Rechtsanwaltskosten) zurückzuzahlen, sobald sich seine wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich verbessern.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

1

Die sofortige Beschwerde des Klägers ist - soweit ihr das Arbeitsgericht nicht bereits abgeholfen hat - teilweise begründet. Nach § 114 ZPO erhält eine bedürftige Partei Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

2

Der Klageantrag auf Zahlung von Urlaubsabgeltung für das Jahr 2011 bietet teilweise Aussicht auf Erfolg. Der Kläger macht Urlaubsabgeltung für 28 Tage aus 2011 in Höhe von € 3.563,63 brutto geltend. Er kann mit hinreichender Er-folgsaussicht Urlaubsabgeltung für 20 Tage in Höhe von € 2.584,60 beanspruchen. Der weitergehende Antrag ist unbegründet.

3

Der Kläger war seit dem 20.03.2011 im Gasthaus des Beklagten zu einem Bruttomonatslohn von € 2.800,00 als Koch beschäftigt. Im schriftlichen Arbeitsvertrag haben die Parteien einen Jahresurlaub von 28 Arbeitstagen vereinbart. Der Urlaub war mindestens zur Hälfte in den Betriebsferien zu nehmen. Vom 13. bis zum 22.07.2011 (10 Tage) hatte das Gasthaus nach dem unbestrittenen Vortrag des Beklagten geschlossen. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien endete, wenn nicht bereits durch die schriftliche fristlose Kündigung des Beklagten vom 20.05.2012, spätestens durch die hilfsweise ordentliche Kündigung zum 30.06.2012.

4

Der Kläger hatte im Jahr 2011 gemäß § 4 BUrIG den vollen Urlaubsanspruch von 28 Arbeitstagen erworben, weil das Arbeitsverhältnis im ersten Halbjahr 2011 begonnen hat. Im Streitfall hat der Beklagte vom 13. bis 22.07.2011 Betriebsferien angeordnet. Der Urlaubsanspruch des Klägers ist durch diese zeitliche Festsetzung im Umfang von 8 Arbeitstagen erfüllt worden. Auch wenn die Urlaubserteilung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrIG gegenüber einem einzelnen Arbeitnehmer nicht im Ermessen des Arbeitgebers gemäß § 315 Abs. 1 BGB steht, kann der Arbeitgeber in einem betriebsratslosen Betrieb Betriebsferien kraft des ihm obliegenden Direktionsrechts einführen (LAG Düsseldorf vom 20.06.2002 - 11 Sa 378/02 - BB 2003, 156, m.w.N.).

5

Damit kann der Kläger gemäß § 7 Abs. 4 BUrIG noch die Abgeltung von 20 Urlaubstagen aus 2011 beanspruchen. Der Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs ist ein reiner Geldanspruch, der nicht dem Fristenregime des BUrIG unterliegt. Das Bundesarbeitsgericht hat seine Rechtsprechung zum Charakter des Abgeltungsanspruchs als Surrogat des Urlaubsanspruchs insgesamt aufgegeben (BAG vom 19.06.2012 - 9 AZR 652/10 - Juris). Deshalb kommt es, entgegen der Ansicht des Beklagten, nicht darauf an, ob der Kläger seinen Urlaub im Urlaubsjahr 2011 oder bis zum Ende des Übertragungszeitraums am 31.03.2012 verlangt hat.

6

Bei einem Monatsverdienst von € 2.800,00 errechnet sich ein Urlaubsentgelt von € 129,23 pro Urlaubstag ([3 Monate x € 2.800,00] ./. 65 Arbeitstage), so dass sich der Abgeltungsanspruch für 20 Tage auf € 2.584,60 brutto beläuft. Der weitergehende Antrag hat keine Erfolgsaussicht.

7

Da die Beschwerde überwiegend erfolgreich war, fallen Gerichtskosten nicht an. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).

8

Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlt es unter Berücksichtigung von §§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass. Dieser Beschluss ist daher nicht anfechtbar.

(1) Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer

a)
für Zeiten eines Kalenderjahrs, für die er wegen Nichterfüllung der Wartezeit in diesem Kalenderjahr keinen vollen Urlaubsanspruch erwirbt;
b)
wenn er vor erfüllter Wartezeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet;
c)
wenn er nach erfüllter Wartezeit in der ersten Hälfte eines Kalenderjahrs aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.

(2) Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, sind auf volle Urlaubstage aufzurunden.

(3) Hat der Arbeitnehmer im Falle des Absatzes 1 Buchstabe c bereits Urlaub über den ihm zustehenden Umfang hinaus erhalten, so kann das dafür gezahlte Urlaubsentgelt nicht zurückgefordert werden.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 11. Juli 2012 - 5 Sa 289/11 - wird zurückgewiesen.

2. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 11. Juli 2012 - 5 Sa 289/11 - teilweise aufgehoben.

3. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 23. März 2011 - 4 Ca 3439/10 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

 Die Klage wird abgewiesen.

4. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt von der Beklagten die Abgeltung von insgesamt 79 Urlaubstagen abzüglich bereits gezahlter Urlaubsabgeltung.

2

Der 1970 geborene Kläger war bei der Beklagten als Lagerist in der Zeit vom 20. Mai 2003 bis zum 31. August 2010 beschäftigt. Sein monatliches Bruttoentgelt betrug zuletzt 1.900,00 Euro. Nach § 9 des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrags vom 3. Januar 2004 fanden auf das Arbeitsverhältnis die jeweils gültigen Tarifverträge für die Arbeitnehmer in den sächsischen Betrieben des Groß- und Außenhandels Anwendung. Im maßgeblichen Manteltarifvertag für die Arbeitnehmer/innen in den sächsischen Betrieben des Groß- und Außenhandels und der Verbundgruppen in der ab dem 1. September 2008 geltenden Fassung (MTV) heißt es zum Urlaub ua. wie folgt:

        

§ 14 

        

Urlaub

        

…       

        

3.    

Arbeitnehmer/innen, die im Laufe eines Kalenderjahres eintreten oder ausscheiden, erhalten je vollen Monat der Betriebszugehörigkeit 1/12 des Jahresurlaubs.

        

…       

        
        

6.    

Im Übrigen gelten die Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes.

        

…       

        
        

8.    

Urlaubsdauer

                 

Der Urlaub beträgt in Arbeitstagen (5-Tage-Woche)

                 

…       

                 

nach Vollendung des 25. Lebensjahres

29 Arbeitstage

                 

nach Vollendung des 40. Lebensjahres

30 Arbeitstage.

        

…       

        

§ 19   

        

Geltendmachung von Ansprüchen

        

…       

        

2.    

Gegenseitige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind innerhalb der beiderseitigen Ausschlussfrist von zwei Monaten seit Fälligkeit des Anspruchs schriftlich geltend zu machen. Wird der Anspruch schriftlich abgelehnt, so ist innerhalb von zwei Monaten nach Ablehnung Klage zu erheben. Werden diese Fristen nicht eingehalten, so verfällt der Anspruch ersatzlos.

        

…“    

        
3

Der Kläger war vom 29. Juli 2008 bis zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses am 31. August 2010 arbeitsunfähig krank. Im Jahr 2008 gewährte ihm die Beklagte 8 Urlaubstage. Die Urlaubsvergütung betrug je Urlaubstag 87,69 Euro brutto. Die Beklagte zahlte an den Kläger nach entsprechender Abrechnung vom 30. September 2010 eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 4.018,56 Euro brutto. In der Abrechnung heißt es zu diesem Zahlbetrag „Urlaubsabgeltung“. In einer von der Beklagten gefertigten Aufstellung errechnete sie die Urlaubsabgeltungsansprüche wie folgt:

        

Jahr 2008

13 Tage abzugeltender Urlaub in Höhe von 1.135,68 Euro

        

Jahr 2009

20 Tage abzugeltender Urlaub in Höhe von 1.747,20 Euro

        

Jahr 2010

13 Tage abzugeltender Urlaub in Höhe von 1.135,68 Euro

4

Die Berechnung der Urlaubsabgeltung ist dem Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Sächsischen Landesarbeitsgericht am 15. Februar 2012 übergeben worden. Auf der Grundlage einer Abrechnung vom 31. Januar 2011 zahlte die Beklagte an den Kläger eine weitere Urlaubsabgeltung in Höhe von 524,16 Euro brutto. In der Abrechnung heißt es hierzu wiederum lediglich „Urlaubsabgeltung“. Mit Schreiben vom 25. Oktober 2010 hatte der Kläger die Beklagte zuvor mit Fristsetzung zum 15. November 2010 aufgefordert, weitere 2.908,95 Euro Urlaubsabgeltung zu zahlen. Er berechnete seinen abzugeltenden Urlaub wie folgt:

        

„Rest 2008

21 Tage

        

Urlaub 2009

29 Tage

        

Urlaub 2010

29 Tage

        

Gesamt:

79 Tage“

        
5

Der Kläger errechnete hieraus einen Abgeltungsbetrag in Höhe von 6.927,51 Euro abzüglich bereits gezahlter 4.018,56 Euro. Die spätere Zahlung in Höhe von 524,16 Euro brutto war darin noch nicht berücksichtigt.

6

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.384,79 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. September 2010 zu zahlen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage in Höhe von 1.595,58 Euro brutto stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage auf die Berufung der Beklagten in Höhe von 164,83 Euro brutto stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Die Anschlussberufung des Klägers hat es zurückgewiesen. Mit der für beide Parteien zugelassenen Revision verfolgen diese ihre ursprünglichen Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe

9

A. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Unrecht in Höhe von 164,83 Euro brutto stattgegeben, anstatt sie insgesamt abzuweisen. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, weiteren Urlaub gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten.

10

I. Zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses standen dem Kläger noch 49 Tage Urlaub zu.

11

1. Etwaige Urlaubsansprüche (gesetzlicher Urlaub nach dem BUrlG und tariflicher Mehrurlaub) des Klägers aus dem Jahr 2008 sind am 31. März 2010 und damit vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG erloschen. Abgeltungsansprüche konnten damit nicht mehr entstehen.

12

Besteht die Arbeitsunfähigkeit auch am 31. März des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Jahres fort, so gebietet auch das Unionsrecht keine weitere Aufrechterhaltung des Urlaubsanspruchs (vgl. EuGH 22. November 2011 - C-214/10 - [KHS] Rn. 38, Slg. 2011, I-11757). Der zunächst aufrechterhaltene Urlaubsanspruch erlischt somit gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG zu diesem Zeitpunkt(vgl. BAG 7. August 2012 - 9 AZR 353/10 - Rn. 32 ff.). Der MTV sieht zugunsten des Klägers keine längere Übertragungsdauer vor. Er regelt die Übertragung von Urlaub nicht, sondern verweist in § 14 Ziff. 6 allgemein auf die Bestimmungen des BUrlG.

13

2. Für das Jahr 2009 standen dem Kläger bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch 29 Tage Urlaub zu.

14

a) Gemäß § 14 Ziff. 8 MTV beträgt der jährliche Urlaubsanspruch nach Vollendung des 25. und bis zur Vollendung des 40. Lebensjahres 29 Arbeitstage.

15

b) Dieser Urlaubsanspruch war zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht verfallen. Ein Verfall nach § 7 Abs. 3 BUrlG hätte erst am 31. März 2011 und damit nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eintreten können. Dies gilt nicht nur für den gesetzlichen Urlaub, sondern nach § 14 Ziff. 6 MTV auch für den tariflichen Mehrurlaubsanspruch, da der MTV auch für den Verfall auf das BUrlG verweist.

16

3. Für das Jahr 2010 standen dem Kläger bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses 20 Tage gesetzlicher Urlaub zu.

17

a) Es war der volle gesetzliche Mindesturlaub entstanden. Der Kläger hatte die sechsmonatige Wartezeit des § 4 BUrlG erfüllt. Da er nach erfüllter Wartezeit in der zweiten Hälfte des Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausschied, fand keine Zwölftelung des Urlaubsanspruchs nach § 5 BUrlG statt(Umkehrschluss aus § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG ). Der nach § 14 Ziff. 3 MTV gekürzte tarifliche Urlaubsanspruch hätte ebenfalls (höchstens) 20 Tage betragen.

18

b) Eine Kürzung des gesetzlichen Urlaubs kommt auch nach dem MTV nicht in Betracht. Eine tarifliche Zwölftelung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs nach erfüllter Wartezeit ist nach § 13Abs. 1 Satz 1 iVm. § 3 Abs. 1 BUrlG unzulässig (BAG 20. Januar 2009 - 9 AZR 650/07 - Rn. 21).

19

c) Der gesetzliche Urlaubsanspruch für das Jahr 2010 hätte nach § 7 Abs. 3 BUrlG erst zum 31. März 2012 und damit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verfallen können.

20

4. Entgegen der Auffassung der Beklagten sind die Urlaubsansprüche des Klägers nicht vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der tariflichen Ausschlussfristen in § 19 Ziff. 2 MTV verfallen. Tarifliche Ausschlussfristen sind auf Urlaubsansprüche regelmäßig nicht anwendbar (BAG 18. November 2003 - 9 AZR 95/03 - zu B II 1 d der Gründe, BAGE 108, 357). Denn der Urlaubsanspruch unterliegt nach § 7 BUrlG einem eigenständigen Fristenregime. Das gilt hier auch für etwaige tarifliche Mehrurlaubsansprüche. Die gegenüber § 19 Ziff. 2 MTV speziellere Regelung in § 14 Ziff. 6 MTV bestimmt auch für den tariflichen Mehrurlaub die Geltung der Bestimmungen des BUrlG.

21

II. Dem Kläger stand damit insgesamt ein Abgeltungsanspruch für 49 Urlaubstage in Höhe von 4.296,81 Euro brutto zu (49 Tage x 87,69 Euro brutto je Tag).

22

1. Die Beklagte zahlte hierauf insgesamt eine Abgeltung in Höhe von 4.542,72 Euro brutto. Damit verbleibt kein weiterer Abgeltungsanspruch (§ 362 Abs. 1 BGB).

23

2. Die Zahlung erfolgte auch auf den gesamten Abgeltungsanspruch. Die Beklagte nahm keine nach Urlaubsjahren differenzierende Leistungsbestimmung iSv. § 366 Abs. 1 BGB vor. Sie gab in den Abrechnungen vom 30. September 2010 und vom 31. Januar 2011 als Leistungszweck der Zahlungen von 4.018,56 Euro brutto bzw. 524,16 Euro brutto jeweils nur „Urlaubsabgeltung“ an. Dies war nach §§ 133, 157 BGB so zu verstehen, dass jeglicher etwaig bestehender Abgeltungsanspruch erfüllt werden sollte(vgl. BAG 16. Juli 2013 - 9 AZR 914/11 - Rn. 19). Die in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 15. Februar 2012 überreichte Aufstellung stellt allenfalls eine unwirksame nachträgliche Leistungsbestimmung dar. Die Bestimmung muss nach dem Wortlaut des Gesetzes bei der Leistung erfolgen, eine nachträgliche Bestimmung ist grundsätzlich unwirksam (BGH 26. März 2009 - I ZR 44/06 - Rn. 46; vgl. auch 23. Februar 1999 - XI ZR 49/98 - zu II 2 b der Gründe, BGHZ 140, 391). Damit erfüllte die Beklagte jeglichen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses etwaig bestehenden Abgeltungsanspruch (vgl. BAG 16. Juli 2013 - 9 AZR 914/11 - aaO).

24

B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Suckow    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

    Matth. Dipper    

        

    Neumann    

                 

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.