Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 07. Juni 2018 - 5 Sa 446/17

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2018:0607.5Sa446.17.00
07.06.2018

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 20. September 2017, Az. 6 Ca 447/16, teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin über den vom Arbeitsgericht zuerkannten Betrag hinaus weitere € 3.270,12 brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.05.2016 zu zahlen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen. Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens hat die Beklagte 17 % und die Klägerin 83 % zu zahlen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten - zweitinstanzlich noch - über die Höhe von Nachtarbeitszuschlägen bei Dauernachtarbeit sowie eine Bonuszahlung für die Akquise einer Pflegekraft.

2

Die 1976 geborene Klägerin war seit dem 12.11.2010 im Alten- und Pflegeheim der Beklagten als examinierte Altenpflegerin in Dauernachtwache beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand kein Tarifvertrag Anwendung. Im schriftlichen Arbeitsvertrag haben die Parteien eine regelmäßige Arbeitszeit von 169 Monatsstunden und ein Monatsgehalt von € 1.900,00 brutto vereinbart, das ab 01.06.2013 auf € 2.197,00 brutto erhöht wurde. Die Arbeitszeit der Klägerin war einvernehmlich so verteilt worden, dass sie im Monat 17 Nachtwachen leisten sollte, die von 20:00 bis 6:45 Uhr, mit einer 45-minütigen Pause, dauerten. Pro Nachtwache zahlte die Beklagte eine Nachtarbeitspauschale iHv. € 20,45. Das Arbeitsverhältnis endete durch eine (nach Verkündung des angefochtenen Urteils erklärte) Eigenkündigung der Klägerin zum 30.11.2017. Bereits seit dem 23.11.2015 arbeitete die Klägerin wegen Krankheit oder Urlaubs nicht mehr für die Beklagte.

3

Erstinstanzlich stritten die Parteien auf die Klage vom 27.05.2016 zunächst über die Wirksamkeit einer ordentlichen Änderungskündigung der Beklagten vom 12.05.2016 und die Weiterbeschäftigung der Klägerin als Dauernachtwache. Im Verlauf des Rechtsstreits verlangte die Klägerin mit einer Klagerweiterung vom 09.09.2016 die Zahlung von insgesamt € 31.314,07 brutto. Nach Klagereduzierung beantragte sie erstinstanzlich zuletzt noch die Zahlung von € 8.743,27 brutto und € 8.109,97 netto. Ein Streitpunkt war die Zahlung von weiteren Nachtarbeitszuschlägen für die Jahre 2013 bis 2015 mit einem Zuschlagssatz von 30 %. Außerdem begehrte die Klägerin einen Bonus iHv. € 400,00 brutto für die Vermittlung der Pflegekraft W. (geb. R.). Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils vom 20.09.2017 Bezug genommen.

4

Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

5

1. festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 12.05.2016 sozial ungerechtfertigt ist und das Arbeitsverhältnis über den Kündigungstermin 31.07.2016 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht,

6

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den Beendigungszeitpunkt hinaus fortbesteht,

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3. die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits,

8

4. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu 1) zu den im Arbeitsvertrag vom 11.11.2010 geregelten Arbeitsbedingungen als Altenpflegerin in Dauernachtwache zu einem Bruttogehalt iHv. € 2.197,00 bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag weiter zu beschäftigen,

9

5. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 8.743,27 brutto sowie € 8.109,97 netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 28.05.2016 zu zahlen.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

12

Das Arbeitsgericht hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin weitere Nachtarbeitszuschläge für die Zeit von Januar 2013 bis Dezember 2015 in einer Gesamthöhe von € 3.026,60 brutto sowie Überstundenvergütung für 25 Überstunden, insgesamt € 3.392,50 brutto zu zahlen, und die weitergehende Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - soweit noch von Interesse - ausgeführt, die Klägerin könne für die in § 2 Abs. 3 ArbZG definierte Nachtzeit von 23:00 bis 06:00 Uhr einen angemessenen Zuschlag gem. § 6 Abs. 5 ArbZG beanspruchen. Die Beklagte habe ihr pro Nacht pauschal einen Zuschlag von € 20,45 gezahlt, diese Pauschale entspreche für 6,5 Stunden (von 23:00 bis 6:00 Uhr abzgl. Pause) einem Zuschlag von € 3,15 pro Stunde. Bei einem Stundenlohn von € 11,24 (1.900 : 169) habe sich der Zuschlagssatz bis zum 31.05.2013 auf 28 % belaufen. Ab der Gehaltserhöhung am 01.06.2013 habe der Zuschlagssatz bei einem Stundenlohn von € 13,00 (2.197 : 169) noch 24 % betragen. Diese Zuschläge seien nach den Umständen des vorliegenden Falls angemessen. Da im Urlaub und während der Krankheitszeiten mit Entgeltfortzahlungsanspruch die reguläre Vergütung weiter zu zahlen sei, sei die Beklagte nach Auswertung der vorgelegten Gehaltsabrechnungen für das Jahr 2013 zur Zahlung von weiteren 26 Nachtarbeitspauschalen, für das Jahr 2014 von weiteren 40 Pauschalen und für das Jahr 2015 zur Zahlung von weiteren 82 Pauschalen verpflichtet. Dies ergebe eine Summe von € 3.026,60 brutto (148 Nächte x € 20,45). Soweit die Klägerin mit der Behauptung, sie habe der Beklagten die Altenpflegerin W. im Jahr 2014 vermittelt, die Zahlung eines Bonus iHv. € 400,00 begehre, sei ihr Vortrag unsubstantiiert. Wegen der weiteren Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils vom 20.09.2017 Bezug genommen.

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Gegen das am 13.10.2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 16.10.2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz teilweise Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 13.02.2018 verlängerten Begründungsfrist mit einem am 31.01.2018 eingegangenen Schriftsatz begründet.

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Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte schulde ihr für die Nachtarbeit in den Jahren von 2013 bis 2015 in der Zeit von 23:00 bis 6:00 Uhr (abzgl. 30 Minuten Pause) einen Zuschlagssatz von 30 %. Für die Nachtarbeit im Jahr 2013 seien demnach weitere € 765,98, für das Jahr 2014 weitere € 1.025,40 und für das Jahr 2015 weitere € 1.078,74 zu zahlen. Das Arbeitsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass ein Zuschlag von unter 30 % iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG angemessen sei. Die Tätigkeit als Nachtwache sei nicht weniger arbeitsintensiv als der Tagdienst. Im Alten- und Pflegeheim der Beklagten seien durchschnittlich 50 bis 55 pflegebedürftige Personen in einem Haus mit fünf Stockwerken untergebracht. Viele Bewohner seien an Demenz erkrankt. Diese Menschen litten oftmals an Schlafstörungen, könnten nicht mehr zwischen Tag und Nacht unterscheiden, schliefen auch viel tagsüber und seien in der Nacht entsprechend öfters wach. Sie müssten deshalb in der Nacht ähnlich versorgt werden wie andere Personen tagsüber. Das gelte für die Begleitung zur Toilette, das Waschen bei einem Einnässen und ähnlichen Vorkommnissen. Viele Bewohner verliefen sich in der Nacht, sie müssten gesucht und wieder ins Zimmer bzw. Bett gebracht werden. Viele Bewohner seien auch psychisch erkrankt und benötigten in der Nacht eine erhöhte Betreuung. Das Arbeitsgericht habe zudem die abgestufte Darlegungs- und Beweislast verkannt. Der Arbeitgeber habe in einem ersten Schritt darzulegen, aufgrund welcher Faktoren ein geringerer Zuschlag für Dauernachtarbeit angemessen sein soll. Die Beklagte habe hierzu nur ganz pauschal vorgetragen.

15

Die Beklagte sei zur Zahlung eines Bonus iHv. € 400,00 für die Akquise einer neuen Pflegekraft verpflichtet. Die Beklagte habe mit Schreiben vom 23.10.2013 für die Akquise neuer Pflegekräfte einen Bonus von € 200,00 bei Einstellung und von weiteren € 200,00 versprochen, wenn die neue Pflegekraft nach der Probezeit im Beschäftigungsverhältnis verbleibe. Sie habe der Beklagten Frau W. vermittelt. Frau W. habe Ende 2013 von ihr erfahren, dass die Beklagte Pflegepersonal suche. Sie habe Frau W. erklärt, dass sie im Falle des Interesses an einer Einstellung vorsprechen und sich um eine Anstellung bewerben möge. Frau W. habe sich danach im Altenheim beworben, sie habe die Anstellung (ab 01.01.2014) erhalten und sei länger als die Probezeit (bis März/April 2015) geblieben.

16

Die Klägerin beantragt zweitinstanzlich zuletzt,

17

das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz -Auswärtige Kammern Bad Kreuznach- vom 20.09.2017, Az. 6 Ca 447/16, teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie über den vom Arbeitsgericht zuerkannten Betrag (von € 3.392,50 brutto nebst Zinsen) hinaus weitere € 2.870,12 brutto und € 400,00 brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.05.2016 zu zahlen.

18

Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen,

20

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und macht geltend, die der Klägerin gezahlten Nachtarbeitszuschläge seien angemessen. Sie sei als Betreiberin eines Pflegeheims gesetzlich verpflichtet, die erforderliche pflegerische Versorgung der Bewohner in ihrer Einrichtung rund um die Uhr zu gewährleisten. Das beinhalte eine notwendige Besetzung der Nachtdienste mit einer ausreichenden Anzahl an Fachkräften und sonstigen Kräften. Da die Nachtarbeit zwingend durchgeführt werden müsse, sei ein geringerer Zuschlagssatz als 25 % bzw. 30 % durchaus angemessen. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass während der Nachtwache in erheblichem Umfang Bereitschaftszeiten oder Phasen der Entspannung anfielen. Sie habe bereits im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 28.07.2016 konkret dargelegt und unter Beweis gestellt, dass der Nachtdienst durch erhebliche Ruhezeiten geprägt sei, weil ein Großteil der Bewohner nachts schlafe. Bei diesen Bewohnern sei es lediglich erforderlich, zu bestimmten Zeiten einen Rundgang durch die Zimmer durchzuführen, um zu kontrollieren, ob sie schlafen. Zudem habe die Nachtwache die Aufgabe bei einigen Bewohnern, die zur Vermeidung von Dekubitalgeschwüren in regelmäßigen Abständen umgelagert werden müssen, im Regelfall alle zwei Stunden, eine Umlagerung vorzunehmen. Dreimal in der Nacht seien bei bestimmten Bewohnern regelmäßig die Inkontinenzmaterialien zu kontrollieren. Zwischen den Rundgängen habe die Nachtwache reine Ruhepausen, in denen sie lediglich auf besondere Vorkommnisse oder Zimmerrufe zu reagieren habe. Vor diesem Hintergrund zeichne sich der Dienst als Nachtwache als Tätigkeit mit deutlich geringerer Arbeitsbelastung als die Tätigkeit im Tagdienst aus. Der konkrete Arbeitsablauf in der Nacht gestalte sich wie folgt:

21

von     

bis
Uhr

Tätigkeit

20:45 

21:00 

Übergabe

21:00 

22:00 

Nachtmedikamente verteilen, Spätinsulin spritzen, Spätmahlzeiten, Medikamente kontrollieren für etwaige Neubestellungen

22:00 

24:00 

Erster Rundgang: Lagern, Inkontinenzmittel wechseln, Toilettengänge, Getränke anreichen (effektive Dauer in der Regel 1 Stunde)

24:00 

01:00 

Akten schreiben (Dauer in der Regel 20-25 Minuten)

01:00 

02:00 

Zweiter Rundgang: siehe 22:00 bis 24:00 Uhr (effektive Dauer in der Regel 1 Stunde)

02:00 

02:45 

Pause - Klingel übernimmt Kollege

03:00 

06:00 

Dritter Rundgang: evtl. auch einen Bewohner, der wach ist, waschen, Sondenkontrolle, Sondennahrung anhängen, Fragmin spritzen, Frühmedikamente austeilen (effektive Dauer in der Regel 1 Stunde)

06:00 

06:30 

Übergabe an den Frühdienst

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Es seien jeweils breite Korridore für die Tätigkeiten vorgesehen, die bei weitem nicht ausgefüllt werden müssten. Es stünde regelmäßig eine freie Zeit von ca. 3,5 Arbeitsstunden zur Verfügung, in der nur auf Notfälle zu reagieren sei. Die Klägerin habe die von ihr dargestellten Abläufe inklusive der Zeiten mit reduzierter Arbeitsbelastung lediglich als "praxisfremd" zurückgewiesen und sie zur Vorlage der Pflegedokumentation aufgefordert. Dies sei kein substantiiertes Bestreiten.

23

Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zahlung einer Provision für die Vermittlung der Pflegekraft W.. Die Klägerin habe erst mit der Berufungsbegründung eine eidesstattliche Versicherung dieser Pflegekraft als Beweismittel vorgelegt, die auf den 15.01.2018 datiere. Somit habe die Klägerin die Pflegekraft erst um diese Erklärung gebeten, nachdem das Arbeitsgericht in den Urteilsgründen ausgeführt habe, dass eine solche Erklärung ausgereicht hätte, um den bis dahin unschlüssigen Anspruch nachvollziehbar zu machen. Die Zurückweisung des unsubstantiierten Vortrags der Klägerin sei in erster Instanz rechtsfehlerfrei erfolgt. Ergänzender Vortrag in der Berufungsbegründung sei gem. § 67 Abs. 1 und Abs. 3 ArbGG ausgeschlossen. Im Ergebnis verbleibe es auch im Berufungsverfahren bei der Unschlüssigkeit des geltend gemachten Anspruchs.

24

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

25

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO zulässig. Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und auch ordnungsgemäß begründet worden.

II.

26

In der Sache hat die Berufung der Klägerin in vollem Umfang Erfolg. Die Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin restliche Nachtarbeitszuschläge für die Jahre 2013 bis 2015 in rechnerisch unstreitiger Höhe von € 2.870,12 brutto sowie einen Bonus für die Vermittlung der Pflegekraft W. in Höhe von € 400,00 brutto zahlen. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts war deshalb im Umfang der Anfechtung abzuändern.

27

1. Die Klägerin kann von der Beklagten gem. § 6 Abs. 5 ArbZG für die tatsächlich geleistete Dauernachtarbeit sowie für die Dauernachtarbeit, die wegen Krankheit (mit Entgeltfortzahlungsanspruch) oder Urlaubs ausgefallen ist, in der Zeit von Januar 2013 bis Dezember 2015 Zuschläge iHv. 30 % auf den umgerechneten Bruttostundenlohn beanspruchen. Nachtarbeitszuschläge iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG sind als Geldfaktor sowohl in die Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gem. § 4 Abs. 1 EFZG als auch des Urlaubsentgelts gem. § 11 Abs. 1 BUrlG einzustellen.

28

Da die Beklagte an die Klägerin für diese 36 Monate bereits Nachtarbeitszuschläge iHv. insgesamt € 9.527,30 (netto) gezahlt hat, und sie vom Arbeitsgericht - insoweit rechtskräftig - verurteilt worden ist, weitere Nachtarbeitszuschläge iHv. € 3.026,60 brutto für 148 weitere Nachtdienste zu zahlen, verbleibt ein Differenzbetrag zwischen den gezahlten Zuschlagssätzen (28 % bis 31.05.2013; 24,23 % ab 01.06.2013) und dem Satz von 30 % iHv. € 2.870,12 brutto. Die Beklagte hat die von der Klägerin in der Berufungsbegründung vorgenommene prozentuale Berechnung - der Höhe nach - unstreitig gestellt.

29

a) Grundsätzlich schuldet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Bruttobeträge (vgl. BAG 27.07.2010 - 3 AZR 615/08 - Rn. 26). Die Gerichte für Arbeitssachen können nicht mit Bindungswirkung für die zuständigen Steuerbehörden und Sozialversicherungsträger festlegen, ob eine geschuldete Geldleistung steuer- oder beitragspflichtig ist oder nicht. Die Klägerin hat deshalb ihren zunächst angekündigten Antrag auf Verurteilung zu einer Nettozahlung zu Recht in der Berufungsverhandlung auf einen Bruttobetrag umgestellt. Sie hat bei ihrer ursprünglichen Antragstellung auf Zahlung eines Nettobetrags verkannt, dass Zuschläge für Nachtarbeit in bestimmten Grenzen nur dann lohnsteuer- und sozialversicherungsbeitragsfrei sind, wenn die Nachtarbeit auch tatsächlich geleistet wird (§ 3b Abs. 1 Nr. 1 EStG, § 1 Abs. 1 Nr. 1 SvEV), also nicht im Urlaub oder bei Krankheit.

30

b) Die Beklagte ist gem. § 6 Abs. 5 ArbGG verpflichtet, der Klägerin wegen ihrer Dauernachtarbeit für die in der Zeit von 23:00 bis 6:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 30% des ihr zustehenden Bruttoarbeitsentgelts zu zahlen.

31

aa) Nach § 6 Abs. 5 ArbZG ist der Arbeitgeber, soweit - wie hier - eine tarifvertragliche Ausgleichsregelung nicht besteht, verpflichtet, dem Nachtarbeitnehmer (§ 2 Abs. 5 ArbZG) für die während der gesetzlichen Nachtzeit (§ 2 Abs. 3 ArbZG) geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren. Der Arbeitgeber kann wählen, ob er den Anspruch durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder auch durch eine Kombination von beidem erfüllt (vgl. BAG 09.12.2015 - 10 AZR 423/14 - Rn. 15 mwN). Die Beklagte hat ihr Wahlrecht dadurch ausgeübt, dass sie als Ausgleich für geleistete Nachtarbeit ausschließlich eine Nachtarbeitspauschale von € 20,45 pro Nachtwache geleistet hat. Weder hat sie Freizeitausgleich gewährt noch sich für eine Kombination aus Geldleistungen und Freizeitausgleich entschieden. An diese Wahl über die Art des Ausgleichs ist sie gebunden, auch wenn der Zuschlag in zu geringer Höhe gezahlt wurde.

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bb) Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Berufungskammer folgt, stellt ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 25 % auf den jeweiligen Bruttostundenlohn bzw. die Gewährung einer entsprechenden Anzahl von bezahlten freien Tagen regelmäßig einen angemessenen Ausgleich für geleistete Nachtarbeit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG dar (vgl. BAG 09.12.2015 - 10 AZR 423/14 - Rn. 21 ff. mwN). Die Höhe des Zuschlags auf den Bruttolohn für geleistete Nachtarbeit oder die Anzahl bezahlter freier Tage kann sich erhöhen, wenn die Belastung durch die Nachtarbeit unter qualitativen (Art der Tätigkeit) oder quantitativen (Umfang der Nachtarbeit) Aspekten die normalerweise mit der Nachtarbeit verbundene Belastung übersteigt. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn ein Arbeitnehmer nach seinem Arbeitsvertrag bzw. nach entsprechender Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber dauerhaft in Nachtarbeit tätig wird („Dauernachtarbeit“). Bei der Erbringung der regulären Arbeitsleistung in Dauernachtarbeit ist deshalb regelmäßig ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % auf den Bruttostundenlohn bzw. die Gewährung einer entsprechenden Anzahl freier Tage als angemessen anzusehen (vgl. BAG 09.12.2015 - 10 AZR 423/14 - Rn. 28 mwN; 25.04.2018 - 5 AZR 25/17 - Pressemitteilung Nr. 20/18).

33

cc) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Klägerin nach den Umständen des vorliegenden Einzelfalls wegen ihrer Dauernachtarbeit Anspruch auf einen Zuschlag von 30 %.

34

(1) Die Klägerin war Nachtarbeitnehmerin iSv. § 2 Abs. 5 Nr. 2 iVm. § 2 Abs. 3 und Abs. 4 ArbZG. Sie leistete an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr umfasste (§ 2 Abs. 4 ArbZG). Im Arbeitsverhältnis der Parteien galten weder kraft Tarifbindung (§ 3 Abs. 1 TVG) noch aufgrund arbeitsvertraglicher Inbezugnahme tarifvertragliche Ausgleichsregelungen für die von der Klägerin geleistete Nachtarbeit. Die Klägerin leistete Dauernachtarbeit Dies steht zwischen den Parteien nicht im Streit. Die Klägerin hat deshalb grundsätzlich einen Anspruch auf einen Ausgleich nach § 6 Abs. 5 ArbZG durch Gewährung eines Zuschlags iHv. 30 % auf ihren Bruttostundenlohn.

35

(2) Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts und der Beklagten bestehen keine Gründe für eine Verminderung der Höhe des Anspruchs auf einen Zuschlagssatz unter 30 %.

36

Zwar handelt es sich bei der Tätigkeit der Klägerin als Nachtwache im Alten- und Pflegeheim der Beklagten um eine Arbeitsleistung, die zwingend in der Nacht erfolgen muss und bei der der mit dem Zuschlag nach § 6 Abs. 5 ArbZG ua. verfolgte Zweck, die Nachtarbeit im Interesse der Gesundheit des Arbeitnehmers zu verteuern, deshalb nicht zum Tragen kommt. Nachtarbeit ist in einem Alten- und Pflegeheim ebenso wie im Rettungsdienst (vgl. dazu BAG 31.08.2005 - 5 AZR 545/04 - zu I 4 b der Gründe) unvermeidbar. Diesem Gesichtspunkt kommt im Streitfall aber keine so große Bedeutung zu, dass eine Verringerung des regelmäßigen Zuschlagssatzes von 30 % gerechtfertigt wäre. Denn die Klägerin leistete Dauernachtarbeit. Diese ist - anders als die Nachtarbeit - nicht unvermeidbar. Der Umstand, dass sich die Klägerin gegen die Änderungskündigung der Beklagten vom 12.05.2016 mit dem Ziel, sie ab dem 01.08.2016 nicht mehr als Dauernachtwache, sondern in einem Dreischichtsystem (Früh-, Spät- und Nachtdienst) einzusetzen, gewehrt hat, kann ihr nicht anspruchsmindernd entgegengehalten werden. Der Einsatz der Klägerin als Dauernachtwache hatte seine Grundlage in einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung der Parteien, die bis zum 31.07.2016 unverändert bestand.

37

Aus der Art der Tätigkeit der Klägerin als Nachtwache im Alten- und Pflegeheim der Beklagten ergeben sich keine Anhaltspunkte für die Annahme, ihre Belastung sei geringer als diejenige eines anderen Arbeitnehmers, der Dauernachtarbeit (bspw. in den vom BAG entschiedenen Fällen als Lkw-Fahrer BAG 09.12.2015 - 10 AZR 423/14 oder als Zeitungszusteller BAG 25.04.2018 - 5 AZR 25/17) leistet. Die Umstände im konkreten Einzelfall rechtfertigen - entgegen der Ansicht der Beklagten - insbesondere nicht die Annahme, in die gesetzliche Nachtzeit von 23:00 bis 6:00 Uhr sei in nicht unerheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft gefallen. Zeiten einer spürbar geringeren Arbeitsbelastung der Klägerin hat die Beklagte nicht hinreichend vorgetragen. Die Berufung bemängelt zu Recht, dass die Beklagte insoweit ihrer abgestuften Darlegungslast nicht nachgekommen ist. Bleibt der geleistete Ausgleich für Dauernachtarbeit - wie hier - hinter dem Zuschlagssatz von 30 % zurück, ist es bereits im ersten Schritt Sache des Arbeitgebers darzulegen, aufgrund welcher Faktoren ein geringerer Zuschlagsanspruch angemessen sein soll (vgl. BAG 09.12.2015 - 10 AZR 423/14 - Rn. 34 mwN).

38

Nach der Darstellung der Beklagten setzte sie im Nachdienst neben einer Pflegefachkraft eine Hilfskraft ein. Die Klägerin war als Fachkraft in den 6,5 Nachtstunden von 23:00 bis 6:00 Uhr (ausschließlich Pause) unstreitig für 50 bis 55 Bewohner zuständig, die ua. an Demenz erkrankt waren. Die Klägerin war nicht (nur) zu drei Rundgängen, die "in der Regel" jeweils lediglich eine Stunde gedauert haben sollen, verpflichtet, sie war vielmehr auch verpflichtet, auf besondere Vorkommnisse oder Zimmerrufe zu reagieren. Wie häufig und welche "besonderen Vorkommnisse" oder Zimmerrufe sich in den hier streitgegenständlichen 36 Monaten von 2013 bis 2015 ereignet haben, hat die Beklagte nicht ansatzweise vorgetragen. Nach allgemeiner Lebenserfahrung kann davon ausgegangen werden, dass auch außerhalb der drei regelmäßigen Rundgänge Bewohner zur Toilette begleitet werden oder nach einem Einnässen und anderen Ereignissen gewaschen und versorgt werden müssen. Die Beklagte hat auch nicht aufgezeigt, wie häufig es vorkommt, dass die an Demenz erkrankten Bewohner nachts nicht schlafen, sondern betreut werden müssen. Es fehlen auch Angaben dazu, wie oft diese Bewohner nachts desorientiert im Haus umherlaufen, so dass sie gesucht, betreut und wieder ins Zimmer bzw. zu Bett gebracht werden müssen. Die Beklagte hat auch keinen Sachvortrag dazu geleistet, wie oft Bewohner in der Nacht - mit welchen Anliegen - nach einer Pflegekraft rufen und versorgt oder beruhigt werden müssen. Schließlich finden sich im Vortrag der Beklagten keine konkreten Ausführungen dazu, wie oft in der Nacht auf akute Notfälle zu reagieren ist, die pflegerische Maßnahmen und ggf. die Herbeirufung eines Arztes erfordern. Soweit die Beklagte auf ihren in erster Instanz in tabellarischer Form dargestellten "konkreten Arbeitsablauf in der Nacht" verweist, reicht diese schlagwortartige Beschreibung der Tätigkeiten einer Nachtwache nicht aus, um darzulegen, dass in den Dauernachtschichten der Klägerin zu einem erheblichen Teil Zeiten der Entspannung angefallen sind.

39

Im Übrigen berücksichtigt die Kammer bei der Bemessung des Zuschlags iHv. 30 % pro geleisteter Nachtarbeitsstunde, allerdings mit geringerem Gewicht, auch, dass die Klägerin Nachtwachen von 20:00 bis 6:45 Uhr zu leisten hatte, so dass ihre Arbeitszeit abzüglich der Pause zehn Stunden betrug. Die Verlängerung der werktäglichen Arbeitszeit in § 3 Satz 2 ArbZG auf zehn Stunden mit entsprechendem Ausgleich innerhalb der folgenden sechs Kalendermonate wurde zwar aus Gründen des Gesundheitsschutzes auf höchstens zehn Stunden beschränkt, es handelt sich aber dennoch um eine Ausnahme von der regelmäßigen achtstündigen werktäglichen Arbeitszeit (BT-Drucks. 12/5888 S 20). Außerdem fließt in die Gesamtabwägung ein, dass - unabhängig von den anderen Zwecken - der steuerrechtlichen Regelung in § 3b Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 Nr. 1 EStG entnommen werden kann, dass der Gesetzgeber für die Nachtarbeit grundsätzlich einen Satz von 25 % und für Nachtarbeit von 0:00 bis 04:00 Uhr einen Satz von 40 % als angemessen akzeptiert hat (vgl. zu diesem Gedanken BAG 09.12.2015 - 10 AZR 423/14 - Rn. 29 mwN).

40

2.  Die Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin für die Vermittlung der Pflegekraft W. einen Bonus iHv. € 400,00 brutto zu zahlen.

41

Die Beklagte bat die Klägerin unstreitig mit einem Schreiben vom 23.12.2013 darum, sie bei der Suche nach examiniertem Pflegepersonal zu unterstützen und versprach ihr einen Bonus von € 200,00 bei der Einstellung und einen weiteren Bonus von € 200,00, wenn die neue Pflegekraft nach der Probezeit im Arbeitsverhältnis bleibt. Ausweislich der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung vom 15.01.2018 sprach die Klägerin die Pflegekraft W. gegen Ende des Jahres 2013 an und machte sie auf die Personalsuche der Beklagten aufmerksam. Frau W. versichert, dass sie sich danach bei der Beklagten beworben und eine Anstellung erhalten habe, das Arbeitsverhältnis habe vom 01.01.2014 bis März/April 2015 gedauert.

42

Dieser Sachvortrag der Klägerin in der Berufungsbegründungsschrift ist - entgegen der Ansicht der Beklagten - gem. § 67 ArbGG nicht als verspätet zu behandeln. Das Arbeitsgericht hat den in erster Instanz gehaltenen Vortrag der Klägerin nicht als verspätet zurückgewiesen, sondern in den Entscheidungsgründen ausgeführt, dass ihr Vorbringen unsubstantiiert sei. Folglich ist das Vorbringen der Klägerin im zweiten Rechtszug nicht gem. § 67 Abs. 1 ArbGG ausgeschlossen. Auch die Voraussetzungen einer Zurückweisung des Vorbringens nach §§ 67 Abs. 2 und Abs. 3 ArbGG sind nicht gegeben. Das zweitinstanzliche Vorbringen der Klägerin ist unstreitig. Die Beklagte hat nicht bestritten, mit Schreiben vom 23.12.2013 einen Bonus ausgelobt zu haben. Sie hat auch die inhaltliche Richtigkeit der eidesstattlichen Versicherung der Pflegekraft W. vom 15.01.2018 nicht in Zweifel gezogen. Die Beklagte hat den zweitinstanzlich substantiierten neuen Vortrag der Klägerin nicht bestritten, sondern lediglich die Ansicht vertreten, dass dieser verspätet bzw. wegen Verstoßes gegen die Prozessförderungspflicht in der Berufungsinstanz ausgeschlossen sei. Diese Rechtsauffassung der Beklagten ist unzutreffend, denn Präklusionsvorschriften dienen der Beschleunigung, nicht der Sanktion. Unstreitiger Tatsachenvortrag ist stets zu berücksichtigen (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 20.02.2014 - 2 AZR 123/13 - Rn. 86; Schwab/Weth/Schwab 5. Aufl. ArbGG § 67 Rn. 9 mwN).

43

3. Der Zinsanspruch der Klägerin besteht gem. §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB. Die Beklagte befand sich aufgrund der Zahlungsaufforderung der Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 23.05.2016 verbunden mit einer Leistungsfrist bis zum 27.05.2016 ab dem 28.05.2016 im Verzug.

III.

44

Die Parteien haben die Kosten des Rechtsstreits im Umfang ihres jeweiligen Obsiegens und Unterliegens in den Instanzen zu tragen (§§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO). Dementsprechend hat die Beklagte bei einem Streitwert von € 3.270,12 die Kosten der Berufung zu tragen. Was die erste Instanz anbelangt, trifft die Klägerin mangels Kostenprivilegierung der Teilrücknahme der Klage (vgl. GMP/ Germelmann ArbGG 9. Aufl. § 12 Rn. 18b) eine Kostenlast insoweit, als sie anhängig gemachte Zahlungsanträge teilweise nicht mehr weiterverfolgt hat. Danach entfallen auf die Klägerin, ausgehend von einem erstinstanzlichen Gerichtsgebührenwert von € 40.102,07 83% und auf die Beklagte 17% der Kosten erster Instanz.

45

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 07. Juni 2018 - 5 Sa 446/17

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Referenzen - Gesetze

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 07. Juni 2018 - 5 Sa 446/17 zitiert 19 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 69 Urteil


(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Woch

Tarifvertragsgesetz - TVG | § 3 Tarifgebundenheit


(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist. (2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, der

Bundesurlaubsgesetz - BUrlG | § 11 Urlaubsentgelt


(1) Das Urlaubsentgelt bemißt sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, das der Arbeitnehmer in den letzten dreizehn Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat, mit Ausnahme des zusätzlich für Überstunden gezahlten Arbeitsverdienstes. Be

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 67 Zulassung neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel


(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen. (2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug entgegen einer hierfür nach § 56 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 o

Arbeitszeitgesetz - ArbZG | § 6 Nacht- und Schichtarbeit


(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen. (2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht

Einkommensteuergesetz - EStG | § 3b Steuerfreiheit von Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit


(1) Steuerfrei sind Zuschläge, die für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, soweit sie 1. für Nachtarbeit 25 Prozent,2. vorbehaltlich der Nummern 3 und 4 für Sonntagsarbeit 50 Prozent,3. vo

Arbeitszeitgesetz - ArbZG | § 2 Begriffsbestimmungen


(1) Arbeitszeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen; Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitgebern sind zusammenzurechnen. Im Bergbau unter Tage zählen die Ruhepausen zur Arbeitszeit. (2) Arbeitn

Arbeitszeitgesetz - ArbZG | § 3 Arbeitszeit der Arbeitnehmer


Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglic

Sozialversicherungsentgeltverordnung - SvEV | § 1 Dem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt nicht zuzurechnende Zuwendungen


(1) Dem Arbeitsentgelt sind nicht zuzurechnen: 1. einmalige Einnahmen, laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, soweit sie lohnsteuerfrei sind; dies gilt nicht für Sonnta

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 6 Besetzung der Gerichte für Arbeitssachen


(1) Die Gerichte für Arbeitssachen sind mit Berufsrichtern und mit ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber besetzt. (2) (weggefallen)

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Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 07. Juni 2018 - 5 Sa 446/17 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 09. Dez. 2015 - 10 AZR 423/14

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Tenor I. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 9. April 2014 - 6 Sa 106/13 - aufgehoben, soweit das Landesarbeitsgericht auf die Berufung der Be

Bundesarbeitsgericht Urteil, 27. Juli 2010 - 3 AZR 615/08

bei uns veröffentlicht am 27.07.2010

Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 24. April 2008 - 15 Sa 1867/07 - aufgehoben und der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Ents

Referenzen

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Arbeitszeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen; Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitgebern sind zusammenzurechnen. Im Bergbau unter Tage zählen die Ruhepausen zur Arbeitszeit.

(2) Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten.

(3) Nachtzeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit von 23 bis 6 Uhr, in Bäckereien und Konditoreien die Zeit von 22 bis 5 Uhr.

(4) Nachtarbeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit umfaßt.

(5) Nachtarbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeitnehmer, die

1.
auf Grund ihrer Arbeitszeitgestaltung normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht zu leisten haben oder
2.
Nachtarbeit an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr leisten.

(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.

(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.

(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.

(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn

a)
nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b)
im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c)
der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.

(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.

(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.

(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.

(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn

a)
nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b)
im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c)
der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.

(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug entgegen einer hierfür nach § 56 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 oder § 61a Abs. 3 oder 4 gesetzten Frist nicht vorgebracht worden sind, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt. Der Entschuldigungsgrund ist auf Verlangen des Landesarbeitsgerichts glaubhaft zu machen.

(3) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug entgegen § 282 Abs. 1 der Zivilprozessordnung nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 der Zivilprozessordnung nicht rechtzeitig mitgeteilt worden sind, sind nur zuzulassen, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei das Vorbringen im ersten Rechtszug nicht aus grober Nachlässigkeit unterlassen hatte.

(4) Soweit das Vorbringen neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel nach den Absätzen 2 und 3 zulässig ist, sind diese vom Berufungskläger in der Berufungsbegründung, vom Berufungsbeklagten in der Berufungsbeantwortung vorzubringen. Werden sie später vorgebracht, sind sie nur zuzulassen, wenn sie nach der Berufungsbegründung oder der Berufungsbeantwortung entstanden sind oder das verspätete Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder nicht auf Verschulden der Partei beruht.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.

(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.

(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.

(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn

a)
nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b)
im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c)
der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.

(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.

(1) Das Urlaubsentgelt bemißt sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, das der Arbeitnehmer in den letzten dreizehn Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat, mit Ausnahme des zusätzlich für Überstunden gezahlten Arbeitsverdienstes. Bei Verdiensterhöhungen nicht nur vorübergehender Natur, die während des Berechnungszeitraums oder des Urlaubs eintreten, ist von dem erhöhten Verdienst auszugehen. Verdienstkürzungen, die im Berechnungszeitraum infolge von Kurzarbeit, Arbeitsausfällen oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis eintreten, bleiben für die Berechnung des Urlaubsentgelts außer Betracht. Zum Arbeitsentgelt gehörende Sachbezüge, die während des Urlaubs nicht weitergewährt werden, sind für die Dauer des Urlaubs angemessen in bar abzugelten.

(2) Das Urlaubsentgelt ist vor Antritt des Urlaubs auszuzahlen.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 24. April 2008 - 15 Sa 1867/07 - aufgehoben und der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten der Revision an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger geschuldeten Abfindung. In diesem Zusammenhang sind sie rechtlich unterschiedlicher Auffassung darüber, ob die Beklagte auch auf die Abfindung anfallende steuerliche Belastungen zu tragen hat.

2

Der Kläger ist am 1. Juli 1950 geboren. Er trat mit Wirkung vom 1. November 1978 in die Dienste der Stadtwerke H. Das Arbeitsverhältnis ging auf die Beklagte, ein Versorgungsunternehmen auf kommunaler Ebene, über. Diese beschäftigte den Kläger bis zum 15. Dezember 2003 als Gaszählermonteur.

3

Das Ausscheiden des Klägers beruhte auf einem zwischen ihm, der Beklagten und der P GmbH (im Folgenden: Transfergesellschaft) abgeschlossenen dreiseitigen Vertrag vom 2. Dezember 2003. Dieser lautet auszugsweise wie folgt:

        

„…    

        

§ 1      

        

Ende des Anstellungsverhältnisses mit M           

        

1.    

Die M hat am 02.12.2003 den Anstellungsvertrag außerordentlich aus betrieblichen Gründen gekündigt. Das Arbeitsverhältnis wird als Folge dieser Kündigung zum 15.12.2003 beendet.

        

…       

        

§ 2      

        

Anstellungsverhältnis mit der Transfergesellschaft           

        

Der Arbeitnehmer wird unmittelbar nach der Beendigung des Anstellungsvertrags mit M durch die Transfergesellschaft eingestellt. Der Arbeitsvertrag beginnt am 16.12.2003. Er ist befristet und endet mit dem Wegfall des Anspruchs auf Kurzarbeitergeld, spätestens am 30.11.2005, ohne dass es einer Kündigung bedarf.

        

…       

        

§ 5      

        

Bezüge           

        

1.    

Während der Verweildauer in der Transfergesellschaft hat der Arbeitnehmer - vorbehaltlich nachfolgend abweichender Regelung - Anspruch auf ein Bruttomonatsentgelt gem. § 4 II Ziff. 1, 2 des SOZIALPLANS. Dieser Anspruch entfällt für den Fall der strukturellen Kurzarbeit, zu deren Einführung der Arbeitnehmer bereits heute sein Einverständnis erteilt. In der Zeit der Kurzarbeit zahlt die Transfergesellschaft an den Arbeitnehmer indes einen Aufstockungsbetrag und weitere Leistungen gemäß § 3 Ziff. 3 der BV Transfergesellschaft.

        

…       

        

§ 10        

        

Abfindung           

        

Endet das Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Transfergesellschaft mit Ablauf des befristeten Arbeitsverhältnisses, erhält der Arbeitnehmer von der Transfergesellschaft im Namen und im Auftrag der M eine Abfindung gemäß § 3 Ziff. 6 der BV Transfergesellschaft. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf diese Betriebsvereinbarung verwiesen.

        

Wegen der Regelung zur Entstehung und Fälligkeit der Abfindung einschließlich der Modalitäten ihrer Auszahlung findet § 4 Ziff. IV des SOZIALPLANS entsprechende Anwendung.

        

…       

        

§ 12        

        

Nebenabreden ...           

        

1.    

Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform. Dies gilt auch für die Schriftformklausel selbst. Mündliche Nebenabreden wurden nicht getroffen.

        

…       

        

3.      

Losgelöst davon findet die BV Transfergesellschaft ... Anwendung.“

4

Die in § 10 des dreiseitigen Vertrages in Bezug genommene „Betriebsvereinbarung Transfergesellschaft“ vom 2. Dezember 2003 (hiernach: BV 2003) lautet auszugsweise wie folgt:

        

„§ 3        

        

Leistungen der Transfergesellschaft           

        

…       

        

3.    

Die Transfergesellschaft ist verpflichtet, jedem Mitarbeiter im Rahmen der Transfergesellschaft folgende Leistungen zu erbringen:

                 

Dabei gelten folgende Begriffsbestimmungen:

                 

Basis A umfasst die monatliche Tabellenvergütung nebst der garantierten individuellen Zulage (GIZ) auf der Basis eines Monatsbetrages und der 13. Monatsvergütung./. 12, berechnet auf der Grundlage des Monats August 2003 ... Außerdem sind Zulagen ... einzubeziehen. ...

                 

Basis B umfasst die monatliche Tabellenvergütung nebst GIZ auf der Basis eines Monatsbetrages, berechnet auf der Grundlage des Monats August 2003.

        

…       

        
        

6.    

Endet das Arbeitsverhältnis zwischen Mitarbeiter und Transfergesellschaft, erhält der Mitarbeiter von der Transfergesellschaft im Namen und für Auftrag der M nach Maßgabe der folgenden Regelungen. ...

                 

a)    

Der Grundbetrag der Abfindung berechnet sich wie folgt:

                          

0,9 x Basis B x Dauer der Betriebszugehörigkeit           

                          

Der Mindestbetrag der Abfindung beträgt 10.000 Euro (brutto).

                          

Sofern der Mitarbeiter noch nicht das 53. Lebensjahr vollendet hat, erhält er mit Ausscheiden aus der Transfergesellschaft eine Abfindung in Höhe von 0,9 x Basis B x Dauer der Betriebszugehörigkeit abzüglich des für die Dauer des befristeten Arbeitsverhältnisses mit der Transfergesellschaft insgesamt gezahlten Kurzarbeitergeldes, der Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld (Aufstockungsbeträge), der Leistungen gemäß Ziff. 3 f) sowie der Vergütungsansprüche bei Urlaub und an Feiertagen.

                          

…       

                          

Sofern der Mitarbeiter erst mit Ablauf der Befristung bei der Transfergesellschaft ausscheidet und das 53. Lebensjahr vollendet hat und einen Anspruch auf Inanspruchnahme der gesetzlichen Altersrente mit Vollendung des 60. Lebensjahres hat, erhält er mit Ausscheiden aus der Transfergesellschaft eine Abfindung, die bis zum frühest möglichen Zeitpunkt für die Möglichkeit einer Inanspruchnahme der gesetzlichen Altersrente die Differenz zwischen 85 % der Nettobeträge von Basis A und dem Arbeitslosengeld, sowie 15 % der anteiligen Abschläge auf den Zugangsfaktor der gesetzlichen Altersrente wegen vorzeitiger Inanspruchnahme sowie 20 % der wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme der Werkspension bzw. der ZKW-Rente auf Basis einer fiktiven Hochrechnung beim Rentenbeginn mit 60 eintretenden Nachteile, jeweils bezogen auf einen Zeitraum bis zum 80. Lebensjahr und mit 3 % als Rentenbarwert abgezinst, ausgleichen soll. Der Ausgleich der vorstehend genannten Nachteile wird abschließend zum Zeitpunkt des Abschlusses des dreiseitigen Vertrages und auf der Basis des zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechts unter Bezugnahme auf die Steuerkarte, die M am 01.08.2003 vorgelegen hat, berechnet. Dabei erfolgt die Berechnung nach Maßgabe einer Prognose auf der Grundlage der am Tage der Unterzeichnung dieser Betriebsvereinbarung geltenden Vorschriften und ihrer Handhabe durch die Verwaltung unter Berücksichtigung der Grundsätze, die in der Betriebsvereinbarung über vorzeitiges Ausscheiden aus dem Arbeitsleben vom 23.09.2003 festgelegt wurden. Spätere Anpassungen erfolgen nicht. Etwaige auf der Lohnsteuerkarte eingetragene Steuerfreibeträge oder ein Wechsel der Steuerklasse finden bei der Berechnung der Nettobeträge keine Berücksichtigung. Wegen der Kennzeichnung des Anspruchs auf Altersrente wird auf § 4 II 4 des SOZIALPLANS abgestellt.

                 

b)    

Zuschläge zur Abfindung

                          

Mitarbeiter, die das 53. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und gegenüber schwerbehinderten Kindern oder Kindern bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres, die auf der M im Monat der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorliegenden Steuerkarte eingetragen sind, erhalten einen Brutto-Zuschlag zur Abfindung in Höhe von 3.500 Euro pro unterhaltsberechtigtem Kind.

                          

…“    

5

Die ebenfalls in § 10 des dreiseitigen Vertrages in Bezug genommene Regelung des § 4 Nr. IV des Sozialplans vom 2. Dezember 2003 hat folgenden Wortlaut:

        

„Entstehung, Fälligkeit und Abtretung der Abfindung           

        

1.    

Der Abfindungsanspruch entsteht mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bzw. für den Fall einer Klage gegen die außerordentliche Kündigung aus betrieblichen Gründen oder den Aufhebungsvertrag mit dem Wirksamwerden einer Klagerücknahme oder der rechtskräftigen Abweisung der Klage.

        

2.    

Der Anspruch ist vier Wochen nach seiner Entstehung zur Zahlung fällig und wird nach den dann geltenden steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften bargeldlos ausgezahlt.

        

…“    

6

Das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Transfergesellschaft endete am 30. November 2005. Nach seinem Ausscheiden bezog der Kläger Leistungen der Arbeitslosenversicherung.

7

Die Transfergesellschaft errechnete unter dem 21. September 2005 zunächst den sich aus einer Bruttoabfindung von 48.829,63 Euro nach Abzug der Lohnsteuer ergebenden Nettobetrag. Diesen zahlte sie namens und im Auftrag der Beklagten an den Kläger aus. Die Lohnsteuer führte sie an das Finanzamt ab. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass das Arbeitslosengeld des Klägers niedriger war als das der Berechnung zugrunde gelegte, berechnete die Transfergesellschaft eine neue Bruttoabfindung iHv. 49.116,97 Euro und den sich daraus nach Abzug der Lohnsteuer ergebenden Nettobetrag. Die Differenz des Nettobetrages zahlte sie an den Kläger, die zusätzliche Lohnsteuer an das Finanzamt.

8

Mit Bescheid vom 24. Februar 2006 setzte das Finanzamt H die vom Kläger für das Jahr 2005 zu zahlende Einkommensteuer auf 6.396,00 Euro und den Solidaritätszuschlag auf 351,78 Euro fest. Unter Berücksichtigung der vorab einbehaltenen Lohnsteuer erstattete es dem Kläger 3.320,08 Euro.

9

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei verpflichtet, die von ihr geschuldete Abfindung netto an ihn zur Auszahlung zu bringen. Er hat sich dabei auf die Auslegung der BV 2003 berufen und behauptet, dies entspreche auch Aussagen auf Arbeitgeberseite, die im Zusammenhang mit seinem Ausscheiden bei der Beklagten gemacht worden seien.

10

Nachdem er einen angekündigten Feststellungsantrag zurückgenommen hatte, hat der Kläger zunächst beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9.440,00 Euro netto nebst Zinsen zu zahlen. Das entsprach der auf den ursprünglich zugrunde gelegten Bruttobetrag der Abfindung entfallenden Lohnsteuer ohne Solidaritätszuschlag. Im Termin zur streitigen Verhandlung am 4. April 2007 hat der Kläger keinen Antrag stellen lassen. Daraufhin ist ein klageabweisendes Versäumnisurteil ergangen. Gegen dieses hat der Kläger Einspruch eingelegt mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.801,31 Euro netto, hilfsweise 1.946,47 Euro netto nebst Zinsen zu zahlen. Er hat diese Forderung darauf gestützt, die Beklagte sei nach § 3 Nr. 6 der BV 2003 verpflichtet, eine Abfindung ua. in Höhe der Nettodifferenz zwischen 85 % der Nettobeträge und dem Arbeitslosengeld der „Basis A“ zu zahlen. Der Einwand der Beklagten, sie sei nicht verpflichtet, für die mit dem Progressionsvorbehalt verbundenen steuerlichen Nachteile einzustehen, greife nicht. Die Entstehung der Steuern in der durch das Finanzamt festgesetzten Höhe sei unvermeidlich gewesen und habe in die Ermittlung der Abfindung einfließen müssen. Ohne die Progression wäre - so sein weiterer Vortrag - eine Steuererstattung iHv. 8.121,39 Euro erfolgt. Unter Zugrundelegung der tatsächlichen Erstattung von 3.320,08 Euro sei die Beklagte zur Zahlung eines Differenzbetrages von 4.801,31 Euro verpflichtet. Unter Berücksichtigung des Progressionsvorbehalts seien Steuern in Höhe von 1.946,47 Euro angefallen, die die Beklagte zu tragen habe.

11

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 4. April 2007

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.801,31 Euro netto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. Dezember 2006 zu zahlen,

        

hilfsweise

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.946,47 Euro netto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. Dezember 2006 zu zahlen.

12

Die Beklagte hat beantragt, das klageabweisende Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.

13

Sie hält die Abfindung für richtig berechnet.

14

Das Arbeitsgericht hat dem zuletzt gestellten Hauptantrag entsprochen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und das klageabweisende Versäumnisurteil aufrechterhalten. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht.

16

I. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts beruht auf einem von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensfehler. Der Rechtsstreit ist deshalb an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 557 Abs. 3 Satz 2, § 562 ZPO). Das Landesarbeitsgericht hat übersehen, dass der Hauptantrag und dementsprechend der Inhalt des Urteilsausspruches unbestimmt sind (§ 253 Abs. 2 Nr. 2, § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO).

17

1. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, dessen Voraussetzungen auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen sind(vgl. nur BGH 28. Januar 1994 - V ZR 90/92 - zu I der Gründe, BGHZ 125, 41), erfordert eine Klage „die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs“, da andernfalls unklar ist, über welchen Streitgegenstand sich eine Sachentscheidung verhält und damit der Umfang der Rechtskraft (§ 322 ZPO)des gerichtlichen Urteils nicht feststeht.

18

2. Diesen Anforderungen entspricht die Klage hinsichtlich des Hauptantrags nicht. Aus dem Sachvortrag des Klägers ergibt sich nicht, was er mit dem Antrag geltend macht, eine ihm zustehende Nettoabfindung - worauf seine Rechtsausführungen schließen lassen - oder - worauf seine zuletzt als maßgeblich in das Verfahren eingeführte Berechnung des Hauptantrags hindeutet - den Ausgleich von Nachteilen bei der Steuerprogression. Bei beidem handelt es sich jedoch um unterschiedliche Gegenstände.

19

Verlangt ein Arbeitnehmer einen Nettobetrag, so geht es darum, ob der Arbeitgeber im Innenverhältnis verpflichtet ist, den Arbeitnehmer von Abzügen, hier der im Lohnsteuerabzugsverfahren (§§ 38 ff. EStG) einzubehaltenden Steuern, freizustellen (BAG 25. Juni 2002 - 9 AZR 155/01 - zu I 1 a der Gründe, BAGE 101, 351). Der Arbeitgeber hat bei einer Nettolohnvereinbarung den gesamten vereinbarten Betrag an den Arbeitnehmer auszukehren, die hierauf entfallenden Abzüge selbst zu tragen und den für die Berechnung der Abzüge maßgeblichen Bruttobetrag durch „Abtastung“ bzw. Iteration zu ermitteln (vgl. BAG 29. September 2004 - 1 AZR 634/03 - zu II 1 b aa der Gründe, EzA EStG § 42d Nr. 2).

20

Demgegenüber betrifft die Steuerprogression die Frage, mit welchem Steuersatz das steuerpflichtige Einkommen zu versteuern ist (§ 32a EStG). Sie führt dazu, dass der Prozentsatz der Steuerpflicht umso höher ist, je höher das zu versteuernde Einkommen ist. Bezieht ein Steuerpflichtiger - wie der Kläger - auch Leistungen der Arbeitslosenversicherung, kommt zudem der Progressionsvorbehalt nach § 32b EStG zum Tragen. Diese Leistungen sind zwar ihrerseits nicht steuerpflichtig, sie sind jedoch bei der Ermittlung des Steuersatzes, der auf steuerpflichtige Einnahmen zu zahlen ist, zu berücksichtigen. Der erhöhte Steuersatz wirkt sich nicht im Lohnsteuerabzugsverfahren durch den Arbeitgeber aus, sondern erst im Rahmen der jährlichen Veranlagung zur Einkommensteuer, zu deren Beantragung der Arbeitnehmer verpflichtet ist (§ 46 Abs. 2 Nr. 1, § 38a Abs. 1 Satz 1 EStG; vgl. zur Systematik BAG 25. Juni 2002 - 9 AZR 155/01 - zu I 1 b bb (1) der Gründe, BAGE 101, 351 sowie 20. Mai 1999 - 6 AZR 451/97 - zu B I 2 der Gründe, BAGE 91, 358).

21

3. Das Landesarbeitsgericht hat nicht geklärt, ob der Kläger mit dem Hauptantrag entsprechend einer Nettolohnvereinbarung eine restliche Abfindungszahlung in Höhe der im Lohnsteuerabzugsverfahren einbehaltenen Lohnsteuer - bzw. einen Teilbetrag hiervon - geltend macht oder ob er den Ausgleich der mit dem Progressionsvorbehalt verbundenen Nachteile begehrt. Das führt jedoch nicht zur Abweisung des Hauptantrags als unzulässig in der Revisionsinstanz. Nachdem die mangelnde Angabe des Gegenstandes des Anspruchs bislang in den Tatsacheninstanzen keine Rolle gespielt hat, ist dem Kläger die Möglichkeit zu geben, nach einer Zurückverweisung die notwendigen Klarstellungen vorzunehmen. Denn das Landesarbeitsgericht hätte den Hauptantrag ohne Hinweis nach § 139 ZPO nicht als unzulässig abweisen dürfen(vgl. BGH 20. Februar 1997 - I ZR 13/95 - zu II 3 der Gründe, BGHZ 135, 1).

22

4. Da über den Hauptantrag nicht entschieden werden kann, stellt sich die Frage einer Entscheidung über den Hilfsantrag nicht.

23

II. Für das weitere Verfahren im Falle der Zulässigkeit des Hauptantrags weist der Senat auf Folgendes hin:

24

Maßgeblich für die Berechnung des Anspruchs des Klägers sind - wie es auch in § 10 des dreiseitigen Vertrages vom 2. Dezember 2003 niedergelegt ist - die BV 2003 sowie der am selben Tag abgeschlossene Sozialplan. Dabei handelt es sich um kollektive Regelungen, deren Auslegung auch dem Revisionsgericht obliegt. Maßgeblich ist auf den im Wortlaut zum Ausdruck gelangten Willen der Betriebsparteien abzustellen. Zudem ist der von diesen beabsichtigte Sinn und Zweck der Regelung zu berücksichtigen, soweit diese in den Regelungen des Sozialplans bzw. der Betriebsvereinbarung ihren Niederschlag gefunden haben (vgl. BAG 21. Februar 2008 - 6 AZR 281/07 - Rn. 65 f.). Danach schuldet die Beklagte dem Kläger die Abfindung nach § 3 Nr. 6 BV 2003 als Nettobetrag. Sie ist jedoch nicht verpflichtet, aufgrund des Progressionsvorbehalts entstehende Nachteile auszugleichen.

25

1. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts schuldet die Beklagte die Abfindung als Nettoabfindung, nicht als Bruttoabfindung. Die Beklagte ist daher verpflichtet, durch Übernahme der im Lohnsteuerabzugsverfahren ermittelten Lohnsteuer die Auszahlung des Nettobetrages an den Kläger sicherzustellen.

26

a) Grundsätzlich schuldet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Bruttobeträge (BAG 21. Juli 2009 - 1 AZR 167/08 - Rn. 14, EzA BGB 2002 § 611 Nettolohn, Lohnsteuer Nr. 4). Der Arbeitgeber ist zwar gegenüber den Finanzbehörden im Rahmen der ihm obliegenden Haftung Gesamtschuldner mit dem Arbeitnehmer (§ 42d Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 EStG). Im Innenverhältnis ist aber in der Regel allein der Arbeitnehmer Schuldner der Steuerforderung (BAG 29. September 2004 - 1 AZR 634/03 - zu II 1 b aa der Gründe, EzA EStG § 42d Nr. 2). Der Arbeitnehmer muss daher grundsätzlich auch steuerlich berechtigte Abzüge hinnehmen (BAG 24. Juni 2003 - 9 AZR 302/02 - zu A II 2 c aa der Gründe, BAGE 106, 345). Die Abzugsberechtigung folgt für Abfindungen, die - wie hier - ein Arbeitgeber an den Arbeitnehmer als Entschädigung anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zahlt, aus § 34 Abs. 2 Nr. 2 iVm. § 24 Nr. 1 Buchst. b und § 38 Abs. 3 Satz 1 EStG.

27

Im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gilt dann etwas anderes, wenn sich das aus den für das Arbeitsverhältnis geltenden Regelungen ergibt (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 1 AZR 167/08 - Rn. 15, EzA BGB 2002 § 611 Nettolohn, Lohnsteuer Nr. 4),denn das Steuerrecht sagt nichts darüber aus, welche Partei des Arbeitsverhältnisses zivilrechtlich verpflichtet ist, die Steuer wirtschaftlich zu tragen (vgl. BAG 1. Februar 2006 - 5 AZR 628/04 - Rn. 17, AP EStG § 40a Nr. 4 = EzA BGB 2002 § 611 Nettolohn, Lohnsteuer Nr. 2). Ob ein Nettoentgelt zu zahlen ist, muss durch Auslegung der maßgeblichen Regelungen ermittelt werden (BAG 21. November 1985 - 2 AZR 6/85 - zu II 4 e der Gründe, RzK I 9 j Nr. 2). Nettolohnvereinbarungen sind nicht die Regel, sondern die Ausnahme (BAG 19. Februar 2008 - 3 AZR 61/06 - Rn. 25, AP BetrAVG § 1 Nr. 52 = EzA BetrAVG § 1 Betriebliche Übung Nr. 9). Sie müssen einen entsprechenden Willen klar erkennen lassen (BAG 29. September 2004 - 1 AZR 634/03 - zu II 1 b aa der Gründe, EzA EStG § 42d Nr. 2). Das gilt auch, wenn es - wie hier - um die Auslegung einer Betriebsvereinbarung geht (BAG 27. April 2000 - 6 AZR 754/98 - zu 3 a der Gründe).

28

b) Danach haben die Betriebsparteien hier eine Nettoabfindung vereinbart.

29

aa) Für den Abfindungsanspruch des Klägers ist § 3 Nr. 6 Buchst. a BV 2003 maßgeblich. Der Kläger ist erst mit Ablauf der Befristung bei der Transfergesellschaft ausgeschieden. Er hatte bei seinem Ausscheiden am 30. November 2005 das 53. Lebensjahr vollendet, da er am 1. Juli 1950 geboren wurde, und ein Recht auf Inanspruchnahme der gesetzlichen Altersrente mit Vollendung des 60. Lebensjahres (§ 237 Abs. 1 SGB VI).

30

bb) Nach § 3 Nr. 6 Buchst. a BV 2003 erhält der Kläger eine Abfindung, die bis zum frühestmöglichen Zeitpunkt der Inanspruchnahme der gesetzlichen Altersrente die Differenz zwischen 85 % der Nettobeträge von Basis A und dem Arbeitslosengeld sowie näher bezeichnete Nachteile in der Altersversorgung ausgleichen soll. Eine ausdrückliche Regelung, ob der so errechnete Betrag brutto oder netto zu leisten ist, enthält die BV 2003 nicht. Das unterscheidet diese Vorschrift von der Bestimmung über den Mindestbetrag der Abfindung, bei dem ausdrücklich vorgesehen ist, dass er in Höhe von 10.000,00 Euro brutto zu zahlen ist. Eine ausdrückliche Bruttoregelung enthält auch Buchst. b der genannten Vorschrift hinsichtlich des Zuschlags für jedes unterhaltsberechtigte Kind. Gleichwohl ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut des § 3 Nr. 6 Buchst. a BV 2003 als auch aus dessen Sinn und Zweck, dass der zugunsten des Klägers errechnete Betrag netto zu zahlen ist.

31

(1) Nach dem Wortlaut der Vorschrift soll die Abfindung die dort näher bezeichneten Nachteile „ausgleichen“. Anders als bei der Regelung für Mitarbeiter, die noch nicht das 53. Lebensjahr vollendet haben und deshalb nicht rentennah sind - dort ist lediglich eine Abfindungsformel vereinbart -, ist der von den Betriebsparteien gewollte Zweck der Abfindung, nämlich die genannten Nachteile auszugleichen, ausdrücklich und besonders hervorgehoben. In erster Linie berücksichtigt die Regelung den Unterschied zwischen 85 % des Nettoeinkommens nach Basis A und dem Arbeitslosengeld. Das zielt auf den Ausgleich eines sich netto errechnenden Nachteils. Die Bestimmung legt daher nicht lediglich fest, dass sich die Abfindung nach den in ihr genannten Berechnungsgrundlagen errechnet. Sie soll vielmehr eine bestimmte Nettovergütungsdifferenz ausgleichen. Das kann nur so geschehen, dass dem Arbeitnehmer der Nettodifferenzbetrag tatsächlich verbleibt. Dies erfordert die Zahlung der Abfindung als Nettobetrag.

32

(2) Etwas anderes ergibt sich nicht aus § 4 Nr. IV 2 des Sozialplans vom 2. Dezember 2003. Diese nach dem dreiseitigen Vertrag geltende Regelung besagt lediglich, dass die Auszahlung nach den zum Fälligkeitszeitpunkt geltenden steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften zu erfolgen hat. Auch wenn eine Nettovereinbarung getroffen ist, bedarf es einer Regelung darüber, welche Vorschriften einschlägig sind, um die Auszahlung als Nettobetrag sicherzustellen. Nur so kann der entsprechende Bruttobetrag ermittelt werden.

33

(3) Es spricht nicht entscheidend gegen den Charakter der Leistung als Nettoabfindung, dass einige der Berechnungsfaktoren, insbesondere die Regelung über den Ausgleich von Nachteilen bei der Betriebsrente sowie die vergleichsweise heranzuziehende Regelung über die Mindestabfindung auf Bruttobeträge abstellen. Mit der Regelung soll sichergestellt werden, dass in jedem Fall die Differenz zwischen 85 % der Nettobeträge von Basis A und dem Arbeitslosengeld ausgeglichen wird. Ein Vergleich mit der brutto geschuldeten Mindestabfindung ist ohne Weiteres möglich. Auch bei der Auszahlung eines Nettobetrages ist immer der sich daraus ergebende Bruttobetrag zu errechnen, um die vom Arbeitgeber zu tragende Steuerlast zu ermitteln.

34

2. Hingegen finden sich in den genannten Regelungen keinerlei Hinweise darauf, dass die Beklagte verpflichtet sein soll, Progressionsnachteile - mögen sie durch den Progressionsvorbehalt oder aus sonstigen Gründen entstehen - auszugleichen. Dagegen spricht schon, dass nach § 3 Nr. 6 Buchst. b BV 2003 auch bei der Berechnung des der Abfindung zugrunde liegenden Nettonachteils individuelle Umstände, die durch die Eintragung eines Steuerfreibetrages beim Lohnsteuerabzugsverfahren Berücksichtigung gefunden haben (dazu § 39a EStG), keine Rolle spielen sollen. Es wäre systemwidrig, würden die Betriebsparteien derartige individuelle Umstände und dadurch entstehende Nachteile im Zusammenhang mit der jährlichen Festsetzung der Einkommensteuer bei der Berechnung der Abfindung berücksichtigen wollen.

35

3. Das Landesarbeitsgericht wird, soweit es noch darauf ankommen sollte, auch zu klären haben, was Gegenstand und Grund des Hilfsantrags sind. Weitere Hinweise hierzu erscheinen nicht veranlasst.

36

III. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

        

    Gräfl    

        

    Zwanziger    

        

    Schlewing    

        

        

        

    für den wegen Ablaufs der Amtszeit
an der Unterschrift verhinderten
ehrenamtlichen Richter Hauschild
Gräfl    

        

    Schmidt    

        

        

(1) Steuerfrei sind Zuschläge, die für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, soweit sie

1.
für Nachtarbeit 25 Prozent,
2.
vorbehaltlich der Nummern 3 und 4 für Sonntagsarbeit 50 Prozent,
3.
vorbehaltlich der Nummer 4 für Arbeit am 31. Dezember ab 14 Uhr und an den gesetzlichen Feiertagen 125 Prozent,
4.
für Arbeit am 24. Dezember ab 14 Uhr, am 25. und 26. Dezember sowie am 1. Mai 150 Prozent
des Grundlohns nicht übersteigen.

(2)1Grundlohn ist der laufende Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum zusteht; er ist in einen Stundenlohn umzurechnen und mit höchstens 50 Euro anzusetzen.2Nachtarbeit ist die Arbeit in der Zeit von 20 Uhr bis 6 Uhr.3Sonntagsarbeit und Feiertagsarbeit ist die Arbeit in der Zeit von 0 Uhr bis 24 Uhr des jeweiligen Tages.4Die gesetzlichen Feiertage werden durch die am Ort der Arbeitsstätte geltenden Vorschriften bestimmt.

(3) Wenn die Nachtarbeit vor 0 Uhr aufgenommen wird, gilt abweichend von den Absätzen 1 und 2 Folgendes:

1.
Für Nachtarbeit in der Zeit von 0 Uhr bis 4 Uhr erhöht sich der Zuschlagssatz auf 40 Prozent,
2.
als Sonntagsarbeit und Feiertagsarbeit gilt auch die Arbeit in der Zeit von 0 Uhr bis 4 Uhr des auf den Sonntag oder Feiertag folgenden Tages.

(1) Dem Arbeitsentgelt sind nicht zuzurechnen:

1.
einmalige Einnahmen, laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, soweit sie lohnsteuerfrei sind; dies gilt nicht für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeitszuschläge, soweit das Entgelt, auf dem sie berechnet werden, mehr als 25 Euro für jede Stunde beträgt, und nicht für Vermögensbeteiligungen nach § 19a Absatz 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes,
2.
sonstige Bezüge nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes, die nicht einmalig gezahltes Arbeitsentgelt nach § 23a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind,
3.
Einnahmen nach § 40 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes,
4.
Beiträge nach § 40b des Einkommensteuergesetzes in der am31. Dezember2004 geltenden Fassung, die zusätzlich zu Löhnen und Gehältern gewährt werden; dies gilt auch für darin enthaltene Beiträge, die aus einer Entgeltumwandlung (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 des Betriebsrentengesetzes) stammen,
4a.
Zuwendungen nach § 3 Nr. 56 und § 40b des Einkommensteuergesetzes, die zusätzlich zu Löhnen und Gehältern gewährt werden und für die Satz 3 und 4 nichts Abweichendes bestimmen,
5.
Beträge nach § 10 des Entgeltfortzahlungsgesetzes,
6.
Zuschüsse zum Mutterschaftsgeld nach § 20 des Mutterschutzgesetzes,
7.
in den Fällen des § 3 Abs. 3 der vom Arbeitgeber insoweit übernommene Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags,
8.
Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld und Saison-Kurzarbeitergeld, soweit sie zusammen mit dem Kurzarbeitergeld 80 Prozent des Unterschiedsbetrages zwischen dem Sollentgelt und dem Ist-Entgelt nach § 106 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch nicht übersteigen,
9.
steuerfreie Zuwendungen an Pensionskassen, Pensionsfonds oder Direktversicherungen nach § 3 Nr. 63 Satz 1 und 2 sowie § 100 Absatz 6 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes im Kalenderjahr bis zur Höhe von insgesamt 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung; dies gilt auch für darin enthaltene Beträge, die aus einer Entgeltumwandlung (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 des Betriebsrentengesetzes) stammen,
10.
Leistungen eines Arbeitgebers oder einer Unterstützungskasse an einen Pensionsfonds zur Übernahme bestehender Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften durch den Pensionsfonds, soweit diese nach § 3 Nr. 66 des Einkommensteuergesetzes steuerfrei sind,
11.
steuerlich nicht belastete Zuwendungen des Beschäftigten zugunsten von durch Naturkatastrophen im Inland Geschädigten aus Arbeitsentgelt einschließlich Wertguthaben,
12.
Sonderzahlungen nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 Satz 2 bis 4 des Einkommensteuergesetzes der Arbeitgeber zur Deckung eines finanziellen Fehlbetrages an die Einrichtungen, für die Satz 3 gilt,
13.
Sachprämien nach § 37a des Einkommensteuergesetzes,
14.
Zuwendungen nach § 37b Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes, soweit die Zuwendungen an Arbeitnehmer eines Dritten erbracht werden und diese Arbeitnehmer nicht Arbeitnehmer eines mit dem Zuwendenden verbundenen Unternehmens sind,
15.
vom Arbeitgeber getragene oder übernommene Studiengebühren für ein Studium des Beschäftigten, soweit sie steuerrechtlich kein Arbeitslohn sind,
16.
steuerfreie Aufwandsentschädigungen und die in § 3 Nummer 26 und 26a des Einkommensteuergesetzes genannten steuerfreien Einnahmen.
Dem Arbeitsentgelt sind die in Satz 1 Nummer 1 bis 4a, 9 bis 11, 13, 15 und 16 genannten Einnahmen, Zuwendungen und Leistungen nur dann nicht zuzurechnen, soweit diese vom Arbeitgeber oder von einem Dritten mit der Entgeltabrechnung für den jeweiligen Abrechnungszeitraum lohnsteuerfrei belassen oder pauschal besteuert werden. Die Summe der in Satz 1 Nr. 4a genannten Zuwendungen nach § 3 Nr. 56 und § 40b des Einkommensteuergesetzes, die vom Arbeitgeber oder von einem Dritten mit der Entgeltabrechnung für den jeweiligen Abrechnungszeitraum lohnsteuerfrei belassen oder pauschal besteuert werden, höchstens jedoch monatlich 100 Euro, sind bis zur Höhe von 2,5 Prozent des für ihre Bemessung maßgebenden Entgelts dem Arbeitsentgelt zuzurechnen, wenn die Versorgungsregelung mindestens bis zum 31. Dezember 2000 vor der Anwendung etwaiger Nettobegrenzungsregelungen eine allgemein erreichbare Gesamtversorgung von mindestens 75 Prozent des gesamtversorgungsfähigen Entgelts und nach dem Eintritt des Versorgungsfalles eine Anpassung nach Maßgabe der Entwicklung der Arbeitsentgelte im Bereich der entsprechenden Versorgungsregelung oder gesetzlicher Versorgungsbezüge vorsieht; die dem Arbeitsentgelt zuzurechnenden Beiträge und Zuwendungen vermindern sich um monatlich 13,30 Euro. Satz 3 gilt mit der Maßgabe, dass die Zuwendungen nach § 3 Nr. 56 und § 40b des Einkommensteuergesetzes dem Arbeitsentgelt insoweit zugerechnet werden, als sie in der Summe monatlich 100 Euro übersteigen.

(2) In der gesetzlichen Unfallversicherung und in der Seefahrt sind auch lohnsteuerfreie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit dem Arbeitsentgelt zuzurechnen; dies gilt in der Unfallversicherung nicht für Erwerbseinkommen, das bei einer Hinterbliebenenrente zu berücksichtigen ist.

(1) Die Gerichte für Arbeitssachen sind mit Berufsrichtern und mit ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber besetzt.

(2) (weggefallen)

(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.

(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.

(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.

(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn

a)
nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b)
im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c)
der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.

(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.

(1) Arbeitszeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen; Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitgebern sind zusammenzurechnen. Im Bergbau unter Tage zählen die Ruhepausen zur Arbeitszeit.

(2) Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten.

(3) Nachtzeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit von 23 bis 6 Uhr, in Bäckereien und Konditoreien die Zeit von 22 bis 5 Uhr.

(4) Nachtarbeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit umfaßt.

(5) Nachtarbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeitnehmer, die

1.
auf Grund ihrer Arbeitszeitgestaltung normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht zu leisten haben oder
2.
Nachtarbeit an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr leisten.

Tenor

I. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 9. April 2014 - 6 Sa 106/13 - aufgehoben, soweit das Landesarbeitsgericht auf die Berufung der Beklagten das Teilurteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 3. September 2013 - 9 Ca 77/13 - teilweise abgeändert hat.

II. Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 3. September 2013 - 9 Ca 77/13 - wird zurückgewiesen und dessen Tenor zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die ab dem 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 geleistete Nachtarbeit einen Nachtarbeitszuschlag von 30 % des Bruttostundenlohns für jede zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Arbeitsstunde zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die ab dem 1. April 2014 geleistete Nachtarbeit wahlweise einen Nachtarbeitszuschlag von 30 % des Bruttostundenlohns für jede zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Arbeitsstunde zu zahlen oder für jeweils 90 zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Nachtarbeitsstunden je zwei bezahlte freie Tage zu gewähren.

3. Im Übrigen wird die Klage hinsichtlich des Klageantrags zu 2. abgewiesen.

4. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

III. Die Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.

IV. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Ausgleich für geleistete Nachtarbeit.

2

Die Beklagte ist Teil einer weltweit tätigen Logistik- und Paketdienstleistungsgruppe. Sie ist nicht tarifgebunden. Bei ihr ist ein Betriebsrat gebildet. Die Beklagte beschäftigt ca. 500 Kraftfahrer.

3

Der Kläger ist auf Grundlage des Arbeitsvertrags vom 22./30. März 1993 als Lkw-Fahrer im Linientransport überwiegend in der Zeit zwischen 20:00 Uhr bis 06:00 Uhr tätig. Die Beklagte zahlte jedenfalls bis zum 31. März 2014 für die in der Zeit von 21:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden zum Bruttostundenlohn einen in den Gehaltsabrechnungen als „Nachtarbeitszuschlag fest“ bezeichneten Zuschlag. Dieser betrug zuletzt 3,18 Euro und damit 20 % des Bruttostundenlohns von 15,90 Euro.

4

Die Arbeitsabläufe bei der U-Gruppe gestalten sich wie folgt: Zunächst wird die Paketsendung von einem Zustellfahrzeug beim Kunden abgeholt und in die Abholniederlassung vor Ort gebracht. Dort werden die abgeholten Sendungen entladen und je nach Zieldestination in Container verladen. Dies erfolgt bis ca. 20:00 Uhr. Die Container werden anschließend zu den Hauptumschlagsbasen (HUB) transportiert. Dort erfolgt eine Sortierung aller von verschiedenen Abholniederlassungen oder von anderen HUB in Containern eingehenden Sendungen. Diese werden dann sortiert nach Zielniederlassungen wieder in Container verladen und zur Zielniederlassung gebracht. Dort angekommen werden die Container entladen, nach Zustellgebieten sortiert und in die jeweiligen Zustellfahrzeuge verladen und vom jeweiligen Paketzusteller beim Kunden zugestellt. Der Transport von einer Abholniederlassung zu den HUB, zwischen HUB und von dort zu den Zielniederlassungen erfolgt in großen Lastkraftwagen (Feeder). Diese Transporte sind Aufgabe der Beklagten innerhalb der U-Gruppe, für die auch der Kläger eingesetzt wird. Zuletzt fuhr er zumeist die Nachtroute zwischen der Niederlassung in H und der HUB N. Seine Arbeitszeit begann dabei um 20:15 Uhr in der Niederlassung H. Nach der Ankunft in der HUB N machte der Kläger in der Zeit zwischen 01:10 Uhr und 02:10 Uhr Pause. Anschließend übernahm er dort einen Container zur Rückfahrt nach H. Seine Arbeitszeit endete gegen 06:00 Uhr, wobei Schwankungen bei Beginn und Ende der Arbeitszeit möglich sind.

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % seines Bruttostundenlohns zu, wahlweise eine entsprechende Anzahl freier Tage. Er leiste dauerhaft Nachtarbeit, was mit erheblichen Anstrengungen und gesundheitlichen Belastungen verbunden sei. Der natürliche Biorhythmus werde durch die Nachtarbeit gestört. Nachtfahrten mit dem Lkw würden eine besonders hohe Konzentration auf das Verkehrsgeschehen erfordern.

6

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Interesse - zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab dem 1. August 2013 einen Nachtschichtzuschlag für die Nachtarbeit von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr in Höhe von 30 % vom Bruttostundenlohn zu zahlen oder einen Freizeitausgleich für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden von zwei Arbeitstagen zu gewähren.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, sie zahle einen angemessenen Zuschlag für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden. Der nächtliche Warentransport sei zur Durchführung des Geschäfts der Beklagten als Teil der U-Gruppe zwingend erforderlich. Der Transport der Paketsendungen zur jeweiligen HUB und zur Zielniederlassung über Nacht ermögliche die Zustellung der Express- und Standardprodukte entsprechend dem Serviceversprechen. Die Nachtarbeit werde nicht geleistet, um die Produktion zu steigern, sondern um eine wettbewerbsfähige Warenzustellung überhaupt erst zu ermöglichen. Bei ihr seien ca. 90 % der Kraftfahrer in Nachtarbeit tätig und sie gewähre bereits einen deutlich übertariflichen Stundenlohn. In der Logistikbranche sei es nicht üblich, einen hohen Nachtarbeitszuschlag zu zahlen. Im Übrigen bezahle sie für die in der Zeit von 21:00 Uhr bis 23:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden freiwillige Zuschläge, die auf die Nachtarbeitszeit nach 23:00 Uhr umzulegen seien.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit für die Revision von Interesse - stattgegeben. Die Abweisung im Übrigen ist rechtskräftig geworden. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts auf die Berufung der Beklagten teilweise abgeändert und den Nachtarbeitszuschlag auf 25 % reduziert. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung, die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet, die zulässige Revision der Beklagten hingegen unbegründet. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts erweist sich als rechtsfehlerhaft, soweit es einen Zuschlag iHv. 25 % auf den Bruttostundenlohn als angemessenen Ausgleich für geleistete Nachtarbeit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG angesehen hat. Der Senat kann gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden, da alle maßgeblichen Tatsachen festgestellt sind. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger ab dem 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 für die von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % des Bruttostundenlohns zu zahlen und ihm für die Zeit ab 1. April 2014 wahlweise einen solchen Nachtarbeitszuschlag zu zahlen oder - entsprechend dem Antrag des Klägers - für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden zwei bezahlte freie Tage zu gewähren.

10

I. Der Feststellungsantrag ist zulässig.

11

1. Der Klageantrag ist in der gebotenen Auslegung hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dem Vorbringen des Klägers ist zu entnehmen, dass sich der Antrag auf den gesetzlichen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG bezieht. Der Kläger begehrt die grundsätzlich zukunftsgerichtete Feststellung des Bestehens eines Ausgleichsanspruchs für in der gesetzlichen Nachtzeit (§ 2 Abs. 3 ArbZG) geleistete Arbeitsstunden in näher bezeichnetem Umfang. Dem Wortlaut des § 6 Abs. 5 ArbZG folgend wird der Beklagten ein Wahlrecht eingeräumt, ob der Ausgleich durch Zahlung eines Nachtarbeitszuschlags oder durch Gewährung freier Tage erfolgt(vgl. zu einer solchen Antragstellung zB: BAG 12. Dezember 2012 - 5 AZR 918/11 - Rn. 31; 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 -). Durch diese Art der Antragstellung trägt der Kläger der gesetzlichen Vorgabe Rechnung, ohne dass dadurch ausgeschlossen wäre, dass sich die begehrte Feststellung im Fall der zwischenzeitlichen Ausübung des Wahlrechts für Zeiträume vor Schluss der mündlichen Verhandlung des Landesarbeitsgerichts auf eine Form des Ausgleichs konkretisiert hat. Soweit der Ausgleich wahlweise durch Freizeitgewährung erfolgen soll, ist darunter die Gewährung von bezahlten freien Tagen zu verstehen (vgl. dazu BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 10, BAGE 131, 215). Die Höhe der für gewährte freie Tage geschuldeten Vergütung ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits.

12

2. Der so verstandene Klageantrag ist auf die Feststellung eines zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisses iSv. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet, nämlich auf die Angemessenheit des Ausgleichs für im Arbeitsverhältnis geleistete Nachtarbeitsstunden gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG. Die Feststellungsklage kann sich nach § 256 Abs. 1 ZPO auf einzelne Ansprüche beschränken(vgl. zuletzt BAG 15. April 2015 - 10 AZR 250/14 - Rn. 18). Gegenstand des Feststellungsantrags ist nicht die Überprüfung einer abstrakten Rechtsfrage (dazu BAG 24. April 2007 - 1 ABR 27/06 - Rn. 15, BAGE 122, 121).

13

3. Der Kläger hat ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung iSv. § 256 Abs. 1 ZPO. Zwischen den Parteien steht ausschließlich im Streit, ob die Beklagte mit den von ihr gewährten Zuschlägen auf den Bruttostundenlohn iHv. zuletzt 20 % einen angemessenen Ausgleich iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG gewährt hat oder ob dem Kläger für geleistete Nachtarbeit ein weiter gehender Anspruch zusteht. Der Umfang der Leistungsverpflichtung der Beklagten wird durch die begehrte Feststellung abschließend geklärt. Der Kläger war auch nach dem Fälligwerden der ab dem 1. August 2013 geltend gemachten Ansprüche nicht verpflichtet, insoweit auf Leistungsanträge überzugehen (BAG 3. Dezember 2008 - 5 AZR 74/08 - Rn. 10, BAGE 128, 342; 12. März 2008 - 4 AZR 616/06 - Rn. 16).

14

II. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf die begehrte Feststellung. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG für die Zeit ab dem 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 für die von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % des Bruttostundenlohns zu zahlen. Insoweit hat die Beklagte ihr Wahlrecht bereits ausgeübt. Für die Zeit ab dem 1. April 2014 ist die Beklagte verpflichtet, ihm wahlweise einen solchen Nachtarbeitszuschlag zu zahlen oder für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden zwei bezahlte freie Tage zu gewähren.

15

1. Nach § 6 Abs. 5 ArbZG ist der Arbeitgeber, soweit eine tarifvertragliche Ausgleichsregelung nicht besteht, verpflichtet, dem Nachtarbeitnehmer(§ 2 Abs. 5 ArbZG) für die während der Nachtzeit (§ 2 Abs. 3 ArbZG) geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Anzahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren. Der Arbeitgeber kann wählen, ob er den Ausgleichsanspruch durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder durch eine Kombination von beidem erfüllt. Die gesetzlich begründete Wahlschuld (§ 262 BGB) konkretisiert sich auf eine der geschuldeten Leistungen erst dann, wenn der Schuldner das ihm zustehende Wahlrecht nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ausübt (BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 15 mwN).

16

2. Regelmäßig stellt ein Zuschlag iHv. 25 % auf den jeweiligen Bruttostundenlohn bzw. die Gewährung einer entsprechenden Anzahl von bezahlten freien Tagen einen angemessenen Ausgleich für geleistete Nachtarbeit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG dar.

17

a) Nachtarbeit ist nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen grundsätzlich für jeden Menschen schädlich und hat negative gesundheitliche Auswirkungen (vgl. dazu BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82, 1 BvL 16/83, 1 BvL 10/91 - zu C I 2 der Gründe, BVerfGE 85, 191; Neumann/Biebl ArbZG 16. Aufl. § 6 Rn. 4). Die Belastung und Beanspruchung der Beschäftigten steigt nach bisherigem Kenntnisstand in der Arbeitsmedizin durch die Anzahl der Nächte pro Monat und die Anzahl der Nächte hintereinander, in denen Nachtarbeit geleistet wird. Die Anzahl der aufeinanderfolgenden Nachtschichten sollte daher möglichst gering sein, auch wenn viele Schichtarbeiter, die in einem Rhythmus von fünf und mehr hintereinanderliegenden Nachtschichten arbeiten, subjektiv den Eindruck haben, dass ihr Körper sich der Nachtschicht besser anpasst. Dies trifft allerdings nicht zu (vgl. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Leitfaden zur Einführung und Gestaltung von Nacht- und Schichtarbeit 9. Aufl. S. 12 f.). Insgesamt ist anerkannt, dass Nachtarbeit umso schädlicher ist, in desto größerem Umfang sie geleistet wird (vgl. auch Erwägungsgrund 7 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung [Arbeitszeitrichtlinie]). Entsprechende Gestaltungsempfehlungen für Arbeitszeitmodelle setzen hier an (vgl. dazu zB Schliemann ArbZG 2. Aufl. § 6 Rn. 14). Dies gilt unabhängig davon, dass typabhängig die Anpassung an Nachtarbeit von Mensch zu Mensch unterschiedlich gut erfolgt (vgl. BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 736/12 - Rn. 19 f. mwN, BAGE 147, 33).

18

b) Die Regelungen in § 6 ArbZG dienen - in Umsetzung des Handlungsauftrags des Bundesverfassungsgerichts(BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82, 1 BvL 16/83, 1 BvL 10/91 - zu C III 3 der Gründe, BVerfGE 85, 191) und in Umsetzung der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG - in erster Linie dem Schutz des Arbeitnehmers vor den für ihn schädlichen Folgen der Nacht- und Schichtarbeit (BT-Drs. 12/5888 S. 21). Dabei ist der Gesetzgeber von der Erkenntnis ausgegangen, dass auf Nachtarbeit in der modernen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft nicht völlig verzichtet werden kann (BT-Drs. 12/5888 S. 25). § 6 Abs. 5 ArbZG setzt hier an und soll für diejenigen Arbeitnehmer, die Nachtarbeit leisten, zumindest einen angemessenen Ausgleich für die mit der Nachtarbeit verbundenen Beeinträchtigungen gewähren(BT-Drs. 12/5888 S. 26). Die gesetzlich vorgeschriebenen Ausgleichsleistungen nehmen der Nachtarbeit dabei nicht ihre spezifische Gesundheitsgefährdung, dienen aber unmittelbar oder mittelbar dem Gesundheitsschutz (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 3 b bb (3) der Gründe, BAGE 102, 309). Soweit § 6 Abs. 5 ArbZG einen Anspruch auf bezahlten Freizeitausgleich begründet, liegt eine unmittelbar gesundheitsschützende Wirkung jedenfalls in den Fällen vor, in denen sich die Dauer der zu erbringenden Arbeitszeit für den Arbeitnehmer durch den bezahlten Freizeitausgleich insgesamt reduziert und dieser zeitnah gewährt wird. Soweit ein Nachtarbeitszuschlag vorgesehen ist, wirkt sich dieser auf die Gesundheit des betroffenen Arbeitnehmers nicht unmittelbar aus, sondern dient dem Gesundheitsschutz mittelbar (vgl. BAG 26. April 2005 - 1 ABR 1/04 - zu B II 2 a bb der Gründe, BAGE 114, 272; 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - zu B II 2 b der Gründe, BAGE 86, 249). Die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers wird verteuert, um auf diesem Weg Nachtarbeit einzudämmen; Nachtarbeit soll für Arbeitgeber weniger attraktiv sein. Dieser Druck besteht auch dann, wenn der Arbeitgeber verpflichtet ist, den Arbeitnehmer zu einem nicht zeitnah zur Nachtarbeit liegenden Zeitpunkt von der Arbeit bezahlt freizustellen (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu A II 2 b aa der Gründe, aaO). Außerdem soll der Nachtarbeitszuschlag in einem gewissen Umfang den Arbeitnehmer für die erschwerte Teilhabe am sozialen Leben entschädigen (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 4 b der Gründe, aaO).

19

c) Der Gesetzgeber hat ausdrücklich darauf verzichtet, den Umfang des Ausgleichs für Nachtarbeit selbst festzulegen (BT-Drs. 12/5888 S. 22). Ebenso wenig hat er aber dem Arbeitgeber ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSv. § 315 BGB übertragen. Vielmehr handelt es sich bei der Bestimmung des angemessenen Ausgleichs um die Ausfüllung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die letztlich den Gerichten für Arbeitssachen obliegt, wenn Streit über dessen Umfang besteht (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 3 b aa der Gründe, BAGE 102, 309; so wohl unausgesprochen auch BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu I 4 der Gründe, BAGE 115, 372; 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 51 ff., BAGE 148, 68; anders noch BAG 24. Februar 1999 - 4 AZR 62/98 - zu II 2.3.2 der Gründe, BAGE 91, 63 [Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 BGB]; offengelassen in BAG 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - zu B II 3 der Gründe, BAGE 86, 249). Die Arbeitsvertragsparteien können Regelungen über Art und Umfang des Ausgleichs treffen. Diese müssen aber den Vorgaben des § 6 Abs. 5 ArbZG genügen, die Norm ist zwingend(vgl. zB BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 17, BAGE 131, 215).

20

d) § 6 Abs. 5 ArbZG stellt den Ausgleich durch Gewährung bezahlter freier Tage neben die Zahlung des Nachtarbeitszuschlags. Zwischen den Alternativen des Belastungsausgleichs besteht nach der gesetzlichen Regelung kein Rangverhältnis, insbesondere kein Vorrang des Freizeitausgleichs, auch wenn dies Zwecken des Gesundheitsschutzes möglicherweise dienlicher wäre. Der Arbeitgeber kann - unter Beachtung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats (vgl. zB BAG 26. April 2005 - 1 ABR 1/04 - zu B II 2 a bb der Gründe, BAGE 114, 272) - frei wählen, ob er den Anspruch des Arbeitnehmers durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder auch durch eine Kombination von beidem erfüllt (BAG 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - zu B II 2 der Gründe, BAGE 86, 249; 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu A II 1 und B II 2 b der Gründe, BAGE 102, 309; 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 22; aA Buschmann/Ulber ArbZG 8. Aufl. § 6 Rn. 28: Vorrang freier Tage). Die Angemessenheit iSd. § 6 Abs. 5 ArbZG ist dabei für beide Alternativen nach einem einheitlichen Maßstab zu beurteilen. Der Umfang der Ausgleichsverpflichtung hängt nicht davon ab, für welche Art des Ausgleichs sich der Arbeitgeber entscheidet. Vielmehr müssen sich die jeweiligen Leistungen nach ihrem Wert grundsätzlich entsprechen (BAG 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 22).

21

e) Nach gefestigter Rechtsprechung aller mit dieser Frage befassten Senate des Bundesarbeitsgerichts ist ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 25 % des Bruttostundenlohns bzw. eine entsprechende Anzahl bezahlter freier Tage regelmäßig als angemessen iSd. § 6 Abs. 5 ArbZG anzusehen(vgl. zuletzt zB BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 59 mwN, BAGE 148, 68). Hieran hält der Senat auch angesichts der von der Revision geäußerten Kritik fest.

22

aa) Ausgangspunkt für die Beurteilung der Angemessenheit des geforderten Ausgleichs ist nach § 6 Abs. 5 ArbZG dessen wertmäßiges Verhältnis zu dem Bruttoarbeitsentgelt, das dem Arbeitnehmer für die während der gesetzlichen Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden zusteht. Dies ergibt sich bereits unmittelbar aus dem Wortlaut der Norm. Der für geleistete Nachtarbeit geschuldete angemessene Zuschlag ist danach „auf“ das dem Arbeitnehmer hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren (so bereits BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 102, 309; 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - zu I 3 a der Gründe). Nichts anderes gilt im Hinblick auf die wertmäßig gleichzusetzende Gewährung freier Tage. Vergütung und Arbeitszeit entsprechen sich auf Grundlage des vertraglichen Synallagmas (BAG 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 23). Dabei kommt es in beiden Fällen nicht darauf an, ob sich der Umfang des Ausgleichs nach den im Arbeitsverhältnis anwendbaren Regelungen nach Prozentsätzen bestimmt, ob feste Euro-Beträge für Stunden oder Schichten gezahlt werden oder wie sich der Freizeitausgleich errechnet. Alleine maßgeblich ist vielmehr, dass sich ein Wert im Verhältnis zu der für die Nachtarbeit iSv. § 2 Abs. 4 ArbZG gezahlten Bruttovergütung (oder zu deren Gegenwert in Zeit) bestimmen lässt, der auf seine Angemessenheit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG überprüft werden kann und dieser Prüfung standhält.

23

bb) Das Gesetz gibt - wie dargelegt - nicht vor, was als angemessener Ausgleich anzusehen ist. Deshalb ist es nicht möglich, unabhängig von den Umständen der Erbringung der Arbeitsleistung im konkreten Einzelfall einen für alle Arbeitsverhältnisse geltenden festen Wert zu bestimmen (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 5 a der Gründe, BAGE 102, 309). Unter Berücksichtigung der - über alle Branchen gesehen - bestehenden Üblichkeiten im Arbeitsleben wird aber in ständiger Rechtsprechung ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 25 % des Bruttostundenlohns bzw. eine entsprechende Anzahl bezahlter freier Tage regelmäßig als angemessen iSd. § 6 Abs. 5 ArbZG angesehen(vgl. BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 59, BAGE 148, 68; 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 19; 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 21; 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - zu I 4 der Gründe; grundlegend BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - BAGE 102, 309). Dem ist das Schrifttum weitestgehend gefolgt; jedenfalls wird der Ausgleich in dieser Höhe nicht infrage gestellt (Anzinger/Koberski ArbZG 4. Aufl. § 6 Rn. 82; Baeck/Deutsch ArbZG 3. Aufl. § 6 Rn. 85; Buschmann/Ulber ArbZG § 6 Rn. 29; ErfK/Wank 16. Aufl. § 6 ArbZG Rn. 14; Hahn/Pfeiffer/Schubert/Lorenz Arbeitszeitrecht § 6 ArbZG Rn. 124 f.; HWK/Gäntgen 6. Aufl. § 6 ArbZG Rn. 20; Schaub/Linck ArbR-HdB 16. Aufl. § 69 Rn. 33; kritisch Neumann/Biebl ArbZG § 6 Rn. 26).

24

cc) Dem schließt sich der erkennende Senat auch angesichts der von der Revision geäußerten Kritik (vgl. dazu das im Auftrag der Beklagten erstattete umfangreiche Gutachten von Raab ZfA 2014, 237) an.

25

(1) Ein Wert von 25 % ist typischerweise dann angemessen, wenn ein Arbeitnehmer „Nachtarbeitnehmer“ iSv. § 2 Abs. 5 ArbZG ist, also im gesetzlich vorgegebenen Mindestumfang von 48 Tagen im Kalenderjahr Nachtarbeit leistet oder normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht leistet und während dieser Zeit die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbringt, ohne dass besondere Umstände vorliegen, die Anlass für eine Erhöhung oder Verminderung des Umfangs des Ausgleichsanspruchs bieten würden. Aus Sicht des Arbeitgebers stellt ein Ausgleich in diesem Umfang eine nicht unerhebliche Belastung dar, die Anlass bieten kann, auf die Nachtarbeit zu verzichten und damit den im Interesse des Gesundheitsschutzes gebotenen finanziellen Druck auszuüben. Für den Arbeitnehmer bedeutet sie eine relevante Anzahl von freien Tagen bzw. eine spürbare Vergütungserhöhung für die Nachtarbeit, ohne dass der Zuschlagscharakter verloren ginge. Unabhängig von den anderen Zwecken der steuerrechtlichen Regelung in § 3b Abs. 1 Nr. 1 EStG kann aus ihr jedenfalls entnommen werden, dass auch der Gesetzgeber eine solche Größenordnung grundsätzlich als angemessen akzeptiert hat(vgl. zu diesem Gedanken BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 5 e der Gründe, BAGE 102, 309).

26

(2) Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, regelmäßig sei eine Gewährung von bezahlten freien Tagen im Gegenwert von 10 % der geleisteten Nachtarbeitsstunden angemessen und im Fall der Gewährung eines Zuschlags auf den Bruttostundenlohn könne dieser nicht höher sein, folgt dem der Senat nicht. Die Beklagte beruft sich zur Begründung dieser Auffassung insbesondere auf den Gang des Gesetzgebungsverfahrens des ArbZG. Der Referentenentwurf, dem die Beklagte einen Freizeitausgleich iHv. etwa 9 % entnimmt, ist indessen nicht umgesetzt worden. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung enthielt bereits § 6 Abs. 5 ArbZG in seiner jetzigen Fassung(BT-Drs. 12/5888 S. 6). Der - ebenfalls nicht Gesetz gewordene - Entwurf der SPD-Fraktion (BT-Drs. 12/5282; vgl. zum Vergleich beider Entwürfe Oppolzer AuR 1994, 41) sah ein vollständig anderes System vor, das ua. eine Begrenzung der Dauer der Nachtarbeit auf sechs Stunden einschließlich eines Lohnausgleichs unter bestimmten Umständen vorsah. Für die Auslegung des § 6 Abs. 5 ArbZG lässt sich hieraus nichts zugunsten der Beklagten ableiten.

27

3. Eine Erhöhung oder Verminderung des Umfangs des von § 6 Abs. 5 ArbZG geforderten Ausgleichs für Nachtarbeit kommt in Betracht, wenn Umstände im Zusammenhang mit der Erbringung der Arbeitsleistung vorliegen, die den regelmäßig angemessenen Wert von 25 % wegen der im Vergleich zum Üblichen niedrigeren oder höheren Belastung als zu gering oder zu hoch erscheinen lassen. Die Höhe des angemessenen Nachtarbeitszuschlags richtet sich nach der Gegenleistung, für die sie bestimmt ist (BAG 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 12).

28

a) Die Höhe des Zuschlags auf den Bruttolohn für geleistete Nachtarbeit oder die Anzahl bezahlter freier Tage kann sich erhöhen, wenn die Belastung durch die Nachtarbeit unter qualitativen (Art der Tätigkeit) oder quantitativen (Umfang der Nachtarbeit) Aspekten die normalerweise mit der Nachtarbeit verbundene Belastung übersteigt. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn ein Arbeitnehmer nach seinem Arbeitsvertrag bzw. nach entsprechender Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber dauerhaft in Nachtarbeit tätig wird („Dauernachtarbeit“). Bei der Erbringung der regulären Arbeitsleistung in Dauernachtarbeit ist deshalb regelmäßig ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % auf den Bruttostundenlohn bzw. die Gewährung einer entsprechenden Anzahl freier Tage als angemessen anzusehen (so im Ergebnis schon BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 5 der Gründe, BAGE 102, 309; 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - zu I 4 b aa der Gründe). Nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen erhöht sich die Belastung mit dem Umfang der geleisteten Nachtarbeit (vgl. bereits oben II 2 a). Hiervon geht erkennbar auch das ArbZG aus, da der Schutz für Nachtarbeitnehmer nach § 2 Abs. 5 bereits einsetzt, wenn diese „nur“ an 48 Tagen im Kalenderjahr Nachtarbeit leisten oder normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht leisten. Es liegt auf der Hand, dass der Arbeitnehmer, der ununterbrochen Nachtarbeit leistet, im Vergleich dazu einer deutlich höheren Belastung durch die Nachtarbeit unterliegt. Dies berücksichtigt die Revision nicht, wenn sie argumentiert, aufgrund der höheren Stundenanzahl würden insgesamt höhere Nachtarbeitszeitzuschläge gezahlt.

29

b) Hingegen kann nach § 6 Abs. 5 ArbZG ein geringerer Ausgleich erforderlich sein, wenn die Belastung durch die Nachtarbeit im Vergleich zum Üblichen geringer ist, weil zB in diese Zeit in nicht unerheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt(vgl. dazu zB BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 25; 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 12) oder es sich um nächtlichen Bereitschaftsdienst handelt, bei dem von vornherein von einer geringeren Arbeitsbelastung auszugehen ist (vgl. BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - BAGE 131, 215; 24. Februar 1999 - 4 AZR 62/98 - BAGE 91, 63). Nach der Art der Arbeitsleistung ist auch zu beurteilen, ob der vom Gesetzgeber mit dem Lohnzuschlag verfolgte Zweck, im Interesse der Gesundheit des Arbeitnehmers Nachtarbeit zu verteuern und auf diesem Weg einzuschränken, zum Tragen kommen kann oder in einem solchen Fall nur die mit der Nachtarbeit verbundene Erschwernis ausgeglichen werden kann (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu I 4 b der Gründe, BAGE 115, 372). Relevanz kann die letztgenannte Erwägung aber nur in den Fällen haben, in denen die Nachtarbeit aus zwingenden technischen Gründen oder aus zwingend mit der Art der Tätigkeit verbundenen Gründen bei wertender Betrachtung vor dem Hintergrund des Schutzzwecks des § 6 Abs. 5 ArbZG unvermeidbar ist. Auch in einem solchen Fall ist ein Zuschlag von 10 % aber regelmäßig die Untergrenze dessen, was als angemessen angesehen werden kann (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - aaO [Angehörige eines Rettungsdienstes]).

30

c) Rein wirtschaftliche Erwägungen sind nicht geeignet, eine Abweichung vom Regelwert nach unten zu begründen. Eine Wettbewerbsverzerrung ist in diesen Fällen ausgeschlossen, weil das gesetzliche Gebot des § 6 Abs. 5 ArbZG für alle betroffenen Unternehmen gilt. Ein Grund für die Reduzierung des Nachtarbeitszuschlags kann sich nach dem Normzweck auch nicht aus der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers oder einer Region ergeben (aA wohl BAG 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 17 [Berücksichtigung der Besonderheiten einer wirtschaftsschwachen Region]). Hiervon hängt der Gesundheitsschutz nicht ab. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass sich eine aus solchen Faktoren herrührende geringere Grundvergütung bereits indirekt auf die Höhe des Nachtarbeitszuschlags bzw. die Vergütungshöhe für bezahlte freie Tage auswirkt (vgl. dazu II 2 e aa).

31

d) Tarifvertragliche Ausgleichsregelungen sind für die Bestimmung der Angemessenheit des Ausgleichs nach § 6 Abs. 5 ArbZG nur nachrangig zu beachten. Der Ausgleich für Nachtarbeit ist nach dieser Bestimmung nur dann individual-rechtlich vorzunehmen, wenn nicht bereits kraft Tarifbindung oder arbeitsvertraglicher Bezugnahme ein Tarifvertrag Anwendung findet, der seinerseits Ausgleichsregelungen für Nachtarbeit enthält. Findet ein solcher auf das Arbeitsverhältnis hingegen keine Anwendung, scheidet ein unmittelbarer Rückgriff auch auf nach dem Geltungsbereich an sich einschlägige tarifliche Regelungen aus (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 4 a der Gründe, BAGE 102, 309). In vielen Fällen existiert in der jeweiligen Branche je nach Region oder tarifschließenden Parteien darüber hinaus eine Bandbreite unterschiedlicher Regelungen, die nach ihrem Grundkonzept nicht immer vergleichbar sind (vgl. auch die Tariföffnungsklauseln in § 7 ArbZG). In zahlreichen Tarifverträgen übersteigen die Zeiten zuschlagspflichtiger Nachtarbeit die Zeiten der Nachtarbeit gemäß § 2 Abs. 3 ArbZG und sind die tariflichen Nachtarbeitszuschläge nicht nur Nachtarbeitnehmern iSd. § 2 Abs. 5 Nr. 1 oder Nr. 2 ArbZG vorbehalten. Auch ist der Umstand zu berücksichtigen, dass es sich bei tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen - unabhängig von der Pflicht zur Einhaltung der Grenzen des § 6 Abs. 5 ArbZG(vgl. dazu zB BAG 12. Dezember 2012 - 10 AZR 192/11 -) - typischerweise um Teile eines „Gesamtpakets“ handelt, so dass die Höhe einer einzelnen Leistung für die Beurteilung der Angemessenheit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG nur begrenzt aussagekräftig ist. Deshalb können regelmäßig allenfalls repräsentative branchenmäßig einschlägige Tarifverträge als Orientierungshilfe herangezogen werden oder als Anhaltspunkt dienen, ohne aber die Höhe der Ausgleichsleistung zu determinieren (BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 25; 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - zu I 4 a der Gründe).

32

4. Der Arbeitnehmer, der einen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG begehrt, hat zur Schlüssigkeit der Klage zunächst darzulegen - und im Fall des Bestreitens zu beweisen -, dass er Nachtarbeitnehmer iSv. § 2 Abs. 5 ArbZG ist, in welchem Umfang er Nachtarbeit geleistet hat(§ 2 Abs. 4 ArbZG) und - als negatives Tatbestandsmerkmal -, dass keine tarifvertragliche Ausgleichsregelung besteht (vgl. zur Darlegungs- und Beweislast im Fall des Bestehens einer tariflichen Regelung, die der Arbeitnehmer für unzureichend hält BAG 12. März 2008 - 4 AZR 616/06 - Rn. 64).

33

Sind diese Tatbestandsvoraussetzungen unstreitig oder bewiesen, steht fest, dass dem Arbeitnehmer ein gesetzlicher Ausgleichsanspruch für geleistete Nachtarbeit zusteht. Es ist dann Sache des Arbeitgebers, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass er diesen gesetzlichen Anspruch des Arbeitnehmers erfüllt hat (§ 362 BGB). Dies umfasst auch die Darlegung der Tatsachen, die die Angemessenheit vom Arbeitgeber bereits erbrachter Leistungen, zB eines gezahlten Zuschlags, begründen sollen (so wohl auch BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 59, BAGE 148, 68; in diese Richtung schon BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 c bb der Gründe, BAGE 102, 309).

34

Im Hinblick auf die regelmäßig als angemessen angesehenen Werte von 25 % bzw. bei Dauernachtarbeit von 30 % ist von einer abgestuften Darlegungslast auszugehen: Gewährt der Arbeitgeber einen Ausgleich in diesem Umfang, genügt er damit zunächst seiner Darlegungslast und es ist kein weiterer Tatsachenvortrag zur Angemessenheit erforderlich. Vielmehr hat der Arbeitnehmer in einem solchen Fall im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast zu begründen, aus welchen Umständen sich ein höherer Anspruch ergeben soll. Bleibt der geleistete Ausgleich hingegen hinter diesen Werten zurück, ist es bereits im ersten Schritt Sache des Arbeitgebers darzulegen, aufgrund welcher Faktoren ein geringerer Zuschlagsanspruch angemessen sein soll (vgl. zu ähnlichen Systemen der abgestuften Darlegungslast: BAG 18. Juni 2014 - 10 AZR 699/13 - Rn. 40 ff., BAGE 148, 271 [ERA-Leistungsentgelt]; 18. November 2014 - 9 AZR 584/13 - Rn. 8 ff. [Arbeitszeugnis]; 29. April 2015 - 9 AZR 108/14 - Rn. 26 [sekundäre Darlegungslast des Arbeitgebers bei § 17 BBiG]). Bleiben danach für die Beurteilung der Angemessenheit relevante Tatsachen streitig, liegt die Beweislast für die den Erfüllungseinwand begründenden Tatsachen beim Arbeitgeber.

35

5. Ausgehend von diesen Grundsätzen erweist sich die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts als rechtsfehlerhaft und unterliegt der Aufhebung (§ 562 Abs. 1 ZPO).

36

a) Bei dem Merkmal „angemessen“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, bei dessen Anwendung dem Tatsachengericht ein Beurteilungsspielraum zukommt. Dieser ist vom Revisionsgericht nur darauf zu überprüfen, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist (st. Rspr., zuletzt zB BAG 21. Mai 2015 - 8 AZR 618/13 - Rn. 31; 21. Januar 2015 - 4 AZR 253/13 - Rn. 23). Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht stand.

37

b) Das Landesarbeitsgericht geht zwar vom zutreffenden Begriff der Angemessenheit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG aus. Die Berücksichtigung des von der Beklagten für Arbeit in der Zeit zwischen 21:00 Uhr und 23:00 Uhr gezahlten Zuschlags in Höhe von zuletzt 3,18 Euro brutto pro Stunde bei der Prüfung der Angemessenheit des für die Zeit zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr vom Kläger beanspruchten Nachtarbeitszuschlags ist aber widersprüchlich und rechtsfehlerhaft. Zwar geht das Landesarbeitsgericht zutreffend davon aus, dass diese Zuschläge nicht auf die Nachtarbeitsstunden gemäß § 2 Abs. 3 ArbZG umgerechnet werden können, da es sich um keine Leistung für die während der Nachtzeit erbrachte Arbeit handelt. Es fehlt ein hinreichender Bezug zur Nachtarbeit iSd. Arbeitszeitgesetzes, weil diese Zuschläge nicht auf das für die Nachtarbeit iSv. § 2 Abs. 3 ArbZG geschuldete Bruttoarbeitsentgelt gezahlt werden(vgl. BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 17, BAGE 131, 215; 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 102, 309), sondern auf Bruttoarbeitsentgelt für Stunden außerhalb dieser Zeit. Der Zuschlag wird nur für die in der Zeit von 21:00 Uhr bis 23:00 Uhr geleistete Arbeitsleistung gezahlt. Es spielt keine Rolle, ob im Anschluss daran Nachtarbeit iSv. § 2 Abs. 3 ArbZG geleistet wird oder ob es sich um einen Nachtarbeitnehmer iSd. § 2 Abs. 5 Nr. 2 ArbZG handelt. Dennoch will das Landesarbeitsgericht diese Zuschläge im Rahmen der Angemessenheitsprüfung zulagenmindernd berücksichtigen. Hierfür gibt es keine Grundlage. Dies gilt auch dann, wenn die Auffassung der Beklagten zuträfe, dass dieser „Spätarbeitszuschlag“ ähnlichen Zwecken diene wie der gesetzliche Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG. Ein Ausgleichszweck für Nachtarbeit iSd. § 2 Abs. 3 ArbZG wird durch diese Leistung nicht erreicht.

38

6. Der Senat kann gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden, da alle für die Beurteilung der Angemessenheit des Ausgleichs nach § 6 Abs. 5 ArbZG maßgeblichen Tatsachen festgestellt sind. Einer Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht bedarf es nicht (vgl. BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 16; 19. April 2012 - 2 AZR 258/11 - Rn. 16). Die Klage ist in vollem Umfang begründet.

39

a) Der Kläger ist Nachtarbeitnehmer iSv. § 2 Abs. 5 Nr. 2 iVm. § 2 Abs. 3 und Abs. 4 ArbZG. Er leistet an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr umfasst (§ 2 Abs. 4 ArbZG). Im Arbeitsverhältnis der Parteien gelten weder kraft Tarifbindung (§ 3 Abs. 1 TVG) noch aufgrund arbeitsvertraglicher Inbezugnahme tarifvertragliche Ausgleichsregelungen für die vom Kläger geleistete Nachtarbeit. Dies steht zwischen den Parteien nicht im Streit.

40

b) Der Kläger leistet Dauernachtarbeit, er erbringt nach der von der Beklagten bestimmten Lage der Arbeitszeit - unabhängig von Schwankungen bei Beginn und Ende der Arbeitszeit und ohne Berücksichtigung von Pausen - durchgängig Arbeit von mehr als zwei Stunden (§ 2 Abs. 4 ArbZG) in der gesetzlichen Nachtzeit. Er hat deshalb grundsätzlich einen Anspruch auf einen Ausgleich nach § 6 Abs. 5 ArbZG durch Gewährung eines Zuschlags iHv. 30 % auf seinen Bruttostundenlohn bzw. eine entsprechende Anzahl bezahlter freier Tage nach Wahl der Beklagten für die während der gesetzlichen Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden. Gründe für eine Verminderung der Höhe des Ausgleichsanspruchs bestehen nicht.

41

aa) Aus der Art der Tätigkeit des Klägers als Lkw-Fahrer im Nachtverkehr ergeben sich keine Anhaltspunkte für die Annahme, seine Belastung sei geringer als diejenige eines anderen Arbeitnehmers, der Dauernachtarbeit leistet. Zeiten minderer Beanspruchung fallen nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht an. Dass Dauernachtarbeit als Lkw-Fahrer eine besondere Belastung darstellt, wird durch die Bestimmungen der „Richtlinie 2002/15/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2002 zur Regelung der Arbeitszeit von Personen, die Fahrtätigkeiten im Bereich des Straßentransports ausüben“ bestätigt. Während die Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG zwar die Gesundheitsgefährdung durch Nachtarbeit benennt, ohne aber die Mitgliedstaaten zur Gewährung eines Ausgleichs zu verpflichten, sieht Art. 7 Abs. 1 der RL 2002/15/EG eine solche Verpflichtung vor. Daraus lässt sich die unionsrechtliche Wertung entnehmen, dass die Nachtarbeit bei Fahrpersonal als besonders belastend angesehen wird (vgl. auch die Erwägungsgründe 11 und 12 der RL 2002/15/EG). Dem ist bei der Auslegung des § 6 Abs. 5 ArbZG Rechnung zu tragen.

42

bb) Entgegen der Auffassung der Revision handelt es sich bei der Tätigkeit des Klägers nicht um eine Arbeitsleistung, die zwingend in der Nacht erfolgen muss und bei der der mit dem Zuschlag verfolgte Zweck, die Nachtarbeit im Interesse der Gesundheit des Arbeitnehmers zu verteuern, deshalb nicht zum Tragen kommt (vgl. dazu oben II 3 b).

43

(1) Es ist weder aus technischen Gründen zwingend erforderlich, dass der Kläger seine Fahrtätigkeit nachts erbringt, noch ergibt sich aus der Art der Tätigkeit ein solcher Zwang. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht das unternehmerische Konzept der Beklagten, das die Nachtarbeit des Klägers beinhaltet, berücksichtigt und damit eine Reduzierung des Ausgleichsanspruchs begründet. Dabei kann zugunsten der Beklagten deren - vom Kläger bestrittene - Behauptung unterstellt werden, dass eine vollständige Durchführung der Transporte außerhalb der gesetzlichen Nachtzeit zu Laufzeitverlängerungen führen würde, deshalb bestimmte Zustellzeiten nicht garantiert und bestimmte Leistungen dann nicht angeboten werden könnten. Ebenso kann unterstellt werden, dass am Markt eine Nachfrage nach entsprechenden kurzfristigen Zustellzeiten besteht. Dabei handelt es sich aber insgesamt um rein wirtschaftliche Erwägungen, die - anders als beispielsweise im Fall der Tätigkeit der Angehörigen eines Rettungsdienstes in der Nachtzeit (vgl. dazu BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu I 4 b der Gründe, BAGE 115, 372) - keine Unvermeidbarkeit der Nachtarbeit im og. Sinn begründen können.

44

(2) Ein solches Verständnis des § 6 Abs. 5 ArbZG stellt keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Rechte der Beklagten aus Art. 12 Abs. 1 GG dar.

45

(a) Die gesetzliche Verpflichtung, unabhängig von den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen aus Gründen des Gesundheitsschutzes an Nachtarbeitnehmer bestimmte Nachtarbeitszuschläge zu zahlen bzw. eine bestimmte Anzahl freier Tage zu gewähren, lässt das Recht der Beklagten, Nachtarbeit anzuordnen und entsprechende Leistungen am Markt anzubieten, unberührt. Damit handelt es sich (nur) um eine Berufsausübungsregelung (vgl. dazu zB BAG 15. März 2005 - 9 AZR 104/04 - BAGE 114, 70). Solche Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit müssen durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sein. Dabei reichen grundsätzlich vernünftige Gründe des Allgemeinwohls aus. Es gelten die Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, dh. der Eingriff muss zur Erreichung des Eingriffsziels geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne sein (st. Rspr., vgl. zuletzt zB BVerfG 2. März 2010 - 1 BvR 256/08 ua. - Rn. 297, BVerfGE 125, 260).

46

(b) Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Eingriff dient dem Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer bei Nachtarbeit und damit einem legitimen, verfassungsrechtlich gebotenen Ziel (BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82, 1 BvL 16/83, 1 BvL 10/91 - zu C III 3 der Gründe, BVerfGE 85, 191). Die gesetzliche Regelung ist in der hier gefundenen Auslegung geeignet, zur Erreichung dieses Ziels beizutragen, indem die durch Nachtarbeit entstehenden Belastungen entweder unmittelbar vermindert werden oder zumindest mittelbar auf ihre Reduzierung hingewirkt wird. Sie ist erforderlich. Ein die Interessen der Beklagten weniger beeinträchtigendes Mittel zur Erreichung des Ziels ist nicht erkennbar. Ungeeignet wäre insbesondere die von der Beklagten angestrebte Verminderung des Ausgleichsanspruchs, da die Anreizwirkung zur Vermeidung von Nachtarbeit dann kaum mehr vorhanden wäre und gleichzeitig bei geleisteter Nachtarbeit kein die Belastungen angemessen abbildender Ausgleich gewährt würde. Auch die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn ist gewahrt. Die Belastung erreicht kein solches Maß, dass die Möglichkeit der Beklagten, auf dem Markt zu wirtschaftlichen Bedingungen ihre Dienstleistungen anzubieten, auch nur annähernd beeinträchtigt wäre. Weder hat sie hierfür Anhaltspunkte vorgetragen noch sind solche erkennbar. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass § 6 Abs. 5 ArbZG gleichermaßen für alle Unternehmen gilt, die zur Erbringung ihres Angebots am Markt Nachtarbeit ihrer Arbeitnehmer für erforderlich halten.

47

c) Den mit der Klage geltend gemachten Anspruch hat die Beklagte durch die Gewährung eines Nachtzuschlags iHv. zuletzt 3,18 Euro brutto pro Stunde (20 % des Bruttostundenlohns) nicht vollständig erfüllt.

48

aa) Der arbeitsvertraglich vereinbarte und zuletzt iHv. 15,90 Euro gezahlte Stundenlohn enthält keinen Zuschlag für die vom Kläger geleistete Nachtarbeit.

49

(1) Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass die Arbeitsvertragsparteien auf eine gesonderte Zuschlagsregelung verzichten und stattdessen den Grundlohn wegen der vereinbarten Nachtarbeit entsprechend erhöhen. Von einer derartigen pauschalen Abgeltung des Nachtarbeitszuschlags kann jedoch nur ausgegangen werden, wenn der Arbeitsvertrag konkrete Anhalte für eine Pauschalierung enthält. Hierfür ist regelmäßig erforderlich, dass in dem Arbeitsvertrag zwischen der Grundvergütung und dem (zusätzlichen) Nachtarbeitszuschlag unterschieden wird; jedenfalls muss ein Bezug zwischen der zu leistenden Nachtarbeit und der Lohnhöhe hergestellt sein (so bereits BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 b der Gründe mwN, BAGE 102, 309; zu tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen vgl. zB BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 54, BAGE 148, 68; 12. Dezember 2012 - 10 AZR 192/11 - Rn. 14).

50

(2) Hierfür fehlen jegliche Anhaltspunkte. Der Stundenlohn ist nach dem Arbeitsvertrag unabhängig von der konkret zugewiesenen Tätigkeit und insbesondere unabhängig davon zu zahlen, ob der Kläger zu Tag- oder Nachtarbeit eingeteilt wird. Der Kläger wurde auch nicht ausschließlich für Nachtarbeiten bzw. -fahrten eingestellt, sondern in § 1 Ziff. 1 Satz 2 des Arbeitsvertrags hat er lediglich die „Bereitschaft zur Sonn- u. Feiertags- und Nachtarbeit“ erklärt. Nach dem Vortrag der Beklagten sind zwar 90 % der Kraftfahrer zu Nachtzeiten beschäftigt. Jedoch differenziert die Beklagte hinsichtlich der Lohnhöhe nicht zwischen Kraftfahrern, die zu Tag- oder Nachtzeiten eingesetzt werden, sondern alle Fahrer erhalten denselben Stundenlohn (zur Differenzierung zwischen vergleichbaren nachtarbeits- und nicht nachtarbeitsgeprägten Tätigkeiten BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 22).

51

bb) Ebenso wenig kann der von der Beklagten für die Zeit von 21:00 Uhr bis 23:00 Uhr gezahlte Zuschlag iHv. zuletzt 20 % des Bruttostundenlohns auf die Zeiten der Nachtarbeit iSv. § 2 Abs. 3 ArbZG „umgelegt“ oder angerechnet werden. Wie bereits dargelegt (vgl. II 5 b), fehlt hinsichtlich dieser Zuschläge ein hinreichender Bezug zur Nachtarbeit, sie werden nicht auf das für die Nachtarbeit geschuldete Bruttoarbeitsentgelt gezahlt (vgl. BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 17, BAGE 131, 215; 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 102, 309), sondern auf Bruttoarbeitsentgelt für Stunden außerhalb dieser Zeit.

52

d) Für die Zeit ab dem 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 hat die Beklagte ihr Wahlrecht nach § 6 Abs. 5 ArbZG ausgeübt und damit für diesen Zeitraum die Ausgleichsleistung auf einen Zahlungsanspruch des Klägers konkretisiert.

53

aa) Nach § 6 Abs. 5 ArbZG kann der Arbeitgeber wählen, ob er den Ausgleichsanspruch durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder durch eine Kombination von beidem erfüllt. Die gesetzlich begründete Wahlschuld (§ 262 BGB) konkretisiert sich auf eine der geschuldeten Leistungen, wenn der Schuldner das ihm zustehende Wahlrecht nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ausübt (BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 51, BAGE 148, 68; 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 15 mwN).

54

bb) Das Wahlrecht nach § 6 Abs. 5 ArbZG steht dem Arbeitgeber dabei grundsätzlich für jede Entgeltzahlungsperiode, typischerweise also kalendermonatlich neu zu. Zwar geht die gesetzliche Konzeption der Wahlschuld nach §§ 262 ff. BGB als Regelfall davon aus, dass das Wahlrecht einmalig ausgeübt wird, die Wahl verbindlich ist (MüKoBGB/Krüger 6. Aufl. § 263 Rn. 4) und das Schuldverhältnis insgesamt rückwirkend gestaltet (vgl. § 263 Abs. 2 BGB). Die Bestimmungen beziehen sich allerdings auf den Fall einer einmalig geschuldeten Leistung. Die erstmalig ausgeübte Wahl in einem Dauerschuldverhältnis, in dem ein Leistungsanspruch als Wahlschuld immer wieder neu entsteht, kann deshalb keine Bindungswirkung über den einmaligen Anspruch hinaus entfalten. So ist die Situation beim gesetzlichen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG: Dieser entsteht jeweils neu, wenn vom Arbeitnehmer ausgleichspflichtige Nachtarbeitsstunden erbracht werden. Der Arbeitgeber ist dann verpflichtet, zu wählen, ob er - regelmäßig mit der Vergütung für den jeweiligen Lohnabrechnungszeitraum - einen finanziellen Ausgleich leistet oder ob er Freizeitausgleich gewähren will. Hat der Arbeitgeber sein Wahlrecht ausgeübt, ist er hieran nach § 263 Abs. 2 BGB gebunden und kann die Wahl für diesen Zeitraum nicht mehr ändern(vgl. auch BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 51, BAGE 148, 68).

55

cc) Dieses Wahlrecht kann vertraglich abbedungen werden und die Vertragsparteien können sich bereits dauerhaft auf eine Variante des Ausgleichs festlegen (vgl. zB BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 21, BAGE 131, 215). Ebenso ist eine spätere, ggf. konkludente vertragliche Vereinbarung über die Form des Ausgleichs möglich. Die Annahme einer konkludenten Vereinbarung setzt aber Umstände voraus, die über die bloße (auch mehrmalige) Ausübung des Wahlrechts in eine Richtung hinausgehen (vgl. zum Direktionsrecht zuletzt zB BAG 10. Dezember 2014 - 10 AZR 63/14 - Rn. 15 mwN). In Betracht kommt auch, dass der Arbeitgeber aus kollektiv-rechtlichen Gründen zu einer bestimmten Art des Ausgleichs verpflichtet ist. Das Wahlrecht selbst unterliegt der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 und Nr. 10 BetrVG(BAG 26. April 2005 - 1 ABR 1/04 - zu B II 2 a bb der Gründe, BAGE 114, 272; grundlegend bereits BAG 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - BAGE 86, 249).

56

dd) Nach diesen Grundsätzen hat die Beklagte für die Zeit bis zum 31. März 2014 ihr Wahlrecht dadurch ausgeübt, dass sie als Ausgleich für geleistete Nachtarbeit jeweils ausschließlich Zuschläge zum Bruttostundenlohn geleistet hat. Weder hat sie Freizeitausgleich gewährt noch sich für eine Kombination aus Geldleistungen und Freizeitausgleich entschieden. An diese Wahl über die Art des Ausgleichs ist sie gebunden, auch wenn die Zuschläge in zu geringer Höhe gezahlt wurden.

57

e) Für die Zeit ab dem 1. April 2014 ist die Beklagte verpflichtet, dem Kläger für die von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % des Bruttostundenlohns zu zahlen oder ihm wahlweise für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden zwei bezahlte freie Tage zu gewähren. Zur Ausübung des Wahlrechts sind für die nach Ende der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht liegenden Zeiträume keine Feststellungen getroffen, so dass von dessen Fortbestand auszugehen ist. Hinsichtlich des Umfangs des Anspruchs auf bezahlte freie Tage ist gemäß § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO vom klägerischen Antrag auszugehen, auch wenn dieser keinem wertgleichen Ausgleich entspricht.

58

III. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

        

    Linck    

        

    Schlünder    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

    Klein    

        

    Großmann    

                 

(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.

(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.

(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.

(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn

a)
nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b)
im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c)
der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.

(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.

Tenor

I. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 9. April 2014 - 6 Sa 106/13 - aufgehoben, soweit das Landesarbeitsgericht auf die Berufung der Beklagten das Teilurteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 3. September 2013 - 9 Ca 77/13 - teilweise abgeändert hat.

II. Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 3. September 2013 - 9 Ca 77/13 - wird zurückgewiesen und dessen Tenor zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die ab dem 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 geleistete Nachtarbeit einen Nachtarbeitszuschlag von 30 % des Bruttostundenlohns für jede zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Arbeitsstunde zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die ab dem 1. April 2014 geleistete Nachtarbeit wahlweise einen Nachtarbeitszuschlag von 30 % des Bruttostundenlohns für jede zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Arbeitsstunde zu zahlen oder für jeweils 90 zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Nachtarbeitsstunden je zwei bezahlte freie Tage zu gewähren.

3. Im Übrigen wird die Klage hinsichtlich des Klageantrags zu 2. abgewiesen.

4. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

III. Die Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.

IV. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Ausgleich für geleistete Nachtarbeit.

2

Die Beklagte ist Teil einer weltweit tätigen Logistik- und Paketdienstleistungsgruppe. Sie ist nicht tarifgebunden. Bei ihr ist ein Betriebsrat gebildet. Die Beklagte beschäftigt ca. 500 Kraftfahrer.

3

Der Kläger ist auf Grundlage des Arbeitsvertrags vom 22./30. März 1993 als Lkw-Fahrer im Linientransport überwiegend in der Zeit zwischen 20:00 Uhr bis 06:00 Uhr tätig. Die Beklagte zahlte jedenfalls bis zum 31. März 2014 für die in der Zeit von 21:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden zum Bruttostundenlohn einen in den Gehaltsabrechnungen als „Nachtarbeitszuschlag fest“ bezeichneten Zuschlag. Dieser betrug zuletzt 3,18 Euro und damit 20 % des Bruttostundenlohns von 15,90 Euro.

4

Die Arbeitsabläufe bei der U-Gruppe gestalten sich wie folgt: Zunächst wird die Paketsendung von einem Zustellfahrzeug beim Kunden abgeholt und in die Abholniederlassung vor Ort gebracht. Dort werden die abgeholten Sendungen entladen und je nach Zieldestination in Container verladen. Dies erfolgt bis ca. 20:00 Uhr. Die Container werden anschließend zu den Hauptumschlagsbasen (HUB) transportiert. Dort erfolgt eine Sortierung aller von verschiedenen Abholniederlassungen oder von anderen HUB in Containern eingehenden Sendungen. Diese werden dann sortiert nach Zielniederlassungen wieder in Container verladen und zur Zielniederlassung gebracht. Dort angekommen werden die Container entladen, nach Zustellgebieten sortiert und in die jeweiligen Zustellfahrzeuge verladen und vom jeweiligen Paketzusteller beim Kunden zugestellt. Der Transport von einer Abholniederlassung zu den HUB, zwischen HUB und von dort zu den Zielniederlassungen erfolgt in großen Lastkraftwagen (Feeder). Diese Transporte sind Aufgabe der Beklagten innerhalb der U-Gruppe, für die auch der Kläger eingesetzt wird. Zuletzt fuhr er zumeist die Nachtroute zwischen der Niederlassung in H und der HUB N. Seine Arbeitszeit begann dabei um 20:15 Uhr in der Niederlassung H. Nach der Ankunft in der HUB N machte der Kläger in der Zeit zwischen 01:10 Uhr und 02:10 Uhr Pause. Anschließend übernahm er dort einen Container zur Rückfahrt nach H. Seine Arbeitszeit endete gegen 06:00 Uhr, wobei Schwankungen bei Beginn und Ende der Arbeitszeit möglich sind.

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % seines Bruttostundenlohns zu, wahlweise eine entsprechende Anzahl freier Tage. Er leiste dauerhaft Nachtarbeit, was mit erheblichen Anstrengungen und gesundheitlichen Belastungen verbunden sei. Der natürliche Biorhythmus werde durch die Nachtarbeit gestört. Nachtfahrten mit dem Lkw würden eine besonders hohe Konzentration auf das Verkehrsgeschehen erfordern.

6

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Interesse - zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab dem 1. August 2013 einen Nachtschichtzuschlag für die Nachtarbeit von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr in Höhe von 30 % vom Bruttostundenlohn zu zahlen oder einen Freizeitausgleich für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden von zwei Arbeitstagen zu gewähren.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, sie zahle einen angemessenen Zuschlag für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden. Der nächtliche Warentransport sei zur Durchführung des Geschäfts der Beklagten als Teil der U-Gruppe zwingend erforderlich. Der Transport der Paketsendungen zur jeweiligen HUB und zur Zielniederlassung über Nacht ermögliche die Zustellung der Express- und Standardprodukte entsprechend dem Serviceversprechen. Die Nachtarbeit werde nicht geleistet, um die Produktion zu steigern, sondern um eine wettbewerbsfähige Warenzustellung überhaupt erst zu ermöglichen. Bei ihr seien ca. 90 % der Kraftfahrer in Nachtarbeit tätig und sie gewähre bereits einen deutlich übertariflichen Stundenlohn. In der Logistikbranche sei es nicht üblich, einen hohen Nachtarbeitszuschlag zu zahlen. Im Übrigen bezahle sie für die in der Zeit von 21:00 Uhr bis 23:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden freiwillige Zuschläge, die auf die Nachtarbeitszeit nach 23:00 Uhr umzulegen seien.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit für die Revision von Interesse - stattgegeben. Die Abweisung im Übrigen ist rechtskräftig geworden. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts auf die Berufung der Beklagten teilweise abgeändert und den Nachtarbeitszuschlag auf 25 % reduziert. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung, die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet, die zulässige Revision der Beklagten hingegen unbegründet. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts erweist sich als rechtsfehlerhaft, soweit es einen Zuschlag iHv. 25 % auf den Bruttostundenlohn als angemessenen Ausgleich für geleistete Nachtarbeit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG angesehen hat. Der Senat kann gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden, da alle maßgeblichen Tatsachen festgestellt sind. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger ab dem 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 für die von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % des Bruttostundenlohns zu zahlen und ihm für die Zeit ab 1. April 2014 wahlweise einen solchen Nachtarbeitszuschlag zu zahlen oder - entsprechend dem Antrag des Klägers - für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden zwei bezahlte freie Tage zu gewähren.

10

I. Der Feststellungsantrag ist zulässig.

11

1. Der Klageantrag ist in der gebotenen Auslegung hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dem Vorbringen des Klägers ist zu entnehmen, dass sich der Antrag auf den gesetzlichen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG bezieht. Der Kläger begehrt die grundsätzlich zukunftsgerichtete Feststellung des Bestehens eines Ausgleichsanspruchs für in der gesetzlichen Nachtzeit (§ 2 Abs. 3 ArbZG) geleistete Arbeitsstunden in näher bezeichnetem Umfang. Dem Wortlaut des § 6 Abs. 5 ArbZG folgend wird der Beklagten ein Wahlrecht eingeräumt, ob der Ausgleich durch Zahlung eines Nachtarbeitszuschlags oder durch Gewährung freier Tage erfolgt(vgl. zu einer solchen Antragstellung zB: BAG 12. Dezember 2012 - 5 AZR 918/11 - Rn. 31; 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 -). Durch diese Art der Antragstellung trägt der Kläger der gesetzlichen Vorgabe Rechnung, ohne dass dadurch ausgeschlossen wäre, dass sich die begehrte Feststellung im Fall der zwischenzeitlichen Ausübung des Wahlrechts für Zeiträume vor Schluss der mündlichen Verhandlung des Landesarbeitsgerichts auf eine Form des Ausgleichs konkretisiert hat. Soweit der Ausgleich wahlweise durch Freizeitgewährung erfolgen soll, ist darunter die Gewährung von bezahlten freien Tagen zu verstehen (vgl. dazu BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 10, BAGE 131, 215). Die Höhe der für gewährte freie Tage geschuldeten Vergütung ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits.

12

2. Der so verstandene Klageantrag ist auf die Feststellung eines zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisses iSv. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet, nämlich auf die Angemessenheit des Ausgleichs für im Arbeitsverhältnis geleistete Nachtarbeitsstunden gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG. Die Feststellungsklage kann sich nach § 256 Abs. 1 ZPO auf einzelne Ansprüche beschränken(vgl. zuletzt BAG 15. April 2015 - 10 AZR 250/14 - Rn. 18). Gegenstand des Feststellungsantrags ist nicht die Überprüfung einer abstrakten Rechtsfrage (dazu BAG 24. April 2007 - 1 ABR 27/06 - Rn. 15, BAGE 122, 121).

13

3. Der Kläger hat ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung iSv. § 256 Abs. 1 ZPO. Zwischen den Parteien steht ausschließlich im Streit, ob die Beklagte mit den von ihr gewährten Zuschlägen auf den Bruttostundenlohn iHv. zuletzt 20 % einen angemessenen Ausgleich iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG gewährt hat oder ob dem Kläger für geleistete Nachtarbeit ein weiter gehender Anspruch zusteht. Der Umfang der Leistungsverpflichtung der Beklagten wird durch die begehrte Feststellung abschließend geklärt. Der Kläger war auch nach dem Fälligwerden der ab dem 1. August 2013 geltend gemachten Ansprüche nicht verpflichtet, insoweit auf Leistungsanträge überzugehen (BAG 3. Dezember 2008 - 5 AZR 74/08 - Rn. 10, BAGE 128, 342; 12. März 2008 - 4 AZR 616/06 - Rn. 16).

14

II. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf die begehrte Feststellung. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG für die Zeit ab dem 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 für die von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % des Bruttostundenlohns zu zahlen. Insoweit hat die Beklagte ihr Wahlrecht bereits ausgeübt. Für die Zeit ab dem 1. April 2014 ist die Beklagte verpflichtet, ihm wahlweise einen solchen Nachtarbeitszuschlag zu zahlen oder für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden zwei bezahlte freie Tage zu gewähren.

15

1. Nach § 6 Abs. 5 ArbZG ist der Arbeitgeber, soweit eine tarifvertragliche Ausgleichsregelung nicht besteht, verpflichtet, dem Nachtarbeitnehmer(§ 2 Abs. 5 ArbZG) für die während der Nachtzeit (§ 2 Abs. 3 ArbZG) geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Anzahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren. Der Arbeitgeber kann wählen, ob er den Ausgleichsanspruch durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder durch eine Kombination von beidem erfüllt. Die gesetzlich begründete Wahlschuld (§ 262 BGB) konkretisiert sich auf eine der geschuldeten Leistungen erst dann, wenn der Schuldner das ihm zustehende Wahlrecht nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ausübt (BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 15 mwN).

16

2. Regelmäßig stellt ein Zuschlag iHv. 25 % auf den jeweiligen Bruttostundenlohn bzw. die Gewährung einer entsprechenden Anzahl von bezahlten freien Tagen einen angemessenen Ausgleich für geleistete Nachtarbeit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG dar.

17

a) Nachtarbeit ist nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen grundsätzlich für jeden Menschen schädlich und hat negative gesundheitliche Auswirkungen (vgl. dazu BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82, 1 BvL 16/83, 1 BvL 10/91 - zu C I 2 der Gründe, BVerfGE 85, 191; Neumann/Biebl ArbZG 16. Aufl. § 6 Rn. 4). Die Belastung und Beanspruchung der Beschäftigten steigt nach bisherigem Kenntnisstand in der Arbeitsmedizin durch die Anzahl der Nächte pro Monat und die Anzahl der Nächte hintereinander, in denen Nachtarbeit geleistet wird. Die Anzahl der aufeinanderfolgenden Nachtschichten sollte daher möglichst gering sein, auch wenn viele Schichtarbeiter, die in einem Rhythmus von fünf und mehr hintereinanderliegenden Nachtschichten arbeiten, subjektiv den Eindruck haben, dass ihr Körper sich der Nachtschicht besser anpasst. Dies trifft allerdings nicht zu (vgl. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Leitfaden zur Einführung und Gestaltung von Nacht- und Schichtarbeit 9. Aufl. S. 12 f.). Insgesamt ist anerkannt, dass Nachtarbeit umso schädlicher ist, in desto größerem Umfang sie geleistet wird (vgl. auch Erwägungsgrund 7 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung [Arbeitszeitrichtlinie]). Entsprechende Gestaltungsempfehlungen für Arbeitszeitmodelle setzen hier an (vgl. dazu zB Schliemann ArbZG 2. Aufl. § 6 Rn. 14). Dies gilt unabhängig davon, dass typabhängig die Anpassung an Nachtarbeit von Mensch zu Mensch unterschiedlich gut erfolgt (vgl. BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 736/12 - Rn. 19 f. mwN, BAGE 147, 33).

18

b) Die Regelungen in § 6 ArbZG dienen - in Umsetzung des Handlungsauftrags des Bundesverfassungsgerichts(BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82, 1 BvL 16/83, 1 BvL 10/91 - zu C III 3 der Gründe, BVerfGE 85, 191) und in Umsetzung der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG - in erster Linie dem Schutz des Arbeitnehmers vor den für ihn schädlichen Folgen der Nacht- und Schichtarbeit (BT-Drs. 12/5888 S. 21). Dabei ist der Gesetzgeber von der Erkenntnis ausgegangen, dass auf Nachtarbeit in der modernen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft nicht völlig verzichtet werden kann (BT-Drs. 12/5888 S. 25). § 6 Abs. 5 ArbZG setzt hier an und soll für diejenigen Arbeitnehmer, die Nachtarbeit leisten, zumindest einen angemessenen Ausgleich für die mit der Nachtarbeit verbundenen Beeinträchtigungen gewähren(BT-Drs. 12/5888 S. 26). Die gesetzlich vorgeschriebenen Ausgleichsleistungen nehmen der Nachtarbeit dabei nicht ihre spezifische Gesundheitsgefährdung, dienen aber unmittelbar oder mittelbar dem Gesundheitsschutz (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 3 b bb (3) der Gründe, BAGE 102, 309). Soweit § 6 Abs. 5 ArbZG einen Anspruch auf bezahlten Freizeitausgleich begründet, liegt eine unmittelbar gesundheitsschützende Wirkung jedenfalls in den Fällen vor, in denen sich die Dauer der zu erbringenden Arbeitszeit für den Arbeitnehmer durch den bezahlten Freizeitausgleich insgesamt reduziert und dieser zeitnah gewährt wird. Soweit ein Nachtarbeitszuschlag vorgesehen ist, wirkt sich dieser auf die Gesundheit des betroffenen Arbeitnehmers nicht unmittelbar aus, sondern dient dem Gesundheitsschutz mittelbar (vgl. BAG 26. April 2005 - 1 ABR 1/04 - zu B II 2 a bb der Gründe, BAGE 114, 272; 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - zu B II 2 b der Gründe, BAGE 86, 249). Die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers wird verteuert, um auf diesem Weg Nachtarbeit einzudämmen; Nachtarbeit soll für Arbeitgeber weniger attraktiv sein. Dieser Druck besteht auch dann, wenn der Arbeitgeber verpflichtet ist, den Arbeitnehmer zu einem nicht zeitnah zur Nachtarbeit liegenden Zeitpunkt von der Arbeit bezahlt freizustellen (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu A II 2 b aa der Gründe, aaO). Außerdem soll der Nachtarbeitszuschlag in einem gewissen Umfang den Arbeitnehmer für die erschwerte Teilhabe am sozialen Leben entschädigen (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 4 b der Gründe, aaO).

19

c) Der Gesetzgeber hat ausdrücklich darauf verzichtet, den Umfang des Ausgleichs für Nachtarbeit selbst festzulegen (BT-Drs. 12/5888 S. 22). Ebenso wenig hat er aber dem Arbeitgeber ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSv. § 315 BGB übertragen. Vielmehr handelt es sich bei der Bestimmung des angemessenen Ausgleichs um die Ausfüllung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die letztlich den Gerichten für Arbeitssachen obliegt, wenn Streit über dessen Umfang besteht (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 3 b aa der Gründe, BAGE 102, 309; so wohl unausgesprochen auch BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu I 4 der Gründe, BAGE 115, 372; 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 51 ff., BAGE 148, 68; anders noch BAG 24. Februar 1999 - 4 AZR 62/98 - zu II 2.3.2 der Gründe, BAGE 91, 63 [Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 BGB]; offengelassen in BAG 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - zu B II 3 der Gründe, BAGE 86, 249). Die Arbeitsvertragsparteien können Regelungen über Art und Umfang des Ausgleichs treffen. Diese müssen aber den Vorgaben des § 6 Abs. 5 ArbZG genügen, die Norm ist zwingend(vgl. zB BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 17, BAGE 131, 215).

20

d) § 6 Abs. 5 ArbZG stellt den Ausgleich durch Gewährung bezahlter freier Tage neben die Zahlung des Nachtarbeitszuschlags. Zwischen den Alternativen des Belastungsausgleichs besteht nach der gesetzlichen Regelung kein Rangverhältnis, insbesondere kein Vorrang des Freizeitausgleichs, auch wenn dies Zwecken des Gesundheitsschutzes möglicherweise dienlicher wäre. Der Arbeitgeber kann - unter Beachtung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats (vgl. zB BAG 26. April 2005 - 1 ABR 1/04 - zu B II 2 a bb der Gründe, BAGE 114, 272) - frei wählen, ob er den Anspruch des Arbeitnehmers durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder auch durch eine Kombination von beidem erfüllt (BAG 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - zu B II 2 der Gründe, BAGE 86, 249; 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu A II 1 und B II 2 b der Gründe, BAGE 102, 309; 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 22; aA Buschmann/Ulber ArbZG 8. Aufl. § 6 Rn. 28: Vorrang freier Tage). Die Angemessenheit iSd. § 6 Abs. 5 ArbZG ist dabei für beide Alternativen nach einem einheitlichen Maßstab zu beurteilen. Der Umfang der Ausgleichsverpflichtung hängt nicht davon ab, für welche Art des Ausgleichs sich der Arbeitgeber entscheidet. Vielmehr müssen sich die jeweiligen Leistungen nach ihrem Wert grundsätzlich entsprechen (BAG 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 22).

21

e) Nach gefestigter Rechtsprechung aller mit dieser Frage befassten Senate des Bundesarbeitsgerichts ist ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 25 % des Bruttostundenlohns bzw. eine entsprechende Anzahl bezahlter freier Tage regelmäßig als angemessen iSd. § 6 Abs. 5 ArbZG anzusehen(vgl. zuletzt zB BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 59 mwN, BAGE 148, 68). Hieran hält der Senat auch angesichts der von der Revision geäußerten Kritik fest.

22

aa) Ausgangspunkt für die Beurteilung der Angemessenheit des geforderten Ausgleichs ist nach § 6 Abs. 5 ArbZG dessen wertmäßiges Verhältnis zu dem Bruttoarbeitsentgelt, das dem Arbeitnehmer für die während der gesetzlichen Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden zusteht. Dies ergibt sich bereits unmittelbar aus dem Wortlaut der Norm. Der für geleistete Nachtarbeit geschuldete angemessene Zuschlag ist danach „auf“ das dem Arbeitnehmer hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren (so bereits BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 102, 309; 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - zu I 3 a der Gründe). Nichts anderes gilt im Hinblick auf die wertmäßig gleichzusetzende Gewährung freier Tage. Vergütung und Arbeitszeit entsprechen sich auf Grundlage des vertraglichen Synallagmas (BAG 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 23). Dabei kommt es in beiden Fällen nicht darauf an, ob sich der Umfang des Ausgleichs nach den im Arbeitsverhältnis anwendbaren Regelungen nach Prozentsätzen bestimmt, ob feste Euro-Beträge für Stunden oder Schichten gezahlt werden oder wie sich der Freizeitausgleich errechnet. Alleine maßgeblich ist vielmehr, dass sich ein Wert im Verhältnis zu der für die Nachtarbeit iSv. § 2 Abs. 4 ArbZG gezahlten Bruttovergütung (oder zu deren Gegenwert in Zeit) bestimmen lässt, der auf seine Angemessenheit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG überprüft werden kann und dieser Prüfung standhält.

23

bb) Das Gesetz gibt - wie dargelegt - nicht vor, was als angemessener Ausgleich anzusehen ist. Deshalb ist es nicht möglich, unabhängig von den Umständen der Erbringung der Arbeitsleistung im konkreten Einzelfall einen für alle Arbeitsverhältnisse geltenden festen Wert zu bestimmen (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 5 a der Gründe, BAGE 102, 309). Unter Berücksichtigung der - über alle Branchen gesehen - bestehenden Üblichkeiten im Arbeitsleben wird aber in ständiger Rechtsprechung ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 25 % des Bruttostundenlohns bzw. eine entsprechende Anzahl bezahlter freier Tage regelmäßig als angemessen iSd. § 6 Abs. 5 ArbZG angesehen(vgl. BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 59, BAGE 148, 68; 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 19; 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 21; 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - zu I 4 der Gründe; grundlegend BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - BAGE 102, 309). Dem ist das Schrifttum weitestgehend gefolgt; jedenfalls wird der Ausgleich in dieser Höhe nicht infrage gestellt (Anzinger/Koberski ArbZG 4. Aufl. § 6 Rn. 82; Baeck/Deutsch ArbZG 3. Aufl. § 6 Rn. 85; Buschmann/Ulber ArbZG § 6 Rn. 29; ErfK/Wank 16. Aufl. § 6 ArbZG Rn. 14; Hahn/Pfeiffer/Schubert/Lorenz Arbeitszeitrecht § 6 ArbZG Rn. 124 f.; HWK/Gäntgen 6. Aufl. § 6 ArbZG Rn. 20; Schaub/Linck ArbR-HdB 16. Aufl. § 69 Rn. 33; kritisch Neumann/Biebl ArbZG § 6 Rn. 26).

24

cc) Dem schließt sich der erkennende Senat auch angesichts der von der Revision geäußerten Kritik (vgl. dazu das im Auftrag der Beklagten erstattete umfangreiche Gutachten von Raab ZfA 2014, 237) an.

25

(1) Ein Wert von 25 % ist typischerweise dann angemessen, wenn ein Arbeitnehmer „Nachtarbeitnehmer“ iSv. § 2 Abs. 5 ArbZG ist, also im gesetzlich vorgegebenen Mindestumfang von 48 Tagen im Kalenderjahr Nachtarbeit leistet oder normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht leistet und während dieser Zeit die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbringt, ohne dass besondere Umstände vorliegen, die Anlass für eine Erhöhung oder Verminderung des Umfangs des Ausgleichsanspruchs bieten würden. Aus Sicht des Arbeitgebers stellt ein Ausgleich in diesem Umfang eine nicht unerhebliche Belastung dar, die Anlass bieten kann, auf die Nachtarbeit zu verzichten und damit den im Interesse des Gesundheitsschutzes gebotenen finanziellen Druck auszuüben. Für den Arbeitnehmer bedeutet sie eine relevante Anzahl von freien Tagen bzw. eine spürbare Vergütungserhöhung für die Nachtarbeit, ohne dass der Zuschlagscharakter verloren ginge. Unabhängig von den anderen Zwecken der steuerrechtlichen Regelung in § 3b Abs. 1 Nr. 1 EStG kann aus ihr jedenfalls entnommen werden, dass auch der Gesetzgeber eine solche Größenordnung grundsätzlich als angemessen akzeptiert hat(vgl. zu diesem Gedanken BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 5 e der Gründe, BAGE 102, 309).

26

(2) Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, regelmäßig sei eine Gewährung von bezahlten freien Tagen im Gegenwert von 10 % der geleisteten Nachtarbeitsstunden angemessen und im Fall der Gewährung eines Zuschlags auf den Bruttostundenlohn könne dieser nicht höher sein, folgt dem der Senat nicht. Die Beklagte beruft sich zur Begründung dieser Auffassung insbesondere auf den Gang des Gesetzgebungsverfahrens des ArbZG. Der Referentenentwurf, dem die Beklagte einen Freizeitausgleich iHv. etwa 9 % entnimmt, ist indessen nicht umgesetzt worden. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung enthielt bereits § 6 Abs. 5 ArbZG in seiner jetzigen Fassung(BT-Drs. 12/5888 S. 6). Der - ebenfalls nicht Gesetz gewordene - Entwurf der SPD-Fraktion (BT-Drs. 12/5282; vgl. zum Vergleich beider Entwürfe Oppolzer AuR 1994, 41) sah ein vollständig anderes System vor, das ua. eine Begrenzung der Dauer der Nachtarbeit auf sechs Stunden einschließlich eines Lohnausgleichs unter bestimmten Umständen vorsah. Für die Auslegung des § 6 Abs. 5 ArbZG lässt sich hieraus nichts zugunsten der Beklagten ableiten.

27

3. Eine Erhöhung oder Verminderung des Umfangs des von § 6 Abs. 5 ArbZG geforderten Ausgleichs für Nachtarbeit kommt in Betracht, wenn Umstände im Zusammenhang mit der Erbringung der Arbeitsleistung vorliegen, die den regelmäßig angemessenen Wert von 25 % wegen der im Vergleich zum Üblichen niedrigeren oder höheren Belastung als zu gering oder zu hoch erscheinen lassen. Die Höhe des angemessenen Nachtarbeitszuschlags richtet sich nach der Gegenleistung, für die sie bestimmt ist (BAG 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 12).

28

a) Die Höhe des Zuschlags auf den Bruttolohn für geleistete Nachtarbeit oder die Anzahl bezahlter freier Tage kann sich erhöhen, wenn die Belastung durch die Nachtarbeit unter qualitativen (Art der Tätigkeit) oder quantitativen (Umfang der Nachtarbeit) Aspekten die normalerweise mit der Nachtarbeit verbundene Belastung übersteigt. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn ein Arbeitnehmer nach seinem Arbeitsvertrag bzw. nach entsprechender Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber dauerhaft in Nachtarbeit tätig wird („Dauernachtarbeit“). Bei der Erbringung der regulären Arbeitsleistung in Dauernachtarbeit ist deshalb regelmäßig ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % auf den Bruttostundenlohn bzw. die Gewährung einer entsprechenden Anzahl freier Tage als angemessen anzusehen (so im Ergebnis schon BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 5 der Gründe, BAGE 102, 309; 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - zu I 4 b aa der Gründe). Nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen erhöht sich die Belastung mit dem Umfang der geleisteten Nachtarbeit (vgl. bereits oben II 2 a). Hiervon geht erkennbar auch das ArbZG aus, da der Schutz für Nachtarbeitnehmer nach § 2 Abs. 5 bereits einsetzt, wenn diese „nur“ an 48 Tagen im Kalenderjahr Nachtarbeit leisten oder normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht leisten. Es liegt auf der Hand, dass der Arbeitnehmer, der ununterbrochen Nachtarbeit leistet, im Vergleich dazu einer deutlich höheren Belastung durch die Nachtarbeit unterliegt. Dies berücksichtigt die Revision nicht, wenn sie argumentiert, aufgrund der höheren Stundenanzahl würden insgesamt höhere Nachtarbeitszeitzuschläge gezahlt.

29

b) Hingegen kann nach § 6 Abs. 5 ArbZG ein geringerer Ausgleich erforderlich sein, wenn die Belastung durch die Nachtarbeit im Vergleich zum Üblichen geringer ist, weil zB in diese Zeit in nicht unerheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt(vgl. dazu zB BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 25; 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 12) oder es sich um nächtlichen Bereitschaftsdienst handelt, bei dem von vornherein von einer geringeren Arbeitsbelastung auszugehen ist (vgl. BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - BAGE 131, 215; 24. Februar 1999 - 4 AZR 62/98 - BAGE 91, 63). Nach der Art der Arbeitsleistung ist auch zu beurteilen, ob der vom Gesetzgeber mit dem Lohnzuschlag verfolgte Zweck, im Interesse der Gesundheit des Arbeitnehmers Nachtarbeit zu verteuern und auf diesem Weg einzuschränken, zum Tragen kommen kann oder in einem solchen Fall nur die mit der Nachtarbeit verbundene Erschwernis ausgeglichen werden kann (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu I 4 b der Gründe, BAGE 115, 372). Relevanz kann die letztgenannte Erwägung aber nur in den Fällen haben, in denen die Nachtarbeit aus zwingenden technischen Gründen oder aus zwingend mit der Art der Tätigkeit verbundenen Gründen bei wertender Betrachtung vor dem Hintergrund des Schutzzwecks des § 6 Abs. 5 ArbZG unvermeidbar ist. Auch in einem solchen Fall ist ein Zuschlag von 10 % aber regelmäßig die Untergrenze dessen, was als angemessen angesehen werden kann (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - aaO [Angehörige eines Rettungsdienstes]).

30

c) Rein wirtschaftliche Erwägungen sind nicht geeignet, eine Abweichung vom Regelwert nach unten zu begründen. Eine Wettbewerbsverzerrung ist in diesen Fällen ausgeschlossen, weil das gesetzliche Gebot des § 6 Abs. 5 ArbZG für alle betroffenen Unternehmen gilt. Ein Grund für die Reduzierung des Nachtarbeitszuschlags kann sich nach dem Normzweck auch nicht aus der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers oder einer Region ergeben (aA wohl BAG 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 17 [Berücksichtigung der Besonderheiten einer wirtschaftsschwachen Region]). Hiervon hängt der Gesundheitsschutz nicht ab. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass sich eine aus solchen Faktoren herrührende geringere Grundvergütung bereits indirekt auf die Höhe des Nachtarbeitszuschlags bzw. die Vergütungshöhe für bezahlte freie Tage auswirkt (vgl. dazu II 2 e aa).

31

d) Tarifvertragliche Ausgleichsregelungen sind für die Bestimmung der Angemessenheit des Ausgleichs nach § 6 Abs. 5 ArbZG nur nachrangig zu beachten. Der Ausgleich für Nachtarbeit ist nach dieser Bestimmung nur dann individual-rechtlich vorzunehmen, wenn nicht bereits kraft Tarifbindung oder arbeitsvertraglicher Bezugnahme ein Tarifvertrag Anwendung findet, der seinerseits Ausgleichsregelungen für Nachtarbeit enthält. Findet ein solcher auf das Arbeitsverhältnis hingegen keine Anwendung, scheidet ein unmittelbarer Rückgriff auch auf nach dem Geltungsbereich an sich einschlägige tarifliche Regelungen aus (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 4 a der Gründe, BAGE 102, 309). In vielen Fällen existiert in der jeweiligen Branche je nach Region oder tarifschließenden Parteien darüber hinaus eine Bandbreite unterschiedlicher Regelungen, die nach ihrem Grundkonzept nicht immer vergleichbar sind (vgl. auch die Tariföffnungsklauseln in § 7 ArbZG). In zahlreichen Tarifverträgen übersteigen die Zeiten zuschlagspflichtiger Nachtarbeit die Zeiten der Nachtarbeit gemäß § 2 Abs. 3 ArbZG und sind die tariflichen Nachtarbeitszuschläge nicht nur Nachtarbeitnehmern iSd. § 2 Abs. 5 Nr. 1 oder Nr. 2 ArbZG vorbehalten. Auch ist der Umstand zu berücksichtigen, dass es sich bei tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen - unabhängig von der Pflicht zur Einhaltung der Grenzen des § 6 Abs. 5 ArbZG(vgl. dazu zB BAG 12. Dezember 2012 - 10 AZR 192/11 -) - typischerweise um Teile eines „Gesamtpakets“ handelt, so dass die Höhe einer einzelnen Leistung für die Beurteilung der Angemessenheit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG nur begrenzt aussagekräftig ist. Deshalb können regelmäßig allenfalls repräsentative branchenmäßig einschlägige Tarifverträge als Orientierungshilfe herangezogen werden oder als Anhaltspunkt dienen, ohne aber die Höhe der Ausgleichsleistung zu determinieren (BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 25; 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - zu I 4 a der Gründe).

32

4. Der Arbeitnehmer, der einen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG begehrt, hat zur Schlüssigkeit der Klage zunächst darzulegen - und im Fall des Bestreitens zu beweisen -, dass er Nachtarbeitnehmer iSv. § 2 Abs. 5 ArbZG ist, in welchem Umfang er Nachtarbeit geleistet hat(§ 2 Abs. 4 ArbZG) und - als negatives Tatbestandsmerkmal -, dass keine tarifvertragliche Ausgleichsregelung besteht (vgl. zur Darlegungs- und Beweislast im Fall des Bestehens einer tariflichen Regelung, die der Arbeitnehmer für unzureichend hält BAG 12. März 2008 - 4 AZR 616/06 - Rn. 64).

33

Sind diese Tatbestandsvoraussetzungen unstreitig oder bewiesen, steht fest, dass dem Arbeitnehmer ein gesetzlicher Ausgleichsanspruch für geleistete Nachtarbeit zusteht. Es ist dann Sache des Arbeitgebers, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass er diesen gesetzlichen Anspruch des Arbeitnehmers erfüllt hat (§ 362 BGB). Dies umfasst auch die Darlegung der Tatsachen, die die Angemessenheit vom Arbeitgeber bereits erbrachter Leistungen, zB eines gezahlten Zuschlags, begründen sollen (so wohl auch BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 59, BAGE 148, 68; in diese Richtung schon BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 c bb der Gründe, BAGE 102, 309).

34

Im Hinblick auf die regelmäßig als angemessen angesehenen Werte von 25 % bzw. bei Dauernachtarbeit von 30 % ist von einer abgestuften Darlegungslast auszugehen: Gewährt der Arbeitgeber einen Ausgleich in diesem Umfang, genügt er damit zunächst seiner Darlegungslast und es ist kein weiterer Tatsachenvortrag zur Angemessenheit erforderlich. Vielmehr hat der Arbeitnehmer in einem solchen Fall im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast zu begründen, aus welchen Umständen sich ein höherer Anspruch ergeben soll. Bleibt der geleistete Ausgleich hingegen hinter diesen Werten zurück, ist es bereits im ersten Schritt Sache des Arbeitgebers darzulegen, aufgrund welcher Faktoren ein geringerer Zuschlagsanspruch angemessen sein soll (vgl. zu ähnlichen Systemen der abgestuften Darlegungslast: BAG 18. Juni 2014 - 10 AZR 699/13 - Rn. 40 ff., BAGE 148, 271 [ERA-Leistungsentgelt]; 18. November 2014 - 9 AZR 584/13 - Rn. 8 ff. [Arbeitszeugnis]; 29. April 2015 - 9 AZR 108/14 - Rn. 26 [sekundäre Darlegungslast des Arbeitgebers bei § 17 BBiG]). Bleiben danach für die Beurteilung der Angemessenheit relevante Tatsachen streitig, liegt die Beweislast für die den Erfüllungseinwand begründenden Tatsachen beim Arbeitgeber.

35

5. Ausgehend von diesen Grundsätzen erweist sich die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts als rechtsfehlerhaft und unterliegt der Aufhebung (§ 562 Abs. 1 ZPO).

36

a) Bei dem Merkmal „angemessen“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, bei dessen Anwendung dem Tatsachengericht ein Beurteilungsspielraum zukommt. Dieser ist vom Revisionsgericht nur darauf zu überprüfen, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist (st. Rspr., zuletzt zB BAG 21. Mai 2015 - 8 AZR 618/13 - Rn. 31; 21. Januar 2015 - 4 AZR 253/13 - Rn. 23). Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht stand.

37

b) Das Landesarbeitsgericht geht zwar vom zutreffenden Begriff der Angemessenheit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG aus. Die Berücksichtigung des von der Beklagten für Arbeit in der Zeit zwischen 21:00 Uhr und 23:00 Uhr gezahlten Zuschlags in Höhe von zuletzt 3,18 Euro brutto pro Stunde bei der Prüfung der Angemessenheit des für die Zeit zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr vom Kläger beanspruchten Nachtarbeitszuschlags ist aber widersprüchlich und rechtsfehlerhaft. Zwar geht das Landesarbeitsgericht zutreffend davon aus, dass diese Zuschläge nicht auf die Nachtarbeitsstunden gemäß § 2 Abs. 3 ArbZG umgerechnet werden können, da es sich um keine Leistung für die während der Nachtzeit erbrachte Arbeit handelt. Es fehlt ein hinreichender Bezug zur Nachtarbeit iSd. Arbeitszeitgesetzes, weil diese Zuschläge nicht auf das für die Nachtarbeit iSv. § 2 Abs. 3 ArbZG geschuldete Bruttoarbeitsentgelt gezahlt werden(vgl. BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 17, BAGE 131, 215; 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 102, 309), sondern auf Bruttoarbeitsentgelt für Stunden außerhalb dieser Zeit. Der Zuschlag wird nur für die in der Zeit von 21:00 Uhr bis 23:00 Uhr geleistete Arbeitsleistung gezahlt. Es spielt keine Rolle, ob im Anschluss daran Nachtarbeit iSv. § 2 Abs. 3 ArbZG geleistet wird oder ob es sich um einen Nachtarbeitnehmer iSd. § 2 Abs. 5 Nr. 2 ArbZG handelt. Dennoch will das Landesarbeitsgericht diese Zuschläge im Rahmen der Angemessenheitsprüfung zulagenmindernd berücksichtigen. Hierfür gibt es keine Grundlage. Dies gilt auch dann, wenn die Auffassung der Beklagten zuträfe, dass dieser „Spätarbeitszuschlag“ ähnlichen Zwecken diene wie der gesetzliche Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG. Ein Ausgleichszweck für Nachtarbeit iSd. § 2 Abs. 3 ArbZG wird durch diese Leistung nicht erreicht.

38

6. Der Senat kann gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden, da alle für die Beurteilung der Angemessenheit des Ausgleichs nach § 6 Abs. 5 ArbZG maßgeblichen Tatsachen festgestellt sind. Einer Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht bedarf es nicht (vgl. BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 16; 19. April 2012 - 2 AZR 258/11 - Rn. 16). Die Klage ist in vollem Umfang begründet.

39

a) Der Kläger ist Nachtarbeitnehmer iSv. § 2 Abs. 5 Nr. 2 iVm. § 2 Abs. 3 und Abs. 4 ArbZG. Er leistet an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr umfasst (§ 2 Abs. 4 ArbZG). Im Arbeitsverhältnis der Parteien gelten weder kraft Tarifbindung (§ 3 Abs. 1 TVG) noch aufgrund arbeitsvertraglicher Inbezugnahme tarifvertragliche Ausgleichsregelungen für die vom Kläger geleistete Nachtarbeit. Dies steht zwischen den Parteien nicht im Streit.

40

b) Der Kläger leistet Dauernachtarbeit, er erbringt nach der von der Beklagten bestimmten Lage der Arbeitszeit - unabhängig von Schwankungen bei Beginn und Ende der Arbeitszeit und ohne Berücksichtigung von Pausen - durchgängig Arbeit von mehr als zwei Stunden (§ 2 Abs. 4 ArbZG) in der gesetzlichen Nachtzeit. Er hat deshalb grundsätzlich einen Anspruch auf einen Ausgleich nach § 6 Abs. 5 ArbZG durch Gewährung eines Zuschlags iHv. 30 % auf seinen Bruttostundenlohn bzw. eine entsprechende Anzahl bezahlter freier Tage nach Wahl der Beklagten für die während der gesetzlichen Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden. Gründe für eine Verminderung der Höhe des Ausgleichsanspruchs bestehen nicht.

41

aa) Aus der Art der Tätigkeit des Klägers als Lkw-Fahrer im Nachtverkehr ergeben sich keine Anhaltspunkte für die Annahme, seine Belastung sei geringer als diejenige eines anderen Arbeitnehmers, der Dauernachtarbeit leistet. Zeiten minderer Beanspruchung fallen nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht an. Dass Dauernachtarbeit als Lkw-Fahrer eine besondere Belastung darstellt, wird durch die Bestimmungen der „Richtlinie 2002/15/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2002 zur Regelung der Arbeitszeit von Personen, die Fahrtätigkeiten im Bereich des Straßentransports ausüben“ bestätigt. Während die Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG zwar die Gesundheitsgefährdung durch Nachtarbeit benennt, ohne aber die Mitgliedstaaten zur Gewährung eines Ausgleichs zu verpflichten, sieht Art. 7 Abs. 1 der RL 2002/15/EG eine solche Verpflichtung vor. Daraus lässt sich die unionsrechtliche Wertung entnehmen, dass die Nachtarbeit bei Fahrpersonal als besonders belastend angesehen wird (vgl. auch die Erwägungsgründe 11 und 12 der RL 2002/15/EG). Dem ist bei der Auslegung des § 6 Abs. 5 ArbZG Rechnung zu tragen.

42

bb) Entgegen der Auffassung der Revision handelt es sich bei der Tätigkeit des Klägers nicht um eine Arbeitsleistung, die zwingend in der Nacht erfolgen muss und bei der der mit dem Zuschlag verfolgte Zweck, die Nachtarbeit im Interesse der Gesundheit des Arbeitnehmers zu verteuern, deshalb nicht zum Tragen kommt (vgl. dazu oben II 3 b).

43

(1) Es ist weder aus technischen Gründen zwingend erforderlich, dass der Kläger seine Fahrtätigkeit nachts erbringt, noch ergibt sich aus der Art der Tätigkeit ein solcher Zwang. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht das unternehmerische Konzept der Beklagten, das die Nachtarbeit des Klägers beinhaltet, berücksichtigt und damit eine Reduzierung des Ausgleichsanspruchs begründet. Dabei kann zugunsten der Beklagten deren - vom Kläger bestrittene - Behauptung unterstellt werden, dass eine vollständige Durchführung der Transporte außerhalb der gesetzlichen Nachtzeit zu Laufzeitverlängerungen führen würde, deshalb bestimmte Zustellzeiten nicht garantiert und bestimmte Leistungen dann nicht angeboten werden könnten. Ebenso kann unterstellt werden, dass am Markt eine Nachfrage nach entsprechenden kurzfristigen Zustellzeiten besteht. Dabei handelt es sich aber insgesamt um rein wirtschaftliche Erwägungen, die - anders als beispielsweise im Fall der Tätigkeit der Angehörigen eines Rettungsdienstes in der Nachtzeit (vgl. dazu BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu I 4 b der Gründe, BAGE 115, 372) - keine Unvermeidbarkeit der Nachtarbeit im og. Sinn begründen können.

44

(2) Ein solches Verständnis des § 6 Abs. 5 ArbZG stellt keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Rechte der Beklagten aus Art. 12 Abs. 1 GG dar.

45

(a) Die gesetzliche Verpflichtung, unabhängig von den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen aus Gründen des Gesundheitsschutzes an Nachtarbeitnehmer bestimmte Nachtarbeitszuschläge zu zahlen bzw. eine bestimmte Anzahl freier Tage zu gewähren, lässt das Recht der Beklagten, Nachtarbeit anzuordnen und entsprechende Leistungen am Markt anzubieten, unberührt. Damit handelt es sich (nur) um eine Berufsausübungsregelung (vgl. dazu zB BAG 15. März 2005 - 9 AZR 104/04 - BAGE 114, 70). Solche Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit müssen durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sein. Dabei reichen grundsätzlich vernünftige Gründe des Allgemeinwohls aus. Es gelten die Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, dh. der Eingriff muss zur Erreichung des Eingriffsziels geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne sein (st. Rspr., vgl. zuletzt zB BVerfG 2. März 2010 - 1 BvR 256/08 ua. - Rn. 297, BVerfGE 125, 260).

46

(b) Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Eingriff dient dem Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer bei Nachtarbeit und damit einem legitimen, verfassungsrechtlich gebotenen Ziel (BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82, 1 BvL 16/83, 1 BvL 10/91 - zu C III 3 der Gründe, BVerfGE 85, 191). Die gesetzliche Regelung ist in der hier gefundenen Auslegung geeignet, zur Erreichung dieses Ziels beizutragen, indem die durch Nachtarbeit entstehenden Belastungen entweder unmittelbar vermindert werden oder zumindest mittelbar auf ihre Reduzierung hingewirkt wird. Sie ist erforderlich. Ein die Interessen der Beklagten weniger beeinträchtigendes Mittel zur Erreichung des Ziels ist nicht erkennbar. Ungeeignet wäre insbesondere die von der Beklagten angestrebte Verminderung des Ausgleichsanspruchs, da die Anreizwirkung zur Vermeidung von Nachtarbeit dann kaum mehr vorhanden wäre und gleichzeitig bei geleisteter Nachtarbeit kein die Belastungen angemessen abbildender Ausgleich gewährt würde. Auch die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn ist gewahrt. Die Belastung erreicht kein solches Maß, dass die Möglichkeit der Beklagten, auf dem Markt zu wirtschaftlichen Bedingungen ihre Dienstleistungen anzubieten, auch nur annähernd beeinträchtigt wäre. Weder hat sie hierfür Anhaltspunkte vorgetragen noch sind solche erkennbar. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass § 6 Abs. 5 ArbZG gleichermaßen für alle Unternehmen gilt, die zur Erbringung ihres Angebots am Markt Nachtarbeit ihrer Arbeitnehmer für erforderlich halten.

47

c) Den mit der Klage geltend gemachten Anspruch hat die Beklagte durch die Gewährung eines Nachtzuschlags iHv. zuletzt 3,18 Euro brutto pro Stunde (20 % des Bruttostundenlohns) nicht vollständig erfüllt.

48

aa) Der arbeitsvertraglich vereinbarte und zuletzt iHv. 15,90 Euro gezahlte Stundenlohn enthält keinen Zuschlag für die vom Kläger geleistete Nachtarbeit.

49

(1) Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass die Arbeitsvertragsparteien auf eine gesonderte Zuschlagsregelung verzichten und stattdessen den Grundlohn wegen der vereinbarten Nachtarbeit entsprechend erhöhen. Von einer derartigen pauschalen Abgeltung des Nachtarbeitszuschlags kann jedoch nur ausgegangen werden, wenn der Arbeitsvertrag konkrete Anhalte für eine Pauschalierung enthält. Hierfür ist regelmäßig erforderlich, dass in dem Arbeitsvertrag zwischen der Grundvergütung und dem (zusätzlichen) Nachtarbeitszuschlag unterschieden wird; jedenfalls muss ein Bezug zwischen der zu leistenden Nachtarbeit und der Lohnhöhe hergestellt sein (so bereits BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 b der Gründe mwN, BAGE 102, 309; zu tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen vgl. zB BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 54, BAGE 148, 68; 12. Dezember 2012 - 10 AZR 192/11 - Rn. 14).

50

(2) Hierfür fehlen jegliche Anhaltspunkte. Der Stundenlohn ist nach dem Arbeitsvertrag unabhängig von der konkret zugewiesenen Tätigkeit und insbesondere unabhängig davon zu zahlen, ob der Kläger zu Tag- oder Nachtarbeit eingeteilt wird. Der Kläger wurde auch nicht ausschließlich für Nachtarbeiten bzw. -fahrten eingestellt, sondern in § 1 Ziff. 1 Satz 2 des Arbeitsvertrags hat er lediglich die „Bereitschaft zur Sonn- u. Feiertags- und Nachtarbeit“ erklärt. Nach dem Vortrag der Beklagten sind zwar 90 % der Kraftfahrer zu Nachtzeiten beschäftigt. Jedoch differenziert die Beklagte hinsichtlich der Lohnhöhe nicht zwischen Kraftfahrern, die zu Tag- oder Nachtzeiten eingesetzt werden, sondern alle Fahrer erhalten denselben Stundenlohn (zur Differenzierung zwischen vergleichbaren nachtarbeits- und nicht nachtarbeitsgeprägten Tätigkeiten BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 22).

51

bb) Ebenso wenig kann der von der Beklagten für die Zeit von 21:00 Uhr bis 23:00 Uhr gezahlte Zuschlag iHv. zuletzt 20 % des Bruttostundenlohns auf die Zeiten der Nachtarbeit iSv. § 2 Abs. 3 ArbZG „umgelegt“ oder angerechnet werden. Wie bereits dargelegt (vgl. II 5 b), fehlt hinsichtlich dieser Zuschläge ein hinreichender Bezug zur Nachtarbeit, sie werden nicht auf das für die Nachtarbeit geschuldete Bruttoarbeitsentgelt gezahlt (vgl. BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 17, BAGE 131, 215; 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 102, 309), sondern auf Bruttoarbeitsentgelt für Stunden außerhalb dieser Zeit.

52

d) Für die Zeit ab dem 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 hat die Beklagte ihr Wahlrecht nach § 6 Abs. 5 ArbZG ausgeübt und damit für diesen Zeitraum die Ausgleichsleistung auf einen Zahlungsanspruch des Klägers konkretisiert.

53

aa) Nach § 6 Abs. 5 ArbZG kann der Arbeitgeber wählen, ob er den Ausgleichsanspruch durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder durch eine Kombination von beidem erfüllt. Die gesetzlich begründete Wahlschuld (§ 262 BGB) konkretisiert sich auf eine der geschuldeten Leistungen, wenn der Schuldner das ihm zustehende Wahlrecht nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ausübt (BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 51, BAGE 148, 68; 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 15 mwN).

54

bb) Das Wahlrecht nach § 6 Abs. 5 ArbZG steht dem Arbeitgeber dabei grundsätzlich für jede Entgeltzahlungsperiode, typischerweise also kalendermonatlich neu zu. Zwar geht die gesetzliche Konzeption der Wahlschuld nach §§ 262 ff. BGB als Regelfall davon aus, dass das Wahlrecht einmalig ausgeübt wird, die Wahl verbindlich ist (MüKoBGB/Krüger 6. Aufl. § 263 Rn. 4) und das Schuldverhältnis insgesamt rückwirkend gestaltet (vgl. § 263 Abs. 2 BGB). Die Bestimmungen beziehen sich allerdings auf den Fall einer einmalig geschuldeten Leistung. Die erstmalig ausgeübte Wahl in einem Dauerschuldverhältnis, in dem ein Leistungsanspruch als Wahlschuld immer wieder neu entsteht, kann deshalb keine Bindungswirkung über den einmaligen Anspruch hinaus entfalten. So ist die Situation beim gesetzlichen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG: Dieser entsteht jeweils neu, wenn vom Arbeitnehmer ausgleichspflichtige Nachtarbeitsstunden erbracht werden. Der Arbeitgeber ist dann verpflichtet, zu wählen, ob er - regelmäßig mit der Vergütung für den jeweiligen Lohnabrechnungszeitraum - einen finanziellen Ausgleich leistet oder ob er Freizeitausgleich gewähren will. Hat der Arbeitgeber sein Wahlrecht ausgeübt, ist er hieran nach § 263 Abs. 2 BGB gebunden und kann die Wahl für diesen Zeitraum nicht mehr ändern(vgl. auch BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 51, BAGE 148, 68).

55

cc) Dieses Wahlrecht kann vertraglich abbedungen werden und die Vertragsparteien können sich bereits dauerhaft auf eine Variante des Ausgleichs festlegen (vgl. zB BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 21, BAGE 131, 215). Ebenso ist eine spätere, ggf. konkludente vertragliche Vereinbarung über die Form des Ausgleichs möglich. Die Annahme einer konkludenten Vereinbarung setzt aber Umstände voraus, die über die bloße (auch mehrmalige) Ausübung des Wahlrechts in eine Richtung hinausgehen (vgl. zum Direktionsrecht zuletzt zB BAG 10. Dezember 2014 - 10 AZR 63/14 - Rn. 15 mwN). In Betracht kommt auch, dass der Arbeitgeber aus kollektiv-rechtlichen Gründen zu einer bestimmten Art des Ausgleichs verpflichtet ist. Das Wahlrecht selbst unterliegt der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 und Nr. 10 BetrVG(BAG 26. April 2005 - 1 ABR 1/04 - zu B II 2 a bb der Gründe, BAGE 114, 272; grundlegend bereits BAG 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - BAGE 86, 249).

56

dd) Nach diesen Grundsätzen hat die Beklagte für die Zeit bis zum 31. März 2014 ihr Wahlrecht dadurch ausgeübt, dass sie als Ausgleich für geleistete Nachtarbeit jeweils ausschließlich Zuschläge zum Bruttostundenlohn geleistet hat. Weder hat sie Freizeitausgleich gewährt noch sich für eine Kombination aus Geldleistungen und Freizeitausgleich entschieden. An diese Wahl über die Art des Ausgleichs ist sie gebunden, auch wenn die Zuschläge in zu geringer Höhe gezahlt wurden.

57

e) Für die Zeit ab dem 1. April 2014 ist die Beklagte verpflichtet, dem Kläger für die von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % des Bruttostundenlohns zu zahlen oder ihm wahlweise für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden zwei bezahlte freie Tage zu gewähren. Zur Ausübung des Wahlrechts sind für die nach Ende der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht liegenden Zeiträume keine Feststellungen getroffen, so dass von dessen Fortbestand auszugehen ist. Hinsichtlich des Umfangs des Anspruchs auf bezahlte freie Tage ist gemäß § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO vom klägerischen Antrag auszugehen, auch wenn dieser keinem wertgleichen Ausgleich entspricht.

58

III. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

        

    Linck    

        

    Schlünder    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

    Klein    

        

    Großmann    

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 7. Dezember 2016 - 3 Sa 43/16 - wird zurückgewiesen.

2. Auf die Revision der Klägerin wird - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen - das Urteil des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 7. Dezember 2016 - 3 Sa 43/16 - teilweise aufgehoben und die Beklagte weiter verurteilt, an die Klägerin weitere 480,50 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 43,15 Euro seit dem 8. Februar 2015, aus 23,84 Euro seit dem 8. März 2015, aus 37,85 Euro seit dem 8. April 2015, aus 17,09 Euro seit dem 8. Mai 2015, aus 37,02 Euro seit dem 8. Juni 2015, aus 41,83 Euro seit dem 8. Juli 2015, aus 37,40 Euro seit dem 8. August 2015, aus 6,81 Euro seit dem 8. September 2015, aus 27,52 Euro seit dem 8. Oktober 2015, aus 40,96 Euro seit dem 8. November 2015, aus 35,27 Euro seit dem 8. Dezember 2015, aus 36,79 Euro seit dem 8. Januar 2016, aus 5,59 Euro seit dem 8. Februar 2016, aus 28,69 Euro seit dem 8. März 2016, aus 37,09 Euro seit dem 8. April 2016 und aus 23,60 Euro seit dem 8. Mai 2016 zu zahlen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 87 % und die Beklagte 13 % zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Differenzvergütung und dabei insbesondere darüber, ob die Klägerin nur den abgesenkten gesetzlichen Mindestlohn nach § 24 Abs. 2 MiLoG beanspruchen kann, eine Vertretungsprämie mindestlohnwirksam ist sowie die Höhe des Nachtarbeitszuschlags.

2

Die Klägerin ist seit dem 1. August 2013 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Zeitungszustellerin beschäftigt. Arbeitsvertraglich vereinbart ist eine Vergütung auf Stücklohnbasis. Daneben zahlte die Beklagte einen Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 25 % auf den Stücklohn sowie eine Vertretungsprämie, sofern die Klägerin neben den ihr zugewiesenen (vier) Zustellbezirken die Vertretung in einem weiteren Zustellbezirk übernahm.

3

Im Streitzeitraum Januar 2015 bis April 2016 arbeitete die Klägerin ausschließlich und mehr als zwei Stunden zur Nachtzeit (§ 2 Abs. 3 ArbZG). Dabei trug sie die Tageszeitung „Weserkurier“ aus, ferner den „Kurier der Woche“, der aus zweitverwerteten Artikeln des Weserkuriers und Werbung besteht. Zur Zustelltätigkeit der Klägerin gehörte auch die Publikation „Werder Heimspiel“, die Dauerkartenbesitzer vor einem Bundesliga-Heimspiel des SV Werder Bremen erhalten.

4

Mit ihrer am 12. August 2015 anhängig gemachten und mehrfach - zuletzt in der Berufungsinstanz - erweiterten Klage hat die Klägerin Differenzvergütung geltend gemacht und gemeint, sie habe seit dem 1. Januar 2015 Anspruch auf den vollen gesetzlichen Mindestlohn. Die Übergangsregelung für Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG, zudem lägen die Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 Satz 3 MiLoG nicht vor. Sie sei arbeitsvertraglich nicht ausschließlich zur Zustellung der dort genannten Produkte, sondern auch zum Austragen von Anzeigenblättern, Briefen und Werbematerialien verpflichtet. Der „Kurier der Woche“ sei nur ein scheinbares Anzeigenblatt ohne nennenswerten redaktionellen Inhalt, das „Werder Heimspiel“ keine periodische Zeitschrift. Die Vertretungsprämie sei nicht auf den Mindestlohn anrechenbar, weil sie nicht die Normalleistung abdecke, sondern die Übernahme von Mehrarbeit und die besondere Flexibilität der Klägerin honoriere. Schließlich sei der Nachtarbeitszuschlag auf der Basis des vollen gesetzlichen Mindestlohns zu berechnen und müsse wegen ihrer Dauernachtarbeit 30 % betragen.

5

Die Klägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 5.244,58 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter Staffelung zu zahlen.

6

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, die Klägerin könne aufgrund ihrer tatsächlichen Tätigkeit als Zeitungszustellerin nur den abgesenkten Mindestlohn nach § 24 Abs. 2 MiLoG beanspruchen, den sie erhalten habe. Die Vertretungsprämie erfülle den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn mit. Der Nachtarbeitszuschlag sei wie arbeitsvertraglich vereinbart zu berechnen, lege man den - abgesenkten - Mindestlohn zugrunde, sei ein Zuschlag von 10 % angemessen.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klägerin als weiteren Mindestlohn für den Monat Mai 2015 65,37 Euro brutto nebst Zinsen zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufungen beider Parteien hat das Landesarbeitsgericht - unter Zurückweisung der Berufungen im Übrigen - der Klägerin insgesamt 236,74 Euro brutto nebst Zinsen als weiteren Nachtarbeitszuschlag zuerkannt. Mit der vom Landesarbeitsgericht für beide Parteien zugelassenen Revision hält die Klägerin an ihrem weitergehenden Klageantrag fest, während die Beklagte die vollständige Klageabweisung begehrt.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Klägerin ist begründet, soweit sie die prozentuale Höhe des Nachtarbeitszuschlags angreift. Im Übrigen sind ihre Revision und die der Beklagten unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin im Streitzeitraum nur den abgesenkten Mindestlohn nach § 24 Abs. 2 MiLoG beanspruchen kann, die gezahlte Vertretungsprämie mindestlohnwirksam und Grundlage für den Zuschlag nach § 6 Abs. 5 ArbZG der gesetzliche Mindestlohn ist, sofern die Arbeitsvertragsparteien keine höhere Vergütung vereinbart haben. Rechtsfehlerhaft ist lediglich die Annahme, im Streitfall sei ein Nachtarbeitszuschlag von 25 % und nicht ein solcher von 30 % angemessen.

9

I. Die Klägerin hat als Zeitungszustellerin für geleistete Arbeit im streitgegenständlichen Zeitraum nach § 24 Abs. 2 Satz 1 MiLoG lediglich Anspruch auf 75 % des Mindestlohns nach § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG und ab 1. Januar 2016 auf 85 % hiervon (zum Mindestlohn als Geldfaktor bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall: vgl. BAG 6. Dezember 2017 - 5 AZR 699/16 - Rn. 17; 20. September 2017 - 10 AZR 171/16 - Rn. 24, jeweils mwN). Den Anspruch der Klägerin auf diesen abgesenkten Mindestlohn hat die Beklagte mit ihren Zahlungen vollständig erfüllt (§ 362 Abs. 1 BGB), denn auch die der Klägerin gewährte Vertretungsprämie ist mindestlohnwirksam, dh. geeignet, den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn zu erfüllen.

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1. Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller sind nach der Legaldefinition des § 24 Abs. 2 Satz 3 MiLoG Personen, die in einem Arbeitsverhältnis ausschließlich periodische Zeitungen oder Zeitschriften an Endkunden zustellen; dies umfasst auch Zustellerinnen und Zusteller von Anzeigenblättern mit redaktionellem Inhalt. Diese Voraussetzungen lagen bei der Klägerin im Streitzeitraum vor.

11

a) Ob Beschäftigte Zeitungszustellerin oder Zeitungszusteller iSd. § 24 Abs. 2 Satz 3 MiLoG sind, richtet sich nach der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit und nicht nach den arbeitsvertraglich (auch) geschuldeten Tätigkeiten, sofern und solange der Arbeitgeber im Rahmen seines Weisungsrechts(§ 106 GewO) von den vertraglich eröffneten Möglichkeiten keinen Gebrauch macht.

12

aa) Der Wortlaut des § 24 Abs. 2 Satz 3 MiLoG stellt ab auf „Personen, die in einem Arbeitsverhältnis (…) zustellen“. Maßgeblich ist danach - verdeutlicht durch das Verb „zustellen“ - die tatsächliche Tätigkeit des Beschäftigten, nicht seine arbeitsvertragliche Verpflichtung (im Ergebnis wie hier: HK-MiLoG/Jerchel/Trümmer 2. Aufl. § 24 Rn. 43; ErfK/Franzen 18. Aufl. § 24 MiLoG Rn. 3; unklar Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 24 Rn. 69). Ein Rückgriff auf den Arbeitsvertrag und die dort vereinbarten Tätigkeiten des jeweiligen Zustellers als Anknüpfungspunkt fehlt; es wird lediglich - wegen des persönlichen Anwendungsbereichs nach § 22 Abs. 1 Satz 1 MiLoG an sich überflüssig - ein Arbeitsverhältnis als Grundlage der Zustellung verlangt.

13

bb) Das Abstellen auf die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit entspricht der Gesamtsystematik des Mindestlohngesetzes. Der Anspruch auf den Mindestlohn entsteht gemäß § 1 Abs. 2 iVm. §§ 20, 1 Abs. 1 MiLoG mit und für jede geleistete Arbeitsstunde, nicht jedoch für Zeiten ohne Arbeitsleistung(BAG 25. Mai 2016 - 5 AZR 135/16 - Rn. 19 mwN, BAGE 155, 202; seither st. Rspr., vgl. 6. Dezember 2017 - 5 AZR 699/16 - Rn. 15 ff.).

14

cc) Damit ist es entgegen der Auffassung der Klägerin unerheblich, dass ihr nach den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen auch die Zustellung etwa von Briefen oder Werbeprospekten hätte angewiesen werden können. Von dieser Möglichkeit hat die Beklagte im Streitzeitraum unstreitig nicht Gebrauch gemacht.

15

b) Die Klägerin hat im Streitzeitraum ausschließlich Presseerzeugnisse der in § 24 Abs. 2 Satz 3 MiLoG genannten Art zugestellt.

16

aa) Dass der „Weserkurier“ eine periodisch erscheinende Tageszeitung ist, stellt die Klägerin nicht in Abrede.

17

bb) Der „Kurier der Woche“ besteht nach den nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts aus Werbeprospekten, die von zweitverwerteten Artikeln des „Weserkuriers“ ummantelt werden. Ob er damit - wie das Landesarbeitsgericht meint - ein Anzeigenblatt mit redaktionellem Inhalt ist, kann dahingestellt bleiben. Denn anderenfalls handelte es sich um eine Wochenzeitung mit beigelegten Werbeprospekten. Für die von § 24 Abs. 2 Satz 3 MiLoG verlangte Ausschließlichkeit ist es nach zutreffender einhelliger Auffassung im Schrifttum unschädlich, wenn einer zuzustellenden Zeitung Werbebeilagen bereits maschinell „eingeschossen“ oder von Dritten eingelegt sind, streitig ist lediglich, ob das Bestücken der Zeitung mit Werbebeilagen durch den Zusteller selbst dem Ausschließlichkeitsprinzip entgegensteht(bejahend etwa: Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 24 Rn. 67; MüKoBGB/Müller-Glöge 7. Aufl. § 24 MiLoG Rn. 2; aA Pötters in Thüsing 2. Aufl. § 24 MiLoG Rn. 15; ErfK/Franzen 18. Aufl. § 24 MiLoG Rn. 3; Umgehungspotential befürchtend HK-MiLoG/Jerchel/Trümmer 2. Aufl. § 24 Rn. 39, 84). Dass sie Werbeprospekte oder Werbebeilagen in den „Kurier der Woche“ habe einlegen müssen, hat die Klägerin nicht behauptet.

18

cc) Für den Begriff der Zeitung iSd. § 24 Abs. 2 Satz 3 MiLoG ist es des Weiteren nicht konstitutiv, dass der redaktionelle Inhalt „neu“ oder „aktuell“ ist. Ein solches Erfordernis enthält die Norm - anders als etwa die für die Zulässigkeit von Sonn- und Feiertagsarbeit verlangte Tagesaktualität in § 10 Abs. 1 Nr. 8 ArbZG - nicht. Eine Wochenzeitung kann deshalb auch aus zweitverwerteten Artikeln einer Tageszeitung bestehen. Soweit die Klägerin erstmals in der Revisionsinstanz die Periodizität des „Kuriers der Woche“ in Frage stellen will, handelt es sich dabei um neues - noch dazu unsubstantiiertes - Vorbringen, das in der Revisionsinstanz nicht berücksichtigt werden kann (§ 559 ZPO).

19

dd) Die Publikation „Werder Heimspiel“ ist ein (Fußball-)Magazin, das zu jedem Heimspiel des SV Werder Bremen erscheint. Rechtlich handelt es sich - was die Klägerin insoweit nicht in Abrede stellt - um eine Zeitschrift, die nicht nur Dauerkartenbesitzern, sondern jedermann zugänglich ist und die entgegen der Auffassung der Klägerin auch periodisch iSd. § 24 Abs. 2 Satz 3 MiLoG erscheint. Dies ist bei einer Druckschrift der Fall, wenn eine bestimmte Zahl von Zeitungs- oder Zeitschriftennummern regelmäßig innerhalb eines bestimmten Zeitraums, der längstens ein Jahr betragen darf, erscheint und nicht nur gelegentlich publiziert werden soll (BGH 20. September 2012 - I ZR 116/11 - Rn. 32; Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 24 Rn. 63). Das „Werder Heimspiel“ ist nach seiner Aufmachung und der bisherigen Praxis nicht nur auf gelegentliche Publikation angelegt, sondern auf regelmäßiges Erscheinen zu den Heimspielen des SV Werder Bremen. Bei 18 in der ersten Fußballbundesliga spielenden Vereinen ergeben sich 17 Heimspiele in der Hin- und Rückrunde und damit 17 Nummern jährlich.

20

2. § 24 Abs. 2 MiLoG verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG(so auch die überwiegende Auffassung im Schrifttum, vgl. etwa Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 24 Rn. 52 ff.; HWK/Sittard 8. Aufl. § 24 MiLoG Rn. 8; Schaub ArbR-HdB/Vogelsang 17. Aufl. § 66 Rn. 20; MHdB ArbR/Krause 4. Aufl. § 61 Rn. 9; aA etwa HK-MiLoG/Jerchel/Trümmer 2. Aufl. § 24 Rn. 83; Barczak/Pieroth Mindestlohnausnahme für Zeitungszusteller? 2014 S. 115 ff.; eine Verfassungsbeschwerde gegen die Übergangsregelung des § 24 Abs. 2 MiLoG hat das Bundesverfassungsgericht wegen unzureichender Begründung nicht zur Entscheidung angenommen, vgl. BVerfG 25. Juni 2015 - 1 BvR 20/15 -).

21

a) Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Das hieraus folgende Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen. Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt grundsätzlich ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (BVerfG 10. April 2018 - 1 BvL 11/14 ua. - Rn. 94 f., st. Rspr.).

22

Bei zeitlich begrenzten Übergangsvorschriften hat der Gesetzgeber eine besondere Gestaltungsfreiheit (BVerfG 12. Februar 2003 - 2 BvL 3/00 - zu C IV 3 b aa der Gründe, BVerfGE 107, 218) und verfügt über einen weiten Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum, wenn er die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Freiheit, das Entgelt für berufliche Leistungen einzelvertraglich zu vereinbaren, durch zwingendes Gesetzesrecht begrenzt, um sozialen oder wirtschaftlichen Ungleichgewichten entgegenzuwirken, insbesondere Schutzvorschriften zugunsten des typischerweise unterlegenen Vertragsteils vorsieht. Dabei liegt die Einschätzung der für die Konfliktlage maßgeblichen ökonomischen und sozialen Rahmenbedingungen in der politischen Verantwortung des Gesetzgebers, ebenso die Vorausschau auf die künftige Entwicklung und die Wirkung seiner Regelung. Dasselbe gilt für die Bewertung der Interessenlage, wozu er die einander entgegenstehenden Belange hinsichtlich ihrer Schutzbedürftigkeit gewichten muss (vgl. BVerfG 23. Oktober 2013 - 1 BvR 1842/11, 1 BvR 1 BvR 1843/11 - Rn. 70, BVerfGE 134, 204; 29. Juni 2016 - 1 BvR 1015/15 - Rn. 64, BVerfGE 142, 268). Dabei ist die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers im Rahmen von Übergangsvorschriften umso größer, je geringfügiger die Ungleichheit nach Dauer oder Höhe ist (vgl. BVerfG 19. April 1977 - 1 BvL 17/75 - zu II 1 der Gründe, BVerfGE 44, 283; 12. Februar 2003 - 2 BvL 3/00 - zu C IV 3 b aa der Gründe, BVerfGE 107, 218).

23

b) Gemessen daran hat der Gesetzgeber mit der vorübergehenden Ungleichbehandlung der Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller durch die Übergangsregelung des § 24 Abs. 2 MiLoG, die auf Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales aufgenommen wurde, nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen.

24

aa) Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das Grundrecht der Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, in dessen Schutzbereich auch der Vertrieb von Presseprodukten, etwa die Botenzustellung von Zeitungen, fällt(BVerfG 29. April 2003 - 1 BvR 62/99 - zu II 2 b der Gründe, BVerfGK 1, 136), die Übergangsregelung tatsächlich geboten hat (krit. etwa: Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 24 Rn. 53 f.; Pötters in Thüsing 2. Aufl. § 24 MiLoG Rn. 11; HK-MiLoG/Jerchel/Trümmer 2. Aufl. § 24 Rn. 67 ff.; sh. zum generellen Verlangen einer Ausnahme vom Mindestlohn für die Zeitungszustellung: die Rechtsgutachten Di Fabio, Mindestlohn und Pressefreiheit [2014] sowie Degenhart, Pressefreiheit als Vertriebsfreiheit [2013]) oder sie lediglich Ausdruck der besonderen Wertschätzung der freien Presse ist, die diese in den Gesetzgebungsorganen genießt (so MüKoBGB/Müller-Glöge 7. Aufl. § 24 MiLoG Rn. 2). Denn jedenfalls hat der Gesetzgeber mit § 24 Abs. 2 MiLoG die ihm bei Übergangsregelungen eingeräumten Spielräume nicht überschritten.

25

bb) Seine Einschätzung, eine „stufenweise Einphasung“ des Mindestlohns für den Bereich der Zustellung von Presseerzeugnissen sei geeignet und erforderlich zur Sicherung der Pressefreiheit, weil die mit der Einführung des Mindestlohns einhergehenden Mehrkosten insbesondere in ländlichen und strukturschwachen Regionen die Trägerzustellung beeinträchtigen (BT-Drs. 18/2010 [neu] S. 25), liegt innerhalb des ihm zustehenden weiten Beurteilungsspielraums (ähnlich: Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 24 Rn. 58; MHdB ArbR/Krause 4. Aufl. § 61 Rn. 9; HWK/Sittard 8. Aufl. § 24 MiLoG Rn. 8) und seiner politischen Verantwortung für die prognostizierte Wirkung einer übergangslosen Einführung des vollen Mindestlohns in diesem Bereich. Die Annahme des Gesetzgebers, der für die übrigen Wirtschaftszweige in § 24 Abs. 1 MiLoG eröffnete Weg, über bundesweite, nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz erstreckte Tarifverträge vorübergehend vom Mindestlohn abzuweichen, sei wegen der besonderen Beschäftigten- und Entgeltstrukturen im Bereich der Zeitungszustellung nicht gangbar, jedenfalls nicht sachgerecht(BT-Drs. 18/2010 [neu] S. 25), ist ein einleuchtender Sachgrund für die Differenzierung zwischen allgemeiner (§ 24 Abs. 1 MiLoG) und besonderer (§ 24 Abs. 2 MiLoG) Übergangsregelung (im Ergebnis ebenso: Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 24 Rn. 57; MHdB ArbR/Krause 4. Aufl. § 61 Rn. 9; krit. Bayreuther NZA 2014, 865, 872; abl. HK-MiLoG/Jerchel/Trümmer 2. Aufl. § 24 Rn. 79).

26

cc) Die getroffene Übergangsregelung ist angemessen und auf einen relativ kurzen Zeitraum angelegt. Sie hat wegen der - nach § 9 Abs. 1 Satz 1 MiLoG zu erwartenden - Anhebung des vollen Mindestlohns zum 1. Januar 2017 insgesamt drei Jahre angedauert. Innerhalb dieses Zeitraums hat sich zudem die Entgeltdifferenz jährlich vermindert. Der abgesenkte Mindestlohn für Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller betrug 2015 75 %, 2016 85 % und 2017 96 % des vollen Mindestlohns. Der Gesetzgeber hat damit in einem überschaubaren Zeitraum in deutlichen Schritten eine Angleichung des Mindestlohns für Zeitungszusteller an den allgemeinen Mindestlohn vorgenommen. Die vorgenommene Differenzierung erweist sich deshalb im Ergebnis auch als verhältnismäßig im engeren Sinn und somit als verfassungskonform.

27

3. Den Anspruch der Klägerin auf den Mindestlohn nach § 24 Abs. 2 Satz 1 MiLoG und dessen Berücksichtigung als Geldfaktor bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall(§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 EFZG) hat die Beklagte - auch aus Sicht der Klägerin - mit ihren im Streitzeitraum geleisteten Zahlungen erfüllt, sofern die im Streitzeitraum gezahlte Vertretungsprämie mindestlohnwirksam ist. Das ist entgegen der Auffassung der Klägerin der Fall.

28

a) Mindestlohnwirksam, dh. geeignet den Mindestlohnanspruch zu erfüllen, sind alle im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis erbrachten Entgeltzahlungen mit Ausnahme der Zahlungen, die der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf eine tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erbringt oder die auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung (zB § 6 Abs. 5 ArbZG)beruhen (st. Rspr. seit BAG 25. Mai 2016 - 5 AZR 135/16 - Rn. 32, BAGE 155, 202; zuletzt BAG 17. Januar 2018 - 5 AZR 69/17 - Rn. 16 mwN; zum Streitstand zwischen „Entgelttheorie“ und „Normalleistungstheorie“ im Schrifttum sh. nur Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 1 Rn. 106 ff.; MüKoBGB/Müller-Glöge 7. Aufl. § 1 MiLoG Rn. 22 f., jeweils mwN). Dies beruht darauf, dass der Mindestlohn nach § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG „je Zeitstunde“ festgesetzt ist und das Gesetz den Anspruch nicht von der zeitlichen Lage der Arbeit oder den mit der Arbeitsleistung verbundenen Umständen oder Erfolgen abhängig macht. Entgegen der Auffassung der Klägerin gebietet die Entstehungsgeschichte des Mindestlohngesetzes kein anderes Verständnis. Der Begriff der „Normalleistung“ hat keinen Eingang in den Wortlaut des Mindestlohngesetzes gefunden (im Einzelnen BAG 21. Dezember 2016 - 5 AZR 374/16 - Rn. 21, BAGE 157, 356; zust. Greiner Anm. AP MiLoG § 1 Nr. 3; HWK/Sittard 8. Aufl. § 1 MiLoG Rn. 15b; kritisch Sagan RdA 2018, 121, 122).

29

b) Danach ist die der Klägerin gezahlte Vertretungsprämie mindestlohnwirksam. Sie ist im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis erbrachtes zusätzliches Arbeitsentgelt für Mehrarbeit und wird gerade für die tatsächliche Arbeitsleistung gewährt. Einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung unterliegt diese auf arbeitsvertraglicher Grundlage gezahlte Prämie nicht.

30

II. Die Klägerin hat aufgrund ihrer Dauernachtarbeit Anspruch auf einen Zuschlag von 30 % auf den ihr nach § 24 Abs. 2 MiLoG zustehenden Mindestlohn.

31

1. Die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin einen angemessenen, auf der Basis des Mindestlohns berechneten Ausgleich für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden zu gewähren, folgt nicht unmittelbar aus dem Mindestlohngesetz. Dieses bestimmt den Mindestlohn unabhängig von der zeitlichen Lage der Arbeit (st. Rspr., zuletzt BAG 17. Januar 2018 - 5 AZR 69/17 - Rn. 16) und sieht einen gesonderten Zuschlag für Nachtarbeit nicht vor (BAG 20. September 2017 - 10 AZR 171/16 - Rn. 29).

32

2. Der Anspruch ergibt sich aus § 6 Abs. 5 ArbZG.

33

a) Danach hat der Arbeitgeber, wenn - wie hier - eine tarifvertragliche Ausgleichsregelung nicht besteht, dem Nachtarbeitnehmer (§ 2 Abs. 5 ArbZG)für die während der Nachtzeit (§ 2 Abs. 3 ArbZG) geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Anzahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren. Dabei kann das Wahlrecht des Arbeitgebers (§ 262 BGB) abbedungen werden, die Vertragsparteien können sich dauerhaft auf eine Variante des Ausgleichs festlegen (BAG 9. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 - Rn. 55, BAGE 153, 378; 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 21, BAGE 131, 215).

34

b) Von der Möglichkeit, einen Ausgleich durch Zahlung von Geld zu vereinbaren, haben die Parteien arbeitsvertraglich Gebrauch gemacht. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 6 Abs. 5 ArbZG seien erfüllt, greift die Beklagte mit der Revision nicht an. Die Parteien streiten allein über die Höhe des zu zahlenden Nachtzuschlags.

35

3. Der in § 6 Abs. 5 ArbZG nur allgemein geregelte Anspruch auf angemessenen Ausgleich kann durch einzelvertragliche Regelung näher ausgestaltet werden(BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 17, BAGE 131, 215). Diese muss aber den Vorgaben des § 6 Abs. 5 ArbZG genügen, die Norm ist zwingend(BAG 9. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 - Rn. 19, BAGE 153, 378). Eine vertragliche Vereinbarung, die zum Nachteil des Arbeitnehmers hinter den gesetzlichen Vorgaben für einen angemessenen Ausgleich zurückbleibt, ist nach § 6 Abs. 5 ArbZG iVm. § 134 BGB unwirksam.

36

4. § 6 Abs. 5 ArbZG verlangt einen angemessenen Zuschlag auf das dem Arbeitnehmer für die Nachtarbeit zustehende Bruttoarbeitsentgelt.

37

a) Bei dem Merkmal „angemessen“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, bei dessen Anwendung dem Tatsachengericht ein Beurteilungsspielraum zukommt. Dieser ist vom Revisionsgericht nur darauf zu überprüfen, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff selbst verkannt hat oder bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist (BAG 9. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 - Rn. 19, 36, BAGE 153, 378).

38

b) Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht in Gänze stand. Das Landesarbeitsgericht ist zwar vom zutreffenden Begriff des angemessenen Nachtarbeitszuschlags ausgegangen und hat zu Recht angenommen, dass dieser - sofern die Parteien keine höhere Vergütung vereinbart haben - auf der Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns zu berechnen ist. Seine Würdigung, es lägen Umstände vor, die eine „Abweichung nach unten“ gebieten würden, ist indes nicht frei von Rechtsfehlern. Dabei kann der Senat gemäß § 563 Abs. 3 ZPO selbst endentscheiden, weil alle für die Beurteilung der Angemessenheit des Ausgleichs maßgeblichen Tatsachen festgestellt sind und neuer Sachvortrag hierzu nicht zu erwarten ist.

39

aa) Der Zuschlag nach § 6 Abs. 5 ArbZG knüpft an das dem Nachtarbeitnehmer für die Nachtarbeit „zustehende“ Bruttoarbeitsentgelt an.

40

(1) Zustehendes Bruttoarbeitsentgelt ist bei Fehlen einer günstigeren Regelung der gesetzliche Mindestlohn, denn dieser ist kraft Gesetzes (§§ 1, 3, 20 MiLoG) vom Arbeitgeber dem Arbeitnehmer als Gegenleistung für tatsächliche Arbeit zu zahlen (ebenso: BAG 20. September 2017 - 10 AZR 171/16 - Rn. 30; Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 1 Rn. 178; wohl auch Bayreuther in Thüsing 2. Aufl. § 1 MiLoG Rn. 113).

41

(2) Sinn und Zweck der Ausgleichsregelung bestätigen dieses aus dem Wortlaut der Norm und der Gesetzessystematik gewonnene Verständnis. Der vom Gesetzgeber mit dem Zuschlag nach § 6 Abs. 5 ArbZG verfolgte Zweck, Nachtarbeit im Interesse der Gesundheit des Arbeitnehmers zu verteuern und auf diesem Weg einzuschränken(BAG 9. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 - Rn. 18, BAGE 153, 378), käme nicht - voll - zum Tragen, stellte man bei der Beurteilung der Angemessenheit des Zuschlags nicht auf das wertmäßige Verhältnis zu dem Bruttoarbeitsentgelt ab, das dem Arbeitnehmer für die während der gesetzlichen Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden kraft Gesetzes zusteht, sondern auf ein niedrigeres arbeitsvertraglich vereinbartes Entgelt.

42

(3) Grundlage des der Klägerin zu gewährenden Nachtarbeitszuschlags kann deshalb entgegen der Auffassung der Beklagten nicht der arbeitsvertraglich vereinbarte Stücklohn sein, weil dieser unstreitig hinter dem gesetzlichen Mindestlohn zurückbleibt. Insoweit ist die vereinbarte Höhe des Nachtarbeitszuschlags unwirksam, § 6 Abs. 5 ArbZG iVm. § 134 BGB.

43

bb) Der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgend hat das Landesarbeitsgericht einen Zuschlag von 25 % auf das der Klägerin zustehende Bruttoarbeitsentgelt bzw. die Gewährung einer entsprechenden Anzahl von bezahlten freien Tagen als regelmäßig angemessenen Ausgleich für Nachtarbeit angenommen (vgl. BAG 9. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 - Rn. 23 mwN, BAGE 153, 378). Entgegen der Auffassung der Beklagten liegen keine Umstände vor, die es rechtfertigen, von dieser im Regelfall angemessenen Zuschlagshöhe nach unten abzuweichen. Vielmehr ist - wie die Revision der Klägerin zu Recht geltend macht - hiervon nach oben abzuweichen, weil die Klägerin dauerhaft Nachtarbeit iSd. Arbeitszeitgesetzes leistet.

44

(1) Ein geringerer als der regelmäßige Zuschlag von 25 % auf das dem Arbeitnehmer zustehende Bruttoarbeitsentgelt, wie ihn die Beklagte mit ihrer Revision erstrebt, kann nach § 6 Abs. 5 ArbZG nur ausreichend sein, wenn die Belastung durch die geleistete Nachtarbeit im Vergleich zum Üblichen geringer ist, weil zB in diese Zeit in nicht unerheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt oder es sich um nächtlichen Bereitschaftsdienst handelt, bei dem von vornherein von einer geringeren Arbeitsbelastung auszugehen ist. Nach der Art der Arbeitsleistung ist auch zu beurteilen, ob der vom Gesetzgeber mit dem Entgeltzuschlag verfolgte Zweck, im Interesse der Gesundheit des Arbeitnehmers Nachtarbeit zu verteuern und auf diesem Wege einzuschränken, zum Tragen kommen oder in einem solchen Fall nur die mit der Nachtarbeit verbundene Erschwernis ausgeglichen werden kann. Relevanz kann die letztgenannte Erwägung aber nur in den Fällen haben, in denen die Nachtarbeit aus zwingenden technischen Gründen oder aus zwingend mit der Art der Tätigkeit verbundenen Gründen bei wertender Betrachtung vor dem Hintergrund des Schutzzwecks des § 6 Abs. 5 ArbZG unvermeidbar ist(BAG 9. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 - Rn. 29 mwN, BAGE 153, 378).

45

(2) Hiervon ausgehend hat das Landesarbeitsgericht entgegen der Auffassung der Beklagten den der Klägerin zu gewährenden Nachtarbeitszuschlag nicht zu hoch angesetzt.

46

(a) Die Revision der Beklagten zeigt nicht auf, dass das Landesarbeitsgericht bei der Unterordnung des festgestellten Sachverhalts unter den Rechtsbegriff des angemessenen Ausgleichs Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungsgrundsätze verletzt oder wesentliche Umstände zu Lasten der Beklagten unberücksichtigt gelassen hätte oder zu einem widersprüchlichen Ergebnis gelangt wäre. Umstände, die vorliegend eine Abweichung von dem regelmäßig als angemessen anzusehenden Prozentsatz von 25 % nach unten rechtfertigen könnten, legt die Beklagte nicht substantiiert dar. Sie setzt lediglich die eigene Bewertung an die Stelle der vom Berufungsgericht vorgenommenen.

47

(b) Soweit sich die Beklagte in der Revision auf eine Entscheidung des Senats zur Nachtarbeit im Bewachungsgewerbe beruft, übersieht sie, dass der dortige Wachmann - anders als die Klägerin beim Zustellen - während seiner Nachtarbeit auch „Phasen der Entspannung“ hatte, weil er nur zu drei Kontrollgängen verpflichtet war und nur auf Einflüsse von außen reagieren musste (BAG 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 15). Soweit diese Entscheidung - obwohl nicht streitgegenständlich - dahingehend verstanden werden könnte, der Senat erachte generell für Zeitungszusteller einen Nachtarbeitszuschlag von 10 % als angemessen, wird daran nicht festgehalten.

48

(c) Dass ein Zuschlag für Nachtarbeit von 25 % auf den Mindestlohn von Zeitungszustellerinnen und Zeitungszustellern die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Branche übersteigen würde, behauptet die Beklagte ohne weitere Substantiierung nur pauschal. Abgesehen davon, dass rein wirtschaftliche Erwägungen grundsätzlich nicht geeignet sind, eine Abweichung vom Regelwert nach unten zu begründen (BAG 9. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 - Rn. 30, BAGE 153, 378), hat der Gesetzgeber aus Rücksicht auf die durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützte Pressefreiheit den mit der Einführung des Mindestlohns einhergehenden Mehrkosten für den Vertrieb von Zeitungen und Zeitschriften mit der Übergangsregelung des § 24 Abs. 2 MiLoG Rechnung getragen(vgl. BT-Drs. 18/2010 [neu] S. 25). Dagegen hat er in Kenntnis der üblichen frühmorgendlichen Zustellzeiten die Angemessenheit des Zuschlags für Nachtarbeit von Zeitungszustellerinnen und Zeitungszustellern nicht selbst bestimmt oder die Branche von der Zuschlagspflicht des § 6 Abs. 5 ArbZG ausgenommen und es somit bei den für alle Branchen geltenden, von der Rechtsprechung zu § 6 Abs. 5 ArbZG entwickelten Grundsätzen belassen.

49

(3) Bei der Festlegung der Höhe des Nachtarbeitszuschlags hat das Landesarbeitsgericht indes zu Lasten der Klägerin außer Betracht gelassen, dass sie im Streitzeitraum ihre reguläre Arbeitsleistung in Dauernachtarbeit erbracht hat und damit ein Umstand vorliegt, der ein „Abweichen nach oben“ gebietet.

50

(a) Die Höhe des Zuschlags auf das Bruttoarbeitsentgelt kann sich erhöhen, wenn die Belastung durch die Nachtarbeit unter qualitativen (Art der Tätigkeit) oder quantitativen (Umfang der Nachtarbeit) Aspekten die normalerweise mit der Nachtarbeit verbundene Belastung übersteigt. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn ein Arbeitnehmer nach seinem Arbeitsvertrag bzw. nach entsprechender Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber dauerhaft in Nachtarbeit tätig wird („Dauernachtarbeit“). Bei der Erbringung der regulären Arbeitsleistung in Dauernachtarbeit ist deshalb regelmäßig ein Nachtarbeitszuschlag von 30 % auf den Bruttostundenlohn (bzw. die Gewährung einer entsprechenden Anzahl freier Tage) als angemessen anzusehen (BAG 9. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 - Rn. 28 mwN, BAGE 153, 378; ErfK/Wank 18. Aufl. § 6 ArbZG Rn. 14; Schliemann ArbZG 3. Aufl. § 6 Rn. 87; Buschmann/Ulber ArbZG 8. Aufl. § 6 Rn. 30).

51

(b) Die Klägerin erbringt die von ihr geschuldete Arbeitsleistung nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ausschließlich zur Nachtzeit iSd. § 2 Abs. 3 ArbZG. Dabei arbeitet sie unstreitig pro Arbeitsnacht mehr als zwei Stunden, leistet also Nachtarbeit iSd. § 2 Abs. 4 ArbZG und ist - ebenfalls unstreitig - an mehr als 48 Tagen im Kalenderjahr tätig, also Nachtarbeitnehmerin(§ 2 Abs. 5 ArbZG). Sie hat deshalb grundsätzlich Anspruch auf einen Ausgleich nach § 6 Abs. 5 ArbZG durch Gewährung eines Zuschlags von 30 % auf den ihr - im Streitzeitraum nach § 24 Abs. 2 MiLoG - zustehenden Bruttostundenmindestlohn(vgl. BAG 9. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 - Rn. 40, BAGE 153, 378).

52

(c) Umstände, die trotz der Dauernachtarbeit einen geringeren Zuschlag als die regelmäßig festzusetzenden 30 % auf das dem Nachtarbeitnehmer zustehende Bruttoarbeitsentgelt rechtfertigen würden, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt und sind von der Beklagten in den Tatsacheninstanzen auch nicht dargelegt worden.

53

(aa) Aus der Art der Tätigkeit als Zeitungszustellerin ergeben sich keine Anhaltspunkte für die Annahme, die Belastung der Klägerin durch die Nachtarbeit sei geringer als diejenige anderer Beschäftigter, die Nachtarbeit leisten. Die Klägerin leistet beim Zustellen unstreitig Vollarbeit, Zeiten minderer Beanspruchung oder „Phasen der Entspannung“ (vgl. BAG 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 15) fallen somit nicht an.

54

(bb) Unerheblich ist bei Dauernachtarbeit, ob es sich beim Zeitungszustellen - wie die Beklagte in der Revisionsinstanz geltend macht - um „im Grundsatz leichte Arbeit“ handelt. § 6 Abs. 5 ArbZG knüpft nicht an die Schwere der Tätigkeit als solcher, sondern an die besonderen Belastungen durch jede (Voll-)Arbeit in der Nachtzeit an. Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang darauf verweist, selbst Kinder ab 13 Jahren dürften Zeitungen zustellen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 KindArbSchV), gilt dies gemäß § 2 Abs. 1 letzter Hs. KindArbSchV nur, wenn diese Beschäftigung nach § 5 Abs. 3 JArbSchG leicht und für sie geeignet ist. Zudem müssen die zulässigen Beschäftigungen für Kinder ab 13 Jahren im Übrigen den Schutzvorschriften des Jugendarbeitsschutzgesetzes entsprechen, § 2 Abs. 3 KindArbSchV, so dass eine Zustellung von Zeitungen durch Kinder ab 13 Jahren in der Nachtzeit des ArbZG und vor 08:00 Uhr morgens ausgeschlossen ist, § 5 Abs. 3 Satz 3 JArbSchG.

55

(cc) Ohne Belang ist ferner, dass die Klägerin nicht die gesamte Nachtzeit von 23:00 bis 06:00 Uhr arbeitet. Denn der Ausgleich nach § 6 Abs. 5 ArbZG ist für jede Arbeitsstunde, die in die Nachtzeit des § 2 Abs. 3 ArbZG fällt, zu gewähren(allgA, vgl. nur Schliemann ArbZG 3. Aufl. § 6 Rn. 88). Das Arbeitszeitgesetz wertet damit die Belastung der Nachtarbeitnehmer durch Nachtarbeit - vorbehaltlich der Begriffsbestimmung in § 2 Abs. 4 ArbZG - unabhängig davon, wie viele Arbeitsstunden in der Nachtzeit erbracht werden. Ist der Beschäftigte Nachtarbeitnehmer iSd. § 2 Abs. 5 ArbZG, verbietet sich eine „Staffelung“ der Höhe des Zuschlags nach § 6 Abs. 5 ArbZG nach dem Umfang der geleisteten Nachtarbeitsstunden.

56

(dd) Auch die Annahme, die Zustelltätigkeit der Klägerin sei zwingend in der Nachtzeit erforderlich, so dass der mit dem Zuschlag verbundene Zweck, im Interesse der Gesundheit des Arbeitnehmers Nachtarbeit zu verteuern und auf diesem Wege einzuschränken, nicht erreichbar sei, rechtfertigt vorliegend kein anderes Ergebnis. Kann bei Dauernachtarbeit mit dem Zuschlag nach § 6 Abs. 5 ArbZG nur die mit der Nachtarbeit verbundene Erschwernis ausgeglichen werden, kommt ein „Abweichen nach unten“ nur dann in Betracht, wenn - wie etwa im Rettungswesen - überragende Gründe des Gemeinwohls die Nachtarbeit zwingend erfordern(vgl. BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu I 4 b der Gründe, BAGE 115, 372; 9. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 - Rn. 29, BAGE 153, 378). Solche liegen hier nicht vor.

57

5. Die tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zum Umfang der im Streitzeitraum von der Klägerin geleisteten Nachtarbeit und sein Rechenwerk zur Ermittlung des Differenzanspruchs haben weder die Beklagte noch die Klägerin mit ihren Revisionen angegriffen. Auf dieser Grundlage ergeben sich zu dem vom Landesarbeitsgericht bereits ausgeurteilten Betrag weitere 480,50 Euro brutto als Differenz zwischen dem nach § 6 Abs. 5 ArbZG geschuldetem und dem von der Beklagten gezahltem Zuschlag für die Nachtarbeit der Klägerin.

58

6. Den Anspruch der Klägerin auf den gesetzlichen Nachtarbeitszuschlag hat die Beklagte mit der Zahlung des Mindestlohns nach § 24 Abs. 2 MiLoG nicht erfüllen können. Der Anspruch auf den Nachtarbeitszuschlag nach § 6 Abs. 5 ArbZG beruht auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung und steht neben dem Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz. Wie durch die Zahlung des Nachtarbeitszuschlags der Mindestlohnanspruch nicht erfüllt wird (st. Rspr., zuletzt BAG 17. Januar 2018 - 5 AZR 69/17 - Rn. 16 mwN), kann umgekehrt auch eine Entgeltzahlung, welche die Höhe des gesetzlichen Mindestlohns nicht übersteigt, den Anspruch auf den Nachtarbeitszuschlag nicht nach § 362 Abs. 1 BGB zum Erlöschen bringen.

59

7. Zinsen für die noch offene Forderung kann die Klägerin zu den beantragten Zeitpunkten nach § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 iVm. § 614 Satz 2 BGB beanspruchen.

60

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

        

    Linck    

        

    Volk    

        

    Biebl    

        

        

        

    E. Bürger    

        

    J. Schubert    

                 

(1) Arbeitszeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen; Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitgebern sind zusammenzurechnen. Im Bergbau unter Tage zählen die Ruhepausen zur Arbeitszeit.

(2) Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten.

(3) Nachtzeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit von 23 bis 6 Uhr, in Bäckereien und Konditoreien die Zeit von 22 bis 5 Uhr.

(4) Nachtarbeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit umfaßt.

(5) Nachtarbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeitnehmer, die

1.
auf Grund ihrer Arbeitszeitgestaltung normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht zu leisten haben oder
2.
Nachtarbeit an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr leisten.

(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist.

(2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist.

(3) Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet.

(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.

(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.

(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.

(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn

a)
nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b)
im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c)
der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.

(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.

Tenor

I. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 9. April 2014 - 6 Sa 106/13 - aufgehoben, soweit das Landesarbeitsgericht auf die Berufung der Beklagten das Teilurteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 3. September 2013 - 9 Ca 77/13 - teilweise abgeändert hat.

II. Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 3. September 2013 - 9 Ca 77/13 - wird zurückgewiesen und dessen Tenor zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die ab dem 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 geleistete Nachtarbeit einen Nachtarbeitszuschlag von 30 % des Bruttostundenlohns für jede zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Arbeitsstunde zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die ab dem 1. April 2014 geleistete Nachtarbeit wahlweise einen Nachtarbeitszuschlag von 30 % des Bruttostundenlohns für jede zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Arbeitsstunde zu zahlen oder für jeweils 90 zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Nachtarbeitsstunden je zwei bezahlte freie Tage zu gewähren.

3. Im Übrigen wird die Klage hinsichtlich des Klageantrags zu 2. abgewiesen.

4. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

III. Die Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.

IV. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Ausgleich für geleistete Nachtarbeit.

2

Die Beklagte ist Teil einer weltweit tätigen Logistik- und Paketdienstleistungsgruppe. Sie ist nicht tarifgebunden. Bei ihr ist ein Betriebsrat gebildet. Die Beklagte beschäftigt ca. 500 Kraftfahrer.

3

Der Kläger ist auf Grundlage des Arbeitsvertrags vom 22./30. März 1993 als Lkw-Fahrer im Linientransport überwiegend in der Zeit zwischen 20:00 Uhr bis 06:00 Uhr tätig. Die Beklagte zahlte jedenfalls bis zum 31. März 2014 für die in der Zeit von 21:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden zum Bruttostundenlohn einen in den Gehaltsabrechnungen als „Nachtarbeitszuschlag fest“ bezeichneten Zuschlag. Dieser betrug zuletzt 3,18 Euro und damit 20 % des Bruttostundenlohns von 15,90 Euro.

4

Die Arbeitsabläufe bei der U-Gruppe gestalten sich wie folgt: Zunächst wird die Paketsendung von einem Zustellfahrzeug beim Kunden abgeholt und in die Abholniederlassung vor Ort gebracht. Dort werden die abgeholten Sendungen entladen und je nach Zieldestination in Container verladen. Dies erfolgt bis ca. 20:00 Uhr. Die Container werden anschließend zu den Hauptumschlagsbasen (HUB) transportiert. Dort erfolgt eine Sortierung aller von verschiedenen Abholniederlassungen oder von anderen HUB in Containern eingehenden Sendungen. Diese werden dann sortiert nach Zielniederlassungen wieder in Container verladen und zur Zielniederlassung gebracht. Dort angekommen werden die Container entladen, nach Zustellgebieten sortiert und in die jeweiligen Zustellfahrzeuge verladen und vom jeweiligen Paketzusteller beim Kunden zugestellt. Der Transport von einer Abholniederlassung zu den HUB, zwischen HUB und von dort zu den Zielniederlassungen erfolgt in großen Lastkraftwagen (Feeder). Diese Transporte sind Aufgabe der Beklagten innerhalb der U-Gruppe, für die auch der Kläger eingesetzt wird. Zuletzt fuhr er zumeist die Nachtroute zwischen der Niederlassung in H und der HUB N. Seine Arbeitszeit begann dabei um 20:15 Uhr in der Niederlassung H. Nach der Ankunft in der HUB N machte der Kläger in der Zeit zwischen 01:10 Uhr und 02:10 Uhr Pause. Anschließend übernahm er dort einen Container zur Rückfahrt nach H. Seine Arbeitszeit endete gegen 06:00 Uhr, wobei Schwankungen bei Beginn und Ende der Arbeitszeit möglich sind.

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % seines Bruttostundenlohns zu, wahlweise eine entsprechende Anzahl freier Tage. Er leiste dauerhaft Nachtarbeit, was mit erheblichen Anstrengungen und gesundheitlichen Belastungen verbunden sei. Der natürliche Biorhythmus werde durch die Nachtarbeit gestört. Nachtfahrten mit dem Lkw würden eine besonders hohe Konzentration auf das Verkehrsgeschehen erfordern.

6

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Interesse - zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab dem 1. August 2013 einen Nachtschichtzuschlag für die Nachtarbeit von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr in Höhe von 30 % vom Bruttostundenlohn zu zahlen oder einen Freizeitausgleich für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden von zwei Arbeitstagen zu gewähren.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, sie zahle einen angemessenen Zuschlag für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden. Der nächtliche Warentransport sei zur Durchführung des Geschäfts der Beklagten als Teil der U-Gruppe zwingend erforderlich. Der Transport der Paketsendungen zur jeweiligen HUB und zur Zielniederlassung über Nacht ermögliche die Zustellung der Express- und Standardprodukte entsprechend dem Serviceversprechen. Die Nachtarbeit werde nicht geleistet, um die Produktion zu steigern, sondern um eine wettbewerbsfähige Warenzustellung überhaupt erst zu ermöglichen. Bei ihr seien ca. 90 % der Kraftfahrer in Nachtarbeit tätig und sie gewähre bereits einen deutlich übertariflichen Stundenlohn. In der Logistikbranche sei es nicht üblich, einen hohen Nachtarbeitszuschlag zu zahlen. Im Übrigen bezahle sie für die in der Zeit von 21:00 Uhr bis 23:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden freiwillige Zuschläge, die auf die Nachtarbeitszeit nach 23:00 Uhr umzulegen seien.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit für die Revision von Interesse - stattgegeben. Die Abweisung im Übrigen ist rechtskräftig geworden. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts auf die Berufung der Beklagten teilweise abgeändert und den Nachtarbeitszuschlag auf 25 % reduziert. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung, die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet, die zulässige Revision der Beklagten hingegen unbegründet. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts erweist sich als rechtsfehlerhaft, soweit es einen Zuschlag iHv. 25 % auf den Bruttostundenlohn als angemessenen Ausgleich für geleistete Nachtarbeit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG angesehen hat. Der Senat kann gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden, da alle maßgeblichen Tatsachen festgestellt sind. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger ab dem 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 für die von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % des Bruttostundenlohns zu zahlen und ihm für die Zeit ab 1. April 2014 wahlweise einen solchen Nachtarbeitszuschlag zu zahlen oder - entsprechend dem Antrag des Klägers - für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden zwei bezahlte freie Tage zu gewähren.

10

I. Der Feststellungsantrag ist zulässig.

11

1. Der Klageantrag ist in der gebotenen Auslegung hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dem Vorbringen des Klägers ist zu entnehmen, dass sich der Antrag auf den gesetzlichen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG bezieht. Der Kläger begehrt die grundsätzlich zukunftsgerichtete Feststellung des Bestehens eines Ausgleichsanspruchs für in der gesetzlichen Nachtzeit (§ 2 Abs. 3 ArbZG) geleistete Arbeitsstunden in näher bezeichnetem Umfang. Dem Wortlaut des § 6 Abs. 5 ArbZG folgend wird der Beklagten ein Wahlrecht eingeräumt, ob der Ausgleich durch Zahlung eines Nachtarbeitszuschlags oder durch Gewährung freier Tage erfolgt(vgl. zu einer solchen Antragstellung zB: BAG 12. Dezember 2012 - 5 AZR 918/11 - Rn. 31; 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 -). Durch diese Art der Antragstellung trägt der Kläger der gesetzlichen Vorgabe Rechnung, ohne dass dadurch ausgeschlossen wäre, dass sich die begehrte Feststellung im Fall der zwischenzeitlichen Ausübung des Wahlrechts für Zeiträume vor Schluss der mündlichen Verhandlung des Landesarbeitsgerichts auf eine Form des Ausgleichs konkretisiert hat. Soweit der Ausgleich wahlweise durch Freizeitgewährung erfolgen soll, ist darunter die Gewährung von bezahlten freien Tagen zu verstehen (vgl. dazu BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 10, BAGE 131, 215). Die Höhe der für gewährte freie Tage geschuldeten Vergütung ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits.

12

2. Der so verstandene Klageantrag ist auf die Feststellung eines zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisses iSv. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet, nämlich auf die Angemessenheit des Ausgleichs für im Arbeitsverhältnis geleistete Nachtarbeitsstunden gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG. Die Feststellungsklage kann sich nach § 256 Abs. 1 ZPO auf einzelne Ansprüche beschränken(vgl. zuletzt BAG 15. April 2015 - 10 AZR 250/14 - Rn. 18). Gegenstand des Feststellungsantrags ist nicht die Überprüfung einer abstrakten Rechtsfrage (dazu BAG 24. April 2007 - 1 ABR 27/06 - Rn. 15, BAGE 122, 121).

13

3. Der Kläger hat ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung iSv. § 256 Abs. 1 ZPO. Zwischen den Parteien steht ausschließlich im Streit, ob die Beklagte mit den von ihr gewährten Zuschlägen auf den Bruttostundenlohn iHv. zuletzt 20 % einen angemessenen Ausgleich iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG gewährt hat oder ob dem Kläger für geleistete Nachtarbeit ein weiter gehender Anspruch zusteht. Der Umfang der Leistungsverpflichtung der Beklagten wird durch die begehrte Feststellung abschließend geklärt. Der Kläger war auch nach dem Fälligwerden der ab dem 1. August 2013 geltend gemachten Ansprüche nicht verpflichtet, insoweit auf Leistungsanträge überzugehen (BAG 3. Dezember 2008 - 5 AZR 74/08 - Rn. 10, BAGE 128, 342; 12. März 2008 - 4 AZR 616/06 - Rn. 16).

14

II. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf die begehrte Feststellung. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG für die Zeit ab dem 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 für die von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % des Bruttostundenlohns zu zahlen. Insoweit hat die Beklagte ihr Wahlrecht bereits ausgeübt. Für die Zeit ab dem 1. April 2014 ist die Beklagte verpflichtet, ihm wahlweise einen solchen Nachtarbeitszuschlag zu zahlen oder für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden zwei bezahlte freie Tage zu gewähren.

15

1. Nach § 6 Abs. 5 ArbZG ist der Arbeitgeber, soweit eine tarifvertragliche Ausgleichsregelung nicht besteht, verpflichtet, dem Nachtarbeitnehmer(§ 2 Abs. 5 ArbZG) für die während der Nachtzeit (§ 2 Abs. 3 ArbZG) geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Anzahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren. Der Arbeitgeber kann wählen, ob er den Ausgleichsanspruch durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder durch eine Kombination von beidem erfüllt. Die gesetzlich begründete Wahlschuld (§ 262 BGB) konkretisiert sich auf eine der geschuldeten Leistungen erst dann, wenn der Schuldner das ihm zustehende Wahlrecht nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ausübt (BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 15 mwN).

16

2. Regelmäßig stellt ein Zuschlag iHv. 25 % auf den jeweiligen Bruttostundenlohn bzw. die Gewährung einer entsprechenden Anzahl von bezahlten freien Tagen einen angemessenen Ausgleich für geleistete Nachtarbeit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG dar.

17

a) Nachtarbeit ist nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen grundsätzlich für jeden Menschen schädlich und hat negative gesundheitliche Auswirkungen (vgl. dazu BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82, 1 BvL 16/83, 1 BvL 10/91 - zu C I 2 der Gründe, BVerfGE 85, 191; Neumann/Biebl ArbZG 16. Aufl. § 6 Rn. 4). Die Belastung und Beanspruchung der Beschäftigten steigt nach bisherigem Kenntnisstand in der Arbeitsmedizin durch die Anzahl der Nächte pro Monat und die Anzahl der Nächte hintereinander, in denen Nachtarbeit geleistet wird. Die Anzahl der aufeinanderfolgenden Nachtschichten sollte daher möglichst gering sein, auch wenn viele Schichtarbeiter, die in einem Rhythmus von fünf und mehr hintereinanderliegenden Nachtschichten arbeiten, subjektiv den Eindruck haben, dass ihr Körper sich der Nachtschicht besser anpasst. Dies trifft allerdings nicht zu (vgl. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Leitfaden zur Einführung und Gestaltung von Nacht- und Schichtarbeit 9. Aufl. S. 12 f.). Insgesamt ist anerkannt, dass Nachtarbeit umso schädlicher ist, in desto größerem Umfang sie geleistet wird (vgl. auch Erwägungsgrund 7 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung [Arbeitszeitrichtlinie]). Entsprechende Gestaltungsempfehlungen für Arbeitszeitmodelle setzen hier an (vgl. dazu zB Schliemann ArbZG 2. Aufl. § 6 Rn. 14). Dies gilt unabhängig davon, dass typabhängig die Anpassung an Nachtarbeit von Mensch zu Mensch unterschiedlich gut erfolgt (vgl. BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 736/12 - Rn. 19 f. mwN, BAGE 147, 33).

18

b) Die Regelungen in § 6 ArbZG dienen - in Umsetzung des Handlungsauftrags des Bundesverfassungsgerichts(BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82, 1 BvL 16/83, 1 BvL 10/91 - zu C III 3 der Gründe, BVerfGE 85, 191) und in Umsetzung der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG - in erster Linie dem Schutz des Arbeitnehmers vor den für ihn schädlichen Folgen der Nacht- und Schichtarbeit (BT-Drs. 12/5888 S. 21). Dabei ist der Gesetzgeber von der Erkenntnis ausgegangen, dass auf Nachtarbeit in der modernen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft nicht völlig verzichtet werden kann (BT-Drs. 12/5888 S. 25). § 6 Abs. 5 ArbZG setzt hier an und soll für diejenigen Arbeitnehmer, die Nachtarbeit leisten, zumindest einen angemessenen Ausgleich für die mit der Nachtarbeit verbundenen Beeinträchtigungen gewähren(BT-Drs. 12/5888 S. 26). Die gesetzlich vorgeschriebenen Ausgleichsleistungen nehmen der Nachtarbeit dabei nicht ihre spezifische Gesundheitsgefährdung, dienen aber unmittelbar oder mittelbar dem Gesundheitsschutz (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 3 b bb (3) der Gründe, BAGE 102, 309). Soweit § 6 Abs. 5 ArbZG einen Anspruch auf bezahlten Freizeitausgleich begründet, liegt eine unmittelbar gesundheitsschützende Wirkung jedenfalls in den Fällen vor, in denen sich die Dauer der zu erbringenden Arbeitszeit für den Arbeitnehmer durch den bezahlten Freizeitausgleich insgesamt reduziert und dieser zeitnah gewährt wird. Soweit ein Nachtarbeitszuschlag vorgesehen ist, wirkt sich dieser auf die Gesundheit des betroffenen Arbeitnehmers nicht unmittelbar aus, sondern dient dem Gesundheitsschutz mittelbar (vgl. BAG 26. April 2005 - 1 ABR 1/04 - zu B II 2 a bb der Gründe, BAGE 114, 272; 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - zu B II 2 b der Gründe, BAGE 86, 249). Die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers wird verteuert, um auf diesem Weg Nachtarbeit einzudämmen; Nachtarbeit soll für Arbeitgeber weniger attraktiv sein. Dieser Druck besteht auch dann, wenn der Arbeitgeber verpflichtet ist, den Arbeitnehmer zu einem nicht zeitnah zur Nachtarbeit liegenden Zeitpunkt von der Arbeit bezahlt freizustellen (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu A II 2 b aa der Gründe, aaO). Außerdem soll der Nachtarbeitszuschlag in einem gewissen Umfang den Arbeitnehmer für die erschwerte Teilhabe am sozialen Leben entschädigen (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 4 b der Gründe, aaO).

19

c) Der Gesetzgeber hat ausdrücklich darauf verzichtet, den Umfang des Ausgleichs für Nachtarbeit selbst festzulegen (BT-Drs. 12/5888 S. 22). Ebenso wenig hat er aber dem Arbeitgeber ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSv. § 315 BGB übertragen. Vielmehr handelt es sich bei der Bestimmung des angemessenen Ausgleichs um die Ausfüllung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die letztlich den Gerichten für Arbeitssachen obliegt, wenn Streit über dessen Umfang besteht (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 3 b aa der Gründe, BAGE 102, 309; so wohl unausgesprochen auch BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu I 4 der Gründe, BAGE 115, 372; 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 51 ff., BAGE 148, 68; anders noch BAG 24. Februar 1999 - 4 AZR 62/98 - zu II 2.3.2 der Gründe, BAGE 91, 63 [Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 BGB]; offengelassen in BAG 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - zu B II 3 der Gründe, BAGE 86, 249). Die Arbeitsvertragsparteien können Regelungen über Art und Umfang des Ausgleichs treffen. Diese müssen aber den Vorgaben des § 6 Abs. 5 ArbZG genügen, die Norm ist zwingend(vgl. zB BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 17, BAGE 131, 215).

20

d) § 6 Abs. 5 ArbZG stellt den Ausgleich durch Gewährung bezahlter freier Tage neben die Zahlung des Nachtarbeitszuschlags. Zwischen den Alternativen des Belastungsausgleichs besteht nach der gesetzlichen Regelung kein Rangverhältnis, insbesondere kein Vorrang des Freizeitausgleichs, auch wenn dies Zwecken des Gesundheitsschutzes möglicherweise dienlicher wäre. Der Arbeitgeber kann - unter Beachtung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats (vgl. zB BAG 26. April 2005 - 1 ABR 1/04 - zu B II 2 a bb der Gründe, BAGE 114, 272) - frei wählen, ob er den Anspruch des Arbeitnehmers durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder auch durch eine Kombination von beidem erfüllt (BAG 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - zu B II 2 der Gründe, BAGE 86, 249; 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu A II 1 und B II 2 b der Gründe, BAGE 102, 309; 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 22; aA Buschmann/Ulber ArbZG 8. Aufl. § 6 Rn. 28: Vorrang freier Tage). Die Angemessenheit iSd. § 6 Abs. 5 ArbZG ist dabei für beide Alternativen nach einem einheitlichen Maßstab zu beurteilen. Der Umfang der Ausgleichsverpflichtung hängt nicht davon ab, für welche Art des Ausgleichs sich der Arbeitgeber entscheidet. Vielmehr müssen sich die jeweiligen Leistungen nach ihrem Wert grundsätzlich entsprechen (BAG 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 22).

21

e) Nach gefestigter Rechtsprechung aller mit dieser Frage befassten Senate des Bundesarbeitsgerichts ist ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 25 % des Bruttostundenlohns bzw. eine entsprechende Anzahl bezahlter freier Tage regelmäßig als angemessen iSd. § 6 Abs. 5 ArbZG anzusehen(vgl. zuletzt zB BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 59 mwN, BAGE 148, 68). Hieran hält der Senat auch angesichts der von der Revision geäußerten Kritik fest.

22

aa) Ausgangspunkt für die Beurteilung der Angemessenheit des geforderten Ausgleichs ist nach § 6 Abs. 5 ArbZG dessen wertmäßiges Verhältnis zu dem Bruttoarbeitsentgelt, das dem Arbeitnehmer für die während der gesetzlichen Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden zusteht. Dies ergibt sich bereits unmittelbar aus dem Wortlaut der Norm. Der für geleistete Nachtarbeit geschuldete angemessene Zuschlag ist danach „auf“ das dem Arbeitnehmer hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren (so bereits BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 102, 309; 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - zu I 3 a der Gründe). Nichts anderes gilt im Hinblick auf die wertmäßig gleichzusetzende Gewährung freier Tage. Vergütung und Arbeitszeit entsprechen sich auf Grundlage des vertraglichen Synallagmas (BAG 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 23). Dabei kommt es in beiden Fällen nicht darauf an, ob sich der Umfang des Ausgleichs nach den im Arbeitsverhältnis anwendbaren Regelungen nach Prozentsätzen bestimmt, ob feste Euro-Beträge für Stunden oder Schichten gezahlt werden oder wie sich der Freizeitausgleich errechnet. Alleine maßgeblich ist vielmehr, dass sich ein Wert im Verhältnis zu der für die Nachtarbeit iSv. § 2 Abs. 4 ArbZG gezahlten Bruttovergütung (oder zu deren Gegenwert in Zeit) bestimmen lässt, der auf seine Angemessenheit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG überprüft werden kann und dieser Prüfung standhält.

23

bb) Das Gesetz gibt - wie dargelegt - nicht vor, was als angemessener Ausgleich anzusehen ist. Deshalb ist es nicht möglich, unabhängig von den Umständen der Erbringung der Arbeitsleistung im konkreten Einzelfall einen für alle Arbeitsverhältnisse geltenden festen Wert zu bestimmen (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 5 a der Gründe, BAGE 102, 309). Unter Berücksichtigung der - über alle Branchen gesehen - bestehenden Üblichkeiten im Arbeitsleben wird aber in ständiger Rechtsprechung ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 25 % des Bruttostundenlohns bzw. eine entsprechende Anzahl bezahlter freier Tage regelmäßig als angemessen iSd. § 6 Abs. 5 ArbZG angesehen(vgl. BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 59, BAGE 148, 68; 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 19; 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 21; 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - zu I 4 der Gründe; grundlegend BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - BAGE 102, 309). Dem ist das Schrifttum weitestgehend gefolgt; jedenfalls wird der Ausgleich in dieser Höhe nicht infrage gestellt (Anzinger/Koberski ArbZG 4. Aufl. § 6 Rn. 82; Baeck/Deutsch ArbZG 3. Aufl. § 6 Rn. 85; Buschmann/Ulber ArbZG § 6 Rn. 29; ErfK/Wank 16. Aufl. § 6 ArbZG Rn. 14; Hahn/Pfeiffer/Schubert/Lorenz Arbeitszeitrecht § 6 ArbZG Rn. 124 f.; HWK/Gäntgen 6. Aufl. § 6 ArbZG Rn. 20; Schaub/Linck ArbR-HdB 16. Aufl. § 69 Rn. 33; kritisch Neumann/Biebl ArbZG § 6 Rn. 26).

24

cc) Dem schließt sich der erkennende Senat auch angesichts der von der Revision geäußerten Kritik (vgl. dazu das im Auftrag der Beklagten erstattete umfangreiche Gutachten von Raab ZfA 2014, 237) an.

25

(1) Ein Wert von 25 % ist typischerweise dann angemessen, wenn ein Arbeitnehmer „Nachtarbeitnehmer“ iSv. § 2 Abs. 5 ArbZG ist, also im gesetzlich vorgegebenen Mindestumfang von 48 Tagen im Kalenderjahr Nachtarbeit leistet oder normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht leistet und während dieser Zeit die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbringt, ohne dass besondere Umstände vorliegen, die Anlass für eine Erhöhung oder Verminderung des Umfangs des Ausgleichsanspruchs bieten würden. Aus Sicht des Arbeitgebers stellt ein Ausgleich in diesem Umfang eine nicht unerhebliche Belastung dar, die Anlass bieten kann, auf die Nachtarbeit zu verzichten und damit den im Interesse des Gesundheitsschutzes gebotenen finanziellen Druck auszuüben. Für den Arbeitnehmer bedeutet sie eine relevante Anzahl von freien Tagen bzw. eine spürbare Vergütungserhöhung für die Nachtarbeit, ohne dass der Zuschlagscharakter verloren ginge. Unabhängig von den anderen Zwecken der steuerrechtlichen Regelung in § 3b Abs. 1 Nr. 1 EStG kann aus ihr jedenfalls entnommen werden, dass auch der Gesetzgeber eine solche Größenordnung grundsätzlich als angemessen akzeptiert hat(vgl. zu diesem Gedanken BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 5 e der Gründe, BAGE 102, 309).

26

(2) Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, regelmäßig sei eine Gewährung von bezahlten freien Tagen im Gegenwert von 10 % der geleisteten Nachtarbeitsstunden angemessen und im Fall der Gewährung eines Zuschlags auf den Bruttostundenlohn könne dieser nicht höher sein, folgt dem der Senat nicht. Die Beklagte beruft sich zur Begründung dieser Auffassung insbesondere auf den Gang des Gesetzgebungsverfahrens des ArbZG. Der Referentenentwurf, dem die Beklagte einen Freizeitausgleich iHv. etwa 9 % entnimmt, ist indessen nicht umgesetzt worden. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung enthielt bereits § 6 Abs. 5 ArbZG in seiner jetzigen Fassung(BT-Drs. 12/5888 S. 6). Der - ebenfalls nicht Gesetz gewordene - Entwurf der SPD-Fraktion (BT-Drs. 12/5282; vgl. zum Vergleich beider Entwürfe Oppolzer AuR 1994, 41) sah ein vollständig anderes System vor, das ua. eine Begrenzung der Dauer der Nachtarbeit auf sechs Stunden einschließlich eines Lohnausgleichs unter bestimmten Umständen vorsah. Für die Auslegung des § 6 Abs. 5 ArbZG lässt sich hieraus nichts zugunsten der Beklagten ableiten.

27

3. Eine Erhöhung oder Verminderung des Umfangs des von § 6 Abs. 5 ArbZG geforderten Ausgleichs für Nachtarbeit kommt in Betracht, wenn Umstände im Zusammenhang mit der Erbringung der Arbeitsleistung vorliegen, die den regelmäßig angemessenen Wert von 25 % wegen der im Vergleich zum Üblichen niedrigeren oder höheren Belastung als zu gering oder zu hoch erscheinen lassen. Die Höhe des angemessenen Nachtarbeitszuschlags richtet sich nach der Gegenleistung, für die sie bestimmt ist (BAG 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 12).

28

a) Die Höhe des Zuschlags auf den Bruttolohn für geleistete Nachtarbeit oder die Anzahl bezahlter freier Tage kann sich erhöhen, wenn die Belastung durch die Nachtarbeit unter qualitativen (Art der Tätigkeit) oder quantitativen (Umfang der Nachtarbeit) Aspekten die normalerweise mit der Nachtarbeit verbundene Belastung übersteigt. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn ein Arbeitnehmer nach seinem Arbeitsvertrag bzw. nach entsprechender Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber dauerhaft in Nachtarbeit tätig wird („Dauernachtarbeit“). Bei der Erbringung der regulären Arbeitsleistung in Dauernachtarbeit ist deshalb regelmäßig ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % auf den Bruttostundenlohn bzw. die Gewährung einer entsprechenden Anzahl freier Tage als angemessen anzusehen (so im Ergebnis schon BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 5 der Gründe, BAGE 102, 309; 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - zu I 4 b aa der Gründe). Nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen erhöht sich die Belastung mit dem Umfang der geleisteten Nachtarbeit (vgl. bereits oben II 2 a). Hiervon geht erkennbar auch das ArbZG aus, da der Schutz für Nachtarbeitnehmer nach § 2 Abs. 5 bereits einsetzt, wenn diese „nur“ an 48 Tagen im Kalenderjahr Nachtarbeit leisten oder normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht leisten. Es liegt auf der Hand, dass der Arbeitnehmer, der ununterbrochen Nachtarbeit leistet, im Vergleich dazu einer deutlich höheren Belastung durch die Nachtarbeit unterliegt. Dies berücksichtigt die Revision nicht, wenn sie argumentiert, aufgrund der höheren Stundenanzahl würden insgesamt höhere Nachtarbeitszeitzuschläge gezahlt.

29

b) Hingegen kann nach § 6 Abs. 5 ArbZG ein geringerer Ausgleich erforderlich sein, wenn die Belastung durch die Nachtarbeit im Vergleich zum Üblichen geringer ist, weil zB in diese Zeit in nicht unerheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt(vgl. dazu zB BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 25; 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 12) oder es sich um nächtlichen Bereitschaftsdienst handelt, bei dem von vornherein von einer geringeren Arbeitsbelastung auszugehen ist (vgl. BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - BAGE 131, 215; 24. Februar 1999 - 4 AZR 62/98 - BAGE 91, 63). Nach der Art der Arbeitsleistung ist auch zu beurteilen, ob der vom Gesetzgeber mit dem Lohnzuschlag verfolgte Zweck, im Interesse der Gesundheit des Arbeitnehmers Nachtarbeit zu verteuern und auf diesem Weg einzuschränken, zum Tragen kommen kann oder in einem solchen Fall nur die mit der Nachtarbeit verbundene Erschwernis ausgeglichen werden kann (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu I 4 b der Gründe, BAGE 115, 372). Relevanz kann die letztgenannte Erwägung aber nur in den Fällen haben, in denen die Nachtarbeit aus zwingenden technischen Gründen oder aus zwingend mit der Art der Tätigkeit verbundenen Gründen bei wertender Betrachtung vor dem Hintergrund des Schutzzwecks des § 6 Abs. 5 ArbZG unvermeidbar ist. Auch in einem solchen Fall ist ein Zuschlag von 10 % aber regelmäßig die Untergrenze dessen, was als angemessen angesehen werden kann (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - aaO [Angehörige eines Rettungsdienstes]).

30

c) Rein wirtschaftliche Erwägungen sind nicht geeignet, eine Abweichung vom Regelwert nach unten zu begründen. Eine Wettbewerbsverzerrung ist in diesen Fällen ausgeschlossen, weil das gesetzliche Gebot des § 6 Abs. 5 ArbZG für alle betroffenen Unternehmen gilt. Ein Grund für die Reduzierung des Nachtarbeitszuschlags kann sich nach dem Normzweck auch nicht aus der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers oder einer Region ergeben (aA wohl BAG 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 17 [Berücksichtigung der Besonderheiten einer wirtschaftsschwachen Region]). Hiervon hängt der Gesundheitsschutz nicht ab. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass sich eine aus solchen Faktoren herrührende geringere Grundvergütung bereits indirekt auf die Höhe des Nachtarbeitszuschlags bzw. die Vergütungshöhe für bezahlte freie Tage auswirkt (vgl. dazu II 2 e aa).

31

d) Tarifvertragliche Ausgleichsregelungen sind für die Bestimmung der Angemessenheit des Ausgleichs nach § 6 Abs. 5 ArbZG nur nachrangig zu beachten. Der Ausgleich für Nachtarbeit ist nach dieser Bestimmung nur dann individual-rechtlich vorzunehmen, wenn nicht bereits kraft Tarifbindung oder arbeitsvertraglicher Bezugnahme ein Tarifvertrag Anwendung findet, der seinerseits Ausgleichsregelungen für Nachtarbeit enthält. Findet ein solcher auf das Arbeitsverhältnis hingegen keine Anwendung, scheidet ein unmittelbarer Rückgriff auch auf nach dem Geltungsbereich an sich einschlägige tarifliche Regelungen aus (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 4 a der Gründe, BAGE 102, 309). In vielen Fällen existiert in der jeweiligen Branche je nach Region oder tarifschließenden Parteien darüber hinaus eine Bandbreite unterschiedlicher Regelungen, die nach ihrem Grundkonzept nicht immer vergleichbar sind (vgl. auch die Tariföffnungsklauseln in § 7 ArbZG). In zahlreichen Tarifverträgen übersteigen die Zeiten zuschlagspflichtiger Nachtarbeit die Zeiten der Nachtarbeit gemäß § 2 Abs. 3 ArbZG und sind die tariflichen Nachtarbeitszuschläge nicht nur Nachtarbeitnehmern iSd. § 2 Abs. 5 Nr. 1 oder Nr. 2 ArbZG vorbehalten. Auch ist der Umstand zu berücksichtigen, dass es sich bei tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen - unabhängig von der Pflicht zur Einhaltung der Grenzen des § 6 Abs. 5 ArbZG(vgl. dazu zB BAG 12. Dezember 2012 - 10 AZR 192/11 -) - typischerweise um Teile eines „Gesamtpakets“ handelt, so dass die Höhe einer einzelnen Leistung für die Beurteilung der Angemessenheit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG nur begrenzt aussagekräftig ist. Deshalb können regelmäßig allenfalls repräsentative branchenmäßig einschlägige Tarifverträge als Orientierungshilfe herangezogen werden oder als Anhaltspunkt dienen, ohne aber die Höhe der Ausgleichsleistung zu determinieren (BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 25; 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - zu I 4 a der Gründe).

32

4. Der Arbeitnehmer, der einen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG begehrt, hat zur Schlüssigkeit der Klage zunächst darzulegen - und im Fall des Bestreitens zu beweisen -, dass er Nachtarbeitnehmer iSv. § 2 Abs. 5 ArbZG ist, in welchem Umfang er Nachtarbeit geleistet hat(§ 2 Abs. 4 ArbZG) und - als negatives Tatbestandsmerkmal -, dass keine tarifvertragliche Ausgleichsregelung besteht (vgl. zur Darlegungs- und Beweislast im Fall des Bestehens einer tariflichen Regelung, die der Arbeitnehmer für unzureichend hält BAG 12. März 2008 - 4 AZR 616/06 - Rn. 64).

33

Sind diese Tatbestandsvoraussetzungen unstreitig oder bewiesen, steht fest, dass dem Arbeitnehmer ein gesetzlicher Ausgleichsanspruch für geleistete Nachtarbeit zusteht. Es ist dann Sache des Arbeitgebers, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass er diesen gesetzlichen Anspruch des Arbeitnehmers erfüllt hat (§ 362 BGB). Dies umfasst auch die Darlegung der Tatsachen, die die Angemessenheit vom Arbeitgeber bereits erbrachter Leistungen, zB eines gezahlten Zuschlags, begründen sollen (so wohl auch BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 59, BAGE 148, 68; in diese Richtung schon BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 c bb der Gründe, BAGE 102, 309).

34

Im Hinblick auf die regelmäßig als angemessen angesehenen Werte von 25 % bzw. bei Dauernachtarbeit von 30 % ist von einer abgestuften Darlegungslast auszugehen: Gewährt der Arbeitgeber einen Ausgleich in diesem Umfang, genügt er damit zunächst seiner Darlegungslast und es ist kein weiterer Tatsachenvortrag zur Angemessenheit erforderlich. Vielmehr hat der Arbeitnehmer in einem solchen Fall im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast zu begründen, aus welchen Umständen sich ein höherer Anspruch ergeben soll. Bleibt der geleistete Ausgleich hingegen hinter diesen Werten zurück, ist es bereits im ersten Schritt Sache des Arbeitgebers darzulegen, aufgrund welcher Faktoren ein geringerer Zuschlagsanspruch angemessen sein soll (vgl. zu ähnlichen Systemen der abgestuften Darlegungslast: BAG 18. Juni 2014 - 10 AZR 699/13 - Rn. 40 ff., BAGE 148, 271 [ERA-Leistungsentgelt]; 18. November 2014 - 9 AZR 584/13 - Rn. 8 ff. [Arbeitszeugnis]; 29. April 2015 - 9 AZR 108/14 - Rn. 26 [sekundäre Darlegungslast des Arbeitgebers bei § 17 BBiG]). Bleiben danach für die Beurteilung der Angemessenheit relevante Tatsachen streitig, liegt die Beweislast für die den Erfüllungseinwand begründenden Tatsachen beim Arbeitgeber.

35

5. Ausgehend von diesen Grundsätzen erweist sich die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts als rechtsfehlerhaft und unterliegt der Aufhebung (§ 562 Abs. 1 ZPO).

36

a) Bei dem Merkmal „angemessen“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, bei dessen Anwendung dem Tatsachengericht ein Beurteilungsspielraum zukommt. Dieser ist vom Revisionsgericht nur darauf zu überprüfen, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist (st. Rspr., zuletzt zB BAG 21. Mai 2015 - 8 AZR 618/13 - Rn. 31; 21. Januar 2015 - 4 AZR 253/13 - Rn. 23). Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht stand.

37

b) Das Landesarbeitsgericht geht zwar vom zutreffenden Begriff der Angemessenheit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG aus. Die Berücksichtigung des von der Beklagten für Arbeit in der Zeit zwischen 21:00 Uhr und 23:00 Uhr gezahlten Zuschlags in Höhe von zuletzt 3,18 Euro brutto pro Stunde bei der Prüfung der Angemessenheit des für die Zeit zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr vom Kläger beanspruchten Nachtarbeitszuschlags ist aber widersprüchlich und rechtsfehlerhaft. Zwar geht das Landesarbeitsgericht zutreffend davon aus, dass diese Zuschläge nicht auf die Nachtarbeitsstunden gemäß § 2 Abs. 3 ArbZG umgerechnet werden können, da es sich um keine Leistung für die während der Nachtzeit erbrachte Arbeit handelt. Es fehlt ein hinreichender Bezug zur Nachtarbeit iSd. Arbeitszeitgesetzes, weil diese Zuschläge nicht auf das für die Nachtarbeit iSv. § 2 Abs. 3 ArbZG geschuldete Bruttoarbeitsentgelt gezahlt werden(vgl. BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 17, BAGE 131, 215; 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 102, 309), sondern auf Bruttoarbeitsentgelt für Stunden außerhalb dieser Zeit. Der Zuschlag wird nur für die in der Zeit von 21:00 Uhr bis 23:00 Uhr geleistete Arbeitsleistung gezahlt. Es spielt keine Rolle, ob im Anschluss daran Nachtarbeit iSv. § 2 Abs. 3 ArbZG geleistet wird oder ob es sich um einen Nachtarbeitnehmer iSd. § 2 Abs. 5 Nr. 2 ArbZG handelt. Dennoch will das Landesarbeitsgericht diese Zuschläge im Rahmen der Angemessenheitsprüfung zulagenmindernd berücksichtigen. Hierfür gibt es keine Grundlage. Dies gilt auch dann, wenn die Auffassung der Beklagten zuträfe, dass dieser „Spätarbeitszuschlag“ ähnlichen Zwecken diene wie der gesetzliche Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG. Ein Ausgleichszweck für Nachtarbeit iSd. § 2 Abs. 3 ArbZG wird durch diese Leistung nicht erreicht.

38

6. Der Senat kann gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden, da alle für die Beurteilung der Angemessenheit des Ausgleichs nach § 6 Abs. 5 ArbZG maßgeblichen Tatsachen festgestellt sind. Einer Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht bedarf es nicht (vgl. BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 16; 19. April 2012 - 2 AZR 258/11 - Rn. 16). Die Klage ist in vollem Umfang begründet.

39

a) Der Kläger ist Nachtarbeitnehmer iSv. § 2 Abs. 5 Nr. 2 iVm. § 2 Abs. 3 und Abs. 4 ArbZG. Er leistet an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr umfasst (§ 2 Abs. 4 ArbZG). Im Arbeitsverhältnis der Parteien gelten weder kraft Tarifbindung (§ 3 Abs. 1 TVG) noch aufgrund arbeitsvertraglicher Inbezugnahme tarifvertragliche Ausgleichsregelungen für die vom Kläger geleistete Nachtarbeit. Dies steht zwischen den Parteien nicht im Streit.

40

b) Der Kläger leistet Dauernachtarbeit, er erbringt nach der von der Beklagten bestimmten Lage der Arbeitszeit - unabhängig von Schwankungen bei Beginn und Ende der Arbeitszeit und ohne Berücksichtigung von Pausen - durchgängig Arbeit von mehr als zwei Stunden (§ 2 Abs. 4 ArbZG) in der gesetzlichen Nachtzeit. Er hat deshalb grundsätzlich einen Anspruch auf einen Ausgleich nach § 6 Abs. 5 ArbZG durch Gewährung eines Zuschlags iHv. 30 % auf seinen Bruttostundenlohn bzw. eine entsprechende Anzahl bezahlter freier Tage nach Wahl der Beklagten für die während der gesetzlichen Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden. Gründe für eine Verminderung der Höhe des Ausgleichsanspruchs bestehen nicht.

41

aa) Aus der Art der Tätigkeit des Klägers als Lkw-Fahrer im Nachtverkehr ergeben sich keine Anhaltspunkte für die Annahme, seine Belastung sei geringer als diejenige eines anderen Arbeitnehmers, der Dauernachtarbeit leistet. Zeiten minderer Beanspruchung fallen nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht an. Dass Dauernachtarbeit als Lkw-Fahrer eine besondere Belastung darstellt, wird durch die Bestimmungen der „Richtlinie 2002/15/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2002 zur Regelung der Arbeitszeit von Personen, die Fahrtätigkeiten im Bereich des Straßentransports ausüben“ bestätigt. Während die Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG zwar die Gesundheitsgefährdung durch Nachtarbeit benennt, ohne aber die Mitgliedstaaten zur Gewährung eines Ausgleichs zu verpflichten, sieht Art. 7 Abs. 1 der RL 2002/15/EG eine solche Verpflichtung vor. Daraus lässt sich die unionsrechtliche Wertung entnehmen, dass die Nachtarbeit bei Fahrpersonal als besonders belastend angesehen wird (vgl. auch die Erwägungsgründe 11 und 12 der RL 2002/15/EG). Dem ist bei der Auslegung des § 6 Abs. 5 ArbZG Rechnung zu tragen.

42

bb) Entgegen der Auffassung der Revision handelt es sich bei der Tätigkeit des Klägers nicht um eine Arbeitsleistung, die zwingend in der Nacht erfolgen muss und bei der der mit dem Zuschlag verfolgte Zweck, die Nachtarbeit im Interesse der Gesundheit des Arbeitnehmers zu verteuern, deshalb nicht zum Tragen kommt (vgl. dazu oben II 3 b).

43

(1) Es ist weder aus technischen Gründen zwingend erforderlich, dass der Kläger seine Fahrtätigkeit nachts erbringt, noch ergibt sich aus der Art der Tätigkeit ein solcher Zwang. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht das unternehmerische Konzept der Beklagten, das die Nachtarbeit des Klägers beinhaltet, berücksichtigt und damit eine Reduzierung des Ausgleichsanspruchs begründet. Dabei kann zugunsten der Beklagten deren - vom Kläger bestrittene - Behauptung unterstellt werden, dass eine vollständige Durchführung der Transporte außerhalb der gesetzlichen Nachtzeit zu Laufzeitverlängerungen führen würde, deshalb bestimmte Zustellzeiten nicht garantiert und bestimmte Leistungen dann nicht angeboten werden könnten. Ebenso kann unterstellt werden, dass am Markt eine Nachfrage nach entsprechenden kurzfristigen Zustellzeiten besteht. Dabei handelt es sich aber insgesamt um rein wirtschaftliche Erwägungen, die - anders als beispielsweise im Fall der Tätigkeit der Angehörigen eines Rettungsdienstes in der Nachtzeit (vgl. dazu BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu I 4 b der Gründe, BAGE 115, 372) - keine Unvermeidbarkeit der Nachtarbeit im og. Sinn begründen können.

44

(2) Ein solches Verständnis des § 6 Abs. 5 ArbZG stellt keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Rechte der Beklagten aus Art. 12 Abs. 1 GG dar.

45

(a) Die gesetzliche Verpflichtung, unabhängig von den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen aus Gründen des Gesundheitsschutzes an Nachtarbeitnehmer bestimmte Nachtarbeitszuschläge zu zahlen bzw. eine bestimmte Anzahl freier Tage zu gewähren, lässt das Recht der Beklagten, Nachtarbeit anzuordnen und entsprechende Leistungen am Markt anzubieten, unberührt. Damit handelt es sich (nur) um eine Berufsausübungsregelung (vgl. dazu zB BAG 15. März 2005 - 9 AZR 104/04 - BAGE 114, 70). Solche Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit müssen durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sein. Dabei reichen grundsätzlich vernünftige Gründe des Allgemeinwohls aus. Es gelten die Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, dh. der Eingriff muss zur Erreichung des Eingriffsziels geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne sein (st. Rspr., vgl. zuletzt zB BVerfG 2. März 2010 - 1 BvR 256/08 ua. - Rn. 297, BVerfGE 125, 260).

46

(b) Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Eingriff dient dem Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer bei Nachtarbeit und damit einem legitimen, verfassungsrechtlich gebotenen Ziel (BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82, 1 BvL 16/83, 1 BvL 10/91 - zu C III 3 der Gründe, BVerfGE 85, 191). Die gesetzliche Regelung ist in der hier gefundenen Auslegung geeignet, zur Erreichung dieses Ziels beizutragen, indem die durch Nachtarbeit entstehenden Belastungen entweder unmittelbar vermindert werden oder zumindest mittelbar auf ihre Reduzierung hingewirkt wird. Sie ist erforderlich. Ein die Interessen der Beklagten weniger beeinträchtigendes Mittel zur Erreichung des Ziels ist nicht erkennbar. Ungeeignet wäre insbesondere die von der Beklagten angestrebte Verminderung des Ausgleichsanspruchs, da die Anreizwirkung zur Vermeidung von Nachtarbeit dann kaum mehr vorhanden wäre und gleichzeitig bei geleisteter Nachtarbeit kein die Belastungen angemessen abbildender Ausgleich gewährt würde. Auch die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn ist gewahrt. Die Belastung erreicht kein solches Maß, dass die Möglichkeit der Beklagten, auf dem Markt zu wirtschaftlichen Bedingungen ihre Dienstleistungen anzubieten, auch nur annähernd beeinträchtigt wäre. Weder hat sie hierfür Anhaltspunkte vorgetragen noch sind solche erkennbar. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass § 6 Abs. 5 ArbZG gleichermaßen für alle Unternehmen gilt, die zur Erbringung ihres Angebots am Markt Nachtarbeit ihrer Arbeitnehmer für erforderlich halten.

47

c) Den mit der Klage geltend gemachten Anspruch hat die Beklagte durch die Gewährung eines Nachtzuschlags iHv. zuletzt 3,18 Euro brutto pro Stunde (20 % des Bruttostundenlohns) nicht vollständig erfüllt.

48

aa) Der arbeitsvertraglich vereinbarte und zuletzt iHv. 15,90 Euro gezahlte Stundenlohn enthält keinen Zuschlag für die vom Kläger geleistete Nachtarbeit.

49

(1) Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass die Arbeitsvertragsparteien auf eine gesonderte Zuschlagsregelung verzichten und stattdessen den Grundlohn wegen der vereinbarten Nachtarbeit entsprechend erhöhen. Von einer derartigen pauschalen Abgeltung des Nachtarbeitszuschlags kann jedoch nur ausgegangen werden, wenn der Arbeitsvertrag konkrete Anhalte für eine Pauschalierung enthält. Hierfür ist regelmäßig erforderlich, dass in dem Arbeitsvertrag zwischen der Grundvergütung und dem (zusätzlichen) Nachtarbeitszuschlag unterschieden wird; jedenfalls muss ein Bezug zwischen der zu leistenden Nachtarbeit und der Lohnhöhe hergestellt sein (so bereits BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 b der Gründe mwN, BAGE 102, 309; zu tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen vgl. zB BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 54, BAGE 148, 68; 12. Dezember 2012 - 10 AZR 192/11 - Rn. 14).

50

(2) Hierfür fehlen jegliche Anhaltspunkte. Der Stundenlohn ist nach dem Arbeitsvertrag unabhängig von der konkret zugewiesenen Tätigkeit und insbesondere unabhängig davon zu zahlen, ob der Kläger zu Tag- oder Nachtarbeit eingeteilt wird. Der Kläger wurde auch nicht ausschließlich für Nachtarbeiten bzw. -fahrten eingestellt, sondern in § 1 Ziff. 1 Satz 2 des Arbeitsvertrags hat er lediglich die „Bereitschaft zur Sonn- u. Feiertags- und Nachtarbeit“ erklärt. Nach dem Vortrag der Beklagten sind zwar 90 % der Kraftfahrer zu Nachtzeiten beschäftigt. Jedoch differenziert die Beklagte hinsichtlich der Lohnhöhe nicht zwischen Kraftfahrern, die zu Tag- oder Nachtzeiten eingesetzt werden, sondern alle Fahrer erhalten denselben Stundenlohn (zur Differenzierung zwischen vergleichbaren nachtarbeits- und nicht nachtarbeitsgeprägten Tätigkeiten BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 22).

51

bb) Ebenso wenig kann der von der Beklagten für die Zeit von 21:00 Uhr bis 23:00 Uhr gezahlte Zuschlag iHv. zuletzt 20 % des Bruttostundenlohns auf die Zeiten der Nachtarbeit iSv. § 2 Abs. 3 ArbZG „umgelegt“ oder angerechnet werden. Wie bereits dargelegt (vgl. II 5 b), fehlt hinsichtlich dieser Zuschläge ein hinreichender Bezug zur Nachtarbeit, sie werden nicht auf das für die Nachtarbeit geschuldete Bruttoarbeitsentgelt gezahlt (vgl. BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 17, BAGE 131, 215; 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 102, 309), sondern auf Bruttoarbeitsentgelt für Stunden außerhalb dieser Zeit.

52

d) Für die Zeit ab dem 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 hat die Beklagte ihr Wahlrecht nach § 6 Abs. 5 ArbZG ausgeübt und damit für diesen Zeitraum die Ausgleichsleistung auf einen Zahlungsanspruch des Klägers konkretisiert.

53

aa) Nach § 6 Abs. 5 ArbZG kann der Arbeitgeber wählen, ob er den Ausgleichsanspruch durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder durch eine Kombination von beidem erfüllt. Die gesetzlich begründete Wahlschuld (§ 262 BGB) konkretisiert sich auf eine der geschuldeten Leistungen, wenn der Schuldner das ihm zustehende Wahlrecht nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ausübt (BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 51, BAGE 148, 68; 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 15 mwN).

54

bb) Das Wahlrecht nach § 6 Abs. 5 ArbZG steht dem Arbeitgeber dabei grundsätzlich für jede Entgeltzahlungsperiode, typischerweise also kalendermonatlich neu zu. Zwar geht die gesetzliche Konzeption der Wahlschuld nach §§ 262 ff. BGB als Regelfall davon aus, dass das Wahlrecht einmalig ausgeübt wird, die Wahl verbindlich ist (MüKoBGB/Krüger 6. Aufl. § 263 Rn. 4) und das Schuldverhältnis insgesamt rückwirkend gestaltet (vgl. § 263 Abs. 2 BGB). Die Bestimmungen beziehen sich allerdings auf den Fall einer einmalig geschuldeten Leistung. Die erstmalig ausgeübte Wahl in einem Dauerschuldverhältnis, in dem ein Leistungsanspruch als Wahlschuld immer wieder neu entsteht, kann deshalb keine Bindungswirkung über den einmaligen Anspruch hinaus entfalten. So ist die Situation beim gesetzlichen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG: Dieser entsteht jeweils neu, wenn vom Arbeitnehmer ausgleichspflichtige Nachtarbeitsstunden erbracht werden. Der Arbeitgeber ist dann verpflichtet, zu wählen, ob er - regelmäßig mit der Vergütung für den jeweiligen Lohnabrechnungszeitraum - einen finanziellen Ausgleich leistet oder ob er Freizeitausgleich gewähren will. Hat der Arbeitgeber sein Wahlrecht ausgeübt, ist er hieran nach § 263 Abs. 2 BGB gebunden und kann die Wahl für diesen Zeitraum nicht mehr ändern(vgl. auch BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 51, BAGE 148, 68).

55

cc) Dieses Wahlrecht kann vertraglich abbedungen werden und die Vertragsparteien können sich bereits dauerhaft auf eine Variante des Ausgleichs festlegen (vgl. zB BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 21, BAGE 131, 215). Ebenso ist eine spätere, ggf. konkludente vertragliche Vereinbarung über die Form des Ausgleichs möglich. Die Annahme einer konkludenten Vereinbarung setzt aber Umstände voraus, die über die bloße (auch mehrmalige) Ausübung des Wahlrechts in eine Richtung hinausgehen (vgl. zum Direktionsrecht zuletzt zB BAG 10. Dezember 2014 - 10 AZR 63/14 - Rn. 15 mwN). In Betracht kommt auch, dass der Arbeitgeber aus kollektiv-rechtlichen Gründen zu einer bestimmten Art des Ausgleichs verpflichtet ist. Das Wahlrecht selbst unterliegt der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 und Nr. 10 BetrVG(BAG 26. April 2005 - 1 ABR 1/04 - zu B II 2 a bb der Gründe, BAGE 114, 272; grundlegend bereits BAG 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - BAGE 86, 249).

56

dd) Nach diesen Grundsätzen hat die Beklagte für die Zeit bis zum 31. März 2014 ihr Wahlrecht dadurch ausgeübt, dass sie als Ausgleich für geleistete Nachtarbeit jeweils ausschließlich Zuschläge zum Bruttostundenlohn geleistet hat. Weder hat sie Freizeitausgleich gewährt noch sich für eine Kombination aus Geldleistungen und Freizeitausgleich entschieden. An diese Wahl über die Art des Ausgleichs ist sie gebunden, auch wenn die Zuschläge in zu geringer Höhe gezahlt wurden.

57

e) Für die Zeit ab dem 1. April 2014 ist die Beklagte verpflichtet, dem Kläger für die von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % des Bruttostundenlohns zu zahlen oder ihm wahlweise für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden zwei bezahlte freie Tage zu gewähren. Zur Ausübung des Wahlrechts sind für die nach Ende der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht liegenden Zeiträume keine Feststellungen getroffen, so dass von dessen Fortbestand auszugehen ist. Hinsichtlich des Umfangs des Anspruchs auf bezahlte freie Tage ist gemäß § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO vom klägerischen Antrag auszugehen, auch wenn dieser keinem wertgleichen Ausgleich entspricht.

58

III. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

        

    Linck    

        

    Schlünder    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

    Klein    

        

    Großmann    

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 7. Dezember 2016 - 3 Sa 43/16 - wird zurückgewiesen.

2. Auf die Revision der Klägerin wird - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen - das Urteil des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 7. Dezember 2016 - 3 Sa 43/16 - teilweise aufgehoben und die Beklagte weiter verurteilt, an die Klägerin weitere 480,50 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 43,15 Euro seit dem 8. Februar 2015, aus 23,84 Euro seit dem 8. März 2015, aus 37,85 Euro seit dem 8. April 2015, aus 17,09 Euro seit dem 8. Mai 2015, aus 37,02 Euro seit dem 8. Juni 2015, aus 41,83 Euro seit dem 8. Juli 2015, aus 37,40 Euro seit dem 8. August 2015, aus 6,81 Euro seit dem 8. September 2015, aus 27,52 Euro seit dem 8. Oktober 2015, aus 40,96 Euro seit dem 8. November 2015, aus 35,27 Euro seit dem 8. Dezember 2015, aus 36,79 Euro seit dem 8. Januar 2016, aus 5,59 Euro seit dem 8. Februar 2016, aus 28,69 Euro seit dem 8. März 2016, aus 37,09 Euro seit dem 8. April 2016 und aus 23,60 Euro seit dem 8. Mai 2016 zu zahlen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 87 % und die Beklagte 13 % zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Differenzvergütung und dabei insbesondere darüber, ob die Klägerin nur den abgesenkten gesetzlichen Mindestlohn nach § 24 Abs. 2 MiLoG beanspruchen kann, eine Vertretungsprämie mindestlohnwirksam ist sowie die Höhe des Nachtarbeitszuschlags.

2

Die Klägerin ist seit dem 1. August 2013 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Zeitungszustellerin beschäftigt. Arbeitsvertraglich vereinbart ist eine Vergütung auf Stücklohnbasis. Daneben zahlte die Beklagte einen Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 25 % auf den Stücklohn sowie eine Vertretungsprämie, sofern die Klägerin neben den ihr zugewiesenen (vier) Zustellbezirken die Vertretung in einem weiteren Zustellbezirk übernahm.

3

Im Streitzeitraum Januar 2015 bis April 2016 arbeitete die Klägerin ausschließlich und mehr als zwei Stunden zur Nachtzeit (§ 2 Abs. 3 ArbZG). Dabei trug sie die Tageszeitung „Weserkurier“ aus, ferner den „Kurier der Woche“, der aus zweitverwerteten Artikeln des Weserkuriers und Werbung besteht. Zur Zustelltätigkeit der Klägerin gehörte auch die Publikation „Werder Heimspiel“, die Dauerkartenbesitzer vor einem Bundesliga-Heimspiel des SV Werder Bremen erhalten.

4

Mit ihrer am 12. August 2015 anhängig gemachten und mehrfach - zuletzt in der Berufungsinstanz - erweiterten Klage hat die Klägerin Differenzvergütung geltend gemacht und gemeint, sie habe seit dem 1. Januar 2015 Anspruch auf den vollen gesetzlichen Mindestlohn. Die Übergangsregelung für Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG, zudem lägen die Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 Satz 3 MiLoG nicht vor. Sie sei arbeitsvertraglich nicht ausschließlich zur Zustellung der dort genannten Produkte, sondern auch zum Austragen von Anzeigenblättern, Briefen und Werbematerialien verpflichtet. Der „Kurier der Woche“ sei nur ein scheinbares Anzeigenblatt ohne nennenswerten redaktionellen Inhalt, das „Werder Heimspiel“ keine periodische Zeitschrift. Die Vertretungsprämie sei nicht auf den Mindestlohn anrechenbar, weil sie nicht die Normalleistung abdecke, sondern die Übernahme von Mehrarbeit und die besondere Flexibilität der Klägerin honoriere. Schließlich sei der Nachtarbeitszuschlag auf der Basis des vollen gesetzlichen Mindestlohns zu berechnen und müsse wegen ihrer Dauernachtarbeit 30 % betragen.

5

Die Klägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 5.244,58 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter Staffelung zu zahlen.

6

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, die Klägerin könne aufgrund ihrer tatsächlichen Tätigkeit als Zeitungszustellerin nur den abgesenkten Mindestlohn nach § 24 Abs. 2 MiLoG beanspruchen, den sie erhalten habe. Die Vertretungsprämie erfülle den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn mit. Der Nachtarbeitszuschlag sei wie arbeitsvertraglich vereinbart zu berechnen, lege man den - abgesenkten - Mindestlohn zugrunde, sei ein Zuschlag von 10 % angemessen.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klägerin als weiteren Mindestlohn für den Monat Mai 2015 65,37 Euro brutto nebst Zinsen zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufungen beider Parteien hat das Landesarbeitsgericht - unter Zurückweisung der Berufungen im Übrigen - der Klägerin insgesamt 236,74 Euro brutto nebst Zinsen als weiteren Nachtarbeitszuschlag zuerkannt. Mit der vom Landesarbeitsgericht für beide Parteien zugelassenen Revision hält die Klägerin an ihrem weitergehenden Klageantrag fest, während die Beklagte die vollständige Klageabweisung begehrt.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Klägerin ist begründet, soweit sie die prozentuale Höhe des Nachtarbeitszuschlags angreift. Im Übrigen sind ihre Revision und die der Beklagten unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin im Streitzeitraum nur den abgesenkten Mindestlohn nach § 24 Abs. 2 MiLoG beanspruchen kann, die gezahlte Vertretungsprämie mindestlohnwirksam und Grundlage für den Zuschlag nach § 6 Abs. 5 ArbZG der gesetzliche Mindestlohn ist, sofern die Arbeitsvertragsparteien keine höhere Vergütung vereinbart haben. Rechtsfehlerhaft ist lediglich die Annahme, im Streitfall sei ein Nachtarbeitszuschlag von 25 % und nicht ein solcher von 30 % angemessen.

9

I. Die Klägerin hat als Zeitungszustellerin für geleistete Arbeit im streitgegenständlichen Zeitraum nach § 24 Abs. 2 Satz 1 MiLoG lediglich Anspruch auf 75 % des Mindestlohns nach § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG und ab 1. Januar 2016 auf 85 % hiervon (zum Mindestlohn als Geldfaktor bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall: vgl. BAG 6. Dezember 2017 - 5 AZR 699/16 - Rn. 17; 20. September 2017 - 10 AZR 171/16 - Rn. 24, jeweils mwN). Den Anspruch der Klägerin auf diesen abgesenkten Mindestlohn hat die Beklagte mit ihren Zahlungen vollständig erfüllt (§ 362 Abs. 1 BGB), denn auch die der Klägerin gewährte Vertretungsprämie ist mindestlohnwirksam, dh. geeignet, den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn zu erfüllen.

10

1. Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller sind nach der Legaldefinition des § 24 Abs. 2 Satz 3 MiLoG Personen, die in einem Arbeitsverhältnis ausschließlich periodische Zeitungen oder Zeitschriften an Endkunden zustellen; dies umfasst auch Zustellerinnen und Zusteller von Anzeigenblättern mit redaktionellem Inhalt. Diese Voraussetzungen lagen bei der Klägerin im Streitzeitraum vor.

11

a) Ob Beschäftigte Zeitungszustellerin oder Zeitungszusteller iSd. § 24 Abs. 2 Satz 3 MiLoG sind, richtet sich nach der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit und nicht nach den arbeitsvertraglich (auch) geschuldeten Tätigkeiten, sofern und solange der Arbeitgeber im Rahmen seines Weisungsrechts(§ 106 GewO) von den vertraglich eröffneten Möglichkeiten keinen Gebrauch macht.

12

aa) Der Wortlaut des § 24 Abs. 2 Satz 3 MiLoG stellt ab auf „Personen, die in einem Arbeitsverhältnis (…) zustellen“. Maßgeblich ist danach - verdeutlicht durch das Verb „zustellen“ - die tatsächliche Tätigkeit des Beschäftigten, nicht seine arbeitsvertragliche Verpflichtung (im Ergebnis wie hier: HK-MiLoG/Jerchel/Trümmer 2. Aufl. § 24 Rn. 43; ErfK/Franzen 18. Aufl. § 24 MiLoG Rn. 3; unklar Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 24 Rn. 69). Ein Rückgriff auf den Arbeitsvertrag und die dort vereinbarten Tätigkeiten des jeweiligen Zustellers als Anknüpfungspunkt fehlt; es wird lediglich - wegen des persönlichen Anwendungsbereichs nach § 22 Abs. 1 Satz 1 MiLoG an sich überflüssig - ein Arbeitsverhältnis als Grundlage der Zustellung verlangt.

13

bb) Das Abstellen auf die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit entspricht der Gesamtsystematik des Mindestlohngesetzes. Der Anspruch auf den Mindestlohn entsteht gemäß § 1 Abs. 2 iVm. §§ 20, 1 Abs. 1 MiLoG mit und für jede geleistete Arbeitsstunde, nicht jedoch für Zeiten ohne Arbeitsleistung(BAG 25. Mai 2016 - 5 AZR 135/16 - Rn. 19 mwN, BAGE 155, 202; seither st. Rspr., vgl. 6. Dezember 2017 - 5 AZR 699/16 - Rn. 15 ff.).

14

cc) Damit ist es entgegen der Auffassung der Klägerin unerheblich, dass ihr nach den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen auch die Zustellung etwa von Briefen oder Werbeprospekten hätte angewiesen werden können. Von dieser Möglichkeit hat die Beklagte im Streitzeitraum unstreitig nicht Gebrauch gemacht.

15

b) Die Klägerin hat im Streitzeitraum ausschließlich Presseerzeugnisse der in § 24 Abs. 2 Satz 3 MiLoG genannten Art zugestellt.

16

aa) Dass der „Weserkurier“ eine periodisch erscheinende Tageszeitung ist, stellt die Klägerin nicht in Abrede.

17

bb) Der „Kurier der Woche“ besteht nach den nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts aus Werbeprospekten, die von zweitverwerteten Artikeln des „Weserkuriers“ ummantelt werden. Ob er damit - wie das Landesarbeitsgericht meint - ein Anzeigenblatt mit redaktionellem Inhalt ist, kann dahingestellt bleiben. Denn anderenfalls handelte es sich um eine Wochenzeitung mit beigelegten Werbeprospekten. Für die von § 24 Abs. 2 Satz 3 MiLoG verlangte Ausschließlichkeit ist es nach zutreffender einhelliger Auffassung im Schrifttum unschädlich, wenn einer zuzustellenden Zeitung Werbebeilagen bereits maschinell „eingeschossen“ oder von Dritten eingelegt sind, streitig ist lediglich, ob das Bestücken der Zeitung mit Werbebeilagen durch den Zusteller selbst dem Ausschließlichkeitsprinzip entgegensteht(bejahend etwa: Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 24 Rn. 67; MüKoBGB/Müller-Glöge 7. Aufl. § 24 MiLoG Rn. 2; aA Pötters in Thüsing 2. Aufl. § 24 MiLoG Rn. 15; ErfK/Franzen 18. Aufl. § 24 MiLoG Rn. 3; Umgehungspotential befürchtend HK-MiLoG/Jerchel/Trümmer 2. Aufl. § 24 Rn. 39, 84). Dass sie Werbeprospekte oder Werbebeilagen in den „Kurier der Woche“ habe einlegen müssen, hat die Klägerin nicht behauptet.

18

cc) Für den Begriff der Zeitung iSd. § 24 Abs. 2 Satz 3 MiLoG ist es des Weiteren nicht konstitutiv, dass der redaktionelle Inhalt „neu“ oder „aktuell“ ist. Ein solches Erfordernis enthält die Norm - anders als etwa die für die Zulässigkeit von Sonn- und Feiertagsarbeit verlangte Tagesaktualität in § 10 Abs. 1 Nr. 8 ArbZG - nicht. Eine Wochenzeitung kann deshalb auch aus zweitverwerteten Artikeln einer Tageszeitung bestehen. Soweit die Klägerin erstmals in der Revisionsinstanz die Periodizität des „Kuriers der Woche“ in Frage stellen will, handelt es sich dabei um neues - noch dazu unsubstantiiertes - Vorbringen, das in der Revisionsinstanz nicht berücksichtigt werden kann (§ 559 ZPO).

19

dd) Die Publikation „Werder Heimspiel“ ist ein (Fußball-)Magazin, das zu jedem Heimspiel des SV Werder Bremen erscheint. Rechtlich handelt es sich - was die Klägerin insoweit nicht in Abrede stellt - um eine Zeitschrift, die nicht nur Dauerkartenbesitzern, sondern jedermann zugänglich ist und die entgegen der Auffassung der Klägerin auch periodisch iSd. § 24 Abs. 2 Satz 3 MiLoG erscheint. Dies ist bei einer Druckschrift der Fall, wenn eine bestimmte Zahl von Zeitungs- oder Zeitschriftennummern regelmäßig innerhalb eines bestimmten Zeitraums, der längstens ein Jahr betragen darf, erscheint und nicht nur gelegentlich publiziert werden soll (BGH 20. September 2012 - I ZR 116/11 - Rn. 32; Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 24 Rn. 63). Das „Werder Heimspiel“ ist nach seiner Aufmachung und der bisherigen Praxis nicht nur auf gelegentliche Publikation angelegt, sondern auf regelmäßiges Erscheinen zu den Heimspielen des SV Werder Bremen. Bei 18 in der ersten Fußballbundesliga spielenden Vereinen ergeben sich 17 Heimspiele in der Hin- und Rückrunde und damit 17 Nummern jährlich.

20

2. § 24 Abs. 2 MiLoG verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG(so auch die überwiegende Auffassung im Schrifttum, vgl. etwa Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 24 Rn. 52 ff.; HWK/Sittard 8. Aufl. § 24 MiLoG Rn. 8; Schaub ArbR-HdB/Vogelsang 17. Aufl. § 66 Rn. 20; MHdB ArbR/Krause 4. Aufl. § 61 Rn. 9; aA etwa HK-MiLoG/Jerchel/Trümmer 2. Aufl. § 24 Rn. 83; Barczak/Pieroth Mindestlohnausnahme für Zeitungszusteller? 2014 S. 115 ff.; eine Verfassungsbeschwerde gegen die Übergangsregelung des § 24 Abs. 2 MiLoG hat das Bundesverfassungsgericht wegen unzureichender Begründung nicht zur Entscheidung angenommen, vgl. BVerfG 25. Juni 2015 - 1 BvR 20/15 -).

21

a) Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Das hieraus folgende Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen. Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt grundsätzlich ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (BVerfG 10. April 2018 - 1 BvL 11/14 ua. - Rn. 94 f., st. Rspr.).

22

Bei zeitlich begrenzten Übergangsvorschriften hat der Gesetzgeber eine besondere Gestaltungsfreiheit (BVerfG 12. Februar 2003 - 2 BvL 3/00 - zu C IV 3 b aa der Gründe, BVerfGE 107, 218) und verfügt über einen weiten Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum, wenn er die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Freiheit, das Entgelt für berufliche Leistungen einzelvertraglich zu vereinbaren, durch zwingendes Gesetzesrecht begrenzt, um sozialen oder wirtschaftlichen Ungleichgewichten entgegenzuwirken, insbesondere Schutzvorschriften zugunsten des typischerweise unterlegenen Vertragsteils vorsieht. Dabei liegt die Einschätzung der für die Konfliktlage maßgeblichen ökonomischen und sozialen Rahmenbedingungen in der politischen Verantwortung des Gesetzgebers, ebenso die Vorausschau auf die künftige Entwicklung und die Wirkung seiner Regelung. Dasselbe gilt für die Bewertung der Interessenlage, wozu er die einander entgegenstehenden Belange hinsichtlich ihrer Schutzbedürftigkeit gewichten muss (vgl. BVerfG 23. Oktober 2013 - 1 BvR 1842/11, 1 BvR 1 BvR 1843/11 - Rn. 70, BVerfGE 134, 204; 29. Juni 2016 - 1 BvR 1015/15 - Rn. 64, BVerfGE 142, 268). Dabei ist die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers im Rahmen von Übergangsvorschriften umso größer, je geringfügiger die Ungleichheit nach Dauer oder Höhe ist (vgl. BVerfG 19. April 1977 - 1 BvL 17/75 - zu II 1 der Gründe, BVerfGE 44, 283; 12. Februar 2003 - 2 BvL 3/00 - zu C IV 3 b aa der Gründe, BVerfGE 107, 218).

23

b) Gemessen daran hat der Gesetzgeber mit der vorübergehenden Ungleichbehandlung der Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller durch die Übergangsregelung des § 24 Abs. 2 MiLoG, die auf Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales aufgenommen wurde, nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen.

24

aa) Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das Grundrecht der Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, in dessen Schutzbereich auch der Vertrieb von Presseprodukten, etwa die Botenzustellung von Zeitungen, fällt(BVerfG 29. April 2003 - 1 BvR 62/99 - zu II 2 b der Gründe, BVerfGK 1, 136), die Übergangsregelung tatsächlich geboten hat (krit. etwa: Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 24 Rn. 53 f.; Pötters in Thüsing 2. Aufl. § 24 MiLoG Rn. 11; HK-MiLoG/Jerchel/Trümmer 2. Aufl. § 24 Rn. 67 ff.; sh. zum generellen Verlangen einer Ausnahme vom Mindestlohn für die Zeitungszustellung: die Rechtsgutachten Di Fabio, Mindestlohn und Pressefreiheit [2014] sowie Degenhart, Pressefreiheit als Vertriebsfreiheit [2013]) oder sie lediglich Ausdruck der besonderen Wertschätzung der freien Presse ist, die diese in den Gesetzgebungsorganen genießt (so MüKoBGB/Müller-Glöge 7. Aufl. § 24 MiLoG Rn. 2). Denn jedenfalls hat der Gesetzgeber mit § 24 Abs. 2 MiLoG die ihm bei Übergangsregelungen eingeräumten Spielräume nicht überschritten.

25

bb) Seine Einschätzung, eine „stufenweise Einphasung“ des Mindestlohns für den Bereich der Zustellung von Presseerzeugnissen sei geeignet und erforderlich zur Sicherung der Pressefreiheit, weil die mit der Einführung des Mindestlohns einhergehenden Mehrkosten insbesondere in ländlichen und strukturschwachen Regionen die Trägerzustellung beeinträchtigen (BT-Drs. 18/2010 [neu] S. 25), liegt innerhalb des ihm zustehenden weiten Beurteilungsspielraums (ähnlich: Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 24 Rn. 58; MHdB ArbR/Krause 4. Aufl. § 61 Rn. 9; HWK/Sittard 8. Aufl. § 24 MiLoG Rn. 8) und seiner politischen Verantwortung für die prognostizierte Wirkung einer übergangslosen Einführung des vollen Mindestlohns in diesem Bereich. Die Annahme des Gesetzgebers, der für die übrigen Wirtschaftszweige in § 24 Abs. 1 MiLoG eröffnete Weg, über bundesweite, nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz erstreckte Tarifverträge vorübergehend vom Mindestlohn abzuweichen, sei wegen der besonderen Beschäftigten- und Entgeltstrukturen im Bereich der Zeitungszustellung nicht gangbar, jedenfalls nicht sachgerecht(BT-Drs. 18/2010 [neu] S. 25), ist ein einleuchtender Sachgrund für die Differenzierung zwischen allgemeiner (§ 24 Abs. 1 MiLoG) und besonderer (§ 24 Abs. 2 MiLoG) Übergangsregelung (im Ergebnis ebenso: Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 24 Rn. 57; MHdB ArbR/Krause 4. Aufl. § 61 Rn. 9; krit. Bayreuther NZA 2014, 865, 872; abl. HK-MiLoG/Jerchel/Trümmer 2. Aufl. § 24 Rn. 79).

26

cc) Die getroffene Übergangsregelung ist angemessen und auf einen relativ kurzen Zeitraum angelegt. Sie hat wegen der - nach § 9 Abs. 1 Satz 1 MiLoG zu erwartenden - Anhebung des vollen Mindestlohns zum 1. Januar 2017 insgesamt drei Jahre angedauert. Innerhalb dieses Zeitraums hat sich zudem die Entgeltdifferenz jährlich vermindert. Der abgesenkte Mindestlohn für Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller betrug 2015 75 %, 2016 85 % und 2017 96 % des vollen Mindestlohns. Der Gesetzgeber hat damit in einem überschaubaren Zeitraum in deutlichen Schritten eine Angleichung des Mindestlohns für Zeitungszusteller an den allgemeinen Mindestlohn vorgenommen. Die vorgenommene Differenzierung erweist sich deshalb im Ergebnis auch als verhältnismäßig im engeren Sinn und somit als verfassungskonform.

27

3. Den Anspruch der Klägerin auf den Mindestlohn nach § 24 Abs. 2 Satz 1 MiLoG und dessen Berücksichtigung als Geldfaktor bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall(§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 EFZG) hat die Beklagte - auch aus Sicht der Klägerin - mit ihren im Streitzeitraum geleisteten Zahlungen erfüllt, sofern die im Streitzeitraum gezahlte Vertretungsprämie mindestlohnwirksam ist. Das ist entgegen der Auffassung der Klägerin der Fall.

28

a) Mindestlohnwirksam, dh. geeignet den Mindestlohnanspruch zu erfüllen, sind alle im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis erbrachten Entgeltzahlungen mit Ausnahme der Zahlungen, die der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf eine tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erbringt oder die auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung (zB § 6 Abs. 5 ArbZG)beruhen (st. Rspr. seit BAG 25. Mai 2016 - 5 AZR 135/16 - Rn. 32, BAGE 155, 202; zuletzt BAG 17. Januar 2018 - 5 AZR 69/17 - Rn. 16 mwN; zum Streitstand zwischen „Entgelttheorie“ und „Normalleistungstheorie“ im Schrifttum sh. nur Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 1 Rn. 106 ff.; MüKoBGB/Müller-Glöge 7. Aufl. § 1 MiLoG Rn. 22 f., jeweils mwN). Dies beruht darauf, dass der Mindestlohn nach § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG „je Zeitstunde“ festgesetzt ist und das Gesetz den Anspruch nicht von der zeitlichen Lage der Arbeit oder den mit der Arbeitsleistung verbundenen Umständen oder Erfolgen abhängig macht. Entgegen der Auffassung der Klägerin gebietet die Entstehungsgeschichte des Mindestlohngesetzes kein anderes Verständnis. Der Begriff der „Normalleistung“ hat keinen Eingang in den Wortlaut des Mindestlohngesetzes gefunden (im Einzelnen BAG 21. Dezember 2016 - 5 AZR 374/16 - Rn. 21, BAGE 157, 356; zust. Greiner Anm. AP MiLoG § 1 Nr. 3; HWK/Sittard 8. Aufl. § 1 MiLoG Rn. 15b; kritisch Sagan RdA 2018, 121, 122).

29

b) Danach ist die der Klägerin gezahlte Vertretungsprämie mindestlohnwirksam. Sie ist im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis erbrachtes zusätzliches Arbeitsentgelt für Mehrarbeit und wird gerade für die tatsächliche Arbeitsleistung gewährt. Einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung unterliegt diese auf arbeitsvertraglicher Grundlage gezahlte Prämie nicht.

30

II. Die Klägerin hat aufgrund ihrer Dauernachtarbeit Anspruch auf einen Zuschlag von 30 % auf den ihr nach § 24 Abs. 2 MiLoG zustehenden Mindestlohn.

31

1. Die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin einen angemessenen, auf der Basis des Mindestlohns berechneten Ausgleich für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden zu gewähren, folgt nicht unmittelbar aus dem Mindestlohngesetz. Dieses bestimmt den Mindestlohn unabhängig von der zeitlichen Lage der Arbeit (st. Rspr., zuletzt BAG 17. Januar 2018 - 5 AZR 69/17 - Rn. 16) und sieht einen gesonderten Zuschlag für Nachtarbeit nicht vor (BAG 20. September 2017 - 10 AZR 171/16 - Rn. 29).

32

2. Der Anspruch ergibt sich aus § 6 Abs. 5 ArbZG.

33

a) Danach hat der Arbeitgeber, wenn - wie hier - eine tarifvertragliche Ausgleichsregelung nicht besteht, dem Nachtarbeitnehmer (§ 2 Abs. 5 ArbZG)für die während der Nachtzeit (§ 2 Abs. 3 ArbZG) geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Anzahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren. Dabei kann das Wahlrecht des Arbeitgebers (§ 262 BGB) abbedungen werden, die Vertragsparteien können sich dauerhaft auf eine Variante des Ausgleichs festlegen (BAG 9. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 - Rn. 55, BAGE 153, 378; 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 21, BAGE 131, 215).

34

b) Von der Möglichkeit, einen Ausgleich durch Zahlung von Geld zu vereinbaren, haben die Parteien arbeitsvertraglich Gebrauch gemacht. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 6 Abs. 5 ArbZG seien erfüllt, greift die Beklagte mit der Revision nicht an. Die Parteien streiten allein über die Höhe des zu zahlenden Nachtzuschlags.

35

3. Der in § 6 Abs. 5 ArbZG nur allgemein geregelte Anspruch auf angemessenen Ausgleich kann durch einzelvertragliche Regelung näher ausgestaltet werden(BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 17, BAGE 131, 215). Diese muss aber den Vorgaben des § 6 Abs. 5 ArbZG genügen, die Norm ist zwingend(BAG 9. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 - Rn. 19, BAGE 153, 378). Eine vertragliche Vereinbarung, die zum Nachteil des Arbeitnehmers hinter den gesetzlichen Vorgaben für einen angemessenen Ausgleich zurückbleibt, ist nach § 6 Abs. 5 ArbZG iVm. § 134 BGB unwirksam.

36

4. § 6 Abs. 5 ArbZG verlangt einen angemessenen Zuschlag auf das dem Arbeitnehmer für die Nachtarbeit zustehende Bruttoarbeitsentgelt.

37

a) Bei dem Merkmal „angemessen“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, bei dessen Anwendung dem Tatsachengericht ein Beurteilungsspielraum zukommt. Dieser ist vom Revisionsgericht nur darauf zu überprüfen, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff selbst verkannt hat oder bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist (BAG 9. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 - Rn. 19, 36, BAGE 153, 378).

38

b) Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht in Gänze stand. Das Landesarbeitsgericht ist zwar vom zutreffenden Begriff des angemessenen Nachtarbeitszuschlags ausgegangen und hat zu Recht angenommen, dass dieser - sofern die Parteien keine höhere Vergütung vereinbart haben - auf der Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns zu berechnen ist. Seine Würdigung, es lägen Umstände vor, die eine „Abweichung nach unten“ gebieten würden, ist indes nicht frei von Rechtsfehlern. Dabei kann der Senat gemäß § 563 Abs. 3 ZPO selbst endentscheiden, weil alle für die Beurteilung der Angemessenheit des Ausgleichs maßgeblichen Tatsachen festgestellt sind und neuer Sachvortrag hierzu nicht zu erwarten ist.

39

aa) Der Zuschlag nach § 6 Abs. 5 ArbZG knüpft an das dem Nachtarbeitnehmer für die Nachtarbeit „zustehende“ Bruttoarbeitsentgelt an.

40

(1) Zustehendes Bruttoarbeitsentgelt ist bei Fehlen einer günstigeren Regelung der gesetzliche Mindestlohn, denn dieser ist kraft Gesetzes (§§ 1, 3, 20 MiLoG) vom Arbeitgeber dem Arbeitnehmer als Gegenleistung für tatsächliche Arbeit zu zahlen (ebenso: BAG 20. September 2017 - 10 AZR 171/16 - Rn. 30; Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. § 1 Rn. 178; wohl auch Bayreuther in Thüsing 2. Aufl. § 1 MiLoG Rn. 113).

41

(2) Sinn und Zweck der Ausgleichsregelung bestätigen dieses aus dem Wortlaut der Norm und der Gesetzessystematik gewonnene Verständnis. Der vom Gesetzgeber mit dem Zuschlag nach § 6 Abs. 5 ArbZG verfolgte Zweck, Nachtarbeit im Interesse der Gesundheit des Arbeitnehmers zu verteuern und auf diesem Weg einzuschränken(BAG 9. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 - Rn. 18, BAGE 153, 378), käme nicht - voll - zum Tragen, stellte man bei der Beurteilung der Angemessenheit des Zuschlags nicht auf das wertmäßige Verhältnis zu dem Bruttoarbeitsentgelt ab, das dem Arbeitnehmer für die während der gesetzlichen Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden kraft Gesetzes zusteht, sondern auf ein niedrigeres arbeitsvertraglich vereinbartes Entgelt.

42

(3) Grundlage des der Klägerin zu gewährenden Nachtarbeitszuschlags kann deshalb entgegen der Auffassung der Beklagten nicht der arbeitsvertraglich vereinbarte Stücklohn sein, weil dieser unstreitig hinter dem gesetzlichen Mindestlohn zurückbleibt. Insoweit ist die vereinbarte Höhe des Nachtarbeitszuschlags unwirksam, § 6 Abs. 5 ArbZG iVm. § 134 BGB.

43

bb) Der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgend hat das Landesarbeitsgericht einen Zuschlag von 25 % auf das der Klägerin zustehende Bruttoarbeitsentgelt bzw. die Gewährung einer entsprechenden Anzahl von bezahlten freien Tagen als regelmäßig angemessenen Ausgleich für Nachtarbeit angenommen (vgl. BAG 9. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 - Rn. 23 mwN, BAGE 153, 378). Entgegen der Auffassung der Beklagten liegen keine Umstände vor, die es rechtfertigen, von dieser im Regelfall angemessenen Zuschlagshöhe nach unten abzuweichen. Vielmehr ist - wie die Revision der Klägerin zu Recht geltend macht - hiervon nach oben abzuweichen, weil die Klägerin dauerhaft Nachtarbeit iSd. Arbeitszeitgesetzes leistet.

44

(1) Ein geringerer als der regelmäßige Zuschlag von 25 % auf das dem Arbeitnehmer zustehende Bruttoarbeitsentgelt, wie ihn die Beklagte mit ihrer Revision erstrebt, kann nach § 6 Abs. 5 ArbZG nur ausreichend sein, wenn die Belastung durch die geleistete Nachtarbeit im Vergleich zum Üblichen geringer ist, weil zB in diese Zeit in nicht unerheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt oder es sich um nächtlichen Bereitschaftsdienst handelt, bei dem von vornherein von einer geringeren Arbeitsbelastung auszugehen ist. Nach der Art der Arbeitsleistung ist auch zu beurteilen, ob der vom Gesetzgeber mit dem Entgeltzuschlag verfolgte Zweck, im Interesse der Gesundheit des Arbeitnehmers Nachtarbeit zu verteuern und auf diesem Wege einzuschränken, zum Tragen kommen oder in einem solchen Fall nur die mit der Nachtarbeit verbundene Erschwernis ausgeglichen werden kann. Relevanz kann die letztgenannte Erwägung aber nur in den Fällen haben, in denen die Nachtarbeit aus zwingenden technischen Gründen oder aus zwingend mit der Art der Tätigkeit verbundenen Gründen bei wertender Betrachtung vor dem Hintergrund des Schutzzwecks des § 6 Abs. 5 ArbZG unvermeidbar ist(BAG 9. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 - Rn. 29 mwN, BAGE 153, 378).

45

(2) Hiervon ausgehend hat das Landesarbeitsgericht entgegen der Auffassung der Beklagten den der Klägerin zu gewährenden Nachtarbeitszuschlag nicht zu hoch angesetzt.

46

(a) Die Revision der Beklagten zeigt nicht auf, dass das Landesarbeitsgericht bei der Unterordnung des festgestellten Sachverhalts unter den Rechtsbegriff des angemessenen Ausgleichs Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungsgrundsätze verletzt oder wesentliche Umstände zu Lasten der Beklagten unberücksichtigt gelassen hätte oder zu einem widersprüchlichen Ergebnis gelangt wäre. Umstände, die vorliegend eine Abweichung von dem regelmäßig als angemessen anzusehenden Prozentsatz von 25 % nach unten rechtfertigen könnten, legt die Beklagte nicht substantiiert dar. Sie setzt lediglich die eigene Bewertung an die Stelle der vom Berufungsgericht vorgenommenen.

47

(b) Soweit sich die Beklagte in der Revision auf eine Entscheidung des Senats zur Nachtarbeit im Bewachungsgewerbe beruft, übersieht sie, dass der dortige Wachmann - anders als die Klägerin beim Zustellen - während seiner Nachtarbeit auch „Phasen der Entspannung“ hatte, weil er nur zu drei Kontrollgängen verpflichtet war und nur auf Einflüsse von außen reagieren musste (BAG 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 15). Soweit diese Entscheidung - obwohl nicht streitgegenständlich - dahingehend verstanden werden könnte, der Senat erachte generell für Zeitungszusteller einen Nachtarbeitszuschlag von 10 % als angemessen, wird daran nicht festgehalten.

48

(c) Dass ein Zuschlag für Nachtarbeit von 25 % auf den Mindestlohn von Zeitungszustellerinnen und Zeitungszustellern die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Branche übersteigen würde, behauptet die Beklagte ohne weitere Substantiierung nur pauschal. Abgesehen davon, dass rein wirtschaftliche Erwägungen grundsätzlich nicht geeignet sind, eine Abweichung vom Regelwert nach unten zu begründen (BAG 9. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 - Rn. 30, BAGE 153, 378), hat der Gesetzgeber aus Rücksicht auf die durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützte Pressefreiheit den mit der Einführung des Mindestlohns einhergehenden Mehrkosten für den Vertrieb von Zeitungen und Zeitschriften mit der Übergangsregelung des § 24 Abs. 2 MiLoG Rechnung getragen(vgl. BT-Drs. 18/2010 [neu] S. 25). Dagegen hat er in Kenntnis der üblichen frühmorgendlichen Zustellzeiten die Angemessenheit des Zuschlags für Nachtarbeit von Zeitungszustellerinnen und Zeitungszustellern nicht selbst bestimmt oder die Branche von der Zuschlagspflicht des § 6 Abs. 5 ArbZG ausgenommen und es somit bei den für alle Branchen geltenden, von der Rechtsprechung zu § 6 Abs. 5 ArbZG entwickelten Grundsätzen belassen.

49

(3) Bei der Festlegung der Höhe des Nachtarbeitszuschlags hat das Landesarbeitsgericht indes zu Lasten der Klägerin außer Betracht gelassen, dass sie im Streitzeitraum ihre reguläre Arbeitsleistung in Dauernachtarbeit erbracht hat und damit ein Umstand vorliegt, der ein „Abweichen nach oben“ gebietet.

50

(a) Die Höhe des Zuschlags auf das Bruttoarbeitsentgelt kann sich erhöhen, wenn die Belastung durch die Nachtarbeit unter qualitativen (Art der Tätigkeit) oder quantitativen (Umfang der Nachtarbeit) Aspekten die normalerweise mit der Nachtarbeit verbundene Belastung übersteigt. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn ein Arbeitnehmer nach seinem Arbeitsvertrag bzw. nach entsprechender Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber dauerhaft in Nachtarbeit tätig wird („Dauernachtarbeit“). Bei der Erbringung der regulären Arbeitsleistung in Dauernachtarbeit ist deshalb regelmäßig ein Nachtarbeitszuschlag von 30 % auf den Bruttostundenlohn (bzw. die Gewährung einer entsprechenden Anzahl freier Tage) als angemessen anzusehen (BAG 9. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 - Rn. 28 mwN, BAGE 153, 378; ErfK/Wank 18. Aufl. § 6 ArbZG Rn. 14; Schliemann ArbZG 3. Aufl. § 6 Rn. 87; Buschmann/Ulber ArbZG 8. Aufl. § 6 Rn. 30).

51

(b) Die Klägerin erbringt die von ihr geschuldete Arbeitsleistung nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ausschließlich zur Nachtzeit iSd. § 2 Abs. 3 ArbZG. Dabei arbeitet sie unstreitig pro Arbeitsnacht mehr als zwei Stunden, leistet also Nachtarbeit iSd. § 2 Abs. 4 ArbZG und ist - ebenfalls unstreitig - an mehr als 48 Tagen im Kalenderjahr tätig, also Nachtarbeitnehmerin(§ 2 Abs. 5 ArbZG). Sie hat deshalb grundsätzlich Anspruch auf einen Ausgleich nach § 6 Abs. 5 ArbZG durch Gewährung eines Zuschlags von 30 % auf den ihr - im Streitzeitraum nach § 24 Abs. 2 MiLoG - zustehenden Bruttostundenmindestlohn(vgl. BAG 9. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 - Rn. 40, BAGE 153, 378).

52

(c) Umstände, die trotz der Dauernachtarbeit einen geringeren Zuschlag als die regelmäßig festzusetzenden 30 % auf das dem Nachtarbeitnehmer zustehende Bruttoarbeitsentgelt rechtfertigen würden, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt und sind von der Beklagten in den Tatsacheninstanzen auch nicht dargelegt worden.

53

(aa) Aus der Art der Tätigkeit als Zeitungszustellerin ergeben sich keine Anhaltspunkte für die Annahme, die Belastung der Klägerin durch die Nachtarbeit sei geringer als diejenige anderer Beschäftigter, die Nachtarbeit leisten. Die Klägerin leistet beim Zustellen unstreitig Vollarbeit, Zeiten minderer Beanspruchung oder „Phasen der Entspannung“ (vgl. BAG 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 15) fallen somit nicht an.

54

(bb) Unerheblich ist bei Dauernachtarbeit, ob es sich beim Zeitungszustellen - wie die Beklagte in der Revisionsinstanz geltend macht - um „im Grundsatz leichte Arbeit“ handelt. § 6 Abs. 5 ArbZG knüpft nicht an die Schwere der Tätigkeit als solcher, sondern an die besonderen Belastungen durch jede (Voll-)Arbeit in der Nachtzeit an. Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang darauf verweist, selbst Kinder ab 13 Jahren dürften Zeitungen zustellen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 KindArbSchV), gilt dies gemäß § 2 Abs. 1 letzter Hs. KindArbSchV nur, wenn diese Beschäftigung nach § 5 Abs. 3 JArbSchG leicht und für sie geeignet ist. Zudem müssen die zulässigen Beschäftigungen für Kinder ab 13 Jahren im Übrigen den Schutzvorschriften des Jugendarbeitsschutzgesetzes entsprechen, § 2 Abs. 3 KindArbSchV, so dass eine Zustellung von Zeitungen durch Kinder ab 13 Jahren in der Nachtzeit des ArbZG und vor 08:00 Uhr morgens ausgeschlossen ist, § 5 Abs. 3 Satz 3 JArbSchG.

55

(cc) Ohne Belang ist ferner, dass die Klägerin nicht die gesamte Nachtzeit von 23:00 bis 06:00 Uhr arbeitet. Denn der Ausgleich nach § 6 Abs. 5 ArbZG ist für jede Arbeitsstunde, die in die Nachtzeit des § 2 Abs. 3 ArbZG fällt, zu gewähren(allgA, vgl. nur Schliemann ArbZG 3. Aufl. § 6 Rn. 88). Das Arbeitszeitgesetz wertet damit die Belastung der Nachtarbeitnehmer durch Nachtarbeit - vorbehaltlich der Begriffsbestimmung in § 2 Abs. 4 ArbZG - unabhängig davon, wie viele Arbeitsstunden in der Nachtzeit erbracht werden. Ist der Beschäftigte Nachtarbeitnehmer iSd. § 2 Abs. 5 ArbZG, verbietet sich eine „Staffelung“ der Höhe des Zuschlags nach § 6 Abs. 5 ArbZG nach dem Umfang der geleisteten Nachtarbeitsstunden.

56

(dd) Auch die Annahme, die Zustelltätigkeit der Klägerin sei zwingend in der Nachtzeit erforderlich, so dass der mit dem Zuschlag verbundene Zweck, im Interesse der Gesundheit des Arbeitnehmers Nachtarbeit zu verteuern und auf diesem Wege einzuschränken, nicht erreichbar sei, rechtfertigt vorliegend kein anderes Ergebnis. Kann bei Dauernachtarbeit mit dem Zuschlag nach § 6 Abs. 5 ArbZG nur die mit der Nachtarbeit verbundene Erschwernis ausgeglichen werden, kommt ein „Abweichen nach unten“ nur dann in Betracht, wenn - wie etwa im Rettungswesen - überragende Gründe des Gemeinwohls die Nachtarbeit zwingend erfordern(vgl. BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu I 4 b der Gründe, BAGE 115, 372; 9. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 - Rn. 29, BAGE 153, 378). Solche liegen hier nicht vor.

57

5. Die tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zum Umfang der im Streitzeitraum von der Klägerin geleisteten Nachtarbeit und sein Rechenwerk zur Ermittlung des Differenzanspruchs haben weder die Beklagte noch die Klägerin mit ihren Revisionen angegriffen. Auf dieser Grundlage ergeben sich zu dem vom Landesarbeitsgericht bereits ausgeurteilten Betrag weitere 480,50 Euro brutto als Differenz zwischen dem nach § 6 Abs. 5 ArbZG geschuldetem und dem von der Beklagten gezahltem Zuschlag für die Nachtarbeit der Klägerin.

58

6. Den Anspruch der Klägerin auf den gesetzlichen Nachtarbeitszuschlag hat die Beklagte mit der Zahlung des Mindestlohns nach § 24 Abs. 2 MiLoG nicht erfüllen können. Der Anspruch auf den Nachtarbeitszuschlag nach § 6 Abs. 5 ArbZG beruht auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung und steht neben dem Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz. Wie durch die Zahlung des Nachtarbeitszuschlags der Mindestlohnanspruch nicht erfüllt wird (st. Rspr., zuletzt BAG 17. Januar 2018 - 5 AZR 69/17 - Rn. 16 mwN), kann umgekehrt auch eine Entgeltzahlung, welche die Höhe des gesetzlichen Mindestlohns nicht übersteigt, den Anspruch auf den Nachtarbeitszuschlag nicht nach § 362 Abs. 1 BGB zum Erlöschen bringen.

59

7. Zinsen für die noch offene Forderung kann die Klägerin zu den beantragten Zeitpunkten nach § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 iVm. § 614 Satz 2 BGB beanspruchen.

60

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

        

    Linck    

        

    Volk    

        

    Biebl    

        

        

        

    E. Bürger    

        

    J. Schubert    

                 

Tenor

I. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 9. April 2014 - 6 Sa 106/13 - aufgehoben, soweit das Landesarbeitsgericht auf die Berufung der Beklagten das Teilurteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 3. September 2013 - 9 Ca 77/13 - teilweise abgeändert hat.

II. Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 3. September 2013 - 9 Ca 77/13 - wird zurückgewiesen und dessen Tenor zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die ab dem 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 geleistete Nachtarbeit einen Nachtarbeitszuschlag von 30 % des Bruttostundenlohns für jede zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Arbeitsstunde zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die ab dem 1. April 2014 geleistete Nachtarbeit wahlweise einen Nachtarbeitszuschlag von 30 % des Bruttostundenlohns für jede zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Arbeitsstunde zu zahlen oder für jeweils 90 zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Nachtarbeitsstunden je zwei bezahlte freie Tage zu gewähren.

3. Im Übrigen wird die Klage hinsichtlich des Klageantrags zu 2. abgewiesen.

4. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

III. Die Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.

IV. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Ausgleich für geleistete Nachtarbeit.

2

Die Beklagte ist Teil einer weltweit tätigen Logistik- und Paketdienstleistungsgruppe. Sie ist nicht tarifgebunden. Bei ihr ist ein Betriebsrat gebildet. Die Beklagte beschäftigt ca. 500 Kraftfahrer.

3

Der Kläger ist auf Grundlage des Arbeitsvertrags vom 22./30. März 1993 als Lkw-Fahrer im Linientransport überwiegend in der Zeit zwischen 20:00 Uhr bis 06:00 Uhr tätig. Die Beklagte zahlte jedenfalls bis zum 31. März 2014 für die in der Zeit von 21:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden zum Bruttostundenlohn einen in den Gehaltsabrechnungen als „Nachtarbeitszuschlag fest“ bezeichneten Zuschlag. Dieser betrug zuletzt 3,18 Euro und damit 20 % des Bruttostundenlohns von 15,90 Euro.

4

Die Arbeitsabläufe bei der U-Gruppe gestalten sich wie folgt: Zunächst wird die Paketsendung von einem Zustellfahrzeug beim Kunden abgeholt und in die Abholniederlassung vor Ort gebracht. Dort werden die abgeholten Sendungen entladen und je nach Zieldestination in Container verladen. Dies erfolgt bis ca. 20:00 Uhr. Die Container werden anschließend zu den Hauptumschlagsbasen (HUB) transportiert. Dort erfolgt eine Sortierung aller von verschiedenen Abholniederlassungen oder von anderen HUB in Containern eingehenden Sendungen. Diese werden dann sortiert nach Zielniederlassungen wieder in Container verladen und zur Zielniederlassung gebracht. Dort angekommen werden die Container entladen, nach Zustellgebieten sortiert und in die jeweiligen Zustellfahrzeuge verladen und vom jeweiligen Paketzusteller beim Kunden zugestellt. Der Transport von einer Abholniederlassung zu den HUB, zwischen HUB und von dort zu den Zielniederlassungen erfolgt in großen Lastkraftwagen (Feeder). Diese Transporte sind Aufgabe der Beklagten innerhalb der U-Gruppe, für die auch der Kläger eingesetzt wird. Zuletzt fuhr er zumeist die Nachtroute zwischen der Niederlassung in H und der HUB N. Seine Arbeitszeit begann dabei um 20:15 Uhr in der Niederlassung H. Nach der Ankunft in der HUB N machte der Kläger in der Zeit zwischen 01:10 Uhr und 02:10 Uhr Pause. Anschließend übernahm er dort einen Container zur Rückfahrt nach H. Seine Arbeitszeit endete gegen 06:00 Uhr, wobei Schwankungen bei Beginn und Ende der Arbeitszeit möglich sind.

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % seines Bruttostundenlohns zu, wahlweise eine entsprechende Anzahl freier Tage. Er leiste dauerhaft Nachtarbeit, was mit erheblichen Anstrengungen und gesundheitlichen Belastungen verbunden sei. Der natürliche Biorhythmus werde durch die Nachtarbeit gestört. Nachtfahrten mit dem Lkw würden eine besonders hohe Konzentration auf das Verkehrsgeschehen erfordern.

6

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Interesse - zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab dem 1. August 2013 einen Nachtschichtzuschlag für die Nachtarbeit von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr in Höhe von 30 % vom Bruttostundenlohn zu zahlen oder einen Freizeitausgleich für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden von zwei Arbeitstagen zu gewähren.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, sie zahle einen angemessenen Zuschlag für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden. Der nächtliche Warentransport sei zur Durchführung des Geschäfts der Beklagten als Teil der U-Gruppe zwingend erforderlich. Der Transport der Paketsendungen zur jeweiligen HUB und zur Zielniederlassung über Nacht ermögliche die Zustellung der Express- und Standardprodukte entsprechend dem Serviceversprechen. Die Nachtarbeit werde nicht geleistet, um die Produktion zu steigern, sondern um eine wettbewerbsfähige Warenzustellung überhaupt erst zu ermöglichen. Bei ihr seien ca. 90 % der Kraftfahrer in Nachtarbeit tätig und sie gewähre bereits einen deutlich übertariflichen Stundenlohn. In der Logistikbranche sei es nicht üblich, einen hohen Nachtarbeitszuschlag zu zahlen. Im Übrigen bezahle sie für die in der Zeit von 21:00 Uhr bis 23:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden freiwillige Zuschläge, die auf die Nachtarbeitszeit nach 23:00 Uhr umzulegen seien.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit für die Revision von Interesse - stattgegeben. Die Abweisung im Übrigen ist rechtskräftig geworden. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts auf die Berufung der Beklagten teilweise abgeändert und den Nachtarbeitszuschlag auf 25 % reduziert. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung, die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet, die zulässige Revision der Beklagten hingegen unbegründet. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts erweist sich als rechtsfehlerhaft, soweit es einen Zuschlag iHv. 25 % auf den Bruttostundenlohn als angemessenen Ausgleich für geleistete Nachtarbeit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG angesehen hat. Der Senat kann gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden, da alle maßgeblichen Tatsachen festgestellt sind. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger ab dem 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 für die von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % des Bruttostundenlohns zu zahlen und ihm für die Zeit ab 1. April 2014 wahlweise einen solchen Nachtarbeitszuschlag zu zahlen oder - entsprechend dem Antrag des Klägers - für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden zwei bezahlte freie Tage zu gewähren.

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I. Der Feststellungsantrag ist zulässig.

11

1. Der Klageantrag ist in der gebotenen Auslegung hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dem Vorbringen des Klägers ist zu entnehmen, dass sich der Antrag auf den gesetzlichen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG bezieht. Der Kläger begehrt die grundsätzlich zukunftsgerichtete Feststellung des Bestehens eines Ausgleichsanspruchs für in der gesetzlichen Nachtzeit (§ 2 Abs. 3 ArbZG) geleistete Arbeitsstunden in näher bezeichnetem Umfang. Dem Wortlaut des § 6 Abs. 5 ArbZG folgend wird der Beklagten ein Wahlrecht eingeräumt, ob der Ausgleich durch Zahlung eines Nachtarbeitszuschlags oder durch Gewährung freier Tage erfolgt(vgl. zu einer solchen Antragstellung zB: BAG 12. Dezember 2012 - 5 AZR 918/11 - Rn. 31; 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 -). Durch diese Art der Antragstellung trägt der Kläger der gesetzlichen Vorgabe Rechnung, ohne dass dadurch ausgeschlossen wäre, dass sich die begehrte Feststellung im Fall der zwischenzeitlichen Ausübung des Wahlrechts für Zeiträume vor Schluss der mündlichen Verhandlung des Landesarbeitsgerichts auf eine Form des Ausgleichs konkretisiert hat. Soweit der Ausgleich wahlweise durch Freizeitgewährung erfolgen soll, ist darunter die Gewährung von bezahlten freien Tagen zu verstehen (vgl. dazu BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 10, BAGE 131, 215). Die Höhe der für gewährte freie Tage geschuldeten Vergütung ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits.

12

2. Der so verstandene Klageantrag ist auf die Feststellung eines zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisses iSv. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet, nämlich auf die Angemessenheit des Ausgleichs für im Arbeitsverhältnis geleistete Nachtarbeitsstunden gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG. Die Feststellungsklage kann sich nach § 256 Abs. 1 ZPO auf einzelne Ansprüche beschränken(vgl. zuletzt BAG 15. April 2015 - 10 AZR 250/14 - Rn. 18). Gegenstand des Feststellungsantrags ist nicht die Überprüfung einer abstrakten Rechtsfrage (dazu BAG 24. April 2007 - 1 ABR 27/06 - Rn. 15, BAGE 122, 121).

13

3. Der Kläger hat ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung iSv. § 256 Abs. 1 ZPO. Zwischen den Parteien steht ausschließlich im Streit, ob die Beklagte mit den von ihr gewährten Zuschlägen auf den Bruttostundenlohn iHv. zuletzt 20 % einen angemessenen Ausgleich iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG gewährt hat oder ob dem Kläger für geleistete Nachtarbeit ein weiter gehender Anspruch zusteht. Der Umfang der Leistungsverpflichtung der Beklagten wird durch die begehrte Feststellung abschließend geklärt. Der Kläger war auch nach dem Fälligwerden der ab dem 1. August 2013 geltend gemachten Ansprüche nicht verpflichtet, insoweit auf Leistungsanträge überzugehen (BAG 3. Dezember 2008 - 5 AZR 74/08 - Rn. 10, BAGE 128, 342; 12. März 2008 - 4 AZR 616/06 - Rn. 16).

14

II. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf die begehrte Feststellung. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG für die Zeit ab dem 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 für die von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % des Bruttostundenlohns zu zahlen. Insoweit hat die Beklagte ihr Wahlrecht bereits ausgeübt. Für die Zeit ab dem 1. April 2014 ist die Beklagte verpflichtet, ihm wahlweise einen solchen Nachtarbeitszuschlag zu zahlen oder für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden zwei bezahlte freie Tage zu gewähren.

15

1. Nach § 6 Abs. 5 ArbZG ist der Arbeitgeber, soweit eine tarifvertragliche Ausgleichsregelung nicht besteht, verpflichtet, dem Nachtarbeitnehmer(§ 2 Abs. 5 ArbZG) für die während der Nachtzeit (§ 2 Abs. 3 ArbZG) geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Anzahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren. Der Arbeitgeber kann wählen, ob er den Ausgleichsanspruch durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder durch eine Kombination von beidem erfüllt. Die gesetzlich begründete Wahlschuld (§ 262 BGB) konkretisiert sich auf eine der geschuldeten Leistungen erst dann, wenn der Schuldner das ihm zustehende Wahlrecht nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ausübt (BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 15 mwN).

16

2. Regelmäßig stellt ein Zuschlag iHv. 25 % auf den jeweiligen Bruttostundenlohn bzw. die Gewährung einer entsprechenden Anzahl von bezahlten freien Tagen einen angemessenen Ausgleich für geleistete Nachtarbeit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG dar.

17

a) Nachtarbeit ist nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen grundsätzlich für jeden Menschen schädlich und hat negative gesundheitliche Auswirkungen (vgl. dazu BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82, 1 BvL 16/83, 1 BvL 10/91 - zu C I 2 der Gründe, BVerfGE 85, 191; Neumann/Biebl ArbZG 16. Aufl. § 6 Rn. 4). Die Belastung und Beanspruchung der Beschäftigten steigt nach bisherigem Kenntnisstand in der Arbeitsmedizin durch die Anzahl der Nächte pro Monat und die Anzahl der Nächte hintereinander, in denen Nachtarbeit geleistet wird. Die Anzahl der aufeinanderfolgenden Nachtschichten sollte daher möglichst gering sein, auch wenn viele Schichtarbeiter, die in einem Rhythmus von fünf und mehr hintereinanderliegenden Nachtschichten arbeiten, subjektiv den Eindruck haben, dass ihr Körper sich der Nachtschicht besser anpasst. Dies trifft allerdings nicht zu (vgl. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Leitfaden zur Einführung und Gestaltung von Nacht- und Schichtarbeit 9. Aufl. S. 12 f.). Insgesamt ist anerkannt, dass Nachtarbeit umso schädlicher ist, in desto größerem Umfang sie geleistet wird (vgl. auch Erwägungsgrund 7 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung [Arbeitszeitrichtlinie]). Entsprechende Gestaltungsempfehlungen für Arbeitszeitmodelle setzen hier an (vgl. dazu zB Schliemann ArbZG 2. Aufl. § 6 Rn. 14). Dies gilt unabhängig davon, dass typabhängig die Anpassung an Nachtarbeit von Mensch zu Mensch unterschiedlich gut erfolgt (vgl. BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 736/12 - Rn. 19 f. mwN, BAGE 147, 33).

18

b) Die Regelungen in § 6 ArbZG dienen - in Umsetzung des Handlungsauftrags des Bundesverfassungsgerichts(BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82, 1 BvL 16/83, 1 BvL 10/91 - zu C III 3 der Gründe, BVerfGE 85, 191) und in Umsetzung der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG - in erster Linie dem Schutz des Arbeitnehmers vor den für ihn schädlichen Folgen der Nacht- und Schichtarbeit (BT-Drs. 12/5888 S. 21). Dabei ist der Gesetzgeber von der Erkenntnis ausgegangen, dass auf Nachtarbeit in der modernen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft nicht völlig verzichtet werden kann (BT-Drs. 12/5888 S. 25). § 6 Abs. 5 ArbZG setzt hier an und soll für diejenigen Arbeitnehmer, die Nachtarbeit leisten, zumindest einen angemessenen Ausgleich für die mit der Nachtarbeit verbundenen Beeinträchtigungen gewähren(BT-Drs. 12/5888 S. 26). Die gesetzlich vorgeschriebenen Ausgleichsleistungen nehmen der Nachtarbeit dabei nicht ihre spezifische Gesundheitsgefährdung, dienen aber unmittelbar oder mittelbar dem Gesundheitsschutz (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 3 b bb (3) der Gründe, BAGE 102, 309). Soweit § 6 Abs. 5 ArbZG einen Anspruch auf bezahlten Freizeitausgleich begründet, liegt eine unmittelbar gesundheitsschützende Wirkung jedenfalls in den Fällen vor, in denen sich die Dauer der zu erbringenden Arbeitszeit für den Arbeitnehmer durch den bezahlten Freizeitausgleich insgesamt reduziert und dieser zeitnah gewährt wird. Soweit ein Nachtarbeitszuschlag vorgesehen ist, wirkt sich dieser auf die Gesundheit des betroffenen Arbeitnehmers nicht unmittelbar aus, sondern dient dem Gesundheitsschutz mittelbar (vgl. BAG 26. April 2005 - 1 ABR 1/04 - zu B II 2 a bb der Gründe, BAGE 114, 272; 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - zu B II 2 b der Gründe, BAGE 86, 249). Die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers wird verteuert, um auf diesem Weg Nachtarbeit einzudämmen; Nachtarbeit soll für Arbeitgeber weniger attraktiv sein. Dieser Druck besteht auch dann, wenn der Arbeitgeber verpflichtet ist, den Arbeitnehmer zu einem nicht zeitnah zur Nachtarbeit liegenden Zeitpunkt von der Arbeit bezahlt freizustellen (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu A II 2 b aa der Gründe, aaO). Außerdem soll der Nachtarbeitszuschlag in einem gewissen Umfang den Arbeitnehmer für die erschwerte Teilhabe am sozialen Leben entschädigen (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 4 b der Gründe, aaO).

19

c) Der Gesetzgeber hat ausdrücklich darauf verzichtet, den Umfang des Ausgleichs für Nachtarbeit selbst festzulegen (BT-Drs. 12/5888 S. 22). Ebenso wenig hat er aber dem Arbeitgeber ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSv. § 315 BGB übertragen. Vielmehr handelt es sich bei der Bestimmung des angemessenen Ausgleichs um die Ausfüllung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die letztlich den Gerichten für Arbeitssachen obliegt, wenn Streit über dessen Umfang besteht (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 3 b aa der Gründe, BAGE 102, 309; so wohl unausgesprochen auch BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu I 4 der Gründe, BAGE 115, 372; 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 51 ff., BAGE 148, 68; anders noch BAG 24. Februar 1999 - 4 AZR 62/98 - zu II 2.3.2 der Gründe, BAGE 91, 63 [Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 BGB]; offengelassen in BAG 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - zu B II 3 der Gründe, BAGE 86, 249). Die Arbeitsvertragsparteien können Regelungen über Art und Umfang des Ausgleichs treffen. Diese müssen aber den Vorgaben des § 6 Abs. 5 ArbZG genügen, die Norm ist zwingend(vgl. zB BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 17, BAGE 131, 215).

20

d) § 6 Abs. 5 ArbZG stellt den Ausgleich durch Gewährung bezahlter freier Tage neben die Zahlung des Nachtarbeitszuschlags. Zwischen den Alternativen des Belastungsausgleichs besteht nach der gesetzlichen Regelung kein Rangverhältnis, insbesondere kein Vorrang des Freizeitausgleichs, auch wenn dies Zwecken des Gesundheitsschutzes möglicherweise dienlicher wäre. Der Arbeitgeber kann - unter Beachtung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats (vgl. zB BAG 26. April 2005 - 1 ABR 1/04 - zu B II 2 a bb der Gründe, BAGE 114, 272) - frei wählen, ob er den Anspruch des Arbeitnehmers durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder auch durch eine Kombination von beidem erfüllt (BAG 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - zu B II 2 der Gründe, BAGE 86, 249; 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu A II 1 und B II 2 b der Gründe, BAGE 102, 309; 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 22; aA Buschmann/Ulber ArbZG 8. Aufl. § 6 Rn. 28: Vorrang freier Tage). Die Angemessenheit iSd. § 6 Abs. 5 ArbZG ist dabei für beide Alternativen nach einem einheitlichen Maßstab zu beurteilen. Der Umfang der Ausgleichsverpflichtung hängt nicht davon ab, für welche Art des Ausgleichs sich der Arbeitgeber entscheidet. Vielmehr müssen sich die jeweiligen Leistungen nach ihrem Wert grundsätzlich entsprechen (BAG 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 22).

21

e) Nach gefestigter Rechtsprechung aller mit dieser Frage befassten Senate des Bundesarbeitsgerichts ist ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 25 % des Bruttostundenlohns bzw. eine entsprechende Anzahl bezahlter freier Tage regelmäßig als angemessen iSd. § 6 Abs. 5 ArbZG anzusehen(vgl. zuletzt zB BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 59 mwN, BAGE 148, 68). Hieran hält der Senat auch angesichts der von der Revision geäußerten Kritik fest.

22

aa) Ausgangspunkt für die Beurteilung der Angemessenheit des geforderten Ausgleichs ist nach § 6 Abs. 5 ArbZG dessen wertmäßiges Verhältnis zu dem Bruttoarbeitsentgelt, das dem Arbeitnehmer für die während der gesetzlichen Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden zusteht. Dies ergibt sich bereits unmittelbar aus dem Wortlaut der Norm. Der für geleistete Nachtarbeit geschuldete angemessene Zuschlag ist danach „auf“ das dem Arbeitnehmer hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren (so bereits BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 102, 309; 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - zu I 3 a der Gründe). Nichts anderes gilt im Hinblick auf die wertmäßig gleichzusetzende Gewährung freier Tage. Vergütung und Arbeitszeit entsprechen sich auf Grundlage des vertraglichen Synallagmas (BAG 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 23). Dabei kommt es in beiden Fällen nicht darauf an, ob sich der Umfang des Ausgleichs nach den im Arbeitsverhältnis anwendbaren Regelungen nach Prozentsätzen bestimmt, ob feste Euro-Beträge für Stunden oder Schichten gezahlt werden oder wie sich der Freizeitausgleich errechnet. Alleine maßgeblich ist vielmehr, dass sich ein Wert im Verhältnis zu der für die Nachtarbeit iSv. § 2 Abs. 4 ArbZG gezahlten Bruttovergütung (oder zu deren Gegenwert in Zeit) bestimmen lässt, der auf seine Angemessenheit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG überprüft werden kann und dieser Prüfung standhält.

23

bb) Das Gesetz gibt - wie dargelegt - nicht vor, was als angemessener Ausgleich anzusehen ist. Deshalb ist es nicht möglich, unabhängig von den Umständen der Erbringung der Arbeitsleistung im konkreten Einzelfall einen für alle Arbeitsverhältnisse geltenden festen Wert zu bestimmen (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 5 a der Gründe, BAGE 102, 309). Unter Berücksichtigung der - über alle Branchen gesehen - bestehenden Üblichkeiten im Arbeitsleben wird aber in ständiger Rechtsprechung ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 25 % des Bruttostundenlohns bzw. eine entsprechende Anzahl bezahlter freier Tage regelmäßig als angemessen iSd. § 6 Abs. 5 ArbZG angesehen(vgl. BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 59, BAGE 148, 68; 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 19; 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 21; 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - zu I 4 der Gründe; grundlegend BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - BAGE 102, 309). Dem ist das Schrifttum weitestgehend gefolgt; jedenfalls wird der Ausgleich in dieser Höhe nicht infrage gestellt (Anzinger/Koberski ArbZG 4. Aufl. § 6 Rn. 82; Baeck/Deutsch ArbZG 3. Aufl. § 6 Rn. 85; Buschmann/Ulber ArbZG § 6 Rn. 29; ErfK/Wank 16. Aufl. § 6 ArbZG Rn. 14; Hahn/Pfeiffer/Schubert/Lorenz Arbeitszeitrecht § 6 ArbZG Rn. 124 f.; HWK/Gäntgen 6. Aufl. § 6 ArbZG Rn. 20; Schaub/Linck ArbR-HdB 16. Aufl. § 69 Rn. 33; kritisch Neumann/Biebl ArbZG § 6 Rn. 26).

24

cc) Dem schließt sich der erkennende Senat auch angesichts der von der Revision geäußerten Kritik (vgl. dazu das im Auftrag der Beklagten erstattete umfangreiche Gutachten von Raab ZfA 2014, 237) an.

25

(1) Ein Wert von 25 % ist typischerweise dann angemessen, wenn ein Arbeitnehmer „Nachtarbeitnehmer“ iSv. § 2 Abs. 5 ArbZG ist, also im gesetzlich vorgegebenen Mindestumfang von 48 Tagen im Kalenderjahr Nachtarbeit leistet oder normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht leistet und während dieser Zeit die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbringt, ohne dass besondere Umstände vorliegen, die Anlass für eine Erhöhung oder Verminderung des Umfangs des Ausgleichsanspruchs bieten würden. Aus Sicht des Arbeitgebers stellt ein Ausgleich in diesem Umfang eine nicht unerhebliche Belastung dar, die Anlass bieten kann, auf die Nachtarbeit zu verzichten und damit den im Interesse des Gesundheitsschutzes gebotenen finanziellen Druck auszuüben. Für den Arbeitnehmer bedeutet sie eine relevante Anzahl von freien Tagen bzw. eine spürbare Vergütungserhöhung für die Nachtarbeit, ohne dass der Zuschlagscharakter verloren ginge. Unabhängig von den anderen Zwecken der steuerrechtlichen Regelung in § 3b Abs. 1 Nr. 1 EStG kann aus ihr jedenfalls entnommen werden, dass auch der Gesetzgeber eine solche Größenordnung grundsätzlich als angemessen akzeptiert hat(vgl. zu diesem Gedanken BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 5 e der Gründe, BAGE 102, 309).

26

(2) Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, regelmäßig sei eine Gewährung von bezahlten freien Tagen im Gegenwert von 10 % der geleisteten Nachtarbeitsstunden angemessen und im Fall der Gewährung eines Zuschlags auf den Bruttostundenlohn könne dieser nicht höher sein, folgt dem der Senat nicht. Die Beklagte beruft sich zur Begründung dieser Auffassung insbesondere auf den Gang des Gesetzgebungsverfahrens des ArbZG. Der Referentenentwurf, dem die Beklagte einen Freizeitausgleich iHv. etwa 9 % entnimmt, ist indessen nicht umgesetzt worden. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung enthielt bereits § 6 Abs. 5 ArbZG in seiner jetzigen Fassung(BT-Drs. 12/5888 S. 6). Der - ebenfalls nicht Gesetz gewordene - Entwurf der SPD-Fraktion (BT-Drs. 12/5282; vgl. zum Vergleich beider Entwürfe Oppolzer AuR 1994, 41) sah ein vollständig anderes System vor, das ua. eine Begrenzung der Dauer der Nachtarbeit auf sechs Stunden einschließlich eines Lohnausgleichs unter bestimmten Umständen vorsah. Für die Auslegung des § 6 Abs. 5 ArbZG lässt sich hieraus nichts zugunsten der Beklagten ableiten.

27

3. Eine Erhöhung oder Verminderung des Umfangs des von § 6 Abs. 5 ArbZG geforderten Ausgleichs für Nachtarbeit kommt in Betracht, wenn Umstände im Zusammenhang mit der Erbringung der Arbeitsleistung vorliegen, die den regelmäßig angemessenen Wert von 25 % wegen der im Vergleich zum Üblichen niedrigeren oder höheren Belastung als zu gering oder zu hoch erscheinen lassen. Die Höhe des angemessenen Nachtarbeitszuschlags richtet sich nach der Gegenleistung, für die sie bestimmt ist (BAG 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 12).

28

a) Die Höhe des Zuschlags auf den Bruttolohn für geleistete Nachtarbeit oder die Anzahl bezahlter freier Tage kann sich erhöhen, wenn die Belastung durch die Nachtarbeit unter qualitativen (Art der Tätigkeit) oder quantitativen (Umfang der Nachtarbeit) Aspekten die normalerweise mit der Nachtarbeit verbundene Belastung übersteigt. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn ein Arbeitnehmer nach seinem Arbeitsvertrag bzw. nach entsprechender Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber dauerhaft in Nachtarbeit tätig wird („Dauernachtarbeit“). Bei der Erbringung der regulären Arbeitsleistung in Dauernachtarbeit ist deshalb regelmäßig ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % auf den Bruttostundenlohn bzw. die Gewährung einer entsprechenden Anzahl freier Tage als angemessen anzusehen (so im Ergebnis schon BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 5 der Gründe, BAGE 102, 309; 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - zu I 4 b aa der Gründe). Nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen erhöht sich die Belastung mit dem Umfang der geleisteten Nachtarbeit (vgl. bereits oben II 2 a). Hiervon geht erkennbar auch das ArbZG aus, da der Schutz für Nachtarbeitnehmer nach § 2 Abs. 5 bereits einsetzt, wenn diese „nur“ an 48 Tagen im Kalenderjahr Nachtarbeit leisten oder normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht leisten. Es liegt auf der Hand, dass der Arbeitnehmer, der ununterbrochen Nachtarbeit leistet, im Vergleich dazu einer deutlich höheren Belastung durch die Nachtarbeit unterliegt. Dies berücksichtigt die Revision nicht, wenn sie argumentiert, aufgrund der höheren Stundenanzahl würden insgesamt höhere Nachtarbeitszeitzuschläge gezahlt.

29

b) Hingegen kann nach § 6 Abs. 5 ArbZG ein geringerer Ausgleich erforderlich sein, wenn die Belastung durch die Nachtarbeit im Vergleich zum Üblichen geringer ist, weil zB in diese Zeit in nicht unerheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt(vgl. dazu zB BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 25; 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 12) oder es sich um nächtlichen Bereitschaftsdienst handelt, bei dem von vornherein von einer geringeren Arbeitsbelastung auszugehen ist (vgl. BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - BAGE 131, 215; 24. Februar 1999 - 4 AZR 62/98 - BAGE 91, 63). Nach der Art der Arbeitsleistung ist auch zu beurteilen, ob der vom Gesetzgeber mit dem Lohnzuschlag verfolgte Zweck, im Interesse der Gesundheit des Arbeitnehmers Nachtarbeit zu verteuern und auf diesem Weg einzuschränken, zum Tragen kommen kann oder in einem solchen Fall nur die mit der Nachtarbeit verbundene Erschwernis ausgeglichen werden kann (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu I 4 b der Gründe, BAGE 115, 372). Relevanz kann die letztgenannte Erwägung aber nur in den Fällen haben, in denen die Nachtarbeit aus zwingenden technischen Gründen oder aus zwingend mit der Art der Tätigkeit verbundenen Gründen bei wertender Betrachtung vor dem Hintergrund des Schutzzwecks des § 6 Abs. 5 ArbZG unvermeidbar ist. Auch in einem solchen Fall ist ein Zuschlag von 10 % aber regelmäßig die Untergrenze dessen, was als angemessen angesehen werden kann (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - aaO [Angehörige eines Rettungsdienstes]).

30

c) Rein wirtschaftliche Erwägungen sind nicht geeignet, eine Abweichung vom Regelwert nach unten zu begründen. Eine Wettbewerbsverzerrung ist in diesen Fällen ausgeschlossen, weil das gesetzliche Gebot des § 6 Abs. 5 ArbZG für alle betroffenen Unternehmen gilt. Ein Grund für die Reduzierung des Nachtarbeitszuschlags kann sich nach dem Normzweck auch nicht aus der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers oder einer Region ergeben (aA wohl BAG 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 17 [Berücksichtigung der Besonderheiten einer wirtschaftsschwachen Region]). Hiervon hängt der Gesundheitsschutz nicht ab. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass sich eine aus solchen Faktoren herrührende geringere Grundvergütung bereits indirekt auf die Höhe des Nachtarbeitszuschlags bzw. die Vergütungshöhe für bezahlte freie Tage auswirkt (vgl. dazu II 2 e aa).

31

d) Tarifvertragliche Ausgleichsregelungen sind für die Bestimmung der Angemessenheit des Ausgleichs nach § 6 Abs. 5 ArbZG nur nachrangig zu beachten. Der Ausgleich für Nachtarbeit ist nach dieser Bestimmung nur dann individual-rechtlich vorzunehmen, wenn nicht bereits kraft Tarifbindung oder arbeitsvertraglicher Bezugnahme ein Tarifvertrag Anwendung findet, der seinerseits Ausgleichsregelungen für Nachtarbeit enthält. Findet ein solcher auf das Arbeitsverhältnis hingegen keine Anwendung, scheidet ein unmittelbarer Rückgriff auch auf nach dem Geltungsbereich an sich einschlägige tarifliche Regelungen aus (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 4 a der Gründe, BAGE 102, 309). In vielen Fällen existiert in der jeweiligen Branche je nach Region oder tarifschließenden Parteien darüber hinaus eine Bandbreite unterschiedlicher Regelungen, die nach ihrem Grundkonzept nicht immer vergleichbar sind (vgl. auch die Tariföffnungsklauseln in § 7 ArbZG). In zahlreichen Tarifverträgen übersteigen die Zeiten zuschlagspflichtiger Nachtarbeit die Zeiten der Nachtarbeit gemäß § 2 Abs. 3 ArbZG und sind die tariflichen Nachtarbeitszuschläge nicht nur Nachtarbeitnehmern iSd. § 2 Abs. 5 Nr. 1 oder Nr. 2 ArbZG vorbehalten. Auch ist der Umstand zu berücksichtigen, dass es sich bei tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen - unabhängig von der Pflicht zur Einhaltung der Grenzen des § 6 Abs. 5 ArbZG(vgl. dazu zB BAG 12. Dezember 2012 - 10 AZR 192/11 -) - typischerweise um Teile eines „Gesamtpakets“ handelt, so dass die Höhe einer einzelnen Leistung für die Beurteilung der Angemessenheit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG nur begrenzt aussagekräftig ist. Deshalb können regelmäßig allenfalls repräsentative branchenmäßig einschlägige Tarifverträge als Orientierungshilfe herangezogen werden oder als Anhaltspunkt dienen, ohne aber die Höhe der Ausgleichsleistung zu determinieren (BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 25; 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - zu I 4 a der Gründe).

32

4. Der Arbeitnehmer, der einen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG begehrt, hat zur Schlüssigkeit der Klage zunächst darzulegen - und im Fall des Bestreitens zu beweisen -, dass er Nachtarbeitnehmer iSv. § 2 Abs. 5 ArbZG ist, in welchem Umfang er Nachtarbeit geleistet hat(§ 2 Abs. 4 ArbZG) und - als negatives Tatbestandsmerkmal -, dass keine tarifvertragliche Ausgleichsregelung besteht (vgl. zur Darlegungs- und Beweislast im Fall des Bestehens einer tariflichen Regelung, die der Arbeitnehmer für unzureichend hält BAG 12. März 2008 - 4 AZR 616/06 - Rn. 64).

33

Sind diese Tatbestandsvoraussetzungen unstreitig oder bewiesen, steht fest, dass dem Arbeitnehmer ein gesetzlicher Ausgleichsanspruch für geleistete Nachtarbeit zusteht. Es ist dann Sache des Arbeitgebers, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass er diesen gesetzlichen Anspruch des Arbeitnehmers erfüllt hat (§ 362 BGB). Dies umfasst auch die Darlegung der Tatsachen, die die Angemessenheit vom Arbeitgeber bereits erbrachter Leistungen, zB eines gezahlten Zuschlags, begründen sollen (so wohl auch BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 59, BAGE 148, 68; in diese Richtung schon BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 c bb der Gründe, BAGE 102, 309).

34

Im Hinblick auf die regelmäßig als angemessen angesehenen Werte von 25 % bzw. bei Dauernachtarbeit von 30 % ist von einer abgestuften Darlegungslast auszugehen: Gewährt der Arbeitgeber einen Ausgleich in diesem Umfang, genügt er damit zunächst seiner Darlegungslast und es ist kein weiterer Tatsachenvortrag zur Angemessenheit erforderlich. Vielmehr hat der Arbeitnehmer in einem solchen Fall im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast zu begründen, aus welchen Umständen sich ein höherer Anspruch ergeben soll. Bleibt der geleistete Ausgleich hingegen hinter diesen Werten zurück, ist es bereits im ersten Schritt Sache des Arbeitgebers darzulegen, aufgrund welcher Faktoren ein geringerer Zuschlagsanspruch angemessen sein soll (vgl. zu ähnlichen Systemen der abgestuften Darlegungslast: BAG 18. Juni 2014 - 10 AZR 699/13 - Rn. 40 ff., BAGE 148, 271 [ERA-Leistungsentgelt]; 18. November 2014 - 9 AZR 584/13 - Rn. 8 ff. [Arbeitszeugnis]; 29. April 2015 - 9 AZR 108/14 - Rn. 26 [sekundäre Darlegungslast des Arbeitgebers bei § 17 BBiG]). Bleiben danach für die Beurteilung der Angemessenheit relevante Tatsachen streitig, liegt die Beweislast für die den Erfüllungseinwand begründenden Tatsachen beim Arbeitgeber.

35

5. Ausgehend von diesen Grundsätzen erweist sich die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts als rechtsfehlerhaft und unterliegt der Aufhebung (§ 562 Abs. 1 ZPO).

36

a) Bei dem Merkmal „angemessen“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, bei dessen Anwendung dem Tatsachengericht ein Beurteilungsspielraum zukommt. Dieser ist vom Revisionsgericht nur darauf zu überprüfen, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist (st. Rspr., zuletzt zB BAG 21. Mai 2015 - 8 AZR 618/13 - Rn. 31; 21. Januar 2015 - 4 AZR 253/13 - Rn. 23). Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht stand.

37

b) Das Landesarbeitsgericht geht zwar vom zutreffenden Begriff der Angemessenheit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG aus. Die Berücksichtigung des von der Beklagten für Arbeit in der Zeit zwischen 21:00 Uhr und 23:00 Uhr gezahlten Zuschlags in Höhe von zuletzt 3,18 Euro brutto pro Stunde bei der Prüfung der Angemessenheit des für die Zeit zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr vom Kläger beanspruchten Nachtarbeitszuschlags ist aber widersprüchlich und rechtsfehlerhaft. Zwar geht das Landesarbeitsgericht zutreffend davon aus, dass diese Zuschläge nicht auf die Nachtarbeitsstunden gemäß § 2 Abs. 3 ArbZG umgerechnet werden können, da es sich um keine Leistung für die während der Nachtzeit erbrachte Arbeit handelt. Es fehlt ein hinreichender Bezug zur Nachtarbeit iSd. Arbeitszeitgesetzes, weil diese Zuschläge nicht auf das für die Nachtarbeit iSv. § 2 Abs. 3 ArbZG geschuldete Bruttoarbeitsentgelt gezahlt werden(vgl. BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 17, BAGE 131, 215; 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 102, 309), sondern auf Bruttoarbeitsentgelt für Stunden außerhalb dieser Zeit. Der Zuschlag wird nur für die in der Zeit von 21:00 Uhr bis 23:00 Uhr geleistete Arbeitsleistung gezahlt. Es spielt keine Rolle, ob im Anschluss daran Nachtarbeit iSv. § 2 Abs. 3 ArbZG geleistet wird oder ob es sich um einen Nachtarbeitnehmer iSd. § 2 Abs. 5 Nr. 2 ArbZG handelt. Dennoch will das Landesarbeitsgericht diese Zuschläge im Rahmen der Angemessenheitsprüfung zulagenmindernd berücksichtigen. Hierfür gibt es keine Grundlage. Dies gilt auch dann, wenn die Auffassung der Beklagten zuträfe, dass dieser „Spätarbeitszuschlag“ ähnlichen Zwecken diene wie der gesetzliche Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG. Ein Ausgleichszweck für Nachtarbeit iSd. § 2 Abs. 3 ArbZG wird durch diese Leistung nicht erreicht.

38

6. Der Senat kann gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden, da alle für die Beurteilung der Angemessenheit des Ausgleichs nach § 6 Abs. 5 ArbZG maßgeblichen Tatsachen festgestellt sind. Einer Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht bedarf es nicht (vgl. BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 16; 19. April 2012 - 2 AZR 258/11 - Rn. 16). Die Klage ist in vollem Umfang begründet.

39

a) Der Kläger ist Nachtarbeitnehmer iSv. § 2 Abs. 5 Nr. 2 iVm. § 2 Abs. 3 und Abs. 4 ArbZG. Er leistet an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr umfasst (§ 2 Abs. 4 ArbZG). Im Arbeitsverhältnis der Parteien gelten weder kraft Tarifbindung (§ 3 Abs. 1 TVG) noch aufgrund arbeitsvertraglicher Inbezugnahme tarifvertragliche Ausgleichsregelungen für die vom Kläger geleistete Nachtarbeit. Dies steht zwischen den Parteien nicht im Streit.

40

b) Der Kläger leistet Dauernachtarbeit, er erbringt nach der von der Beklagten bestimmten Lage der Arbeitszeit - unabhängig von Schwankungen bei Beginn und Ende der Arbeitszeit und ohne Berücksichtigung von Pausen - durchgängig Arbeit von mehr als zwei Stunden (§ 2 Abs. 4 ArbZG) in der gesetzlichen Nachtzeit. Er hat deshalb grundsätzlich einen Anspruch auf einen Ausgleich nach § 6 Abs. 5 ArbZG durch Gewährung eines Zuschlags iHv. 30 % auf seinen Bruttostundenlohn bzw. eine entsprechende Anzahl bezahlter freier Tage nach Wahl der Beklagten für die während der gesetzlichen Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden. Gründe für eine Verminderung der Höhe des Ausgleichsanspruchs bestehen nicht.

41

aa) Aus der Art der Tätigkeit des Klägers als Lkw-Fahrer im Nachtverkehr ergeben sich keine Anhaltspunkte für die Annahme, seine Belastung sei geringer als diejenige eines anderen Arbeitnehmers, der Dauernachtarbeit leistet. Zeiten minderer Beanspruchung fallen nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht an. Dass Dauernachtarbeit als Lkw-Fahrer eine besondere Belastung darstellt, wird durch die Bestimmungen der „Richtlinie 2002/15/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2002 zur Regelung der Arbeitszeit von Personen, die Fahrtätigkeiten im Bereich des Straßentransports ausüben“ bestätigt. Während die Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG zwar die Gesundheitsgefährdung durch Nachtarbeit benennt, ohne aber die Mitgliedstaaten zur Gewährung eines Ausgleichs zu verpflichten, sieht Art. 7 Abs. 1 der RL 2002/15/EG eine solche Verpflichtung vor. Daraus lässt sich die unionsrechtliche Wertung entnehmen, dass die Nachtarbeit bei Fahrpersonal als besonders belastend angesehen wird (vgl. auch die Erwägungsgründe 11 und 12 der RL 2002/15/EG). Dem ist bei der Auslegung des § 6 Abs. 5 ArbZG Rechnung zu tragen.

42

bb) Entgegen der Auffassung der Revision handelt es sich bei der Tätigkeit des Klägers nicht um eine Arbeitsleistung, die zwingend in der Nacht erfolgen muss und bei der der mit dem Zuschlag verfolgte Zweck, die Nachtarbeit im Interesse der Gesundheit des Arbeitnehmers zu verteuern, deshalb nicht zum Tragen kommt (vgl. dazu oben II 3 b).

43

(1) Es ist weder aus technischen Gründen zwingend erforderlich, dass der Kläger seine Fahrtätigkeit nachts erbringt, noch ergibt sich aus der Art der Tätigkeit ein solcher Zwang. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht das unternehmerische Konzept der Beklagten, das die Nachtarbeit des Klägers beinhaltet, berücksichtigt und damit eine Reduzierung des Ausgleichsanspruchs begründet. Dabei kann zugunsten der Beklagten deren - vom Kläger bestrittene - Behauptung unterstellt werden, dass eine vollständige Durchführung der Transporte außerhalb der gesetzlichen Nachtzeit zu Laufzeitverlängerungen führen würde, deshalb bestimmte Zustellzeiten nicht garantiert und bestimmte Leistungen dann nicht angeboten werden könnten. Ebenso kann unterstellt werden, dass am Markt eine Nachfrage nach entsprechenden kurzfristigen Zustellzeiten besteht. Dabei handelt es sich aber insgesamt um rein wirtschaftliche Erwägungen, die - anders als beispielsweise im Fall der Tätigkeit der Angehörigen eines Rettungsdienstes in der Nachtzeit (vgl. dazu BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu I 4 b der Gründe, BAGE 115, 372) - keine Unvermeidbarkeit der Nachtarbeit im og. Sinn begründen können.

44

(2) Ein solches Verständnis des § 6 Abs. 5 ArbZG stellt keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Rechte der Beklagten aus Art. 12 Abs. 1 GG dar.

45

(a) Die gesetzliche Verpflichtung, unabhängig von den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen aus Gründen des Gesundheitsschutzes an Nachtarbeitnehmer bestimmte Nachtarbeitszuschläge zu zahlen bzw. eine bestimmte Anzahl freier Tage zu gewähren, lässt das Recht der Beklagten, Nachtarbeit anzuordnen und entsprechende Leistungen am Markt anzubieten, unberührt. Damit handelt es sich (nur) um eine Berufsausübungsregelung (vgl. dazu zB BAG 15. März 2005 - 9 AZR 104/04 - BAGE 114, 70). Solche Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit müssen durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sein. Dabei reichen grundsätzlich vernünftige Gründe des Allgemeinwohls aus. Es gelten die Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, dh. der Eingriff muss zur Erreichung des Eingriffsziels geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne sein (st. Rspr., vgl. zuletzt zB BVerfG 2. März 2010 - 1 BvR 256/08 ua. - Rn. 297, BVerfGE 125, 260).

46

(b) Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Eingriff dient dem Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer bei Nachtarbeit und damit einem legitimen, verfassungsrechtlich gebotenen Ziel (BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82, 1 BvL 16/83, 1 BvL 10/91 - zu C III 3 der Gründe, BVerfGE 85, 191). Die gesetzliche Regelung ist in der hier gefundenen Auslegung geeignet, zur Erreichung dieses Ziels beizutragen, indem die durch Nachtarbeit entstehenden Belastungen entweder unmittelbar vermindert werden oder zumindest mittelbar auf ihre Reduzierung hingewirkt wird. Sie ist erforderlich. Ein die Interessen der Beklagten weniger beeinträchtigendes Mittel zur Erreichung des Ziels ist nicht erkennbar. Ungeeignet wäre insbesondere die von der Beklagten angestrebte Verminderung des Ausgleichsanspruchs, da die Anreizwirkung zur Vermeidung von Nachtarbeit dann kaum mehr vorhanden wäre und gleichzeitig bei geleisteter Nachtarbeit kein die Belastungen angemessen abbildender Ausgleich gewährt würde. Auch die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn ist gewahrt. Die Belastung erreicht kein solches Maß, dass die Möglichkeit der Beklagten, auf dem Markt zu wirtschaftlichen Bedingungen ihre Dienstleistungen anzubieten, auch nur annähernd beeinträchtigt wäre. Weder hat sie hierfür Anhaltspunkte vorgetragen noch sind solche erkennbar. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass § 6 Abs. 5 ArbZG gleichermaßen für alle Unternehmen gilt, die zur Erbringung ihres Angebots am Markt Nachtarbeit ihrer Arbeitnehmer für erforderlich halten.

47

c) Den mit der Klage geltend gemachten Anspruch hat die Beklagte durch die Gewährung eines Nachtzuschlags iHv. zuletzt 3,18 Euro brutto pro Stunde (20 % des Bruttostundenlohns) nicht vollständig erfüllt.

48

aa) Der arbeitsvertraglich vereinbarte und zuletzt iHv. 15,90 Euro gezahlte Stundenlohn enthält keinen Zuschlag für die vom Kläger geleistete Nachtarbeit.

49

(1) Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass die Arbeitsvertragsparteien auf eine gesonderte Zuschlagsregelung verzichten und stattdessen den Grundlohn wegen der vereinbarten Nachtarbeit entsprechend erhöhen. Von einer derartigen pauschalen Abgeltung des Nachtarbeitszuschlags kann jedoch nur ausgegangen werden, wenn der Arbeitsvertrag konkrete Anhalte für eine Pauschalierung enthält. Hierfür ist regelmäßig erforderlich, dass in dem Arbeitsvertrag zwischen der Grundvergütung und dem (zusätzlichen) Nachtarbeitszuschlag unterschieden wird; jedenfalls muss ein Bezug zwischen der zu leistenden Nachtarbeit und der Lohnhöhe hergestellt sein (so bereits BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 b der Gründe mwN, BAGE 102, 309; zu tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen vgl. zB BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 54, BAGE 148, 68; 12. Dezember 2012 - 10 AZR 192/11 - Rn. 14).

50

(2) Hierfür fehlen jegliche Anhaltspunkte. Der Stundenlohn ist nach dem Arbeitsvertrag unabhängig von der konkret zugewiesenen Tätigkeit und insbesondere unabhängig davon zu zahlen, ob der Kläger zu Tag- oder Nachtarbeit eingeteilt wird. Der Kläger wurde auch nicht ausschließlich für Nachtarbeiten bzw. -fahrten eingestellt, sondern in § 1 Ziff. 1 Satz 2 des Arbeitsvertrags hat er lediglich die „Bereitschaft zur Sonn- u. Feiertags- und Nachtarbeit“ erklärt. Nach dem Vortrag der Beklagten sind zwar 90 % der Kraftfahrer zu Nachtzeiten beschäftigt. Jedoch differenziert die Beklagte hinsichtlich der Lohnhöhe nicht zwischen Kraftfahrern, die zu Tag- oder Nachtzeiten eingesetzt werden, sondern alle Fahrer erhalten denselben Stundenlohn (zur Differenzierung zwischen vergleichbaren nachtarbeits- und nicht nachtarbeitsgeprägten Tätigkeiten BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 22).

51

bb) Ebenso wenig kann der von der Beklagten für die Zeit von 21:00 Uhr bis 23:00 Uhr gezahlte Zuschlag iHv. zuletzt 20 % des Bruttostundenlohns auf die Zeiten der Nachtarbeit iSv. § 2 Abs. 3 ArbZG „umgelegt“ oder angerechnet werden. Wie bereits dargelegt (vgl. II 5 b), fehlt hinsichtlich dieser Zuschläge ein hinreichender Bezug zur Nachtarbeit, sie werden nicht auf das für die Nachtarbeit geschuldete Bruttoarbeitsentgelt gezahlt (vgl. BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 17, BAGE 131, 215; 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 102, 309), sondern auf Bruttoarbeitsentgelt für Stunden außerhalb dieser Zeit.

52

d) Für die Zeit ab dem 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 hat die Beklagte ihr Wahlrecht nach § 6 Abs. 5 ArbZG ausgeübt und damit für diesen Zeitraum die Ausgleichsleistung auf einen Zahlungsanspruch des Klägers konkretisiert.

53

aa) Nach § 6 Abs. 5 ArbZG kann der Arbeitgeber wählen, ob er den Ausgleichsanspruch durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder durch eine Kombination von beidem erfüllt. Die gesetzlich begründete Wahlschuld (§ 262 BGB) konkretisiert sich auf eine der geschuldeten Leistungen, wenn der Schuldner das ihm zustehende Wahlrecht nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ausübt (BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 51, BAGE 148, 68; 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 15 mwN).

54

bb) Das Wahlrecht nach § 6 Abs. 5 ArbZG steht dem Arbeitgeber dabei grundsätzlich für jede Entgeltzahlungsperiode, typischerweise also kalendermonatlich neu zu. Zwar geht die gesetzliche Konzeption der Wahlschuld nach §§ 262 ff. BGB als Regelfall davon aus, dass das Wahlrecht einmalig ausgeübt wird, die Wahl verbindlich ist (MüKoBGB/Krüger 6. Aufl. § 263 Rn. 4) und das Schuldverhältnis insgesamt rückwirkend gestaltet (vgl. § 263 Abs. 2 BGB). Die Bestimmungen beziehen sich allerdings auf den Fall einer einmalig geschuldeten Leistung. Die erstmalig ausgeübte Wahl in einem Dauerschuldverhältnis, in dem ein Leistungsanspruch als Wahlschuld immer wieder neu entsteht, kann deshalb keine Bindungswirkung über den einmaligen Anspruch hinaus entfalten. So ist die Situation beim gesetzlichen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG: Dieser entsteht jeweils neu, wenn vom Arbeitnehmer ausgleichspflichtige Nachtarbeitsstunden erbracht werden. Der Arbeitgeber ist dann verpflichtet, zu wählen, ob er - regelmäßig mit der Vergütung für den jeweiligen Lohnabrechnungszeitraum - einen finanziellen Ausgleich leistet oder ob er Freizeitausgleich gewähren will. Hat der Arbeitgeber sein Wahlrecht ausgeübt, ist er hieran nach § 263 Abs. 2 BGB gebunden und kann die Wahl für diesen Zeitraum nicht mehr ändern(vgl. auch BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 51, BAGE 148, 68).

55

cc) Dieses Wahlrecht kann vertraglich abbedungen werden und die Vertragsparteien können sich bereits dauerhaft auf eine Variante des Ausgleichs festlegen (vgl. zB BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 21, BAGE 131, 215). Ebenso ist eine spätere, ggf. konkludente vertragliche Vereinbarung über die Form des Ausgleichs möglich. Die Annahme einer konkludenten Vereinbarung setzt aber Umstände voraus, die über die bloße (auch mehrmalige) Ausübung des Wahlrechts in eine Richtung hinausgehen (vgl. zum Direktionsrecht zuletzt zB BAG 10. Dezember 2014 - 10 AZR 63/14 - Rn. 15 mwN). In Betracht kommt auch, dass der Arbeitgeber aus kollektiv-rechtlichen Gründen zu einer bestimmten Art des Ausgleichs verpflichtet ist. Das Wahlrecht selbst unterliegt der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 und Nr. 10 BetrVG(BAG 26. April 2005 - 1 ABR 1/04 - zu B II 2 a bb der Gründe, BAGE 114, 272; grundlegend bereits BAG 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - BAGE 86, 249).

56

dd) Nach diesen Grundsätzen hat die Beklagte für die Zeit bis zum 31. März 2014 ihr Wahlrecht dadurch ausgeübt, dass sie als Ausgleich für geleistete Nachtarbeit jeweils ausschließlich Zuschläge zum Bruttostundenlohn geleistet hat. Weder hat sie Freizeitausgleich gewährt noch sich für eine Kombination aus Geldleistungen und Freizeitausgleich entschieden. An diese Wahl über die Art des Ausgleichs ist sie gebunden, auch wenn die Zuschläge in zu geringer Höhe gezahlt wurden.

57

e) Für die Zeit ab dem 1. April 2014 ist die Beklagte verpflichtet, dem Kläger für die von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % des Bruttostundenlohns zu zahlen oder ihm wahlweise für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden zwei bezahlte freie Tage zu gewähren. Zur Ausübung des Wahlrechts sind für die nach Ende der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht liegenden Zeiträume keine Feststellungen getroffen, so dass von dessen Fortbestand auszugehen ist. Hinsichtlich des Umfangs des Anspruchs auf bezahlte freie Tage ist gemäß § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO vom klägerischen Antrag auszugehen, auch wenn dieser keinem wertgleichen Ausgleich entspricht.

58

III. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

        

    Linck    

        

    Schlünder    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

    Klein    

        

    Großmann    

                 

Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.

(1) Steuerfrei sind Zuschläge, die für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, soweit sie

1.
für Nachtarbeit 25 Prozent,
2.
vorbehaltlich der Nummern 3 und 4 für Sonntagsarbeit 50 Prozent,
3.
vorbehaltlich der Nummer 4 für Arbeit am 31. Dezember ab 14 Uhr und an den gesetzlichen Feiertagen 125 Prozent,
4.
für Arbeit am 24. Dezember ab 14 Uhr, am 25. und 26. Dezember sowie am 1. Mai 150 Prozent
des Grundlohns nicht übersteigen.

(2)1Grundlohn ist der laufende Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum zusteht; er ist in einen Stundenlohn umzurechnen und mit höchstens 50 Euro anzusetzen.2Nachtarbeit ist die Arbeit in der Zeit von 20 Uhr bis 6 Uhr.3Sonntagsarbeit und Feiertagsarbeit ist die Arbeit in der Zeit von 0 Uhr bis 24 Uhr des jeweiligen Tages.4Die gesetzlichen Feiertage werden durch die am Ort der Arbeitsstätte geltenden Vorschriften bestimmt.

(3) Wenn die Nachtarbeit vor 0 Uhr aufgenommen wird, gilt abweichend von den Absätzen 1 und 2 Folgendes:

1.
Für Nachtarbeit in der Zeit von 0 Uhr bis 4 Uhr erhöht sich der Zuschlagssatz auf 40 Prozent,
2.
als Sonntagsarbeit und Feiertagsarbeit gilt auch die Arbeit in der Zeit von 0 Uhr bis 4 Uhr des auf den Sonntag oder Feiertag folgenden Tages.

Tenor

I. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 9. April 2014 - 6 Sa 106/13 - aufgehoben, soweit das Landesarbeitsgericht auf die Berufung der Beklagten das Teilurteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 3. September 2013 - 9 Ca 77/13 - teilweise abgeändert hat.

II. Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 3. September 2013 - 9 Ca 77/13 - wird zurückgewiesen und dessen Tenor zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die ab dem 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 geleistete Nachtarbeit einen Nachtarbeitszuschlag von 30 % des Bruttostundenlohns für jede zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Arbeitsstunde zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die ab dem 1. April 2014 geleistete Nachtarbeit wahlweise einen Nachtarbeitszuschlag von 30 % des Bruttostundenlohns für jede zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Arbeitsstunde zu zahlen oder für jeweils 90 zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Nachtarbeitsstunden je zwei bezahlte freie Tage zu gewähren.

3. Im Übrigen wird die Klage hinsichtlich des Klageantrags zu 2. abgewiesen.

4. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

III. Die Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.

IV. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Ausgleich für geleistete Nachtarbeit.

2

Die Beklagte ist Teil einer weltweit tätigen Logistik- und Paketdienstleistungsgruppe. Sie ist nicht tarifgebunden. Bei ihr ist ein Betriebsrat gebildet. Die Beklagte beschäftigt ca. 500 Kraftfahrer.

3

Der Kläger ist auf Grundlage des Arbeitsvertrags vom 22./30. März 1993 als Lkw-Fahrer im Linientransport überwiegend in der Zeit zwischen 20:00 Uhr bis 06:00 Uhr tätig. Die Beklagte zahlte jedenfalls bis zum 31. März 2014 für die in der Zeit von 21:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden zum Bruttostundenlohn einen in den Gehaltsabrechnungen als „Nachtarbeitszuschlag fest“ bezeichneten Zuschlag. Dieser betrug zuletzt 3,18 Euro und damit 20 % des Bruttostundenlohns von 15,90 Euro.

4

Die Arbeitsabläufe bei der U-Gruppe gestalten sich wie folgt: Zunächst wird die Paketsendung von einem Zustellfahrzeug beim Kunden abgeholt und in die Abholniederlassung vor Ort gebracht. Dort werden die abgeholten Sendungen entladen und je nach Zieldestination in Container verladen. Dies erfolgt bis ca. 20:00 Uhr. Die Container werden anschließend zu den Hauptumschlagsbasen (HUB) transportiert. Dort erfolgt eine Sortierung aller von verschiedenen Abholniederlassungen oder von anderen HUB in Containern eingehenden Sendungen. Diese werden dann sortiert nach Zielniederlassungen wieder in Container verladen und zur Zielniederlassung gebracht. Dort angekommen werden die Container entladen, nach Zustellgebieten sortiert und in die jeweiligen Zustellfahrzeuge verladen und vom jeweiligen Paketzusteller beim Kunden zugestellt. Der Transport von einer Abholniederlassung zu den HUB, zwischen HUB und von dort zu den Zielniederlassungen erfolgt in großen Lastkraftwagen (Feeder). Diese Transporte sind Aufgabe der Beklagten innerhalb der U-Gruppe, für die auch der Kläger eingesetzt wird. Zuletzt fuhr er zumeist die Nachtroute zwischen der Niederlassung in H und der HUB N. Seine Arbeitszeit begann dabei um 20:15 Uhr in der Niederlassung H. Nach der Ankunft in der HUB N machte der Kläger in der Zeit zwischen 01:10 Uhr und 02:10 Uhr Pause. Anschließend übernahm er dort einen Container zur Rückfahrt nach H. Seine Arbeitszeit endete gegen 06:00 Uhr, wobei Schwankungen bei Beginn und Ende der Arbeitszeit möglich sind.

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % seines Bruttostundenlohns zu, wahlweise eine entsprechende Anzahl freier Tage. Er leiste dauerhaft Nachtarbeit, was mit erheblichen Anstrengungen und gesundheitlichen Belastungen verbunden sei. Der natürliche Biorhythmus werde durch die Nachtarbeit gestört. Nachtfahrten mit dem Lkw würden eine besonders hohe Konzentration auf das Verkehrsgeschehen erfordern.

6

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Interesse - zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab dem 1. August 2013 einen Nachtschichtzuschlag für die Nachtarbeit von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr in Höhe von 30 % vom Bruttostundenlohn zu zahlen oder einen Freizeitausgleich für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden von zwei Arbeitstagen zu gewähren.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, sie zahle einen angemessenen Zuschlag für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden. Der nächtliche Warentransport sei zur Durchführung des Geschäfts der Beklagten als Teil der U-Gruppe zwingend erforderlich. Der Transport der Paketsendungen zur jeweiligen HUB und zur Zielniederlassung über Nacht ermögliche die Zustellung der Express- und Standardprodukte entsprechend dem Serviceversprechen. Die Nachtarbeit werde nicht geleistet, um die Produktion zu steigern, sondern um eine wettbewerbsfähige Warenzustellung überhaupt erst zu ermöglichen. Bei ihr seien ca. 90 % der Kraftfahrer in Nachtarbeit tätig und sie gewähre bereits einen deutlich übertariflichen Stundenlohn. In der Logistikbranche sei es nicht üblich, einen hohen Nachtarbeitszuschlag zu zahlen. Im Übrigen bezahle sie für die in der Zeit von 21:00 Uhr bis 23:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden freiwillige Zuschläge, die auf die Nachtarbeitszeit nach 23:00 Uhr umzulegen seien.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit für die Revision von Interesse - stattgegeben. Die Abweisung im Übrigen ist rechtskräftig geworden. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts auf die Berufung der Beklagten teilweise abgeändert und den Nachtarbeitszuschlag auf 25 % reduziert. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung, die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet, die zulässige Revision der Beklagten hingegen unbegründet. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts erweist sich als rechtsfehlerhaft, soweit es einen Zuschlag iHv. 25 % auf den Bruttostundenlohn als angemessenen Ausgleich für geleistete Nachtarbeit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG angesehen hat. Der Senat kann gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden, da alle maßgeblichen Tatsachen festgestellt sind. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger ab dem 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 für die von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % des Bruttostundenlohns zu zahlen und ihm für die Zeit ab 1. April 2014 wahlweise einen solchen Nachtarbeitszuschlag zu zahlen oder - entsprechend dem Antrag des Klägers - für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden zwei bezahlte freie Tage zu gewähren.

10

I. Der Feststellungsantrag ist zulässig.

11

1. Der Klageantrag ist in der gebotenen Auslegung hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dem Vorbringen des Klägers ist zu entnehmen, dass sich der Antrag auf den gesetzlichen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG bezieht. Der Kläger begehrt die grundsätzlich zukunftsgerichtete Feststellung des Bestehens eines Ausgleichsanspruchs für in der gesetzlichen Nachtzeit (§ 2 Abs. 3 ArbZG) geleistete Arbeitsstunden in näher bezeichnetem Umfang. Dem Wortlaut des § 6 Abs. 5 ArbZG folgend wird der Beklagten ein Wahlrecht eingeräumt, ob der Ausgleich durch Zahlung eines Nachtarbeitszuschlags oder durch Gewährung freier Tage erfolgt(vgl. zu einer solchen Antragstellung zB: BAG 12. Dezember 2012 - 5 AZR 918/11 - Rn. 31; 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 -). Durch diese Art der Antragstellung trägt der Kläger der gesetzlichen Vorgabe Rechnung, ohne dass dadurch ausgeschlossen wäre, dass sich die begehrte Feststellung im Fall der zwischenzeitlichen Ausübung des Wahlrechts für Zeiträume vor Schluss der mündlichen Verhandlung des Landesarbeitsgerichts auf eine Form des Ausgleichs konkretisiert hat. Soweit der Ausgleich wahlweise durch Freizeitgewährung erfolgen soll, ist darunter die Gewährung von bezahlten freien Tagen zu verstehen (vgl. dazu BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 10, BAGE 131, 215). Die Höhe der für gewährte freie Tage geschuldeten Vergütung ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits.

12

2. Der so verstandene Klageantrag ist auf die Feststellung eines zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisses iSv. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet, nämlich auf die Angemessenheit des Ausgleichs für im Arbeitsverhältnis geleistete Nachtarbeitsstunden gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG. Die Feststellungsklage kann sich nach § 256 Abs. 1 ZPO auf einzelne Ansprüche beschränken(vgl. zuletzt BAG 15. April 2015 - 10 AZR 250/14 - Rn. 18). Gegenstand des Feststellungsantrags ist nicht die Überprüfung einer abstrakten Rechtsfrage (dazu BAG 24. April 2007 - 1 ABR 27/06 - Rn. 15, BAGE 122, 121).

13

3. Der Kläger hat ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung iSv. § 256 Abs. 1 ZPO. Zwischen den Parteien steht ausschließlich im Streit, ob die Beklagte mit den von ihr gewährten Zuschlägen auf den Bruttostundenlohn iHv. zuletzt 20 % einen angemessenen Ausgleich iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG gewährt hat oder ob dem Kläger für geleistete Nachtarbeit ein weiter gehender Anspruch zusteht. Der Umfang der Leistungsverpflichtung der Beklagten wird durch die begehrte Feststellung abschließend geklärt. Der Kläger war auch nach dem Fälligwerden der ab dem 1. August 2013 geltend gemachten Ansprüche nicht verpflichtet, insoweit auf Leistungsanträge überzugehen (BAG 3. Dezember 2008 - 5 AZR 74/08 - Rn. 10, BAGE 128, 342; 12. März 2008 - 4 AZR 616/06 - Rn. 16).

14

II. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf die begehrte Feststellung. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG für die Zeit ab dem 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 für die von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % des Bruttostundenlohns zu zahlen. Insoweit hat die Beklagte ihr Wahlrecht bereits ausgeübt. Für die Zeit ab dem 1. April 2014 ist die Beklagte verpflichtet, ihm wahlweise einen solchen Nachtarbeitszuschlag zu zahlen oder für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden zwei bezahlte freie Tage zu gewähren.

15

1. Nach § 6 Abs. 5 ArbZG ist der Arbeitgeber, soweit eine tarifvertragliche Ausgleichsregelung nicht besteht, verpflichtet, dem Nachtarbeitnehmer(§ 2 Abs. 5 ArbZG) für die während der Nachtzeit (§ 2 Abs. 3 ArbZG) geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Anzahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren. Der Arbeitgeber kann wählen, ob er den Ausgleichsanspruch durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder durch eine Kombination von beidem erfüllt. Die gesetzlich begründete Wahlschuld (§ 262 BGB) konkretisiert sich auf eine der geschuldeten Leistungen erst dann, wenn der Schuldner das ihm zustehende Wahlrecht nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ausübt (BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 15 mwN).

16

2. Regelmäßig stellt ein Zuschlag iHv. 25 % auf den jeweiligen Bruttostundenlohn bzw. die Gewährung einer entsprechenden Anzahl von bezahlten freien Tagen einen angemessenen Ausgleich für geleistete Nachtarbeit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG dar.

17

a) Nachtarbeit ist nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen grundsätzlich für jeden Menschen schädlich und hat negative gesundheitliche Auswirkungen (vgl. dazu BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82, 1 BvL 16/83, 1 BvL 10/91 - zu C I 2 der Gründe, BVerfGE 85, 191; Neumann/Biebl ArbZG 16. Aufl. § 6 Rn. 4). Die Belastung und Beanspruchung der Beschäftigten steigt nach bisherigem Kenntnisstand in der Arbeitsmedizin durch die Anzahl der Nächte pro Monat und die Anzahl der Nächte hintereinander, in denen Nachtarbeit geleistet wird. Die Anzahl der aufeinanderfolgenden Nachtschichten sollte daher möglichst gering sein, auch wenn viele Schichtarbeiter, die in einem Rhythmus von fünf und mehr hintereinanderliegenden Nachtschichten arbeiten, subjektiv den Eindruck haben, dass ihr Körper sich der Nachtschicht besser anpasst. Dies trifft allerdings nicht zu (vgl. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Leitfaden zur Einführung und Gestaltung von Nacht- und Schichtarbeit 9. Aufl. S. 12 f.). Insgesamt ist anerkannt, dass Nachtarbeit umso schädlicher ist, in desto größerem Umfang sie geleistet wird (vgl. auch Erwägungsgrund 7 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung [Arbeitszeitrichtlinie]). Entsprechende Gestaltungsempfehlungen für Arbeitszeitmodelle setzen hier an (vgl. dazu zB Schliemann ArbZG 2. Aufl. § 6 Rn. 14). Dies gilt unabhängig davon, dass typabhängig die Anpassung an Nachtarbeit von Mensch zu Mensch unterschiedlich gut erfolgt (vgl. BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 736/12 - Rn. 19 f. mwN, BAGE 147, 33).

18

b) Die Regelungen in § 6 ArbZG dienen - in Umsetzung des Handlungsauftrags des Bundesverfassungsgerichts(BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82, 1 BvL 16/83, 1 BvL 10/91 - zu C III 3 der Gründe, BVerfGE 85, 191) und in Umsetzung der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG - in erster Linie dem Schutz des Arbeitnehmers vor den für ihn schädlichen Folgen der Nacht- und Schichtarbeit (BT-Drs. 12/5888 S. 21). Dabei ist der Gesetzgeber von der Erkenntnis ausgegangen, dass auf Nachtarbeit in der modernen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft nicht völlig verzichtet werden kann (BT-Drs. 12/5888 S. 25). § 6 Abs. 5 ArbZG setzt hier an und soll für diejenigen Arbeitnehmer, die Nachtarbeit leisten, zumindest einen angemessenen Ausgleich für die mit der Nachtarbeit verbundenen Beeinträchtigungen gewähren(BT-Drs. 12/5888 S. 26). Die gesetzlich vorgeschriebenen Ausgleichsleistungen nehmen der Nachtarbeit dabei nicht ihre spezifische Gesundheitsgefährdung, dienen aber unmittelbar oder mittelbar dem Gesundheitsschutz (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 3 b bb (3) der Gründe, BAGE 102, 309). Soweit § 6 Abs. 5 ArbZG einen Anspruch auf bezahlten Freizeitausgleich begründet, liegt eine unmittelbar gesundheitsschützende Wirkung jedenfalls in den Fällen vor, in denen sich die Dauer der zu erbringenden Arbeitszeit für den Arbeitnehmer durch den bezahlten Freizeitausgleich insgesamt reduziert und dieser zeitnah gewährt wird. Soweit ein Nachtarbeitszuschlag vorgesehen ist, wirkt sich dieser auf die Gesundheit des betroffenen Arbeitnehmers nicht unmittelbar aus, sondern dient dem Gesundheitsschutz mittelbar (vgl. BAG 26. April 2005 - 1 ABR 1/04 - zu B II 2 a bb der Gründe, BAGE 114, 272; 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - zu B II 2 b der Gründe, BAGE 86, 249). Die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers wird verteuert, um auf diesem Weg Nachtarbeit einzudämmen; Nachtarbeit soll für Arbeitgeber weniger attraktiv sein. Dieser Druck besteht auch dann, wenn der Arbeitgeber verpflichtet ist, den Arbeitnehmer zu einem nicht zeitnah zur Nachtarbeit liegenden Zeitpunkt von der Arbeit bezahlt freizustellen (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu A II 2 b aa der Gründe, aaO). Außerdem soll der Nachtarbeitszuschlag in einem gewissen Umfang den Arbeitnehmer für die erschwerte Teilhabe am sozialen Leben entschädigen (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 4 b der Gründe, aaO).

19

c) Der Gesetzgeber hat ausdrücklich darauf verzichtet, den Umfang des Ausgleichs für Nachtarbeit selbst festzulegen (BT-Drs. 12/5888 S. 22). Ebenso wenig hat er aber dem Arbeitgeber ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSv. § 315 BGB übertragen. Vielmehr handelt es sich bei der Bestimmung des angemessenen Ausgleichs um die Ausfüllung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die letztlich den Gerichten für Arbeitssachen obliegt, wenn Streit über dessen Umfang besteht (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 3 b aa der Gründe, BAGE 102, 309; so wohl unausgesprochen auch BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu I 4 der Gründe, BAGE 115, 372; 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 51 ff., BAGE 148, 68; anders noch BAG 24. Februar 1999 - 4 AZR 62/98 - zu II 2.3.2 der Gründe, BAGE 91, 63 [Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 BGB]; offengelassen in BAG 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - zu B II 3 der Gründe, BAGE 86, 249). Die Arbeitsvertragsparteien können Regelungen über Art und Umfang des Ausgleichs treffen. Diese müssen aber den Vorgaben des § 6 Abs. 5 ArbZG genügen, die Norm ist zwingend(vgl. zB BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 17, BAGE 131, 215).

20

d) § 6 Abs. 5 ArbZG stellt den Ausgleich durch Gewährung bezahlter freier Tage neben die Zahlung des Nachtarbeitszuschlags. Zwischen den Alternativen des Belastungsausgleichs besteht nach der gesetzlichen Regelung kein Rangverhältnis, insbesondere kein Vorrang des Freizeitausgleichs, auch wenn dies Zwecken des Gesundheitsschutzes möglicherweise dienlicher wäre. Der Arbeitgeber kann - unter Beachtung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats (vgl. zB BAG 26. April 2005 - 1 ABR 1/04 - zu B II 2 a bb der Gründe, BAGE 114, 272) - frei wählen, ob er den Anspruch des Arbeitnehmers durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder auch durch eine Kombination von beidem erfüllt (BAG 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - zu B II 2 der Gründe, BAGE 86, 249; 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu A II 1 und B II 2 b der Gründe, BAGE 102, 309; 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 22; aA Buschmann/Ulber ArbZG 8. Aufl. § 6 Rn. 28: Vorrang freier Tage). Die Angemessenheit iSd. § 6 Abs. 5 ArbZG ist dabei für beide Alternativen nach einem einheitlichen Maßstab zu beurteilen. Der Umfang der Ausgleichsverpflichtung hängt nicht davon ab, für welche Art des Ausgleichs sich der Arbeitgeber entscheidet. Vielmehr müssen sich die jeweiligen Leistungen nach ihrem Wert grundsätzlich entsprechen (BAG 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 22).

21

e) Nach gefestigter Rechtsprechung aller mit dieser Frage befassten Senate des Bundesarbeitsgerichts ist ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 25 % des Bruttostundenlohns bzw. eine entsprechende Anzahl bezahlter freier Tage regelmäßig als angemessen iSd. § 6 Abs. 5 ArbZG anzusehen(vgl. zuletzt zB BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 59 mwN, BAGE 148, 68). Hieran hält der Senat auch angesichts der von der Revision geäußerten Kritik fest.

22

aa) Ausgangspunkt für die Beurteilung der Angemessenheit des geforderten Ausgleichs ist nach § 6 Abs. 5 ArbZG dessen wertmäßiges Verhältnis zu dem Bruttoarbeitsentgelt, das dem Arbeitnehmer für die während der gesetzlichen Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden zusteht. Dies ergibt sich bereits unmittelbar aus dem Wortlaut der Norm. Der für geleistete Nachtarbeit geschuldete angemessene Zuschlag ist danach „auf“ das dem Arbeitnehmer hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren (so bereits BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 102, 309; 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - zu I 3 a der Gründe). Nichts anderes gilt im Hinblick auf die wertmäßig gleichzusetzende Gewährung freier Tage. Vergütung und Arbeitszeit entsprechen sich auf Grundlage des vertraglichen Synallagmas (BAG 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 23). Dabei kommt es in beiden Fällen nicht darauf an, ob sich der Umfang des Ausgleichs nach den im Arbeitsverhältnis anwendbaren Regelungen nach Prozentsätzen bestimmt, ob feste Euro-Beträge für Stunden oder Schichten gezahlt werden oder wie sich der Freizeitausgleich errechnet. Alleine maßgeblich ist vielmehr, dass sich ein Wert im Verhältnis zu der für die Nachtarbeit iSv. § 2 Abs. 4 ArbZG gezahlten Bruttovergütung (oder zu deren Gegenwert in Zeit) bestimmen lässt, der auf seine Angemessenheit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG überprüft werden kann und dieser Prüfung standhält.

23

bb) Das Gesetz gibt - wie dargelegt - nicht vor, was als angemessener Ausgleich anzusehen ist. Deshalb ist es nicht möglich, unabhängig von den Umständen der Erbringung der Arbeitsleistung im konkreten Einzelfall einen für alle Arbeitsverhältnisse geltenden festen Wert zu bestimmen (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 5 a der Gründe, BAGE 102, 309). Unter Berücksichtigung der - über alle Branchen gesehen - bestehenden Üblichkeiten im Arbeitsleben wird aber in ständiger Rechtsprechung ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 25 % des Bruttostundenlohns bzw. eine entsprechende Anzahl bezahlter freier Tage regelmäßig als angemessen iSd. § 6 Abs. 5 ArbZG angesehen(vgl. BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 59, BAGE 148, 68; 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 19; 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 21; 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - zu I 4 der Gründe; grundlegend BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - BAGE 102, 309). Dem ist das Schrifttum weitestgehend gefolgt; jedenfalls wird der Ausgleich in dieser Höhe nicht infrage gestellt (Anzinger/Koberski ArbZG 4. Aufl. § 6 Rn. 82; Baeck/Deutsch ArbZG 3. Aufl. § 6 Rn. 85; Buschmann/Ulber ArbZG § 6 Rn. 29; ErfK/Wank 16. Aufl. § 6 ArbZG Rn. 14; Hahn/Pfeiffer/Schubert/Lorenz Arbeitszeitrecht § 6 ArbZG Rn. 124 f.; HWK/Gäntgen 6. Aufl. § 6 ArbZG Rn. 20; Schaub/Linck ArbR-HdB 16. Aufl. § 69 Rn. 33; kritisch Neumann/Biebl ArbZG § 6 Rn. 26).

24

cc) Dem schließt sich der erkennende Senat auch angesichts der von der Revision geäußerten Kritik (vgl. dazu das im Auftrag der Beklagten erstattete umfangreiche Gutachten von Raab ZfA 2014, 237) an.

25

(1) Ein Wert von 25 % ist typischerweise dann angemessen, wenn ein Arbeitnehmer „Nachtarbeitnehmer“ iSv. § 2 Abs. 5 ArbZG ist, also im gesetzlich vorgegebenen Mindestumfang von 48 Tagen im Kalenderjahr Nachtarbeit leistet oder normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht leistet und während dieser Zeit die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbringt, ohne dass besondere Umstände vorliegen, die Anlass für eine Erhöhung oder Verminderung des Umfangs des Ausgleichsanspruchs bieten würden. Aus Sicht des Arbeitgebers stellt ein Ausgleich in diesem Umfang eine nicht unerhebliche Belastung dar, die Anlass bieten kann, auf die Nachtarbeit zu verzichten und damit den im Interesse des Gesundheitsschutzes gebotenen finanziellen Druck auszuüben. Für den Arbeitnehmer bedeutet sie eine relevante Anzahl von freien Tagen bzw. eine spürbare Vergütungserhöhung für die Nachtarbeit, ohne dass der Zuschlagscharakter verloren ginge. Unabhängig von den anderen Zwecken der steuerrechtlichen Regelung in § 3b Abs. 1 Nr. 1 EStG kann aus ihr jedenfalls entnommen werden, dass auch der Gesetzgeber eine solche Größenordnung grundsätzlich als angemessen akzeptiert hat(vgl. zu diesem Gedanken BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 5 e der Gründe, BAGE 102, 309).

26

(2) Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, regelmäßig sei eine Gewährung von bezahlten freien Tagen im Gegenwert von 10 % der geleisteten Nachtarbeitsstunden angemessen und im Fall der Gewährung eines Zuschlags auf den Bruttostundenlohn könne dieser nicht höher sein, folgt dem der Senat nicht. Die Beklagte beruft sich zur Begründung dieser Auffassung insbesondere auf den Gang des Gesetzgebungsverfahrens des ArbZG. Der Referentenentwurf, dem die Beklagte einen Freizeitausgleich iHv. etwa 9 % entnimmt, ist indessen nicht umgesetzt worden. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung enthielt bereits § 6 Abs. 5 ArbZG in seiner jetzigen Fassung(BT-Drs. 12/5888 S. 6). Der - ebenfalls nicht Gesetz gewordene - Entwurf der SPD-Fraktion (BT-Drs. 12/5282; vgl. zum Vergleich beider Entwürfe Oppolzer AuR 1994, 41) sah ein vollständig anderes System vor, das ua. eine Begrenzung der Dauer der Nachtarbeit auf sechs Stunden einschließlich eines Lohnausgleichs unter bestimmten Umständen vorsah. Für die Auslegung des § 6 Abs. 5 ArbZG lässt sich hieraus nichts zugunsten der Beklagten ableiten.

27

3. Eine Erhöhung oder Verminderung des Umfangs des von § 6 Abs. 5 ArbZG geforderten Ausgleichs für Nachtarbeit kommt in Betracht, wenn Umstände im Zusammenhang mit der Erbringung der Arbeitsleistung vorliegen, die den regelmäßig angemessenen Wert von 25 % wegen der im Vergleich zum Üblichen niedrigeren oder höheren Belastung als zu gering oder zu hoch erscheinen lassen. Die Höhe des angemessenen Nachtarbeitszuschlags richtet sich nach der Gegenleistung, für die sie bestimmt ist (BAG 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 12).

28

a) Die Höhe des Zuschlags auf den Bruttolohn für geleistete Nachtarbeit oder die Anzahl bezahlter freier Tage kann sich erhöhen, wenn die Belastung durch die Nachtarbeit unter qualitativen (Art der Tätigkeit) oder quantitativen (Umfang der Nachtarbeit) Aspekten die normalerweise mit der Nachtarbeit verbundene Belastung übersteigt. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn ein Arbeitnehmer nach seinem Arbeitsvertrag bzw. nach entsprechender Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber dauerhaft in Nachtarbeit tätig wird („Dauernachtarbeit“). Bei der Erbringung der regulären Arbeitsleistung in Dauernachtarbeit ist deshalb regelmäßig ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % auf den Bruttostundenlohn bzw. die Gewährung einer entsprechenden Anzahl freier Tage als angemessen anzusehen (so im Ergebnis schon BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 5 der Gründe, BAGE 102, 309; 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - zu I 4 b aa der Gründe). Nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen erhöht sich die Belastung mit dem Umfang der geleisteten Nachtarbeit (vgl. bereits oben II 2 a). Hiervon geht erkennbar auch das ArbZG aus, da der Schutz für Nachtarbeitnehmer nach § 2 Abs. 5 bereits einsetzt, wenn diese „nur“ an 48 Tagen im Kalenderjahr Nachtarbeit leisten oder normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht leisten. Es liegt auf der Hand, dass der Arbeitnehmer, der ununterbrochen Nachtarbeit leistet, im Vergleich dazu einer deutlich höheren Belastung durch die Nachtarbeit unterliegt. Dies berücksichtigt die Revision nicht, wenn sie argumentiert, aufgrund der höheren Stundenanzahl würden insgesamt höhere Nachtarbeitszeitzuschläge gezahlt.

29

b) Hingegen kann nach § 6 Abs. 5 ArbZG ein geringerer Ausgleich erforderlich sein, wenn die Belastung durch die Nachtarbeit im Vergleich zum Üblichen geringer ist, weil zB in diese Zeit in nicht unerheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt(vgl. dazu zB BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 25; 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 12) oder es sich um nächtlichen Bereitschaftsdienst handelt, bei dem von vornherein von einer geringeren Arbeitsbelastung auszugehen ist (vgl. BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - BAGE 131, 215; 24. Februar 1999 - 4 AZR 62/98 - BAGE 91, 63). Nach der Art der Arbeitsleistung ist auch zu beurteilen, ob der vom Gesetzgeber mit dem Lohnzuschlag verfolgte Zweck, im Interesse der Gesundheit des Arbeitnehmers Nachtarbeit zu verteuern und auf diesem Weg einzuschränken, zum Tragen kommen kann oder in einem solchen Fall nur die mit der Nachtarbeit verbundene Erschwernis ausgeglichen werden kann (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu I 4 b der Gründe, BAGE 115, 372). Relevanz kann die letztgenannte Erwägung aber nur in den Fällen haben, in denen die Nachtarbeit aus zwingenden technischen Gründen oder aus zwingend mit der Art der Tätigkeit verbundenen Gründen bei wertender Betrachtung vor dem Hintergrund des Schutzzwecks des § 6 Abs. 5 ArbZG unvermeidbar ist. Auch in einem solchen Fall ist ein Zuschlag von 10 % aber regelmäßig die Untergrenze dessen, was als angemessen angesehen werden kann (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - aaO [Angehörige eines Rettungsdienstes]).

30

c) Rein wirtschaftliche Erwägungen sind nicht geeignet, eine Abweichung vom Regelwert nach unten zu begründen. Eine Wettbewerbsverzerrung ist in diesen Fällen ausgeschlossen, weil das gesetzliche Gebot des § 6 Abs. 5 ArbZG für alle betroffenen Unternehmen gilt. Ein Grund für die Reduzierung des Nachtarbeitszuschlags kann sich nach dem Normzweck auch nicht aus der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers oder einer Region ergeben (aA wohl BAG 11. Februar 2009 - 5 AZR 148/08 - Rn. 17 [Berücksichtigung der Besonderheiten einer wirtschaftsschwachen Region]). Hiervon hängt der Gesundheitsschutz nicht ab. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass sich eine aus solchen Faktoren herrührende geringere Grundvergütung bereits indirekt auf die Höhe des Nachtarbeitszuschlags bzw. die Vergütungshöhe für bezahlte freie Tage auswirkt (vgl. dazu II 2 e aa).

31

d) Tarifvertragliche Ausgleichsregelungen sind für die Bestimmung der Angemessenheit des Ausgleichs nach § 6 Abs. 5 ArbZG nur nachrangig zu beachten. Der Ausgleich für Nachtarbeit ist nach dieser Bestimmung nur dann individual-rechtlich vorzunehmen, wenn nicht bereits kraft Tarifbindung oder arbeitsvertraglicher Bezugnahme ein Tarifvertrag Anwendung findet, der seinerseits Ausgleichsregelungen für Nachtarbeit enthält. Findet ein solcher auf das Arbeitsverhältnis hingegen keine Anwendung, scheidet ein unmittelbarer Rückgriff auch auf nach dem Geltungsbereich an sich einschlägige tarifliche Regelungen aus (BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 4 a der Gründe, BAGE 102, 309). In vielen Fällen existiert in der jeweiligen Branche je nach Region oder tarifschließenden Parteien darüber hinaus eine Bandbreite unterschiedlicher Regelungen, die nach ihrem Grundkonzept nicht immer vergleichbar sind (vgl. auch die Tariföffnungsklauseln in § 7 ArbZG). In zahlreichen Tarifverträgen übersteigen die Zeiten zuschlagspflichtiger Nachtarbeit die Zeiten der Nachtarbeit gemäß § 2 Abs. 3 ArbZG und sind die tariflichen Nachtarbeitszuschläge nicht nur Nachtarbeitnehmern iSd. § 2 Abs. 5 Nr. 1 oder Nr. 2 ArbZG vorbehalten. Auch ist der Umstand zu berücksichtigen, dass es sich bei tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen - unabhängig von der Pflicht zur Einhaltung der Grenzen des § 6 Abs. 5 ArbZG(vgl. dazu zB BAG 12. Dezember 2012 - 10 AZR 192/11 -) - typischerweise um Teile eines „Gesamtpakets“ handelt, so dass die Höhe einer einzelnen Leistung für die Beurteilung der Angemessenheit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG nur begrenzt aussagekräftig ist. Deshalb können regelmäßig allenfalls repräsentative branchenmäßig einschlägige Tarifverträge als Orientierungshilfe herangezogen werden oder als Anhaltspunkt dienen, ohne aber die Höhe der Ausgleichsleistung zu determinieren (BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 25; 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - zu I 4 a der Gründe).

32

4. Der Arbeitnehmer, der einen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG begehrt, hat zur Schlüssigkeit der Klage zunächst darzulegen - und im Fall des Bestreitens zu beweisen -, dass er Nachtarbeitnehmer iSv. § 2 Abs. 5 ArbZG ist, in welchem Umfang er Nachtarbeit geleistet hat(§ 2 Abs. 4 ArbZG) und - als negatives Tatbestandsmerkmal -, dass keine tarifvertragliche Ausgleichsregelung besteht (vgl. zur Darlegungs- und Beweislast im Fall des Bestehens einer tariflichen Regelung, die der Arbeitnehmer für unzureichend hält BAG 12. März 2008 - 4 AZR 616/06 - Rn. 64).

33

Sind diese Tatbestandsvoraussetzungen unstreitig oder bewiesen, steht fest, dass dem Arbeitnehmer ein gesetzlicher Ausgleichsanspruch für geleistete Nachtarbeit zusteht. Es ist dann Sache des Arbeitgebers, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass er diesen gesetzlichen Anspruch des Arbeitnehmers erfüllt hat (§ 362 BGB). Dies umfasst auch die Darlegung der Tatsachen, die die Angemessenheit vom Arbeitgeber bereits erbrachter Leistungen, zB eines gezahlten Zuschlags, begründen sollen (so wohl auch BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 59, BAGE 148, 68; in diese Richtung schon BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 c bb der Gründe, BAGE 102, 309).

34

Im Hinblick auf die regelmäßig als angemessen angesehenen Werte von 25 % bzw. bei Dauernachtarbeit von 30 % ist von einer abgestuften Darlegungslast auszugehen: Gewährt der Arbeitgeber einen Ausgleich in diesem Umfang, genügt er damit zunächst seiner Darlegungslast und es ist kein weiterer Tatsachenvortrag zur Angemessenheit erforderlich. Vielmehr hat der Arbeitnehmer in einem solchen Fall im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast zu begründen, aus welchen Umständen sich ein höherer Anspruch ergeben soll. Bleibt der geleistete Ausgleich hingegen hinter diesen Werten zurück, ist es bereits im ersten Schritt Sache des Arbeitgebers darzulegen, aufgrund welcher Faktoren ein geringerer Zuschlagsanspruch angemessen sein soll (vgl. zu ähnlichen Systemen der abgestuften Darlegungslast: BAG 18. Juni 2014 - 10 AZR 699/13 - Rn. 40 ff., BAGE 148, 271 [ERA-Leistungsentgelt]; 18. November 2014 - 9 AZR 584/13 - Rn. 8 ff. [Arbeitszeugnis]; 29. April 2015 - 9 AZR 108/14 - Rn. 26 [sekundäre Darlegungslast des Arbeitgebers bei § 17 BBiG]). Bleiben danach für die Beurteilung der Angemessenheit relevante Tatsachen streitig, liegt die Beweislast für die den Erfüllungseinwand begründenden Tatsachen beim Arbeitgeber.

35

5. Ausgehend von diesen Grundsätzen erweist sich die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts als rechtsfehlerhaft und unterliegt der Aufhebung (§ 562 Abs. 1 ZPO).

36

a) Bei dem Merkmal „angemessen“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, bei dessen Anwendung dem Tatsachengericht ein Beurteilungsspielraum zukommt. Dieser ist vom Revisionsgericht nur darauf zu überprüfen, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist (st. Rspr., zuletzt zB BAG 21. Mai 2015 - 8 AZR 618/13 - Rn. 31; 21. Januar 2015 - 4 AZR 253/13 - Rn. 23). Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht stand.

37

b) Das Landesarbeitsgericht geht zwar vom zutreffenden Begriff der Angemessenheit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG aus. Die Berücksichtigung des von der Beklagten für Arbeit in der Zeit zwischen 21:00 Uhr und 23:00 Uhr gezahlten Zuschlags in Höhe von zuletzt 3,18 Euro brutto pro Stunde bei der Prüfung der Angemessenheit des für die Zeit zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr vom Kläger beanspruchten Nachtarbeitszuschlags ist aber widersprüchlich und rechtsfehlerhaft. Zwar geht das Landesarbeitsgericht zutreffend davon aus, dass diese Zuschläge nicht auf die Nachtarbeitsstunden gemäß § 2 Abs. 3 ArbZG umgerechnet werden können, da es sich um keine Leistung für die während der Nachtzeit erbrachte Arbeit handelt. Es fehlt ein hinreichender Bezug zur Nachtarbeit iSd. Arbeitszeitgesetzes, weil diese Zuschläge nicht auf das für die Nachtarbeit iSv. § 2 Abs. 3 ArbZG geschuldete Bruttoarbeitsentgelt gezahlt werden(vgl. BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 17, BAGE 131, 215; 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 102, 309), sondern auf Bruttoarbeitsentgelt für Stunden außerhalb dieser Zeit. Der Zuschlag wird nur für die in der Zeit von 21:00 Uhr bis 23:00 Uhr geleistete Arbeitsleistung gezahlt. Es spielt keine Rolle, ob im Anschluss daran Nachtarbeit iSv. § 2 Abs. 3 ArbZG geleistet wird oder ob es sich um einen Nachtarbeitnehmer iSd. § 2 Abs. 5 Nr. 2 ArbZG handelt. Dennoch will das Landesarbeitsgericht diese Zuschläge im Rahmen der Angemessenheitsprüfung zulagenmindernd berücksichtigen. Hierfür gibt es keine Grundlage. Dies gilt auch dann, wenn die Auffassung der Beklagten zuträfe, dass dieser „Spätarbeitszuschlag“ ähnlichen Zwecken diene wie der gesetzliche Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG. Ein Ausgleichszweck für Nachtarbeit iSd. § 2 Abs. 3 ArbZG wird durch diese Leistung nicht erreicht.

38

6. Der Senat kann gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden, da alle für die Beurteilung der Angemessenheit des Ausgleichs nach § 6 Abs. 5 ArbZG maßgeblichen Tatsachen festgestellt sind. Einer Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht bedarf es nicht (vgl. BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 16; 19. April 2012 - 2 AZR 258/11 - Rn. 16). Die Klage ist in vollem Umfang begründet.

39

a) Der Kläger ist Nachtarbeitnehmer iSv. § 2 Abs. 5 Nr. 2 iVm. § 2 Abs. 3 und Abs. 4 ArbZG. Er leistet an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr umfasst (§ 2 Abs. 4 ArbZG). Im Arbeitsverhältnis der Parteien gelten weder kraft Tarifbindung (§ 3 Abs. 1 TVG) noch aufgrund arbeitsvertraglicher Inbezugnahme tarifvertragliche Ausgleichsregelungen für die vom Kläger geleistete Nachtarbeit. Dies steht zwischen den Parteien nicht im Streit.

40

b) Der Kläger leistet Dauernachtarbeit, er erbringt nach der von der Beklagten bestimmten Lage der Arbeitszeit - unabhängig von Schwankungen bei Beginn und Ende der Arbeitszeit und ohne Berücksichtigung von Pausen - durchgängig Arbeit von mehr als zwei Stunden (§ 2 Abs. 4 ArbZG) in der gesetzlichen Nachtzeit. Er hat deshalb grundsätzlich einen Anspruch auf einen Ausgleich nach § 6 Abs. 5 ArbZG durch Gewährung eines Zuschlags iHv. 30 % auf seinen Bruttostundenlohn bzw. eine entsprechende Anzahl bezahlter freier Tage nach Wahl der Beklagten für die während der gesetzlichen Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden. Gründe für eine Verminderung der Höhe des Ausgleichsanspruchs bestehen nicht.

41

aa) Aus der Art der Tätigkeit des Klägers als Lkw-Fahrer im Nachtverkehr ergeben sich keine Anhaltspunkte für die Annahme, seine Belastung sei geringer als diejenige eines anderen Arbeitnehmers, der Dauernachtarbeit leistet. Zeiten minderer Beanspruchung fallen nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht an. Dass Dauernachtarbeit als Lkw-Fahrer eine besondere Belastung darstellt, wird durch die Bestimmungen der „Richtlinie 2002/15/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2002 zur Regelung der Arbeitszeit von Personen, die Fahrtätigkeiten im Bereich des Straßentransports ausüben“ bestätigt. Während die Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG zwar die Gesundheitsgefährdung durch Nachtarbeit benennt, ohne aber die Mitgliedstaaten zur Gewährung eines Ausgleichs zu verpflichten, sieht Art. 7 Abs. 1 der RL 2002/15/EG eine solche Verpflichtung vor. Daraus lässt sich die unionsrechtliche Wertung entnehmen, dass die Nachtarbeit bei Fahrpersonal als besonders belastend angesehen wird (vgl. auch die Erwägungsgründe 11 und 12 der RL 2002/15/EG). Dem ist bei der Auslegung des § 6 Abs. 5 ArbZG Rechnung zu tragen.

42

bb) Entgegen der Auffassung der Revision handelt es sich bei der Tätigkeit des Klägers nicht um eine Arbeitsleistung, die zwingend in der Nacht erfolgen muss und bei der der mit dem Zuschlag verfolgte Zweck, die Nachtarbeit im Interesse der Gesundheit des Arbeitnehmers zu verteuern, deshalb nicht zum Tragen kommt (vgl. dazu oben II 3 b).

43

(1) Es ist weder aus technischen Gründen zwingend erforderlich, dass der Kläger seine Fahrtätigkeit nachts erbringt, noch ergibt sich aus der Art der Tätigkeit ein solcher Zwang. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht das unternehmerische Konzept der Beklagten, das die Nachtarbeit des Klägers beinhaltet, berücksichtigt und damit eine Reduzierung des Ausgleichsanspruchs begründet. Dabei kann zugunsten der Beklagten deren - vom Kläger bestrittene - Behauptung unterstellt werden, dass eine vollständige Durchführung der Transporte außerhalb der gesetzlichen Nachtzeit zu Laufzeitverlängerungen führen würde, deshalb bestimmte Zustellzeiten nicht garantiert und bestimmte Leistungen dann nicht angeboten werden könnten. Ebenso kann unterstellt werden, dass am Markt eine Nachfrage nach entsprechenden kurzfristigen Zustellzeiten besteht. Dabei handelt es sich aber insgesamt um rein wirtschaftliche Erwägungen, die - anders als beispielsweise im Fall der Tätigkeit der Angehörigen eines Rettungsdienstes in der Nachtzeit (vgl. dazu BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu I 4 b der Gründe, BAGE 115, 372) - keine Unvermeidbarkeit der Nachtarbeit im og. Sinn begründen können.

44

(2) Ein solches Verständnis des § 6 Abs. 5 ArbZG stellt keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Rechte der Beklagten aus Art. 12 Abs. 1 GG dar.

45

(a) Die gesetzliche Verpflichtung, unabhängig von den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen aus Gründen des Gesundheitsschutzes an Nachtarbeitnehmer bestimmte Nachtarbeitszuschläge zu zahlen bzw. eine bestimmte Anzahl freier Tage zu gewähren, lässt das Recht der Beklagten, Nachtarbeit anzuordnen und entsprechende Leistungen am Markt anzubieten, unberührt. Damit handelt es sich (nur) um eine Berufsausübungsregelung (vgl. dazu zB BAG 15. März 2005 - 9 AZR 104/04 - BAGE 114, 70). Solche Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit müssen durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sein. Dabei reichen grundsätzlich vernünftige Gründe des Allgemeinwohls aus. Es gelten die Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, dh. der Eingriff muss zur Erreichung des Eingriffsziels geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne sein (st. Rspr., vgl. zuletzt zB BVerfG 2. März 2010 - 1 BvR 256/08 ua. - Rn. 297, BVerfGE 125, 260).

46

(b) Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Eingriff dient dem Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer bei Nachtarbeit und damit einem legitimen, verfassungsrechtlich gebotenen Ziel (BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82, 1 BvL 16/83, 1 BvL 10/91 - zu C III 3 der Gründe, BVerfGE 85, 191). Die gesetzliche Regelung ist in der hier gefundenen Auslegung geeignet, zur Erreichung dieses Ziels beizutragen, indem die durch Nachtarbeit entstehenden Belastungen entweder unmittelbar vermindert werden oder zumindest mittelbar auf ihre Reduzierung hingewirkt wird. Sie ist erforderlich. Ein die Interessen der Beklagten weniger beeinträchtigendes Mittel zur Erreichung des Ziels ist nicht erkennbar. Ungeeignet wäre insbesondere die von der Beklagten angestrebte Verminderung des Ausgleichsanspruchs, da die Anreizwirkung zur Vermeidung von Nachtarbeit dann kaum mehr vorhanden wäre und gleichzeitig bei geleisteter Nachtarbeit kein die Belastungen angemessen abbildender Ausgleich gewährt würde. Auch die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn ist gewahrt. Die Belastung erreicht kein solches Maß, dass die Möglichkeit der Beklagten, auf dem Markt zu wirtschaftlichen Bedingungen ihre Dienstleistungen anzubieten, auch nur annähernd beeinträchtigt wäre. Weder hat sie hierfür Anhaltspunkte vorgetragen noch sind solche erkennbar. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass § 6 Abs. 5 ArbZG gleichermaßen für alle Unternehmen gilt, die zur Erbringung ihres Angebots am Markt Nachtarbeit ihrer Arbeitnehmer für erforderlich halten.

47

c) Den mit der Klage geltend gemachten Anspruch hat die Beklagte durch die Gewährung eines Nachtzuschlags iHv. zuletzt 3,18 Euro brutto pro Stunde (20 % des Bruttostundenlohns) nicht vollständig erfüllt.

48

aa) Der arbeitsvertraglich vereinbarte und zuletzt iHv. 15,90 Euro gezahlte Stundenlohn enthält keinen Zuschlag für die vom Kläger geleistete Nachtarbeit.

49

(1) Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass die Arbeitsvertragsparteien auf eine gesonderte Zuschlagsregelung verzichten und stattdessen den Grundlohn wegen der vereinbarten Nachtarbeit entsprechend erhöhen. Von einer derartigen pauschalen Abgeltung des Nachtarbeitszuschlags kann jedoch nur ausgegangen werden, wenn der Arbeitsvertrag konkrete Anhalte für eine Pauschalierung enthält. Hierfür ist regelmäßig erforderlich, dass in dem Arbeitsvertrag zwischen der Grundvergütung und dem (zusätzlichen) Nachtarbeitszuschlag unterschieden wird; jedenfalls muss ein Bezug zwischen der zu leistenden Nachtarbeit und der Lohnhöhe hergestellt sein (so bereits BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 b der Gründe mwN, BAGE 102, 309; zu tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen vgl. zB BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 54, BAGE 148, 68; 12. Dezember 2012 - 10 AZR 192/11 - Rn. 14).

50

(2) Hierfür fehlen jegliche Anhaltspunkte. Der Stundenlohn ist nach dem Arbeitsvertrag unabhängig von der konkret zugewiesenen Tätigkeit und insbesondere unabhängig davon zu zahlen, ob der Kläger zu Tag- oder Nachtarbeit eingeteilt wird. Der Kläger wurde auch nicht ausschließlich für Nachtarbeiten bzw. -fahrten eingestellt, sondern in § 1 Ziff. 1 Satz 2 des Arbeitsvertrags hat er lediglich die „Bereitschaft zur Sonn- u. Feiertags- und Nachtarbeit“ erklärt. Nach dem Vortrag der Beklagten sind zwar 90 % der Kraftfahrer zu Nachtzeiten beschäftigt. Jedoch differenziert die Beklagte hinsichtlich der Lohnhöhe nicht zwischen Kraftfahrern, die zu Tag- oder Nachtzeiten eingesetzt werden, sondern alle Fahrer erhalten denselben Stundenlohn (zur Differenzierung zwischen vergleichbaren nachtarbeits- und nicht nachtarbeitsgeprägten Tätigkeiten BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 22).

51

bb) Ebenso wenig kann der von der Beklagten für die Zeit von 21:00 Uhr bis 23:00 Uhr gezahlte Zuschlag iHv. zuletzt 20 % des Bruttostundenlohns auf die Zeiten der Nachtarbeit iSv. § 2 Abs. 3 ArbZG „umgelegt“ oder angerechnet werden. Wie bereits dargelegt (vgl. II 5 b), fehlt hinsichtlich dieser Zuschläge ein hinreichender Bezug zur Nachtarbeit, sie werden nicht auf das für die Nachtarbeit geschuldete Bruttoarbeitsentgelt gezahlt (vgl. BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 17, BAGE 131, 215; 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 102, 309), sondern auf Bruttoarbeitsentgelt für Stunden außerhalb dieser Zeit.

52

d) Für die Zeit ab dem 1. August 2013 bis zum 31. März 2014 hat die Beklagte ihr Wahlrecht nach § 6 Abs. 5 ArbZG ausgeübt und damit für diesen Zeitraum die Ausgleichsleistung auf einen Zahlungsanspruch des Klägers konkretisiert.

53

aa) Nach § 6 Abs. 5 ArbZG kann der Arbeitgeber wählen, ob er den Ausgleichsanspruch durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder durch eine Kombination von beidem erfüllt. Die gesetzlich begründete Wahlschuld (§ 262 BGB) konkretisiert sich auf eine der geschuldeten Leistungen, wenn der Schuldner das ihm zustehende Wahlrecht nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ausübt (BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 51, BAGE 148, 68; 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 15 mwN).

54

bb) Das Wahlrecht nach § 6 Abs. 5 ArbZG steht dem Arbeitgeber dabei grundsätzlich für jede Entgeltzahlungsperiode, typischerweise also kalendermonatlich neu zu. Zwar geht die gesetzliche Konzeption der Wahlschuld nach §§ 262 ff. BGB als Regelfall davon aus, dass das Wahlrecht einmalig ausgeübt wird, die Wahl verbindlich ist (MüKoBGB/Krüger 6. Aufl. § 263 Rn. 4) und das Schuldverhältnis insgesamt rückwirkend gestaltet (vgl. § 263 Abs. 2 BGB). Die Bestimmungen beziehen sich allerdings auf den Fall einer einmalig geschuldeten Leistung. Die erstmalig ausgeübte Wahl in einem Dauerschuldverhältnis, in dem ein Leistungsanspruch als Wahlschuld immer wieder neu entsteht, kann deshalb keine Bindungswirkung über den einmaligen Anspruch hinaus entfalten. So ist die Situation beim gesetzlichen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG: Dieser entsteht jeweils neu, wenn vom Arbeitnehmer ausgleichspflichtige Nachtarbeitsstunden erbracht werden. Der Arbeitgeber ist dann verpflichtet, zu wählen, ob er - regelmäßig mit der Vergütung für den jeweiligen Lohnabrechnungszeitraum - einen finanziellen Ausgleich leistet oder ob er Freizeitausgleich gewähren will. Hat der Arbeitgeber sein Wahlrecht ausgeübt, ist er hieran nach § 263 Abs. 2 BGB gebunden und kann die Wahl für diesen Zeitraum nicht mehr ändern(vgl. auch BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 51, BAGE 148, 68).

55

cc) Dieses Wahlrecht kann vertraglich abbedungen werden und die Vertragsparteien können sich bereits dauerhaft auf eine Variante des Ausgleichs festlegen (vgl. zB BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 21, BAGE 131, 215). Ebenso ist eine spätere, ggf. konkludente vertragliche Vereinbarung über die Form des Ausgleichs möglich. Die Annahme einer konkludenten Vereinbarung setzt aber Umstände voraus, die über die bloße (auch mehrmalige) Ausübung des Wahlrechts in eine Richtung hinausgehen (vgl. zum Direktionsrecht zuletzt zB BAG 10. Dezember 2014 - 10 AZR 63/14 - Rn. 15 mwN). In Betracht kommt auch, dass der Arbeitgeber aus kollektiv-rechtlichen Gründen zu einer bestimmten Art des Ausgleichs verpflichtet ist. Das Wahlrecht selbst unterliegt der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 und Nr. 10 BetrVG(BAG 26. April 2005 - 1 ABR 1/04 - zu B II 2 a bb der Gründe, BAGE 114, 272; grundlegend bereits BAG 26. August 1997 - 1 ABR 16/97 - BAGE 86, 249).

56

dd) Nach diesen Grundsätzen hat die Beklagte für die Zeit bis zum 31. März 2014 ihr Wahlrecht dadurch ausgeübt, dass sie als Ausgleich für geleistete Nachtarbeit jeweils ausschließlich Zuschläge zum Bruttostundenlohn geleistet hat. Weder hat sie Freizeitausgleich gewährt noch sich für eine Kombination aus Geldleistungen und Freizeitausgleich entschieden. An diese Wahl über die Art des Ausgleichs ist sie gebunden, auch wenn die Zuschläge in zu geringer Höhe gezahlt wurden.

57

e) Für die Zeit ab dem 1. April 2014 ist die Beklagte verpflichtet, dem Kläger für die von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % des Bruttostundenlohns zu zahlen oder ihm wahlweise für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden zwei bezahlte freie Tage zu gewähren. Zur Ausübung des Wahlrechts sind für die nach Ende der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht liegenden Zeiträume keine Feststellungen getroffen, so dass von dessen Fortbestand auszugehen ist. Hinsichtlich des Umfangs des Anspruchs auf bezahlte freie Tage ist gemäß § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO vom klägerischen Antrag auszugehen, auch wenn dieser keinem wertgleichen Ausgleich entspricht.

58

III. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

        

    Linck    

        

    Schlünder    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

    Klein    

        

    Großmann    

                 

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug entgegen einer hierfür nach § 56 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 oder § 61a Abs. 3 oder 4 gesetzten Frist nicht vorgebracht worden sind, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt. Der Entschuldigungsgrund ist auf Verlangen des Landesarbeitsgerichts glaubhaft zu machen.

(3) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug entgegen § 282 Abs. 1 der Zivilprozessordnung nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 der Zivilprozessordnung nicht rechtzeitig mitgeteilt worden sind, sind nur zuzulassen, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei das Vorbringen im ersten Rechtszug nicht aus grober Nachlässigkeit unterlassen hatte.

(4) Soweit das Vorbringen neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel nach den Absätzen 2 und 3 zulässig ist, sind diese vom Berufungskläger in der Berufungsbegründung, vom Berufungsbeklagten in der Berufungsbeantwortung vorzubringen. Werden sie später vorgebracht, sind sie nur zuzulassen, wenn sie nach der Berufungsbegründung oder der Berufungsbeantwortung entstanden sind oder das verspätete Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder nicht auf Verschulden der Partei beruht.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.