Tenor

Der Antrag der Beklagten vom 2. Februar 2018 auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 2. November 2017 - 11 Ca 160/16 - wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten im Ausgangsverfahren um die Rechtswirksamkeit mehrerer Kündigungen, um einen Anspruch auf Beschäftigung sowie um Zahlungsansprüche. Eine der Kündigungen war als ordentlich personenbedingte Kündigung, die beiden anderen als verhaltensbedingte außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigungen ausgesprochen. Erstinstanzlich machte die Beklagte keine Einwendungen gegen den Weiterbeschäftigungsanspruch, die unabhängig von der Rechtswirksamkeit der streitgegenständlichen Kündigungen waren, geltend.

Mit Endurteil vom 2. November 2017 - 11 Ca 160/16 - gab das Arbeitsgericht München u.a. den Kündigungsschutzanträgen statt und verurteilte die Beklagte unter Nr. 4 des Tenors dazu, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses zu unveränderten Bedingungen als „L.“ weiterzubeschäftigen. Das Urteil wurde der Beklagten am 8. November 2017 zugestellt.

Mit zwei Schreiben vom 24. November 2017 sprach die Beklagte weitere Kündigungen aus: eine außerordentliche fristlose sowie eine hilfsweise ordentliche Kündigung zum 31. Mai 2018.

Mit Schriftsatz vom 4. Dezember 2017 beantragte der Kläger zur Durchsetzung seines Weiterbeschäftigungsanspruchs gemäß Nr. 4 des Endurteils die Festsetzung von Zwangsmitteln.

Die Beklagte erhob ebenfalls mit Schriftsatz vom 4. Dezember 2017 zum Arbeitsgericht München eine mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundene Vollstreckungsabwehrklage, die unter dem Aktenzeichen 11 Ca 13243/17 geführt wird. Die Beklagte beantragte, die Zwangsvollstreckung aus Nr. 4 des Endurteils vom 2. November 2017 für unzulässig zur erklären und die Zwangsvollstreckung einstweilen einzustellen. Die Klage war mit einem auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichteten Antrag verbundenen, die Zwangsvollstreckung einstweilen einzustellen.

Gegen das Klage stattgebende Urteil im Ausgangsverfahren legte die Beklagte mit Schriftsatz vom 7. Dezember 2017 Berufung zu dem Landesarbeitsgericht München ein (4 Sa 823/17) und begründete sie nach Fristverlängerung mit Schriftsatz vom 8. Februar 2018. Mit der Berufung wendet sich die Beklagte gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts, soweit den verhaltensbedingten Kündigungen und dem Weiterbeschäftigungsantrag stattgegeben worden war. Zum Weiterbeschäftigungsantrag wurde geltend gemacht, dass er - genauso wie die Feststellungsanträge zu den Kündigungen - abzuweisen sei.

Im Verfahren 11 Ca 160/16 erteilte das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 23. Januar 2018 den Hinweis, dass einer Klage nach § 767 ZPO das Rechtsschutzbedürfnis fehle, wenn die Schuldnerin gegen das Urteil eine zulässige Berufung einlege und den in dem angefochtenen Urteil festgestellten Anspruch im Berufungsverfahren geltend machen könne. Berufe sich die Schuldnerin darauf, dass eine nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz ausgesprochene weitere Kündigung den ausgeurteilten Weiterbeschäftigungsanspruch materiellrechtlich entfallen lasse, sei dies vom Berufungsgericht im Verfahren auf Einstellung der Zwangsvollstreckung in Anwendung des § 769 ZPO zu berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund komme nach Ansicht des Arbeitsgerichts eine vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung im Verfahren 11 Ca 13243/17 nicht in Betracht, da dem Hauptsacheverfahren nach § 767 ZPO die Erfolgsaussichten fehlten. Im Rahmen des im Verfahren 11 Ca 160/16 gestellten Zwangsgeldantrags blieben die im Rahmen des Verfahren nach § 767 ZPO geltend zu machenden Einwendungen unberücksichtigt.

Daraufhin beantragte die Beklagte im Berufungsverfahren 4 Sa 823/17 mit Schriftsatz vom 2. Februar 2018, die Zwangsvollstreckung einstweilen einzustellen. Sie berief sich darauf, dass die Kündigungen vom 24. November 2017 auf neue Lebenssachverhalte gestützt würden und damit keine Wiederholungskündigungen seien. Der Kläger habe erstinstanzlich gegen seine prozessuale Wahrheitspflicht verstoßen. Weitere Aufklärungen hätten zudem ergeben, dass der Kläger zusätzlich zu den bisher gegen ihn erhobenen Vorwürfen im Zusammenhang mit der Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebots bei der Abrechnung von Reisekosten der ihm unterstellten Beschäftigten weitere Verstöße begangen habe. Die Kündigungen erwiesen sich zudem nicht als offensichtlich unwirksam - insbesondere sei auch die Frist nach § 626 Abs. 2 BGB gewahrt -, weshalb die Zwangsvollstreckung einzustellen sei. Entgegen dem Wortlaut des § 62 Abs. 1 Satz 3 ArbGG sei die Voraussetzung des nicht zu ersetzenden Nachteils nicht erforderlich, wenn materielle Einwendungen gegen den zu vollstreckenden Weiterbeschäftigungsanspruch erst nach Abschluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz entstanden seien. Unter Bezugnahme auf Literatur und Rechtsprechung sei die Vorschrift in diesem Fall teleologisch zu reduzieren. Anderenfalls würde der Beklagten der Vollstreckungsschutz genommen und dem Weiterbeschäftigungsanspruch zur Durchsetzung verholfen, obwohl er gar nicht mehr existierte oder die Beklagte müsste den Weiterbeschäftigungstitel selbst rechtskräftig werden lassen und damit auch solche Einwendungen, auf die sie sich in erster Instanz bereits habe berufen können. Damit werde der verfassungsrechtlich verankerte Justizgewährleistungsanspruch verletzt.

Der Kläger widersetzte sich einer Einstellung der Zwangsvollstreckung und machte geltend, dass es sich bei den geschilderten Sachverhalten um Umstände handle, die bereits Gegenstand der Kündigungen im Ausgangsverfahren gewesen seien. Es lägen damit Wiederholungskündigungen vor, die nicht dazu führten, dass eine erneute Ungewissheit über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses eingetreten sei. Der Vortrag zum Wirtschaftlichkeitsgebot sei augenfällig identisch mit dem erstinstanzlichen Vortrag. Auch der herangezogene angeblich wahrheitswidrige Prozessvortrag sei bereits erstinstanzlich erfolgt. Umstände, die vor Urteilserlass eingetreten, im Erkenntnisverfahren vorgetragen und vom Gericht bei seiner Entscheidung über den Weiterbeschäftigungsantrag gewürdigt worden seien bzw. hätten vorgebracht werden können, seien nach Auffassung des Klägers unbeachtlich. Der Vorwurf wahrheitswidrigen Prozessvortrags könne im Zwangsvollstreckungsverfahren nicht überprüft werden. Jedenfalls sei die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten.

Eine teleologische Reduktion des § 62 Abs. 1 Satz 3 ArbGG sei nicht veranlasst. Die Arbeitgeberin könne bis zur Berufungseinlegung ihre Prozesstaktik selbst verfolgen, indem sie entscheide, ob sie Vollstreckungsabwehrklage mit der Möglichkeit einer Einstellung nach § 769 ZPO ohne Bindung an einen nicht zu ersetzenden Nachteil oder eine Berufung mit der Bindung nach § 62 Abs. 1 Satz 3 ArbGG durchführe.

Ergänzend wird Bezug genommen auf die erstinstanzlich gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Niederschriften über die mündlichen Verhandlungen vor dem Arbeitsgericht vom 7. Februar 2017 und vom 24. Oktober 2017, auf die Schreiben und Entscheidungen des Arbeitsgerichts sowie auf die zweitinstanzlich gewechselten Schriftätze - jeweils ggf. nebst Anlagen - vom 2. Februar 2018, vom 7. Februar 2018, vom 8. Februar 2018, vom 13. Februar 2018 und vom 19. Februar 2018 sowie auf die Schreiben und Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts.

II.

Der Antrag, die Zwangsvollstreckung aus Nr. 4 des Endurteils des Arbeitsgerichts München vom 2. November 2018 einzustellen ist zulässig, aber unbegründet.

1. Das Landesarbeitsgericht München ist für die Entscheidung über die beantragte einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aufgrund der dort anhängigen Berufung zuständig. Nach § 64 Abs. 7, § 62 Abs. 1 Satz 3 ArbGG i.V.m. § 719 Abs. 1, § 707 Abs. 1 ZPO ist für die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung dasjenige Gericht zuständig, bei dem die Hauptsache anhängig ist. Gericht i.S.d. § 707 Abs. 1 ZPO ist dabei das Gericht, das über den Rechtsbehelf zu entscheiden hat, was sich aus der entsprechenden Verweisung in § 719 Abs. 1 ZPO ergibt (vgl. LAG Hessen, Beschluss vom 31. Juli 2003 - 16 Ta 295/03 -, juris, Rn. 6, m.w.N.; vgl. auch Schleusener, in: Germelmann et al., ArbGG, 9. Aufl. 2017, § 62 Rn. 43).

Die Entscheidung kann nach § 64 Abs. 7 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 6 ArbGG durch Alleinentscheidung des Vorsitzenden ergehen.

2. Der Antrag ist unbegründet. Es fehlt an der Darlegung eines nicht zu ersetzenden Nachteils.

a) Nach § 62 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Satz 2 ArbGG, § 719 Abs. 1 Satz 1 Var. 2, § 707 Abs. 1 ZPO kann die Zwangsvollstreckung aus einem Urteil gegen das Berufung eingelegt wird, auf Antrag durch das Gericht einstweilig eingestellt werden, wenn die schuldende Partei glaubhaft macht, dass ihr die Vollstreckung einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde.

b) In der Rechtsprechung uneinheitlich beantwortet wird die Frage, ob die Voraussetzung eines nicht zu ersetzenden Nachteils auch dann erforderlich ist, wenn es um die Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem (Weiter-)Beschäftigungstitel geht, dem ein weiterer, nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz entstandener Beendigungstatbestand entgegensteht.

aa) So wird vertreten, dass kein Fall der Einstellung der Zwangsvollstreckung wegen eines nicht zu ersetzenden Nachteils vorliege, wenn die Arbeitgeberin zur Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers verpflichtet werde und danach ein anderer Beendigungstatbestand eintrete. Da die Wirkung der Verurteilung zur vorläufigen Weiterbeschäftigung auf Grund des zuerst verkündeten Urteils ende, werde der durch das Urteil festgestellte Anspruch selbst in seiner Existenz betroffen, so dass nur der Weg über die Vollstreckungsabwehrklage i.S.v. § 767 ZPO möglich sei und die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 769 ZPO durch einstweilige Anordnung erfolgen könne (vgl. Schleusener, in: Germelmann et al., ArbGG, 9. Aufl. 2017, § 62 Rn. 22a). Nach der Rechtsprechung fehlt einer solchen Vollstreckungsabwehrklage allerdings das Rechtsschutzbedürfnis, wenn die schuldende Partei gegen das Urteil eine zulässige Berufung eingelegt und den Einwand gegen den in dem angefochtenen Urteil festgestellten Anspruch im Berufungsverfahren geltend machen kann (vgl. BAG, Beschluss vom 28. März 1985 - 2 AZR 548/83 -, juris, Rn. 23 ff.).

Würden Einwendungen gegen den Weiterbeschäftigungsanspruch erst nach Einlegung einer vollumfänglichen Berufung bekannt, sei es - insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Kosten nicht zumutbar - die Berufung teilweise wieder zurücknehmen zu müssen, um die Einwendungen im Wege einer zulässigen Vollstreckungsabwehrklage geltend machen und sich gegen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zur Wehr setzen zu können, die zum Ziel hätten, einen Anspruch durchzusetzen, gegen den im Ergebnis durchgreifende materielle Einwendungen bestünden. Sinn der gesetzlichen Regelung in § 62 Abs. 1 Satz 3 ArbGG sei nicht, der schuldenden Partei, die materielle Einwendungen gegen den zu vollstreckenden Anspruch erhebe, Hindernisse prozeduraler Art in den Weg zu stellen. Vielmehr seien in diesem Fall die Wertung der gesetzlichen Vorschrift des § 769 ZPO zu berücksichtigen, die für die Einstellung der Zwangsvollstreckung aufgrund nachträglich entstandener materieller Einwendungen gerade keinen nicht ersetzbaren Nachteil verlange. Dies könne durch eine analoge Anwendung des § 769 ZPO bzw. durch eine teleologische Reduktion des § 62 Abs. 1 Satz 3 ArbGG erfolgen (vgl. LAG Hamburg, Beschluss vom 20. März 2014 - 3 Sa 2/14 -, juris, Rn. 3, m.w.N.; LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30. Juni 2010 - 19 Sa 22/10 -, juris, Rn. 26, m.w.N.).

bb) Nach anderer Auffassung sei die entsprechende Anwendung von § 769 ZPO jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn die Einwendungen nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils, aber noch innerhalb der Berufungsfrist entstanden und bei Einlegen der Berufung bekannt seien. In diesem Fall bleibe es bei der Wahlmöglichkeit der schuldenden Partei, die ihre Vorgehensweise ungehindert selbst steuern könne. Bei Erhebung einer Vollstreckungsabwehrklage stehe die Möglichkeit eines Antrags nach § 769 ZPO ohne die Voraussetzung eines nicht zu ersetzenden Nachteils offen. Erfolge demgegenüber die Einlegung der Berufung, bestehe eine Einstellungsmöglichkeit aufgrund der eindeutigen Regelung des § 62 Abs. 1 Satz 3 ArbGG lediglich, wenn durch die Zwangsvollstreckung ein unersetzbarer Nachteil entstünde. Weder trage in dieser Situation das Argument der unzumutbaren kostenbelastenden Berufungsrücknahme noch sei ersichtlich, welches prozedurale Hindernis die schuldende Partei habe solle (vgl. LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. Januar 2016 - 19 Sa 63/15 -, juris, Rn. 20; LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 18. August 2015 - 4 Sa 19/15 -, juris, Rn. 20 f.).

cc) Ohne die oben dargestellte Differenzierung wird unter Verweis auf Wortlaut und Genese vertreten, dass die Voraussetzung des nicht zu ersetzenden Nachteils i.S.d. § 62 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Satz 2 ArbGG auch bei einem auf Beschäftigung oder Weiterbeschäftigung lautenden Titel gelte. Einer analogen Anwendung von § 769 ZPO stehe entgegen, dass es an einer planwidrigen Regelungslücke fehle. Für eine entsprechende teleologische Reduktion des § 62 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Satz 2 ArbGG mangle es an tragfähigen Gründen. Es sei davon auszugehen, dass der Gesetzgeber mit der Einfügung des § 62 Abs. 1 Satz 4 ArbGG durch das Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I, S. 444) die umstrittene Frage der Sicherheitsleistung geklärt, eine Ausnahme vom damals schon umstrittenen Erfordernis eines nicht zu ersetzenden Nachteils aber ausdrücklich geregelt hätte, wenn der klare Wortlaut der Norm nicht seinem Willen entsprochen hätte (vgl. LAG München, Beschluss vom 11. Juni 2014 - 8 Sa 291/14 -, n.v., unter II. 1. der Gründe; vgl. auch LAG Hamm, Beschluss vom 10. November 2008 - 14 Sa 1507/08 -, juris, Rn. 6 ff., insbes. Rn. 11).

c) Unter Berücksichtigung von Wortlaut des § 62 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Satz 2 ArbGG und der Genese des § 62 Abs. 1 Satz 4 ArbGG ist die Voraussetzung des nicht zu ersetzenden Nachteils auch im Falle der Einstellung der Zwangsvollstreckung bei einem auf (Weiter-)Beschäftigung gerichteten Titel jedenfalls dann zu erfüllen. Weder kommen eine analoge Anwendung des § 769 ZPO noch eine teleologische Reduktion in Betracht.

aa) Für eine analoge Anwendung des § 769 ZPO fehlt es an der hierfür erforderlichen positiv festzustellenden planwidrigen Regelungslücke.

(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darf richterliche Rechtsfortbildung nicht dazu führen, dass die Gerichte ihre eigene materielle Gerechtigkeitsvorstellung an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers setzen. Die Aufgabe der Rechtsprechung beschränkt sich vielmehr darauf, den vom Gesetzgeber festgelegten Sinn und Zweck eines Gesetzes unter gewandelten Bedingungen möglichst zuverlässig zur Geltung zu bringen oder eine planwidrige Regelungslücke mit den anerkannten Auslegungsmethoden zu füllen. Eine Interpretation, die als richterliche Rechtsfortbildung den Wortlaut des Gesetzes hintanstellt und sich über den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers hinwegsetzt, greift unzulässig in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers ein (vgl. BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 11. Juli 2012 - 1 BvR 3142/07 und 1 BvR 11 BvR 1569/08 -, juris, Rn. 75, stRspr).

Es muss demnach festgestellt werden, dass eine vom Gesetzgeber unbeabsichtigt gelassene Lücke vorliegt und diese Planwidrigkeit aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden kann. Andernfalls könnte jedes Schweigen des Gesetzgebers - also der Normalfall, wenn er etwas nicht regeln will - als planwidrige Lücke aufgefasst und diese im Wege der Analogie von den Gerichten ausgefüllt werden. Analoge Gesetzesanwendung erfordert darüber hinaus, dass der gesetzlich ungeregelte Fall nach Maßgabe des Gleichheitssatzes und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen nach der gleichen Rechtsfolge verlangt wie die gesetzessprachlich erfassten Fälle (vgl. BAG, Urteil vom 21. September 2017 - 2 AZR 57/17 -, juris, Rn. 23; BAG, Urteil vom 23. Juli 2015 - 6 AZR 490/14 -, juris, Rn. 34; BAG, Urteil vom 10. Dezember 2013 - 9 AZR 51/13 - juris, Rn. 23).

(2) Nach diesen Grundsätzen ist eine Planwidrigkeit nicht zu erkennen. Der Wortlaut des § 62 Abs. 1 Satz 3 ArbGG verweist für die Fälle des § 707 Abs. 1 und § 719 Abs. 1 ZPO eindeutig auf die Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 Satz 2 ArbGG und damit auch auf das Erfordernis ein nicht zu ersetzenden Nachteils. Diese Voraussetzungen gelten für die Vollstreckung sämtlicher Titel, die in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren erwirkt wurden. Dass der Gesetzgeber gerade den nicht seltenen, auf (Weiter-)Beschäftigung gerichteten Titel dabei planwidrig übersehen haben soll, erscheint schwerlich denkbar. Vielmehr zeigt die Reaktion des Gesetzgebers auf bestehende Streitfragen zur Einstellung der Zwangsvollstreckung mit oder ohne Sicherheitsleistung, dass er Abweichungen explizit regeln wollte. So wurde durch die Einfügung des § 62 Abs. 1 Satz 4 ArbGG mit dem Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl I, S. 444) die zuvor geführte Diskussion, ob die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 62 Abs. 1 Satz 3 ArbGG mit oder ohne Sicherheitsleistung zu erfolgen hat, klargestellt, dass die Zwangsvollstreckung in den Fällen des § 707 Abs. 1 und des 719 Abs. 1 ZPO ohne Sicherheitsleistung eingestellt wird (vgl. BTDrucks 16/7716, S. 25). Daraus wird geschlossen, dass der Gesetzgeber durch die unterbliebene Erwähnung der Einstellungsmöglichkeit nach § 769 ZPO gerade in diesen Fällen eine Sonderregelung für das arbeitsgerichtliche Verfahren nicht für notwendig erachtet hat (vgl. Schleusener, in: Germelmann et al., ArbGG, 9. Aufl. 2017, § 62 Rn. 50, m.w.N.). Übertragen auf die Voraussetzung des nicht zu ersetzenden Nachteils bedeutet die fehlende ausdrückliche Ausnahme für bestimmte Konstellationen, dass der Gesetzgeber bei Kenntnis bestehender Streitfragen gerade keine Ausnahme von dieser generellen Voraussetzung machen wollte (eine Planwidrigkeit ebenfalls ablehnend LAG München, Beschluss vom 11. Juni 2014 - 8 Sa 291/14 -, n.v., unter II. 1. der Gründe; vgl. auch LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. Januar 2016 - 19 Sa 63/15 -, juris, Rn. 20; LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 18. August 2015 - 4 Sa 19/15 -, juris, Rn. 20).

bb) Auch die Voraussetzungen für eine teleologische Reduktion liegen nicht vor.

(1) Sie ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dadurch gekennzeichnet, dass sie die nach ihrem Wortlaut anzuwendende Vorschrift hinsichtlich eines Teils der von ihr erfassten Fälle für gleichwohl unanwendbar hält, weil Sinn und Zweck, Entstehungsgeschichte und Zusammenhang der einschlägigen Regelung gegen eine uneingeschränkte Anwendung sprechen. Sie setzt voraus, dass der gesetzessprachlich erfasste, das heißt der gesetzlich in bestimmter Weise geregelte Fall nach Maßgabe des Gleichheitssatzes nach einer anderen Entscheidung verlangt als die übrigen geregelten Fälle, um Wertungswidersprüche zu vermeiden (vgl. BAG, Urteil vom 27. September 2017 - 7 AZR 629/15 -, juris, Rn. 31, m.w.N.).

(2) Die im Rahmen der Prüfung einer planwidrigen Regelunglücke dargestellten Erwägungen zur Genese rechtfertigen auch hier die Annahme, dass die Entstehungsgeschichte gegen eine einschränkende Anwendung der Voraussetzung des nicht zu ersetzenden Nachteils spricht. Sinn und Zweck sprechen ebenso wenig für eine Unanwendbarkeit der Voraussetzung bei einem auf Beschäftigung gerichteten Vollstreckungstitel. Arbeitsgerichtliche Titel sollen schnell und unkompliziert durchsetzbar sein, weshalb von einer engen Auslegung des Begriffs des nicht zu ersetzenden Nachteils auszugehen ist (vgl. Walker, in: Schwab/Weth, ArbGG, § 62 Rn. 13; Schleusener, in: Germelmann et al., ArbGG, 9. Aufl. 2017, § 62 Rn. 18). Eine einschränkende Anwendbarkeit der Voraussetzung würde dieser in § 62 Abs. 1 Satz 1 ArbGG zum Ausdruck kommenden Zielsetzung zuwiderlaufen. Schließlich erfordert der Zusammenhang mit § 769 ZPO keine einschränkende Anwendbarkeit. Dass der Gesetzgeber verschiedene Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verfügung stellt und an unterschiedliche Voraussetzungen knüpft, unterliegt seiner Gestaltungsfreiheit. Es ist nicht erforderlich, insoweit einen Gleichlauf im Wege einer einschränkenden Anwendbarkeit zu konstruieren.

cc) Die Anwendung des § 62 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Satz 2 ArbGG gemäß dem Wortlaut ist mit den Grundsätzen der Verfassung vereinbar.

(1) So hat das Bundesarbeitsgericht bereits ausgeführt, dass Anhaltspunkte für die rechtliche Beurteilung, die gesetzliche Vorschrift des § 62 Abs. 1 Satz 2 und 3 ArbGG sei insgesamt verfassungswidrig, nicht ersichtlich seien. Das Erfordernis des „nicht zu ersetzenden Nachteils“ gelte für Beschäftigte sowie Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber gleichermaßen. Ob es im Einzelfall erfüllt sei, bleibe der entsprechenden gerichtlichen Prüfung vorbehalten, begründe aber nicht den Schluss, dass der Gesetzgeber generell mit den Erfordernissen dieser Vorschrift seinen Gestaltungsspielraum in nicht verfassungsgemäßer Weise ausgeübt habe (vgl. BAG, Beschluss vom 5. November 2003 - 10 AZB 59/03 -, juris, Rn. 12).

(2) Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt keine Verletzung des Anspruchs auf Justizgewährleistung vor, der sich für den Zivilprozess - und damit auch für das arbeitsgerichtliche Verfahren - aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG ergibt.

(a) Die aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Rechtsschutzgarantie gewährleistet nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in zivilrechtlichen Streitigkeiten - ebenso wie Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG für den Bereich des öffentlichen Rechts - nicht nur, dass überhaupt ein Rechtsweg zu den Gerichten offensteht. Sie garantiert vielmehr auch die Effektivität des Rechtsschutzes und eine grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstandes sowie eine verbindliche Entscheidung durch die Richterin oder den Richter. Die Gewährleistung schließt eine gesetzliche Ausgestaltung der Voraussetzungen und Bedingungen des Zugangs allerdings nicht aus. Die Rechtsschutzgewährung durch die Gerichte bedarf einer normativen Ausgestaltung durch eine Verfahrensordnung. Dabei kann der Gesetzgeber auch Regelungen treffen, die für ein Rechtsschutzbegehren besondere formelle Voraussetzungen aufstellen und sich dadurch für Rechtsuchende einschränkend auswirken. Solche Einschränkungen müssen aber mit den Belangen einer rechtsstaatlichen Verfahrensordnung vereinbar sein und dürfen die einzelne rechtsuchende Person nicht unverhältnismäßig belasten. Darin findet die Ausgestaltungsbefugnis des Gesetzgebers zugleich ihre Grenze. Der Rechtsweg darf danach nicht in unzumutbarer, durch Sachgründe der genannten Art nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden. Das gilt auch für das mit der Rechtsverfolgung verbundene Kostenrisiko. Mit der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Justizgewährungspflicht ist es nicht vereinbar, wenn die rechtsuchende Partei mit einem Kostenrisiko belastet würde, das außer Verhältnis zu ihrem subjektiven Interesse an dem Verfahren steht (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 2. März 1993 - 1 BvR 249/92 -, juris, Rn. 21, m.w.N.; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 12. Februar 1992 - 1 BvL 1/89 -, juris, Rn. 27 f.).

(b) Dies zu Grunde gelegt, verstößt es nicht gegen den Justizgewährungsanspruch, dass nach eingelegter Berufung die Einstellung der Zwangsvollstreckung an strengere Voraussetzungen geknüpft wird als bei einer Vollstreckungsabwehrklage. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit der Gesetzgeber dadurch seinen Gestaltungsspielraum überschritten hätte.

Der Schuldnerin wird es nicht unmöglich gemacht, zu einer vollständigen Überprüfung ihrer Angelegenheit - hier des erstinstanzlich ausgeurteilten Weiterbeschäftigungsanspruchs unter Berücksichtigung sämtlicher Einwendungen - zu kommen. Dies kann im Wege der Berufung erfolgen, mit der nicht nur die erstinstanzlich erhobenen Einwendungen, sondern auch neu eingetretene, dem Anspruch entgegenstehende Umstände geltend gemacht werden können. Dass die Zwangsvollstreckung in dieser Lage mit dem Erfordernis des nicht zu ersetzenden Nachteils an strengere Voraussetzung geknüpft wird als bei einer Vollstreckungsabwehrklage, mit der gemäß § 767 Abs. 2 ZPO nur nach Schluss der mündlichen Verhandlung entstandene Einwendungen geltend gemacht werden können, führt nicht dazu, dass der Schuldnerin Einwendungen abgeschnitten werden. Sie kann sie im Wege der Berufung geltend machen.

Es besteht auch kein faktischer Zwang, um den Preis einer erleichterten Möglichkeit, die Zwangsvollstreckung nach § 769 ZPO einstweilen eingestellt zu bekommen, einen solchen Verlust in Kauf zu nehmen. Denn Einwendungen gegen den Weiterbeschäftigungsanspruch, die unabhängig von der Rechtsunwirksamkeit der streitgegenständlichen Kündigung sind und bereits erstinstanzlich erhoben, vom Arbeitsgericht aber nicht als dem Beschäftigungsanspruch entgegenstehend gewürdigt wurden, erweisen sich in den meisten Fällen als solche Umstände, die einen nicht zu ersetzenden Nachteil darstellen können, etwa die Unmöglichkeit der Beschäftigung oder die Gefahr einer Schadensverursachung bei Beschäftigung des Arbeitnehmers. Fallgestaltungen, bei der erstinstanzlich gegen den (Weiter-)Beschäftigungsanspruch erhobene Einwendungen nicht im Rahmen des nicht zu ersetzenden Nachteils Berücksichtigung fänden, hat die Beklagte nicht aufgezeigt; sie sind auch nicht ersichtlich. Dass solche bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Erkenntnisverfahrens waren, hindert eine Berücksichtigung im Rahmen des § 62 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Satz 2 ArbGG nicht (vgl. BAG, Beschluss vom 15. April 2009 - 3 AZB 93/08 -, juris, Rn. 26, das ausdrücklich auf § 62 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 ArbGG verweist; ebenso Walker, in: Schwab/Weth, ArbGG, 5. Aufl. 2018, § 62 Rn. 82 Fn. 6; a.A. unter Verweis auf das BAG, a.a.O.: Schleusener, in: Germelmann et al., ArbGG, 9. Aufl. 2017, § 62 Rn. 22).

Ebenso wenig führt die höhere Kostenlast, die sich aus einer aufgespalteten Prüfung im Weg der beschränkten Berufung und der Vollstreckungsabwehrklage ergibt, zu einer Unvereinbarkeit mit dem Justizgewährungsanspruch. Es ist nicht ersichtlich, dass die Prüfung in zwei Verfahren und das damit verbundene Kostenrisiko die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der oder des Einzelnen überstiege oder die Beschreitung des Rechtsweges sich als praktisch unmöglich darstellte, weil das Kostenrisiko zu dem mit dem Verfahren angestrebten wirtschaftlichen Erfolg derart außer Verhältnis stünde, dass die Anrufung der Gerichte nicht mehr sinnvoll erschiene (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 12. Februar 1992 - 1 BvL 1/89 -, juris, Rn. 33).

(c) Im Ausgangsverfahren jedenfalls erweist sich die Frage der Verfassungsmäßigkeit zudem nicht als entscheidungserheblich. Denn die Beklagte hat weder erstinstanzlich noch in ihrer Berufungsbegründung Umstände aufgezeigt, die dem Weiterbeschäftigungsanspruch unabhängig von der Entscheidung über die Kündigungsschutzanträge bereits bei Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz entgegengestanden wären. Zudem war die Beklagte mit Blick auf den zeitlichen Ablauf in der Lage, eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung auf Grundlage des § 769 ZPO zu beantragen. Denn die weiteren Kündigungen vom 24. November 2017 sind als neue Einwendung vor Einlegung der Berufung am 7. Dezember 2017 ausgesprochen worden, so dass die Beklagte nicht außer Stande war, eine auf die Kündigungsschutzanträge beschränkte Berufung sowie eine mit einem Antrag nach § 769 ZPO verbundene Vollstreckungsabwehrklage einzulegen und jeglichen aus ihrer Sicht drohenden Rechtsverlust durch eigenes Handeln zu verhindern.

d) Bedarf es demnach eines nicht zu ersetzenden Nachteils, liegt ein solcher nicht vor.

aa) Ein nicht zu ersetzender Nachteil i.S.v. § 62 Abs. 1 Satz 2 ArbGG ist mehr als ein lediglich schwer zu ersetzender Nachteil. Ein solcher ist allein dann anzunehmen, wenn er nicht abgewendet oder bei Wegfall des Vollstreckungstitels nicht durch Geld oder andere Mittel ausgeglichen werden kann (vgl. LAG München, Beschluss vom 16. Mai 2017 - 6 Sa 203/17 -, n.v., unter II. 2. b. der Gründe; LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. August 2008 -5 Sa 52/08 -, juris, Rn. 27; Walker, in: Schwab/Weth, ArbGG, 5. Aufl. 2018, § 62 Rn. 16).

Die Tatsache der Weiterbeschäftigung allein stellt keinen solchen nicht zu ersetzenden Nachteil für die Arbeitgeberin als Vollstreckungsschuldnerin dar. Für die mit der Beschäftigung verbundene Entgeltzahlung erhält diese im Gegenzug die übliche Arbeitsleistung. Allein die Einschränkung der Handlungsfreiheit, die für die Arbeitgeberin mit dem Zwang zur Beschäftigung des Arbeitnehmers verbunden ist, ist nicht bereits ein unersetzbarer Nachteil i.S.d. § 62 Abs. 1 Satz 2 ArbGG. Anderenfalls wäre ein Weiterbeschäftigungsanspruch vor Rechtskraft eines insoweit stattgebenden Urteils nicht vollstreckbar. Deshalb ist die Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem Weiterbeschäftigungstitel nur bei Vorliegen besonderer Umstände denkbar - etwa dem Wegfall des betreffenden Arbeitsplatzes und der daraus resultierenden objektiven Unmöglichkeit der Beschäftigung oder bei konkret zu befürchtenden Schäden, die bei einer tatsächlichen Beschäftigung drohten, oder sonstiger atypischer Umstände, die im Einzelfall mit einer Beschäftigung verbunden sein mögen (vgl. LAG München, Beschluss vom 7. April 2014 - 4 Sa 148/14 -, n.v., unter 1. a) der Gründe; Walker, in: Schwab/Weth, ArbGG, 5. Aufl. 2018, § 62 Rn. 19; Schleusener, in: Germelmann et al., ArbGG, 9. Aufl. 2017, § 62 Rn. 22).

bb) Solche Umstände hat die Beklagte nicht geltend gemacht. Sie sind auch nicht ersichtlich.

3. Nach § 62 Abs. 1 Satz 5 ArbGG ergeht die Entscheidung durch unanfechtbaren Beschluss, so dass ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 626 Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 767 Vollstreckungsabwehrklage


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 719 Einstweilige Einstellung bei Rechtsmittel und Einspruch


(1) Wird gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil der Einspruch oder die Berufung eingelegt, so gelten die Vorschriften des § 707 entsprechend. Die Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil darf nur gegen Sicherheitsleistung einges

Zivilprozessordnung - ZPO | § 769 Einstweilige Anordnungen


(1) Das Prozessgericht kann auf Antrag anordnen, dass bis zum Erlass des Urteils über die in den §§ 767, 768 bezeichneten Einwendungen die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung eingestellt oder nur gegen Sicherheitsleistung fortgese

Zivilprozessordnung - ZPO | § 707 Einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung


(1) Wird die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder eine Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt oder die Rüge nach § 321a erhoben oder wird der Rechtsstreit nach der Verkündung eines Vorbehaltsurteils fortgesetzt, so kann das Gericht auf Antrag

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 62 Zwangsvollstreckung


(1) Urteile der Arbeitsgerichte, gegen die Einspruch oder Berufung zulässig ist, sind vorläufig vollstreckbar. Macht der Beklagte glaubhaft, daß die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, so hat das Arbeitsgericht auf se

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 55 Alleinentscheidung durch den Vorsitzenden


(1) Der Vorsitzende entscheidet außerhalb der streitigen Verhandlung allein 1. bei Zurücknahme der Klage;2. bei Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch;3. bei Anerkenntnis des geltend gemachten Anspruchs;4. bei Säumnis einer Partei;4a. über die V

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Landesarbeitsgericht München Beschluss, 05. März 2018 - 4 Sa 823/17 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

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Landesarbeitsgericht München Beschluss, 05. März 2018 - 4 Sa 823/17

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Tenor Der Antrag der Beklagten vom 2. Februar 2018 auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 2. November 2017 - 11 Ca 160/16 - wird zurückgewiesen. Gründe

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Tenor 1) Es wird festgestellt, dass die mit Kündigungsschreiben vom 24.10.2016 erklärte Kündigung das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht mit Ablauf des 30.4.2017 aufgelöst hat. 2) Es wird festgestellt, dass

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Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten zu 1. und der Beklagten zu 2. wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 22. November 2012 - 11 Sa
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Landesarbeitsgericht München Beschluss, 05. März 2018 - 4 Sa 823/17

bei uns veröffentlicht am 05.03.2018

Tenor Der Antrag der Beklagten vom 2. Februar 2018 auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 2. November 2017 - 11 Ca 160/16 - wird zurückgewiesen. Gründe

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Tenor

1) Es wird festgestellt, dass die mit Kündigungsschreiben vom 24.10.2016 erklärte Kündigung das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht mit Ablauf des 30.4.2017 aufgelöst hat.

2) Es wird festgestellt, dass die mit Kündigungsschreiben vom 28.3.2017 erklärte Kündigung das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht mit sofortiger Wirkung aufgelöst hat.

3) Es wird festgestellt, dass die mit Kündigungsschreiben vom 29.03.2017 erklärte Kündigung das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht mit Ablauf des 30.9.2017 aufgelöst hat.

4) Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses zu unveränderten Vertragsbedingungen als „Leiter Client Procurement Global Operations und taktisches Sourcing Region Europe" weiter zu beschäftigen.

5) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Euro 55.440,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 2.6.2017 zu bezahlen.

6) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Euro 13.860 brutto nebst Zinsen Höhe von 5% Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 2.6.2017 zu bezahlen.

7) Die Beklagte trägt von den Kosten des Rechtsstreits 13/17, der Kläger 4/17.

8) Der Streitwert für das Verfahren wird festgesetzt auf € 174.210,-.

Tatbestand

Die Parteien streiten zuletzt noch über den Bestand des Arbeitsverhältnisses sowie ausstehende Bonuszahlungen aus den Jahren 2016 und 2017.

Der 1960 geborene Kläger ist bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin zu einem Bruttomonatsgehalt von ca. 17.485,00 € beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Prozessparteien besteht seit dem 01.04.2013, als es im Wege eines Betriebsüberganges von der XY GmbH auf die Beklagte überging.

Die Beklagte ist eines der größten europäischen Telekommunikationsunternehmen. Der Kläger ist im Betrieb der Beklagten in der I.Straße, B-Stadt, beschäftigt. In diesem Betrieb ist ein Betriebsrat errichtet.

Bei der Beklagten gilt seit dem 01.01.2017 unter anderem die nationale Konzern-Reiserichtlinie (KRR). Hinsichtlich der Details wird Bezug genommen auf den Schriftsatz vom 21.07.2017 samt Anlagen (Blatt 383 ff. der Akte). Zeitlich vorgelagert galt bei der Beklagten ab dem 01.01.2011 die sogenannte Konzern-Reiserichtlinie (auf Anlage K29, Bl. 576 ff. d.A. wird Bezug genommen).

Mit seiner Klage sowie den Klageerweiterungen, wendet sich der Kläger gegen mehrere Kündigungen (Kündigung vom 24.10.2016, vom 28.03.2017, vom 29.03.2017). Er macht geltend, die Kündigungen seien unwirksam, da weder ein wichtiger Grund, noch betriebs-, personen- oder verhaltensbedingte Kündigungsgründe vorlägen.

Des Weiteren trägt der Kläger vor, er habe Anspruch auf die von ihm geltend gemachten Bonuszahlungen. Zunächst sei die Beklagte hinsichtlich der Verhandlungen über die Zielvereinbarungen und die damit im Zusammenhang stehenden Zahlungsverpflichtungen verhandlungsbereit gewesen. Nach Ausspruch der Kündigungen vom 28.03.2017 sowie 29.03.2017 habe die Beklagte jedoch plötzlich bekanntgegeben, diesbezüglich nicht weiter verhandlungsbereit zu sein. Daraufhin habe der Kläger die Verpflichtung des Arbeitgebers zu einer Zielvereinbarung nach dem „Lead to Win“ Zielprozess für das Jahr 2016 angemahnt. Gleichwohl habe der Arbeitgeber auch für das Jahr 2016 vertragswidrig keine Zielvereinbarung mit dem Kläger getroffen. Auch für das Jahr 2017 habe die Beklagte vertragswidrig keine Zielvereinbarung mit dem Kläger getroffen. Der Managementbonus für das Jahr 2016 sei im Monat Mai 2017 fällig gewesen. Eine Abrechnung und Auszahlung dieses Bonus für das Jahr 2016 sei jedoch nicht erfolgt. Auch für das Jahr 2017 sei für den Zeitraum bis zum Zugang der außerordentlichen Kündigung am 31.03.2017 keine anteilige Abrechnung und Auszahlung des Managementbonus erfolgt. Hinsichtlich der vertraglichen Grundlagen und des Vortrages hierzu wird Bezug genommen auf den Schriftsatz vom 31.05.2017 (Bl. 327 ff. d.A.). Insbesondere seien dem Kläger keine gesonderten Regelungen über die Zahlung eines erfolgsabhängigen variablen Gehaltsbestandteils nach § 10 Ziffer 1 b für den Fall der Krankheit bekanntgegeben worden. Die Beklagte habe es verabsäumt, entsprechend dem sogenannten „Lead to Win“ Zielprozess eine Zielvereinbarung mit dem Kläger abzuschließen. Bezüglich der Inhalte des „Lead to Win“ Prozesses sowie deren Übersetzung wird Bezug genommen auf den Schriftsatz vom 31.05.2017 (Bl. 328 ff. d.A.). Der Prozess der Zielvereinbarung beruhe auf einem fortdauernden Dialog zwischen dem direkten Vorgesetzten und dem direkten Untergebenen. Die Zielvereinbarung erfolge bis spätestens März eines Jahres, in einem ersten „Checkin“ Gespräch. Weder für das Jahr 2015 noch für die vorliegend streitgegenständlichen Jahre 2016 und 2017 habe die Beklagte mit dem Kläger eine Zielvereinbarung nach diesem Zielprozess gesucht. Dies insbesondere auch nicht nach den erfolgten Aufforderungen des Klägers im Jahr 2016.

Dem Kläger stehe daher gegen die Beklagte eine Zahlung auf variable Vergütung in Höhe von € 55.440,00 brutto für das Jahr 2016 und in Höhe von € 13.860,00 brutto anteilig für das Jahr 2017 zu. Halte es der Arbeitgeber trotz einer dahingehenden Verpflichtung, aus ihm zu vertretenden Gründen nicht für erforderlich, eine Zielvereinbarung mit dem Arbeitgeber zu suchen, schulde der Arbeitgeber Schadensersatz wegen entgangener Bonuszahlungen. Der Arbeitsvertrag in Verbindung mit dem Zielprozess der Beklagten sehe eine derartige Verpflichtung der Beklagten zu einer Zielvereinbarung vor. Unbeachtlich sei in diesem Zusammenhang insbesondere die im Jahr 2016 teilweise bestehende Arbeitsunfähigkeit des Klägers. Denn für Zeiträume, in denen der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall habe, könne dies die variable Vergütung nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers beeinflussen. Eine Kürzungsvereinbarung müsste sich ohnehin in den Grenzen des § 4 a EFZG halten.

Mit Schriftsatz vom 31.05.2017 hat der Kläger die von ihm noch gestellten Anträge zusammengefasst und beantragt zuletzt wie folgt:

„I. Es wird festgestellt, dass die mit Kündigungsschreiben vom 24.10.2016 erklärte Kündigung das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht mit Ablauf des 30.04.2017 auflöst.“

II. Es wird festgestellt, dass die mit Kündigungsschreiben vom 28.03.2017 erklärte Kündigung das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht mit sofortiger Wirkung aufgelöst hat.

III. Es wird festgestellt, dass die mit Kündigungsschreiben vom 29.03.2017 erklärte Kündigung das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht mit Ablauf des 30.09.2017 auflöst.

IV. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.

V.

Für den Fall des Obsiegens mit den Klageanträgen zu Ziff. I. - zu Ziff. III. wird hilfsweise beantragt,

Die wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses zu unveränderten Vertragsbedingungen als „Leiter Client Procurement Global Operations und taktisches Sourcing Region Europe“ weiter zu beschäftigen.

VI. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 55.440,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

VII. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 13.860,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

VIII.

Für den Fall des Unterliegens mit dem Klageantrag zu Ziff. I. wird beantragt,

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 32.647,38 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

IX.

Für den Fall des Unterliegens mit dem Klageantrag zu Ziff. II. wird beantragt,

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 30.606,92 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

X.

Für den Fall des Unterliegens mit dem Klageantrag zu Ziff. III. wird beantragt,

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 45.910,38 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, Klageabweisung.

Sie trägt vor, dass es zutreffe, dass die Beklagte in zeitlicher Hinsicht die Vorgaben des Zielprozesses nicht eingehalten habe. Im Übrigen sei der Kläger vom 19.01.2016 bis zum 22.01.2016 arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Ebenso in dem Zeitraum vom 27.01.2016 bis zum 16.10.2016 sei der Kläger ununterbrochen arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Erst am 17.10.2016 - offenbar nachdem der Kläger durch die angehörten Arbeitgebergremien bzw. Betriebsrat von der geplanten Kündigung erfahren habe - sei er wieder im Büro erschienen. Der D. seien in den genannten Zeiträumen erhebliche Entgeltfortzahlungskosten entstanden. Für das Jahr 2015 € 33.306,00 und für das Jahr 2016 € 140,869,00 (auf die weiteren Ausführungen im Schriftsatz vom 27.01.2017, Bl. 234 ff. d.A. wird Bezug genommen). Bereits am 14.12.2015 habe die Beklagte dem Kläger einen konkreten Termin für die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements angeboten. Diesbezüglich habe der Kläger angegeben, dass er kein entsprechendes Schreiben erhalten habe. Daraufhin habe die Beklagte dem Kläger dieses Schreiben erneut zur Verfügung gestellt. Des Weiteren habe sich der Kläger zur Durchführung einer Wiedereingliederung zwar grundsätzlich bereit erklärt, er sei aber zu dem vorgeschlagenen Termin am 22.12.2015 nicht erschienen. Zu einer Vereinbarung eines weiteren Gesprächstermins sei es zunächst wegen der fortgesetzten Arbeitsunfähigkeit des Klägers nicht gekommen. In der Folge habe die Beklagte zwar gemeinsam mit dem vom Kläger als Vertrauensperson angegebenen Betriebsratsmitglieds zwei Besprechungstermine geplant und die Einladung auch an den Kläger versandt, allerdings sei diese Terminseinladung, ohne jede Rückmeldung des Klägers, verstrichen. Erst mit den als Anlage K11 und K14 vorgelegten Schreiben vom 17. u. 24.10.2016 habe der Kläger auf die Einladungsschreiben zum betrieblichen Eingliederungsmanagement reagiert. Interessanterweise sei dies just an dem Tag geschehen, an dem der Arbeitgeber die Betriebsratsanhörung per Mail an den Betriebsrat gesandt habe. Am 14.10. habe die Beklagte den Sprecherausschuss zur beabsichtigten ordentlichen Kündigung des Klägers angehört. Über die Krankheitsursachen beim Kläger sei der Beklagten vor Ausspruch der Kündigung nichts bekannt gewesen. Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung am 26.10.2016 habe die Beklagte nicht damit rechnen können, dass der Kläger, in den auf den Ausspruch der Kündigung folgenden 24 Monaten, wieder arbeitsfähig werden würde. Dass der Kläger sich unter dem Eindruck der nahenden Kündigung arbeitsfähig gemeldet habe, sei insoweit nicht relevant. Es werde in diesem Zusammenhang erneut ausdrücklich bestritten, dass der Kläger ab dem 17.10.2016 wieder arbeitsfähig gewesen sei. Der Kläger beschränke sich vorliegend darauf zu behaupten, die Erkrankung des Klägers sei auch auf Erlebnisse im Arbeitsverhältnis zurückzuführen. Unter Zugrundelegung der von der Beklagten vorgetragenen und unbestrittenen Krankheitszeiten des Klägers sei daher von einer negativen Prognose auszugehen. Auch lägen erhebliche Beeinträchtigungen der betrieblichen Interessen der Beklagten vor. Zudem spreche eine Interessensabwägung im vorliegenden Fall gegen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Für den Kläger sprechen zwar die ihn treffende Unterhaltspflicht gegenüber seiner Ehefrau und seine Betriebszugehörigkeit von über acht Jahren. Diese Aspekte reichten aber nicht an die erheblichen betrieblichen Beeinträchtigungen seitens der Beklagten heran. Auch habe die Beklagte vor Ausspruch der Kündigung mehrfach versucht, ein betriebliches Eingliederungsmanagement mit dem Kläger durchzuführen. Erst nachdem der Kläger von der Vorbereitung der Kündigung erfahren hätte, habe er sich in seiner Haltung gegenüber den Eingliederungsversuchen geändert. Das Verhalten des Klägers sei insofern äußerst widersprüchlich, so dass ihm die Berufung auf ein angeblich nicht durchgeführtes betriebliches Eingliederungsmanagement verwehrt sei.

Mittels eines anonymen Hinweises über das im Konzern der Beklagten eingerichtete Compliance-Eingangstor „Teil Me“ sei der Beklagten zur Kenntnis gebracht worden, dass der Kläger im Zeitraum von 2011 bis 2015 seiner Verantwortung als Kostenstellenverantwortlicher nicht pflichtgemäß nachgekommen sei. Er habe die Vorgaben eines wirtschaftlichen Kostenmanagements durch die Genehmigung von Dienstreisen mit unwirtschaftlichen Reisemitteln in erheblichem Umfang massiv verletzt und dadurch dem Unternehmen dauerhaft wirtschaftlichen Schaden zugefügt. Der anonyme Hinweis habe eine sehr konkrete Angabe zu einer Vielzahl von Reisedaten und Zielen zweier Mitarbeiter aus der damals durch den Kläger geführten Organisationseinheit aus dem Zeitraum von 2011 bis 2015 enthalten. Die Vorgaben über die Durchführung und Genehmigung von Dienstreisen ergäben sich nicht allein aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot als Konsequenz der arbeitsvertraglichen Treuepflicht, sondern seien unter anderem konkretisiert in der nationalen Konzern-Reiserichtlinie (KRR). Aus diesen Regelungen ergebe sich, dass der Kostenverantwortliche sowie der Reisende vor jeder Reise zu prüfen hätten, welches Reisemittel das wirtschaftlichste für diese Reise sei. Die generelle Nutzung von Privatkraftfahrzeugen oder Gehaltsumwandlungsfahrzeugen für Dienstreisen sei ausgeschlossen. Bei der Untersuchung sei festgestellt worden, dass den beiden im Compliance-Hinweis namentlich benannten Mitarbeitern im Verantwortungsbereich des Klägers im angegebenen Zeitraum tatsächlich und in erheblichem Umfang Geschäftsreisen mit privaten Kraftfahrzeugen genehmigt worden seien. Da dem Kläger im Zeitraum vom 2011 bis 2015 ein Geschäftsfahrzeug zur Verfügung gestanden hätte, wäre dieses für Reisen, an denen er selbst teilgenommen habe und die nicht mit dem Flugzeug wirtschaftlicher hätten absolviert werden können, zu nutzen gewesen (auf die weiteren Ausführungen im Schriftsatz vom 21.07.2017, Bl. 383 ff. d.A. wird Bezug genommen). Sodann habe der Compliance-Bereich der Beklagten von den Vorwürfen berichtet. In der Folge habe sich die Beklagte entschieden, den Kläger zu diesen Angelegenheiten anzuhören. Der Kläger sei dementsprechend am 02.03.2017 mit den Feststellungen konfrontiert worden. Der Kläger habe jedoch im Rahmen der persönlichen Anhörung zu den Dienstreisen und den Reisezielen im Einzelnen nichts sagen können. Er habe ausgeführt, er müsse dies zunächst prüfen. In seiner Stellungnahme habe sich der Kläger darauf berufen, sein damaliger Vorgesetzter, Herr S., habe die Kostenstelle für ihn eingerichtet, das Budget eingestellt und die Kostenstelle kontrolliert. Darüber hinaus habe der Kläger angegeben, mit dem Vorgesetzten, Herrn S., die Dienstreisen regelmäßig durchgesprochen zu haben. Daraufhin seien, so die Angaben des Klägers, die Dienstreisen von Herrn S. genehmigt worden. Sodann sei Herr S. zu diesen Angaben befragt worden. Herr S. habe angegeben, dass zwar - zumindest phasenweise - internationale Reise für Mitarbeiter mit ihm hätten abgestimmt werden müssen, für nationale Reisen hätte der Kläger jedoch vollständig die Verantwortung getragen. Zudem sei es Herrn S. nicht erinnerlich, dass ihm jemals eine innerdeutsche Standardreise zur Genehmigung vorgelegt worden sei. Insgesamt sei regelmäßig im Führungskreis die Planung des gesamten Abteilungsbudgets und dessen Verteilung auf die verschiedenen Abteilungen im Bereich besprochen und lediglich daraufhin betrachtet worden, ob etwas aus dem Ruder laufe. Daher halte die Beklagte die Einlassung des Klägers, sein Vorgesetzter S. habe die Verantwortung für die Wahl der Reisemittel im Einzelnen übernommen oder Genehmigungen dahingehend erteilt, in großem Stil private Kraftfahrzeuge für Dienstriesen zu nutzen, für eine reine Schutzbehauptung, die im Übrigen auch nicht geeignet wäre, den Kläger als Führungskraft und Kostenstellenverantwortlichen von seiner eigenen Verantwortung für die Einhaltung der Regelungen der Beklagten zu entbinden.

Die am 28.03.2017 ausgesprochene außerordentliche fristlose Kündigung sei daher wirksam. Hilfsweise sei die ordentliche Tat- und Verdachtskündigung ausgesprochen worden. Diesbezüglich werde vollumfänglich zu dem zur außerordentlichen Kündigung vorgelegten Vortrag Bezug genommen.

Auch könne es dem Kläger nicht gelingen, seine Verantwortung bei der Prüfung der Reisekostenabrechnungen der ihm unterstellten Mitarbeiter auf andere Personen abzuwälzen. Tatsächlich hätte der Kläger die Einzelkontrolle gerade nicht vollständig delegieren, sondern sich für jeden Einzelfall die vorherige Genehmigung vorbehalten müssen. Zudem werde bestritten, dass es eine Geschäftsfahrzeug-Sonderlösung für Vielfahrer gegeben habe. Auch werde bestritten, dass eine solche Regelung von Herrn S. verhandelt oder sogar angewiesen worden sei (auf die weiteren Ausführungen im Schriftsatz vom 18.10.2017, Bl. 588 ff. d.A. wird Bezug genommen).

Der Kläger hält dem entgegen, dass die Beklagte die Voraussetzung einer krankheitsbedingten Kündigung nicht darzustellen vermöge. Hinsichtlich einer etwaigen krankheitsbedingten dauernden Leistungsunfähigkeit trage die Beklagte selbst nichts vor. Vorliegend sei der Kläger bereits vor Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung wieder arbeitsfähig gewesen. Ob der Kläger hätte auf einem anderweitigen Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden können, habe die Beklagte trotz ausdrücklichen Wunsches des Klägers nicht eruiert. Erst innerhalb des betrieblichen Eingliederungsmanagements am 12.12.2016 sei festgehalten worden, dass bisher keine arbeitgeberseitigen Maßnahmen hinsichtlich des betrieblichen Eingliederungsmanagements erfolgt seien. Die Beklagte stütze sich vorliegend offenbar allein auf den Tatbestand einer angeblich lang andauernden Erkrankung. Hierbei verkenne die Beklagte jedoch bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen, die das Bundesarbeitsgericht diesbezüglich aufgestellt habe. Denn die Fallgruppe der langandauernden Erkrankung erfordere jedenfalls, dass zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung die Arbeitsunfähigkeit noch andauere und der Zeitpunkt der Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit objektiv nicht absehbar sei. Sei der Arbeitnehmer jedoch im maßgeblichen Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung - wie vorliegend - arbeitsfähig, könne keine negative Gesundheitsprognose erstellt werden. Hinsichtlich einer negativen Gesundheitsprognose trage die Beklagte auch nichts weiter vor. Vielmehr gestehe die Beklagte zu, dass der Kläger vor Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung wieder arbeitsfähig gewesen sei und seine Arbeitsleistung erbracht habe. Zudem gestehe die Beklagte zu, dass der Kläger bereits mit Schreiben vom 17.10.2016 einem betrieblichen Eingliederungsmanagement ausdrücklich zugestimmt habe und hierbei seine Kontaktdaten zur Vereinbarung eines diesbezüglichen Termins angegeben habe (auf die weiteren Ausführungen im Schriftsatz vom 17.03.2017, Bl. 276 ff. d.A. wird Bezug genommen). Zudem habe der Kläger an unterschiedlichsten Erkrankungen gelitten. Diesbezüglich sei der behandelnde Arzt auch von seiner Schweigepflicht entbunden worden. Insbesondere habe der Kläger für den Zeitraum vom 27.01.2016 bis zum 16.10.2016 an einer psychischen Belastungsstörung, ausgelöst durch die Erlebnisse im Arbeitsverhältnis, gelitten. Diese Krankheit sei aber ausgeheilt. Vor diesem Hintergrund sei die krankheitsbedingte Kündigung vom 24.10.2016 rechtsunwirksam.

Auch die in der Folge ausgesprochenen Kündigungen aufgrund der vorgeworfenen Pflichtverstöße seien rechtsunwirksam. Die Darlegung einer „Minderleistung“, mithin eines Verstoßes gegen den subjektiven Leistungsbegriff, versuche die Beklagte nicht einmal. Vielmehr meine die Beklagte aufgrund eines angeblich anonymen Hinweises, dass der Kläger seine Aufgabe als Kostenstellenverantwortlicher nicht pflichtgemäß nachgekommen sei. Dies sei in mehrfacher Hinsicht offensichtlich unzutreffend. So behaupte die Beklagte vorliegend Verstöße zweier benannter Mitarbeiter gegen eine interne Konzern-Reiserichtlinie, die nachweislich erst am 01.01.2017 in Kraft getreten sei. Die sei, bezogen auf die streitgegenständlichen Umstände aus den Jahren 2011 bis 2015, denknotwendig rechtlich unmöglich. Auch hätten die streitgegenständlichen Mitarbeiter im genannten Zeitraum einer Geschäftsfahrzeug-Sonderlösung für Vielfahrer unterlegen. Diese sei mit dem vormaligen Vorgesetzten des Klägers, Herrn S., vereinbart worden (auf die weiteren Ausführungen im Schriftsatz vom 18.09.2017, Bl. 544 ff. d.A. wird Bezug genommen). Entscheidend sei darüber hinaus, dass der Kläger, selbst bei einem unterstellten Fehlverhalten der genannten Mitarbeiter, für diese rechtlich nicht einzutreten hätte. Denn die entsprechende Regelung beinhalte keine entsprechende Prüfungspflicht des Klägers. Die Beklagte habe die Aufgabe eines Kostenstellenverantwortlichen nicht einmal für den Kläger erkennbar definiert. Vielmehr habe die Beklagte diesen Bereich für den Kläger ungeregelt gelassen, um dem Kläger nunmehr ein etwaiges Fehlverhalten vorzuwerfen. Sofern die Beklagte jedoch einen Bereich ungeregelt belässt, habe diese dem Kläger jedenfalls vor Ausspruch einer Kündigung, dessen angeblich gewollte Pflichtverletzung zumindest im Ansatz darzulegen bzw. zuvor eine Abmahnung zu diesem Zwecke auszusprechen.

Hinsichtlich des weiteren Vortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle Bezug genommen, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, § 313 Abs. 2 ZPO.

Gründe

Die zulässige Klage war begründet.

I.

Die Klage war zulässig. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3, 3 b ArbGG eröffnet. Die örtliche Zuständigkeit des erkennenden Gerichtes folgt aus § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. §§ 12, 17 ZPO.

II.

1. Der vom Kläger für das Jahr 2016 geltend gemachte Bonusanspruch war inhaltlich begründet und daher zuzusprechen.

Ein Bonus wird - wie hier - vielfach in einer Zielvereinbarung festgelegt. Wegen des Motivationsgedankens ist Kernpunkt der Führung durch Zielvereinbarung, dass sich Leitungspersonen und Arbeitnehmer über die vorzugebenden Ziele einigen. Hat ein Arbeitnehmer nach dem Arbeitsvertrag Anspruch auf einen variablen Gehaltsbestandteil gemäß einer Zielvereinbarung, verpflichtet dies den Arbeitgeber, mit dem Arbeitnehmer Verhandlungen über den Abschluss einer Zielvereinbarung zu führen und ihm realistische Ziele für die jeweilige Zielperiode anzubieten. Soll eine Zielvereinbarung bis zum Abschluss einer Folgevereinbarung fortgelten, bleibt die Verpflichtung des Arbeitgebers, für das Folgejahr dem Arbeitnehmer ein neues Angebot zu unterbreiten und über eine neue Zielvereinbarung zu verhandeln, regelmäßig bestehen. Aus der vereinbarten Nachwirkung folgt zwar die vorübergehende Weitergeltung der abgelaufenen Zielvereinbarung. Die Verhandlungspflichten in Bezug auf eine sich anschließende Zielvereinbarung sind dadurch aber nicht erledigt. Weist der Arbeitgeber nach, dass er seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtung, für jede Zielperiode gemeinsam mit dem Arbeitnehmer Ziele festzulegen, nachgekommen ist und dem Arbeitnehmer Ziele vorgeschlagen hat, die dieser nach einer auf den Zeitpunkt des Angebotes bezogenen Prognose hätte erreichen können, fehlt es an einer Verletzung der Verhandlungspflicht des Arbeitgebers und damit an einer Voraussetzung für den Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers. Als Schadensersatz kann die vertraglich geregelte Vergütung ganz oder anteilig zu leisten sein, wobei dem Richter nach § 287 ZPO die Möglichkeit eröffnet ist, den entgangenen Gewinn des Arbeitnehmers im Sinne von § 252 BGB zu schätzen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes findet diese schadensrechtliche Lösung auch dann Anwendung, wenn die nach der Rahmenvereinbarung notwendige Zielvereinbarung nicht abgeschlossen wird. Die Festlegung von Zielen wird jedenfalls mit Ablauf der Zielperiode im Sinne von § 275 BGB unmöglich, so dass der Arbeitnehmer nach § 280 i.V.m. Abs. 3 i.V.m. § 283 BGB statt der Festlegung von Zielen Schadensersatz verlangen kann (siehe hierzu Müller-Glöge in: Münchner Kommentar zum BGB, § 611, Rn 758 ff. m.w.N.).

a. Gemessen an diesen Maßstäben hat der Kläger den geltend gemachten Anspruch in Form eines Schadensersatzanspruches. Maßgeblich für die abzuschließende Zielvereinbarung ist bei der Beklagten der sogenannte „Lead to Win“ Zielprozess. Für das Jahr 2016 wurde seitens des Arbeitgebers aber keine Zielvereinbarung mit dem Kläger getroffen. Auf Nachfrage räumte der Beklagtenvertreter ausdrücklich ein, dass die zeitlichen Vorgaben dieses Prozesses nicht eingehalten wurden. Darüber hinaus wurde tatsächlich auch keine Verhandlung über die Ziele vorgenommen. Es kann letztlich daher dahinstehen, ob die Beklagte dem Kläger einseitig Ziele vorgegeben hat, da in der vertraglichen Konkretisierung des Zielvereinbarungsprozesses, der bei der Beklagten gilt, eine entsprechende Verhandlungspflicht konstituiert ist. Diese Verhandlungspflicht korrespondiert mit der von der Rechtsprechung vorgegebenen Verhandlungspflicht, wie oben nachgewiesen wurde. Jedenfalls dieser Verhandlungspflicht ist die Beklagte nicht nachgekommen.

b. Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang die im Jahr 2016 teilweise bestehende Arbeitsunfähigkeit des Klägers. Denn für Zeiträume, in denen der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall hat, kann dies die variable Vergütung grundsätzlich nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers beeinflussen. Eine entsprechende Kürzungsvereinbarung müsste sich in den Grenzen des § 4 a EFZG halten. Eine solche Kürzungsvereinbarung ist vorliegend nicht ersichtlich.

2. Vorstehendes gilt auch für den anteiligen Bonus für das Jahr 2017. Der Kläger hat für das Jahr 2017 entsprechend seinem Arbeitsvertrag in Verbindung mit § 611 BGB sowie den Regelungen zum vorgenannten „Lead to Win“ Zielprozess einen entsprechenden Anspruch aus § 280 Abs. 1, Abs. 3 i.V.m. § 283 Satz 1, § 252 BGB. Mit Ausspruch der arbeitgeberseitigen außerordentlichen Kündigung wurde dieser Anspruch auch für das Jahr 2017 anteilig zur Zahlung fällig.

III.

Die mit Kündigungsschreiben vom 24.10.2016 arbeitgeberseitig erklärte krankheitsbedingte Kündigung war unwirksam und hat das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst.

1. Ist der Arbeitnehmer bereits längere Zeit arbeitsunfähig krank und ist im Zeitpunkt der Kündigung die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit für die nächsten 24 Monate völlig ungewiss, steht diese Ungewissheit der dauernden Arbeitsunfähigkeit gleich und führt deshalb zu einer grundsätzlich nicht näher darzulegenden erheblichen Beeinträchtigung betrieblicher Interessen. Sie besteht darin, dass der Arbeitgeber auf unabsehbare Zeit gehindert ist, sein Direktionsrecht auszuüben und die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers anzufordern. Allerdings kann es in diesem Fall für den Arbeitgeber sinnvoll sein, sich mit einer vorübergehenden Vertretung zu behelfen. Die 24-Monatsfrist entnahm das BAG für § 1 Abs. 1 BeschFG und entnimmt sie nun § 14 Abs. 2 TzBfG. Denn ein solcher Zeitraum kann durch Einstellung einer Ersatzkraft risikolos, d.h. ohne Sachgrund und damit ohne Prüfung überbrückt werden (Vossen in: Kündigungsschutzrecht, 5. Auflage 2017, § 1 KSchG, Rn 193 ff. m.w.N.).

2. Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, ist der Arbeitgeber verpflichtet, ein sogenanntes betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen. Der Arbeitgeber muss klären, wie die Arbeitsunfähigkeit überwunden werden kann und mit welchen Vorkehrungen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Die Beteiligten sollen feststellen, aufgrund welcher gesundheitlichen Einschränkungen es zu den Ausfallzeiten gekommen ist und welche Möglichkeiten bestehen, sie künftig zu verringern, um so eine Kündigung zu vermeiden. Das betriebliche Eingliederungsmanagement konkretisiert den aus dem Kündigungsrecht bekannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Zu den Vorkehrungen gehören daher alle Maßnahmen, zu denen der Arbeitgeber zum Vermeiden von Kündigungen verpflichtet ist, wie unter anderem die Veränderung der Arbeitsaufgabe oder der Arbeitsbedingungen (siehe hierzu Eisenmann in: Küttner, Personalbuch, 24. Auflage 2017, betriebliches Eingliederungsmanagement, Rn 1 m.w.N.).

3. Gemessen an diesen Maßstäben ist die arbeitgeberseitig ausgesprochene Kündigung rechtsunwirksam. Dies zum einen schon deshalb, weil sich der Kläger zum Zeitpunkt des Ausspruches der arbeitgeberseitigen Kündigung arbeitsfähig gemeldet hat. Der diesbezügliche Einwand der Beklagten, dass bestritten werde, dass der Kläger arbeitsfähig gewesen sei, ist insoweit unsubstantiiert und nicht ausreichend. Der Kläger hat eine entsprechende Anzeige gemacht, seinen Arzt von der Schweigepflicht entbunden und die entsprechenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt. Zudem wurde in diesem Zusammenhang nicht weiter erörtert, auf welchen etwaigen anderen Arbeitsplatz der Kläger eingesetzt werden könnte. Der Vortrag der Beklagten, der Kläger sei insgesamt daher nicht arbeitsfähig gewesen, entbehrt der weiteren Differenzierung, die aus diesem Grund bereits notwendig gewesen wäre. Für eine Kündigung nach den oben genannten Voraussetzungen ist es bei einer langandauernden Erkrankung jedenfalls aber erforderlich, dass zum Zeitpunkt des Zuganges der Kündigung die Arbeitsunfähigkeit noch andauert und der Zeitpunkt der Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit objektiv nicht absehbar ist. Dies ist vorliegend gerade nicht gegeben. Ist der Arbeitnehmer im maßgeblichen Zeitpunkt des Zuganges der Kündigung - wie hier - arbeitsfähig, kann keine negative Gesundheitsprognose seitens des Arbeitgebers gestellt werden.

Zum anderem hat der Arbeitgeber gegen den im Kündigungsrecht verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen. Letztlich kann hier dahinstehen, dass der Kläger arbeitgeberseitig vorgeschlagene Termine zur Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements verstreichen hat lassen. Denn spätestens zum Zeitpunkt der Anhörung des Betriebsrates hat der Kläger eine Bereitschaft zur Mitwirkung an einem betrieblichen Eingliederungsmanagements ausdrücklich bestätigt. Vor dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wäre es in diesem Zusammenhang daher geboten gewesen, ein betriebliches Eingliederungsmanagement nochmals zu versuchen, bevor die streitgegenständliche Kündigung ausgesprochen wurde.

IV.

Auch die mit Kündigungsschreiben vom 28.03.2017 erklärte außerordentliche Kündigung, hilfsweise außerordentliche Verdachtskündigung, hat das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst.

1. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes ist der wichtige Grund in zwei systematisch zu trennenden Abschnitten zu prüfen. Bei der Prüfung, ob eine fristlose Kündigung gerechtfertigt ist, muss demnach zunächst in der ersten Stufe geprüft werden, ob ein bestimmter Sachverhalt ohne besondere Umstände des Einzelfalles an sich geeignet ist, einen wichtigen Grund zu bilden. Sodann sind in der zweiten Stufe die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, die gegenseitigen Interessen abzuwägen und alle vernünftigen in Betracht kommenden Umstände vollständig und widerspruchsfrei zu berücksichtigen. Die außerordentliche Kündigung ist also nur zulässig, wenn sie die ausweislich letzte Maßnahme (ultima ratio) für den Kündigungsberechtigten ist. Bei der Interessensabwägung ist Maßstab, ob unter Berücksichtigung der im konkreten Fall schutzwürdigen personenbezogene Interessen des Gekündigten eine so starke Beeinträchtigung betrieblicher oder vertraglicher Interessen des Kündigenden vorliegen, dass das Kündigungsinteresse gegenüber dem Bestandsschutzinteresse des Gekündigten überwiegt.

Bei verhaltensbedingten Gründen kommt es wesentlich auf den Grad des Verschuldens an (BAG, EzA, § 626 BGB, neue Fassung Nr. 40, m.w.N.).

2. In Abgrenzung zur Tatkündigung ist es bei der Verdachtskündigung alleine der Verdacht, der das zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauen des Arbeitgebers in die Redlichkeit des Arbeitnehmers zerstört oder zu einer unerträglichen Belastung führt. Bei der Tatkündigung ist für den Kündigungsentschluss maßgebend, dass der Arbeitnehmer nach der Überzeugung des Arbeitgebers eine beispielsweise strafbare Handlung tatsächlich begangen hat und dem Arbeitgeber aus diesem Grund die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist. Der Verdacht eines (nicht erwiesenen) vertragswidrigen Verhaltens ist ein eigenständiger Kündigungsgrund und nicht denknotwendig mit dem Vorwurf einer (als sicher hingestellten) Vertragsverletzung selbst enthalten. Für die Frage, ob eine Verdachtskündigung vorliegt, kommt es deshalb allein darauf an, worauf der Arbeitgeber die Kündigung stützt. Die Verdachtskündigung ist nur unter sehr eingeschränkten und strengen Voraussetzungen möglich. Der Verdacht muss sich aus objektiven, konkreten, im Zeitpunkt der Kündigung vorliegenden Tatsachen ergeben, die geeignet sind, das für eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören. Entscheidend ist, ob sie einen verständigen und gerecht abwägenden Arbeitgeber zur Kündigung veranlassen können. Wie der kündigende Arbeitgeber die vorliegenden Indizien subjektiv wertet, ist unerheblich. Aufgrund der objektiven Tatsachen muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass der Arbeitnehmer die Pflichtwidrigkeit begangen hat. Die Umstände, die den Verdacht begründen, dürfen nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht ebenso gut durch ein Geschehen zu erklären sein, dass eine Kündigung nicht zu rechtfertigen vermöchte. Bloße, auf mehr oder weniger haltbare Vermutungen gestützte Verdächtigungen des Arbeitgebers, reichen nicht. Zudem muss die Vertragsverletzung, derer der Arbeitnehmer verdächtigt wird, schwerwiegend sein. Für die arbeitsrechtliche Beurteilung ist es nicht entscheidend, ob das Verhalten, dessen der Arbeitnehmer verdächtigt wird, Straftatbestände erfüllt. Entscheidend sind der Verstoß gegen arbeitsvertragliche Haupt- oder Nebenpflichten und der mit ihm verbundene Vertrauensbruch. Der Arbeitgeber muss - anders als bei der Tatkündigung - alles Zumutbare zur Aufklärung des Sachverhaltes getan haben (siehe hierzu Schmidt in: Küttner, Personalbuch, 24. Auflage 2017, Verdachtskündigung, Rn 5 ff., m.w.N.).

3. Gemessen an diesen Maßstäben ist die ausgesprochene außerordentliche Kündigung weder als Tat- noch als Verdachtskündigung wirksam.

a. Selbst wenn die beklagtenseits vorgetragenen Vorwürfe als wahr unterstellt werden, rechtfertigt dies für sich genommen noch keine Kündigung ohne vorherige Abmahnung. Maßgeblich für eine Tatkündigung ist der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers. Vorliegend trägt der Kläger substantiiert und in sich schlüssig vor, dass er die Handhabung der Reisekostenabrechnung mit seinem Vorgesetzten abgesprochen habe. Dieser Vortrag rechtfertigt ein entsprechendes Vorgehen jedenfalls dahingehend, dass es aus Sicht des Klägers in Absprache mit seinem unmittelbaren Vorgesetzten erfolgte. Ist dies aber der Fall, rechtfertigt ein solches Verhalten keine Kündigung ohne vorherige Abmahnung. Dies insbesondere deshalb, weil hier keinerlei eindeutige und klare Regelungen bezüglich der Handhabung der Reisekosten bestanden. Die Beklagte räumt auf Nachfrage selbst ein, dass die von ihr zitierten Regelungen, betreffend die Reisekosten, erst zum 01.01.2017 in Kraft traten, also zeitlich nach den dem Kläger vorgeworfenen Zeiträumen. Zudem ergibt sich aus dem Vortrag der Beklagten selbst, dass der ehemalige Dienstvorgesetzte des Klägers, Herr S., durchaus in die Abstimmungsprozesse, betreffend die Reisekostenabrechnung, einbezogen war. So trägt die Beklagte selbst vor (auf Bl. 393 d.A. wird Bezug genommen), dass Herr S. einräume, dass zumindest phasenweise internationale Reisen von Mitarbeitern aus dem Bereich des Klägers mit ihm direkt hätten abgestimmt werden müssen. Lediglich für nationale Reisen sei ihm nicht erinnerlich, dass ihm jemals eine innerdeutsche Standortreise zur Genehmigung vorgelegt worden sei. Aus dem Vortrag ergibt sich also selbst, dass entsprechende Rücksprachen mit dem Vorgesetzten getätigt wurden. Hinsichtlich der innerdeutschen Reisen bezieht sich der Vortrag der Beklagten lediglich darauf, dass eine entsprechende Absprache dem Herrn S. nicht mehr erinnerlich sei. Dementsprechend bestreitet die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 18.10.2017 auch entsprechenden Sonderlösungen. In einer solchen Konstellation, indem es um den Grad des Verschuldens bzw. überhaupt das Vorliegen eines Verschuldens, betreffend eine bestimmte Vorgehensweise geht, genügt dieser Vortrag jedoch nicht, um hinsichtlich einer Tatkündigung einen entsprechenden substantiierten Vortrag annehmen zu können. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der Arbeitgeber im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses auch bezüglich fehlender Rechtsfertigungs- und Entschuldigungsgründe jedenfalls in der sekundären Darlegungs- und Beweislast vortragsbelastet. Vor diesem Hintergrund genügt das bloße Bestreiten der Beklagten nicht. Vielmehr kann bereits aus dem Vortrag der Beklagten selbst nicht mit hinreichender Sicherheit geschlossen werden, dass es sich bei dem Vorgehen tatsächlich um ein vertragswidriges und schuldhaftes Vorgehen des Klägers handelte.

b. Auch der Verdacht als solcher begründet keinen eigenständigen Kündigungsgrund im vorliegenden Fall. Die objektiven Indizien, die vorliegen müssen, um einen entsprechenden Verdacht (siehe oben) hinreichend zu begründen, müssen im Zeitpunkt des Kündigungsausspruches vorliegen. Vorliegend räumt die Beklagte selbst ein, dass die von ihr in Bezug genommene Richtlinie zeitlich erst nachgelagert zu den dem Kläger vorgeworfenen Sachverhalten in Kraft trat. Dieses Indiz kann also nicht zur Begründung eines Verdachtes herangezogen werden. Auch liegen, selbst zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlungen, nicht hinreichend erhärtete Verdachtsmomente vor, die eine mögliche Absprache mit dem Vorgesetzten des Klägers, Herrn S., ausräumen. Gemessen an den oben aufgezeigten Maßstäben, die an einer außerordentliche Verdachtskündigung seitens der Rechtsprechung gestellt werden, erfüllt der Vortrag der Beklagten diese nicht. Jedenfalls hat die Beklagte für eine Verdachtskündigung nicht alle notwendigen aufklärenden Maßnahmen unternommen um vortragen zu können, dass die Umstände, die den Verdacht begründen, nicht auch ebenso gut durch ein Geschehen zu erklären sein könnten, dass eine Kündigung nicht zu rechtfertigen vermöchte.

V.

Auch die hilfsweise ordentliche Kündigung, hilfsweise vorsorgliche ordentliche Verdachtskündigung vom 29.03.2017 hat das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgelöst. Diesbezüglich kann auf das soeben zur außerordentlichen Kündigung, betreffend die Tat- und Verdachtskündigung, Bezug genommen werden. Seitens der Beklagten sind keine Umstände vorgetragen, die zwar eine außerordentliche nicht zuließen, aber eine ordentliche Kündigung rechtfertigten. Insoweit kann vollumfänglich auf das eben Gesagte Bezug genommen werden.

VI.

Aufgrund der Unwirksamkeit der Kündigungen hat der Kläger einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsvertragsbedingungen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens. Das erkennende Gericht folgt insoweit den Grundsätzen, wie sie der Große Senat des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 27.02.1985 - GS 1/84 aufgestellt hat. Danach besteht aufgrund des Arbeitsvertrages unter Berücksichtigung der Art. 1 u. 2 GG im bestehenden Arbeitsverhältnis grundsätzlich ein Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers. Im Fall einer Kündigung überwiegt jedoch nach Ablauf der Kündigungsfrist das Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung, soweit offen ist, ob das Arbeitsverhältnis überhaupt noch besteht oder nicht. Ergeht im arbeitsgerichtlichen Verfahren ein die Instanz abschließendes Urteil, durch welches die Unwirksamkeit der Kündigung festgestellt wird, überwiegt das Interesse des Arbeitnehmers an der Beschäftigung, die Interessen des Arbeitgebers, soweit dieser nicht besondere Gründe geltend macht, die über den noch offenen Streit über das Bestehen des Arbeitsverhältnisses hinausgehen. Solche Gründe hat die Beklagte vorliegend nicht genannt. Vielmehr geht sie in ihrem Schriftsatz vom 21.07.2017 selbst davon aus, dass sie eine Position des Leiter Client Procurement Global Operations und taktisches Sourcing Region Europe geschaffen habe und diese dem Kläger übertragen habe. Der geltend gemachte Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers bezieht sich ausdrücklich auf diese Stelle, so dass inhaltlich hier keine Differenz besteht. Das Gericht geht, wie dargelegt, von der Unwirksamkeit der Kündigungen und dem derzeitigen Bestand des Arbeitsverhältnisses aus. Damit überwiegen die Interessen des Klägers an der Beschäftigung. Aus diesem Grund ist der Klage auch in diesem Punkt stattzugeben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 246 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 91 Abs. 1 ZPO,§ 269 ZPO.

VIII.

Die Streitwertentscheidung beruht auf § 61 Abs. 1 ArbGG§ 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 3 ZPO.

(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.

(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.

(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.

(1) Das Prozessgericht kann auf Antrag anordnen, dass bis zum Erlass des Urteils über die in den §§ 767, 768 bezeichneten Einwendungen die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung eingestellt oder nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werde und dass Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufzuheben seien. Es setzt eine Sicherheitsleistung für die Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht fest, wenn der Schuldner zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist und die Rechtsverfolgung durch ihn hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Die tatsächlichen Behauptungen, die den Antrag begründen, sind glaubhaft zu machen.

(2) In dringenden Fällen kann das Vollstreckungsgericht eine solche Anordnung erlassen, unter Bestimmung einer Frist, innerhalb der die Entscheidung des Prozessgerichts beizubringen sei. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist wird die Zwangsvollstreckung fortgesetzt.

(3) Die Entscheidung über diese Anträge ergeht durch Beschluss.

(4) Im Fall der Anhängigkeit einer auf Herabsetzung gerichteten Abänderungsklage gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend.

(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.

(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.

(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.

Tenor

1) Es wird festgestellt, dass die mit Kündigungsschreiben vom 24.10.2016 erklärte Kündigung das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht mit Ablauf des 30.4.2017 aufgelöst hat.

2) Es wird festgestellt, dass die mit Kündigungsschreiben vom 28.3.2017 erklärte Kündigung das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht mit sofortiger Wirkung aufgelöst hat.

3) Es wird festgestellt, dass die mit Kündigungsschreiben vom 29.03.2017 erklärte Kündigung das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht mit Ablauf des 30.9.2017 aufgelöst hat.

4) Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses zu unveränderten Vertragsbedingungen als „Leiter Client Procurement Global Operations und taktisches Sourcing Region Europe" weiter zu beschäftigen.

5) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Euro 55.440,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 2.6.2017 zu bezahlen.

6) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Euro 13.860 brutto nebst Zinsen Höhe von 5% Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 2.6.2017 zu bezahlen.

7) Die Beklagte trägt von den Kosten des Rechtsstreits 13/17, der Kläger 4/17.

8) Der Streitwert für das Verfahren wird festgesetzt auf € 174.210,-.

Tatbestand

Die Parteien streiten zuletzt noch über den Bestand des Arbeitsverhältnisses sowie ausstehende Bonuszahlungen aus den Jahren 2016 und 2017.

Der 1960 geborene Kläger ist bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin zu einem Bruttomonatsgehalt von ca. 17.485,00 € beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Prozessparteien besteht seit dem 01.04.2013, als es im Wege eines Betriebsüberganges von der XY GmbH auf die Beklagte überging.

Die Beklagte ist eines der größten europäischen Telekommunikationsunternehmen. Der Kläger ist im Betrieb der Beklagten in der I.Straße, B-Stadt, beschäftigt. In diesem Betrieb ist ein Betriebsrat errichtet.

Bei der Beklagten gilt seit dem 01.01.2017 unter anderem die nationale Konzern-Reiserichtlinie (KRR). Hinsichtlich der Details wird Bezug genommen auf den Schriftsatz vom 21.07.2017 samt Anlagen (Blatt 383 ff. der Akte). Zeitlich vorgelagert galt bei der Beklagten ab dem 01.01.2011 die sogenannte Konzern-Reiserichtlinie (auf Anlage K29, Bl. 576 ff. d.A. wird Bezug genommen).

Mit seiner Klage sowie den Klageerweiterungen, wendet sich der Kläger gegen mehrere Kündigungen (Kündigung vom 24.10.2016, vom 28.03.2017, vom 29.03.2017). Er macht geltend, die Kündigungen seien unwirksam, da weder ein wichtiger Grund, noch betriebs-, personen- oder verhaltensbedingte Kündigungsgründe vorlägen.

Des Weiteren trägt der Kläger vor, er habe Anspruch auf die von ihm geltend gemachten Bonuszahlungen. Zunächst sei die Beklagte hinsichtlich der Verhandlungen über die Zielvereinbarungen und die damit im Zusammenhang stehenden Zahlungsverpflichtungen verhandlungsbereit gewesen. Nach Ausspruch der Kündigungen vom 28.03.2017 sowie 29.03.2017 habe die Beklagte jedoch plötzlich bekanntgegeben, diesbezüglich nicht weiter verhandlungsbereit zu sein. Daraufhin habe der Kläger die Verpflichtung des Arbeitgebers zu einer Zielvereinbarung nach dem „Lead to Win“ Zielprozess für das Jahr 2016 angemahnt. Gleichwohl habe der Arbeitgeber auch für das Jahr 2016 vertragswidrig keine Zielvereinbarung mit dem Kläger getroffen. Auch für das Jahr 2017 habe die Beklagte vertragswidrig keine Zielvereinbarung mit dem Kläger getroffen. Der Managementbonus für das Jahr 2016 sei im Monat Mai 2017 fällig gewesen. Eine Abrechnung und Auszahlung dieses Bonus für das Jahr 2016 sei jedoch nicht erfolgt. Auch für das Jahr 2017 sei für den Zeitraum bis zum Zugang der außerordentlichen Kündigung am 31.03.2017 keine anteilige Abrechnung und Auszahlung des Managementbonus erfolgt. Hinsichtlich der vertraglichen Grundlagen und des Vortrages hierzu wird Bezug genommen auf den Schriftsatz vom 31.05.2017 (Bl. 327 ff. d.A.). Insbesondere seien dem Kläger keine gesonderten Regelungen über die Zahlung eines erfolgsabhängigen variablen Gehaltsbestandteils nach § 10 Ziffer 1 b für den Fall der Krankheit bekanntgegeben worden. Die Beklagte habe es verabsäumt, entsprechend dem sogenannten „Lead to Win“ Zielprozess eine Zielvereinbarung mit dem Kläger abzuschließen. Bezüglich der Inhalte des „Lead to Win“ Prozesses sowie deren Übersetzung wird Bezug genommen auf den Schriftsatz vom 31.05.2017 (Bl. 328 ff. d.A.). Der Prozess der Zielvereinbarung beruhe auf einem fortdauernden Dialog zwischen dem direkten Vorgesetzten und dem direkten Untergebenen. Die Zielvereinbarung erfolge bis spätestens März eines Jahres, in einem ersten „Checkin“ Gespräch. Weder für das Jahr 2015 noch für die vorliegend streitgegenständlichen Jahre 2016 und 2017 habe die Beklagte mit dem Kläger eine Zielvereinbarung nach diesem Zielprozess gesucht. Dies insbesondere auch nicht nach den erfolgten Aufforderungen des Klägers im Jahr 2016.

Dem Kläger stehe daher gegen die Beklagte eine Zahlung auf variable Vergütung in Höhe von € 55.440,00 brutto für das Jahr 2016 und in Höhe von € 13.860,00 brutto anteilig für das Jahr 2017 zu. Halte es der Arbeitgeber trotz einer dahingehenden Verpflichtung, aus ihm zu vertretenden Gründen nicht für erforderlich, eine Zielvereinbarung mit dem Arbeitgeber zu suchen, schulde der Arbeitgeber Schadensersatz wegen entgangener Bonuszahlungen. Der Arbeitsvertrag in Verbindung mit dem Zielprozess der Beklagten sehe eine derartige Verpflichtung der Beklagten zu einer Zielvereinbarung vor. Unbeachtlich sei in diesem Zusammenhang insbesondere die im Jahr 2016 teilweise bestehende Arbeitsunfähigkeit des Klägers. Denn für Zeiträume, in denen der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall habe, könne dies die variable Vergütung nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers beeinflussen. Eine Kürzungsvereinbarung müsste sich ohnehin in den Grenzen des § 4 a EFZG halten.

Mit Schriftsatz vom 31.05.2017 hat der Kläger die von ihm noch gestellten Anträge zusammengefasst und beantragt zuletzt wie folgt:

„I. Es wird festgestellt, dass die mit Kündigungsschreiben vom 24.10.2016 erklärte Kündigung das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht mit Ablauf des 30.04.2017 auflöst.“

II. Es wird festgestellt, dass die mit Kündigungsschreiben vom 28.03.2017 erklärte Kündigung das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht mit sofortiger Wirkung aufgelöst hat.

III. Es wird festgestellt, dass die mit Kündigungsschreiben vom 29.03.2017 erklärte Kündigung das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht mit Ablauf des 30.09.2017 auflöst.

IV. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.

V.

Für den Fall des Obsiegens mit den Klageanträgen zu Ziff. I. - zu Ziff. III. wird hilfsweise beantragt,

Die wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses zu unveränderten Vertragsbedingungen als „Leiter Client Procurement Global Operations und taktisches Sourcing Region Europe“ weiter zu beschäftigen.

VI. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 55.440,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

VII. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 13.860,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

VIII.

Für den Fall des Unterliegens mit dem Klageantrag zu Ziff. I. wird beantragt,

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 32.647,38 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

IX.

Für den Fall des Unterliegens mit dem Klageantrag zu Ziff. II. wird beantragt,

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 30.606,92 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

X.

Für den Fall des Unterliegens mit dem Klageantrag zu Ziff. III. wird beantragt,

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 45.910,38 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, Klageabweisung.

Sie trägt vor, dass es zutreffe, dass die Beklagte in zeitlicher Hinsicht die Vorgaben des Zielprozesses nicht eingehalten habe. Im Übrigen sei der Kläger vom 19.01.2016 bis zum 22.01.2016 arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Ebenso in dem Zeitraum vom 27.01.2016 bis zum 16.10.2016 sei der Kläger ununterbrochen arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Erst am 17.10.2016 - offenbar nachdem der Kläger durch die angehörten Arbeitgebergremien bzw. Betriebsrat von der geplanten Kündigung erfahren habe - sei er wieder im Büro erschienen. Der D. seien in den genannten Zeiträumen erhebliche Entgeltfortzahlungskosten entstanden. Für das Jahr 2015 € 33.306,00 und für das Jahr 2016 € 140,869,00 (auf die weiteren Ausführungen im Schriftsatz vom 27.01.2017, Bl. 234 ff. d.A. wird Bezug genommen). Bereits am 14.12.2015 habe die Beklagte dem Kläger einen konkreten Termin für die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements angeboten. Diesbezüglich habe der Kläger angegeben, dass er kein entsprechendes Schreiben erhalten habe. Daraufhin habe die Beklagte dem Kläger dieses Schreiben erneut zur Verfügung gestellt. Des Weiteren habe sich der Kläger zur Durchführung einer Wiedereingliederung zwar grundsätzlich bereit erklärt, er sei aber zu dem vorgeschlagenen Termin am 22.12.2015 nicht erschienen. Zu einer Vereinbarung eines weiteren Gesprächstermins sei es zunächst wegen der fortgesetzten Arbeitsunfähigkeit des Klägers nicht gekommen. In der Folge habe die Beklagte zwar gemeinsam mit dem vom Kläger als Vertrauensperson angegebenen Betriebsratsmitglieds zwei Besprechungstermine geplant und die Einladung auch an den Kläger versandt, allerdings sei diese Terminseinladung, ohne jede Rückmeldung des Klägers, verstrichen. Erst mit den als Anlage K11 und K14 vorgelegten Schreiben vom 17. u. 24.10.2016 habe der Kläger auf die Einladungsschreiben zum betrieblichen Eingliederungsmanagement reagiert. Interessanterweise sei dies just an dem Tag geschehen, an dem der Arbeitgeber die Betriebsratsanhörung per Mail an den Betriebsrat gesandt habe. Am 14.10. habe die Beklagte den Sprecherausschuss zur beabsichtigten ordentlichen Kündigung des Klägers angehört. Über die Krankheitsursachen beim Kläger sei der Beklagten vor Ausspruch der Kündigung nichts bekannt gewesen. Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung am 26.10.2016 habe die Beklagte nicht damit rechnen können, dass der Kläger, in den auf den Ausspruch der Kündigung folgenden 24 Monaten, wieder arbeitsfähig werden würde. Dass der Kläger sich unter dem Eindruck der nahenden Kündigung arbeitsfähig gemeldet habe, sei insoweit nicht relevant. Es werde in diesem Zusammenhang erneut ausdrücklich bestritten, dass der Kläger ab dem 17.10.2016 wieder arbeitsfähig gewesen sei. Der Kläger beschränke sich vorliegend darauf zu behaupten, die Erkrankung des Klägers sei auch auf Erlebnisse im Arbeitsverhältnis zurückzuführen. Unter Zugrundelegung der von der Beklagten vorgetragenen und unbestrittenen Krankheitszeiten des Klägers sei daher von einer negativen Prognose auszugehen. Auch lägen erhebliche Beeinträchtigungen der betrieblichen Interessen der Beklagten vor. Zudem spreche eine Interessensabwägung im vorliegenden Fall gegen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Für den Kläger sprechen zwar die ihn treffende Unterhaltspflicht gegenüber seiner Ehefrau und seine Betriebszugehörigkeit von über acht Jahren. Diese Aspekte reichten aber nicht an die erheblichen betrieblichen Beeinträchtigungen seitens der Beklagten heran. Auch habe die Beklagte vor Ausspruch der Kündigung mehrfach versucht, ein betriebliches Eingliederungsmanagement mit dem Kläger durchzuführen. Erst nachdem der Kläger von der Vorbereitung der Kündigung erfahren hätte, habe er sich in seiner Haltung gegenüber den Eingliederungsversuchen geändert. Das Verhalten des Klägers sei insofern äußerst widersprüchlich, so dass ihm die Berufung auf ein angeblich nicht durchgeführtes betriebliches Eingliederungsmanagement verwehrt sei.

Mittels eines anonymen Hinweises über das im Konzern der Beklagten eingerichtete Compliance-Eingangstor „Teil Me“ sei der Beklagten zur Kenntnis gebracht worden, dass der Kläger im Zeitraum von 2011 bis 2015 seiner Verantwortung als Kostenstellenverantwortlicher nicht pflichtgemäß nachgekommen sei. Er habe die Vorgaben eines wirtschaftlichen Kostenmanagements durch die Genehmigung von Dienstreisen mit unwirtschaftlichen Reisemitteln in erheblichem Umfang massiv verletzt und dadurch dem Unternehmen dauerhaft wirtschaftlichen Schaden zugefügt. Der anonyme Hinweis habe eine sehr konkrete Angabe zu einer Vielzahl von Reisedaten und Zielen zweier Mitarbeiter aus der damals durch den Kläger geführten Organisationseinheit aus dem Zeitraum von 2011 bis 2015 enthalten. Die Vorgaben über die Durchführung und Genehmigung von Dienstreisen ergäben sich nicht allein aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot als Konsequenz der arbeitsvertraglichen Treuepflicht, sondern seien unter anderem konkretisiert in der nationalen Konzern-Reiserichtlinie (KRR). Aus diesen Regelungen ergebe sich, dass der Kostenverantwortliche sowie der Reisende vor jeder Reise zu prüfen hätten, welches Reisemittel das wirtschaftlichste für diese Reise sei. Die generelle Nutzung von Privatkraftfahrzeugen oder Gehaltsumwandlungsfahrzeugen für Dienstreisen sei ausgeschlossen. Bei der Untersuchung sei festgestellt worden, dass den beiden im Compliance-Hinweis namentlich benannten Mitarbeitern im Verantwortungsbereich des Klägers im angegebenen Zeitraum tatsächlich und in erheblichem Umfang Geschäftsreisen mit privaten Kraftfahrzeugen genehmigt worden seien. Da dem Kläger im Zeitraum vom 2011 bis 2015 ein Geschäftsfahrzeug zur Verfügung gestanden hätte, wäre dieses für Reisen, an denen er selbst teilgenommen habe und die nicht mit dem Flugzeug wirtschaftlicher hätten absolviert werden können, zu nutzen gewesen (auf die weiteren Ausführungen im Schriftsatz vom 21.07.2017, Bl. 383 ff. d.A. wird Bezug genommen). Sodann habe der Compliance-Bereich der Beklagten von den Vorwürfen berichtet. In der Folge habe sich die Beklagte entschieden, den Kläger zu diesen Angelegenheiten anzuhören. Der Kläger sei dementsprechend am 02.03.2017 mit den Feststellungen konfrontiert worden. Der Kläger habe jedoch im Rahmen der persönlichen Anhörung zu den Dienstreisen und den Reisezielen im Einzelnen nichts sagen können. Er habe ausgeführt, er müsse dies zunächst prüfen. In seiner Stellungnahme habe sich der Kläger darauf berufen, sein damaliger Vorgesetzter, Herr S., habe die Kostenstelle für ihn eingerichtet, das Budget eingestellt und die Kostenstelle kontrolliert. Darüber hinaus habe der Kläger angegeben, mit dem Vorgesetzten, Herrn S., die Dienstreisen regelmäßig durchgesprochen zu haben. Daraufhin seien, so die Angaben des Klägers, die Dienstreisen von Herrn S. genehmigt worden. Sodann sei Herr S. zu diesen Angaben befragt worden. Herr S. habe angegeben, dass zwar - zumindest phasenweise - internationale Reise für Mitarbeiter mit ihm hätten abgestimmt werden müssen, für nationale Reisen hätte der Kläger jedoch vollständig die Verantwortung getragen. Zudem sei es Herrn S. nicht erinnerlich, dass ihm jemals eine innerdeutsche Standardreise zur Genehmigung vorgelegt worden sei. Insgesamt sei regelmäßig im Führungskreis die Planung des gesamten Abteilungsbudgets und dessen Verteilung auf die verschiedenen Abteilungen im Bereich besprochen und lediglich daraufhin betrachtet worden, ob etwas aus dem Ruder laufe. Daher halte die Beklagte die Einlassung des Klägers, sein Vorgesetzter S. habe die Verantwortung für die Wahl der Reisemittel im Einzelnen übernommen oder Genehmigungen dahingehend erteilt, in großem Stil private Kraftfahrzeuge für Dienstriesen zu nutzen, für eine reine Schutzbehauptung, die im Übrigen auch nicht geeignet wäre, den Kläger als Führungskraft und Kostenstellenverantwortlichen von seiner eigenen Verantwortung für die Einhaltung der Regelungen der Beklagten zu entbinden.

Die am 28.03.2017 ausgesprochene außerordentliche fristlose Kündigung sei daher wirksam. Hilfsweise sei die ordentliche Tat- und Verdachtskündigung ausgesprochen worden. Diesbezüglich werde vollumfänglich zu dem zur außerordentlichen Kündigung vorgelegten Vortrag Bezug genommen.

Auch könne es dem Kläger nicht gelingen, seine Verantwortung bei der Prüfung der Reisekostenabrechnungen der ihm unterstellten Mitarbeiter auf andere Personen abzuwälzen. Tatsächlich hätte der Kläger die Einzelkontrolle gerade nicht vollständig delegieren, sondern sich für jeden Einzelfall die vorherige Genehmigung vorbehalten müssen. Zudem werde bestritten, dass es eine Geschäftsfahrzeug-Sonderlösung für Vielfahrer gegeben habe. Auch werde bestritten, dass eine solche Regelung von Herrn S. verhandelt oder sogar angewiesen worden sei (auf die weiteren Ausführungen im Schriftsatz vom 18.10.2017, Bl. 588 ff. d.A. wird Bezug genommen).

Der Kläger hält dem entgegen, dass die Beklagte die Voraussetzung einer krankheitsbedingten Kündigung nicht darzustellen vermöge. Hinsichtlich einer etwaigen krankheitsbedingten dauernden Leistungsunfähigkeit trage die Beklagte selbst nichts vor. Vorliegend sei der Kläger bereits vor Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung wieder arbeitsfähig gewesen. Ob der Kläger hätte auf einem anderweitigen Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden können, habe die Beklagte trotz ausdrücklichen Wunsches des Klägers nicht eruiert. Erst innerhalb des betrieblichen Eingliederungsmanagements am 12.12.2016 sei festgehalten worden, dass bisher keine arbeitgeberseitigen Maßnahmen hinsichtlich des betrieblichen Eingliederungsmanagements erfolgt seien. Die Beklagte stütze sich vorliegend offenbar allein auf den Tatbestand einer angeblich lang andauernden Erkrankung. Hierbei verkenne die Beklagte jedoch bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen, die das Bundesarbeitsgericht diesbezüglich aufgestellt habe. Denn die Fallgruppe der langandauernden Erkrankung erfordere jedenfalls, dass zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung die Arbeitsunfähigkeit noch andauere und der Zeitpunkt der Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit objektiv nicht absehbar sei. Sei der Arbeitnehmer jedoch im maßgeblichen Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung - wie vorliegend - arbeitsfähig, könne keine negative Gesundheitsprognose erstellt werden. Hinsichtlich einer negativen Gesundheitsprognose trage die Beklagte auch nichts weiter vor. Vielmehr gestehe die Beklagte zu, dass der Kläger vor Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung wieder arbeitsfähig gewesen sei und seine Arbeitsleistung erbracht habe. Zudem gestehe die Beklagte zu, dass der Kläger bereits mit Schreiben vom 17.10.2016 einem betrieblichen Eingliederungsmanagement ausdrücklich zugestimmt habe und hierbei seine Kontaktdaten zur Vereinbarung eines diesbezüglichen Termins angegeben habe (auf die weiteren Ausführungen im Schriftsatz vom 17.03.2017, Bl. 276 ff. d.A. wird Bezug genommen). Zudem habe der Kläger an unterschiedlichsten Erkrankungen gelitten. Diesbezüglich sei der behandelnde Arzt auch von seiner Schweigepflicht entbunden worden. Insbesondere habe der Kläger für den Zeitraum vom 27.01.2016 bis zum 16.10.2016 an einer psychischen Belastungsstörung, ausgelöst durch die Erlebnisse im Arbeitsverhältnis, gelitten. Diese Krankheit sei aber ausgeheilt. Vor diesem Hintergrund sei die krankheitsbedingte Kündigung vom 24.10.2016 rechtsunwirksam.

Auch die in der Folge ausgesprochenen Kündigungen aufgrund der vorgeworfenen Pflichtverstöße seien rechtsunwirksam. Die Darlegung einer „Minderleistung“, mithin eines Verstoßes gegen den subjektiven Leistungsbegriff, versuche die Beklagte nicht einmal. Vielmehr meine die Beklagte aufgrund eines angeblich anonymen Hinweises, dass der Kläger seine Aufgabe als Kostenstellenverantwortlicher nicht pflichtgemäß nachgekommen sei. Dies sei in mehrfacher Hinsicht offensichtlich unzutreffend. So behaupte die Beklagte vorliegend Verstöße zweier benannter Mitarbeiter gegen eine interne Konzern-Reiserichtlinie, die nachweislich erst am 01.01.2017 in Kraft getreten sei. Die sei, bezogen auf die streitgegenständlichen Umstände aus den Jahren 2011 bis 2015, denknotwendig rechtlich unmöglich. Auch hätten die streitgegenständlichen Mitarbeiter im genannten Zeitraum einer Geschäftsfahrzeug-Sonderlösung für Vielfahrer unterlegen. Diese sei mit dem vormaligen Vorgesetzten des Klägers, Herrn S., vereinbart worden (auf die weiteren Ausführungen im Schriftsatz vom 18.09.2017, Bl. 544 ff. d.A. wird Bezug genommen). Entscheidend sei darüber hinaus, dass der Kläger, selbst bei einem unterstellten Fehlverhalten der genannten Mitarbeiter, für diese rechtlich nicht einzutreten hätte. Denn die entsprechende Regelung beinhalte keine entsprechende Prüfungspflicht des Klägers. Die Beklagte habe die Aufgabe eines Kostenstellenverantwortlichen nicht einmal für den Kläger erkennbar definiert. Vielmehr habe die Beklagte diesen Bereich für den Kläger ungeregelt gelassen, um dem Kläger nunmehr ein etwaiges Fehlverhalten vorzuwerfen. Sofern die Beklagte jedoch einen Bereich ungeregelt belässt, habe diese dem Kläger jedenfalls vor Ausspruch einer Kündigung, dessen angeblich gewollte Pflichtverletzung zumindest im Ansatz darzulegen bzw. zuvor eine Abmahnung zu diesem Zwecke auszusprechen.

Hinsichtlich des weiteren Vortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle Bezug genommen, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, § 313 Abs. 2 ZPO.

Gründe

Die zulässige Klage war begründet.

I.

Die Klage war zulässig. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3, 3 b ArbGG eröffnet. Die örtliche Zuständigkeit des erkennenden Gerichtes folgt aus § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. §§ 12, 17 ZPO.

II.

1. Der vom Kläger für das Jahr 2016 geltend gemachte Bonusanspruch war inhaltlich begründet und daher zuzusprechen.

Ein Bonus wird - wie hier - vielfach in einer Zielvereinbarung festgelegt. Wegen des Motivationsgedankens ist Kernpunkt der Führung durch Zielvereinbarung, dass sich Leitungspersonen und Arbeitnehmer über die vorzugebenden Ziele einigen. Hat ein Arbeitnehmer nach dem Arbeitsvertrag Anspruch auf einen variablen Gehaltsbestandteil gemäß einer Zielvereinbarung, verpflichtet dies den Arbeitgeber, mit dem Arbeitnehmer Verhandlungen über den Abschluss einer Zielvereinbarung zu führen und ihm realistische Ziele für die jeweilige Zielperiode anzubieten. Soll eine Zielvereinbarung bis zum Abschluss einer Folgevereinbarung fortgelten, bleibt die Verpflichtung des Arbeitgebers, für das Folgejahr dem Arbeitnehmer ein neues Angebot zu unterbreiten und über eine neue Zielvereinbarung zu verhandeln, regelmäßig bestehen. Aus der vereinbarten Nachwirkung folgt zwar die vorübergehende Weitergeltung der abgelaufenen Zielvereinbarung. Die Verhandlungspflichten in Bezug auf eine sich anschließende Zielvereinbarung sind dadurch aber nicht erledigt. Weist der Arbeitgeber nach, dass er seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtung, für jede Zielperiode gemeinsam mit dem Arbeitnehmer Ziele festzulegen, nachgekommen ist und dem Arbeitnehmer Ziele vorgeschlagen hat, die dieser nach einer auf den Zeitpunkt des Angebotes bezogenen Prognose hätte erreichen können, fehlt es an einer Verletzung der Verhandlungspflicht des Arbeitgebers und damit an einer Voraussetzung für den Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers. Als Schadensersatz kann die vertraglich geregelte Vergütung ganz oder anteilig zu leisten sein, wobei dem Richter nach § 287 ZPO die Möglichkeit eröffnet ist, den entgangenen Gewinn des Arbeitnehmers im Sinne von § 252 BGB zu schätzen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes findet diese schadensrechtliche Lösung auch dann Anwendung, wenn die nach der Rahmenvereinbarung notwendige Zielvereinbarung nicht abgeschlossen wird. Die Festlegung von Zielen wird jedenfalls mit Ablauf der Zielperiode im Sinne von § 275 BGB unmöglich, so dass der Arbeitnehmer nach § 280 i.V.m. Abs. 3 i.V.m. § 283 BGB statt der Festlegung von Zielen Schadensersatz verlangen kann (siehe hierzu Müller-Glöge in: Münchner Kommentar zum BGB, § 611, Rn 758 ff. m.w.N.).

a. Gemessen an diesen Maßstäben hat der Kläger den geltend gemachten Anspruch in Form eines Schadensersatzanspruches. Maßgeblich für die abzuschließende Zielvereinbarung ist bei der Beklagten der sogenannte „Lead to Win“ Zielprozess. Für das Jahr 2016 wurde seitens des Arbeitgebers aber keine Zielvereinbarung mit dem Kläger getroffen. Auf Nachfrage räumte der Beklagtenvertreter ausdrücklich ein, dass die zeitlichen Vorgaben dieses Prozesses nicht eingehalten wurden. Darüber hinaus wurde tatsächlich auch keine Verhandlung über die Ziele vorgenommen. Es kann letztlich daher dahinstehen, ob die Beklagte dem Kläger einseitig Ziele vorgegeben hat, da in der vertraglichen Konkretisierung des Zielvereinbarungsprozesses, der bei der Beklagten gilt, eine entsprechende Verhandlungspflicht konstituiert ist. Diese Verhandlungspflicht korrespondiert mit der von der Rechtsprechung vorgegebenen Verhandlungspflicht, wie oben nachgewiesen wurde. Jedenfalls dieser Verhandlungspflicht ist die Beklagte nicht nachgekommen.

b. Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang die im Jahr 2016 teilweise bestehende Arbeitsunfähigkeit des Klägers. Denn für Zeiträume, in denen der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall hat, kann dies die variable Vergütung grundsätzlich nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers beeinflussen. Eine entsprechende Kürzungsvereinbarung müsste sich in den Grenzen des § 4 a EFZG halten. Eine solche Kürzungsvereinbarung ist vorliegend nicht ersichtlich.

2. Vorstehendes gilt auch für den anteiligen Bonus für das Jahr 2017. Der Kläger hat für das Jahr 2017 entsprechend seinem Arbeitsvertrag in Verbindung mit § 611 BGB sowie den Regelungen zum vorgenannten „Lead to Win“ Zielprozess einen entsprechenden Anspruch aus § 280 Abs. 1, Abs. 3 i.V.m. § 283 Satz 1, § 252 BGB. Mit Ausspruch der arbeitgeberseitigen außerordentlichen Kündigung wurde dieser Anspruch auch für das Jahr 2017 anteilig zur Zahlung fällig.

III.

Die mit Kündigungsschreiben vom 24.10.2016 arbeitgeberseitig erklärte krankheitsbedingte Kündigung war unwirksam und hat das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst.

1. Ist der Arbeitnehmer bereits längere Zeit arbeitsunfähig krank und ist im Zeitpunkt der Kündigung die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit für die nächsten 24 Monate völlig ungewiss, steht diese Ungewissheit der dauernden Arbeitsunfähigkeit gleich und führt deshalb zu einer grundsätzlich nicht näher darzulegenden erheblichen Beeinträchtigung betrieblicher Interessen. Sie besteht darin, dass der Arbeitgeber auf unabsehbare Zeit gehindert ist, sein Direktionsrecht auszuüben und die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers anzufordern. Allerdings kann es in diesem Fall für den Arbeitgeber sinnvoll sein, sich mit einer vorübergehenden Vertretung zu behelfen. Die 24-Monatsfrist entnahm das BAG für § 1 Abs. 1 BeschFG und entnimmt sie nun § 14 Abs. 2 TzBfG. Denn ein solcher Zeitraum kann durch Einstellung einer Ersatzkraft risikolos, d.h. ohne Sachgrund und damit ohne Prüfung überbrückt werden (Vossen in: Kündigungsschutzrecht, 5. Auflage 2017, § 1 KSchG, Rn 193 ff. m.w.N.).

2. Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, ist der Arbeitgeber verpflichtet, ein sogenanntes betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen. Der Arbeitgeber muss klären, wie die Arbeitsunfähigkeit überwunden werden kann und mit welchen Vorkehrungen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Die Beteiligten sollen feststellen, aufgrund welcher gesundheitlichen Einschränkungen es zu den Ausfallzeiten gekommen ist und welche Möglichkeiten bestehen, sie künftig zu verringern, um so eine Kündigung zu vermeiden. Das betriebliche Eingliederungsmanagement konkretisiert den aus dem Kündigungsrecht bekannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Zu den Vorkehrungen gehören daher alle Maßnahmen, zu denen der Arbeitgeber zum Vermeiden von Kündigungen verpflichtet ist, wie unter anderem die Veränderung der Arbeitsaufgabe oder der Arbeitsbedingungen (siehe hierzu Eisenmann in: Küttner, Personalbuch, 24. Auflage 2017, betriebliches Eingliederungsmanagement, Rn 1 m.w.N.).

3. Gemessen an diesen Maßstäben ist die arbeitgeberseitig ausgesprochene Kündigung rechtsunwirksam. Dies zum einen schon deshalb, weil sich der Kläger zum Zeitpunkt des Ausspruches der arbeitgeberseitigen Kündigung arbeitsfähig gemeldet hat. Der diesbezügliche Einwand der Beklagten, dass bestritten werde, dass der Kläger arbeitsfähig gewesen sei, ist insoweit unsubstantiiert und nicht ausreichend. Der Kläger hat eine entsprechende Anzeige gemacht, seinen Arzt von der Schweigepflicht entbunden und die entsprechenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt. Zudem wurde in diesem Zusammenhang nicht weiter erörtert, auf welchen etwaigen anderen Arbeitsplatz der Kläger eingesetzt werden könnte. Der Vortrag der Beklagten, der Kläger sei insgesamt daher nicht arbeitsfähig gewesen, entbehrt der weiteren Differenzierung, die aus diesem Grund bereits notwendig gewesen wäre. Für eine Kündigung nach den oben genannten Voraussetzungen ist es bei einer langandauernden Erkrankung jedenfalls aber erforderlich, dass zum Zeitpunkt des Zuganges der Kündigung die Arbeitsunfähigkeit noch andauert und der Zeitpunkt der Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit objektiv nicht absehbar ist. Dies ist vorliegend gerade nicht gegeben. Ist der Arbeitnehmer im maßgeblichen Zeitpunkt des Zuganges der Kündigung - wie hier - arbeitsfähig, kann keine negative Gesundheitsprognose seitens des Arbeitgebers gestellt werden.

Zum anderem hat der Arbeitgeber gegen den im Kündigungsrecht verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen. Letztlich kann hier dahinstehen, dass der Kläger arbeitgeberseitig vorgeschlagene Termine zur Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements verstreichen hat lassen. Denn spätestens zum Zeitpunkt der Anhörung des Betriebsrates hat der Kläger eine Bereitschaft zur Mitwirkung an einem betrieblichen Eingliederungsmanagements ausdrücklich bestätigt. Vor dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wäre es in diesem Zusammenhang daher geboten gewesen, ein betriebliches Eingliederungsmanagement nochmals zu versuchen, bevor die streitgegenständliche Kündigung ausgesprochen wurde.

IV.

Auch die mit Kündigungsschreiben vom 28.03.2017 erklärte außerordentliche Kündigung, hilfsweise außerordentliche Verdachtskündigung, hat das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst.

1. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes ist der wichtige Grund in zwei systematisch zu trennenden Abschnitten zu prüfen. Bei der Prüfung, ob eine fristlose Kündigung gerechtfertigt ist, muss demnach zunächst in der ersten Stufe geprüft werden, ob ein bestimmter Sachverhalt ohne besondere Umstände des Einzelfalles an sich geeignet ist, einen wichtigen Grund zu bilden. Sodann sind in der zweiten Stufe die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, die gegenseitigen Interessen abzuwägen und alle vernünftigen in Betracht kommenden Umstände vollständig und widerspruchsfrei zu berücksichtigen. Die außerordentliche Kündigung ist also nur zulässig, wenn sie die ausweislich letzte Maßnahme (ultima ratio) für den Kündigungsberechtigten ist. Bei der Interessensabwägung ist Maßstab, ob unter Berücksichtigung der im konkreten Fall schutzwürdigen personenbezogene Interessen des Gekündigten eine so starke Beeinträchtigung betrieblicher oder vertraglicher Interessen des Kündigenden vorliegen, dass das Kündigungsinteresse gegenüber dem Bestandsschutzinteresse des Gekündigten überwiegt.

Bei verhaltensbedingten Gründen kommt es wesentlich auf den Grad des Verschuldens an (BAG, EzA, § 626 BGB, neue Fassung Nr. 40, m.w.N.).

2. In Abgrenzung zur Tatkündigung ist es bei der Verdachtskündigung alleine der Verdacht, der das zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauen des Arbeitgebers in die Redlichkeit des Arbeitnehmers zerstört oder zu einer unerträglichen Belastung führt. Bei der Tatkündigung ist für den Kündigungsentschluss maßgebend, dass der Arbeitnehmer nach der Überzeugung des Arbeitgebers eine beispielsweise strafbare Handlung tatsächlich begangen hat und dem Arbeitgeber aus diesem Grund die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist. Der Verdacht eines (nicht erwiesenen) vertragswidrigen Verhaltens ist ein eigenständiger Kündigungsgrund und nicht denknotwendig mit dem Vorwurf einer (als sicher hingestellten) Vertragsverletzung selbst enthalten. Für die Frage, ob eine Verdachtskündigung vorliegt, kommt es deshalb allein darauf an, worauf der Arbeitgeber die Kündigung stützt. Die Verdachtskündigung ist nur unter sehr eingeschränkten und strengen Voraussetzungen möglich. Der Verdacht muss sich aus objektiven, konkreten, im Zeitpunkt der Kündigung vorliegenden Tatsachen ergeben, die geeignet sind, das für eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören. Entscheidend ist, ob sie einen verständigen und gerecht abwägenden Arbeitgeber zur Kündigung veranlassen können. Wie der kündigende Arbeitgeber die vorliegenden Indizien subjektiv wertet, ist unerheblich. Aufgrund der objektiven Tatsachen muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass der Arbeitnehmer die Pflichtwidrigkeit begangen hat. Die Umstände, die den Verdacht begründen, dürfen nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht ebenso gut durch ein Geschehen zu erklären sein, dass eine Kündigung nicht zu rechtfertigen vermöchte. Bloße, auf mehr oder weniger haltbare Vermutungen gestützte Verdächtigungen des Arbeitgebers, reichen nicht. Zudem muss die Vertragsverletzung, derer der Arbeitnehmer verdächtigt wird, schwerwiegend sein. Für die arbeitsrechtliche Beurteilung ist es nicht entscheidend, ob das Verhalten, dessen der Arbeitnehmer verdächtigt wird, Straftatbestände erfüllt. Entscheidend sind der Verstoß gegen arbeitsvertragliche Haupt- oder Nebenpflichten und der mit ihm verbundene Vertrauensbruch. Der Arbeitgeber muss - anders als bei der Tatkündigung - alles Zumutbare zur Aufklärung des Sachverhaltes getan haben (siehe hierzu Schmidt in: Küttner, Personalbuch, 24. Auflage 2017, Verdachtskündigung, Rn 5 ff., m.w.N.).

3. Gemessen an diesen Maßstäben ist die ausgesprochene außerordentliche Kündigung weder als Tat- noch als Verdachtskündigung wirksam.

a. Selbst wenn die beklagtenseits vorgetragenen Vorwürfe als wahr unterstellt werden, rechtfertigt dies für sich genommen noch keine Kündigung ohne vorherige Abmahnung. Maßgeblich für eine Tatkündigung ist der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers. Vorliegend trägt der Kläger substantiiert und in sich schlüssig vor, dass er die Handhabung der Reisekostenabrechnung mit seinem Vorgesetzten abgesprochen habe. Dieser Vortrag rechtfertigt ein entsprechendes Vorgehen jedenfalls dahingehend, dass es aus Sicht des Klägers in Absprache mit seinem unmittelbaren Vorgesetzten erfolgte. Ist dies aber der Fall, rechtfertigt ein solches Verhalten keine Kündigung ohne vorherige Abmahnung. Dies insbesondere deshalb, weil hier keinerlei eindeutige und klare Regelungen bezüglich der Handhabung der Reisekosten bestanden. Die Beklagte räumt auf Nachfrage selbst ein, dass die von ihr zitierten Regelungen, betreffend die Reisekosten, erst zum 01.01.2017 in Kraft traten, also zeitlich nach den dem Kläger vorgeworfenen Zeiträumen. Zudem ergibt sich aus dem Vortrag der Beklagten selbst, dass der ehemalige Dienstvorgesetzte des Klägers, Herr S., durchaus in die Abstimmungsprozesse, betreffend die Reisekostenabrechnung, einbezogen war. So trägt die Beklagte selbst vor (auf Bl. 393 d.A. wird Bezug genommen), dass Herr S. einräume, dass zumindest phasenweise internationale Reisen von Mitarbeitern aus dem Bereich des Klägers mit ihm direkt hätten abgestimmt werden müssen. Lediglich für nationale Reisen sei ihm nicht erinnerlich, dass ihm jemals eine innerdeutsche Standortreise zur Genehmigung vorgelegt worden sei. Aus dem Vortrag ergibt sich also selbst, dass entsprechende Rücksprachen mit dem Vorgesetzten getätigt wurden. Hinsichtlich der innerdeutschen Reisen bezieht sich der Vortrag der Beklagten lediglich darauf, dass eine entsprechende Absprache dem Herrn S. nicht mehr erinnerlich sei. Dementsprechend bestreitet die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 18.10.2017 auch entsprechenden Sonderlösungen. In einer solchen Konstellation, indem es um den Grad des Verschuldens bzw. überhaupt das Vorliegen eines Verschuldens, betreffend eine bestimmte Vorgehensweise geht, genügt dieser Vortrag jedoch nicht, um hinsichtlich einer Tatkündigung einen entsprechenden substantiierten Vortrag annehmen zu können. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der Arbeitgeber im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses auch bezüglich fehlender Rechtsfertigungs- und Entschuldigungsgründe jedenfalls in der sekundären Darlegungs- und Beweislast vortragsbelastet. Vor diesem Hintergrund genügt das bloße Bestreiten der Beklagten nicht. Vielmehr kann bereits aus dem Vortrag der Beklagten selbst nicht mit hinreichender Sicherheit geschlossen werden, dass es sich bei dem Vorgehen tatsächlich um ein vertragswidriges und schuldhaftes Vorgehen des Klägers handelte.

b. Auch der Verdacht als solcher begründet keinen eigenständigen Kündigungsgrund im vorliegenden Fall. Die objektiven Indizien, die vorliegen müssen, um einen entsprechenden Verdacht (siehe oben) hinreichend zu begründen, müssen im Zeitpunkt des Kündigungsausspruches vorliegen. Vorliegend räumt die Beklagte selbst ein, dass die von ihr in Bezug genommene Richtlinie zeitlich erst nachgelagert zu den dem Kläger vorgeworfenen Sachverhalten in Kraft trat. Dieses Indiz kann also nicht zur Begründung eines Verdachtes herangezogen werden. Auch liegen, selbst zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlungen, nicht hinreichend erhärtete Verdachtsmomente vor, die eine mögliche Absprache mit dem Vorgesetzten des Klägers, Herrn S., ausräumen. Gemessen an den oben aufgezeigten Maßstäben, die an einer außerordentliche Verdachtskündigung seitens der Rechtsprechung gestellt werden, erfüllt der Vortrag der Beklagten diese nicht. Jedenfalls hat die Beklagte für eine Verdachtskündigung nicht alle notwendigen aufklärenden Maßnahmen unternommen um vortragen zu können, dass die Umstände, die den Verdacht begründen, nicht auch ebenso gut durch ein Geschehen zu erklären sein könnten, dass eine Kündigung nicht zu rechtfertigen vermöchte.

V.

Auch die hilfsweise ordentliche Kündigung, hilfsweise vorsorgliche ordentliche Verdachtskündigung vom 29.03.2017 hat das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgelöst. Diesbezüglich kann auf das soeben zur außerordentlichen Kündigung, betreffend die Tat- und Verdachtskündigung, Bezug genommen werden. Seitens der Beklagten sind keine Umstände vorgetragen, die zwar eine außerordentliche nicht zuließen, aber eine ordentliche Kündigung rechtfertigten. Insoweit kann vollumfänglich auf das eben Gesagte Bezug genommen werden.

VI.

Aufgrund der Unwirksamkeit der Kündigungen hat der Kläger einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsvertragsbedingungen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens. Das erkennende Gericht folgt insoweit den Grundsätzen, wie sie der Große Senat des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 27.02.1985 - GS 1/84 aufgestellt hat. Danach besteht aufgrund des Arbeitsvertrages unter Berücksichtigung der Art. 1 u. 2 GG im bestehenden Arbeitsverhältnis grundsätzlich ein Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers. Im Fall einer Kündigung überwiegt jedoch nach Ablauf der Kündigungsfrist das Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung, soweit offen ist, ob das Arbeitsverhältnis überhaupt noch besteht oder nicht. Ergeht im arbeitsgerichtlichen Verfahren ein die Instanz abschließendes Urteil, durch welches die Unwirksamkeit der Kündigung festgestellt wird, überwiegt das Interesse des Arbeitnehmers an der Beschäftigung, die Interessen des Arbeitgebers, soweit dieser nicht besondere Gründe geltend macht, die über den noch offenen Streit über das Bestehen des Arbeitsverhältnisses hinausgehen. Solche Gründe hat die Beklagte vorliegend nicht genannt. Vielmehr geht sie in ihrem Schriftsatz vom 21.07.2017 selbst davon aus, dass sie eine Position des Leiter Client Procurement Global Operations und taktisches Sourcing Region Europe geschaffen habe und diese dem Kläger übertragen habe. Der geltend gemachte Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers bezieht sich ausdrücklich auf diese Stelle, so dass inhaltlich hier keine Differenz besteht. Das Gericht geht, wie dargelegt, von der Unwirksamkeit der Kündigungen und dem derzeitigen Bestand des Arbeitsverhältnisses aus. Damit überwiegen die Interessen des Klägers an der Beschäftigung. Aus diesem Grund ist der Klage auch in diesem Punkt stattzugeben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 246 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 91 Abs. 1 ZPO,§ 269 ZPO.

VIII.

Die Streitwertentscheidung beruht auf § 61 Abs. 1 ArbGG§ 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 3 ZPO.

(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.

(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.

(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Urteile der Arbeitsgerichte, gegen die Einspruch oder Berufung zulässig ist, sind vorläufig vollstreckbar. Macht der Beklagte glaubhaft, daß die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, so hat das Arbeitsgericht auf seinen Antrag die vorläufige Vollstreckbarkeit im Urteil auszuschließen. In den Fällen des § 707 Abs. 1 und des § 719 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung kann die Zwangsvollstreckung nur unter derselben Voraussetzung eingestellt werden. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach Satz 3 erfolgt ohne Sicherheitsleistung. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss.

(2) Im übrigen finden auf die Zwangsvollstreckung einschließlich des Arrests und der einstweiligen Verfügung die Vorschriften des Achten Buchs der Zivilprozeßordnung Anwendung. Die Entscheidung über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung kann in dringenden Fällen, auch dann, wenn der Antrag zurückzuweisen ist, ohne mündliche Verhandlung ergehen. Eine in das Schutzschriftenregister nach § 945a Absatz 1 der Zivilprozessordnung eingestellte Schutzschrift gilt auch als bei allen Arbeitsgerichten der Länder eingereicht.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Urteile der Arbeitsgerichte, gegen die Einspruch oder Berufung zulässig ist, sind vorläufig vollstreckbar. Macht der Beklagte glaubhaft, daß die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, so hat das Arbeitsgericht auf seinen Antrag die vorläufige Vollstreckbarkeit im Urteil auszuschließen. In den Fällen des § 707 Abs. 1 und des § 719 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung kann die Zwangsvollstreckung nur unter derselben Voraussetzung eingestellt werden. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach Satz 3 erfolgt ohne Sicherheitsleistung. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss.

(2) Im übrigen finden auf die Zwangsvollstreckung einschließlich des Arrests und der einstweiligen Verfügung die Vorschriften des Achten Buchs der Zivilprozeßordnung Anwendung. Die Entscheidung über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung kann in dringenden Fällen, auch dann, wenn der Antrag zurückzuweisen ist, ohne mündliche Verhandlung ergehen. Eine in das Schutzschriftenregister nach § 945a Absatz 1 der Zivilprozessordnung eingestellte Schutzschrift gilt auch als bei allen Arbeitsgerichten der Länder eingereicht.

(1) Das Prozessgericht kann auf Antrag anordnen, dass bis zum Erlass des Urteils über die in den §§ 767, 768 bezeichneten Einwendungen die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung eingestellt oder nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werde und dass Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufzuheben seien. Es setzt eine Sicherheitsleistung für die Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht fest, wenn der Schuldner zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist und die Rechtsverfolgung durch ihn hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Die tatsächlichen Behauptungen, die den Antrag begründen, sind glaubhaft zu machen.

(2) In dringenden Fällen kann das Vollstreckungsgericht eine solche Anordnung erlassen, unter Bestimmung einer Frist, innerhalb der die Entscheidung des Prozessgerichts beizubringen sei. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist wird die Zwangsvollstreckung fortgesetzt.

(3) Die Entscheidung über diese Anträge ergeht durch Beschluss.

(4) Im Fall der Anhängigkeit einer auf Herabsetzung gerichteten Abänderungsklage gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend.

(1) Urteile der Arbeitsgerichte, gegen die Einspruch oder Berufung zulässig ist, sind vorläufig vollstreckbar. Macht der Beklagte glaubhaft, daß die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, so hat das Arbeitsgericht auf seinen Antrag die vorläufige Vollstreckbarkeit im Urteil auszuschließen. In den Fällen des § 707 Abs. 1 und des § 719 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung kann die Zwangsvollstreckung nur unter derselben Voraussetzung eingestellt werden. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach Satz 3 erfolgt ohne Sicherheitsleistung. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss.

(2) Im übrigen finden auf die Zwangsvollstreckung einschließlich des Arrests und der einstweiligen Verfügung die Vorschriften des Achten Buchs der Zivilprozeßordnung Anwendung. Die Entscheidung über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung kann in dringenden Fällen, auch dann, wenn der Antrag zurückzuweisen ist, ohne mündliche Verhandlung ergehen. Eine in das Schutzschriftenregister nach § 945a Absatz 1 der Zivilprozessordnung eingestellte Schutzschrift gilt auch als bei allen Arbeitsgerichten der Länder eingereicht.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Urteile der Arbeitsgerichte, gegen die Einspruch oder Berufung zulässig ist, sind vorläufig vollstreckbar. Macht der Beklagte glaubhaft, daß die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, so hat das Arbeitsgericht auf seinen Antrag die vorläufige Vollstreckbarkeit im Urteil auszuschließen. In den Fällen des § 707 Abs. 1 und des § 719 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung kann die Zwangsvollstreckung nur unter derselben Voraussetzung eingestellt werden. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach Satz 3 erfolgt ohne Sicherheitsleistung. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss.

(2) Im übrigen finden auf die Zwangsvollstreckung einschließlich des Arrests und der einstweiligen Verfügung die Vorschriften des Achten Buchs der Zivilprozeßordnung Anwendung. Die Entscheidung über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung kann in dringenden Fällen, auch dann, wenn der Antrag zurückzuweisen ist, ohne mündliche Verhandlung ergehen. Eine in das Schutzschriftenregister nach § 945a Absatz 1 der Zivilprozessordnung eingestellte Schutzschrift gilt auch als bei allen Arbeitsgerichten der Länder eingereicht.

(1) Wird gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil der Einspruch oder die Berufung eingelegt, so gelten die Vorschriften des § 707 entsprechend. Die Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil darf nur gegen Sicherheitsleistung eingestellt werden, es sei denn, dass das Versäumnisurteil nicht in gesetzlicher Weise ergangen ist oder die säumige Partei glaubhaft macht, dass ihre Säumnis unverschuldet war.

(2) Wird Revision gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil eingelegt, so ordnet das Revisionsgericht auf Antrag an, dass die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt wird, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. Die Parteien haben die tatsächlichen Voraussetzungen glaubhaft zu machen.

(3) Die Entscheidung ergeht durch Beschluss.

(1) Wird die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder eine Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt oder die Rüge nach § 321a erhoben oder wird der Rechtsstreit nach der Verkündung eines Vorbehaltsurteils fortgesetzt, so kann das Gericht auf Antrag anordnen, dass die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstweilen eingestellt werde oder nur gegen Sicherheitsleistung stattfinde und dass die Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufzuheben seien. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung ist nur zulässig, wenn glaubhaft gemacht wird, dass der Schuldner zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist und die Vollstreckung einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde.

(2) Die Entscheidung ergeht durch Beschluss. Eine Anfechtung des Beschlusses findet nicht statt.

(1) Wird gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil der Einspruch oder die Berufung eingelegt, so gelten die Vorschriften des § 707 entsprechend. Die Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil darf nur gegen Sicherheitsleistung eingestellt werden, es sei denn, dass das Versäumnisurteil nicht in gesetzlicher Weise ergangen ist oder die säumige Partei glaubhaft macht, dass ihre Säumnis unverschuldet war.

(2) Wird Revision gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil eingelegt, so ordnet das Revisionsgericht auf Antrag an, dass die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt wird, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. Die Parteien haben die tatsächlichen Voraussetzungen glaubhaft zu machen.

(3) Die Entscheidung ergeht durch Beschluss.

(1) Der Vorsitzende entscheidet außerhalb der streitigen Verhandlung allein

1.
bei Zurücknahme der Klage;
2.
bei Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch;
3.
bei Anerkenntnis des geltend gemachten Anspruchs;
4.
bei Säumnis einer Partei;
4a.
über die Verwerfung des Einspruchs gegen ein Versäumnisurteil oder einen Vollstreckungsbescheid als unzulässig;
5.
bei Säumnis beider Parteien;
6.
über die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung;
7.
über die örtliche Zuständigkeit;
8.
über die Aussetzung und Anordnung des Ruhens des Verfahrens;
9.
wenn nur noch über die Kosten zu entscheiden ist;
10.
bei Entscheidungen über eine Berichtigung des Tatbestandes, soweit nicht eine Partei eine mündliche Verhandlung hierüber beantragt;
11.
im Fall des § 11 Abs. 3 über die Zurückweisung des Bevollmächtigten oder die Untersagung der weiteren Vertretung.

(2) Der Vorsitzende kann in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1, 3 und 4a bis 10 eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Dies gilt mit Zustimmung der Parteien auch in dem Fall des Absatzes 1 Nr. 2.

(3) Der Vorsitzende entscheidet ferner allein, wenn in der Verhandlung, die sich unmittelbar an die Güteverhandlung anschließt, eine das Verfahren beendende Entscheidung ergehen kann und die Parteien übereinstimmend eine Entscheidung durch den Vorsitzenden beantragen; der Antrag ist in das Protokoll aufzunehmen.

(4) Der Vorsitzende kann vor der streitigen Verhandlung einen Beweisbeschluß erlassen, soweit er anordnet

1.
eine Beweisaufnahme durch den ersuchten Richter;
2.
eine schriftliche Beantwortung der Beweisfrage nach § 377 Abs. 3 der Zivilprozeßordnung;
3.
die Einholung amtlicher Auskünfte;
4.
eine Parteivernehmung;
5.
die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens.
Anordnungen nach Nummer 1 bis 3 und 5 können vor der streitigen Verhandlung ausgeführt werden.

(1) Wird die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder eine Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt oder die Rüge nach § 321a erhoben oder wird der Rechtsstreit nach der Verkündung eines Vorbehaltsurteils fortgesetzt, so kann das Gericht auf Antrag anordnen, dass die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstweilen eingestellt werde oder nur gegen Sicherheitsleistung stattfinde und dass die Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufzuheben seien. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung ist nur zulässig, wenn glaubhaft gemacht wird, dass der Schuldner zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist und die Vollstreckung einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde.

(2) Die Entscheidung ergeht durch Beschluss. Eine Anfechtung des Beschlusses findet nicht statt.

(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.

(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.

(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.

(1) Das Prozessgericht kann auf Antrag anordnen, dass bis zum Erlass des Urteils über die in den §§ 767, 768 bezeichneten Einwendungen die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung eingestellt oder nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werde und dass Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufzuheben seien. Es setzt eine Sicherheitsleistung für die Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht fest, wenn der Schuldner zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist und die Rechtsverfolgung durch ihn hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Die tatsächlichen Behauptungen, die den Antrag begründen, sind glaubhaft zu machen.

(2) In dringenden Fällen kann das Vollstreckungsgericht eine solche Anordnung erlassen, unter Bestimmung einer Frist, innerhalb der die Entscheidung des Prozessgerichts beizubringen sei. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist wird die Zwangsvollstreckung fortgesetzt.

(3) Die Entscheidung über diese Anträge ergeht durch Beschluss.

(4) Im Fall der Anhängigkeit einer auf Herabsetzung gerichteten Abänderungsklage gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend.

(1) Urteile der Arbeitsgerichte, gegen die Einspruch oder Berufung zulässig ist, sind vorläufig vollstreckbar. Macht der Beklagte glaubhaft, daß die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, so hat das Arbeitsgericht auf seinen Antrag die vorläufige Vollstreckbarkeit im Urteil auszuschließen. In den Fällen des § 707 Abs. 1 und des § 719 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung kann die Zwangsvollstreckung nur unter derselben Voraussetzung eingestellt werden. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach Satz 3 erfolgt ohne Sicherheitsleistung. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss.

(2) Im übrigen finden auf die Zwangsvollstreckung einschließlich des Arrests und der einstweiligen Verfügung die Vorschriften des Achten Buchs der Zivilprozeßordnung Anwendung. Die Entscheidung über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung kann in dringenden Fällen, auch dann, wenn der Antrag zurückzuweisen ist, ohne mündliche Verhandlung ergehen. Eine in das Schutzschriftenregister nach § 945a Absatz 1 der Zivilprozessordnung eingestellte Schutzschrift gilt auch als bei allen Arbeitsgerichten der Länder eingereicht.

(1) Das Prozessgericht kann auf Antrag anordnen, dass bis zum Erlass des Urteils über die in den §§ 767, 768 bezeichneten Einwendungen die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung eingestellt oder nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werde und dass Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufzuheben seien. Es setzt eine Sicherheitsleistung für die Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht fest, wenn der Schuldner zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist und die Rechtsverfolgung durch ihn hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Die tatsächlichen Behauptungen, die den Antrag begründen, sind glaubhaft zu machen.

(2) In dringenden Fällen kann das Vollstreckungsgericht eine solche Anordnung erlassen, unter Bestimmung einer Frist, innerhalb der die Entscheidung des Prozessgerichts beizubringen sei. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist wird die Zwangsvollstreckung fortgesetzt.

(3) Die Entscheidung über diese Anträge ergeht durch Beschluss.

(4) Im Fall der Anhängigkeit einer auf Herabsetzung gerichteten Abänderungsklage gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend.

(1) Urteile der Arbeitsgerichte, gegen die Einspruch oder Berufung zulässig ist, sind vorläufig vollstreckbar. Macht der Beklagte glaubhaft, daß die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, so hat das Arbeitsgericht auf seinen Antrag die vorläufige Vollstreckbarkeit im Urteil auszuschließen. In den Fällen des § 707 Abs. 1 und des § 719 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung kann die Zwangsvollstreckung nur unter derselben Voraussetzung eingestellt werden. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach Satz 3 erfolgt ohne Sicherheitsleistung. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss.

(2) Im übrigen finden auf die Zwangsvollstreckung einschließlich des Arrests und der einstweiligen Verfügung die Vorschriften des Achten Buchs der Zivilprozeßordnung Anwendung. Die Entscheidung über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung kann in dringenden Fällen, auch dann, wenn der Antrag zurückzuweisen ist, ohne mündliche Verhandlung ergehen. Eine in das Schutzschriftenregister nach § 945a Absatz 1 der Zivilprozessordnung eingestellte Schutzschrift gilt auch als bei allen Arbeitsgerichten der Länder eingereicht.

(1) Das Prozessgericht kann auf Antrag anordnen, dass bis zum Erlass des Urteils über die in den §§ 767, 768 bezeichneten Einwendungen die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung eingestellt oder nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werde und dass Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufzuheben seien. Es setzt eine Sicherheitsleistung für die Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht fest, wenn der Schuldner zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist und die Rechtsverfolgung durch ihn hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Die tatsächlichen Behauptungen, die den Antrag begründen, sind glaubhaft zu machen.

(2) In dringenden Fällen kann das Vollstreckungsgericht eine solche Anordnung erlassen, unter Bestimmung einer Frist, innerhalb der die Entscheidung des Prozessgerichts beizubringen sei. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist wird die Zwangsvollstreckung fortgesetzt.

(3) Die Entscheidung über diese Anträge ergeht durch Beschluss.

(4) Im Fall der Anhängigkeit einer auf Herabsetzung gerichteten Abänderungsklage gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend.

(1) Urteile der Arbeitsgerichte, gegen die Einspruch oder Berufung zulässig ist, sind vorläufig vollstreckbar. Macht der Beklagte glaubhaft, daß die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, so hat das Arbeitsgericht auf seinen Antrag die vorläufige Vollstreckbarkeit im Urteil auszuschließen. In den Fällen des § 707 Abs. 1 und des § 719 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung kann die Zwangsvollstreckung nur unter derselben Voraussetzung eingestellt werden. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach Satz 3 erfolgt ohne Sicherheitsleistung. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss.

(2) Im übrigen finden auf die Zwangsvollstreckung einschließlich des Arrests und der einstweiligen Verfügung die Vorschriften des Achten Buchs der Zivilprozeßordnung Anwendung. Die Entscheidung über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung kann in dringenden Fällen, auch dann, wenn der Antrag zurückzuweisen ist, ohne mündliche Verhandlung ergehen. Eine in das Schutzschriftenregister nach § 945a Absatz 1 der Zivilprozessordnung eingestellte Schutzschrift gilt auch als bei allen Arbeitsgerichten der Länder eingereicht.

(1) Das Prozessgericht kann auf Antrag anordnen, dass bis zum Erlass des Urteils über die in den §§ 767, 768 bezeichneten Einwendungen die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung eingestellt oder nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werde und dass Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufzuheben seien. Es setzt eine Sicherheitsleistung für die Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht fest, wenn der Schuldner zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist und die Rechtsverfolgung durch ihn hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Die tatsächlichen Behauptungen, die den Antrag begründen, sind glaubhaft zu machen.

(2) In dringenden Fällen kann das Vollstreckungsgericht eine solche Anordnung erlassen, unter Bestimmung einer Frist, innerhalb der die Entscheidung des Prozessgerichts beizubringen sei. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist wird die Zwangsvollstreckung fortgesetzt.

(3) Die Entscheidung über diese Anträge ergeht durch Beschluss.

(4) Im Fall der Anhängigkeit einer auf Herabsetzung gerichteten Abänderungsklage gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend.

(1) Urteile der Arbeitsgerichte, gegen die Einspruch oder Berufung zulässig ist, sind vorläufig vollstreckbar. Macht der Beklagte glaubhaft, daß die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, so hat das Arbeitsgericht auf seinen Antrag die vorläufige Vollstreckbarkeit im Urteil auszuschließen. In den Fällen des § 707 Abs. 1 und des § 719 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung kann die Zwangsvollstreckung nur unter derselben Voraussetzung eingestellt werden. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach Satz 3 erfolgt ohne Sicherheitsleistung. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss.

(2) Im übrigen finden auf die Zwangsvollstreckung einschließlich des Arrests und der einstweiligen Verfügung die Vorschriften des Achten Buchs der Zivilprozeßordnung Anwendung. Die Entscheidung über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung kann in dringenden Fällen, auch dann, wenn der Antrag zurückzuweisen ist, ohne mündliche Verhandlung ergehen. Eine in das Schutzschriftenregister nach § 945a Absatz 1 der Zivilprozessordnung eingestellte Schutzschrift gilt auch als bei allen Arbeitsgerichten der Länder eingereicht.

(1) Das Prozessgericht kann auf Antrag anordnen, dass bis zum Erlass des Urteils über die in den §§ 767, 768 bezeichneten Einwendungen die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung eingestellt oder nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werde und dass Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufzuheben seien. Es setzt eine Sicherheitsleistung für die Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht fest, wenn der Schuldner zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist und die Rechtsverfolgung durch ihn hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Die tatsächlichen Behauptungen, die den Antrag begründen, sind glaubhaft zu machen.

(2) In dringenden Fällen kann das Vollstreckungsgericht eine solche Anordnung erlassen, unter Bestimmung einer Frist, innerhalb der die Entscheidung des Prozessgerichts beizubringen sei. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist wird die Zwangsvollstreckung fortgesetzt.

(3) Die Entscheidung über diese Anträge ergeht durch Beschluss.

(4) Im Fall der Anhängigkeit einer auf Herabsetzung gerichteten Abänderungsklage gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 6. September 2016 - 19 Sa 953/16 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Eigenkündigung der Klägerin und ihre vorläufige Weiterbeschäftigung.

2

Die Klägerin war seit dem 9. Juni 1992 bei der Beklagten beschäftigt. Wegen einer paranoiden Schizophrenie wurde sie im Jahre 2013 stationär behandelt. Anschließend war sie wieder arbeitsfähig.

3

Mit Schreiben vom 6. März 2015 kündigte die Klägerin das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis. Die Beklagte bestätigte mit Schreiben vom 9. März 2015 die „fristgemäße Kündigung“ mit Wirkung zum 30. September 2015 und stellte die Klägerin unter Fortzahlung der Vergütung bis zum Beendigungszeitpunkt widerruflich von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei.

4

Im März und April 2015 richtete die Klägerin weitere Schreiben an die Beklagte. Ab dem 23. Mai 2015 war sie erneut in stationärer Behandlung. Ende Juli 2015 bestellte das Amtsgericht für sie eine Betreuerin ua. zur Vermögenssorge sowie Vertretung vor Behörden und Gerichten.

5

Die Beklagte informierte die Betreuerin mit Schreiben vom 25. August 2015 über die Kündigung der Klägerin. Die Betreuerin teilte der Beklagten mit Schreiben vom 1. September 2015 mit, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Abfassung der Kündigung nicht geschäftsfähig gewesen sei, und bat um Übersendung des Kündigungsschreibens. Am 6. September 2015 wurde die Klägerin aus dem Krankenhaus entlassen. Mit Schreiben vom 9. September 2015 übersandte die Betreuerin der Beklagten eine ärztliche Stellungnahme der Klinik gleichen Datums. Darin heißt es, anhand des Krankheitsbildes der Klägerin und des dort bekannten Verlaufs gehe man „fest davon aus, dass zum Zeitpunkt der Kündigung krankheitsbedingt keine Geschäftsfähigkeit“ vorgelegen habe. Der Zustand der Patientin habe sich zwischenzeitlich deutlich gebessert, so dass sie wieder geschäftsfähig und in absehbarer Zeit auch wieder arbeitsfähig sei.

6

Mit Schreiben vom 11. September 2015 übersandte die Beklagte der Betreuerin der Klägerin eine Fotokopie des Kündigungsschreibens. Mit Schreiben vom 7. Oktober 2015 wies die spätere Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Beklagte darauf hin, dass die Kündigung gem. § 105 Abs. 2 BGB nichtig sei. Sie bat die Beklagte, spätestens bis zum 15. Oktober 2015 zu erklären, dass sie die Kündigung als gegenstandslos betrachte, und den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu bestätigen. Mit Schreiben vom 15. Oktober 2015 teilte die Beklagte mit, dass sie keine Veranlassung sehe, die verlangte Erklärung abzugeben.

7

Mit ihrer der Beklagten am 10. Dezember 2015 zugestellten Klage hat die Klägerin den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht und ihre vorläufige Weiterbeschäftigung begehrt. Sie hat behauptet, ihre freie Willensbestimmung sei zum Zeitpunkt der Abgabe der Kündigungserklärung wegen eines akuten Schubs der schon im Jahr 2013 festgestellten paranoiden Schizophrenie ausgeschlossen gewesen.

8

Die Klägerin hat - soweit noch Gegenstand der Revision - beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch ihre Kündigung vom 6. März 2015 nicht beendet wurde;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, sie zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Registratur- bzw. Verwaltungsfachangestellte in Vollzeit bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits weiter zu beschäftigen.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, die Klägerin habe die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG versäumt. Jedenfalls habe sie das Recht, die Unwirksamkeit der Kündigung geltend zu machen, verwirkt.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist begründet. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Mit der gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts nicht abändern. Ob die Kündigung der Klägerin vom 6. März 2015 das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgelöst hat, steht noch nicht fest.

12

A. Der Feststellungsantrag ist zulässig.

13

I. Der Antrag ist dahin auszulegen, dass die Klägerin begehrt festzustellen, das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien habe über den 30. September 2015 hinaus fortbestanden. Dabei handelt es sich um eine allgemeine Feststellungsklage gem. § 256 Abs. 1 ZPO.

14

1. Der Antrag ist zwar entsprechend § 4 Satz 1 KSchG punktuell bezogen auf die Kündigung vom 6. März 2015 formuliert. Eine Kündigungsschutzklage nach § 4 Satz 1 KSchG kann jedoch keine Eigenkündigung des Arbeitnehmers zum Gegenstand haben.

15

a) Nach § 4 Satz 1 KSchG muss ein Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage erheben, wenn er geltend machen will, dass die Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Die Vorschrift regelt nicht ausdrücklich, ob bzw. inwiefern die gerichtlich anzugreifende Kündigung dem Arbeitgeber zurechenbar sein muss (BAG 26. März 2009 - 2 AZR 403/07 - Rn. 20). Nach ihrem Wortlaut ist ein Verständnis nicht zwingend ausgeschlossen, wonach der Arbeitnehmer die Klagefrist auch dann einhalten muss, wenn er die Rechtsunwirksamkeit einer von ihm selbst erklärten Kündigung geltend machen will (ebenso LAG Köln 29. Juni 2006 - 5 Sa 377/06 - Rn. 22).

16

b) Gesetzessystematik sowie Sinn und Zweck von § 4 Satz 1 iVm. § 7 KSchG sprechen jedoch gegen eine Geltung der Klagefrist für Eigenkündigungen von Arbeitnehmern.

17

aa) § 4 KSchG gehört zum Ersten Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes unter der Überschrift „Allgemeiner Kündigungsschutz“. Der allgemeine Kündigungsschutz nach § 1 Abs. 1 KSchG bezieht sich ausschließlich auf Kündigungen „gegenüber einem Arbeitnehmer“ und damit auf arbeitgeberseitige Kündigungen. § 4 Satz 1 KSchG nennt zudem als ersten Anwendungsfall die Geltendmachung der mangelnden sozialen Rechtfertigung einer Kündigung. Sozial ungerechtfertigt iSd. § 1 Abs. 1 KSchG kann nur eine Arbeitgeberkündigung sein.

18

bb) Die Regelung ist ferner im systematischen Zusammenhang mit § 7 KSchG zu betrachten. Nach § 7 KSchG gilt eine Kündigung als von Anfang an rechtswirksam, wenn ihre Rechtsunwirksamkeit nicht rechtzeitig gem. § 4 Satz 1, §§ 5 und 6 KSchG geltend gemacht wird. Diese Rechtsfolge entspricht nur dann dem mit ihr verfolgten Sinn und Zweck, wenn die Wirksamkeit einer dem Arbeitgeber zurechenbaren Kündigung bei nicht rechtzeitiger Klageerhebung fingiert wird.

19

(1) § 7 KSchG soll dazu beitragen, dass für den Arbeitgeber alsbald nach Ausspruch einer Kündigung Rechtsklarheit hinsichtlich des Bestandes der Kündigung eintritt(APS/Hesse 5. Aufl. § 7 KSchG Rn. 2; MüKoBGB/Hergenröder 7. Aufl. § 7 KSchG Rn. 1; vHH/L/Linck 15. Aufl. § 7 Rn. 1). Mit der Gesetzesänderung zum 1. Januar 2004 durch Art. 1 des Gesetzes zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3002) ist die Wirksamkeitsfiktion des § 7 KSchG ebenso wie die Klageobliegenheit gem. § 4 Satz 1 KSchG auf alle Rechtsunwirksamkeitsgründe erstreckt worden. Es sollte im Interesse einer raschen Klärung der Frage, ob eine Kündigung das Arbeitsverhältnis beendet hat oder nicht, eine einheitliche Klagefrist für die Geltendmachung aller Unwirksamkeitsgründe eingeführt werden (BT-Drs. 15/1204 S. 9 f., 13).

20

(2) Die Klagefrist gem. § 4 Satz 1 KSchG bezieht sich jedoch auch in der seit dem 1. Januar 2004 geltenden Fassung weiter nur auf Klagen des Arbeitnehmers. Eine rechtzeitige Klageerhebung verhindert den Eintritt der Fiktionswirkung gem. § 7 KSchG. Dies führt aber nur dann nicht zu sachwidrigen Ergebnissen, wenn mit der Klage ausschließlich die Unwirksamkeit einer arbeitgeberseitigen Kündigung geltend gemacht werden soll. Fände § 4 Satz 1 KSchG dagegen auch auf die Eigenkündigung eines Arbeitnehmers Anwendung, hätte es dieser in der Hand, einer materiell unwirksamen Kündigung zur Wirksamkeit zu verhelfen, indem er nicht selbst gegen sie klagt. Eine fristlose Eigenkündigung, für welche kein wichtiger Grund iSd. § 626 BGB besteht, würde zulasten des Arbeitgebers wirksam, wenn der Arbeitnehmer nicht selbst rechtzeitig gegen sie Klage erhebt.

21

(3) Entgegen der Ansicht der Beklagten kann eine Eigenkündigung des Arbeitnehmers auch nicht dem Arbeitgeber zugerechnet werden. Der Arbeitnehmer erklärt eine Eigenkündigung im eigenen und nicht im fremden Namen, er agiert insofern daher weder als Vertreter des Arbeitgebers (§ 164 Abs. 1 BGB) noch als dessen vollmachtloser Vertreter (§ 177 Abs. 1 BGB). Auch für eine nachträgliche Genehmigung durch den Arbeitgeber ist daher kein Raum. Die Eigenkündigung des Arbeitnehmers bleibt vielmehr eine für den Arbeitgeber fremde Willenserklärung, selbst wenn dieser sie akzeptiert.

22

c) Das Interesse des Arbeitgebers an einer schnellen Klärung auch der Wirksamkeit einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers erlaubt kein anderes Verständnis der §§ 4, 7 KSchG(aA LAG Köln 29. Juni 2006 - 5 Sa 377/06 - Rn. 22). Der Gesetzgeber hat Streitigkeiten über andere Beendigungstatbestände als arbeitgeberseitige Kündigungen ebenfalls nicht der Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG unterworfen, obwohl das Bedürfnis nach einer schnellen Klärung grundsätzlich ebenso bestünde. So unterfallen dem Anwendungsbereich des § 4 Satz 1 KSchG zB weder die Anfechtung eines Arbeitsvertrags(aA KR/Friedrich/Klose 11. Aufl. § 4 KSchG Rn. 27) noch die Wirksamkeit einer Aufhebungsvereinbarung. Für die Befristungskontrollklage gilt die spezielle Norm des § 17 TzBfG.

23

d) Eine analoge Anwendung von § 4 Satz 1 KSchG auf Arbeitnehmereigenkündigungen scheidet aus. Es fehlt schon an der für eine Rechtsfortbildung durch Analogie erforderlichen, positiv festzustellenden planwidrigen Regelungslücke (vgl. BAG 23. Juli 2015 - 6 AZR 490/14 - Rn. 34, BAGE 152, 147; 10. Dezember 2013 - 9 AZR 51/13 - Rn. 23, BAGE 146, 384).

24

2. Dem Rechtsschutzziel der Klägerin entsprechend, feststellen zu lassen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch ihre Eigenkündigung aufgelöst worden ist, ist der Klageantrag zu 1. daher als allgemeiner Feststellungsantrag, bezogen auf das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses über den 30. September 2015 hinaus, zu verstehen.

25

II. Für diesen Antrag liegen die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO vor. Der Bestand eines Arbeitsverhältnisses ist ein im Sinne der Bestimmung feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Das Interesse der Klägerin an einer alsbaldigen gerichtlichen Feststellung ist gegeben. Die Beklagte beruft sich auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. September 2015 durch die Kündigung der Klägerin, während diese die Nichtigkeit der Kündigung geltend macht und den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses reklamiert.

26

III. Die Rechtskraft der Abweisung eines in den Vorinstanzen anhängig gewesenen (weiteren) allgemeinen Feststellungsantrags als unzulässig durch das Landesarbeitsgericht steht einer Sachentscheidung über den Antrag zu 1. nicht entgegen. Bei einer klageabweisenden Entscheidung ist der ausschlaggebende Grund für die Abweisung Bestandteil des gem. § 322 Abs. 1 ZPO in Rechtskraft erwachsenden Entscheidungssatzes(BAG 15. Juni 2016 - 4 AZR 485/14 - Rn. 40; 10. April 2014 - 2 AZR 812/12 - Rn. 29). Grund für das Prozessurteil des Landesarbeitsgerichts über den (weiteren) allgemeinen Feststellungsantrag war, dass mangels Angabe anderer zwischen den Parteien streitiger Beendigungstatbestände als der bereits mit dem Antrag zu 1. erfassten Kündigung kein Interesse an der begehrten (weiteren) Feststellung bestand. Das schließt es nicht aus, den Antrag zu 1. selbst als wegen des Streits über die Wirksamkeit der Kündigung der Klägerin zulässigen allgemeinen Feststellungsantrag anzusehen.

27

IV. Eine nach § 261 Abs. 3 ZPO unzulässige doppelte Rechtshängigkeit steht dem Antrag zu 1. in dieser Auslegung ebenfalls nicht - mehr - entgegen. Der weitere Feststellungsantrag ist bereits durch das insoweit rechtskräftig gewordene Berufungsurteil abgewiesen worden.

28

V. Die Klägerin hat das Recht, den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten klageweise geltend zu machen, nicht nach den für eine Prozessverwirkung geltenden Grundsätzen verwirkt.

29

1. Das Recht, eine Klage zu erheben, kann verwirkt werden mit der Folge, dass eine dennoch angebrachte Klage unzulässig ist. Dies kommt jedoch nur unter besonderen Voraussetzungen in Betracht. Das Klagerecht soll ausnahmsweise verwirken können, wenn der Anspruchsteller die Klage erst nach Ablauf eines längeren Zeitraums erhebt und zusätzlich ein Vertrauenstatbestand beim Anspruchsgegner geschaffen worden ist, er werde gerichtlich nicht mehr belangt werden. Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes das Interesse des Berechtigten an der sachlichen Prüfung des von ihm behaupteten Anspruchs derart überwiegen, dass dem Gegner die Einlassung auf die nicht innerhalb angemessener Frist erhobene Klage nicht mehr zumutbar ist. Durch die Annahme einer prozessualen Verwirkung darf der Weg zu den Gerichten nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise erschwert werden. Dies ist im Zusammenhang mit den an das Zeit- und Umstandsmoment zu stellenden Anforderungen zu berücksichtigen (BAG 20. April 2011 - 4 AZR 368/09 - Rn. 23 mwN).

30

2. Dafür sind im Streitfall, ein ausreichendes Zeitmoment der Untätigkeit der Klägerin unterstellt, tragfähige Umstände weder festgestellt, noch ergeben sie sich aus dem Parteivorbringen. Die Beklagte hat sich insbesondere nicht darauf berufen, sie habe aufgrund eines bei ihr entstandenen Vertrauens, die Klägerin werde keine Klage mehr erheben, Beweismittel nicht gesichert oder habe sonstige Schwierigkeiten bei der Verteidigung ihrer Rechtsposition im Prozess, die ihr bei früherer Klageerhebung nicht entstanden wären.

31

B. Ob der Feststellungsantrag begründet ist, steht noch nicht fest.

32

I. Die Klägerin hat das Recht, sich auf die Nichtigkeit ihrer Eigenkündigung gem. § 105 BGB zu berufen, nicht materiell verwirkt(§ 242 BGB, sog. illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten). Es ist der Beklagten nicht unzumutbar, für den Fall der Nichtigkeit der Kündigung den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gegen sich gelten zu lassen.

33

1. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung und soll dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit dienen. Sie hat nicht den Zweck, Schuldner, denen gegenüber Gläubiger ihre Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen (Zeitmoment). Es müssen vielmehr besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar anzusehen (BAG 22. März 2017 - 5 AZR 424/16 - Rn. 23; 24. August 2016 - 5 AZR 129/16 - Rn. 60). Dabei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist (BAG 22. September 2016 - 2 AZR 700/15 - Rn. 20).

34

2. Es kann offenbleiben, ob im Streitfall ein hinreichendes Zeitmoment gegeben wäre. Wie das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zu Recht angenommen hat, fehlt es jedenfalls an dem daneben für den Eintritt der Verwirkung erforderlichen Umstandsmoment.

35

a) Ein grundsätzlich schutzwürdiges Vertrauen der Beklagten, die Klägerin werde keine Unwirksamkeit ihrer Kündigung (mehr) geltend machen, könnte sich zum einen gebildet haben in der Zeit bis zum Hinweis der Betreuerin vom 1. September 2015, die Klägerin sei bei Abfassung des Kündigungsschreibens nicht geschäftsfähig gewesen, zum anderen mit dem zunehmenden Zeitablauf nach Ende der der Beklagten bis zum 15. Oktober 2015 gesetzten Frist für eine Bestätigung des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses.

36

b) Es sind jedoch keine Umstände festgestellt oder von der Beklagten behauptet worden, die es ihr aufgrund dessen unzumutbar gemacht hätten, einen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gegen sich gelten zu lassen. Die Beklagte hat sich insbesondere nicht auf Dispositionen berufen, die sie zwischenzeitlich im Vertrauen auf das Ende des Arbeitsverhältnisses zum 30. September 2015 getroffen habe, wie etwa eine Neubesetzung des Arbeitsplatzes der Klägerin.

37

II. Mit der gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht nicht annehmen, die Kündigung der Klägerin vom 6. März 2015 sei gem. § 105 Abs. 2 BGB wegen einer vorübergehenden Störung ihrer Geistestätigkeit nichtig. Seine darauf bezogene tatrichterliche Würdigung erweist sich als rechtsfehlerhaft.

38

1. Nach § 286 Abs. 1 ZPO haben die Tatsacheninstanzen unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer ggf. durchgeführten Beweisaufnahme nach ihrer freien Überzeugung darüber zu befinden, ob sie eine tatsächliche Behauptung für wahr erachten oder nicht. Die Beweiswürdigung muss vollständig, widerspruchsfrei und umfassend sein. Mögliche Zweifel müssen überwunden, brauchen aber nicht völlig ausgeschlossen zu werden (BAG 16. Juli 2015 - 2 AZR 85/15 - Rn. 35; vgl. 23. Oktober 2014 - 2 AZR 865/13 - Rn. 44, BAGE 149, 355). Soll ein Vortrag mittels Indizien bewiesen werden, hat das Gericht zu prüfen, ob es die vorgetragenen Hilfstatsachen - deren Richtigkeit unterstellt - von der Wahrheit der Haupttatsache überzeugen. Das Gericht hat die insoweit maßgebenden Umstände vollständig und verfahrensrechtlich einwandfrei zu ermitteln und alle Beweisanzeichen erschöpfend zu würdigen (BAG 16. Juli 2015 - 2 AZR 85/15 - aaO; BGH 16. Januar 1990 - VI ZR 109/89 - zu II 2 der Gründe). Dabei sind die Tatsacheninstanzen grundsätzlich frei darin, welche Beweiskraft sie den behaupteten Indiztatsachen im Einzelnen und in einer Gesamtschau beimessen (BAG 16. Juli 2015 - 2 AZR 85/15 - aaO; 18. Juni 2015 - 2 AZR 480/14 - Rn. 35). Revisionsrechtlich ist ihre Würdigung allein darauf hin zu überprüfen, ob alle Umstände vollständig berücksichtigt und nicht Denk- und Erfahrungsgrundsätze verletzt wurden. Um diese Überprüfung zu ermöglichen, haben die Tatsachengerichte nach § 286 Abs. 1 Satz 2 ZPO die wesentlichen Grundlagen ihrer Überzeugungsbildung nachvollziehbar darzulegen(BAG 16. Juli 2015 - 2 AZR 85/15 - aaO; 19. April 2005 - 9 AZR 184/04 - zu II 3 der Gründe; BGH 31. Juli 2013 - VII ZR 11/12 - Rn. 10). Durch das Revisionsgericht ist auch zu überprüfen, ob das Tatsachengericht auf eine vorhandene eigene Sachkenntnis hingewiesen und spätestens in den Entscheidungsgründen ausreichend begründet hat, woher es diese Sachkunde nimmt (BAG 19. April 2005 - 9 AZR 184/04 - zu II 3 der Gründe; 14. Januar 1993 - 2 AZR 343/92 - zu II 2 d aa der Gründe).

39

2. Diesen Anforderungen wird die Würdigung der vom Landesarbeitsgericht herangezogenen Umstände für die Annahme einer vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit der Klägerin am 6. März 2015 nicht gerecht.

40

a) Das Landesarbeitsgericht durfte einen Ausschluss der freien Willensbestimmung der Klägerin durch eine vorübergehende Störung ihrer Geistestätigkeit am 6. März 2015 nicht allein aufgrund der ärztlichen Stellungnahme vom 9. September 2015 als erwiesen ansehen.

41

aa) Die Stellungnahme bescheinigt keinen medizinischen Befund. Sie beschränkt sich auf die Angabe, man gehe fest davon aus, es habe am 6. März 2015 bei der Klägerin „krankheitsbedingt keine Geschäftsfähigkeit“ vorgelegen. Dabei handelt es sich nicht um einen medizinischen Sachverhalt, sondern um die sich aus einem solchen möglicherweise ergebende Rechtsfolge, deren Voraussetzungen das Gericht ggf. festzustellen hat (vgl. BGH 18. Mai 2001 - V ZR 126/00 - zu II 1 c der Gründe). Anders als bei der gem. § 5 Abs. 1 EFZG vorgesehenen ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kennt das Gesetz keine „ärztliche Geschäftsunfähigkeitsbescheinigung“. Welche medizinischen Umstände betreffend den Geisteszustand der Klägerin am 6. März 2015 gegeben waren, ergibt sich aus der ärztlichen Stellungnahme vom 9. September 2015 jedoch nicht.

42

bb) Hinzu kommt, dass nach dem Inhalt der Bescheinigung nicht ausgeschlossen ist, dass sich ihre Aussteller über die zutreffende Bedeutung des Rechtsbegriffs der Geschäftsunfähigkeit nicht hinreichend im Klaren waren. Geschäftsunfähigkeit iSd. § 104 Nr. 2, § 105 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass sich der Betroffene im Zustand einer dauerhaften, die freie Willensbestimmung ausschließenden Störung der Geistestätigkeit befindet. Ob tatsächlich eine in diesem Sinne dauerhafte Störung bescheinigt werden sollte und nicht „lediglich“ eine vorübergehende Störung der Geistestätigkeit iSd. § 105 Abs. 2 BGB, ist nach der Stellungnahme zumindest unsicher. Die Ärzte geben darin immerhin die Einschätzung wieder, die Geschäftsfähigkeit der Klägerin sei zwischenzeitlich wieder hergestellt. Auch das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis lediglich einen Fall der vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit iSd. § 105 Abs. 2 BGB angenommen.

43

cc) Nach der ärztlichen Stellungnahme vom 9. September 2015 ist außerdem unklar, ob mit der Angabe, man gehe „fest davon aus“, bei der Klägerin sei am 6. März 2015 krankheitsbedingt keine Geschäftsfähigkeit gegeben gewesen, tatsächliche, dieser Schlussfolgerung zugrunde liegende medizinische Erkenntnisse bestätigt werden sollten oder nur eine nach ärztlichem Dafürhalten möglicherweise hohe Wahrscheinlichkeit, dass ein entsprechender medizinischer Sachverhalt zu diesem Zeitpunkt tatsächlich vorgelegen hat.

44

b) Soweit das Landesarbeitsgericht angenommen hat, die ärztliche Stellungnahme vom 9. September 2015 belege jedenfalls in der Zusammenschau mit den Gesamtumständen, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Kündigung unter einer vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit iSd. § 105 Abs. 2 BGB litt, hält auch dies einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

45

aa) Das Berufungsgericht hat zum einen auf die Erkrankung der Klägerin an Schizophrenie im Jahre 2013 abgestellt. Es ist jedoch weder ausgeführt noch sonst nach den bisherigen Feststellungen ersichtlich, welche Schlussfolgerungen sich daraus für den Geisteszustand der Klägerin im März 2015 ergaben.

46

bb) Ebenso wenig hat das Landesarbeitsgericht näher begründet oder ist auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen objektiv ersichtlich, welche Aussagekraft den Schreiben des Amtsgerichts Charlottenburg vom 2. und 11. März 2015 für einen Ausschluss der freien Willensbildung der Klägerin am 6. März 2015 zukommt. Beim Schreiben vom 2. März 2015 handelte es sich um eine bloße Bestätigung des Eingangs eines Schreibens des Bruders der Klägerin vom 23. Februar 2015, mit dem dieser eine Betreuung der Klägerin angeregt hatte. Mit dem Beschluss vom 11. März 2015 hatte das Amtsgericht das Betreuungsverfahren zunächst eingestellt. Erkenntnisse zum Geisteszustand der Klägerin sind daraus nicht ersichtlich.

47

cc) Welchen Beweiswert das Landesarbeitsgericht den angenommenen „Auffälligkeiten“ in den Schreiben der Klägerin an die Beklagte vom 6. März 2015, 11. März 2015 und 8. April 2015 in Bezug auf einen Ausschluss ihrer freien Willensbestimmung zugeschrieben hat, ist ebenfalls weder ausgeführt noch - ohne medizinische Sachkenntnis - objektiv ersichtlich. Auf eine vorhandene eigene Sachkunde hat sich das Landesarbeitsgericht nicht berufen.

48

III. Die Kündigung ist nach den bisherigen Feststellungen nicht aus anderen Gründen rechtsunwirksam. Sie ist insbesondere nicht zu unbestimmt, obwohl sie nicht ausdrücklich als fristgerechte Kündigung bezeichnet ist und kein konkretes Beendigungsdatum nennt.

49

1. Eine Kündigung muss als empfangsbedürftige Willenserklärung so bestimmt sein, dass der Empfänger Klarheit über die Absichten des Kündigenden erhält. Der Kündigungsadressat muss erkennen können, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis aus Sicht des Kündigenden beendet sein soll. Deshalb muss sich aus der Erklärung oder den Umständen zumindest ergeben, ob eine fristgemäße oder eine fristlose Kündigung gewollt ist (BAG 20. Juni 2013 - 6 AZR 805/11 - Rn. 14, BAGE 145, 249; 23. Mai 2013 - 2 AZR 54/12 - Rn. 46, BAGE 145, 184). Ob dies hinreichend deutlich wird, richtet sich nach den Verhältnissen bei Ausspruch der Kündigung (BAG 21. Oktober 1981 - 7 AZR 407/79 - zu I der Gründe).

50

2. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, es habe sich um eine ordentliche Kündigung gehandelt, ist frei von Rechtsfehlern. Eine außerordentliche Kündigung hätte hinreichend deutlich erklärt werden müssen (BAG 15. Dezember 2005 - 2 AZR 148/05 - Rn. 25, BAGE 116, 336; 13. Januar 1982 - 7 AZR 757/79 - zu II 1 der Gründe, BAGE 37, 267). Hier ging weder aus dem Kündigungsschreiben noch aus sonstigen Umständen hervor, dass die Klägerin das Arbeitsverhältnis fristlos oder unter Inanspruchnahme eines Kündigungsrechts aus wichtigem Grund hätte kündigen wollen. Dies war auch für die Beklagte erkennbar.

51

3. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass für die Beklagte als Kündigungsempfängerin die maßgebliche Kündigungsfrist nicht zweifelsfrei bestimmbar gewesen wäre (zu diesem Erfordernis vgl. BAG 10. April 2014 - 2 AZR 647/13 - Rn. 16; 23. Mai 2013 - 2 AZR 54/12 - Rn. 47, BAGE 145, 184). Die Beklagte hat der Klägerin vielmehr selbst mit Schreiben vom 9. März 2015 mitgeteilt, das Arbeitsverhältnis werde aufgrund der Kündigung mit dem 30. September 2015 enden.

52

IV. Es steht umgekehrt nicht bereits fest, dass die Eigenkündigung der Klägerin wirksam ist. Die Fiktionswirkung des § 7 KSchG und die Klagefrist gem. § 4 Satz 1 KSchG finden - wie ausgeführt - auf die Eigenkündigung eines Arbeitnehmers keine Anwendung.

53

C. Der Aufhebung und Zurückverweisung unterliegt auch der Antrag der Klägerin auf vorläufige Weiterbeschäftigung. Ob über diesen - wie vom Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt - nur für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag gestellten unechten Hilfsantrag zu entscheiden ist, steht noch nicht fest. Allerdings kommt ein Anspruch auf (vorläufige) Weiterbeschäftigung während des Kündigungsrechtsstreits grundsätzlich auch bei Streit über die Wirksamkeit einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers in Betracht. Entscheidend ist die besondere Interessenlage während des Streits über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses (BAG Großer Senat 27. Februar 1985 - GS 1/84 - zu C II 3 der Gründe, BAGE 48, 122; 16. Januar 1992 2 AZR 412/91 - zu B II 2 der Gründe). Dies gilt unabhängig davon, aufgrund welchen Beendigungstatbestands der Fortbestand streitig ist (für den Aufhebungsvertrag vgl. BAG 16. Januar 1992 - 2 AZR 412/91 - aaO).

        

    Koch     

        

    Niemann     

        

    Rachor    

        

        

        

    Nielebock    

        

    Sieg    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 21. Mai 2014 - 5 Sa 76/14 - aufgehoben, soweit es die Berufung der Beklagten gegen die Feststellung, dass das Ausbildungsverhältnis bis zum 7. Juni 2013 fortbestanden hat, zurückgewiesen hat.

Insoweit wird das Teilanerkenntnis- und Schlussurteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 11. Dezember 2013 - 2 Ca 1909/13 - abgeändert und die Klage abgewiesen.

Im Übrigen wird die Revision der Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat auch die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung des Berufsausbildungsverhältnisses und daraus resultierende Annahmeverzugsansprüche der Klägerin.

2

Die Klägerin wurde von der Beklagten zur zahnmedizinischen Fachangestellten ausgebildet. Das Ausbildungsverhältnis sollte am 30. Juni 2013 enden. Gemäß § 9 des Berufsausbildungsvertrags der Parteien war bei Streitigkeiten aus dem bestehenden Ausbildungsverhältnis zuvor der Güteausschuss der Zahnärztekammer Nordrhein anzurufen. Nach § 5 Abs. 1 der Satzung dieses Ausschusses vom 16. November 1996 wird er auf Antrag des bzw. der Auszubildenden sowie des bzw. der Ausbildenden tätig. § 5 Abs. 2 der Satzung verlangt die schriftliche Einreichung des Antrags bei der Kammer, lässt aber auch seine mündliche Erklärung zu Protokoll genügen.

3

Die Beklagte kündigte das Ausbildungsverhältnis mit Einschreiben vom 18. April 2013, das der Klägerin spätestens am 22. April 2013 zuging, fristlos, ohne in dem Kündigungsschreiben einen Kündigungsgrund anzugeben. Die Klägerin nahm nach Zugang der Kündigung zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt telefonisch Kontakt zur Zahnärztekammer Nordrhein auf. Später wandte sie sich mit einem nicht unterschriebenen Schreiben vom 8. Mai 2013, das dort am 14. Mai 2013 einging, an den Güteausschuss. Sie habe nach anwaltlicher Beratung erfahren, dass sie vor einer Klage den Ausschuss anrufen müsse. Sie solle schriftlich eine Beschwerde gegen die fristlose Kündigung erheben, was sie „nun hiermit“ mache. Zwischen dem 14. Mai 2013 und dem 5. Juni 2013 riet die Ressortleiterin Ausbildung der Zahnärztekammer, Frau W, der Beklagten telefonisch, die Kündigung zurückzunehmen. Das lehnte diese ab und begründete die Kündigung mit Schreiben vom 5. Juni 2013 gegenüber dem Ausschuss.

4

Die Klägerin bestand am 7. Juni 2013 die praktische und mündliche Prüfung. Daraufhin teilte ihr der Ausschuss mit Schreiben vom 11. Juni 2013 mit, eine Klärung durch ihn könne nicht mehr erfolgen, weil er nur zuständig sei, solange das Ausbildungsverhältnis bestehe.

5

Mit ihrer am 19. Juni 2013 eingegangenen Klage begehrt die Klägerin noch die Feststellung des Fortbestandes des Ausbildungsverhältnisses bis zum 7. Juni 2013 sowie Zahlung der Ausbildungsvergütung für die Zeit vom 19. April bis zum 7. Juni 2013. Den Anspruch der Klägerin auf ein qualifiziertes Zeugnis hat die Beklagte in der ersten Instanz anerkannt.

6

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie habe den Güteausschuss nicht innerhalb der dreiwöchigen Frist des § 4 KSchG anrufen müssen. Unabhängig davon habe sie diese Frist durch die telefonische Kontaktaufnahme mit dem Ausschuss, die kurz nach dem 18. April 2013 erfolgt sei, gewahrt.

7

Die Klägerin hat - soweit für die Revision noch von Interesse - beantragt

1. festzustellen, dass das Ausbildungsverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 18. April 2013 nicht beendet wurde und bis zum 7. Juni 2013 fortbestand;

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.045,33 Euro brutto zu zahlen.

8

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags vorgetragen, die Klägerin habe den Ausschuss nicht innerhalb von drei Wochen angerufen. Darum sei auch die Kündigungsschutzklage verspätet.

9

Das Arbeitsgericht hat mit Teilanerkenntnis- und Schlussurteil der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten, soweit sie die in der Revision noch streitbefangenen Anträge betraf, zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage. Erstmals stützt sie dies ausdrücklich auf den Einwand der Verwirkung.

Entscheidungsgründe

10

Die Klage ist mangels Feststellungsinteresses unzulässig, soweit die Klägerin die Kündigung vom 18. April 2013 mit ihrer Feststellungsklage angreift. Insoweit hat die Revision Erfolg. Dagegen ist die Revision unbegründet, soweit sie sich gegen die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung der Ausbildungsvergütung für die Zeit vom 19. April bis zum 7. Juni 2013 richtet. Die Kündigung der Beklagten vom 18. April 2013 ist unwirksam. Ihre Wirksamkeit wird nicht in analoger Anwendung der § 4 Satz 1, § 13 Abs. 1 Satz 2, § 7 KSchG fingiert. Die Klägerin musste den Schlichtungsausschuss nicht innerhalb der Frist des § 4 KSchG anrufen. Ihr Anspruch ist auch nicht verwirkt. Darum hat die Leistungsklage Erfolg.

11

A. Die Feststellungsklage ist unzulässig.

12

I. § 111 Abs. 2 Satz 5 ArbGG steht der Klage allerdings nicht entgegen. Das hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis richtig erkannt.

13

1. Bei Klageeinreichung am 19. Juni 2013 war das Ausbildungsverhältnis bereits beendet. Die Klägerin hatte am 7. Juni 2013 die Prüfung bestanden. Dies hatte gemäß § 21 Abs. 2 BBiG zur Folge, dass das Ausbildungsverhältnis schon vor Ablauf der Ausbildungszeit mit Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses endete. Zwar hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt, wann der Klägerin das Prüfungsergebnis bekannt gegeben worden ist. Aus deren Vortrag, das Ausbildungsverhältnis sei am 7. Juni 2013 beendet worden, und der deshalb erfolgten Beschränkung von Feststellungs- und Leistungsklage auf die Zeit bis zum 7. Juni 2013 sowie aus dem Schreiben des Güteausschusses vom 11. Juni 2013 ergibt sich jedoch, dass die Voraussetzungen des § 21 Abs. 2 BBiG noch am 7. Juni 2013 eingetreten sind.

14

2. Damit bestand bereits bei Klageeinreichung die unverzichtbare Prozessvoraussetzung des § 111 Abs. 2 Satz 5 ArbGG(zu diesem Rechtscharakter der Vorschrift BAG 13. April 1989 - 2 AZR 441/88 - zu II 1 der Gründe, BAGE 61, 258) nicht mehr (vgl. BAG 13. März 2007 - 9 AZR 494/06 - Rn. 11). Das Schlichtungsverfahren ist nicht mehr erforderlich, wenn das Ausbildungsverhältnis beendet ist (vgl. BAG 19. Februar 2008 - 9 AZR 1091/06 - Rn. 13, BAGE 126, 12). Das ergibt sich unzweideutig aus § 111 Abs. 2 Satz 1 ArbGG. Der Zugang zum Arbeitsgericht war deshalb unmittelbar eröffnet.

15

II. Der Kündigungsschutzklage fehlt das erforderliche Feststellungsinteresse.

16

1. Erhebt der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage nach §§ 4, 7 KSchG, muss ein besonderes Feststellungsinteresse iSd. § 256 Abs. 1 ZPO nicht dargelegt werden. Dieses ergibt sich bereits aus der Notwendigkeit, Klage zu erheben, um die Heilung nach § 7 KSchG zu verhindern(vgl. BAG 11. Februar 1981 - 7 AZR 12/79 - zu B II 2 der Gründe; 4. Februar 1993 - 2 AZR 463/92 - zu B I der Gründe).

17

2. Das lässt sich auf Ausbildungsverhältnisse, für die wie hier ein Ausschuss nach § 111 Abs. 2 ArbGG gebildet ist, nicht übertragen. Die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes über die fristgebundene Klageerhebung sind auf die Anrufung des Ausschusses nach § 111 Abs. 2 ArbGG auch nicht analog anzuwenden(BAG 13. April 1989 - 2 AZR 441/88 - BAGE 61, 258). Daran hält der Senat, wie noch auszuführen ist, fest. Darum hat er in seiner jüngeren Rechtsprechung bei Bestehen eines Ausschusses nach § 111 Abs. 2 ArbGG ein besonderes Feststellungsinteresse für die Kündigungsschutzklage des Auszubildenden verlangt, wenn das Ausbildungsverhältnis - wie regelmäßig - während des Prozesses durch Zeitablauf vor der Revisionsinstanz geendet hatte(vgl. BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 831/13 -; 12. Februar 2015 - 6 AZR 845/13 -).

18

3. Die Klage zielte von Beginn an lediglich auf die Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses. Ein Feststellungsinteresse besteht deshalb nur, wenn sich hieraus Folgen für die Gegenwart oder für die Zukunft ergeben. Ob dies im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch der Fall ist, ist auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen (vgl. BAG 6. Oktober 2011 - 6 AZR 172/10 - Rn. 14). Das Landesarbeitsgericht hat keine Tatsachen festgestellt, aus denen das erforderliche Feststellungsinteresse folgt. Solche Tatsachen hat die Klägerin auch nicht aufgezeigt (vgl. zur Darlegungslast BAG 3. September 1997 - 5 AZR 534/96 - zu 3 a der Gründe).

19

a) Die Klägerin verfolgt seit dem ersten Rechtszug die bis zur Beendigung des Ausbildungsverhältnisses ausstehende Vergütung durch bezifferte Leistungsklage. Ihren Zeugnisanspruch hat sie zwischenzeitlich durch Anerkenntnisurteil durchgesetzt. Über den Beendigungszeitpunkt streiten die Parteien insoweit nicht mehr. Damit greifen die Gesichtspunkte nicht durch, die den Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung das Feststellungsinteresse haben bejahen lassen (BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 831/13 - Rn. 14).

20

b) Die Klägerin hat allerdings unbestritten vorgetragen, dass sie wegen der Kündigung eine Sperrzeit erhalten habe. Eine derartige Maßnahme der Arbeitsverwaltung ist zwar rechtlich möglich, weil § 159 SGB III auch auf Ausbildungsverhältnisse Anwendung findet(vgl. Bay. LSG 27. Januar 2015 - L 10 AL 382/13 - Rn. 18; für die Vorgängerregelung in § 119 Abs. 1 AFG BSG 13. März 1990 - 11 RAr 69/88 -). Unabhängig davon, ob zwischenzeitlich der Sperrfristbescheid aufgehoben oder bestandskräftig geworden ist, ergibt sich aus der Möglichkeit einer Sperrzeit aber kein Feststellungsinteresse. Die Sozialversicherungsträger sind an arbeitsgerichtliche Entscheidungen über die Wirksamkeit der Kündigung nicht gebunden. Sie müssen stattdessen aufgrund des bei ihnen geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes den wirklichen Sachverhalt eigenständig ermitteln (BAG 21. Juni 2000 - 5 AZR 782/98 - zu B III 2 e bb der Gründe, BAGE 95, 141).

21

B. Die Leistungsklage ist begründet. Für die Zeit bis zum Zugang der außerordentlichen Kündigung vom 18. April 2013 spätestens am 22. April 2013 folgt dies aus §§ 17, 18 BBiG. Das Landesarbeitsgericht hat inzident festgestellt, dass die Ausbildungsvergütung seit dem 19. April 2013 nicht mehr gezahlt worden ist. Dagegen erhebt die Revision keine Rügen. Gründe, warum im noch bestehenden Ausbildungsverhältnis die Ausbildungsvergütung nicht zu zahlen war, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Auch das greift die Revision nicht an. Vom Zugang der Kündigung bis zur Beendigung des Ausbildungsverhältnisses am 7. Juni 2013 befand sich die Beklagte im Annahmeverzug, § 615 BGB. Ihre Kündigung vom 18. April 2013 hat das Ausbildungsverhältnis nicht beendet. Dem Vergütungsanspruch steht auch der Einwand der Prozessverwirkung nicht entgegen.

22

I. Die Kündigung ist entgegen § 22 Abs. 3 BBiG nicht unter Angabe der Kündigungsgründe erfolgt. Darum ist sie gemäß § 125 BGB nichtig. Die nachträgliche Mitteilung der Gründe gegenüber dem Ausschuss bzw. im Kündigungsschutzprozess heilte den Formmangel nicht (BAG 22. Februar 1972 - 2 AZR 205/71 - zu 2 a und c der Gründe, BAGE 24, 133).

23

II. Die Wirksamkeit der Kündigung wird auch nicht gemäß § 4 Satz 1, § 13 Abs. 1 Satz 2, § 7 KSchG analog fingiert. Der Güteausschuss war zwar bis zum Ablauf der Drei-Wochen-Frist noch zuständig, weil das Ausbildungsverhältnis bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht beendet war. Auf die Anrufung des nach § 111 Abs. 2 Satz 1 ArbGG gebildeten Schlichtungsausschusses sind die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes über die fristgebundene Klageerhebung aber nicht analog anzuwenden. Insoweit gelten allein die Grenzen der Verwirkung.

24

1. Die Klägerin hat die Drei-Wochen-Frist versäumt.

25

a) Ihr Schreiben vom 8. Mai 2013 ist am 14. Mai 2013 und damit auch bei Zugang der Kündigung erst am 22. April 2013 einen Tag nach Ablauf der Drei-Wochen-Frist bei dem Ausschuss eingegangen. Darauf, ob der Ausschuss mit diesem Schreiben trotz der fehlenden Unterschrift der Klägerin ordnungsgemäß angerufen worden wäre, kommt es deshalb nicht an.

26

b) Das Landesarbeitsgericht hat Tatsachen, die die Feststellung ermöglichten, dass die Klägerin die Frist telefonisch gewahrt hat, nicht festgestellt.

27

aa) Zwar lässt § 5 Abs. 2 der Satzung des Güteausschusses der Zahnärztekammer Nordrhein vom 16. November 1996 auch die mündliche Anrufung des Ausschusses ausreichen. Das Landesarbeitsgericht hat jedoch nicht festgestellt, wann der Anruf der Klägerin bei dem Ausschuss erfolgt ist. Es ist dem Beweisantritt der Klägerin zum Zeitpunkt ihres Anrufs nicht nachgegangen, ohne dass diese insoweit Gegenrügen erhebt. Darum steht bereits nicht fest, dass der telefonische Kontakt mit dem Ausschuss innerhalb der Drei-Wochen-Frist erfolgt ist.

28

bb) Zudem hat das Landesarbeitsgericht den Inhalt des Telefonats nicht festgestellt. Dieser lässt sich auch nicht dem von ihm in Bezug genommenen Schreiben des Ausschusses vom 17. Oktober 2013 entnehmen. Danach habe die Klägerin nur wissen wollen, ob sie trotz der Kündigung an den ausstehenden Prüfungen teilnehmen könne. Ihr sei angeraten worden, Widerspruch gegen die Kündigung einzulegen. Dass die Klägerin dies im Anschluss daran sofort telefonisch gemacht hat und dass dies, wie nach § 5 Abs. 2 der Satzung des Ausschusses erforderlich, protokolliert worden ist, ist weder festgestellt noch vorgetragen. Auch insoweit erhebt die Klägerin keine Gegenrügen.

29

2. Zu der Frage, ob die Fristenregelung der § 4 Satz 1, § 13 Abs. 1 Satz 2, § 7 KSchG auf die Anrufung des Ausschusses nach § 111 Abs. 2 ArbGG analog anzuwenden ist, werden unterschiedliche Ansichten vertreten.

30

a) Das Bundesarbeitsgericht hat dies verneint. Der Klageerhebung könne allein der Einwand der Prozessverwirkung entgegengehalten werden. Nur wenn kein Ausschuss bestehe, seien die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes über die fristgebundene Klageerhebung auf die außerordentliche Kündigung von Berufsausbildungsverhältnissen anzuwenden (BAG 26. Januar 1999 - 2 AZR 134/98 -; 5. Juli 1990 - 2 AZR 53/90 -; 13. April 1989 - 2 AZR 441/88 - BAGE 61, 258). Dem folgen große Teile des Schrifttums (Bader/Bram/Kriebel Stand Juni 2012 § 4 Rn. 19; Zimmermann in Natter/Gross ArbGG 2. Aufl. § 111 Rn. 19; Brehm Anm. EzA KSchG § 13 nF Nr. 4; vgl. auch die Nachw. bei Hoins Die Kündigung von Berufsausbildungsverhältnissen, insbesondere aus betrieblichen Gründen [künftig Hoins] S. 207 in Fn. 760). Zum Teil wird dabei die Auffassung vertreten, die Drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG sei zur Konkretisierung des Verwirkungstatbestandes heranzuziehen(APS/Biebl 4. Aufl. § 111 ArbGG Rn. 9; GK-ArbGG/Mikosch Stand Juni 2014 § 111 Rn. 30; Kreutzfeldt/Kramer DB 1995, 975 f.).

31

b) Demgegenüber sind nach Auffassung von Teilen des Schrifttums die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes über die fristgerechte Klageerhebung analog anzuwenden, wenn ein Ausschuss nach § 111 Abs. 2 ArbGG gebildet ist. Das Arbeitsgerichtsgesetz sei von der Beschleunigungsmaxime getragen. Die Pflicht zur besonderen Prozessförderung in Kündigungssachen gelte gemäß § 61a ArbGG auch für Berufsausbildungsverhältnisse, so dass es keinen Grund gebe, für darin entstehende Bestandsschutzstreitigkeiten längere Anrufungsfristen vorzusehen(KR/Weigand 10. Aufl. §§ 21 - 23 BBiG Rn. 115 ff.; GMP/Prütting 8. Aufl. § 111 Rn. 22 ff.; vgl. auch die Nachw. bei Hoins S. 208 in Fn. 764). Zum Teil wird auch die unverzügliche Anrufung des Ausschusses verlangt (Barwasser DB 1976, 434, 435).

32

c) Andere Teile des Schrifttums vertreten die Ansicht, hinsichtlich des Zugangs zu Gericht dürfe nicht danach differenziert werden, ob ein Ausschuss bestehe oder nicht. Bestehe kein Ausschuss, müsse deshalb das Arbeitsgericht ohne Bindung an die Frist des § 4 KSchG angerufen werden können(vgl. Schwab/Weth/Zimmerling 3. Aufl. ArbGG § 111 Rn. 14 f.; Leinemann/Taubert BBiG 2. Aufl. § 22 Rn. 145 ff.; Sarge DB 1989, 879, 882; Vollkommer Anm. EzA KSchG § 4 nF Nr. 39).

33

3. Der Senat hält an der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts fest. Eine Frist zur Anrufung des Ausschusses nach § 111 Abs. 2 ArbGG kann nur der Gesetzgeber selbst festlegen. Dabei kann dahinstehen, ob sich dies bereits aus dem Gesetzesvorbehalt des Art. 20 Abs. 3 GG (Wesentlichkeitstheorie) ergibt. Danach muss staatliches Handeln in grundlegenden Bereichen durch förmliches Gesetz legitimiert sein. Der Gesetzgeber muss alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen. Welche Regelungen dabei eines Handelns des parlamentarischen Gesetzgebers bedürfen, lässt sich allerdings nicht abstrakt, sondern nur für den jeweiligen Sachbereich unter Beachtung der Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes beurteilen (BVerfG 10. November 2009 - 1 BvR 1178/07 - Rn. 36, BVerfGK 16, 370). Darauf, ob die Anrufung des Ausschusses ein solcher wesentlicher Bereich ist, der ein Handeln des Gesetzgebers selbst erfordert, kommt es nicht an. Selbst wenn dies nicht der Fall wäre, schiede eine analoge Heranziehung der Drei-Wochen-Frist aus. Die Voraussetzungen für eine Rechtsfortbildung durch Analogie liegen nicht vor.

34

a) Zwar zieht der Wortlaut des Gesetzes im Regelfall keine starre Auslegungsgrenze. Art. 20 Abs. 3 GG verpflichtet die Gerichte vielmehr dazu, nach Gesetz und Recht zu entscheiden. Eine reine Wortinterpretation schreibt die Verfassung dabei nicht vor (BVerfG 26. September 2011 - 2 BvR 2216/06, 2 BvR 2 BvR 469/07 - Rn. 57, BVerfGK 19, 89). Zu den anerkannten Methoden der Auslegung gehört auch die wortsinnübersteigende Gesetzesanwendung durch Analogie. Sie bedarf jedoch einer besonderen Legitimation. Es muss eine vom Gesetzgeber unbeabsichtigt gelassene Lücke vorliegen, deren Planwidrigkeit aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden kann. Anderenfalls könnte jedes Schweigen des Gesetzgebers als planwidrige Lücke aufgefasst und im Wege der Analogie von den Gerichten ausgefüllt werden. Darüber hinaus ist erforderlich, dass der gesetzlich ungeregelte Fall nach Maßgabe des Gleichheitssatzes und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen nach der gleichen Rechtsfolge verlangt wie die gesetzessprachlich erfassten Fälle (BAG 10. Dezember 2013 - 9 AZR 51/13 - Rn. 23, BAGE 146, 384). An beiden Voraussetzungen fehlt es.

35

b) Es liegt keine planwidrige Regelungslücke vor.

36

aa) Die im Schrifttum geäußerte Befürchtung, der Gesetzgeber habe mit der Möglichkeit, den Ausschuss ohne Wahrung einer gesetzlich geregelten Frist anzurufen, es dem Auszubildenden in die Hand gegeben, mit der Anrufung des Schlichtungsausschusses monatelang zuzuwarten und auf diese Art und Weise das Verfahren zu verzögern (Kreutzfeldt/Kramer DB 1995, 975), was im Widerspruch zu dem das Arbeitsgerichtsgesetz tragenden Beschleunigungsgrundsatz stehe, sachlich unhaltbar sei und die analoge Anwendung des § 4 KSchG bedinge(GMP/Prütting 8. Aufl. § 111 Rn. 24 f.; KR/Weigand 10. Aufl. §§ 21 - 23 BBiG Rn. 118), ist unbegründet. Der Ausschuss kann nämlich nicht nur vom Auszubildenden, sondern auch vom Ausbildenden angerufen werden (Leinemann/Taubert BBiG 2. Aufl. § 22 Rn. 147; Stück in Braun/Mühlhausen/Munk/Stück BBiG § 15 Rn. 185 f.). Der Ausbildende hat es - anders als der Arbeitgeber nach einer von ihm erklärten ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses - damit ohne Weiteres selbst in der Hand, für schnelle Klarheit über die Wirksamkeit der von ihm erklärten Kündigung des Ausbildungsverhältnisses zu sorgen, indem er selbst den Ausschuss anruft und so den Schwebezustand beendet.

37

bb) Ausgehend davon ist die Regelung zur Anrufung des Schlichtungsausschusses in § 111 Abs. 2 ArbGG - gemessen an ihrer Regelungsabsicht - nicht unvollständig. Im Gegenteil ist § 111 Abs. 2 ArbGG ein in sich geschlossenes, vollständiges Regelungssystem mit eigenem Fristenregime, das in seinem Anwendungsbereich die Klagefristen des Kündigungsschutzgesetzes verdrängt. Eine Frist sieht der Gesetzgeber nur bei Scheitern der mit § 111 Abs. 2 ArbGG angestrebten, vorrangigen außergerichtlichen Einigung für die Anrufung des Arbeitsgerichts vor(§ 111 Abs. 2 Satz 3 ArbGG). Daraus folgt mit hinreichender Klarheit im Umkehrschluss, dass er die Anrufung des Ausschusses ohne Frist ermöglichen wollte (vgl. Hoins S. 213).

38

cc) Der Annahme, der Gesetzgeber habe die Problematik der fristungebundenen Anrufung des Ausschusses übersehen, steht auch die Gesetzgebungsgeschichte entgegen.

39

(1) Die in § 111 Abs. 2 Satz 4 ArbGG geregelte Pflicht, im Spruch über die Notwendigkeit zu belehren, das Arbeitsgericht binnen zwei Wochen anzurufen, ist eingefügt worden, um eine rechtsstaatlich bedenkliche Verkürzung des gerichtlichen Rechtsschutzes zu verhindern(BT-Drs. 8/1567 S. 47). Das zeigt, dass dem Gesetzgeber bewusst war, dass eindeutige und klar geregelte Fristen zur Anrufung von Gerichten für Rechtssicherheit sorgen. Ein vergleichbares Bedürfnis hat er für das dem Arbeitsgerichtsprozess vorgeschaltete Verfahren vor dem nach § 111 Abs. 2 ArbGG gebildeten Ausschuss aufgrund seines informellen, auf gütliche Streitbeilegung zielenden Charakters offenkundig nicht gesehen.

40

(2) Der Gesetzgeber hat seinen Willen dadurch bestätigt, dass er den Anwendungsbereich des § 4 KSchG durch Art. 1 des Gesetzes zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3002) erheblich ausgeweitet hat, ohne zugleich § 111 Abs. 2 ArbGG zu ändern(vgl. GK-ArbGG/Mikosch Stand Juni 2014 § 111 Rn. 30; Bader/Bram/Kriebel Stand Juni 2012 § 4 Rn. 19; Zimmermann in Natter/Gross ArbGG 2. Aufl. § 111 Rn. 19; Schwab/Weth/Zimmerling 3. Aufl. ArbGG § 111 Rn. 14). Durch § 4 KSchG nF soll im Interesse einer raschen Klärung der Frage, ob eine Kündigung das Arbeitsverhältnis beendet hat oder nicht, für die Geltendmachung aller Unwirksamkeitsgründe eine einheitliche Klagefrist gelten(BT-Drs. 15/1204 S. 9 f., 13). Die Gesetzesänderung diente gerade auch dazu, Unsicherheiten bei der Frage, wann das Klagerecht verwirkt ist, entgegenzuwirken. Hätte der Gesetzgeber dieser Unsicherheit auch für das Verfahren vor dem Ausschuss nach § 111 Abs. 2 ArbGG begegnen wollen, hätte er dies dort oder in § 4 KSchG ausdrücklich geregelt. Der Schluss, durch die Novellierung des § 4 KSchG erhalte die gesetzlich nicht festgelegte Frist zur Anrufung des Schlichtungsausschusses eine funktionsgerechte, rechtlich klare und für die Praxis übersichtlich handhabbare Regelung(KR/Weigand 10. Aufl. §§ 21 - 23 BBiG Rn. 117), geht darum fehl. Vielmehr hat der Gesetzgeber an den unterschiedlichen Regelungskonzepten, die er mit § 4 KSchG einerseits und § 111 Abs. 2 ArbGG andererseits verfolgt, festgehalten. Diese unterschiedlichen Konzepte bedingen die bestehenden Unterschiede bei der Frist zur Einleitung der Verfahren.

41

(a) § 4 KSchG soll nach dem Willen des Gesetzgebers sicherstellen, dass der Arbeitgeber alsbald Klarheit darüber erlangt, ob der Arbeitnehmer die Kündigung hinnimmt. Ein längerer Schwebezustand soll vermieden werden.

42

(b) Demgegenüber soll durch das Verfahren vor dem Ausschuss nach § 111 Abs. 2 ArbGG auch bei Bestandsschutzstreitigkeiten eine gerichtliche Auseinandersetzung gerade vermieden werden(vgl. BAG 13. April 1989 - 2 AZR 441/88 - zu II 1 b cc der Gründe, BAGE 61, 258). Das macht schon der Wortlaut des § 111 Abs. 2 Satz 1 ArbGG deutlich, wenn er die Bildung von Ausschüssen zur „Beilegung von Streitigkeiten“ zulässt. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass die Erfüllung der Berufsausbildungsaufgabe eine besonders starke Bindung der Vertragspartner verlangt (BT-Drs. V/4260 S. 11). Ausgehend davon soll die Verhandlung vor dem Ausschuss nach § 111 Abs. 2 ArbGG eine Chance mehr schaffen, dass der Auszubildende die Ausbildung beenden kann. Es soll vermieden werden, dass sich die Partner des Ausbildungsverhältnisses als Prozessparteien streitend vor Gericht gegenüberstehen (Barwasser DB 1976, 434, 435). Daraus folgt, dass § 111 Abs. 2 ArbGG einen nur durch die Verwirkung begrenzten Rechtsschutz gewähren und das Verfahren vor dem Ausschuss nicht durch Fristenprobleme belasten will(ähnlich Hoins S. 214).

43

c) Darüber hinaus kann die Fristenregelung nach § 4 Satz 1, § 13 Abs. 1 Satz 2, § 7 KSchG nur unter Inkaufnahme von Wertungswidersprüchen auf § 111 Abs. 2 ArbGG übertragen werden. Auch darum scheidet eine analoge Anwendung dieser Fristen aus. Fände § 4 KSchG auf die Anrufung des Ausschusses analoge Anwendung, hätte die Versäumung dieser Frist auch zur Folge, dass die Wirksamkeit der Kündigung nach § 7 KSchG fingiert werden müsste(Leinemann/Taubert BBiG 2. Aufl. § 22 Rn. 149). Darum bedürfte es einer Regelung, wie einer unverschuldeten Versäumung der Frist zur Anrufung des Ausschusses zu begegnen wäre. Das Verfahren nach § 5 KSchG kann vor den Ausschüssen nicht durchgeführt werden(BAG 13. April 1989 - 2 AZR 441/88 - zu III 2 b cc der Gründe, BAGE 61, 258). Die Rechtsprechung kann ein Verfahren zur Wiedereinsetzung nicht im Wege der zulässigen Rechtsfortbildung entwickeln. Insoweit läge eine freie Rechtsschöpfung vor (Brehm Anm. EzA KSchG § 13 nF Nr. 4 S. 18). Würden sich die Ausschüsse in ihren Satzungen jeweils selbst ein Verfahren zur Wiedereinsetzung geben, führte dies zu einer völligen Rechtszersplitterung und einer Rechtsschutzungleichheit, die der Gesetzgeber offenkundig gerade vermeiden wollte.

44

4. Die Möglichkeit des Auszubildenden, den Ausschuss nach § 111 Abs. 2 ArbGG allein begrenzt durch den Tatbestand der Verwirkung anzurufen, führt zu keiner den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verletzenden Abweichung von der Rechtslage, die besteht, wenn kein Ausschuss nach § 111 Abs. 2 GG gebildet ist.

45

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (seit Urteil vom 5. Juli 1990 2 AZR 53/90 -) sind die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes über die fristgebundene Klageerhebung auf außerordentliche Kündigungen von Berufsausbildungsverhältnissen unmittelbar anzuwenden, falls kein Ausschuss nach § 111 Abs. 2 ArbGG gebildet ist.

46

b) Erhebliche Teile im Schrifttum halten eine Differenzierung hinsichtlich der Wahrung des Rechtsschutzes zwischen Bezirken mit und ohne Ausschuss zumindest für sachwidrig (ErfK/Schlachter 15. Aufl. § 22 BBiG Rn. 9; Benecke in Benecke/Hergenröder BBiG § 22 Rn. 101), teils auch für gleichheitswidrig (Sarge DB 1989, 879, 882; ders. Anm. LAGE ArbGG 1979 § 111 Nr. 1), für einen unverhältnismäßigen Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit(Hoins S. 231 ff.) oder für eine unzumutbare Erschwerung des Zugangs zum Gericht, die für Auszubildende zudem einen ungleichen, vom Bestehen des Ausschusses abhängigen Zugang zum Gericht eröffne und auch gegen das Gebot der Rechtsklarheit verstoße (Vollkommer Anm. EzA KSchG § 4 nF Nr. 39). Deshalb sollen die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes über die fristgebundene Klageerhebung auch dann nicht anzuwenden sein, wenn kein Ausschuss gebildet ist. Demgegenüber hält Kriebel (Bader/Bram/Kriebel Stand Juni 2012 § 4 Rn. 18 f.) die Ungleichbehandlung für gerechtfertigt, weil die Chance der außergerichtlichen Streitbeilegung durch eine vorzeitige Anrufung des Gerichts nicht gemindert werden solle.

47

c) Nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers finden § 4 Satz 1, § 13 Abs. 1 Satz 2, § 7 KSchG bei einer außerordentlichen Kündigung des Ausbildungsverhältnisses durch den Ausbildenden dann - aber auch nur dann - Anwendung, wenn kein Ausschuss nach § 111 Abs. 2 ArbGG gebildet ist. Auch insoweit hält der Senat an der Rechtsprechung fest.

48

aa) Berufsausbildungsverhältnisse sind Arbeitsverhältnisse im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes, auf die §§ 1 ff. KSchG Anwendung finden, soweit sich nicht aus dem Berufsbildungsgesetz etwas anderes ergibt. Das folgt aus § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG. Die darin erfolgte Herausnahme der zur Berufsausbildung Beschäftigten bei der Berechnung der Mindestgröße des Betriebs wäre nicht erforderlich, wenn Auszubildende nicht grundsätzlich zu den Arbeitnehmern im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes zählten (BAG 26. Januar 1999 - 2 AZR 134/98 - zu II 2 c aa der Gründe). Das sah auch der Gesetzgeber des Berufsbildungsgesetzes so. Aus dem Bericht des federführenden Ausschusses (BT-Drs. V/4260 S. 5 f.) ergibt sich, dass er auch solche Gesetze, die wie das Kündigungsschutzgesetz das Berufsausbildungsverhältnis nicht ausdrücklich einbeziehen, grundsätzlich auf das Ausbildungsverhältnis anwenden wollte und als anwendbar ansah, um so den Auszubildenden in mindestens gleichem Maße wie Arbeitnehmern den Schutz der arbeitsrechtlichen Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze zu gewähren.

49

bb) Dieser Wille ist vom Gesetzgeber mit der Novellierung des § 4 KSchG im Jahr 2003 bestätigt worden(GK-ArbGG/Mikosch Stand Juni 2014 § 111 Rn. 31). Er hat dabei bewusst die Klagefrist ua. auf alle Fälle eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot iSv. § 134 BGB wie das des vorliegend verletzten § 22 Abs. 3 BBiG ausgedehnt(BT-Drs. 15/1204 S. 13).

50

cc) Besteht kein Ausschuss, finden damit § 4 Satz 1, § 13 Abs. 1 Satz 2, § 7 KSchG, vermittelt über die Generalklausel des § 10 Abs. 2 BBiG, unmittelbar Anwendung auf das Ausbildungsverhältnis. Die Kritik, aufgrund des im Bereich des Rechtsschutzzugangs geltenden Analogieverbots könnten die Fristenregelungen des Kündigungsschutzgesetzes auf das Berufsausbildungsverhältnis nicht übertragen werden (Vollkommer Anm. EzA KSchG § 4 nF Nr. 39 S. 14 f.), verfängt darum nicht. Der Gesetzgeber hat selbst die entsprechende Anwendung dieser Bestimmungen auf Ausbildungsverhältnisse angeordnet. Ist kein Ausschuss nach § 111 Abs. 2 ArbGG gebildet, fehlt es an einer die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts verdrängenden Spezialregelung.

51

dd) Diese eindeutige Regelungsabsicht des Gesetzgebers haben die Gerichte zu akzeptieren. Darum scheidet die im Schrifttum befürwortete verfassungskonforme Auslegung des § 4 KSchG(Hoins S. 256 ff.) ebenso von vornherein aus (BVerfG 16. Dezember 2014 - 1 BvR 2142/11 - Rn. 86) wie eine teleologische Reduktion dieser Bestimmung bei der Kündigung von Ausbildungsverhältnissen (vgl. BGH 21. Dezember 2011 - VIII ZR 70/08 - Rn. 31, BGHZ 192, 148).

52

d) Die geltende Rechtslage steht im Einklang mit dem Grundgesetz.

53

aa) Ausbildungsverhältnisse, bei denen das zwingende Vorverfahren nach § 111 Abs. 2 ArbGG einzuhalten ist, werden nicht unter Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gegenüber Ausbildungsverhältnissen, bei denen kein Ausschuss gebildet ist und bei denen deshalb die Drei-Wochen-Frist für Klagen gegen Kündigungen durch den Auszubildenden gewahrt werden muss, ungleich behandelt.

54

(1) Die Kritik im Schrifttum geht auch insoweit von einem unzutreffenden Ausgangspunkt aus. Sie nimmt einseitig den Auszubildenden und dessen aus ihrer Sicht vorliegende Benachteiligung bei Fehlen eines Ausschusses in den Blick. Bei der Prüfung einer Verletzung des Gleichheitssatzes ist jedoch auf das Ausbildungsverhältnis als solches abzustellen und deshalb auch die Interessenlage des Ausbildenden zu berücksichtigen. Dessen Interesse an einer schnellen Klärung der Wirksamkeit der Kündigung unter Berücksichtigung aller denkbaren Unwirksamkeitsgründe hatte der Gesetzgeber, wie ausgeführt, bei der Novellierung des § 4 KSchG sogar vorrangig im Blick. Wie ebenfalls bereits ausgeführt, hat der Ausbildende es bei Bestehen eines Ausschusses selbst in der Hand, durch dessen Anrufung für Rechtsklarheit zu sorgen. Diese Möglichkeit fehlt ihm dagegen, wenn kein Ausschuss gebildet worden ist. Er kann zwar theoretisch Klage auf Feststellung der Wirksamkeit der von ihm erklärten Kündigung erheben. Anders als bei dem Streit über die Wirksamkeit einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers (vgl. dazu BAG 9. September 1992 - 2 AZR 142/92 - zu II 1 a der Gründe) oder Auszubildenden ist aber das Feststellungsinteresse einer solchen Klage fraglich. Diese (doppelte) Ungewissheit will der Gesetzgeber dem Ausbildenden mit dem an den Auszubildenden gerichteten Erfordernis, die Unwirksamkeit der Kündigung innerhalb der Frist des § 4 KSchG geltend zu machen, gerade nehmen.

55

(2) Damit hat der Gesetzgeber das Bestandsschutzinteresse in Ausbildungsverhältnissen nicht unterschiedlich gewichtet, sondern der unterschiedlichen Interessenlage durch eine unterschiedliche Rechtslage Rechnung getragen. Das ist nicht widersprüchlich (so aber Vollkommer Anm. EzA KSchG § 4 nF Nr. 39 S. 13, 17). Vielmehr wird auch bei einer solchen differenzierenden Lösung die vom Gesetzgeber angestrebte schnelle Klärung des Fortbestandes des Ausbildungsverhältnisses noch erreicht (vgl. BAG 5. Juli 1990 - 2 AZR 53/90 - zu II 4 der Gründe): Besteht ein Ausschuss, kann der Ausbildende diesen selbst anrufen, wenn dies der Auszubildende nicht innerhalb einer dem Ausbildenden angemessen erscheinenden Zeit tut. Besteht kein Ausschuss, ist der Ausbildende durch § 4 KSchG vor einem langdauernden Schwebezustand grundsätzlich geschützt.

56

(3) Bei dieser Differenzierung durfte der Gesetzgeber aufgrund der ihm zukommenden Einschätzungsprärogative das Verfahren nach § 111 Abs. 2 ArbGG mit der dadurch eröffneten unbürokratischen, außergerichtlichen Einigungsmöglichkeit als Regelfall ansehen und dessen Einleitung ebenfalls unbürokratisch ausgestalten. Darum trägt das Argument nicht, es gebe keinen nachvollziehbaren Grund, warum man die Rechtsposition des Auszubildenden, die bereits dadurch verschlechtert sei, dass für sein Ausbildungsverhältnis kein Schlichtungsausschuss existiere, durch die Annahme einer Klageerhebungsfrist weiter verschlechtere (Hoins S. 245).

57

bb) Auch Art. 12 Abs. 1 GG ist nicht verletzt. Hinsichtlich der vereinzelt im Schrifttum angenommenen Verkürzung des Rechtsschutzes des Auszubildenden (Hoins S. 231 ff.) ist das Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG lex specialis.

58

cc) Die geltende Rechtslage bei Fehlen eines Ausschusses führt auch weder zu einer unzumutbaren Erschwerung des Zugangs des Auszubildenden zu Gericht noch zu einem ungleichen Zugang zu Gericht (aA Vollkommer Anm. EzA KSchG § 4 nF Nr. 39 S. 10 ff.).

59

(1) Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet den Rechtsweg im Rahmen der einfach-gesetzlichen Prozessordnung. Dabei darf der Weg zu den Gerichten von der Erfüllung und dem Fortbestand bestimmter formaler Voraussetzungen abhängig gemacht werden. Allerdings muss die normative Ausgestaltung des Rechtswegs das Ziel eines wirkungsvollen Rechtsschutzes auch tatsächlich verfolgen und ermöglichen. Der Zugang zu den Gerichten darf nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (BVerfG 17. September 2012 - 1 BvR 2254/11 - Rn. 25, BVerfGK 20, 43). Fristen für die Anrufung des Gerichts oder die Einlegung von Rechtsmitteln dürfen deshalb nicht unangemessen kurz sein (vgl. BVerfG 2. Dezember 1987 - 1 BvR 1291/85 - zu C II 2 der Gründe, BVerfGE 77, 275).

60

(2) Diesen Anforderungen genügt § 4 KSchG offenkundig. Ob für den Auszubildenden nur schwer zu ermitteln ist, ob ein Ausschuss besteht, ist eine Tatfrage des Einzelfalls und keine Frage der Ausgestaltung des Rechtswegs als solchen. Diesen tatsächlichen Schwierigkeiten haben die Gerichte durch die Handhabung der prozessualen Vorschriften Rechnung zu tragen. Art. 19 Abs. 4 GG gilt insoweit auch innerhalb des gerichtlichen Verfahrens(BVerfG 17. September 2012 - 1 BvR 2254/11 - Rn. 25, BVerfGK 20, 43). Deshalb ist § 5 KSchG großzügig zu handhaben, sofern die Drei-Wochen-Frist im Zusammenhang mit Zweifeln, ob ein Ausschuss gebildet ist, versäumt wird(vgl. BAG 26. Januar 1999 - 2 AZR 134/98 - zu II 2 d der Gründe). Darum ist § 111 Abs. 2 Satz 5 ArbGG dahin auszulegen, dass es ausreicht, wenn die Verhandlung vor dem Ausschuss nach Klageerhebung, aber vor der streitigen Gerichtsverhandlung stattfindet. Die zunächst unzulässige Klage wird in einem solchen Fall nach Beendigung des Verfahrens vor dem Ausschuss zulässig (vgl. BAG 25. November 1976 - 2 AZR 751/75 - zu A I 2 der Gründe). Der Auszubildende kann das Risiko, die Drei-Wochen-Frist zu versäumen, demnach bei Zweifeln, ob ein Ausschuss gebildet ist, durch (vorsorgliche) fristgerechte Klageerhebung ausschalten. Damit ist der Gefahr des Rechtsverlustes ausreichend begegnet.

61

(3) Wie ausgeführt, liegt auch kein ungleicher Zugang zu Gericht vor.

62

dd) Schließlich genügen die gesetzlichen Bestimmungen (§ 10 Abs. 2, § 22 BBiG iVm. § 4 KSchG) noch dem Gebot der Rechtsklarheit. Dieses soll sicherstellen, dass der Betroffene die Rechtslage anhand der gesetzlichen Regelung erkennen und sein Verhalten danach ausrichten kann. Bestimmungen über den Zugang zu (Rechtsmittel-)Gerichten sind darum möglichst klar erkennbar und bestimmt zu halten (BVerfG 11. Juni 1980 - 1 PBvU 1/79 - zu C II 2 der Gründe, BVerfGE 54, 277). Angesichts der unausweichlichen Komplexität von Rechtsvorschriften in einem modernen, rechtlich hoch entwickelten Staatsgefüge reicht es zur Wahrung des Gebots der Rechtsklarheit aber grundsätzlich aus, dass der Inhalt gesetzlicher Bestimmungen dem Bürger erst unter Zuhilfenahme juristischer Fachkunde erkennbar ist (vgl. BVerfG 4. Juni 2012 - 2 BvL 9, 10, 11, 12/08 - zu B II 2 a bb (2) der Gründe, BVerfGE 131, 88). Auch die Notwendigkeit einer Auslegung nimmt einer gesetzlichen Regelung über den Zugang zu den Gerichten noch nicht die erforderliche Bestimmtheit (BVerfG 12. Februar 1992 - 1 BvL 1/89 - zu C II 3 der Gründe, BVerfGE 85, 337). Jedenfalls für Rechtskundige ist ohne Weiteres zu erkennen, dass nur bei Fehlen eines Ausschusses nach § 111 Abs. 2 ArbGG die Frist des § 4 KSchG für eine gerichtliche Kontrolle der außerordentlichen Kündigung des Ausbildenden eingehalten werden muss(vgl. BVerfG 3. März 2004 - 1 BvF 3/92 - zu C II 2 d cc der Gründe BVerf GE 110, 33).

63

III. Die Rügen der Revision gegen die Annahme des Landesarbeitsgerichts, das Recht der Klägerin, die Unwirksamkeit der Kündigung geltend zu machen, sei nicht verwirkt, greifen nicht durch.

64

1. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung gemäß § 242 BGB(BAG in st. Rspr., zuletzt 11. Dezember 2014 - 8 AZR 838/13 - Rn. 24). Ob ihre Voraussetzungen erfüllt sind, kann nur nach den konkreten Umständen des Einzelfalls entschieden werden. Dabei ist eine Berücksichtigung des in der Drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG verkörperten Interesses des Arbeitgebers, einen langen Schwebezustand zu vermeiden, bei der Frage, ob das Zeitmoment erfüllt ist, zwar grundsätzlich möglich. Das führt aber nicht zu einer Konkretisierung des Verwirkungstatbestandes dergestalt, dass der Ausschuss regelmäßig innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung angerufen werden muss (aA GK-ArbGG/Mikosch Stand Juni 2014 § 111 Rn. 30; APS/Biebl 4. Aufl. § 111 ArbGG Rn. 9; Kreutzfeldt/Kramer DB 1995, 975, 976). Hinsichtlich des Zeitmoments kann nicht auf eine bestimmte Frist abgestellt werden. Zeit- und Umstandsmoment beeinflussen sich wechselseitig, so dass das Zeitmoment stets nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu ermitteln ist (BAG 17. Oktober 2013 - 8 AZR 974/12 - Rn. 27). Zu berücksichtigen ist dabei, dass der Arbeitgeber bei Bestandsstreitigkeiten typischerweise nicht davon ausgeht, nach Ablauf längerer Zeit noch in Anspruch genommen zu werden. In die erforderliche Gesamtbetrachtung (vgl. dazu BAG 24. Februar 2011 - 8 AZR 413/09 - Rn. 29) ist allerdings auch einzubeziehen, dass der Gesetzgeber mit § 5 Abs. 3 Satz 2 KSchG und §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG deutlich gemacht hat, dass ein Arbeitgeber vor Ablauf der darin für die nachträgliche Zulassung geregelten Höchstfrist von sechs Monaten regelmäßig nicht damit rechnen kann, keiner Bestandsschutzstreitigkeit mehr ausgesetzt zu werden(vgl. BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 221/10 - Rn. 15, BAGE 137, 113).

65

2. Die Beklagte hatte spätestens am 5. Juni 2013 und damit weniger als sieben Wochen nach der von ihr erklärten Kündigung durch den von der Klägerin angerufenen Güteausschuss Kenntnis, dass die Klägerin die Kündigung nicht hinnehmen wolle. Das zeigt ihr Schreiben von diesem Tag, mit dem sie dem Ausschuss die aus ihrer Sicht vorliegenden Kündigungsgründe dargestellt hat. Ob ausgehend davon bereits das Zeitmoment fehlte, hat das Landesarbeitsgericht offengelassen. Es hat bei seiner von Amts wegen erfolgten Verwirkungsprüfung jedoch das Umstandsmoment rechtsfehlerfrei verneint.

66

a) Die Beklagte hat erstmals in der Revision selbst Tatsachen vorgetragen, aus denen nach ihrer Auffassung die Verwirkung folge. Mit diesem neuen Vortrag kann sie in der Revision nicht mehr gehört werden. Darüber hinaus hat das Landesarbeitsgericht angenommen, nachdem die Beklagte gegenüber dem Ausschuss deutlich gemacht habe, sie sei nicht bereit, die Klägerin bis zum regulären Abschluss der Ausbildung zu beschäftigen, habe es in einer gerichtlichen Auseinandersetzung nur noch um die möglicherweise aus einer Unwirksamkeit der Kündigung resultierenden Annahmeverzugsansprüche der Klägerin gehen können. Hierfür mache es jedoch keinen relevanten Unterschied, ob zwei Wochen früher oder später entschieden werde. Damit hat es im Ergebnis rechtlich zutreffend darauf abgestellt, dass sich der Streit der Parteien seit Beginn des Rechtsstreits wirtschaftlich auf die Erfüllung von Annahmeverzugsansprüchen in Höhe von rund 1.000,00 Euro beschränkte und darum nicht ersichtlich ist, dass die Beklagte im Hinblick auf die Untätigkeit der Klägerin Dispositionen getroffen hat, aufgrund derer es ihr unzumutbar ist, sich auf die später erhobene Klage noch einzulassen.

67

b) Schließlich hätte es der Beklagten freigestanden, selbst den Schlichtungsausschuss anzurufen, wenn sie Rechtssicherheit hätte erlangen wollen, ob ihre Kündigung wirksam war. Diese Möglichkeit eröffnete ihr § 5 Abs. 1 der Satzung des Güteausschusses der Zahnärztekammer Nordrhein ausdrücklich. Auch das steht der Verwirkung entgegen.

68

IV. Der Klägerin steht eine Ausbildungsvergütung von 1.045,33 Euro für die Zeit vom 19. April bis zum 7. Juni 2013 zu.

69

1. Die Beklagte befand sich ab Zugang des Kündigungsschreibens am 22. April 2013 im Annahmeverzug. Eines Angebots der Arbeitsleistung bedurfte es aufgrund der Regelung in § 296 BGB nicht(st. Rspr., zuletzt BAG 25. Februar 2015 - 5 AZR 886/12 - Rn. 41).

70

2. Der eingeklagte Betrag ist rechnerisch unstreitig. Revisionsangriffe führt die Beklagte insoweit nicht. Für die Monate April und Juni 2013, in denen nur eine anteilige Vergütung geschuldet ist, ist 1/30 der Ausbildungsvergütung je Tag zugrunde zu legen (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 22 ff., BAGE 141, 340). Das hat die Klägerin getan.

71

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    Augat    

        

    M. Jostes    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten zu 1. und der Beklagten zu 2. wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 22. November 2012 - 11 Sa 84/12 - teilweise aufgehoben.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lörrach vom 24. April 2012 - 2 Ca 384/11 - wird insgesamt zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch darüber, ob zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1. ein Arbeitsverhältnis begründet wurde.

2

Die Beklagte zu 1. betreibt drei Kliniken im Landkreis L, der ihr alleiniger Gesellschafter ist. Die Beklagte zu 2. ist eine 100 %ige Tochter der Beklagten zu 1. Sie verfügt über eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung. Ein Großteil ihrer Arbeitnehmer ist in den Kliniken der Beklagten zu 1. als Leiharbeitnehmer beschäftigt. Der Kläger wurde zum 1. März 2008 von der Beklagten zu 2. als Leiharbeitnehmer eingestellt und als IT-Sachbearbeiter ausschließlich bei der Beklagten zu 1. eingesetzt. Seit dem 15. September 2010 ist er Mitglied des bei der Beklagten zu 2. gebildeten Betriebsrats und seit März 2011 dessen Vorsitzender.

3

Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sind in Bezug auf einen weiteren Einsatz des Klägers als Leiharbeitnehmer bei der Beklagten zu 1. nach dem 31. Oktober 2011 widersprüchlich. Das Landesarbeitsgericht hat im Tatbestand seines Urteils einerseits ausdrücklich festgehalten, dass wegen einer Kündigung des Arbeitnehmerüberlassungsvertrags zum 31. Oktober 2011 ab dem 1. November 2011 kein Einsatz des Klägers mehr erfolgte und der Kläger durch die Beklagte zu 2. über eine fehlende Einsatzmöglichkeit informiert wurde. Andererseits hat das Landesarbeitsgericht festgestellt, dass die Beklagte zu 1. eine Anfrage der Beklagten zu 2. bezüglich einer Verlängerung des Einsatzes des Klägers am 2. August 2012 ablehnend beantwortete und der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zwischen der Beklagten zu 1. und der Beklagten zu 2. bezüglich des Klägers zum 31. August 2012 auslief. Das Landesarbeitsgericht hat ergänzend auf das Vorbringen der Beklagten zu 1. und der Beklagten zu 2. in der Berufungserwiderung Bezug genommen. In dieser haben die Beklagten vorgetragen, der Kläger sei der Beklagten zu 1. auch im Jahr 2012 überlassen worden. Zum Nachweis dieses Vortrags ist die E-Mail-Korrespondenz zwischen dem damaligen Geschäftsführer der Beklagten zu 2. und Mitarbeitern der Beklagten zu 1. hinsichtlich des Einsatzes des Klägers bei der Beklagten zu 1. im Jahr 2012 beigefügt worden.

4

Der Kläger hat gemeint, das Arbeitsverhältnis zwischen ihm und der Beklagten zu 2. sei fehlerhaft. Diese betreibe verbotene Arbeitsvermittlung. Er sei der Beklagten zu 1. nicht nur vorübergehend überlassen worden mit der Folge, dass zwischen dieser und ihm ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen sei.

5

Der Kläger hat, soweit für die Revision von Bedeutung, beantragt

        

festzustellen, dass zwischen ihm und der Beklagten zu 1. ein Arbeitsverhältnis mit einer Beschäftigung als IT-Sachbearbeiter besteht.

6

Die Beklagten haben zu ihrem Klageabweisungsantrag die Ansicht vertreten, die Beklagte zu 2. habe der Beklagten zu 1. den Kläger gemäß den Vorschriften des AÜG zur Arbeitsleistung überlassen. § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG fingiere das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses zwischen einem Entleiher und einem Leiharbeitnehmer ausschließlich bei fehlender Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis des Verleihers. Eine gesetzliche Grundlage für die Begründung eines Arbeitsverhältnisses existiere nicht, wenn ein Verleiher wie die Beklagte zu 2. eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung habe.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und, soweit für die Revision von Interesse, der Klage stattgegeben. Mit ihrer Revision begehren die Beklagte zu 1. und die Beklagte zu 2. die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist begründet und führt zur Wiederherstellung des klageabweisenden Urteils des Arbeitsgerichts. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerhaft das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1. festgestellt.

9

I. Entgegen der Auffassung des Klägers hat eine nach § 1 Abs. 2 AÜG zu vermutende Arbeitsvermittlung nicht mehr zur Folge, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher begründet wird(ausführlich dazu BAG 28. Juni 2000 - 7 AZR 100/99 - zu III der Gründe, BAGE 95, 165; ebenso BAG 15. Mai 2013 - 7 AZR 494/11 - Rn. 22).

10

II. Ein Arbeitsverhältnis zwischen der Beklagten zu 1. und dem Kläger ist weder gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG noch in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift kraft Gesetzes zustande gekommen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Beklagte zu 2. den Kläger der Beklagten zu 1. nach dem 31. Oktober 2011 nicht mehr zur Arbeitsleistung überlassen hat oder der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zwischen der Beklagten zu 1. und der Beklagten zu 2. bezüglich des Klägers erst zum 31. August 2012 auslief. Trotz der widersprüchlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zur Dauer der Überlassung des Klägers an die Beklagte zu 1. ist die Sache damit zur Endentscheidung reif, sodass der Rechtsstreit nicht an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).

11

1. Sofern der Kläger, der zum 1. März 2008 von der Beklagten zu 2. eingestellt und als Leiharbeitnehmer ausschließlich bei der Beklagten zu 1. eingesetzt wurde, ab dem 1. November 2011 der Beklagten zu 1. nicht mehr überlassen wurde, kam kein Arbeitsverhältnis zwischen ihm und der Beklagten zu 1. nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG zustande. Kein Streit besteht darüber, dass die Beklagte zu 2. während der gesamten Dauer der Überlassung des Klägers an die Beklagte zu 1. bis zum 31. Oktober 2011 die nach § 1 AÜG erforderliche Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung hatte. Damit lagen die Voraussetzungen für die Begründung eines Arbeitsverhältnisses zwischen der Beklagten zu 1. und dem Kläger ungeachtet der Dauer des Einsatzes des Klägers bei der Beklagten zu 1. nach § 10 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 9 Nr. 1 AÜG nicht vor. Deshalb ist es unerheblich, ob es sich bei diesem Einsatz um eine noch oder eine nicht mehr vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung iSv. § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG handelte.

12

a) Der Gesetzgeber verzichtete bis zum 30. November 2011 bewusst darauf, die Dauer der Arbeitnehmerüberlassung zeitlich zu begrenzen. Das ergibt sich aus der Neukonzeption des Rechts der Arbeitnehmerüberlassung durch das Erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4607, im Folgenden: Erstes Dienstleistungsgesetz). Während das AÜG in der bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Fassung in § 3 Abs. 1 Nr. 6 noch eine Höchstüberlassungsdauer von 24 aufeinanderfolgenden Monaten vorsah, wurde diese Bestimmung durch Art. 6 Nr. 3 Buchst. b des Ersten Dienstleistungsgesetzes aufgehoben. Damit war klar, dass künftig eine zeitlich unbeschränkte Überlassung von Arbeitnehmern zulässig sein sollte (eingehend dazu BAG 15. Mai 2013 - 7 AZR 494/11 - Rn. 24).

13

b) Allerdings hat der Gesetzgeber durch Art. 1 Nr. 2 Buchst. a Doppelbuchst. bb des Ersten Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes - Verhinderung von Missbrauch der Arbeitnehmerüberlassung vom 28. April 2011 (BGBl. I S. 642, im Folgenden: Missbrauchsverhinderungsgesetz) als § 1 Abs. 1 Satz 2 eine Regelung in das AÜG eingefügt, wonach die Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher vorübergehend erfolgt. Diese Bestimmung trat nach Art. 2 Abs. 1 des Missbrauchsverhinderungsgesetzes jedoch erst am 1. Dezember 2011 und damit nach dem 31. Oktober 2011 in Kraft. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts wirkt die Neuregelung des § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG nicht zurück. Das folgt schon aus dem Regelungszweck des Art. 2 Missbrauchsverhinderungsgesetz. Während zahlreiche Bestimmungen dieses Gesetzes nach seinem Art. 2 Abs. 2 bereits am Tag nach seiner Verkündung im Bundesgesetzblatt am 29. April 2011 und damit am 30. April 2011 in Kraft traten, war dies gemäß Art. 2 Abs. 1 Missbrauchsverhinderungsgesetz bei § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG und anderen Vorschriften erst am 1. Dezember 2011 der Fall. Dadurch sollte den Verleihern und Entleihern ausreichend Zeit gegeben werden, ihre Vereinbarungen und sonstigen Regelungen bei Bedarf an die neue Rechtslage anzupassen (vgl. Begründung des RegE BT-Drucks. 17/4804 S. 11).

14

c) Die Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit (ABl. EU L 327 vom 5. Dezember 2008 S. 9, im Folgenden: Leiharbeitsrichtlinie) gebietet kein anderes Ergebnis (BAG 15. Mai 2013 - 7 AZR 494/11 - Rn. 25). Zwar geht diese Richtlinie in Art. 1 Abs. 1 sowie Art. 3 Abs. 1 Buchst. b bis e davon aus, dass Leiharbeitnehmer dem entleihenden Unternehmen überlassen werden, um dort „vorübergehend“ zu arbeiten. Den Mitgliedstaaten wurde in Art. 11 Abs. 1 Satz 1 der Leiharbeitsrichtlinie jedoch eine Umsetzungsfrist bis zum 5. Dezember 2011 eingeräumt. Eine zeitlich unbeschränkte Überlassung von Arbeitnehmern war daher jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt unionsrechtskonform.

15

2. Auch dann, wenn der Kläger der Beklagten zu 1. von der Beklagten zu 2. nicht nur bis zum 31. Oktober 2011, sondern auch danach noch bis August 2012 als Leiharbeitnehmer zur Arbeitsleistung überlassen wurde, wofür die E-Mail-Korrespondenz zwischen dem damaligen Geschäftsführer der Beklagten zu 2. und Mitarbeitern der Beklagten zu 1. hinsichtlich des Einsatzes des Klägers bei der Beklagten zu 1. im Jahr 2012 spricht, muss nicht entschieden werden, ob bei einem solchen weiteren Einsatz des Klägers bei der Beklagten zu 1. eine noch oder eine nicht mehr vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung iSv. § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG(zur möglichen Auslegung des Begriffs „vorübergehend“: vgl. BAG 10. Juli 2013 - 7 ABR 91/11 - Rn. 53 mwN) anzunehmen wäre.

16

a) Dies folgt allerdings nicht schon aus dem sog. Konzernprivileg des § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG, demzufolge das AÜG mit Ausnahme des § 1b Satz 1, des § 16 Abs. 1 Nr. 1b und Abs. 2 bis 5 sowie der §§ 17 und 18 nicht auf die Arbeitnehmerüberlassung zwischen Konzernunternehmen iSd. § 18 AktG anzuwenden ist, wenn der Arbeitnehmer nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird. Die Beklagte zu 2. hat den Kläger ausweislich des Arbeitsvertrags zum Zweck der Überlassung eingestellt, sodass die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG nicht erfüllt sind.

17

b) Ein Verstoß gegen das Verbot der nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG(zu diesem Verbot: vgl. BAG 10. Juli 2013 - 7 ABR 91/11 - Rn. 32 mwN) führt entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts nicht zum Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer, wenn der Verleiher die nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG erforderliche Erlaubnis hat, seine Arbeitnehmer Dritten zur Arbeitsleistung zu überlassen.

18

aa) Freilich soll nach einer in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung angesichts der Neuregelungen des Missbrauchsverhinderungsgesetzes bei einer nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung iSv. § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG in unmittelbarer, analoger oder richtlinienkonformer Anwendung des § 10 AÜG ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher zustande kommen(vgl. LAG Berlin-Brandenburg 9. Januar 2013 - 15 Sa 1635/12 - LAGE AÜG § 10 Nr. 8; Brors AuR 2013, 108, 113; Schaub/Koch ArbR-Hdb. 15. Aufl. § 120 Rn. 12c; Ulber/J. Ulber AÜG 4. Aufl. § 1 Rn. 231d; ErfK/Wank 14. Aufl. § 1 AÜG Rn. 37d; wohl auch Zimmer AuR 2012, 422, 425). Zu Recht ist jedoch ein anderer Teil der Rechtsprechung und des Schrifttums der Ansicht, dass eine nicht vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung iSv. § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG nicht zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer führt(LAG Düsseldorf 21. Juni 2013 - 10 Sa 1747/12 -; LAG Berlin-Brandenburg 16. April 2013 - 16 Sa 1637/12 - sowie 16. Oktober 2012 - 7 Sa 1182/12 -; Bissels jurisPR-ArbR 32/2013 Anm. 3; Boemke/Lembke AÜG 3. Aufl. § 1 Rn. 115; Giesen FA 2012, 66, 68; Hamann RdA 2011, 321, 327; ders. jurisPR-ArbR 10/2013 Anm. 1; Kielkowski/Krannich jurisPR-ArbR 46/2013 Anm. 2; Krannich/Simon BB 2012, 1414, 1418).

19

bb) Besitzt ein Arbeitgeber die nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG erforderliche Erlaubnis, als Verleiher Dritten Arbeitnehmer im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit zur Arbeitsleistung zu überlassen, hindert dies eine unmittelbare Anwendung des § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG. Dies gilt auch, wenn der Einsatz des Leiharbeitnehmers entgegen der Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG nicht nur vorübergehend erfolgt.

20

(1) § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG fingiert das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses ausschließlich bei Fehlen einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis des Verleihers. Nach dieser Vorschrift gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen, wenn der Vertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer nach § 9 Nr. 1 AÜG unwirksam ist. Gemäß § 9 Nr. 1 AÜG sind Verträge zwischen Verleihern und Entleihern sowie zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern unwirksam, wenn der Verleiher nicht die nach § 1 AÜG erforderliche Erlaubnis hat. Daran fehlt es. Die Beklagte zu 2. verfügte über die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung.

21

(2) Eine einem Verleiher vor dem 1. Dezember 2011 erteilte Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung nach § 1 AÜG war auch nicht auf die vorübergehende Überlassung von Arbeitnehmern beschränkt(aA LAG Berlin-Brandenburg 9. Januar 2013 - 15 Sa 1635/12 - zu II 1.2.1 der Gründe, LAGE AÜG § 10 Nr. 8; Gusssen FA 2013, 134, 136; wie hier im Ergebnis Hamann jurisPR-ArbR 10/2013 Anm. 1). Da bis zum 30. November 2011 eine zeitlich unbeschränkte Überlassung von Arbeitnehmern an einen Entleiher nach dem AÜG zulässig war, umfasste eine vor dem 1. Dezember 2011 erteilte Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung auch eine nicht nur vorübergehende Überlassung von Leiharbeitnehmern. Das Missbrauchsverhinderungsgesetz enthält keine Regelungen, die vor dem 1. Dezember 2011 erteilte Erlaubnisse zur Arbeitnehmerüberlassung beschränken. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 4 Halbs. 1 AÜG kann die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung nur mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, wenn die Erlaubnisbehörde aufgrund einer geänderten Rechtslage berechtigt wäre, die Erlaubnis zu versagen. Daraus wird deutlich, dass eine geänderte Rechtslage nicht per se die Unwirksamkeit einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung bewirkt oder die Erlaubnis einschränkt.

22

cc) Ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1. wurde auch nicht in analoger Anwendung des § 10 Abs. 1 AÜG begründet.

23

(1) Zur wortsinnübersteigenden Gesetzesanwendung durch Analogie bedarf es einer besonderen Legitimation. Die analoge Anwendung einer Norm setzt voraus, dass eine vom Gesetzgeber unbeabsichtigt gelassene Lücke vorliegt und diese Planwidrigkeit aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden kann. Andernfalls könnte jedes Schweigen des Gesetzgebers - also der Normalfall, wenn er etwas nicht regeln will - als planwidrige Lücke aufgefasst und diese im Wege der Analogie von den Gerichten ausgefüllt werden (BAG 13. Dezember 2006 - 10 AZR 674/05 - Rn. 13 mwN, BAGE 120, 352). Analoge Gesetzesanwendung erfordert darüber hinaus, dass der gesetzlich ungeregelte Fall nach Maßgabe des Gleichheitssatzes und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen nach der gleichen Rechtsfolge verlangt wie die gesetzessprachlich erfassten Fälle (BAG 21. Februar 2013 - 2 AZR 433/12 - Rn. 20 mwN). Richterliche Rechtsfortbildung darf nicht dazu führen, dass ein Gericht seine eigene materielle Gerechtigkeitsvorstellung an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers setzt. Nach Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG wird die Staatsgewalt vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt. Die Aufgabe der Rechtsprechung beschränkt sich darauf, den vom Gesetzgeber festgelegten Sinn und Zweck eines Gesetzes auch unter gewandelten Bedingungen möglichst zuverlässig zur Geltung zu bringen oder eine planwidrige Regelungslücke mit den anerkannten Auslegungsmethoden zu füllen. Eine Interpretation, die als richterliche Rechtsfortbildung den Wortlaut des Gesetzes hintanstellt und sich über den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers hinwegsetzt, greift unzulässig in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers ein (BVerfG 11. Juli 2012 - 1 BvR 3142/07, 1 BvR 1 BvR 1569/08 - Rn. 75, BVerfGE 132, 99).

24

(2) Für eine entsprechende Anwendung der Rechtsfolge des § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG für den Fall der nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung fehlt es bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. Der Gesetzgeber des Missbrauchsverhinderungsgesetzes hat bewusst davon abgesehen zu regeln, dass eine nicht nur vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung iSv. § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer bewirkt. Dies zeigt die Entwicklungsgeschichte des AÜG.

25

(a) Das Gesetz enthielt bereits in seiner bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Fassung das Verbot der dauerhaften Überlassung von Arbeitnehmern. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 6 AÜG in der bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Fassung war die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung oder ihre Verlängerung zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass der Antragsteller einem Entleiher denselben Leiharbeitnehmer länger als 24 aufeinanderfolgende Monate überlässt, wobei der Zeitraum einer unmittelbar vorangehenden Überlassung durch einen anderen Verleiher an denselben Entleiher anzurechnen war. § 13 AÜG in der bis zum 31. März 1997 geltenden Fassung bestimmte, dass bei einer unzulässigen Arbeitsvermittlung die arbeitsrechtlichen Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber nicht ausgeschlossen werden konnten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts handelte es sich bei dieser Vorschrift um eine § 10 Abs. 1 AÜG ergänzende Regelung. Dies hatte zur Folge, dass bei einer als unerlaubte Arbeitsvermittlung anzusehenden Überlassung kraft Gesetzes ein Arbeitsverhältnis mit dem Beschäftigungsunternehmen begründet wurde (vgl. BAG 28. Juni 2000 - 7 AZR 100/99 - zu II 1 der Gründe mwN, BAGE 95, 165; 10. Februar 1977 - 2 ABR 80/76 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 29, 7). Allerdings wurde § 13 AÜG in der bis zum 31. März 1997 geltenden Fassung durch Art. 63 Nr. 9 des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes vom 24. März 1997 (BGBl. I S. 594) mit Wirkung zum 1. April 1997 ersatzlos aufgehoben. In den Fällen der nach § 1 Abs. 2 AÜG zu vermutenden Arbeitsvermittlung und damit auch bei einer Überschreitung der bis zum 31. Dezember 2002 in § 3 Abs. 1 Nr. 6 AÜG geregelten Überlassungsdauer von höchstens 24 Monaten gab es somit keine gesetzliche Grundlage mehr für das Entstehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer(grundlegend BAG 28. Juni 2000 - 7 AZR 100/99 - zu III der Gründe, BAGE 95, 165; ebenso 15. Mai 2013 - 7 AZR 494/11 - Rn. 22).

26

(b) Der Gesetzgeber hat mit der Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG, nach der die Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher vorübergehend erfolgt, eine nicht nur vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung wieder verboten(vgl. BAG 10. Juli 2013 - 7 ABR 91/11 - Rn. 32), ohne in einer § 13 AÜG in der bis zum 31. März 1997 geltenden Fassung nachgebildeten Bestimmung oder in einer anderen Vorschrift zu regeln, dass eine nicht nur vorübergehende Überlassung des Leiharbeitnehmers an einen Entleiher das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses bewirkt. Dies zeigt, dass er insoweit keine Änderung der seit dem 1. April 1997 geltenden Rechtslage und damit kein Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer bei einer nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung wollte (vgl. Giesen FA 2012, 66, 69).

27

(c) Ein unbewusstes, versehentliches Unterlassen des Gesetzgebers, eine nicht nur vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung iSv. § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG hinsichtlich der Rechtsfolge der Arbeitnehmerüberlassung bei Fehlen einer Erlaubnis des Verleihers gleichzustellen, liegt nicht vor. Der Gesetzgeber wurde während des Gesetzgebungsverfahrens zum Missbrauchsverhinderungsgesetz wiederholt ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Entwurf des Gesetzes die Rechtsfolge der Begründung eines Arbeitsverhältnisses nicht enthielt. Dies wird aus der öffentlichen Anhörung von Sachverständigen durch den Ausschuss für Arbeit und Soziales des Bundestags in seiner 56. Sitzung am 21. März 2011 und dem entsprechenden Bericht (vgl. BT-Drucks. 17/5238 S. 9) deutlich.

28

Der Deutsche Gewerkschaftsbund führte in seiner schriftlichen Stellungnahme (Ausschussdrucksache 17(11)431 S. 47) ua. aus, es sei bedauerlich, dass, anders als im Referentenentwurf vorgesehen, eine nicht nur vorübergehende Überlassung nicht mehr ausdrücklich als Arbeitsvermittlung kodifiziert werde. Dies sollte wieder aufgenommen und zugleich klargestellt werden, dass - wie in § 10 AÜG - mit der vermuteten Vermittlung ein Arbeitsverhältnis zustande komme. Zudem fehle jegliche Sanktion bei einem Verstoß, wie es Art. 10 der Leiharbeitsrichtlinie fordere. Auch der Sachverständige Prof. Düwell wies in seiner Stellungnahme (Ausschussdrucksache 17(11)431 S. 57) darauf hin, dass im Entwurf sowohl die für die gerichtliche Missbrauchskontrolle notwendigen Maßstäbe als auch die Grundlagen für eine Annahme einer arbeitsrechtlichen Rechtsfolge fehlten. Er schlug vor, wie im Referentenentwurf vorgesehen sollte die nicht nur vorübergehende Überlassung ausdrücklich als Arbeitsvermittlung bezeichnet und in § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG auch für die vermutete Vermittlung ein Arbeitsverhältnis zum Entleiher fingiert werden, weil eine solche Regelung Sache des Gesetzgebers sei. Solange die positive gesetzliche Grundlage fehle, bestünden verfassungsrechtliche Bedenken, richterrechtlich einzugreifen. Es fehle jegliche Sanktion für Verstöße, wie sie Art. 10 der Leiharbeitsrichtlinie ausdrücklich fordere. Dass der Gesetzgeber diesen deutlichen Forderungen nicht nachgekommen ist, zwingt zu der Annahme, dass er absichtlich von der verlangten Sanktion abgesehen hat. Diese Entscheidung des Gesetzgebers ist von den Gerichten für Arbeitssachen zu achten.

29

(3) Einer analogen Anwendung des § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG steht darüber hinaus entgegen, dass die Situation eines nicht nur vorübergehend überlassenen Leiharbeitnehmers mit der Situation eines ohne Erlaubnis überlassenen Arbeitnehmers, für den § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher fingiert, nicht vergleichbar ist(vgl. BAG 28. Juni 2000 - 7 AZR 100/99 - zu III 2 der Gründe, BAGE 95, 165).

30

(a) Die Bestimmung des § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG ist erforderlich, weil bei Fehlen der nach § 1 AÜG erforderlichen Erlaubnis der Vertrag des Leiharbeitnehmers mit dem Verleiher nach § 9 Nr. 1 AÜG unwirksam ist. Damit der Arbeitnehmer in diesem Fall überhaupt in einem Arbeitsverhältnis steht, fingiert § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG ein solches zum Entleiher. Das AÜG regelt demgegenüber nicht, dass das Arbeitsverhältnis zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Verleiher unwirksam ist oder beendet wird, wenn der Leiharbeitnehmer vom Verleiher nicht nur vorübergehend überlassen wird.

31

(b) Die Auswechslung des Arbeitgebers wäre auch verfassungsrechtlich bedenklich. Es ist eine Vielzahl von Konstellationen denkbar, in denen Leiharbeitnehmer trotz eines Verstoßes gegen § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG an ihrem Arbeitsverhältnis zum Verleiher festhalten und kein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher eingehen wollen. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn nur im Betrieb des Verleihers gemäß § 23 Abs. 1 KSchG die Vorschriften dieses Gesetzes Anwendung finden, dort eine ordentliche Kündigung kraft Vereinbarung oder kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, beim Verleiher die Arbeitsbedingungen für den Leiharbeitnehmer besser sind als beim Entleiher oder sich das Unternehmen des Entleihers in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet. Der Entzug des vom Leiharbeitnehmer gewählten Arbeitgebers durch Gesetz stellte einen Eingriff in seine durch Art. 12 GG geschützte Rechtsposition dar. Die Freiheit, ein Arbeitsverhältnis einzugehen oder dies zu unterlassen, ist Ausdruck der durch Art. 12 GG geschützten Vertragsfreiheit(vgl. BVerfG 25. Januar 2011 - 1 BvR 1741/09 - Rn. 69, 76, BVerfGE 128, 157). In diese wird eingegriffen, wenn ohne die zu einem Vertragsschluss erforderlichen beiderseitigen übereinstimmenden Willenserklärungen oder gar gegen den Willen einer oder auch beider Parteien kraft Gesetzes ein Arbeitsverhältnis begründet werden soll. Die Entscheidung des Gesetzgebers zu einem solchen Eingriff muss im Gesetz einen hinreichenden Ausdruck finden (vgl. BAG 2. Juni 2010 - 7 AZR 946/08 - Rn. 33; 28. Juni 2000 - 7 AZR 100/99 - zu III 1 a der Gründe, BAGE 95, 165). Im Übrigen trifft den Gesetzgeber, wenn er es zulässt, dass der Arbeitgeber ohne Zustimmung des Arbeitnehmers ausgewechselt wird, grundsätzlich eine Schutzpflicht, die nicht nur das Interesse des Arbeitnehmers am Erhalt seines Arbeitsplatzes trotz Arbeitgeberwechsels, sondern auch seine privatautonome Entscheidung über die Person des Vertragspartners beachten muss (vgl. BVerfG 25. Januar 2011 - 1 BvR 1741/09 - Rn. 73 mwN, aaO). Die Sicherstellung der freien Wahl des Arbeitsplatzes durch den Arbeitnehmer, wenn ein anderer als der von ihm gewählte in die Position des Arbeitgebers einrücken soll, zB durch ein Zustimmungserfordernis oder Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers (vgl. Düwell ZESAR 2011, 449, 455), obliegt grundsätzlich dem Gesetzgeber. Vorschriften, die die freie Wahl des Arbeitsplatzes durch den Arbeitnehmer bei einer nicht nur vorübergehenden Überlassung an einen Entleiher gewährleisten, fehlen im AÜG völlig.

32

dd) Die Begründung eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer folgt im Falle einer nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung auch nicht aus einer unionsrechtskonformen Auslegung der Bestimmungen des AÜG.

33

(1) Die Leiharbeitsrichtlinie gibt die Begründung eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer als Rechtsfolge eines Verstoßes gegen das Verbot eines nicht nur vorübergehenden Einsatzes eines Leiharbeitnehmers bei einem Entleiher nicht vor. Gemäß Art. 10 Abs. 2 Satz 1 der Leiharbeitsrichtlinie legen die Mitgliedstaaten die Sanktionen fest, die im Falle eines Verstoßes gegen die einzelstaatlichen Vorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie Anwendung finden, und treffen die erforderlichen Maßnahmen, um deren Durchführung zu gewährleisten. Die Sanktionen müssen nach Art. 10 Abs. 2 Satz 2 der Leiharbeitsrichtlinie wirksam, angemessen und abschreckend sein. Die Leiharbeitsrichtlinie sieht damit keine eigenen Sanktionen vor, sondern überlässt deren Auswahl den Mitgliedstaaten. Diese Regelungstechnik findet sich ebenfalls in anderen Richtlinien. So verpflichtet Art. 17 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG L 303 vom 2. Dezember 2000 S. 16) die Mitgliedstaaten ebenso wie Art. 10 der Leiharbeitsrichtlinie, die Sanktionen festzulegen, die bei einem Verstoß gegen die einzelstaatlichen Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie zu verhängen sind. Die Sanktionen müssen auch hier wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. § 15 Abs. 6 AGG bestimmt, dass ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses begründet. Die Regelung in § 15 Abs. 6 AGG verstößt nicht gegen Unionsrecht(vgl. EuGH 10. April 1984 - C-14/83 - [von Colson und Kamann] Slg. 1984, 1891; vgl. auch MüKoBGB/Thüsing 6. Aufl. § 15 AGG Rn. 43). Dieser Vorschrift wird über ihren unmittelbaren Anwendungsbereich hinaus eine allgemeine Wertentscheidung entnommen, wonach trotz Diskriminierung im Arbeitsrecht kein Vertragspartner aufgedrängt werden darf (Däubler/Bertzbach/Deinert AGG 3. Aufl. § 15 Rn. 129). Die Rechtsprechung hat § 15 Abs. 6 AGG zur Füllung einer Regelungslücke im Rahmen von § 612a BGB analog angewandt(vgl. BAG 21. September 2011 - 7 AZR 150/10 - Rn. 44 f.).

34

(2) Angesichts der Vielzahl möglicher Verstöße gegen Vorschriften des AÜG durch Verleiher und Entleiher sowie möglicher Sanktionen ist die Auswahl wirksamer, angemessener und abschreckender Sanktionen nicht Aufgabe der Gerichte für Arbeitssachen, sondern Sache des Gesetzgebers. So kommen neben der Begründung eines Arbeitsverhältnisses zB auch die Normierung von Ordnungswidrigkeitstatbeständen und die Festsetzung von Geldbußen (vgl. § 16 AÜG) oder der Entzug der Erlaubnis des Verleihers zur Arbeitnehmerüberlassung in Betracht. Dies gilt auch dann, wenn die Leiharbeitsrichtlinie bezüglich einer nicht nur vorübergehenden Überlassung eines Leiharbeitnehmers an einen Entleiher (Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 Buchst. b bis e der Leiharbeitsrichtlinie) mangels einer wirksamen, angemessenen und abschreckenden Sanktion unzureichend umgesetzt worden sein sollte (zum Recht des Betriebsrats, bei einer beabsichtigten mehr als vorübergehenden Beschäftigung die Zustimmung nach § 14 Abs. 3 Satz 1 AÜG, § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG zu verweigern: vgl. BAG 10. Juli 2013 - 7 ABR 91/11 - Rn. 48 ff.). Die Grenze zulässiger Rechtsfortbildung ist jedenfalls dann überschritten, wenn sich aus der nationalen Rechtsordnung nicht eindeutig ergibt, dass zur Umsetzung der unionsrechtlichen Verpflichtung zur Festsetzung effektiver Sanktionen nur eine bestimmte Rechtsfolge in Betracht kommt. Solche eindeutigen Anhaltspunkte lassen sich der deutschen Rechtsordnung nicht entnehmen.

35

ee) Die Gesellschafterstellung des Landkreises L führt zu keinem anderen Ergebnis. Zwar kann sich der Einzelne in Fällen, in denen die Bestimmungen einer Richtlinie inhaltlich unbedingt und hinreichend konkret sind, vor nationalen Gerichten gegenüber einem öffentlichen Arbeitgeber auf diese Bestimmungen berufen, wenn die Richtlinie nicht fristgemäß oder nur unzulänglich in das nationale Recht umgesetzt wurde (vgl. EuGH 5. Oktober 2004 - C-397/01 bis C-403/01 - [Pfeiffer ua.] Rn. 103, Slg. 2004, I-8835). Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte zu 1. und die Beklagte zu 2. als öffentliche Arbeitgeber im Sinne dieser Rechtsprechung anzusehen sind (vgl. dazu EuGH 24. Januar 2012 - C-282/10 - [Dominguez] Rn. 38 f. mwN). Denn die Leiharbeitsrichtlinie gibt die Begründung eines Arbeitsverhältnisses zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer als Rechtsfolge eines Verstoßes gegen das Verbot eines nicht nur vorübergehenden Einsatzes eines Leiharbeitnehmers bei einem Entleiher nicht vor.

36

III. Auch unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs ist zwischen der Beklagten zu 1. und dem Kläger kein Arbeitsverhältnis zustande gekommen.

37

1. Sofern der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zwischen den Beklagten zum 31. Oktober 2011 endete und der Kläger danach bei der Beklagten zu 1. nicht mehr eingesetzt wurde, wurde kein Arbeitsverhältnis nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB)begründet. Ein Missbrauch der Gestaltungsmöglichkeiten des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der bis zum 30. November 2011 geltenden Fassung lag ebenso wenig vor wie ein Fall des institutionellen Rechtsmissbrauchs, der das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses gebietet (eingehend BAG 15. Mai 2013 - 7 AZR 494/11 - Rn. 26 ff.).

38

2. Sollte der Kläger der Beklagten zu 1. auch noch nach dem 30. November 2011 nicht nur vorübergehend als Leiharbeitnehmer überlassen worden sein, fehlt es an den Voraussetzungen eines Rechtsmissbrauchs. Der Grundsatz von Treu und Glauben als Gebot der Redlichkeit und allgemeine Schranke der Rechtsausübung begrenzt sowohl subjektive Rechte als auch Rechtsinstitute und Normen. Rechtsmissbrauch setzt voraus, dass ein Vertragspartner eine an sich rechtlich zulässige Gestaltung in einer mit Treu und Glauben unvereinbaren Weise nur dazu verwendet, sich zum Nachteil des anderen Vertragspartners Vorteile zu verschaffen, die nach dem Zweck der Norm oder des Rechtsinstituts nicht vorgesehen sind (BAG 15. Mai 2013 - 7 AZR 494/11 - Rn. 27). Ab dem 1. Dezember 2011 handelte es sich bei einer nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung nicht mehr um eine rechtlich zulässige Gestaltung. Ein mehr als vorübergehender Einsatz eines Leiharbeitnehmers bei einem Entleiher ist seitdem verboten (vgl. hierzu BAG 10. Juli 2013 - 7 ABR 91/11 - Rn. 32 mwN). Entleiher und Verleiher, die sich über die nicht nur vorübergehende Überlassung eines Leiharbeitnehmers einigen, missbrauchen damit kein Recht, sondern verstoßen gegen ein gesetzliches Verbot. Hat sich der Gesetzgeber aber entschieden, einen solchen Verstoß nicht mit der Sanktion der Begründung eines Arbeitsverhältnisses zum Entleiher zu versehen, darf diese Rechtsfolge nicht über § 242 BGB herbeigeführt werden. Dies würde bedeuten, sich über den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers hinwegzusetzen und unzulässig in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers einzugreifen.

39

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Suckow    

        

    Klose    

        

        

        

    Starke    

        

    Pielenz    

                 

(1) Urteile der Arbeitsgerichte, gegen die Einspruch oder Berufung zulässig ist, sind vorläufig vollstreckbar. Macht der Beklagte glaubhaft, daß die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, so hat das Arbeitsgericht auf seinen Antrag die vorläufige Vollstreckbarkeit im Urteil auszuschließen. In den Fällen des § 707 Abs. 1 und des § 719 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung kann die Zwangsvollstreckung nur unter derselben Voraussetzung eingestellt werden. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach Satz 3 erfolgt ohne Sicherheitsleistung. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss.

(2) Im übrigen finden auf die Zwangsvollstreckung einschließlich des Arrests und der einstweiligen Verfügung die Vorschriften des Achten Buchs der Zivilprozeßordnung Anwendung. Die Entscheidung über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung kann in dringenden Fällen, auch dann, wenn der Antrag zurückzuweisen ist, ohne mündliche Verhandlung ergehen. Eine in das Schutzschriftenregister nach § 945a Absatz 1 der Zivilprozessordnung eingestellte Schutzschrift gilt auch als bei allen Arbeitsgerichten der Länder eingereicht.

(1) Wird die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder eine Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt oder die Rüge nach § 321a erhoben oder wird der Rechtsstreit nach der Verkündung eines Vorbehaltsurteils fortgesetzt, so kann das Gericht auf Antrag anordnen, dass die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstweilen eingestellt werde oder nur gegen Sicherheitsleistung stattfinde und dass die Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufzuheben seien. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung ist nur zulässig, wenn glaubhaft gemacht wird, dass der Schuldner zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist und die Vollstreckung einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde.

(2) Die Entscheidung ergeht durch Beschluss. Eine Anfechtung des Beschlusses findet nicht statt.

(1) Wird gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil der Einspruch oder die Berufung eingelegt, so gelten die Vorschriften des § 707 entsprechend. Die Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil darf nur gegen Sicherheitsleistung eingestellt werden, es sei denn, dass das Versäumnisurteil nicht in gesetzlicher Weise ergangen ist oder die säumige Partei glaubhaft macht, dass ihre Säumnis unverschuldet war.

(2) Wird Revision gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil eingelegt, so ordnet das Revisionsgericht auf Antrag an, dass die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt wird, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. Die Parteien haben die tatsächlichen Voraussetzungen glaubhaft zu machen.

(3) Die Entscheidung ergeht durch Beschluss.

(1) Urteile der Arbeitsgerichte, gegen die Einspruch oder Berufung zulässig ist, sind vorläufig vollstreckbar. Macht der Beklagte glaubhaft, daß die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, so hat das Arbeitsgericht auf seinen Antrag die vorläufige Vollstreckbarkeit im Urteil auszuschließen. In den Fällen des § 707 Abs. 1 und des § 719 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung kann die Zwangsvollstreckung nur unter derselben Voraussetzung eingestellt werden. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach Satz 3 erfolgt ohne Sicherheitsleistung. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss.

(2) Im übrigen finden auf die Zwangsvollstreckung einschließlich des Arrests und der einstweiligen Verfügung die Vorschriften des Achten Buchs der Zivilprozeßordnung Anwendung. Die Entscheidung über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung kann in dringenden Fällen, auch dann, wenn der Antrag zurückzuweisen ist, ohne mündliche Verhandlung ergehen. Eine in das Schutzschriftenregister nach § 945a Absatz 1 der Zivilprozessordnung eingestellte Schutzschrift gilt auch als bei allen Arbeitsgerichten der Länder eingereicht.

(1) Wird die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder eine Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt oder die Rüge nach § 321a erhoben oder wird der Rechtsstreit nach der Verkündung eines Vorbehaltsurteils fortgesetzt, so kann das Gericht auf Antrag anordnen, dass die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstweilen eingestellt werde oder nur gegen Sicherheitsleistung stattfinde und dass die Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufzuheben seien. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung ist nur zulässig, wenn glaubhaft gemacht wird, dass der Schuldner zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist und die Vollstreckung einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde.

(2) Die Entscheidung ergeht durch Beschluss. Eine Anfechtung des Beschlusses findet nicht statt.

(1) Das Prozessgericht kann auf Antrag anordnen, dass bis zum Erlass des Urteils über die in den §§ 767, 768 bezeichneten Einwendungen die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung eingestellt oder nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werde und dass Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufzuheben seien. Es setzt eine Sicherheitsleistung für die Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht fest, wenn der Schuldner zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist und die Rechtsverfolgung durch ihn hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Die tatsächlichen Behauptungen, die den Antrag begründen, sind glaubhaft zu machen.

(2) In dringenden Fällen kann das Vollstreckungsgericht eine solche Anordnung erlassen, unter Bestimmung einer Frist, innerhalb der die Entscheidung des Prozessgerichts beizubringen sei. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist wird die Zwangsvollstreckung fortgesetzt.

(3) Die Entscheidung über diese Anträge ergeht durch Beschluss.

(4) Im Fall der Anhängigkeit einer auf Herabsetzung gerichteten Abänderungsklage gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 3. Juni 2015 - 5 Sa 1119/14 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung am 30. Juni 2014 geendet hat.

2

Der Kläger war bei der beklagten Universität in der Zeit vom 1. März 2008 bis zum 30. Juni 2014 aufgrund aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge beschäftigt. Noch während seines Studiums wurde er für die Zeit vom 1. März 2008 bis zum 30. April 2008 und vom 1. Mai 2008 bis zum 30. Juni 2008 als studentische Hilfskraft mit einer Wochenarbeitszeit von zehn Stunden befristet eingestellt. Im befristeten Arbeitsvertrag, den die Parteien für den Zeitraum vom 1. Mai 2008 bis 30. Juni 2008 vereinbarten, heißt es auszugsweise:

        

㤠1

        

(1)     

Die Daten des umseitigen Antrags sind Bestandteil dieses Dienstvertrages. ...

        

…       

        
        

§ 6

        

(1)     

Das Dienstverhältnis endet mit Ablauf der angegebenen Beschäftigungszeit, ohne dass es einer besonderen Kündigung bedarf. ...

        

(2)     

Das Dienstverhältnis ist befristet gem. § 2 Abs. 1 S. 1 Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG).“

3

Bei dem in § 1 Abs. 1 dieses Vertrags in Bezug genommenen „umseitigen“ Antrag handelt es sich um den von beiden Parteien unterzeichneten „Antrag auf Weiterbeschäftigung einer studentischen Hilfskraft“ vom 14. April 2008, in dem ua. die persönlichen Daten des Klägers sowie die beabsichtigte Beschäftigungsdauer aufgeführt sind. Weiter heißt es in dem Weiterbeschäftigungsantrag vom 14. April 2008 auszugsweise:

        

„…    

        

4.    

Die Tätigkeiten der v.g. Hilfskraft dienen

                 

☒       

der Weiterbildung als wissenschaftlicher oder künstlerischer Nachwuchs oder der beruflichen Aus-, Fort- und Weiterbildung.

        

5.    

Kurzbeschreibung der zu verrichtenden Tätigkeit (wissenschaftliche Dienstleistung):

                 

Mitarbeit bei der Leistungsmessung am LS-IV-lokalen Rechnernetz“

4

Während der Zeit seiner befristeten Beschäftigung als studentische Hilfskraft legte der Kläger am 3. Juni 2008 die Diplomprüfung im Studiengang Informatik und Mathematik ab. Vom 1. Juli bis zum 31. August 2008 war er als wissenschaftliche Hilfskraft mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 17 Stunden und seit dem 1. September 2008 bis zum 30. Juni 2014 als wissenschaftlicher Mitarbeiter in Vollzeit bei der Beklagten beschäftigt. Der letzte befristete Arbeitsvertrag vom 23. November 2012 lautet auszugsweise:

        

§ 1   

        

Herr S

        

wird ab dem 01.01.2013

                 

☒       

als Vollzeitbeschäftigter eingestellt.

                 

…       

        
        

Das Arbeitsverhältnis ist befristet

        

☒       

gemäß § 2 (1) S. 1 WissZeitVG

                 

☒       

bis zum 30.06.2014.

                 

…“    

        
5

Mit seiner am 22. April 2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 28. April 2014 zugestellten Klage hat der Kläger geltend gemacht, die im Arbeitsvertrag vom 23. November 2012 vereinbarte Befristung sei unwirksam. Er hat die Auffassung vertreten, die Befristung könne nicht auf § 2 Abs. 1 WissZeitVG in der bis zum 16. März 2016 geltenden Fassung (im Folgenden WissZeitVG) gestützt werden. Das folge schon daraus, dass mit der letzten Befristung die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG vor der Promotion zulässige Höchstbefristungsdauer von sechs Jahren überschritten worden sei. Die Zeit seiner Beschäftigung als studentische Hilfskraft sei nach § 2 Abs. 3 WissZeitVG jedenfalls ab Studienabschluss am 3. Juni 2008 auf die Höchstbefristungsdauer anzurechnen. Zudem habe er im Rahmen der letzten Befristung nicht dem wissenschaftlichen Personal iSd. § 1 WissZeitVG angehört, da er nicht überwiegend wissenschaftlich tätig gewesen sei.

6

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der am 23. November 2012 vereinbarten Befristung am 30. Juni 2014 beendet worden ist;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als wissenschaftlichen Mitarbeiter zu beschäftigen.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, für den letzten Vertrag vom 23. November 2012 sei der personelle Geltungsbereich des WissZeitVG eröffnet. Die sechsjährige Höchstbefristungsdauer in der Promotionsphase nach § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG sei nicht überschritten, da die Zeit der Beschäftigung des Klägers als studentische Hilfskraft bis zum 30. Juni 2008 nach § 2 Abs. 3 WissZeitVG nicht auf diese anzurechnen sei. Während der Beschäftigung als studentische Hilfskraft werde der vom Gesetz für die Anrechnung vorausgesetzten wissenschaftlichen Qualifizierung noch nicht nachgegangen. Der Kläger habe während seiner Tätigkeit als studentische Hilfskraft ausschließlich unselbständige Hilfstätigkeiten erbringen können. Zudem habe die Arbeitszeit des Klägers im Rahmen der Beschäftigung als studentische Hilfskraft nicht mehr als ein Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit iSv. § 2 Abs. 3 Satz 1 WissZeitVG betragen. Als regelmäßige Arbeitszeit sei nicht die Wochenarbeitszeit nach TV-L, sondern die nach Beamtenrecht regelmäßige Arbeitszeit von 41 Wochenstunden zu Grunde zu legen.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision begehrt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben der Befristungskontrollklage zu Recht stattgegeben. Der Weiterbeschäftigungsantrag fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an.

10

I. Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis hat nicht aufgrund der Befristungsabrede im Arbeitsvertrag vom 23. November 2012 mit Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit am 30. Juni 2014 geendet. Die Befristung des Arbeitsvertrags ist unwirksam.

11

1. Die Befristung zum 30. Juni 2014 gilt nicht nach § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam. Mit dem am 22. April 2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag zu 1. hat der Kläger rechtzeitig eine zulässige Befristungskontrollklage iSv. § 1 Abs. 1 Satz 5 WissZeitVG in der bis zum 16. März 2016 geltenden Fassung (WissZeitVG) iVm. § 17 Satz 1 TzBfG erhoben. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wahrt auch die Erhebung einer Klage vor dem Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit die Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG(BAG 18. Mai 2016 - 7 AZR 533/14 - Rn. 10 mwN, BAGE 155, 101; 2. Juni 2010 - 7 AZR 136/09 - Rn. 13 mwN, BAGE 134, 339).

12

2.  Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Befristung des Arbeitsvertrags nicht nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG zulässig ist.

13

a) Der zeitliche Geltungsbereich des WissZeitVG in der hier maßgeblichen, bis zum 16. März 2016 geltenden Fassung ist eröffnet. Für die Wirksamkeit der Befristung eines Arbeitsvertrags ist die im Zeitpunkt ihrer Vereinbarung geltende Rechtslage maßgeblich (vgl. BAG 9. Dezember 2015 - 7 AZR 117/14 - Rn. 27, BAGE 153, 365; 29. April 2015 - 7 AZR 519/13 - Rn. 15; 2. September 2009 - 7 AZR 291/08 - Rn. 10, BAGE 132, 54). Das WissZeitVG ist mit dem „Gesetz zur Änderung arbeitsrechtlicher Vorschriften in der Wissenschaft“ vom 12. April 2007 (BGBl. I S. 506) beschlossen worden und am 18. April 2007 in Kraft getreten. Die am 23. November 2012 vereinbarte Befristung unterfällt nicht einer der auf andere Rechtsgrundlagen verweisenden Übergangsregelungen nach § 6 WissZeitVG(vgl. hierzu BAG 24. August 2011 - 7 AZR 228/10 - Rn. 19, BAGE 139, 109; 1. Juni 2011 - 7 AZR 827/09 - Rn. 16 f., BAGE 138, 91).

14

b) Auch der betriebliche Geltungsbereich von § 2 Abs. 1 WissZeitVG ist gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG eröffnet. Es handelt sich um den Abschluss eines Arbeitsvertrags für eine bestimmte Zeit an einer Einrichtung des Bildungswesens, die nach Landesrecht eine staatliche Hochschule ist. Gemäß § 2 Abs. 1 iVm. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 HG NRW (idF vom 31. Oktober 2006, gültig bis 30. September 2014) ist die Beklagte eine Hochschule des Landes Nordrhein-Westfalen.

15

c) Die vereinbarte Befristung genügt auch dem Zitiergebot des § 2 Abs. 4 Satz 1 WissZeitVG. Danach ist im Arbeitsvertrag anzugeben, ob die Befristung auf den Vorschriften des WissZeitVG beruht. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Der Arbeitsvertrag vom 23. November 2012 nimmt in § 1 auf § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG Bezug.

16

d) Es kann zu Gunsten der Beklagten unterstellt werden, dass der Kläger im Rahmen des letzten befristeten Arbeitsvertrags zum wissenschaftlichen Personal iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG zählte und die Befristung grundsätzlich auf § 2 Abs. 1 WissZeitVG gestützt werden kann. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die im Arbeitsvertrag vom 23. November 2012 für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis zum 30. Juni 2014 vereinbarte Befristung jedenfalls deshalb unwirksam ist, weil mit dieser die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG zulässige Höchstbefristungsdauer in der Promotionsphase überschritten wurde. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG ist die Befristung von Arbeitsverträgen mit nicht promoviertem wissenschaftlichen und künstlerischen Personal bis zu einer Dauer von sechs Jahren zulässig. Diese Voraussetzung erfüllt die im Arbeitsvertrag vom 23. November 2012 zum 30. Juni 2014 vereinbarte Befristung nicht. Der Kläger stand bis zum 30. Juni 2014 insgesamt sechs Jahre und 27 Tage in auf die Höchstbefristungsdauer anzurechnenden Arbeitsverhältnissen.

17

aa) Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 WissZeitVG sind auf die in § 2 Abs. 1 WissZeitVG geregelte zulässige Befristungsdauer alle befristeten Arbeitsverhältnisse mit mehr als einem Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit, die mit einer deutschen Hochschule oder einer Forschungseinrichtung iSd. § 5 WissZeitVG abgeschlossen wurden, sowie entsprechende Beamtenverhältnisse auf Zeit und Privatdienstverträge nach § 3 WissZeitVG anzurechnen. Nach § 2 Abs. 3 Satz 2 WissZeitVG werden auch befristete Arbeitsverhältnisse angerechnet, die nach anderen Rechtsvorschriften abgeschlossen werden. Zeiten eines befristeten Arbeitsverhältnisses, die vor dem Abschluss des Studiums liegen, sind jedoch nach § 2 Abs. 3 Satz 3 WissZeitVG auf die nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG zulässige Befristungsdauer nicht anzurechnen.

18

bb) Danach stand der Kläger in der Zeit vom 4. Juni 2008 bis zum 30. Juni 2014 und damit sechs Jahre und 27 Tage in Arbeitsverhältnissen, die auf die Höchstbefristungsdauer anzurechnen sind. Der Kläger war in der Zeit vom 1. Juli 2008 bis zum 31. August 2008 als wissenschaftliche Hilfskraft mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 17 Stunden und in der Zeit vom 1. September 2008 bis zum 30. Juni 2014 als wissenschaftlicher Mitarbeiter in Vollzeit bei der Beklagten beschäftigt. Dieser Zeitraum von sechs Jahren der Beschäftigung mit mehr als einem Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit ist unstreitig auf die Höchstbefristungsdauer anzurechnen. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist auch der vorherige Zeitraum vom 4. Juni 2008 bis zum 30. Juni 2008, in dem der Kläger nach Abschluss seines Studiums bereits in einem befristeten Arbeitsverhältnis mit der Beklagten als studentische Hilfskraft stand, nach § 2 Abs. 3 WissZeitVG auf die Höchstbefristungsdauer anzurechnen. Das hat das Landesarbeitsgericht ohne Rechtsfehler erkannt.

19

(1) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass der Kläger in der Zeit vom 4. Juni bis zum 30. Juni 2008 mit „mehr als einem Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit“ (§ 2 Abs. 3 Satz 1 WissZeitVG)in einem befristeten Arbeitsverhältnis mit der Beklagten stand. Die Frage, ob die Anrechnungsbestimmung in § 2 Abs. 3 WissZeitVG unwirksam ist, soweit diese befristete Arbeitsverträge mit einer Arbeitszeitverpflichtung von bis zu einem Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit von der Anrechnung ausnimmt(vgl. dazu nur ErfK/Müller-Glöge 17. Aufl. § 2 WissZeitVG Rn. 14; Preis/Ulber WissZeitVG 2. Aufl. § 2 Rn. 139), bedarf deshalb keiner Entscheidung (offengelassen bereits von BAG 8. Juni 2016 - 7 AZR 568/14 - Rn. 23).

20

(a) Die nach § 2 Abs. 3 Satz 1 WissZeitVG maßgebliche regelmäßige Arbeitszeit bestimmt sich nach den zur Zeit des zu beurteilenden Arbeitsverhältnisses für Arbeitnehmer bzw. bei Anrechnung der Zeit eines Beamtenverhältnisses nach den für Beamte geltenden Regelungen zur Vollzeit (vgl. ErfK/Müller-Glöge 17. Aufl. § 2 WissZeitVG Rn. 14; APS/Schmidt 5. Aufl. WZVG § 2 Rn. 48). Da die Beschäftigung des Klägers in der Zeit vom 4. Juni bis zum 30. Juni 2008 im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses erfolgte, ist mangels anderweitiger Anhaltspunkte auf die bei der Beklagten im Juni 2008 für Angestellte des öffentlichen Dienstes anwendbaren Regelungen des TV-L abzustellen. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit für die Angestellten des öffentlichen Dienstes betrug nach den Regelungen des TV-L im Juni 2008 für das Bundesland Nordrhein-Westfalen 39 Stunden und 50 Minuten. Die mit dem Kläger in diesem Zeitraum vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit von zehn Stunden beläuft sich auf mehr als ein Viertel hiervon.

21

(b) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist im vorliegenden Fall für die Bestimmung der regelmäßigen Arbeitszeit nicht auf die für Beamte geltenden Regelungen abzuheben. Der Kläger stand nicht in einem Beamtenverhältnis. Die Zugrundelegung der regelmäßigen Arbeitszeit der Beamten käme allenfalls in Betracht, wenn für die Beschäftigtengruppe der studentischen Hilfskräfte eine Anwendung der entsprechenden beamtenrechtlichen Regelungen vorgegeben wäre. Das ist nicht zu erkennen und wird von der Beklagten auch nicht behauptet. Das Landesarbeitsgericht war mithin - anders als die Revision meint - auch nicht gehalten, eine anderweitige „betriebsübliche“ Arbeitszeit unter Einbeziehung der Arbeitszeit der Beamten zu ermitteln.

22

(2) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Zeit nach Abschluss des Studiums des Klägers auf die nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG zulässige Befristungsdauer anzurechnen ist. Einer Anrechnung dieser Zeit ab dem 4. Juni 2008 steht § 2 Abs. 3 Satz 3 WissZeitVG nicht entgegen.

23

(a) Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass der Kläger mit dem Erreichen des Diplomgrades am 3. Juni 2008 sein Studium abgeschlossen hat. Die Diplomprüfung stellt nach der einschlägigen Diplomprüfungsordnung der Beklagten den berufsqualifizierenden Abschluss des Diplomstudiums dar.

24

(b) Nach § 2 Abs. 3 Satz 3 WissZeitVG sind nur Zeiten eines befristeten Arbeitsverhältnisses, die vor dem Abschluss des Studiums liegen, nicht auf die nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG zulässige Befristungsdauer anzurechnen. Nach dem Wortlaut der Bestimmung können auch Beschäftigungszeiten, die im Rahmen eines während des Studiums begründeten befristeten Arbeitsverhältnisses als studentische Hilfskraft erbracht werden, ab dem Zeitpunkt des Studienabschlusses der Anrechnung auf die Höchstbefristungsdauer unterliegen. Dafür spricht auch die Entstehungsgeschichte der Nichtanrechnungsbestimmung in § 2 Abs. 3 Satz 3 WissZeitVG. Mit dem erst im Gesetzgebungsverfahren in § 2 Abs. 3 WissZeitVG integrierten Satz 3 wurde der Sondertatbestand des § 57e HRG idF des Fünften HRG-Änderungsgesetzes ersetzt. Diese Bestimmung sah die Nichtanrechnung von Zeiten der Beschäftigung als studentische Hilfskraft vor und begrenzte die Befristung entsprechender Arbeitsverhältnisse zugleich auf eine Dauer von vier Jahren. Nachdem der Begriff der studentischen Hilfskraft während des Gesetzgebungsverfahrens zum WissZeitVG dem einheitlichen Begriff des „wissenschaftlichen Personals“ in § 1 Abs. 1 WissZeitVG zugeordnet wurde(vgl. BT-Drs. 16/4043 S. 9) und die eigenständige Befristungshöchstgrenze für studentische Hilfskräfte entfiel, schuf der Gesetzgeber die Nichtanrechnungsvorschrift in Satz 3, um die Anrechnung von während des Studiums erbrachten Beschäftigungszeiten auf die Höchstbefristungsdauer in der Promotionsphase zu verhindern (vgl. Preis WissZeitVG 1. Aufl. [2008] § 2 Rn. 106; Krause in Geis Hochschulrecht in Bund und Ländern Stand September 2017 WissZeitVG § 2 Rn. 94). Während § 57e Satz 2 HRG aF noch vorsah, dass die Beschäftigung als studentische Hilfskraft nicht auf die zulässige Befristungsdauer anzurechnen ist, bleiben nach § 2 Abs. 3 Satz 3 WissZeitVG Zeiten eines Arbeitsverhältnisses vor Studienabschluss für die Anrechnung außer Betracht. Das macht andererseits deutlich, dass nach Studienabschluss liegende Zeiten eines Arbeitsverhältnisses als studentische Hilfskraft anzurechnen sein können.

25

(c) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist § 2 Abs. 3 Satz 3 WissZeitVG auch nicht dahin auszulegen, dass nach Studienabschluss liegende Beschäftigungszeiten, die im Rahmen eines vor Studienabschluss begründeten befristeten Arbeitsverhältnisses erbracht wurden, von der Anrechnung auf die Höchstbefristungsdauer des § 2 Abs. 1 WissZeitVG auszunehmen sind.

26

(aa) Einem solchen Verständnis steht der Wortlaut des § 2 Abs. 3 Satz 3 WissZeitVG entgegen. Danach sind „Zeiten eines befristeten Arbeitsverhältnisses“, die vor dem Studienabschluss liegen, nicht auf die Höchstbefristungsdauer anzurechnen. Die Regelung unterscheidet zwischen nicht anzurechnenden Zeiten vor und anzurechnenden Zeiten nach Studienabschluss im Rahmen eines (ggf. auch bereits begründeten) befristeten Arbeitsverhältnisses.

27

(bb) Eine Beschränkung der Anrechnung auf Beschäftigungszeiten in Arbeitsverhältnissen, die nach Studienabschluss begründet wurden, ist auch nach dem Sinn und Zweck der Regelung nicht geboten. Die Nichtanrechnung von Zeiten vor Studienabschluss trägt dem Umstand Rechnung, dass Zeiten während des Studiums regelmäßig nicht in gleicher Intensität für die wissenschaftliche Qualifikation genutzt werden können wie Zeiten nach dem Ende des Studiums (vgl. Krause in Geis Hochschulrecht in Bund und Ländern Stand September 2017 WissZeitVG § 2 Rn. 94; APS/Schmidt 4. Aufl. [2012] § 2 WZVG Rn. 41). Die Eignung von Beschäftigungszeiten für die wissenschaftliche Qualifikation ist aber vom Zeitpunkt der Begründung des Arbeitsverhältnisses unabhängig. Auch in einem bereits vor Studienabschluss begründeten Arbeitsverhältnis ist der Zeitraum nach erfolgreichem Studienabschluss der wissenschaftlichen Qualifizierung förderlicher als der davor liegende Zeitraum. Nach Studienabschluss kann unmittelbar mit der Promotion oder diese vorbereitenden Tätigkeiten wie etwa der Themenfindung begonnen werden.

28

(3) Die vom Kläger in der Zeit seiner Beschäftigung als studentische Hilfskraft (auch nach Studienabschluss) geschuldete Tätigkeit konnte zur wissenschaftlichen Qualifikation genutzt werden. Sie erfüllt damit die Anforderungen, die an den Tätigkeitsinhalt für die Anrechnung von Beschäftigungszeiten nach § 2 Abs. 3 WissZeitVG zu stellen sind.

29

(a) Nach dem Wortlaut von § 2 Abs. 3 WissZeitVG sind zwar Zeiten der in § 2 Abs. 3 Satz 1 WissZeitVG genannten befristeten Beschäftigungsverhältnisse unabhängig davon auf die Höchstbefristungsdauer anzurechnen, ob und in welchem Ausmaß sie wissenschaftlichen Zuschnitt haben oder nicht. Die Regelung erfasst nach ihrem Wortsinn alle Beschäftigungszeiten nach Studienabschluss mit mehr als einem Viertel der Arbeitszeit unabhängig von dem Gegenstand der Tätigkeit.

30

(b) Die Anwendung der Anrechnungsnorm in § 2 Abs. 3 WissZeitVG ist jedoch im Wege einer teleologischen Reduktion auf Zeiten solcher befristeter Beschäftigungsverhältnisse zu beschränken, die zur wissenschaftlichen Qualifikation genutzt werden können. Andere Beschäftigungen an Hochschulen wie etwa reine Verwaltungstätigkeiten unterliegen deshalb nicht der Anrechnung (vgl. APS/Schmidt 5. Aufl. WZVG § 2 Rn. 48; ErfK/Müller-Glöge 17. Aufl. § 2 WissZeitVG Rn. 13b; Krause in Geis Hochschulrecht in Bund und Ländern Stand September 2017 WissZeitVG § 2 Rn. 88; Preis/Ulber WissZeitVG 2. Aufl. § 2 Rn. 129; KR/Treber 11. Aufl. § 2 WissZeitVG Rn. 62).

31

(aa) Die teleologische Reduktion ist dadurch gekennzeichnet, dass sie die nach ihrem Wortlaut anzuwendende Vorschrift hinsichtlich eines Teils der von ihr erfassten Fälle für gleichwohl unanwendbar hält, weil Sinn und Zweck, Entstehungsgeschichte und Zusammenhang der einschlägigen Regelung gegen eine uneingeschränkte Anwendung sprechen (vgl. BAG 22. Oktober 2015 - 2 AZR 381/14 - Rn. 34, BAGE 153, 102; 19. Dezember 2013 - 6 AZR 190/12 - Rn. 33, BAGE 147, 60). Sie setzt voraus, dass der gesetzessprachlich erfasste, das heißt der gesetzlich in bestimmter Weise geregelte Fall nach Maßgabe des Gleichheitssatzes nach einer anderen Entscheidung verlangt als die übrigen geregelten Fälle, um Wertungswidersprüche zu vermeiden (vgl. BAG 21. Februar 2013 - 2 AZR 433/12 - Rn. 20; 14. Februar 2007 - 7 ABR 26/06 - Rn. 55, BAGE 121, 212).

32

(bb) Nur durch eine teleologische Reduktion wird die ihrem Wortlaut nach zu weitgehende Anrechnungsbestimmung des § 2 Abs. 3 WissZeitVG ihrem Sinn und Zweck gerecht. Dieser besteht darin, eine funktionswidrige Verwendung des Sonderbefristungsrechts des WissZeitVG im Interesse der Innovationsfähigkeit der Hochschulen und Forschungseinrichtungen sowie zum Schutz der betroffenen Arbeitnehmer vor einer durch das Ziel der wissenschaftlichen Qualifizierung nicht mehr getragenen Befristung zu vermeiden (BAG 23. März 2016 - 7 AZR 70/14 - Rn. 32, BAGE 154, 375). Die Anrechnungsregelung zielt einerseits darauf ab, die Qualifikationsphase zeitlich zu begrenzen, um das Ziel einer zügigen wissenschaftlichen bzw. künstlerischen Qualifizierung zu sichern (vgl. BT-Drs. 16/3438 S. 15). Andererseits sollen durch die Anrechnungsregelung nicht sonstige Beschäftigungen an der Hochschule oder Forschungseinrichtung erfasst werden, die nicht zur wissenschaftlichen Qualifikation genutzt werden können (vgl. Krause in Geis Hochschulrecht in Bund und Ländern Stand September 2017 WissZeitVG § 2 Rn. 88). Diesem Gesetzeszweck entspricht es auch, dass Arbeitsverhältnisse von bis zu einem Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit von der Anrechnung auf die Höchstbefristungsdauer ausgenommen wurden, weil diese realistischerweise nicht zur wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifizierung genutzt werden können (BT-Drs. 14/6853 S. 30). Derartige Tätigkeiten können daher nicht die Möglichkeit des Arbeitnehmers beschränken, die jeweilige Qualifikationsphase in vollem Umfang auszunutzen.

33

(c) Danach hat das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt, dass die Tätigkeit des Klägers als studentische Hilfskraft der Anrechnung der Zeit vom 4. Juni bis zum 30. Juni 2008 auf die Höchstbefristungsdauer nach § 2 Abs. 3 WissZeitVG nicht entgegensteht, weil er seine vertraglich geschuldete Tätigkeit zur wissenschaftlichen Qualifikation nutzen konnte.

34

(aa) Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, der Kläger habe bereits im Rahmen seiner Beschäftigung als studentische Hilfskraft mit dem System OPEDo gearbeitet, das Gegenstand seines Promotionsvorhabens und seiner späteren Tätigkeit als wissenschaftliche Hilfskraft gewesen sei. Das ergebe sich auch aus dem E-Mail-Verkehr zwischen ihm und Mitarbeitern der Beklagten aus Mai 2008. Bei dem OPEDo-Tool handele es sich um eine am Lehrstuhl entwickelte Software. Es sei notwendig gewesen, sich in die Software und seine Architektur zunächst einzuarbeiten, um diese später zu bearbeiten oder zu erweitern. Gegen diese für den Senat nach § 559 Abs. 2 ZPO bindenden Feststellungen hat die Beklagte keinen begründeten Revisionsangriff erhoben. Soweit sie ausführt, das Landesarbeitsgericht habe den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt, liegt darin keine zulässige Verfahrensrüge iSv. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO.

35

(bb) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte sei dem Vortrag des Klägers, er habe bereits im Rahmen seiner Beschäftigung als studentische Hilfskraft mit dem System OPEDo gearbeitet, nicht hinreichend entgegengetreten. Damit hat das Landesarbeitsgericht die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast nicht verkannt. Entgegen der Auffassung der Beklagten oblag es nicht dem Kläger, die Voraussetzungen für eine Anrechnung der Zeit vom 4. Juni bis zum 30. Juni 2008 auf die Höchstbefristungsdauer nach § 2 Abs. 3 WissZeitVG darzulegen und zu beweisen. Für die Voraussetzungen der Wirksamkeit einer Befristungsvereinbarung ist vielmehr der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig (vgl. BAG 8. Juni 2016 - 7 AZR 568/14 - Rn. 42). Zu diesen Voraussetzungen zählt auch die Einhaltung der Höchstbefristungsdauer nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG und damit die Frage, ob eine frühere Beschäftigung zur wissenschaftlichen Qualifizierung genutzt werden konnte und daher auf diese anzurechnen ist. Diesen Anforderungen genügt das pauschale Vorbringen der Beklagten, der Kläger habe lediglich Messungen vorgenommen, die Daten für Vorlesungen liefern sollten, nicht, weil sie auf den konkreten Vortrag des Klägers zu seinen tatsächlichen Tätigkeiten nicht ausreichend eingeht.

36

(cc) Es lässt keine Rechtsfehler erkennen, dass das Landesarbeitsgericht auf der Grundlage dieser Feststellungen zu der Würdigung gelangt ist, die Tätigkeit des Klägers in der Zeit vom 4. Juni 2008 bis zum 30. Juni 2008 habe zu seiner wissenschaftlichen Qualifizierung genutzt werden können. Dafür spricht bereits, dass das System OPEDo dem Promotionsvorhaben des Klägers und seiner späteren Tätigkeit zu Grunde lag. Die notwendige Einarbeitung in diese Software war somit der wissenschaftlichen Qualifizierung des Klägers dienlich. Der Kläger war nicht lediglich mit Verwaltungstätigkeiten befasst. Zudem konnte die Beklagte eine wissenschaftliche Qualifizierung des Klägers in der Zeit bis zum 30. Juni 2008 bereits aufgrund des Arbeitsvertrags von ihm erwarten. In dem beiderseits unterzeichneten Weiterbeschäftigungsantrag vom 14. April 2008 gehen beide Parteien davon aus, dass die Tätigkeiten des Klägers „der Weiterbildung als wissenschaftlicher Nachwuchs dienen“ und die vom Kläger zu verrichtenden Tätigkeiten eine „wissenschaftliche Dienstleistung“ darstellen. Dieser Weiterbeschäftigungsantrag ist in § 1 Abs. 1 des der Beschäftigung des Klägers als studentische Hilfskraft vom 1. Mai 2008 bis zum 30. Juni 2008 zu Grunde liegenden Arbeitsvertrags in Bezug genommen worden. Nach den vom Kläger arbeitsvertraglich zu erwartenden Aufgaben bestand mithin die Möglichkeit zur wissenschaftlichen Qualifizierung.

37

3. Die Befristung im Arbeitsvertrag vom 23. November 2012 kann nicht mit Erfolg auf § 14 TzBfG gestützt werden. Bei Abschluss dieses Vertrags war die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG für die sachgrundlose Befristung festgelegte zweijährige Höchstbefristungsdauer überschritten. Aufgrund des Vortrags der Beklagten ist auch nicht ersichtlich, dass die Befristung durch einen Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG gerechtfertigt sein könnte.

38

II. Der Weiterbeschäftigungsantrag fällt nicht zur Entscheidung an. Dieser Antrag ist auf vorläufige Weiterbeschäftigung „bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens“ gestellt. Die Entscheidung des Senats über die Befristungskontrollklage wird mit der Verkündung rechtskräftig.

39

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Kiel    

        

    Zimmermann    

        

    Waskow     

        

        

        

    Willms    

        

    Auhuber     

                 

(1) Urteile der Arbeitsgerichte, gegen die Einspruch oder Berufung zulässig ist, sind vorläufig vollstreckbar. Macht der Beklagte glaubhaft, daß die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, so hat das Arbeitsgericht auf seinen Antrag die vorläufige Vollstreckbarkeit im Urteil auszuschließen. In den Fällen des § 707 Abs. 1 und des § 719 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung kann die Zwangsvollstreckung nur unter derselben Voraussetzung eingestellt werden. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach Satz 3 erfolgt ohne Sicherheitsleistung. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss.

(2) Im übrigen finden auf die Zwangsvollstreckung einschließlich des Arrests und der einstweiligen Verfügung die Vorschriften des Achten Buchs der Zivilprozeßordnung Anwendung. Die Entscheidung über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung kann in dringenden Fällen, auch dann, wenn der Antrag zurückzuweisen ist, ohne mündliche Verhandlung ergehen. Eine in das Schutzschriftenregister nach § 945a Absatz 1 der Zivilprozessordnung eingestellte Schutzschrift gilt auch als bei allen Arbeitsgerichten der Länder eingereicht.

(1) Das Prozessgericht kann auf Antrag anordnen, dass bis zum Erlass des Urteils über die in den §§ 767, 768 bezeichneten Einwendungen die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung eingestellt oder nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werde und dass Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufzuheben seien. Es setzt eine Sicherheitsleistung für die Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht fest, wenn der Schuldner zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist und die Rechtsverfolgung durch ihn hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Die tatsächlichen Behauptungen, die den Antrag begründen, sind glaubhaft zu machen.

(2) In dringenden Fällen kann das Vollstreckungsgericht eine solche Anordnung erlassen, unter Bestimmung einer Frist, innerhalb der die Entscheidung des Prozessgerichts beizubringen sei. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist wird die Zwangsvollstreckung fortgesetzt.

(3) Die Entscheidung über diese Anträge ergeht durch Beschluss.

(4) Im Fall der Anhängigkeit einer auf Herabsetzung gerichteten Abänderungsklage gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend.

(1) Urteile der Arbeitsgerichte, gegen die Einspruch oder Berufung zulässig ist, sind vorläufig vollstreckbar. Macht der Beklagte glaubhaft, daß die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, so hat das Arbeitsgericht auf seinen Antrag die vorläufige Vollstreckbarkeit im Urteil auszuschließen. In den Fällen des § 707 Abs. 1 und des § 719 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung kann die Zwangsvollstreckung nur unter derselben Voraussetzung eingestellt werden. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach Satz 3 erfolgt ohne Sicherheitsleistung. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss.

(2) Im übrigen finden auf die Zwangsvollstreckung einschließlich des Arrests und der einstweiligen Verfügung die Vorschriften des Achten Buchs der Zivilprozeßordnung Anwendung. Die Entscheidung über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung kann in dringenden Fällen, auch dann, wenn der Antrag zurückzuweisen ist, ohne mündliche Verhandlung ergehen. Eine in das Schutzschriftenregister nach § 945a Absatz 1 der Zivilprozessordnung eingestellte Schutzschrift gilt auch als bei allen Arbeitsgerichten der Länder eingereicht.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.

(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.

(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.

(1) Das Prozessgericht kann auf Antrag anordnen, dass bis zum Erlass des Urteils über die in den §§ 767, 768 bezeichneten Einwendungen die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung eingestellt oder nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werde und dass Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufzuheben seien. Es setzt eine Sicherheitsleistung für die Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht fest, wenn der Schuldner zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist und die Rechtsverfolgung durch ihn hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Die tatsächlichen Behauptungen, die den Antrag begründen, sind glaubhaft zu machen.

(2) In dringenden Fällen kann das Vollstreckungsgericht eine solche Anordnung erlassen, unter Bestimmung einer Frist, innerhalb der die Entscheidung des Prozessgerichts beizubringen sei. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist wird die Zwangsvollstreckung fortgesetzt.

(3) Die Entscheidung über diese Anträge ergeht durch Beschluss.

(4) Im Fall der Anhängigkeit einer auf Herabsetzung gerichteten Abänderungsklage gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend.

(1) Urteile der Arbeitsgerichte, gegen die Einspruch oder Berufung zulässig ist, sind vorläufig vollstreckbar. Macht der Beklagte glaubhaft, daß die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, so hat das Arbeitsgericht auf seinen Antrag die vorläufige Vollstreckbarkeit im Urteil auszuschließen. In den Fällen des § 707 Abs. 1 und des § 719 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung kann die Zwangsvollstreckung nur unter derselben Voraussetzung eingestellt werden. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach Satz 3 erfolgt ohne Sicherheitsleistung. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss.

(2) Im übrigen finden auf die Zwangsvollstreckung einschließlich des Arrests und der einstweiligen Verfügung die Vorschriften des Achten Buchs der Zivilprozeßordnung Anwendung. Die Entscheidung über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung kann in dringenden Fällen, auch dann, wenn der Antrag zurückzuweisen ist, ohne mündliche Verhandlung ergehen. Eine in das Schutzschriftenregister nach § 945a Absatz 1 der Zivilprozessordnung eingestellte Schutzschrift gilt auch als bei allen Arbeitsgerichten der Länder eingereicht.

(1) Das Prozessgericht kann auf Antrag anordnen, dass bis zum Erlass des Urteils über die in den §§ 767, 768 bezeichneten Einwendungen die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung eingestellt oder nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werde und dass Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufzuheben seien. Es setzt eine Sicherheitsleistung für die Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht fest, wenn der Schuldner zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist und die Rechtsverfolgung durch ihn hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Die tatsächlichen Behauptungen, die den Antrag begründen, sind glaubhaft zu machen.

(2) In dringenden Fällen kann das Vollstreckungsgericht eine solche Anordnung erlassen, unter Bestimmung einer Frist, innerhalb der die Entscheidung des Prozessgerichts beizubringen sei. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist wird die Zwangsvollstreckung fortgesetzt.

(3) Die Entscheidung über diese Anträge ergeht durch Beschluss.

(4) Im Fall der Anhängigkeit einer auf Herabsetzung gerichteten Abänderungsklage gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend.

(1) Urteile der Arbeitsgerichte, gegen die Einspruch oder Berufung zulässig ist, sind vorläufig vollstreckbar. Macht der Beklagte glaubhaft, daß die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, so hat das Arbeitsgericht auf seinen Antrag die vorläufige Vollstreckbarkeit im Urteil auszuschließen. In den Fällen des § 707 Abs. 1 und des § 719 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung kann die Zwangsvollstreckung nur unter derselben Voraussetzung eingestellt werden. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach Satz 3 erfolgt ohne Sicherheitsleistung. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss.

(2) Im übrigen finden auf die Zwangsvollstreckung einschließlich des Arrests und der einstweiligen Verfügung die Vorschriften des Achten Buchs der Zivilprozeßordnung Anwendung. Die Entscheidung über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung kann in dringenden Fällen, auch dann, wenn der Antrag zurückzuweisen ist, ohne mündliche Verhandlung ergehen. Eine in das Schutzschriftenregister nach § 945a Absatz 1 der Zivilprozessordnung eingestellte Schutzschrift gilt auch als bei allen Arbeitsgerichten der Länder eingereicht.