Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 05. März 2012 - 5 Sa 597/11

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2012:0305.5SA597.11.0A
bei uns veröffentlicht am05.03.2012

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 15.09.2011, Az.: 9 Ca 639/11 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob der Kläger von dem beklagten Land eine Entschädigung wegen der Diskriminierung als Schwerbehinderter verlangen kann.

2

Das beklagte Land hat eine zu besetzende Stelle wie folgt ausgeschrieben:

3

"…einer/eines Chefsekretärin/Chefsekretärs

        

in Vollzeitbeschäftigung im Vorzimmer der Staatssekretärin zu besetzen.

        

Gesucht wird eine engagierte, belastbare, teamfähige, flexible und verantwortungsbewusste Persönlichkeit, die alle Sekretariatsaufgaben (Führung von Wiedervorlagelisten, Überwachung von Fristen, Vereinbarung und Vorbereitung von Terminen, Organisation von Besprechungen, Schreibtischtätigkeiten u. ä, m.) sicher beherrscht. Erwartet werden des Weiteren neben guten EDV-Kenntnissen, insbesondere im Umgang mit Microsoft-Office-Produkten, ein sicheres, freundliches Auftreten und Organisationsgeschick. Eine abgeschlossene Ausbildung als Fachkraft für Bürokommunikation bzw. als Rechtsanwaltsfachgehilfin/Rechtsanwaltsfachgehilfe oder eine ähnliche Ausbildung wird für diese Stelle vorausgesetzt. Verwaltungserfahrung ist wünschenswert.

        

…       

        

…Bewerbungen schwerbehinderter Menschen werden bei entsprechender Eignung bevorzugt."

4

Der Kläger hat sich auf diese Stelle mit Schreiben vom 13.10.2010 (Bl. 15, 16 d.A.) beworben. Ausweislich dieses Bewerbungsschreibens und des im Rahmen des erstinstanzlichen Rechtszuges zur Akte gelangten Lebenslaufs (Bl. 56 ff. d.A.) verfügt der Kläger über eine im Jahr 1978 abgeschlossenen Ausbildung zum Sparkassen-Kaufmann. Nach einer Zeit der Berufstätigkeit in seinem Ausbildungsberuf bei der Sparkasse A-Stadt studierte er bis zum 31.12.1982 Jura, ohne insoweit einen Abschluss zu absolvieren und nahm dann nach aushilfsweiser Tätigkeit bei der Sparkasse A-Stadt und der Volksbank A-Stadt ein Angebot letzterer für eine Tätigkeit als Bankkaufmann an. Hinsichtlich der weiteren beruflichen Tätigkeiten des Klägers wird auf Seite 2, 3 der angefochtenen Entscheidung (= Bl. 112, 113 d.A.) Bezug genommen.

5

Das beklagte Land, das den zu besetzenden Arbeitsplatz frühzeitig der Agentur für Arbeit gemeldet hatte, erhielt 180 Bewerbungen. 11 davon stammen von schwerbehinderten Menschen. Über diese wurde die Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen unmittelbar nach Eingang unterrichtet. Das beklagte Land erstellte eine Übersicht über diese Bewerbungen; insoweit wird auf Bl. 52, 53 d.A. Bezug genommen.

6

Alle Bewerbungen wurden im Hinblick auf die Ausbildungsvoraussetzungen nach Maßgabe der Stellenausschreibung überprüft. In dieser ersten Vorauswahl wurde entschieden, wer zu einem Gespräch geladen wurde. Der Kläger und drei weitere schwerbehinderte Menschen, die in der zuvor dargestellten Übersicht aufgeführt sind, wurden nicht zu diesem Personenkreis gezählt und folglich nicht eingeladen. Sechs Bewerber/innen, darunter der schwerbehinderte Bewerber Herr L. sowie die schwerbehinderte Bewerberin Frau G. wurden zu einer Arbeitsprobe für den 05. und 08.11.2010 eingeladen. Die Bewerberin Frau G. nahm vor diesem Termin ihre Bewerbung zurück. Nach Auswertung des Einstellungstests wurden noch vier Personen - einschließlich des schwerbehinderten Herrn L. - zum Vorstellungsgespräch am 09.11.2011 bei der Staatssekretärin eingeladen. Diese entschied sich für Herrn F. Ch. mit einer Ausbildung als Fachkraft Bürokommunikation.

7

Dem Kläger wurde sodann unter dem 16.11.2010 mitgeteilt, dass man sich für einen anderen Bewerber entschieden habe.

8

Im vorliegenden Rechtsstreit verlangt der Kläger nach vergeblicher außergerichtlicher Geltendmachung die Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG.

9

Der Kläger hat vorgetragen,

10

über die vielen Jahre seiner Beschäftigung in sämtlichen Bereichen, auch in Sekretariatsbereichen, habe er Erfahrungen gesammelt, was sich aus den von ihm vorgelegten Zeugnissen ergebe. Gleiches ergebe sich aus seiner langjährigen Beschäftigung als Verwaltungsangestellter. Auch als Bankkaufmann müsse man Termine vorbereiten, Fristen einhalten, Telefonate führen, Besucher empfangen und Post bearbeiten; insoweit handele es sich allesamt um Tätigkeiten, die jedem Büroarbeitsplatz immanent seien. Es sei ihm folglich nicht fremd, eingehende Post nach der Organisation des Büros zu sortieren und ausgehende Post nach Unterschriftskontrolle versandfertig zu machen. Er sei ferner in der Lage, Besucher zu empfangen, Telefongespräche zu führen und Anliegen zu erfragen. Dies ergebe sich bereits aus seiner Tätigkeit beim Amt für Straßen- und Verkehrswesen X-Stadt in der Schadenssachbearbeitung. Auch könne er einfachen Schriftverkehr bearbeiten und einfache Aktenvermerke verfassen sowie Schriftverkehr nach Diktat führen. Mit Registraturarbeiten sei er während seiner Tätigkeit im Ausländeramt in L-Stadt betraut gewesen. Welche besonderen Qualifikationen auf der nun in Rede stehenden Stelle im Vorzimmer benötigt würden, ergebe sich aus dem Sachvortrag des beklagten Landes nicht. Eine einjährige Einarbeitszeit sei jedenfalls zu bestreiten, vielmehr sei er ohne nennenswerte Einarbeitszeit in der Lage, die Tätigkeiten eines Vorzimmers zu bewältigen. Nachdem die Mitbewerberin G. - Ausbildung als Zahnarzthelferin, bis 2010 umgeschult zur Verwaltungsfachangestellten - und die Mitbewerberin T. - Ausbildung zur Fremdsprachenhostess und Werbekauffrau, von 2000 bis 2010 Sekretärin/Assistentin sowie Sachbearbeiterin/Sekretärin in verschiedenen Firmen - zum Vorstellungsgespräch geladen worden seien, habe man ihn insoweit nicht außen vor lassen dürfen. Das seitens des beklagten Landes für Herr F. Ch. behauptete beste Ergebnis beim Einstellungstest sowie die Ergebnisse seiner Vorstellungsrunde bestreite er mit Nichtwissen.

11

Der Kläger hat beantragt,

12

das beklage Land zu verurteilen, an ihn eine Entschädigung nach billigem Ermessen des Gerichts, mindestens jedoch in Höhe von € 9.724,62 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

13

Das beklagte Land hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Das beklagte Land hat vorgetragen,
weder das abgebrochene Jurastudium des Klägers noch seine Ausbildung zum Bankkaufmann erfüllten die zwingenden Ausbildungsvoraussetzungen der Stellenbeschreibung. Unter ähnlichen Ausbildungen in diesem Sinne seien nur solche zu verstehen, die von demselben Berufsfeld erfasst würden, wie z.B. Fremdsprachensekretär/in, Arztsekretär/in, Kommunikationsassistent/in. Dass der Kläger je Sekretariatsaufgaben wahrgenommen habe, wofür die sichere Beherrschung aller Sekretariatsaufgaben in der Ausschreibung gefordert worden sei, sei aus seinen Zeugnissen nicht erkennbar. Die Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen habe nach eingehender Prüfung sieben schwerbehinderte Bewerber/innen für die Teilnahme an Vorstellungsgesprächen vorgeschlagen; im Falle des Klägers habe auch die Zeugin H. gegen eine Einladung votiert. Die Ausbildungsrahmenpläne für die Ausbildung zur Fachkraft zur Bürokommunikation sowie die Ausbildung zur/zum Rechtsanwaltsfachangestellten sähen die "Büropraxis und -organisation" bzw. bürowirtschaftliche Abläufe/Bürokommunikationen" mit den zu vermittelnden Fertigkeiten und Kenntnissen wie z.B. Termin- und Fristenkontrolle betreiben sowie Termine und Fristen überwachen, eingehende Post nach der Organisation des Büros sortieren, ausgehende Post nach Unterschriftenkontrolle versandfertig machen, Besucher empfangen, Telefongespräche führen und Anliegen erfragen, Schriftverkehr nach Diktat führen, einfachen Schriftverkehr bearbeiten und einfache Aktenvermerke verfassen sowie Registraturarbeiten sachgerecht durchführen usw. als einen wesentlichen Teil des Ausbildungsberufes vor. Des Weiteren beinhalteten beide Ausbildungen die Vermittlung von Fertigkeiten und Kenntnissen auf dem Gebiet der Rechtsanwendung. Aufgrund der Vermittlung aller dieser Fertigkeiten und Kenntnisse sei man davon ausgegangen, dass Absolventen gerade dieser Ausbildung in der Lage seien, die Tätigkeiten im Vorzimmer ohne nennenswerte Einarbeitung zu bewältigen. Der Erwerb von Fertigkeiten für Teilbereiche der ausgeschriebenen Stelle auf autodidaktischem Weg bzw. durch Erfahrungen in fremden Berufen genüge auf einer Schlüsselposition wie dem Vorzimmer einer Staatssekretärin nicht aus. Auch im Vergleich zu den anderen schwerbehinderten Bewerber/innen stelle seine Bewerbung keine Konkurrenz dar.

16

Das Arbeitsgericht Mainz hat die Klage daraufhin durch Urteil vom 18.08.2011 - 9 Ca 639/11 - abgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 112 bis 120 d.A. Bezug genommen.

17

Gegen das ihm am 06.10.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger durch am 26.10.2011 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Er hat die Berufung durch am 06.01.2012 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet, nachdem zuvor auf seinen begründeten Antrag hin durch Beschluss vom 17.11.2011 die Frist zur Einreichung der Berufungsbegründung bis zum 06.01.2012 einschließlich verlängert worden war.

18

Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor: Bereits die Nichteinladung zu einem persönlichen Bewerbergespräch lasse eine den Entschädigungsanspruch auslösende Benachteiligung vermuten. Diese werde bestärkt dadurch, dass das beklagte Land zwei Mitbewerberinnen zu einem Vorstellungsgespräch geladen habe, die gleichfalls nicht über die im Stellenprofil geforderten Ausbildungen verfügten. Insgesamt sei die eingetretene Vermutung zum Nachteil des beklagten Landes von diesem nicht widerlegt worden. Auf nachträglich gebildete Maßstäbe dürfe sich das beklagte Land nicht berufen. Dem Kläger sei die Möglichkeit genommen worden, trotz etwaiger Zweifel an seiner Eignung das beklagte Land in einem persönlichen Gespräch von sich zu überzeugen. Diese Chance sei durch das Verhalten des beklagten Land vereitelt worden.

19

Zur weiteren Darstellung der Auffassung des Klägers wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 06.01.2012 (Bl. 144 bis 150 d.A.) Bezug genommen.

20

Der Kläger beantragt,

21

das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger eine Entschädigung nach billigem Ermessen des Gerichts, mindestens jedoch in Höhe von EURO 9.724,62 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

22

Das beklagte Land beantragt,

23

die Berufung zurückzuweisen.

24

Das beklagte Land verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor:

25

Die zunächst eingetretene Vermutungswirkung sei schon deshalb widerlegt, weil es auch andere schwerbehinderte Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen habe. Entscheidend sei deshalb vorliegend allein, dass der Kläger offensichtlich ungeeignet für die ausgeschriebene Stelle gewesen sei, so dass die Einladung habe unterbleiben dürfen. Was die beiden gleichwohl, d.h. trotz bestehender Zweifel an der Eignung, vom Kläger benannten Bewerberinnen anbelange, sei die Einladung ja gerade deshalb erfolgt, um angesichts einer bei diesen noch nicht als offensichtlich angenommenen Ungeeignetheit durch ein persönliches Gespräch und entsprechender Nachfragen bestehende Zweifel auszuräumen. Das beklagte Land habe insoweit keineswegs Maßstäbe gebildet, die erst im Auswahlverfahren Geltung erlangt hätten. Maßgeblich sei vielmehr das in der Stellenausschreibung vorgegebene Anforderungsprofil.

26

Zur weiteren Darstellung der Auffassung des beklagten Landes wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 07.02.2012 (Bl. 161 bis 166 d.A.) Bezug genommen.

27

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

28

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 05.03.2012 (Bl. 168 ff. d.A.).

Entscheidungsgründe

I.

29

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

30

Das Rechtsmittel der Berufung des Klägers hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

31

Denn das Arbeitsgericht ist sowohl im Ergebnis als auch in seiner Begründung zu Recht davon ausgegangen, dass die Klage des Klägers unbegründet ist.

32

Der Kläger hat gegen das beklagte Land keinen Anspruch auf Entschädigung nach §§ 7 Abs. 1, 15 Abs. 1, 2 AGG. Die tatsächlichen Voraussetzungen für die Annahme einer Benachteiligung des Klägers wegen seiner Behinderung liegen nicht vor. Nach Maßgabe der vorgenannten Vorschriften hat ein Arbeitnehmer, der entgegen des in § 7 Abs. 1 AGG genannten Verbots wegen eines der in § 1 AGG genannten Merkmale benachteiligt worden ist, Anspruch auf Schadensersatz (§ 15 Abs. 1 AGG), gegebenenfalls auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung in Geld, wenn kein Vermögensschaden vorliegt. Dabei darf gemäß § 15 Abs. 2 AGG die Entschädigung drei Monatseinkünfte nicht übersteigen, wenn es um den Fall einer Benachteiligung bei einer Bewerbung geht und der abgelehnte Bewerber auch bei diskriminierungsfreier Behandlung die Stelle nicht erhalten hätte. Gemäß § 15 Abs. 4 AGG bedarf es der Geltendmachung der Ansprüche binnen drei Monaten nach Ablehnung der Bewerbung.

33

Eine rechtzeitige Geltendmachung durch den Kläger im Sinne der zuletzt genannten Vorschriften ist gegeben; es fehlt aber in der Sache an seiner Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung. Ein für den Entschädigungsanspruch - und nur den macht der Kläger vorliegend geltend - nach § 15 Abs. 2 AGG erforderlicher Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot liegt nicht vor. Es ergeben sich weder Indiztatsachen im Sinne von § 22 AGG, die eine Benachteiligung vermuten lassen, noch liegen sonstige Anhaltspunkte vor, die für eine Benachteiligung des Klägers gerade wegen seiner Behinderung sprechen.

34

Das beklagte Land hat seine Pflichten gemäß § 81 Abs. 1 Satz 2, 4 SGB IX erfüllt; auch eine Zuwiderhandlung gegen § 82 Satz 2, 3 SGB IX, die die Vermutung einer Benachteiligung wegen einer Behinderung begründen könnte, ist nicht gegeben. Das beklagte Land durfte letztlich von einer Einladung des Klägers absehen, weil ihm die fachliche Eignung für die ausgeschriebene Stelle offensichtlich fehlte.

35

§ 82 SGB IX normiert besondere Pflichten für den öffentlichen Arbeitgeber, u.a. zur Einladung zu einem Vorstellungsgespräch. Wird ein Schwerbehinderter entgegen § 82 S. 2 SGB IX auf seine Bewerbung hin (vorausgesetzt werden vollständige Bewerbungsunterlagen; Sächs. LAG 14.09.2005 LAGE § 81 SGB IX Nr. 6) auf eine von einem öffentlichen Arbeitgeber ausgeschriebene Stelle nicht zum Vorstellungsgespräch geladen, obwohl ihm die fachliche Eignung für die zu besetzende Stelle nicht offensichtlich fehlt (s. dazu BAG 21.07.2009 EzA § 82 SGB IX Nr. 1; LAG Saarl. 13.02.2008 LAGE § 82 SGB IX Nr. 2; BVerwG 22.02.2008 - 5 B 209/07 - EzA-SD 4/2009 S. 16 LS; 03.03.2011 NZA 2011, 977), begründet dies die Vermutung der Benachteiligung wegen der Behinderung i.S.v. § 81 Abs. 2 SGB IX (BAG 12.09.2006 EzA § 81 SGB IX Nr. 4; LAG Nds. 24.04.2008 LAGE § 15 AGG Nr. 4; LAG SchlH 08.11.2005 - 5 Sa 277/05 - EzA-SD 1/2006 S. 15 LS; BVerwG 22.02.2008 - 5 B 209/07 - EzA-SD 4/2009 S. 16 LS). Der öffentliche Arbeitgeber kann den vorliegenden Verstoß heilen, wenn er den Bewerber im noch laufenden Bewerbungsverfahren nachträglich zu einem Bewerbungsgespräch einlädt. Dies gilt auch, wenn die Einladung erst erfolgt, nachdem der Bewerber selbst auf den Verstoß hingewiesen hat; der Wegfall der Indizwirkung nach § 22 AGG tritt auch dann ein, wenn der Bewerber die Nachholung des Bewerbungsgesprächs durch eigene Absage des Gesprächs unmöglich macht (ArbG Hamburg 01.02.2011 NZA-RR 2011, 444).

36

Ein schwerbehinderter Bewerber muss nach der gesetzlichen Regelung bei einem öffentlichen Arbeitgeber die Chance eines Vorstellungsgesprächs bekommen, wenn seine fachliche Eignung zweifelhaft, aber nicht offensichtlich ausgeschlossen ist. Er soll den Arbeitgeber im Vorstellungsgespräch von seiner Eignung überzeugen können (BAG 21.07.2009 EzA § 82 SGB IX Nr.2); ob die fachliche Eignung offensichtlich fehlt, ist an dem vom öffentlichen Arbeitgeber mit der Stellenausschreibung bekannt gemachten Anforderungsprofil zu messen (BVerwG 03.03.2011 NZA 2011, 977). Diese Voraussetzung ist aber jedenfalls dann gegeben, wenn es aus Rechtsgründen ausgeschlossen ist, den Arbeitsplatz mit dem Bewerber zu besetzen (BVerwG 15.12.2011 2 A 13, 10 FA 2012, 75).

37

Gleiches gilt dann, wenn feststeht, dass der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung entgegen § 81 Abs. 1 S. 4 SGB IX nicht über die eingegangene Bewerbung eines bestimmten schwerbehinderten Menschen unterrichtet hat (BAG 15.02.2005 EzA § 81 SGB IX Nr. 6; LAG Hamm 17.11.2005 - 8 Sa 1213/05 - FA 2006, 190 LS), sowie dann, wenn er dem Arbeitnehmer entgegen § 81 Abs. 1 S. 9 SGB IX keine Gründe für die Ablehnung der Bewerbung mitgeteilt hat (LAG Hessen 07.11.2005 NZA-RR 2006, 312 u. 22.03.2006 - 2 Sa 1686/05 - ArbuR 2006, 373 LS). Andererseits bleibt es dem Arbeitgeber überlassen, z.B. in der veröffentlichten Stellenausschreibung das Anforderungsprofil einer zu besetzenden Stelle festzulegen; daran bleibt er für die Dauer des Auswahlverfahrens dann aber auch gebunden (BAG 21.07.2009 EzA § 82 SGB IX Nr. 1; s.a. BVerwG 03.03.2011 5 C 16.10 FA 2011, 205 = NZA 2011, 977). Entspricht der Bewerber diesem nicht, auch wenn er höher qualifiziert ist und wird er deswegen nicht im Auswahlverfahren berücksichtigt, so liegt selbst dann keine Diskriminierung wegen der Schwerbehinderung vor, wenn der Arbeitgeber bei der Bewerbung Verfahrensvorschriften nicht eingehalten hat (unterbliebene Mitteilung an die Bundesagentur für Arbeit, unterbliebene Einladung zum Vorstellungsgespräch; LAG RhPf 01.09.2005 ZTR 2006, 207); Verfahrensfehler ersetzen nicht die notwendige Kausalität zwischen der Schwerbehinderung und dem Nachteil der erfolglosen Bewerbung (VGH BW 21.09.2005 BB 2006, 559 LS).

38

Ein Anspruch auf Einladung besteht auch dann nicht, wenn der öffentliche Arbeitgeber den Arbeitsplatz berechtigterweise nur intern zur Besetzung ausschreibt (BVerwG 15.12.2011 2 A 13, 10 FA 2012, 75).

39

Der Arbeitnehmer trägt an sich die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen u.a. einer Diskriminierung und der Kausalität zwischen Behinderung und Nichteinstellung (VGH BW 21.09.2005 BB 2006, 559 LS). Eine unterbliebene Einladung ist allerdings ein Indiz für die Vermutung, der Bewerber sei wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt worden. Diese Vermutung kann der öffentliche Arbeitgeber nur durch den Beweis widerlegen, dass für die Nichteinladung nur solche Gründe vorgelegen haben, welche nicht die fehlende Eignung des Bewerbers oder dessen Schwerbehinderung betreffen (BAG 16.02.2012 - 8 AZR 697/10 -).

40

Der Arbeitnehmer kann zudem gemäß § 81 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 S. 3 SGB IX eine Beweislastverschiebung herbeiführen, indem er Hilfstatsachen darlegt und ggf. unter Beweis stellt, die eine Benachteiligung wegen der Schwerbehinderteneigenschaft vermuten lassen. Ein Indiz für eine Benachteiligung ist bei einem öffentlichen Arbeitgeber die unterbliebene Einladung des schwerbehinderten Bewerbers zum Vorstellungsgespräch (BAG 21.07.2009 EzA § 82 SGB IX Nr. 1). Der Arbeitgeber trägt dann die Beweislast dafür (§ 22 AGG), dass nicht auf die Behinderung bezogene Gründe seine Einstellungsentscheidung rechtfertigen, wenn der Bewerber glaubhaft macht, wegen seiner Behinderung benachteiligt worden zu sein. Das Gericht muss die Überzeugung einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen Schwerbehinderteneigenschaft und nachteiliger Entscheidung gewinnen (BAG 21.07.2009 EzA § 82 SGB IX Nr. 1; 12.09.2006 EzA § 81 SGB IX Nr. 14; 15.02.2005 EzA § 81 SGB IX Nr. 6; Sächs. LAG 19.09.2007 - 5 Sa 552/06 - ArbuR 2008, 403 LS; BVerwG 22.02.2008 - 5 B 209/07 - EzA-SD 4/2009 S. 16 LS).

41

Für den Nachweis, dass für die Nichteinladung einer Bewerberin oder eines Bewerbers zum Vorstellungsgespräch ausschließlich andere Gründe als die Behinderung erheblich waren, kann ein öffentlicher Arbeitgeber insoweit nur solche Gründe heranziehen, die nicht die fachliche Eignung betreffen. Hierfür enthält die in § 82 S. 3 SGB IX geregelte Ausnahme mit dem Erfordernis der "offensichtlich" fehlenden Eignung eine abschließende Regelung (BVerwG 03.03.2011 NZA 2011, 977).

42

Betrifft die Stellenbewerbung z.B. den Zugang zu einem öffentlichen Amt i.S.d. Art. 33 Abs. 2 GG (Volljurist bei einer Körperschaft des öffentlichen Rechts), so kann die Vermutung nicht bereits allein durch den Nachweis einer um mehrere Stufen besseren Examensnote des eingestellten Bewerbers entkräftet werden (BAG 21.07.2009 EzA § 82 SGB IX Nr. 1); die Berücksichtigung von Notenstufen stellt dann ein unzulässiges Nachschieben von Auswahlkriterien dar (a.A. LAG Nds. 24.04.2008 LAGE § 15 AGG Nr. 4), wenn in der Stellenausschreibung ausdrückliche Mindestanforderungen (z.B. Prädikatsexamen) nicht genannt werden (a.A. LAG Hamm 17.11.2005 - 8 Sa 1213/05 - FA 2006, 190 LS; s.a. Sachs. LAG 19.09.2007 - 5 Sa 552/06 - ArbuR 2008, 403 LS: ein bloßer Qualifikationsvorsprung eines anderen Bewerbers begrenzt den Entschädigungsanspruch). Die bessere Eignung von Mitbewerbern schließt eine Benachteiligung also nicht aus. Das folgt schon aus § 15 Abs. 2 S. 2 AGG. Danach ist selbst dann eine Entschädigung zu leisten, wenn der schwerbehinderte Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Daran zeigt sich, dass die Bestimmungen in § 81 Abs. 2 S. 1 SGB IX, § 82 S. 2 SGB IX i.V.m. § 15 Abs. 2 AGG das Recht des Bewerbers auf ein diskriminierungsfreies Bewerbungsverfahren schützen. Unter das Benachteiligungsverbot fallen auch Verfahrenshandlungen. Sind die Chancen eines Bewerbers bereits durch ein diskriminierendes Verfahren beeinträchtigt worden, kommt es nicht mehr darauf an, ob die (Schwer-)Be-hinderung bei der abschließenden Einstellungsentscheidung noch eine nachweisbare Rolle gespielt hat. Für den Bewerbungsverfahrensanspruch gelten deshalb andere Kriterien als für die Bestenauslese nach Art. 33 Abs. 2 GG (BAG 21.07.2009 EzA § 82 SGB IX Nr. 1; BVerwG 03.03.2011 NZA 2011, 977).

43

Auch kann der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes die Benachteiligungsvermutung nicht allein mit dem Hinweis widerlegen, der Arbeitnehmer erfülle nicht den in der Stellenausschreibung verlangten formalen Ausbildungsabschluss einer bestimmten Hochschulart. Denn der öffentliche Arbeitgeber ist im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 GG gehalten, das Anforderungsprofil ausschließlich nach objektiven Kriterien festzulegen. Daher ist es unzulässig, einen für die Art der Tätigkeit nicht erforderlichen Ausbildungsabschluss einer bestimmten Hochschulart (z.B. Fachhochschuldiplom) zu verlangen; Bewerber mit gleichwertigen Bildungsabschlüssen dürfen nicht ausgeschlossen werden (BAG 12.09.2006 EzA § 81 SGB IX Nr. 14).

44

Entgegen der Auffassung des LAG Hessen (07.11.2005 NZA-RR 2006, 312) ist es dem Arbeitgeber im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung auch nicht verwehrt, sich auf sachliche Gründe für die Ablehnung zu berufen, die er dem betroffenen Bewerber bei seiner Unterrichtung nach § 81 Abs. 1 S. 9 SGB IX nicht mitgeteilt hat.

45

Die Einhaltung der Ausschlussfrist nach § 81 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 SGB IX zur Geltendmachung einer Entschädigung wegen Diskriminierung setzt nicht die Angabe einer bestimmten Forderungshöhe voraus. Denn nach dem Gesetz muss lediglich "ein Anspruch" geltend gemacht werden (BAG 15.02.2005 EzA § 81 SGB IX Nr. 6).

46

Maßgeblich für die objektive Eignung ist das vom öffentlichen Arbeitgeber unter Berücksichtigung von Art. 33 Abs. 2 GG erstellte Anforderungsprofil (s.a. BAG 16.09.2008 EzA § 81 SGB IX Nr. 17; 21.07.2009 EzA § 82 SGB IX Nr. 1; BVerwG 03.03.2011 NZA 2011, 977, 15.12.2011 2 A 13, 10 FA 2012, 75) sowie zuletzt BAG 16.02.2012 - 8 AZR 697/10 -). Insoweit wird zur weiteren Begründung auf Seite 7, 8 der angefochtenen Entscheidung (= Bl. 117, 118 d.A.) Bezug genommen.

47

Nach Maßgabe dieser Kriterien ist der Kläger entgegen der von ihm vertretenen Auffassung als offensichtlich ungeeignet anzusehen, weil er das Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle nicht erfüllt. Der Kläger verfügt über keine der ausdrücklich aufgeführten Ausbildungen und auch nicht über eine "ähnliche" Ausbildung.

48

Das Arbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass das, was eine "ähnliche" Ausbildung in diesem Sinne ist, sich anhand der in der Stellenbeschreibung angeführten Tätigkeit und der zu bewältigenden "Sekretariatsaufgaben", die auch beispielhaft aufgeführt werden, ermitteln lässt. Danach muss es sich bei den auch zugelassenen Ausbildungen - ebenso wie bei den ausdrücklich genannten Ausbildungsgängen - um solche handeln, die auch Sekretariatstätigkeiten im Ausbildungsplan enthalten. Das ist bei der Ausbildung zum Bankkaufmann bzw. Sparkassenkaufmann nach den jeweiligen Ausbildungsplänen nicht der Fall. Der Kläger selbst behauptet auch lediglich, dass die Ausbildung zum Bürokaufmann üblicherweise auch die Büroorganisation umfasse, trägt entsprechendes aber nicht zum Bankkaufmann vor. Dass er möglicherweise aufgrund seiner beruflichen Verwaltungserfahrung in der Lage wäre, zumindest nach einer Einarbeitungszeit auch Sekretariatsarbeiten, wie sie vorliegend gefordert werden, die sich durch die (Mit-)Organisation der Arbeit einer anderen Person hervorheben, ausführen könnte, spielt demgegenüber keine Rolle. Denn die Stellenausschreibung fordert unter dem Gesichtspunkt der Bestenauslese und im Hinblick auf die in Rede stehende konkrete Position zutreffend eine entsprechende Ausbildung. Der Festlegung einer formalen Ausbildungsqualifikation kommt gerade die Aufgabe zu, die durch eine Prüfung nachgewiesener Befähigung zur Erledigung bestimmter Aufgaben abstrakt zu beschreiben.

49

Der Kläger beruft sich insoweit ohne Erfolg darauf, dass das beklagte Land die Bewerberinnen L. und T. trotz ebenfalls nicht gegebener einschlägiger oder ähnlicher Ausbildung zum Vorstellungsgespräch eingeladen hat. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung (= S. 9, 10 = Bl. 119, 120 d.A.) Bezug genommen. Denn dass schwerbehinderte Bewerber/innen eingeladen wurden, die ihrerseits nicht oder möglicherweise "offensichtlich" nicht geeignet im Sinne des § 82 S. 3 SGB IX sind, ändert nichts daran, dass dem Kläger seinerseits die fachliche Eignung offensichtlich fehlt und er gerade deshalb nicht zum Vorstellungsgespräch einzuladen war. Aus der Tatsache, dass der Kläger nicht zum Vorstellungsgespräch geladen wurde, folgt somit vorliegend keine Vermutung für eine Benachteiligung des Klägers. Damit ist die Klage unbegründet, nachdem weitere Tatsachen, die eine Diskriminierung des Klägers aufgrund seiner Schwerbehinderung belegen könnten, nicht ersichtlich und insbesondere nicht vorgetragen sind.

50

Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts. Es enthält zum einen keine neuen, nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tatsachenbehauptungen unter Beweisantritt, die zu einem anderen Ergebnis führen könnten. Gleiches gilt für neue Rechtsbehauptungen zur Auslegung der hier maßgeblichen Vorschriften. Es macht lediglich deutlich, dass der Kläger - aus seiner Sicht verständlich - mit der tatsächlichen und rechtlichen Bewertung des streitgegenständlichen Lebenssachverhalts durch das Arbeitsgericht, der die Kammer folgt, nicht einverstanden ist. Gerade nach dem persönlichen Eindruck, den die Kammer in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht gewonnen hat, ist es letztlich sicherlich bedauerlich, dass der Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde. Denn er hat dort einen durchweg positiven, aufgeschlossenen und ausgesprochen leistungswilligen Eindruck hinterlassen, der letztlich auch durch seine im vorliegenden Verfahren belegte berufliche Entwicklung bestätigt wird. Andererseits war auf Grund der zuvor dargestellten gesetzlichen Rahmenbedingungen und der entsprechenden Befugnisse des beklagten Landes eine andere Entscheidung ausgeschlossen.

51

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

52

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

53

Für eine Zulassung der Revision war angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

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Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 05. März 2012 - 5 Sa 597/11 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

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Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 5. Oktober 2010 - 13 Sa 488/10 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des U

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Urteil, 08. Nov. 2005 - 5 Sa 277/05

bei uns veröffentlicht am 08.11.2005

Tenor 1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 13. Mai 2005, Az. 3 Ca 2823 c/04, wird abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 3.500,00 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 3. November 2004 zu zahlen. 2. Die Kost

Referenzen

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

Wird innerhalb der Berufungsfrist ein Urteil durch eine nachträgliche Entscheidung ergänzt (§ 321), so beginnt mit der Zustellung der nachträglichen Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist auch für die Berufung gegen das zuerst ergangene Urteil von neuem. Wird gegen beide Urteile von derselben Partei Berufung eingelegt, so sind beide Berufungen miteinander zu verbinden.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten werden erbracht, um Leistungsberechtigten die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Die Leistungen sind insbesondere darauf gerichtet, die Leistungsberechtigten in Fördergruppen und Schulungen oder ähnlichen Maßnahmen zur Vornahme lebenspraktischer Handlungen einschließlich hauswirtschaftlicher Tätigkeiten zu befähigen, sie auf die Teilhabe am Arbeitsleben vorzubereiten, ihre Sprache und Kommunikation zu verbessern und sie zu befähigen, sich ohne fremde Hilfe sicher im Verkehr zu bewegen. Die Leistungen umfassen auch die blindentechnische Grundausbildung.

Leistungen zur Förderung der Verständigung werden erbracht, um Leistungsberechtigten mit Hör- und Sprachbehinderungen die Verständigung mit der Umwelt aus besonderem Anlass zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Leistungen umfassen insbesondere Hilfen durch Gebärdensprachdolmetscher und andere geeignete Kommunikationshilfen. § 17 Absatz 2 des Ersten Buches bleibt unberührt.

Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten werden erbracht, um Leistungsberechtigten die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Die Leistungen sind insbesondere darauf gerichtet, die Leistungsberechtigten in Fördergruppen und Schulungen oder ähnlichen Maßnahmen zur Vornahme lebenspraktischer Handlungen einschließlich hauswirtschaftlicher Tätigkeiten zu befähigen, sie auf die Teilhabe am Arbeitsleben vorzubereiten, ihre Sprache und Kommunikation zu verbessern und sie zu befähigen, sich ohne fremde Hilfe sicher im Verkehr zu bewegen. Die Leistungen umfassen auch die blindentechnische Grundausbildung.

Leistungen zur Förderung der Verständigung werden erbracht, um Leistungsberechtigten mit Hör- und Sprachbehinderungen die Verständigung mit der Umwelt aus besonderem Anlass zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Leistungen umfassen insbesondere Hilfen durch Gebärdensprachdolmetscher und andere geeignete Kommunikationshilfen. § 17 Absatz 2 des Ersten Buches bleibt unberührt.

Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten werden erbracht, um Leistungsberechtigten die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Die Leistungen sind insbesondere darauf gerichtet, die Leistungsberechtigten in Fördergruppen und Schulungen oder ähnlichen Maßnahmen zur Vornahme lebenspraktischer Handlungen einschließlich hauswirtschaftlicher Tätigkeiten zu befähigen, sie auf die Teilhabe am Arbeitsleben vorzubereiten, ihre Sprache und Kommunikation zu verbessern und sie zu befähigen, sich ohne fremde Hilfe sicher im Verkehr zu bewegen. Die Leistungen umfassen auch die blindentechnische Grundausbildung.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

Tenor

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 13. Mai 2005, Az. 3 Ca 2823 c/04, wird abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 3.500,00 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 3. November 2004 zu zahlen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits I. und II. Instanz trägt der Kläger zu 4/5 und die Beklagte zu 1/5.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger eine Entschädigung zu zahlen hat, weil sie ihn bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt hat.

2

Die Beklagte schrieb Stellen für "IT-Systemspezialisten für den Prüf- und Beratungsdienst" aus. In der Stellenanzeige legte sie das Anforderungsprofil wie folgt fest:

3

"Es kommen Diplom-Informatiker/innen, Diplom-Wirtschaftsinformatiker/innen oder Diplombetriebswirte/innen mit Schwerpunkt Informatik ebenso in Betracht, wie Mitarbeiter aus der Verwaltung mit mehrjähriger Erfahrung in der Administration von IT-Systemen. Es sollen sich aber auch "Quereinsteiger" angesprochen fühlen, die über fundierte IT-Systemkenntnisse (vergleichbar MCSE-Qualifikation) verfügen."

4

Hierauf bewarb sich der am ….1964 geborene und zu 60 % schwerbehinderte Kläger fristgerecht mit Schreiben vom 01.07.2004 und fügte seinen Lebenslauf, diverse Zeugnisse und Bescheinigungen sowie den Schwerbehindertenausweis bei (Bl. 6 ff. d. GA.). Der Kläger besitzt die allgemeine Hochschulreife, absolvierte eine Ausbildung zum technischen Assistenten für Informatik, legte jeweils die Vordiplome in den Studiengängen technische Informatik und Softwaretechnik an der Fachhochschule W... bzw. H... ab und studierte von 1995 bis 1997 an der Fernuniversität H... Wirtschaftsinformatik (ohne Abschluss). Parallel zu seiner Ausbildung arbeitete der Kläger seit 1985 freiberuflich als EDV-Dozent. Seit 1988 ist er selbstständiger Geschäftsführer der Fa. B... EDV Systemhaus.

5

Auf die ausgeschriebenen Stellen bewarben sich insgesamt 216 Interessenten, unter ihnen 11 Personen, die ihre Schwerbehinderteneigenschaft offen gelegt hatten. Wegen der einzelnen Qualifikationen der Bewerberinnen und Bewerber wird auf die anonymisierte Bewerberübersicht verwiesen (Bl. 54 ff. d. GA.). Der Kläger ist in der Bewerberliste unter der Nr. 209 aufgeführt. Die Beklagte lud die Bewerberinnen und Bewerber der Bewerberliste mit den Nrn. 16, 92, 98, 103, 112, 169, 173, 186, 193 und 195 zu einem Vorstellungsgespräch ein. Unter ihnen befand sich kein Schwerbehinderter. Nachdem der zunächst favorisierte Bewerber Nr. 16 seine Bewerbung zurückgezogen hatte, entschied die Beklagte, den bei ihr seit ca. fünf Jahren beschäftigten Mitarbeiter Nr. 186 unbefristet einzustellen. Die Beklagte stellte für die befristet ausgeschriebene Stelle den Bewerber Nr. 193 ein. Mit Schreiben vom 06.09.2004 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Wahl auf "zwei noch qualifiziertere Bewerber" gefallen sei und sandte ihm die Bewerbungsunterlagen zurück (Bl. 32 d. GA.). Mit Schreiben vom 06.10.2004 beanspruchte der Kläger gegenüber der Beklagten eine Entschädigungszahlung nach § 81 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX in Höhe von € 15.000,-- (Bl. 42 d. GA.).

6

Der Kläger hat vorgetragen,

7

dass die Beklagte ihn bei der Einstellung wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt habe. Dies ergebe sich schon daraus, dass sie ihn entgegen der gesetzlichen Verpflichtung nach § 82 SGB IX nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen habe. Ausweislich der den Bewerbungsunterlagen beigefügten Qualifikationsnachweise sowie seiner bisherigen beruflichen Tätigkeiten ergebe sich, dass er die von der Beklagten in der Ausschreibung geforderten Qualifikationen erfülle. Das Anforderungsprofil sei in Bezug auf die "Quereinsteiger" sehr weit gefasst. Der Begriff "fundierte IT-Systemkenntnisse" sei auch unter Berücksichtigung der vergleichsweise herangezogenen MCSE-Qualifikation wenig konkret und auslegungsbedürftig. Innerhalb von 14 Tagen könne eine Doppelqualifizierung auf MCSA und MCSE erworben werden, sofern der Kursteilnehmer mindestens zwei Jahre praktische Erfahrungen mit Windows 2000 Server oder Windows NT 4 in Verbindung mit Computernetzwerken vorweisen könne. Durch seine 16-jährige Praxis im IT-Bereich verfüge er zweifellos über Qualifikationen, die mit einer MCSE-Qualifikation vergleichbar sei. Da die Beklagte ihn gleichwohl nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen habe, sei sie verpflichtet, ihm eine Entschädigung nach § 81 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX i. V. m. § 82 Satz 2 SGB IX zu zahlen.

8

Der Kläger hat beantragt,

9

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 15.000,-- nebst Zinsen in Höhe von 8 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.10.2004 zu zahlen.

10

Die Beklagte hat beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Die Beklagte hat vorgetragen,

13

sie habe den Kläger nicht wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt. Der Kläger sei nicht berücksichtigt und nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden, weil seine fachliche Eignung für die ausgeschriebene Stelle offenkundig gefehlt habe, zumal der Kläger über keine Verwaltungserfahrung verfüge. Aus den Bewerbungsunterlagen hätten sich auch keine Fachkenntnisse in Bezug auf die vorgesehene Stelle ergeben. Insbesondere verfüge der Kläger über keine Qualifikation in Systemkontrolle, Beratungstätigkeit und im Audit-Verfahren. Die Bewerbung und die bisherigen Tätigkeiten des Klägers wiesen keinen Zusammenhang zum Datenschutz auf. Der Kläger habe auch nicht dargelegt, dass er über fundierte, d. h. der MCSE-Qualifikation vergleichbare, IT-Systemkenntnisse verfüge.

14

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 13.05.2005 abgewiesen. Der Kläger sei auf Grundlage seiner Bewerbung für die ausgeschriebene Stelle offensichtlich ungeeignet. Der Kläger erfülle ausweislich seiner Bewerbungsunterlagen keine der formellen Qualifikationsvoraussetzungen des Anforderungsprofils. Auch über die Ansprache so genannter "Quereinsteiger" gelange der Kläger nicht in den Bereich der für die Stelle in Betracht kommenden Qualifikanten. Es seien fundierte IT-Systemkenntnisse gefordert, die der Qualifikationsstufe einer MCSE-Qualifikation entsprächen. Hierbei handele es sich um eine zertifizierte und standardisierte Ausbildung in Betriebssystemen des Software-Herstellers Microsoft und zugrunde liegender Netzwerktechnologie. Die vom Kläger mit der Bewerbung eingereichten Nachweise seien nicht geeignet gewesen, fundierte IT-Systeme vergleichbar einer MCSE-Qualifikation nachzuweisen.

15

Gegen dieses ihm am 09.06.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21.06.2005 Berufung beim Landesarbeitsgericht eingelegt und diese am 08.08.2005 begründet.

16

Der Kläger rügt,

17

das Arbeitsgericht habe bei seiner Entscheidung die Rechtsnormen §§ 81, 82 SGB IX verkannt und seinen Tatsachenvortrag unzutreffend gewürdigt. Nach der Gesetzesintention des § 82 Satz 2 SGB IX solle zur Förderung der Beschäftigung grundsätzlich allen Schwerbehinderten die Gelegenheit gegeben werden, in einem persönlichen Gespräch gegenüber dem potentiellen Arbeitgeber das sich durch die schriftlichen Unterlagen ergebende Bild abzurunden, um so ggf. ihre Einstellungschancen zu verbessern. Insoweit seien sehr strenge Anforderungen an das Erfordernis der "Offensichtlichkeit" in § 82 Satz 3 SGB IX zu stellen. Aus der Stellenanzeige ergebe sich, dass sich jeder, der über fundierte IT-Systemkenntnisse verfüge, angesprochen fühlen sollte. Obgleich er keine MCSE-Qualifikation habe, verfüge er aufgrund seiner praktischen Erfahrungen über vergleichbare Kenntnisse. Seit 1985 sei er kontinuierlich im EDV-Bereich tätig und habe an diversen, zertifizierten Fortbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen im EDV-Bereich teilgenommen und teilweise als Programmierer gearbeitet, wie seinen Bewerbungsunterlagen zu entnehmen gewesen sei. Seine fachliche Eignung für die ausgeschriebene Stelle ergebe sich schließlich auch daraus, dass er zwischenzeitlich vom Kreis ... für eine dort ausgeschriebene Stelle eines "System- und Netzwerkadministrators/ -administratorin" aufgrund der gleichen Bewerbungsunterlagen unter zahlreichen Bewerber/innen ausgewählt und - unstreitig - zum 15.08.2005 eingestellt worden sei (Bl. 158-161 d. GA.). Bezeichnend sei, dass beim Kreis... die Betriebssysteme NOVELL 6.x (mit ZEN und GroupWise ) sowie Windows 2000 Server eingesetzt würden, mithin Betriebssysteme, mit denen man vertraut sein sollte, um die Doppelqualifizierung auf MCSA und MCSE zu erreichen. Im Übrigen sei auch nicht nachvollziehbar, warum die Beklagte den von ihr eingestellten Bewerber Nr. 186, der zwischen 1985 und 1999 ein Studium der Soziologie, Philosophie und Psychologie - ohne Abschluss - absolviert habe und seit ca. fünf Jahren bei ihr beschäftigt sei, für fachlich qualifizierter gehalten habe als ihn, den Kläger. Der Kläger rügt weiter, dass die Beklagte gegen § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX verstoßen habe.

18

Der Kläger beantragt,

19

das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 13.05.2005, Az. 3 Ca 2823 c/04, abzuändern und

20

die Beklagte zu verurteilen an den Kläger € 15.000,-- nebst Zinsen in Höhe von 8 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.10.2004 zu zahlen.

21

Die Beklagte beantragt,

22

die Berufung zurückzuweisen.

23

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Entgegen der Auffassung des Klägers sei das Anforderungsprofil in Bezug auf die "Quereinsteiger" weder weit gefasst noch auslegungsbedürftig. Durch den Bezug auf die MCSE-Qualifikation seien die geforderten "fundierten IT-Systemkenntnisse" konkretisiert. Der Erwerb einer derartigen Qualifikation setze mindestens 18 Monate Erfahrungen im Bereich eines Windows NT/2000-Netzwerkes voraus, über die der Kläger nicht verfüge. Auch der Umstand, dass der Kläger zwischenzeitlich vom Kreis ... eingestellt worden sei, verhelfe der Klage nicht zum Erfolg. Die dort ausgeschriebene Stelle sei mit der hiesigen nicht vergleichbar. Die ausgeschriebene Tätigkeit bei der Beklagten sollte darin bestehen, u. a. die Kommunalbehörden, daraufhin zu überprüfen, ob die von ihnen betriebenen IT-Systeme den Datensicherheitsvorschriften entsprechen und daran mitzuwirken, die Behörden bezüglich des Systemdatenschutzes zu beraten und Verarbeitungsprozesse auditieren zu lassen. Dies setze aber mehrjährige Erfahrungen in der Administration von IT-Systemen voraus, über die der Kläger nicht verfüge und für die er auch nicht die notwendige Qualifikation besitze. Der von ihr ausgewählte Bewerber Nr. 186 sei durch seine wissenschaftliche und publizistische Beschäftigung mit Fragen der Netzwerktechnologie etc. sowie dessen praktische Systemadministratoren-Tätigkeiten einschließlich der Konzepterstellung und Systemdokumentation bereits vor dessen Einstellung bei der Beklagten im Jahre 1999 vergleichbar mit einem einschlägigen Hochschulabsolventen gewesen. Dies gelte erst recht nach dessen fünfjährigen einschlägigen Tätigkeit in ihrem, der Beklagten, Hause. Im Übrigen komme es auch gar nicht darauf an, ob der Kläger "offensichtlich" nicht für die ausgeschriebene Stelle geeignet gewesen sei. Denn der Kläger habe keine Tatsachen vorgetragen, die vermuten ließen, dass er wegen seiner Schwerbehinderteneigenschaft benachteiligt worden sei. Es gebe keinen Automatismus, dass bei einem möglicherweise vorliegenden Verstoß gegen § 82 Satz 2 SGB IX ohne weiteres eine Entschädigung nach § 81 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX zu zahlen sei. Die Beklagte habe den Kläger nicht wegen seiner Schwerbehinderteneigenschaft benachteiligt, was sich schon daraus ergebe, dass sie in der Bewerberliste die Schwerbehinderung ausdrücklich aufgenommen habe. Es seien ausschließlich Eignungsgesichtspunkte gewesen, die sie veranlasst hätten, den Kläger nicht zum Vorstellungsgespräch zu laden. Die Beklagte beruft sich insoweit auf die BAG-Entscheidung vom 15.02.2005 - 9 AZR 635/03 - (NZA 2005, 870-873).

24

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 08.11.2005 verwiesen.

Entscheidungsgründe

25

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft und form- und fristgerecht eingelegt worden.

26

In der Sache selbst hat die Berufung teilweise Erfolg.

27

Die Klage ist dem Grunde nach begründet, in der Höhe jedoch überwiegend unbegründet. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe von € 3.500,--.

28

1. Die Anspruchsgrundlage für die Entschädigungsleistung ist § 81 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX. Nach dieser Vorschrift hat der Arbeitgeber einem schwerbehinderten Bewerber, den er bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses entgegen dem in Abs. 2 Nr. 1 statuierten Benachteiligungsverbot benachteiligt hat, eine angemessene Entschädigung in Geld zu zahlen. Dieses gilt selbst dann, wenn der schwerbehinderte Bewerber selbst bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre, in diesem Fall ist lediglich die Höhe der Entschädigungsleistung auf drei Monatsverdienste beschränkt, § 81 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 SGB IX. Letzteren Entschädigungsanspruch macht der Kläger vorliegend geltend; denn er beruft sich gerade nicht darauf, dass die Beklagte bei benachteiligungsfreier Auswahl und den Auswahlgrundsätzen der Bestenauslese nach Art. 33 GG nur die Möglichkeit gehabt hätte, ihn als bestgeeigneten Bewerber auszuwählen.

29

a) Nach den allgemeinen Darlegungs- und Beweislastregeln muss der schwerbehinderte Bewerber, der eine Entschädigungszahlung wegen Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot geltend macht, darlegen, dass er beim Auswahl- bzw. Einstellungsverfahren wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt worden ist. Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person wegen ihrer Schwerbehinderteneigenschaft eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in der vergleichbaren Situation erfahren hat oder erfahren würde. Der Kläger wäre danach diskriminiert wenn er ausschließlich wegen seiner Schwerbehinderteneigenschaft für die ausgeschriebene Stelle nicht in Betracht gezogen wäre (BAG, Urt. v. 15.01.2005 - 9 AZR 635/03 -, aaO.).

30

Der insoweit darlegungs- und beweispflichtige schwerbehinderte Bewerber genügt indessen nach § 81 Abs. 2 Nr. 1 Satz 3 SGB IX seiner Darlegungspflicht, wenn er Tatsachen glaubhaft macht, die den Schluss nahe legen, dass eine Ungleichbehandlung zwischen ihm und anderen vergleichbaren Bewerbern vorliegt. Der klagende Bewerber kann eine Beweislast des Arbeitgebers dadurch herbeiführen, dass er Hilfstatsachen darlegt und ggf. unter Beweis stellt, die eine Benachteiligung wegen der Schwerbehinderteneigenschaft vermuten lassen (BAG, Urt. v. 15.01.2005 - 9 AZR 635/03 -, aaO.). Dies begründet im Regelfall die Vermutung, dass die Ungleichbehandlung durch die Behinderung verursacht ist. Die Benachteiligung wegen der Behinderung ist dann zu bejahen bzw. zu vermuten, wenn die Schwerbehinderteneigenschaft zumindest ein von mehreren Motiven, d. h. Beweggründen, für die ablehnende Entscheidung des Arbeitgebers ist (LAG Nürnberg, Beschl. v. 01.04.2001 - 7 SHa 4/04 -, AP Nr. 6 zu § 81 SGB IX). Dies folgt schon daraus, dass nicht nur der bestplatzierte Bewerber benachteiligt sein kann i. S. v. § 81 Abs. 2 Nr. 1 SGB IX, wie sich insbesondere aus den Regelungen in § 81 Abs. 2 Satz 2 Ziff. 3 SGB IX ergeben (LAH Hamm, Urt. v. 04.06.2004 - 15 Sa 2047/03 -, zit. n. Juris). Dem aufgrund der Beweislastumkehr darlegungspflichtigen Arbeitgeber wäre es anderenfalls im Nachhinein möglich, andere als die Schwerbehinderteneigenschaft betreffende Gründe (z. B. Leistungskriterien) für die Nichtberücksichtigung des schwerbehinderten Bewerbers anzuführen. Solche Gründe lassen sich - wie der vorliegende Fall zeigt - immer finden. Der mit den §§ 81, 82 SGB IX verfolgte und durch § 81 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX sanktionsbewehrte Schutz der Schwerbehinderten könnte zu leicht unterlaufen werden. Von der Benachteiligungsmaßnahme (hier: Nichteinladung zum Vorstellungsgespräch) wird mithin auf den Benachteiligungsgrund (hier: wegen der Behinderung) geschlossen. Das Gericht muss letztlich die Überzeugung einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen Schwerbehinderteneigenschaft und Nachteil gewinnen (vgl. BAG Urt. v. 05.02.2004 - 8 AZR 112/03 -, AO Nr. 23 zu § 611 a BGB).

31

aa) Dies zugrunde gelegt, hat der Kläger zunächst Hilfstatsachen vorgetragen, die vermuten lassen, dass er wegen seiner Behinderung bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses benachteiligt worden ist. Der Kläger ist von der Beklagten unstreitig nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden, obgleich er in dem Bewerbungsschreiben auf seine Schwerbehinderteneigenschaft ausdrücklich und unter Beifügung einer Kopie des Schwerbehindertenausweises hingewiesen hat.

32

bb) Gemäß § 82 Satz 2 SGB IX ist der öffentliche Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet, schwerbehinderte Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Ein Verstoß gegen dieses gesetzliche Gebot löst die Vermutungswirkung aus, dass der betreffende Bewerber wegen seiner Schwerbehinderteneigenschaft beim Einstellungsverfahren benachteiligt worden ist (ArbG Berlin, Urt. v. 10.10.2003 - 91 Ca 1787/03 -, LAGE § 82 SGB IX Nr. 1; offen gelassen: BAG, Urt. v. 15.02.2005 - 9 AZR 635 -, NZA 2005, 125 ff.). § 82 Satz 2 SGB IX spricht nicht nur eine Empfehlung in Form einer Sollvorschrift aus, sondern begründet eine gesetzliche Verpflichtung gegenüber einem schwerbehinderten Bewerber. Das Vorstellungsgespräch mit dem schwerbehinderten Bewerber ist Pflicht für die personalverwaltende Behörde. Selbst wenn sie sich aufgrund einer anhand der Bewerbungsunterlagen getroffenen Vorauswahl von vornherein die Meinung gebildet hat, ein oder mehrere andere Bewerber seien so gut geeignet, dass der schwerbehinderte Bewerber nicht mehr in die nähere Auswahl einbezogen werden sollte, muss sie den schwerbehinderten Bewerber nach der gesetzlichen Intention einladen und ihm ein Vorstellungsgespräch gewähren (Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen, SGB IX, 11. Aufl., Rn. 5 zu § 82 SGB IX). Dem schwerbehinderten Bewerber soll dadurch die Möglichkeit gegeben werden, im mündlichen Gespräch nochmals - ggf. klarstellend und vertiefend - seine spezielle Eignung, Befähigung und fachliche Leistung in Bezug auf die ausgeschriebene Stelle unter Beweis zu stellen. Wenn der öffentliche Arbeitgeber den schwerbehinderten Bewerber gleichwohl nicht zu einem Vorstellungsgespräch einlädt, löst dieser, die Rechte des Schwerbehinderten einschränkende Gesetzesverstoß die Vermutung einer Diskriminierung wegen der Schwerbehinderteneigenschaft aus.

33

Die Vermutungsreglung in § 81 Abs. 2 Nr. 1 Satz 3 SGB IX führt zu einer Beweislastumkehr zu Lasten des Arbeitgebers, d. h. vorliegend zu Lasten der Beklagten.

34

b) Die Beklagte ihrerseits hat nicht zur Überzeugung des Berufungsgerichts darzulegen vermocht, dass sie den Kläger ausschließlich aus Sachgründen und nicht zumindest auch wegen seiner Schwerbehinderung bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses, d. h. im Rahmen des Bewerbungsverfahrens, benachteiligt hat.

35

Eine Benachteiligung wegen der Schwerbehinderteneigenschaft im Sinne des § 81 Abs. 2 Nr. 1 SGB IX liegt nicht nur dann vor, wenn Personen, die an sich für die Tätigkeit geeignet wären, von vornherein und ausschließlich nur wegen ihrer Schwerbehinderung nicht für die Einstellung in Betracht gezogen werden, sondern bereits dann, wenn die Schwerbehinderung einer von vielen Auswahlkriterien war. Der Arbeitgeber kann sich von dem Diskriminierungsverbot mithin nur dann erfolgreich entlasten, wenn er nachweist, dass das verbotene Diskriminierungsmerkmal, d. h. die Schwerbehinderteneigenschaft des Bewerbers, auch als noch so untergeordneter Aspekt in einem Motivbündel überhaupt keine Rolle bei seiner Entscheidung gespielt hat (Brors, jurisPR-ArbR 27/2005, Anm. 6).

36

Eine derartige Entlastung ist der Beklagten vorliegend indessen nicht gelungen.

37

aa) Insbesondere kann sie sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass dem Kläger aufgrund der eingereichten Bewerbungsunterlagen nach § 82 Satz 3 SGB IX offensichtlich die fachliche Eignung für die ausgeschriebene Stelle gefehlt habe. Nach dieser Vorschrift ist die Einladung eines schwerbehinderten Bewerbers zu einem Vorstellungsgespräch entbehrlich, wenn ihm die fachliche Eignung offensichtlich fehlt. Offensichtlich bedeutet unzweifelhaft. Damit ist die Einladung zu einem Bewerbungsgespräch nur dann entbehrlich, wenn der schwerbehinderte Bewerber ganz augenscheinlich unter keinem Gesichtspunkt für die ausgeschriebene Stelle geeignet ist (ArbG Berlin, Urteil vom 10.10.2003 - 91 Ca 1787/03 -, a.a.O.). Maßstab für die Beurteilung der offensichtlich fehlenden fachlichen Eignung sind stets das mit der Stellenausschreibung wiedergegebene Anforderungsprofil für die zu besetzende Stelle einerseits und die vom Bewerber eingereichten Bewerbungsunterlagen andererseits. Die Beurteilung der offensichtlichen Ungeeignetheit hat aus der Sicht eines objektiven, verständig urteilenden Arbeitgebers zu erfolgen.

38

bb) Ausweislich der Stellenanzeige sollten sich auch "Quereinsteiger" angesprochen fühlen, die über fundierte IT-Systemkenntnisse (vergleichbar MCSE-Qualifikation) verfügen. Einstellungsvoraussetzung war mithin weder eine abgeschlossene Fach-/Hochschulausbildung zum Diplominformatiker, Wirtschaftsinformatiker oder Betriebswirt mit Schwerpunkt Informatik noch eine mehrjährige Tätigkeit in der Verwaltung im Bereich Administration von IT-Systemen. Es konnten sich mithin auch Bewerber mit fundierten IT-Systemkenntnissen Erfolg versprechend auf die ausgeschriebene Stelle bewerben. Dies stellt die Beklagte selbst auch nicht in Abrede. Denn unstreitig hat die Beklagte auch sog. Fachfremde (keine Informatiker) ohne praktische Erfahrungen in der Administration von IT-Systemen durch eine Vorauslese für gut geeignet erachtet und als so genannte Quereinsteiger zum Vorstellungsgespräch geladen (vgl. Bewerber/in Nr. 112, 186).

39

cc) Der Kläger hat in seiner Bewerbung nachgewiesen, dass er eine Ausbildung zum technischen Assistenten für Informatik absolvierte, dass er zumindest die Vordiplome für die Studiengänge technische Informatik sowie Softwaretechnik erwarb und an der Fernuniversität H... Wirtschaftsinformatik - wenn auch ohne Abschluss - studierte sowie über Jahre freiberuflich als EDV-Dozent arbeitete. Darüber hinaus leitet er seit mehr als 16 Jahren selbstständig eine EDV-System-Firma. In seiner Bewerbung hat er darauf hingewiesen, dass er durch seine Tätigkeit als Selbstständiger Einblick in den IT-Bereich verschiedener Behörden, Firmen, Banken und Organisationen erhalten habe und über außergewöhnliche Kenntnisse in der Datenrettung und hervorragende Kenntnisse in Standard-, Branchen- und Spezialsoftware habe. Aufgrund dieser Fachkompetenz sei es ihm möglich, sich in kürzester Zeit in neue IT-Konzepte einzuarbeiten. Damit hat der Kläger zumindest den Nachweis erbracht, dass er durch eine einschlägige Ausbildung und Tätigkeit über fundierte IT-Systemkenntnisse verfügt. Fundierte Kenntnisse ist gleichbedeutend mit grundlegende oder gesicherte Kenntnisse.

40

dd) Ein Abgleich des in der Stellenausschreibung enthaltenen Anforderungsprofils sowie der Bewerbungsunterlagen des Klägers rechtfertigt nach Auffassung der Kammer jedenfalls nicht, den Kläger für die Stelle eines "IT-Systemspezialisten für den Prüf- und Beratungsdienst" als offensichtlich ungeeignet zu halten. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass die Beklagte den Umfang der geforderten "fundierten" IT-Systemkenntnisse durch die vergleichende Bezugnahme zur MCSE-Qualifikation konkretisiert hat. Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten handelt es sich hierbei um eine Zertifizierung für IT-Spezialisten, aufgrund derer es möglich ist, IT-Systeme zu planen, einzurichten, zu erhalten und zu unterstützen auf der Basis des Microsoft Windows-Betriebssystems und der Microsoft Server-Software. Der Erwerb der MCSE-Qualifikation setzt eine mindestens zweijährige praktische Erfahrung mit Windows 2000 Server oder Windows NT 4 Server in Verbindung mit Computernetzwerken voraus.

41

Die Kammer hat indessen keinen Zweifel daran, dass der Kläger aufgrund des Inhalts seines Bewerbungsschreibens sowie der eingereichten Leistungsnachweise nicht nur die Eingangsvoraussetzungen zum Erwerb der MCSE-Qualifikation hat, sondern bereits über vergleichbare Kenntnisse dieser Qualifikationsstufe verfügt. Letztlich wird dies auch dadurch belegt, dass der Kläger zwischenzeitlich aufgrund der gleichen Bewerbungsunterlagen von einem anderen öffentlichen Arbeitgeber für eine ausgeschriebene Stelle eines System- und Netzwerkadministrators unter einer Vielzahl von Bewerbern ausgewählt und eingestellt worden ist. Sofern die Beklagte gleichwohl Zweifel daran gehabt hat, dass der Kläger dem Anforderungsprofil entspricht, so rechtfertigen diese Zweifel aber nicht die Annahme, der Kläger verfüge offensichtlich und damit ganz augenscheinlich nicht über die geforderten IT-Systemkenntnisse. Zweifel an der Qualifikation hätten ggf. im Bewerbungsgespräch ausgeräumt werden können. Das Bewerbungs- bzw. Vorstellungsgespräch soll gerade das aus den Bewerbungsunterlagen gewonnene Bild abrunden bzw. letzte Zweifel an Eignung, Befähigung und Leistung des Kandidaten ausräumen.

42

Im Übrigen muss nicht der Kläger darlegen und beweisen, dass er fundierte IT-Systemkenntnisse auch tatsächlich besitzt, vielmehr muss die Beklagte nach § 81 Abs. 2 Nr. 1 Satz 3 i. V. m. § 82 Satz 3 SGB IX die Vermutung einer Diskriminierung widerlegen, d. h. darlegen und beweisen, dass der Kläger offensichtlich fachlich nicht geeignet ist. Die - insoweit darlegungs- und beweispflichtige - Beklagte hat trotz der einschlägigen EDV-Ausbildung und einschlägigen Tätigkeit des Klägers im IT-Bereich demgegenüber nicht schlüssig vorzutragen vermocht, warum der Kläger ganz augenscheinlich und damit offensichtlich für die ausgeschriebene Stelle nicht geeignet gewesen sein sollte. Dies gilt um so mehr in Anbetracht der Tatsache, dass sie letztlich unter den zum Vorstellungsgespräch geladenen Bewerbern den Kandidaten Nr. 186 eingestellt hat, der ausweislich der Eintragungen in der Bewerberliste keine Ausbildung hatte und "nur" ein fachfremdes Studium der Soziologie, Philosophie und Psychologie von 1985 bis 1999 - ohne Abschluss - absolvierte und danach bei der Beklagten ab September 1999 teilzeitbeschäftigt war. Es ist der Kammer angesichts dieser Tatsache - ohne die fachliche Eignung des ausgewählten Bewerbers Nr. 186 in Zweifel ziehen zu wollen - schlechterdings nicht nachvollziehbar, warum die Beklagte davon ausgehen konnte, dass dem Kläger offensichtlich, d. h. zweifellos, die fachliche Eignung für die ausgeschriebene Stelle fehlen sollte. Dem Kläger müsste gleichsam auf die Stirn geschrieben sein, dass er unter keinem Gesichtspunkt für die ausgeschriebene Stelle in Betracht kommt. Aufgrund der eingereichten Bewerbungsunterlagen kann hiervon - wie ausgeführt - indessen nicht ausgegangen werden. Die Beklagte kann sich an dieser Stelle auch nicht auf möglicherweise fehlende Erfahrungen in der Verwaltung im Bereich Administration von IT-Systemen berufen. Solche praktischen Erfahrungen in der Verwaltung waren für die angesprochenen "Quereinsteiger" nicht gefordert.

43

ee) Auch wenn die Beklagte aufgrund der Vielzahl der Bewerber, die aus ihrer Sicht gegenüber dem Kläger weitaus qualifizierter waren, davon ausgegangen ist, dass der Kläger keine oder zumindest keine ernsthaften Chancen auf eine Einstellung hatte, war sie verpflichtet, den schwerbehinderten Kläger gleichwohl zum Vorstellungsgespräch zu laden. Dies ergibt sich aus § 82 Satz 2 i. V. m. Satz 3 SGB IX. § 82 SGB IX dient der Integration und Förderung Schwerbehinderter im Berufsleben. Zur Erreichung dieser Ziele werden im Besetzungsverfahren ausgeschriebener Stellen des öffentlichen Dienstes schwerbehinderte Bewerber gegenüber Bewerbern ohne Schwerbehinderteneigenschaft per Gesetz besser gestellt. Schwerbehinderte Bewerber sollen - sofern ihnen nicht offensichtlich die fachliche Eignung fehlt - die Möglichkeit haben, sich und ihre Fähigkeiten im Rahmen eines Vorstellungsgesprächs persönlich darzustellen. Der persönliche Eindruck und die persönliche Präsentation der eigenen Fähigkeiten können die Einstellungschancen verbessern. So können die Angaben in den Bewerbungsunterlagen erläutert und vertieft, aber auch Unklarheiten ausgeräumt werden.

44

Die Beklagte hat vorliegend offenbar die Reichweite der in § 82 SGB IX normierten besonderen Pflichten des öffentlichen Arbeitgebers nicht gesehen. Anders ist es nicht verständlich, dass sie weder den Kläger noch irgendeinen anderen der elf schwerbehinderten Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hat. Insoweit sei nur auf die schwerbehinderten Kandidaten Nr. 109 und 145 verwiesen, die jeweils ein Fachhochschulstudium zum Diplom-Informatiker mit "gut" bzw. "1,6" absolvierten und ebenfalls keine Einladung zum Vorstellungsgespräch von der Beklagten erhielten. Diese beiden Bewerber erfüllen das Anforderungsprofil "Es kommen Diplom-Informatiker/innen … ebenso in Betracht, wie …" wortwörtlich und sind damit ebenfalls nicht offensichtlich ungeeignet - ohne hier über den Grad ihrer grundsätzlichen Eignung urteilen zu wollen.

45

Der Kläger hat dementsprechend dem Grunde nach einen Anspruch auf eine angemessene Entschädigung nach § 81 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 SGB IX.

46

2. Der Kläger hat indessen keinen Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe von € 15.000,--. Die Höhe der Entschädigungsleistung ist vorliegend begrenzt auf drei Monatsverdienste, § 81 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 SGB IX. Sofern der schwerbehinderte Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre, erhält er nach dieser Vorschrift nur eine angemessene Entschädigungsleistung bis zur Höhe von höchstens drei Bruttomonatsgehältern. Hierauf hat die Kammer den Kläger im Berufungstermin im Rahmen der Vergleichsverhandlungen hingewiesen.

47

a) Da die Beklagte im Rahmen der abgestuften Darlegungs- und Beweislast - in anonymisierter Fassung - die Qualifikationen der übrigen Bewerber offen gelegt hat, hätte der Kläger seinerseits darlegen und beweisen müssen, dass die Beklagte nicht nur verpflichtet gewesen wäre, ihn zum Vorstellungsgespräch einzuladen, sondern nach den Grundsätzen der Bestenauslese ihn auch einzustellen, dass mithin das Auswahlermessen der Beklagten auf Null reduziert gewesen wäre. Diese strengen Voraussetzungen zur Zahlung einer höheren Entschädigungsleistung hat der Kläger indessen weder dargetan, noch ergeben sich diese aus dem sonstigen Akteninhalt.

48

b) In Anbetracht der Gesamtumstände hält das Berufungsgericht eine Entschädigungsleistung in Höhe eines voraussichtlichen Bruttogehalts für angemessen. Hierfür ausschlaggebend war einerseits der Umstand, dass der Kläger weder zum Zeitpunkt der Bewerbung arbeitslos war noch heute ist und andererseits, dass eine Einstellung des Klägers aufgrund der teilweise besser qualifizierten übrigen Bewerber, die zum Vorstellungsgespräch geladen wurden, auch aus Sicht der Kammer eher unwahrscheinlich war. Die Pflichtverletzung der Beklagten, den Kläger nicht zum Vorstellungsgespräch geladen zu haben, erscheint mithin nicht als so gravierend.

49

3. Es kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob der Kläger bereits einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach § 81 Abs. 2 Nr. 2 und 3 i. V. m. § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX hat, weil die Beklagte ihm mit der Absage lediglich mitgeteilt hat, dass sie zwei noch qualifiziertere Bewerber eingestellt habe (vgl. ArbG Frankfurt, Urt. v. 19.02.2003 - 17 Ca 8469/02 -, zit. n. Juris).

50

4. Der Zinsanspruch beruht auf §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 Satz 2 BGB.

51

5. Nach alledem war das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte - wie tenoriert - zu einer Entschädigungsleistung zu verurteilen.

52

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 ArbGG.

53

Die Revision war wegen rechtsgrundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG.


Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

Leistungen zur Förderung der Verständigung werden erbracht, um Leistungsberechtigten mit Hör- und Sprachbehinderungen die Verständigung mit der Umwelt aus besonderem Anlass zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Leistungen umfassen insbesondere Hilfen durch Gebärdensprachdolmetscher und andere geeignete Kommunikationshilfen. § 17 Absatz 2 des Ersten Buches bleibt unberührt.

Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten werden erbracht, um Leistungsberechtigten die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Die Leistungen sind insbesondere darauf gerichtet, die Leistungsberechtigten in Fördergruppen und Schulungen oder ähnlichen Maßnahmen zur Vornahme lebenspraktischer Handlungen einschließlich hauswirtschaftlicher Tätigkeiten zu befähigen, sie auf die Teilhabe am Arbeitsleben vorzubereiten, ihre Sprache und Kommunikation zu verbessern und sie zu befähigen, sich ohne fremde Hilfe sicher im Verkehr zu bewegen. Die Leistungen umfassen auch die blindentechnische Grundausbildung.

Leistungen zur Förderung der Verständigung werden erbracht, um Leistungsberechtigten mit Hör- und Sprachbehinderungen die Verständigung mit der Umwelt aus besonderem Anlass zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Leistungen umfassen insbesondere Hilfen durch Gebärdensprachdolmetscher und andere geeignete Kommunikationshilfen. § 17 Absatz 2 des Ersten Buches bleibt unberührt.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 5. Oktober 2010 - 13 Sa 488/10 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des Urteils des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 5. Oktober 2010 - 13 Sa 488/10 - klarstellend wie folgt neu gefasst wird:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 28. Januar 2010 - 11 Ca 7932/09 - teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine Entschädigung in Höhe von 2.700,00 Euro zu zahlen. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Die Anschlussrevision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 5. Oktober 2010 - 13 Sa 488/10 - wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens haben Kläger und Beklagte je zur Hälfte zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Entschädigungsanspruch des Klägers wegen einer Benachteiligung aufgrund seiner Behinderung bei einer Bewerbung.

2

Der Kläger war nach dem Abschluss der Berufsausbildung zum Elektroinstallateur ua. als Pförtner und Fahrer von Oktober 1987 bis Dezember 1990 tätig. In den Folgejahren arbeitete er ua. als Monteur, legte die Meisterprüfung als Elektroinstallateur ab und arbeitete als Haushandwerker und Fahrer von Juli 1999 bis Dezember 2006. Der Kläger ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 60.

3

Am 18. März 2004 hatte das Bundesministerium des Innern (BMI) mit der Hauptschwerbehindertenvertretung des BMI, der Hauptschwerbehindertenvertretung des Bundesgrenzschutzes (BGS), den jeweiligen Hauptpersonalräten, der Schwerbehindertenvertretung des BMI, dem Personalrat des BMI und der Gleichstellungsbeauftragten eine „Rahmenvereinbarung zur Integration schwerbehinderter und diesen gleichgestellten behinderten Menschen im Bundesministerium des Innern und den Behörden seines Geschäftsbereichs (einschließlich BGS) gemäß § 83 Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch (SGB IX)“(im Folgenden: Rahmenintegrationsvereinbarung) geschlossen. In dieser Rahmenvereinbarung ist ua. das Folgende geregelt:

        

1. Präambel

        

(1) Schwerbehinderte Menschen im Bundesministerium des Innern und den Behörden seines Geschäftsbereichs (einschl. BGS)1 sind wie alle anderen Beschäftigten leistungsfähig und leistungsbereit. ...

        

(2) Mit dieser Rahmenintegrationsvereinbarung werden die Maßnahmen und Möglichkeiten aufgezeigt, die die beruflichen Chancen und die konkreten Arbeitsbedingungen dieser Kolleginnen und Kollegen in der Dienststelle weiter verbessern sollen. ...

        

(3) Alle beteiligten Stellen und Personen sind verpflichtet, vertrauensvoll zusammenzuarbeiten und im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der vorhandenen Möglichkeiten den Anliegen der schwerbehinderten Menschen verständnisvoll, sach- und behindertengerecht zu begegnen. Soweit der Dienststelle vom Gesetzgeber ein Ermessensspielraum zugestanden wird, sollte dieser im Interesse der schwerbehinderten Beschäftigten möglichst großzügig gehandhabt werden.

                 
        

2. Ziele

        

(1) Nach Art. 3 Abs. 3 GG unterliegen behinderte Menschen dem besonderen Schutz des Grundgesetzes. Die Dienststelle wahrt die Rechte der schwerbehinderten Beschäftigten und berücksichtigt ihre Belange bei allen Maßnahmen, von denen sie berührt sind.

        

(2) Schwerbehinderte Beschäftigte dürften bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme, insbesondere bei der Begründung des Dienst-, Arbeits- oder sonstigen Beschäftigungsverhältnisses, beim beruflichen Aufstieg oder bei einer Kündigung nicht wegen ihrer Schwerbehinderung benachteiligt werden. ...

                 
        

4. Personalmanagement

        

…       

        

4.2.4 Einstellung

        

…       

        

(3) Hinsichtlich der sonstigen Eignung, insbesondere der beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten, gilt uneingeschränkt das Leistungsprinzip im Wettbewerb mit anderen nichtbehinderten Bewerbern.

        

…       

        

(5) Schwerbehinderte Bewerberinnen und Bewerber sind zu Auswahlverfahren zuzulassen, es sei denn, dass sie nach den vorgelegten Unterlagen für eine Verwendung auf Grund bestehender Ausbildungs- oder Prüfungsvoraussetzungen offensichtlich nicht geeignet erscheinen. Von einer Einladung zum Auswahlverfahren ist abzusehen, wenn zwischen Zentralabteilung, Schwerbehindertenvertretung und Gleichstellungsbeauftragter Einvernehmen besteht, dass die Bewerberin oder der Bewerber für den freien Arbeitsplatz nicht in Betracht kommt. Der Personalrat ist vor dieser Entscheidung anzuhören.

        

…       

        

(7) Die Verpflichtung zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen wird durch andere gesetzliche Verpflichtungen zur bevorzugten Einstellung und Beschäftigung bestimmter Personengruppen nicht berührt (§ 122 SGB IX).

        

…       

        

12 Schlussbestimmungen und Inkrafttreten

        

...     

        

(2) Rechtsvorschriften und tarifliche Regelungen werden durch diese Vereinbarung nicht berührt.“

4

Die dem Bundesministerium des Innern unterstellte B schrieb am 13. März 2009 eine Stelle als Pförtner/in, Wächter/in aus. In der Ausschreibung heißt es:

        

„...   

        

Die B hat zum nächstmöglichen Zeitpunkt einen Dienstposten für Tarifbeschäftigte im Sachbereich 37 (Zentraler Dienst) für den Pförtner- und Wachdienst zu besetzen und sucht deshalb

        

eine Pförtnerin/Wächterin bzw. einen Pförtner/Wächter.

        

Die Tätigkeit ist mit der Entgeltgruppe 3 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) bewertet.

        

Das Aufgabengebiet beinhaltet:

        

•       

Kontrolle des ein- und ausgehenden Personenverkehrs sowie des ein- und ausfahrenden Kfz-Verkehrs einschließlich Kontrolle der entsprechenden Ausweise sowie der Berechtigung zum Aufenthalt in der Liegenschaft

        

•       

Empfang und Anmeldung von Besuchern, Erteilen von Auskünften

        

•       

Bestreifung des Geländes der Liegenschaft F

                 
        

Anforderungen:

        

•       

Bereitschaft zur flexiblen Arbeitszeitgestaltung in Form eines Regeldienstes rund um die Uhr (Früh-, Spät- und Nachtdienst)

        

•       

gepflegtes Erscheinungsbild, überzeugendes und sicheres Auftreten sowie gute Umgangsformen

        

•       

körperliche Eignung

        

•       

gute Deutschkenntnisse in Wort und Schrift

        

•       

Erfahrungen oder Ausbildung im Bereich des Wach- und Sicherheitsdienstes vorteilhaft

        

•       

Bereitschaft zum Führen einer Schusswaffe

        

•       

Führungszeugnis ohne Eintrag (braucht in der Bewerbung noch nicht vorgelegt werden!)

                 
        

Eine Besetzung mit Teilzeitkräften ist grundsätzlich möglich. Bereitschaft zur flexiblen Arbeitszeitgestaltung gemäß den dienstlichen Erfordernissen wird vorausgesetzt.

        

Die B ist bestrebt, den Frauenanteil zu erhöhen. Bewerbungen von Frauen sind besonders erwünscht. Bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung werden Frauen nach Maßgabe des Bundesgleichstellungsgesetzes bevorzugt berücksichtigt.

        

Im Rahmen der Stellenbesetzungen werden die Gleichstellungsbeauftragte und die Vertrauensperson der Schwerbehinderten beteiligt. Schwerbehinderte werden bei gleicher Eignung bevorzugt berücksichtigt, es wird ein Mindestmaß an körperlicher Eignung verlangt.

        

...“   

5

Mit Schreiben vom 16. März 2009 bewarb sich der Kläger um die ausgeschriebene Stelle. Auszugsweise lautet die Bewerbung des Klägers wie folgt:

        

„Ich bin 43 Jahre alt und habe ausreichend Berufserfahrung im Fahr- und Pfortendienst inclusive Personen- und Zugangskontrolle. Durch diese Berufserfahrung und meine bisherigen Qualifikationen fühle ich mich bestens geeignet, die von Ihnen ausgeschriebene Stelle ideal zu besetzen.

        

Bereits bei meiner Tätigkeit als Fahrer/Pförtner beim S in Be, habe ich die Hauptaufgaben in diesem Arbeitsbereich frühzeitig kennen gelernt. Durch meine langjährige Berufserfahrung verfüge ich über umfangreiche Kenntnisse in der Personen- und Fahrzeugkontrolle sowie in der mündlichen bzw. telefonischen Auskunftserteilung und als Lotse bezüglich der Besuchereinweisung vor Ort innerhalb der Liegenschaften. Aufgaben, wie die Zustellung und Beförderung der Post, sowie der Personentransport im städtischen und ländlichen Bereich, gehörten auch zu meinen täglichen Schwerpunktaufgaben. Ich bin im Besitz aller Führerscheinklassen.

        

Wörter, wie Diskretion, Verlässlich- und Pünktlichkeit sind keinesfalls fremd für mich, genauso wie ein gepflegtes Äußeres und ein hohes Maß an Zuverlässigkeit und Loyalität. Meine vorhandene Schwerbehinderung mit einem GdB von 60 würde mich weder körperlich noch geistig für die geforderten Aufgaben in Ihrem Hause einschränken, so dass ich gerne meine Fähig- und Fertigkeiten bei Ihnen einbringen würde.

        

Der von Ihnen beschriebene Arbeitseinsatz im Schichtdienst kommt meiner derzeitigen Lebenssituation entgegen.“

6

Zu den dem Bewerbungsschreiben beigefügten Unterlagen gehörte ua. auch eine Kopie des Schwerbehindertenausweises des Klägers. Auf dem Ausweis ist maschinenschriftlich ein GdB von 50 befristet bis März 2007 und handschriftlich ein GdB von 60 seit dem 29. Juni 2004 mit einem eingestempelten Gültigkeitsdatum bis Januar 2022 vermerkt.

7

Im Rahmen des Auswahlverfahrens für die zu besetzende Stelle beteiligte das BMI seine Zentralabteilung, die Schwerbehindertenvertretung, die Gleichstellungsbeauftragte sowie den Personalrat. Zwischen diesen herrschte Einvernehmen darüber, dass der Kläger für die Stelle wegen offensichtlich fehlender Eignung nicht in Betracht komme. Von seiner Einladung zu einem Vorstellungsgespräch wurde deshalb abgesehen. Zu Vorstellungsgesprächen wurden neben fünf Männern auch fünf Frauen eingeladen. Ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Unterlagen zum Bewerbungsverfahren bewarben sich auf die ausgeschriebene Stelle neben dem Kläger auch weitere schwerbehinderte bzw. gleichgestellte Bewerber, die ebenfalls nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurden.

8

Mit Schreiben vom 11. Mai 2009 teilte die B dem Kläger mit, dass man sich im Auswahlverfahren für eine Bewerberin entschieden habe.

9

Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 29. Mai 2009 die B aufgefordert hatte, ihn bei der Besetzung der Stelle zu berücksichtigen, machte er mit Schreiben vom 18. Juni 2009 Entschädigungs- bzw. Schadensersatzansprüche iHv. sechs Monatsgehältern wegen der Nichteinstellung geltend. Dem trat die Beklagte mit Schreiben vom 10. Juli 2009 entgegen.

10

Mit seiner am 15. September 2009 beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main eingegangenen und der Beklagten am 28. September 2009 zugestellten Klage nimmt der Kläger die Beklagte auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von drei Monatsgehältern der Entgeltgruppe 3, Stufe 2, des TVöD in Anspruch.

11

Der Kläger vertritt die Ansicht, die nicht erfolgte Einladung zum Vorstellungsgespräch sei ein Indiz dafür, dass er wegen seiner Behinderung benachteiligt worden sei. Da ihm die fachliche Eignung nicht offensichtlich gefehlt habe, wäre er einzuladen gewesen. Auf das Absehen von einer Einladung aufgrund Ziff. 4.2.4 Abs. 5 der Rahmenintegrationsvereinbarung vom 18. März 2004 könne sich die Beklagte nicht mit Erfolg berufen, da sonst § 82 SGB IX umgangen würde.

12

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.723,28 Euro zu zahlen.

13

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

14

Sie macht geltend, der Kläger habe im Bewerbungsverfahren seine Schwerbehinderteneigenschaft nicht zweifelsfrei nachgewiesen. Außerdem seien wegen § 19 Haushaltsgesetz 2009 Versetzungsbewerber und wegen § 7 BGleiG bevorzugt Frauen zu berücksichtigen gewesen, da diese unterrepräsentiert gewesen seien. Der Kläger sei zudem deshalb nicht eingeladen worden, weil den Unterlagen kein Hinweis auf eine Sachkundeprüfung nach § 34a(Bewachungsgewerbe) GewO zu entnehmen gewesen sei. Vor allem habe eine Einladung zum Vorstellungsgespräch deshalb unterbleiben dürfen, weil nach Ziff. 4.2.4 Abs. 5 der Rahmenintegrationsvereinbarung vom 18. März 2004 Einvernehmen bestanden habe, dass der Kläger für den freien Arbeitsplatz nicht in Betracht komme. Jedenfalls treffe die Beklagte weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit.

15

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht die Beklagte zur Zahlung von 2.700,00 Euro verurteilt. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger erstrebt mit seiner Anschlussrevision die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 5.723,28 Euro.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision der Beklagten ist unbegründet, während die Anschlussrevision des Klägers unzulässig ist.

17

A. Sein Urteil, mit dem es die Beklagte zur Zahlung einer Entschädigung von 2.700,00 Euro an den Kläger verurteilt hat, hat das Landesarbeitsgericht im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Kläger sei wegen eines Merkmals iSd. § 1 AGG, nämlich seiner Behinderung, benachteiligt worden(§ 7 Abs. 1 AGG). Dafür habe er mit der Nichteinladung zum Vorstellungsgespräch (§ 82 SGB IX) ein ausreichendes Indiz vorgetragen. Die fachliche Eignung habe dem Kläger nicht offensichtlich gefehlt, da er das nach der Stellenausschreibung erforderliche Anforderungsprofil erfülle. Eine Sachkundeprüfung nach § 34a(Bewachungsgewerbe) GewO werde dort nicht verlangt. Die Beklagte habe die Vermutung der Benachteiligung wegen der Behinderung nicht entkräftet. Insbesondere könne sie sich nicht erfolgreich darauf berufen, die am Einstellungsverfahren Beteiligten seien übereinstimmend der Auffassung gewesen, der Kläger sei offensichtlich nicht geeignet. Die Rahmenintegrationsvereinbarung sei nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam, da mit ihr in unzulässiger Weise der Rechtsschutz schwerbehinderter Menschen beschnitten werde. Es werde mit Ziff. 4.2.4 Abs. 5 der Rahmenintegrationsvereinbarung der Eindruck erweckt, eine gerichtliche Überprüfung der Voraussetzungen einer offensichtlich fehlenden fachlichen Eignung sei nicht mehr möglich. Dies unterlaufe den allgemeinen Justizgewährungsanspruch. Auch § 15 Abs. 3 AGG sei zugunsten der Beklagten nicht einschlägig. Ob § 15 Abs. 3 AGG gegen EU-Richtlinien verstoße, könne dahinstehen, denn die Beklagte treffe jedenfalls der Vorwurf grob fahrlässigen Verhaltens. Die Beklagte habe an der Rahmenintegrationsvereinbarung selbst mitgewirkt. Sie hätte erkennen müssen, dass kollektiv-rechtliche Regelungen, die den Zugang zu den Gerichten beschneiden, verfassungswidrig sind.

18

In Anbetracht von Art und Schwere der Benachteiligung, ihrer Dauer, ihrer Folgen, des Anlasses und des Beweggrundes des Handelns, des Grades der Verantwortlichkeit und der Genugtuungsfunktion sowie der Notwendigkeit einer abschreckenden Wirkung der zuzusprechenden Entschädigung sei vorliegend eine solche in Höhe von 2.700,00 Euro angemessen.

19

Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält nicht in allen Teilen der Begründung, wohl aber im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

20

B. Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet.

21

I. Streitgegenstand ist ein Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung wegen eines immateriellen Schadens (§ 15 Abs. 2 AGG) und nicht ein auf Ersatz eines Vermögensschadens gerichteter Schadensersatzanspruch (§ 15 Abs. 1 AGG). Zwar verwendet der Kläger zur Begründung der Klage wiederholt den Begriff „Schadensersatz“, jedoch macht er ausweislich der von ihm gegebenen Begründung keinen Schadensersatzanspruch geltend. Insbesondere kann der Klagebegründung nicht entnommen werden, dass der Kläger einen konkreten Verdienstausfall für einen bestimmten Zeitraum wegen unterbliebener Einstellung begehrt. Auch behauptet er nicht, er wäre als am besten geeigneter Bewerber von der Beklagten einzustellen gewesen. Mit der von ihm angegebenen Klageforderung von 5.723,28 Euro hat der Kläger ausdrücklich drei Monatsgehälter ersichtlich als Entschädigung iSv. § 15 Abs. 2 AGG gefordert.

22

II. Die Klage ist in Höhe des ausgeurteilten Betrags (2.700,00 Euro) begründet.

23

1. Die Beklagte hat bei der Besetzung der Stelle eines Pförtners/Wächters bzw. einer Pförtnerin/Wächterin im Frühjahr 2009 gegen das Verbot verstoßen, schwerbehinderte Beschäftigte wegen ihrer Behinderung zu benachteiligen (§ 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX, §§ 7, 1 AGG). Der Kläger hat als benachteiligter schwerbehinderter Beschäftigter nach § 81 Abs. 2 SGB IX, § 15 Abs. 2 AGG Anspruch auf eine angemessene Entschädigung in Geld.

24

a) Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Der Kläger ist als Bewerber „Beschäftigter“ im Sinne des AGG. Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG gelten als Beschäftigte auch Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis. Für den Bewerberbegriff kommt es dabei weder auf die objektive Eignung (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - AP AGG § 3 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 12) noch auf die subjektive Ernsthaftigkeit der Bewerbung an. An der subjektiven Ernsthaftigkeit bestehen unabhängig davon keine Zweifel. Das Fehlen einer solchen würde auch nur zum Einwand treuwidrigen Verhaltens des Bewerbers führen (vgl. BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/11 -).

25

b) Die Beklagte ist als „Arbeitgeber“ passiv legitimiert. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG ist Arbeitgeber im Sinne des Gesetzes, wer „Personen nach Absatz 1“ des § 6 AGG „beschäftigt“. Arbeitgeber ist also derjenige, der um Bewerbungen für ein von ihm angestrebtes Beschäftigungsverhältnis bittet (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - AP SGB IX § 81 Nr. 19 = EzA AGG § 15 Nr. 11). Dies trifft auf die Beklagte aufgrund der Stellenausschreibung zu.

26

2. Der Kläger hat seinen Anspruch innerhalb der Fristen des § 15 Abs. 4 AGG geltend gemacht.

27

a) Die Ablehnung der Bewerbung wurde dem Kläger mittels Schreibens der B vom 11. Mai 2009 mitgeteilt. Mit Schreiben vom 18. Juni 2009 machte der Kläger Entschädigungs- bzw. Schadensersatzansprüche geltend. Damit hat er die Zweimonatsfrist für die schriftliche Geltendmachung nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG gewahrt. Unerheblich ist, ob der Kläger sein Schreiben vom 18. Juni 2009 unterschrieben hat. Das Schriftformgebot des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG verlangt nicht die gesetzliche Schriftform nach § 126 Abs. 1 BGB, ausreichend ist vielmehr die Textform nach § 126b BGB(vgl. BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3). Für die Textform nach § 126b BGB muss zwar - neben der Nennung der Person des Erklärenden - der Abschluss der Erklärung durch Nachbildung der Namensunterschrift oder anders erkennbar gemacht werden. Hierzu genügt aber eine Grußformel oder die Nennung des Namens am Textende (vgl. MüKoBGB/Einsele 6. Aufl. § 126b BGB Rn. 6; Palandt/Ellenberger BGB 71. Aufl. § 126b Rn. 5). Diesen Erfordernissen genügt das Schreiben vom 18. Juni 2009 mit der Grußformel am Textende unter Namensnennung. Nicht erforderlich war, dass der Kläger die Entschädigungsforderung bezifferte (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - AP AGG § 3 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 12).

28

b) Die am 15. September 2009 beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main eingegangene Klage, die der Beklagten am 28. September 2009 zugestellt wurde, hat die Frist des § 61b Abs. 1 ArbGG gewahrt. Sie wurde innerhalb von drei Monaten nach der schriftlichen Geltendmachung des Anspruchs erhoben. Für die Fristwahrung genügte gemäß § 167 ZPO der Eingang der Klage beim Arbeitsgericht, weil deren Zustellung demnächst erfolgte(vgl. BAG 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - AP AGG § 33 Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 6, zu § 611a BGB aF).

29

3. Die vom Landesarbeitsgericht festgestellten Tatsachen lassen einen Verstoß der Beklagten gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG iVm. § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX vermuten.

30

a) Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG ist ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG. § 15 Abs. 2 AGG enthält nur eine Rechtsfolgenregelung, jedoch ist für die Voraussetzungen des Anspruchs auf § 15 Abs. 1 AGG zurückzugreifen. Dies ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang (vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - BVerwGE 139, 135; BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21).

31

b) Der Kläger hat eine Benachteiligung im Hinblick auf seine Behinderung erfahren.

32

aa) Der Begriff der Behinderung im Sinne von § 1 AGG, wegen der gemäß § 7 AGG Beschäftigte nicht benachteiligt werden dürfen, entspricht den gesetzlichen Definitionen in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX und § 3 BGG(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 31). Auf einen bestimmten Grad der Behinderung kommt es nicht an (vgl. BAG 3. April 2007 - 9 AZR 823/06 - BAGE 122, 54 = AP SGB IX § 81 Nr. 14 = EzA SGB IX § 81 Nr. 15). Der Kläger, für den seit dem 10. April 2003 ein Grad der Behinderung von 50 und seit dem 29. Juni 2004 ein Grad der Behinderung von 60, dh. eine Schwerbehinderung, festgestellt ist, unterfällt dem Behindertenbegriff des § 1 AGG.

33

bb) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation. Der Kläger erfuhr eine weniger günstige Behandlung als die eingestellte Bewerberin. Weniger günstig war auch die Behandlung des Klägers im Vergleich mit den zu Vorstellungsgesprächen eingeladenen Bewerbern/innen. Ein Nachteil im Rahmen einer Auswahlentscheidung, insbesondere bei einer Einstellung und Beförderung, liegt bereits vor, wenn der Beschäftigte - wie hier der Kläger - nicht in die Auswahl einbezogen, sondern vorab ausgenommen wird. Die Benachteiligung liegt in der Versagung einer Chance (vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21).

34

cc) Der Kläger und die letztlich eingestellte Bewerberin befanden sich auch in einer vergleichbaren Situation.

35

Das Vorliegen einer vergleichbaren Situation setzt voraus, dass der Kläger objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet war, denn vergleichbar (nicht: gleich) ist die Auswahlsituation nur für Arbeitnehmer, die gleichermaßen die objektive Eignung für die zu besetzende Stelle aufweisen (vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13). Für das Vorliegen einer Benachteiligung ist es erforderlich, dass eine Person, die an sich für die Tätigkeit geeignet wäre, nicht ausgewählt oder schon nicht in Betracht gezogen wurde. Könnte auch ein objektiv ungeeigneter Bewerber immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangen, stünde dies nicht im Einklang mit dem Schutzzweck des AGG. Das AGG will vor ungerechtfertigter Benachteiligung schützen, nicht eine unredliche Gesinnung des (potentiellen) Arbeitgebers sanktionieren. Die objektive Eignung ist also keine ungeschriebene Voraussetzung der Bewerbereigenschaft, sondern Kriterium der „vergleichbaren Situation“ iSd. § 3 Abs. 1 AGG(vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - AP AGG § 3 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 12).

36

Grundsätzlich ist für die objektive Eignung nicht auf das formelle Anforderungsprofil, welches der Arbeitgeber erstellt hat, abzustellen, sondern auf die Anforderungen, die der Arbeitgeber an einen Stellenbewerber stellen durfte. Zunächst ist davon auszugehen, dass der Arbeitgeber über den der Stelle zugeordneten Aufgabenbereich und die dafür geforderten Qualifikationen des Stelleninhabers frei entscheiden darf. Durch das Stellen von Anforderungen an den Bewerber, die nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung durch die Erfordernisse der wahrzunehmenden Aufgaben unter keinem nachvollziehbaren Gesichtspunkt gedeckt sind, darf er allerdings die Vergleichbarkeit der Situation nicht willkürlich gestalten und dadurch den Schutz des AGG de facto beseitigen (vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13). Diese Grundsätze gelten allerdings bei der Besetzung von Stellen öffentlicher Arbeitgeber nur eingeschränkt. Während der private Arbeitgeber im Rahmen der oben dargelegten Grundsätze frei ist, welche Anforderungen er in seiner Stellenausschreibung an Bewerber stellt und ob er dann bei seiner Auswahlentscheidung von einzelnen dieser geforderten Qualifikationen abweicht, hat der öffentliche Arbeitgeber Art. 33 Abs. 2 GG zu beachten. Hiernach besteht nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung Anspruch auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Öffentliche Ämter in diesem Sinne sind nicht nur Beamtenstellen, sondern auch Stellen, die mit Arbeitern und Angestellten besetzt werden. Art. 33 Abs. 2 GG dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes, dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität gewährleistet werden sollen(sog. Bestenauslese), zum anderen trägt er dem berechtigten Interesse des Bewerbers an seinem beruflichen Fortkommen Rechnung. Art. 33 Abs. 2 GG begründet ein grundrechtsgleiches Recht auf rechtsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl und auf deren Durchführung anhand der in der Regelung - hier der Stellenausschreibung - genannten Auswahlkriterien(sog. Bewerbungsverfahrensanspruch; vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - aaO).

37

Die in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Gesichtspunkte der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung sind die allein maßgeblichen Kriterien für die Bewerberauswahl; andere Kriterien sind nicht zulässig. Allerdings bestimmt Art. 33 Abs. 2 GG nicht, auf welchen Bezugspunkt sich diese Kriterien beziehen. Dies folgt erst aus dem Anforderungsprofil, welches als Funktionsbeschreibung des Dienstpostens objektiv die Kriterien bestimmt, die der künftige Stelleninhaber erfüllen muss. Über die Einrichtung und nähere Ausgestaltung von Dienstposten entscheidet grundsätzlich der Dienstherr nach seinen organisatorischen Bedürfnissen und Möglichkeiten. Es obliegt daher auch seinem organisatorischen Ermessen, wie er einen Dienstposten zuschneiden will und welche Anforderungen demgemäß der Bewerberauswahl zugrunde zu legen sind. Erst aus diesem Zuschnitt des zu vergebenden Amtes oder Dienstpostens werden daher die Anforderungen bestimmt, an denen konkurrierende Bewerber zu messen sind (vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13).

38

Mit der Bestimmung eines Anforderungsprofils für die zu vergebende Stelle legt der Dienstherr die Kriterien für die Auswahl der Bewerber fest; an ihm werden die Eigenschaften und Fähigkeiten der Bewerber gemessen (vgl. BVerfG 8. Oktober 2007 - 2 BvR 1846/07 - BVerfGK 12, 284). Der öffentliche Arbeitgeber hat im Anforderungsprofil die formalen Voraussetzungen, fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie außerfachlichen Kompetenzen zu beschreiben, die ein Bewerber für eine erfolgreiche Bewältigung der künftigen Tätigkeit benötigt und die dementsprechend der leistungsbezogenen Auswahl zugrunde zu legen sind (vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - BVerwGE 139, 135). Aufgrund des Anforderungsprofils sollen einerseits geeignete Bewerber gefunden, andererseits ungeeignete Bewerber schon im Vorfeld der eigentlichen Auswahlentscheidung aus dem Kreis der in das engere Auswahlverfahren einzubeziehenden Bewerber ausgeschlossen werden. Mit der Festlegung des Anforderungsprofils wird ein wesentlicher Teil der Auswahlentscheidung vorweggenommen. Zugleich bestimmt der öffentliche Arbeitgeber mit dem Anforderungsprofil den Umfang seiner der eigentlichen Auswahlentscheidung vorgelagerten verfahrensrechtlichen Verpflichtung nach § 82 Satz 2 und Satz 3 SGB IX(vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - aaO).

39

Für die Dauer des Auswahlverfahrens bleibt der Arbeitgeber an das in der veröffentlichten Stellenbeschreibung bekannt gegebene Anforderungsprofil gebunden (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1).

40

Unter Beachtung dieser Grundsätze bestehen unter Zugrundelegung des Anforderungsprofils in der Stellenausschreibung vom 13. März 2009 an der objektiven Eignung des Klägers für die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle keine Zweifel. Die Beklagte hat mit ihrer Ausschreibung eine Pförtnerin/Wächterin bzw. einen Pförtner/Wächter gesucht und dazu ein Anforderungsprofil aufgestellt, wonach die Bereitschaft zur flexiblen Arbeitszeitgestaltung, ein gepflegtes Erscheinungsbild, ein überzeugendes und sicheres Auftreten, gute Umgangsformen, körperliche Eignung, gute Deutschkenntnisse in Wort und Schrift, die Bereitschaft zum Führen einer Schusswaffe und ein Führungszeugnis ohne Eintrag verlangt wurde. Erfahrungen oder eine Ausbildung im Bereich des Wach- und Sicherheitsdienstes waren nach dem Anforderungsprofil nicht vorausgesetzt, sondern nur vorteilhaft. Fachliche Voraussetzungen werden mit dem Anforderungsprofil nicht aufgestellt. Der Kläger hatte in der Vergangenheit bereits als Pförtner gearbeitet und ausweislich seines Bewerbungsschreibens umfangreiche Kenntnisse im Bereich von Personen- und Fahrzeugkontrollen. Im Hinblick auf die vom Kläger in der Vergangenheit verrichteten Tätigkeiten und ausweislich der Angaben des Klägers im Bewerbungsschreiben ist auch von seiner körperlichen Eignung auszugehen. Auch die Beklagte zieht diese nicht in Zweifel. Dass der Kläger zum Zeitpunkt der Bewerbung keine Sachkundeprüfung nach § 34a Abs. 1 Satz 5 GewO abgelegt hatte, ist im Hinblick auf das verbindliche Anforderungsprofil der Beklagten nicht relevant. Auch ist davon auszugehen, dass der Kläger die Anforderungen im Erscheinungsbild und Auftreten erfüllt, zumal etwaige Defizite in diesen Bereichen nur in einem Vorstellungsgespräch hätten festgestellt werden können.

41

c) Die Beklagte behandelte den Kläger auch wegen seiner Behinderung weniger günstig.

42

aa) Der Kausalzusammenhang zwischen nachteiliger Behandlung und Behinderung ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an die Behinderung anknüpft oder durch sie motiviert ist (vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 32 zu § 3 Abs. 1 AGG). Dabei ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund, dh. die Behinderung, das ausschließliche Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist. Ausreichend ist vielmehr, dass die Behinderung Bestandteil eines Motivbündels ist, welches die Entscheidung beeinflusst hat. Auf ein schuldhaftes Handeln oder gar eine Benachteiligungsabsicht kommt es nicht an (BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3).

43

bb) Hinsichtlich der Kausalität zwischen Nachteil und dem verpönten Merkmal ist in § 22 AGG eine Beweislastregelung getroffen, die sich auch auf die Darlegungslast auswirkt. Der Beschäftigte genügt danach seiner Darlegungslast, wenn er Indizien vorträgt, die seine Benachteiligung wegen eines verbotenen Merkmals vermuten lassen. Dies ist der Fall, wenn die vorgetragenen Tatsachen aus objektiver Sicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung wegen dieses Merkmals erfolgt ist. Durch die Verwendung der Wörter „Indizien“ und „vermuten“ bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass es hinsichtlich der Kausalität zwischen einem der in § 1 AGG genannten Gründe und einer ungünstigeren Behandlung genügt, Hilfstatsachen vorzutragen, die zwar nicht zwingend den Schluss auf die Kausalität zulassen, die aber die Annahme rechtfertigen, dass die Kausalität gegeben ist. Liegt eine Vermutung für die Benachteiligung vor, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat(BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3).

44

cc) Die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem Bewerber vorgetragenen oder unstreitigen Tatsachen eine Benachteiligung wegen seiner Behinderung vermuten lassen, ist nur beschränkt revisibel. Die nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewonnene Überzeugung bzw. Nichtüberzeugung von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen einer Behinderung und einem Nachteil kann revisionsrechtlich nur darauf überprüft werden, ob sie möglich, in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt (BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3).

45

dd) Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht zunächst angenommen, als ein Indiz für einen Kausalzusammenhang stelle sich die unterlassene Einladung zum Vorstellungsgespräch dar.

46

Unterlässt es der öffentliche Arbeitgeber entgegen § 82 Satz 2 SGB IX, den schwerbehinderten Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, so ist dies eine geeignete Hilfstatsache nach § 22 AGG(vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - BVerwGE 139, 135; BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1).

47

Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht auch davon ausgegangen, dass die Pflicht, den Kläger zum Vorstellungsgespräch einzuladen, nicht aufgrund der Ausnahmevorschrift des § 82 Satz 3 SGB IX wegen offensichtlich fehlender fachlicher Eignung entfallen war.

48

Ein schwerbehinderter Bewerber muss bei einem öffentlichen Arbeitgeber die Chance eines Vorstellungsgesprächs bekommen, wenn seine fachliche Eignung zweifelhaft, aber nicht offensichtlich ausgeschlossen ist. Selbst wenn sich der öffentliche Arbeitgeber aufgrund der Bewerbungsunterlagen schon die Meinung gebildet hat, ein oder mehrere andere Bewerber seien so gut geeignet, dass der schwerbehinderte Bewerber nicht mehr in die nähere Auswahl komme, muss er den schwerbehinderten Bewerber nach dem Gesetzesziel einladen. Der schwerbehinderte Bewerber soll den öffentlichen Arbeitgeber im Vorstellungsgespräch von seiner Eignung überzeugen können. Wird ihm diese Möglichkeit genommen, liegt darin eine weniger günstige Behandlung als sie das Gesetz zur Herstellung gleicher Bewerbungschancen gegenüber anderen Bewerbern für erforderlich hält. Der Ausschluss aus dem weiteren Bewerbungsverfahren ist eine Benachteiligung, die in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Behinderung steht (BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1).

49

Auch für die Frage, ob dem Bewerber die fachliche Eignung offensichtlich fehlt, ist im öffentlichen Dienst auf die veröffentlichte Stellenbeschreibung abzustellen (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1), denn mit dem veröffentlichten Anforderungsprofil bestimmt der öffentliche Arbeitgeber den Umfang seiner verfahrensrechtlichen Verpflichtung nach § 82 Satz 2 und Satz 3 SGB IX(vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - BVerwGE 139, 135).

50

Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dem Kläger habe die fachliche Eignung nicht offensichtlich gefehlt, ist nicht zu beanstanden. Der Kläger erfüllt die Anforderungen der Stellenbeschreibung, die keine besonderen Anforderungen an Fähigkeiten und Kenntnisse stellt. Auch die Beklagte behauptet nicht, der Kläger erfülle eine oder mehrere Anforderungen der veröffentlichten Stellenbeschreibung nicht. Auf eine fehlende Sachkundeprüfung nach § 34a Abs. 1 Satz 5 GewO kann sich die Beklagte nicht erfolgreich berufen, da in der Stellenausschreibung eine solche nicht verlangt wird.

51

Dem Landesarbeitsgericht ist jedoch nicht dahin zu folgen, dass Ziff. 4.2.4 Abs. 5 Satz 2 der Rahmenintegrationsvereinbarung wegen § 7 Abs. 2 AGG unwirksam ist. Vielmehr ergibt sich im Wege der Auslegung, dass die Rahmenintegrationsvereinbarung keine zuungunsten des schwerbehinderten Bewerbers von § 82 Satz 2 und Satz 3 SGB IX abweichende Regelung enthält. Weder nach § 82 Satz 3 SGB IX noch nach Ziff. 4.2.4 Abs. 5 der Rahmenintegrationsvereinbarung durfte eine Einladung des Klägers zum Vorstellungsgespräch unterbleiben.

52

Das Landesarbeitsgericht hat Ziff. 4.2.4 Abs. 5 Satz 2 der Rahmenintegrationsvereinbarung zu Unrecht entnommen, abweichend von § 82 Satz 3 SGB IX sei dort der Beklagten die Befugnis eingeräumt, von einer Einladung zum Vorstellungsgespräch abzusehen, wenn zwischen Zentralabteilung, Schwerbehindertenvertretung und Gleichstellungsbeauftragter Einvernehmen besteht, dass der Bewerber für den freien Arbeitsplatz nicht in Betracht kommt.

53

Nach Ziff. 4.2.4 Abs. 5 Satz 1 der Rahmenintegrationsvereinbarung sind schwerbehinderte Bewerberinnen und Bewerber zu Auswahlverfahren zuzulassen, es sei denn, dass sie nach den vorgelegten Unterlagen für eine Verwendung aufgrund bestehender Ausbildungs- und Prüfungsvoraussetzungen offensichtlich nicht geeignet erscheinen. Damit knüpft Ziff. 4.2.4 Abs. 5 Satz 1 der Rahmenintegrationsvereinbarung an die bestehende Rechtslage nach § 82 Satz 2 und Satz 3 SGB IX an. Die die Rahmenintegrationsvereinbarung abschließenden Parteien gehen vom gesetzlichen Regel-/Ausnahmeverhältnis aus. Die Einladung zum Vorstellungsgespräch/Die Zulassung zum Auswahlverfahren ist der Regelfall, der Ausschluss wegen offensichtlicher Nichteignung die Ausnahme. Dabei wird auch die gesetzliche Terminologie der offensichtlich fehlenden Eignung aufgegriffen, sodass davon auszugehen ist, dass die Vertragsparteien den gesetzlichen Begriff der offensichtlich fehlenden fachlichen Eignung aus § 82 Satz 3 SGB IX zugrunde gelegt und dieses Begriffsverständnis zum Inhalt der Rahmenintegrationsvereinbarung gemacht haben. Damit ist die Eignung am veröffentlichten Stellenprofil zu messen. Die in der Rahmenintegrationsvereinbarung angesprochenen Ausbildungs- und Prüfungsvoraussetzungen können daher nur dann maßgeblich sein, wenn diese in das veröffentlichte Stellenprofil Eingang gefunden haben.

54

Ziff. 4.2.4 Abs. 5 Satz 2 der Rahmenintegrationsvereinbarung schränkt dies nicht ein, sondern soll den gesetzlich bestehenden Schutz vielmehr erweitern. Zwar ist nach Satz 2 von einer Einladung zum Auswahlverfahren abzusehen, wenn zwischen Zentralabteilung, Schwerbehindertenvertretung und Gleichstellungsbeauftragter Einvernehmen besteht, dass der Bewerber für den freien Arbeitsplatz nicht in Betracht kommt. Diese Regelung ist aber nicht so zu verstehen, dass auch bei Nichtvorliegen einer offensichtlichen Nichteignung aufgrund eines Einvernehmens der genannten Stellen von einer Einladung zum Auswahlverfahren/Vorstellungsgespräch abgesehen werden darf. Schon in Abs. 2 der Präambel der Rahmenintegrationsvereinbarung ist ausgeführt, dass mit dieser die beruflichen Chancen und konkreten Arbeitsbedingungen in der Dienststelle „weiter verbessert“ werden sollen. In Ziff. 2 Abs. 1 Satz 2 der Rahmenintegrationsvereinbarung ist ausgeführt, dass die Dienststelle die Rechte der schwerbehinderten Beschäftigten wahrt und bei allen Maßnahmen deren Belange berücksichtigt. Hieraus ergibt sich, dass der gesetzliche Mindestschutz des § 82 Satz 2 und Satz 3 SGB IX nicht unterschritten, sondern durch die Rahmenintegrationsvereinbarung ein höheres Schutzniveau gewährleistet werden soll. Vor allem ergibt sich dies aus deren Ziff. 12 Abs. 2. Dort ist ausdrücklich geregelt, dass Rechtsvorschriften und tarifliche Regelungen durch die Rahmenintegrationsvereinbarung nicht berührt werden. Dadurch haben die Vertragsparteien zum Ausdruck gebracht, dass ein Abweichen von gesetzlichen Vorschriften zuungunsten Schwerbehinderter - unabhängig davon, inwieweit dies überhaupt rechtlich zulässig wäre - nicht beabsichtigt ist. Damit kommt es auch nach der Rahmenintegrationsvereinbarung für die Frage der offensichtlich fehlenden fachlichen Eignung auf das veröffentlichte Anforderungsprofil an. Von einer Einladung zum Vorstellungsgespräch darf nach Ziff. 4.2.4 Abs. 5 Satz 2 der Rahmenintegrationsvereinbarung deshalb nur dann abgesehen werden, wenn zusätzlich zur offensichtlich vorliegenden fehlenden Eignung Einvernehmen zwischen Zentralabteilung, Schwerbehindertenvertretung und Gleichstellungsbeauftragter über diese Nichteignung besteht. Da dem Kläger aber die fachliche Eignung nicht offensichtlich fehlte, war der Kläger auch nach den Regeln der Rahmenintegrationsvereinbarung einzuladen.

55

ee) Eine Pflichtverletzung nach § 82 Satz 2 SGB IX ist als Indiz im Sinne von § 22 AGG nur dann geeignet, wenn dem Arbeitgeber die Schwerbehinderteneigenschaft oder Gleichstellung des Bewerbers bekannt gewesen ist oder sich der Arbeitgeber aufgrund der Bewerbungsunterlagen diese Kenntnis hätte verschaffen können. Andernfalls ist der Pflichtenverstoß dem Arbeitgeber nicht zuzurechnen (vgl. BAG 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - AP SGB IX § 81 Nr. 16 = EzA SGB IX § 81 Nr. 19). Es obliegt dem abgelehnten Bewerber deshalb darzulegen, dass dem Arbeitgeber die Schwerbehinderteneigenschaft oder Gleichstellung bekannt gewesen ist oder er sich aufgrund der Bewerbungsunterlagen diese Kenntnis jedenfalls hätte verschaffen können.

56

Dies hat der Kläger getan. Er hatte die Beklagte auf die bestehende Schwerbehinderteneigenschaft in seinem Bewerbungsschreiben hingewiesen. Dort heißt es, dass ihn die „vorhandene Schwerbehinderung mit einem GdB von 60“ weder körperlich noch geistig für die Aufgaben einschränkt. Auch die Beklagte hatte den Kläger im Bewerbungsverfahren als schwerbehinderten Menschen geführt, wie sich aus den von ihr vorgelegten Unterlagen zur Erfassung der Bewerber ergibt.

57

ff) Die Beklagte hat die Vermutung der Benachteiligung des Klägers wegen dessen Behinderung nicht widerlegt.

58

Wenn die festgestellten Tatsachen eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen, trägt der Arbeitgeber nach § 22 AGG die Beweislast dafür, dass eine solche Benachteiligung nicht vorlag. Der Arbeitgeber muss das Gericht davon überzeugen, dass die Benachteiligung nicht (auch) auf der Behinderung beruht. Damit muss er Tatsachen vortragen und gegebenenfalls beweisen, aus denen sich ergibt, dass es ausschließlich andere Gründe waren als die Behinderung, die zu der weniger günstigen Behandlung geführt haben (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10), und in seinem Motivbündel weder die Behinderung als negatives noch die fehlende Behinderung als positives Kriterium enthalten war.

59

Für die Frage, welche Tatsachen geeignet sind, die Vermutung der Benachteiligung zu widerlegen, sind die Besonderheiten des Bewerbungsverfahrens für ein öffentliches Amt iSv. Art. 33 Abs. 2 GG(vgl. BAG 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - AP SGB IX § 81 Nr. 16 = EzA SGB IX § 81 Nr. 19) und die gesetzlichen Regelungen des SGB IX zu beachten. Für den nach § 22 AGG möglichen Nachweis, dass für die Nichteinladung eines Bewerbers entgegen § 82 Satz 2 SGB IX ausschließlich andere Gründe als die Behinderung erheblich waren, können nur solche Gründe herangezogen werden, die nicht die fachliche Eignung betreffen. Hierfür enthält die in § 82 Satz 3 SGB IX geregelte Ausnahme mit dem Erfordernis der „offensichtlichen“ Nichteignung eine abschließende Regelung. Sie prägt auch die Anforderungen, die bei Verstößen im Bewerbungsverfahren bei auf die fachliche Eignung bezogenen Erwägungen für den Gegenbeweis zugrunde zu legen wären. Dies entspricht dem Schutzzweck des § 7 Abs. 1 AGG iVm. § 82 Satz 2 SGB IX, der das Recht schwerbehinderter Menschen und der ihnen gleichgestellten behinderten Menschen auf ein benachteiligungsfreies Bewerbungsverfahren schützt(vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - BVerwGE 139, 135). Die Widerlegung der infolge der Verletzung des § 82 Satz 2 SGB IX vermuteten Kausalität setzt daher den Nachweis voraus, dass die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch aufgrund von Umständen unterblieben ist, die weder einen Bezug zur Behinderung aufweisen noch die fachliche Eignung des Bewerbers berühren, wenn nicht sowieso bereits eine offensichtlich fehlende fachliche Eignung iSd. § 82 Satz 3 SGB IX vorgelegen und deshalb die Einladung entbehrlich gemacht hat. Dies folgt aus dem insoweit abschließenden Charakter des § 82 Satz 3 SGB IX. Der öffentliche Arbeitgeber darf daher von der Einladung eines schwerbehinderten Bewerbers im Hinblick auf die fachliche Eignung nur dann absehen, wenn er vorab ein diskriminierungsfreies und sachlich gerechtfertigtes Anforderungsprofil erstellt hat (vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - aaO) und der Bewerber dieses offensichtlich nicht erfüllt.

60

Für eine mögliche Widerlegung der Vermutung einer Benachteiligung wegen der Behinderung ist auch die in § 122 SGB IX getroffene Regelung zu beachten, wonach die Verpflichtungen zur bevorzugten Einstellung und Beschäftigung bestimmter Personenkreise nach anderen Gesetzen den Arbeitgeber nicht von der Verpflichtung zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen nach den besonderen Regelungen für schwerbehinderte Menschen entbinden. Die Vorschrift regelt das Verhältnis der Regelungen des SGB IX über die Einstellung und Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen zu entsprechenden rechtlichen Verpflichtungen für andere besonders schutzbedürftige Personen (vgl. FKS-SGB IX-Faber 2. Aufl. § 122 Rn. 1). § 122 SGB IX stellt klar, dass sich der Arbeitgeber nicht dadurch von seinen Verpflichtungen zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen entlasten kann, dass er auf seine gesetzlichen Verpflichtungen gegenüber anderen schutzbedürftigen Personen verweist(vgl. Trenk-Hinterberger in HK-SGB IX 3. Aufl. § 122 Rn. 3). Die Regelung spricht zwar nur von „Beschäftigung“ schwerbehinderter Menschen - im Gegensatz zur „Einstellung und Beschäftigung“ der anderen Personenkreise - jedoch ist der Begriff „Beschäftigung“ nach Sinn und Zweck der Norm weit zu verstehen. Er umfasst daher auch die Besetzung von Arbeitsplätzen und die Einstellung von Arbeitnehmern (vgl. Trenk-Hinterberger aaO Rn. 5; Faber aaO Rn. 4; Lampe GK-SGB IX Stand Januar 2012 § 122 Rn. 12; Masuch in Hauck/Noftz SGB IX Stand November 2011 K § 122 Rn. 4). Damit konkretisiert § 122 SGB IX das Benachteiligungsverbot des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG(vgl. Masuch aaO). Ob § 122 SGB IX eine Vorrangregelung zugunsten Schwerbehinderter darstellt(dagegen: ErfK/Rolfs 12. Aufl. § 122 SGB IX Rn. 1; Knittel SGB IX Kommentar 5. Aufl. § 122 Rn. 3; aA Düwell in LPK-SGB IX 2. Aufl. § 122 Rn. 6), kann dahinstehen. Jedenfalls folgt aus § 122 SGB IX das Verbot, die Pflichten gegenüber schwerbehinderten Menschen aus Anlass von Verpflichtungen gegenüber anderen Personen zu missachten(vgl. Trenk-Hinterberger aaO Rn. 10; Masuch aaO Rn. 6; Faber aaO Rn. 6). Das hat zur Folge, dass der öffentliche Arbeitgeber nicht mit der Begründung, allein die Förderung anderer Personenkreise habe seine Entscheidung motiviert und die Behinderung sei daher in keiner Weise ein Kriterium für den Ausschluss eines schwerbehinderten Bewerbers vom Vorstellungsgespräch gewesen, den Entlastungsbeweis nach § 22 AGG führen kann.

61

Zunächst kann sich die Widerlegung der Benachteiligungsvermutung nicht aus einer besseren Eignung der tatsächlich eingestellten Bewerberin ergeben. Denn die bessere Eignung schließt die Benachteiligung nicht aus. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG. Danach ist selbst dann eine Entschädigung zu leisten, wenn der schwerbehinderte Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Im Übrigen bewirken Fragen der fachlichen Eignung keine Entlastung des Arbeitgebers nach § 22 AGG, weil § 82 Satz 3 AGG insoweit eine abschließende Regelung enthält(vgl. oben).

62

Die Einlassung der Beklagten, ausschlaggebend für die Nichteinladung des Klägers sei gewesen, dass sie § 19 Haushaltsgesetz 2009 und § 7 Bundesgleichstellungsgesetz(BGleiG) zu beachten hatte, ist nicht geeignet nachzuweisen, dass die Einladung aufgrund von nicht diskriminierenden Umständen unterblieben ist. In § 19 Haushaltsgesetz 2009, wonach freie Planstellen und Stellen vorrangig mit Bediensteten zu besetzen sind, die bei anderen Behörden der Bundesverwaltung wegen Aufgabenrückgangs oder wegen Auflösung der Behörde nicht mehr benötigt werden, ist eine Verpflichtung zur bevorzugten Einstellung und Beschäftigung eines bestimmten Personenkreises iSv. § 122 SGB IX getroffen. Diese entbindet die Beklagte nicht von ihrer Verpflichtung nach § 82 Satz 2 SGB IX(vgl. oben). Gleiches gilt für die in §§ 7, 8, 9 BGleiG und die dort zugunsten von Frauen getroffenen Regelungen(vgl. Trenk-Hinterberger in HK-SGB IX 3. Aufl. § 122 Rn. 7; FKS-SGB IX-Faber 2. Aufl. § 122 Rn. 5). § 7 BGleiG ordnet an, dass bei der Besetzung von Arbeitsplätzen in Bereichen, in denen Frauen unterrepräsentiert sind, zu Vorstellungsgesprächen oder besonderen Auswahlverfahren mindestens ebenso viele Frauen wie Männer einzuladen sind, welche die in der Ausschreibung vorgegebene Qualifikation aufweisen, sofern Bewerbungen von Frauen in ausreichender Zahl vorliegen. Damit war die Beklagte nach § 122 SGB IX aufgefordert, sowohl ihre Einladungspflicht nach § 7 BGleiG als auch nach § 82 Satz 2 SGB IX zu erfüllen. Die Beklagte kann sich nicht durch einen Verweis auf ihre Pflicht zur Frauenförderung gegenüber dem schwerbehinderten Bewerber entlasten.

63

4. Ein Ausschluss der Haftung der Beklagten folgt nicht aus der Haftungsprivilegierung des § 15 Abs. 3 AGG. Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagte bei der Anwendung der Rahmenintegrationsvereinbarung grob fahrlässig gehandelt hat, wie vom Landesarbeitsgericht angenommen. Vorliegend ist bereits der Anwendungsbereich des § 15 Abs. 3 AGG nicht eröffnet.

64

Nach § 15 Abs. 3 AGG ist der Arbeitgeber bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hat. Unabhängig davon, ob eine Integrationsvereinbarung nach § 83 SGB IX eine kollektivrechtliche Vereinbarung im Sinne von § 15 Abs. 3 AGG darstellt und unabhängig von der Frage der Europarechtswidrigkeit des § 15 Abs. 3 AGG(offengelassen: BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - BAGE 129, 181 = AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1) kommt eine Anwendung von § 15 Abs. 3 AGG nach Sinn und Zweck deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger durch die falsche Anwendung der nicht diskriminierenden kollektivrechtlichen Regelung - nämlich der Rahmenintegrationsvereinbarung - benachteiligt worden ist(vgl. Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 15 Rn. 63; Däubler/Bertzbach-Deinert 2. Aufl. § 15 AGG Rn. 89a). Denn Grund für die in § 15 Abs. 3 AGG enthaltene Privilegierung ist, dass der Arbeitgeber für die Folgen einer diskriminierenden kollektivrechtlichen Vereinbarung, die er anwendet, nicht(allein) verantwortlich sein soll. Die falsche Anwendung einer diskriminierungsfreien Kollektivvereinbarung wird von § 15 Abs. 3 AGG dagegen nicht erfasst.

65

5. Der Ausschluss des Klägers vom Vorstellungsgespräch lässt sich auch nicht mit einer Förderung von Frauen nach §§ 7 ff. BGleiG als positive Maßnahme nach § 5 AGG rechtfertigen.

66

Zwar ermöglicht § 5 AGG kompensatorische Maßnahmen, um bestehende Nachteile wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes auszugleichen. Soweit dabei aber mit der Förderung einer Gruppe von Merkmalsträgern nach § 1 AGG zugleich eine Zurücksetzung einer anderen Gruppe verbunden ist, sind gesetzliche Konkurrenzregelungen zu beachten. Im Falle von schwerbehinderten bzw. diesen gleichgestellten Menschen hat der Gesetzgeber in § 122 SGB IX eine solche Konkurrenzregelung getroffen, die eine Zurücksetzung dieser Gruppe zugunsten einer anderen Gruppe von Merkmalsträgern nach § 1 AGG ausschließt(vgl. MüKoBGB/Thüsing 6. Aufl. § 5 AGG Rn. 13; Schleusener/Suckow/Voigt-Voigt AGG 3. Aufl. Rn. 14; Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 5 Rn. 4). In der Rahmenintegrationsvereinbarung wird hierauf in Ziff. 4.2.4 Abs. 7 Bezug genommen. Eine Förderung von Frauen unter Missachtung der Regelungen der §§ 81, 82 SGB IX ist folglich ausgeschlossen.

67

6. Das Landesarbeitsgericht hat die dem Kläger zustehende angemessene Entschädigung in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise mit 2.700,00 Euro bemessen.

68

a) § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG räumt dem Gericht einen Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Höhe der Entschädigung ein. Bei der Festsetzung der angemessenen Entschädigung sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Zu diesen zählen etwa die Art und Schwere der Benachteiligung, ihre Dauer und Folgen, der Anlass und der Beweggrund des Handelns, der Grad der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers, etwa geleistete Wiedergutmachung oder erhaltene Genugtuung und das Vorliegen eines Wiederholungsfalles. Ferner ist der Sanktionszweck der Norm zu berücksichtigen, sodass die Höhe auch danach zu bemessen ist, was zur Erzielung einer abschreckenden Wirkung erforderlich ist. Dabei ist zu beachten, dass die Entschädigung geeignet sein muss, eine wirklich abschreckende Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber zu haben und in jedem Fall in einem angemessenen Verhältnis zum erlittenen Schaden stehen muss (BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - BAGE 129, 181 = AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1).

69

Da die Höhe der Entschädigung von einem Beurteilungsspielraum abhängt, ist die Bemessung des Entschädigungsanspruchs grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters (vgl. BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - BAGE 129, 181 = AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1). Die Festsetzung der angemessenen Entschädigung obliegt demnach nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht. Dabei ist revisionsrechtlich zu überprüfen, ob das Urteil das Bemühen um eine angemessene Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände erkennen lässt und ob es gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat (vgl. BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - aaO).

70

b) Zwischen den Parteien war in den Tatsacheninstanzen nicht streitig, dass der Kläger auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre, sodass die Entschädigungshöhe nach § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG auf maximal drei Monatsgehälter begrenzt ist. Der Kläger hat seine Klageforderung hieran ausgerichtet und drei Monatsgehälter á 1.907,76 Euro (Entgeltgruppe 3, Stufe 2 TVöD Bund) gefordert. Dies hat das Landesarbeitsgericht beachtet und im Übrigen Art und Schwere des Verstoßes, Folgen und Bedeutung für den Kläger und das Nichtvorliegen eines Wiederholungsfalles zutreffend gewürdigt und auf dieser Grundlage - revisionsrechtlich nicht zu beanstanden - etwa die Hälfte der vom Kläger begehrten Entschädigung für angemessen erachtet.

71

C. Die Anschlussrevision des Klägers ist unzulässig. Die Revisionsbegründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen.

72

I. Die Anschlussrevision ist zwar in der Anschlussschrift vom 4. Februar 2011 begründet worden (§ 554 Abs. 3 ZPO). Für den notwendigen Inhalt dieser Begründung gelten dieselben Grundsätze wie für die Begründung der Revision. So müssen gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG, § 554 Abs. 3 Satz 2, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO die Revisionsgründe angegeben werden. Bei Sachrügen sind diejenigen Umstände bestimmt zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO). Die Revisionsbegründung muss den angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts in einer Weise verdeutlichen, die Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennen lässt. Die Revisionsbegründung hat sich deshalb mit den tragenden Gründen des Berufungsurteils auseinanderzusetzen. Dadurch soll ua. sichergestellt werden, dass der Prozessbevollmächtigte des Revisionsklägers das angefochtene Urteil auf das Rechtsmittel hin überprüft und die Rechtslage genau durchdenkt. Die Revisionsbegründung soll durch ihre Kritik an dem angefochtenen Urteil außerdem zur richtigen Rechtsfindung durch das Revisionsgericht beitragen (BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 346/10 - NZA 2011, 878; 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - BAGE 130, 119 - AP BUrlG § 7 Nr. 39 = EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 15). Die bloße Darstellung anderer Rechtsansichten ohne jede Auseinandersetzung mit den Gründen des Berufungsurteils genügt nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung (vgl. BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 346/10 - aaO; 13. Oktober 2009 - 9 AZR 875/08 - AP ArbGG 1979 § 72 Nr. 54).

73

II. Diesen Anforderungen wird die Begründung der Anschlussrevision nicht gerecht.

74

Das Landesarbeitsgericht hat dargelegt, aus welchen Gründen es dem Kläger eine Entschädigung iHv. von 2.700,00 Euro zugesprochen hat.

75

Die Anschlussschrift setzt sich insoweit mit den Entscheidungsgründen des Landesarbeitsgerichts nicht auseinander. Zunächst wiederholt der Kläger nur bereits in den Vorinstanzen geäußerte Rechtsauffassungen in zusammengefasster Form, denen das Landesarbeitsgericht in weiten Teilen gefolgt war. Zur Entschädigungshöhe ist in der Anschlussschrift lediglich ausgeführt, diese müsse angemessen und geeignet sein, eine abschreckende Wirkung haben und im Verhältnis zu dem erlittenen Schaden stehen. Erstmals macht der Kläger in der Anschlussrevision geltend, es könne nicht gesagt werden, ob der Kläger auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht hätte eingestellt werden müssen, weshalb von drei Monatsgehältern als Entschädigungsleistung auszugehen sei. Es wird nicht erläutert, worin der Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts liegen soll, dem der Gesetzgeber als Tatsachengericht bei der Bemessung der Höhe der Entschädigung einen Beurteilungsspielraum eingeräumt hat, und in welcher Weise das Landesarbeitsgericht diesen Beurteilungsspielraum verkannt bzw. gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen haben soll.

76

D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Schuckmann    

        

    Mallmann    

                 

Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten werden erbracht, um Leistungsberechtigten die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Die Leistungen sind insbesondere darauf gerichtet, die Leistungsberechtigten in Fördergruppen und Schulungen oder ähnlichen Maßnahmen zur Vornahme lebenspraktischer Handlungen einschließlich hauswirtschaftlicher Tätigkeiten zu befähigen, sie auf die Teilhabe am Arbeitsleben vorzubereiten, ihre Sprache und Kommunikation zu verbessern und sie zu befähigen, sich ohne fremde Hilfe sicher im Verkehr zu bewegen. Die Leistungen umfassen auch die blindentechnische Grundausbildung.

Leistungen zur Förderung der Verständigung werden erbracht, um Leistungsberechtigten mit Hör- und Sprachbehinderungen die Verständigung mit der Umwelt aus besonderem Anlass zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Leistungen umfassen insbesondere Hilfen durch Gebärdensprachdolmetscher und andere geeignete Kommunikationshilfen. § 17 Absatz 2 des Ersten Buches bleibt unberührt.

Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

Leistungen zur Förderung der Verständigung werden erbracht, um Leistungsberechtigten mit Hör- und Sprachbehinderungen die Verständigung mit der Umwelt aus besonderem Anlass zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Leistungen umfassen insbesondere Hilfen durch Gebärdensprachdolmetscher und andere geeignete Kommunikationshilfen. § 17 Absatz 2 des Ersten Buches bleibt unberührt.

Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten werden erbracht, um Leistungsberechtigten die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Die Leistungen sind insbesondere darauf gerichtet, die Leistungsberechtigten in Fördergruppen und Schulungen oder ähnlichen Maßnahmen zur Vornahme lebenspraktischer Handlungen einschließlich hauswirtschaftlicher Tätigkeiten zu befähigen, sie auf die Teilhabe am Arbeitsleben vorzubereiten, ihre Sprache und Kommunikation zu verbessern und sie zu befähigen, sich ohne fremde Hilfe sicher im Verkehr zu bewegen. Die Leistungen umfassen auch die blindentechnische Grundausbildung.

Leistungen zur Förderung der Verständigung werden erbracht, um Leistungsberechtigten mit Hör- und Sprachbehinderungen die Verständigung mit der Umwelt aus besonderem Anlass zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Leistungen umfassen insbesondere Hilfen durch Gebärdensprachdolmetscher und andere geeignete Kommunikationshilfen. § 17 Absatz 2 des Ersten Buches bleibt unberührt.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Leistungen zur Förderung der Verständigung werden erbracht, um Leistungsberechtigten mit Hör- und Sprachbehinderungen die Verständigung mit der Umwelt aus besonderem Anlass zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Leistungen umfassen insbesondere Hilfen durch Gebärdensprachdolmetscher und andere geeignete Kommunikationshilfen. § 17 Absatz 2 des Ersten Buches bleibt unberührt.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten werden erbracht, um Leistungsberechtigten die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Die Leistungen sind insbesondere darauf gerichtet, die Leistungsberechtigten in Fördergruppen und Schulungen oder ähnlichen Maßnahmen zur Vornahme lebenspraktischer Handlungen einschließlich hauswirtschaftlicher Tätigkeiten zu befähigen, sie auf die Teilhabe am Arbeitsleben vorzubereiten, ihre Sprache und Kommunikation zu verbessern und sie zu befähigen, sich ohne fremde Hilfe sicher im Verkehr zu bewegen. Die Leistungen umfassen auch die blindentechnische Grundausbildung.

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(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Leistungen zur Förderung der Verständigung werden erbracht, um Leistungsberechtigten mit Hör- und Sprachbehinderungen die Verständigung mit der Umwelt aus besonderem Anlass zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Leistungen umfassen insbesondere Hilfen durch Gebärdensprachdolmetscher und andere geeignete Kommunikationshilfen. § 17 Absatz 2 des Ersten Buches bleibt unberührt.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten werden erbracht, um Leistungsberechtigten die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Die Leistungen sind insbesondere darauf gerichtet, die Leistungsberechtigten in Fördergruppen und Schulungen oder ähnlichen Maßnahmen zur Vornahme lebenspraktischer Handlungen einschließlich hauswirtschaftlicher Tätigkeiten zu befähigen, sie auf die Teilhabe am Arbeitsleben vorzubereiten, ihre Sprache und Kommunikation zu verbessern und sie zu befähigen, sich ohne fremde Hilfe sicher im Verkehr zu bewegen. Die Leistungen umfassen auch die blindentechnische Grundausbildung.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten werden erbracht, um Leistungsberechtigten die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Die Leistungen sind insbesondere darauf gerichtet, die Leistungsberechtigten in Fördergruppen und Schulungen oder ähnlichen Maßnahmen zur Vornahme lebenspraktischer Handlungen einschließlich hauswirtschaftlicher Tätigkeiten zu befähigen, sie auf die Teilhabe am Arbeitsleben vorzubereiten, ihre Sprache und Kommunikation zu verbessern und sie zu befähigen, sich ohne fremde Hilfe sicher im Verkehr zu bewegen. Die Leistungen umfassen auch die blindentechnische Grundausbildung.

Leistungen zur Förderung der Verständigung werden erbracht, um Leistungsberechtigten mit Hör- und Sprachbehinderungen die Verständigung mit der Umwelt aus besonderem Anlass zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Leistungen umfassen insbesondere Hilfen durch Gebärdensprachdolmetscher und andere geeignete Kommunikationshilfen. § 17 Absatz 2 des Ersten Buches bleibt unberührt.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 5. Oktober 2010 - 13 Sa 488/10 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des Urteils des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 5. Oktober 2010 - 13 Sa 488/10 - klarstellend wie folgt neu gefasst wird:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 28. Januar 2010 - 11 Ca 7932/09 - teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine Entschädigung in Höhe von 2.700,00 Euro zu zahlen. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Die Anschlussrevision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 5. Oktober 2010 - 13 Sa 488/10 - wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens haben Kläger und Beklagte je zur Hälfte zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Entschädigungsanspruch des Klägers wegen einer Benachteiligung aufgrund seiner Behinderung bei einer Bewerbung.

2

Der Kläger war nach dem Abschluss der Berufsausbildung zum Elektroinstallateur ua. als Pförtner und Fahrer von Oktober 1987 bis Dezember 1990 tätig. In den Folgejahren arbeitete er ua. als Monteur, legte die Meisterprüfung als Elektroinstallateur ab und arbeitete als Haushandwerker und Fahrer von Juli 1999 bis Dezember 2006. Der Kläger ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 60.

3

Am 18. März 2004 hatte das Bundesministerium des Innern (BMI) mit der Hauptschwerbehindertenvertretung des BMI, der Hauptschwerbehindertenvertretung des Bundesgrenzschutzes (BGS), den jeweiligen Hauptpersonalräten, der Schwerbehindertenvertretung des BMI, dem Personalrat des BMI und der Gleichstellungsbeauftragten eine „Rahmenvereinbarung zur Integration schwerbehinderter und diesen gleichgestellten behinderten Menschen im Bundesministerium des Innern und den Behörden seines Geschäftsbereichs (einschließlich BGS) gemäß § 83 Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch (SGB IX)“(im Folgenden: Rahmenintegrationsvereinbarung) geschlossen. In dieser Rahmenvereinbarung ist ua. das Folgende geregelt:

        

1. Präambel

        

(1) Schwerbehinderte Menschen im Bundesministerium des Innern und den Behörden seines Geschäftsbereichs (einschl. BGS)1 sind wie alle anderen Beschäftigten leistungsfähig und leistungsbereit. ...

        

(2) Mit dieser Rahmenintegrationsvereinbarung werden die Maßnahmen und Möglichkeiten aufgezeigt, die die beruflichen Chancen und die konkreten Arbeitsbedingungen dieser Kolleginnen und Kollegen in der Dienststelle weiter verbessern sollen. ...

        

(3) Alle beteiligten Stellen und Personen sind verpflichtet, vertrauensvoll zusammenzuarbeiten und im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der vorhandenen Möglichkeiten den Anliegen der schwerbehinderten Menschen verständnisvoll, sach- und behindertengerecht zu begegnen. Soweit der Dienststelle vom Gesetzgeber ein Ermessensspielraum zugestanden wird, sollte dieser im Interesse der schwerbehinderten Beschäftigten möglichst großzügig gehandhabt werden.

                 
        

2. Ziele

        

(1) Nach Art. 3 Abs. 3 GG unterliegen behinderte Menschen dem besonderen Schutz des Grundgesetzes. Die Dienststelle wahrt die Rechte der schwerbehinderten Beschäftigten und berücksichtigt ihre Belange bei allen Maßnahmen, von denen sie berührt sind.

        

(2) Schwerbehinderte Beschäftigte dürften bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme, insbesondere bei der Begründung des Dienst-, Arbeits- oder sonstigen Beschäftigungsverhältnisses, beim beruflichen Aufstieg oder bei einer Kündigung nicht wegen ihrer Schwerbehinderung benachteiligt werden. ...

                 
        

4. Personalmanagement

        

…       

        

4.2.4 Einstellung

        

…       

        

(3) Hinsichtlich der sonstigen Eignung, insbesondere der beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten, gilt uneingeschränkt das Leistungsprinzip im Wettbewerb mit anderen nichtbehinderten Bewerbern.

        

…       

        

(5) Schwerbehinderte Bewerberinnen und Bewerber sind zu Auswahlverfahren zuzulassen, es sei denn, dass sie nach den vorgelegten Unterlagen für eine Verwendung auf Grund bestehender Ausbildungs- oder Prüfungsvoraussetzungen offensichtlich nicht geeignet erscheinen. Von einer Einladung zum Auswahlverfahren ist abzusehen, wenn zwischen Zentralabteilung, Schwerbehindertenvertretung und Gleichstellungsbeauftragter Einvernehmen besteht, dass die Bewerberin oder der Bewerber für den freien Arbeitsplatz nicht in Betracht kommt. Der Personalrat ist vor dieser Entscheidung anzuhören.

        

…       

        

(7) Die Verpflichtung zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen wird durch andere gesetzliche Verpflichtungen zur bevorzugten Einstellung und Beschäftigung bestimmter Personengruppen nicht berührt (§ 122 SGB IX).

        

…       

        

12 Schlussbestimmungen und Inkrafttreten

        

...     

        

(2) Rechtsvorschriften und tarifliche Regelungen werden durch diese Vereinbarung nicht berührt.“

4

Die dem Bundesministerium des Innern unterstellte B schrieb am 13. März 2009 eine Stelle als Pförtner/in, Wächter/in aus. In der Ausschreibung heißt es:

        

„...   

        

Die B hat zum nächstmöglichen Zeitpunkt einen Dienstposten für Tarifbeschäftigte im Sachbereich 37 (Zentraler Dienst) für den Pförtner- und Wachdienst zu besetzen und sucht deshalb

        

eine Pförtnerin/Wächterin bzw. einen Pförtner/Wächter.

        

Die Tätigkeit ist mit der Entgeltgruppe 3 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) bewertet.

        

Das Aufgabengebiet beinhaltet:

        

•       

Kontrolle des ein- und ausgehenden Personenverkehrs sowie des ein- und ausfahrenden Kfz-Verkehrs einschließlich Kontrolle der entsprechenden Ausweise sowie der Berechtigung zum Aufenthalt in der Liegenschaft

        

•       

Empfang und Anmeldung von Besuchern, Erteilen von Auskünften

        

•       

Bestreifung des Geländes der Liegenschaft F

                 
        

Anforderungen:

        

•       

Bereitschaft zur flexiblen Arbeitszeitgestaltung in Form eines Regeldienstes rund um die Uhr (Früh-, Spät- und Nachtdienst)

        

•       

gepflegtes Erscheinungsbild, überzeugendes und sicheres Auftreten sowie gute Umgangsformen

        

•       

körperliche Eignung

        

•       

gute Deutschkenntnisse in Wort und Schrift

        

•       

Erfahrungen oder Ausbildung im Bereich des Wach- und Sicherheitsdienstes vorteilhaft

        

•       

Bereitschaft zum Führen einer Schusswaffe

        

•       

Führungszeugnis ohne Eintrag (braucht in der Bewerbung noch nicht vorgelegt werden!)

                 
        

Eine Besetzung mit Teilzeitkräften ist grundsätzlich möglich. Bereitschaft zur flexiblen Arbeitszeitgestaltung gemäß den dienstlichen Erfordernissen wird vorausgesetzt.

        

Die B ist bestrebt, den Frauenanteil zu erhöhen. Bewerbungen von Frauen sind besonders erwünscht. Bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung werden Frauen nach Maßgabe des Bundesgleichstellungsgesetzes bevorzugt berücksichtigt.

        

Im Rahmen der Stellenbesetzungen werden die Gleichstellungsbeauftragte und die Vertrauensperson der Schwerbehinderten beteiligt. Schwerbehinderte werden bei gleicher Eignung bevorzugt berücksichtigt, es wird ein Mindestmaß an körperlicher Eignung verlangt.

        

...“   

5

Mit Schreiben vom 16. März 2009 bewarb sich der Kläger um die ausgeschriebene Stelle. Auszugsweise lautet die Bewerbung des Klägers wie folgt:

        

„Ich bin 43 Jahre alt und habe ausreichend Berufserfahrung im Fahr- und Pfortendienst inclusive Personen- und Zugangskontrolle. Durch diese Berufserfahrung und meine bisherigen Qualifikationen fühle ich mich bestens geeignet, die von Ihnen ausgeschriebene Stelle ideal zu besetzen.

        

Bereits bei meiner Tätigkeit als Fahrer/Pförtner beim S in Be, habe ich die Hauptaufgaben in diesem Arbeitsbereich frühzeitig kennen gelernt. Durch meine langjährige Berufserfahrung verfüge ich über umfangreiche Kenntnisse in der Personen- und Fahrzeugkontrolle sowie in der mündlichen bzw. telefonischen Auskunftserteilung und als Lotse bezüglich der Besuchereinweisung vor Ort innerhalb der Liegenschaften. Aufgaben, wie die Zustellung und Beförderung der Post, sowie der Personentransport im städtischen und ländlichen Bereich, gehörten auch zu meinen täglichen Schwerpunktaufgaben. Ich bin im Besitz aller Führerscheinklassen.

        

Wörter, wie Diskretion, Verlässlich- und Pünktlichkeit sind keinesfalls fremd für mich, genauso wie ein gepflegtes Äußeres und ein hohes Maß an Zuverlässigkeit und Loyalität. Meine vorhandene Schwerbehinderung mit einem GdB von 60 würde mich weder körperlich noch geistig für die geforderten Aufgaben in Ihrem Hause einschränken, so dass ich gerne meine Fähig- und Fertigkeiten bei Ihnen einbringen würde.

        

Der von Ihnen beschriebene Arbeitseinsatz im Schichtdienst kommt meiner derzeitigen Lebenssituation entgegen.“

6

Zu den dem Bewerbungsschreiben beigefügten Unterlagen gehörte ua. auch eine Kopie des Schwerbehindertenausweises des Klägers. Auf dem Ausweis ist maschinenschriftlich ein GdB von 50 befristet bis März 2007 und handschriftlich ein GdB von 60 seit dem 29. Juni 2004 mit einem eingestempelten Gültigkeitsdatum bis Januar 2022 vermerkt.

7

Im Rahmen des Auswahlverfahrens für die zu besetzende Stelle beteiligte das BMI seine Zentralabteilung, die Schwerbehindertenvertretung, die Gleichstellungsbeauftragte sowie den Personalrat. Zwischen diesen herrschte Einvernehmen darüber, dass der Kläger für die Stelle wegen offensichtlich fehlender Eignung nicht in Betracht komme. Von seiner Einladung zu einem Vorstellungsgespräch wurde deshalb abgesehen. Zu Vorstellungsgesprächen wurden neben fünf Männern auch fünf Frauen eingeladen. Ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Unterlagen zum Bewerbungsverfahren bewarben sich auf die ausgeschriebene Stelle neben dem Kläger auch weitere schwerbehinderte bzw. gleichgestellte Bewerber, die ebenfalls nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurden.

8

Mit Schreiben vom 11. Mai 2009 teilte die B dem Kläger mit, dass man sich im Auswahlverfahren für eine Bewerberin entschieden habe.

9

Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 29. Mai 2009 die B aufgefordert hatte, ihn bei der Besetzung der Stelle zu berücksichtigen, machte er mit Schreiben vom 18. Juni 2009 Entschädigungs- bzw. Schadensersatzansprüche iHv. sechs Monatsgehältern wegen der Nichteinstellung geltend. Dem trat die Beklagte mit Schreiben vom 10. Juli 2009 entgegen.

10

Mit seiner am 15. September 2009 beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main eingegangenen und der Beklagten am 28. September 2009 zugestellten Klage nimmt der Kläger die Beklagte auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von drei Monatsgehältern der Entgeltgruppe 3, Stufe 2, des TVöD in Anspruch.

11

Der Kläger vertritt die Ansicht, die nicht erfolgte Einladung zum Vorstellungsgespräch sei ein Indiz dafür, dass er wegen seiner Behinderung benachteiligt worden sei. Da ihm die fachliche Eignung nicht offensichtlich gefehlt habe, wäre er einzuladen gewesen. Auf das Absehen von einer Einladung aufgrund Ziff. 4.2.4 Abs. 5 der Rahmenintegrationsvereinbarung vom 18. März 2004 könne sich die Beklagte nicht mit Erfolg berufen, da sonst § 82 SGB IX umgangen würde.

12

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.723,28 Euro zu zahlen.

13

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

14

Sie macht geltend, der Kläger habe im Bewerbungsverfahren seine Schwerbehinderteneigenschaft nicht zweifelsfrei nachgewiesen. Außerdem seien wegen § 19 Haushaltsgesetz 2009 Versetzungsbewerber und wegen § 7 BGleiG bevorzugt Frauen zu berücksichtigen gewesen, da diese unterrepräsentiert gewesen seien. Der Kläger sei zudem deshalb nicht eingeladen worden, weil den Unterlagen kein Hinweis auf eine Sachkundeprüfung nach § 34a(Bewachungsgewerbe) GewO zu entnehmen gewesen sei. Vor allem habe eine Einladung zum Vorstellungsgespräch deshalb unterbleiben dürfen, weil nach Ziff. 4.2.4 Abs. 5 der Rahmenintegrationsvereinbarung vom 18. März 2004 Einvernehmen bestanden habe, dass der Kläger für den freien Arbeitsplatz nicht in Betracht komme. Jedenfalls treffe die Beklagte weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit.

15

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht die Beklagte zur Zahlung von 2.700,00 Euro verurteilt. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger erstrebt mit seiner Anschlussrevision die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 5.723,28 Euro.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision der Beklagten ist unbegründet, während die Anschlussrevision des Klägers unzulässig ist.

17

A. Sein Urteil, mit dem es die Beklagte zur Zahlung einer Entschädigung von 2.700,00 Euro an den Kläger verurteilt hat, hat das Landesarbeitsgericht im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Kläger sei wegen eines Merkmals iSd. § 1 AGG, nämlich seiner Behinderung, benachteiligt worden(§ 7 Abs. 1 AGG). Dafür habe er mit der Nichteinladung zum Vorstellungsgespräch (§ 82 SGB IX) ein ausreichendes Indiz vorgetragen. Die fachliche Eignung habe dem Kläger nicht offensichtlich gefehlt, da er das nach der Stellenausschreibung erforderliche Anforderungsprofil erfülle. Eine Sachkundeprüfung nach § 34a(Bewachungsgewerbe) GewO werde dort nicht verlangt. Die Beklagte habe die Vermutung der Benachteiligung wegen der Behinderung nicht entkräftet. Insbesondere könne sie sich nicht erfolgreich darauf berufen, die am Einstellungsverfahren Beteiligten seien übereinstimmend der Auffassung gewesen, der Kläger sei offensichtlich nicht geeignet. Die Rahmenintegrationsvereinbarung sei nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam, da mit ihr in unzulässiger Weise der Rechtsschutz schwerbehinderter Menschen beschnitten werde. Es werde mit Ziff. 4.2.4 Abs. 5 der Rahmenintegrationsvereinbarung der Eindruck erweckt, eine gerichtliche Überprüfung der Voraussetzungen einer offensichtlich fehlenden fachlichen Eignung sei nicht mehr möglich. Dies unterlaufe den allgemeinen Justizgewährungsanspruch. Auch § 15 Abs. 3 AGG sei zugunsten der Beklagten nicht einschlägig. Ob § 15 Abs. 3 AGG gegen EU-Richtlinien verstoße, könne dahinstehen, denn die Beklagte treffe jedenfalls der Vorwurf grob fahrlässigen Verhaltens. Die Beklagte habe an der Rahmenintegrationsvereinbarung selbst mitgewirkt. Sie hätte erkennen müssen, dass kollektiv-rechtliche Regelungen, die den Zugang zu den Gerichten beschneiden, verfassungswidrig sind.

18

In Anbetracht von Art und Schwere der Benachteiligung, ihrer Dauer, ihrer Folgen, des Anlasses und des Beweggrundes des Handelns, des Grades der Verantwortlichkeit und der Genugtuungsfunktion sowie der Notwendigkeit einer abschreckenden Wirkung der zuzusprechenden Entschädigung sei vorliegend eine solche in Höhe von 2.700,00 Euro angemessen.

19

Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält nicht in allen Teilen der Begründung, wohl aber im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

20

B. Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet.

21

I. Streitgegenstand ist ein Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung wegen eines immateriellen Schadens (§ 15 Abs. 2 AGG) und nicht ein auf Ersatz eines Vermögensschadens gerichteter Schadensersatzanspruch (§ 15 Abs. 1 AGG). Zwar verwendet der Kläger zur Begründung der Klage wiederholt den Begriff „Schadensersatz“, jedoch macht er ausweislich der von ihm gegebenen Begründung keinen Schadensersatzanspruch geltend. Insbesondere kann der Klagebegründung nicht entnommen werden, dass der Kläger einen konkreten Verdienstausfall für einen bestimmten Zeitraum wegen unterbliebener Einstellung begehrt. Auch behauptet er nicht, er wäre als am besten geeigneter Bewerber von der Beklagten einzustellen gewesen. Mit der von ihm angegebenen Klageforderung von 5.723,28 Euro hat der Kläger ausdrücklich drei Monatsgehälter ersichtlich als Entschädigung iSv. § 15 Abs. 2 AGG gefordert.

22

II. Die Klage ist in Höhe des ausgeurteilten Betrags (2.700,00 Euro) begründet.

23

1. Die Beklagte hat bei der Besetzung der Stelle eines Pförtners/Wächters bzw. einer Pförtnerin/Wächterin im Frühjahr 2009 gegen das Verbot verstoßen, schwerbehinderte Beschäftigte wegen ihrer Behinderung zu benachteiligen (§ 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX, §§ 7, 1 AGG). Der Kläger hat als benachteiligter schwerbehinderter Beschäftigter nach § 81 Abs. 2 SGB IX, § 15 Abs. 2 AGG Anspruch auf eine angemessene Entschädigung in Geld.

24

a) Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Der Kläger ist als Bewerber „Beschäftigter“ im Sinne des AGG. Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG gelten als Beschäftigte auch Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis. Für den Bewerberbegriff kommt es dabei weder auf die objektive Eignung (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - AP AGG § 3 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 12) noch auf die subjektive Ernsthaftigkeit der Bewerbung an. An der subjektiven Ernsthaftigkeit bestehen unabhängig davon keine Zweifel. Das Fehlen einer solchen würde auch nur zum Einwand treuwidrigen Verhaltens des Bewerbers führen (vgl. BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/11 -).

25

b) Die Beklagte ist als „Arbeitgeber“ passiv legitimiert. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG ist Arbeitgeber im Sinne des Gesetzes, wer „Personen nach Absatz 1“ des § 6 AGG „beschäftigt“. Arbeitgeber ist also derjenige, der um Bewerbungen für ein von ihm angestrebtes Beschäftigungsverhältnis bittet (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - AP SGB IX § 81 Nr. 19 = EzA AGG § 15 Nr. 11). Dies trifft auf die Beklagte aufgrund der Stellenausschreibung zu.

26

2. Der Kläger hat seinen Anspruch innerhalb der Fristen des § 15 Abs. 4 AGG geltend gemacht.

27

a) Die Ablehnung der Bewerbung wurde dem Kläger mittels Schreibens der B vom 11. Mai 2009 mitgeteilt. Mit Schreiben vom 18. Juni 2009 machte der Kläger Entschädigungs- bzw. Schadensersatzansprüche geltend. Damit hat er die Zweimonatsfrist für die schriftliche Geltendmachung nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG gewahrt. Unerheblich ist, ob der Kläger sein Schreiben vom 18. Juni 2009 unterschrieben hat. Das Schriftformgebot des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG verlangt nicht die gesetzliche Schriftform nach § 126 Abs. 1 BGB, ausreichend ist vielmehr die Textform nach § 126b BGB(vgl. BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3). Für die Textform nach § 126b BGB muss zwar - neben der Nennung der Person des Erklärenden - der Abschluss der Erklärung durch Nachbildung der Namensunterschrift oder anders erkennbar gemacht werden. Hierzu genügt aber eine Grußformel oder die Nennung des Namens am Textende (vgl. MüKoBGB/Einsele 6. Aufl. § 126b BGB Rn. 6; Palandt/Ellenberger BGB 71. Aufl. § 126b Rn. 5). Diesen Erfordernissen genügt das Schreiben vom 18. Juni 2009 mit der Grußformel am Textende unter Namensnennung. Nicht erforderlich war, dass der Kläger die Entschädigungsforderung bezifferte (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - AP AGG § 3 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 12).

28

b) Die am 15. September 2009 beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main eingegangene Klage, die der Beklagten am 28. September 2009 zugestellt wurde, hat die Frist des § 61b Abs. 1 ArbGG gewahrt. Sie wurde innerhalb von drei Monaten nach der schriftlichen Geltendmachung des Anspruchs erhoben. Für die Fristwahrung genügte gemäß § 167 ZPO der Eingang der Klage beim Arbeitsgericht, weil deren Zustellung demnächst erfolgte(vgl. BAG 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - AP AGG § 33 Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 6, zu § 611a BGB aF).

29

3. Die vom Landesarbeitsgericht festgestellten Tatsachen lassen einen Verstoß der Beklagten gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG iVm. § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX vermuten.

30

a) Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG ist ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG. § 15 Abs. 2 AGG enthält nur eine Rechtsfolgenregelung, jedoch ist für die Voraussetzungen des Anspruchs auf § 15 Abs. 1 AGG zurückzugreifen. Dies ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang (vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - BVerwGE 139, 135; BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21).

31

b) Der Kläger hat eine Benachteiligung im Hinblick auf seine Behinderung erfahren.

32

aa) Der Begriff der Behinderung im Sinne von § 1 AGG, wegen der gemäß § 7 AGG Beschäftigte nicht benachteiligt werden dürfen, entspricht den gesetzlichen Definitionen in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX und § 3 BGG(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 31). Auf einen bestimmten Grad der Behinderung kommt es nicht an (vgl. BAG 3. April 2007 - 9 AZR 823/06 - BAGE 122, 54 = AP SGB IX § 81 Nr. 14 = EzA SGB IX § 81 Nr. 15). Der Kläger, für den seit dem 10. April 2003 ein Grad der Behinderung von 50 und seit dem 29. Juni 2004 ein Grad der Behinderung von 60, dh. eine Schwerbehinderung, festgestellt ist, unterfällt dem Behindertenbegriff des § 1 AGG.

33

bb) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation. Der Kläger erfuhr eine weniger günstige Behandlung als die eingestellte Bewerberin. Weniger günstig war auch die Behandlung des Klägers im Vergleich mit den zu Vorstellungsgesprächen eingeladenen Bewerbern/innen. Ein Nachteil im Rahmen einer Auswahlentscheidung, insbesondere bei einer Einstellung und Beförderung, liegt bereits vor, wenn der Beschäftigte - wie hier der Kläger - nicht in die Auswahl einbezogen, sondern vorab ausgenommen wird. Die Benachteiligung liegt in der Versagung einer Chance (vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21).

34

cc) Der Kläger und die letztlich eingestellte Bewerberin befanden sich auch in einer vergleichbaren Situation.

35

Das Vorliegen einer vergleichbaren Situation setzt voraus, dass der Kläger objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet war, denn vergleichbar (nicht: gleich) ist die Auswahlsituation nur für Arbeitnehmer, die gleichermaßen die objektive Eignung für die zu besetzende Stelle aufweisen (vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13). Für das Vorliegen einer Benachteiligung ist es erforderlich, dass eine Person, die an sich für die Tätigkeit geeignet wäre, nicht ausgewählt oder schon nicht in Betracht gezogen wurde. Könnte auch ein objektiv ungeeigneter Bewerber immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangen, stünde dies nicht im Einklang mit dem Schutzzweck des AGG. Das AGG will vor ungerechtfertigter Benachteiligung schützen, nicht eine unredliche Gesinnung des (potentiellen) Arbeitgebers sanktionieren. Die objektive Eignung ist also keine ungeschriebene Voraussetzung der Bewerbereigenschaft, sondern Kriterium der „vergleichbaren Situation“ iSd. § 3 Abs. 1 AGG(vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - AP AGG § 3 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 12).

36

Grundsätzlich ist für die objektive Eignung nicht auf das formelle Anforderungsprofil, welches der Arbeitgeber erstellt hat, abzustellen, sondern auf die Anforderungen, die der Arbeitgeber an einen Stellenbewerber stellen durfte. Zunächst ist davon auszugehen, dass der Arbeitgeber über den der Stelle zugeordneten Aufgabenbereich und die dafür geforderten Qualifikationen des Stelleninhabers frei entscheiden darf. Durch das Stellen von Anforderungen an den Bewerber, die nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung durch die Erfordernisse der wahrzunehmenden Aufgaben unter keinem nachvollziehbaren Gesichtspunkt gedeckt sind, darf er allerdings die Vergleichbarkeit der Situation nicht willkürlich gestalten und dadurch den Schutz des AGG de facto beseitigen (vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13). Diese Grundsätze gelten allerdings bei der Besetzung von Stellen öffentlicher Arbeitgeber nur eingeschränkt. Während der private Arbeitgeber im Rahmen der oben dargelegten Grundsätze frei ist, welche Anforderungen er in seiner Stellenausschreibung an Bewerber stellt und ob er dann bei seiner Auswahlentscheidung von einzelnen dieser geforderten Qualifikationen abweicht, hat der öffentliche Arbeitgeber Art. 33 Abs. 2 GG zu beachten. Hiernach besteht nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung Anspruch auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Öffentliche Ämter in diesem Sinne sind nicht nur Beamtenstellen, sondern auch Stellen, die mit Arbeitern und Angestellten besetzt werden. Art. 33 Abs. 2 GG dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes, dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität gewährleistet werden sollen(sog. Bestenauslese), zum anderen trägt er dem berechtigten Interesse des Bewerbers an seinem beruflichen Fortkommen Rechnung. Art. 33 Abs. 2 GG begründet ein grundrechtsgleiches Recht auf rechtsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl und auf deren Durchführung anhand der in der Regelung - hier der Stellenausschreibung - genannten Auswahlkriterien(sog. Bewerbungsverfahrensanspruch; vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - aaO).

37

Die in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Gesichtspunkte der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung sind die allein maßgeblichen Kriterien für die Bewerberauswahl; andere Kriterien sind nicht zulässig. Allerdings bestimmt Art. 33 Abs. 2 GG nicht, auf welchen Bezugspunkt sich diese Kriterien beziehen. Dies folgt erst aus dem Anforderungsprofil, welches als Funktionsbeschreibung des Dienstpostens objektiv die Kriterien bestimmt, die der künftige Stelleninhaber erfüllen muss. Über die Einrichtung und nähere Ausgestaltung von Dienstposten entscheidet grundsätzlich der Dienstherr nach seinen organisatorischen Bedürfnissen und Möglichkeiten. Es obliegt daher auch seinem organisatorischen Ermessen, wie er einen Dienstposten zuschneiden will und welche Anforderungen demgemäß der Bewerberauswahl zugrunde zu legen sind. Erst aus diesem Zuschnitt des zu vergebenden Amtes oder Dienstpostens werden daher die Anforderungen bestimmt, an denen konkurrierende Bewerber zu messen sind (vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13).

38

Mit der Bestimmung eines Anforderungsprofils für die zu vergebende Stelle legt der Dienstherr die Kriterien für die Auswahl der Bewerber fest; an ihm werden die Eigenschaften und Fähigkeiten der Bewerber gemessen (vgl. BVerfG 8. Oktober 2007 - 2 BvR 1846/07 - BVerfGK 12, 284). Der öffentliche Arbeitgeber hat im Anforderungsprofil die formalen Voraussetzungen, fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie außerfachlichen Kompetenzen zu beschreiben, die ein Bewerber für eine erfolgreiche Bewältigung der künftigen Tätigkeit benötigt und die dementsprechend der leistungsbezogenen Auswahl zugrunde zu legen sind (vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - BVerwGE 139, 135). Aufgrund des Anforderungsprofils sollen einerseits geeignete Bewerber gefunden, andererseits ungeeignete Bewerber schon im Vorfeld der eigentlichen Auswahlentscheidung aus dem Kreis der in das engere Auswahlverfahren einzubeziehenden Bewerber ausgeschlossen werden. Mit der Festlegung des Anforderungsprofils wird ein wesentlicher Teil der Auswahlentscheidung vorweggenommen. Zugleich bestimmt der öffentliche Arbeitgeber mit dem Anforderungsprofil den Umfang seiner der eigentlichen Auswahlentscheidung vorgelagerten verfahrensrechtlichen Verpflichtung nach § 82 Satz 2 und Satz 3 SGB IX(vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - aaO).

39

Für die Dauer des Auswahlverfahrens bleibt der Arbeitgeber an das in der veröffentlichten Stellenbeschreibung bekannt gegebene Anforderungsprofil gebunden (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1).

40

Unter Beachtung dieser Grundsätze bestehen unter Zugrundelegung des Anforderungsprofils in der Stellenausschreibung vom 13. März 2009 an der objektiven Eignung des Klägers für die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle keine Zweifel. Die Beklagte hat mit ihrer Ausschreibung eine Pförtnerin/Wächterin bzw. einen Pförtner/Wächter gesucht und dazu ein Anforderungsprofil aufgestellt, wonach die Bereitschaft zur flexiblen Arbeitszeitgestaltung, ein gepflegtes Erscheinungsbild, ein überzeugendes und sicheres Auftreten, gute Umgangsformen, körperliche Eignung, gute Deutschkenntnisse in Wort und Schrift, die Bereitschaft zum Führen einer Schusswaffe und ein Führungszeugnis ohne Eintrag verlangt wurde. Erfahrungen oder eine Ausbildung im Bereich des Wach- und Sicherheitsdienstes waren nach dem Anforderungsprofil nicht vorausgesetzt, sondern nur vorteilhaft. Fachliche Voraussetzungen werden mit dem Anforderungsprofil nicht aufgestellt. Der Kläger hatte in der Vergangenheit bereits als Pförtner gearbeitet und ausweislich seines Bewerbungsschreibens umfangreiche Kenntnisse im Bereich von Personen- und Fahrzeugkontrollen. Im Hinblick auf die vom Kläger in der Vergangenheit verrichteten Tätigkeiten und ausweislich der Angaben des Klägers im Bewerbungsschreiben ist auch von seiner körperlichen Eignung auszugehen. Auch die Beklagte zieht diese nicht in Zweifel. Dass der Kläger zum Zeitpunkt der Bewerbung keine Sachkundeprüfung nach § 34a Abs. 1 Satz 5 GewO abgelegt hatte, ist im Hinblick auf das verbindliche Anforderungsprofil der Beklagten nicht relevant. Auch ist davon auszugehen, dass der Kläger die Anforderungen im Erscheinungsbild und Auftreten erfüllt, zumal etwaige Defizite in diesen Bereichen nur in einem Vorstellungsgespräch hätten festgestellt werden können.

41

c) Die Beklagte behandelte den Kläger auch wegen seiner Behinderung weniger günstig.

42

aa) Der Kausalzusammenhang zwischen nachteiliger Behandlung und Behinderung ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an die Behinderung anknüpft oder durch sie motiviert ist (vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 32 zu § 3 Abs. 1 AGG). Dabei ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund, dh. die Behinderung, das ausschließliche Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist. Ausreichend ist vielmehr, dass die Behinderung Bestandteil eines Motivbündels ist, welches die Entscheidung beeinflusst hat. Auf ein schuldhaftes Handeln oder gar eine Benachteiligungsabsicht kommt es nicht an (BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3).

43

bb) Hinsichtlich der Kausalität zwischen Nachteil und dem verpönten Merkmal ist in § 22 AGG eine Beweislastregelung getroffen, die sich auch auf die Darlegungslast auswirkt. Der Beschäftigte genügt danach seiner Darlegungslast, wenn er Indizien vorträgt, die seine Benachteiligung wegen eines verbotenen Merkmals vermuten lassen. Dies ist der Fall, wenn die vorgetragenen Tatsachen aus objektiver Sicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung wegen dieses Merkmals erfolgt ist. Durch die Verwendung der Wörter „Indizien“ und „vermuten“ bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass es hinsichtlich der Kausalität zwischen einem der in § 1 AGG genannten Gründe und einer ungünstigeren Behandlung genügt, Hilfstatsachen vorzutragen, die zwar nicht zwingend den Schluss auf die Kausalität zulassen, die aber die Annahme rechtfertigen, dass die Kausalität gegeben ist. Liegt eine Vermutung für die Benachteiligung vor, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat(BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3).

44

cc) Die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem Bewerber vorgetragenen oder unstreitigen Tatsachen eine Benachteiligung wegen seiner Behinderung vermuten lassen, ist nur beschränkt revisibel. Die nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewonnene Überzeugung bzw. Nichtüberzeugung von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen einer Behinderung und einem Nachteil kann revisionsrechtlich nur darauf überprüft werden, ob sie möglich, in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt (BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3).

45

dd) Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht zunächst angenommen, als ein Indiz für einen Kausalzusammenhang stelle sich die unterlassene Einladung zum Vorstellungsgespräch dar.

46

Unterlässt es der öffentliche Arbeitgeber entgegen § 82 Satz 2 SGB IX, den schwerbehinderten Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, so ist dies eine geeignete Hilfstatsache nach § 22 AGG(vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - BVerwGE 139, 135; BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1).

47

Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht auch davon ausgegangen, dass die Pflicht, den Kläger zum Vorstellungsgespräch einzuladen, nicht aufgrund der Ausnahmevorschrift des § 82 Satz 3 SGB IX wegen offensichtlich fehlender fachlicher Eignung entfallen war.

48

Ein schwerbehinderter Bewerber muss bei einem öffentlichen Arbeitgeber die Chance eines Vorstellungsgesprächs bekommen, wenn seine fachliche Eignung zweifelhaft, aber nicht offensichtlich ausgeschlossen ist. Selbst wenn sich der öffentliche Arbeitgeber aufgrund der Bewerbungsunterlagen schon die Meinung gebildet hat, ein oder mehrere andere Bewerber seien so gut geeignet, dass der schwerbehinderte Bewerber nicht mehr in die nähere Auswahl komme, muss er den schwerbehinderten Bewerber nach dem Gesetzesziel einladen. Der schwerbehinderte Bewerber soll den öffentlichen Arbeitgeber im Vorstellungsgespräch von seiner Eignung überzeugen können. Wird ihm diese Möglichkeit genommen, liegt darin eine weniger günstige Behandlung als sie das Gesetz zur Herstellung gleicher Bewerbungschancen gegenüber anderen Bewerbern für erforderlich hält. Der Ausschluss aus dem weiteren Bewerbungsverfahren ist eine Benachteiligung, die in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Behinderung steht (BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1).

49

Auch für die Frage, ob dem Bewerber die fachliche Eignung offensichtlich fehlt, ist im öffentlichen Dienst auf die veröffentlichte Stellenbeschreibung abzustellen (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1), denn mit dem veröffentlichten Anforderungsprofil bestimmt der öffentliche Arbeitgeber den Umfang seiner verfahrensrechtlichen Verpflichtung nach § 82 Satz 2 und Satz 3 SGB IX(vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - BVerwGE 139, 135).

50

Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dem Kläger habe die fachliche Eignung nicht offensichtlich gefehlt, ist nicht zu beanstanden. Der Kläger erfüllt die Anforderungen der Stellenbeschreibung, die keine besonderen Anforderungen an Fähigkeiten und Kenntnisse stellt. Auch die Beklagte behauptet nicht, der Kläger erfülle eine oder mehrere Anforderungen der veröffentlichten Stellenbeschreibung nicht. Auf eine fehlende Sachkundeprüfung nach § 34a Abs. 1 Satz 5 GewO kann sich die Beklagte nicht erfolgreich berufen, da in der Stellenausschreibung eine solche nicht verlangt wird.

51

Dem Landesarbeitsgericht ist jedoch nicht dahin zu folgen, dass Ziff. 4.2.4 Abs. 5 Satz 2 der Rahmenintegrationsvereinbarung wegen § 7 Abs. 2 AGG unwirksam ist. Vielmehr ergibt sich im Wege der Auslegung, dass die Rahmenintegrationsvereinbarung keine zuungunsten des schwerbehinderten Bewerbers von § 82 Satz 2 und Satz 3 SGB IX abweichende Regelung enthält. Weder nach § 82 Satz 3 SGB IX noch nach Ziff. 4.2.4 Abs. 5 der Rahmenintegrationsvereinbarung durfte eine Einladung des Klägers zum Vorstellungsgespräch unterbleiben.

52

Das Landesarbeitsgericht hat Ziff. 4.2.4 Abs. 5 Satz 2 der Rahmenintegrationsvereinbarung zu Unrecht entnommen, abweichend von § 82 Satz 3 SGB IX sei dort der Beklagten die Befugnis eingeräumt, von einer Einladung zum Vorstellungsgespräch abzusehen, wenn zwischen Zentralabteilung, Schwerbehindertenvertretung und Gleichstellungsbeauftragter Einvernehmen besteht, dass der Bewerber für den freien Arbeitsplatz nicht in Betracht kommt.

53

Nach Ziff. 4.2.4 Abs. 5 Satz 1 der Rahmenintegrationsvereinbarung sind schwerbehinderte Bewerberinnen und Bewerber zu Auswahlverfahren zuzulassen, es sei denn, dass sie nach den vorgelegten Unterlagen für eine Verwendung aufgrund bestehender Ausbildungs- und Prüfungsvoraussetzungen offensichtlich nicht geeignet erscheinen. Damit knüpft Ziff. 4.2.4 Abs. 5 Satz 1 der Rahmenintegrationsvereinbarung an die bestehende Rechtslage nach § 82 Satz 2 und Satz 3 SGB IX an. Die die Rahmenintegrationsvereinbarung abschließenden Parteien gehen vom gesetzlichen Regel-/Ausnahmeverhältnis aus. Die Einladung zum Vorstellungsgespräch/Die Zulassung zum Auswahlverfahren ist der Regelfall, der Ausschluss wegen offensichtlicher Nichteignung die Ausnahme. Dabei wird auch die gesetzliche Terminologie der offensichtlich fehlenden Eignung aufgegriffen, sodass davon auszugehen ist, dass die Vertragsparteien den gesetzlichen Begriff der offensichtlich fehlenden fachlichen Eignung aus § 82 Satz 3 SGB IX zugrunde gelegt und dieses Begriffsverständnis zum Inhalt der Rahmenintegrationsvereinbarung gemacht haben. Damit ist die Eignung am veröffentlichten Stellenprofil zu messen. Die in der Rahmenintegrationsvereinbarung angesprochenen Ausbildungs- und Prüfungsvoraussetzungen können daher nur dann maßgeblich sein, wenn diese in das veröffentlichte Stellenprofil Eingang gefunden haben.

54

Ziff. 4.2.4 Abs. 5 Satz 2 der Rahmenintegrationsvereinbarung schränkt dies nicht ein, sondern soll den gesetzlich bestehenden Schutz vielmehr erweitern. Zwar ist nach Satz 2 von einer Einladung zum Auswahlverfahren abzusehen, wenn zwischen Zentralabteilung, Schwerbehindertenvertretung und Gleichstellungsbeauftragter Einvernehmen besteht, dass der Bewerber für den freien Arbeitsplatz nicht in Betracht kommt. Diese Regelung ist aber nicht so zu verstehen, dass auch bei Nichtvorliegen einer offensichtlichen Nichteignung aufgrund eines Einvernehmens der genannten Stellen von einer Einladung zum Auswahlverfahren/Vorstellungsgespräch abgesehen werden darf. Schon in Abs. 2 der Präambel der Rahmenintegrationsvereinbarung ist ausgeführt, dass mit dieser die beruflichen Chancen und konkreten Arbeitsbedingungen in der Dienststelle „weiter verbessert“ werden sollen. In Ziff. 2 Abs. 1 Satz 2 der Rahmenintegrationsvereinbarung ist ausgeführt, dass die Dienststelle die Rechte der schwerbehinderten Beschäftigten wahrt und bei allen Maßnahmen deren Belange berücksichtigt. Hieraus ergibt sich, dass der gesetzliche Mindestschutz des § 82 Satz 2 und Satz 3 SGB IX nicht unterschritten, sondern durch die Rahmenintegrationsvereinbarung ein höheres Schutzniveau gewährleistet werden soll. Vor allem ergibt sich dies aus deren Ziff. 12 Abs. 2. Dort ist ausdrücklich geregelt, dass Rechtsvorschriften und tarifliche Regelungen durch die Rahmenintegrationsvereinbarung nicht berührt werden. Dadurch haben die Vertragsparteien zum Ausdruck gebracht, dass ein Abweichen von gesetzlichen Vorschriften zuungunsten Schwerbehinderter - unabhängig davon, inwieweit dies überhaupt rechtlich zulässig wäre - nicht beabsichtigt ist. Damit kommt es auch nach der Rahmenintegrationsvereinbarung für die Frage der offensichtlich fehlenden fachlichen Eignung auf das veröffentlichte Anforderungsprofil an. Von einer Einladung zum Vorstellungsgespräch darf nach Ziff. 4.2.4 Abs. 5 Satz 2 der Rahmenintegrationsvereinbarung deshalb nur dann abgesehen werden, wenn zusätzlich zur offensichtlich vorliegenden fehlenden Eignung Einvernehmen zwischen Zentralabteilung, Schwerbehindertenvertretung und Gleichstellungsbeauftragter über diese Nichteignung besteht. Da dem Kläger aber die fachliche Eignung nicht offensichtlich fehlte, war der Kläger auch nach den Regeln der Rahmenintegrationsvereinbarung einzuladen.

55

ee) Eine Pflichtverletzung nach § 82 Satz 2 SGB IX ist als Indiz im Sinne von § 22 AGG nur dann geeignet, wenn dem Arbeitgeber die Schwerbehinderteneigenschaft oder Gleichstellung des Bewerbers bekannt gewesen ist oder sich der Arbeitgeber aufgrund der Bewerbungsunterlagen diese Kenntnis hätte verschaffen können. Andernfalls ist der Pflichtenverstoß dem Arbeitgeber nicht zuzurechnen (vgl. BAG 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - AP SGB IX § 81 Nr. 16 = EzA SGB IX § 81 Nr. 19). Es obliegt dem abgelehnten Bewerber deshalb darzulegen, dass dem Arbeitgeber die Schwerbehinderteneigenschaft oder Gleichstellung bekannt gewesen ist oder er sich aufgrund der Bewerbungsunterlagen diese Kenntnis jedenfalls hätte verschaffen können.

56

Dies hat der Kläger getan. Er hatte die Beklagte auf die bestehende Schwerbehinderteneigenschaft in seinem Bewerbungsschreiben hingewiesen. Dort heißt es, dass ihn die „vorhandene Schwerbehinderung mit einem GdB von 60“ weder körperlich noch geistig für die Aufgaben einschränkt. Auch die Beklagte hatte den Kläger im Bewerbungsverfahren als schwerbehinderten Menschen geführt, wie sich aus den von ihr vorgelegten Unterlagen zur Erfassung der Bewerber ergibt.

57

ff) Die Beklagte hat die Vermutung der Benachteiligung des Klägers wegen dessen Behinderung nicht widerlegt.

58

Wenn die festgestellten Tatsachen eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen, trägt der Arbeitgeber nach § 22 AGG die Beweislast dafür, dass eine solche Benachteiligung nicht vorlag. Der Arbeitgeber muss das Gericht davon überzeugen, dass die Benachteiligung nicht (auch) auf der Behinderung beruht. Damit muss er Tatsachen vortragen und gegebenenfalls beweisen, aus denen sich ergibt, dass es ausschließlich andere Gründe waren als die Behinderung, die zu der weniger günstigen Behandlung geführt haben (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10), und in seinem Motivbündel weder die Behinderung als negatives noch die fehlende Behinderung als positives Kriterium enthalten war.

59

Für die Frage, welche Tatsachen geeignet sind, die Vermutung der Benachteiligung zu widerlegen, sind die Besonderheiten des Bewerbungsverfahrens für ein öffentliches Amt iSv. Art. 33 Abs. 2 GG(vgl. BAG 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - AP SGB IX § 81 Nr. 16 = EzA SGB IX § 81 Nr. 19) und die gesetzlichen Regelungen des SGB IX zu beachten. Für den nach § 22 AGG möglichen Nachweis, dass für die Nichteinladung eines Bewerbers entgegen § 82 Satz 2 SGB IX ausschließlich andere Gründe als die Behinderung erheblich waren, können nur solche Gründe herangezogen werden, die nicht die fachliche Eignung betreffen. Hierfür enthält die in § 82 Satz 3 SGB IX geregelte Ausnahme mit dem Erfordernis der „offensichtlichen“ Nichteignung eine abschließende Regelung. Sie prägt auch die Anforderungen, die bei Verstößen im Bewerbungsverfahren bei auf die fachliche Eignung bezogenen Erwägungen für den Gegenbeweis zugrunde zu legen wären. Dies entspricht dem Schutzzweck des § 7 Abs. 1 AGG iVm. § 82 Satz 2 SGB IX, der das Recht schwerbehinderter Menschen und der ihnen gleichgestellten behinderten Menschen auf ein benachteiligungsfreies Bewerbungsverfahren schützt(vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - BVerwGE 139, 135). Die Widerlegung der infolge der Verletzung des § 82 Satz 2 SGB IX vermuteten Kausalität setzt daher den Nachweis voraus, dass die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch aufgrund von Umständen unterblieben ist, die weder einen Bezug zur Behinderung aufweisen noch die fachliche Eignung des Bewerbers berühren, wenn nicht sowieso bereits eine offensichtlich fehlende fachliche Eignung iSd. § 82 Satz 3 SGB IX vorgelegen und deshalb die Einladung entbehrlich gemacht hat. Dies folgt aus dem insoweit abschließenden Charakter des § 82 Satz 3 SGB IX. Der öffentliche Arbeitgeber darf daher von der Einladung eines schwerbehinderten Bewerbers im Hinblick auf die fachliche Eignung nur dann absehen, wenn er vorab ein diskriminierungsfreies und sachlich gerechtfertigtes Anforderungsprofil erstellt hat (vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - aaO) und der Bewerber dieses offensichtlich nicht erfüllt.

60

Für eine mögliche Widerlegung der Vermutung einer Benachteiligung wegen der Behinderung ist auch die in § 122 SGB IX getroffene Regelung zu beachten, wonach die Verpflichtungen zur bevorzugten Einstellung und Beschäftigung bestimmter Personenkreise nach anderen Gesetzen den Arbeitgeber nicht von der Verpflichtung zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen nach den besonderen Regelungen für schwerbehinderte Menschen entbinden. Die Vorschrift regelt das Verhältnis der Regelungen des SGB IX über die Einstellung und Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen zu entsprechenden rechtlichen Verpflichtungen für andere besonders schutzbedürftige Personen (vgl. FKS-SGB IX-Faber 2. Aufl. § 122 Rn. 1). § 122 SGB IX stellt klar, dass sich der Arbeitgeber nicht dadurch von seinen Verpflichtungen zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen entlasten kann, dass er auf seine gesetzlichen Verpflichtungen gegenüber anderen schutzbedürftigen Personen verweist(vgl. Trenk-Hinterberger in HK-SGB IX 3. Aufl. § 122 Rn. 3). Die Regelung spricht zwar nur von „Beschäftigung“ schwerbehinderter Menschen - im Gegensatz zur „Einstellung und Beschäftigung“ der anderen Personenkreise - jedoch ist der Begriff „Beschäftigung“ nach Sinn und Zweck der Norm weit zu verstehen. Er umfasst daher auch die Besetzung von Arbeitsplätzen und die Einstellung von Arbeitnehmern (vgl. Trenk-Hinterberger aaO Rn. 5; Faber aaO Rn. 4; Lampe GK-SGB IX Stand Januar 2012 § 122 Rn. 12; Masuch in Hauck/Noftz SGB IX Stand November 2011 K § 122 Rn. 4). Damit konkretisiert § 122 SGB IX das Benachteiligungsverbot des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG(vgl. Masuch aaO). Ob § 122 SGB IX eine Vorrangregelung zugunsten Schwerbehinderter darstellt(dagegen: ErfK/Rolfs 12. Aufl. § 122 SGB IX Rn. 1; Knittel SGB IX Kommentar 5. Aufl. § 122 Rn. 3; aA Düwell in LPK-SGB IX 2. Aufl. § 122 Rn. 6), kann dahinstehen. Jedenfalls folgt aus § 122 SGB IX das Verbot, die Pflichten gegenüber schwerbehinderten Menschen aus Anlass von Verpflichtungen gegenüber anderen Personen zu missachten(vgl. Trenk-Hinterberger aaO Rn. 10; Masuch aaO Rn. 6; Faber aaO Rn. 6). Das hat zur Folge, dass der öffentliche Arbeitgeber nicht mit der Begründung, allein die Förderung anderer Personenkreise habe seine Entscheidung motiviert und die Behinderung sei daher in keiner Weise ein Kriterium für den Ausschluss eines schwerbehinderten Bewerbers vom Vorstellungsgespräch gewesen, den Entlastungsbeweis nach § 22 AGG führen kann.

61

Zunächst kann sich die Widerlegung der Benachteiligungsvermutung nicht aus einer besseren Eignung der tatsächlich eingestellten Bewerberin ergeben. Denn die bessere Eignung schließt die Benachteiligung nicht aus. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG. Danach ist selbst dann eine Entschädigung zu leisten, wenn der schwerbehinderte Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Im Übrigen bewirken Fragen der fachlichen Eignung keine Entlastung des Arbeitgebers nach § 22 AGG, weil § 82 Satz 3 AGG insoweit eine abschließende Regelung enthält(vgl. oben).

62

Die Einlassung der Beklagten, ausschlaggebend für die Nichteinladung des Klägers sei gewesen, dass sie § 19 Haushaltsgesetz 2009 und § 7 Bundesgleichstellungsgesetz(BGleiG) zu beachten hatte, ist nicht geeignet nachzuweisen, dass die Einladung aufgrund von nicht diskriminierenden Umständen unterblieben ist. In § 19 Haushaltsgesetz 2009, wonach freie Planstellen und Stellen vorrangig mit Bediensteten zu besetzen sind, die bei anderen Behörden der Bundesverwaltung wegen Aufgabenrückgangs oder wegen Auflösung der Behörde nicht mehr benötigt werden, ist eine Verpflichtung zur bevorzugten Einstellung und Beschäftigung eines bestimmten Personenkreises iSv. § 122 SGB IX getroffen. Diese entbindet die Beklagte nicht von ihrer Verpflichtung nach § 82 Satz 2 SGB IX(vgl. oben). Gleiches gilt für die in §§ 7, 8, 9 BGleiG und die dort zugunsten von Frauen getroffenen Regelungen(vgl. Trenk-Hinterberger in HK-SGB IX 3. Aufl. § 122 Rn. 7; FKS-SGB IX-Faber 2. Aufl. § 122 Rn. 5). § 7 BGleiG ordnet an, dass bei der Besetzung von Arbeitsplätzen in Bereichen, in denen Frauen unterrepräsentiert sind, zu Vorstellungsgesprächen oder besonderen Auswahlverfahren mindestens ebenso viele Frauen wie Männer einzuladen sind, welche die in der Ausschreibung vorgegebene Qualifikation aufweisen, sofern Bewerbungen von Frauen in ausreichender Zahl vorliegen. Damit war die Beklagte nach § 122 SGB IX aufgefordert, sowohl ihre Einladungspflicht nach § 7 BGleiG als auch nach § 82 Satz 2 SGB IX zu erfüllen. Die Beklagte kann sich nicht durch einen Verweis auf ihre Pflicht zur Frauenförderung gegenüber dem schwerbehinderten Bewerber entlasten.

63

4. Ein Ausschluss der Haftung der Beklagten folgt nicht aus der Haftungsprivilegierung des § 15 Abs. 3 AGG. Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagte bei der Anwendung der Rahmenintegrationsvereinbarung grob fahrlässig gehandelt hat, wie vom Landesarbeitsgericht angenommen. Vorliegend ist bereits der Anwendungsbereich des § 15 Abs. 3 AGG nicht eröffnet.

64

Nach § 15 Abs. 3 AGG ist der Arbeitgeber bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hat. Unabhängig davon, ob eine Integrationsvereinbarung nach § 83 SGB IX eine kollektivrechtliche Vereinbarung im Sinne von § 15 Abs. 3 AGG darstellt und unabhängig von der Frage der Europarechtswidrigkeit des § 15 Abs. 3 AGG(offengelassen: BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - BAGE 129, 181 = AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1) kommt eine Anwendung von § 15 Abs. 3 AGG nach Sinn und Zweck deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger durch die falsche Anwendung der nicht diskriminierenden kollektivrechtlichen Regelung - nämlich der Rahmenintegrationsvereinbarung - benachteiligt worden ist(vgl. Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 15 Rn. 63; Däubler/Bertzbach-Deinert 2. Aufl. § 15 AGG Rn. 89a). Denn Grund für die in § 15 Abs. 3 AGG enthaltene Privilegierung ist, dass der Arbeitgeber für die Folgen einer diskriminierenden kollektivrechtlichen Vereinbarung, die er anwendet, nicht(allein) verantwortlich sein soll. Die falsche Anwendung einer diskriminierungsfreien Kollektivvereinbarung wird von § 15 Abs. 3 AGG dagegen nicht erfasst.

65

5. Der Ausschluss des Klägers vom Vorstellungsgespräch lässt sich auch nicht mit einer Förderung von Frauen nach §§ 7 ff. BGleiG als positive Maßnahme nach § 5 AGG rechtfertigen.

66

Zwar ermöglicht § 5 AGG kompensatorische Maßnahmen, um bestehende Nachteile wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes auszugleichen. Soweit dabei aber mit der Förderung einer Gruppe von Merkmalsträgern nach § 1 AGG zugleich eine Zurücksetzung einer anderen Gruppe verbunden ist, sind gesetzliche Konkurrenzregelungen zu beachten. Im Falle von schwerbehinderten bzw. diesen gleichgestellten Menschen hat der Gesetzgeber in § 122 SGB IX eine solche Konkurrenzregelung getroffen, die eine Zurücksetzung dieser Gruppe zugunsten einer anderen Gruppe von Merkmalsträgern nach § 1 AGG ausschließt(vgl. MüKoBGB/Thüsing 6. Aufl. § 5 AGG Rn. 13; Schleusener/Suckow/Voigt-Voigt AGG 3. Aufl. Rn. 14; Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 5 Rn. 4). In der Rahmenintegrationsvereinbarung wird hierauf in Ziff. 4.2.4 Abs. 7 Bezug genommen. Eine Förderung von Frauen unter Missachtung der Regelungen der §§ 81, 82 SGB IX ist folglich ausgeschlossen.

67

6. Das Landesarbeitsgericht hat die dem Kläger zustehende angemessene Entschädigung in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise mit 2.700,00 Euro bemessen.

68

a) § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG räumt dem Gericht einen Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Höhe der Entschädigung ein. Bei der Festsetzung der angemessenen Entschädigung sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Zu diesen zählen etwa die Art und Schwere der Benachteiligung, ihre Dauer und Folgen, der Anlass und der Beweggrund des Handelns, der Grad der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers, etwa geleistete Wiedergutmachung oder erhaltene Genugtuung und das Vorliegen eines Wiederholungsfalles. Ferner ist der Sanktionszweck der Norm zu berücksichtigen, sodass die Höhe auch danach zu bemessen ist, was zur Erzielung einer abschreckenden Wirkung erforderlich ist. Dabei ist zu beachten, dass die Entschädigung geeignet sein muss, eine wirklich abschreckende Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber zu haben und in jedem Fall in einem angemessenen Verhältnis zum erlittenen Schaden stehen muss (BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - BAGE 129, 181 = AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1).

69

Da die Höhe der Entschädigung von einem Beurteilungsspielraum abhängt, ist die Bemessung des Entschädigungsanspruchs grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters (vgl. BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - BAGE 129, 181 = AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1). Die Festsetzung der angemessenen Entschädigung obliegt demnach nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht. Dabei ist revisionsrechtlich zu überprüfen, ob das Urteil das Bemühen um eine angemessene Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände erkennen lässt und ob es gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat (vgl. BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - aaO).

70

b) Zwischen den Parteien war in den Tatsacheninstanzen nicht streitig, dass der Kläger auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre, sodass die Entschädigungshöhe nach § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG auf maximal drei Monatsgehälter begrenzt ist. Der Kläger hat seine Klageforderung hieran ausgerichtet und drei Monatsgehälter á 1.907,76 Euro (Entgeltgruppe 3, Stufe 2 TVöD Bund) gefordert. Dies hat das Landesarbeitsgericht beachtet und im Übrigen Art und Schwere des Verstoßes, Folgen und Bedeutung für den Kläger und das Nichtvorliegen eines Wiederholungsfalles zutreffend gewürdigt und auf dieser Grundlage - revisionsrechtlich nicht zu beanstanden - etwa die Hälfte der vom Kläger begehrten Entschädigung für angemessen erachtet.

71

C. Die Anschlussrevision des Klägers ist unzulässig. Die Revisionsbegründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen.

72

I. Die Anschlussrevision ist zwar in der Anschlussschrift vom 4. Februar 2011 begründet worden (§ 554 Abs. 3 ZPO). Für den notwendigen Inhalt dieser Begründung gelten dieselben Grundsätze wie für die Begründung der Revision. So müssen gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG, § 554 Abs. 3 Satz 2, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO die Revisionsgründe angegeben werden. Bei Sachrügen sind diejenigen Umstände bestimmt zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO). Die Revisionsbegründung muss den angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts in einer Weise verdeutlichen, die Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennen lässt. Die Revisionsbegründung hat sich deshalb mit den tragenden Gründen des Berufungsurteils auseinanderzusetzen. Dadurch soll ua. sichergestellt werden, dass der Prozessbevollmächtigte des Revisionsklägers das angefochtene Urteil auf das Rechtsmittel hin überprüft und die Rechtslage genau durchdenkt. Die Revisionsbegründung soll durch ihre Kritik an dem angefochtenen Urteil außerdem zur richtigen Rechtsfindung durch das Revisionsgericht beitragen (BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 346/10 - NZA 2011, 878; 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - BAGE 130, 119 - AP BUrlG § 7 Nr. 39 = EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 15). Die bloße Darstellung anderer Rechtsansichten ohne jede Auseinandersetzung mit den Gründen des Berufungsurteils genügt nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung (vgl. BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 346/10 - aaO; 13. Oktober 2009 - 9 AZR 875/08 - AP ArbGG 1979 § 72 Nr. 54).

73

II. Diesen Anforderungen wird die Begründung der Anschlussrevision nicht gerecht.

74

Das Landesarbeitsgericht hat dargelegt, aus welchen Gründen es dem Kläger eine Entschädigung iHv. von 2.700,00 Euro zugesprochen hat.

75

Die Anschlussschrift setzt sich insoweit mit den Entscheidungsgründen des Landesarbeitsgerichts nicht auseinander. Zunächst wiederholt der Kläger nur bereits in den Vorinstanzen geäußerte Rechtsauffassungen in zusammengefasster Form, denen das Landesarbeitsgericht in weiten Teilen gefolgt war. Zur Entschädigungshöhe ist in der Anschlussschrift lediglich ausgeführt, diese müsse angemessen und geeignet sein, eine abschreckende Wirkung haben und im Verhältnis zu dem erlittenen Schaden stehen. Erstmals macht der Kläger in der Anschlussrevision geltend, es könne nicht gesagt werden, ob der Kläger auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht hätte eingestellt werden müssen, weshalb von drei Monatsgehältern als Entschädigungsleistung auszugehen sei. Es wird nicht erläutert, worin der Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts liegen soll, dem der Gesetzgeber als Tatsachengericht bei der Bemessung der Höhe der Entschädigung einen Beurteilungsspielraum eingeräumt hat, und in welcher Weise das Landesarbeitsgericht diesen Beurteilungsspielraum verkannt bzw. gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen haben soll.

76

D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Schuckmann    

        

    Mallmann    

                 

Leistungen zur Förderung der Verständigung werden erbracht, um Leistungsberechtigten mit Hör- und Sprachbehinderungen die Verständigung mit der Umwelt aus besonderem Anlass zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Leistungen umfassen insbesondere Hilfen durch Gebärdensprachdolmetscher und andere geeignete Kommunikationshilfen. § 17 Absatz 2 des Ersten Buches bleibt unberührt.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.