Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 06. Dez. 2017 - 7 Sa 309/17

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2017:1206.7Sa309.17.00
bei uns veröffentlicht am06.12.2017

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Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 11. Mai 2017, Az. 7 Ca 47/17 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen,

wobei Ziffer 1 des erstinstanzlichen Urteils wie folgt berichtigt wird:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.813,56 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus dem entsprechenden Nettobetrag seit dem 30. November 2016 unter Erteilung einer entsprechenden Lohnabrechnung zu zahlen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine tarifliche Sonderzahlung für das Jahr 2016.

2

Die 1969 geborene, nicht tarifgebundene Klägerin arbeitete von 2001 bis 2008 zunächst im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung für den Beklagten, der unter der Firmenbezeichnung Bezirksdirektion C. e. K. eine Versicherungsagentur der Z. Gruppe betreibt. Auch der Beklagte ist nicht tarifgebunden. Ab 2008 hatte die Klägerin eine 65 %-Stelle inne. In der „Einstellungsbestätigung gemäß § 2 Manteltarifvertrag für das private Versicherungsgewerbe“ vom 15. Juli 2008 (Bl. 4 d. A.) heißt es unter anderem:

3

Hinsichtlich des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes (…) finden die Bestimmungen des Manteltarifvertrages Anwendung. (…) In sämtlichen weiteren Punkten findet der Manteltarifvertrag für das Versicherungsgewerbe Anwendung.

4

§ 3 Arbeitsentgeltdes Manteltarifvertrags für das private Versicherungsgewerbe (im Folgenden: MTV) bestimmt in seinem Absatz 3:

5

"3. Angestellte, deren Monatsbezüge das höchste im Gehaltstarifvertrag geregelte Monatsgehalt zuzüglich Verantwortungszulage – und, sofern die/der Angestellte Anspruch auf Schichtzulage hat, dieser Schichtzulage – nicht um mehr als 10 % übersteigen, erhalten im letzten Quartal des Kalenderjahres eine Sonderzahlung in Höhe von 80 % ihres Bruttomonatsgehalts. Durch Betriebsvereinbarung kann von diesem Zahlungszeitraum abgewichen werden. Maßgebend für die Höhe der Sonderzahlung ist das Monatsgehalt des Auszahlungsmonats einschließlich der tariflichen Zulagen. Dabei werden Änderungen der regelmäßigen Arbeitszeit der/des Angestellten im 2. Kalenderhalbjahr (z.B. Übergang von Vollzeit- auf Teilzeitbeschäftigung) anteilig berücksichtigt. Hat die/der Angestellte im Auszahlungszeitpunkt weder Anspruch auf Bezüge gemäß Ziff. 2 noch auf Leistungen gemäß § 10 Ziff. 1, so ist das zuletzt bezogene Gehalt maßgebend.

6

Der Anspruch auf die Sonderzahlung entsteht nach Überführung eines etwaigen Probearbeitsverhältnisses in ein festes Arbeitsverhältnis, dann aber rückwirkend ab Beginn des Arbeitsverhältnisses.

7

Für jeden Monat im 2. Kalenderhalbjahr, in dem die/der Angestellte nicht für wenigstens 15 Tage Anspruch auf Bezüge gemäß Ziff. 2 oder auf Leistungen gemäß § 10 Ziff. 1 bis 3 oder auf Leistungen für die Zeiten der Schutzfristen und Beschäftigungsverbote nach dem Mutterschutzgesetz hat, wird die Sonderzahlung um 1/6 gekürzt. Eine Kürzung unterbleibt, wenn die/der Angestellte nur deshalb keine Zahlungen gemäß § 10 Ziff. 2 und 3 erhält, weil das Krankengeld bereits 90 % der Gesamtnettobezüge ausmacht. Die aufgrund der Inanspruchnahme von Elternzeit gekürzte Sonderzahlung wird der/dem Angestellten anteilig für die bis zur Vollendung der ersten vier Lebensmonate des Kindes in Anspruch genommenen Elternzeit nachgezahlt, wenn das Arbeitsverhältnis im Anschluss an die Elternzeit für mindestens sechs Monate fortgesetzt wird. Zeiträume, für die der/dem Angestellten weder Bezüge gem. Ziff. 2 noch Leistungen gem. § 10 Ziff. 1 zustehen, bleiben dabei außer Betracht.

8

Angestellte, deren Arbeitsverhältnis im Auszahlungszeitpunkt beendet ist, haben keinen Anspruch – auch nicht anteilig – auf die Sonderzahlung. Das Gleiche gilt für Angestellte, die in einem gekündigten Arbeitsverhältnis stehen, außer im Falle betriebsbedingter Arbeitgeberkündigung. Pensionierung, auch wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, gilt nicht als Kündigung.

9

Die Sonderzahlung wird auf Sonderzuwendungen des Arbeitgebers (Gratifikationen, Ergebnisbeteiligungen u. Ä.) angerechnet.

10

Auf der Basis freiwilliger Betriebsvereinbarung oder individualvertraglich kann auf Wunsch der Angestellten die vollständige oder teilweise Abgeltung der Sonderzahlung durch Freizeit vereinbart werden. "

11

Mit „Ergänzung zur Einstellungsbestätigung gemäß § 2 Manteltarifvertrag für das private Versicherungsgewerbe vom 15.07.2008“ vom 18. Dezember 2012 (Bl. 5 d. A.) wurde eine 85 %-Stelle vereinbart. Im November 2016 betrug das Bruttomonatsgehalt der Klägerin 2.266,95 €. Sie erhielt unter anderem in den Jahren 2012 bis 2015 ein Weihnachtsgeld, das normalerweise mit der Vergütung am Ende des Monats November gezahlt wurde. Für das Jahr 2016 zahlte der Beklagte kein Weihnachtsgeld.

12

Unter dem 22. Juni 2016 erteilte der Beklagte der Klägerin ein Zwischenzeugnis. Wegen des Inhalts dieses Zwischenzeugnisses wird auf Bl 43 f. d. A. Bezug genommen.

13

Der Beklagte beschäftigte im Jahr 2016 neben der Klägerin eine weitere Arbeitnehmerin.

14

Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien endete aufgrund einer ordentlichen fristgemäßen Kündigung des Beklagten vom 20. Juni 2016 (Bl. 11 d. A.) mit Ablauf des 31. Dezember 2016. Quasi als „Entschuldigungsgrund“ für die Kündigung führte der Beklagte mündlich wirtschaftliche Umstände an. Zum gleichen Zeitpunkt kündigte der Beklagte auch das Arbeitsverhältnis mit der Kollegin der Klägerin. Die Tätigkeiten der Klägerin werden seit dem 1. Januar 2017 von einer Auszubildenden erledigt.

15

Die Klägerin hat vorgetragen,

16

ihr stehe eine Weihnachtsgeld-/Sonderzahlung 2016 in Höhe von 80 % ihres Bruttomonatsgehalts zu.

17

Die ihr gegenüber ausgesprochene Kündigung sei eindeutig betriebsbedingt gewesen, denn der Beklagte habe sich in massiven Zahlungsschwierigkeiten befunden, was der Grund für die Entlassung sowohl von ihr als auch der einzigen weiteren tariflich bezahlten Mitarbeiterin gewesen sei. Der Beklagte könne sich die beiden tariflich bezahlten Mitarbeiterinnen nicht mehr leisten. Schuld sei das Lebensversicherungsreformgesetz, wodurch Provisionen weggebrochen seien. Außerdem mache ihm wohl auch der Umzug in das Nahtalforum noch zu schaffen bzw. er habe wohl auch einen Kredit nicht erhalten, den er sich erhofft habe. Von den Zahlungsschwierigkeiten habe sie durch ihre Mitarbeiterposition Kenntnis gehabt. Allein der Umstand, dass auch der anderen Kraft gekündigt worden sei, zeige, dass es sich um rein betriebsbedingte Hintergründe handele.

18

Sie habe nie auch nur ansatzweise Kritik oder gar eine Abmahnung seitens des Beklagten erhalten. Es treffe daher nicht einmal zu, dass der Beklagte mit ihren Leistungen „nicht mehr vollends zufrieden“ gewesen wäre. Im Zeugnis habe der Beklagte ihr nicht nur „Flexibilität“, sondern auch bescheinigt, dass sie seine „sehr hohen Erwartungen stets übertroffen“ habe.

19

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

20

den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.813,56 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus dem entsprechenden Nettobetrag sei dem 30. November 2016 unter Erteilung einer entsprechenden Lohnabrechnung zu zahlen.

21

Der Beklagte hat beantragt,

22

die Klage abzuweisen.

23

Er hat vorgetragen,

24

die Anspruchsvoraussetzungen für die Auszahlung der Sonderzahlung an die Klägerin lägen für 2016 nicht vor. Im Auszahlungszeitpunkt habe die Klägerin bereits in einem gekündigten Arbeitsverhältnis gestanden, so dass ein Zahlungsanspruch nicht bestehe. Allein vor dem Hintergrund des nicht eröffneten Anwendungsbereichs des KSchG könne die Arbeitgeberkündigung nicht als betriebsbedingt angesehen werden, da es sich um eine allein dem KSchG vorbehaltene Begrifflichkeit handele. Der Wortlaut des Tarifvertrags sei insoweit eindeutig.

25

Unzutreffend sei, dass er sich in massiven Zahlungsschwierigkeiten befunden habe, die der Grund für die Entlassung der Klägerin als auch der weiteren tariflich bezahlten Mitarbeiterin gewesen seien. Er habe insbesondere das Gehalt der Klägerin im Jahr 2016 – bis auf eine Ausnahme – stets pünktlich bezahlen können. Allein die Vergütung für Oktober 2016 sei der Klägerin am 4. November 2016 ausgezahlt worden, wofür jedoch die Einführung eines neuen Abrechnungsverfahrens verantwortlich gewesen sei. Folglich hätte er sich die Klägerin und deren Kollegin noch weiterhin „leisten“ können, zumal er nicht nur monatliche Provisionszahlungen erhalte, sondern am Jahresende planmäßige Einnahmen durch Bonifikationen und Jahresinkasso beziehe. Eine solche Zahlung habe er auch Ende 2016 erhalten.

26

Der Kündigungsentschluss bezüglich des Arbeitsverhältnisses sei bei ihm seit Frühjahr 2016 gereift. Mit den Leistungen der Klägerin sei er nicht mehr vollends zufrieden gewesen. So habe sich die Klägerin im Rahmen des von ihm veranstalteten Handwerkerworkshops unflexibel gezeigt und eine Mitarbeit zunächst abgelehnt mit der Begründung, das habe sie noch nie gemacht. Er sei seinerzeit im Umzug gewesen. Als der Umzug dann abgeschlossen gewesen sei, habe er die Kündigung ausgesprochen. Auch andere Aufgaben habe die Klägerin nur widerwillig erledigt. Dass er in Gesprächen mit der Klägerin auch wirtschaftliche Umstände für die Kündigung angeführt habe, könne ihm nicht zum Nachteil gereichen. Hiermit und durch Ausdruck von Bedauern habe er sich von der Klägerin mehr Verständnis für seine Entscheidung erhofft.

27

Das Zeugnis sei nichtssagend. Er habe schließlich das Beste, das er gefunden habe, aus dem Internet gezogen. Beide Mitarbeiterinnen hätten ein identisches Zeugnis erhalten. Hier gehe es nicht um individuelle Beurteilung, weil er der Arbeitnehmerin nichts in den Weg habe legen wollen.

28

Das Arbeitsgericht Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 1.813,56 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus dem entsprechenden Nettobetrag seit dem 30. November 2016 unter "Fortzahlung" einer entsprechenden Lohnabrechnung zu zahlen.

29

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst – ausgeführt, die Klägerin habe Anspruch auf eine tarifliche Sondervergütung nach § 3 Ziff. 3 des MTV. Maßgeblicher Streitpunkt zwischen den Parteien sei der Umstand, ob die der Klägerin gegenüber ausgesprochene Kündigung betriebsbedingt im Sinn der Tarifnorm sei oder nicht. Die Gesamtschau der feststehenden Umstände, Existenz des Zeugnisses, Nichtexistenz von Abmahnungen und Kündigung regulär beschäftigter Mitarbeiterinnen unter Weiterbeschäftigung lediglich von Auszubildenden stelle aus Sicht der Kammer ein dringendes Indiz dafür dar, dass die Kündigung der Klägerin nicht verhaltens- oder personenbedingt, mithin betrieblich bedingt gewesen sei. Der diesbezügliche Vortrag des Beklagten sei aus seiner Sicht nachvollziehbar, andererseits bemerkenswert unsubstantiiert. Soweit der Beklagte auf die freiwillige Einbeziehung des Tarifvertrages Bezug genommen habe, entlaste ihn dies angesichts des klaren Vertragswortlauts der Parteien genauso wenig wie der Umstand, dass eventuell der Anwendungsbereich des Tarifvertrages ansonsten nicht eröffnet wäre. Damit sei auch der Umstand, dass der Beklagte einen Kleinstbetrieb betreibe, für den Anspruch unschädlich. Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird ergänzend auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts (Bl. 53 ff. d. A.) Bezug genommen.

30

Das genannte Urteil ist dem Beklagten am 24. Mai 2017 zugestellt worden. Er hat hiergegen mit einem am 21. Juni 2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 20. Juni 2017 Berufung eingelegt und diese innerhalb der durch Beschluss vom 5. Juli 2017 bis zum 24. August 2017 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit am 24. August 2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag begründet.

31

Zur Begründung der Berufung macht der Beklagte nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 81 ff. d. A.), zusammengefasst geltend,

32

bei zutreffender rechtlicher Würdigung müsse der Ausnahmetatbestand einer betriebsbedingten Arbeitgeberkündigung verneint werden. Vor dem Hintergrund des wegen der geringen Betriebsgröße (2 Arbeitnehmerinnen im Sinn des § 23 KSchG) nicht eröffneten Anwendungsbereichs des KSchG könne die Arbeitgeberkündigung von Vornherein nicht als betriebsbedingt angesehen werden, da es sich um eine allein dem KSchG vorbehaltene Begrifflichkeit handele. Das Kündigungsschreiben vom 20. Juni 2016 enthalte keinerlei Hinweis darauf, dass die Kündigung eine betriebsbedingte gewesen wäre. Raum für eine (erweiternde) Aus-legung des Ausnahmetatbestandes bestehe nicht, da der Wortlaut des Tarifvertrags eindeutig sei. Doch selbst für den Fall, dass für den Kleinstbetrieb die Anspruchsvoraussetzung „betriebsbedingt“ mit „betrieblich veranlasst“ gleichzusetzen wäre, könne aufgrund der Zeugniserteilung mit sehr guten Leistungsbeurteilungen oder fehlender schriftlicher Rügen oder Abmahnungen nicht darauf geschlossen werden, er habe die Kündigung nicht wegen einer Weigerung der Klägerin zur Mitwirkung im Rahmen des Handwerkertages ausgesprochen, über die er sich geärgert habe. Was die sehr gute Benotung anbelange, sei nämlich zu berücksichtigen, dass er die gesamte Beschäftigungszeit von mehr als 15 Jahren zu beurteilen gehabt habe und Einzelergebnisse nicht zwingend dazu führen müssten, dass sich dies auf die Benotung niederschlage. Die Klägerin und ihre zeitgleich gekündigte Kollegin seien nahtlos durch Auszubildende ersetzt worden, die seitdem ihre Aufgaben übernähmen, weshalb ein Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten für die gekündigten Mitarbeiterinnen nicht zu verzeichnen gewesen wäre. Inner- oder außerbetriebliche Faktoren, die den Wegfall des Beschäftigungsbedarfs bedingten, seien ebenso wenig ersichtlich wie eine fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nach Ablauf der Kündigungsfrist. Dass er auch der Kollegin der Klägerin zeitgleich gekündigt habe, sei dem Umstand geschuldet gewesen, dass der Umfang und die Schwierigkeiten der von ihr übernommenen Aufgaben keine Vollzeitbeschäftigung zu den bisherigen Konditionen hätten rechtfertigen können, vielmehr die als einfach einzustufenden Tätigkeiten auch von einer Auszubildenden gleichermaßen hätten erfüllt werden können. Auch bei der zweiten Mitarbeiterin hätte er einen Leistungsrückgang bemerkt, der ihn in seinem Kündigungsentschluss bestärkt habe. Selbst bei Vorliegen wirtschaftlicher Motive für die Kündigungen könne nicht unterstellt werden, die Kündigung der Klägerin sei betriebsbedingt gewesen.

33

Der Beklagte beantragt,

34

das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – vom 11. Mai 2017, Az. 7 Ca 47/17, abzuändern und die Klage abzuweisen.

35

Die Klägerin beantragt,

36

die Berufung zurückzuweisen.

37

Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihres Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 2. Oktober 2017, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 90 ff. d. A.), als rechtlich zutreffend. Es habe keine anderen als betriebliche Gründe für die Kündigung gegeben. Der Beklagte habe bereits in 2015 mehrfach unpünktlich den Lohn gezahlt. Auch die Weihnachtsgeldzahlung 2015 sei in drei Raten, teils per Überweisung, teils per Barzahlung im November sowie im Dezember erfolgt. Etliche Mahnungen und auch Vollstreckungsbescheide seien dem Beklagten von seinen Vertragspartnern angedroht worden. Die Frankier-maschine hätte oft nicht aufgeladen werden können, da diese wegen Verzugs des Beklagten mit der Zahlung der Leasingraten gesperrt worden sei. Handwerkerrechnungen seien nicht bezahlt, Bestellungen von benötigtem Büromaterial mehrfach nicht angenommen worden. Der Beklagte habe außerdem Miet- und Steuerschulden gehabt. Gegenüber dem Sachbearbeiter des Finanzamtes Y.-Stadt Herr X., der von ihm eingestellten Auszubildenden sowie in einem Schreiben an die Z. vom 7. Dezember 2016 habe der Beklagte auf Personalentlassungen als Lösung seiner Zahlungsschwierigkeiten hingewiesen.

38

Die angebliche Unzufriedenheit des Beklagten mit ihr sei nur vorgeschoben.

39

Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der Sitzung vom 6. Dezember 2017 (Bl. 97 ff. d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

40

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung des Beklagten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie erweist sich auch sonst als zulässig.

B.

41

In der Sache hatte die Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Die Klägerin hat gegen den Beklagten Anspruch auf Zahlung einer Sonderzahlung für das Jahr 2016 gemäß der Einstellungsbestätigung vom 15. Juli 2008 in Verbindung mit § 3 Ziff. 3 Abs. 4 MTV nebst Zinsen.

42

I. § 3 MTV findet auf das Arbeitsverhältnis der nicht tarifgebundenen Parteien kraft einzelvertraglicher Bezugnahme in der Einstellungsbestätigung Anwendung.

43

II. Die Voraussetzungen des § 3 Ziff. 3 MTV sind im vorliegenden Fall geben. Nach dieser Vorschrift erhalten Angestellte im letzten Quartal des Kalenderjahres eine Sonderzahlung in Höhe von 80 % ihres Bruttomonatsgehalts.

44

III. Der Anspruch der Klägerin ist auch nicht nach § 3 Ziffer 3 Abs. 4 S. 2 MTV ausgeschlossen. Keinen Anspruch auf die Sonderzahlung – auch nicht anteilig – haben solche Angestellte, die in einem gekündigten Arbeitsverhältnis stehen, außer im Falle betriebsbedingter Arbeitgeberkündigung. Zwar war das Arbeitsverhältnis im Auszahlungszeitpunkt im November 2016 gekündigt, bei der von dem Beklagten ausgesprochenen Kündigung handelte es sich nach Auffassung der Kammer jedoch um eine „betriebsbedingte“ Kündigung im Sinn des § 3 Ziffer 3 Abs. 4 S. 2 MTV.

45

IV. Eine „betriebsbedingte“ Kündigung im Sinn des § 3 Ziff. 3 Abs. 4 MTV ist nach Ansicht der Kammer eine solche, die „betrieblich veranlasst“ ist.

46

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. nur Urteil vom 26. Oktober 2016 – 5 AZR 226/16 – AP BGB § 611 Arbeitszeit Nr. 48 Rz. 25; vom 29. Juni 2016 – 5 AZR 696/15 – BeckRS 2016, 74824 Rz. 19, jeweils m. w. N.) folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags den für die Aus-legung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denk-barer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt.

47

Nach dem Wortlaut ist „betriebsbedingt“ eine Kündigung, die „durch Änderungen in einem Betrieb (…), besonders durch zurückgehende Umsätze, bedingt ist" (www.duden.de/rechtschreibung/betriebsbedingt). Insoweit ist – entgegen der Ansicht des Beklagten – nach dem Wortlaut nicht Voraussetzung, dass es sich um eine Kündigung in einem Betrieb handelt, der in den Geltungsbereich des § 23 KSchG fällt. Zwar wird der Begriff „betriebsbedingt“ häufig im Zusammenhang mit Kündigungen von Arbeitsverhältnissen verwendet, die unter den Geltungsbereich des KSchG fallen, § 1 Abs. 2 KSchG spricht jedoch nicht von „betriebsbedingten“ Gründen, sondern von dringenden betrieblichen Erfordernissen, „die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen“. Auch in § 1a Abs. 1 KSchG ist nicht von "betriebsbedingten" Gründen, sondern von dringenden betrieblichen Erfordernissen nach § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG die Rede. Die Tarifnorm übernimmt weder den Wortlaut des § 1 Abs. 2 KSchG noch macht sie etwa durch einen Klammerzusatz (z. B. § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG) nach der Formulierung „betriebsbedingt“ deutlich, dass nur Arbeitnehmer in Betrieben, die unter den Anwendungsbereich des KSchG fallen, im Fall einer durch Änderungen im Betrieb bedingten Kündigung die Sonderzahlung erhalten sollen.

48

Auch die Systematik der tariflichen Regelung spricht gegen die Annahme, dass nur gekündigten Arbeitnehmern, die in unter den Geltungsbereich des KSchG fallenden Betrieben beschäftigt sind, im Fall einer betrieblich veranlassten Kündigung eine Sonderzahlung zustehen soll. Aus der Zusammenschau mit § 3 Ziff. 3 Abs. 4 S. 3 MTV ergibt sich, dass nur solche Arbeitnehmer, die selbst den Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gesetzt haben, sei es durch den Ausspruch einer Eigenkündigung oder durch verhaltens- oder personenbedingte Gründe nicht in den Genuss der Sonderzahlung kommen sollen. Dagegen soll sogar im Fall der Pensionierung ein Anspruch auf die Sonderzahlung bestehen.

49

Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift kann es auch nicht darauf ankommen, ob die Gründe für die Kündigung den Anforderungen an dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen genügen. Durch die Regelung in § 3 Ziff. 3 Abs. 4 S. 2 MTV bleibt den Arbeitnehmern auch im „betriebsbedingt“ gekündigten Arbeitsverhältnis der Anspruch auf die Sonderzahlung erhalten, sie begünstigt die Arbeitnehmer. Es muss daher als ausreichend für das Vorliegen einer betriebsbedingten Kündigung angesehen werden, wenn deren Ursachen im Betrieb des Arbeitgebers liegen, auch wenn diese Gründe nicht den Anforderungen des § 1 Abs. 2 KSchG genügen.

50

Weiter ergibt sich aus der Vorschrift, dass die Sonderzahlung sowohl der Belohnung der im Kalenderjahr erbrachten Arbeitsleistung als auch der Betriebstreue dient. Beide Faktoren setzen nicht voraus, dass ein dem Anwendungsbereich des KSchG unterfallendes Arbeitsverhältnis vorliegt. Der Zweck der Belohnung der erbrachten Arbeit ergibt sich daraus, dass die Höhe der Sonderzahlung an das Monatsgehalt des Arbeitnehmers anknüpft (§ 3 Ziffer 3 Abs. 1 S. 1 MTV) und dass Änderungen der regelmäßigen Arbeitszeit im 2. Kalenderhalbjahr anteilig berücksichtigt werden (§ 3 Ziffer 3 Abs. 1 S. 2 MTV). Dieser Gesichtspunkt wird auch darin deutlich, dass der Anspruch auf Sonderzahlung nach Überführung eines etwaigen Probearbeitsverhältnisses in ein festes Arbeitsverhältnisses rückwirkend ab Beginn des Arbeitsverhältnisses entstehen soll (§ 3 Ziffer 3 Abs. 2 MTV). Die Kürzung der Sonderzahlung nach § 3 Ziffer 2 Abs. 3 MTV deutet ebenfalls auf die Belohnung der geleisteten Arbeit hin. Dass die Sonderzahlung auch die Betriebstreue honorieren will, wird in § 3 Ziff. 3 Abs. 4 MTV deutlich, insbesondere auch daraus, dass eine Pensionierung nicht als Kündigung gilt. Die Belohnung von Betriebstreue wird auch in § 3 Ziffer 3 Abs. 3 S. 3 MTV ersichtlich, wonach die aufgrund der Inanspruchnahme von Elternzeit gekürzte Sonderzahlung dem Angestellten anteilig für die bis zur Vollendung der ersten vier Lebensmonate des Kindes in Anspruch genommenen Elternzeit nachgezahlt wird, wenn das Arbeitsverhältnis im Anschluss an die Elternzeit für mindestens sechs Monate fortgesetzt wird. Die beiden Zwecke Belohnung erbrachter Arbeitsleistung sowie der Betriebstreue können auch in einem Arbeitsverhältnis erreicht werden, das nicht dem betrieblichen Geltungsbereich des KSchG unterfällt.

51

Schließlich ist kein Grund ersichtlich, warum Arbeitnehmer in Kleinbetrieben zwar grundsätzlich in den Genuss der Sonderzahlung kommen sollten, sie ihnen aber – anders als den Arbeitnehmern in dem KSchG unterfallenden Betrieben – in keinem Fall in einem gekündigten Arbeitsverhältnis zustehen sollten.

52

V. Solche "betriebsbedingte Gründe" gemäß § 3 Ziffer 3 Abs. 4 S. 2 MTV sind im vorliegenden Fall nach Auffassung der Kammer gegeben.

53

Da § 3 Ziff. 3 Abs. 4 S. 2 MTV vorsieht, dass Angestellte, die in einem gekündigten Arbeitsverhältnis stehen, außer im Fall betriebsbedingter Arbeitgeberkündigung, keinen Anspruch auf die Sonderzahlung haben, trägt der Arbeitgeber nach allgemeinen Darlegungs- und Beweislastregeln die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines gekündigten Arbeitsverhältnisses, der Arbeitnehmer hingegen die Darlegungs- und Beweislast für die Betriebsbedingtheit einer ihm gegenüber ausgesprochenen Kündigung. Dem Arbeitnehmer kommen jedoch bei der Darlegung und dem Beweis der Betriebsbedingtheit verschiedene Erfahrungs-sätze zu Hilfe. Hat der Arbeitgeber etwa im Zusammenhang mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten gekündigt oder hat er betriebsbedingte Gründe gegenüber dem Arbeitnehmer oder Dritten im Zusammenhang mit dem Ausspruch der Kündigung angeführt, so spricht ein Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Arbeitgeber betriebsbedingt gekündigt hat. Diesen Beweis des ersten Anscheins kann der Arbeitgeber dadurch entkräften, dass er Tatsachen vorträgt, aus denen sich ergibt, dass nicht betriebsbedingte Gründe, sondern andere verhaltens- oder personenbedingte Gründe der Anlass für den Kündigungsentschluss waren.

54

Unter Zugrundelegung dieser Darlegungs- und Beweislastregeln liegt eine „betriebsbedingte Kündigung“ im Sinn des § 3 Ziff. 3 Abs. 4 S. 2 MTV vor. Unstreitig hat der Beklagte gegenüber der Klägerin im Zusammenhang mit dem Ausspruch der Kündigung dieser mitgeteilt, für diese seien wirtschaftliche Gründe ursächlich. Auch hat er ausgeführt, die bislang von der Klägerin ausgeführten Tätigkeiten könnten und würden nach dem Ausscheiden der Klägerin von einer Auszu-bildenden ausgeführt. Schließlich hat er gleichzeitig gegenüber der Klägerin sowie der weiteren tariflich vergüteten Arbeitnehmerin Kündigungen ausgesprochen. Durch diesen unstreitigen Sachverhalt ist zumindest der Beweis des ersten Anscheins dafür gegeben, dass der Beklagte eine betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen hat.

55

Diesen Beweis des ersten Anscheins hat der Beklagte nicht entkräftet. Er hat nicht substantiiert vorgetragen, dass verhaltens- oder personenbedingte Gründe der Anlass für seinen Kündigungsentschluss waren. Soweit er seine Unzufriedenheit mit der Klägerin angeführt hat, hat er nicht im Einzelnen dargelegt, worauf sich seine Unzufriedenheit gegründet haben soll. So hat er lediglich - von der Klägerin bestritten - ohne Angabe eines konkreten Datums und näherer Umstände vorgetragen, die Klägerin habe auf seine Bitte, abends am Handwerkertag bis 21.00 Uhr unter anderem Gäste zu empfangen und Sekt auszuschenken, dies zunächst mit den Worten abgelehnt, das habe sie noch nie gemacht. In Anbetracht des seit 15 Jahren ansonsten ohne Beanstandungen bestehenden Arbeitsverhältnisses und unter Berücksichtigung, dass der Beklagte das Verhalten der Klägerin dieser gegenüber zu keinem Zeitpunkt beanstandet hat, er ihr nach diesem behaupteten Vorfall ein sehr gutes Zwischenzeugnis erteilt hat und zumindest fraglich ist, ob die nach seinem Vortrag von der Klägerin erwarteten Tätigkeiten von dieser als Sachbearbeiterin überhaupt arbeitsvertraglich geschuldet waren, vermochte der Vortrag des Beklagten nach Auffassung der Kammer den Beweis des ersten Anscheins nicht zu entkräften.

56

Die Berufung des Beklagten hatte daher keinen Erfolg.

C.

57

Soweit das Arbeitsgericht den Beklagten zur Zahlung unter "Fortzahlung" einer entsprechenden Lohnabrechnung verurteilt hat, liegt eine offenbare Unrichtigkeit vor, die gem. § 319 Abs. 1 ZPO jederzeit von Amts wegen - auch vom Rechtsmittelgericht (BGH, Urteil vom 3. Juli 1996 - VIII ZR 221/95 - NJW 1996, 2574, 2575 m. w. N.; Zöller/Vollkommer, ZPO, 32. Aufl. 2017, § 319 ZPO Rn. 22) - berichtigt werden kann.

III.

58

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Voraussetzungen einer Revisionszulassung nach § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht erfüllt.

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Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 06. Dez. 2017 - 7 Sa 309/17 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 06. Dez. 2017 - 7 Sa 309/17 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 26. Okt. 2016 - 5 AZR 226/16

bei uns veröffentlicht am 26.10.2016

Tenor 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 22. Januar 2016 - 6 Sa 1054/15 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 29. Juni 2016 - 5 AZR 696/15

bei uns veröffentlicht am 29.06.2016

Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 29. September 2015 - 11 Sa 237/15 - wird zurückgewiesen.

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(1) Die Vorschriften des Ersten und Zweiten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten und des öffentlichen Rechts, vorbehaltlich der Vorschriften des § 24 für die Seeschiffahrts-, Binnenschiffahrts- und Luftverkehrsbetriebe. Die Vorschriften des Ersten Abschnitts gelten mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Betriebe und Verwaltungen, in denen in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden. In Betrieben und Verwaltungen, in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden, gelten die Vorschriften des Ersten Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 2003 begonnen hat; diese Arbeitnehmer sind bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach Satz 2 bis zur Beschäftigung von in der Regel zehn Arbeitnehmern nicht zu berücksichtigen. Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach den Sätzen 2 und 3 sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.

(2) Die Vorschriften des Dritten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten Rechts sowie für Betriebe, die von einer öffentlichen Verwaltung geführt werden, soweit sie wirtschaftliche Zwecke verfolgen.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 22. Januar 2016 - 6 Sa 1054/15 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Vergütung von Fahrzeiten zu auswärtigen Arbeitsstellen.

2

Der Kläger ist seit 1999 als Elektriker bei der Beklagten beschäftigt. Die Tarifverträge der elektrotechnischen Handwerke in Nordrhein-Westfalen finden kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Der Bruttostundenlohn des Klägers belief sich im Streitzeitraum auf 14,64 Euro.

3

Der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen der elektrotechnischen Handwerke in Nordrhein-Westfalen vom 5. November 2013 (im Folgenden MTV) bestimmt ua.:

        

§ 2 Arbeitszeit

        

1.1 Die tarifliche Regelarbeitszeit beträgt wöchentlich 36 Stunden. Sie kann gleichmäßig oder ungleichmäßig auf fünf Werktage in der Woche verteilt werden. …

        

13. An- und Auskleiden, Waschen sowie Pausen im Sinne des Arbeitszeitgesetzes gelten nicht als Arbeitszeit. …

        

…       

        

§ 11 Grundsätze der Entgeltzahlung

        

1. Alle Arbeitnehmer erhalten ein verstetigtes Monatsentgelt. Das Monatsentgelt ergibt sich durch Multiplikation des vereinbarten Stundenentgeltes mit der individuellen monatlichen Arbeitszeit …

        

…       

        

§ 13 Geltendmachung von Ansprüchen

        

1. Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, sind innerhalb folgender Ausschlussfristen schriftlich geltend zu machen:

        

1.1 Ansprüche auf Zuschläge aller Art …;

        

1.2 Alle übrigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Monaten.“

4

Das Entgeltrahmenabkommen für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen der elektrotechnischen Handwerke in Nordrhein-Westfalen vom 29. Mai 2013 (im Folgenden ERA) regelt ua.:

        

§ 5 Aufwandsentschädigung (Auslösungen)

        

1. Für alle Arbeiten außerhalb der Werkstatt (Betriebssitz) mit einer Entfernung von dieser bis zu 12 km in der Luftlinie wird nur das übliche Fahrgeld zur Benutzung des billigsten zur Verfügung stehenden öffentlichen Verkehrsmittels für Hin- und Rückweg vergütet. Falls der Weg des Arbeitnehmers von seinem Wohnsitz zur Außenarbeitsstelle kürzer ist, werden nur diese Fahrtkosten ersetzt. …

        

2. Beträgt die Entfernung von der Werkstatt zur Außenarbeitsstelle mehr als 12 km in der Luftlinie, erhalten gewerbliche Arbeitnehmer bei wechselnden Einsatzstellen das Fahrgeld und Tagesaufwandsentschädigungen ab 01.08.2009 nach folgender Staffel bezahlt:

        

in der Zone 1

12 - 18 km

0,00 €

        
        

in der Zone 2

19 - 25 km

0,00 €

        
        

in der Zone 3

26 - 35 km

13,00 €

        
        

in der Zone 4

36 - 45 km

20,00 €

        
        

in der Zone 5

ab 46 km

25,00 €

        
        

Ist in Zone 1 der Weg von der Wohnung zur Montagestelle kürzer als der Weg von der Wohnung zum Betriebssitz, entfällt die Aufwandsentschädigung.

        

3. Bei der Auswärtsmontage mit Übernachtung wird anstelle der Aufwandsentschädigung ein Übernachtungsgeld/Tagegeld von 37,74 € pro Tag gewährt. ...

        

4. Der Anspruch auf Aufwandsentschädigung setzt die Einhaltung der vollen Arbeitszeit an der Montagestelle voraus. Wird der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zur Abholung von Materialien oder aus anderen Gründen zum Betrieb bestellt, gilt diese Zeit als an der Montagestelle verbrachte Arbeitszeit. Zur Berücksichtigung besonderer Verhältnisse (z.B. … Transport mit Unternehmerfahrzeug usw.) kann eine abweichende vorherige Vereinbarung getroffen werden.

        

5. Diese Bestimmungen zur Aufwandsentschädigung gelten nur für gewerbliche Arbeitnehmer mit wechselnden Montagestellen.“

5

Der Kläger ist auf wechselnden Baustellen tätig. Zu Beginn eines jeden Arbeitstags begibt er sich zum Betrieb der Beklagten, belädt dort einen Hubsteiger, nimmt ggf. an einer Einsatzbesprechung teil und fährt danach den Hubsteiger zur ersten Baustelle, um dort Reparaturen vorzunehmen. Danach sucht er die nächste Baustelle auf. Am Ende des Arbeitstags fährt er den Hubsteiger zurück zum Betrieb.

6

Die Beklagte vergütet die Tätigkeiten des Klägers in ihrem Betrieb, die Arbeit auf und die Fahrten zwischen den Baustellen mit dem Tariflohn. Für Fahrten vom Betrieb zur ersten Baustelle und von der letzten Baustelle zurück zum Betrieb zahlt die Beklagte 7,75 Euro brutto/Stunde, die sie mit „Aufwandsentschädigung“ abrechnet. Im Zeitraum März bis Dezember 2014 betrug die in dieser Höhe vergütete Fahrzeit des Klägers vom bzw. zum Betrieb insgesamt 101,03 Stunden.

7

Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung hat der Kläger Zahlungsklage erhoben. Er fordert die Vergütungsdifferenzen zum tariflichen Stundenlohn für den Zeitraum März bis Dezember 2014.

8

Der Kläger meint, bei den Fahrten vom Betrieb zur ersten bzw. von der letzten Baustelle zurück handele es sich um Arbeitszeit, für die der tarifliche Stundenlohn geschuldet sei. Eine anderweitige individualrechtliche oder tarifliche Regelung zur Vergütung dieser Arbeitszeit bestehe nicht.

9

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 696,10 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 18. Februar 2015 zu zahlen.

10

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie ist der Ansicht, die Vergütung von Fahrzeiten von und zum Betrieb sei in § 5 ERA abschließend geregelt. Da der Kläger seit Beginn des Arbeitsverhältnisses Vergütung für Fahrzeiten iHv. 7,75 Euro/Stunde erhalten habe, liege außerdem eine stillschweigende Vereinbarung hierüber vor.

11

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen. Der Kläger hat Anspruch auf weitere Vergütung in der zugesprochenen Höhe.

13

I. Die Klage ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Sie ist auf konkrete Vergütungsdifferenzen über eine Zeit von zehn Monaten gerichtet. Die Klage ist für den streitbefangenen Zeitraum als abschließende Gesamtklage zu verstehen (vgl. BAG 23. September 2015 - 5 AZR 626/13 - Rn. 12).

14

II. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat nach § 611 Abs. 1 BGB iVm. den tariflichen Entgeltregelungen Anspruch auf Vergütung der Fahrten vom Betrieb zur auswärtigen Arbeitsstelle und von dieser zurück zum Betrieb iHv. jedenfalls 14,64 Euro brutto/Stunde.

15

1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden nach nicht angegriffener Feststellung des Landesarbeitsgerichts kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit die Tarifverträge für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen der elektrotechnischen Handwerke in Nordrhein-Westfalen mit unmittelbarer und zwingender Wirkung Anwendung (§ 4 Abs. 1, § 3 Abs. 1 TVG).

16

2. Die streitgegenständlichen Fahrzeiten sind Bestandteil der tariflichen Arbeitszeit des Klägers. Mangels anderweitiger Tarifregelung oder wirksamer Vereinbarung sind diese mit dem tariflichen Stundenlohn zu vergüten.

17

a) Der MTV enthält keine allgemeine Definition der tariflichen Arbeitszeit. § 2 MTV legt lediglich die Dauer der wöchentlichen Regelarbeitszeit und die Möglichkeit zur Einführung flexibler Arbeitszeit fest. Nach § 2 Nr. 13 Satz 1 MTV gelten An- und Auskleiden, Waschen sowie Pausen iSd. Arbeitszeitgesetzes nicht als Arbeitszeit. Dies zeigt, dass der Tarifvertrag nur insoweit von der gesetzlichen Regelung abweichen soll, wie es ausdrücklich geregelt ist.

18

b) Besteht danach keine spezielle Regelung zur Zuordnung der streitgegenständlichen Fahrzeiten zur tariflichen Arbeitszeit und fehlt im Übrigen deren Definition, belegt dies, dass die Tarifvertragsparteien den Begriff der Arbeitszeit mit der Bedeutung verwenden, die er im Arbeitszeitrecht gefunden hat (vgl. BAG 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 21, BAGE 143, 107). Nach dieser Definition zählen die streitgegenständlichen Fahrten zur tariflichen Arbeitszeit.

19

aa) Arbeitszeit ist gemäß § 2 Abs. 1 ArbZG die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen. Arbeit ist jede Tätigkeit, die als solche der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient (vgl. BAG 18. November 2015 - 5 AZR 814/14 - Rn. 25; vgl. auch EuGH 10. September 2015 - C-266/14 - [Federación de Servicios Privados del sindicato Comisiones obreras] Rn. 25).

20

bb) Der Kläger fährt auf Anordnung der Beklagten mit dem von ihm zur Erbringung seiner Arbeitsleistung benötigten Hubsteiger vom Betrieb zu den jeweiligen auswärtigen Arbeitsstellen. Damit handelt es sich um primär fremdnützige, den betrieblichen Belangen der Beklagten dienende Tätigkeiten und damit um „Arbeit“.

21

3. Die innerhalb der tariflichen Arbeitszeit vom Kläger erbrachten Fahrleistungen sind vergütungspflichtig.

22

a) § 611 Abs. 1 BGB knüpft die Vergütungspflicht des Arbeitgebers allein an die „Leistung der versprochenen Dienste“, also an jede im Synallagma vom Arbeitgeber verlangte Tätigkeit oder Maßnahme, die mit der eigentlichen Tätigkeit oder der Art und Weise ihrer Erbringung unmittelbar zusammenhängt(vgl. BAG 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 28, BAGE 143, 107; 18. November 2015 - 5 AZR 814/14 - Rn. 25). Zu den iSv. § 611 Abs. 1 BGB „versprochenen Diensten“ gehört auch das vom Arbeitgeber angeordnete Fahren vom Betrieb zu einer auswärtigen Arbeitsstelle. Wegen der Fremdnützigkeit der Fahrten sind diese nicht nur im arbeitszeitrechtlichen, sondern auch im vergütungsrechtlichen Sinn „Arbeit“. Durch das Anordnen der Fahrten macht der Arbeitgeber diese zur arbeitsvertraglichen Verpflichtung (vgl. BAG 12. Dezember 2012 - 5 AZR 355/12 - Rn. 17).

23

b) Mit der Einordnung der Fahrzeiten als Teil der iSv. § 611 Abs. 1 BGB „versprochenen Dienste“ ist jedoch noch nicht geklärt, wie sie zu vergüten sind. Durch Arbeits- oder Tarifvertrag kann eine gesonderte Vergütungsregelung für eine andere als die eigentliche Tätigkeit und damit auch für Fahrzeiten vom Betrieb zur auswärtigen Arbeitsstelle getroffen werden (vgl. BAG 12. Dezember 2012 - 5 AZR 355/12 - Rn. 18; vgl. auch EuGH 10. September 2015 - C-266/14 - [Federación de Servicios Privados del sindicato Comisiones obreras] Rn. 47 ff.).

24

c) Eine gesonderte Vergütungsregelung ergibt sich nicht aus § 5 ERA. Eine solche ist nicht Gegenstand der Tarifbestimmung. Das ergibt die Auslegung des Tarifvertrags.

25

aa) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (st. Rspr., vgl. nur BAG 29. Juni 2016 - 5 AZR 696/15 - Rn. 19).

26

bb) Danach regelt § 5 ERA nicht die Vergütung der streitgegenständlichen Fahrzeiten, sondern ausschließlich Aufwendungsersatz in Form der Fahrtkostenerstattung und der Auslösung.

27

(1) Nach § 5 Nr. 1 Satz 1 ERA wird für alle Arbeiten außerhalb der Werkstatt (Betriebssitz) mit einer Entfernung von dieser bis zu 12 km in der Luftlinie nur das übliche Fahrgeld zur Benutzung des billigsten zur Verfügung stehenden öffentlichen Verkehrsmittels für Hin- und Rückweg vergütet. § 5 Nr. 2 ERA enthält Regelungen über Tagesaufwandsentschädigungen in Abhängigkeit der Entfernung von der Werkstatt zur Außenarbeitsstelle. In § 5 Nr. 3 ERA finden sich Bestimmungen zu Übernachtungs-/Tagegeld für den Fall der Auswärtsmontage mit Übernachtung.

28

Ausgehend vom tariflichen Wortlaut und dem hierdurch vermittelten Sinn bezwecken Fahrgeld, Aufwandsentschädigung und Übernachtungsgeld den Ausgleich von Mehraufwendungen, die ein Arbeitnehmer zum Erreichen der Baustelle außerhalb des Betriebssitzes tätigen muss. Die Regelung betrifft damit die von jeder Arbeitsleistung unabhängige Reisezeit, nicht aber die für eine Wegstrecke zwischen zwei Arbeitsplätzen benötigte Fahrzeit. Eine solche ist jedoch die vom Betrieb der Beklagten zur auswärtigen Arbeitsstelle und von dieser zurück zum Betrieb.

29

(2) Ein solches Verständnis des § 5 ERA fügt sich in den tariflichen Gesamtzusammenhang. Die Regelung des § 5 Nr. 4 Satz 2 ERA betrifft allein die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Aufwandsentschädigung. Das Erfordernis der Einhaltung der vollen Arbeitszeit an der Montagestelle nach § 5 Nr. 4 Satz 1 ERA soll danach auch durch Fahrten von und zur Baustelle gewahrt sein. Der Anspruch auf Fahrgeld nach § 5 Nr. 1 ERA ist ohnehin davon unabhängig.

30

cc) Der Kläger fährt täglich zunächst zum Betrieb der Beklagten, erbringt dort Arbeitsleistung und fährt dann erst zur auswärtigen Arbeitsstelle. Damit handelt es sich nicht um von der Regelung des § 5 ERA erfasste Fahrten.

31

d) Darüber hinaus enthalten weder die übrigen Bestimmungen des ERA noch die Tarifnormen des MTV eine gesonderte Vergütungsregelung. Daher richtet sich die Vergütungspflicht für die streitgegenständlichen Fahrten nach der allgemeinen Entgeltregelung des MTV. Danach ist tarifliche Arbeitszeit mit dem Tariflohn zu vergüten. Dies folgt aus § 11 Nr. 1 Satz 1 MTV, wonach alle Arbeitnehmer ein verstetigtes Monatsentgelt erhalten, das sich durch Multiplikation des vereinbarten Stundenentgelts mit der individuellen monatlichen Arbeitszeit ergibt.

32

e) Da die streitgegenständlichen Fahrzeiten zur tariflichen Arbeitszeit rechnen und mit dem Tarifentgelt zu vergüten sind, konnten die Parteien wegen § 4 Abs. 3 TVG keine vom Tarif abweichende Vergütungsvereinbarung treffen. Es kommt deshalb für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht darauf an, ob die Parteien stillschweigend für die streitgegenständlichen Fahrten eine Vergütung iHv. 7,75 Euro brutto/Stunde vereinbarten. Die Tariföffnungsklausel in § 5 Nr. 4 Satz 3 ERA betrifft allein die Aufwandsentschädigung.

33

4. In der streitgegenständlichen Zeit hat der Kläger Arbeitsleistung durch Fahrten zu und von auswärtigen Arbeitsstellen mit einer Dauer von insgesamt 101,03 Stunden erbracht. Hieraus ergibt sich bei einem Stundenlohn iHv. 14,64 Euro brutto ein Vergütungsanspruch iHv. 1.479,08 Euro brutto. Auf diese Forderung hat die Beklagte Vergütung iHv. 782,98 Euro (101,03 Stunden x 7,75 Euro) brutto geleistet, sodass der Anspruch in dieser Höhe gemäß § 362 Abs. 1 BGB erloschen ist. Damit verbleibt ein Zahlungsanspruch iHv. 696,10 Euro brutto.

34

5. Der Anspruch des Klägers ist nicht gemäß § 13 Nr. 1.2 MTV verfallen. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kläger seine Forderungen rechtzeitig geltend gemacht hat. Gegen die diesbezüglichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat sich die Beklagte mit ihrer Revision nicht gewandt.

35

6. Der Anspruch auf Verzugszinsen ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

36

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Weber    

        

    Volk    

        

        

        

    A. Christen    

        

    Dirk Pollert    

                 

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 29. September 2015 - 11 Sa 237/15 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütung wegen Annahmeverzugs.

2

Der Kläger ist als Fahrer bei der Beklagten im Geld- und Werttransport beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit die tariflichen Regelungen für Geld- und Wertdienste in der Bundesrepublik Deutschland Anwendung.

3

Der Mantelrahmentarifvertrag vom 1. Dezember 2006 für das Wach- und Sicherheitsgewerbe für die Bundesrepublik Deutschland (im Folgenden MRTV) regelt ua.:

        

㤠6

Arbeitszeit

        

1.1.   

Die regelmäßige tägliche Arbeitszeit soll 8 Stunden nicht überschreiten. Sie kann ohne Vorliegen von Arbeitsbereitschaft auf bis zu 10 Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von 12 Kalendermonaten im Durchschnitt 8 Stunden werktäglich nicht überschritten werden. …

        

…       

        
        

1.5.   

… Die monatliche Regelarbeitszeit im Geld- und Werttransport und für Angestellte beträgt 173 Stunden im Durchschnitt des Kalenderjahres.

        

…       

        
        

§ 7

Freizeit

        

1.    

Jeder Arbeitnehmer hat pro Woche einen Anspruch auf mindestens eine unbezahlte Freischicht. …“

4

Am 11. November 2013 schlossen die Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste (BDGW) e. V. und der ver.di Bundesvorstand eine „Rahmenvereinbarung für Geld- und Wertdienste in der Bundesrepublik Deutschland“ (im Folgenden Rahmenvereinbarung), die ua. bestimmt:

        

㤠2 Besitzstandsfortschreibung und Arbeitsortprinzip

        

…       

        
        

1.    

Die Tarifparteien vereinbaren für die Laufzeit dieser Tarifvereinbarung, dass zunächst alle bis 31. Dezember 2013 für die Geld- und Wertdienstleistungsunternehmen gültigen oder nachwirkenden regionalen Tarifverträge und der Mantelrahmentarifvertrag vom 1. Dezember 2006 für das Wach- und Sicherheitsgewerbe für die Bundesrepublik Deutschland für die Geld- und Wertdienstleistungsunternehmen ab 1. Januar 2014 weitergelten, sofern nachfolgend nichts anderes vereinbart ist.

        

…       

        
        

§ 3 Arbeitszeit

        

(Punkt I.3. des abschließenden Verhandlungsergebnisses vom 11.11.2013)

        

Die regelmäßige tarifliche monatliche Arbeitszeit für Vollzeitbeschäftigte ist für 5 Tage an den Werktagen von Montag bis Samstag zu leisten und errechnet sich aus der entsprechenden Anzahl der Arbeitstage/Monat/Bundesland multipliziert x 8 Stunden pro Arbeitstag.

        

…       

        

§ 6 Mehrarbeitszuschlag

        

(Punkt I.6. des abschließenden Verhandlungsergebnisses vom 11.11.2013)

        

Bei Fortschreibung des Besitzstandes im Übrigen ist in Änderung der bisherigen Tarifregelung ein Mehrarbeitszuschlag zu zahlen für jede, über die regelmäßige monatliche Arbeitszeit gemäß § 3 Ziffer 1. hinaus angeordnete und geleistete Arbeitszeit im

        

a)    

Bundesland Nordrhein-Westfalen ab der 186. Monatsarbeitsstunde …“

5

Der Rahmenvereinbarung ist als Anlage das zuvor zwischen den Tarifvertragsparteien erzielte „Abschließende Verhandlungsergebnis zwischen der BDGW und Ver.di Bund anlässlich der 6. Tarifverhandlungsrunde am 11. November 2013 in Fulda“ (im Folgenden Verhandlungsergebnis) beigefügt, das ua. beinhaltet:

        

„I.     

Mantel

        

…       

        
        

3.    

Arbeitszeit: verstetigtes Einkommen: Arbeitstage / Monat x 8 h für Vollzeitkräfte …“

6

Betriebliche Regelungen zur Arbeitszeitverteilung bestehen bei der Beklagten nicht. Die Zuweisung von Arbeitstagen, abzuarbeitenden Touren und dienstfreien Tagen erfolgt durch mit dem Betriebsrat abgestimmte Dienstpläne.

7

In der dritten und siebten Kalenderwoche 2014 beschäftigte die Beklagte den Kläger jeweils an vier Tagen, in der achten Kalenderwoche 2014 an drei Tagen.

8

Nach erfolgloser Geltendmachung eines „Nachzahlungsanspruchs“ hat der Kläger im Juli 2014 Klage auf Zahlung weiterer Vergütung iHv. 422,40 Euro brutto erhoben.

9

Der Kläger meint, die Beklagte sei verpflichtet, ihn an fünf Tagen in der Woche einzusetzen. Obwohl er seine Arbeitskraft angeboten habe, sei er nicht entsprechend beschäftigt worden, womit ihm für weitere vier Tage Vergütung wegen Annahmeverzugs zustehe.

10

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 422,40 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. Juli 2014 zu zahlen.

11

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Tarifvertraglich bestehe keine Pflicht zur Beschäftigung der Arbeitnehmer an fünf Tagen in der Woche.

12

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Zahlungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Ein Anspruch auf Vergütung wegen Annahmeverzugs gemäß § 611 Abs. 1, § 615 Satz 1 BGB für weitere vier Tage im Januar und Februar 2014 besteht nicht. Die Beklagte war nicht verpflichtet, den Kläger an diesen Tagen zu beschäftigen.

14

I. Der Vergütungsanspruch folgt nicht aus Annahmeverzug. Das Landesarbeitsgericht hat einen solchen Anspruch, gestützt auf § 611 Abs. 1, § 615 Satz 1 BGB, zu Recht verneint.

15

1. Nach § 615 Satz 1 BGB kann der Arbeitnehmer die vereinbarte Vergütung verlangen, wenn der Arbeitgeber mit der Annahme der Arbeitsleistung in Verzug kommt. Gemäß § 293 BGB kommt der Gläubiger in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. In welchem zeitlichen Umfang der Arbeitgeber in Annahmeverzug geraten kann, richtet sich grundsätzlich nach der arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitszeit. Diese bestimmt den zeitlichen Umfang, in welchem der Arbeitnehmer berechtigt ist, Arbeitsleistung zu erbringen und der Arbeitgeber verpflichtet ist, die Arbeitsleistung anzunehmen (vgl. BAG 16. April 2014 - 5 AZR 483/12 - Rn. 13; 25. Februar 2015 - 5 AZR 886/12 - Rn. 14, BAGE 151, 45).

16

2. Die Beklagte war an den streitgegenständlichen Tagen nicht verpflichtet, den Kläger zu beschäftigen.

17

a) § 3 Rahmenvereinbarung begründet keine Pflicht, Arbeitnehmer an fünf Tagen in der Woche zu beschäftigen. Das ergibt die Auslegung der Rahmenvereinbarung.

18

aa) Bei der Rahmenvereinbarung handelt es sich um einen Tarifvertrag iSv. § 1 Abs. 1 TVG. Die Tarifvertragsparteien wählen in § 1 und § 2 Rahmenvereinbarung diese Bezeichnung. Nach ihrem Willen sollen durch Modifikation der Regelungen des MRTV unmittelbar Rechte und Pflichten für die tarifunterworfenen Arbeitsverhältnisse begründet werden (vgl. BAG 19. September 2007 - 4 AZR 670/06 - Rn. 16, BAGE 124, 110).

19

bb) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (st. Rspr., vgl. nur BAG 24. Februar 2016 - 5 AZR 225/15 - Rn. 15 mwN).

20

cc) Danach ergibt die Auslegung, dass § 3 Rahmenvereinbarung zum Zweck der Einführung eines verstetigen monatlichen Einkommens eine monatliche Mindestarbeitszeit festlegt. Die Tarifnorm enthält jedoch keine Regelung zur Verteilung dieser Arbeitszeit auf einzelne Tage.

21

(1) Nach § 3 Rahmenvereinbarung ist „die regelmäßige tarifliche monatliche Arbeitszeit für Vollzeitbeschäftigte […] für 5 Tage an den Werktagen von Montag bis Samstag zu leisten und errechnet sich aus der entsprechenden Anzahl der Arbeitstage/Monat/Bundesland multipliziert x 8 Stunden pro Arbeitstag“.

22

Bereits der Wortlaut regelt lediglich eine regelmäßige „monatliche“, nicht aber eine „wöchentliche“ oder „tägliche“ Arbeitszeit. Der Begriff der Regelmäßigkeit setzt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine gewisse Stetigkeit und Dauer voraus, auf den Rhythmus der Wiederholungen kommt es jedoch nicht an, Schwankungen und Ausnahmen sind möglich (vgl. BAG 3. Mai 1989 - 5 AZR 249/88 - zu I der Gründe zur „regelmäßigen Arbeitszeit“ nach § 2 Abs. 1 Satz 1 LFZG aF; 5. November 1992 - 6 AZR 228/91 - zu II 4 der Gründe zum Begriff der „regelmäßigen Arbeitsstelle“; 24. September 2008 - 10 AZR 106/08 - Rn. 20).

23

Die Formulierung „für 5 Tage“ statt „an 5 Tagen“ zeigt, dass die Angabe der Anzahl der Tage der Berechnung der monatlichen Arbeitszeit dient. Eine Verpflichtung zur Beschäftigung an mindestens fünf Tagen in der Woche enthält die Regelung nicht (vgl. LAG Hamm 11. März 2015 - 3 Sa 1502/14 - zu B II 4 der Gründe in Bezug auf eine tägliche Mindestarbeitszeit). Zudem spricht das Wort „errechnet“ für die Bestimmung einer Berechnungsgrundlage der monatlichen Arbeitszeit. Schließlich lässt sich nichts anderes aus der Formulierung herleiten, wonach die monatliche Arbeitszeit „zu leisten [ist]“. Die Verwendung des Indikativs kann zwar eine Verpflichtung ausdrücken, zwingend ist dies jedoch nicht (vgl. BAG 21. Januar 2003 - 1 ABR 5/02 - zu B II 2 a der Gründe; 30. September 2014 - 1 ABR 79/12 - Rn. 20).

24

(2) Auch tarifliche Systematik und Gesamtzusammenhang sprechen für die Festlegung einer monatlichen Arbeitszeit, nicht aber der wöchentlichen Mindestarbeitstage.

25

Rahmenvereinbarung und MRTV beziehen sich auch an anderer Stelle auf eine monatliche und nicht auf eine wöchentliche/tägliche Arbeitszeit. Nach § 6 Rahmenvereinbarung entsteht ein Anspruch auf Zahlung eines Mehrarbeitszuschlags nicht bei Überschreiten einer Arbeitszeit von 40 Wochenstunden, sondern nach einer näher bestimmten Anzahl geleisteter Monatsarbeitsstunden. Auch die Regelung zu Freischichten in § 7 Ziff. 1 MRTV entspricht dieser Systematik. Die Tarifnorm sieht zwar einen Anspruch jedes Arbeitnehmers auf mindestens eine unbezahlte Freischicht pro Woche vor, aus der Verwendung des Wortes „mindestens“ folgt aber, dass eine darüber hinausgehende Anzahl an unbezahlten Freischichten nicht ausgeschlossen ist.

26

(3) Regelungszweck und Entstehungsgeschichte des Verhandlungsergebnisses bestätigen das Ergebnis.

27

Zweck der Neuregelung der Arbeitszeit war nach Ziff. I.3. des Verhandlungsergebnisses die Sicherung eines verstetigten (monatlichen) Einkommens. Dieser Zweck wird schon durch Festlegung einer monatlichen Arbeitszeit erreicht. Eine Regelung der Verteilung der Arbeitszeit auf bestimmte Tage ist hierfür nicht erforderlich. Ein Wille der Tarifvertragsparteien zur weiteren Einschränkung der zuvor im MRTV vorgesehenen, weitgehenden Flexibilisierung der Arbeitszeit (vgl. hierzu BAG 14. September 2011 - 10 AZR 358/10 - Rn. 23), lässt sich weder dem Verhandlungsergebnis noch der Rahmenvereinbarung mit der erforderlichen Deutlichkeit entnehmen (vgl. hierzu BAG 19. September 2007 - 4 AZR 670/06 - Rn. 32, BAGE 124, 110).

28

b) Die Arbeitseinteilung durch die Beklagte verstößt nicht gegen andere Rechtsvorschriften. Es gibt keinen allgemeinen Grundsatz, dass jeder Arbeitnehmer von Montag bis Freitag bzw. an fünf Tagen beschäftigt werden müsse. Ist die Verteilung der Arbeitszeit - wie hier - arbeitsvertraglich nicht geregelt und auch kollektivrechtlich oder gesetzlich nicht beschränkt, legt der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit durch Weisung kraft seines Direktionsrechts fest (vgl. BAG 14. April 2014 - 5 AZR 483/12 - Rn. 18 mwN).

29

c) Weder der Klägervortrag noch die Lohnabrechnungen lassen erkennen, der Kläger sei in geringerem Umfang als durch § 3 Rahmenvereinbarung vorgesehen eingesetzt worden. Die Richtigkeit der Lohnabrechnungen ist unstreitig.

30

II. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Weber    

        

    Volk    

        

        

        

    Feldmeier    

        

    Reinders    

                 

(1) Die Vorschriften des Ersten und Zweiten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten und des öffentlichen Rechts, vorbehaltlich der Vorschriften des § 24 für die Seeschiffahrts-, Binnenschiffahrts- und Luftverkehrsbetriebe. Die Vorschriften des Ersten Abschnitts gelten mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Betriebe und Verwaltungen, in denen in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden. In Betrieben und Verwaltungen, in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden, gelten die Vorschriften des Ersten Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 2003 begonnen hat; diese Arbeitnehmer sind bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach Satz 2 bis zur Beschäftigung von in der Regel zehn Arbeitnehmern nicht zu berücksichtigen. Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach den Sätzen 2 und 3 sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.

(2) Die Vorschriften des Dritten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten Rechts sowie für Betriebe, die von einer öffentlichen Verwaltung geführt werden, soweit sie wirtschaftliche Zwecke verfolgen.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Kündigt der Arbeitgeber wegen dringender betrieblicher Erfordernisse nach § 1 Abs. 2 Satz 1 und erhebt der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 keine Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, hat der Arbeitnehmer mit dem Ablauf der Kündigungsfrist Anspruch auf eine Abfindung. Der Anspruch setzt den Hinweis des Arbeitgebers in der Kündigungserklärung voraus, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt ist und der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann.

(2) Die Höhe der Abfindung beträgt 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. § 10 Abs. 3 gilt entsprechend. Bei der Ermittlung der Dauer des Arbeitsverhältnisses ist ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten auf ein volles Jahr aufzurunden.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Schreibfehler, Rechnungsfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die in dem Urteil vorkommen, sind jederzeit von dem Gericht auch von Amts wegen zu berichtigen.

(2) Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(3) Gegen den Beschluss, durch den der Antrag auf Berichtigung zurückgewiesen wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, findet sofortige Beschwerde statt.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.