Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 09. Nov. 2017 - 5 Sa 292/17

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2017:1109.5Sa292.17.00
bei uns veröffentlicht am09.11.2017

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 29. März 2017, Az. 1 Ca 1156/16, wird kostenpflichtig zurückgewiesen. Die Widerklage wird abgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger zustehenden Betriebsrente.

2

Der am 1950 geborene Kläger war zuletzt bei der Beklagten als Angestellter beschäftigt. Der Anstellungsvertrag vom 11.08.2005, der in der linken Textspalte in deutscher Sprache und in der rechten Textspalte in englischer Sprache abgefasst ist, enthält - auszugsweise - folgende Regelungen:

3

"§ 1 Beginn des Anstellungsverhältnisses

4

Das Anstellungsverhältnis zwischen dem Unternehmen und dem Angestellten beginnt am 11. August 2005 und ersetzt alle früheren Rechtsverhältnisse der Parteien. ...
...

5

§ 5 Vergütung, Nebenleistungen

6

...
(3) Die Pensionszusage ist in Anlage 1 beschrieben.
...

7

§ 11 Schlussbestimmungen

8

...
(6) Dieser Vertrag ist in deutscher und englischer Sprache abgeschlossen. Bei Widersprüchen ist der deutsche Vertragstext allein maßgeblich."

9

Die Anlage 1 zum Anstellungsvertrag vom 11.08.2005 enthält ebenfalls mit deutscher und englischer Textspalte - auszugsweise - folgende Pensionszusage:

10

"Zu Gunsten des [Klägers] besteht seit dem 01.12.1984 eine Pensionszusage und hierzu gehörende Rückdeckungsversicherungen ...

11

[Die Beklagte] verpflichtet sich, die bislang bestehende Pensionszusage und die hierzu bestehenden Rückdeckungsversicherungen der Höhe nach unverändert unter folgenden Vertragsbedingungen weiter zu führen:

12

[Dem Kläger] wird mit Vollendung des 65. Lebensjahres eine Altersrente seitens der [Beklagten] gewährt in Höhe von 5.000,00 DM = 2.556,46 € zuzüglich 1,50 % der Vorjahresrente für jedes nach dem 01.12.2000 zurückgelegte Dienstjahr. Bei Eintritt der Berufsunfähigkeit wird eine Berufsunfähigkeitsrente in Höhe der erreichten Anwartschaft auf Altersrente gewährt, mindestens jedoch von monatlich 4.660,00 DM = 2.352,00 €.

13

Nach dem Tod erhält die überlebende Ehefrau ...

14

Die Renten werden monatlich im Voraus gezahlt. Auf die betrieblichen Renten werden keine anderweitigen Renten angerechnet. Bei vorzeitigem Ausscheiden bleibt die Anwartschaft auf Leistungen für [den Kläger] oder seine Ehefrau erhalten.

15

Der dann zu zahlende Teil bemisst sich nach dem Verhältnis der tatsächlich zurückgelegten Dienstzeit zu jener Dienstzeit, die ohne das vorzeitige Ausscheiden insgesamt bis zum 65. Lebensjahr erreichbar gewesen wäre. Beginn der Pensionszusage ist der 01.12.1984. Pensionszusage erfolgt unwiderruflich.

16

Invalidenrente

17

Wird [der Kläger] vor Erreichen der Altersgrenze berufsunfähig, so erhält er für die Dauer der Berufsunfähigkeit, längstens bis zum Einsetzen der Altersrente die zugesagte Berufsunfähigkeitsrente.

18

Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn ...

19

Ist [der Kläger] länger als 6 Monate infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls mindestens 50 % außerstande gewesen, den zuletzt bei Eintritt der Berufsunfähigkeit ausgeübten Beruf - so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen ausgestaltet war - nachzugehen, so gilt dieser Zustand von Beginn an als Berufsunfähigkeit. ...

20

Scheidet [der Kläger] infolge Berufsunfähigkeit aus den Diensten aus und dauert die Berufsunfähigkeit bis zu seinem Ableben bzw. bis zum Eintritt des Versorgungsfalles (65. Jahre) bleiben die Versorgungsansprüche in voller Höhe erhalten.
..."

21

Der Kläger war seit dem 01.09.2007 ununterbrochen erkrankt und iSd. Pensionszusage berufsunfähig. Das Arbeitsverhältnis wurde mit Schreiben vom 20.05.2010 zum 31.05.2011 ordentlich gekündigt. Die Beklagte zahlte dem Kläger bis zum Einsetzen der Altersrente eine Berufsunfähigkeitsrente nach der Pensionszusage. Seit Vollendung des 65. Lebensjahres des Klägers am 11.09.2015 zahlt sie ihm eine betriebliche Altersrente iHv. monatlich € 2.786,54. Bei der Berechnung der Rente berücksichtigt sie die Zeit der Berufsunfähigkeit des Klägers vom 01.09.2007 bis zum 31.05.2011 nicht als rentensteigernde Dienstjahre iSd. Pensionszusage.

22

Der Kläger verlangt ab Oktober 2015 eine Betriebsrente iHv. monatlich € 2.923,03, die er wie folgt berechnet:

23

Dienstjahr

+ 1,5 %

2000   

2.556,46

2001   

2.556,46

2002   

2.594,81

2003   

2.633,73

2004   

2.673,23

2005   

2.713,33

2006   

2.754,03

2007   

2.795,34

2008   

2.837,27

2009   

2.879,83

2010   

2.923,03

24

Er ist der Ansicht, die Beklagte zahle ihm seit Oktober 2015 monatlich € 136,49 zu wenig. Der Rückstand für die Monate von Oktober 2015 bis Februar 2017 belaufe sich auf € 2.320,33 (17 x 136,49) brutto. Zu den rentensteigernden Dienstjahren iSd. Pensionszusage zählten auch die Jahre, in denen er infolge Berufsunfähigkeit tatsächlich nicht mehr für die Beklagte gearbeitet habe.

25

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

26

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 2.320,33 brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

27

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn ab März 2017 eine monatliche Betriebsrente iHv. € 2.923,03 brutto zu zahlen.

28

Die Beklagte hat beantragt,

29

die Klage abzuweisen.

30

Von einer weiteren Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils vom 29.03.2017 Bezug genommen.

31

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung - zusammengefasst - ausgeführt, die Zeit der Berufungsunfähigkeit des Klägers vom 01.09.2007 bis zum 31.05.2011 sei auf die für die Steigerung der betrieblichen Altersrente maßgeblichen Dienstjahre anzurechnen. Weder dem Wortlaut noch dem Gesamtzusammenhang der Pensionszusage lasse sich entnehmen, dass nur tatsächlich geleistete Dienstzeiten auf die Dienstjahre des Klägers anzurechnen seien. Weder aus dem Wort "zurückgelegt" noch aus dem Wort "Dienstjahr" lasse sich ableiten, dass der Kläger tatsächlich eine Arbeitsleistung für die Beklagte erbracht haben müsse. "Zurückgelegt" sei ein Dienstjahr auch dann, wenn es durch Zeitablauf verstrichen sei. Ein "Dienstjahr" sei jedes Jahr, das der Kläger in den Diensten der Beklagten gestanden habe. Bestätigt werde diese Auslegung durch den englischen Text der Pensionszusage. Das "zurückgelegte Dienstjahr" sei ins Englische übersetzt worden mit "for each year of employment". Auch aus dem Gesamtzusammenhang der Pensionszusage lasse sich das von der Beklagten gewünschte Ergebnis nicht ableiten. Denn auch an anderer Stelle sei von der "tatsächlich zurückgelegten Dienstzeit", nicht jedoch von den tatsächlich geleisteten Diensten die Rede. Wenn die Beklagte Rentensteigerungen für Dienstjahre, in denen der Kläger berufsunfähig gewesen sei, hätte ausschließen wollen, hätte sie die rentenfähige Dienstzeit in der Pensionszusage entsprechend definieren müssen. Dies sei nicht geschehen. Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

32

Gegen das am 15.05.2017 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am 13.06.2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 14.07.2017 eingegangenem Schriftsatz begründet.

33

Sie macht geltend, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass die Jahre ohne Arbeitsleistung wegen Berufsunfähigkeit des Klägers als Dienstjahre im Rahmen der Steigerung der betrieblichen Altersrente zu berücksichtigen seien. Für die Auslegung der Vereinbarung sei nicht nur der Wortlaut und der Gesamtzusammenhang, sondern auch deren Sinn und Zweck zu berücksichtigen. Sinn und Zweck der Vereinbarung über die Gewährung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung und über deren Steigerung nach der Anzahl zurückgelegter Dienstjahre sei nicht die steigernde Berücksichtigung einer Erhöhung des Lebensalters, sondern die Gewährung einer Gegenleistung für erbrachte Dienstleistungen. Auch Leistungen der betrieblichen Altersversorgung seien Bestandteil des Entgelts als Gegenleistung für tatsächlich erbrachte Dienstleistungen. Schon daraus folge, dass für längere Zeiträume von mehreren Jahren, in denen Dienstleistungen wegen Berufsunfähigkeit nicht erbracht worden seien, auch der Sinn und Zweck als Leistung mit Entgeltcharakter nicht erfüllt werden könne. Schließlich habe der Kläger für die Jahre seiner Berufsunfähigkeit kein Gehalt, sondern die vereinbarte Berufsunfähigkeitsrente erhalten. Zu Unrecht meine das Arbeitsgericht auch, der Formulierung "zurückgelegte Dienstjahre" sei keine Beschränkung auf die Berücksichtigung von Dienstjahren mit tatsächlicher Arbeitsleistung zu entnehmen. Der Begriff der "zurückgelegten Dienstjahre" knüpfe schon vom Wortlaut an eine Aktivität des Klägers an, weil andernfalls nur der Begriff der Dienstjahre hätte verwendet werden können. Bereits durch die Wortwahl sei zum Ausdruck gebracht worden, dass es nicht nur um das passive Erleiden eines Alterungsprozesses gehen solle. Soweit das Arbeitsgericht annehme, auch aus der englischen Übersetzung "for each year of employment" ergebe sich eine Bestätigung dafür, dass eine tatsächliche Dienstleistung nicht erforderlich sei, stehe diese Argumentation nicht im Einklang mit der Vereinbarung der Parteien. Bei der Versorgungszusage handele es sich um die Anlage 1 zum Anstellungsvertrag. Dieser enthalte in § 11 Abs. 6 die Regelung, dass bei Widersprüchen zwischen deutschem und englischem Text "der deutsche Vertragstext allein maßgeblich" sei. Daraus folge, dass aus der englischen Formulierung keine Rückschlüsse gezogen werden können, die mit der Auslegung des deutschen Vertragstextes nicht übereinstimmten. Nicht richtig sei auch der weitere Hinweis des Arbeitsgerichts, die in der Regelung der Konsequenzen aus einer Berufsunfähigkeit vereinbarten Folge, dass die Versorgungsansprüche in voller Höhe erhalten bleiben, mit einer Berücksichtigung der Jahre einer Berufsunfähigkeit im Rahmen der Steigerung der Rentenansprüche voll im Einklang stünden. Das sei nicht der Fall. Richtig sei vielmehr, dass dieser Absatz keine gestaltende Regelung darüber beinhalte, wie die Versorgungsansprüche bei einem Ausscheiden infolge Berufsunfähigkeit und deren Andauer bis zum Eintritt des Versorgungsfalls berechnet werden sollen. Die Regelung könne daher nur so verstanden werden, dass zunächst aus den übrigen Regelungen der Vereinbarung ermittelt werden müsse, welche Versorgungsansprüche zum Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalls entstanden seien und dass diese auch für den Fall des Ausscheidens infolge Berufsunfähigkeit in voller Höhe erhalten bleiben sollen. Für die Entscheidung der Frage, ob die Berufsunfähigkeit im Rahmen der Steigerung der Rente zu berücksichtigen sei, gebe diese Formulierung nichts her.

34

Der Kläger habe unter Androhung der Vollstreckung aus dem erstinstanzlichen Urteil die Zahlung der titulierten Beträge verlangt. Dem habe sie zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung entsprochen. Mit der Widerklage mache sie ihren Rückzahlungsanspruch aus § 717 ZPO geltend.

35

Die Beklagte beantragt zweitinstanzlich,

36

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 29.03.2017, Az. 1 Ca 1156/16, abzuändern und die Klage abzuweisen,

37

im Wege der Widerklage,

38

2. den Kläger zu verurteilen, an sie € 2.320,83 nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 1.637,88 seit 13.10.2016 und aus weiteren € 682,45 seit 30.03.2017 zu zahlen,

39

3. den Kläger zu verurteilen, an sie weitere € 818,94 nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils € 136,49 seit 30.03., 30.04., 31.05., 30.06., 31.07.2017 und 31.08.2017 zu zahlen.

40

Der Kläger beantragt,

41

die Berufung zurückzuweisen.

42

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Das Arbeitsgericht habe überzeugend dargelegt, dass auch die Zeiten seiner Berufsunfähigkeit zu einer Steigerung der betrieblichen Altersversorgung führten. Weder das Wort "zurückgelegt" noch das Wort "Dienstjahr" lasse einen Rückschluss darauf zu, dass in der fraglichen Zeit eine Arbeitsleistung erbracht worden sein müsse. Der streitgegenständliche Vertrag sei von der Beklagten als Arbeitgeberin formuliert und ihm vorgelegt worden. Bei der Auslegung sei daher die Sichtweise eines durchschnittlichen Arbeitnehmers heranzuziehen. Ungenauigkeiten gingen zu Lasten der Beklagten als Klauselverwenderin. Die Gestaltung der Betriebsrente für jedes "zurückgelegte Dienstjahr" enthalte eine Treuekomponente, die losgelöst von einer Arbeitstätigkeit die Erhöhung der Betriebsrente zusage.

43

Die Widerklage sei unbegründet. Die Zahlungen, die die Beklagte angebe, seien so nicht geleistet worden. Er habe am 11.05.2017 eine Nachzahlung auf die Betriebsrente iHv. € 2.022,41 erhalten. Mit der Betriebsrente im Mai sei gegenüber der Betriebsrente April eine Erhöhung von € 101,85 erfolgt; statt € 2.629,88 habe die Beklagte am 29.05.2017 für Mai € 2.731,73 gezahlt.

44

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

45

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und auch ordnungsgemäß begründet worden.

II.

46

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Der Kläger hat einen einzelvertraglichen Anspruch darauf, dass ihm die Beklagte ab dem Monat Oktober 2015 monatlich eine um € 136,49 höhere Betriebsrente zahlt. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger für 17 Monate vom 01.10.2015 bis zum 28.02.2017 insgesamt einen Betrag iHv. € 2.320,33 nachzuzahlen und für die Zeit ab 01.03.2017 eine monatliche Betriebsrente iHv. € 2.923,03 zu gewähren. Dementsprechend ist die von der Beklagten gem. § 717 Abs. 2 ZPO zweitinstanzlich erhobene Widerklage unbegründet.

47

1. Der Anspruch des Klägers auf eine höhere Betriebsrente folgt aus der Pensionszusage vom 11.08.2005. Darin hat sich die Beklagte verpflichtet, dem Kläger mit Vollendung des 65. Lebensjahres (am 11.09.2015) eine Altersrente iHv. € 2.556,46 zuzüglich 1,50 % der Vorjahresrente für jedes nach dem 01.12.2000 zurückgelegte Dienstjahr zu gewähren. In der Zeit vom Stichtag 01.12.2000 bis zur rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31.05.2011 hat der Kläger zehn volle Dienstjahre zurückgelegt, die allesamt rentensteigernd zu berücksichtigen sind. Es ist unerheblich, dass der Kläger in diesem Zeitraum dreidreiviertel Jahre vom 01.09.2007 bis zum 31.05.2011 ununterbrochen berufsunfähig erkrankt war und von der Beklagten die vereinbarte Berufsunfähigkeitsrente bezogen hat. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend angenommen.

48

a) Die Pensionszusage vom 11.08.2005 ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht nach den für Allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Maßstäben auszulegen. Die Pensionsvereinbarung der Parteien enthält keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB, denn sie ist nicht für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert worden, sondern war nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Beklagten individuell nur für den Kläger konzipiert worden. Es handelt sich auch nicht um eine von der Beklagten vorformulierte sog. Einmalbedingung iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB, die den für Allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Auslegungsregeln unterläge. Der Kläger hätte darlegen und beweisen müssen, dass er auf den Inhalt der Pensionszusage keinen Einfluss nehmen konnte (zur Darlegungs- und Beweislast grundlegend BGH 15.04.2008 - X ZR 126/06 - Rn. 18 ff). Die Beklagte hat bereits erstinstanzlich vorgetragen, dass sie den Anstellungsvertrag und die Pensionszusage mit dem Kläger seinerzeit inhaltlich abgestimmt habe. Der Kläger hat für seine gegenteilige Behauptung nicht mit ausreichender Substanz vorgetragen und auch keinen Beweis angetreten.

49

b) Nach §§ 133, 157 BGB sind Willenserklärungen und Verträge so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten, wobei vom Wortlaut auszugehen ist. Zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Vor allem sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Im Zweifel ist der Auslegung der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen und widerspruchsfreien Ergebnis führt, das den Interessen beider Vertragspartner gerecht wird (vgl. BAG 17.05.2017 - 7 AZR 301/15 - Rn. 16 mwN; BAG 04.08.2015 - 3 AZR 137/13 - Rn. 30 mwN).

50

c) Das Arbeitsgericht hat ausgehend vom Wortlaut der Pensionszusage rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Zeit der Berufungsunfähigkeit des Klägers vom 01.09.2007 bis zum 31.05.2011 rentensteigernd zu berücksichtigen. Entgegen der Auffassung der Berufung ändert auch der Umstand, dass der Kläger in diesem Zeitraum bereits eine Berufsunfähigkeitsrente aus der Pensionszusage erhalten hat, an diesem Verständnis nichts.

51

Die Pensionszusage vom 11.08.2005 stellt die Regel auf, dass sich jedes "zurückgelegte Dienstjahr" rentensteigernd auswirkt. Dienstjahre sind die Jahre, in denen der Kläger in den Diensten der Beklagten gestanden hat, also ein Arbeitsverhältnis bestand. Dem Wortlaut der Pensionszusage ist nicht ansatzweise zu entnehmen, dass Zeiten ohne Vergütung, insbesondere - wie hier - Ausfallzeiten infolge von Krankheit, sich nicht rentensteigernd auswirken sollen. Die Pensionszusage stellt allein auf die zurückgelegten Dienstjahre ab, dh. auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses im arbeitsrechtlichen Sinne, und nicht auf die tatsächliche Beschäftigung.

52

Eine eigene Definition des Begriffs "für jedes (...) zurückgelegte Dienstjahr" fehlt in der Pensionszusage. Die Regelung ist nach dem Sprachgebrauch so zu verstehen, dass auch Zeiten der Nichttätigkeit infolge Krankheit zu den zurückgelegten Dienstjahren zählen. Es kommt nach dem Wortlaut nur auf den rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses an. Hätte die Beklagte die zurückgelegten Dienstjahre rein tätigkeitsbezogen verstanden wissen und nur die tatsächlich ausgeübte (aktive) Tätigkeit rentensteigernd berücksichtigen wollen, wie die Berufung annimmt, hätte sie dies deutlich machen müssen. Auch dies hat das Arbeitsgericht richtig erkannt.

53

Zwar ist der Berufung zuzugeben, dass die Dauer der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers normalerweise nicht um ihrer selbst willen honoriert wird, sondern im Hinblick auf die im Betrieb tatsächlich geleistete Arbeit. Andererseits entspricht die Dauer des rechtlichen Bestandes des Arbeitsverhältnisses regelmäßig nicht genau dem Umfang der während dieser Zeit für den Betrieb tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung. Diese tatsächliche Arbeitsleistung kann wegen einer Vielzahl von Umständen während dieser Zeit ausgefallen sein. Zeiten der Arbeitsunfähigkeit, des Urlaubs oder persönliche Arbeitsverhinderungen aus sonstigen Gründen können die während der Zeit des Bestehens des Arbeitsverhältnisses tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung erheblich mindern. Dabei ist es gleichgültig, ob für diese Zeiten der Nichtarbeit das Arbeitsentgelt fortzuzahlen oder - wie hier - eine Berufsunfähigkeitsrente zu zahlen ist. Eine tatsächliche Arbeitsleistung liegt für diese Zeiten nicht vor.

54

Entgegen der Ansicht der Berufung kann in den Begriff "zurückgelegte Dienstjahre" nicht der Satz hineingelesen werden, dass eine tatsächliche Arbeitsleistung Voraussetzung für den Anspruch auf Steigerung der betrieblichen Altersrente sein soll. Es kann als bei Vertragsschluss bekannt vorausgesetzt werden, dass der rechtliche Bestand des Arbeitsverhältnisses nicht lückenlos mit Zeiten tatsächlicher Arbeit für den Betrieb ausgefüllt sein muss und dass Zeiten fehlender Arbeitsleistung anfallen können. Es war der Beklagten bei Abgabe der Pensionszusage am 11.08.2005 überlassen zu bestimmen, inwieweit Zeiten, in denen - gleich aus welchen Gründen - der Kläger eine tatsächliche Arbeitsleistung für den Betrieb nicht erbringt, sich nicht rentensteigernd auswirken sollen. Dabei bedarf es im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, welche Zeiten ohne tatsächliche Arbeitsleistung ggf. aus rechtlichen Gründen nicht als "rentenschädlich" bewertet werden dürfen. Wird von den Vertragsparteien - wie hier - keine Regelung für bestimmte Fälle fehlender tatsächlicher Arbeitsleistung getroffen, entspricht es der richtig verstandenen Interessenlage, dass Zeiten fehlender Arbeitsleistung für den Anspruch auf Steigerung der Rente ohne Bedeutung sein sollen.

55

Der Interpretation der Berufung, dass unter "zurückgelegte Dienstjahre" nicht nur das "passive Erleiden eines Alterungsprozesses", sondern eine tatsächliche Arbeitsleistung zu verstehen sei, steht bereits der von den Parteien gewählte Wortlaut entgegen. Das Erfordernis einer tatsächlichen Arbeitsleistung kann nicht als ungeschriebene Anspruchsvoraussetzung lediglich daraus hergeleitet werden, dass mit der betrieblichen Altersversorgung auch im Betrieb geleistete Arbeit zusätzlich vergütet werden soll. Die Beklagte hatte es seinerzeit in der Hand, im Einzelnen zu bestimmen, welche Zeiten ohne tatsächliche Arbeitsleistung sich nicht rentensteigernd auswirken sollen. Da sie davon keinen Gebrauch gemacht hat, verbleibt es bei den vereinbarten Zahlungsansprüchen.

56

Mit Rücksicht auf dieses eindeutige Auslegungsergebnis kann offen bleiben, ob die Kritik der Berufung berechtigt ist, dass das Arbeitsgericht nicht zusätzlich noch den englischen Text der Pensionszusage und die Regelungen über die Berechnung der Betriebsrente bei vorzeitigem Ausscheiden zur Auslegung der Anspruchsvoraussetzungen heranziehen durfte.

57

2. Die zweitinstanzliche Widerklage ist unbegründet, weil das arbeitsgerichtliche Urteil nicht aufgehoben worden ist, so dass nach § 62 Abs. 2 ArbGG iVm. § 717 Abs. 2 ZPO kein Schadensersatzanspruch der Beklagten besteht.

III.

58

Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Berufung zu tragen.

59

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

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(1) Die vorläufige Vollstreckbarkeit tritt mit der Verkündung eines Urteils, das die Entscheidung in der Hauptsache oder die Vollstreckbarkeitserklärung aufhebt oder abändert, insoweit außer Kraft, als die Aufhebung oder Abänderung ergeht.

(2) Wird ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil aufgehoben oder abgeändert, so ist der Kläger zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Beklagten durch die Vollstreckung des Urteils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist. Der Beklagte kann den Anspruch auf Schadensersatz in dem anhängigen Rechtsstreit geltend machen; wird der Anspruch geltend gemacht, so ist er als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen.

(3) Die Vorschriften des Absatzes 2 sind auf die im § 708 Nr. 10 bezeichneten Berufungsurteile, mit Ausnahme der Versäumnisurteile, nicht anzuwenden. Soweit ein solches Urteil aufgehoben oder abgeändert wird, ist der Kläger auf Antrag des Beklagten zur Erstattung des von diesem auf Grund des Urteils Gezahlten oder Geleisteten zu verurteilen. Die Erstattungspflicht des Klägers bestimmt sich nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. Wird der Antrag gestellt, so ist der Anspruch auf Erstattung als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen; die mit der Rechtshängigkeit nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts verbundenen Wirkungen treten mit der Zahlung oder Leistung auch dann ein, wenn der Antrag nicht gestellt wird.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Die vorläufige Vollstreckbarkeit tritt mit der Verkündung eines Urteils, das die Entscheidung in der Hauptsache oder die Vollstreckbarkeitserklärung aufhebt oder abändert, insoweit außer Kraft, als die Aufhebung oder Abänderung ergeht.

(2) Wird ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil aufgehoben oder abgeändert, so ist der Kläger zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Beklagten durch die Vollstreckung des Urteils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist. Der Beklagte kann den Anspruch auf Schadensersatz in dem anhängigen Rechtsstreit geltend machen; wird der Anspruch geltend gemacht, so ist er als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen.

(3) Die Vorschriften des Absatzes 2 sind auf die im § 708 Nr. 10 bezeichneten Berufungsurteile, mit Ausnahme der Versäumnisurteile, nicht anzuwenden. Soweit ein solches Urteil aufgehoben oder abgeändert wird, ist der Kläger auf Antrag des Beklagten zur Erstattung des von diesem auf Grund des Urteils Gezahlten oder Geleisteten zu verurteilen. Die Erstattungspflicht des Klägers bestimmt sich nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. Wird der Antrag gestellt, so ist der Anspruch auf Erstattung als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen; die mit der Rechtshängigkeit nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts verbundenen Wirkungen treten mit der Zahlung oder Leistung auch dann ein, wenn der Antrag nicht gestellt wird.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

18
bb) Der Senat schließt sich den zuletzt genannten Auffassungen an. Bei Vertragsklauseln , die zur einmaligen Verwendung bestimmt sind, steht es allein im Einklang mit dem klaren Wortlaut der Vorschrift, Darlegungs- und Beweislast nicht dem Unternehmer, sondern dem Verbraucher dafür aufzuerlegen, dass die Vertragsklauseln vorformuliert worden sind und dass er infolge der Vorformulierung keinen Einfluss auf ihren Inhalt nehmen konnte. Wie auch die Revision nicht verkennt, hat der Gesetzgeber bei der Erstreckung der Inhaltskontrolle auf Individualverträge, die vorformulierte Vertragsklauseln enthalten (§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB), den Umstand, dass der Verbraucher infolge der Vorformulierung auf den Inhalt der Vertragsklauseln keinen Einfluss nehmen konnte, als Tatbestandsvoraussetzung der Eröffnung der Inhaltskontrolle ausgebildet. Für solche Umstände trägt nach den allgemeinen Grundsätzen derjenige die Darlegungs- und Beweislast, der sich zu seinen Gunsten auf ihr Vorliegen beruft.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 18. Dezember 2014 - 7 Sa 587/14 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende befristete Arbeitsverhältnis nachträglich in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis umgewandelt wurde und die Befristungsabrede dadurch gegenstandslos geworden ist sowie über die Wirksamkeit der anderenfalls weiterhin bestehenden Befristung.

2

Der Kläger wurde von der Beklagten mit Arbeitsvertrag vom 12. Juli 2011 für die Zeit vom 1. August 2011 bis zum 31. Januar 2014 befristet als Junior-Referent Recruitment/Ressourcing in B zur Vertretung der Stammkraft Ü, die vom 10. April 2011 bis zum 7. Februar 2014 Elternzeit in Anspruch genommen hatte, eingestellt. Die Stelle war mit der tariflichen Vergütungsgruppe T 6 dotiert. § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags enthält die folgende Versetzungsklausel:

        

„Die Gesellschaft ist - nach Abwägung der beiderseitigen Interessen - berechtigt, Ihnen auch eine andere, Ihren Fähigkeiten und Kenntnissen entsprechende, mindestens gleichwertige Tätigkeit zu übertragen und Sie im Unternehmen der Gesellschaft an einem anderen Ort innerhalb der Bundesrepublik Deutschland zu beschäftigen.“

3

Am 9. August 2012 schloss die Beklagte mit dem bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrat einen Interessenausgleich und Sozialplan zur Umsetzung der Maßnahme „Shape Headquarters“ (Interessenausgleich/Sozialplan Shape HQ). Mit dem Ziel einer Neuausrichtung der zentralen Steuerungs- und Servicefunktionen des Konzerns wurden Arbeitsplätze verlagert und zum Teil neu zugeschnitten, bevor die Arbeitnehmer nach dem in § 4 des Interessenausgleichs/Sozialplans Shape HQ geregelten Verfahren „Migration Personalbestand“ in die Zielbereiche überführt wurden. In § 4 Abs. 3 des Interessenausgleichs/Sozialplans Shape HQ ist zu dem sog. Anbietungsverfahren auszugsweise Folgendes vereinbart:

        

„Beim Anbietungsverfahren werden die betreffenden Arbeitsplätze in den Zielbereichen ausschließlich den jeweils Anbietungsberechtigten aus den Quellbereichen angeboten. Alle Anbietungsberechtigten können sich auf bis zu drei Stellen ... bewerben. … Ziel des Anbietungsverfahrens ist es, den individuell am besten geeigneten Bewerber auszuwählen, wobei soziale Belange des Einzelnen zu berücksichtigen sind.“

4

Nach § 12 Abs. 1 Interessenausgleich/Sozialplan Shape HQ gelten zum Ausgleich und zur Milderung wirtschaftlicher Nachteile die materiellen Bestimmungen des Tarifvertrags Rationalisierungsschutz DTAG (TV Ratio).

5

Die Stelle der Stammkraft Ü war von der Maßnahme „Shape Headquarters“ betroffen. Der Kläger und Frau Ü bewarben sich in dem sog. Anbietungsverfahren nach § 4 Abs. 3 Interessenausgleich/Sozialplan Shape HQ auf die veränderten Arbeitsplätze. Frau Ü wurde für die Zeit nach dem Ende ihrer Elternzeit eine mit der Entgeltgruppe T 5 bewertete Stelle in D angeboten. Der Kläger erhielt ein Schreiben der Beklagten vom 12. Februar 2013, das auszugsweise wie folgt lautet:

        

„Betrifft: Versetzung

        

Sehr geehrter Herr S,

        

im Rahmen der Umsetzung der ‚Vereinbarung zwischen der D T AG und dem Gesamtbetriebsrat der D T AG über den Interessenausgleich und Sozialplan nach §§ 111/112 BetrVG zur Umsetzung der Maßnahme Shape Headquarters‘ werden Sie mit Wirkung zum 01.03.2013 innerhalb der Organisationseinheit HR Business Services versetzt und auf dem Personalposten AM2-11 als Supp Recruitment&Ressourcing mit der Stellen-ID im Bereich Applicant Management 2 am Beschäftigungsort B eingesetzt.

        

Die ordnungsgemäße Beteiligung des Betriebsrates ist erfolgt.

        

Diese Funktion ist zur Zeit mit der Entgeltgruppe T 5 arbeitgeberseitig vorbewertet. Bis zur abschließenden Bewertung der Funktion, die voraussichtlich bis Ende Februar 2013 durch eine paritätisch besetzte Bewertungskommission durchgeführt werden soll, erfolgt keine Entgeltreduzierung. Ihre Vergütung richtet sich in diesem Zeitraum nach Ihrer bisherigen Eingruppierung nach T 6 Gruppenstufe 2.

        

Sofern die arbeitgeberseitige Vorbewertung durch die paritätisch besetzte Kommission bestätigt werden sollte, finden für Ihre Vergütung ab diesem Zeitpunkt die individuellen Sicherungsfristen entsprechend Anlage 5 TV Ratio DTAG analoge Anwendung. …“

6

In einem weiteren Schreiben der Beklagten an den Kläger vom 20. März 2013 heißt es auszugsweise:

        

„Betrifft: Mitteilung zu Ihrer Eingruppierung

        

Sehr geehrter Herr S,

        

wie Ihnen bereits im Rahmen der Maßnahme Shape Headquarters mit unserem Schreiben vom 12.02.2013 mitgeteilt wurde, werden Sie mit Wirkung vom 01.03.2013 bei der D T AG auf dem Personalposten AM2-11 als Supp Recruitment&Ressourcing mit der Stellen-ID im Bereich Applicant Management 2 am Beschäftigungsort B eingesetzt.

        

Diese Funktion war mit der Eingruppierung T 5 vorbewertet. Die paritätisch besetzte Kommission hat die Funktion nun abschließend mit T 5 bewertet. Sie werden deshalb in die Entgeltgruppe T 5 Gruppenstufe 02 eingruppiert.

        

Die materiellen Regelungen des TV Ratio Ihrer Gesellschaft finden gem. § 12 Abs. 1 des Interessenausgleichs/Sozialplans Shape Headquarters Anwendung. Sie unterfallen den besonderen Schutzregelungen der Anlage 5, Abschnitt I, Unterabschnitt 1 TV Ratio. Gegebenenfalls können Sie Ansprüche auf die Abgeltung von Fahrmehrkosten und eines zeitlichen Mehraufwands geltend machen.

        

Sie erhalten ab dem 01.03.2013 für die Dauer von insgesamt 32 Monaten eine Einkommenssicherung in Höhe der Differenz zwischen dem zu sichernden Monatsentgelt und dem Monatsentgelt der neuen Tätigkeit.“

7

Mit der am 13. Februar 2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage, die der Beklagten am 20. Februar 2014 zugestellt wurde, hat der Kläger geltend gemacht, das Arbeitsverhältnis habe nicht aufgrund Befristung am 31. Januar 2014 geendet. Zum 1. März 2013 sei ein zwischen den Parteien vereinbarter Änderungsvertrag in Kraft getreten, der keine Befristung des Arbeitsvertrags mehr enthalte. Seine Vorgesetzte, Frau Bo, habe ihm im Januar 2013 im Rahmen zweier Telefonkonferenzen angekündigt, dass er einen unbefristeten Arbeitsvertrag erhalten werde. Die Schreiben der Beklagten vom 12. Februar 2013 und vom 20. März 2013 habe er daher als Angebot auf Entfristung des Arbeitsverhältnisses zu den dort genannten, geänderten Arbeitsbedingungen verstehen müssen. Dieses Angebot habe er durch Aufnahme der Arbeit am 1. März 2013 konkludent angenommen.

8

Zudem sei die Befristung zum 31. Januar 2014 unwirksam. Die Befristung sei nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt. Für die Rechtfertigung der Befristung komme es nicht auf die Umstände bei Abschluss des Arbeitsvertrags vom 12. Juli 2011 an, sondern darauf, ob im Zeitpunkt der Änderung der Tätigkeit und der Vergütung am 1. März 2013 ein Sachgrund für die Befristung bestanden habe. Das sei nicht der Fall. Der ursprünglich vorhandene Sachgrund der Vertretung sei zum 1. März 2013 entfallen. Mit der Änderung der Vertragsbedingungen sei seine Tätigkeit (in B) von der später Frau Ü zugewiesenen Tätigkeit (in D) „entkoppelt“ worden.

9

Der Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung vom 12. Juli 2011 mit Ablauf des 31. Januar 2014 geendet hat,

        

2.    

festzustellen, dass zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, das Arbeitsverhältnis habe aufgrund der im Arbeitsvertrag vom 12. Juli 2011 vereinbarten Befristung am 31. Januar 2014 geendet. Eine Vertragsänderung sei nicht erfolgt. Mit dem Versetzungsschreiben vom 12. Februar 2013 seien lediglich die kollektivrechtlichen Vorgaben des Interessenausgleichs/Sozialplans Shape HQ vollzogen worden, ohne dass dies zu Änderungen des Arbeitsvertrags vom 12. Juli 2011 geführt habe. Der Hinweis auf die 32-monatige Einkommenssicherung im Schreiben vom 20. März 2013 beschränke sich auf die Mitteilung der für den Kläger einschlägigen tarifvertraglichen Bestimmungen des TV Ratio. Eine Willenserklärung mit dem Inhalt eines Entfristungsangebots oder einer sonstigen Änderung der Vertragsbedingungen könne daraus nicht abgeleitet werden. Die Befristung sei durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat aufgrund der Befristung im Arbeitsvertrag vom 12. Juli 2011 am 31. Januar 2014 geendet. Die Befristung ist wirksam. Die Parteien haben keinen Änderungsvertrag über die unbefristete Weiterbeschäftigung des Klägers ab dem 1. März 2013 geschlossen.

13

I. Die Klage ist zulässig. Dies gilt nicht nur für die mit dem Klageantrag zu 1. verfolgte Befristungskontrollklage, sondern auch für den Klageantrag zu 2. Hierbei handelt es sich um einen allgemeinen Feststellungsantrag iSv. § 256 Abs. 1 ZPO, mit dem der Kläger die Entstehung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses ab dem 1. März 2013 aufgrund des Abschlusses eines unbefristeten Änderungsvertrags geltend macht. Für diesen Antrag ist das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse gegeben, da die Beklagte den Abschluss eines Änderungsvertrags in Abrede stellt.

14

II. Die Klage ist nicht begründet.

15

1. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Parteien mit Wirkung zum 1. März 2013 kein unbefristetes Arbeitsverhältnis im Wege eines Änderungsvertrags vereinbart haben.

16

a) Verträge kommen durch auf den Vertragsschluss gerichtete, einander entsprechende Willenserklärungen zustande, indem das Angebot („Antrag“) der einen Vertragspartei gemäß den §§ 145 ff. BGB von der anderen Vertragspartei angenommen wird. Eine Willenserklärung ist eine Äußerung, die auf die Herbeiführung eines rechtsgeschäftlichen Erfolgs gerichtet ist. Sie kann nicht nur durch eine ausdrückliche Erklärung, sondern auch durch schlüssiges Verhalten abgegeben werden. Ob eine Äußerung oder ein Verhalten als Willenserklärung zu verstehen ist, ist durch Auslegung zu ermitteln. Nach §§ 133, 157 BGB sind Willenserklärungen und Verträge so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten, wobei vom Wortlaut auszugehen ist. Zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Vor allem sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Im Zweifel ist der Auslegung der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen und widerspruchsfreien Ergebnis führt, das den Interessen beider Vertragspartner gerecht wird. Diese Grundsätze sind auch anzuwenden bei der Frage, ob ein bestimmtes willentliches Verhalten eine Willenserklärung darstellt (vgl. BAG 14. Dezember 2016 - 7 AZR 797/14 - Rn. 31 mwN).

17

b) Die Auslegung nichttypischer Erklärungen obliegt in erster Linie den Tatsachengerichten. Sie kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) verletzt, gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen hat. Die Auslegung typischer Erklärungen unterliegt dagegen einer unbeschränkten revisionsgerichtlichen Kontrolle. Diese Grundsätze gelten auch, wenn es um die Frage geht, ob eine Erklärung überhaupt eine Willenserklärung darstellt (BAG 14. Dezember 2016 - 7 AZR 797/14 - Rn. 32 mwN).

18

c) Danach hält die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, der Kläger habe die Erklärungen und das Verhalten der Beklagten nicht dahin verstehen dürfen, dass ihm ab dem 1. März 2013 die unbefristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen angeboten worden sei, der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

19

aa) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Kläger habe die behaupteten Erklärungen seiner Vorgesetzten Bo in den beiden Telefonkonferenzen im Januar 2013, er werde einen unbefristeten Arbeitsvertrag erhalten, nicht als rechtsgeschäftliche Erklärung, sondern als tatsächliche Einschätzung verstehen müssen. Die Auslegung dieser nichttypischen - als zutreffend unterstellten - Erklärungen der Vorgesetzten des Klägers durch das Landesarbeitsgericht ist revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar und lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Der Kläger hat insoweit auch keinen Rechtsfehler aufgezeigt, sondern lediglich seine Wertungen an Stelle der Wertungen des Landesarbeitsgerichts gesetzt. Soweit die Ausführungen des Klägers dahingehend zu verstehen sein sollten, das Landesarbeitsgericht habe Sachvortrag oder Beweisantritte übergangen, hat er keine zulässige Verfahrensrüge iSv. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO erhoben.

20

bb) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht auch erkannt, dass den Schreiben vom 12. Februar 2013 und vom 20. März 2013 keine auf eine Vertragsänderung gerichteten Willenserklärungen der Beklagten zu entnehmen sind. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte habe mit den Schreiben lediglich die kollektivrechtlichen Vorgaben im Interessenausgleich/Sozialplan Shape HQ vom 9. August 2012 vollzogen und die Ergebnisse der paritätischen Kommission umgesetzt. Es kann dahinstehen, ob es sich bei den in den Schreiben enthaltenen Äußerungen um typische oder nichttypische Erklärungen handelt. Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts hält auch einer uneingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

21

(1) Mit dem Schreiben vom 12. Februar 2013 hat die Beklagte dem Kläger mitgeteilt, er werde „innerhalb der Organisationseinheit HR Business Services versetzt“. Eine Versetzung ist eine einseitige Maßnahme des Arbeitgebers aufgrund des arbeitsvertraglichen Direktionsrechts und damit nicht als Angebot auf Änderung des Arbeitsvertrags zu verstehen. Der Charakter der Maßnahme als Versetzung in diesem Sinne ergibt sich auch aus dem Betreff des Schreibens und der Mitteilung der Beklagten darüber, auf welchem Arbeitsplatz der Kläger ab 1. März 2013 eingesetzt werde. Ein anderes Verständnis lässt sich nicht daraus ableiten, dass sich der Kläger nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts in dem sog. Anbietungsverfahren nach § 4 Abs. 3 Interessenausgleich/Sozialplan Shape HQ auf die Stelle beworben hatte, die nach der „Vorbewertung“ der Beklagten nach der tariflichen Vergütungsgruppe T 5 vergütet war. Nach dem Schreiben vom 12. Februar 2013 musste der Kläger zwar davon ausgehen, dass die Zuweisung dieser Tätigkeit eine entsprechende Herabgruppierung nach sich ziehen würde, falls es nach einer Entscheidung der paritätischen Kommission bei der vorläufigen Bewertung verbliebe. Aus dieser Mitteilung, mit der die Beklagte ersichtlich nur ihre kollektivrechtlichen Verpflichtungen aufgrund des in Bezug genommenen Interessenausgleichs/Sozialplans Shape HQ erfüllen wollte, konnte der Kläger nicht den Schluss ziehen, dass die Übertragung der Stelle nicht mehr als Versetzung, sondern als Angebot auf Änderung des Arbeitsvertrags aufzufassen sein sollte, falls die Stelle auch von der paritätischen Kommission mit der Entgeltgruppe T 5 bewertet würde. Für ein solches Verständnis bietet das Schreiben keine Anhaltspunkte. Zu Recht weist das Landesarbeitsgericht darauf hin, dass es anderenfalls nahegelegen hätte, den Kläger aufzufordern, sich mit dem Inhalt des Schreibens durch seine Unterschrift einverstanden zu erklären, was jedoch unterblieben ist.

22

(2) Ein rechtsgeschäftliches Angebot auf Änderung des Arbeitsvertrags ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagte nicht berechtigt war, dem Kläger ab dem 1. März 2013 eine niedriger eingruppierte Tätigkeit (T 5 statt T 6) im Wege des Direktionsrechts zuzuweisen. Die Versetzungsklausel in § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags rechtfertigte nur die Übertragung einer „mindestens gleichwertigen Tätigkeit“. Der Kläger hätte sich daher gegen die erklärte Versetzung wehren und eine vertragsgemäße Beschäftigung mit Tätigkeiten der Vergütungsgruppe T 6 verlangen können. Gerade wegen dieser vertraglichen Rechtsposition lässt sich eine unwirksame Versetzung nicht ohne weiteres als Angebot auf Vertragsänderung verstehen oder in ein solches „umdeuten“. Dies entspräche insbesondere nicht der Interessenlage des Klägers. Eine Vertragsänderung hätte zur Folge, dass Einwände gegen eine vertragswidrige Weisung nicht mehr erhoben werden könnten und der Anspruch auf Beschäftigung zu den bisherigen Bedingungen - weit vor der Grenze der Verwirkung oder des widersprüchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) - beseitigt wäre.

23

cc) Auch dem Schreiben vom 20. März 2013 konnte der Kläger kein Angebot der Beklagten entnehmen, das Arbeitsverhältnis nach dem 1. März 2013 zu veränderten Bedingungen unbefristet fortzusetzen. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass es sich hierbei nur um eine Information des Klägers über die Folgen der Versetzung für seine tariflichen Vergütungsansprüche handelte.

24

(1) Der Informationscharakter des Schreibens wird bereits durch den Betreff „Mitteilung zu Ihrer Eingruppierung“ deutlich. Die Beklagte hat, wie im Schreiben vom 12. Februar 2013 angekündigt, den Kläger über die von der paritätischen Kommission als richtig erkannte Eingruppierung informiert und ihm mitgeteilt, welche finanziellen Ausgleichsansprüche nach den kollektiven Regelungen (TV Ratio) gelten. Zudem ist die Mitteilung einer tariflichen Eingruppierung regelmäßig als Information und nicht als Willenserklärung zu verstehen. Die Höhe der Vergütung der Tarifangestellten und die Eingruppierung ihrer Tätigkeit in eine tarifliche Vergütungsgruppe bestimmt sich nach dem tarifvertraglich vorgegebenen Eingruppierungssystem. Sie ergibt sich aus der Bewertung der zugewiesenen Tätigkeit. Einer gesonderten rechtsgeschäftlichen Erklärung bedarf es hierzu nicht.

25

(2) Auch aus dem in dem Schreiben enthaltenen Hinweis über die Verdienstsicherung nach dem TV Ratio, er werde ab dem 1. März 2013 für die Dauer von insgesamt 32 Monaten eine Einkommenssicherung in Höhe der Differenz zwischen dem zu sichernden Monatsentgelt und dem Monatsentgelt der neuen Tätigkeit erhalten, konnte der Kläger nicht schließen, dass sein Arbeitsverhältnis unbefristet weiterbestehen sollte. Zwar geht die „insgesamt“ 32-monatige Einkommenssicherung über das Ende der vereinbarten Laufzeit des befristeten Arbeitsvertrags vom 31. Januar 2014 hinaus. Das Landesarbeitsgericht hat darin jedoch zu Recht lediglich eine Information über tarifliche Sicherungs- oder Besitzstandsansprüche gesehen, die dem Kläger unter der Bedingung zustehen, dass das Arbeitsverhältnis während der genannten zukünftigen Zeitdauer fortbestehen wird. Das Wort „insgesamt“ bezieht sich nur auf die maximale Sicherungsfrist und lässt damit entgegen der Auffassung des Klägers nicht darauf schließen, dass ihm die Beklagte die unbefristete Fortführung des Arbeitsverhältnisses anbieten wollte.

26

2. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der im Arbeitsvertrag vom 12. Juli 2011 vereinbarten Befristung am 31. Januar 2014 geendet hat. Die Befristung ist wirksam. Sie ist durch den Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG gerechtfertigt. Der Kläger wurde zur Vertretung der Arbeitnehmerin Ü eingestellt. Der Wirksamkeit der Befristung steht nicht entgegen, dass dem Kläger zum 1. März 2013 eine andere, niedriger vergütete Tätigkeit übertragen wurde.

27

a) Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG liegt ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrags vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Der Sachgrund der Vertretung wird durch § 21 Abs. 1 BEEG konkretisiert. Diese Vorschrift setzt voraus, dass ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers oder einer anderen Arbeitnehmerin für die Dauer eines Beschäftigungsverbots nach dem Mutterschutzgesetz, einer Elternzeit oder einer auf Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder einzelvertraglicher Vereinbarung beruhenden Arbeitsfreistellung zur Betreuung eines Kindes eingestellt wird. Der Grund für die Befristung liegt in Vertretungsfällen darin, dass der Arbeitgeber bereits zu einem vorübergehend ausfallenden Mitarbeiter in einem Rechtsverhältnis steht und mit der Rückkehr dieses Mitarbeiters rechnet. Damit besteht für die Wahrnehmung der an sich dem ausfallenden Mitarbeiter obliegenden Arbeitsaufgaben durch eine Vertretungskraft von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis (st. Rspr., vgl. etwa BAG 26. Oktober 2016 - 7 AZR 135/15 - Rn. 14; 24. August 2016 - 7 AZR 41/15 - Rn. 17; 11. Februar 2015 - 7 AZR 113/13 - Rn. 15).

28

b) Die Wirksamkeit einer Befristung beurteilt sich nach den im Zeitpunkt des Vertragsschlusses gegebenen Umständen. Danach eintretende Änderungen haben daher grundsätzlich keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der vereinbarten Befristung. Fällt der bei Vertragsschluss gegebene Sachgrund für die Befristung später weg, entsteht daher kein unbefristetes Arbeitsverhältnis (BAG 29. Juni 2011 - 7 AZR 6/10 - Rn. 40 mwN, BAGE 138, 242). Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn sich während der Dauer des befristeten Arbeitsverhältnisses die Tätigkeit des Arbeitnehmers ändert. Wird jedoch in einem Änderungsvertrag unter Beibehaltung der vertraglich vereinbarten Befristungsdauer eine Änderung der Tätigkeit und ggf. der Vergütung vereinbart, unterliegt der Änderungsvertrag als letzter Arbeitsvertrag der Befristungskontrolle. In diesem Fall kommt es darauf an, ob bei Abschluss des Änderungsvertrags ein Sachgrund für die Befristung bestand (vgl. zu der Rechtslage vor Inkrafttreten des TzBfG BAG 21. März 1990 - 7 AZR 286/89 - zu II 1 b der Gründe). Dabei kann die Befristung allerdings nur dann auf ihre Wirksamkeit überprüft werden, wenn der Arbeitnehmer innerhalb der Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG die Unwirksamkeit der Befristung des Änderungsvertrags geltend macht.

29

c) Danach ist die im Arbeitsvertrag vom 12. Juli 2011 vereinbarte Befristung durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt. Der Kläger wurde zur Vertretung der Mitarbeiterin Ü befristet eingestellt, die sich in der Zeit vom 10. April 2011 bis zum 7. Februar 2014 in Elternzeit befand. Für die Wirksamkeit dieser Befristung kommt es auf die Umstände bei Abschluss des Arbeitsvertrags vom 12. Juli 2011 und nicht darauf an, dass dem Kläger ab dem 1. März 2013 eine geänderte Tätigkeit mit einer niedrigeren Vergütung zugewiesen wurde. Die Parteien haben - wie ausgeführt - keinen Änderungsvertrag abgeschlossen. Außerdem hat der Kläger auch nicht fristgerecht mit einem Befristungskontrollantrag nach § 17 Satz 1 TzBfG die Unwirksamkeit der Befristungsabrede aufgrund einer von ihm behaupteten, am 1. März 2013 in Kraft getretenen Änderungsvereinbarung geltend gemacht. Er hat vielmehr innerhalb der Klagefrist lediglich die Unwirksamkeit der in dem Arbeitsvertrag vom 12. Juli 2011 vereinbarten Befristung geltend gemacht und sich auf den Abschluss eines unbefristeten Änderungsvertrags zum 1. März 2013 berufen.

30

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Gräfl    

        

    M. Rennpferdt    

        

    Kiel    

        

        

        

    Schuh    

        

    Meißner    

                 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 15. Januar 2013 - 7 Sa 573/12 - aufgehoben.

Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 4. Juni 2012 - 3 Ca 9945/11 - abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin rückständige Witwenrente für die Monate März 2011 bis Mai 2013 iHv. insgesamt 19.534,23 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 723,49 Euro seit dem jeweiligen Ersten des jeweiligen Folgemonats beginnend mit dem 1. April 2011 und endend mit dem 1. Juni 2013 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ab dem 1. Juni 2013 lebenslang zum Ende eines jeden Monats eine monatliche Witwenrente iHv. 723,49 Euro brutto zu zahlen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin eine Hinterbliebenenversorgung zu zahlen.

2

Die am 10. Oktober 1956 geborene Klägerin ist die Witwe des am 29. April 1947 geborenen und am 14. Dezember 2010 verstorbenen G. Die Ehe war am 8. August 2008 geschlossen worden.

3

Der verstorbene Ehemann der Klägerin war bei der Beklagten beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis bestand seit dem 1. Dezember 1989. Der Arbeitsvertrag vom 22. August 1989 war noch mit der S GmbH geschlossen worden. In diesem Arbeitsvertrag heißt es ua.:

        

„3.     

Gehaltsfortzahlung

        

...     

        
        

b)    

Sollten Sie, solange Sie sich in unseren Diensten befinden, sterben, werden an Ihren Sie überlebenden Ehepartner oder, falls beide Ehepartner verstorben sind, an Ihre Sie überlebenden, noch nicht volljährigen Kinder die Bezüge gemäß 2.a) für den Sterbemonat und für weitere 2 Monate ausgezahlt.

        

…       

        
        

4.    

Nebenleistungen

        

a)    

Bei der S GmbH existiert ein Pensionsplan, der zur Zeit überarbeitet wird. Wir sichern Ihnen zu, daß Sie durch den neuen Plan nicht schlechter gestellt werden als die Mitarbeiter unserer Muttergesellschaft, der L AG.“

4

Ein neuer Pensionsplan kam bei der S GmbH für vor dem 1. Januar 2002 eingetretene Mitarbeiter nicht zustande.

5

Die Versorgungsordnung der S GmbH vom November 1982 (im Folgenden VO S) enthält ua. die folgenden Regelungen:

        

„I.     

Versorgungszusage

        

1.    

Arbeitnehmer der Firma erhalten eine Zusage auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung (Versorgungszusage) vorausgesetzt, daß sie

                 

-       

in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis zur Firma stehen und

                 

-       

das 25. Lebensjahr vollendet haben.

        

…       

        
        

3.    

Keine Versorgungszusage erhalten Arbeitnehmer,

                 

-       

die bei ihrem letzten Diensteintritt in die Firma das 60. Lebensjahr bereits vollendet haben,

                 

…       

        
        

4.    

Arbeitnehmer, die eine Versorgungszusage erhalten, erwerben damit eine Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung.

                 

Sie werden nachfolgend ‚Mitarbeiter (Anwärter)‘ genannt.

        

II.     

Leistungen

        

1.    

Diese Versorgungszusage umfaßt folgende Leistungen (nachfolgend ‚Firmenrenten‘ genannt):

        

A l t e r s r e n t e ,

        

v o r z e i t i g e  A l t e r s r e n t e ,

        

I n v a l i d e n r e n t e ,

        

W i t w e n r e n t e .

        

2.    

Ein Anspruch auf Firmenrente wird erworben, wenn die Wartezeit (III) abgelaufen ist und die für die jeweilige Leistung erforderlichen Anspruchsvoraussetzungen (V, VI, VII) erfüllt sind.

        

III.   

Wartezeit

                 

Die Wartezeit ist abgelaufen, wenn der Anwärter eine anrechenbare Dienstzeit (XI 1) von mindestens fünf Jahren zurückgelegt und das 30. Lebensjahr vollendet hat.

        

IV.     

Feste Altersgrenze

                 

Die feste Altersgrenze ist bei Männern und Frauen mit der Vollendung des 65. Lebensjahres erreicht. …

        

V.    

Anspruchsvoraussetzungen für Altersrente …

        

1.    

Den Anspruch auf Altersrente erwirbt der Mitarbeiter (Anwärter), dessen Arbeitsverhältnis zur Firma m i t  oder n a c h Erreichen der festen Altersgrenze (IV) endet.

        

…       

        
        

VII.   

Anspruchsvoraussetzungen für Witwenrente

        

1.    

Den Anspruch auf Witwenrente erwirbt die hinterlassene Ehefrau eines Mitarbeiters (Anwärters) mit dessen Tode.

                 

Zusätzliche Anspruchsvoraussetzungen sind, daß der Mitarbeiter (Anwärter) die Ehe vor der Vollendung seines 60. Lebensjahres geschlossen hat und daß bereits am 1. Mai vor seinem Tode sowohl die Wartezeit (III) abgelaufen ist, als auch die Ehe mindestens ein Jahr bestanden hat.

        

…       

        
        

X.    

Höhe der Witwenrente

        

1.    

Bemessungsgrundlage für die Witwenrente ist

                 

-       

nach dem Tode eines Mitarbeiters (Anwärters) die ‚erreichbare Altersrente‘ (IX 1) und

                 

-       

nach dem Tode eines Rentenempfängers die Firmenrente, auf die er bei seinem Tode Anspruch gehabt hat.

        

2.    

Die Witwenrente beträgt 60 % der Bemessungsgrundlage nach Ziffer 1.

                 

Ist die hinterlassene Ehefrau mehr als 15 Jahre jünger als der verstorbene Ehemann, so wird die Witwenrente für jedes weitere volle Jahr des Altersunterschiedes um 5 % ihres Betrages gekürzt.

        

…       

        
        

XVI.   

Zahlung der Firmenrenten

        

1. a) 

Die Firmenrente wird jeweils am Ende eines Monats fällig, und zwar erstmals für den Monat, der auf den Erwerb des Anspruchs (V, VI, VII) folgt.

        

   …   

        
        

2. a) 

Der Anspruch auf Firmenrente ruht bis zum Ablauf des Monats, für den noch andere Bezüge aus einem Arbeitsverhältnis zur Firma gewährt werden, bis zur Höhe dieser Bezüge. …

        

3. a) 

Jede Firmenrente wird lebenslänglich gezahlt, jedoch endet

                 

-       

der Anspruch auf Invalidenrente mit dem Wegfall der Invalidität vor Erreichen der festen Altersgrenze (IV)

                 

-       

der Anspruch auf Witwenrente mit der Wiederverheiratung der Witwe.“

6

Im „Nachtrag zur Versorgungsordnung vom November 1982“ der S GmbH vom 15. September 1986 wurde der Anspruch auf Witwenrente auch auf Witwer ausgedehnt.

7

In der Pensionsordnung der L AG vom Oktober 1989 (im Folgenden PO L AG) ist ua. Folgendes geregelt:

        

㤠1

Berechtigte, Leistungsarten

        

1.    

Mitarbeiter im Sinne dieser Pensionsordnung sind alle Belegschaftsmitglieder der L AG, die keine einzelvertragliche Pensionszusage von der L AG erhalten bzw. erhalten haben. Mitarbeiter im Sinne dieser Pensionsordnung sind nicht …

        

2.    

Gewährt werden Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenpensionen.

        

…       

        
        

§ 4

Voraussetzungen für Hinterbliebenenpension

        

1.    

Hinterbliebenenpension (Witwen-, Witwer- und Waisenpension) wird gewährt, wenn für den verstorbenen Mitarbeiter im Zeitpunkt des Todes die Voraussetzungen auch unter Berücksichtigung von Absatz 3 für die Pensionsgewährung erfüllt waren. Die Witwen- (Witwer-) Pension wird mit Ablauf des Monats eingestellt, in dem die Witwe (der Witwer) sich wieder verheiratet.

        

2.    

Witwen- (Witwer-) Pension wird gewährt, wenn die Ehe vor Beginn der Alterspension des Mitarbeiters geschlossen wurde.

                 

Ist der Ehepartner mehr als 15 Jahre jünger als der Mitarbeiter, so wird die Witwen- (Witwer-) Pension für jedes volle Jahr, das diese Altersdifferenz übersteigt, um 5 % ihres Betrages gekürzt. Die Kürzung entfällt, wenn die Ehe zum Zeitpunkt des Todes mindestens 15 Jahre bestanden hat.

        

…       

        
        

§ 10

Höhe der Hinterbliebenenpension

        

1.    

Die Witwen- (Witwer-) Pension beträgt 60 % der Pension, die der Pensionsempfänger erhalten hat oder der Mitarbeiter erhalten hätte, wenn er im Zeitpunkt seines Ablebens Invalide geworden wäre.“

8

Unter dem 14. April 2008 schlossen der verstorbene Ehemann der Klägerin und die Beklagte einen „ Altersteilzeit-Arbeitsvertrag “. Dieser Vertrag enthält ua. die folgenden Vereinbarungen:

        

㤠1

Beginn der Altersteilzeitarbeit

                 

Das zwischen den Parteien bestehende Vollzeitarbeitsverhältnis wird in Abänderung und in Ergänzung des bestehenden Arbeitsvertrages mit Wirkung ab dem 01. Juli 2008 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis fortgeführt.

        

…       

        
        

§ 3

Arbeitszeit

                 

1.      

Die Arbeitszeit des Vertragspartners beträgt ab Beginn der Altersteilzeit während der Laufdauer dieses Vertrages die Hälfte seiner bisherigen individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit. Das sind nunmehr 19,5 Stunden/Woche.

                 

2.    

Die Arbeitszeit wird so verteilt, dass sie im ersten Abschnitt des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses vom 01. Juli 2008 bis 31. Mai 2010 voll geleistet (Arbeitsphase) und der Vertragspartner anschließend bis zum Ende des Beschäftigungsverhältnisses von der Arbeitsleistung freigestellt (Freistellungsphase) wird.

                 

…       

        

§ 9

Betriebliche Leistungen

                 

…       

        

4.    

Altersversorgung

                 

Die Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung werden nach Maßgabe der jeweiligen Pensionsordnungen auf der Grundlage des Bruttovollzeitarbeitsentgeltes ermittelt, das der Arbeitnehmer ohne Altersteilzeit erzielt hätte (fiktives Arbeitsentgelt). Ein versicherungsmathematischer Abschlag wird nicht vorgenommen.

        

…       

        
        

§ 12

Ende des Beschäftigungsverhältnisses

                 

1. Das Beschäftigungsverhältnis endet ohne Kündigung am 30. April 2012.“

9

Mit Schreiben vom 4. Januar 2011 teilte die L AG der Klägerin unter dem Betreff „Hinterbliebenenzahlung“ Folgendes mit:

        

„…,     

        

wie Sie bereits wissen, bekommen Sie von uns ab dem 15.12.2010 eine Hinterbliebenenzahlung bis zum Beginn der Firmen-Witwenrente ab 01.03.2011.

        

Damit wir diese Hinterbliebenen-Abrechnung durchführen können, benötigen wir noch folgende Informationen bzw. Unterlagen von Ihnen:

        

…       

        

Aus der Altersteilzeit von Hr. G ist noch ein Wertguthaben i.H. von netto … Euro vorhanden. Dieses Wertguthaben ist an den Erbberechtigten nach Vorlage des Erbscheins auszuzahlen.

        

Deshalb bitten wir ebenfalls um Zusendung eines Original-Erbscheins, damit dieses Wertguthaben entsprechend zur Auszahlung gebracht werden kann.

        

…“    

10

Mit Schreiben vom 6. Mai 2011 wandte sich die Beklagte an die Klägerin und teilte dieser unter dem Betreff „Sterbefall: Herr G/Firmenpension“ mit:

        

„…,     

        

aufgrund Ihres Anrufes mit dem Hinweis auf den Punkt 4a im Anstellungsvertrag vom 22.08.1989 des Herrn G haben wir den Sachverhalt wegen einer möglichen Änderung in den Pensions-Richtlinien der S-L GmbH noch mal überprüft.

        

Die im Anstellungsvertrag angesprochene Überarbeitung des Pensionsplans der S-L GmbH war zwar zum damaligen Zeitpunkt geplant, ist dann aber nie realisiert worden. Es wurde nur für neu eingetretene Mitarbeiter ab dem 01.01.2002 eine neue Pensionsordnung ins Leben gerufen, diese gilt aber nur für neue Mitarbeiter, nicht für den Mitarbeiterbestand bis zum 31.12.2001.

        

Demzufolge galt die Versorgungsordnung vom 01.07.1982 weiterhin für Herrn G und damit waren die Voraussetzungen für eine Firmen-Witwenpension der S-L GmbH leider nicht erfüllt.

        

…“    

11

Ausweislich der von der Beklagten im Verlaufe des Rechtsstreits erstellten fiktiven „Berechnung der Witwenpension für Frau G, geb. 10.10.1956“ vom 24. Oktober 2011 beläuft sich ein etwaiger Anspruch der Klägerin auf Witwenpension nach der VO S auf monatlich 723,49 Euro brutto.

12

Die Klägerin hat - soweit für die Revision von Bedeutung - die Auffassung vertreten, die Beklagte sei nach der VO S verpflichtet, an sie ab dem Monat März 2011 eine Witwenrente iHv. monatlich 723,49 Euro brutto zu zahlen. Die unter VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S aufgeführte Bestimmung, wonach der Mitarbeiter die Ehe vor der Vollendung seines 60. Lebensjahres geschlossen haben muss, stehe ihrem Anspruch nicht entgegen. Dies folge bereits aus Ziff. 4 Buchst. a des Arbeitsvertrags vom 22. August 1989. Diese Bestimmung des Arbeitsvertrags enthalte das Versprechen, dass ihr verstorbener Ehemann im Hinblick auf die Hinterbliebenenversorgung genau so behandelt werde, wie die Versorgungsberechtigten der L AG, deren Pensionsvereinbarung eine Spätehenklausel nicht enthalte. Zudem habe die Beklagte ihr das Bestehen eines Anspruchs auf Witwenrente mit Schreiben vom 4. Januar 2011 bestätigt. Dieses Schreiben stelle ein konstitutives Schuldversprechen bzw. Schuldanerkenntnis, zumindest ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis dar mit der Folge, dass die Beklagte ihr die Spätehenklausel in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S nicht entgegenhalten könne. Jedenfalls sei die Spätehenklausel wegen Verstoßes gegen § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Sie bewirke eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters, die nicht nach § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG gerechtfertigt werden könne. Diese Bestimmung sei auf die Hinterbliebenenversorgung nicht, auch nicht analog anwendbar. Die Voraussetzungen für die Rechtfertigung einer unmittelbaren Benachteiligung wegen des Alters nach § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG lägen nicht vor.

13

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie rückständige Witwenrente für die Monate März 2011 bis Dezember 2012 iHv. insgesamt 15.916,78 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 723,49 Euro seit dem jeweiligen Ersten des Folgemonats, beginnend mit dem 1. April 2011 und endend mit dem 1. Januar 2013 zu zahlen,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie ab dem 1. Januar 2013 lebenslang zum Ende eines jeden Monats eine monatliche Witwenrente iHv. 723,49 Euro brutto zu zahlen,

        

hilfsweise zu 1. und 2.,

        

festzustellen, dass die Beklagte ihr beginnend mit dem 1. März 2011 eine betriebliche Witwenrente nach der Versorgungsordnung der S GmbH von November 1982 unter Berücksichtigung des Nachtrags vom 15. September 1986 iHv. kalendermonatlich derzeit 723,49 Euro brutto zu zahlen hat.

14

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, die Klägerin könne eine Witwenrente nicht beanspruchen, da die Ehe entgegen der in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S getroffenen Bestimmung erst nach Vollendung des 60. Lebensjahres des verstorbenen Ehemannes der Klägerin geschlossen worden sei. Aus dem Arbeitsvertrag vom 22. August 1989 folge nichts Abweichendes. Die Zusage, dass der verstorbene Ehemann der Klägerin nicht schlechter gestellt werde als die Mitarbeiter der L AG, sei nur für den Fall gemacht worden, dass ein „neuer“ Plan erarbeitet werde. Ein Anspruch auf Anwendung bestimmter Regelungen der PO L AG ergebe sich hieraus nicht. Die Spätehenklausel in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S sei zudem nicht gemäß § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Sie bewirke keine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters. Ihre Rechtsvorgängerin habe mit der Spätehenklausel den Zweck verfolgt, nicht noch kurz vor dem Versorgungsfall hohe Rückstellungen bilden zu müssen. Hierdurch habe das Risiko unkalkulierbarer zusätzlicher Versorgungsansprüche ausgeschlossen werden sollen, um die Finanzierbarkeit der bestehenden Versorgungsansprüche der Arbeitnehmer zu gewährleisten. Sollte sich die Spätehenklausel in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S als unwirksam erweisen, müssten ggf. Zusagen für künftige Mitarbeiter reduziert werden, da unkalkulierbare, später eingetretene Ereignisse (wie weitere Leistungsberechtigte) die Finanzierung der Betriebsrenten ins Ungleichgewicht führen könnten. Auch die Bestimmung der Altersgrenze auf das 60. Lebensjahr sei nicht zu beanstanden. Die zeitliche Grenze von 60 Jahren knüpfe an die Nähe zum Versorgungsalter an und lege mithin den Zeitraum fest, ab dem neue biometrische Risiken nicht mehr begründet werden sollen. Im Übrigen wirke sich aus, dass nach der unter I Ziff. 3 der VO S getroffenen Bestimmung Arbeitnehmer, die bei ihrem letzten Diensteintritt in die Firma das 60. Lebensjahr bereits vollendet hatten, von Versorgungsleistungen insgesamt ausgeschlossen seien. Vor diesem Hintergrund sei die Anknüpfung an die Eheschließung vor der Vollendung des 60. Lebensjahres für Ansprüche auf Hinterbliebenenrente erst recht nicht zu beanstanden.

15

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin nunmehr folgende Anträge:

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie rückständige Betriebsrente für die Monate März 2011 bis Mai 2013 iHv. insgesamt 19.534,23 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 723,49 Euro seit dem jeweiligen Ersten des jeweiligen Folgemonats, beginnend mit dem 1. April 2011 und endend mit dem 1. Juni 2013 zu zahlen,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie ab dem 1. Juni 2013 lebenslang zum Ende eines jeden Monats eine monatliche Witwenrente iHv. 723,49 Euro brutto zu zahlen,

        

3.    

hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte ihr beginnend mit dem 1. März 2011 eine betriebliche Witwenrente nach der Versorgungsordnung der S GmbH von November 1982 unter Berücksichtigung des Nachtrags vom 15. September 1986 iHv. monatlich 723,49 Euro brutto zu zahlen hat.

16

Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

17

Die zulässige Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage mit den Hauptanträgen zu Unrecht abgewiesen. Die Hauptanträge zu 1. und 2. sind zulässig und begründet. Einer Entscheidung über den Hilfsantrag der Klägerin bedarf es deshalb nicht.

18

A. Die Klage ist zulässig.

19

I. Dies gilt auch für den Hauptantrag zu 2. Der Klageantrag zu 2. ist auf die Zahlung wiederkehrender Leistungen iSd. § 258 ZPO gerichtet. Bei wiederkehrenden Leistungen, die - wie Betriebsrentenansprüche - von keiner Gegenleistung abhängen, können gemäß § 258 ZPO grundsätzlich auch künftig fällig werdende Teilbeträge eingeklagt werden. Im Gegensatz zu § 259 ZPO muss nicht die Besorgnis bestehen, der Schuldner werde sich der rechtzeitigen Leistung entziehen(vgl. etwa BAG 10. Februar 2015 - 3 AZR 37/14 - Rn. 17; 17. Juni 2014 - 3 AZR 529/12 - Rn. 21 mwN).

20

II. Der Zulässigkeit der Klage mit den Hauptanträgen steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin ihren Hauptantrag zu 1. um rückständige Witwenrente für die Zeit von Januar 2013 bis Mai 2013 erweitert hat und dementsprechend mit ihrem Hauptantrag zu 2. künftige Leistungen erst ab dem 1. Juni 2013 verlangt.

21

Zwar sind Klageänderungen in der Revisionsinstanz grundsätzlich unzulässig. Antragsänderungen können allerdings aus prozessökonomischen Gründen jedenfalls zugelassen werden, wenn es sich dabei um Fälle des § 264 Nr. 2 ZPO handelt, der neue Sachantrag sich auf den in der Berufungsinstanz festgestellten Sachverhalt stützt und berechtigte Interessen des Gegners nicht beeinträchtigt werden(BAG 18. September 2007 - 3 AZR 560/05 - Rn. 14; 25. April 2006 - 3 AZR 184/05 - Rn. 13; 27. Januar 2004 - 1 AZR 105/03 - zu III der Gründe; 26. August 2003 - 3 AZR 431/02 - zu A der Gründe, BAGE 107, 197).

22

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Klägerin hat ihren Hauptantrag zu 1. um bis zum Zeitpunkt der Revisionsbegründung fällig gewordene monatliche Beträge und damit lediglich quantitativ erweitert und dementsprechend ihren Hauptantrag zu 2. eingeschränkt, ohne dass sich irgendetwas an dem bisherigen Klagegrund geändert hätte, § 264 Nr. 2 ZPO.

23

B. Die Klage mit den Hauptanträgen zu 1. und 2. ist begründet. Die Beklagte ist nach VII Ziff. 1 der VO S verpflichtet, an die Klägerin ab dem Monat März 2011 eine Witwenrente iHv. unstreitig monatlich 723,49 Euro brutto nebst eingeklagter Zinsen zu zahlen.

24

I. Die S GmbH hatte dem verstorbenen Ehemann der Klägerin eine Versorgung nach der VO S zugesagt, die auch eine Witwenversorgung umfasste. Da dieser bis zu seinem Tode am 14. Dezember 2010 bei der Beklagten beschäftigt war, ist für den Anspruch der Klägerin auf Witwenrente VII Ziff. 1 der VO S maßgeblich, nach dessen Satz 1 die hinterlassene Ehefrau eines Mitarbeiters (Anwärters) den Anspruch mit dessen Tode erwirbt.

25

II. Die Klägerin erfüllt auch die zusätzlichen Voraussetzungen für den Bezug einer Witwenrente ab dem Monat März 2011 nach VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S. Die Wartezeit nach III der VO S von fünf Jahren war bereits am 1. Dezember 1994 und damit Jahre vor dem maßgeblichen Datum 1. Mai 2010 erfüllt. Zudem hatte zu diesem Zeitpunkt die am 8. August 2008 geschlossene Ehe mindestens ein Jahr bestanden.

26

Dass die Ehe zwischen der Klägerin und ihrem verstorbenen Ehemann entgegen der in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S getroffenen Bestimmung erst geschlossen wurde, nachdem dieser sein 60. Lebensjahr vollendet hatte, steht dem Anspruch der Klägerin nicht entgegen. Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin hatten ihr verstorbener Ehemann und die S GmbH die in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S enthaltene Spätehenklausel zwar nicht durch Ziff. 4 Buchst. a des Arbeitsvertrags vom 22. August 1989 abbedungen; ebenso wenig hatte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 4. Januar 2011 unabhängig von den Bestimmungen der VO S eine Witwenrente zugesagt oder den Anspruch der Klägerin auf Witwenrente anerkannt; die Spätehenklausel in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S ist jedoch gemäß § 7 Abs. 2 AGG unwirksam, da sie eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters nach §§ 1, 3 Abs. 1 Satz 1, § 7 Abs. 1 AGG bewirkt, die nicht nach § 10 AGG gerechtfertigt ist.

27

1. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat, hatten der verstorbene Ehemann der Klägerin und die S GmbH die in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S enthaltene Spätehenklausel nicht durch Ziff. 4 Buchst. a des Arbeitsvertrags vom 22. August 1989 abbedungen.

28

a) Das Landesarbeitsgericht hat diese Bestimmung des Arbeitsvertrags des verstorbenen Ehemannes der Klägerin vom 22. August 1989 dahin ausgelegt, dass die in der PO L AG niedergelegten Versorgungsbedingungen als Mindeststandard nur für den Fall der Überarbeitung der VO S garantiert wurden.

29

b) Diese Auslegung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wobei dahinstehen kann, ob es sich bei den im Arbeitsvertrag vom 22. August 1989 getroffenen Vereinbarungen um atypische oder typische Willenserklärungen, mithin um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts hält auch einer unbeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

30

aa) Atypische Willenserklärungen sind nach §§ 133, 157 BGB so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen müssen. Dabei ist vom Wortlaut auszugehen, zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind jedoch auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Vor allem sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Die Auslegung individueller Willenserklärungen kann der Senat als Revisionsgericht nur daraufhin überprüfen, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt, gegen Denk- und Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen hat (BAG 15. Juni 2010 - 3 AZR 994/06 - Rn. 26 f.; 11. Dezember 2001 - 3 AZR 334/00 - zu I 2 a aa der Gründe).

31

bb) Demgegenüber sind Allgemeine Geschäftsbedingungen nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen obliegt auch dem Revisionsgericht (BAG 10. Dezember 2013 - 3 AZR 715/11 - Rn. 17; 25. Juni 2013 - 3 AZR 219/11 - Rn. 19 mwN, BAGE 145, 314).

32

cc) Die Auslegung von Ziff. 4 Buchst. a des Arbeitsvertrags vom 22. August 1989 durch das Landesarbeitsgericht hält auch einer unbeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

33

Der verstorbene Ehemann der Klägerin und die S GmbH haben unter Ziff. 4 Buchst. a des Arbeitsvertrags vom 22. August 1989 zunächst auf den bei der S GmbH bestehenden Pensionsplan, und damit auf die VO S Bezug genommen. Ferner enthält Ziff. 4 Buchst. a des Arbeitsvertrags die Formulierung, dass dieser Plan „zur Zeit überarbeitet“ wird. Hierbei handelt es sich erkennbar nur um einen Hinweis. Daher konnte die in Ziff. 4 Buchst. a Satz 2 des Arbeitsvertrags zudem enthaltene Zusicherung, der verstorbene Ehemann der Klägerin werde durch den neuen Plan nicht schlechter gestellt als die Mitarbeiter der Muttergesellschaft, der L AG, bei verständiger Würdigung nur so verstanden werden, dass diese Zusicherung nur gelten sollte, wenn ein neuer Pensionsplan tatsächlich zustande kommen würde. Vor diesem Hintergrund kann Ziff. 4 Buchst. a des Arbeitsvertrags des verstorbenen Ehemannes der Klägerin insbesondere nicht dahin ausgelegt werden, dass für dessen Ansprüche auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung die jeweils günstigeren Regelungen der VO S und der PO L AG Anwendung finden sollen.

34

2. Wie das Landesarbeitsgericht ebenfalls in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen hat, hat die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 4. Januar 2011 weder unabhängig von den Bestimmungen der VO S eine Witwenrente zugesagt noch den Anspruch der Klägerin auf Witwenrente anerkannt. Das Schreiben der Beklagten vom 4. Januar 2011 enthält in Bezug auf die Witwenrente weder ein konstitutives abstraktes Schuldversprechen iSv. § 780 BGB bzw. konstitutives abstraktes Schuldanerkenntnis iSv. § 781 BGB, noch ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis, aufgrund dessen der Beklagten eine Berufung auf die Spätehenklausel verwehrt wäre.

35

Das Schreiben der Beklagten vom 4. Januar 2011 enthielte nur dann ein selbständiges abstraktes Schuldversprechen iSv. § 780 BGB bzw. ein selbständig verpflichtendes Schuldanerkenntnis iSv. § 781 BGB, wenn sich ihm im Wege der Auslegung der Wille der Beklagten entnehmen ließe, eine selbständige, von den zugrunde liegenden Rechtsbeziehungen - hier: den Bestimmungen der VO S - losgelöste Verpflichtung zur Zahlung einer Witwenrente an die Klägerin zu übernehmen(vgl. etwa BGH 14. Januar 2008 - II ZR 245/06 - Rn. 15 mwN; 7. Dezember 2004 - XI ZR 361/03 - zu II 2 b aa der Gründe, BGHZ 161, 273; 14. Oktober 1998 - XII ZR 66/97 - zu 2 b der Gründe mwN). Ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis stellte das Schreiben der Beklagten vom 4. Januar 2011 nur dann dar, wenn seine Auslegung ergäbe, dass die Parteien das Versorgungsverhältnis ganz oder teilweise dem Streit oder der Ungewissheit entziehen und es endgültig festlegen wollten (vgl. BGH 28. Mai 2014 - XII ZR 6/13 - Rn. 26; 12. März 2009 - IX ZB 157/08 - Rn. 2; 11. Januar 2007 - VII ZR 165/05 - Rn. 8 mwN; vgl. BAG 27. Februar 2014 - 6 AZR 931/12 - Rn. 40; 13. März 2002 - 5 AZR 43/01 - zu II 2 a der Gründe). Sowohl ein selbständiges abstraktes Schuldversprechen iSv. § 780 BGB bzw. ein selbständig verpflichtendes Schuldanerkenntnis iSv. § 781 BGB als auch ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis setzen demnach einen Rechtsbindungswillen voraus. Daran fehlt es, soweit der Schuldner lediglich eine Mitteilung macht. Dann handelt es sich allenfalls um eine rein deklaratorische Wissenserklärung ohne Rechtsbindungswillen und nicht um eine Willenserklärung (vgl. etwa BAG 14. Februar 2012 - 3 AZR 685/09 - Rn. 59; 23. August 2011 - 3 AZR 669/09 - Rn. 15 für die Auskunft nach § 4a Abs. 1 Nr. 1 BetrAVG; 29. September 2010 - 3 AZR 546/08 - Rn. 19 mwN für den Bescheid nach § 9 Abs. 1 BetrAVG). Das Landesarbeitsgericht ist mit naheliegender Begründung davon ausgegangen, dass es an einem solchen Rechtsbindungswillen hier fehlt. Unter Zugrundelegung des eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfungsmaßstabs (oben B II 1 b aa) ist daher davon auszugehen, dass sich dem Schreiben vom 4. Januar 2011 ein Angebot der Beklagten, an die Klägerin ab dem 1. März 2011 ungeachtet der in der VO S bestimmten Versorgungsbedingungen eine Witwenrente zu zahlen, nicht entnehmen lässt.

36

3. Entgegen der Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts bewirkt die in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S enthaltene Voraussetzung, dass die Ehe vor der Vollendung des 60. Lebensjahres durch den Versorgungsberechtigten geschlossen sein muss, eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters nach §§ 1, 3 Abs. 1 Satz 1, § 7 Abs. 1 AGG, die nicht nach § 10 AGG gerechtfertigt und deshalb nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam ist.

37

a) Das AGG ist anwendbar.

38

aa) Das AGG gilt trotz der in § 2 Abs. 2 Satz 2 enthaltenen Verweisung auf das Betriebsrentengesetz auch für die betriebliche Altersversorgung, soweit das Betriebsrentengesetz nicht vorrangige Sonderregelungen enthält(BAG 11. Dezember 2007 - 3 AZR 249/06 - Rn. 22, BAGE 125, 133). Letzteres ist nicht der Fall.

39

bb) Das AGG ist auch in zeitlicher Hinsicht anwendbar. Seine Anwendung setzt voraus, dass unter seinem zeitlichen Geltungsbereich ein Rechtsverhältnis zwischen dem Versorgungsberechtigten und dem Versorgungsschuldner bestand. Dabei ist auf den Beschäftigten (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGG) und nicht auf den Hinterbliebenen abzustellen (BAG 15. Oktober 2013 - 3 AZR 653/11 - Rn. 31 mwN). Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des AGG am 18. August 2006 (vgl. Art. 4 Satz 1 des Gesetzes zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung vom 14. August 2006 - BGBl. I S. 1897) stand der Ehemann der Klägerin noch im Arbeits- und damit in einem Rechtsverhältnis zur Beklagten.

40

b) Nach § 7 Abs. 1 Halbs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen der in § 1 AGG genannten Gründe, ua. wegen des Alters, benachteiligt werden. Unzulässig sind unmittelbare und mittelbare Benachteiligungen. Eine unmittelbare Benachteiligung ist nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG gegeben, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation. Nach § 3 Abs. 2 AGG liegt eine mittelbare Benachteiligung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich. Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen, sind nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam(vgl. etwa BAG 18. März 2014 - 3 AZR 69/12 - Rn. 17, BAGE 147, 279; 12. November 2013 - 3 AZR 356/12 - Rn. 20 mwN).

41

c) Die in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S enthaltene Anspruchsvoraussetzung, dass die Ehe vor der Vollendung des 60. Lebensjahres durch den Versorgungsberechtigten geschlossen wurde, bewirkt eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters iSd. §§ 1, 3 Abs. 1 Satz 1 und § 7 AGG, wobei auch für die Beurteilung, ob eine Diskriminierung vorliegt, auf den Beschäftigten(§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGG) und nicht auf den Hinterbliebenen abzustellen ist (vgl. etwa BAG 15. September 2009 - 3 AZR 294/09 - Rn. 28). Die Regelung knüpft unmittelbar an die Überschreitung des 60. Lebensjahres an und führt dazu, dass Mitarbeiter, die die Ehe erst nach Vollendung des 60. Lebensjahres schließen, von der Witwenversorgung vollständig ausgeschlossen sind. Damit erfahren Mitarbeiter, die - wie der verstorbene Ehemann der Klägerin - die Ehe schließen, nachdem sie das 60. Lebensjahr vollendet haben, wegen ihres Alters eine ungünstigere Behandlung.

42

d) Die durch die Spätehenklausel bewirkte Ungleichbehandlung ist nicht nach § 10 AGG sachlich gerechtfertigt.

43

aa) Nach § 10 Satz 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen nach § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein. § 10 Satz 3 AGG enthält eine Aufzählung von Tatbeständen, wonach derartige unterschiedliche Behandlungen insbesondere gerechtfertigt sein können. Nach § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG ist dies der Fall bei der Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten und die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen. Indem der Gesetzgeber den in Nr. 4 geregelten Tatbestand in die Rechtfertigungsgründe des § 10 Satz 3 AGG eingeordnet hat, hat er zum Ausdruck gebracht, dass die Festsetzung von Altersgrenzen für den Anspruch auf Leistungen aus den dort aufgeführten betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit grundsätzlich objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG gerechtfertigt ist. Da eine solche Altersgrenze in der jeweiligen Versorgungsregelung festzusetzen ist, muss die konkret gewählte Altersgrenze allerdings iSv. § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein(vgl. etwa BAG 9. Dezember 2014 - 1 AZR 102/13 - Rn. 25; 18. März 2014 - 3 AZR 69/12 - Rn. 20, BAGE 147, 279; 12. November 2013 - 3 AZR 356/12 - Rn. 22 mwN).

44

bb) § 10 AGG dient der Umsetzung von Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG L 303 vom 2. Dezember 2000 S. 16, im Folgenden Richtlinie 2000/78/EG) in das nationale Recht. Die Bestimmung ist mit Unionsrecht vereinbar (vgl. im Einzelnen etwa BAG 18. März 2014 - 3 AZR 69/12 - Rn. 21 ff., BAGE 147, 279; 12. November 2013 - 3 AZR 356/12 - Rn. 23 mwN).

45

cc) Die durch die Spätehenklausel in VII Ziff. 1 Satz 2 VO S bewirkte Ungleichbehandlung wegen des Alters kann nicht nach § 10 Satz 3 Nr. 4 iVm. Satz 2 AGG gerechtfertigt werden.

46

(1) Einschlägig ist hier allein die in § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG aufgeführte Fallgruppe der „Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für den Bezug von Leistungen“. Es geht weder darum, ob der verstorbene Ehemann der Klägerin überhaupt einen Anspruch auf Leistungen nach der VO S hat und damit nicht um die „Mitgliedschaft“ im Versorgungssystem, noch um die Durchführung versicherungsmathematischer Berechnungen innerhalb des Versorgungssystems. Vielmehr legt die VO S in VII Ziff. 1 Satz 2 besondere Voraussetzungen für den Bezug einer Witwenrente fest.

47

(2) § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG knüpft für die Fallgruppe der „Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für den Bezug von Leistungen“ bereits von seinem Wortlaut her ausschließlich an die Risiken „Alter“ und „Invalidität“ und nicht an das Risiko des „Todes“ an und erfasst deshalb ausschließlich die Alters- und Invaliditätsversorgung, nicht jedoch die Hinterbliebenenversorgung und damit auch nicht die Witwenversorgung, um die es vorliegend geht.

48

(3) Dass eine Hinterbliebenenversorgung regelmäßig nur dann versprochen wird, wenn auch eine Altersversorgung zugesagt ist und dass sich die Höhe einer Witwen- und Witwerversorgung regelmäßig an der Höhe der betrieblichen Altersrente oder - sofern versprochen - der Invaliditätsrente orientiert, die Witwen- und Witwerrente demnach regelmäßig in einem bestimmten Abhängigkeitsverhältnis zur Alters- und Invaliditätsrente steht, führt entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten nicht dazu, dass die Witwen- und Witwerrente als „Annex“ von der in § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG aufgeführten Alters- bzw. Invaliditätsrente miterfasst würde. Dies folgt aus einer unionsrechtskonformen Auslegung der Bestimmung.

49

Mit § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG hat der nationale Gesetzgeber von der Ermächtigung in Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG Gebrauch gemacht und diese Bestimmung in nationales Recht umgesetzt. Danach können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit die Festsetzung von Altersgrenzen als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen bzw. Kategorien von Beschäftigten und die Verwendung im Rahmen dieser Systeme von Alterskriterien für versicherungsmathematische Berechnungen keine Diskriminierung wegen des Alters darstellt, solange dies nicht zu Diskriminierungen wegen des Geschlechts führt. Die Auslegung von § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG hat deshalb unionsrechtskonform iSv. Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG zu erfolgen.

50

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat zu Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG mit Urteilen vom 26. September 2013 (- C-546/11 - [Dansk Jurist] Rn. 39 bis 43; - C-476/11 - [HK Danmark] Rn. 44 bis 48) erkannt, diese Bestimmung sei dahin auszulegen, dass sie nur auf eine Altersrente oder Leistungen bei Invalidität eines betrieblichen Systems der sozialen Sicherheit anwendbar ist. Sie gilt danach also nur für ein betriebliches System der sozialen Sicherheit, das die Risiken von „Alter“ und „Invalidität“ abdeckt. Eine Auslegung dahin, dass diese Vorschrift für alle Arten von betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit gilt, stellt danach einen Verstoß gegen das Erfordernis dar, die Vorschrift eng auszulegen und würde eine unzulässige Ausdehnung ihres Geltungsbereichs bewirken.

51

(4) Entgegen ihrer Rechtsauffassung kann die Beklagte aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Mai 2009 (- 8 CN 1.09 - BVerwGE 134, 99) für eine Anwendung von § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG auf die in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S geregelte Spätehenklausel nichts zu ihren Gunsten ableiten. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in dieser Entscheidung die Invaliditätsversorgung als von Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG erfasst betrachtet; es hat ausgeführt, die Zulässigkeit der Ungleichbehandlung wegen des Alters sei in Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG zwar ausdrücklich nur für den Bezug von Alters- und Invaliditätsrente geregelt, nicht hingegen für die Hinterbliebenenrente. Die Hinterbliebenenrente leite sich jedoch zwingend von der Alters- und Invaliditätsrente ab und lehne sich anteilig an. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist jedoch vor der gegenteiligen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ergangen.

52

dd) Die durch die Spätehenklausel in VII Ziff. 1 Satz 2 VO S bewirkte Ungleichbehandlung wegen des Alters kann auch nicht in erweiternder Auslegung von § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG oder in analoger Anwendung von § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG gerechtfertigt werden.

53

(1) Zwar heißt es in § 10 Satz 3 AGG, dass derartige unterschiedliche Behandlungen „insbesondere“ die unter den Nr. 1 bis 6 aufgeführten Fälle einschließen können. Damit zählt § 10 Satz 3 AGG seinem Wortlaut nach nur Beispielsfälle auf und enthält keinen abschließenden Katalog von Anwendungsfällen denkbarer Rechtfertigungen für eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters(vgl. etwa BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 429/11 - Rn. 45; 25. Februar 2010 - 6 AZR 911/08 - Rn. 35, BAGE 133, 265; 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 40, BAGE 129, 181). Dennoch ist die Verwendung von Alterskriterien in den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für den Bezug von Leistungen im Todesfall, mithin für den Bezug einer Witwen- und Witwerrente, kein denkbarer - über die ausdrücklich genannten Beispielsfälle hinausgehender - Anwendungsfall einer Rechtfertigung iSv. § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG. Eine ergänzende Auslegung dieser Bestimmung dahin, dass sie auch die Festsetzung von Altersgrenzen in Betriebsrentensystemen als Voraussetzung für den Bezug einer Hinterbliebenenrente erfasst oder eine analoge Anwendung von § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG auf solche Altersgrenzen scheidet aus. Dies folgt ebenfalls aus einer unionsrechtskonformen Auslegung von § 10 Satz 3 AGG im Lichte von Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG.

54

(2) Nur Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG enthält - wie die Verwendung des Begriffs „insbesondere“ verdeutlicht - einen nicht abschließenden Katalog von Anwendungsfällen denkbarer Rechtfertigungen für eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters iSd. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie (EuGH 18. November 2010 - C-250/09 und C-268/09 - [Georgiev] Rn. 36, Slg. 2010, I-11869). Demgegenüber hat der Unionsgesetzgeber eine mögliche Rechtfertigung einer unmittelbaren Diskriminierung wegen des Alters bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit nicht in den Beispielkatalog von Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG aufgenommen, sondern in Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG einer eigenständigen Regelung zugeführt. Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG, der es den Mitgliedstaaten gestattet, eine Ausnahme vom Verbot der Diskriminierung aus Gründen des Alters vorzusehen, ist nicht nur eng auszulegen(EuGH 26. September 2013 - C-546/11 - [Dansk Jurist] Rn. 41; 26. September 2013 - C-476/11 - [HK Danmark] Rn. 46), sondern auch abschließend. Eine Ausnahme von dem Verbot der Diskriminierung wegen des Alters iSv. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG ist bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit ausschließlich in den in Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG ausdrücklich genannten Fällen möglich. Hätte der Unionsgesetzgeber den Geltungsbereich dieser Bestimmung über die dort genannten Fälle hinaus ausdehnen wollen, hätte er dies - wie in Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG geschehen - durch eine eindeutige Formulierung, zB unter Verwendung des Adverbs „insbesondere“ getan (EuGH 26. September 2013 - C-546/11 - [Dansk Jurist] Rn. 39; 26. September 2013 - C-476/11 - [HK Danmark] Rn. 44).

55

ee) Die durch die Spätehenklausel in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S bewirkte unmittelbare Ungleichbehandlung des verstorbenen Ehemannes der Klägerin wegen des Alters ist auch nicht nach § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG gerechtfertigt. Nach § 10 Satz 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters gestattet, wenn diese objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist; nach § 10 Satz 2 AGG müssen die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sein. Es kann vorliegend dahinstehen, ob die durch die Spätehenklausel bewirkte Ungleichbehandlung der Versorgungsberechtigten wegen des Alters durch ein legitimes Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG gerechtfertigt ist. Jedenfalls ist die Altersgrenze von 60 Jahren in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S zur Erreichung der mit ihr verfolgten Ziele nicht angemessen und erforderlich iSv. § 10 Satz 2 AGG.

56

(1) Es kann offenbleiben, ob die durch VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S bewirkte Ungleichbehandlung wegen des Alters durch ein legitimes Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG gerechtfertigt ist.

57

(a) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat nicht nur erkannt, dass legitime Ziele iSv. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG wegen der als Beispiele genannten Bereiche Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung solche aus dem Bereich „Arbeits- und Sozialpolitik“ sind (vgl. EuGH 26. Februar 2015 - C-515/13 - [Ingeniørforengingen i Danmark] Rn. 19; 28. Januar 2015 - C-417/13 - [Starjakob] Rn. 34; 26. September 2013 - C-546/11 - [Dansk Jurist] Rn. 50; 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] Rn. 81, Slg. 2011, I-8003; 18. Juni 2009 - C-88/08 - [Hütter] Rn. 41, Slg. 2009, I-5325; 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 46, Slg. 2009, I-1569; 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 33, Slg. 2010, I-9343; 12. Oktober 2010 - C-45/09 - [Rosenbladt] Rn. 41, Slg. 2010, I-9391; 16. Oktober 2007 - C-411/05 - [Palacios de la Villa] Rn. 68, Slg. 2007, I-8531; 22. November 2005 - C-144/04 - [Mangold] Rn. 63, Slg. 2005, I-9981; vgl. auch BVerfG 24. Oktober 2011 - 1 BvR 1103/11 - Rn. 15). Er hat zudem mit Urteil vom 26. September 2013 (- C-476/11 - [HK Danmark]) ausgeführt, dass auch Ziele im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik, die ein Arbeitgeber mit einer im Arbeitsvertrag vorgesehenen betrieblichen Altersvorsorge anstrebt, legitime Ziele iSv. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG sein können. Gleichzeitig hat er die Legitimität der Ziele für den Fall bejaht, dass diese im Rahmen sozial-, beschäftigungs- und arbeitsmarktpolitischer Belange den Interessen aller Beschäftigten Rechnung tragen, um diesen bei Eintritt in den Ruhestand eine Altersversorgung in angemessener Höhe zu gewährleisten (EuGH 26. September 2013 - C-476/11 - [HK Danmark]). Da nach alledem legitime Ziele iSv. Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG allerdings nur solche im Rahmen sozial-, beschäftigungs- und arbeitsmarktpolitischer Belange sind, die den Interessen der Beschäftigten Rechnung tragen, können Ziele, die ausschließlich im Eigeninteresse des Arbeitgebers liegen, wie Kostenreduzierung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, eine Diskriminierung wegen des Alters nicht nach § 10 Satz 1 AGG rechtfertigen(vgl. etwa BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 790/12 - Rn. 26, BAGE 147, 89).

58

(b) Ob die mit der unter VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S getroffenen Spätehenklausel bewirkte Diskriminierung wegen des Alters durch ein legitimes Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG gerechtfertigt ist, ist zweifelhaft.

59

(aa) Die Beklagte hatte sich bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz ausschließlich darauf berufen, ihre Rechtsvorgängerin habe mit der Spätehenklausel das Ziel verfolgt, nicht noch kurz vor dem Versorgungsfall hohe Rückstellungen bilden zu müssen. Es habe das Risiko unkalkulierbarer zusätzlicher Versorgungsansprüche ausgeschlossen werden sollen, um die Finanzierbarkeit bestehender Versorgungsansprüche der Arbeitnehmer zu gewährleisten. Im ungünstigsten Fall müssten Zusagen für künftige Mitarbeiter reduziert werden, da unkalkulierbare, später eingetretene Ereignisse (wie weitere Leistungsberechtigte) die Finanzierung der Betriebsrenten ins Ungleichgewicht führen könnten. In der Revision hat sie zudem ausgeführt, die Rückstellungen für die Altersversorgung beruhten auf versicherungsmathematischen Berechnungen, die sich ihrerseits an die Sterbetafeln anlehnten. Diese Berechnungen hätten mit der Spätehenklausel abgesichert werden sollen; es sei darum gegangen, unkalkulierbare Risiken zu vermeiden. Das Risiko einer höheren Kostenlast verwirkliche sich bei einer Heirat im hohen Lebensalter allein dadurch, dass der Altersunterschied der Eheleute immer größer werde und die Versorgungsleistungen deshalb über einen längeren Zeitraum erbracht werden müssten. Welchen Weg ein Arbeitgeber zur Minimierung des Risikos von Spätehen wähle, ob durch eine Altersabstands- oder durch eine Spätehenklausel, müsse ihm überlassen bleiben.

60

(bb) Soweit die Beklagte mit ihrem Vorbringen zu den Rückstellungen zum Ausdruck bringen will, dass die Spätehenklausel dazu dient, den administrativen Aufwand bei der nach § 249 HGB vorzunehmenden Bildung und Auflösung von Pensionsrückstellungen gering zu halten, stellt sich dieses Ziel - für sich betrachtet - als Ziel im ausschließlichen Eigeninteresse der Versorgungsschuldnerin dar und ist damit kein legitimes Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG(vgl. EuGH 28. Januar 2015 - C-417/13 - [Starjakob] Rn. 36 zu „Haushaltserwägungen“ und „administrativen Erwägungen“ eines Mitgliedstaats).

61

(cc) Soweit die Beklagte geltend macht, die Spätehenklausel bezwecke, die mit der Hinterbliebenenversorgung verbundenen zusätzlichen Risiken zu begrenzen, um den Versorgungsaufwand für die Hinterbliebenenversorgung versicherungsmathematisch verlässlich kalkulieren zu können, ist allerdings zweifelhaft, ob die unterschiedliche Behandlung der Versorgungsberechtigten wegen des Alters durch ein legitimes Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG gerechtfertigt ist.

62

Zwar entscheidet der Arbeitgeber bei einer von ihm finanzierten betrieblichen Altersversorgung frei über deren Einführung. Entschließt er sich hierzu, so ist er auch frei in der Entscheidung, für welche der in § 1 Abs. 1 BetrAVG genannten Versorgungsfälle er Leistungen zusagt und wie hoch er die entsprechende Leistung dotiert. Er kann Leistungen der Hinterbliebenenversorgung versprechen; eine Rechtspflicht hierzu trifft ihn nicht. Aus diesem Grund ist er grundsätzlich auch berechtigt, die Hinterbliebenenversorgung von zusätzlichen Voraussetzungen abhängig zu machen und damit Personen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, von dieser Versorgung auszuschließen (vgl. BAG 20. April 2010 - 3 AZR 509/08 - Rn. 74 mwN, BAGE 134, 89). Auch liegt eine Begrenzung des Kreises der anspruchsberechtigten Dritten durch zusätzliche anspruchsbegründende oder besondere anspruchsausschließende Merkmale gerade im Bereich der Hinterbliebenenversorgung nahe, weil ein dahingehendes Leistungsversprechen zusätzliche Unwägbarkeiten und Risiken mit sich bringt. Diese betreffen nicht nur den Zeitpunkt des Leistungsfalls, sondern auch die Dauer der Leistungserbringung.

63

Vor diesem Hintergrund bestand im vorliegenden Verfahren arbeitgeberseitig ein berechtigtes Interesse daran, die mit der Hinterbliebenenversorgung verbundenen zusätzlichen Risiken zu begrenzen, um den Versorgungsaufwand verlässlich kalkulieren zu können (BAG 15. Oktober 2013 - 3 AZR 653/11 - Rn. 38; 20. April 2010 - 3 AZR 509/08 - Rn. 75 mwN, BAGE 134, 89). Dieses Ziel ist zwar ein rechtmäßiges Ziel iSv. § 3 Abs. 2 AGG, das über das Vorliegen einer mittelbaren Diskriminierung entscheidet(vgl. etwa BAG 15. Oktober 2013 - 3 AZR 653/11 - Rn. 36 f.; 15. Oktober 2013 - 3 AZR 294/11 - Rn. 30 f., BAGE 146, 200). Ob es jedoch ein legitimes Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG ist und damit eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters rechtfertigen kann(vgl. dagegen noch etwa BAG 15. Oktober 2013 - 3 AZR 653/11 - Rn. 36; 15. Oktober 2013 - 3 AZR 294/11 - Rn. 30, aaO), ist vor dem Hintergrund auch der angeführten neueren Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht ohne Weiteres eindeutig zu beantworten. Gegen die Legitimität des Ziels iSv. § 10 Satz 1 AGG könnte sprechen, dass eine Risikobegrenzung zum Zwecke einer verlässlichen Kalkulation des für die Hinterbliebenenversorgung zur Verfügung gestellten Dotierungsrahmens zunächst im Eigeninteresse des Arbeitgebers liegt; dafür könnte indes sprechen, dass Arbeitgeber ihren Beschäftigten Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nur zukommen lassen, wenn sie auch die Möglichkeit haben, den aus der Versorgungszusage resultierenden Versorgungsaufwand verlässlich zu prognostizieren.

64

(dd) Soweit die Beklagte sich darauf beruft, mit der Spätehenklausel werde auch bezweckt, die für die Witwen-/Witwerversorgung insgesamt zur Verfügung gestellten Mittel nur einem eingegrenzten Personenkreis zukommen zu lassen, um diesem bei Eintritt des Versorgungsfalls „Tod“ eine Witwen-/Witwerversorgung in angemessener, weil substantieller Höhe gewähren zu können, spricht vor dem Hintergrund des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 26. September 2013 (- C-476/11 - [HK Danmark]) viel dafür, dass die Spätehenklausel durch ein legitimes Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG gerechtfertigt ist.

65

(2) Dies kann vorliegend jedoch offenbleiben, da die in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S konkret auf die Vollendung des 60. Lebensjahres bestimmte Altersgrenze zur Erreichung der mit der Spätehenklausel angestrebten Ziele, die mit der Hinterbliebenenversorgung verbundenen zusätzlichen Risiken zu begrenzen, um den erforderlichen Versorgungsaufwand verlässlich kalkulieren zu können sowie die für die Witwen-/Witwerversorgung insgesamt zur Verfügung gestellten Mittel auf einen bestimmten Personenkreis zu verteilen, um diesem bei Eintritt des Versorgungsfalls „Tod“ eine Witwen-/Witwerversorgung in angemessener Höhe gewähren zu können, nicht angemessen und erforderlich iSv. § 10 Satz 2 AGG ist.

66

(a) Die in der Spätehenklausel auf die Vollendung des 60. Lebensjahres bestimmte Altersgrenze ist - in unionsrechtskonformer Auslegung von § 10 Satz 2 AGG - nur dann angemessen und erforderlich, wenn sie es erlaubt, das mit der Spätehenklausel verfolgte Ziel zu erreichen, ohne zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen derjenigen Arbeitnehmer zu führen, denen aufgrund der Klausel die Witwen-/Witwerversorgung vorenthalten wird, weil sie bei Eheschließung bereits das 60. Lebensjahr vollendet hatten (vgl. etwa EuGH 26. Februar 2015 - C-515/13 - [Ingeniørforeningen i Danmark] Rn. 25) und sie nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung des angestrebten Ziels notwendig ist (vgl. EuGH 26. September 2013 - C-546/11 - [Dansk Jurist] Rn. 59).

67

(b) Die in VII Ziff. 1 Satz 2 VO S auf die Vollendung des 60. Lebensjahres festgelegte Altersgrenze ist nicht angemessen und erforderlich, weil sie zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen der Versorgungsberechtigten führt, die - weil sie bei Eheschließung das 60. Lebensjahr vollendet hatten - von der Witwen-/Witwerversorgung vollständig ausgeschlossen werden. Zudem geht sie zum Teil auch über das hinaus, was zur Erreichung des angestrebten Ziels notwendig ist.

68

(aa) Die Zusage der Witwen-/Witwerversorgung nach der VO S ist Teil einer umfassenden Versorgungsregelung. Durch die Zusage sollen die Arbeitnehmer in der Sorge um die finanzielle Lage ihrer Hinterbliebenen entlastet werden. Die Hinterbliebenenversorgung nach dem Betriebsrentengesetz knüpft an das typisierte Versorgungsinteresse des Arbeitnehmers an (vgl. BAG 15. Oktober 2013 - 3 AZR 653/11 - Rn. 38). Für dieses Versorgungsinteresse ist es jedoch unerheblich, zu welchem Zeitpunkt die Ehe geschlossen wurde. Es existiert vor allem kein allgemeiner Erfahrungssatz, dass die Versorgungsberechtigten, die die Ehe erst nach Vollendung des 60. Lebensjahres schließen, ein geringeres Interesse an der Versorgung ihrer Witwen und Witwer haben als Versorgungsberechtigte, die die Ehe in einem jüngeren Lebensalter schließen. Sowohl die Versorgungsberechtigten, die die Ehe vor der Vollendung ihres 60. Lebensjahres als auch die Versorgungsberechtigten, die die Ehe erst danach geschlossen haben, haben ein gleichermaßen anerkennenswertes Interesse an der Versorgung ihrer Ehepartner.

69

(bb) Zudem wirkt sich aus, dass die Hinterbliebenenversorgung ihren Ursprung in der dem Arbeitnehmer und der Arbeitnehmerin erteilten Versorgungszusage hat und dass betriebliche Altersversorgung auch Entgelt der berechtigten - männlichen wie weiblichen - Arbeitnehmer ist, das diese als Gegenleistung für die im Arbeitsverhältnis erbrachte Betriebszugehörigkeit erhalten (vgl. etwa BAG 12. November 2013 - 3 AZR 274/12 - Rn. 27 mwN). Danach ist es regelmäßig nicht angemessen, die unter Geltung einer Versorgungszusage abgeleistete Betriebszugehörigkeit im Hinblick auf die Hinterbliebenenversorgung allein deshalb vollständig unberücksichtigt zu lassen, weil der Versorgungsberechtigte bei Eheschließung das 60. Lebensjahr bereits vollendet hatte.

70

(cc) Die Vollendung des 60. Lebensjahres stellt auch - anders als das Ende des Arbeitsverhältnisses (vgl. hierzu BAG 15. Oktober 2013 - 3 AZR 653/11 - Rn. 38) oder der Eintritt des Versorgungsfalls beim versorgungsberechtigten Arbeitnehmer selbst (vgl. hierzu BAG 15. Oktober 2013 - 3 AZR 294/11 - Rn. 32, BAGE 146, 200) - keine „Zäsur“ dar, die es der Rechtsvorgängerin der Beklagten ausnahmsweise hätte gestatten können, in den Bestimmungen über die Witwen-/Witwerversorgung zur Begrenzung des mit der Versorgungszusage verbundenen Risikos und Aufwands hieran anzuknüpfen und die Lebensgestaltung des Arbeitnehmers ab diesem Zeitpunkt bei der Abgrenzung ihrer Leistungspflichten unberücksichtigt zu lassen.

71

Dies folgt aus den Wertungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG, wonach betriebliche Altersversorgung iSd. Betriebsrentengesetzes nur vorliegt, wenn dem Arbeitnehmer Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung vom Arbeitgeber „aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses“ zugesagt werden. Danach muss zwischen dem Arbeitsverhältnis und der Zusage ein Kausalzusammenhang bestehen (vgl. etwa BAG 20. April 2004 - 3 AZR 297/03 - zu I 2 der Gründe, BAGE 110, 176; 25. Januar 2000 - 3 AZR 769/98 - zu II 2 der Gründe). Im Hinblick darauf übernimmt der Arbeitgeber mit der Zusage von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung bestimmte Risiken, die Altersversorgung deckt einen Teil der „Langlebigkeitsrisiken“, die Invaliditätssicherung einen Teil der Invaliditätsrisiken und die Hinterbliebenenversorgung einen Teil der Todesfallrisiken ab (vgl. etwa BAG 25. Juni 2013 - 3 AZR 219/11 - Rn. 13, BAGE 145, 314). Vor diesem Hintergrund sind zwar das Ende des Arbeitsverhältnisses und der Eintritt des Versorgungsfalls beim versorgungsberechtigten Arbeitnehmer, zu dem typischerweise auch das Arbeitsverhältnis sein Ende findet, sachgerechte Anknüpfungspunkte für Regelungen über den Ausschluss von der Hinterbliebenenversorgung, nicht aber ein vom Ende des Arbeitsverhältnisses unabhängiges Alter.

72

Die Nähe der Vollendung des 60. Lebensjahres zum Versorgungsfall „Alter“ ändert daran entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten nichts. Es besteht für sich genommen kein hinreichender innerer Zusammenhang zwischen dem Abstand zu diesem Versorgungsfall und der Hinterbliebenenversorgung.

73

(dd) Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts, die die Beklagte verteidigt, lässt sich die in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S bestimmte Spätehenklausel auch nicht mit der zusätzlichen Begründung rechtfertigen, die Berufstätigkeit des Arbeitnehmers, der bei Eheschließung das 60. Lebensjahr vollendet hat, werde nicht mehr entscheidend durch die Fürsorge des Ehegatten mitgetragen. Die Beklagte hat kein anerkennenswertes Interesse daran, zur Abgrenzung ihrer Leistungspflichten zwischen den Ehen, die vor der Vollendung des 60. Lebensjahres des Versorgungsberechtigten und den Ehen, die erst danach geschlossen wurden, mit dieser Begründung zu differenzieren. Auch dies macht die in der Spätehenklausel bestimmte Altersgrenze nicht angemessen.

74

Die etwaige „Fürsorge“ des Ehegatten für sich betrachtet steht in keinem rechtlich relevanten Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis des Versorgungsberechtigten, anlässlich dessen die Hinterbliebenenversorgung zugesagt wurde, sondern betrifft die private Lebensgestaltung. Soweit nicht der „Fürsorgegedanke“ im Vordergrund stehen sollte, sondern beabsichtigt war, nach der noch möglichen Ehedauer bis zum Eintritt des Versorgungsfalls „Alter“, mit dem das Arbeitsverhältnis regelmäßig endet, zu differenzieren, besteht zwar ein Bezug zum Arbeitsverhältnis. Die Dauer der Ehe während des Arbeitsverhältnisses ist aber kein angemessener Anknüpfungspunkt für Leistungen der Hinterbliebenenversorgung, weil diese Leistungen Gegenleistung für die Beschäftigungszeit, nicht aber für die Ehedauer sind. Zudem führt ein Abstellen auf eine noch mögliche Ehedauer bis zum Eintritt des Versorgungsfalls „Alter“ zu einer unangemessenen Benachteiligung der Versorgungsberechtigten gegenüber anderen Arbeitnehmern, die bei Eintritt des Nachversorgungsfalls ebenfalls noch nicht für eine bestimmte Zeit während des Arbeitsverhältnisses verheiratet waren.

75

Aus der von der Beklagten angezogenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 1. März 2010 (- 1 BvR 2584/06 - BVerfGK 17, 120) folgt nichts Abweichendes. Zum einen hatte sich das Bundesverfassungsgericht in seinem Nichtannahmebeschluss vom 1. März 2010 (- 1 BvR 2584/06 - aaO) mit einer Satzungsbestimmung eines Versorgungswerks einer Ärztekammer zu befassen, das durch eigene Beitragsleistungen der Versicherten finanziert wurde, und bei dem nur die originär eigene Rente des Versicherten (Alters- und Invaliditätsversorgung) Gegenleistung der Beitragsleistung war, während die Hinterbliebenenversorgung - anders als die arbeitgeberfinanzierte betriebliche Hinterbliebenenversorgung nach der VO S - ausschließlich Versorgungscharakter hatte, weil sie nicht auf einer dem Versicherten zurechenbaren Eigenleistung beruhte. Zum anderen sah die vom Bundesverfassungsgericht zu beurteilende Satzungsbestimmung des Versorgungswerks der Ärztekammer - anders als die Spätehenklausel in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S - nicht vor, dass Versorgungsberechtigte, die die Ehe erst nach Vollendung des 60. Lebensjahres geschlossen hatten, von der Hinterbliebenenversorgung ausgeschlossen waren. Vielmehr bestimmte sie, dass der verwitwete Eheteil aus einer Ehe, die das Versorgungswerksmitglied erst nach Beginn der Altersrente geschlossen hatte, keinen Anspruch auf eine Hinterbliebenenversorgung hat. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Satzungsbestimmung mit der Begründung gebilligt, der Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung könne davon abhängig gemacht werden, dass der Versicherte und der Hinterbliebene bereits während der Erwerbstätigkeit des Versicherten miteinander verheiratet gewesen seien; es sei nicht zu beanstanden, wenn der Satzungsgeber Hinterbliebenenrente nur denjenigen Hinterbliebenen gewähren wolle, die zumindest zu einem Teil den Berufsweg des Versicherten als Ehegatten begleitet haben.

76

(ee) Entgegen der Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts, die die Beklagte in der Revision ebenfalls verteidigt, lässt sich die Anknüpfung an das 60. Lebensjahr in der Spätehenklausel auch nicht mit der Begründung rechtfertigen, mit ihr würden zulässigerweise Ansprüche auf eine Witwen-/Witwerversorgung in den Fällen ausgeschlossen, in denen nur eine sog. Versorgungsehe geführt wird. Zwar läge darin eine Begrenzung des Risikos auf Fälle, in denen das Versorgungsrisiko nicht gezielt zulasten des Arbeitgebers geschaffen wird. Es ist jedoch bereits zweifelhaft, ob die Spätehenklausel in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S überhaupt dem Zweck dient, Versorgungsehen von der Hinterbliebenenversorgung auszuschließen und das arbeitgeberseitige Risiko entsprechend zu begrenzen. Die Beklagte hat sich auf diesen Zweck der Klausel zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich berufen. Aber selbst wenn die Spätehenklausel in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S - wovon das Landesarbeitsgericht ausgegangen ist - dem Zweck dienen sollte, sog. Versorgungsehen von der Hinterbliebenenversorgung auszuschließen, ließe sich die durch die Altersgrenze von 60 Jahren bewirkte unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters nicht nach § 10 Satz 2 AGG rechtfertigen. Die Spätehenklausel in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S wäre zur Erreichung des mit ihr angestrebten Ziels nicht geeignet.

77

Von einer Versorgungsehe kann nur dann gesprochen werden, wenn die Heirat allein oder überwiegend zu dem Zweck erfolgte, dem Ehegatten eine Hinterbliebenenversorgung zu verschaffen (Definition in Anlehnung an § 46 Abs. 2a SGB VI, § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG). Zwar kann bei einer Ehe, die zum Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalls „Tod“ - unabhängig vom gleichzeitigen Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zum Versorgungsschuldner - erst von kurzer Dauer war, die Vermutung gerechtfertigt sein kann, dass die Ehe unter Versorgungsgesichtspunkten geschlossen wurde. So enthalten beispielsweise § 46 Abs. 2a SGB VI und § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG für Ehen, die nicht mindestens ein Jahr vor Eintritt des Versicherungs- bzw. Versorgungsfalls geschlossen wurden, eine gesetzlich widerlegbare Vermutung, dass die Begründung eines Anspruchs auf Hinterbliebenenversorgung der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war. Hingegen existiert kein allgemeiner Erfahrungssatz des Inhalts, dass eine Eheschließung nach Vollendung des 60. Lebensjahres des Versorgungsberechtigten ausschließlich oder überwiegend unter Versorgungsgesichtspunkten erfolgte. Vielmehr ist bei Eheschließungen nach Vollendung des 60. Lebensjahres ein anderer Zweck der Eheschließung mindestens ebenso wahrscheinlich wie der Versorgungszweck.

78

(ff) Die Spätehenklausel in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S lässt sich entgegen den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts auch nicht mit der Begründung rechtfertigen, bei Eingehung einer versorgungsnahen Ehe sei eher davon auszugehen, dass der Ehegatte über eigene Versorgungsanwartschaften oder Vermögen verfüge und deshalb auf eine Hinterbliebenenversorgung nicht in dem Maße angewiesen sei wie eine junge Familie. Auch unter diesem Gesichtspunkt liegt keine angemessene Risikobegrenzung vor. Es kann dahinstehen, ob die Annahme des Landesarbeitsgerichts überhaupt zutrifft. Nach den Wertungen der VO S kommt es hierauf nicht an. Die VO S knüpft mit der in X zur Höhe der Witwen-/Witwerrente getroffenen Bestimmung ausschließlich an das Ausmaß an, in dem der durch den Tod des Versorgungsberechtigten verursachte Wegfall der erreichbaren bzw. bezogenen Betriebsrente kompensiert werden soll und definiert so den Versorgungsbedarf. Bestimmungen über eine Anrechnung von Einkünften oder Vermögen des hinterbliebenen Ehegatten auf die Witwen-/Witwerrente enthält die VO S nicht. Diese Umstände machen deutlich, dass es nach den Wertungen der VO S für den Anspruch auf Witwen-/Witwerversorgung unerheblich ist, wie die private Lebensgestaltung des Witwers oder der Witwe im Hinblick auf Erwerbseinkommen und Versorgung vor der Eheschließung war.

79

(gg) Aus dem Umstand, dass nach I Ziff. 3 der VO S Arbeitnehmer, „die bei ihrem letzten Diensteintritt in die Firma das 60. Lebensjahr vollendet haben“, keine Versorgungszusage erhalten, mithin von vornherein weder Anspruch auf eine Altersrente noch auf eine Invaliden- oder Witwen-/Witwerrente erwerben können, kann die Beklagte ebenfalls nichts für sich herleiten. Dies gilt auch unter Berücksichtigung dessen, dass der Senat mit Urteil vom 12. Februar 2013 (- 3 AZR 100/11 - BAGE 144, 231) sogar einer Bestimmung in einer vom Arbeitgeber geschaffenen Versorgungsordnung Wirksamkeit zuerkannt hat, nach der ein Anspruch auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nur besteht, wenn der Arbeitnehmer eine mindestens 15-jährige Betriebszugehörigkeit bis zur Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung zurücklegen kann. Mit der unter I Ziff. 3 der VO S getroffenen Bestimmung wird zum Ausdruck gebracht, dass für den Fall, dass der Arbeitnehmer bei seinem Eintritt in das Unternehmen das 60. Lebensjahr bereits vollendet hat, überhaupt kein Versorgungsrisiko übernommen werden soll. Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob eine bereits grundsätzlich erfolgte Risikoübernahme, dh. zugesagte Versorgung - hier die Hinterbliebenenversorgung - von zusätzlichen anspruchsbegründenden oder anspruchsausschließenden Voraussetzungen abhängig gemacht werden darf und damit Personen, die diese Voraussetzungen (nicht) erfüllen, von der Versorgung ihrer Hinterbliebenen ausgeschlossen werden dürfen.

80

(hh) Aus den in § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BeamtVG getroffenen Regelungen, wonach ein Anspruch auf Witwenrente nicht besteht, wenn die Ehe erst nach dem Eintritt des Beamten in den Ruhestand geschlossen worden ist und der Ruhestandsbeamte zur Zeit der Eheschließung die Regelaltersgrenze nach § 51 Abs. 1 und Abs. 2 BBG bereits erreicht hatte, kann die Beklagte ebenfalls nichts für sich herleiten. Dies folgt bereits daraus, dass diese Bestimmung - soweit sie an das Lebensalter anknüpft - auf die Regelaltersgrenze nach § 51 Abs. 1 und Abs. 2 BBG und damit auf den Zeitpunkt abstellt, zu dem regelmäßig das Dienstverhältnis zum Dienstherrn endet. Eine solche Anknüpfung an eine derartige „Zäsur“ enthält die Spätehenklausel in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S hingegen nicht.

81

(ii) Entgegen ihrer Rechtsauffassung spricht auch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Mai 2009 (- 8 CN 1.09 - BVerwGE 134, 99) nicht für die Beklagte. Die Erwägungen, die das Bundesverwaltungsgericht in dieser Entscheidung angestellt hat, sind auf den vorliegenden Rechtsstreit nicht übertragbar und können deshalb die Spätehenklausel in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S nicht rechtfertigen. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in dieser Entscheidung eine Bestimmung in der Satzung eines Versorgungswerks als nicht altersdiskriminierend gebilligt, wonach die Witwen-/Witwerrente nicht gewährt wird, wenn die Ehe nach Vollendung des 62. Lebensjahres oder nach Eintritt der Berufsunfähigkeit des Mitglieds geschlossen wurde und nicht mindestens drei Jahre bestanden hat. Allerdings ging es in dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Verfahren um ein Versorgungswerk einer Rechtsanwaltskammer, das sich - wie eine Versicherung - ausschließlich durch Beiträge seiner Mitglieder finanzierte. Zudem wurde die Hinterbliebenenversorgung ohne erhöhten Beitrag des Mitglieds für seine Hinterbliebenen gewährt, wovon das verheiratete Mitglied des Versorgungswerks profitierte. Der Zweck der Satzungsregelung bestand mithin in der finanziellen Risikobegrenzung der Versichertengemeinschaft als Solidargemeinschaft. Anders als in dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Verfahren bilden die nach der VO S Versorgungsberechtigten indes keine Solidar- oder Gefahrengemeinschaft, die die Lasten, die dem Einzelnen und den Hinterbliebenen aus der Verwirklichung der Risiken Alter, Invalidität oder Tod erwachsen, auf den gesamten Stand verteilen.

82

Aus den Urteilen des Senats vom 28. Juli 2005 (- 3 AZR 457/04 - BAGE 115, 317) und vom 19. Dezember 2000 (- 3 AZR 186/00 -) folgt bereits deshalb nichts Abweichendes, weil die dort vom Senat gebilligten Spätehenklauseln nicht am AGG zu messen waren.

83

(jj) Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten ist die Spätehenklausel in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S auch nicht angemessen und erforderlich, weil die Möglichkeit bestanden hätte, anstelle der Spätehenklausel eine Altersabstandsklausel in die Versorgungsordnung aufzunehmen. Zwar begrenzen Altersabstandsklauseln das Risiko des Arbeitgebers, nämlich nach demographischen Kriterien. Je jünger die Ehepartner im Verhältnis zu den Arbeitnehmern sind, denen eine Hinterbliebenenversorgung zugesagt wurde, desto länger ist der Zeitraum, während dessen der Arbeitgeber durchschnittlich die Hinterbliebenenversorgung zu gewähren hat. Auch bewirken Altersabstandsklauseln, dass sich die für die Witwen-/Witwerversorgung insgesamt zur Verfügung gestellten Mittel auf einen kleineren Kreis von Hinterbliebenen verteilen, sodass diese bei Eintritt des Versorgungsfalls „Tod“ eine höhere Witwen-/Witwerversorgung erhalten. Schließlich ist einem hohen Altersabstand innerhalb einer Ehe immanent, dass der jüngere Ehepartner einen erheblichen Teil seines Lebens ohne den älteren Ehepartner und die an dessen Einkommenssituation gekoppelten Versorgungsmöglichkeiten verbringt. Es kann dahinstehen, ob diese Erwägungen unter Geltung des AGG, und wenn ja, für welche Klauseln überhaupt noch tragen. Die streitbefangene Spätehenklausel stellt gerade keine Altersabstandsklausel dar.

84

4. Da die in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S getroffene Spätehenklausel wegen Verstoßes gegen das in § 7 Abs. 1 AGG normierte Verbot der Benachteiligung wegen des Alters gemäß § 7 Abs. 2 AGG unwirksam ist, steht sie dem Anspruch der Klägerin auf Witwenrente nicht entgegen. Die Beklagte ist deshalb verpflichtet, an die Klägerin ab dem 1. März 2011 eine Witwenrente in unstreitiger Höhe von monatlich 723,49 Euro zu zahlen. Dass dadurch der bei Schaffung der VO S für die Hinterbliebenenversorgung bereitgestellte Dotierungsrahmen ggf. in einem Maße überschritten wird, dass die Finanzierung der Betriebsrenten insgesamt ins „Ungleichgewicht“ gerät und die Beklagte deshalb Zusagen für künftige Mitarbeiter reduziert, ändert daran nichts. Die Beklagte kann im Hinblick auf eine Einhaltung des für die Hinterbliebenenversorgung nach der VO S ursprünglich festgelegten Dotierungsrahmens keinen Vertrauensschutz in Anspruch nehmen. Der zeitliche Geltungsbereich des AGG wird deshalb hier nicht durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes beschränkt (zu derartigen Beschränkungen BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 38, BAGE 129, 72). Die Anwendung der Bestimmungen des AGG auf die von der Klägerin geltend gemachte Witwenrente nach der VO S bewirkt keine echte, sondern lediglich eine unechte Rückwirkung. Diese ist zulässig.

85

Eine unechte Rückwirkung oder tatbestandliche Rückanknüpfung liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet oder wenn die Rechtsfolgen einer Norm zwar erst nach ihrer Verkündung eintreten, deren Tatbestand aber Sachverhalte erfasst, die bereits vor der Verkündung „ins Werk gesetzt“ worden sind (vgl. BAG 19. Juni 2012 - 3 AZR 558/10 - Rn. 25 mwN). Die belastende Rechtsfolge von § 7 Abs. 2 AGG, die für die Beklagte erst nach Verkündung des AGG eintritt, wurde tatbestandlich von der dem verstorbenen Ehemann der Klägerin erteilten Versorgungszusage und damit von einem bereits „ins Werk gesetzten“, aber noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt ausgelöst.

86

Die Grenzen einer zulässigen unechten Rückwirkung einer gesetzgeberischen Entscheidung sind erst überschritten, wenn die unechte Rückwirkung nicht geeignet oder erforderlich ist, um den Gesetzeszweck zu erreichen, oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen. Knüpft der Gesetzgeber für künftige Rechtsfolgen an zurückliegende Sachverhalte an, sind die Interessen der Allgemeinheit, die mit der Regelung verfolgt werden, und das Vertrauen des Einzelnen auf die Fortgeltung der Rechtslage abzuwägen. Der vom Gesetzgeber zu beachtende Vertrauensschutz geht allerdings nicht so weit, den normunterworfenen Personenkreis vor Enttäuschungen zu bewahren (vgl. BAG 27. März 2014 - 6 AZR 204/12 - Rn. 46, BAGE 147, 373). Die bloße allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde künftig unverändert fortbestehen, genießt keinen verfassungsrechtlichen Schutz, wenn keine besonderen Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten (vgl. BVerfG 7. Juli 2010 - 2 BvL 14/02 ua. - Rn. 57, BVerfGE 127, 1).

87

Danach hat die Beklagte kein schutzwürdiges Vertrauen dahin, dass die Wirksamkeit der in VII Ziff. 1 Satz 2 der VO S bestimmten Spätehenklausel nicht an den Bestimmungen des AGG scheitert und der ursprünglich für die Hinterbliebenenversorgung festgelegte Dotierungsrahmen nicht infolgedessen überschritten wird. Der Zweck des AGG, in Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG und vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgebots aus Art. 3 GG Ungleichbehandlungen zu beseitigen, kann vorliegend nur durch die Unwirksamkeit der Klausel erreicht werden. Zudem hält sich die Änderung der Gesetzeslage im Rahmen dessen, was als mögliche Rechtsentwicklung bereits zuvor angelegt war. Besondere Momente der Schutzwürdigkeit bestehen nicht.

88

5. Vor dem Hintergrund der zitierten Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union bedarf es vorliegend weder der Einleitung eines Vorlageverfahrens an den Gemeinsamen Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes nach § 2 Abs. 1 iVm. § 11 RsprEinhG noch der Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 Abs. 3 AEUV. Die Frage, ob die von der Beklagten zur Rechtfertigung der Spätehenklausel angeführten Ziele legitime Ziele iSv. § 10 Satz 1 AGG in unionsrechtskonformer Auslegung sind, musste vom Senat nicht entschieden werden.

89

III. Der Zinsanspruch ergibt sich hinsichtlich der mit dem Antrag zu 1. geltend gemachten Rückstände aus § 286 Abs. 1, § 288 BGB. Gemäß XVI Ziff. 1 Buchst. a der VO S wird die Firmenrente jeweils am Ende eines Monats fällig.

90

C. Die Kostentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Zwanziger    

        

    Schlewing    

        

    Ahrendt    

        

        

        

    H. Trunsch    

        

    Möller    

                 

(1) Urteile der Arbeitsgerichte, gegen die Einspruch oder Berufung zulässig ist, sind vorläufig vollstreckbar. Macht der Beklagte glaubhaft, daß die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, so hat das Arbeitsgericht auf seinen Antrag die vorläufige Vollstreckbarkeit im Urteil auszuschließen. In den Fällen des § 707 Abs. 1 und des § 719 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung kann die Zwangsvollstreckung nur unter derselben Voraussetzung eingestellt werden. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach Satz 3 erfolgt ohne Sicherheitsleistung. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss.

(2) Im übrigen finden auf die Zwangsvollstreckung einschließlich des Arrests und der einstweiligen Verfügung die Vorschriften des Achten Buchs der Zivilprozeßordnung Anwendung. Die Entscheidung über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung kann in dringenden Fällen, auch dann, wenn der Antrag zurückzuweisen ist, ohne mündliche Verhandlung ergehen. Eine in das Schutzschriftenregister nach § 945a Absatz 1 der Zivilprozessordnung eingestellte Schutzschrift gilt auch als bei allen Arbeitsgerichten der Länder eingereicht.

(1) Die vorläufige Vollstreckbarkeit tritt mit der Verkündung eines Urteils, das die Entscheidung in der Hauptsache oder die Vollstreckbarkeitserklärung aufhebt oder abändert, insoweit außer Kraft, als die Aufhebung oder Abänderung ergeht.

(2) Wird ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil aufgehoben oder abgeändert, so ist der Kläger zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Beklagten durch die Vollstreckung des Urteils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist. Der Beklagte kann den Anspruch auf Schadensersatz in dem anhängigen Rechtsstreit geltend machen; wird der Anspruch geltend gemacht, so ist er als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen.

(3) Die Vorschriften des Absatzes 2 sind auf die im § 708 Nr. 10 bezeichneten Berufungsurteile, mit Ausnahme der Versäumnisurteile, nicht anzuwenden. Soweit ein solches Urteil aufgehoben oder abgeändert wird, ist der Kläger auf Antrag des Beklagten zur Erstattung des von diesem auf Grund des Urteils Gezahlten oder Geleisteten zu verurteilen. Die Erstattungspflicht des Klägers bestimmt sich nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. Wird der Antrag gestellt, so ist der Anspruch auf Erstattung als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen; die mit der Rechtshängigkeit nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts verbundenen Wirkungen treten mit der Zahlung oder Leistung auch dann ein, wenn der Antrag nicht gestellt wird.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.