Landesarbeitsgericht Hamburg Urteil, 13. Juli 2017 - 7 Sa 37/17

bei uns veröffentlicht am13.07.2017

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 15. März 2017 (28 Ca 351/16) wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Frage, ob die Beklagte berechtigt war, die Tariferhöhung in Höhe von 1,5 % zum 01. Oktober 2016 auf das Gehalt der klagenden Partei anzurechnen.

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Die klagende Partei ist bei der Beklagten und ihren Rechtsvorgängern seit dem 1. Oktober 1989 beschäftigt.

3

Die Beklagte ist die Gemeinsame Klassenlotterie der Länder. Ursprünglich gab es die S. (S.) und die N. (N.). Die Durchführung der N. wurde von den Trägerländern einem Bankenkonsortium bestehend aus den Landesbanken der Länder übertragen. Konsortialführerin war die Bank 1 bzw. Bank 2. Zu diesem Zwecke wurde durch das Bankenkonsortium eine BGB-Gesellschaft gegründet, welche auch den vorliegenden Arbeitsvertrag mit der klagenden Partei schloss. Im Jahr 2000 wurde die N. als ein gemeinsamer Eigenbetrieb öffentlichen Rechts der Länder ins Handelsregister eingetragen.

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Am 01. April 2009 errichteten die Länder mit dem Staatsvertrag die länderübergreifende Anstalt des öffentlichen Rechts. Diese war Gesamtrechtsnachfolgerin des Eigenbetriebs und des Bankenkonsortiums. Hierbei wurden die Arbeitsverträge durch dreiseitige Überleitungsvereinbarungen von dem Bankenkonsortium übergeleitet. Alle Mitarbeiter wurden über den Betriebsübergang unterrichtet. Dabei wurde ihnen mitgeteilt, dass die Bankentarifverträge zunächst statisch weitergelten sollten, soweit sich aus den Arbeitsverträgen nichts anderes ergab.

5

Mit Staatsvertrag vom 15. Dezember 2011 wurde die Beklagte mit Wirkung zum 1. Juli 2012 gegründet. Die Beklagte ist Gesamtrechtsnachfolgerin der N. und S. geworden.

6

Die hinsichtlich der Anwendung der Tarifverträge vereinbarte arbeitsvertragliche Regelung hat folgenden Wortlaut (Anl. K 1, Bl. 6 d.A.):

7

„Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach dem Tarifvertrag für das private Bankengewerbe und die öffentlichen Banken sowie der Dienstordnung in ihrer jeweiligen Fassung.“

8

Die N. wandte aufgrund obiger Verweisungsklausel die Bankentarifverträge an. Dazu gehörte der Manteltarifvertrag und der Gehaltstarifvertrag. Zum Zeitpunkt des Arbeitsvertragsschlusses war sie nicht tarifgebunden.

9

Der Manteltarifvertrag enthält Regelungen zur Eingruppierung der Mitarbeiter in die Tarifgruppen 1-9. Bei der Bank 1 gab es zudem seit jeher ein hausinternes Vergütungssystem, in dem es neben den Tarifgruppen des Bankentarifvertrages noch 4 übertarifliche Stufen (ÜT) und außertarifliche Stufen (AT) gab. Diese übertariflichen Stufen trugen die Bezifferungen „21, 31, 41 und 51“ (vgl. Anl. B 2, Bl. 38 d.A.), waren aber nicht Teil des Tarifvertrages für das private Bankengewerbe und die öffentlichen Banken. Die Vergütung in übertariflichen Stufen wurde und wird als einheitlicher Betrag angegeben. Sie wurde nicht in einen tariflichen und übertariflichen Teil aufgespalten. In den Entgeltabrechnungen werden als zusätzliche Vergütungsbestandteile andere Zulagen - wie z.B. die Kinderzulage - ausgewiesen.

10

In dem Arbeitsvertrag wurde der klagenden Partei mitgeteilt, dass sie ein Bruttogehalt nach der Tarifgruppe 7 im 8. Berufsjahr erhalte. Mit Schreiben vom 30. Dezember 1996 wurde der klagenden Partei mitgeteilt, dass ihr Gehalt mit Wirkung vom 1. Januar 1997 angehoben werde. Es betrage jetzt in der Tarifgruppe 7 der übertariflichen Stufe 21 DM 5.431 monatlich (Anl. B 3, Bl. 40 d.A.). Inzwischen ist die klagende Partei in die Tarifgruppe 7/11 mit einem Bruttomonatsgehalt von € 4.056,00 sowie in die übertarifliche Stufe „ÜT – 7/51“ mit einem Gehalt von € 4.464,00 brutto eingruppiert. Nach übereinstimmenden Angaben der Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 13. Juli 2017 sind die meisten Mitarbeiter einer übertariflichen Stufe zugeordnet. Einige erhalten lediglich ein Tarifentgelt, einige wenige ein außertarifliches Gehalt.

11

Streitig ist, ob das Bankenkonsortium als BGB-Gesellschaft unter der Firma „N.“ seit dem 25. Oktober 1997 Mitglied im Bundesverband Öffentlicher Banken und Mitglied der Tarifgemeinschaft Öffentlicher Banken war. Zum 31. März 2009 trat die „N.“ aus der Tarifgemeinschaft Öffentlicher Banken aus.

12

Vor und nach dem Tarifaustritt wurden die Bankentarifverträge dynamisch für alle Mitarbeiter angewandt, die vor dem 01. April 2009 eingetreten waren und dies im Hinblick auf das gesamte Gehalt.

13

Neben dem Arbeitsvertrag der klagenden Partei verwiesen auch die Arbeitsverträge der weiteren Mitarbeiter auf den bzw. die Bankentarifverträge. Die Verweisungsklauseln waren jedoch unterschiedlich formuliert, teilweise dynamisch, teilweise statisch. Teilweise war es – zumindest aus Sicht der Beklagten – unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes und des Datums des Vertragsschlusses unklar, inwiefern die Verweisung nach dem Betriebsübergang ab dem 01. April 2009 dynamisch oder statisch zu verstehen war. Mit der dreiseitigen Überleitungsvereinbarung zum 01. April 2009 wurde die klagende Partei wie die übrigen Beschäftigten darauf hingewiesen, dass sich die Frage der dynamischen oder statischen Anwendung der in Bezug genommenen Tarifverträge nach der arbeitsvertraglich vereinbarten Tarifverweisungsklausel und der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Auslegung von arbeitsvertraglichen Tarifverweisungsklauseln in Fällen des Betriebsübergangs auf einen nicht tarifgebundenen Arbeitgeber nach § 613a BGB richte.

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Aufgrund der Problematik, dass die in Bezug genommenen Tarifverträge dynamisch oder statisch fortgalten und einer etwaigen daraus resultierenden Ungleichbehandlung beschloss der Aufsichtsrat der neu gegründeten Anstalt des öffentlichen Rechts N., für alle Mitarbeiter, die vor dem 01. April 2009 für die N. tätig waren, eine dynamische Besitzstandswahrung der Bankentarifverträge.

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Vor diesem Hintergrund sandte am 10. Juli 2009 der Vorstandsvorsitzende Herr S. eine E-Mail an alle Beschäftigten (Anl. K 2, Bl. 9 d.A.). Jene hatte folgenden Wortlaut:

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„Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,

17

wie Sie wissen, war im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang der N. vom Eigenbetrieb auf die Anstalt öffentlichen Rechts über die wichtige Frage der statischen oder dynamischen Anwendung des Bankentarifvertrages auf die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter, bei denen sich eine dynamische Anwendung nicht aufgrund der Rechtslage „automatisch“ ergab, zu entscheiden.

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Auf seiner 1. Sitzung am 1. April 2009 ist unser Aufsichtsrat unserem Vorschlag gefolgt und hat der dynamischen Besitzstandswahrung für alle Mitarbeiter zugestimmt. Der Beschluss des Gremiums lautet konkret: “Der Aufsichtsrat stimmt einer Anwendung den dynamischen Besitzstandswahrung für alle Mitarbeiter der N. zu, die vor dem 1. April 2009 für die N. tätig waren.“ Dies bedeutet, dass zukünftige Änderungen im Bankentarifvertrag wie z.B. Lohnerhöhungen, neue Regelungen zum Urlaub oder zur Arbeitszeit auch weiterhin für sie alle gelten (…).

19

Vom neu konstituierten Personalrat der N. bin ich nun gebeten worden, alle Mitarbeiter der N. noch einmal in Textform über den Beschluss zu informieren. Dieser Bitte komme ich mit dieser E-Mail gern nach.“

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In den folgenden Jahren wurde die Bruttovergütung der klagenden Partei stets zu dem Zeitpunkt und in der Höhe gesteigert, wie die Vergütung nach dem Bankentarifvertrag angehoben wurde. Ein Vorbehalt oder ähnliches wurde im Zusammenhang mit der Steigerung der Vergütung entsprechend der Steigerung nach dem Bankentarifvertrag nicht vorgenommen. Vielmehr wurde sowohl das Tarifgehalt als auch der übertarifliche Anteil der Vergütung entsprechend der Tarifentwicklung des Bankentarifvertrages erhöht. Dabei wurde die Vergütung als einheitlicher Betrag ausgewiesen („Vergütung nach der Tarifgruppe ... in der übertariflichen Stufe ... in Höhe von ...“).

21

Mit Schreiben vom 17. Juli 2014 unterrichtete die Beklagte die klagende Partei, dass sich das Tarifgehalt ab Juli 2014 um 2,4 % erhöhe. Sie wies darauf hin, dass auf eine Erhöhung des über- bzw. außertariflichen Teils des Gehalts kein Anspruch bestehe (Anl. B 6, Bl. 50 d.A.).

22

Mit Schreiben vom 07. September 2016 teilte die Beklagte mit, dass die Tarifsteigerung im Bankenbereich ab dem 01. Oktober 2016 von 1,5 % nicht weitergegeben werde, sich das Gehalt daher nicht ändere. Vielmehr werde die Tariferhöhung vollständig auf den übertariflichen Anteil der übertariflichen Gehälter angerechnet (Anl. B 7, Bl. 51 d.A.).

23

Eine nachfolgende Aufforderung durch die klagende Partei, entgegen des Schreibens vom 07. September 2016 dennoch eine Steigerung vorzunehmen, wurde durch die Beklagte abgelehnt.

24

Die klagende Partei erhält neben den monatlichen Bezügen im Monat November ein weiteres Gehalt, auf welches sich eine erstrebte Steigerung ebenfalls auswirken würde.

25

Die klagende Partei hat vorgetragen, dass sich der Zahlungsanspruch bereits aus der E-Mail vom 10. Juli 2009 ergebe, weil diese eine bindende Gesamtzusage darstelle. Die sogenannte tarifliche Vergütung, welche rechtlich mangels Tarifbindung keine tarifliche Vergütung dargestellt habe, und die sogenannten übertariflichen Stufen sowie die Gehälter der leitenden Mitarbeiter hätten in der internen Sprachregelung den sogenannten Haustarif gebildet. Mangels Tarifbindung habe es sich um eine vertragliche Vergütung gehandelt. Bei den Parteien sei hausintern immer von einer einheitlichen Vergütung ausgegangen worden. So zeige sich auch anhand der Vergütungsmitteilungen, dass eine Differenzierung der einzelnen Gehaltsbestandteile nur hinsichtlich besonderer Zulagen erfolgt sei, während die übertarifliche Zulage eben nicht gesondert benannt, sondern als fester Gehaltsbestandteil bewertet worden sei. Vor diesem Hintergrund sei die Mail vom 10. Juli 2009 dahingehend auszulegen, dass sich die dynamische Besitzstandswahrung auf die Fortführung der bisherigen Praxis bezogen habe, den Haustarif weiterhin entsprechend der Tarifentwicklung des Bankentarifvertrages zu steigern. Dies korrespondiere mit der Aussage des Vorstandes der Beklagten Herrn S., welcher unter anderem auf einer Betriebsversammlung gesagt habe, dass „alles bleibe wie bisher“. Daneben bestehe der Anspruch auch aufgrund einer betrieblichen Übung, weil die Beklagte seit 2008 eine Tariflohnerhöhung auf sämtliche Gehaltsbestandteile bezogen habe, was inhaltlich unstreitig ist.

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Die klagende Partei hat beantragt,

27

die Beklagte zu verurteilen, an die klagende Partei einen Betrag in Höhe von € 401,76 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.10.2016 auf € 66,96 brutto, seit dem 1.11.2016 auf € 133,92 brutto, seit dem 1.12.2016 auf € 66,96 brutto, seit dem 1.1.2017 auf € 66,96 brutto und seit dem 1. Februar 2017 auf € 66,96 zu zahlen.

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Die Beklagte hat beantragt,

29

die Klage abzuweisen.

30

Sie hat vorgetragen, die E-Mail vom 10. Juli 2009 sei nicht als Gesamtzusage im Hinblick auf sämtliche Gehaltsbestandteile zu bewerten, sondern bedeute lediglich eine Klarstellung hinsichtlich der Dynamik der Verweisung auf die Bankentarifverträge. Auch hinsichtlich der bestrittenen Aussage von Herrn S., wonach „alles bleibe wie bisher“ übersehe die klagende Partei, dass eine solche Aussage sogar inhaltlich zutreffend gewesen wäre. Denn auch zuvor habe kein Anspruch auf eine dynamische Entwicklung auch der übertariflichen Stufen bestanden. Ein Anspruch aus betrieblicher Übung scheide aus.

31

Mit Urteil vom 15. Februar 2017 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, die klagende Partei habe keinen Anspruch auf die geforderte Summe. Die E-Mail vom 10. Juli 2009 könne als Gesamtzusage bewertet werden, aber nicht mit dem Inhalt, den die klagende Partei begehre. Es sei lediglich die offene Frage der statischen oder dynamischen Geltung der Bankentarifverträge geklärt und die dynamische Weitergeltung zugesagt worden, dies aber nur bezogen auf die tariflichen Gehaltsbestandteile, nicht auf die übertariflichen. Ein Anspruch folge auch nicht aus betrieblicher Übung. Allein aus der Steigerung des Gesamtgehalts gemäß der tariflichen Steigerung habe die klagende Partei nicht auf einen entsprechenden Verpflichtungswillen der Beklagten schließen dürfen. Die Anrechnung der Tariflohnerhöhung auf das übertarifliche Entgelt sei zulässig gewesen. Das übertarifliche Entgelt sei nicht als selbständiges Entgelt neben dem Tarifentgelt zugesagt worden. Anhaltspunkte dafür seien nicht vorhanden. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf das vorgenannte Urteil Bezug genommen (Bl. 84 ff d.A.).

32

Das Urteil ist der klagenden Partei am 20. Februar 2017 zugestellt worden. Hiergegen hat sie am 16. März 2017 Berufung eingelegt. Die Berufung ist mit Schriftsatz vom 19. Mai 2017, am selben Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangen, begründet worden nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 19. Mai 2017.

33

Die klagende Partei trägt vor, das Arbeitsgericht habe die Klage zu Unrecht abgewiesen. Das Vergütungssystem der Bank 1 (später Bank 2), sog „Haustarif“, sei übernommen worden. Hiernach seien die Mitarbeiter, was unstreitig ist, ausnahmslos und durchgängig vergütet worden. Das gehe auch aus einer Power-Point-Präsentation der Beklagten hervor (Anl. K D, Bl. 164 d.A.). Die Zuordnung zu einer bestimmten Stufe der übertariflichen Gruppen erfolge unter Berücksichtigung von Leistung, Aufgabe oder Position des Mitarbeiters. Die Gehaltstabellen des „Haustarifs“ machten deutlich, dass nicht ein Tarifgehalt und ein bestimmter zusätzlicher Betrag als (übertarifliche) Zulage gezahlt würden bzw. worden seien. Vielmehr weise die Gehaltstabelle jeweils ein Gesamtgehalt aus. Auch im Arbeitsvertrag der klagenden Partei bzw. in den Nachträgen sei ein einheitlicher Betrag ausgewiesen worden (z.B: Vergütung nach der Tarifgruppe ... in der übertariflichen Stufe ... in Höhe von ...). Neben diesen Gehältern seien zusätzlich Zulagen gezahlt worden, die frei ausgehandelt worden seien. Die Bezugnahme auf die Tarifverträge im Arbeitsvertrag beziehe sich auf die weiteren Regelungen der Tarifverträge, hinsichtlich der Vergütung sei stets und ausnahmslos das dargelegte Vergütungssystem „Haustarif“ maßgeblich gewesen. Das folge etwa auch aus einer Umgruppierungsmitteilung an den Personalrat (Anl. K E, Bl. 165 d.A.). Ebenso bemesse sich die Altersversorgung anhand der Gesamtvergütung gemäß „Haustarif“ (Anl. K G, Bl. 188 d.A.), und die Erhöhung des Gesamtbetrags der Ruhegeldansprüche richte sich nach den Tarifabschlüssen. Schließlich sei auf ein Schreiben von Herrn. Dr. K. vom 2.12.2014 zu verweisen (Anl. K H, Bl. 190 f. d.A.). Zu unterstreichen sei, dass stets die Gesamtvergütung nach den tariflichen Steigerungen angehoben worden sei, nicht nur das „Tarifgehalt“. Aus all dem folge, dass der geltend gemachte Anspruch auf betrieblicher Übung beruhe. Es sei ein einheitliches Vergütungssystem geschaffen worden, welches für eine bestimmte Tätigkeit eine bestimmte Vergütung regele. Es werde lediglich ein (Gesamt-)Gehalt genannt und zwar sowohl in den Arbeitsverträgen, im Vergütungssystem und auch in den Mitteilungen gegenüber dem Personalrat. Diese Systematik werde auch auf andere Leistungen, wie die betriebliche Altersversorgung, übertragen. Daher hätten die Arbeitnehmer davon ausgehen dürfen und müssen, dass eine Gesamtvergütung und nicht eine tarifliche Vergütung sowie eine übertarifliche Zulage gezahlt werde, zumal Zulagen zusätzlich gezahlt worden seien. Die Arbeitnehmer hätten auch deshalb von einer einheitlichen Vergütung ausgehen dürfen, weil sowohl im internen Sprachgebrauch als auch in internen Dokumenten diese Gesamtvergütung gemäß der Gehaltstabellen als „Haustarif“ bezeichnet worden sei. Es sei daher nicht erkennbar gewesen, dass „lediglich“ die Vergütung nach dem Bankentarifvertrag und zusätzlich eine übertarifliche Zulage habe gezahlt werden sollen. Zur Steigerung der Tarifgehälter sei die Beklagte aufgrund der arbeitsvertraglichen Verweisungen verpflichtet. Wenn sie nun die Gesamtvergütung über Jahrzehnte vorbehaltlos der tariflichen Entwicklung anpasse, hätten die Arbeitnehmer dieses Verhalten nur dahingehend verstehen können, dass auch zukünftig die Gesamtvergütung entsprechend der Tarifentwicklung gesteigert werde. Das gelte auch deshalb, weil die Gehaltstabellen als „Haustarif“ bezeichnet worden seien und damit arbeitgeberseitig deutlich zum Ausdruck gebracht worden sei, dass es sich um die Vergütung handele, die der Tarifentwicklung angepasst werde. Das Arbeitsgericht habe auch übersehen, dass die Gehaltstabellen als Gesamtzusage zu qualifizieren seien. Das habe zur Folge, dass die Arbeitnehmer einen individualrechtlichen Anspruch auf die Vergütung zumindest jeweils entsprechend der aktuellen Gehaltstabelle besäßen. Daher hätte die Beklagte allenfalls die Steigerung des „Stufenbetrages“ unterlassen dürfen, hätte jedoch den bisher zugesagten „Stufenbetrag“ in unveränderter Höhe ohne Anrechnung weiter gewähren müssen. Schließlich folge der geltend gemachte Anspruch aus der Gesamtzusage vom 10. Juli 2009.

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Die klagende Partei beantragt,

35

unter Aufhebung des Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 15. Februar 2017 (28 Ca 351/16) die Beklagte zu verurteilen, an die klagende Partei einen Betrag in Höhe von € 401,76 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.10.2016 auf € 66,96 brutto, seit dem 1.11.2016 auf € 133,92 brutto, seit dem 1.12.2016 auf € 66,96 brutto, seit dem 1.1.2017 auf € 66,96 brutto und seit dem 1. Februar 2017 auf € 66,96 zu zahlen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

38

Die Beklagte verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts und trägt vor, es sei stets genau zwischen Bankentarifvertrag und Haustarif unterschieden worden. Das zeigten auch die von der klagenden Partei vorgelegten Unterlagen. Das Arbeitsgericht habe die Ansprüche zu Recht abgewiesen. Zunächst unterliege die Entscheidung, die Gehälter nicht mehr entsprechend der Tarifentwicklung zu erhöhen, nicht der Mitbestimmung des Personalrats. Entlohnungsgrundsätze seien nicht geändert worden, sondern es liege eine mitbestimmungsfreie Anrechnung von Tariflohnerhöhungen auf übertarifliche Entgeltbestandteile vor, da die Anrechnung vollständig und gleichmäßig erfolgt sei. Die klagende Partei habe auch keinen Anspruch aus betrieblicher Übung. Allein aus den Erhöhungen der Vergangenheit folge keine solche, da sich der Arbeitgeber regelmäßig die Entscheidungsfreiheit über die künftige über- und außertarifliche Vergütungsentwicklung habe vorbehalten wollen. Anhaltspunkte dahingehend, dass sich die Beklagte habe verpflichten wollen, zukünftig die Vergütung entsprechend der Tarifentwicklung zu erhöhen, seien nicht gegeben. Die E-Mail vom 10. Juli 2009 stelle keine Gesamtzusage dar, was das Arbeitsgericht ausführlich begründet habe. Schließlich sei die Beklagte auch berechtigt gewesen, die Tariflohnerhöhung auf die übertariflichen Vergütungsbestandteile anzurechnen. Es werde auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts sowie die erstinstanzlichen Ausführungen der Beklagten verwiesen. Insbesondere sei die Ausweisung der Vergütung als einheitlicher Betrag regelmäßig ein deutliches Anzeichen dafür, dass kein anrechnungsfester, übertariflicher Gehaltsbestandteil vereinbart worden sei.

39

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie den gesamten Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

40

Die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Arbeitsgerichts ist zulässig, aber nicht begründet, denn die Klage ist nicht begründet.

1.

41

Die Berufung der klagenden Partei ist gemäß § 64 Abs. 1, 2 a ArbGG statthaft. Sie wurde im Sinne der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6, ArbGG, 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet.

2.

42

Das Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die Berufung war daher zurückzuweisen.

43

Die klagende Partei hat keinen Anspruch auf die geltend gemachten Entgeltbeträge. Das hat das Arbeitsgericht zu Recht festgestellt. In Ergänzung zu den Ausführungen des Arbeitsgerichts, auf die ausdrücklich Bezug genommen wird, gilt vor dem Hintergrund des Vortrags der Parteien in der Berufungsinstanz Folgendes:

44

Der klagenden Partei stehen monatlich nicht weitere € 66,96 brutto ab Oktober 2016 zu. Die Beklagte hat die der klagenden Partei zustehenden Entgeltansprüche insgesamt erfüllt (§ 362 Abs. 1 BGB). Sie war nämlich jeweils zur Verrechnung des übertariflichen Entgeltbestandteils mit der Erhöhung des tariflichen Gehaltsanteils berechtigt.

a)

45

Das monatliche Entgelt der klagenden Partei setzt sich zusammen aus einem tariflichen Anteil und einem übertariflichen Anteil.

46

Arbeitsvertraglich haben die Parteien eine dynamische Inbezugnahme des maßgeblichen Tarifvertrags vereinbart. Das Arbeitsverhältnis richtet sich insoweit u.a. nach dem Tarifvertrag für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken in der jeweiligen Fassung. Darüber hinaus war bestimmt, dass die klagende Partei für ihre Tätigkeit ein Bruttogehalt nach der Tarifgruppe 7 im 8. Berufsjahr in Höhe von DM 3.440,00 erhält. Ein übertarifliches Entgelt wurde arbeitsvertraglich nicht vereinbart. Tatsächlich bezog die klagende Partei aber zusätzlich einen übertariflichen Gehaltsbestandteil, der sich aus einer Zuordnung zu einer übertariflichen Stufe gemäß dem sog. „Haustarif“ ergab. Deutlich wird das – auch für die klagende Partei – etwa aus dem Schreiben vom 30. Dezember 1996 (Anl. B 3, Bl. 40 d.A.), worin der klagenden Partei mitgeteilt worden war, dass das Gehalt angehoben worden sei und nun in der Tarifgruppe 7 der übertariflichen Stufe 21 DM 5.431,00 betrage.

b)

47

Zum 1. Oktober 2016 erhöhte sich der tarifliche Entgeltbestandteil der klagenden Partei aufgrund der dynamischen Inbezugnahme des Bankentarifvertrags um 1,5 %. Auf eine Erhöhung auch des übertariflichen Anteils hat die klagende Partei jedoch keinen Anspruch. Zudem war die Beklagte berechtigt, diese Entgelterhöhung mit dem übertariflichen Entgeltbestandteil zu verrechnen.

aa)

48

Die klagende Partei hat keinen Anspruch auch auf Erhöhung des übertariflichen Entgeltbestandteils um die Tarifsteigerung in Höhe von 1,5 %. Es fehlt an einer Anspruchsgrundlage.

49

aaa)

50

Eine entsprechende arbeitsvertragliche Vereinbarung ist nicht gegeben. Das ist zwischen den Parteien auch unstreitig.

51

bbb)

52

Ein Anspruch auf Erhöhung des übertariflichen Vergütungsanteils folgt auch nicht aus einer betrieblichen Übung.

53

Eine betriebliche Übung setzt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers voraus, aus denen der Arbeitnehmer schließen kann, ihm solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden. Maßgeblich ist dabei, wie der Arbeitnehmer als Erklärungsempfänger das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände verstehen darf (BAG, 30. Mai 2006, 1 AZR 111/05; zit. nach juris). Hiervon kann der Arbeitnehmer allerdings trotz wiederholt gezahlter Leistungen dann nicht ausgehen, wenn der Arbeitgeber die Leistungen erkennbar auf Grund einer anderen und sei es auch einer tatsächlich nicht bestehenden Rechtspflicht hat erbringen wollen (vgl. BAG, 30. Mai 2006, 1 AZR 111/05; m.w.N.; zit. nach juris).

54

Grundsätzlich kann sich aus einer betrieblichen Übung auch ein Anspruch auf Gehaltserhöhung ergeben. Bei einem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber wird eine betriebliche Übung der Erhöhung der Löhne und Gehälter entsprechend der Tarifentwicklung in einem bestimmten Tarifgebiet aber nur entstehen, wenn es deutliche Anhaltspunkte im Verhalten des Arbeitgebers dafür gibt, dass er auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariflohnerhöhungen übernehmen will (BAG, 10.10.2011, 5 AZR 359/10; 23.3.2011, 4 AZR 268/09; zit. nach juris). Ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber will sich nämlich grundsätzlich nicht für die Zukunft der Regelungsmacht der Verbände unterwerfen. Dies ist gerade Sinn des nicht erfolgten Beitritts zu einem Arbeitgeberverband. Die fehlende Tarifbindung verdeutlicht den Willen des Arbeitgebers, die Erhöhung der Löhne und Gehälter zukünftig nicht ohne Beitrittsprüfung entsprechend der Tarifentwicklung vorzunehmen. Die nicht vorhersehbare Dynamik der Lohnentwicklung und die hierdurch verursachten Personalkosten sprechen grundsätzlich gegen einen objektiv erkennbaren rechtsgeschäftlichen Willen des Arbeitgebers für eine dauerhafte Entgeltanhebung entsprechend der Tarifentwicklung in einem bestimmten Tarifgebiet. Mit den in Anlehnung an Tariflohnerhöhungen erfolgenden freiwilligen Lohnsteigerungen entsteht lediglich ein Anspruch der Arbeitnehmer auf Fortzahlung dieses erhöhten Lohns, nicht aber zugleich eine Verpflichtung des Arbeitgebers, auch künftige Tariflohnerhöhungen weiterzugeben. Der nicht tarifgebundene Arbeitgeber will seine Entscheidungsfreiheit über die künftige Lohn- und Gehaltsentwicklung behalten. Darin unterscheidet sich dieser Sachverhalt von der betrieblichen Übung bei der Gewährung von Zulagen oder Jahressonderzahlungen. Hierbei entstehen zwar auch weitere Kosten. Diese sind aber statisch und damit vorhersehbar und nicht unüberschaubar dynamisch ausgestaltet (BAG, 10.10.2011, 5 AZR 359/10; 23.3.2011, 4 AZR 268/09; zit. nach juris). Entsprechendes gilt für übertarifliche Entgeltbestandteile. Auch hier will sich der Arbeitgeber regelmäßig nicht der Tarifmacht unterwerfen, weil übertarifliches Entgelt dieser gerade nicht unterfällt und der Arbeitgeber in der Regel jeweils selbst entscheiden möchte, ob übertarifliches Entgelt erhöht wird, wann und in welcher Höhe.

55

Es kommt hinzu, dass der tarifgebundene Arbeitgeber durch Austritt aus dem tarifschließenden Verband die Anwendbarkeit künftiger Tariflohnerhöhungen vermeiden kann (§ 3 Abs. 3 TVG). Eine betriebliche Übung wird bei Tarifbindung des Arbeitgebers allein aufgrund regelmäßiger Erhöhungen nicht entstehen können. Denn es ist anzunehmen, der Arbeitgeber wolle nur den gesetzlichen Verpflichtungen des Tarifvertragsgesetzes Rechnung tragen und seine Arbeitnehmer gleich behandeln. Der nicht tarifgebundene Arbeitgeber, der sich (zeitweise) wie ein tarifgebundener Arbeitgeber verhält, darf deswegen nicht schlechter stehen als dieser, nämlich auf Dauer ohne Austrittsmöglichkeit (vertraglich) gebunden sein. Das muss der Arbeitnehmer erkennen, falls die Frage der Tarifbindung seines Arbeitgebers überhaupt eine Rolle für ihn spielt. Deshalb darf er in keinem Falle von einer dauerhaften Bindung des Arbeitgebers ausgehen (BAG, 10.10.2011, 5 AZR 359/10; 23.3.2011, 4 AZR 268/09; zit. nach juris).

56

Nach diesen Ausführungen zeigt sich zunächst, dass es keine Rolle spielt, ob die Beklagte zeitweilig tarifgebunden war oder nicht.

57

Zudem fehlen die nach den obigen Grundsätzen erforderlichen deutlichen Anhaltspunkte für eine dauerhafte Unterwerfung der Beklagten unter die Regelungsmacht der Parteien der Entgelttarifverträge, soweit es um den übertariflichen Entgeltbestandteil geht:

58

Die Beklagte hat zwar in der Vergangenheit regelmäßig Lohnerhöhungen entsprechend der Tarifentwicklung vorgenommen und zwar auch bezüglich der übertariflichen Stufen. Die einzelnen Lohnerhöhungen bezogen sich im Zweifel jedoch nur auf den konkreten Fall und waren nicht geeignet, ein Vertrauen darauf zu begründen, die Beklagte würde „für alle Zeiten“ weiter so auch im Hinblick auf das übertarifliche Entgelt verfahren. Die klagende Partei konnte ohne besonderen Hinweis lediglich davon ausgehen, die Beklagte habe sich nach Prüfung aller Umstände anlässlich der konkreten Entgelterhöhung für eine Übernahme der Tariflohnerhöhungen auch in Bezug auf die übertariflichen Stufen entschieden.

59

Es hätte neben den regelmäßigen Erhöhungen zusätzlicher Anhaltspunkte bedurft, um eine betriebliche Übung annehmen zu können. Für einen so weitreichenden Bindungswillen, der dazu führen würde, dass nicht vorhersehbare Entgeltsteigerungen des Tarifvertrages in Bezug auf das übertarifliche Entgelt dynamisch sodann die Mindesthöhe der Vergütung des entsprechenden Mitarbeiters bestimmt, sind besondere Anhaltspunkte vorliegend nicht gegeben. Solche Anhaltspunkte folgen auch nicht aus dem eigenen Vergütungssystem der Beklagten in Form der übertariflichen Stufen. Der klagenden Partei ist zwar zuzugeben, dass die Beklagte über die Tarifgruppen hinaus eigene übertarifliche Gruppen in Form übertariflicher Stufen geschaffen und den Großteil der Mitarbeiter einer solchen Stufe zugeordnet hat. Gegen einen Bindungswillen im Hinblick auf die Weitergabe der Tariferhöhungen auch auf die übertariflichen Entgeltbestandteile spricht jedoch zunächst die Tatsache, dass die Beklagte (bzw. ihre Rechtsvorgängerinnen) jeweils neue Gehaltstabellen geschaffen hat, sobald es eine Tariferhöhung gab. Damit hat sie deutlich gemacht, dass insoweit neu entschieden wurde, nicht nur die Tarifsteigerung in Bezug auf die Tarifgehälter weiter zu geben (wozu sie rechtlich aufgrund der arbeitsvertraglichen Inbezugnahmen verpflichtet war bzw. ist), sondern auch in Bezug auf die übertariflichen Stufen. Mit den jährlichen Gehaltstabellen und der dortigen Unterscheidung zwischen Tarifgruppen und übertariflichen Stufen ist verdeutlicht worden, dass kein automatischer Gleichlauf der Entgeltsteigerungen im Hinblick auf Tarifentgelt und übertariflichen Stufen erfolgt, sondern jedes Mal bei einer Tarifsteigerung eine Entscheidung getroffen wurde, ob die Tarifsteigerung auch für die übertariflichen Stufen erfolgen soll. Aus den Tabellen ist für jeden Mitarbeiter erkennbar, welches tarifliche Gehalt er erhalten würde und in welchem Abstand sich sein übertarifliches Entgelt hierzu verhält. Auch wurde im Übrigen stets differenziert zwischen Tarifentgelt, das vertraglich als Mindestentgelt vereinbart war, und übertariflichen Stufen, so z.B. in der von der klagenden Partei vorgelegten Power Präsentation (Anl. K D), in den Unterrichtungsschreiben an den Personalrat bei Umgruppierungen (Anl. K E) und auch in den Mitteilungsschreiben zur Umgruppierung gegenüber der klagenden Partei selbst (Anl. B 3). Aus diesen Differenzierungen war für die Arbeitnehmer, die wie die klagende Partei einer übertariflichen Stufe zugeordnet waren, erkennbar, dass ein vertraglich zugesagtes Tarifmindestgehalt gezahlt wurde und wird sowie ein darüber hinausgehender Entgeltbestandteil, der übertariflich war und auf den nur insoweit ein Anspruch besteht bzw. bestand, als die Beklagte diesen durch Zuordnung zu einer übertariflichen Stufe zugesagt und sodann durch neue Gehaltstabellen auch erhöht hat.

60

Aus den Gehaltstabellen und sonstigen Unterlagen ergeben sich aber keine Anhaltspunkte dahingehend, dass die Tarifsteigerungen auch in Bezug auf den übertariflichen Entgeltanteil zugesagt waren bzw. automatisch ohne weitere Prüfung und Entscheidung durch die Beklagte gewährt werden sollen. Allein aus dem Umstand, dass bis 2016 die Tarifsteigerungen stets auch im Hinblick auf die übertariflichen Stufen gezahlt wurden, lässt sich ein entsprechender Bindungswille der Beklagten und somit eine entsprechende betriebliche Übung nicht herleiten, gerade weil dies zu einer entsprechenden dauerhaften Bindung der Beklagten führen würde mit der Folge, dass sie die übertariflichen Stufen auf Dauer entsprechend den Tarifsteigerungen erhöhen müsste, wohingegen ein tarifgebundener Arbeitgeber dies in Bezug auf Tarifgehälter durch einen Verbandsaustritt verhindern könnte. Auch die Bezeichnung als „Haustarif“ steht dem nicht entgegen. Dies ist nur ein intern verwandter Begriff für die jeweiligen übertariflichen Stufen.

61

ccc)

62

Es liegt ferner keine Gesamtzusage dahingehend vor, die Tarifsteigerungen automatisch in Bezug auf die übertariflichen Stufen unbesehen weiter geben zu wollen. Eine solche Rechtsqualität kommt weder den Gehaltstabellen zu noch dem Schreiben vom 10. Juli 2009.

63

Der klagenden Partei mag darin Recht zu geben sein, dass die jeweiligen fortgeschriebenen Gehaltstabellen eine Gesamtzusage dahingehend darstellen, die dort in den übertariflichen Stufen (Tarifgruppe .../übertarifliche Stufe 21, 31, 41 und 51) ausgewiesenen Monatsgehälter an die Mitarbeiter entsprechend der zugesagten Stufe zahlen zu wollen. Eine Zusage mit dem Inhalt, dass auch die zukünftigen Tarifsteigerungen auf die Monatsgehälter der übertariflichen Stufen weiter gegeben werden, kann den Gehaltstabellen aber nicht entnommen werden.

64

Auch das Schreiben vom 10. Juli 2009 stellt keine Gesamtzusage des Inhalts dar, die die klagende Partei diesem Schreiben zukommen lassen möchte. Eine Gesamtzusage ist die an alle Arbeitnehmer des Betriebs oder einen nach abstrakten Merkmalen bestimmten Teil von ihnen in allgemeiner Form gerichtete ausdrückliche Willenserklärung des Arbeitgebers, bestimmte Leistungen erbringen zu wollen. Eine ausdrückliche Annahme des in der Erklärung enthaltenen Antrags i.S.v. § 145 BGB wird dabei nicht erwartet und es bedarf ihrer auch nicht. Das in der Zusage liegende Angebot wird gemäß § 151 Satz 1 BGB angenommen und ergänzender Inhalt des Arbeitsvertrags. Die Arbeitnehmer erwerben einen einzelvertraglichen Anspruch auf die zugesagten Leistungen, wenn sie die betreffenden Anspruchsvoraussetzungen erfüllen (BAG, 22.3.2017, 5 AZR 425/16; 19.8.2015, 5 AZR 450/14; 8.12.2010, 5 AZR 697/09; zit. nach juris). Dabei wird die Gesamtzusage bereits dann wirksam, wenn sie gegenüber den Arbeitnehmern in einer Form verlautbart wird, die den einzelnen Arbeitnehmer typischerweise in die Lage versetzt, von der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Auf dessen konkrete Kenntnis kommt es nicht an (BAG, 22.3.2017, 5 AZR 425/16; 20.8.2015, 10 AZR 453/13; zit. nach juris). Ob eine Gesamtzusage vorliegt und welchen Inhalt sie hat, richtet sich nach den für Willenserklärungen geltenden Regeln (§§ 133, 157 BGB). Gesamtzusagen sind als „typisierte Willenserklärungen“ nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden wird, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners zugrunde zu legen sind. Für das Auslegungsergebnis von Bedeutung ist auch der von den Vertragspartnern verfolgte typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Regelungszweck (BAG, 24.1.2017, 3 AZR 372/15; 11.11.2014, 3 AZR 191/12; zit. nach juris).

65

Wie bereits das Arbeitsgericht zu Recht ausgeführt hat, hat die Beklagte durch die Mail des Vorstandsvorsitzenden 10. Juli 2009, welche mit „dynamische Besitzstandswahrung für alle Mitarbeiter“ überschrieben wurde, ihren Beschäftigten zwar eine Gesamtzusage erteilt. Diese ging aber – anlässlich des zuvor erfolgten Betriebsübergangs – nur dahin, dass die Bankentarifverträge, die arbeitsvertraglich in unterschiedlicher Form einbezogen worden waren, für alle Mitarbeiter dynamisch weiter gelten sollten. Eine Zusage des Inhalts, dass die tariflichen Entgeltsteigerungen des in Bezug genommenen Bankentarifvertrages auch auf solche Gehaltsbestandteile durchgreifen soll, welche nicht auf dem Bankentarifvertrag beruhen, sondern ihren Ursprung in den übertariflichen Stufen hatten bzw. haben, kann der E-Mail vom 10. Juli 2009 nicht beigemessen werden. Einen derartigen Zusageumfang kann dem Wortlaut der Regelung nicht entnommen werden. Ausdrücklich wird nur der Bankentarifvertrag genannt. Zur weiteren Begründung wird, um Wiederholungen zu vermeiden, ergänzend auf die überzeugenden und umfangreichen Ausführungen des Arbeitsgerichts in seinem Urteil vom 15. Februar 2017 Bezug genommen.

66

ddd)

67

Ein Anspruch ergibt sich schließlich nicht aus der Behauptung der klagenden Partei, dass der Vorstandsvorsitzende S. gesagt haben soll, es ändere sich auch nach dem Betriebsübergang nichts, „alles bleibe wie bisher“. Zum einen ist der Vortrag, wann eine solche Aussage in welchem genauen Zusammenhang getätigt worden sein soll, nicht hinreichend konkret, als dass man dieser Behauptung im Beweiswege nachgehen könnte. Eine Beweisaufnahme liefe auf eine Ausforschung hinaus. Zum anderen war nicht erkennbar, dass eine solche Aussage tatsächlich einen rechtsverbindlichen Erklärungswert (mit welchem Inhalt?) gehabt haben soll. Selbst in dem nur kursorisch beschriebenen Kontext der behaupteten Aussage lässt diese erkennen, dass sie nur eine rechtsunverbindlich gemeinte Bemerkung war. Ein Rechtsbindungswillen war nicht erkennbar, auch nicht aus Sicht des Empfängerhorizonts. Folglich stellte sie schon keine Willenserklärung dar. Schließlich beinhaltet die Aussage „alles bleibt wie bisher“ nur die Mitteilung, dass der status quo erhalten bleibt. Bestand aber schon damals die Möglichkeit der Anrechnung einer Tariferhöhung auf den übertariflichen Entgeltbestandteil, so hat sich insoweit auch nach dem Betriebsübergang nichts geändert.

bb)

68

Die Beklagte war berechtigt, die tarifliche Entgelterhöhung um 1,5 % mit dem übertariflichen Entgeltbestandteil zu verrechnen. Insoweit ist ein anrechnungsfähiger Entgeltanteil gegeben und nicht – wie die klagende Partei meint – ein anrechnungsfestes übertarifliches Gehalt.

69

aaa)

70

Ob ein Tariflohn individualrechtlich auf eine übertarifliche Vergütung angerechnet werden kann, hängt von der zugrunde liegenden Vergütungsabrede ab. Haben die Arbeitsvertragsparteien dazu eine ausdrückliche Vereinbarung getroffen, gilt diese. Anderenfalls ist aus den Umständen zu ermitteln, ob eine Befugnis zur Anrechnung besteht. Die Anrechnung ist grundsätzlich möglich, sofern dem Arbeitnehmer nicht vertraglich ein selbständiger Entgeltbestandteil neben dem jeweiligen Tarifentgelt zugesagt worden ist (BAG, 23.9.2009, 5 AZR 973/08; 27.8.2008, 5 AZR 820/07; 1.3.2006, 5 AZR 540/05; 27.1.2004, 1 AZR 105/03; zit. nach juris). Allgemeine Zulagen bzw. ein übertarifliches Entgelt werden gezahlt, weil der Tariflohn den Parteien des Arbeitsvertrags als nicht ausreichend erscheint. Steigen die Tariflöhne, so ist mangels anderer Anhaltspunkte anzunehmen, dass eine entsprechende Verminderung der bisher übertariflichen Lohnanteile dem Willen der Parteien entspricht (BAG, 23.9.2009, 5 AZR 973/08; 27.1.2004, 1 AZR 105/03; zit. nach juris).

71

bbb)

72

Allein in der tatsächlichen Zahlung eines übertariflichen Entgelts liegt keine vertragliche Abrede, dieses solle auch nach einer Tariflohnerhöhung als selbständiger Lohnbestandteil neben dem jeweiligen Tariflohn gezahlt werden. Das gilt auch, wenn das übertarifliche Entgelt über einen längeren Zeitraum vorbehaltlos gezahlt und nicht mit Tariflohnerhöhungen verrechnet worden ist (BAG, 23.9.2009, 5 AZR 973/08; 31.10.1995, 1 AZR 276/95; zit. nach juris). Eine neben dem Tarifentgelt gewährte übertarifliche Zulage bzw. ein übertarifliches Entgelt greift künftigen Tariflohnerhöhungen vor. Für den Arbeitgeber ist regelmäßig nicht absehbar, ob er bei künftigen Tariflohnerhöhungen weiter in der Lage sein wird, eine bisher gewährte Zulage in unveränderter Höhe fortzuzahlen. Dies ist für den Arbeitnehmer erkennbar und Grundlage einer sog. freiwilligen übertariflichen Zulage. Der Anrechnungsvorbehalt ist demgemäß bereits mit der Vereinbarung einer übertariflichen Vergütung oder Zulage hinreichend klar ersichtlich. Erhöht sich die tarifliche Vergütung, entspricht die Zulässigkeit der Anrechnung regelmäßig dem Parteiwillen, weil sich die Gesamtvergütung nicht verringert (BAG, 23.9.2009, 5 AZR 973/08; 21.1.2003, 1 AZR 125/02; zit. nach juris). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der übertarifliche Vergütungsbestandteil als freiwillig oder anrechenbar bezeichnet worden ist. Es reicht aus, dass das Gesamtentgelt übertariflich ist. Der in diesem enthaltene übertarifliche Vergütungsbestandteil hängt von der Höhe des Tarifentgelts ab und ist deshalb variabel. Er entspricht in seiner rechtlichen Bedeutung weder einer anrechenbaren noch einer anrechnungsfesten übertariflichen Zulage. Will der Arbeitnehmer geltend machen, das vertraglich vereinbarte Arbeitsentgelt setze sich in Wahrheit aus dem Tarifentgelt und einer anrechnungsfesten übertariflichen Zulage zusammen, hat er tatsächliche Umstände vorzutragen, die den Schluss auf eine solche Vereinbarung erlauben. Andernfalls kann die Erhöhung des Tarifentgelts nur dann zu einem effektiv erhöhten Zahlungsanspruch des Arbeitnehmers führen, wenn das Tarifentgelt das vereinbarte Entgelt übersteigt (BAG, 23.9.2009, 5 AZR 973/08; 9.11.2005, 5 AZR 105/05; zit. nach juris).

73

ccc)

74

Ausgehend von diesen Grundsätzen kann vorliegend nicht angenommen werden, das übertarifliche Entgelt habe als anrechnungsfester, eigenständiger Gehaltsbestandteil gezahlt werden sollen. Vielmehr war der übertarifliche Entgeltbestandteil nicht anrechnungsfest.

75

Der Arbeitsvertrag der klagenden Partei verhält sich über das übertarifliche Entgelt nicht. Dieses ist mit keinem Wort in dem Arbeitsvertrag erwähnt.

76

Ebenso sind keine Umstände dahingehend erkennbar, dass die Parteien zu einem späteren Zeitpunkt übereinstimmend davon ausgegangen wären, der das Tarifgehalt der klagenden Partei übersteigende Gehaltsbestandteil solle stets unvermindert zusätzlich zum jeweiligen Tarifgehalt geleistet werden. Soweit die klagende Partei darauf hinweist, dass das Entgelt in den Gehaltstabellen (und auch Entgeltabrechnungen) als einheitlicher Betrag ausgewiesen wurde, welches zudem in der Vergangenheit stets nach den Tariflohnsteigerungen insgesamt angehoben wurde, lässt auch dies nicht erkennen, dass die Beklagte damit zugesagt bzw. die Parteien vereinbart hätten, eine Anrechnung zukünftiger Tariflohnsteigerungen werde auf die übertariflichen Gehaltsbestandteile nicht erfolgen. So ist zum einen die Ausweisung der Vergütung als einheitlicher Betrag regelmäßig ein deutliches Anzeichen dafür, dass kein anrechnungsfester, übertariflicher Gehaltsbestandteil vereinbart wurde (BAG, 27.1.2004, 1 AZR 105/03; 22.9.1992, 1 AZR 405/90; zit. nach juris). Ein einheitlich ausgewiesenes Monatseinkommen ändert nichts daran, dass sich dieses aus tariflichen und freiwilligen übertariflichen Entgeltbestandteilen zusammensetzen kann. Zum anderen hat die Beklagte (bzw. ihre Rechtsvorgängerinnen) durch das Erstellen neuer Gehaltstabellen nach einer erfolgten Tarifsteigerung zum Ausdruck gebracht, jeweils nur für dieses Jahr bzw. diesen Fall der tariflichen Entgeltsteigerung entschieden zu haben, die Tarifsteigerung auch in Bezug auf das übertarifliche Entgelt weiter geben zu wollen. Dass dies ebenso in der Zukunft gehandhabt werden soll, kann dieser Praxis nicht entnommen werden, insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Umfang zukünftiger Tarifsteigerungen und die eigene unternehmerische Tragkraft für die Zukunft nicht vorhersehbar waren und sind.

77

Ebenso lassen die Gehaltstabellen oder auch Umgruppierungsschreiben oder die sonstigen von der klagenden Partei vorgelegten Unterlagen an keiner Stelle erkennen, dass die übertariflichen Entgeltbestandteile anrechnungsfest sein sollen. Gleiches gilt für den Umstand, dass eigene, übertarifliche Entgeltstufen im Rahmen eines kollektiven Systems geschaffen wurden. Auch in einem solchen Fall kann allein daraus nicht geschlossen werden, Anrechnungen von Tariflohnsteigerungen auf die übertariflichen Entgeltbestandteile, die die Arbeitgeberin freiwillig übernommen hat und zusätzlich zahlt, würden nicht erfolgen. Ein Anspruch besteht auch in einem solchen Fall stets nur auf das Entgelt, das in den kollektiven Entgeltstufen i.V.m. der Zuordnung zu einer solchen Stufe zugesagt ist, nicht aber automatisch darauf, dass der aktuelle Abstand zum Tarifgehalt zukünftig gewahrt bzw. auch der übertarifliche Anteil gemäß der Tariflohnsteigerung erhöht werden wird. Für eine solche Annahme hätte es weiterer Anhaltspunkte bedurft, die vorliegend nicht gegeben sind.

78

ddd)

79

Der vorliegende Anrechnungsvorbehalt stellt eine Allgemeine Geschäftsbedingung i.S.v. § 305 Abs. 1 BGB. Unwirksamkeitsgründe, die einer Anrechnung entgegenstehen könnten, sind aber insoweit nicht gegeben.

80

Auch eine mündliche oder durch betriebliche Übung begründete Vertragsbedingung, die der Arbeitgeber für eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen verwendet, ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung. Die Auslegung eines übertariflichen Entgeltbestandteils als im Falle von Tariflohnerhöhungen ohne weiteres anrechenbarer Lohnbestandteil entsprechend den oben angeführten Auslegungsgesichtspunkten unterliegt keinen Zweifeln i.S.v. § 305 c Abs. 2 BGB. Wird weder ein besonderer Leistungszweck noch ein Ausschluss der Anrechenbarkeit vereinbart, muss der durchschnittlich verständige Arbeitnehmer davon ausgehen, dass er auch nach einer Tariflohnerhöhung nur den insgesamt vereinbarten Lohn verlangen kann, sofern dieser weiterhin mindestens dem Tariflohn entspricht. Dieser Vertragsinhalt ist nicht ungewöhnlich (§ 305c Abs. 1 BGB). Vielmehr muss der Arbeitnehmer mit einer Anrechnung ohne weitere Begründung durch den Arbeitgeber rechnen (BAG, 27.8.2008, 5 AZR 820/07; zit. nach juris).

81

Auch § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist nicht verletzt. Eine Vereinbarung über die Zahlung der übertariflichen Vergütung stellt keine von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelung (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB) dar, sondern regelt unmittelbar das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung. Eine Bruttolohnabrede ist aber gemäß § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB am Maßstab des Transparenzgebots nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB zu überprüfen (BAG, 27.8.2008, 5 AZR 820/07; 1.3.2006, 5 AZR 363/05; zit. nach juris). Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine zur Unwirksamkeit der Klausel führende unangemessene Benachteiligung (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB) daraus ergeben, dass die Klausel nicht klar und verständlich ist. Die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen müssen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Eine Klausel hat im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners so eindeutig und so verständlich wie möglich darzustellen. Doch darf das Transparenzgebot den Verwender nicht überfordern (BAG, 27.8.2008, 5 AZR 820/07; 31.8.2005, 5 AZR 545/04; zit. nach juris). Es soll zugleich der Gefahr vorbeugen, dass der Vertragspartner von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird (BAG, 27.8.2008, 5 AZR 820/07; 14.3.2007, 5 AZR 630/06; zit. nach juris).

82

Ausgehend von diesen Grundsätzen zeigt sich, dass das Transparenzgebot vorliegend nicht verletzt ist. Aus einer Bezeichnung eines Entgeltbestandteils als „übertariflich“ ist hinreichend klar zu erkennen, die Zulage werde nicht ohne Kürzungsmöglichkeit gewährt. Der Anrechnungsvorbehalt ist bereits mit der Vereinbarung einer übertariflichen Vergütung (oder Zulage) hinreichend klar ersichtlich. Für einen durchschnittlichen Arbeitnehmer ist erkennbar, dass im Falle einer Erhöhung des vertraglich oder tariflich geschuldeten Arbeitsentgelts die Zulage bis zur Höhe der Tarifsteigerung gekürzt werden kann. Das Transparenzgebot verlangt von dem Verwender nicht, alle gesetzlichen Folgen einer Vereinbarung ausdrücklich zu regeln. Ein verständiger Arbeitnehmer kann nicht annehmen, eine übertarifliche Zulage diene einem besonderen Zweck und sei von der jeweiligen Höhe des Tariflohns unabhängig. Dem durchschnittlichen Arbeitnehmer ist hinreichend klar, dass die Anrechnung gerade bei allgemeinen Tariflohnerhöhungen möglich sein soll. Das ist nicht nur Vertragsinhalt, sondern geradezu der Sinn einer allgemeinen übertariflichen Zulage. Bei einer Anrechnung verschiebt sich lediglich das Verhältnis von übertariflichen zu tariflichen Entgeltbestandteilen. Das Fehlen eines ausdrücklichen Hinweises auf den Anrechnungsvorbehalt hält den Arbeitnehmer schließlich nicht von der Wahrnehmung von Rechten ab. Der Arbeitnehmer behält vielmehr seinen Anspruch auf die bisherige Vergütung. Zudem sind Anrechnungsvorbehalte in arbeitsvertraglichen Vergütungsabreden seit Jahrzehnten gang und gäbe. Sie stellen eine Besonderheit des Arbeitsrechts dar, die gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB angemessen zu berücksichtigen ist (BAG, 27.8.2008, 5 AZR 820/07; 1.3.2006, 5 AZR 363/05; zit. nach juris).

cc)

83

Die Anrechnung der Tariflohnsteigerung auf den übertariflichen Entgeltbestandteil ist schließlich nicht wegen der Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Personalrats aus § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG unwirksam.

84

Nach dieser Vorschrift bedarf die Aufstellung und Änderung von Entlohnungsgrundsätzen der vorherigen Zustimmung des Personalrats. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu der insoweit gleichlautenden Regelung des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hat der Betriebsrat bei der Anrechnung einer Tariferhöhung auf übertarifliche Zulagen mitzubestimmen, soweit eine generelle Maßnahme vorliegt, sich durch die Anrechnung die bisher bestehenden Verteilungsrelationen ändern und für eine Neuregelung innerhalb des vom Arbeitgeber mitbestimmungsfrei vorgegebenen Dotierungsrahmens ein Gestaltungsspielraum besteht. Nicht mitbestimmungspflichtig ist eine Anrechnung, wenn sie das Zulagenvolumen völlig aufzehrt oder die Tariferhöhung im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Möglichen vollständig und gleichmäßig auf die übertariflichen Zulagen angerechnet wird (BAG, 22.5.2012, 1 AZR 94/11; 8.6.2004, 1 AZR 308/03; zit. nach juris). Die Anrechnung ist überdies dann mitbestimmungsfrei, wenn der Arbeitgeber die bisherigen Verteilungsgrundsätze beachtet und diese sich durch die Anrechnung nicht verändern (BAG, 22.5.2012, 1 AZR 94/11; 3.12.1991, GS 2/90; zit. nach juris). Diese Grundsätze gelten im Rahmen des § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG gleichermaßen (BAG, 22.5.2012, 1 AZR 94/11; 1.11.2005, 1 AZR 355/04; zit. nach juris).

85

Die vorliegend durchgeführte Anrechnungsentscheidung unterlag danach nicht der Mitbestimmung der Personalvertretung nach § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG. Die tariflichen Entgeltsteigerungen wurden in vollem Umfang auf das übertarifliche Entgelt angerechnet. Eine Gestaltungsmöglichkeit, an deren Vorliegen das Beteiligungsrecht anknüpft, bestand nicht (vgl. BAG, 22.5.2012, 1 AZR 94/11; 27.8.2008, 5 AZR 820/07; 3.12.1991, GS 2/90; zit. nach juris).

II.

86

Die Kosten der Berufung trägt die klagende Partei (§ 97 ZPO). Die Revision war zuzulassen (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).

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Landesarbeitsgericht Hamburg Urteil, 13. Juli 2017 - 7 Sa 37/17 zitiert 19 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 307 Inhaltskontrolle


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 613a Rechte und Pflichten bei Betriebsübergang


(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rec

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 305 Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag


(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 305c Überraschende und mehrdeutige Klauseln


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 310 Anwendungsbereich


(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermöge

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 87 Mitbestimmungsrechte


(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen: 1. Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;2. Beginn und Ende der täglichen A

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 362 Erlöschen durch Leistung


(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. (2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

Tarifvertragsgesetz - TVG | § 3 Tarifgebundenheit


(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist. (2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, der

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 145 Bindung an den Antrag


Wer einem anderen die Schließung eines Vertrags anträgt, ist an den Antrag gebunden, es sei denn, dass er die Gebundenheit ausgeschlossen hat.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 151 Annahme ohne Erklärung gegenüber dem Antragenden


Der Vertrag kommt durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. D

Bundespersonalvertretungsgesetz - BPersVG | § 75


(1) Der Personalrat hat mitzubestimmen in Personalangelegenheiten der Arbeitnehmer bei 1.Einstellung,2.Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit, Höher- oder Rückgruppierung, Eingruppierung,3.Versetzung zu einer anderen Dienstst

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Landesarbeitsgericht Hamburg Urteil, 13. Juli 2017 - 7 Sa 37/17 zitiert oder wird zitiert von 10 Urteil(en).

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(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf € 401,76 festgesetzt.

4. Die Berufung wird gesondert zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten sich über den Umfang einer Tariferhöhung in Höhe von 1,5 % zum 01. Oktober 2016. Die Beklagte hat diese Tariferhöhung auf einen Teil des Gehaltes der klagenden Partei angerechnet.

2

Die klagende Partei ist bei der Beklagten und ihren Rechtsvorgängern seit dem 1. Oktober 1989 beschäftigt.

3

Die hinsichtlich der Anwendung der Tarifverträge vereinbarte arbeitsvertragliche Regelung hat folgenden Wortlaut:

4

„Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach dem Tarifvertrag für das private Bankengewerbe und die öffentlichen Banken sowie der Dienstordnung in ihrer jeweiligen Fassung.“

5

Die N. wandte aufgrund obiger Verweisungsklausel die Bankentarifverträge an. Dazu gehörte der Manteltarifvertrag und der Gehaltstarifvertrag. Zum Zeitpunkt des Arbeitsvertragsschlusses war sie nicht tarifgebunden.

6

Der Manteltarifvertrag enthält Regelungen zur Eingruppierung der Mitarbeiter in die Tarifgruppen 1-9. Bei der Bank 1 gab es zudem seit jeher ein hausinternes Vergütungssystem, in dem es neben den Tarifgruppen des Bankentarifvertrages noch 4 übertarifliche Stufen (ÜT) und außertarifliche Stufen (AT) gab. Diese trugen die Bezifferungen „21, 31, 41 und 51“, waren aber nicht Teil des Tarifvertrages für das private Bankengewerbe und die öffentlichen Banken.

7

Die klagende Partei ist in die Tarifgruppe 7/11 mit einem Bruttomonatsgehalt von 4.056,00 € sowie in eine übertarifliche Vergütungsgruppe ÜT – 7/51 mit einem Gehalt von 4.464,00 € eingruppiert. Die Vergütung in übertariflichen Stufen wurde dabei als einheitlicher Betrag angegeben. Sie wurde nicht in einen tariflichen und übertariflichen Teil aufgespalten. Hinsichtlich der Einzelheiten der Gehaltstabelle wird auf Anlage B2 verwiesen. Als zusätzlicher Vergütungsbestandteil wurden jedoch andere Zulagen in den Abrechnungen wie - z.B. die Kinderzulage - ausgewiesen.

8

Bei der Beklagten waren jedenfalls 3 Beschäftigte ausschließlich in eine Tarifgruppe nach dem Bankentarifvertrag, alle anderen in einer übertariflichen Stufe eingruppiert.

9

Die Beklagte ist die gemeinsame Klassenlotterie der Länder mit Sitz in Hamburg und M.. Sie ist der staatliche Anbieter von Klassenlotterie und Glücksspielen in Deutschland und wird von den 16 Bundesländern getragen. Ursprünglich gab es die S. und die N., jeweils gegründet im Jahre 1947. Die Durchführung der N. wurde von den Trägerländern einem Bankenkonsortium bestehend aus den Landesbanken der Länder übertragen. Konsortialführerin war die Bank 2. Zu diesem Zwecke wurde durch das Bankenkonsortium eine BGB-Gesellschaft gegründet, welche auch den vorliegenden Arbeitsvertrag mit der klagenden Partei schloss.

10

Im Jahr 2000 wurde die N. als ein gemeinsamer Eigenbetrieb öffentlichen Rechts der Länder ins Handelsregister eingetragen.

11

Am 01. April 2009 errichteten die Länder mit dem Staatsvertrag die länderübergreifende Anstalt des öffentlichen Rechts. Diese war Gesamtrechtsnachfolgerin des Eigenbetriebs und des Bankenkonsortiums. Hierbei wurden die Arbeitsverträge durch dreiseitige Überleitungsvereinbarungen von dem Bankenkonsortium übergeleitet. Alle Mitarbeiter wurden über den Betriebsübergang unterrichtet. Dabei wurde ihnen mitgeteilt, dass die Bankentarifverträge zunächst statisch weitergelten sollten, soweit sich aus den Arbeitsverträgen nichts anderes ergab.

12

Mit Staatsvertrag vom 15. Dezember 2011 wurde die Beklagte mit Wirkung zum 01. Juli 2012 gegründet. Sie ist Gesamtrechtsnachfolgerin der N. und der S..

13

Das Bankenkonsortium als BGB-Gesellschaft unter der Firma „N.“ war seit dem 25. Oktober 1997 Mitglied im Bundesverband Öffentlicher Banken und Mitglied der Tarifgemeinschaft Öffentlicher Banken. Zum 31. März 2009 trat die N. aus der Tarifgemeinschaft Öffentlicher Banken aus.

14

Auch nach dem Tarifaustritt wurden die Bankentarifverträge jedoch weiterhin dynamisch für alle Mitarbeiter angewandt, die vor dem 01. April 2009 eingetreten waren und dies im Hinblick auf das komplette Gehalt.

15

Nicht nur der Arbeitsvertrag der klagenden Partei, sondern auch die Arbeitsverträge der weiteren Mitarbeiter verwiesen auf den Bankentarifvertrag. Die Verweisungsklauseln waren jedoch unterschiedlich formuliert, teilweise dynamisch, teilweise statisch und teilweise war auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes und des Datums des Vertragsschlusses unklar, inwiefern die Verweisung nach dem Betriebsübergang ab dem 01. April 2009 dynamisch oder statisch auszulegen war. Mit der dreiseitigen Überleitungsvereinbarung zum 01. April 2009 wurde die klagende Partei wie die übrigen Beschäftigten erneut darauf hingewiesen, dass sich die Frage der dynamischen oder statischen Anwendung der in Bezug genommenen Tarifverträge nach der arbeitsvertraglich vereinbarten Tarifverweisungsklausel und der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Auslegung von arbeitsvertraglichen Tarifverweisungsklauseln in Fällen des Betriebsübergangs auf einen nicht tarifgebundenen Arbeitgeber nach § 613a BGB richte.

16

Aufgrund der Problematik, dass die in Bezug genommenen Tarifverträge dynamisch oder statisch fortgalten, und einer etwaigen daraus resultierenden Ungleichbehandlung beschloss der Aufsichtsrat der neu gegründeten Anstalt des öffentlichen Rechts N., für alle Mitarbeiter, die vor dem 01. April 2009 für die N. tätig waren, eine dynamische Besitzstandswahrung der Bankentarifverträge.

17

Vor diesem Hintergrund sandte am 10. Juli 2009 der Vorstandsvorsitzende Herr S1 eine E-Mail an alle Beschäftigten (Anlage K 2). Jene hatte folgenden Wortlaut:

18

„Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
wie Sie wissen, war im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang der N. vom Eigenbetrieb auf die Anstalt öffentlichen Rechts über die wichtige Frage der statischen oder dynamischen Anwendung des Bankentarifvertrages auf die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter, bei denen sich eine dynamische Anwendung nicht aufgrund der Rechtslage „automatisch“ ergab, zu entscheiden.

19

Auf seiner 1. Sitzung am 1. April 2009 ist unser Aufsichtsrat unserem Vorschlag gefolgt und hat der dynamischen Besitzstandswahrung für alle Mitarbeiter zugestimmt. Der Beschluss des Gremiums lautet konkret: “der Aufsichtsrat stimmt einer Anwendung den dynamischen Besitzstandswahrung für alle Mitarbeiter der N. zu, die vor dem 1. April 2009 für die N. tätig waren.“ Dies bedeutet, dass zukünftige Änderungen im Bankentarifvertrag wie z.B. Lohnerhöhungen, neue Regelungen zum Urlaub oder zur Arbeitszeit auch weiterhin für sie alle gelten (…).

20

Vom neu konstituierten Personalrat der N. bin ich nun gebeten worden, alle Mitarbeiter der N. noch einmal in Textform über den Beschluss zu informieren. Dieser Bitte komme ich mit dieser E-Mail gern nach.“

21

In den folgenden Jahren wurde die Bruttovergütung der klagenden Partei stets zu dem Zeitpunkt und in der Höhe gesteigert, wie die Vergütung nach dem Bankentarifvertrag angehoben wurde. Ein Vorbehalt oder ähnliches wurde im Zusammenhang mit der Steigerung der Vergütung entsprechend der Steigerung nach dem Bankentarifvertrag nicht vorgenommen. Vielmehr wurde sowohl das Tarifgehalt als auch der übertarifliche Anteil der Vergütung entsprechend der Tarifentwicklung des Bankentarifvertrages erhöht. Dabei wurde die Vergütung als einheitlicher Betrag ausgewiesen (zum Beispiel: Vergütung nach der Tarifgruppe ... in der übertariflichen Stufe ... in Höhe von ...).

22

Mit Schreiben vom 17. Juli 2014 unterrichtete die Beklagte die klagende Partei, dass sich das Tarifgehalt ab Juli 2014 um 2,4 % erhöhe. Sie wies darauf hin, dass auf eine Erhöhung des über- bzw. außertariflichen Teils des Gehalts kein Anspruch bestehe.

23

Mit Schreiben vom 07. September 2016 teilte die Beklagte mit, dass die Tarifsteigerung im Bankenbereich ab dem 01. Oktober 2016 von 1,5 % nicht weitergegeben werde, sich das Gehalt daher nicht ändere. Vielmehr werde die Tariferhöhung vollständig auf den übertariflichen Anteil der übertariflichen Gehälter angerechnet.

24

Eine nachfolgende Aufforderung durch die klagende Partei, entgegen des Schreibens vom 07. September 2016 dennoch eine Steigerung vorzunehmen, wurde durch die Beklagte abgelehnt.

25

Die klagende Partei erhält neben den monatlichen Bezügen im Monat November ein weiteres Gehalt, auf welches sich eine erstrebte Steigerung ebenfalls auswirken würde.

26

Die klagende Partei ist der Auffassung, dass sich der Zahlungsanspruch bereits aus der E-Mail vom 10. Juli 2009 ergebe, weil diese eine bindende Gesamtzusage darstelle. Die sogenannte tarifliche Vergütung, welche rechtlich mangels Tarifbindung keine tarifliche Vergütung dargestellt habe, und die sogenannten übertariflichen Stufen sowie die Gehälter der leitenden Mitarbeiter hätten in der internen Sprachregelung den sogenannten Haustarif gebildet. Mangels Tarifbindung habe es sich um eine vertragliche Vergütung gehandelt. Bei den Parteien sei hausintern immer von einer einheitlichen Vergütung ausgegangen worden. So zeige sich auch anhand der Vergütungsmitteilungen, dass eine Differenzierung der einzelnen Gehaltsbestandteile nur hinsichtlich besonderer Zulagen erfolgt sei, während die übertarifliche Zulage eben nicht gesondert benannt, sondern als fester Gehaltsbestandteil bewertet worden sei. Vor diesem Hintergrund sei die Mail vom 10. Juli 2009 dahingehend auszulegen, dass sich die dynamische Besitzstandswahrung auf die Fortführung der bisherigen Praxis bezogen habe, den Haustarif weiterhin entsprechend der Tarifentwicklung des Bankentarifvertrages zu steigern. Dies korrespondiere mit der Aussage des Vorstandes der Beklagten Herrn S1, welcher unter anderem auf einer Betriebsversammlung gesagt habe, dass „alles bleibe wie bisher“.

27

Daneben bestehe der Anspruch auch aufgrund einer betrieblichen Übung, weil die Beklagte seit 2008 eine Tariflohnerhöhung auf sämtliche Gehaltsbestandteile bezogen habe, was inhaltlich unstreitig ist.

28

Die klagende Partei beantragt zuletzt

29

die Beklagte zu verurteilen, an die klagende Partei einen Betrag in Höhe von 401,76 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.10.2016 auf 66,96 € brutto, seit dem 1.11.2016 auf 133,92 € brutto, seit dem 1.12.2016 auf 66,96 € brutto, seit dem 1.1.2017 auf 66,96 € brutto und seit dem 1. Februar 2017 auf 66,96 € zu zahlen.

30

Die Beklagte beantragt,

31

die Klage abzuweisen.

32

Sie ist der Auffassung, dass die E-Mail vom 10. Juli 2009 nicht als Gesamtzusage im Hinblick auf sämtliche Gehaltsbestandteile zu bewerten sei, sondern lediglich eine Klarstellung hinsichtlich der Dynamik der Verweisung auf die Bankentarifverträge bedeute. Auch hinsichtlich der bestrittenen Aussage von Herrn S1, wonach „alles bleibe wie bisher“ übersehe die klagende Partei, dass eine solche Aussage sogar inhaltlich zutreffend gewesen wäre. Denn auch zuvor habe kein Anspruch auf eine dynamische Entwicklung auch der übertariflichen Stufen bestanden.

Entscheidungsgründe

33

Die zulässige Klage ist unbegründet. Daher war sie abzuweisen.

I.

34

Den Klageantrag hat die Kammer dahingehend ausgelegt, dass die klagende Partei Zinsen auch für den Monat Januar auf den eingeklagten Bruttobetrag erstrebt. Auch wenn insoweit den Begriff „brutto“ im Gegensatz zu den vorangegangenen Summen nicht gewählt wurde, war aufgrund des Kontextes davon auszugehen, dass es sich hierbei lediglich um ein Versehen und keine gewollte Nettobetrachtung handeln sollte.

II.

35

Die Klage ist zulässig.

36

Soweit die klagende Partei hinsichtlich des Zahlungsantrags lediglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verlangt, macht dies den Zahlungsantrag nicht unbestimmt, obwohl sich aus ihm selbst nicht die Höhe des verlangten Zinses ergibt. Durch den Bezug auf den Basiszinssatz ist es möglich, den Zinssatz in ausreichender Weise zu bestimmen. Ein Antrag muss nicht möglichst bestimmt, sondern „nur" hinreichend bestimmt sein. Dass die Schuldnerin dadurch mehr belastet wird als durch eine Angabe in Prozentpunkten, ist unerheblich1.

III.

37

Die Klage ist jedoch unbegründet. Der klagenden Partei steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt die geforderte Summe zu.

38

1. Die klagende Partei hat keinen Anspruch auf die eingeklagte Gehaltsanpassung aufgrund ihrer arbeitsvertraglichen Regelung. Danach richtet sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken sowie der Dienstordnung in ihrer jeweiligen Fassung. Eine dynamische Anwendung wurde folglich ausschließlich im Hinblick auf den Tarifvertrag, welcher dort namentlich bezeichnet wurde, beschränkt. Auch die klägerische Partei hat den Arbeitsvertrag offenbar nicht dahingehend verstanden, dass auch eine übertarifliche Vergütung, wie sie bei der Landesbank praktiziert wurde, gleichermaßen zugesagt war.

39

2. Die klagende Partei kann ihren Anpassungsanspruch nicht auf die Mail vom 10. Juli 2009 stützen. Auch wenn diese als Gesamtzusage zu verstehen ist, so hat sie nicht den durch die klagende Partei gewünschten Inhalt.

40

a. Eine Gesamtzusage ist die an alle Arbeitnehmer des Betriebes oder einen nach abstrakten Merkmalen bestimmten Teil von ihnen in allgemeiner Form gerichtete ausdrückliche Erklärung des Arbeitgebers, bestimmte Leistungen erbringen zu wollen. Ein Zugang einer Annahmeerklärung des in der Erklärung enthaltenen Antrags i.S.v. § 145 BGB wird dabei nicht erwartet. Das in der Zusage liegende Angebot wird ohne Zugang einer Annahmeerklärung gemäß § 151 BGB angenommen und ergänzender Inhalt des Arbeitsvertrags. Gesamtzusagen werden bereits dann wirksam, wenn sie gegenüber den Arbeitnehmern in einer Form verlautbart werden, die den einzelnen Arbeitnehmer typischerweise in die Lage versetzt, von der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Auf dessen konkrete Kenntnis kommt es nicht an. Die Arbeitnehmer erwerben einen einzelvertraglichen Anspruch auf die zugesagten Leistungen, wenn sie die betreffenden Anspruchsvoraussetzungen erfüllen. Von der seitens der Arbeitnehmer angenommenen, vorbehaltlosen Zusage kann sich der Arbeitgeber individualrechtlich nur durch Änderungsvertrag oder wirksame Änderungskündigung lösen2.

41

b. Ob eine Gesamtzusage vorliegt und welchen Inhalt sie hat, richtet sich nach den für Willenserklärungen geltenden Regeln (§§ 133, 157 BGB). Gesamtzusagen sind als „typisierte Willenserklärungen“ nach objektiven, vom Einzelfall unabhängigen Kriterien auszulegen. Der Inhalt von Willenserklärungen ist nach §§ 133, 157 BGB objektiv unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls aus der Sicht des Empfängers zu bestimmen. Ausgehend vom Wortlaut der Klausel ist der objektive Bedeutungsgehalt der Erklärung zu ermitteln, wobei der allgemeine Sprachgebrauch unter Berücksichtigung des vertraglichen Regelungszusammenhangs maßgebend ist. Dabei ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. In die Auslegung einzubeziehen sind auch die den Parteien erkennbaren Begleitumstände der Erklärung, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen3. Die tatsächliche Handhabung des Arbeitsverhältnisses ermöglicht ebenfalls Rückschlüsse auf dessen Inhalt. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind schließlich auch die Entstehungsgeschichte, der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die Interessenlage der Beteiligten4. Motive des Erklärenden haben außer Betracht zu bleiben, soweit sie nicht in dem Wortlaut der Erklärung oder in sonstiger, für die Gegenseite hinreichend deutlich erkennbarer Weise ihren Niederschlag finden. Kommt der Wille des Erklärenden nicht oder nicht vollständig zum Ausdruck, gehört dies zu dessen Risikobereich5.

42

aa) Unter Anwendung der dargestellten Grundsätze hat die Beklagte durch die Mail des Vorstandsvorsitzenden 10. Juli 2009, welche mit „dynamische Besitzstandswahrung für alle Mitarbeiter“ überschrieben wurde, ihren Beschäftigten eine Gesamtzusage erteilt.

43

Der Wortlaut der Überschrift der arbeitgeberseitigen Mail vom 10. Juli 2009 spricht von „dynamische Besitzstandswahrung für alle Mitarbeiter“. Eine solche Überschrift lässt zunächst keinen direkten Rückschluss auf einen Zusagecharakter der nachfolgenden Information zu. Auch teilt der Vorstandsvorsitzende im dritten Absatz der Mail mit, dass er vom Personalrat gebeten worden sei, alle Mitarbeiter über den Beschluss des Aufsichtsrates zu informieren und er dieser Bitte mit der E-Mail nur nachkomme. Eine Bezeichnung als bloße Information ist jedoch ergebnisoffen, d.h. eine solche Information ist möglich über Verbindliches, d.h. mit rechtsgeschäftlichem Erklärungswert, und Unverbindliches6. Zwar ließe sich argumentieren, eine Information weise im Gegensatz zu einer Willenserklärung auf einen Zustand hin, ohne Rechtspositionen zu begründen. Gegen ein solches Verständnis hat das BAG ausdrücklich klargestellt, dass „die Bezeichnung einer Verlautbarung als „Information“...nicht gegen die Annahme einer Gesamtzusage“ spricht7. Entscheidend ist nicht die Überschrift, sondern worüber informiert worden ist. So teilte Herr S1 mit, dass der Aufsichtsrat einer dynamischen Besitzstandswahrung für alle Mitarbeiter zugestimmt habe. Dies bedeute, dass zukünftige Änderungen im Bankentarifvertrag auch weiterhin für sie alle gelten. Die Arbeitgeberin stellt diese Entscheidung in den Kontext mit dem Betriebsübergang vom Eigenbetrieb auf die Anstalt öffentlichen Rechts und über die wichtige Frage der statischen oder dynamischen Anwendung des Bankentarifvertrages auf die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter. Vor diesem Hintergrund musste die Mitteilung an die Beschäftigten, dass eine dynamische Besitzstandswahrung erfolgen solle, dahingehend verstanden werden, dass die offene Frage der Statik oder Dynamik zugunsten letzterer Alternative entschieden wurde mit der Konsequenz, dass eine dynamische Besitzstandswahrung gelten sollte. Dies wird durch den letzten Satz des zweiten Absatzes verdeutlicht, wonach die Bedeutung dahingehend zusammengefasst wird, dass künftige Änderungen im Bankentarifvertrag auch weiterhin für sie alle gelten. Eine solche Mitteilung kann aber nur dahingehend verstanden werden, dass sich die Beklagte hinsichtlich der dynamischen Auslegung der Regelung auch rechtsverbindlich gegenüber den Beschäftigten binden wollte.

44

ba) Dieses Leistungsversprechen ist auch der Belegschaft bekannt gegeben worden, weil die Mail an alle Beschäftigten der N. versandt wurde.

45

ca) Allerdings hat die Zusage nicht den Inhaltsumfang, wie ihn die klagende Partei wünscht. Die klagende Partei ist der Auffassung, dass ihr eine dynamische Anpassungszusage nicht nur auf den vertraglichen Vergütungsanspruch, wie er sich aus dem Bankentarifvertrag errechnet, ergibt, was zwischen den Parteien zunächst unstreitig ist. Daneben meint die klagende Partei aber, dass eine Vergütungserhöhung des in Bezug genommenen Bankentarifvertrages gleichermaßen auch auf solche Gehaltsbestandteile durchgreifen soll, welche nicht auf dem Bankentarifvertrag beruhen, sondern ihren Ursprung in den übertariflichen Stufen einer Regelung der Bank 1 hatten. Einen solchen Zusageumfang kann man dem Wortlaut der Regelung aber nicht entnehmen. Im Gegenteil wird dort ausdrücklich nur der Bankentarifvertrag erwähnt. So wird im einleitenden Absatz auf die im Rahmen des Betriebsübergangs aufgeworfene Frage der statischen oder dynamischen Anwendung des Bankentarifvertrages Bezug genommen. Ebenso wird im zweiten Absatz die Bedeutung des Beschlusses des Aufsichtsrates dahingehend erklärt, „dass zukünftige Änderungen im Bankentarifvertrag (…) auch weiterhin für sie alle gelten.“ Soweit die klägerische Partei meint, dass bei der Beklagten immer ein Haustarif den Sprachgebrauch bestimmte, welcher sich aus dem Bankentarif und den übertariflichen Stufen ergab, findet auch diese hausinterne Begrifflichkeit in der Mail keinen Niederschlag. Vielmehr wird dort ausdrücklich der Bankentarifvertrag benannt. Auch der Argumentation der klägerischen Partei, dass die übertarifliche Zulage immer Teil des Gehaltes war, während andere Zulagen einen daneben stehenden Anspruch beschrieben, führt nicht zu einer anderen Auslegung. Zum einen übersieht insoweit die klagende Partei, dass ausweislich der Anlage B2 die Gehaltstabelle durchaus zwischen den Gehältern unterscheidet, welche ausschließlich auf dem Bankentarifvertrag oder auf den übertarifliche Stufen beruhen. Daher gab es eine Unterscheidung zwischen den beiden Gehaltsbestandteilen. Selbst wenn eine solche Unterscheidung nicht mehr stattgefunden haben sollte, so hätte die Beklagte gleichwohl im Rahmen der Mail die Unterscheidung erneut deutlich gemacht. Allein der Umstand, dass die Beschäftigten aus der Historie heraus die Zusage anders verstanden, bedeutet nicht, dass sie diese Unterscheidung nicht hätten erkennen müssen. Letztlich ist darauf hinzuweisen, dass sich für einige Beschäftigte die Vergütung auch ausschließlich aus dem Bankentarifvertrag ergab und die außertariflichen Zulagen für sie überhaupt keine Bedeutung hatten. Die Darstellung der klägerischen Partei, dass folglich bei einer Beschreibung des Gehaltes stets von beiden Gehaltsbestandteilen ausgegangen wurde, trifft daher auch nicht zu.

46

Auch aus dem Kontext der Zusage ergibt sich nicht, dass die Beklagte weitergehende Ansprüche unabhängig von einem streitigen Rechtsgrund in dynamischer Art und Weise zusagen wollte. So wird im ersten Absatz der Mail einleitend darauf verwiesen, dass die Art der Anwendung des Bankentarifvertrages offen war und einer Entscheidung zugeführt werden sollte. Damit nimmt die Mail auf die Historie insoweit Bezug, als dass mit dem Beschluss des Aufsichtsrates die zuvor bestehende Ungewissheit aufgelöst werden sollte. Eine Unsicherheit bestand jedoch lediglich im Hinblick auf die Dynamik der Verweisung bezüglich des Bankentarifvertrages. Übertarifliche Zahlungen bzw. deren Steigerungsdynamik waren zwischen den Beteiligten nie streitig. Folglich konnte diese Regelung nicht dergestalt verstanden werden, dass eine zusätzliche, über den Streit hinausgehende, Zusage gemacht werden sollte. Soweit die klagende Partei behauptet, dass Herr S1 auf einer Betriebsversammlung gesagt habe, dass nach dem Betriebsübergang alles bleibe wie bisher, ergibt sich hieraus nichts anderes. Dabei ist schon der Vortrag, wann eine solche Aussage in welchem genauen Zusammenhang getätigt worden sein soll schon nicht hinreichend konkret, als dass man dieser Behauptung im Beweiswege nachgehen könnte. Daneben ergibt sich aus einer solchen pauschalen Aussage kein hinreichend greifbarer Anhaltspunkt dafür, dass mit jenem Satz eine andere Interpretation des Vorstandsbeschlusses kommuniziert werden sollte.

47

3. Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus betrieblicher Übung.

48

a. Unter betrieblicher Übung versteht man die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen, die bei den Betriebsangehörigen den Eindruck einer Gesetzmäßigkeit oder eines Brauchs erwecken. Die tatsächliche Übung ist als solche keine Rechtsquelle eigener Art; ihr kommt keine normative Wirkung zu, und sie setzt auch nicht betriebliches Gewohnheitsrecht. Sie gestaltet vielmehr durch eine an alle betroffenen Arbeitnehmer gerichtete konkludente Gesamtzusage die einzelnen Arbeitsverhältnisse. Aus ihr erwachsen vertragliche Ansprüche der Arbeitnehmer auf die üblich gewordenen Vergünstigungen8. Voraussetzung für die Begründung vertraglicher Ansprüche durch eine betriebliche Übung ist, dass die begünstigten Arbeitnehmer die tatsächliche Übung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte (§§ 133, 157 BGB) dahin verstehen durften, der Arbeitgeber habe sich in bestimmter Weise binden wollen. Dabei kommt es auf alle Umstände des Falles an.

49

b. Dabei ist anzuerkennen, dass sich aus betrieblicher Übung auch ein Anspruch auf Gehaltserhöhung ergeben kann9. Dies gilt auch für außertariflich vergütete Arbeitnehmer. Hierbei kann dem Bundesarbeitsgericht auch in seiner Auffassung gefolgt werden, dass allein der Umstand, dass der Arbeitgeber das Gehalt in der Vergangenheit in Anlehnung an die Tarifentwicklung im Vorjahr erhöht hatte, nicht zu einer betrieblichen Übung führe, die Ansprüche auf Gehaltserhöhungen in der Zukunft begründet10. Im Bereich außertariflicher Gehälter sei regelmäßig davon auszugehen, dass Gehaltserhöhungen im Wege freier Vereinbarung erfolgen sollen. Der Arbeitgeber müsse bei der Frage, ob und in welcher Höhe er Gehaltserhöhungen vornehmen will, jeweils eine Reihe von wirtschaftlichen Gegebenheiten berücksichtigen und sich die Entscheidung jeweils offenhalten, was dem Beschäftigten auch erkennbar sei. Die dargestellten Grundsätze gelten ebenso dann, wenn ein Arbeitgeber - wie auch im vorliegenden Fall - jährlich in Anlehnung an tarifliche Erhöhungen die bereits über dem Tarifgehalt liegenden Effektivgehälter seiner Arbeitnehmer anhebt11.

50

Die Beklagte hat das Gesamtgehalt der klagenden Partei stets entsprechend der tariflichen Steigerung angehoben. Hieraus allein konnte aber die klagende Partei noch nicht auf einen Verpflichtungswillen der Beklagten schließen, dass auch in Zukunft ebenso verfahren werde. Insoweit konnte die klagende Partei nicht darauf vertrauen, dass diese Praxis ohne Rücksicht auf die konjunkturelle Situation, die Gehaltspolitik des Unternehmens und sonstige, auf sein Arbeitsverhältnis bezogene Gesichtspunkte beibehalten werde. Konkrete Anhaltspunkte, die im vorliegenden Falle eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten, liegen nicht vor.

51

Auch wenn die obige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu einem Fall eines tarifgebundenen Arbeitgebers erging, während die Beklagte möglicherweise zeitweilig tarifgebunden war, erfordert dies keine unterschiedliche Bewertung. Denn bei einem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber kann eine betriebliche Übung der Erhöhung der Löhne und Gehälter entsprechend der Tarifentwicklung in einem bestimmten Tarifgebiet ebenfalls nur angenommen werden, wenn es deutliche Anhaltspunkte im Verhalten des Arbeitgebers dafür gibt, dass er auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariflohnerhöhungen übernehmen will. Denn ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber will sich grundsätzlich nicht für die Zukunft der Regelungsmacht der Verbände unterwerfen. Dies ist gerade Sinn des nicht erfolgten Beitritts zu einem Arbeitgeberverband. Die fehlende Tarifbindung verdeutlicht den Willen des Arbeitgebers, die Erhöhung der Löhne und Gehälter zukünftig nicht ohne Beitrittsprüfung entsprechend der Tarifentwicklung vorzunehmen. Die nicht vorhersehbare Dynamik der Lohnentwicklung und die hierdurch verursachten Personalkosten sprechen grundsätzlich gegen einen objektiv erkennbaren rechtsgeschäftlichen Willen des Arbeitgebers für eine dauerhafte Entgeltanhebung entsprechend der Tarifentwicklung in einem bestimmten Tarifgebiet. Mit den in Anlehnung an Tariflohnerhöhungen erfolgenden freiwilligen Lohnsteigerungen entsteht lediglich ein Anspruch der Arbeitnehmer auf Fortzahlung dieses erhöhten Lohns, nicht aber zugleich eine Verpflichtung des Arbeitgebers, auch künftige Tariflohnerhöhungen weiterzugeben12. Der nicht tarifgebundene Arbeitgeber will seine Entscheidungsfreiheit für die künftige Lohn- und Gehaltsentwicklung behalten. Darin unterscheidet sich dieser Sachverhalt von der betrieblichen Übung bei der Gewährung von Zulagen oder Jahressonderzahlungen. Hierbei entstehen zwar auch weitere Kosten. Diese sind aber statisch und damit vorhersehbar und nicht unüberschaubar dynamisch ausgestaltet13.

52

4. Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus der Behauptung der klägerischen Partei, dass der Vorstandsvorsitzende S1 gesagt haben soll, dass sich auch nach dem Betriebsübergang nichts ändere und alles bleibe wie bisher. Dabei wurde bereits oben darauf hingewiesen, dass jene Behauptung nicht hinreichend konkret war, um ihr im Beweiswege nachzugehen, sodass eine Durchführung einer Beweisaufnahme einer Ausforschung gleichgekommen wäre. Daneben kann die Kammer nicht erkennen, dass eine solche Aussage tatsächlich einen rechtsverbindlichen Erklärungswert gehabt hätte. Selbst in dem nur kursorisch beschriebenen Kontext der behaupteten Aussage lässt diese erkennen, dass sie nur eine salopp gemeinte Bemerkung war, als dass man ihr einen Rechtsbindungswillen hätte entnehmen können. Folglich stellte sie schon keine Willenserklärung dar.

53

5. Letztlich war die Anrechnung der Entgelterhöhung aufgrund der dynamischen Einbeziehung des Bankentarifvertrages auf das übertarifliche Entgelt zulässig. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann der Arbeitgeber eine Tariferhöhung grundsätzlich auf übertarifliche Zulagen anrechnen, sofern dem Arbeitnehmer die Zulage nicht vertraglich als selbständiger Entgeltbestandteil neben dem jeweiligen Tarifentgelt zugesagt war14. Durch die Anrechnung reduziert sich die übertarifliche Zulage. Eine Vereinbarung darüber, dass die Zulage auch nach einer Tariferhöhung als selbständiger Lohnbestandteil weiter gezahlt werden soll, kann nicht nur ausdrücklich geschlossen werden, sondern sich auch aus den besonderen Umständen bei den Vertragsverhandlungen, aus dem Zweck der Zulage - zum Beispiel Ausgleich besonderer Leistungen oder Erschwernisse - oder aus einer betrieblichen Übung ergeben. Allein in der tatsächlichen Zahlung liegt noch keine vertragliche Abrede, die Zulage solle auch nach einer Tariflohnerhöhung als selbständiger Lohnbestandteil neben dem jeweiligen Tariflohn gezahlt werden. Dies gilt auch, wenn die Zulage über einen längeren Zeitraum vorbehaltlos gezahlt und nicht mit Tariflohnerhöhungen verrechnet worden ist15.

54

Inhaltliche Anhaltspunkte dafür, dass eine grundsätzlich mögliche Anrechnung auf den übertariflichen Gehaltsbestandteil in diesem Falle nicht möglich sein sollte, waren für die Kammer nicht ersichtlich. In diesem Zusammenhang konnte die Kammer auch nicht aus der Gesamtzusage vom 10. Juli 2009 etwas anderes erkennen. Insoweit konnte lediglich ein Ansatzpunkt im letzten Satz des zweiten Absatzes gesehen werden, wonach „Dies bedeutet, dass zukünftige Änderungen im Bankentarifvertrag wie z.B. Lohnerhöhungen, neue Regelungen zum Urlaub oder zur Arbeitszeit auch weiterhin für sie alle gelten.“ Im Ergebnis konnte die Kammer diesem Satz jedoch nicht entnehmen, dass eine Geltung der künftigen Änderungen im Bankentarifvertrag bedeuten sollte, dass diese zu effektiven Gehaltssteigerungen ohne Anrechnungsmöglichkeit auf ein übertarifliches Gehalt führen sollten. Insbesondere in dem Kontext, dass mit dieser Gesamtzusage nur die frühere Fragestellung der Qualität der Bezugnahme beantwortet werden sollte, kann nicht der zusätzliche Erklärungsinhalt entnommen werden, dass eine nunmehr unstreitige dynamische Verweisung auf den Bankentarifvertrag darüber hinaus auch eine effektive Lohnsteigerung garantieren würde.

55

Dabei macht es auch keinen Unterschied, ob eine echte Tariflohnerhöhung vorlag, oder aber eine Lohnerhöhung nur aufgrund einer einzelvertraglichen Bezugnahme auf einen Tarifvertrag erfolgte. In beiden Fällen hatte der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer eine Bindungswirkung an die Vereinbarung der Tarifvertragsparteien. Hinsichtlich weiterer Entgeltanteile blieb er jedoch immer frei.

IV.

56

Die klagende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, weil sie unterlegen ist. Dabei beruht die Kostenentscheidung auf § 91 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG. Der gemäß § 61 ArbGG festzusetzende Wert des Streitgegenstandes beträgt nach den im maßgebenden Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung (§ 46 Abs. 2 ArbGG, § 4 Abs. 1 ZPO) gestellten Anträgen die Höhe der geltend gemachte Summe. (§ 3 ZPO in Verbindung mit § 46 Abs. 2 ArbGG).

57

Die Berufung war gemäß § 64 Abs. 2 lit. a) ArbGG gesondert zuzulassen, weil eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache vorlag (§ 64 Abs. 3 Nr. 1 ArbGG). Mit der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache wird das Interesse der Allgemeinheit an der Entscheidung des Rechtsstreits gefordert. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist nur dann zu bejahen, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von einer klärungsfähigen und klärungsbedürftigen Rechtsfrage abhängt und diese Klärung entweder von allgemeiner Bedeutung für die Rechtsordnung ist oder wegen ihrer tatsächlichen Auswirkungen die Interessen der Allgemeinheit oder eines größeren Teils der Allgemeinheit eng berührt16. Die vorliegende Rechtssache ist von allgemeiner Bedeutung. Denn sie betrifft eine Vielzahl von gleich gelagerten Verfahren, welche aufgrund der Entscheidung der Beklagten, welche am 7. September 2016 mitgeteilt wurde, die gleichen Rechtsfragen aufwerfen. Vor dem Hintergrund, dass auch die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Arbeitsverhältnisse von Dauer sind und nicht eine Einmalzahlung sondern fortwährendes Arbeitsentgelt betreffen, sind die Auswirkungen umso erheblicher.

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.

(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 14. Januar 2010 - 7 Sa 851/09 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, die Vergütung des Klägers entsprechend den Tariflohnerhöhungen des Baugewerbes anzupassen.

2

Der Kläger ist seit 1971 in dem Bauunternehmen der Beklagten als Spezialbaufacharbeiter beschäftigt. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag existiert nicht. Die Beklagte gehört keiner Tarifvertragspartei an. Sie zahlt dem Kläger einen Stundenlohn von 15,01 Euro brutto, den sie in den Lohnabrechnungen als „TARIFL. + FREIW. ZULAGE“ ausgewiesen hat. Die freiwillige Zulage belief sich in der Zeit von Februar bis Juli 2008 auf 0,00 Euro.

3

Als Ergebnis der Tarifrunde 2005 wurden am 29. Juli 2005 der allgemeinverbindliche Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (im Folgenden: BRTV-Bau) neu gefasst sowie ein neuer Tarifvertrag zur Regelung der Löhne und Ausbildungsvergütungen im Baugewerbe im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme der fünf neuen Länder und des Landes Berlin (Lohntarifvertrag 2005) abgeschlossen. Gemäß § 3 Nr. 1.1 BRTV-Bau verlängerte sich die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit zum 1. Januar 2006 von 39 auf 40 Wochenstunden. Korrespondierend wurden die Tarifstundenlöhne nach § 2 Abs. 2 Lohntarifvertrag 2005 zunächst um 2,5 % herabgesetzt und zum 1. April 2006 wieder um 1,0 % erhöht. Gemäß § 7 Abs. 1 Lohntarifvertrag 2005 war für die Monate September 2005 bis März 2006 ein Festbetrag von jeweils 30,00 Euro zu zahlen.

4

Diese Regelungen setzte auch die Beklagte in ihrem Unternehmen um und informierte die Beschäftigten mit einem undatierten Aushang.

5

§ 2 Abs. 2 des Lohntarifvertrags vom 20. August 2007 (Lohntarifvertrag 2007) sah Lohnerhöhungen mit Wirkung zum 1. Juni 2007 um 3,1 %, zum 1. April 2008 um 1,5 % sowie zum 1. September 2008 um 1,6 % vor. Nach Lohngruppe 4 betrug der Tarifstundenlohn ab dem 1. Juni 2007 14,18 Euro zuzüglich eines Bauzuschlags von 0,83 Euro, mithin 15,01 Euro.

6

Der Kläger hat Vergütungsdifferenzen aus der Nichtweitergabe der zweiten Tariflohnerhöhung für April bis Juli 2008 geltend gemacht und die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihn nach dem jeweils geltenden Lohntarifvertrag zu vergüten. Er hat die Ansicht vertreten, die Beklagte habe eine betriebliche Übung begründet, dass sie die im Baugewerbe jeweils vereinbarten Erhöhungen der Tarifentgelte schulde.

7

Der Kläger hat - sinngemäß - beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 166,20 Euro brutto nebst Zinsen zu zahlen;

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn nach dem jeweiligen Tarifvertrag zur Regelung der Löhne und Ausbildungsvergütungen im Baugewerbe im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu entlohnen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie habe zu keiner Zeit zum Ausdruck gebracht, dass sie trotz fehlender Tarifbindung auch die künftige Tariflohnentwicklung übernehmen werde.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Vergütung nach den jeweils gültigen Lohntarifverträgen des Baugewerbes.

11

1. Ein solcher Anspruch besteht nicht aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG), denn die Beklagte ist weder Mitglied des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes e. V. noch des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie e. V. Der Lohntarifvertrag 2007 wurde zudem nicht für allgemeinverbindlich erklärt (§ 5 Abs. 4 TVG) oder kraft Rechtsverordnung (§ 1 Abs. 3a AEntG 2007 bzw. § 7 Abs. 1 AEntG 2009)erstreckt.

12

2. Die Parteien haben eine Anwendung des Lohntarifvertrags 2007 und zukünftiger Lohntarifverträge des Baugewerbes weder vertraglich ausdrücklich vereinbart, noch ist eine betriebliche Übung entstanden, die vertragliche Vergütung jeweils an diesen Lohntarifverträgen auszurichten.

13

a) Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Entscheidend für die Entstehung eines Anspruchs ist nicht der Verpflichtungswille, sondern wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen musste und durfte. Im Wege der Auslegung des Verhaltens des Arbeitgebers ist zu ermitteln, ob der Arbeitnehmer davon ausgehen musste, die Leistung werde nur unter bestimmten Voraussetzungen oder nur für eine bestimmte Zeit gewährt (st. Rspr., vgl. nur BAG 16. Januar 2002 - 5 AZR 715/00 - zu I 1 der Gründe, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 56 = EzA TVG § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 37; 13. März 2002 - 5 AZR 755/00 - zu II 1 der Gründe, EzA ZPO § 259 Nr. 1; 3. November 2004 - 5 AZR 73/04 - zu III 1 a der Gründe). Entstehung und Inhalt einer betrieblichen Übung unterliegen der unbeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht (vgl. BAG 28. Juni 2006 - 10 AZR 385/05 - Rn. 39, BAGE 118, 360).

14

b) Bei einem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber - wie der Beklagten - wird eine betriebliche Übung der Erhöhung der Löhne und Gehälter entsprechend der Tarifentwicklung in einem bestimmten Tarifgebiet nur entstehen, wenn es deutliche Anhaltspunkte im Verhalten des Arbeitgebers dafür gibt, dass er auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariflohnerhöhungen übernehmen will (BAG 23. März 2011 - 4 AZR 268/09 -).

15

aa) Ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber will sich grundsätzlich nicht für die Zukunft der Regelungsmacht der Verbände unterwerfen. Dies ist gerade Sinn des nicht erfolgten Beitritts zu einem Arbeitgeberverband. Die fehlende Tarifbindung verdeutlicht den Willen des Arbeitgebers, die Erhöhung der Löhne und Gehälter zukünftig nicht ohne Beitrittsprüfung entsprechend der Tarifentwicklung vorzunehmen. Die nicht vorhersehbare Dynamik der Lohnentwicklung und die hierdurch verursachten Personalkosten sprechen grundsätzlich gegen einen objektiv erkennbaren rechtsgeschäftlichen Willen des Arbeitgebers für eine dauerhafte Entgeltanhebung entsprechend der Tarifentwicklung in einem bestimmten Tarifgebiet. Mit den in Anlehnung an Tariflohnerhöhungen erfolgenden freiwilligen Lohnsteigerungen entsteht lediglich ein Anspruch der Arbeitnehmer auf Fortzahlung dieses erhöhten Lohns, nicht aber zugleich eine Verpflichtung des Arbeitgebers, auch künftige Tariflohnerhöhungen weiterzugeben. Der nicht tarifgebundene Arbeitgeber will seine Entscheidungsfreiheit über die künftige Lohn- und Gehaltsentwicklung behalten. Darin unterscheidet sich dieser Sachverhalt von der betrieblichen Übung bei der Gewährung von Zulagen oder Jahressonderzahlungen. Hierbei entstehen zwar auch weitere Kosten. Diese sind aber statisch und damit vorhersehbar und nicht unüberschaubar dynamisch ausgestaltet (vgl. BAG 16. Januar 2002 - 5 AZR 715/00 - zu I 2 der Gründe, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 56 = EzA TVG § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 37; 13. März 2002 - 5 AZR 755/00 - zu II 2 der Gründe, EzA ZPO § 259 Nr. 1; 3. November 2004 - 5 AZR 73/04 - zu III 1 b der Gründe; 9. Februar 2005 - 5 AZR 284/04 - zu III 3 b der Gründe).

16

bb) Es kommt hinzu, dass der tarifgebundene Arbeitgeber durch Austritt aus dem tarifschließenden Verband die Anwendbarkeit künftiger Tariflohnerhöhungen vermeiden kann (§ 3 Abs. 3 TVG). Eine betriebliche Übung wird bei Tarifbindung des Arbeitgebers allein aufgrund regelmäßiger Erhöhungen nicht entstehen können. Denn es ist anzunehmen, der Arbeitgeber wolle nur den gesetzlichen Verpflichtungen des Tarifvertragsgesetzes Rechnung tragen und seine Arbeitnehmer gleich behandeln. Der nicht tarifgebundene Arbeitgeber, der sich (zeitweise) wie ein tarifgebundener Arbeitgeber verhält, darf deswegen nicht schlechter stehen als dieser, nämlich auf Dauer ohne Austrittsmöglichkeit (vertraglich) gebunden sein. Das muss der Arbeitnehmer erkennen, falls die Frage der Tarifbindung seines Arbeitgebers überhaupt eine Rolle für ihn spielt. Deshalb darf er in keinem Falle von einer dauerhaften Bindung des Arbeitgebers ausgehen (vgl. BAG 3. November 2004 - 5 AZR 622/03 - zu II 5 der Gründe, AP BGB § 611 Lohnanspruch Nr. 28 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 4; 9. Februar 2005 - 5 AZR 284/04 - zu III 3 b der Gründe).

17

c) Die danach erforderlichen deutlichen Anhaltspunkte für eine dauerhafte Unterwerfung der Beklagten unter die Regelungsmacht der Parteien der Lohntarifverträge fehlen, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend festgestellt hat.

18

aa) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht den Lohnabrechnungen keine Bedeutung beigemessen.

19

(1) Es ist unerheblich, dass die Beklagte den Stundenlohn in den Lohnabrechnungen als „Tariflohn“ ausgewiesen hat. Lohnabrechnungen geben nur die Höhe der aktuellen Vergütung wieder. Sie dokumentieren lediglich den konkret abgerechneten Lohn, bestimmen aber nicht den Anspruch. Ein weitergehender Erklärungswert über zukünftige Ansprüche kommt ihnen allein aufgrund der Angabe „Tariflohn“ nicht zu (vgl. BAG 3. November 2004 - 5 AZR 622/03 - zu II 2 der Gründe, AP BGB § 611 Lohnanspruch Nr. 28 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 4; 9. Februar 2005 - 5 AZR 284/04 - zu III 3 c cc der Gründe).

20

(2) Die von der Beklagten vorgenommene Unterscheidung zwischen einem „Tariflohn“ und einer „freiwilligen Zulage“ (iHv. 0,00 Euro) spricht ebenfalls nicht für eine betriebliche Übung der Lohnerhöhung gemäß der Tarifentwicklung im Baugewerbe. Diese Unterscheidung macht zwar wegen der fehlenden Tarifbindung der Beklagten wenig Sinn. Sie stellt jedoch kein hinreichendes Indiz für einen entsprechenden objektiv erkennbaren rechtsgeschäftlichen Willen der Beklagten dar, die Vergütung stets am Tariflohn auszurichten (vgl. BAG 16. Januar 2002 - 5 AZR 715/00 - zu I 4 b der Gründe, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 56 = EzA TVG § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 37).

21

bb) Es kann zugunsten des Klägers unterstellt werden, dass die Beklagte in der Vergangenheit regelmäßig Lohnerhöhungen entsprechend der Tarifentwicklung vorgenommen hat. Die einzelnen Lohnerhöhungen bezogen sich im Zweifel jedoch nur auf den konkreten Fall und waren nicht geeignet, ein Vertrauen darauf zu begründen, die Beklagte würde „für alle Zeiten“ weiter so verfahren. Der Kläger konnte ohne besonderen Hinweis lediglich davon ausgehen, die Beklagte habe sich nach Prüfung aller Umstände lediglich anlässlich der konkreten Lohnerhöhung für eine Übernahme der Tariflohnerhöhungen entschieden.

22

cc) Damit hätte es neben den regelmäßigen Erhöhungen zusätzlicher Anhaltspunkte bedurft, um eine betriebliche Übung annehmen zu können. Das Landesarbeitsgericht hat derartige Umstände im Zusammenhang mit Lohnveränderungen vor 2006 nicht festgestellt. Das vom Kläger angeführte Verhalten der Beklagten nach Ende der Tarifrunde 2005 ergibt ebenfalls keine deutlichen Anhaltspunkte für eine betriebliche Übung auf zukünftige Lohnerhöhungen entsprechend der Tariflohnentwicklung.

23

(1) Mit § 3 Nr. 1.1 des allgemeinverbindlichen BRTV-Bau wurde der Beklagten zum 1. Januar 2006 tariflich eine Arbeitszeiterhöhung von 39 auf 40 Wochenstunden vorgegeben. Wenn sie sich in dieser speziellen Situation „zur Abfederung“ an dem damals aktuellen Lohntarifvertrag 2005 orientierte, kann dem kein weitergehender Erklärungswert beigemessen werden als vorherigen Tariflohnerhöhungen. Die Beklagte hat lediglich - nach Prüfung „auch diesmal wieder“ - eine Entscheidung für den Einzelfall getroffen. Es kommt hinzu, dass es sich um eine für die Beklagte günstige Entwicklung des Lohntarifvertrags handelte. Eine Lohnsenkung entsprechend tariflichen Regelungen besagt gerade nichts über einen Willen zu dauerhaften automatischen Lohnerhöhungen, ungeachtet der Frage, ob die einseitige Lohnsenkung in dieser Form gegenüber dem Kläger rechtlich wirksam durchgeführt werden konnte.

24

(2) Die Beklagte hat auch nicht dadurch deutliche Anhaltspunkte für einen Willen zur dauerhaften automatischen Weitergabe von Tariflohnerhöhungen gesetzt, dass sie in ihrem Aushang sogleich nach der Lohnsenkung zum 1. Januar 2006 um 2,5 % eine Lohnerhöhung zum 1. April 2006 um 1,0 % avisierte. Zum einen handelte es sich um eine prozentual bereits feststehende Lohnerhöhung nach nur drei Monaten. Zum anderen und vor allem ging es nur um eine teilweise Wiedererhöhung nach vorheriger Lohnsenkung im Rahmen eines Gesamtpakets. Sie glich lediglich die kurz zuvor erfolgte Lohnkürzung teilweise wieder aus. Auch die Formulierung des Aushangs „Tarifänderungen ab 2006“ ergibt keine Hinweise darauf, dass die Beklagte von einer bereits zuvor begründeten betrieblichen Übung iS einer dynamischen Verweisung auf den jeweils geltenden Lohntarifvertrag (vgl. BAG 20. Juni 2001 - 4 AZR 290/00 - zu A II 4 c bb der Gründe, EzA BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 45)ausging. Die Beklagte hat weder erklärt, dass die Absenkung des Tarifstundenlohns für sie in Wahrheit nicht „verbindlich“ sei, noch dass sie sich aufgrund einer bereits erfolgten dynamischen Bezugnahme auf den Lohntarifvertrag ohne weiteres für berechtigt hielt, den Stundenlohn abzusenken.

25

d) Eine allgemeine Bezugnahme auf tarifvertragliche Regelungen durch betriebliche Übung (vgl. BAG 17. April 2002 - 5 AZR 89/01 - zu I 1 der Gründe, BAGE 101, 75) besteht nicht. Selbst wenn die Beklagte gemäß dem pauschalen Klägervortrag stets „in sämtlichen Bereichen eine Bindung an die“ Tariflage gewünscht haben sollte, bedeutete dies zunächst nur, dass sie die jeweils aktuellen und ihr bereits bekannten Tarifregelungen in ihrem Unternehmen anwenden wollte. Ohne weitere Anhaltspunkte, die der Kläger nicht benannt hat, besagte eine solche Verfahrensweise wiederum nichts darüber, dass sie auch künftige, ihr noch unbekannte und daher in ihrer Tragweite nicht absehbare Tarifentwicklungen auf Dauer übernehmen wollte. Auch das vom Kläger gegen die Beklagte erstrittene Urteil des Zehnten Senats vom 18. März 2009 (- 10 AZR 281/08 - BAGE 130, 21) bestätigt keine entsprechende betriebliche Übung. Der Zehnte Senat hat nicht erkannt, dass dem Kläger ein „Weihnachtsgeld“ - geschweige denn ein Stundenlohn - stets in der jeweiligen tariflichen Höhe zustehe. Der Aushang der Beklagten zur Winterbeschäftigungs-Umlage hat ebenfalls keine Bedeutung. Er verhielt sich ausschließlich zu normativ wirkenden gesetzlichen und bundesrahmentarifvertraglichen Vorgaben und ließ keine Rückschlüsse auf einen Willen der Beklagten zur Weitergabe künftiger Tarifrechtsänderungen zu.

26

Die Parteien haben nicht aufgrund betrieblicher Übung eine Gleichstellungsabrede getroffen. Es kann dahinstehen, ob an der Entscheidung des Ersten Senats vom 19. Januar 1999 (- 1 AZR 606/98 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 9 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 10) nach der neueren Rechtsprechung des Vierten Senats zu Gleichstellungsabreden (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 25 ff., BAGE 122, 74; 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - AP BGB § 613a Nr. 391 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 51) noch festzuhalten ist, denn die Beklagte ist nicht kraft Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband an Entgelttarifverträge gebunden, so dass die vom Ersten Senat zugrunde gelegten Voraussetzungen einer Gleichstellungsabrede kraft betrieblicher Übung weder vor noch nach dem 1. Januar 2002 vorlagen.

27

3. Die Beklagte hat sich durch die Weitergabe der ersten Lohnerhöhung zum 1. Juni 2007 um 3,1 % gemäß § 2 Abs. 2 Lohntarifvertrag 2007 nicht dazu verpflichtet, wenigstens die beiden weiteren in dieser Tarifnorm vorgesehenen Lohnsteigerungen an den Kläger weiterzugeben. Auch insoweit hat die Beklagte erneut nur eine freiwillige Lohnerhöhung in Anlehnung an eine Tariflohnerhöhung vorgenommen und nicht etwa eine Tarifregelung insgesamt in Bezug genommen. Sie hat auch keinen Aushang zu „mehrschrittigen“ Tarifänderungen verfasst.

28

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    W. Hinrichs    

        

    Dombrowsky    

                 

Tenor

1. Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. Februar 2009 - 3 Sa 1376/08 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kostenentscheidung des Landesarbeitsgerichts wird aufgehoben. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger zu gleichen Teilen zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die dynamische Anwendung der Entgelttarifverträge der Bauwirtschaft auf ihr Arbeitsverhältnis und sich daraus ergebende Zahlungsansprüche.

2

Die Beklagte ist ein Unternehmen der Entsorgungswirtschaft und beschäftigt insgesamt etwa 260 Mitarbeiter. Beide Kläger sind bei der Beklagten seit 1. Oktober 1992 beschäftigt, der Kläger zu 1) als Projektingenieur und der Kläger zu 2) als Gerätefahrer im Straßenbau.

3

Die Beklagte hatte bereits am 24. Oktober 1990 mit der Industriegewerkschaft Bau-Steine-Erden (IG BSE) einen Haustarifvertrag vereinbart, der ua. wie folgt lautet:

        

Vergütung

        

…       

        

Hinsichtlich der Vergütung für die gewerblichen Arbeitnehmer, Angestellte und Auszubildende sind die Tarifverträge LTV und GTV ehemals Berlin (West) für das Bauhauptgewerbe mit folgender Maßgabe anzuwenden, daß die darin enthaltenen Vergütungen ab 1.11.1990 mit 65 % in Ansatz gebracht werden. Die Festlegung hat nach kaufmännischer Rundung zu erfolgen.

        

Dieses gilt für die regelmäßige Arbeitszeit ab 1.11.1990 bei einer 42-Stunden-Woche und einer monatlichen durchschnittlichen Arbeitszeit von 183 Stunden. Die Arbeitszeit für 2-Schichtler beträgt ebenfalls 42 Stunden und für den 3-Schichtler 40 Stunden pro Woche auf der Basis der Vergütung der Regelarbeitszeit. Ab 1.1.1991 wird die regelmäßige 40-Stunden-Woche eingeführt. Die 2-Schichtler haben ebenfalls 40-Stunden-Woche, die 3-Schichtler eine 38-Stunden-Woche auf der Basis der Vergütung der Regelarbeitszeit. Als Ausgleich für die Arbeitszeitverkürzung bleiben die Gehälter gleich. Bei gewerblichen Arbeitnehmern erhöht sich der jeweilige tarifliche Stundenlohn um 5,2 %.

        

Die so entstandene Basis am 1.1.1991 ist die Grundlage für eine 10-prozentige Erhöhung ab 1.4.1991. Diese Regelung gilt bis zum 30.9.1991. Ab 1.10.1991 wird eine weitere Lohnerhöhung festgelegt. Auf der Basis 1.4.1991 der jeweiligen Vergütung wird ein Zuschlag von 10 % für alle Arbeitnehmer gewährt. Diese Regelung gilt bis zum 31.3.1992.

        

…       

        

Zuschlagsregelungen für 2-Schicht- und 3-Schichtarbeiter

        

Arbeitnehmer im 2-Schichtsystem erhalten einen Zuschlag für ihre gesamte tatsächlich verbrachte Arbeitszeit in Höhe von 7,5 % des Tarifstundenlohnes der Lohngruppe III.

        

Für Arbeitnehmer im 3-Schichtbetrieb beträgt dieser Zuschlag 12,5 %.“

4

Die IG BSE kündigte den Haustarifvertrag zum 31. März 1992. Die darauf folgenden Tarifverhandlungen zwischen den Tarifvertragsparteien blieben ergebnislos.

5

Der Arbeitsvertrag des Klägers zu 2) stammt vom 2. November 1992, der Arbeitsvertrag des Klägers zu 1) ist undatiert. Beide Arbeitsverträge gelten „mit Wirkung vom 01.10.1992“. Sie enthalten ua. folgende Bestimmungen:

        

„1.     

        

Sie werden entsprechend der ausgeübten Tätigkeit in die tarifliche Gehaltsgruppe T 4, Beschäftigungsjahr 1 [Kl. zu 2): Lohngruppe MIII 1] eingestuft.

        

Auf der Grundlage der Einstufung erhalten Sie folgende monatliche Bruttovergütung [Kl. zu 2): folgenden monatlichen Bruttostundenlohn]:

        

Gehaltsgruppe T 4, Beschäftigungsjahr 1

DM 3612,00

        

[Kl. zu 2): Bruttostundenlohn

DM 18,52

        

Schichtzuschlag

DM ………..]

        

AT/ Zulage

DM ………..

        

……………….

DM ………..

        

Gesamt

DM 3612,00

                 

[Kl. zu 2):

                 

DM 18,52]

        

Basis: Rahmentarifvertrag [Kl. zu 2): BRTV] für das Baugewerbe (in Verbindung mit der Arbeitsordnung) in der jeweils gültigen Fassung, HTV der M mbH vom 24.10.1990.

        

…       

        

Außertarifliche Gehaltsbestandteile [Kl. zu 2): Lohnbestandteile] werden von der Firma freiwillig gewährt und stehen unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufes. Sie sind bei einer Erhöhung der Gehaltstarife [Kl. zu 2): Lohntarife], beim Aufrücken in eine höhere Gehaltsstufe [Kl. zu 2): Lohnstufe] und bei Höhergruppierungen anrechenbar.“

6

Die Beklagte bezahlte den Klägern in der Folgezeit eine Vergütung, die den zwischen dem Zentralverband des Deutschen Baugewerbes und dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie einerseits und der IG BSE bzw. IG BAU andererseits vereinbarten Gehalts- und Lohntarifverträgen für das Baugewerbe im Beitrittsgebiet entsprach.

7

Am 20. November 1995 vereinbarte die Beklagte mit dem Gesamtbetriebsrat eine „Betriebsvereinbarung über die Lohn- und Gehaltszahlung in der M mbH“ (GBV 1995), deren Ziffer 1 wie folgt lautet:

        

„1.     

Soweit nicht im Einzelfall ein höheres Arbeitsentgelt vereinbart ist, richtet sich die Höhe des Lohnes bzw. Gehaltes nach den geltenden Tarifverträgen;

                 

-       

Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe

                 

-       

Rahmentarifvertrag für die techn. und kaufm. Angestellten des Baugewerbes“

8

Am 26. April 1999 fand zwischen der Geschäftsführung der Beklagten und Vertretern der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) ein Gespräch statt. Darüber erstellte die Beklagte eine „Protokollnotiz“ vom 27. April 1999, die auszugsweise wie folgt lautet:

        

„Im weiteren Verlauf erklärt die Geschäftsleitung den Vertretern der IG Bau verbindlich:

        

Die M fällt auf Grund ihrer Betriebsstruktur nicht unter die Tarifgebundenheit. Die M hat sich an die Tarife der Bauindustrie angelehnt und die entsprechenden Tarifbewegungen bei Löhnen und Gehältern ohne Rechtsanspruch bis heute mitvollzogen. Die M wird auch künftig für den Kernbereich und für Beschäftigte, deren Eingruppierung sich aus dem BRTV bzw. RTV ableitet, nach diesen Grundsätzen die entsprechenden Lohn- und Gehaltstarife anwenden. Der Haustarifvertrag vom 24.10.1990 hat, soweit er nicht bereits in den einzelnen Punkten realisiert worden ist, weiter Bestand.“

9

Das Landesarbeitsgericht hat keine Feststellungen darüber getroffen, ob die Arbeitnehmer von der Protokollnotiz Kenntnis erlangten. Es führt aus, die örtlichen Betriebsräte hätten „nach dem Vortrag der Kläger“ die Protokollnotiz am „Schwarzen Brett“ ausgehängt. Die Beklagte hat einen Aushang jedenfalls nicht veranlasst.

10

Der Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft e.V. (BDE) und die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) vereinbarten am 24. Oktober 2001 einen ab 1. Januar 2002 geltenden Bundes-Entgeltrahmentarifvertrag (ETV Entsorgung 2002) und am 3. Dezember 2004 sowie am 3. Juni 2008 Folgetarifverträge. Der Bundes-Entgeltrahmentarifvertrag und die Folgetarifverträge enthalten zum fachlichen Geltungsbereich folgende Regelung:

        

„§ 1   

        

Geltungsbereich

        

…       

        

2. fachlich:

für alle Unternehmen, die Mitglied des Arbeitgeberverbandes BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft e.V. sind.“

11

Die Satzung des BDE sieht für den Beitritt neuer Mitglieder folgende Bestimmung vor:

        

„§ 3   

        

Mitgliedschaften

        

…       

        

(2)     

Die Mitgliedschaft unterscheidet zwischen ordentlichen, korporativen, fördernden sowie ausländischen Mitgliedern:

                 

a)    

Ordentliches Mitglied

                          

können alle Unternehmen und Betriebe der Kreislauf- und Entsorgungswirtschaft sowie der Wasser- und Abwasserwirtschaft einschließlich der mit diesen verwandten Servicebetrieben werden, die in privater Rechtsform organisiert, tatsächlich operativ tätig sind und in der Bundesrepublik Deutschland ihren Sitz oder eine Betriebsstätte haben; ist ihr Sitz im Freistaat Bayern gelegen, gehören diese Mitglieder in der Regel dem korporativen Mitglied des Bundesverbandes, nämlich dem ‚VBS - Verband Bayerischer Entsorgungsunternehmen e.V. - Kreislaufwirtschaft und Städtereinigung -’ an.

                 

…“    

        
12

Die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes vereinbarten am 20. Dezember 2001 den mit Wirkung vom 1. März 2002 in Kraft getretenen Tarifvertrag zur Einführung neuer Gehaltsstrukturen für die Angestellten und Poliere des Baugewerbes. Die Gehaltsgruppe T 4, ab 3. Berufsjahr, (alt) wurde zur Gehaltsgruppe A VII (neu). Die sich hieraus ergebende Vergütungssteigerung von monatlich 27,00 Euro brutto gab die Beklagte nicht an den Kläger zu 1) weiter. Aufgrund des Tarifvertrages zur Einführung neuer Lohnstrukturen für die gewerblichen Arbeitnehmer des Baugewerbes vom 4. Juli 2002 wurde die Lohngruppe M III 2 (alt) mit Wirkung vom 1. September 2002 zur Lohngruppe 4 für Baumaschinenführer (neu).

13

Die für die Bauwirtschaft vereinbarten prozentualen Entgelterhöhungen zum 1. September 2002 und 1. April 2003 übernahm die Beklagte und erklärte in gleichlautenden - jeweils undatierten - Schreiben an alle Mitarbeiter im Jahr 2002:

        

„Trotz der angespannten Lage des Unternehmens erfolgt ab 01.09.2002 die Anpassung mit 3,2 % an die Höhe der Löhne und Gehälter der Bauindustrie. Das heißt, die M mbH erhöht selbst unter den schwierigen Rahmenbedingungen die Löhne und Gehälter aller Mitarbeiter.“

und im Jahr 2003:

        

„Trotz der angespannten Lage des Unternehmens hat sich die Geschäftsführung entschieden, auch unter den schwierigen Rahmenbedingungen ab 01.04.2003 eine Erhöhung der Löhne und Gehälter um 2,4% durchzuführen.“

14

In den Jahren 2004 und 2005 gab es keine tariflichen Entgelterhöhungen im Baugewerbe. Auch die Beklagte erhöhte die Vergütungen nicht.

15

Im Bereich der Angestellten erhöhte sich zum 1. Januar 2006 die tarifliche regelmäßige Arbeitszeit von 39 auf 40 Wochenstunden ohne Erhöhung des Gehalts. Bei den gewerblichen Arbeitnehmern vereinbarten die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes ebenfalls mit Wirkung vom 1. Januar 2006 eine Erhöhung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 39 auf 40 Stunden unter gleichzeitiger Absenkung des Stundenlohnes um 2,5 %. Die Beklagte gab weder die Arbeitszeiterhöhung noch die Lohnsenkung an die Mitarbeiter weiter. Auch die mit Wirkung vom 1. April 2006 vorgesehene tarifliche Erhöhung der Gehälter und Löhne in der Bauwirtschaft um 1 % übernahm die Beklagte nicht.

16

Am 20. August 2007 vereinbarten die Tarifvertragsparteien der Bauwirtschaft den Tarifvertrag zur Regelung der Gehälter und Ausbildungsvergütungen für die Angestellten und Poliere des Baugewerbes im Beitrittsgebiet mit Ausnahme des Landes Berlin (TV Bau Gehalt/Ost) und den Tarifvertrag zur Regelung der Löhne und Ausbildungsvergütungen im Baugewerbe im Beitrittsgebiet mit Ausnahme des Landes Berlin (TV Bau Lohn/Ost) mit Wirkung vom 1. April 2007. Danach erhöhte sich das Tarifentgelt für die Angestellten und die gewerblichen Mitarbeiter zum 1. Juni 2007 einheitlich um 3,1 %. Das Gehalt in der Gehaltsgruppe A VII beträgt danach 3.073,00 Euro, der Gesamttarifstundenlohn der „Baumaschinenführer der Lohngruppe 4“ 13,61 Euro. Die Beklagte erhöhte die Entgelte ihrer Arbeitnehmer auch diesmal nicht. Sie zahlte dem Kläger zu 1) weiterhin ein Monatsgehalt von 2.924,00 Euro brutto und dem Kläger zu 2) einen Stundenlohn von 13,42 Euro brutto sowie zusätzlich einen Schichtzuschlag von 7,5 %.

17

Der Kläger zu 1) machte mit Schreiben vom 15. Oktober 2007 die „Anpassung an die tarifliche Entlohnung“ und mit Schreiben vom 11. Dezember 2007 einen - in rechnerischer Höhe unstreitigen - Differenzbetrag von 432,00 Euro für die Zeit von Juni bis November 2007 geltend. Der Kläger zu 2) forderte mit Schreiben vom 7. Dezember 2007 Unterschiedsbeträge für denselben Zeitraum in ebenfalls unstreitiger Höhe von insgesamt 204,56 Euro.

18

Die Kläger verlangen mit ihrer Klage die Weitergabe der 3,1 %-igen Tariferhöhung zum 1. Juni 2007 nach dem TV Bau Gehalt/Ost und dem TV Bau Lohn/Ost sowie im Wege der Feststellungsklage die Zahlung künftiger Tariferhöhungen. Sie haben die Auffassung vertreten, die auf der Anwendung der Bau-Entgelttarifverträge beruhenden Ansprüche ergäben sich aus der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel, aus der GBV 1995, aus der Protokollnotiz vom 27. April 1999 sowie aus dem Grundsatz der betrieblichen Übung. Der Arbeitsvertrag enthalte in Ziffer 1 eine dynamische Verweisungsklausel, welche nicht nur den (Bundes-)Rahmentarifvertrag für das Baugewerbe, sondern auch den jeweils geltenden Entgelttarifvertrag des Baugewerbes erfasse. Die GBV 1995 verweise angesichts der Formulierung „Höhe des Lohnes bzw. Gehaltes“ ebenfalls auf die Entgelttarifverträge des Baugewerbes. Außerdem ergebe sich ein Anspruch aus der Protokollnotiz vom 27. April 1999, welche eine Gesamtzusage des Arbeitgebers darstelle. Schließlich sei durch die jahrzehntelange Weitergabe der Tariferhöhungen eine betriebliche Übung entstanden. Die strenge Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Entstehen einer betrieblichen Übung bei der Weitergabe von Tariferhöhungen durch nicht tarifgebundene Arbeitgeber sei nicht einschlägig, weil die Beklagte auch durch den Beitritt zu den Arbeitgeberverbänden der Bauwirtschaft keine normative Geltung der Bautarifverträge hätte herbeiführen können. Der Unterschied zu den vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fällen liege darin, dass die Beklagte als Betrieb der Entsorgungswirtschaft nicht dem betrieblichen Geltungsbereich der Bautarifverträge unterfalle. Außerdem ergäben sich besondere Anhaltspunkte für einen Bindungswillen der Beklagten aus dem Arbeitsvertrag, aus der GBV 1995 und der Protokollnotiz.

19

Die Kläger haben zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu 1) brutto 405,00 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 17. März 2008 zu zahlen,

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger zu 1) ab dem 1. März 2008 39/40 des jeweiligen Tabellenentgelts der Vergütungsgruppe A VII nach dem jeweils geltenden Tarifvertrag zur Regelung der Gehälter und Auszubildendenvergütungen für Angestellte im Baugewerbe (TV Bau Gehalt/Ost) abzüglich 27,00 Euro monatlich zu zahlen,

        

3.    

die Beklagte weiter zu verurteilen, an den Kläger zu 2) 306,89 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 17. März 2008 zu zahlen,

        

4.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger zu 2) ab dem 1. März 2008 das Tabellenentgelt der Lohngruppe 4 für Baumaschinenführer des jeweils geltenden Tarifvertrages zur Regelung der Löhne und Auszubildendenvergütungen im Baugewerbe (TV Bau Lohn/Ost) einschließlich des Bauzuschlages zu zahlen.

20

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Entgelttarifverträge des Baugewerbes seien nicht anwendbar. Der Arbeitsvertrag enthalte nur in Bezug auf den (Bundes-)Rahmentarifvertrag eine dynamische Verweisung, hinsichtlich des Entgelts sei die Verweisung auf die Gehaltsgruppe statisch. Die GBV 1995 verweise nicht auf einen Entgelttarifvertrag und sei im Übrigen wegen der Sperrwirkung der Bundes-Entgelttarifverträge der Entsorgungswirtschaft gemäß § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam. Aus der Protokollnotiz ergebe sich bereits nach deren Wortlaut kein Anspruch. Eine betriebliche Übung sei entsprechend der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Weitergabe von Tariferhöhungen bei tarifungebundenen Arbeitgebern nicht entstanden. Besondere Anhaltspunkte für einen Bindungswillen des Arbeitgebers lägen nicht vor, insbesondere könnten diese sich nicht aus dem Arbeitsvertrag, aus der GBV 1995 oder der Protokollnotiz ergeben. Hilfsweise argumentiert die Beklagte, sie habe die betriebliche Übung durch eine gegenläufige betriebliche Übung wieder beendet.

21

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung stattgegeben und die Klage abgewiesen. Mit der Revision streben die Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils an. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

22

Die zulässige Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung der Beklagten in der Hauptbegründung weitgehend rechtsfehlerfrei stattgegeben.

23

I. Die Klage ist teilweise unzulässig. Die Feststellungsanträge 2 und 4 sind nur insoweit zulässig, als sie sich auf die Anwendbarkeit des TV Bau Gehalt/Ost vom 20. August 2007 und des TV Bau Lohn/Ost vom 20. August 2007 beziehen. Die beantragte Verpflichtung zur Anwendung des „jeweils geltenden“ Entgelttarifvertrages betrifft künftige Entgelttarifverträge, die nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein können.

24

1. Gemäß § 256 Abs. 1 ZPO kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Dabei muss die Feststellung grundsätzlich auf ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis gerichtet sein (BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 566/04 - zu II 1 der Gründe, BAGE 115, 12; BGH 13. März 2001 - VI ZR 290/00 - MDR 2001, 829). Dieses muss so genau bezeichnet sein, dass über seine Identität und damit über den Umfang der Rechtskraft des begehrten Feststellungsanspruchs keinerlei Ungewissheit herrschen kann. Dagegen können nicht absehbare künftige Ansprüche nicht zum Gegenstand einer Feststellungsklage gemacht werden (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 136/05 - zu 1 und 2 a der Gründe). Eine Klage auf Feststellung von Rechtsfolgen aus einem erst künftig (möglicherweise) entstehenden Rechtsverhältnis ist unzulässig.

25

2. Dieser Grenzziehung genügen die Anträge 2 und 4 nur zum Teil. Sie betreffen neben der Verpflichtung zur Anwendung des gegenwärtigen TV Bau Gehalt/Ost und des gegenwärtigen TV Bau Lohn/Ost auch die Verpflichtung zur Anwendung der „jeweils geltenden“, dh. der künftigen Entgelttarifverträge. Die Rechtsverhältnisse aus künftigen Entgelttarifverträgen sind nicht gegenwärtig. Die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes vereinbaren zwar üblicherweise regelmäßig Tariferhöhungen in eigenständigen Entgelttarifverträgen. Solange ein künftiger Tarifvertrag noch nicht abgeschlossen ist, kann jedoch auch eine Verpflichtung zu seiner Anwendung noch nicht festgestellt werden. So ist zB nicht auszuschließen, dass die Tarifvertragsparteien der hier streitigen Tarifverträge die Geltungsbereiche künftiger Tarifverträge anders formulieren als bisher und deswegen eine Anwendung auf die Kläger ausscheidet. Weiter ist denkbar, dass die Tarifvertragsparteien keine eigenständigen Lohn- und Gehaltstarifverträge „Ost“ und „West“ mehr abschließen, sondern einen bundeseinheitlichen Entgelttarifvertrag.

26

II. Die ansonsten zulässige Klage ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat in seiner Hauptbegründung rechtsfehlerfrei entschieden, dass für die Anwendung der Entgelttarifverträge des Baugewerbes keine Anspruchsgrundlage besteht. Ein Anspruch folgt weder aus dem Arbeitsvertrag noch aus der GBV 1995 noch aus der Protokollnotiz vom 27. April 1999 noch aus einer betrieblichen Übung.

27

1. Ein Anspruch auf Anwendung des TV Bau Gehalt/Ost oder des TV Bau Lohn/Ost ergibt sich nicht aus der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel.

28

a) Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass der Arbeitsvertrag hinsichtlich der Höhe der Vergütung nur eine Bezugnahme auf den Haustarifvertrag enthalte. Der Haustarifvertrag wiederum verweise nicht dynamisch auf die Entgelttarifverträge des Baugewerbes, sondern verpflichte zur Zahlung eines prozentualen Anteils der Bautarife. Steigerungen seien danach nur bis zum 31. März 1992 vorgesehen gewesen.

29

b) Diese Auffassung begegnet keinen revisionsrechtlichen Bedenken; auch die Revisionsbegründung der Kläger erhebt diesbezüglich keine ausdrückliche Rüge.

30

aa) Der Arbeitsvertrag nennt in Ziffer 1 zunächst die „tarifliche Gehaltsgruppe T 4“ bzw. die „tarifliche Lohngruppe MIII 1“. Als „Basis“ hierfür wird an erster Stelle der „Rahmentarifvertrag für das Baugewerbe“ bzw. der „BRTV für das Baugewerbe“ angeführt. Der Zusatz „in der jeweils gültigen Fassung“ zeigt, dass die Verweisung auf den (Bundes-)Rahmentarifvertrag des Baugewerbes dynamisch ist, enthält jedoch keine Verweisung auf die jeweiligen Entgelttarifverträge. Das Landesarbeitsgericht weist zutreffend darauf hin, dass im Baugewerbe die tariflichen Entgeltregelungen in eigenständigen Entgelttarifverträgen vereinbart wurden und werden. Das im Arbeitsvertrag bezifferte Gehalt in Höhe von 3.612,00 DM bzw. der genannte Stundenlohn in Höhe von 18,52 DM entsprechen nicht den Vergütungen nach den damals geltenden Entgelttarifverträgen. Das Tarifgehalt der Tarifgruppe T 4 im ersten Berufsjahr betrug nach dem Tarifvertrag zur Regelung der Gehälter und Ausbildungsvergütungen für die Angestellten des Baugewerbes im Beitrittsgebiet (ausgenommen Berlin-Ost) vom 19. Mai 1992 ab 1. April 1992 bis zur nächsten Erhöhung am 1. April 1993 3.537,00 DM. Der Tarifvertrag zur Regelung der Löhne und Ausbildungsvergütungen im Baugewerbe im Beitrittsgebiet (ausgenommen Berlin-Ost) vom 19. Mai 1992 sah für die  Berufsgruppe M III ab 1. Oktober 1992 einen Gesamttarifstundenlohn von 17,79 DM vor. Erst in der Folgezeit vergütete die Beklagte entsprechend den Entgelttarifverträgen für das Beitrittsgebiet.

31

bb) Eine vertragliche Einbeziehung der Bau-Entgelttarifverträge ergibt sich auch nicht im Wege einer ergänzenden Auslegung. Es besteht schon keine unbewusste Regelungslücke. Die Arbeitsvertragsparteien haben neben dem Baurahmentarifvertrag gleichwertig ausdrücklich auch den „HTV der M mbH vom 24.10.1990“ in Bezug genommen. Auch dieser im Zeitpunkt des Arbeitsvertragsschlusses normativ nachwirkende Haustarifvertrag enthält Regelungen zur Höhe der Vergütung, die auf die Zeit bis zum 31. März 1992 befristet waren. Danach richtet sich die Vergütung für gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte nach den „Tarifverträgen LTV und GTV ehemals Berlin (West) für das Bauhauptgewerbe“ mit der Maßgabe, dass ein Vergütungsniveau von 65 % dieser (West-)Tarife zugrunde gelegt wird. Darüber hinaus sollte sich die Vergütung in zwei Stufen zum 1. April 1991 und zum 1. Oktober 1991 jeweils um 10 % erhöhen. Bei den gewerblichen Arbeitnehmern sieht der Haustarifvertrag eine zusätzliche Erhöhung zum 1. Januar 1991 als Ausgleich für eine Arbeitszeitverkürzung vor. Eine Verweisung auf die Entgelttarifverträge für das Beitrittsgebiet (TV Bau Gehalt/Ost bzw. TV Bau Lohn/Ost) ergibt sich aus dem in Bezug genommenen Haustarifvertrag jedoch gerade nicht, obwohl es bereits bei Vereinbarung des Arbeitsvertrages eigenständige Tarifverträge für das Beitrittsgebiet gab.

32

2. Das Landesarbeitsgericht hat auch zutreffend erkannt, dass die GBV 1995 nicht geeignet ist, den klägerischen Anspruch zu begründen.

33

a) Das Berufungsurteil stützt sich insoweit darauf, dass die GBV 1995 als Anspruchsgrundlage wegen der Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 BetrVG ausscheide. Mit Inkrafttreten der in der Entsorgungswirtschaft abgeschlossenen Entgelttarifverträge sei die GBV 1995 unwirksam geworden. Die mitgliedschaftsbezogene Festlegung des Geltungsbereichs der Entgelttarifverträge der Entsorgungswirtschaft spreche nicht gegen die Sperrwirkung, weil ein Verbandsbeitritt der Beklagten nach der Satzung des BDE möglich gewesen wäre.

34

b) Auch diese Darlegungen des Landesarbeitsgerichts sind rechtsfehlerfrei. Daher konnte es die Frage offenlassen, ob sich aus der GBV 1995 überhaupt ein Anspruch auf Anwendung der Entgelttarifverträge des Baugewerbes hätte ergeben können.

35

aa) Nach § 77 Abs. 3 BetrVG können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Eine gegen § 77 Abs. 3 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarung ist unwirksam.

36

(1) Sinn und Zweck der Vorschrift ist es, die ausgeübte und aktualisierte Tarifautonomie zu schützen, indem sie den Tarifvertragsparteien den Vorrang zur Regelung von Arbeitsbedingungen einräumt. Diese Befugnis soll nicht dadurch ausgehöhlt werden, dass Arbeitgeber und Betriebsrat ergänzende oder abweichende Regelungen vereinbaren. Die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie würde aber auch dann gestört, wenn die nicht tarifgebundenen Arbeitgeber kollektivrechtliche Konkurrenzregelungen in Form von Betriebsvereinbarungen erreichen könnten (vgl. BAG 20. November 2001 - 1 AZR 12/01 - zu II 2 a der Gründe, EzA BetrVG 1972 § 77 Nr. 70; BAG 24. Januar 1996 - 1 AZR 597/95 - zu I 1 der Gründe, BAGE 82, 89). Die Sperrwirkung ist deshalb nicht davon abhängig, ob ein Arbeitgeber tarifgebunden ist oder nicht (BAG 26. August 2008 - 1 AZR 354/07 - Rn. 11, BAGE 127, 297).

37

(2) Die Sperrwirkung einer tariflichen Regelung nach § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG reicht grundsätzlich soweit wie deren Geltungsanspruch(BAG 22. März 2005 - 1 ABR 64/03 - zu B II 2 c ee (3) (a) der Gründe, BAGE 114, 162). Dies gilt auch für den Fall, dass der Tarifvertrag seinen Geltungsbereich nicht durch eine fachlich-betriebliche Begrenzung bestimmt, sondern nach seinem Wortlaut für die Mitglieder des tarifschließenden Unternehmerverbandes gelten soll. Die mitgliedschaftsbezogene Festlegung des Geltungsbereichs eines Tarifvertrages und die Sperrwirkung nach § 77 Abs. 3 BetrVG schließen einander nicht aus(BAG 22. März 2005 - 1 ABR 64/03 - zu B II 2 c ee (3) (b) der Gründe, aaO).

38

(a) Den Tarifvertragsparteien steht es frei, den Geltungsbereich organisationsbezogen festzulegen. Zwar ergibt sich dann nicht unmittelbar aus dem Tarifvertrag, sondern erst aus der Verbandssatzung, welche Unternehmen und Betriebe vom fachlichen Geltungsbereich erfasst werden. Dies verstößt jedoch nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz oder gegen das Schriftformerfordernis nach § 1 Abs. 1, Abs. 2 TVG(BAG 22. März 2005 - 1 ABR 64/03 - zu B II 2 c ee (3) (b) der Gründe, BAGE 114, 162). Voraussetzung ist allerdings, dass die Satzung des Arbeitgeberverbandes nicht für jeden Arbeitgeber voraussetzungslos eine Beitrittsmöglichkeit vorsieht, sondern diese an bestimmte Kriterien knüpft, durch die der Kreis potentieller Mitglieder ähnlich wie durch das Erfordernis einer Branchenzugehörigkeit beschränkt wird (BAG 22. März 2005 - 1 ABR 64/03 - aaO).

39

(b) Für eine Anwendung des § 77 Abs. 3 BetrVG auch auf nicht tarifgebundene Arbeitgeber ist außerdem erforderlich, dass die Tarifvertragsparteien den Geltungsanspruch eines mitgliedschaftsbezogenen Tarifvertrages auch auf potentielle Mitglieder erstrecken und nicht auf aktuelle Mitglieder beschränken wollen. Ob dies geschehen ist, ist durch Auslegung zu ermitteln, wobei die übereinstimmende Interessenlage der Tarifvertragsparteien typischerweise dahin geht, den Geltungsbereich des Tarifvertrages wie bei einer fachlichen Umschreibung auf diejenigen Unternehmen zu erstrecken, die durch Beitritt zum Arbeitgeberverband eine Tarifbindung herbeiführen können. Ohne deutliche Anhaltspunkte im Tarifvertrag selbst kann nicht angenommen werden, dass die Tarifvertragsparteien durch die mitgliedschaftsbezogene Festlegung des Geltungsbereichs den durch § 77 Abs. 3 BetrVG gewährleisteten Geltungsanspruch des Tarifvertrages und ihre Tarifautonomie beschränken wollen (vgl. insgesamt BAG 22. März 2005 - 1 ABR 64/03 - zu B II 2 c ee (3) (c) der Gründe, BAGE 114, 162).

40

(3) Eine gegen § 77 Abs. 3 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarung ist unwirksam(BAG 20. November 2001 - 1 AZR 12/01 - zu II 2 a der Gründe, EzA BetrVG 1972 § 77 Nr. 70). Dies gilt nicht nur dann, wenn bei ihrem Zustandekommen entsprechende Tarifverträge bereits bestanden. Die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG wirkt vielmehr auch, wenn entsprechende Tarifbestimmungen erst später in Kraft treten(BAG 22. März 2005 - 1 ABR 64/03 - zu B II 2 c ee (1) der Gründe, BAGE 114, 162; BAG 21. Januar 2003 - 1 ABR 9/02 - zu B II 2 c aa (1) der Gründe, AP BetrVG 1972 § 21a Nr. 1 = EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 3).

41

(4) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gilt die Sperre des § 77 Abs. 3 BetrVG nicht in Angelegenheiten, die nach § 87 Abs. 1 BetrVG der Mitbestimmung des Betriebsrates unterliegen(BAG 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C I 4 der Gründe, BAGE 69, 134). Erzwingbare Betriebsvereinbarungen werden nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Angelegenheit nur üblicherweise durch Tarifvertrag geregelt wird oder zwar tariflich geregelt, der Arbeitgeber aber an den betreffenden Tarifvertrag nicht gebunden ist (BAG 20. November 2001 - 1 AZR 12/01 - zu II 2 c der Gründe, EzA BetrVG 1972 § 77 Nr. 70).

42

bb) Nach diesen Grundsätzen ist die GBV 1995 zumindest ab dem Inkrafttreten der vom Landesarbeitsgericht herangezogenen Bundes-Entgelttarifverträge in der Entsorgungswirtschaft ab dem 1. Januar 2002 unwirksam. Denn in diesen ist die Höhe des Entgelts für die Arbeitsverhältnisse im Bereich der Entsorgungsunternehmen tariflich geregelt. Der Betrieb der Beklagten unterfällt in der Sache auch dem fachlichen Geltungsbereich der Tarifverträge.

43

(1) Unerheblich ist, dass die Beklagte nicht Mitglied des BDE ist. § 77 Abs. 3 BetrVG setzt keine Tarifgebundenheit des Arbeitgebers voraus. Auch die mitgliedschaftsbezogene Festlegung des Geltungsbereichs der vom BDE abgeschlossenen Bundes-Entgeltrahmentarifverträge vom 24. Oktober 2001, vom 3. Dezember 2004 und vom 3. Juni 2008 schadet nicht. Eine Auslegung ergibt, dass der Geltungsbereich der Tarifverträge nicht nur aktuelle, sondern auch potentielle Mitglieder des BDE erfassen soll. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass die Tarifvertragsparteien BDE und ver.di auf den Geltungsanspruch des Tarifvertrages nach § 77 Abs. 3 BetrVG bei tarifungebundenen Arbeitgebern verzichten wollten. Das Landesarbeitsgericht hat auch zutreffend ausgeführt, dass die Beklagte nach der Satzung des BDE dessen Mitglied werden konnte. Gemäß § 3 Abs. 2 Buchst. a der Satzung des BDE können alle Unternehmen und Betriebe der Kreislauf- und Entsorgungswirtschaft sowie der Wasser- und Abwasserwirtschaft ordentliches Mitglied werden, die in privater Rechtsform organisiert, tatsächlich operativ tätig sind und in der Bundesrepublik Deutschland ihren Sitz oder eine Betriebsstätte haben. Diese Voraussetzungen werden nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und nach den übereinstimmenden Angaben der Parteien von der Beklagten, einem Unternehmen der Entsorgungswirtschaft, erfüllt.

44

(2) In dem zwischen den Parteien streitigen Zeitraum ab dem 1. Juni 2007 war die GBV 1995 unwirksam. Spätestens ab dem Inkrafttreten der zwischen dem BDE und ver.di abgeschlossenen Bundes-Entgelttarifverträge der Entsorgungswirtschaft am 1. Januar 2002 war eine mögliche betriebsverfassungsrechtliche Wirkung der GBV 1995 nach § 77 Abs. 3 BetrVG gesperrt. Es kommt daher nicht darauf an, ob sich schon aus früheren Tarifverträgen der Entsorgungswirtschaft oder aus der Nachwirkung des Haustarifvertrages vom 24. Oktober 1990 eine Sperrwirkung für die GBV 1995 ergeben hat.

45

(3) Der Sperrwirkung entgegenstehende Tarifverträge steht auch nicht § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG entgegen. Zwar ist die Beklagte nicht tarifgebunden, so dass die Regelungssperre des § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG - im Unterschied zu § 77 Abs. 3 BetrVG - nicht eingreifen könnte. Der geregelte Sachverhalt der Entgelthöhe ist aber nicht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitbestimmungspflichtig, weil die Höhe der Vergütung nicht zur mitbestimmungspflichtigen betrieblichen Lohngestaltung gehört.

46

3. Der Anspruch auf die Anwendung des TV Bau Gehalt/Ost bzw. TV Bau Lohn/Ost ergibt sich auch nicht aus der Protokollnotiz vom 27. April 1999. Das Landesarbeitsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass sie keine Gesamtzusage enthält, aus der sich ein Anspruch auf Weitergabe der künftigen Tariferhöhungen ergibt.

47

a) Das Landesarbeitsgericht hat sich darauf berufen, dass in der Protokollnotiz vom 27. April 1999 keine Gesamtzusage des Arbeitgebers liege, weil diese Erklärung nicht an die Arbeitnehmer gerichtet gewesen sei. Außerdem sei die Erklärung so zu verstehen, dass die Beklagte Tariferhöhungen in der Vergangenheit ohne Rechtsanspruch weitergegeben habe und auch in Zukunft so verfahren wolle.

48

b) Insoweit zeigt die Revision keine Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts auf.

49

aa) Eine Gesamtzusage ist die an alle Arbeitnehmer des Betriebs oder einen nach abstrakten Merkmalen bestimmten Teil von ihnen in allgemeiner Form gerichtete Erklärung des Arbeitgebers, zusätzliche Leistungen erbringen zu wollen (st. Rspr., vgl. BAG 17. November 2009 - 9 AZR 765/08 - Rn. 19, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 88 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 12). Eine Gesamtzusage setzt eine bewusste und gezielte Bekanntgabe an die Arbeitnehmer voraus (BAG 28. Juni 2006 - 10 AZR 385/05 - Rn. 32, BAGE 118, 360).

50

bb) Danach liegt in der unterschriebenen Protokollnotiz keine Gesamtzusage der Beklagten.

51

(1) Es handelt sich um die Wiedergabe einer Besprechung vom 26. April 1999 zwischen der Geschäftsleitung der Beklagten, einem Vertreter des Bauarbeitgeberverbandes und Vertretern der IG BAU. Für eine Gesamtzusage wäre jedoch eine an alle Arbeitnehmer gerichtete Erklärung erforderlich gewesen. Nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts erfolgte der von den Klägern behauptete Aushang am „Schwarzen Brett“ jedenfalls nicht auf Veranlassung der Beklagten. Wenn die örtlichen Betriebsräte die Protokollnotiz ausgehängt haben sollten, läge hierin keine bewusste und gezielte Bekanntmachung der Beklagten.

52

Soweit die Revision sich darauf beruft, die Beklagte habe ausdrücklich ausgeführt, die Erklärung sei „verbindlich“, so verkennt sie, dass auch insoweit als Adressat einer verbindlichen Erklärung vorliegend nicht die Belegschaft der Beklagten, sondern - wenn überhaupt - allenfalls die IG BAU in Betracht kommt, unabhängig davon, dass sich aus dem weiteren Inhalt der Erklärung nicht ergibt, worauf sich die „Verbindlichkeit“ eigentlich beziehen soll.

53

(2) Das Landesarbeitsgericht hat in diesem Zusammenhang zutreffend darauf abgestellt, dass die Beklagte in der Protokollnotiz festgehalten hat, die Vergütungen in der Vergangenheit „ohne Rechtsanspruch“ weitergegeben zu haben. Der sich unmittelbar anschließende Satz in der Protokollnotiz, die Beklagte werde „auch künftig“ die Tarife „nach diesen Grundsätzen“ anwenden, ist vor diesem Hintergrund ebenfalls dahingehend zu verstehen, dass die Beklagte beabsichtigte, Tariferhöhungen auch weiterhin ohne Rechtsanspruch weiterzugeben.

54

(3) Im Übrigen wäre selbst dann, wenn es sich bei der Erklärung um eine Gesamtzusage handelte, das Bezugsobjekt der Verweisung nicht der Bau-Entgelttarifvertrag für das Beitrittsgebiet, dh. zB der TV Bau Lohn/Ost oder der TV Bau Gehalt/Ost. Denn in der Protokollnotiz heißt es ausdrücklich weiter, der Haustarifvertrag habe weiter Bestand. Aus diesem ergibt sich jedoch eine Verweisung auf die Bau-Entgelttarifverträge West mit einem Tarifniveau von 65 % nebst Erhöhungen bis zum 31. März 1992.

55

(4) Ein Vertragsschluss kann entgegen der Revision auch nicht aus einem Schweigen der Beklagten auf den von den Klägern behaupteten Aushang der Protokollnotiz durch die örtlichen Betriebsräte hergeleitet werden. Wie vorstehend ausgeführt, enthält die Protokollnotiz keine (Gesamt-)Zusage einer Weitergabe künftiger Bau-Tarifentgelterhöhungen. Das Schweigen der Beklagten könnte nur die fehlende Zielgerichtetheit der Erklärung an die Arbeitnehmer ersetzen. Es würde jedoch nichts am Inhalt der Erklärung ändern.

56

4. Schließlich ist auch keine betriebliche Übung auf die Weitergabe künftiger Tariferhöhungen nach dem TV Bau Gehalt/Ost bzw. TV Bau Lohn/Ost entstanden.

57

a) Das Landesarbeitsgericht hat sich darauf gestützt, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber, der einzelne Tariferhöhungen an seine Arbeitnehmer weitergibt, nur bei Vorliegen besonderer Anhaltspunkte verpflichtet ist, über die Weitergewährung der weitergegebenen Tariflohnerhöhung hinaus auch die von den Tarifvertragsparteien zukünftig vereinbarten Tariferhöhungen weiterzugeben. Derartige Anhaltspunkte lägen hier nicht vor. Insbesondere könne hierfür weder die - unwirksame - GBV 1995 noch die Protokollnotiz vom 27. April 1999 herangezogen werden. Es komme hinzu, dass die Beklagte nicht nur nicht tarifgebunden, sondern nicht einmal ein Unternehmen der Bauwirtschaft sei, so dass sie auch durch einen Beitritt zum Arbeitgeberverband der Bauindustrie keine Tarifgebundenheit hätte herstellen können.

58

b) Diesen im Hinblick auf das Bestehen einer betrieblichen Übung der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegenden (BAG 24. März 2010 - 10 AZR 43/09 - Rn. 15, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 90 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 13; BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - Rn. 45, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 54; BAG 28. Juni 2006 - 10 AZR 385/05 - Rn. 39, BAGE 118, 360) Ausführungen des Landesarbeitsgerichts folgt der Senat im Ergebnis und teilweise auch in der Begründung.

59

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist unter einer betrieblichen Übung die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden.

60

(1) Aus einem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 317/09 - Rn. 20, AP TVG § 1 Tarifverträge: Brotindustrie Nr. 9 = EzA TVG § 4 Brot- und Backwarenindustrie Nr. 2; BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - Rn. 43, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 54; BAG 16. Juni 2004 - 4 AZR 417/03 - zu II 2 b der Gründe). Entscheidend für die Entstehung eines Anspruchs ist, wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen musste und durfte (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 317/09 - aaO; BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - aaO; BAG 16. Juni 2004 - 4 AZR 417/03 - zu II 2 b der Gründe). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber mit einem entsprechenden Verpflichtungswillen gehandelt hat. Die Wirkung einer Willenserklärung im Rechtsverkehr setzt ein, wenn der Erklärende aus der Sicht des Erklärungsempfängers einen auf eine bestimmte Rechtswirkung gerichteten Willen geäußert hat (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - aaO; BAG 28. Juni 2006 - 10 AZR 385/05 - Rn. 35, BAGE 118, 360).

61

(2) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann bei einem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber eine betriebliche Übung, die zu einem Rechtsanspruch auf Erhöhung der Löhne und Gehälter entsprechend der Tarifentwicklung in einem bestimmten Tarifgebiet führt, nur angenommen werden, wenn deutliche Anhaltspunkte im Verhalten des Arbeitgebers dafür erkennbar sind, dass er auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien jeweils ausgehandelten Tariflohnerhöhungen übernehmen will (BAG 26. August 2009 - 5 AZR 969/08 - Rn. 26, AP BGB § 613a Nr. 375 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 115; BAG 9. Februar 2005 - 5 AZR 284/04 - zu III 3 b der Gründe; BAG 13. März 2002 - 5 AZR 755/00 - zu II 2 der Gründe, EzA ZPO § 259 Nr. 1). Mit den in Anlehnung an Tariflohnerhöhungen erfolgenden freiwilligen Lohnsteigerungen entsteht regelmäßig lediglich ein Anspruch der Arbeitnehmer auf Fortzahlung dieses erhöhten Lohns, nicht aber zugleich eine Verpflichtung des Arbeitgebers, auch künftige Tariflohnerhöhungen weiterzugeben (BAG 20. Juni 2001 - 4 AZR 290/00 - zu A II 4 c bb der Gründe, EzA BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 45). Nach der Rechtsprechung des Fünften Senats will sich ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber grundsätzlich nicht für die Zukunft der Regelungsmacht der Verbände unterwerfen. Dies ist gerade Sinn des nicht erfolgten Beitritts zu einem Arbeitgeberverband. Die fehlende Tarifgebundenheit verdeutlicht den Willen des Arbeitgebers, die Erhöhung der Löhne und Gehälter zukünftig nicht ohne Beitrittsprüfung entsprechend der Tarifentwicklung vorzunehmen. Die nicht vorhersehbare Dynamik der Lohnentwicklung und die hierdurch verursachten Personalkosten sprechen grundsätzlich gegen einen objektiv erkennbaren rechtsgeschäftlichen Willen des Arbeitgebers, sich dauerhaft zu einer Entgeltanhebung entsprechend der Tarifentwicklung in einem bestimmten Tarifgebiet verpflichten zu wollen.

62

bb) Danach hat die Beklagte mit der Übernahme einzelner Tarifentgelterhöhungen keine betriebliche Übung begründet, auf die die Kläger ihren Klageanspruch stützen könnten.

63

(1) Die bloße Weitergabe von Tariflohnerhöhungen in der Bauwirtschaft konnte insbesondere deshalb bei den Arbeitnehmern der Beklagten nicht zur Erwartung einer generellen Übernahme der jeweiligen Tariferhöhungen führen, weil es bei der dynamischen Inbezugnahme von Entgelttarifverträgen durch eine betriebliche Übung jedenfalls dann besonderer, im vorliegenden Fall fehlender Anhaltspunkte für einen entsprechenden Bindungswillen des Arbeitgebers bedarf, wenn er nicht nur selbst nicht tarifgebunden ist, wie das Landesarbeitsgericht festgestellt hat, sondern wenn die in der Vergangenheit weitergebenen Vergütungserhöhungen sich an einem branchenfremden Tarifvertrag orientieren, also selbst bei einer Mitgliedschaft des Arbeitgebers im Verband eine normative Wirkung der Entgelttarifverträge mangels Unterfallen der Arbeitsverhältnisse unter den Geltungsbereich nicht eintreten konnte. Denn die für eine bestimmte Branche vereinbarten Erhöhungen der Tarifentgelte orientieren sich notwendigerweise an der wirtschaftlichen Entwicklung in dieser Branche, die für einen einer anderen Branche angehörenden Arbeitgeber und die dort beschäftigten Arbeitnehmer nicht ohne weiteres maßgebend ist. Bereits aus diesem Grund ist der erstmals in der Revision erbrachte Vortrag der Kläger, die Beklagte sei „Mitglied des Arbeitgeberverbandes der Bauwirtschaft“, ohne Belang.

64

(2) Ein dem entgegenstehender besonderer Anhaltspunkt ist nicht in der arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel zu sehen, da diese ausdrücklich auf den Haustarifvertrag verweist, der seinerseits wiederum das auf 65 % abgesenkte Entgeltniveau der Bau-Entgelttarifverträge West nebst zwei konkreten Entgeltsteigerungen in Bezug  nimmt. Für die Absicht einer dynamischen Anwendung der Bau-Entgelttarifverträge Ost in voller Höhe für die weitere Zukunft spricht dagegen nichts.

65

(3) Auch die GBV 1995 bietet keine deutlichen Anhaltspunkte für eine betriebliche Übung. Im Gegenteil weist ihr Abschluss und ihre - zeitweise erfolgte - Umsetzung darauf hin, dass die Beklagte mit der Weitergabe der Entgelterhöhungen in diesem Zeitraum vermeintliche Verpflichtungen aus der GBV 1995 erfüllen wollte. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts scheidet eine betriebliche Übung bei Normenvollzug oder einem aus Sicht der Arbeitnehmer vermeintlichen Normenvollzug aus (BAG 27. Oktober 2010 - 10 AZR 410/09 - Rn. 31, ZTR 2011, 172; BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - Rn. 43, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 54). Wenn der Arbeitgeber Leistungen für den Arbeitnehmer erkennbar aufgrund einer anderen und sei es auch tatsächlich nicht bestehenden Rechtspflicht hat erbringen wollen, kann der Arbeitnehmer nicht davon ausgehen, ihm solle eine Leistung auf Dauer unabhängig von dieser Rechtspflicht und auf einer anderen Rechtsgrundlage, nämlich der betrieblichen Übung, gewährt werden (BAG 5. November 2008 - 5 AZR 455/07 - Rn. 22). Auf für den Arbeitnehmer nicht erkennbare subjektive Vorstellungen des Arbeitgebers allein kommt es nicht an (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - aaO).

66

(4) Die Kläger können sich insoweit auch nicht auf die Protokollnotiz vom 27. April 1999 berufen. Sie ist - wie dargelegt - dahingehend auszulegen, dass sie einerseits keine an die Arbeitnehmer gerichtete Erklärung enthält und ihr Erklärungsinhalt anderseits auch nicht darin besteht, die Weitergabe künftiger Tariferhöhungen zuzusagen. Aus diesem Grund scheidet die Protokollnotiz auch als besonderer Anhaltspunkt für eine betriebliche Übung aus. Im Übrigen musste sich aus Sicht der Arbeitnehmer die Weitergabe der Tariferhöhungen noch als Vollzug der GBV 1995 darstellen. Hierauf war die Klage ursprünglich auch vorrangig gestützt und hierauf hat auch das Arbeitsgericht bei seiner stattgebenden Entscheidung maßgeblich abgestellt, in der es - zu Unrecht - die GBV 1995 als wirksam angesehen hat.

67

5. Soweit die Revision im Hinblick auf eine von den Klägern begehrte Erhöhung der Vergütung von drei Prozent zum 1. Juni 2008 Verfahrensrügen erhebt, sind diese unzulässig.

68

a) Nach dem Vortrag der Kläger hat die Beklagte ab Juni 2008 „allen Mitarbeitern in Übernahme der Tarifentwicklung der Bauwirtschaft eine 3 %ige Lohnerhöhung gewährt“. Ausgenommen von der Entgelterhöhung seien nur die Kläger und andere Mitarbeiter, die Ansprüche nach den Bau-Entgelttarifverträgen gerichtlich geltend gemacht hätten.

69

b) Es kann dahinstehen, ob bei Vorliegen der behaupteten Tatsachen ein Verstoß der Beklagten gegen das Maßregelungsverbot nach § 612a BGB und den Gleichbehandlungsgrundsatz vorläge. Eine Tariflohnerhöhung um drei Prozent zum 1. Juni 2008 ist nicht Gegenstand der im vorliegenden Rechtsstreit gestellten Anträge. Die Zahlungsanträge 1 und 3 betreffen von vornherein nur den Zeitraum von Juni 2007 bis Februar 2008. Die Feststellungsanträge 2 und 4 beziehen sich nur auf die Verpflichtung zur Zahlung des Tabellenentgelts nach dem „jeweils geltenden“ TV Bau Gehalt/Ost und TV Bau Lohn/Ost. In diesen ist eine Mindestlaufzeit bis zum 31. März 2009 vereinbart worden; sie enthalten aber keine Erhöhung der Entgelte um drei Prozent zum 1. Juni 2008. Weder der angegebene Zeitpunkt noch die behauptete prozentuale Höhe finden sich in den Tarifverträgen wieder. Der Streitgegenstand der Feststellungsanträge ist aber auf die Tarifbewegungen der beiden genannten Tarifverträge (und - insoweit unzulässig - künftiger Entgelttarifverträge) beschränkt. Entgegen der Auffassung der Revision ist die Feststellung einer Zahlungsverpflichtung hinsichtlich einer von der Beklagten tatsächlich gewährten dreiprozentigen Erhöhung im Juni 2008 nicht als „Minus“ in den Feststellungsanträgen enthalten.

70

c) Deshalb sind die auf diesen nicht streitgegenständlichen Anspruch bezogenen Verfahrensrügen unzulässig, da sie nicht die erforderliche Kausalität zwischen den behaupteten Verfahrensmängeln (hier: Verstoß gegen den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG und Verletzung der Hinweispflicht nach § 139 ZPO)und dem Urteil des Berufungsgerichts darlegen (vgl. BAG 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - BAGE 109, 145).

71

d) Soweit die Rüge der Verletzung der Hinweispflicht durch das Landesarbeitsgericht zusätzlich darauf bezogen ist, dass dieses hätte darauf hinweisen müssen, dass sich der Feststellungsantrag der Kläger nach seiner Auffassung nicht auf die dreiprozentige Vergütungserhöhung ab dem 1. Juni 2008, sondern lediglich auf die Weitergabe der Tariflohnerhöhungen bezog, ist dies schon deshalb unzulässig, weil die Revision dazu hätte angeben müssen, was sie auf einen entsprechenden Hinweis hin vorgebracht hätte und inwieweit sich dieser Vortrag auf die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ausgewirkt hätte (vgl. dazu BAG 14. November 2007 - 4 AZR 861/06 - Rn. 22, NZA-RR 2008, 362). Hierzu reicht es nicht aus, wie in der Revision der Kläger, allein mitzuteilen, dass sie dann „ihre Anträge entsprechend präzisiert und ausdrücklich die Feststellung des Anspruchs ab Juni 2008 in die Feststellungsanträge einbezogen“ hätten. Da es sich insoweit um einen neuen Streitgegenstand und damit eine Klageerweiterung gehandelt hätte, weil es sich bei den Ansprüchen ab dem 1. Juni 2008 nicht um eine Weitergabe von Tariferhöhungen gehandelt hätte, sondern, wie die Revision selbst vorträgt, um einen „Anspruch auf Gleichbehandlung“, hätte neben einer vollständigen Antragsformulierung und -begründung auch Vortrag zu den Voraussetzungen einer Klageerweiterung in der Berufungsinstanz nach § 533 ZPO erbracht werden müssen. Darauf, dass bereits außerordentlich zweifelhaft ist, ob der klägerische Vortrag in der Berufungsinstanz Anlass zu einer entsprechenden Überlegung nebst daraus resultierender Hinweispflicht des Landesarbeitsgerichts gegeben hätte, kommt es demnach nicht mehr an.

72

III. Die Kostenentscheidung des Landesarbeitsgerichts ist rechtsfehlerhaft. Die Kostenverteilung erfolgt gemäß § 100 Abs. 1 ZPO nach „Kopfteilen“. Bei zwei Klägern haben diese die Kosten zu gleichen Teilen zu tragen.

73

1. Das Rechtsmittelgericht hat gemäß § 308 Abs. 2 ZPO von Amts wegen zu prüfen, ob der Kostenausspruch der Vorinstanzen richtig ist(BAG 22. April 2010 - 6 AZR 948/08 - Rn. 24, AP KSchG 1969 § 17 Nr. 38 = EzA KSchG § 17 Nr. 22). Selbst bei einem erfolglosen Rechtsmittel hat das Rechtsmittelgericht eine falsche Kostenentscheidung der Vorinstanz zu korrigieren (Zöller/Herget ZPO 28. Aufl. § 97 Rn. 6).

74

2. Das Landesarbeitsgericht hat die Kosten nach dem Verhältnis der eingeklagten Beträge gequotelt und die Entscheidung auf § 91 ZPO gestützt. Dies verstößt gegen § 100 Abs. 1 ZPO. Besteht die unterlegene Partei eines Rechtsstreits aus mehreren Personen, haften diese für die Kostenerstattung grundsätzlich nach Kopfteilen. Eine Quotelung kommt nach § 100 Abs. 2 ZPO nur bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit in Betracht. Als „erheblich“ wird die Verschiedenheit der Beteiligung aber nur angenommen, wenn ein Streitgenosse nur zu 3/4 oder jedenfalls 2/3 beteiligt ist (Musielak ZPO 8. Aufl. § 100 Rn. 3). Ein Verhältnis von 43 % zu 57 %, wie es hier nach der Kostenentscheidung des Landesarbeitsgerichts vorliegt, genügt hierfür nicht. Es bleibt somit bei der Haftung nach Kopfteilen gem. § 100 Abs. 1 ZPO.

        

    Bepler    

        

    Winter    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Kiefer    

        

    Görgens    

                 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 14. Januar 2010 - 7 Sa 851/09 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, die Vergütung des Klägers entsprechend den Tariflohnerhöhungen des Baugewerbes anzupassen.

2

Der Kläger ist seit 1971 in dem Bauunternehmen der Beklagten als Spezialbaufacharbeiter beschäftigt. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag existiert nicht. Die Beklagte gehört keiner Tarifvertragspartei an. Sie zahlt dem Kläger einen Stundenlohn von 15,01 Euro brutto, den sie in den Lohnabrechnungen als „TARIFL. + FREIW. ZULAGE“ ausgewiesen hat. Die freiwillige Zulage belief sich in der Zeit von Februar bis Juli 2008 auf 0,00 Euro.

3

Als Ergebnis der Tarifrunde 2005 wurden am 29. Juli 2005 der allgemeinverbindliche Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (im Folgenden: BRTV-Bau) neu gefasst sowie ein neuer Tarifvertrag zur Regelung der Löhne und Ausbildungsvergütungen im Baugewerbe im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme der fünf neuen Länder und des Landes Berlin (Lohntarifvertrag 2005) abgeschlossen. Gemäß § 3 Nr. 1.1 BRTV-Bau verlängerte sich die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit zum 1. Januar 2006 von 39 auf 40 Wochenstunden. Korrespondierend wurden die Tarifstundenlöhne nach § 2 Abs. 2 Lohntarifvertrag 2005 zunächst um 2,5 % herabgesetzt und zum 1. April 2006 wieder um 1,0 % erhöht. Gemäß § 7 Abs. 1 Lohntarifvertrag 2005 war für die Monate September 2005 bis März 2006 ein Festbetrag von jeweils 30,00 Euro zu zahlen.

4

Diese Regelungen setzte auch die Beklagte in ihrem Unternehmen um und informierte die Beschäftigten mit einem undatierten Aushang.

5

§ 2 Abs. 2 des Lohntarifvertrags vom 20. August 2007 (Lohntarifvertrag 2007) sah Lohnerhöhungen mit Wirkung zum 1. Juni 2007 um 3,1 %, zum 1. April 2008 um 1,5 % sowie zum 1. September 2008 um 1,6 % vor. Nach Lohngruppe 4 betrug der Tarifstundenlohn ab dem 1. Juni 2007 14,18 Euro zuzüglich eines Bauzuschlags von 0,83 Euro, mithin 15,01 Euro.

6

Der Kläger hat Vergütungsdifferenzen aus der Nichtweitergabe der zweiten Tariflohnerhöhung für April bis Juli 2008 geltend gemacht und die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihn nach dem jeweils geltenden Lohntarifvertrag zu vergüten. Er hat die Ansicht vertreten, die Beklagte habe eine betriebliche Übung begründet, dass sie die im Baugewerbe jeweils vereinbarten Erhöhungen der Tarifentgelte schulde.

7

Der Kläger hat - sinngemäß - beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 166,20 Euro brutto nebst Zinsen zu zahlen;

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn nach dem jeweiligen Tarifvertrag zur Regelung der Löhne und Ausbildungsvergütungen im Baugewerbe im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu entlohnen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie habe zu keiner Zeit zum Ausdruck gebracht, dass sie trotz fehlender Tarifbindung auch die künftige Tariflohnentwicklung übernehmen werde.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Vergütung nach den jeweils gültigen Lohntarifverträgen des Baugewerbes.

11

1. Ein solcher Anspruch besteht nicht aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG), denn die Beklagte ist weder Mitglied des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes e. V. noch des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie e. V. Der Lohntarifvertrag 2007 wurde zudem nicht für allgemeinverbindlich erklärt (§ 5 Abs. 4 TVG) oder kraft Rechtsverordnung (§ 1 Abs. 3a AEntG 2007 bzw. § 7 Abs. 1 AEntG 2009)erstreckt.

12

2. Die Parteien haben eine Anwendung des Lohntarifvertrags 2007 und zukünftiger Lohntarifverträge des Baugewerbes weder vertraglich ausdrücklich vereinbart, noch ist eine betriebliche Übung entstanden, die vertragliche Vergütung jeweils an diesen Lohntarifverträgen auszurichten.

13

a) Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Entscheidend für die Entstehung eines Anspruchs ist nicht der Verpflichtungswille, sondern wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen musste und durfte. Im Wege der Auslegung des Verhaltens des Arbeitgebers ist zu ermitteln, ob der Arbeitnehmer davon ausgehen musste, die Leistung werde nur unter bestimmten Voraussetzungen oder nur für eine bestimmte Zeit gewährt (st. Rspr., vgl. nur BAG 16. Januar 2002 - 5 AZR 715/00 - zu I 1 der Gründe, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 56 = EzA TVG § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 37; 13. März 2002 - 5 AZR 755/00 - zu II 1 der Gründe, EzA ZPO § 259 Nr. 1; 3. November 2004 - 5 AZR 73/04 - zu III 1 a der Gründe). Entstehung und Inhalt einer betrieblichen Übung unterliegen der unbeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht (vgl. BAG 28. Juni 2006 - 10 AZR 385/05 - Rn. 39, BAGE 118, 360).

14

b) Bei einem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber - wie der Beklagten - wird eine betriebliche Übung der Erhöhung der Löhne und Gehälter entsprechend der Tarifentwicklung in einem bestimmten Tarifgebiet nur entstehen, wenn es deutliche Anhaltspunkte im Verhalten des Arbeitgebers dafür gibt, dass er auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariflohnerhöhungen übernehmen will (BAG 23. März 2011 - 4 AZR 268/09 -).

15

aa) Ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber will sich grundsätzlich nicht für die Zukunft der Regelungsmacht der Verbände unterwerfen. Dies ist gerade Sinn des nicht erfolgten Beitritts zu einem Arbeitgeberverband. Die fehlende Tarifbindung verdeutlicht den Willen des Arbeitgebers, die Erhöhung der Löhne und Gehälter zukünftig nicht ohne Beitrittsprüfung entsprechend der Tarifentwicklung vorzunehmen. Die nicht vorhersehbare Dynamik der Lohnentwicklung und die hierdurch verursachten Personalkosten sprechen grundsätzlich gegen einen objektiv erkennbaren rechtsgeschäftlichen Willen des Arbeitgebers für eine dauerhafte Entgeltanhebung entsprechend der Tarifentwicklung in einem bestimmten Tarifgebiet. Mit den in Anlehnung an Tariflohnerhöhungen erfolgenden freiwilligen Lohnsteigerungen entsteht lediglich ein Anspruch der Arbeitnehmer auf Fortzahlung dieses erhöhten Lohns, nicht aber zugleich eine Verpflichtung des Arbeitgebers, auch künftige Tariflohnerhöhungen weiterzugeben. Der nicht tarifgebundene Arbeitgeber will seine Entscheidungsfreiheit über die künftige Lohn- und Gehaltsentwicklung behalten. Darin unterscheidet sich dieser Sachverhalt von der betrieblichen Übung bei der Gewährung von Zulagen oder Jahressonderzahlungen. Hierbei entstehen zwar auch weitere Kosten. Diese sind aber statisch und damit vorhersehbar und nicht unüberschaubar dynamisch ausgestaltet (vgl. BAG 16. Januar 2002 - 5 AZR 715/00 - zu I 2 der Gründe, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 56 = EzA TVG § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 37; 13. März 2002 - 5 AZR 755/00 - zu II 2 der Gründe, EzA ZPO § 259 Nr. 1; 3. November 2004 - 5 AZR 73/04 - zu III 1 b der Gründe; 9. Februar 2005 - 5 AZR 284/04 - zu III 3 b der Gründe).

16

bb) Es kommt hinzu, dass der tarifgebundene Arbeitgeber durch Austritt aus dem tarifschließenden Verband die Anwendbarkeit künftiger Tariflohnerhöhungen vermeiden kann (§ 3 Abs. 3 TVG). Eine betriebliche Übung wird bei Tarifbindung des Arbeitgebers allein aufgrund regelmäßiger Erhöhungen nicht entstehen können. Denn es ist anzunehmen, der Arbeitgeber wolle nur den gesetzlichen Verpflichtungen des Tarifvertragsgesetzes Rechnung tragen und seine Arbeitnehmer gleich behandeln. Der nicht tarifgebundene Arbeitgeber, der sich (zeitweise) wie ein tarifgebundener Arbeitgeber verhält, darf deswegen nicht schlechter stehen als dieser, nämlich auf Dauer ohne Austrittsmöglichkeit (vertraglich) gebunden sein. Das muss der Arbeitnehmer erkennen, falls die Frage der Tarifbindung seines Arbeitgebers überhaupt eine Rolle für ihn spielt. Deshalb darf er in keinem Falle von einer dauerhaften Bindung des Arbeitgebers ausgehen (vgl. BAG 3. November 2004 - 5 AZR 622/03 - zu II 5 der Gründe, AP BGB § 611 Lohnanspruch Nr. 28 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 4; 9. Februar 2005 - 5 AZR 284/04 - zu III 3 b der Gründe).

17

c) Die danach erforderlichen deutlichen Anhaltspunkte für eine dauerhafte Unterwerfung der Beklagten unter die Regelungsmacht der Parteien der Lohntarifverträge fehlen, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend festgestellt hat.

18

aa) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht den Lohnabrechnungen keine Bedeutung beigemessen.

19

(1) Es ist unerheblich, dass die Beklagte den Stundenlohn in den Lohnabrechnungen als „Tariflohn“ ausgewiesen hat. Lohnabrechnungen geben nur die Höhe der aktuellen Vergütung wieder. Sie dokumentieren lediglich den konkret abgerechneten Lohn, bestimmen aber nicht den Anspruch. Ein weitergehender Erklärungswert über zukünftige Ansprüche kommt ihnen allein aufgrund der Angabe „Tariflohn“ nicht zu (vgl. BAG 3. November 2004 - 5 AZR 622/03 - zu II 2 der Gründe, AP BGB § 611 Lohnanspruch Nr. 28 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 4; 9. Februar 2005 - 5 AZR 284/04 - zu III 3 c cc der Gründe).

20

(2) Die von der Beklagten vorgenommene Unterscheidung zwischen einem „Tariflohn“ und einer „freiwilligen Zulage“ (iHv. 0,00 Euro) spricht ebenfalls nicht für eine betriebliche Übung der Lohnerhöhung gemäß der Tarifentwicklung im Baugewerbe. Diese Unterscheidung macht zwar wegen der fehlenden Tarifbindung der Beklagten wenig Sinn. Sie stellt jedoch kein hinreichendes Indiz für einen entsprechenden objektiv erkennbaren rechtsgeschäftlichen Willen der Beklagten dar, die Vergütung stets am Tariflohn auszurichten (vgl. BAG 16. Januar 2002 - 5 AZR 715/00 - zu I 4 b der Gründe, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 56 = EzA TVG § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 37).

21

bb) Es kann zugunsten des Klägers unterstellt werden, dass die Beklagte in der Vergangenheit regelmäßig Lohnerhöhungen entsprechend der Tarifentwicklung vorgenommen hat. Die einzelnen Lohnerhöhungen bezogen sich im Zweifel jedoch nur auf den konkreten Fall und waren nicht geeignet, ein Vertrauen darauf zu begründen, die Beklagte würde „für alle Zeiten“ weiter so verfahren. Der Kläger konnte ohne besonderen Hinweis lediglich davon ausgehen, die Beklagte habe sich nach Prüfung aller Umstände lediglich anlässlich der konkreten Lohnerhöhung für eine Übernahme der Tariflohnerhöhungen entschieden.

22

cc) Damit hätte es neben den regelmäßigen Erhöhungen zusätzlicher Anhaltspunkte bedurft, um eine betriebliche Übung annehmen zu können. Das Landesarbeitsgericht hat derartige Umstände im Zusammenhang mit Lohnveränderungen vor 2006 nicht festgestellt. Das vom Kläger angeführte Verhalten der Beklagten nach Ende der Tarifrunde 2005 ergibt ebenfalls keine deutlichen Anhaltspunkte für eine betriebliche Übung auf zukünftige Lohnerhöhungen entsprechend der Tariflohnentwicklung.

23

(1) Mit § 3 Nr. 1.1 des allgemeinverbindlichen BRTV-Bau wurde der Beklagten zum 1. Januar 2006 tariflich eine Arbeitszeiterhöhung von 39 auf 40 Wochenstunden vorgegeben. Wenn sie sich in dieser speziellen Situation „zur Abfederung“ an dem damals aktuellen Lohntarifvertrag 2005 orientierte, kann dem kein weitergehender Erklärungswert beigemessen werden als vorherigen Tariflohnerhöhungen. Die Beklagte hat lediglich - nach Prüfung „auch diesmal wieder“ - eine Entscheidung für den Einzelfall getroffen. Es kommt hinzu, dass es sich um eine für die Beklagte günstige Entwicklung des Lohntarifvertrags handelte. Eine Lohnsenkung entsprechend tariflichen Regelungen besagt gerade nichts über einen Willen zu dauerhaften automatischen Lohnerhöhungen, ungeachtet der Frage, ob die einseitige Lohnsenkung in dieser Form gegenüber dem Kläger rechtlich wirksam durchgeführt werden konnte.

24

(2) Die Beklagte hat auch nicht dadurch deutliche Anhaltspunkte für einen Willen zur dauerhaften automatischen Weitergabe von Tariflohnerhöhungen gesetzt, dass sie in ihrem Aushang sogleich nach der Lohnsenkung zum 1. Januar 2006 um 2,5 % eine Lohnerhöhung zum 1. April 2006 um 1,0 % avisierte. Zum einen handelte es sich um eine prozentual bereits feststehende Lohnerhöhung nach nur drei Monaten. Zum anderen und vor allem ging es nur um eine teilweise Wiedererhöhung nach vorheriger Lohnsenkung im Rahmen eines Gesamtpakets. Sie glich lediglich die kurz zuvor erfolgte Lohnkürzung teilweise wieder aus. Auch die Formulierung des Aushangs „Tarifänderungen ab 2006“ ergibt keine Hinweise darauf, dass die Beklagte von einer bereits zuvor begründeten betrieblichen Übung iS einer dynamischen Verweisung auf den jeweils geltenden Lohntarifvertrag (vgl. BAG 20. Juni 2001 - 4 AZR 290/00 - zu A II 4 c bb der Gründe, EzA BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 45)ausging. Die Beklagte hat weder erklärt, dass die Absenkung des Tarifstundenlohns für sie in Wahrheit nicht „verbindlich“ sei, noch dass sie sich aufgrund einer bereits erfolgten dynamischen Bezugnahme auf den Lohntarifvertrag ohne weiteres für berechtigt hielt, den Stundenlohn abzusenken.

25

d) Eine allgemeine Bezugnahme auf tarifvertragliche Regelungen durch betriebliche Übung (vgl. BAG 17. April 2002 - 5 AZR 89/01 - zu I 1 der Gründe, BAGE 101, 75) besteht nicht. Selbst wenn die Beklagte gemäß dem pauschalen Klägervortrag stets „in sämtlichen Bereichen eine Bindung an die“ Tariflage gewünscht haben sollte, bedeutete dies zunächst nur, dass sie die jeweils aktuellen und ihr bereits bekannten Tarifregelungen in ihrem Unternehmen anwenden wollte. Ohne weitere Anhaltspunkte, die der Kläger nicht benannt hat, besagte eine solche Verfahrensweise wiederum nichts darüber, dass sie auch künftige, ihr noch unbekannte und daher in ihrer Tragweite nicht absehbare Tarifentwicklungen auf Dauer übernehmen wollte. Auch das vom Kläger gegen die Beklagte erstrittene Urteil des Zehnten Senats vom 18. März 2009 (- 10 AZR 281/08 - BAGE 130, 21) bestätigt keine entsprechende betriebliche Übung. Der Zehnte Senat hat nicht erkannt, dass dem Kläger ein „Weihnachtsgeld“ - geschweige denn ein Stundenlohn - stets in der jeweiligen tariflichen Höhe zustehe. Der Aushang der Beklagten zur Winterbeschäftigungs-Umlage hat ebenfalls keine Bedeutung. Er verhielt sich ausschließlich zu normativ wirkenden gesetzlichen und bundesrahmentarifvertraglichen Vorgaben und ließ keine Rückschlüsse auf einen Willen der Beklagten zur Weitergabe künftiger Tarifrechtsänderungen zu.

26

Die Parteien haben nicht aufgrund betrieblicher Übung eine Gleichstellungsabrede getroffen. Es kann dahinstehen, ob an der Entscheidung des Ersten Senats vom 19. Januar 1999 (- 1 AZR 606/98 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 9 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 10) nach der neueren Rechtsprechung des Vierten Senats zu Gleichstellungsabreden (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 25 ff., BAGE 122, 74; 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - AP BGB § 613a Nr. 391 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 51) noch festzuhalten ist, denn die Beklagte ist nicht kraft Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband an Entgelttarifverträge gebunden, so dass die vom Ersten Senat zugrunde gelegten Voraussetzungen einer Gleichstellungsabrede kraft betrieblicher Übung weder vor noch nach dem 1. Januar 2002 vorlagen.

27

3. Die Beklagte hat sich durch die Weitergabe der ersten Lohnerhöhung zum 1. Juni 2007 um 3,1 % gemäß § 2 Abs. 2 Lohntarifvertrag 2007 nicht dazu verpflichtet, wenigstens die beiden weiteren in dieser Tarifnorm vorgesehenen Lohnsteigerungen an den Kläger weiterzugeben. Auch insoweit hat die Beklagte erneut nur eine freiwillige Lohnerhöhung in Anlehnung an eine Tariflohnerhöhung vorgenommen und nicht etwa eine Tarifregelung insgesamt in Bezug genommen. Sie hat auch keinen Aushang zu „mehrschrittigen“ Tarifänderungen verfasst.

28

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    W. Hinrichs    

        

    Dombrowsky    

                 

Tenor

1. Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. Februar 2009 - 3 Sa 1376/08 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kostenentscheidung des Landesarbeitsgerichts wird aufgehoben. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger zu gleichen Teilen zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die dynamische Anwendung der Entgelttarifverträge der Bauwirtschaft auf ihr Arbeitsverhältnis und sich daraus ergebende Zahlungsansprüche.

2

Die Beklagte ist ein Unternehmen der Entsorgungswirtschaft und beschäftigt insgesamt etwa 260 Mitarbeiter. Beide Kläger sind bei der Beklagten seit 1. Oktober 1992 beschäftigt, der Kläger zu 1) als Projektingenieur und der Kläger zu 2) als Gerätefahrer im Straßenbau.

3

Die Beklagte hatte bereits am 24. Oktober 1990 mit der Industriegewerkschaft Bau-Steine-Erden (IG BSE) einen Haustarifvertrag vereinbart, der ua. wie folgt lautet:

        

Vergütung

        

…       

        

Hinsichtlich der Vergütung für die gewerblichen Arbeitnehmer, Angestellte und Auszubildende sind die Tarifverträge LTV und GTV ehemals Berlin (West) für das Bauhauptgewerbe mit folgender Maßgabe anzuwenden, daß die darin enthaltenen Vergütungen ab 1.11.1990 mit 65 % in Ansatz gebracht werden. Die Festlegung hat nach kaufmännischer Rundung zu erfolgen.

        

Dieses gilt für die regelmäßige Arbeitszeit ab 1.11.1990 bei einer 42-Stunden-Woche und einer monatlichen durchschnittlichen Arbeitszeit von 183 Stunden. Die Arbeitszeit für 2-Schichtler beträgt ebenfalls 42 Stunden und für den 3-Schichtler 40 Stunden pro Woche auf der Basis der Vergütung der Regelarbeitszeit. Ab 1.1.1991 wird die regelmäßige 40-Stunden-Woche eingeführt. Die 2-Schichtler haben ebenfalls 40-Stunden-Woche, die 3-Schichtler eine 38-Stunden-Woche auf der Basis der Vergütung der Regelarbeitszeit. Als Ausgleich für die Arbeitszeitverkürzung bleiben die Gehälter gleich. Bei gewerblichen Arbeitnehmern erhöht sich der jeweilige tarifliche Stundenlohn um 5,2 %.

        

Die so entstandene Basis am 1.1.1991 ist die Grundlage für eine 10-prozentige Erhöhung ab 1.4.1991. Diese Regelung gilt bis zum 30.9.1991. Ab 1.10.1991 wird eine weitere Lohnerhöhung festgelegt. Auf der Basis 1.4.1991 der jeweiligen Vergütung wird ein Zuschlag von 10 % für alle Arbeitnehmer gewährt. Diese Regelung gilt bis zum 31.3.1992.

        

…       

        

Zuschlagsregelungen für 2-Schicht- und 3-Schichtarbeiter

        

Arbeitnehmer im 2-Schichtsystem erhalten einen Zuschlag für ihre gesamte tatsächlich verbrachte Arbeitszeit in Höhe von 7,5 % des Tarifstundenlohnes der Lohngruppe III.

        

Für Arbeitnehmer im 3-Schichtbetrieb beträgt dieser Zuschlag 12,5 %.“

4

Die IG BSE kündigte den Haustarifvertrag zum 31. März 1992. Die darauf folgenden Tarifverhandlungen zwischen den Tarifvertragsparteien blieben ergebnislos.

5

Der Arbeitsvertrag des Klägers zu 2) stammt vom 2. November 1992, der Arbeitsvertrag des Klägers zu 1) ist undatiert. Beide Arbeitsverträge gelten „mit Wirkung vom 01.10.1992“. Sie enthalten ua. folgende Bestimmungen:

        

„1.     

        

Sie werden entsprechend der ausgeübten Tätigkeit in die tarifliche Gehaltsgruppe T 4, Beschäftigungsjahr 1 [Kl. zu 2): Lohngruppe MIII 1] eingestuft.

        

Auf der Grundlage der Einstufung erhalten Sie folgende monatliche Bruttovergütung [Kl. zu 2): folgenden monatlichen Bruttostundenlohn]:

        

Gehaltsgruppe T 4, Beschäftigungsjahr 1

DM 3612,00

        

[Kl. zu 2): Bruttostundenlohn

DM 18,52

        

Schichtzuschlag

DM ………..]

        

AT/ Zulage

DM ………..

        

……………….

DM ………..

        

Gesamt

DM 3612,00

                 

[Kl. zu 2):

                 

DM 18,52]

        

Basis: Rahmentarifvertrag [Kl. zu 2): BRTV] für das Baugewerbe (in Verbindung mit der Arbeitsordnung) in der jeweils gültigen Fassung, HTV der M mbH vom 24.10.1990.

        

…       

        

Außertarifliche Gehaltsbestandteile [Kl. zu 2): Lohnbestandteile] werden von der Firma freiwillig gewährt und stehen unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufes. Sie sind bei einer Erhöhung der Gehaltstarife [Kl. zu 2): Lohntarife], beim Aufrücken in eine höhere Gehaltsstufe [Kl. zu 2): Lohnstufe] und bei Höhergruppierungen anrechenbar.“

6

Die Beklagte bezahlte den Klägern in der Folgezeit eine Vergütung, die den zwischen dem Zentralverband des Deutschen Baugewerbes und dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie einerseits und der IG BSE bzw. IG BAU andererseits vereinbarten Gehalts- und Lohntarifverträgen für das Baugewerbe im Beitrittsgebiet entsprach.

7

Am 20. November 1995 vereinbarte die Beklagte mit dem Gesamtbetriebsrat eine „Betriebsvereinbarung über die Lohn- und Gehaltszahlung in der M mbH“ (GBV 1995), deren Ziffer 1 wie folgt lautet:

        

„1.     

Soweit nicht im Einzelfall ein höheres Arbeitsentgelt vereinbart ist, richtet sich die Höhe des Lohnes bzw. Gehaltes nach den geltenden Tarifverträgen;

                 

-       

Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe

                 

-       

Rahmentarifvertrag für die techn. und kaufm. Angestellten des Baugewerbes“

8

Am 26. April 1999 fand zwischen der Geschäftsführung der Beklagten und Vertretern der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) ein Gespräch statt. Darüber erstellte die Beklagte eine „Protokollnotiz“ vom 27. April 1999, die auszugsweise wie folgt lautet:

        

„Im weiteren Verlauf erklärt die Geschäftsleitung den Vertretern der IG Bau verbindlich:

        

Die M fällt auf Grund ihrer Betriebsstruktur nicht unter die Tarifgebundenheit. Die M hat sich an die Tarife der Bauindustrie angelehnt und die entsprechenden Tarifbewegungen bei Löhnen und Gehältern ohne Rechtsanspruch bis heute mitvollzogen. Die M wird auch künftig für den Kernbereich und für Beschäftigte, deren Eingruppierung sich aus dem BRTV bzw. RTV ableitet, nach diesen Grundsätzen die entsprechenden Lohn- und Gehaltstarife anwenden. Der Haustarifvertrag vom 24.10.1990 hat, soweit er nicht bereits in den einzelnen Punkten realisiert worden ist, weiter Bestand.“

9

Das Landesarbeitsgericht hat keine Feststellungen darüber getroffen, ob die Arbeitnehmer von der Protokollnotiz Kenntnis erlangten. Es führt aus, die örtlichen Betriebsräte hätten „nach dem Vortrag der Kläger“ die Protokollnotiz am „Schwarzen Brett“ ausgehängt. Die Beklagte hat einen Aushang jedenfalls nicht veranlasst.

10

Der Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft e.V. (BDE) und die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) vereinbarten am 24. Oktober 2001 einen ab 1. Januar 2002 geltenden Bundes-Entgeltrahmentarifvertrag (ETV Entsorgung 2002) und am 3. Dezember 2004 sowie am 3. Juni 2008 Folgetarifverträge. Der Bundes-Entgeltrahmentarifvertrag und die Folgetarifverträge enthalten zum fachlichen Geltungsbereich folgende Regelung:

        

„§ 1   

        

Geltungsbereich

        

…       

        

2. fachlich:

für alle Unternehmen, die Mitglied des Arbeitgeberverbandes BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft e.V. sind.“

11

Die Satzung des BDE sieht für den Beitritt neuer Mitglieder folgende Bestimmung vor:

        

„§ 3   

        

Mitgliedschaften

        

…       

        

(2)     

Die Mitgliedschaft unterscheidet zwischen ordentlichen, korporativen, fördernden sowie ausländischen Mitgliedern:

                 

a)    

Ordentliches Mitglied

                          

können alle Unternehmen und Betriebe der Kreislauf- und Entsorgungswirtschaft sowie der Wasser- und Abwasserwirtschaft einschließlich der mit diesen verwandten Servicebetrieben werden, die in privater Rechtsform organisiert, tatsächlich operativ tätig sind und in der Bundesrepublik Deutschland ihren Sitz oder eine Betriebsstätte haben; ist ihr Sitz im Freistaat Bayern gelegen, gehören diese Mitglieder in der Regel dem korporativen Mitglied des Bundesverbandes, nämlich dem ‚VBS - Verband Bayerischer Entsorgungsunternehmen e.V. - Kreislaufwirtschaft und Städtereinigung -’ an.

                 

…“    

        
12

Die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes vereinbarten am 20. Dezember 2001 den mit Wirkung vom 1. März 2002 in Kraft getretenen Tarifvertrag zur Einführung neuer Gehaltsstrukturen für die Angestellten und Poliere des Baugewerbes. Die Gehaltsgruppe T 4, ab 3. Berufsjahr, (alt) wurde zur Gehaltsgruppe A VII (neu). Die sich hieraus ergebende Vergütungssteigerung von monatlich 27,00 Euro brutto gab die Beklagte nicht an den Kläger zu 1) weiter. Aufgrund des Tarifvertrages zur Einführung neuer Lohnstrukturen für die gewerblichen Arbeitnehmer des Baugewerbes vom 4. Juli 2002 wurde die Lohngruppe M III 2 (alt) mit Wirkung vom 1. September 2002 zur Lohngruppe 4 für Baumaschinenführer (neu).

13

Die für die Bauwirtschaft vereinbarten prozentualen Entgelterhöhungen zum 1. September 2002 und 1. April 2003 übernahm die Beklagte und erklärte in gleichlautenden - jeweils undatierten - Schreiben an alle Mitarbeiter im Jahr 2002:

        

„Trotz der angespannten Lage des Unternehmens erfolgt ab 01.09.2002 die Anpassung mit 3,2 % an die Höhe der Löhne und Gehälter der Bauindustrie. Das heißt, die M mbH erhöht selbst unter den schwierigen Rahmenbedingungen die Löhne und Gehälter aller Mitarbeiter.“

und im Jahr 2003:

        

„Trotz der angespannten Lage des Unternehmens hat sich die Geschäftsführung entschieden, auch unter den schwierigen Rahmenbedingungen ab 01.04.2003 eine Erhöhung der Löhne und Gehälter um 2,4% durchzuführen.“

14

In den Jahren 2004 und 2005 gab es keine tariflichen Entgelterhöhungen im Baugewerbe. Auch die Beklagte erhöhte die Vergütungen nicht.

15

Im Bereich der Angestellten erhöhte sich zum 1. Januar 2006 die tarifliche regelmäßige Arbeitszeit von 39 auf 40 Wochenstunden ohne Erhöhung des Gehalts. Bei den gewerblichen Arbeitnehmern vereinbarten die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes ebenfalls mit Wirkung vom 1. Januar 2006 eine Erhöhung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 39 auf 40 Stunden unter gleichzeitiger Absenkung des Stundenlohnes um 2,5 %. Die Beklagte gab weder die Arbeitszeiterhöhung noch die Lohnsenkung an die Mitarbeiter weiter. Auch die mit Wirkung vom 1. April 2006 vorgesehene tarifliche Erhöhung der Gehälter und Löhne in der Bauwirtschaft um 1 % übernahm die Beklagte nicht.

16

Am 20. August 2007 vereinbarten die Tarifvertragsparteien der Bauwirtschaft den Tarifvertrag zur Regelung der Gehälter und Ausbildungsvergütungen für die Angestellten und Poliere des Baugewerbes im Beitrittsgebiet mit Ausnahme des Landes Berlin (TV Bau Gehalt/Ost) und den Tarifvertrag zur Regelung der Löhne und Ausbildungsvergütungen im Baugewerbe im Beitrittsgebiet mit Ausnahme des Landes Berlin (TV Bau Lohn/Ost) mit Wirkung vom 1. April 2007. Danach erhöhte sich das Tarifentgelt für die Angestellten und die gewerblichen Mitarbeiter zum 1. Juni 2007 einheitlich um 3,1 %. Das Gehalt in der Gehaltsgruppe A VII beträgt danach 3.073,00 Euro, der Gesamttarifstundenlohn der „Baumaschinenführer der Lohngruppe 4“ 13,61 Euro. Die Beklagte erhöhte die Entgelte ihrer Arbeitnehmer auch diesmal nicht. Sie zahlte dem Kläger zu 1) weiterhin ein Monatsgehalt von 2.924,00 Euro brutto und dem Kläger zu 2) einen Stundenlohn von 13,42 Euro brutto sowie zusätzlich einen Schichtzuschlag von 7,5 %.

17

Der Kläger zu 1) machte mit Schreiben vom 15. Oktober 2007 die „Anpassung an die tarifliche Entlohnung“ und mit Schreiben vom 11. Dezember 2007 einen - in rechnerischer Höhe unstreitigen - Differenzbetrag von 432,00 Euro für die Zeit von Juni bis November 2007 geltend. Der Kläger zu 2) forderte mit Schreiben vom 7. Dezember 2007 Unterschiedsbeträge für denselben Zeitraum in ebenfalls unstreitiger Höhe von insgesamt 204,56 Euro.

18

Die Kläger verlangen mit ihrer Klage die Weitergabe der 3,1 %-igen Tariferhöhung zum 1. Juni 2007 nach dem TV Bau Gehalt/Ost und dem TV Bau Lohn/Ost sowie im Wege der Feststellungsklage die Zahlung künftiger Tariferhöhungen. Sie haben die Auffassung vertreten, die auf der Anwendung der Bau-Entgelttarifverträge beruhenden Ansprüche ergäben sich aus der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel, aus der GBV 1995, aus der Protokollnotiz vom 27. April 1999 sowie aus dem Grundsatz der betrieblichen Übung. Der Arbeitsvertrag enthalte in Ziffer 1 eine dynamische Verweisungsklausel, welche nicht nur den (Bundes-)Rahmentarifvertrag für das Baugewerbe, sondern auch den jeweils geltenden Entgelttarifvertrag des Baugewerbes erfasse. Die GBV 1995 verweise angesichts der Formulierung „Höhe des Lohnes bzw. Gehaltes“ ebenfalls auf die Entgelttarifverträge des Baugewerbes. Außerdem ergebe sich ein Anspruch aus der Protokollnotiz vom 27. April 1999, welche eine Gesamtzusage des Arbeitgebers darstelle. Schließlich sei durch die jahrzehntelange Weitergabe der Tariferhöhungen eine betriebliche Übung entstanden. Die strenge Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Entstehen einer betrieblichen Übung bei der Weitergabe von Tariferhöhungen durch nicht tarifgebundene Arbeitgeber sei nicht einschlägig, weil die Beklagte auch durch den Beitritt zu den Arbeitgeberverbänden der Bauwirtschaft keine normative Geltung der Bautarifverträge hätte herbeiführen können. Der Unterschied zu den vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fällen liege darin, dass die Beklagte als Betrieb der Entsorgungswirtschaft nicht dem betrieblichen Geltungsbereich der Bautarifverträge unterfalle. Außerdem ergäben sich besondere Anhaltspunkte für einen Bindungswillen der Beklagten aus dem Arbeitsvertrag, aus der GBV 1995 und der Protokollnotiz.

19

Die Kläger haben zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu 1) brutto 405,00 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 17. März 2008 zu zahlen,

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger zu 1) ab dem 1. März 2008 39/40 des jeweiligen Tabellenentgelts der Vergütungsgruppe A VII nach dem jeweils geltenden Tarifvertrag zur Regelung der Gehälter und Auszubildendenvergütungen für Angestellte im Baugewerbe (TV Bau Gehalt/Ost) abzüglich 27,00 Euro monatlich zu zahlen,

        

3.    

die Beklagte weiter zu verurteilen, an den Kläger zu 2) 306,89 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 17. März 2008 zu zahlen,

        

4.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger zu 2) ab dem 1. März 2008 das Tabellenentgelt der Lohngruppe 4 für Baumaschinenführer des jeweils geltenden Tarifvertrages zur Regelung der Löhne und Auszubildendenvergütungen im Baugewerbe (TV Bau Lohn/Ost) einschließlich des Bauzuschlages zu zahlen.

20

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Entgelttarifverträge des Baugewerbes seien nicht anwendbar. Der Arbeitsvertrag enthalte nur in Bezug auf den (Bundes-)Rahmentarifvertrag eine dynamische Verweisung, hinsichtlich des Entgelts sei die Verweisung auf die Gehaltsgruppe statisch. Die GBV 1995 verweise nicht auf einen Entgelttarifvertrag und sei im Übrigen wegen der Sperrwirkung der Bundes-Entgelttarifverträge der Entsorgungswirtschaft gemäß § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam. Aus der Protokollnotiz ergebe sich bereits nach deren Wortlaut kein Anspruch. Eine betriebliche Übung sei entsprechend der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Weitergabe von Tariferhöhungen bei tarifungebundenen Arbeitgebern nicht entstanden. Besondere Anhaltspunkte für einen Bindungswillen des Arbeitgebers lägen nicht vor, insbesondere könnten diese sich nicht aus dem Arbeitsvertrag, aus der GBV 1995 oder der Protokollnotiz ergeben. Hilfsweise argumentiert die Beklagte, sie habe die betriebliche Übung durch eine gegenläufige betriebliche Übung wieder beendet.

21

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung stattgegeben und die Klage abgewiesen. Mit der Revision streben die Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils an. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

22

Die zulässige Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung der Beklagten in der Hauptbegründung weitgehend rechtsfehlerfrei stattgegeben.

23

I. Die Klage ist teilweise unzulässig. Die Feststellungsanträge 2 und 4 sind nur insoweit zulässig, als sie sich auf die Anwendbarkeit des TV Bau Gehalt/Ost vom 20. August 2007 und des TV Bau Lohn/Ost vom 20. August 2007 beziehen. Die beantragte Verpflichtung zur Anwendung des „jeweils geltenden“ Entgelttarifvertrages betrifft künftige Entgelttarifverträge, die nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein können.

24

1. Gemäß § 256 Abs. 1 ZPO kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Dabei muss die Feststellung grundsätzlich auf ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis gerichtet sein (BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 566/04 - zu II 1 der Gründe, BAGE 115, 12; BGH 13. März 2001 - VI ZR 290/00 - MDR 2001, 829). Dieses muss so genau bezeichnet sein, dass über seine Identität und damit über den Umfang der Rechtskraft des begehrten Feststellungsanspruchs keinerlei Ungewissheit herrschen kann. Dagegen können nicht absehbare künftige Ansprüche nicht zum Gegenstand einer Feststellungsklage gemacht werden (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 136/05 - zu 1 und 2 a der Gründe). Eine Klage auf Feststellung von Rechtsfolgen aus einem erst künftig (möglicherweise) entstehenden Rechtsverhältnis ist unzulässig.

25

2. Dieser Grenzziehung genügen die Anträge 2 und 4 nur zum Teil. Sie betreffen neben der Verpflichtung zur Anwendung des gegenwärtigen TV Bau Gehalt/Ost und des gegenwärtigen TV Bau Lohn/Ost auch die Verpflichtung zur Anwendung der „jeweils geltenden“, dh. der künftigen Entgelttarifverträge. Die Rechtsverhältnisse aus künftigen Entgelttarifverträgen sind nicht gegenwärtig. Die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes vereinbaren zwar üblicherweise regelmäßig Tariferhöhungen in eigenständigen Entgelttarifverträgen. Solange ein künftiger Tarifvertrag noch nicht abgeschlossen ist, kann jedoch auch eine Verpflichtung zu seiner Anwendung noch nicht festgestellt werden. So ist zB nicht auszuschließen, dass die Tarifvertragsparteien der hier streitigen Tarifverträge die Geltungsbereiche künftiger Tarifverträge anders formulieren als bisher und deswegen eine Anwendung auf die Kläger ausscheidet. Weiter ist denkbar, dass die Tarifvertragsparteien keine eigenständigen Lohn- und Gehaltstarifverträge „Ost“ und „West“ mehr abschließen, sondern einen bundeseinheitlichen Entgelttarifvertrag.

26

II. Die ansonsten zulässige Klage ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat in seiner Hauptbegründung rechtsfehlerfrei entschieden, dass für die Anwendung der Entgelttarifverträge des Baugewerbes keine Anspruchsgrundlage besteht. Ein Anspruch folgt weder aus dem Arbeitsvertrag noch aus der GBV 1995 noch aus der Protokollnotiz vom 27. April 1999 noch aus einer betrieblichen Übung.

27

1. Ein Anspruch auf Anwendung des TV Bau Gehalt/Ost oder des TV Bau Lohn/Ost ergibt sich nicht aus der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel.

28

a) Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass der Arbeitsvertrag hinsichtlich der Höhe der Vergütung nur eine Bezugnahme auf den Haustarifvertrag enthalte. Der Haustarifvertrag wiederum verweise nicht dynamisch auf die Entgelttarifverträge des Baugewerbes, sondern verpflichte zur Zahlung eines prozentualen Anteils der Bautarife. Steigerungen seien danach nur bis zum 31. März 1992 vorgesehen gewesen.

29

b) Diese Auffassung begegnet keinen revisionsrechtlichen Bedenken; auch die Revisionsbegründung der Kläger erhebt diesbezüglich keine ausdrückliche Rüge.

30

aa) Der Arbeitsvertrag nennt in Ziffer 1 zunächst die „tarifliche Gehaltsgruppe T 4“ bzw. die „tarifliche Lohngruppe MIII 1“. Als „Basis“ hierfür wird an erster Stelle der „Rahmentarifvertrag für das Baugewerbe“ bzw. der „BRTV für das Baugewerbe“ angeführt. Der Zusatz „in der jeweils gültigen Fassung“ zeigt, dass die Verweisung auf den (Bundes-)Rahmentarifvertrag des Baugewerbes dynamisch ist, enthält jedoch keine Verweisung auf die jeweiligen Entgelttarifverträge. Das Landesarbeitsgericht weist zutreffend darauf hin, dass im Baugewerbe die tariflichen Entgeltregelungen in eigenständigen Entgelttarifverträgen vereinbart wurden und werden. Das im Arbeitsvertrag bezifferte Gehalt in Höhe von 3.612,00 DM bzw. der genannte Stundenlohn in Höhe von 18,52 DM entsprechen nicht den Vergütungen nach den damals geltenden Entgelttarifverträgen. Das Tarifgehalt der Tarifgruppe T 4 im ersten Berufsjahr betrug nach dem Tarifvertrag zur Regelung der Gehälter und Ausbildungsvergütungen für die Angestellten des Baugewerbes im Beitrittsgebiet (ausgenommen Berlin-Ost) vom 19. Mai 1992 ab 1. April 1992 bis zur nächsten Erhöhung am 1. April 1993 3.537,00 DM. Der Tarifvertrag zur Regelung der Löhne und Ausbildungsvergütungen im Baugewerbe im Beitrittsgebiet (ausgenommen Berlin-Ost) vom 19. Mai 1992 sah für die  Berufsgruppe M III ab 1. Oktober 1992 einen Gesamttarifstundenlohn von 17,79 DM vor. Erst in der Folgezeit vergütete die Beklagte entsprechend den Entgelttarifverträgen für das Beitrittsgebiet.

31

bb) Eine vertragliche Einbeziehung der Bau-Entgelttarifverträge ergibt sich auch nicht im Wege einer ergänzenden Auslegung. Es besteht schon keine unbewusste Regelungslücke. Die Arbeitsvertragsparteien haben neben dem Baurahmentarifvertrag gleichwertig ausdrücklich auch den „HTV der M mbH vom 24.10.1990“ in Bezug genommen. Auch dieser im Zeitpunkt des Arbeitsvertragsschlusses normativ nachwirkende Haustarifvertrag enthält Regelungen zur Höhe der Vergütung, die auf die Zeit bis zum 31. März 1992 befristet waren. Danach richtet sich die Vergütung für gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte nach den „Tarifverträgen LTV und GTV ehemals Berlin (West) für das Bauhauptgewerbe“ mit der Maßgabe, dass ein Vergütungsniveau von 65 % dieser (West-)Tarife zugrunde gelegt wird. Darüber hinaus sollte sich die Vergütung in zwei Stufen zum 1. April 1991 und zum 1. Oktober 1991 jeweils um 10 % erhöhen. Bei den gewerblichen Arbeitnehmern sieht der Haustarifvertrag eine zusätzliche Erhöhung zum 1. Januar 1991 als Ausgleich für eine Arbeitszeitverkürzung vor. Eine Verweisung auf die Entgelttarifverträge für das Beitrittsgebiet (TV Bau Gehalt/Ost bzw. TV Bau Lohn/Ost) ergibt sich aus dem in Bezug genommenen Haustarifvertrag jedoch gerade nicht, obwohl es bereits bei Vereinbarung des Arbeitsvertrages eigenständige Tarifverträge für das Beitrittsgebiet gab.

32

2. Das Landesarbeitsgericht hat auch zutreffend erkannt, dass die GBV 1995 nicht geeignet ist, den klägerischen Anspruch zu begründen.

33

a) Das Berufungsurteil stützt sich insoweit darauf, dass die GBV 1995 als Anspruchsgrundlage wegen der Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 BetrVG ausscheide. Mit Inkrafttreten der in der Entsorgungswirtschaft abgeschlossenen Entgelttarifverträge sei die GBV 1995 unwirksam geworden. Die mitgliedschaftsbezogene Festlegung des Geltungsbereichs der Entgelttarifverträge der Entsorgungswirtschaft spreche nicht gegen die Sperrwirkung, weil ein Verbandsbeitritt der Beklagten nach der Satzung des BDE möglich gewesen wäre.

34

b) Auch diese Darlegungen des Landesarbeitsgerichts sind rechtsfehlerfrei. Daher konnte es die Frage offenlassen, ob sich aus der GBV 1995 überhaupt ein Anspruch auf Anwendung der Entgelttarifverträge des Baugewerbes hätte ergeben können.

35

aa) Nach § 77 Abs. 3 BetrVG können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Eine gegen § 77 Abs. 3 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarung ist unwirksam.

36

(1) Sinn und Zweck der Vorschrift ist es, die ausgeübte und aktualisierte Tarifautonomie zu schützen, indem sie den Tarifvertragsparteien den Vorrang zur Regelung von Arbeitsbedingungen einräumt. Diese Befugnis soll nicht dadurch ausgehöhlt werden, dass Arbeitgeber und Betriebsrat ergänzende oder abweichende Regelungen vereinbaren. Die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie würde aber auch dann gestört, wenn die nicht tarifgebundenen Arbeitgeber kollektivrechtliche Konkurrenzregelungen in Form von Betriebsvereinbarungen erreichen könnten (vgl. BAG 20. November 2001 - 1 AZR 12/01 - zu II 2 a der Gründe, EzA BetrVG 1972 § 77 Nr. 70; BAG 24. Januar 1996 - 1 AZR 597/95 - zu I 1 der Gründe, BAGE 82, 89). Die Sperrwirkung ist deshalb nicht davon abhängig, ob ein Arbeitgeber tarifgebunden ist oder nicht (BAG 26. August 2008 - 1 AZR 354/07 - Rn. 11, BAGE 127, 297).

37

(2) Die Sperrwirkung einer tariflichen Regelung nach § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG reicht grundsätzlich soweit wie deren Geltungsanspruch(BAG 22. März 2005 - 1 ABR 64/03 - zu B II 2 c ee (3) (a) der Gründe, BAGE 114, 162). Dies gilt auch für den Fall, dass der Tarifvertrag seinen Geltungsbereich nicht durch eine fachlich-betriebliche Begrenzung bestimmt, sondern nach seinem Wortlaut für die Mitglieder des tarifschließenden Unternehmerverbandes gelten soll. Die mitgliedschaftsbezogene Festlegung des Geltungsbereichs eines Tarifvertrages und die Sperrwirkung nach § 77 Abs. 3 BetrVG schließen einander nicht aus(BAG 22. März 2005 - 1 ABR 64/03 - zu B II 2 c ee (3) (b) der Gründe, aaO).

38

(a) Den Tarifvertragsparteien steht es frei, den Geltungsbereich organisationsbezogen festzulegen. Zwar ergibt sich dann nicht unmittelbar aus dem Tarifvertrag, sondern erst aus der Verbandssatzung, welche Unternehmen und Betriebe vom fachlichen Geltungsbereich erfasst werden. Dies verstößt jedoch nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz oder gegen das Schriftformerfordernis nach § 1 Abs. 1, Abs. 2 TVG(BAG 22. März 2005 - 1 ABR 64/03 - zu B II 2 c ee (3) (b) der Gründe, BAGE 114, 162). Voraussetzung ist allerdings, dass die Satzung des Arbeitgeberverbandes nicht für jeden Arbeitgeber voraussetzungslos eine Beitrittsmöglichkeit vorsieht, sondern diese an bestimmte Kriterien knüpft, durch die der Kreis potentieller Mitglieder ähnlich wie durch das Erfordernis einer Branchenzugehörigkeit beschränkt wird (BAG 22. März 2005 - 1 ABR 64/03 - aaO).

39

(b) Für eine Anwendung des § 77 Abs. 3 BetrVG auch auf nicht tarifgebundene Arbeitgeber ist außerdem erforderlich, dass die Tarifvertragsparteien den Geltungsanspruch eines mitgliedschaftsbezogenen Tarifvertrages auch auf potentielle Mitglieder erstrecken und nicht auf aktuelle Mitglieder beschränken wollen. Ob dies geschehen ist, ist durch Auslegung zu ermitteln, wobei die übereinstimmende Interessenlage der Tarifvertragsparteien typischerweise dahin geht, den Geltungsbereich des Tarifvertrages wie bei einer fachlichen Umschreibung auf diejenigen Unternehmen zu erstrecken, die durch Beitritt zum Arbeitgeberverband eine Tarifbindung herbeiführen können. Ohne deutliche Anhaltspunkte im Tarifvertrag selbst kann nicht angenommen werden, dass die Tarifvertragsparteien durch die mitgliedschaftsbezogene Festlegung des Geltungsbereichs den durch § 77 Abs. 3 BetrVG gewährleisteten Geltungsanspruch des Tarifvertrages und ihre Tarifautonomie beschränken wollen (vgl. insgesamt BAG 22. März 2005 - 1 ABR 64/03 - zu B II 2 c ee (3) (c) der Gründe, BAGE 114, 162).

40

(3) Eine gegen § 77 Abs. 3 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarung ist unwirksam(BAG 20. November 2001 - 1 AZR 12/01 - zu II 2 a der Gründe, EzA BetrVG 1972 § 77 Nr. 70). Dies gilt nicht nur dann, wenn bei ihrem Zustandekommen entsprechende Tarifverträge bereits bestanden. Die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG wirkt vielmehr auch, wenn entsprechende Tarifbestimmungen erst später in Kraft treten(BAG 22. März 2005 - 1 ABR 64/03 - zu B II 2 c ee (1) der Gründe, BAGE 114, 162; BAG 21. Januar 2003 - 1 ABR 9/02 - zu B II 2 c aa (1) der Gründe, AP BetrVG 1972 § 21a Nr. 1 = EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 3).

41

(4) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gilt die Sperre des § 77 Abs. 3 BetrVG nicht in Angelegenheiten, die nach § 87 Abs. 1 BetrVG der Mitbestimmung des Betriebsrates unterliegen(BAG 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C I 4 der Gründe, BAGE 69, 134). Erzwingbare Betriebsvereinbarungen werden nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Angelegenheit nur üblicherweise durch Tarifvertrag geregelt wird oder zwar tariflich geregelt, der Arbeitgeber aber an den betreffenden Tarifvertrag nicht gebunden ist (BAG 20. November 2001 - 1 AZR 12/01 - zu II 2 c der Gründe, EzA BetrVG 1972 § 77 Nr. 70).

42

bb) Nach diesen Grundsätzen ist die GBV 1995 zumindest ab dem Inkrafttreten der vom Landesarbeitsgericht herangezogenen Bundes-Entgelttarifverträge in der Entsorgungswirtschaft ab dem 1. Januar 2002 unwirksam. Denn in diesen ist die Höhe des Entgelts für die Arbeitsverhältnisse im Bereich der Entsorgungsunternehmen tariflich geregelt. Der Betrieb der Beklagten unterfällt in der Sache auch dem fachlichen Geltungsbereich der Tarifverträge.

43

(1) Unerheblich ist, dass die Beklagte nicht Mitglied des BDE ist. § 77 Abs. 3 BetrVG setzt keine Tarifgebundenheit des Arbeitgebers voraus. Auch die mitgliedschaftsbezogene Festlegung des Geltungsbereichs der vom BDE abgeschlossenen Bundes-Entgeltrahmentarifverträge vom 24. Oktober 2001, vom 3. Dezember 2004 und vom 3. Juni 2008 schadet nicht. Eine Auslegung ergibt, dass der Geltungsbereich der Tarifverträge nicht nur aktuelle, sondern auch potentielle Mitglieder des BDE erfassen soll. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass die Tarifvertragsparteien BDE und ver.di auf den Geltungsanspruch des Tarifvertrages nach § 77 Abs. 3 BetrVG bei tarifungebundenen Arbeitgebern verzichten wollten. Das Landesarbeitsgericht hat auch zutreffend ausgeführt, dass die Beklagte nach der Satzung des BDE dessen Mitglied werden konnte. Gemäß § 3 Abs. 2 Buchst. a der Satzung des BDE können alle Unternehmen und Betriebe der Kreislauf- und Entsorgungswirtschaft sowie der Wasser- und Abwasserwirtschaft ordentliches Mitglied werden, die in privater Rechtsform organisiert, tatsächlich operativ tätig sind und in der Bundesrepublik Deutschland ihren Sitz oder eine Betriebsstätte haben. Diese Voraussetzungen werden nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und nach den übereinstimmenden Angaben der Parteien von der Beklagten, einem Unternehmen der Entsorgungswirtschaft, erfüllt.

44

(2) In dem zwischen den Parteien streitigen Zeitraum ab dem 1. Juni 2007 war die GBV 1995 unwirksam. Spätestens ab dem Inkrafttreten der zwischen dem BDE und ver.di abgeschlossenen Bundes-Entgelttarifverträge der Entsorgungswirtschaft am 1. Januar 2002 war eine mögliche betriebsverfassungsrechtliche Wirkung der GBV 1995 nach § 77 Abs. 3 BetrVG gesperrt. Es kommt daher nicht darauf an, ob sich schon aus früheren Tarifverträgen der Entsorgungswirtschaft oder aus der Nachwirkung des Haustarifvertrages vom 24. Oktober 1990 eine Sperrwirkung für die GBV 1995 ergeben hat.

45

(3) Der Sperrwirkung entgegenstehende Tarifverträge steht auch nicht § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG entgegen. Zwar ist die Beklagte nicht tarifgebunden, so dass die Regelungssperre des § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG - im Unterschied zu § 77 Abs. 3 BetrVG - nicht eingreifen könnte. Der geregelte Sachverhalt der Entgelthöhe ist aber nicht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitbestimmungspflichtig, weil die Höhe der Vergütung nicht zur mitbestimmungspflichtigen betrieblichen Lohngestaltung gehört.

46

3. Der Anspruch auf die Anwendung des TV Bau Gehalt/Ost bzw. TV Bau Lohn/Ost ergibt sich auch nicht aus der Protokollnotiz vom 27. April 1999. Das Landesarbeitsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass sie keine Gesamtzusage enthält, aus der sich ein Anspruch auf Weitergabe der künftigen Tariferhöhungen ergibt.

47

a) Das Landesarbeitsgericht hat sich darauf berufen, dass in der Protokollnotiz vom 27. April 1999 keine Gesamtzusage des Arbeitgebers liege, weil diese Erklärung nicht an die Arbeitnehmer gerichtet gewesen sei. Außerdem sei die Erklärung so zu verstehen, dass die Beklagte Tariferhöhungen in der Vergangenheit ohne Rechtsanspruch weitergegeben habe und auch in Zukunft so verfahren wolle.

48

b) Insoweit zeigt die Revision keine Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts auf.

49

aa) Eine Gesamtzusage ist die an alle Arbeitnehmer des Betriebs oder einen nach abstrakten Merkmalen bestimmten Teil von ihnen in allgemeiner Form gerichtete Erklärung des Arbeitgebers, zusätzliche Leistungen erbringen zu wollen (st. Rspr., vgl. BAG 17. November 2009 - 9 AZR 765/08 - Rn. 19, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 88 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 12). Eine Gesamtzusage setzt eine bewusste und gezielte Bekanntgabe an die Arbeitnehmer voraus (BAG 28. Juni 2006 - 10 AZR 385/05 - Rn. 32, BAGE 118, 360).

50

bb) Danach liegt in der unterschriebenen Protokollnotiz keine Gesamtzusage der Beklagten.

51

(1) Es handelt sich um die Wiedergabe einer Besprechung vom 26. April 1999 zwischen der Geschäftsleitung der Beklagten, einem Vertreter des Bauarbeitgeberverbandes und Vertretern der IG BAU. Für eine Gesamtzusage wäre jedoch eine an alle Arbeitnehmer gerichtete Erklärung erforderlich gewesen. Nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts erfolgte der von den Klägern behauptete Aushang am „Schwarzen Brett“ jedenfalls nicht auf Veranlassung der Beklagten. Wenn die örtlichen Betriebsräte die Protokollnotiz ausgehängt haben sollten, läge hierin keine bewusste und gezielte Bekanntmachung der Beklagten.

52

Soweit die Revision sich darauf beruft, die Beklagte habe ausdrücklich ausgeführt, die Erklärung sei „verbindlich“, so verkennt sie, dass auch insoweit als Adressat einer verbindlichen Erklärung vorliegend nicht die Belegschaft der Beklagten, sondern - wenn überhaupt - allenfalls die IG BAU in Betracht kommt, unabhängig davon, dass sich aus dem weiteren Inhalt der Erklärung nicht ergibt, worauf sich die „Verbindlichkeit“ eigentlich beziehen soll.

53

(2) Das Landesarbeitsgericht hat in diesem Zusammenhang zutreffend darauf abgestellt, dass die Beklagte in der Protokollnotiz festgehalten hat, die Vergütungen in der Vergangenheit „ohne Rechtsanspruch“ weitergegeben zu haben. Der sich unmittelbar anschließende Satz in der Protokollnotiz, die Beklagte werde „auch künftig“ die Tarife „nach diesen Grundsätzen“ anwenden, ist vor diesem Hintergrund ebenfalls dahingehend zu verstehen, dass die Beklagte beabsichtigte, Tariferhöhungen auch weiterhin ohne Rechtsanspruch weiterzugeben.

54

(3) Im Übrigen wäre selbst dann, wenn es sich bei der Erklärung um eine Gesamtzusage handelte, das Bezugsobjekt der Verweisung nicht der Bau-Entgelttarifvertrag für das Beitrittsgebiet, dh. zB der TV Bau Lohn/Ost oder der TV Bau Gehalt/Ost. Denn in der Protokollnotiz heißt es ausdrücklich weiter, der Haustarifvertrag habe weiter Bestand. Aus diesem ergibt sich jedoch eine Verweisung auf die Bau-Entgelttarifverträge West mit einem Tarifniveau von 65 % nebst Erhöhungen bis zum 31. März 1992.

55

(4) Ein Vertragsschluss kann entgegen der Revision auch nicht aus einem Schweigen der Beklagten auf den von den Klägern behaupteten Aushang der Protokollnotiz durch die örtlichen Betriebsräte hergeleitet werden. Wie vorstehend ausgeführt, enthält die Protokollnotiz keine (Gesamt-)Zusage einer Weitergabe künftiger Bau-Tarifentgelterhöhungen. Das Schweigen der Beklagten könnte nur die fehlende Zielgerichtetheit der Erklärung an die Arbeitnehmer ersetzen. Es würde jedoch nichts am Inhalt der Erklärung ändern.

56

4. Schließlich ist auch keine betriebliche Übung auf die Weitergabe künftiger Tariferhöhungen nach dem TV Bau Gehalt/Ost bzw. TV Bau Lohn/Ost entstanden.

57

a) Das Landesarbeitsgericht hat sich darauf gestützt, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber, der einzelne Tariferhöhungen an seine Arbeitnehmer weitergibt, nur bei Vorliegen besonderer Anhaltspunkte verpflichtet ist, über die Weitergewährung der weitergegebenen Tariflohnerhöhung hinaus auch die von den Tarifvertragsparteien zukünftig vereinbarten Tariferhöhungen weiterzugeben. Derartige Anhaltspunkte lägen hier nicht vor. Insbesondere könne hierfür weder die - unwirksame - GBV 1995 noch die Protokollnotiz vom 27. April 1999 herangezogen werden. Es komme hinzu, dass die Beklagte nicht nur nicht tarifgebunden, sondern nicht einmal ein Unternehmen der Bauwirtschaft sei, so dass sie auch durch einen Beitritt zum Arbeitgeberverband der Bauindustrie keine Tarifgebundenheit hätte herstellen können.

58

b) Diesen im Hinblick auf das Bestehen einer betrieblichen Übung der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegenden (BAG 24. März 2010 - 10 AZR 43/09 - Rn. 15, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 90 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 13; BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - Rn. 45, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 54; BAG 28. Juni 2006 - 10 AZR 385/05 - Rn. 39, BAGE 118, 360) Ausführungen des Landesarbeitsgerichts folgt der Senat im Ergebnis und teilweise auch in der Begründung.

59

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist unter einer betrieblichen Übung die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden.

60

(1) Aus einem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 317/09 - Rn. 20, AP TVG § 1 Tarifverträge: Brotindustrie Nr. 9 = EzA TVG § 4 Brot- und Backwarenindustrie Nr. 2; BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - Rn. 43, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 54; BAG 16. Juni 2004 - 4 AZR 417/03 - zu II 2 b der Gründe). Entscheidend für die Entstehung eines Anspruchs ist, wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen musste und durfte (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 317/09 - aaO; BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - aaO; BAG 16. Juni 2004 - 4 AZR 417/03 - zu II 2 b der Gründe). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber mit einem entsprechenden Verpflichtungswillen gehandelt hat. Die Wirkung einer Willenserklärung im Rechtsverkehr setzt ein, wenn der Erklärende aus der Sicht des Erklärungsempfängers einen auf eine bestimmte Rechtswirkung gerichteten Willen geäußert hat (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - aaO; BAG 28. Juni 2006 - 10 AZR 385/05 - Rn. 35, BAGE 118, 360).

61

(2) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann bei einem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber eine betriebliche Übung, die zu einem Rechtsanspruch auf Erhöhung der Löhne und Gehälter entsprechend der Tarifentwicklung in einem bestimmten Tarifgebiet führt, nur angenommen werden, wenn deutliche Anhaltspunkte im Verhalten des Arbeitgebers dafür erkennbar sind, dass er auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien jeweils ausgehandelten Tariflohnerhöhungen übernehmen will (BAG 26. August 2009 - 5 AZR 969/08 - Rn. 26, AP BGB § 613a Nr. 375 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 115; BAG 9. Februar 2005 - 5 AZR 284/04 - zu III 3 b der Gründe; BAG 13. März 2002 - 5 AZR 755/00 - zu II 2 der Gründe, EzA ZPO § 259 Nr. 1). Mit den in Anlehnung an Tariflohnerhöhungen erfolgenden freiwilligen Lohnsteigerungen entsteht regelmäßig lediglich ein Anspruch der Arbeitnehmer auf Fortzahlung dieses erhöhten Lohns, nicht aber zugleich eine Verpflichtung des Arbeitgebers, auch künftige Tariflohnerhöhungen weiterzugeben (BAG 20. Juni 2001 - 4 AZR 290/00 - zu A II 4 c bb der Gründe, EzA BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 45). Nach der Rechtsprechung des Fünften Senats will sich ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber grundsätzlich nicht für die Zukunft der Regelungsmacht der Verbände unterwerfen. Dies ist gerade Sinn des nicht erfolgten Beitritts zu einem Arbeitgeberverband. Die fehlende Tarifgebundenheit verdeutlicht den Willen des Arbeitgebers, die Erhöhung der Löhne und Gehälter zukünftig nicht ohne Beitrittsprüfung entsprechend der Tarifentwicklung vorzunehmen. Die nicht vorhersehbare Dynamik der Lohnentwicklung und die hierdurch verursachten Personalkosten sprechen grundsätzlich gegen einen objektiv erkennbaren rechtsgeschäftlichen Willen des Arbeitgebers, sich dauerhaft zu einer Entgeltanhebung entsprechend der Tarifentwicklung in einem bestimmten Tarifgebiet verpflichten zu wollen.

62

bb) Danach hat die Beklagte mit der Übernahme einzelner Tarifentgelterhöhungen keine betriebliche Übung begründet, auf die die Kläger ihren Klageanspruch stützen könnten.

63

(1) Die bloße Weitergabe von Tariflohnerhöhungen in der Bauwirtschaft konnte insbesondere deshalb bei den Arbeitnehmern der Beklagten nicht zur Erwartung einer generellen Übernahme der jeweiligen Tariferhöhungen führen, weil es bei der dynamischen Inbezugnahme von Entgelttarifverträgen durch eine betriebliche Übung jedenfalls dann besonderer, im vorliegenden Fall fehlender Anhaltspunkte für einen entsprechenden Bindungswillen des Arbeitgebers bedarf, wenn er nicht nur selbst nicht tarifgebunden ist, wie das Landesarbeitsgericht festgestellt hat, sondern wenn die in der Vergangenheit weitergebenen Vergütungserhöhungen sich an einem branchenfremden Tarifvertrag orientieren, also selbst bei einer Mitgliedschaft des Arbeitgebers im Verband eine normative Wirkung der Entgelttarifverträge mangels Unterfallen der Arbeitsverhältnisse unter den Geltungsbereich nicht eintreten konnte. Denn die für eine bestimmte Branche vereinbarten Erhöhungen der Tarifentgelte orientieren sich notwendigerweise an der wirtschaftlichen Entwicklung in dieser Branche, die für einen einer anderen Branche angehörenden Arbeitgeber und die dort beschäftigten Arbeitnehmer nicht ohne weiteres maßgebend ist. Bereits aus diesem Grund ist der erstmals in der Revision erbrachte Vortrag der Kläger, die Beklagte sei „Mitglied des Arbeitgeberverbandes der Bauwirtschaft“, ohne Belang.

64

(2) Ein dem entgegenstehender besonderer Anhaltspunkt ist nicht in der arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel zu sehen, da diese ausdrücklich auf den Haustarifvertrag verweist, der seinerseits wiederum das auf 65 % abgesenkte Entgeltniveau der Bau-Entgelttarifverträge West nebst zwei konkreten Entgeltsteigerungen in Bezug  nimmt. Für die Absicht einer dynamischen Anwendung der Bau-Entgelttarifverträge Ost in voller Höhe für die weitere Zukunft spricht dagegen nichts.

65

(3) Auch die GBV 1995 bietet keine deutlichen Anhaltspunkte für eine betriebliche Übung. Im Gegenteil weist ihr Abschluss und ihre - zeitweise erfolgte - Umsetzung darauf hin, dass die Beklagte mit der Weitergabe der Entgelterhöhungen in diesem Zeitraum vermeintliche Verpflichtungen aus der GBV 1995 erfüllen wollte. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts scheidet eine betriebliche Übung bei Normenvollzug oder einem aus Sicht der Arbeitnehmer vermeintlichen Normenvollzug aus (BAG 27. Oktober 2010 - 10 AZR 410/09 - Rn. 31, ZTR 2011, 172; BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - Rn. 43, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 54). Wenn der Arbeitgeber Leistungen für den Arbeitnehmer erkennbar aufgrund einer anderen und sei es auch tatsächlich nicht bestehenden Rechtspflicht hat erbringen wollen, kann der Arbeitnehmer nicht davon ausgehen, ihm solle eine Leistung auf Dauer unabhängig von dieser Rechtspflicht und auf einer anderen Rechtsgrundlage, nämlich der betrieblichen Übung, gewährt werden (BAG 5. November 2008 - 5 AZR 455/07 - Rn. 22). Auf für den Arbeitnehmer nicht erkennbare subjektive Vorstellungen des Arbeitgebers allein kommt es nicht an (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - aaO).

66

(4) Die Kläger können sich insoweit auch nicht auf die Protokollnotiz vom 27. April 1999 berufen. Sie ist - wie dargelegt - dahingehend auszulegen, dass sie einerseits keine an die Arbeitnehmer gerichtete Erklärung enthält und ihr Erklärungsinhalt anderseits auch nicht darin besteht, die Weitergabe künftiger Tariferhöhungen zuzusagen. Aus diesem Grund scheidet die Protokollnotiz auch als besonderer Anhaltspunkt für eine betriebliche Übung aus. Im Übrigen musste sich aus Sicht der Arbeitnehmer die Weitergabe der Tariferhöhungen noch als Vollzug der GBV 1995 darstellen. Hierauf war die Klage ursprünglich auch vorrangig gestützt und hierauf hat auch das Arbeitsgericht bei seiner stattgebenden Entscheidung maßgeblich abgestellt, in der es - zu Unrecht - die GBV 1995 als wirksam angesehen hat.

67

5. Soweit die Revision im Hinblick auf eine von den Klägern begehrte Erhöhung der Vergütung von drei Prozent zum 1. Juni 2008 Verfahrensrügen erhebt, sind diese unzulässig.

68

a) Nach dem Vortrag der Kläger hat die Beklagte ab Juni 2008 „allen Mitarbeitern in Übernahme der Tarifentwicklung der Bauwirtschaft eine 3 %ige Lohnerhöhung gewährt“. Ausgenommen von der Entgelterhöhung seien nur die Kläger und andere Mitarbeiter, die Ansprüche nach den Bau-Entgelttarifverträgen gerichtlich geltend gemacht hätten.

69

b) Es kann dahinstehen, ob bei Vorliegen der behaupteten Tatsachen ein Verstoß der Beklagten gegen das Maßregelungsverbot nach § 612a BGB und den Gleichbehandlungsgrundsatz vorläge. Eine Tariflohnerhöhung um drei Prozent zum 1. Juni 2008 ist nicht Gegenstand der im vorliegenden Rechtsstreit gestellten Anträge. Die Zahlungsanträge 1 und 3 betreffen von vornherein nur den Zeitraum von Juni 2007 bis Februar 2008. Die Feststellungsanträge 2 und 4 beziehen sich nur auf die Verpflichtung zur Zahlung des Tabellenentgelts nach dem „jeweils geltenden“ TV Bau Gehalt/Ost und TV Bau Lohn/Ost. In diesen ist eine Mindestlaufzeit bis zum 31. März 2009 vereinbart worden; sie enthalten aber keine Erhöhung der Entgelte um drei Prozent zum 1. Juni 2008. Weder der angegebene Zeitpunkt noch die behauptete prozentuale Höhe finden sich in den Tarifverträgen wieder. Der Streitgegenstand der Feststellungsanträge ist aber auf die Tarifbewegungen der beiden genannten Tarifverträge (und - insoweit unzulässig - künftiger Entgelttarifverträge) beschränkt. Entgegen der Auffassung der Revision ist die Feststellung einer Zahlungsverpflichtung hinsichtlich einer von der Beklagten tatsächlich gewährten dreiprozentigen Erhöhung im Juni 2008 nicht als „Minus“ in den Feststellungsanträgen enthalten.

70

c) Deshalb sind die auf diesen nicht streitgegenständlichen Anspruch bezogenen Verfahrensrügen unzulässig, da sie nicht die erforderliche Kausalität zwischen den behaupteten Verfahrensmängeln (hier: Verstoß gegen den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG und Verletzung der Hinweispflicht nach § 139 ZPO)und dem Urteil des Berufungsgerichts darlegen (vgl. BAG 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - BAGE 109, 145).

71

d) Soweit die Rüge der Verletzung der Hinweispflicht durch das Landesarbeitsgericht zusätzlich darauf bezogen ist, dass dieses hätte darauf hinweisen müssen, dass sich der Feststellungsantrag der Kläger nach seiner Auffassung nicht auf die dreiprozentige Vergütungserhöhung ab dem 1. Juni 2008, sondern lediglich auf die Weitergabe der Tariflohnerhöhungen bezog, ist dies schon deshalb unzulässig, weil die Revision dazu hätte angeben müssen, was sie auf einen entsprechenden Hinweis hin vorgebracht hätte und inwieweit sich dieser Vortrag auf die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ausgewirkt hätte (vgl. dazu BAG 14. November 2007 - 4 AZR 861/06 - Rn. 22, NZA-RR 2008, 362). Hierzu reicht es nicht aus, wie in der Revision der Kläger, allein mitzuteilen, dass sie dann „ihre Anträge entsprechend präzisiert und ausdrücklich die Feststellung des Anspruchs ab Juni 2008 in die Feststellungsanträge einbezogen“ hätten. Da es sich insoweit um einen neuen Streitgegenstand und damit eine Klageerweiterung gehandelt hätte, weil es sich bei den Ansprüchen ab dem 1. Juni 2008 nicht um eine Weitergabe von Tariferhöhungen gehandelt hätte, sondern, wie die Revision selbst vorträgt, um einen „Anspruch auf Gleichbehandlung“, hätte neben einer vollständigen Antragsformulierung und -begründung auch Vortrag zu den Voraussetzungen einer Klageerweiterung in der Berufungsinstanz nach § 533 ZPO erbracht werden müssen. Darauf, dass bereits außerordentlich zweifelhaft ist, ob der klägerische Vortrag in der Berufungsinstanz Anlass zu einer entsprechenden Überlegung nebst daraus resultierender Hinweispflicht des Landesarbeitsgerichts gegeben hätte, kommt es demnach nicht mehr an.

72

III. Die Kostenentscheidung des Landesarbeitsgerichts ist rechtsfehlerhaft. Die Kostenverteilung erfolgt gemäß § 100 Abs. 1 ZPO nach „Kopfteilen“. Bei zwei Klägern haben diese die Kosten zu gleichen Teilen zu tragen.

73

1. Das Rechtsmittelgericht hat gemäß § 308 Abs. 2 ZPO von Amts wegen zu prüfen, ob der Kostenausspruch der Vorinstanzen richtig ist(BAG 22. April 2010 - 6 AZR 948/08 - Rn. 24, AP KSchG 1969 § 17 Nr. 38 = EzA KSchG § 17 Nr. 22). Selbst bei einem erfolglosen Rechtsmittel hat das Rechtsmittelgericht eine falsche Kostenentscheidung der Vorinstanz zu korrigieren (Zöller/Herget ZPO 28. Aufl. § 97 Rn. 6).

74

2. Das Landesarbeitsgericht hat die Kosten nach dem Verhältnis der eingeklagten Beträge gequotelt und die Entscheidung auf § 91 ZPO gestützt. Dies verstößt gegen § 100 Abs. 1 ZPO. Besteht die unterlegene Partei eines Rechtsstreits aus mehreren Personen, haften diese für die Kostenerstattung grundsätzlich nach Kopfteilen. Eine Quotelung kommt nach § 100 Abs. 2 ZPO nur bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit in Betracht. Als „erheblich“ wird die Verschiedenheit der Beteiligung aber nur angenommen, wenn ein Streitgenosse nur zu 3/4 oder jedenfalls 2/3 beteiligt ist (Musielak ZPO 8. Aufl. § 100 Rn. 3). Ein Verhältnis von 43 % zu 57 %, wie es hier nach der Kostenentscheidung des Landesarbeitsgerichts vorliegt, genügt hierfür nicht. Es bleibt somit bei der Haftung nach Kopfteilen gem. § 100 Abs. 1 ZPO.

        

    Bepler    

        

    Winter    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Kiefer    

        

    Görgens    

                 

(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist.

(2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist.

(3) Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 14. Januar 2010 - 7 Sa 851/09 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, die Vergütung des Klägers entsprechend den Tariflohnerhöhungen des Baugewerbes anzupassen.

2

Der Kläger ist seit 1971 in dem Bauunternehmen der Beklagten als Spezialbaufacharbeiter beschäftigt. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag existiert nicht. Die Beklagte gehört keiner Tarifvertragspartei an. Sie zahlt dem Kläger einen Stundenlohn von 15,01 Euro brutto, den sie in den Lohnabrechnungen als „TARIFL. + FREIW. ZULAGE“ ausgewiesen hat. Die freiwillige Zulage belief sich in der Zeit von Februar bis Juli 2008 auf 0,00 Euro.

3

Als Ergebnis der Tarifrunde 2005 wurden am 29. Juli 2005 der allgemeinverbindliche Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (im Folgenden: BRTV-Bau) neu gefasst sowie ein neuer Tarifvertrag zur Regelung der Löhne und Ausbildungsvergütungen im Baugewerbe im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme der fünf neuen Länder und des Landes Berlin (Lohntarifvertrag 2005) abgeschlossen. Gemäß § 3 Nr. 1.1 BRTV-Bau verlängerte sich die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit zum 1. Januar 2006 von 39 auf 40 Wochenstunden. Korrespondierend wurden die Tarifstundenlöhne nach § 2 Abs. 2 Lohntarifvertrag 2005 zunächst um 2,5 % herabgesetzt und zum 1. April 2006 wieder um 1,0 % erhöht. Gemäß § 7 Abs. 1 Lohntarifvertrag 2005 war für die Monate September 2005 bis März 2006 ein Festbetrag von jeweils 30,00 Euro zu zahlen.

4

Diese Regelungen setzte auch die Beklagte in ihrem Unternehmen um und informierte die Beschäftigten mit einem undatierten Aushang.

5

§ 2 Abs. 2 des Lohntarifvertrags vom 20. August 2007 (Lohntarifvertrag 2007) sah Lohnerhöhungen mit Wirkung zum 1. Juni 2007 um 3,1 %, zum 1. April 2008 um 1,5 % sowie zum 1. September 2008 um 1,6 % vor. Nach Lohngruppe 4 betrug der Tarifstundenlohn ab dem 1. Juni 2007 14,18 Euro zuzüglich eines Bauzuschlags von 0,83 Euro, mithin 15,01 Euro.

6

Der Kläger hat Vergütungsdifferenzen aus der Nichtweitergabe der zweiten Tariflohnerhöhung für April bis Juli 2008 geltend gemacht und die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihn nach dem jeweils geltenden Lohntarifvertrag zu vergüten. Er hat die Ansicht vertreten, die Beklagte habe eine betriebliche Übung begründet, dass sie die im Baugewerbe jeweils vereinbarten Erhöhungen der Tarifentgelte schulde.

7

Der Kläger hat - sinngemäß - beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 166,20 Euro brutto nebst Zinsen zu zahlen;

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn nach dem jeweiligen Tarifvertrag zur Regelung der Löhne und Ausbildungsvergütungen im Baugewerbe im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu entlohnen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie habe zu keiner Zeit zum Ausdruck gebracht, dass sie trotz fehlender Tarifbindung auch die künftige Tariflohnentwicklung übernehmen werde.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Vergütung nach den jeweils gültigen Lohntarifverträgen des Baugewerbes.

11

1. Ein solcher Anspruch besteht nicht aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG), denn die Beklagte ist weder Mitglied des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes e. V. noch des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie e. V. Der Lohntarifvertrag 2007 wurde zudem nicht für allgemeinverbindlich erklärt (§ 5 Abs. 4 TVG) oder kraft Rechtsverordnung (§ 1 Abs. 3a AEntG 2007 bzw. § 7 Abs. 1 AEntG 2009)erstreckt.

12

2. Die Parteien haben eine Anwendung des Lohntarifvertrags 2007 und zukünftiger Lohntarifverträge des Baugewerbes weder vertraglich ausdrücklich vereinbart, noch ist eine betriebliche Übung entstanden, die vertragliche Vergütung jeweils an diesen Lohntarifverträgen auszurichten.

13

a) Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Entscheidend für die Entstehung eines Anspruchs ist nicht der Verpflichtungswille, sondern wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen musste und durfte. Im Wege der Auslegung des Verhaltens des Arbeitgebers ist zu ermitteln, ob der Arbeitnehmer davon ausgehen musste, die Leistung werde nur unter bestimmten Voraussetzungen oder nur für eine bestimmte Zeit gewährt (st. Rspr., vgl. nur BAG 16. Januar 2002 - 5 AZR 715/00 - zu I 1 der Gründe, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 56 = EzA TVG § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 37; 13. März 2002 - 5 AZR 755/00 - zu II 1 der Gründe, EzA ZPO § 259 Nr. 1; 3. November 2004 - 5 AZR 73/04 - zu III 1 a der Gründe). Entstehung und Inhalt einer betrieblichen Übung unterliegen der unbeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht (vgl. BAG 28. Juni 2006 - 10 AZR 385/05 - Rn. 39, BAGE 118, 360).

14

b) Bei einem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber - wie der Beklagten - wird eine betriebliche Übung der Erhöhung der Löhne und Gehälter entsprechend der Tarifentwicklung in einem bestimmten Tarifgebiet nur entstehen, wenn es deutliche Anhaltspunkte im Verhalten des Arbeitgebers dafür gibt, dass er auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariflohnerhöhungen übernehmen will (BAG 23. März 2011 - 4 AZR 268/09 -).

15

aa) Ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber will sich grundsätzlich nicht für die Zukunft der Regelungsmacht der Verbände unterwerfen. Dies ist gerade Sinn des nicht erfolgten Beitritts zu einem Arbeitgeberverband. Die fehlende Tarifbindung verdeutlicht den Willen des Arbeitgebers, die Erhöhung der Löhne und Gehälter zukünftig nicht ohne Beitrittsprüfung entsprechend der Tarifentwicklung vorzunehmen. Die nicht vorhersehbare Dynamik der Lohnentwicklung und die hierdurch verursachten Personalkosten sprechen grundsätzlich gegen einen objektiv erkennbaren rechtsgeschäftlichen Willen des Arbeitgebers für eine dauerhafte Entgeltanhebung entsprechend der Tarifentwicklung in einem bestimmten Tarifgebiet. Mit den in Anlehnung an Tariflohnerhöhungen erfolgenden freiwilligen Lohnsteigerungen entsteht lediglich ein Anspruch der Arbeitnehmer auf Fortzahlung dieses erhöhten Lohns, nicht aber zugleich eine Verpflichtung des Arbeitgebers, auch künftige Tariflohnerhöhungen weiterzugeben. Der nicht tarifgebundene Arbeitgeber will seine Entscheidungsfreiheit über die künftige Lohn- und Gehaltsentwicklung behalten. Darin unterscheidet sich dieser Sachverhalt von der betrieblichen Übung bei der Gewährung von Zulagen oder Jahressonderzahlungen. Hierbei entstehen zwar auch weitere Kosten. Diese sind aber statisch und damit vorhersehbar und nicht unüberschaubar dynamisch ausgestaltet (vgl. BAG 16. Januar 2002 - 5 AZR 715/00 - zu I 2 der Gründe, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 56 = EzA TVG § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 37; 13. März 2002 - 5 AZR 755/00 - zu II 2 der Gründe, EzA ZPO § 259 Nr. 1; 3. November 2004 - 5 AZR 73/04 - zu III 1 b der Gründe; 9. Februar 2005 - 5 AZR 284/04 - zu III 3 b der Gründe).

16

bb) Es kommt hinzu, dass der tarifgebundene Arbeitgeber durch Austritt aus dem tarifschließenden Verband die Anwendbarkeit künftiger Tariflohnerhöhungen vermeiden kann (§ 3 Abs. 3 TVG). Eine betriebliche Übung wird bei Tarifbindung des Arbeitgebers allein aufgrund regelmäßiger Erhöhungen nicht entstehen können. Denn es ist anzunehmen, der Arbeitgeber wolle nur den gesetzlichen Verpflichtungen des Tarifvertragsgesetzes Rechnung tragen und seine Arbeitnehmer gleich behandeln. Der nicht tarifgebundene Arbeitgeber, der sich (zeitweise) wie ein tarifgebundener Arbeitgeber verhält, darf deswegen nicht schlechter stehen als dieser, nämlich auf Dauer ohne Austrittsmöglichkeit (vertraglich) gebunden sein. Das muss der Arbeitnehmer erkennen, falls die Frage der Tarifbindung seines Arbeitgebers überhaupt eine Rolle für ihn spielt. Deshalb darf er in keinem Falle von einer dauerhaften Bindung des Arbeitgebers ausgehen (vgl. BAG 3. November 2004 - 5 AZR 622/03 - zu II 5 der Gründe, AP BGB § 611 Lohnanspruch Nr. 28 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 4; 9. Februar 2005 - 5 AZR 284/04 - zu III 3 b der Gründe).

17

c) Die danach erforderlichen deutlichen Anhaltspunkte für eine dauerhafte Unterwerfung der Beklagten unter die Regelungsmacht der Parteien der Lohntarifverträge fehlen, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend festgestellt hat.

18

aa) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht den Lohnabrechnungen keine Bedeutung beigemessen.

19

(1) Es ist unerheblich, dass die Beklagte den Stundenlohn in den Lohnabrechnungen als „Tariflohn“ ausgewiesen hat. Lohnabrechnungen geben nur die Höhe der aktuellen Vergütung wieder. Sie dokumentieren lediglich den konkret abgerechneten Lohn, bestimmen aber nicht den Anspruch. Ein weitergehender Erklärungswert über zukünftige Ansprüche kommt ihnen allein aufgrund der Angabe „Tariflohn“ nicht zu (vgl. BAG 3. November 2004 - 5 AZR 622/03 - zu II 2 der Gründe, AP BGB § 611 Lohnanspruch Nr. 28 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 4; 9. Februar 2005 - 5 AZR 284/04 - zu III 3 c cc der Gründe).

20

(2) Die von der Beklagten vorgenommene Unterscheidung zwischen einem „Tariflohn“ und einer „freiwilligen Zulage“ (iHv. 0,00 Euro) spricht ebenfalls nicht für eine betriebliche Übung der Lohnerhöhung gemäß der Tarifentwicklung im Baugewerbe. Diese Unterscheidung macht zwar wegen der fehlenden Tarifbindung der Beklagten wenig Sinn. Sie stellt jedoch kein hinreichendes Indiz für einen entsprechenden objektiv erkennbaren rechtsgeschäftlichen Willen der Beklagten dar, die Vergütung stets am Tariflohn auszurichten (vgl. BAG 16. Januar 2002 - 5 AZR 715/00 - zu I 4 b der Gründe, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 56 = EzA TVG § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 37).

21

bb) Es kann zugunsten des Klägers unterstellt werden, dass die Beklagte in der Vergangenheit regelmäßig Lohnerhöhungen entsprechend der Tarifentwicklung vorgenommen hat. Die einzelnen Lohnerhöhungen bezogen sich im Zweifel jedoch nur auf den konkreten Fall und waren nicht geeignet, ein Vertrauen darauf zu begründen, die Beklagte würde „für alle Zeiten“ weiter so verfahren. Der Kläger konnte ohne besonderen Hinweis lediglich davon ausgehen, die Beklagte habe sich nach Prüfung aller Umstände lediglich anlässlich der konkreten Lohnerhöhung für eine Übernahme der Tariflohnerhöhungen entschieden.

22

cc) Damit hätte es neben den regelmäßigen Erhöhungen zusätzlicher Anhaltspunkte bedurft, um eine betriebliche Übung annehmen zu können. Das Landesarbeitsgericht hat derartige Umstände im Zusammenhang mit Lohnveränderungen vor 2006 nicht festgestellt. Das vom Kläger angeführte Verhalten der Beklagten nach Ende der Tarifrunde 2005 ergibt ebenfalls keine deutlichen Anhaltspunkte für eine betriebliche Übung auf zukünftige Lohnerhöhungen entsprechend der Tariflohnentwicklung.

23

(1) Mit § 3 Nr. 1.1 des allgemeinverbindlichen BRTV-Bau wurde der Beklagten zum 1. Januar 2006 tariflich eine Arbeitszeiterhöhung von 39 auf 40 Wochenstunden vorgegeben. Wenn sie sich in dieser speziellen Situation „zur Abfederung“ an dem damals aktuellen Lohntarifvertrag 2005 orientierte, kann dem kein weitergehender Erklärungswert beigemessen werden als vorherigen Tariflohnerhöhungen. Die Beklagte hat lediglich - nach Prüfung „auch diesmal wieder“ - eine Entscheidung für den Einzelfall getroffen. Es kommt hinzu, dass es sich um eine für die Beklagte günstige Entwicklung des Lohntarifvertrags handelte. Eine Lohnsenkung entsprechend tariflichen Regelungen besagt gerade nichts über einen Willen zu dauerhaften automatischen Lohnerhöhungen, ungeachtet der Frage, ob die einseitige Lohnsenkung in dieser Form gegenüber dem Kläger rechtlich wirksam durchgeführt werden konnte.

24

(2) Die Beklagte hat auch nicht dadurch deutliche Anhaltspunkte für einen Willen zur dauerhaften automatischen Weitergabe von Tariflohnerhöhungen gesetzt, dass sie in ihrem Aushang sogleich nach der Lohnsenkung zum 1. Januar 2006 um 2,5 % eine Lohnerhöhung zum 1. April 2006 um 1,0 % avisierte. Zum einen handelte es sich um eine prozentual bereits feststehende Lohnerhöhung nach nur drei Monaten. Zum anderen und vor allem ging es nur um eine teilweise Wiedererhöhung nach vorheriger Lohnsenkung im Rahmen eines Gesamtpakets. Sie glich lediglich die kurz zuvor erfolgte Lohnkürzung teilweise wieder aus. Auch die Formulierung des Aushangs „Tarifänderungen ab 2006“ ergibt keine Hinweise darauf, dass die Beklagte von einer bereits zuvor begründeten betrieblichen Übung iS einer dynamischen Verweisung auf den jeweils geltenden Lohntarifvertrag (vgl. BAG 20. Juni 2001 - 4 AZR 290/00 - zu A II 4 c bb der Gründe, EzA BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 45)ausging. Die Beklagte hat weder erklärt, dass die Absenkung des Tarifstundenlohns für sie in Wahrheit nicht „verbindlich“ sei, noch dass sie sich aufgrund einer bereits erfolgten dynamischen Bezugnahme auf den Lohntarifvertrag ohne weiteres für berechtigt hielt, den Stundenlohn abzusenken.

25

d) Eine allgemeine Bezugnahme auf tarifvertragliche Regelungen durch betriebliche Übung (vgl. BAG 17. April 2002 - 5 AZR 89/01 - zu I 1 der Gründe, BAGE 101, 75) besteht nicht. Selbst wenn die Beklagte gemäß dem pauschalen Klägervortrag stets „in sämtlichen Bereichen eine Bindung an die“ Tariflage gewünscht haben sollte, bedeutete dies zunächst nur, dass sie die jeweils aktuellen und ihr bereits bekannten Tarifregelungen in ihrem Unternehmen anwenden wollte. Ohne weitere Anhaltspunkte, die der Kläger nicht benannt hat, besagte eine solche Verfahrensweise wiederum nichts darüber, dass sie auch künftige, ihr noch unbekannte und daher in ihrer Tragweite nicht absehbare Tarifentwicklungen auf Dauer übernehmen wollte. Auch das vom Kläger gegen die Beklagte erstrittene Urteil des Zehnten Senats vom 18. März 2009 (- 10 AZR 281/08 - BAGE 130, 21) bestätigt keine entsprechende betriebliche Übung. Der Zehnte Senat hat nicht erkannt, dass dem Kläger ein „Weihnachtsgeld“ - geschweige denn ein Stundenlohn - stets in der jeweiligen tariflichen Höhe zustehe. Der Aushang der Beklagten zur Winterbeschäftigungs-Umlage hat ebenfalls keine Bedeutung. Er verhielt sich ausschließlich zu normativ wirkenden gesetzlichen und bundesrahmentarifvertraglichen Vorgaben und ließ keine Rückschlüsse auf einen Willen der Beklagten zur Weitergabe künftiger Tarifrechtsänderungen zu.

26

Die Parteien haben nicht aufgrund betrieblicher Übung eine Gleichstellungsabrede getroffen. Es kann dahinstehen, ob an der Entscheidung des Ersten Senats vom 19. Januar 1999 (- 1 AZR 606/98 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 9 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 10) nach der neueren Rechtsprechung des Vierten Senats zu Gleichstellungsabreden (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 25 ff., BAGE 122, 74; 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - AP BGB § 613a Nr. 391 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 51) noch festzuhalten ist, denn die Beklagte ist nicht kraft Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband an Entgelttarifverträge gebunden, so dass die vom Ersten Senat zugrunde gelegten Voraussetzungen einer Gleichstellungsabrede kraft betrieblicher Übung weder vor noch nach dem 1. Januar 2002 vorlagen.

27

3. Die Beklagte hat sich durch die Weitergabe der ersten Lohnerhöhung zum 1. Juni 2007 um 3,1 % gemäß § 2 Abs. 2 Lohntarifvertrag 2007 nicht dazu verpflichtet, wenigstens die beiden weiteren in dieser Tarifnorm vorgesehenen Lohnsteigerungen an den Kläger weiterzugeben. Auch insoweit hat die Beklagte erneut nur eine freiwillige Lohnerhöhung in Anlehnung an eine Tariflohnerhöhung vorgenommen und nicht etwa eine Tarifregelung insgesamt in Bezug genommen. Sie hat auch keinen Aushang zu „mehrschrittigen“ Tarifänderungen verfasst.

28

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    W. Hinrichs    

        

    Dombrowsky    

                 

Tenor

1. Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. Februar 2009 - 3 Sa 1376/08 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kostenentscheidung des Landesarbeitsgerichts wird aufgehoben. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger zu gleichen Teilen zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die dynamische Anwendung der Entgelttarifverträge der Bauwirtschaft auf ihr Arbeitsverhältnis und sich daraus ergebende Zahlungsansprüche.

2

Die Beklagte ist ein Unternehmen der Entsorgungswirtschaft und beschäftigt insgesamt etwa 260 Mitarbeiter. Beide Kläger sind bei der Beklagten seit 1. Oktober 1992 beschäftigt, der Kläger zu 1) als Projektingenieur und der Kläger zu 2) als Gerätefahrer im Straßenbau.

3

Die Beklagte hatte bereits am 24. Oktober 1990 mit der Industriegewerkschaft Bau-Steine-Erden (IG BSE) einen Haustarifvertrag vereinbart, der ua. wie folgt lautet:

        

Vergütung

        

…       

        

Hinsichtlich der Vergütung für die gewerblichen Arbeitnehmer, Angestellte und Auszubildende sind die Tarifverträge LTV und GTV ehemals Berlin (West) für das Bauhauptgewerbe mit folgender Maßgabe anzuwenden, daß die darin enthaltenen Vergütungen ab 1.11.1990 mit 65 % in Ansatz gebracht werden. Die Festlegung hat nach kaufmännischer Rundung zu erfolgen.

        

Dieses gilt für die regelmäßige Arbeitszeit ab 1.11.1990 bei einer 42-Stunden-Woche und einer monatlichen durchschnittlichen Arbeitszeit von 183 Stunden. Die Arbeitszeit für 2-Schichtler beträgt ebenfalls 42 Stunden und für den 3-Schichtler 40 Stunden pro Woche auf der Basis der Vergütung der Regelarbeitszeit. Ab 1.1.1991 wird die regelmäßige 40-Stunden-Woche eingeführt. Die 2-Schichtler haben ebenfalls 40-Stunden-Woche, die 3-Schichtler eine 38-Stunden-Woche auf der Basis der Vergütung der Regelarbeitszeit. Als Ausgleich für die Arbeitszeitverkürzung bleiben die Gehälter gleich. Bei gewerblichen Arbeitnehmern erhöht sich der jeweilige tarifliche Stundenlohn um 5,2 %.

        

Die so entstandene Basis am 1.1.1991 ist die Grundlage für eine 10-prozentige Erhöhung ab 1.4.1991. Diese Regelung gilt bis zum 30.9.1991. Ab 1.10.1991 wird eine weitere Lohnerhöhung festgelegt. Auf der Basis 1.4.1991 der jeweiligen Vergütung wird ein Zuschlag von 10 % für alle Arbeitnehmer gewährt. Diese Regelung gilt bis zum 31.3.1992.

        

…       

        

Zuschlagsregelungen für 2-Schicht- und 3-Schichtarbeiter

        

Arbeitnehmer im 2-Schichtsystem erhalten einen Zuschlag für ihre gesamte tatsächlich verbrachte Arbeitszeit in Höhe von 7,5 % des Tarifstundenlohnes der Lohngruppe III.

        

Für Arbeitnehmer im 3-Schichtbetrieb beträgt dieser Zuschlag 12,5 %.“

4

Die IG BSE kündigte den Haustarifvertrag zum 31. März 1992. Die darauf folgenden Tarifverhandlungen zwischen den Tarifvertragsparteien blieben ergebnislos.

5

Der Arbeitsvertrag des Klägers zu 2) stammt vom 2. November 1992, der Arbeitsvertrag des Klägers zu 1) ist undatiert. Beide Arbeitsverträge gelten „mit Wirkung vom 01.10.1992“. Sie enthalten ua. folgende Bestimmungen:

        

„1.     

        

Sie werden entsprechend der ausgeübten Tätigkeit in die tarifliche Gehaltsgruppe T 4, Beschäftigungsjahr 1 [Kl. zu 2): Lohngruppe MIII 1] eingestuft.

        

Auf der Grundlage der Einstufung erhalten Sie folgende monatliche Bruttovergütung [Kl. zu 2): folgenden monatlichen Bruttostundenlohn]:

        

Gehaltsgruppe T 4, Beschäftigungsjahr 1

DM 3612,00

        

[Kl. zu 2): Bruttostundenlohn

DM 18,52

        

Schichtzuschlag

DM ………..]

        

AT/ Zulage

DM ………..

        

……………….

DM ………..

        

Gesamt

DM 3612,00

                 

[Kl. zu 2):

                 

DM 18,52]

        

Basis: Rahmentarifvertrag [Kl. zu 2): BRTV] für das Baugewerbe (in Verbindung mit der Arbeitsordnung) in der jeweils gültigen Fassung, HTV der M mbH vom 24.10.1990.

        

…       

        

Außertarifliche Gehaltsbestandteile [Kl. zu 2): Lohnbestandteile] werden von der Firma freiwillig gewährt und stehen unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufes. Sie sind bei einer Erhöhung der Gehaltstarife [Kl. zu 2): Lohntarife], beim Aufrücken in eine höhere Gehaltsstufe [Kl. zu 2): Lohnstufe] und bei Höhergruppierungen anrechenbar.“

6

Die Beklagte bezahlte den Klägern in der Folgezeit eine Vergütung, die den zwischen dem Zentralverband des Deutschen Baugewerbes und dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie einerseits und der IG BSE bzw. IG BAU andererseits vereinbarten Gehalts- und Lohntarifverträgen für das Baugewerbe im Beitrittsgebiet entsprach.

7

Am 20. November 1995 vereinbarte die Beklagte mit dem Gesamtbetriebsrat eine „Betriebsvereinbarung über die Lohn- und Gehaltszahlung in der M mbH“ (GBV 1995), deren Ziffer 1 wie folgt lautet:

        

„1.     

Soweit nicht im Einzelfall ein höheres Arbeitsentgelt vereinbart ist, richtet sich die Höhe des Lohnes bzw. Gehaltes nach den geltenden Tarifverträgen;

                 

-       

Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe

                 

-       

Rahmentarifvertrag für die techn. und kaufm. Angestellten des Baugewerbes“

8

Am 26. April 1999 fand zwischen der Geschäftsführung der Beklagten und Vertretern der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) ein Gespräch statt. Darüber erstellte die Beklagte eine „Protokollnotiz“ vom 27. April 1999, die auszugsweise wie folgt lautet:

        

„Im weiteren Verlauf erklärt die Geschäftsleitung den Vertretern der IG Bau verbindlich:

        

Die M fällt auf Grund ihrer Betriebsstruktur nicht unter die Tarifgebundenheit. Die M hat sich an die Tarife der Bauindustrie angelehnt und die entsprechenden Tarifbewegungen bei Löhnen und Gehältern ohne Rechtsanspruch bis heute mitvollzogen. Die M wird auch künftig für den Kernbereich und für Beschäftigte, deren Eingruppierung sich aus dem BRTV bzw. RTV ableitet, nach diesen Grundsätzen die entsprechenden Lohn- und Gehaltstarife anwenden. Der Haustarifvertrag vom 24.10.1990 hat, soweit er nicht bereits in den einzelnen Punkten realisiert worden ist, weiter Bestand.“

9

Das Landesarbeitsgericht hat keine Feststellungen darüber getroffen, ob die Arbeitnehmer von der Protokollnotiz Kenntnis erlangten. Es führt aus, die örtlichen Betriebsräte hätten „nach dem Vortrag der Kläger“ die Protokollnotiz am „Schwarzen Brett“ ausgehängt. Die Beklagte hat einen Aushang jedenfalls nicht veranlasst.

10

Der Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft e.V. (BDE) und die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) vereinbarten am 24. Oktober 2001 einen ab 1. Januar 2002 geltenden Bundes-Entgeltrahmentarifvertrag (ETV Entsorgung 2002) und am 3. Dezember 2004 sowie am 3. Juni 2008 Folgetarifverträge. Der Bundes-Entgeltrahmentarifvertrag und die Folgetarifverträge enthalten zum fachlichen Geltungsbereich folgende Regelung:

        

„§ 1   

        

Geltungsbereich

        

…       

        

2. fachlich:

für alle Unternehmen, die Mitglied des Arbeitgeberverbandes BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft e.V. sind.“

11

Die Satzung des BDE sieht für den Beitritt neuer Mitglieder folgende Bestimmung vor:

        

„§ 3   

        

Mitgliedschaften

        

…       

        

(2)     

Die Mitgliedschaft unterscheidet zwischen ordentlichen, korporativen, fördernden sowie ausländischen Mitgliedern:

                 

a)    

Ordentliches Mitglied

                          

können alle Unternehmen und Betriebe der Kreislauf- und Entsorgungswirtschaft sowie der Wasser- und Abwasserwirtschaft einschließlich der mit diesen verwandten Servicebetrieben werden, die in privater Rechtsform organisiert, tatsächlich operativ tätig sind und in der Bundesrepublik Deutschland ihren Sitz oder eine Betriebsstätte haben; ist ihr Sitz im Freistaat Bayern gelegen, gehören diese Mitglieder in der Regel dem korporativen Mitglied des Bundesverbandes, nämlich dem ‚VBS - Verband Bayerischer Entsorgungsunternehmen e.V. - Kreislaufwirtschaft und Städtereinigung -’ an.

                 

…“    

        
12

Die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes vereinbarten am 20. Dezember 2001 den mit Wirkung vom 1. März 2002 in Kraft getretenen Tarifvertrag zur Einführung neuer Gehaltsstrukturen für die Angestellten und Poliere des Baugewerbes. Die Gehaltsgruppe T 4, ab 3. Berufsjahr, (alt) wurde zur Gehaltsgruppe A VII (neu). Die sich hieraus ergebende Vergütungssteigerung von monatlich 27,00 Euro brutto gab die Beklagte nicht an den Kläger zu 1) weiter. Aufgrund des Tarifvertrages zur Einführung neuer Lohnstrukturen für die gewerblichen Arbeitnehmer des Baugewerbes vom 4. Juli 2002 wurde die Lohngruppe M III 2 (alt) mit Wirkung vom 1. September 2002 zur Lohngruppe 4 für Baumaschinenführer (neu).

13

Die für die Bauwirtschaft vereinbarten prozentualen Entgelterhöhungen zum 1. September 2002 und 1. April 2003 übernahm die Beklagte und erklärte in gleichlautenden - jeweils undatierten - Schreiben an alle Mitarbeiter im Jahr 2002:

        

„Trotz der angespannten Lage des Unternehmens erfolgt ab 01.09.2002 die Anpassung mit 3,2 % an die Höhe der Löhne und Gehälter der Bauindustrie. Das heißt, die M mbH erhöht selbst unter den schwierigen Rahmenbedingungen die Löhne und Gehälter aller Mitarbeiter.“

und im Jahr 2003:

        

„Trotz der angespannten Lage des Unternehmens hat sich die Geschäftsführung entschieden, auch unter den schwierigen Rahmenbedingungen ab 01.04.2003 eine Erhöhung der Löhne und Gehälter um 2,4% durchzuführen.“

14

In den Jahren 2004 und 2005 gab es keine tariflichen Entgelterhöhungen im Baugewerbe. Auch die Beklagte erhöhte die Vergütungen nicht.

15

Im Bereich der Angestellten erhöhte sich zum 1. Januar 2006 die tarifliche regelmäßige Arbeitszeit von 39 auf 40 Wochenstunden ohne Erhöhung des Gehalts. Bei den gewerblichen Arbeitnehmern vereinbarten die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes ebenfalls mit Wirkung vom 1. Januar 2006 eine Erhöhung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 39 auf 40 Stunden unter gleichzeitiger Absenkung des Stundenlohnes um 2,5 %. Die Beklagte gab weder die Arbeitszeiterhöhung noch die Lohnsenkung an die Mitarbeiter weiter. Auch die mit Wirkung vom 1. April 2006 vorgesehene tarifliche Erhöhung der Gehälter und Löhne in der Bauwirtschaft um 1 % übernahm die Beklagte nicht.

16

Am 20. August 2007 vereinbarten die Tarifvertragsparteien der Bauwirtschaft den Tarifvertrag zur Regelung der Gehälter und Ausbildungsvergütungen für die Angestellten und Poliere des Baugewerbes im Beitrittsgebiet mit Ausnahme des Landes Berlin (TV Bau Gehalt/Ost) und den Tarifvertrag zur Regelung der Löhne und Ausbildungsvergütungen im Baugewerbe im Beitrittsgebiet mit Ausnahme des Landes Berlin (TV Bau Lohn/Ost) mit Wirkung vom 1. April 2007. Danach erhöhte sich das Tarifentgelt für die Angestellten und die gewerblichen Mitarbeiter zum 1. Juni 2007 einheitlich um 3,1 %. Das Gehalt in der Gehaltsgruppe A VII beträgt danach 3.073,00 Euro, der Gesamttarifstundenlohn der „Baumaschinenführer der Lohngruppe 4“ 13,61 Euro. Die Beklagte erhöhte die Entgelte ihrer Arbeitnehmer auch diesmal nicht. Sie zahlte dem Kläger zu 1) weiterhin ein Monatsgehalt von 2.924,00 Euro brutto und dem Kläger zu 2) einen Stundenlohn von 13,42 Euro brutto sowie zusätzlich einen Schichtzuschlag von 7,5 %.

17

Der Kläger zu 1) machte mit Schreiben vom 15. Oktober 2007 die „Anpassung an die tarifliche Entlohnung“ und mit Schreiben vom 11. Dezember 2007 einen - in rechnerischer Höhe unstreitigen - Differenzbetrag von 432,00 Euro für die Zeit von Juni bis November 2007 geltend. Der Kläger zu 2) forderte mit Schreiben vom 7. Dezember 2007 Unterschiedsbeträge für denselben Zeitraum in ebenfalls unstreitiger Höhe von insgesamt 204,56 Euro.

18

Die Kläger verlangen mit ihrer Klage die Weitergabe der 3,1 %-igen Tariferhöhung zum 1. Juni 2007 nach dem TV Bau Gehalt/Ost und dem TV Bau Lohn/Ost sowie im Wege der Feststellungsklage die Zahlung künftiger Tariferhöhungen. Sie haben die Auffassung vertreten, die auf der Anwendung der Bau-Entgelttarifverträge beruhenden Ansprüche ergäben sich aus der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel, aus der GBV 1995, aus der Protokollnotiz vom 27. April 1999 sowie aus dem Grundsatz der betrieblichen Übung. Der Arbeitsvertrag enthalte in Ziffer 1 eine dynamische Verweisungsklausel, welche nicht nur den (Bundes-)Rahmentarifvertrag für das Baugewerbe, sondern auch den jeweils geltenden Entgelttarifvertrag des Baugewerbes erfasse. Die GBV 1995 verweise angesichts der Formulierung „Höhe des Lohnes bzw. Gehaltes“ ebenfalls auf die Entgelttarifverträge des Baugewerbes. Außerdem ergebe sich ein Anspruch aus der Protokollnotiz vom 27. April 1999, welche eine Gesamtzusage des Arbeitgebers darstelle. Schließlich sei durch die jahrzehntelange Weitergabe der Tariferhöhungen eine betriebliche Übung entstanden. Die strenge Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Entstehen einer betrieblichen Übung bei der Weitergabe von Tariferhöhungen durch nicht tarifgebundene Arbeitgeber sei nicht einschlägig, weil die Beklagte auch durch den Beitritt zu den Arbeitgeberverbänden der Bauwirtschaft keine normative Geltung der Bautarifverträge hätte herbeiführen können. Der Unterschied zu den vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fällen liege darin, dass die Beklagte als Betrieb der Entsorgungswirtschaft nicht dem betrieblichen Geltungsbereich der Bautarifverträge unterfalle. Außerdem ergäben sich besondere Anhaltspunkte für einen Bindungswillen der Beklagten aus dem Arbeitsvertrag, aus der GBV 1995 und der Protokollnotiz.

19

Die Kläger haben zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu 1) brutto 405,00 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 17. März 2008 zu zahlen,

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger zu 1) ab dem 1. März 2008 39/40 des jeweiligen Tabellenentgelts der Vergütungsgruppe A VII nach dem jeweils geltenden Tarifvertrag zur Regelung der Gehälter und Auszubildendenvergütungen für Angestellte im Baugewerbe (TV Bau Gehalt/Ost) abzüglich 27,00 Euro monatlich zu zahlen,

        

3.    

die Beklagte weiter zu verurteilen, an den Kläger zu 2) 306,89 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 17. März 2008 zu zahlen,

        

4.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger zu 2) ab dem 1. März 2008 das Tabellenentgelt der Lohngruppe 4 für Baumaschinenführer des jeweils geltenden Tarifvertrages zur Regelung der Löhne und Auszubildendenvergütungen im Baugewerbe (TV Bau Lohn/Ost) einschließlich des Bauzuschlages zu zahlen.

20

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Entgelttarifverträge des Baugewerbes seien nicht anwendbar. Der Arbeitsvertrag enthalte nur in Bezug auf den (Bundes-)Rahmentarifvertrag eine dynamische Verweisung, hinsichtlich des Entgelts sei die Verweisung auf die Gehaltsgruppe statisch. Die GBV 1995 verweise nicht auf einen Entgelttarifvertrag und sei im Übrigen wegen der Sperrwirkung der Bundes-Entgelttarifverträge der Entsorgungswirtschaft gemäß § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam. Aus der Protokollnotiz ergebe sich bereits nach deren Wortlaut kein Anspruch. Eine betriebliche Übung sei entsprechend der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Weitergabe von Tariferhöhungen bei tarifungebundenen Arbeitgebern nicht entstanden. Besondere Anhaltspunkte für einen Bindungswillen des Arbeitgebers lägen nicht vor, insbesondere könnten diese sich nicht aus dem Arbeitsvertrag, aus der GBV 1995 oder der Protokollnotiz ergeben. Hilfsweise argumentiert die Beklagte, sie habe die betriebliche Übung durch eine gegenläufige betriebliche Übung wieder beendet.

21

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung stattgegeben und die Klage abgewiesen. Mit der Revision streben die Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils an. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

22

Die zulässige Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung der Beklagten in der Hauptbegründung weitgehend rechtsfehlerfrei stattgegeben.

23

I. Die Klage ist teilweise unzulässig. Die Feststellungsanträge 2 und 4 sind nur insoweit zulässig, als sie sich auf die Anwendbarkeit des TV Bau Gehalt/Ost vom 20. August 2007 und des TV Bau Lohn/Ost vom 20. August 2007 beziehen. Die beantragte Verpflichtung zur Anwendung des „jeweils geltenden“ Entgelttarifvertrages betrifft künftige Entgelttarifverträge, die nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein können.

24

1. Gemäß § 256 Abs. 1 ZPO kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Dabei muss die Feststellung grundsätzlich auf ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis gerichtet sein (BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 566/04 - zu II 1 der Gründe, BAGE 115, 12; BGH 13. März 2001 - VI ZR 290/00 - MDR 2001, 829). Dieses muss so genau bezeichnet sein, dass über seine Identität und damit über den Umfang der Rechtskraft des begehrten Feststellungsanspruchs keinerlei Ungewissheit herrschen kann. Dagegen können nicht absehbare künftige Ansprüche nicht zum Gegenstand einer Feststellungsklage gemacht werden (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 136/05 - zu 1 und 2 a der Gründe). Eine Klage auf Feststellung von Rechtsfolgen aus einem erst künftig (möglicherweise) entstehenden Rechtsverhältnis ist unzulässig.

25

2. Dieser Grenzziehung genügen die Anträge 2 und 4 nur zum Teil. Sie betreffen neben der Verpflichtung zur Anwendung des gegenwärtigen TV Bau Gehalt/Ost und des gegenwärtigen TV Bau Lohn/Ost auch die Verpflichtung zur Anwendung der „jeweils geltenden“, dh. der künftigen Entgelttarifverträge. Die Rechtsverhältnisse aus künftigen Entgelttarifverträgen sind nicht gegenwärtig. Die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes vereinbaren zwar üblicherweise regelmäßig Tariferhöhungen in eigenständigen Entgelttarifverträgen. Solange ein künftiger Tarifvertrag noch nicht abgeschlossen ist, kann jedoch auch eine Verpflichtung zu seiner Anwendung noch nicht festgestellt werden. So ist zB nicht auszuschließen, dass die Tarifvertragsparteien der hier streitigen Tarifverträge die Geltungsbereiche künftiger Tarifverträge anders formulieren als bisher und deswegen eine Anwendung auf die Kläger ausscheidet. Weiter ist denkbar, dass die Tarifvertragsparteien keine eigenständigen Lohn- und Gehaltstarifverträge „Ost“ und „West“ mehr abschließen, sondern einen bundeseinheitlichen Entgelttarifvertrag.

26

II. Die ansonsten zulässige Klage ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat in seiner Hauptbegründung rechtsfehlerfrei entschieden, dass für die Anwendung der Entgelttarifverträge des Baugewerbes keine Anspruchsgrundlage besteht. Ein Anspruch folgt weder aus dem Arbeitsvertrag noch aus der GBV 1995 noch aus der Protokollnotiz vom 27. April 1999 noch aus einer betrieblichen Übung.

27

1. Ein Anspruch auf Anwendung des TV Bau Gehalt/Ost oder des TV Bau Lohn/Ost ergibt sich nicht aus der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel.

28

a) Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass der Arbeitsvertrag hinsichtlich der Höhe der Vergütung nur eine Bezugnahme auf den Haustarifvertrag enthalte. Der Haustarifvertrag wiederum verweise nicht dynamisch auf die Entgelttarifverträge des Baugewerbes, sondern verpflichte zur Zahlung eines prozentualen Anteils der Bautarife. Steigerungen seien danach nur bis zum 31. März 1992 vorgesehen gewesen.

29

b) Diese Auffassung begegnet keinen revisionsrechtlichen Bedenken; auch die Revisionsbegründung der Kläger erhebt diesbezüglich keine ausdrückliche Rüge.

30

aa) Der Arbeitsvertrag nennt in Ziffer 1 zunächst die „tarifliche Gehaltsgruppe T 4“ bzw. die „tarifliche Lohngruppe MIII 1“. Als „Basis“ hierfür wird an erster Stelle der „Rahmentarifvertrag für das Baugewerbe“ bzw. der „BRTV für das Baugewerbe“ angeführt. Der Zusatz „in der jeweils gültigen Fassung“ zeigt, dass die Verweisung auf den (Bundes-)Rahmentarifvertrag des Baugewerbes dynamisch ist, enthält jedoch keine Verweisung auf die jeweiligen Entgelttarifverträge. Das Landesarbeitsgericht weist zutreffend darauf hin, dass im Baugewerbe die tariflichen Entgeltregelungen in eigenständigen Entgelttarifverträgen vereinbart wurden und werden. Das im Arbeitsvertrag bezifferte Gehalt in Höhe von 3.612,00 DM bzw. der genannte Stundenlohn in Höhe von 18,52 DM entsprechen nicht den Vergütungen nach den damals geltenden Entgelttarifverträgen. Das Tarifgehalt der Tarifgruppe T 4 im ersten Berufsjahr betrug nach dem Tarifvertrag zur Regelung der Gehälter und Ausbildungsvergütungen für die Angestellten des Baugewerbes im Beitrittsgebiet (ausgenommen Berlin-Ost) vom 19. Mai 1992 ab 1. April 1992 bis zur nächsten Erhöhung am 1. April 1993 3.537,00 DM. Der Tarifvertrag zur Regelung der Löhne und Ausbildungsvergütungen im Baugewerbe im Beitrittsgebiet (ausgenommen Berlin-Ost) vom 19. Mai 1992 sah für die  Berufsgruppe M III ab 1. Oktober 1992 einen Gesamttarifstundenlohn von 17,79 DM vor. Erst in der Folgezeit vergütete die Beklagte entsprechend den Entgelttarifverträgen für das Beitrittsgebiet.

31

bb) Eine vertragliche Einbeziehung der Bau-Entgelttarifverträge ergibt sich auch nicht im Wege einer ergänzenden Auslegung. Es besteht schon keine unbewusste Regelungslücke. Die Arbeitsvertragsparteien haben neben dem Baurahmentarifvertrag gleichwertig ausdrücklich auch den „HTV der M mbH vom 24.10.1990“ in Bezug genommen. Auch dieser im Zeitpunkt des Arbeitsvertragsschlusses normativ nachwirkende Haustarifvertrag enthält Regelungen zur Höhe der Vergütung, die auf die Zeit bis zum 31. März 1992 befristet waren. Danach richtet sich die Vergütung für gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte nach den „Tarifverträgen LTV und GTV ehemals Berlin (West) für das Bauhauptgewerbe“ mit der Maßgabe, dass ein Vergütungsniveau von 65 % dieser (West-)Tarife zugrunde gelegt wird. Darüber hinaus sollte sich die Vergütung in zwei Stufen zum 1. April 1991 und zum 1. Oktober 1991 jeweils um 10 % erhöhen. Bei den gewerblichen Arbeitnehmern sieht der Haustarifvertrag eine zusätzliche Erhöhung zum 1. Januar 1991 als Ausgleich für eine Arbeitszeitverkürzung vor. Eine Verweisung auf die Entgelttarifverträge für das Beitrittsgebiet (TV Bau Gehalt/Ost bzw. TV Bau Lohn/Ost) ergibt sich aus dem in Bezug genommenen Haustarifvertrag jedoch gerade nicht, obwohl es bereits bei Vereinbarung des Arbeitsvertrages eigenständige Tarifverträge für das Beitrittsgebiet gab.

32

2. Das Landesarbeitsgericht hat auch zutreffend erkannt, dass die GBV 1995 nicht geeignet ist, den klägerischen Anspruch zu begründen.

33

a) Das Berufungsurteil stützt sich insoweit darauf, dass die GBV 1995 als Anspruchsgrundlage wegen der Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 BetrVG ausscheide. Mit Inkrafttreten der in der Entsorgungswirtschaft abgeschlossenen Entgelttarifverträge sei die GBV 1995 unwirksam geworden. Die mitgliedschaftsbezogene Festlegung des Geltungsbereichs der Entgelttarifverträge der Entsorgungswirtschaft spreche nicht gegen die Sperrwirkung, weil ein Verbandsbeitritt der Beklagten nach der Satzung des BDE möglich gewesen wäre.

34

b) Auch diese Darlegungen des Landesarbeitsgerichts sind rechtsfehlerfrei. Daher konnte es die Frage offenlassen, ob sich aus der GBV 1995 überhaupt ein Anspruch auf Anwendung der Entgelttarifverträge des Baugewerbes hätte ergeben können.

35

aa) Nach § 77 Abs. 3 BetrVG können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Eine gegen § 77 Abs. 3 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarung ist unwirksam.

36

(1) Sinn und Zweck der Vorschrift ist es, die ausgeübte und aktualisierte Tarifautonomie zu schützen, indem sie den Tarifvertragsparteien den Vorrang zur Regelung von Arbeitsbedingungen einräumt. Diese Befugnis soll nicht dadurch ausgehöhlt werden, dass Arbeitgeber und Betriebsrat ergänzende oder abweichende Regelungen vereinbaren. Die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie würde aber auch dann gestört, wenn die nicht tarifgebundenen Arbeitgeber kollektivrechtliche Konkurrenzregelungen in Form von Betriebsvereinbarungen erreichen könnten (vgl. BAG 20. November 2001 - 1 AZR 12/01 - zu II 2 a der Gründe, EzA BetrVG 1972 § 77 Nr. 70; BAG 24. Januar 1996 - 1 AZR 597/95 - zu I 1 der Gründe, BAGE 82, 89). Die Sperrwirkung ist deshalb nicht davon abhängig, ob ein Arbeitgeber tarifgebunden ist oder nicht (BAG 26. August 2008 - 1 AZR 354/07 - Rn. 11, BAGE 127, 297).

37

(2) Die Sperrwirkung einer tariflichen Regelung nach § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG reicht grundsätzlich soweit wie deren Geltungsanspruch(BAG 22. März 2005 - 1 ABR 64/03 - zu B II 2 c ee (3) (a) der Gründe, BAGE 114, 162). Dies gilt auch für den Fall, dass der Tarifvertrag seinen Geltungsbereich nicht durch eine fachlich-betriebliche Begrenzung bestimmt, sondern nach seinem Wortlaut für die Mitglieder des tarifschließenden Unternehmerverbandes gelten soll. Die mitgliedschaftsbezogene Festlegung des Geltungsbereichs eines Tarifvertrages und die Sperrwirkung nach § 77 Abs. 3 BetrVG schließen einander nicht aus(BAG 22. März 2005 - 1 ABR 64/03 - zu B II 2 c ee (3) (b) der Gründe, aaO).

38

(a) Den Tarifvertragsparteien steht es frei, den Geltungsbereich organisationsbezogen festzulegen. Zwar ergibt sich dann nicht unmittelbar aus dem Tarifvertrag, sondern erst aus der Verbandssatzung, welche Unternehmen und Betriebe vom fachlichen Geltungsbereich erfasst werden. Dies verstößt jedoch nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz oder gegen das Schriftformerfordernis nach § 1 Abs. 1, Abs. 2 TVG(BAG 22. März 2005 - 1 ABR 64/03 - zu B II 2 c ee (3) (b) der Gründe, BAGE 114, 162). Voraussetzung ist allerdings, dass die Satzung des Arbeitgeberverbandes nicht für jeden Arbeitgeber voraussetzungslos eine Beitrittsmöglichkeit vorsieht, sondern diese an bestimmte Kriterien knüpft, durch die der Kreis potentieller Mitglieder ähnlich wie durch das Erfordernis einer Branchenzugehörigkeit beschränkt wird (BAG 22. März 2005 - 1 ABR 64/03 - aaO).

39

(b) Für eine Anwendung des § 77 Abs. 3 BetrVG auch auf nicht tarifgebundene Arbeitgeber ist außerdem erforderlich, dass die Tarifvertragsparteien den Geltungsanspruch eines mitgliedschaftsbezogenen Tarifvertrages auch auf potentielle Mitglieder erstrecken und nicht auf aktuelle Mitglieder beschränken wollen. Ob dies geschehen ist, ist durch Auslegung zu ermitteln, wobei die übereinstimmende Interessenlage der Tarifvertragsparteien typischerweise dahin geht, den Geltungsbereich des Tarifvertrages wie bei einer fachlichen Umschreibung auf diejenigen Unternehmen zu erstrecken, die durch Beitritt zum Arbeitgeberverband eine Tarifbindung herbeiführen können. Ohne deutliche Anhaltspunkte im Tarifvertrag selbst kann nicht angenommen werden, dass die Tarifvertragsparteien durch die mitgliedschaftsbezogene Festlegung des Geltungsbereichs den durch § 77 Abs. 3 BetrVG gewährleisteten Geltungsanspruch des Tarifvertrages und ihre Tarifautonomie beschränken wollen (vgl. insgesamt BAG 22. März 2005 - 1 ABR 64/03 - zu B II 2 c ee (3) (c) der Gründe, BAGE 114, 162).

40

(3) Eine gegen § 77 Abs. 3 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarung ist unwirksam(BAG 20. November 2001 - 1 AZR 12/01 - zu II 2 a der Gründe, EzA BetrVG 1972 § 77 Nr. 70). Dies gilt nicht nur dann, wenn bei ihrem Zustandekommen entsprechende Tarifverträge bereits bestanden. Die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG wirkt vielmehr auch, wenn entsprechende Tarifbestimmungen erst später in Kraft treten(BAG 22. März 2005 - 1 ABR 64/03 - zu B II 2 c ee (1) der Gründe, BAGE 114, 162; BAG 21. Januar 2003 - 1 ABR 9/02 - zu B II 2 c aa (1) der Gründe, AP BetrVG 1972 § 21a Nr. 1 = EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 3).

41

(4) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gilt die Sperre des § 77 Abs. 3 BetrVG nicht in Angelegenheiten, die nach § 87 Abs. 1 BetrVG der Mitbestimmung des Betriebsrates unterliegen(BAG 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C I 4 der Gründe, BAGE 69, 134). Erzwingbare Betriebsvereinbarungen werden nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Angelegenheit nur üblicherweise durch Tarifvertrag geregelt wird oder zwar tariflich geregelt, der Arbeitgeber aber an den betreffenden Tarifvertrag nicht gebunden ist (BAG 20. November 2001 - 1 AZR 12/01 - zu II 2 c der Gründe, EzA BetrVG 1972 § 77 Nr. 70).

42

bb) Nach diesen Grundsätzen ist die GBV 1995 zumindest ab dem Inkrafttreten der vom Landesarbeitsgericht herangezogenen Bundes-Entgelttarifverträge in der Entsorgungswirtschaft ab dem 1. Januar 2002 unwirksam. Denn in diesen ist die Höhe des Entgelts für die Arbeitsverhältnisse im Bereich der Entsorgungsunternehmen tariflich geregelt. Der Betrieb der Beklagten unterfällt in der Sache auch dem fachlichen Geltungsbereich der Tarifverträge.

43

(1) Unerheblich ist, dass die Beklagte nicht Mitglied des BDE ist. § 77 Abs. 3 BetrVG setzt keine Tarifgebundenheit des Arbeitgebers voraus. Auch die mitgliedschaftsbezogene Festlegung des Geltungsbereichs der vom BDE abgeschlossenen Bundes-Entgeltrahmentarifverträge vom 24. Oktober 2001, vom 3. Dezember 2004 und vom 3. Juni 2008 schadet nicht. Eine Auslegung ergibt, dass der Geltungsbereich der Tarifverträge nicht nur aktuelle, sondern auch potentielle Mitglieder des BDE erfassen soll. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass die Tarifvertragsparteien BDE und ver.di auf den Geltungsanspruch des Tarifvertrages nach § 77 Abs. 3 BetrVG bei tarifungebundenen Arbeitgebern verzichten wollten. Das Landesarbeitsgericht hat auch zutreffend ausgeführt, dass die Beklagte nach der Satzung des BDE dessen Mitglied werden konnte. Gemäß § 3 Abs. 2 Buchst. a der Satzung des BDE können alle Unternehmen und Betriebe der Kreislauf- und Entsorgungswirtschaft sowie der Wasser- und Abwasserwirtschaft ordentliches Mitglied werden, die in privater Rechtsform organisiert, tatsächlich operativ tätig sind und in der Bundesrepublik Deutschland ihren Sitz oder eine Betriebsstätte haben. Diese Voraussetzungen werden nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und nach den übereinstimmenden Angaben der Parteien von der Beklagten, einem Unternehmen der Entsorgungswirtschaft, erfüllt.

44

(2) In dem zwischen den Parteien streitigen Zeitraum ab dem 1. Juni 2007 war die GBV 1995 unwirksam. Spätestens ab dem Inkrafttreten der zwischen dem BDE und ver.di abgeschlossenen Bundes-Entgelttarifverträge der Entsorgungswirtschaft am 1. Januar 2002 war eine mögliche betriebsverfassungsrechtliche Wirkung der GBV 1995 nach § 77 Abs. 3 BetrVG gesperrt. Es kommt daher nicht darauf an, ob sich schon aus früheren Tarifverträgen der Entsorgungswirtschaft oder aus der Nachwirkung des Haustarifvertrages vom 24. Oktober 1990 eine Sperrwirkung für die GBV 1995 ergeben hat.

45

(3) Der Sperrwirkung entgegenstehende Tarifverträge steht auch nicht § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG entgegen. Zwar ist die Beklagte nicht tarifgebunden, so dass die Regelungssperre des § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG - im Unterschied zu § 77 Abs. 3 BetrVG - nicht eingreifen könnte. Der geregelte Sachverhalt der Entgelthöhe ist aber nicht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitbestimmungspflichtig, weil die Höhe der Vergütung nicht zur mitbestimmungspflichtigen betrieblichen Lohngestaltung gehört.

46

3. Der Anspruch auf die Anwendung des TV Bau Gehalt/Ost bzw. TV Bau Lohn/Ost ergibt sich auch nicht aus der Protokollnotiz vom 27. April 1999. Das Landesarbeitsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass sie keine Gesamtzusage enthält, aus der sich ein Anspruch auf Weitergabe der künftigen Tariferhöhungen ergibt.

47

a) Das Landesarbeitsgericht hat sich darauf berufen, dass in der Protokollnotiz vom 27. April 1999 keine Gesamtzusage des Arbeitgebers liege, weil diese Erklärung nicht an die Arbeitnehmer gerichtet gewesen sei. Außerdem sei die Erklärung so zu verstehen, dass die Beklagte Tariferhöhungen in der Vergangenheit ohne Rechtsanspruch weitergegeben habe und auch in Zukunft so verfahren wolle.

48

b) Insoweit zeigt die Revision keine Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts auf.

49

aa) Eine Gesamtzusage ist die an alle Arbeitnehmer des Betriebs oder einen nach abstrakten Merkmalen bestimmten Teil von ihnen in allgemeiner Form gerichtete Erklärung des Arbeitgebers, zusätzliche Leistungen erbringen zu wollen (st. Rspr., vgl. BAG 17. November 2009 - 9 AZR 765/08 - Rn. 19, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 88 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 12). Eine Gesamtzusage setzt eine bewusste und gezielte Bekanntgabe an die Arbeitnehmer voraus (BAG 28. Juni 2006 - 10 AZR 385/05 - Rn. 32, BAGE 118, 360).

50

bb) Danach liegt in der unterschriebenen Protokollnotiz keine Gesamtzusage der Beklagten.

51

(1) Es handelt sich um die Wiedergabe einer Besprechung vom 26. April 1999 zwischen der Geschäftsleitung der Beklagten, einem Vertreter des Bauarbeitgeberverbandes und Vertretern der IG BAU. Für eine Gesamtzusage wäre jedoch eine an alle Arbeitnehmer gerichtete Erklärung erforderlich gewesen. Nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts erfolgte der von den Klägern behauptete Aushang am „Schwarzen Brett“ jedenfalls nicht auf Veranlassung der Beklagten. Wenn die örtlichen Betriebsräte die Protokollnotiz ausgehängt haben sollten, läge hierin keine bewusste und gezielte Bekanntmachung der Beklagten.

52

Soweit die Revision sich darauf beruft, die Beklagte habe ausdrücklich ausgeführt, die Erklärung sei „verbindlich“, so verkennt sie, dass auch insoweit als Adressat einer verbindlichen Erklärung vorliegend nicht die Belegschaft der Beklagten, sondern - wenn überhaupt - allenfalls die IG BAU in Betracht kommt, unabhängig davon, dass sich aus dem weiteren Inhalt der Erklärung nicht ergibt, worauf sich die „Verbindlichkeit“ eigentlich beziehen soll.

53

(2) Das Landesarbeitsgericht hat in diesem Zusammenhang zutreffend darauf abgestellt, dass die Beklagte in der Protokollnotiz festgehalten hat, die Vergütungen in der Vergangenheit „ohne Rechtsanspruch“ weitergegeben zu haben. Der sich unmittelbar anschließende Satz in der Protokollnotiz, die Beklagte werde „auch künftig“ die Tarife „nach diesen Grundsätzen“ anwenden, ist vor diesem Hintergrund ebenfalls dahingehend zu verstehen, dass die Beklagte beabsichtigte, Tariferhöhungen auch weiterhin ohne Rechtsanspruch weiterzugeben.

54

(3) Im Übrigen wäre selbst dann, wenn es sich bei der Erklärung um eine Gesamtzusage handelte, das Bezugsobjekt der Verweisung nicht der Bau-Entgelttarifvertrag für das Beitrittsgebiet, dh. zB der TV Bau Lohn/Ost oder der TV Bau Gehalt/Ost. Denn in der Protokollnotiz heißt es ausdrücklich weiter, der Haustarifvertrag habe weiter Bestand. Aus diesem ergibt sich jedoch eine Verweisung auf die Bau-Entgelttarifverträge West mit einem Tarifniveau von 65 % nebst Erhöhungen bis zum 31. März 1992.

55

(4) Ein Vertragsschluss kann entgegen der Revision auch nicht aus einem Schweigen der Beklagten auf den von den Klägern behaupteten Aushang der Protokollnotiz durch die örtlichen Betriebsräte hergeleitet werden. Wie vorstehend ausgeführt, enthält die Protokollnotiz keine (Gesamt-)Zusage einer Weitergabe künftiger Bau-Tarifentgelterhöhungen. Das Schweigen der Beklagten könnte nur die fehlende Zielgerichtetheit der Erklärung an die Arbeitnehmer ersetzen. Es würde jedoch nichts am Inhalt der Erklärung ändern.

56

4. Schließlich ist auch keine betriebliche Übung auf die Weitergabe künftiger Tariferhöhungen nach dem TV Bau Gehalt/Ost bzw. TV Bau Lohn/Ost entstanden.

57

a) Das Landesarbeitsgericht hat sich darauf gestützt, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber, der einzelne Tariferhöhungen an seine Arbeitnehmer weitergibt, nur bei Vorliegen besonderer Anhaltspunkte verpflichtet ist, über die Weitergewährung der weitergegebenen Tariflohnerhöhung hinaus auch die von den Tarifvertragsparteien zukünftig vereinbarten Tariferhöhungen weiterzugeben. Derartige Anhaltspunkte lägen hier nicht vor. Insbesondere könne hierfür weder die - unwirksame - GBV 1995 noch die Protokollnotiz vom 27. April 1999 herangezogen werden. Es komme hinzu, dass die Beklagte nicht nur nicht tarifgebunden, sondern nicht einmal ein Unternehmen der Bauwirtschaft sei, so dass sie auch durch einen Beitritt zum Arbeitgeberverband der Bauindustrie keine Tarifgebundenheit hätte herstellen können.

58

b) Diesen im Hinblick auf das Bestehen einer betrieblichen Übung der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegenden (BAG 24. März 2010 - 10 AZR 43/09 - Rn. 15, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 90 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 13; BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - Rn. 45, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 54; BAG 28. Juni 2006 - 10 AZR 385/05 - Rn. 39, BAGE 118, 360) Ausführungen des Landesarbeitsgerichts folgt der Senat im Ergebnis und teilweise auch in der Begründung.

59

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist unter einer betrieblichen Übung die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden.

60

(1) Aus einem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 317/09 - Rn. 20, AP TVG § 1 Tarifverträge: Brotindustrie Nr. 9 = EzA TVG § 4 Brot- und Backwarenindustrie Nr. 2; BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - Rn. 43, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 54; BAG 16. Juni 2004 - 4 AZR 417/03 - zu II 2 b der Gründe). Entscheidend für die Entstehung eines Anspruchs ist, wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen musste und durfte (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 317/09 - aaO; BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - aaO; BAG 16. Juni 2004 - 4 AZR 417/03 - zu II 2 b der Gründe). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber mit einem entsprechenden Verpflichtungswillen gehandelt hat. Die Wirkung einer Willenserklärung im Rechtsverkehr setzt ein, wenn der Erklärende aus der Sicht des Erklärungsempfängers einen auf eine bestimmte Rechtswirkung gerichteten Willen geäußert hat (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - aaO; BAG 28. Juni 2006 - 10 AZR 385/05 - Rn. 35, BAGE 118, 360).

61

(2) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann bei einem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber eine betriebliche Übung, die zu einem Rechtsanspruch auf Erhöhung der Löhne und Gehälter entsprechend der Tarifentwicklung in einem bestimmten Tarifgebiet führt, nur angenommen werden, wenn deutliche Anhaltspunkte im Verhalten des Arbeitgebers dafür erkennbar sind, dass er auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien jeweils ausgehandelten Tariflohnerhöhungen übernehmen will (BAG 26. August 2009 - 5 AZR 969/08 - Rn. 26, AP BGB § 613a Nr. 375 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 115; BAG 9. Februar 2005 - 5 AZR 284/04 - zu III 3 b der Gründe; BAG 13. März 2002 - 5 AZR 755/00 - zu II 2 der Gründe, EzA ZPO § 259 Nr. 1). Mit den in Anlehnung an Tariflohnerhöhungen erfolgenden freiwilligen Lohnsteigerungen entsteht regelmäßig lediglich ein Anspruch der Arbeitnehmer auf Fortzahlung dieses erhöhten Lohns, nicht aber zugleich eine Verpflichtung des Arbeitgebers, auch künftige Tariflohnerhöhungen weiterzugeben (BAG 20. Juni 2001 - 4 AZR 290/00 - zu A II 4 c bb der Gründe, EzA BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 45). Nach der Rechtsprechung des Fünften Senats will sich ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber grundsätzlich nicht für die Zukunft der Regelungsmacht der Verbände unterwerfen. Dies ist gerade Sinn des nicht erfolgten Beitritts zu einem Arbeitgeberverband. Die fehlende Tarifgebundenheit verdeutlicht den Willen des Arbeitgebers, die Erhöhung der Löhne und Gehälter zukünftig nicht ohne Beitrittsprüfung entsprechend der Tarifentwicklung vorzunehmen. Die nicht vorhersehbare Dynamik der Lohnentwicklung und die hierdurch verursachten Personalkosten sprechen grundsätzlich gegen einen objektiv erkennbaren rechtsgeschäftlichen Willen des Arbeitgebers, sich dauerhaft zu einer Entgeltanhebung entsprechend der Tarifentwicklung in einem bestimmten Tarifgebiet verpflichten zu wollen.

62

bb) Danach hat die Beklagte mit der Übernahme einzelner Tarifentgelterhöhungen keine betriebliche Übung begründet, auf die die Kläger ihren Klageanspruch stützen könnten.

63

(1) Die bloße Weitergabe von Tariflohnerhöhungen in der Bauwirtschaft konnte insbesondere deshalb bei den Arbeitnehmern der Beklagten nicht zur Erwartung einer generellen Übernahme der jeweiligen Tariferhöhungen führen, weil es bei der dynamischen Inbezugnahme von Entgelttarifverträgen durch eine betriebliche Übung jedenfalls dann besonderer, im vorliegenden Fall fehlender Anhaltspunkte für einen entsprechenden Bindungswillen des Arbeitgebers bedarf, wenn er nicht nur selbst nicht tarifgebunden ist, wie das Landesarbeitsgericht festgestellt hat, sondern wenn die in der Vergangenheit weitergebenen Vergütungserhöhungen sich an einem branchenfremden Tarifvertrag orientieren, also selbst bei einer Mitgliedschaft des Arbeitgebers im Verband eine normative Wirkung der Entgelttarifverträge mangels Unterfallen der Arbeitsverhältnisse unter den Geltungsbereich nicht eintreten konnte. Denn die für eine bestimmte Branche vereinbarten Erhöhungen der Tarifentgelte orientieren sich notwendigerweise an der wirtschaftlichen Entwicklung in dieser Branche, die für einen einer anderen Branche angehörenden Arbeitgeber und die dort beschäftigten Arbeitnehmer nicht ohne weiteres maßgebend ist. Bereits aus diesem Grund ist der erstmals in der Revision erbrachte Vortrag der Kläger, die Beklagte sei „Mitglied des Arbeitgeberverbandes der Bauwirtschaft“, ohne Belang.

64

(2) Ein dem entgegenstehender besonderer Anhaltspunkt ist nicht in der arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel zu sehen, da diese ausdrücklich auf den Haustarifvertrag verweist, der seinerseits wiederum das auf 65 % abgesenkte Entgeltniveau der Bau-Entgelttarifverträge West nebst zwei konkreten Entgeltsteigerungen in Bezug  nimmt. Für die Absicht einer dynamischen Anwendung der Bau-Entgelttarifverträge Ost in voller Höhe für die weitere Zukunft spricht dagegen nichts.

65

(3) Auch die GBV 1995 bietet keine deutlichen Anhaltspunkte für eine betriebliche Übung. Im Gegenteil weist ihr Abschluss und ihre - zeitweise erfolgte - Umsetzung darauf hin, dass die Beklagte mit der Weitergabe der Entgelterhöhungen in diesem Zeitraum vermeintliche Verpflichtungen aus der GBV 1995 erfüllen wollte. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts scheidet eine betriebliche Übung bei Normenvollzug oder einem aus Sicht der Arbeitnehmer vermeintlichen Normenvollzug aus (BAG 27. Oktober 2010 - 10 AZR 410/09 - Rn. 31, ZTR 2011, 172; BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - Rn. 43, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 54). Wenn der Arbeitgeber Leistungen für den Arbeitnehmer erkennbar aufgrund einer anderen und sei es auch tatsächlich nicht bestehenden Rechtspflicht hat erbringen wollen, kann der Arbeitnehmer nicht davon ausgehen, ihm solle eine Leistung auf Dauer unabhängig von dieser Rechtspflicht und auf einer anderen Rechtsgrundlage, nämlich der betrieblichen Übung, gewährt werden (BAG 5. November 2008 - 5 AZR 455/07 - Rn. 22). Auf für den Arbeitnehmer nicht erkennbare subjektive Vorstellungen des Arbeitgebers allein kommt es nicht an (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - aaO).

66

(4) Die Kläger können sich insoweit auch nicht auf die Protokollnotiz vom 27. April 1999 berufen. Sie ist - wie dargelegt - dahingehend auszulegen, dass sie einerseits keine an die Arbeitnehmer gerichtete Erklärung enthält und ihr Erklärungsinhalt anderseits auch nicht darin besteht, die Weitergabe künftiger Tariferhöhungen zuzusagen. Aus diesem Grund scheidet die Protokollnotiz auch als besonderer Anhaltspunkt für eine betriebliche Übung aus. Im Übrigen musste sich aus Sicht der Arbeitnehmer die Weitergabe der Tariferhöhungen noch als Vollzug der GBV 1995 darstellen. Hierauf war die Klage ursprünglich auch vorrangig gestützt und hierauf hat auch das Arbeitsgericht bei seiner stattgebenden Entscheidung maßgeblich abgestellt, in der es - zu Unrecht - die GBV 1995 als wirksam angesehen hat.

67

5. Soweit die Revision im Hinblick auf eine von den Klägern begehrte Erhöhung der Vergütung von drei Prozent zum 1. Juni 2008 Verfahrensrügen erhebt, sind diese unzulässig.

68

a) Nach dem Vortrag der Kläger hat die Beklagte ab Juni 2008 „allen Mitarbeitern in Übernahme der Tarifentwicklung der Bauwirtschaft eine 3 %ige Lohnerhöhung gewährt“. Ausgenommen von der Entgelterhöhung seien nur die Kläger und andere Mitarbeiter, die Ansprüche nach den Bau-Entgelttarifverträgen gerichtlich geltend gemacht hätten.

69

b) Es kann dahinstehen, ob bei Vorliegen der behaupteten Tatsachen ein Verstoß der Beklagten gegen das Maßregelungsverbot nach § 612a BGB und den Gleichbehandlungsgrundsatz vorläge. Eine Tariflohnerhöhung um drei Prozent zum 1. Juni 2008 ist nicht Gegenstand der im vorliegenden Rechtsstreit gestellten Anträge. Die Zahlungsanträge 1 und 3 betreffen von vornherein nur den Zeitraum von Juni 2007 bis Februar 2008. Die Feststellungsanträge 2 und 4 beziehen sich nur auf die Verpflichtung zur Zahlung des Tabellenentgelts nach dem „jeweils geltenden“ TV Bau Gehalt/Ost und TV Bau Lohn/Ost. In diesen ist eine Mindestlaufzeit bis zum 31. März 2009 vereinbart worden; sie enthalten aber keine Erhöhung der Entgelte um drei Prozent zum 1. Juni 2008. Weder der angegebene Zeitpunkt noch die behauptete prozentuale Höhe finden sich in den Tarifverträgen wieder. Der Streitgegenstand der Feststellungsanträge ist aber auf die Tarifbewegungen der beiden genannten Tarifverträge (und - insoweit unzulässig - künftiger Entgelttarifverträge) beschränkt. Entgegen der Auffassung der Revision ist die Feststellung einer Zahlungsverpflichtung hinsichtlich einer von der Beklagten tatsächlich gewährten dreiprozentigen Erhöhung im Juni 2008 nicht als „Minus“ in den Feststellungsanträgen enthalten.

70

c) Deshalb sind die auf diesen nicht streitgegenständlichen Anspruch bezogenen Verfahrensrügen unzulässig, da sie nicht die erforderliche Kausalität zwischen den behaupteten Verfahrensmängeln (hier: Verstoß gegen den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG und Verletzung der Hinweispflicht nach § 139 ZPO)und dem Urteil des Berufungsgerichts darlegen (vgl. BAG 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - BAGE 109, 145).

71

d) Soweit die Rüge der Verletzung der Hinweispflicht durch das Landesarbeitsgericht zusätzlich darauf bezogen ist, dass dieses hätte darauf hinweisen müssen, dass sich der Feststellungsantrag der Kläger nach seiner Auffassung nicht auf die dreiprozentige Vergütungserhöhung ab dem 1. Juni 2008, sondern lediglich auf die Weitergabe der Tariflohnerhöhungen bezog, ist dies schon deshalb unzulässig, weil die Revision dazu hätte angeben müssen, was sie auf einen entsprechenden Hinweis hin vorgebracht hätte und inwieweit sich dieser Vortrag auf die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ausgewirkt hätte (vgl. dazu BAG 14. November 2007 - 4 AZR 861/06 - Rn. 22, NZA-RR 2008, 362). Hierzu reicht es nicht aus, wie in der Revision der Kläger, allein mitzuteilen, dass sie dann „ihre Anträge entsprechend präzisiert und ausdrücklich die Feststellung des Anspruchs ab Juni 2008 in die Feststellungsanträge einbezogen“ hätten. Da es sich insoweit um einen neuen Streitgegenstand und damit eine Klageerweiterung gehandelt hätte, weil es sich bei den Ansprüchen ab dem 1. Juni 2008 nicht um eine Weitergabe von Tariferhöhungen gehandelt hätte, sondern, wie die Revision selbst vorträgt, um einen „Anspruch auf Gleichbehandlung“, hätte neben einer vollständigen Antragsformulierung und -begründung auch Vortrag zu den Voraussetzungen einer Klageerweiterung in der Berufungsinstanz nach § 533 ZPO erbracht werden müssen. Darauf, dass bereits außerordentlich zweifelhaft ist, ob der klägerische Vortrag in der Berufungsinstanz Anlass zu einer entsprechenden Überlegung nebst daraus resultierender Hinweispflicht des Landesarbeitsgerichts gegeben hätte, kommt es demnach nicht mehr an.

72

III. Die Kostenentscheidung des Landesarbeitsgerichts ist rechtsfehlerhaft. Die Kostenverteilung erfolgt gemäß § 100 Abs. 1 ZPO nach „Kopfteilen“. Bei zwei Klägern haben diese die Kosten zu gleichen Teilen zu tragen.

73

1. Das Rechtsmittelgericht hat gemäß § 308 Abs. 2 ZPO von Amts wegen zu prüfen, ob der Kostenausspruch der Vorinstanzen richtig ist(BAG 22. April 2010 - 6 AZR 948/08 - Rn. 24, AP KSchG 1969 § 17 Nr. 38 = EzA KSchG § 17 Nr. 22). Selbst bei einem erfolglosen Rechtsmittel hat das Rechtsmittelgericht eine falsche Kostenentscheidung der Vorinstanz zu korrigieren (Zöller/Herget ZPO 28. Aufl. § 97 Rn. 6).

74

2. Das Landesarbeitsgericht hat die Kosten nach dem Verhältnis der eingeklagten Beträge gequotelt und die Entscheidung auf § 91 ZPO gestützt. Dies verstößt gegen § 100 Abs. 1 ZPO. Besteht die unterlegene Partei eines Rechtsstreits aus mehreren Personen, haften diese für die Kostenerstattung grundsätzlich nach Kopfteilen. Eine Quotelung kommt nach § 100 Abs. 2 ZPO nur bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit in Betracht. Als „erheblich“ wird die Verschiedenheit der Beteiligung aber nur angenommen, wenn ein Streitgenosse nur zu 3/4 oder jedenfalls 2/3 beteiligt ist (Musielak ZPO 8. Aufl. § 100 Rn. 3). Ein Verhältnis von 43 % zu 57 %, wie es hier nach der Kostenentscheidung des Landesarbeitsgerichts vorliegt, genügt hierfür nicht. Es bleibt somit bei der Haftung nach Kopfteilen gem. § 100 Abs. 1 ZPO.

        

    Bepler    

        

    Winter    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Kiefer    

        

    Görgens    

                 

Wer einem anderen die Schließung eines Vertrags anträgt, ist an den Antrag gebunden, es sei denn, dass er die Gebundenheit ausgeschlossen hat.

Der Vertrag kommt durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. Der Zeitpunkt, in welchem der Antrag erlischt, bestimmt sich nach dem aus dem Antrag oder den Umständen zu entnehmenden Willen des Antragenden.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 24. Mai 2016 - 3 Sa 712/15 - wird zurückgewiesen.

2. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 24. Mai 2016 - 3 Sa 712/15 -, unter Zurückweisung der Revision im Übrigen, teilweise aufgehoben und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Auf die Berufung der Klägerin wird - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen - das Anerkenntnisteil- und Schlussurteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 4. November 2015 - 11 Ca 2588/15 - wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 21,60 Euro brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Januar 2015 zu zahlen.

3. Von den Kosten der Revision haben die Klägerin 58 % und die Beklagte 42 % zu tragen. Im Übrigen verbleibt es bei der Kostenentscheidung des Landesarbeitsgerichts.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Erfüllung des entsenderechtlichen Mindestlohnanspruchs.

2

Die Klägerin war bis Ende 2014 bei der Beklagten, die einen Schlacht- und Verarbeitungsbetrieb für Geflügel betreibt, als Produktionsarbeiterin in Schichtarbeit beschäftigt.

3

Die Beklagte wandte zunächst auf das Arbeitsverhältnis mit der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt geschlossene Tarifverträge an. Der Manteltarifvertrag (MTV) sah eine Treueprämie für kontinuierlichen Arbeitseinsatz vor und verwies für deren Höhe auf § 8 Lohn- und Gehaltstarifvertrag (LTV). Nach diesem betrug die Treueprämie in der für die Klägerin einschlägigen Lohngruppe ab dem 1. Januar 2007 0,65 Euro/Stunde. Nach Kündigung der Tarifverträge vergütete die Beklagte die Beschäftigten ab Mai 2009 nach einer mit dem Betriebsrat abgestimmten „Betrieblichen Entgeltregelung“, nach der die Stundenlöhne erhöht wurden, die Treueprämie indes bis März 2010 lediglich noch 0,25 Euro/Stunde und anschließend 0,50 Euro/Stunde betragen sollte. Ab Dezember 2010 wandte die Beklagte eine von ihr formulierte „Betriebliche Mantelregelung“ (BM) an, wonach im Schichtbetrieb beschäftigte Arbeitnehmer je gearbeitete Stunde eine Schichtzulage von 0,10 Euro brutto erhalten und bei Krankheit Entgeltfortzahlung auf Basis des Grundlohns gezahlt werden soll. Des Weiteren regelt sie zur Treueprämie - entsprechend dem Wortlaut des MTV - Folgendes:

        

㤠4

        

Überstunden (Mehrarbeit, Nachtarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit) sowie Zuschläge, Zulagen

        

…       

        

3.5     

Treueprämie

                 

Für einen kontinuierlichen Arbeitseinsatz ohne Fehlzeiten über die gesamte Dauer eines Monats erhält der Arbeitnehmer eine Treueprämie. Die Höhe ist im § 8 Lohn- und Gehaltstarifvertrag geregelt. Im Falle unentschuldigten Fehlens innerhalb des Monatszeitraums erlischt der Anspruch auf Treueprämie für diesen gesamten Monat.“

4

Das Arbeitsverhältnis der Parteien unterliegt der nach § 7 AEntG erlassenen, am 1. August 2014 in Kraft getretenen Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen in der Fleischwirtschaft, die bestimmt, dass die Rechtsnormen des Tarifvertrags zur Regelung der Mindestbedingungen für Arbeitnehmer in der Fleischwirtschaft der Bundesrepublik Deutschland (TV Mindestbedingungen) vom 13. Januar 2014 auf alle nicht an ihn gebundenen Arbeitgeber sowie Arbeitnehmer, die unter seinen Geltungsbereich fallen, Anwendung finden. Der TV Mindestbedingungen lautet auszugsweise:

        

㤠2

        

Mindestlöhne

        

1.    

Das Mindestentgelt ist Entgelt im Sinne des § 5 Absatz 1 Nummer 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes. Höhere Entgeltansprüche aufgrund anderer Tarifverträge, betrieblicher oder einzelvertraglicher Vereinbarungen bleiben unberührt.

        

2.    

Die Mindestlöhne je Stunde betragen bundeseinheitlich je Stunde

                 

ab 1. Juli 2014

7,75 Euro,

                 

ab 1. Dezember 2014

8,00 Euro,

                 

…       

        
        

3.    

Der Anspruch auf das Mindestentgelt wird spätestens zum 15. des Monats fällig, der auf den Monat folgt, für den das Mindestentgelt zu zahlen ist.“

5

Die Beklagte zahlte der Klägerin für geleistete Arbeit von August bis November 2014 einen Bruttostundenlohn von 7,15 Euro, eine Treueprämie von 0,50 Euro brutto und eine Schichtzulage von 0,10 Euro brutto. Feiertage vergütete sie mit 7,15 Euro brutto/Stunde, Urlaubstage mit 62,00 Euro brutto. Im Dezember 2014 erhielt die Klägerin für geleistete Arbeit einen Bruttostundenlohn von 7,40 Euro, Treueprämie und Schichtzulage blieben gleich. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall leistete sie iHv. 53,20 Euro brutto arbeitstäglich.

6

Die Klägerin hat für die Monate August bis Dezember 2014 Differenzvergütung verlangt. Die Beklagte habe den Anspruch auf den Mindestlohn nicht vollständig erfüllt. Treueprämie und Schichtzulage seien nicht mindestlohnwirksam. Außerdem betrage die Treueprämie nach der Betrieblichen Mantelregelung 0,65 Euro brutto/Stunde. Dementsprechend stehe ihr höhere Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und weiteres Urlaubsentgelt zu.

7

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie

        

1.    

für August 2014 weitere 123,24 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16. September 2014,

        

2.    

für September 2014 weitere 125,70 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16. Oktober 2014,

        

3.    

für Oktober 2014 weitere 142,35 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16. November 2014,

        

4.    

für November 2014 weitere 124,80 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16. Dezember 2014,

        

5.    

für Dezember 2014 weitere 342,44 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16. Januar 2015

                 

zu zahlen.

8

Die Beklagte hat die Ansprüche auf weitere Feiertagsvergütung und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall in einer Gesamthöhe von 208,80 Euro brutto anerkannt und im Übrigen Klageabweisung beantragt.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage gemäß dem Anerkenntnis der Beklagten sowie hinsichtlich einer Differenz zum Mindestlohn, die sich bei Nichtberücksichtigung der Treueprämie ergibt, stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung beider Parteien hat das Landesarbeitsgericht - ausgehend davon, die Treueprämie sei mindestlohnwirksam, betrage aber 0,65 Euro brutto/Stunde - die Beklagte zur Zahlung von insgesamt 343,15 Euro brutto verurteilt und die Berufungen im Übrigen zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht für beide Parteien zugelassenen Revision hält die Klägerin an ihren weiter gehenden Anträgen fest, während die Beklagte die Zurückweisung der Berufung der Klägerin gegen das erstinstanzliche Urteil begehrt.

Entscheidungsgründe

10

A. Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass die Höhe der Treueprämie im Streitzeitraum 0,65 Euro brutto/Stunde betragen hat.

11

I. Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass die Klägerin dem Grunde nach Anspruch auf eine Treueprämie hat. Die Höhe der Treueprämie ergibt sich aus § 4 Nr. 3.5 BM iVm. § 8 Nr. 1 LTV.

12

1. Die Betriebliche Mantelregelung enthält eine Gesamtzusage, mit der die Beklagte den Beschäftigten eine Erhöhung der Treueprämie versprochen hat.

13

a) Eine Gesamtzusage ist die an alle Arbeitnehmer des Betriebs oder einen nach abstrakten Merkmalen bestimmten Teil von ihnen in allgemeiner Form gerichtete ausdrückliche Willenserklärung des Arbeitgebers, bestimmte Leistungen erbringen zu wollen. Eine ausdrückliche Annahme des in der Erklärung enthaltenen Antrags iSv. § 145 BGB wird dabei nicht erwartet und es bedarf ihrer auch nicht. Das in der Zusage liegende Angebot wird gemäß § 151 Satz 1 BGB angenommen und ergänzender Inhalt des Arbeitsvertrags. Die Arbeitnehmer erwerben einen einzelvertraglichen Anspruch auf die zugesagten Leistungen, wenn sie die betreffenden Anspruchsvoraussetzungen erfüllen (BAG 8. Dezember 2010 - 5 AZR 697/09 - Rn. 17; 19. August 2015 - 5 AZR 450/14 - Rn. 17). Dabei wird die Gesamtzusage bereits dann wirksam, wenn sie gegenüber den Arbeitnehmern in einer Form verlautbart wird, die den einzelnen Arbeitnehmer typischerweise in die Lage versetzt, von der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Auf dessen konkrete Kenntnis kommt es nicht an (BAG 20. August 2014 - 10 AZR 453/13 - Rn. 14).

14

b) Mit der Bekanntmachung der Betrieblichen Mantelregelung hat die Beklagte den Beschäftigten ua. die Zahlung einer Treueprämie zu den dort genannten Voraussetzungen und in der im - gekündigten - LTV vorgesehenen Höhe von 0,65 Euro brutto/Stunde angeboten.

15

aa) Nach den mit der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 559 Abs. 2 ZPO) handelt es sich bei den Klauseln der Betrieblichen Mantelregelung um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Für die Auslegung von § 4 Nr. 3.5 BM kommt es deshalb darauf an, wie die Klausel - ausgehend vom Wortlaut - nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden wird, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Dabei unterliegt die Auslegung der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht (st. Rspr., vgl. zB BAG 18. November 2015 - 5 AZR 814/14 - Rn. 46).

16

bb) Danach beläuft sich die Treueprämie auf 0,65 Euro brutto/Stunde.

17

(1) Bereits der Wortlaut der Klausel spricht für eine Treueprämie in der vormals von § 8 LTV vorgesehenen Höhe.

18

§ 4 Nr. 3.5 BM bestimmt die Höhe der Treueprämie nicht selbst, sondern hält fest, dass diese in § 8 LTV „geregelt ist“. Eine solche Verweisung zwingt aus Sicht eines durchschnittlichen Arbeitnehmers der Beklagten zu dem Verständnis, die Treueprämie solle - nach Absenkung der Höhe durch die Betriebliche Entgeltregelung - wieder auf das vormalige Niveau angehoben werden. Anderenfalls hätte ein verständiger Arbeitgeber die Klausel anders formuliert, etwa dahingehend, dass sich die Höhe der Treueprämie aus der Betrieblichen Entgeltregelung ergeben solle.

19

(2) Dass es sich - wie die Beklagte geltend macht - bei der Verweisung auf § 8 LTV um ein „Redaktionsversehen“ handeln soll, entzieht sich der Verständnismöglichkeit des Durchschnittsarbeitnehmers. Zu einer solchen Annahme zwingt auch die Fortzahlung der Treueprämie in unveränderter Höhe nicht. Denn die tatsächliche Handhabung der Klausel durch den Verwender ist wegen des objektiven Maßstabs für deren Auslegung ohne Belang.

20

cc) Angesichts der Eindeutigkeit der Regelung ist für die Anwendung des § 305c Abs. 2 BGB kein Raum. Die Unklarheitenregelung setzt voraus, dass die Auslegung einer Allgemeinen Geschäftsbedingung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen (BAG 26. Oktober 2016 - 5 AZR 168/16 - Rn. 26 mwN). Solche bestehen nicht.

21

2. Die für den Streitzeitraum geschuldete weitere Treueprämie hat das Landesarbeitsgericht zutreffend berechnet. Insoweit hat die Revision keine Angriffe erhoben.

22

3. Der Differenzanspruch der Klägerin ist nicht verwirkt.

23

a) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung und soll dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit dienen. Sie hat nicht den Zweck, Schuldner, denen gegenüber Gläubiger ihre Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen (Zeitmoment). Es müssen vielmehr besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen (BAG 24. August 2016 - 5 AZR 129/16 - Rn. 60).

24

b) Eine Verwirkung scheidet aus, weil von der Beklagten bereits keine Umstände vorgebracht wurden, die die Annahme rechtfertigten, der Beklagten sei es aufgrund eigener Dispositionen „unzumutbar“ geworden, die Ansprüche der Klägerin zu erfüllen, oder es sei ihr aufgrund sonstiger Umstände unzumutbar, sich auf die Klage einzulassen (vgl. BAG 21. Dezember 2016 - 5 AZR 362/16 - Rn. 18 mwN).

25

II. Der Anspruch der Klägerin auf eine Treueprämie iHv. 0,65 Euro brutto/Stunde wirkt sich erhöhend bei der Berechnung der Feiertagsvergütung und des Urlaubsentgelts aus.

26

1. Nach § 2 Abs. 1 EFZG hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für die Arbeitszeit, die infolge eines gesetzlichen Feiertags ausfällt, das Arbeitsentgelt zu zahlen, das er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte. Das Landesarbeitsgericht hat deshalb zutreffend für die in den Streitzeitraum fallenden gesetzlichen Feiertage in die Entgeltfortzahlung neben Grundlohn und Schichtzulage eine Treueprämie iHv. 0,65 Euro brutto/Stunde einbezogen.

27

2. Die erhöhte Treueprämie ist auch bei Berechnung des Urlaubsentgelts zu berücksichtigen. Zu dem nach § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG maßgeblichen durchschnittlichen Arbeitsverdienst gehört die nach § 4 Nr. 3.5 BM iVm. § 8 LTV iHv. 0,65 Euro brutto/Stunde geschuldete Treueprämie.

28

III. Der Anspruch auf Verzugszinsen folgt aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Den jeweiligen Beginn der Verzinsung hat das Landesarbeitsgericht unter Berücksichtigung von § 193 BGB zutreffend festgelegt.

29

B. Die Revision der Klägerin ist nur insoweit begründet, als sie Anspruch auf weitere Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall iHv. 21,60 Euro brutto nebst Zinsen hat. Dagegen ist der Anspruch auf den Mindestlohn vollständig erfüllt.

30

I. Die Klägerin hat Anspruch auf weitere Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall iHv. 21,60 Euro brutto. Dies folgt aus § 3 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 1 EFZG. Eine abweichende Bemessungsgrundlage nach § 4 Abs. 4 Satz 1 oder Satz 2 EFZG besteht nicht.

31

1. Dem Arbeitnehmer ist bei Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit das ihm bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit zustehende Arbeitsentgelt fortzuzahlen (§ 4 Abs. 1 EFZG).

32

Das Arbeitsentgelt der Klägerin umfasste im streitgegenständlichen Zeitraum neben dem Grundlohn und der Schichtzulage eine Treueprämie iHv. 0,65 Euro brutto/Stunde (vgl. oben Rn. 11 ff.).

33

2. Zwar kann durch Tarifvertrag eine andere Bemessungsgrundlage festgelegt (§ 4 Abs. 4 Satz 1 EFZG) bzw. im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitsvertragsparteien die Geltung der tariflichen Regelung vereinbart werden (§ 4 Abs. 4 Satz 2 EFZG).

34

Doch besteht eine solche abweichende Bemessungsgrundlage nicht. Die Beklagte hat im Streitzeitraum nicht mehr den gekündigten MTV, sondern die Betriebliche Mantelregelung angewandt. Deren Bestimmungen zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall konnten eine abweichende Bemessungsgrundlage iSd. § 4 Abs. 4 EFZG nicht schaffen.

35

3. Daher hat die Klägerin Anspruch auf weitere Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall iHv. 0,15 Euro brutto/Stunde. Diese beträgt für unstreitig insgesamt 144 Stunden Arbeitsunfähigkeit im Dezember 2014 21,60 Euro brutto.

36

4. Der Anspruch auf Verzugszinsen ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

37

II. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Der Anspruch der Klägerin auf den Mindestlohn nach § 2 Nr. 2 TV Mindestbedingungen ist durch Erfüllung erloschen(§ 362 Abs. 1 BGB). Schichtzulage und Treueprämie sind mindestlohnwirksam.

38

1. Ob und in welchem Umfang der Mindestlohnanspruch neben der Grundvergütung durch weitere Leistungen erfüllt wird, bestimmt sich danach, ob die vom Arbeitgeber erbrachten (Zusatz-)Leistungen die Normzwecke der Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen in der Fleischwirtschaft und des TV Mindestbedingungen sichern (zur PflegeArbbV BAG 18. November 2015 - 5 AZR 761/13 - Rn. 21 ff., BAGE 153, 248; zur AbfallArbbV BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 37 ff., BAGE 148, 68). Entsprechend der Zielsetzung in § 1 AEntG sollen angemessene Mindestarbeitsbedingungen in Form von Mindestentgeltsätzen für geleistete Arbeit gemäß § 5 Satz 1 Nr. 1 AEntG(§ 2 Nr. 1 TV Mindestbedingungen) geschaffen und durchgesetzt sowie faire und funktionierende Wettbewerbsbedingungen gewährleistet werden.

39

2. Gemessen daran sind die von der Beklagten im Streitzeitraum geleistete Treueprämie und Schichtzulage mindestlohnwirksam. Die Beklagte hat diese vorbehaltlos neben der Grundvergütung als Teil der Vergütung für tatsächlich geleistete Arbeit gezahlt. Die Treueprämie und die Schichtzulage in der von der Beklagten gewährten Weise erfüllen damit als im Synallagma stehende Geldleistungen die Zwecke der Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen in der Fleischwirtschaft und des TV Mindestbedingungen, die ihrerseits die Anrechnung von Prämien und Zulagen auf den Mindestlohn nicht ausschließen (zur PflegeArbbV BAG 18. November 2015 - 5 AZR 761/13 - Rn. 26, BAGE 153, 248).

40

3. Des Weiteren hat die Beklagte den Anspruch der Klägerin auf Urlaubsentgelt vollständig erfüllt. Sie hat gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG die der Klägerin gewährten Urlaubstage mit 62,00 Euro brutto urlaubstäglich vergütet. Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt eine Addition von Mindestlohn, Treueprämie und Schichtzulage zur Berechnung des Durchschnittsverdiensts der letzten dreizehn Wochen vor Urlaubsbeginn nicht in Betracht. Treueprämie und Schichtzulage sind nicht neben dem Mindestlohn zu zahlen, sondern erfüllen den Anspruch auf diesen.

41

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

    Volk    

        

        

        

    Die ehrenamtliche Richterin Reinders
ist an der Unterschriftsleistung verhindert.
Biebl    

        

    Hepper    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 7. Mai 2014 - 3 Sa 1716/13 - aufgehoben.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 5. September 2013 - 6 Ca 2906/13 - wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Vergütung von Pausenzeiten.

2

Der Kläger ist als geringfügig beschäftigter Servicemitarbeiter bei der Beklagten, die ein Kino betreibt, angestellt. Bis 31. Dezember 2012 erhielt der Kläger Lohn iHv. 6,83 Euro brutto/Stunde. Seit 1. Januar 2013 finden aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit ein zwischen der ver.di Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft und der Beklagten sowie weiteren Unternehmen abgeschlossener Manteltarifvertrag und ein Entgelttarifvertrag Anwendung. Der Entgelttarifvertrag sieht ab 1. Januar 2013 einen Stundenlohn von 9,00 Euro brutto vor. Der Manteltarifvertrag enthält keine Regelung zu Pausen bzw. deren Vergütung.

3

Der Kläger erhielt - ebenso wie eine Reihe anderer Mitarbeiter - bei Aufnahme seiner Beschäftigung ein „Willkommensschreiben“, in dem es ua. heißt:

        

„Pausen

        

Da in diesem Betrieb eine feste Pausenregelung schwierig ist, werden die Pausen nicht, wie normalerweise üblich, von der Arbeitszeit abgezogen. Zudem steht Mitarbeiter/innen gesetzlich erst ab einer Arbeitszeit von 6 Stunden eine Pause zu (siehe unten). Um ein wenig Kontrolle und auch Gerechtigkeit walten zu lassen, gilt folgende Regelung:

        

Mitarbeiter/innen, die in die Pause gehen, müssen sich bei der Ebenenleitung abmelden und nach der Pause wieder anmelden.

        

…       

        

(Arbeitszeitgesetz - § 4 Ruhepausen)

        

Die Arbeit ist durch Ruhepausen von mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden und 45 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden insgesamt zu unterbrechen. Die Ruhepausen können in Zeitabschnitte von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden.“

4

Vor Inkrafttreten der Tarifverträge existierte bei der Beklagten keine klare Pausenregelung. Pausen wurden häufig nicht angetreten oder Arbeitsleistungen während genommener Pausen erbracht. Die Beklagte plante weder Pausen im Dienstplan ein noch kontrollierte sie deren Inanspruchnahme. Die Beklagte vergütete die in Arbeitszeiterfassungsbögen ausgewiesene Anwesenheitszeit der Mitarbeiter vollständig, dh. auch die Arbeitspausen. Seit Inkrafttreten der Tarifverträge regelt die Beklagte die Pausenzeiten in Dienstplänen und vergütet diese nicht mehr.

5

Der Kläger fordert Vergütung für 1,5 Stunden im April 2013 genommene Pausen iHv. 13,50 Euro netto. Darüber hinaus begehrt er die Feststellung einer Pflicht der Beklagten zur Vergütung von Pausen. Der Kläger meint, Pausen seien mit dem jeweiligen Stundenlohn zu vergüten. Diese Pflicht ergebe sich aus dem Willkommensschreiben der Beklagten. Es sei eine betriebliche Übung entstanden. Die Tarifverträge hätten diesen Anspruch nicht verdrängt.

6

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 13,50 Euro netto nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Mai 2013 zu zahlen,

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, gemäß Dienstplan festgesetzte Ruhepausen mit dem jeweils aktuellen Stundenlohn des Klägers, derzeit 9,00 Euro netto, zu vergüten.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, das Willkommensschreiben enthalte keine Willenserklärung, sondern lediglich eine Zusammenfassung von Hinweisen und Informationen für neu eingestellte Mitarbeiter.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht stattgegeben. Die Klage ist sowohl im Zahlungs- als auch im Feststellungsantrag unbegründet.

10

I. Die Klageanträge sind zulässig. Der Zahlungsantrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger hat klargestellt, dass die Klage für den streitbefangenen Zeitraum als abschließende Gesamtklage zu verstehen ist (zu den Voraussetzungen einer ausnahmsweise zulässigen abschließenden Gesamtklage vgl. BAG 19. März 2014 - 7 AZR 480/12 - Rn. 11, 12). Der Feststellungsantrag ist als Zwischenfeststellungsklage iSv. § 256 Abs. 2 ZPO zulässig.

11

II. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung von Pausen, sofern diese dem Arbeitszeitrecht entsprechend gewährt werden. Damit steht ihm für April 2013 keine weitere Vergütung iHv. 13,50 Euro netto nebst Zinsen zu. Er kann diese Vergütung weder auf eine Gesamtzusage noch auf eine betriebliche Übung stützen. Weitere Anspruchsgrundlagen kommen nicht in Betracht.

12

1. Der Vergütungsanspruch folgt nicht aus einer Gesamtzusage.

13

a) Ohne Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht angenommen, bei den einzelnen Regelungen im Willkommensschreiben handele es sich - soweit diese über Gesetzeszitate hinausgehen - um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. §§ 305 ff. BGB. Das von der Beklagten vorformulierte Willkommensschreiben findet unstreitig auf eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen Anwendung.

14

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Dabei unterliegt die Auslegung der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht (BAG 25. März 2015 - 5 AZR 874/12 - Rn. 22).

15

b) Das Willkommensschreiben beinhaltet nicht lediglich Informationen für neue Mitarbeiter, die aus Sicht der Beklagten keinen rechtlich verbindlichen Charakter haben. Vielmehr gehen einzelne Regelungen über das Weisungsrecht der Beklagten hinaus, bedürfen somit einer vertraglichen Grundlage. Dies betrifft gerade und vor allem die Pausenregelung einschließlich der Vergütung tatsächlich genommener Pausen. Insofern liegt ein Angebot (= Antrag iSv. § 145 BGB) auf Zahlung von Lohn für Pausenzeiten vor, der ohne diese Regelung nicht geschuldet wäre(vgl. BAG 28. Januar 2015 - 5 AZR 536/13 - Rn. 17; 25. Februar 2015 - 5 AZR 886/12 - Rn. 21).

16

Die Verpflichtung zur Pausenvergütung hat die Beklagte vertraglich übernommen. Zwar enthält der Wortlaut des Willkommensschreibens nicht ausdrücklich ein Angebot auf Pausenvergütung. Doch formuliert die Regelung zu „Pausen“, dass diese nicht - wie normalerweise üblich - von der Arbeitszeit abgezogen werden. In diesem Kontext kann der Begriff der Arbeitszeit nur iSd. „vergütungspflichtigen Arbeitszeit“ verstanden werden. Nach dem Willkommensschreiben sollen Pausenzeiten entlohnt werden, weil sie wie „Arbeitszeit“ behandelt werden. Wird Pausenzeit nicht von der Arbeitszeit abgezogen, gehört sie nach dem erklärten Willen der Beklagten zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit. Die Empfänger des Willkommensschreibens konnten und durften dies dahingehend verstehen, dass die Beklagte durch Gesamtzusage ein Angebot auf Pausenvergütung als Abweichung von der grundsätzlich nicht bestehenden Vergütungspflicht unterbreitet hat.

17

c) Das in der Gesamtzusage liegende Angebot wird gemäß § 151 Satz 1 BGB angenommen und ergänzender Inhalt des Arbeitsvertrags(BAG 20. August 2014 - 10 AZR 453/13 - Rn. 14). Die Arbeitnehmer erwerben einen einzelvertraglichen Anspruch auf die zugesagten Leistungen, wenn sie die betreffenden Anspruchsvoraussetzungen erfüllen.

18

d) Die Beklagte hat die Pausenvergütung aber nicht uneingeschränkt zugesagt. Ihrer Gesamtzusage ist zu entnehmen, dass die Beklagte eine Pausenvergütung anbot, weil ihr eine feste Pausenregelung Schwierigkeiten bereitete. Damit brachte die Beklagte zum Ausdruck, dass Pausen lediglich vergütet werden, wenn und solange keine dem Arbeitszeitrecht entsprechende Pausenregelung etabliert ist. Ausgehend vom objektiven Empfängerhorizont gilt das Angebot nur, wenn und solange feste Pausenzeiten nicht geregelt werden. Doch seit Inkrafttreten der Tarifverträge zum 1. Januar 2013 regelt die Beklagte Pausen in den Dienstplänen. Für den streitgegenständlichen Zeitraum hat bereits eine „feste Pausenregelung“ iSd. Willkommensschreibens bestanden. Für diese Situation hat sich die Beklagte zu keiner Pausenvergütung verpflichtet.

19

2. Ein Zahlungsanspruch ergibt sich auch nicht aus betrieblicher Übung.

20

a) Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Entscheidend für die Entstehung eines Anspruchs ist nicht der Verpflichtungswille, sondern wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen musste und ob er auf einen Bindungswillen des Arbeitgebers schließen durfte (BAG 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 43). Ob eine betriebliche Übung zustande gekommen ist und welchen Inhalt sie hat, unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Überprüfung (BAG 31. Juli 2007 - 3 AZR 189/06 - Rn. 17).

21

b) Die Beklagte hat in der Frage der Pausenvergütung lediglich das im Willkommensschreiben angekündigte Verhalten praktiziert und damit keine über die Gesamtzusage hinausgehende betriebliche Übung begründet.

22

III. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Volk    

        

        

        

    Busch    

        

    Mandrossa    

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 13. August 2009 - 2 Sa 128/09 - aufgehoben.

2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 20. Januar 2009 - 21 Ca 392/08 - wird zurückgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Dauer der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

2

Die privat krankenversicherte Klägerin war vom 15. März 1979 bis zum 30. April 1981 in einem Krankenhaus in Hamburg und vom 1. März 1991 bis zum 30. April 1995 bei der Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales der Freien und Hansestadt Hamburg beschäftigt. Seit dem 15. Mai 1995 ist sie beim Beklagten bzw. dessen Rechtsvorgänger auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 22. Mai 1995 tätig.

3

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich aufgrund einzelvertraglicher Regelung nach dem Manteltarifvertrag für Beschäftigte der medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK-T) sowie den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen und sonstigen tariflichen Vereinbarungen.

4

Im MDK-T heißt es ua.:

        

„§ 14 Beschäftigungszeit

        

(1) Beschäftigungszeit ist die beim Arbeitgeber und seinen Rechtsvorgängern zurückgelegte Beschäftigungs- und Ausbildungszeit. Eine Beurlaubung gemäß §§ 30 und 37 gilt nicht als Beschäftigungszeit.

        

(2) Zeiten des Grundwehr- und Bundesgrenzschutzdienstes … werden, … als Beschäftigungszeit angerechnet. ...

        

(3) Bei Wiedereinstellung innerhalb von fünf Jahren nach der Entbindung wird die Beschäftigungszeit ... angerechnet. ...

        

(4) Andere Zeiten können auf Antrag angerechnet werden.

        

Protokollnotiz zu Abs. 4:

        

Die nach § 14 Abs. 4 MDK-T anerkannten Beschäftigungszeiten können hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf Leistungen nach § 22 und § 26 MDK-T beschränkt werden. Dies gilt nicht für bisher anerkannte Beschäftigungszeiten.

        

§ 22 Leistungen bei Arbeitsunfähigkeit

        

(1) Den Beschäftigten werden im Falle einer unverschuldeten Arbeitsunfähigkeit oder während der Dauer eines durch die Sozialversicherungsträger, einer sonstigen öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung genehmigten - bzw. bei nicht gesetzlich kranken- oder rentenversicherten Beschäftigten einer ärztlich verordneten - stationären Vorsorge - oder medizinischen Rehabilitationsmaßnahme die Bezüge bis zur Dauer von 6 Wochen weitergezahlt, bei einer Beschäftigungszeit zu Beginn des auslösenden Ereignisses

        

von mindestens 2 Jahren bis zur Dauer von 9 Wochen,

        

von mindestens 3 Jahren bis zur Dauer von 12 Wochen,

        

von mindestens 5 Jahren bis zur Dauer von 15 Wochen,

        

von mindestens 8 Jahren bis zur Dauer von 18 Wochen,

        

von mindestens 10 Jahren bis zur Dauer von 26 Wochen.

        

(2) Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis nach dem 30.06.1994 beginnt, werden die Bezüge gemäß Abs. 1 bis zur Dauer von 6 Wochen weitergezahlt. Einmalig in jedem Kalenderjahr besteht nach Ablauf von 6 Wochen für die Zeit des sich anschließenden Krankengeldbezuges Anspruch auf Krankengeldzuschuss, und zwar bei einer Beschäftigungszeit

        

zu Beginn des auslösenden Ereignisses

        

von mehr als einem Jahr längstens bis zum Ende der 13. Woche,

        

von mehr als drei Jahren längstens bis zum Ende der 26. Woche

        

seit dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit. ...

        

(3) ...

        

(4) ...“

5

Der Beklagte legte mit Schreiben vom 21. August 1996 den Beginn der Beschäftigungszeit auf den 1. Februar 1989 fest. Mit Schreiben vom 23. März 2000 teilte der Beklagte der Klägerin Folgendes mit:

        

„§ 22 MDK-T Leistungen bei Arbeitsunfähigkeit

        

Sehr geehrte Frau Dr. W,

        

in den letzten Monaten wurde dem Referat 13 häufiger die Frage gestellt, wie lange bei Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge besteht.

        

Wir teilen Ihnen hierzu mit, dass Ihnen unter Berücksichtigung Ihrer Beschäftigungszeit im Falle einer unverschuldeten Arbeitsunfähigkeit seit dem 01.12.99 die Bezüge bis zu einer Dauer von 26 Wochen weiter gezahlt werden.

        

Mit freundlichen Grüßen

        

…“    

6

Ein entsprechendes Schreiben des Beklagten ging allen dort beschäftigten privat krankenversicherten Ärzten zu.

7

Im Juni 2007 leistete der Beklagte anlässlich einer längeren Erkrankung der Klägerin Entgeltfortzahlung für lediglich sechs Wochen. Auf eine Beschwerde der Klägerin erklärte er sich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht bereit, einmalig das Entgelt für längstens 26 Wochen fortzuzahlen.

8

Die Klägerin hat geltend gemacht, der Beklagte sei tariflich zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bis zu einer Dauer von 26 Wochen verpflichtet. Mit den Schreiben vom 21. August 1996 und vom 23. März 2000 habe der Beklagte jedenfalls eine entsprechende Entgeltfortzahlung zugesagt.

9

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin im Falle einer unverschuldeten Arbeitsunfähigkeit Entgeltfortzahlung für die Dauer von 26 Wochen zu leisten.

10

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, „Beschäftigungszeit“ und „Beginn des Arbeitsverhältnisses“ seien nach dem Tarifvertrag zu unterscheiden. Eine übertarifliche Leistung habe er nicht zugesagt.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Beklagten ist begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Dauer von bis zu 26 Wochen.

13

I. Die Klägerin hat, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, keinen tariflichen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Dauer von bis zu 26 Wochen. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum Beklagten bzw. dessen Rechtsvorgänger begann erst am 15. Mai 1995, denn die vorherigen Arbeitgeber der Klägerin waren keine Rechtsvorgänger des Beklagten. Beschäftigten wie der Klägerin, deren Arbeitsverhältnis nach dem 30. Juni 1994 begonnen hat, werden Krankenbezüge gemäß § 22 Abs. 2 MDK-T lediglich bis zur Dauer von sechs Wochen weitergezahlt. Der Wortlaut dieser ausschließlich auf den Beginn des Arbeitsverhältnisses abstellenden Tarifnorm ist eindeutig. Die beim Arbeitgeber oder die bei einem anderen Arbeitgeber zurückgelegte und nach § 14 MDK-T angerechnete Beschäftigungszeit kann lediglich zu einer Verlängerung des Anspruchs auf den Zuschuss zum Krankengeld nach § 22 Abs. 2 MDK-T führen. Dies setzt einen Beginn des Arbeitsverhältnisses nach dem 30. Juni 1994 voraus. Ebenso wenig enthält die Protokollnotiz zu § 14 Abs. 4 MDK-T eine „Besitzstandsregelung“ in dem von der Klägerin vertretenen Sinne. Die Protokollnotiz betrifft lediglich bestimmte Rechtsfolgen einer entsprechenden Anerkennung, zB gerade die Dauer der Zahlung eines Krankengeldzuschusses, sie besagt jedoch nicht, dass die Anerkennung von Beschäftigungszeiten zu einer Vorverlegung des Beginns des Arbeitsverhältnisses führt.

14

II. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für bis zu 26 Wochen wegen der von dem Beklagten am 21. August 1996 berechneten Beschäftigungszeit. Diese Berechnung bezog sich ausschließlich auf die Anerkennung von Vordienstzeiten nach § 14 MDK-T.

15

III. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass die im Sommer 2007 erfolgte Zusage des Beklagten, einmalig Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall über die Dauer von mehr als sechs Wochen zu leisten, keinen Anspruch auf eine dauerhafte Gewährung entsprechender übertariflicher Leistungen begründete.

16

IV. Der Beklagte hat mit Schreiben vom 23. März 2000 keine Gesamtzusage über eine übertarifliche Leistung von Entgeltfortzahlung erteilt.

17

1. Eine Gesamtzusage ist die an alle Arbeitnehmer des Betriebs oder einen nach abstrakten Merkmalen bestimmten Teil von ihnen in allgemeiner Form gerichtete ausdrückliche Willenserklärung des Arbeitgebers, bestimmte Leistungen erbringen zu wollen. Eine ausdrückliche Annahme des in der Erklärung enthaltenen Antrags iSv. § 145 BGB wird dabei nicht erwartet. Ihrer bedarf es nicht. Das in der Zusage liegende Angebot wird gem. § 151 BGB angenommen und ergänzender Inhalt des Arbeitsvertrags. Die Arbeitnehmer erwerben einen einzelvertraglichen Anspruch auf die zugesagten Leistungen, wenn sie die betreffenden Anspruchsvoraussetzungen erfüllen (BAG 23. September 2009 - 5 AZR 628/08 - Rn. 22 mwN, AP BGB § 157 Nr. 36 = EzA BGB 2002 § 151 Nr. 1).

18

Trotz fehlenden Erklärungsbewusstseins liegt eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung vor, wenn der Erklärende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, dass seine Äußerung nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte als Willenserklärung aufgefasst werden durfte, und wenn der Empfänger sie auch tatsächlich so verstanden hat (vgl. nur BGH 2. November 1989 - IX ZR 197/88 - mwN, BGHZ 109, 171, 177). Dies gilt auch, wenn die Willenserklärung als Gesamtzusage abgegeben wird. Deren Auslegung ist voll revisibel (vgl. BAG 23. September 2009 - 5 AZR 628/08 - Rn. 22 mwN, AP BGB § 157 Nr. 36 = EzA BGB 2002 § 151 Nr. 1).

19

2. Das an das ärztliche Personal gerichtete Schreiben des Beklagten vom 23. März 2000 stellte keine Willenserklärung in Form einer Gesamtzusage dar, mit der übertarifliche Ansprüche begründet wurden. Es enthält lediglich eine falsche Rechtsauskunft. Diese war durch Fragen nach „bestehenden“ Ansprüchen auf Fortzahlung der Bezüge bei Arbeitsunfähigkeit veranlasst. Bereits die Überschrift des Schreibens („§ 22 MDK-T“) und die Schilderung des Anlasses verdeutlichen, dass der Beklagte lediglich die bestehende Rechtslage erläutern wollte. Der bloße Erläuterungscharakter ergibt sich im Weiteren aus dem vom Beklagten verwendeten Begriff „mitteilen“. Es gab für die Klägerin und ihre gleichfalls angesprochenen ärztlichen Kollegen keinen Grund zu der Annahme, der Beklagte, vertreten durch einen Mitarbeiter des Referats Personalwesen, wolle die Rechtslage dahingehend gestaltend ändern, dass er über die tarifvertraglich begründete Verpflichtung hinaus Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bis zu 26 Wochen Dauer gewähre. Die Klägerin hat dies auch nicht angenommen, sondern das Schreiben als Auskunft aufgefasst. Denn sie selbst stützt ihren Anspruch auf § 22 Abs. 1 MDK-T. Kündigt ein Arbeitgeber aber einen bestimmten tariflichen Normvollzug an, den der Arbeitnehmer selbst für zutreffend hält, geht der Arbeitnehmer nicht davon aus, dass der Arbeitgeber mit der Ankündigung zugleich eine übertarifliche Leistung zusagen wolle.

20

V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Feldmeier    

        

    Mandrossa    

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 24. Mai 2016 - 3 Sa 712/15 - wird zurückgewiesen.

2. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 24. Mai 2016 - 3 Sa 712/15 -, unter Zurückweisung der Revision im Übrigen, teilweise aufgehoben und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Auf die Berufung der Klägerin wird - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen - das Anerkenntnisteil- und Schlussurteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 4. November 2015 - 11 Ca 2588/15 - wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 21,60 Euro brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Januar 2015 zu zahlen.

3. Von den Kosten der Revision haben die Klägerin 58 % und die Beklagte 42 % zu tragen. Im Übrigen verbleibt es bei der Kostenentscheidung des Landesarbeitsgerichts.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Erfüllung des entsenderechtlichen Mindestlohnanspruchs.

2

Die Klägerin war bis Ende 2014 bei der Beklagten, die einen Schlacht- und Verarbeitungsbetrieb für Geflügel betreibt, als Produktionsarbeiterin in Schichtarbeit beschäftigt.

3

Die Beklagte wandte zunächst auf das Arbeitsverhältnis mit der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt geschlossene Tarifverträge an. Der Manteltarifvertrag (MTV) sah eine Treueprämie für kontinuierlichen Arbeitseinsatz vor und verwies für deren Höhe auf § 8 Lohn- und Gehaltstarifvertrag (LTV). Nach diesem betrug die Treueprämie in der für die Klägerin einschlägigen Lohngruppe ab dem 1. Januar 2007 0,65 Euro/Stunde. Nach Kündigung der Tarifverträge vergütete die Beklagte die Beschäftigten ab Mai 2009 nach einer mit dem Betriebsrat abgestimmten „Betrieblichen Entgeltregelung“, nach der die Stundenlöhne erhöht wurden, die Treueprämie indes bis März 2010 lediglich noch 0,25 Euro/Stunde und anschließend 0,50 Euro/Stunde betragen sollte. Ab Dezember 2010 wandte die Beklagte eine von ihr formulierte „Betriebliche Mantelregelung“ (BM) an, wonach im Schichtbetrieb beschäftigte Arbeitnehmer je gearbeitete Stunde eine Schichtzulage von 0,10 Euro brutto erhalten und bei Krankheit Entgeltfortzahlung auf Basis des Grundlohns gezahlt werden soll. Des Weiteren regelt sie zur Treueprämie - entsprechend dem Wortlaut des MTV - Folgendes:

        

㤠4

        

Überstunden (Mehrarbeit, Nachtarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit) sowie Zuschläge, Zulagen

        

…       

        

3.5     

Treueprämie

                 

Für einen kontinuierlichen Arbeitseinsatz ohne Fehlzeiten über die gesamte Dauer eines Monats erhält der Arbeitnehmer eine Treueprämie. Die Höhe ist im § 8 Lohn- und Gehaltstarifvertrag geregelt. Im Falle unentschuldigten Fehlens innerhalb des Monatszeitraums erlischt der Anspruch auf Treueprämie für diesen gesamten Monat.“

4

Das Arbeitsverhältnis der Parteien unterliegt der nach § 7 AEntG erlassenen, am 1. August 2014 in Kraft getretenen Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen in der Fleischwirtschaft, die bestimmt, dass die Rechtsnormen des Tarifvertrags zur Regelung der Mindestbedingungen für Arbeitnehmer in der Fleischwirtschaft der Bundesrepublik Deutschland (TV Mindestbedingungen) vom 13. Januar 2014 auf alle nicht an ihn gebundenen Arbeitgeber sowie Arbeitnehmer, die unter seinen Geltungsbereich fallen, Anwendung finden. Der TV Mindestbedingungen lautet auszugsweise:

        

㤠2

        

Mindestlöhne

        

1.    

Das Mindestentgelt ist Entgelt im Sinne des § 5 Absatz 1 Nummer 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes. Höhere Entgeltansprüche aufgrund anderer Tarifverträge, betrieblicher oder einzelvertraglicher Vereinbarungen bleiben unberührt.

        

2.    

Die Mindestlöhne je Stunde betragen bundeseinheitlich je Stunde

                 

ab 1. Juli 2014

7,75 Euro,

                 

ab 1. Dezember 2014

8,00 Euro,

                 

…       

        
        

3.    

Der Anspruch auf das Mindestentgelt wird spätestens zum 15. des Monats fällig, der auf den Monat folgt, für den das Mindestentgelt zu zahlen ist.“

5

Die Beklagte zahlte der Klägerin für geleistete Arbeit von August bis November 2014 einen Bruttostundenlohn von 7,15 Euro, eine Treueprämie von 0,50 Euro brutto und eine Schichtzulage von 0,10 Euro brutto. Feiertage vergütete sie mit 7,15 Euro brutto/Stunde, Urlaubstage mit 62,00 Euro brutto. Im Dezember 2014 erhielt die Klägerin für geleistete Arbeit einen Bruttostundenlohn von 7,40 Euro, Treueprämie und Schichtzulage blieben gleich. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall leistete sie iHv. 53,20 Euro brutto arbeitstäglich.

6

Die Klägerin hat für die Monate August bis Dezember 2014 Differenzvergütung verlangt. Die Beklagte habe den Anspruch auf den Mindestlohn nicht vollständig erfüllt. Treueprämie und Schichtzulage seien nicht mindestlohnwirksam. Außerdem betrage die Treueprämie nach der Betrieblichen Mantelregelung 0,65 Euro brutto/Stunde. Dementsprechend stehe ihr höhere Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und weiteres Urlaubsentgelt zu.

7

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie

        

1.    

für August 2014 weitere 123,24 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16. September 2014,

        

2.    

für September 2014 weitere 125,70 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16. Oktober 2014,

        

3.    

für Oktober 2014 weitere 142,35 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16. November 2014,

        

4.    

für November 2014 weitere 124,80 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16. Dezember 2014,

        

5.    

für Dezember 2014 weitere 342,44 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16. Januar 2015

                 

zu zahlen.

8

Die Beklagte hat die Ansprüche auf weitere Feiertagsvergütung und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall in einer Gesamthöhe von 208,80 Euro brutto anerkannt und im Übrigen Klageabweisung beantragt.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage gemäß dem Anerkenntnis der Beklagten sowie hinsichtlich einer Differenz zum Mindestlohn, die sich bei Nichtberücksichtigung der Treueprämie ergibt, stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung beider Parteien hat das Landesarbeitsgericht - ausgehend davon, die Treueprämie sei mindestlohnwirksam, betrage aber 0,65 Euro brutto/Stunde - die Beklagte zur Zahlung von insgesamt 343,15 Euro brutto verurteilt und die Berufungen im Übrigen zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht für beide Parteien zugelassenen Revision hält die Klägerin an ihren weiter gehenden Anträgen fest, während die Beklagte die Zurückweisung der Berufung der Klägerin gegen das erstinstanzliche Urteil begehrt.

Entscheidungsgründe

10

A. Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass die Höhe der Treueprämie im Streitzeitraum 0,65 Euro brutto/Stunde betragen hat.

11

I. Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass die Klägerin dem Grunde nach Anspruch auf eine Treueprämie hat. Die Höhe der Treueprämie ergibt sich aus § 4 Nr. 3.5 BM iVm. § 8 Nr. 1 LTV.

12

1. Die Betriebliche Mantelregelung enthält eine Gesamtzusage, mit der die Beklagte den Beschäftigten eine Erhöhung der Treueprämie versprochen hat.

13

a) Eine Gesamtzusage ist die an alle Arbeitnehmer des Betriebs oder einen nach abstrakten Merkmalen bestimmten Teil von ihnen in allgemeiner Form gerichtete ausdrückliche Willenserklärung des Arbeitgebers, bestimmte Leistungen erbringen zu wollen. Eine ausdrückliche Annahme des in der Erklärung enthaltenen Antrags iSv. § 145 BGB wird dabei nicht erwartet und es bedarf ihrer auch nicht. Das in der Zusage liegende Angebot wird gemäß § 151 Satz 1 BGB angenommen und ergänzender Inhalt des Arbeitsvertrags. Die Arbeitnehmer erwerben einen einzelvertraglichen Anspruch auf die zugesagten Leistungen, wenn sie die betreffenden Anspruchsvoraussetzungen erfüllen (BAG 8. Dezember 2010 - 5 AZR 697/09 - Rn. 17; 19. August 2015 - 5 AZR 450/14 - Rn. 17). Dabei wird die Gesamtzusage bereits dann wirksam, wenn sie gegenüber den Arbeitnehmern in einer Form verlautbart wird, die den einzelnen Arbeitnehmer typischerweise in die Lage versetzt, von der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Auf dessen konkrete Kenntnis kommt es nicht an (BAG 20. August 2014 - 10 AZR 453/13 - Rn. 14).

14

b) Mit der Bekanntmachung der Betrieblichen Mantelregelung hat die Beklagte den Beschäftigten ua. die Zahlung einer Treueprämie zu den dort genannten Voraussetzungen und in der im - gekündigten - LTV vorgesehenen Höhe von 0,65 Euro brutto/Stunde angeboten.

15

aa) Nach den mit der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 559 Abs. 2 ZPO) handelt es sich bei den Klauseln der Betrieblichen Mantelregelung um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Für die Auslegung von § 4 Nr. 3.5 BM kommt es deshalb darauf an, wie die Klausel - ausgehend vom Wortlaut - nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden wird, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Dabei unterliegt die Auslegung der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht (st. Rspr., vgl. zB BAG 18. November 2015 - 5 AZR 814/14 - Rn. 46).

16

bb) Danach beläuft sich die Treueprämie auf 0,65 Euro brutto/Stunde.

17

(1) Bereits der Wortlaut der Klausel spricht für eine Treueprämie in der vormals von § 8 LTV vorgesehenen Höhe.

18

§ 4 Nr. 3.5 BM bestimmt die Höhe der Treueprämie nicht selbst, sondern hält fest, dass diese in § 8 LTV „geregelt ist“. Eine solche Verweisung zwingt aus Sicht eines durchschnittlichen Arbeitnehmers der Beklagten zu dem Verständnis, die Treueprämie solle - nach Absenkung der Höhe durch die Betriebliche Entgeltregelung - wieder auf das vormalige Niveau angehoben werden. Anderenfalls hätte ein verständiger Arbeitgeber die Klausel anders formuliert, etwa dahingehend, dass sich die Höhe der Treueprämie aus der Betrieblichen Entgeltregelung ergeben solle.

19

(2) Dass es sich - wie die Beklagte geltend macht - bei der Verweisung auf § 8 LTV um ein „Redaktionsversehen“ handeln soll, entzieht sich der Verständnismöglichkeit des Durchschnittsarbeitnehmers. Zu einer solchen Annahme zwingt auch die Fortzahlung der Treueprämie in unveränderter Höhe nicht. Denn die tatsächliche Handhabung der Klausel durch den Verwender ist wegen des objektiven Maßstabs für deren Auslegung ohne Belang.

20

cc) Angesichts der Eindeutigkeit der Regelung ist für die Anwendung des § 305c Abs. 2 BGB kein Raum. Die Unklarheitenregelung setzt voraus, dass die Auslegung einer Allgemeinen Geschäftsbedingung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen (BAG 26. Oktober 2016 - 5 AZR 168/16 - Rn. 26 mwN). Solche bestehen nicht.

21

2. Die für den Streitzeitraum geschuldete weitere Treueprämie hat das Landesarbeitsgericht zutreffend berechnet. Insoweit hat die Revision keine Angriffe erhoben.

22

3. Der Differenzanspruch der Klägerin ist nicht verwirkt.

23

a) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung und soll dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit dienen. Sie hat nicht den Zweck, Schuldner, denen gegenüber Gläubiger ihre Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen (Zeitmoment). Es müssen vielmehr besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen (BAG 24. August 2016 - 5 AZR 129/16 - Rn. 60).

24

b) Eine Verwirkung scheidet aus, weil von der Beklagten bereits keine Umstände vorgebracht wurden, die die Annahme rechtfertigten, der Beklagten sei es aufgrund eigener Dispositionen „unzumutbar“ geworden, die Ansprüche der Klägerin zu erfüllen, oder es sei ihr aufgrund sonstiger Umstände unzumutbar, sich auf die Klage einzulassen (vgl. BAG 21. Dezember 2016 - 5 AZR 362/16 - Rn. 18 mwN).

25

II. Der Anspruch der Klägerin auf eine Treueprämie iHv. 0,65 Euro brutto/Stunde wirkt sich erhöhend bei der Berechnung der Feiertagsvergütung und des Urlaubsentgelts aus.

26

1. Nach § 2 Abs. 1 EFZG hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für die Arbeitszeit, die infolge eines gesetzlichen Feiertags ausfällt, das Arbeitsentgelt zu zahlen, das er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte. Das Landesarbeitsgericht hat deshalb zutreffend für die in den Streitzeitraum fallenden gesetzlichen Feiertage in die Entgeltfortzahlung neben Grundlohn und Schichtzulage eine Treueprämie iHv. 0,65 Euro brutto/Stunde einbezogen.

27

2. Die erhöhte Treueprämie ist auch bei Berechnung des Urlaubsentgelts zu berücksichtigen. Zu dem nach § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG maßgeblichen durchschnittlichen Arbeitsverdienst gehört die nach § 4 Nr. 3.5 BM iVm. § 8 LTV iHv. 0,65 Euro brutto/Stunde geschuldete Treueprämie.

28

III. Der Anspruch auf Verzugszinsen folgt aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Den jeweiligen Beginn der Verzinsung hat das Landesarbeitsgericht unter Berücksichtigung von § 193 BGB zutreffend festgelegt.

29

B. Die Revision der Klägerin ist nur insoweit begründet, als sie Anspruch auf weitere Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall iHv. 21,60 Euro brutto nebst Zinsen hat. Dagegen ist der Anspruch auf den Mindestlohn vollständig erfüllt.

30

I. Die Klägerin hat Anspruch auf weitere Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall iHv. 21,60 Euro brutto. Dies folgt aus § 3 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 1 EFZG. Eine abweichende Bemessungsgrundlage nach § 4 Abs. 4 Satz 1 oder Satz 2 EFZG besteht nicht.

31

1. Dem Arbeitnehmer ist bei Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit das ihm bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit zustehende Arbeitsentgelt fortzuzahlen (§ 4 Abs. 1 EFZG).

32

Das Arbeitsentgelt der Klägerin umfasste im streitgegenständlichen Zeitraum neben dem Grundlohn und der Schichtzulage eine Treueprämie iHv. 0,65 Euro brutto/Stunde (vgl. oben Rn. 11 ff.).

33

2. Zwar kann durch Tarifvertrag eine andere Bemessungsgrundlage festgelegt (§ 4 Abs. 4 Satz 1 EFZG) bzw. im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitsvertragsparteien die Geltung der tariflichen Regelung vereinbart werden (§ 4 Abs. 4 Satz 2 EFZG).

34

Doch besteht eine solche abweichende Bemessungsgrundlage nicht. Die Beklagte hat im Streitzeitraum nicht mehr den gekündigten MTV, sondern die Betriebliche Mantelregelung angewandt. Deren Bestimmungen zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall konnten eine abweichende Bemessungsgrundlage iSd. § 4 Abs. 4 EFZG nicht schaffen.

35

3. Daher hat die Klägerin Anspruch auf weitere Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall iHv. 0,15 Euro brutto/Stunde. Diese beträgt für unstreitig insgesamt 144 Stunden Arbeitsunfähigkeit im Dezember 2014 21,60 Euro brutto.

36

4. Der Anspruch auf Verzugszinsen ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

37

II. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Der Anspruch der Klägerin auf den Mindestlohn nach § 2 Nr. 2 TV Mindestbedingungen ist durch Erfüllung erloschen(§ 362 Abs. 1 BGB). Schichtzulage und Treueprämie sind mindestlohnwirksam.

38

1. Ob und in welchem Umfang der Mindestlohnanspruch neben der Grundvergütung durch weitere Leistungen erfüllt wird, bestimmt sich danach, ob die vom Arbeitgeber erbrachten (Zusatz-)Leistungen die Normzwecke der Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen in der Fleischwirtschaft und des TV Mindestbedingungen sichern (zur PflegeArbbV BAG 18. November 2015 - 5 AZR 761/13 - Rn. 21 ff., BAGE 153, 248; zur AbfallArbbV BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn. 37 ff., BAGE 148, 68). Entsprechend der Zielsetzung in § 1 AEntG sollen angemessene Mindestarbeitsbedingungen in Form von Mindestentgeltsätzen für geleistete Arbeit gemäß § 5 Satz 1 Nr. 1 AEntG(§ 2 Nr. 1 TV Mindestbedingungen) geschaffen und durchgesetzt sowie faire und funktionierende Wettbewerbsbedingungen gewährleistet werden.

39

2. Gemessen daran sind die von der Beklagten im Streitzeitraum geleistete Treueprämie und Schichtzulage mindestlohnwirksam. Die Beklagte hat diese vorbehaltlos neben der Grundvergütung als Teil der Vergütung für tatsächlich geleistete Arbeit gezahlt. Die Treueprämie und die Schichtzulage in der von der Beklagten gewährten Weise erfüllen damit als im Synallagma stehende Geldleistungen die Zwecke der Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen in der Fleischwirtschaft und des TV Mindestbedingungen, die ihrerseits die Anrechnung von Prämien und Zulagen auf den Mindestlohn nicht ausschließen (zur PflegeArbbV BAG 18. November 2015 - 5 AZR 761/13 - Rn. 26, BAGE 153, 248).

40

3. Des Weiteren hat die Beklagte den Anspruch der Klägerin auf Urlaubsentgelt vollständig erfüllt. Sie hat gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG die der Klägerin gewährten Urlaubstage mit 62,00 Euro brutto urlaubstäglich vergütet. Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt eine Addition von Mindestlohn, Treueprämie und Schichtzulage zur Berechnung des Durchschnittsverdiensts der letzten dreizehn Wochen vor Urlaubsbeginn nicht in Betracht. Treueprämie und Schichtzulage sind nicht neben dem Mindestlohn zu zahlen, sondern erfüllen den Anspruch auf diesen.

41

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

    Volk    

        

        

        

    Die ehrenamtliche Richterin Reinders
ist an der Unterschriftsleistung verhindert.
Biebl    

        

    Hepper    

                 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 7. März 2013 - 11 Sa 1640/12 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Zuschuss zum Krankengeld für die Monate Januar bis April 2012.

2

Die 1959 geborene Klägerin stand aufgrund Arbeitsvertrags vom 13. Juni 1990 seit dem 1. Juli 1990 in einem Arbeitsverhältnis zur m GmbH. In der Folgezeit kam es zu mehreren Betriebsübergängen. Zuletzt ging das Arbeitsverhältnis zum 1. November 2009 von der E GmbH auf die Beklagte über. Dort ist die Klägerin als Softwareentwicklerin zu einer Bruttomonatsvergütung von 4.220,01 Euro beschäftigt.

3

Anlässlich des Betriebsübergangs erhielt die Klägerin von der Beklagten ein Informationsschreiben vom 23. September 2009. Dort heißt es ua.:

        

1. Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses, …

        

Ihr Arbeitsverhältnis geht nach derzeitiger Planung zum Stichtag 1. November 2009 - vorbehaltlich der nachfolgenden Bestimmungen - unverändert auf die H-P GmbH über, die ab diesem Zeitpunkt Ihr neuer Arbeitgeber wird. Die H-P GmbH tritt dabei kraft Gesetzes in alle zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten Ihres Arbeitsverhältnisses ein (§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB).

        

…       

        

15. Geplante Maßnahmen

        

a) HP Standardarbeitsvertrag

        

Ob HP Ihnen, unabhängig von der gesetzlichen Rechtsfolge des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB, ein Arbeitsvertragsangebot zu den HP Standardkonditionen zukommen lassen wird, ist heute noch nicht absehbar. Im Hinblick auf den Inhalt eines etwaigen Arbeitsvertragsangebotes sowie die bei HP bestehenden Arbeitsbedingungen und Sozialleistungen werden Sie zu gegebener Zeit zu einer Informationsveranstaltung eingeladen. Die Annahme oder Nichtannahme eines HP Standardarbeitsvertrages hat keine Auswirkungen auf den Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses auf die H-P GmbH und den Bestand Ihres Arbeitsverhältnisses.“

4

Bei der Beklagten besteht eine sogenannte Krankheitspolicy. Zum Zeitpunkt des Eintritts der Klägerin war diese ua. mit folgendem Wortlaut im Intranet für die Beschäftigten veröffentlicht:

        

Krankheitspolicy

        

Organisation: HR - Rewards

        

Gültigkeitsdatum: 01-Mai-1984

        

…       

        

Inhalt

        

Krankheitspolicy der H-P GmbH

        

Philosophy

        

Verfahren bei langfristiger Erkrankung eines Mitarbeiters.

        

Scope 

        

Mitarbeiter auf der deutschen Payroll mit HP Standard Terms & Conditions

        

Policy

        

Krankheitspolicy der H-P GmbH

        

Aufgrund der Neufassung des Pensionsplans zum 01. November 1975, werden wir in Zukunft im Falle von länger andauernder Krankheit eines Mitarbeiters nach folgenden Grundsätzen verfahren:

        

1. Jedem Mitarbeiter wird im Falle länger andauernder Krankheit im Anschluss an die gesetzliche Gehaltsfortzahlung ein Firmenzuschuss zum Krankengeld in Höhe des Differenzbetrages zwischen Krankengeld und seinem Nettogrundgehalt gewährt, falls er zu Beginn des Krankheitsfalles 1 Jahr bei der Firma beschäftigt ist.

        

2. Der Krankenzuschuss wird in der Regel solange gewährt, wie der Mitarbeiter Krankengeld aus der gesetzlichen Krankenversicherung bezieht.“

5

Nach Ziff. 5 des Arbeitsvertrags vom 13. Juni 1990 steht der Klägerin im Fall der Dienstverhinderung aufgrund unverschuldeter Umstände Entgeltfortzahlung für den Monat, in dem die Verhinderung beginnt, und für weitere drei Monate zu.

6

Die Klägerin war seit dem 26. September 2011 zumindest bis Ende April 2012 arbeitsunfähig erkrankt. Bis zum 31. Dezember 2011 leistete die Beklagte nach den Bestimmungen des Arbeitsvertrags vom 13. Juni 1990 Entgeltfortzahlung. Ab dem 1. Januar 2012 bezog die Klägerin Krankengeld in Höhe von monatlich 1.985,10 Euro netto. Einen Zuschuss zum Krankengeld leistete die Beklagte nicht.

7

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stehe ein Krankengeldzuschuss in Höhe der Differenz zwischen dem ihr gewährten Krankengeld und der Nettomonatsvergütung zu. Monatlich ergebe dies einen Betrag von 569,20 Euro. Bei der Krankheitspolicy handle es sich um eine Gesamtzusage, die auch ihr gegenüber bekannt gemacht worden sei. Diese gelte für alle Mitarbeiter, unabhängig davon, ob diese aufgrund eines Betriebsübergangs zur Beklagten gelangt seien. Die unter der Überschrift „Scope“ enthaltene Einschränkung sei in der ursprünglichen Krankheitspolicy vom 15. September 1975 nicht enthalten gewesen. Eine solche Einschränkung würde im Übrigen einer AGB-Kontrolle nicht standhalten.

8

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.276,80 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. Mai 2012 zu zahlen.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Bei der Krankheitspolicy handle es sich um eine Gesamtzusage an alle Mitarbeiter mit einem „HP-Standardarbeitsvertrag“. Nur diese Version der Krankheitspolicy von 1984 sei im Intranet bekannt gemacht worden. Die Klägerin verfüge nicht über einen solchen Vertrag, sondern ihr Arbeitsvertrag von 1990 bestehe zu den ursprünglichen Bedingungen fort.

10

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit noch relevant - stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht sie abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Sie hat für die Monate Januar bis April 2012 keinen Anspruch auf einen Zuschuss zum Krankengeld.

12

I. Auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin findet die Krankheitspolicy vom 1. November 1975/10. Mai 1984 keine Anwendung. Die Klägerin fällt nicht in ihren Geltungsbereich. Die Beschränkung des Geltungsbereichs auf Beschäftigte mit einem sog. HP-Standardarbeitsvertrag hält einer Kontrolle am Maßstab der §§ 305 ff. BGB stand.

13

1. Bei der Krankheitspolicy handelt es sich um eine an die Mitarbeiter der Beklagten gerichtete Gesamtzusage.

14

a) Eine Gesamtzusage ist die an alle Arbeitnehmer des Betriebs oder einen nach abstrakten Merkmalen bestimmten Teil von ihnen in allgemeiner Form gerichtete ausdrückliche Erklärung des Arbeitgebers, bestimmte Leistungen erbringen zu wollen. Eine ausdrückliche Annahme des in der Erklärung enthaltenen Antrags iSv. § 145 BGB wird dabei nicht erwartet. Ihrer bedarf es nicht. Das in der Zusage liegende Angebot wird gemäß § 151 BGB angenommen und ergänzender Inhalt des Arbeitsvertrags. Gesamtzusagen werden bereits dann wirksam, wenn sie gegenüber den Arbeitnehmern in einer Form verlautbart werden, die den einzelnen Arbeitnehmer typischerweise in die Lage versetzt, von der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Auf dessen konkrete Kenntnis kommt es nicht an. Die Arbeitnehmer erwerben einen einzelvertraglichen Anspruch auf die zugesagten Leistungen, wenn sie die betreffenden Anspruchsvoraussetzungen erfüllen (BAG 13. November 2013 - 10 AZR 848/12 - Rn. 16). Von der seitens der Arbeitnehmer angenommenen, vorbehaltlosen Zusage kann sich der Arbeitgeber individualrechtlich nur durch Änderungsvertrag oder wirksame Änderungskündigung lösen (BAG 11. Dezember 2007 - 1 AZR 869/06 - Rn. 13).

15

Eine Gesamtzusage ist typischerweise nicht auf die im Zeitpunkt ihrer erstmaligen Erklärung beschäftigten Arbeitnehmer beschränkt. Sie wird regelmäßig auch gegenüber nachträglich in den Betrieb eintretenden Mitarbeitern abgegeben und diesen bekannt. Auch sie können deshalb das in ihr liegende Vertragsangebot gemäß § 151 BGB annehmen. Gemäß § 151 Satz 2 BGB bestimmt sich der Zeitpunkt, in welchem der Antrag erlischt, nach dem aus dem Antrag oder den Umständen zu entnehmenden Willen des Antragenden. Geht es nicht um eine einmalige Leistung an bestimmte Arbeitnehmer, sondern erklärt sich der Arbeitgeber zu einer Regelung im Sinne einer auf Dauer angelegten Handhabung bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen bereit, spricht das für die Fortgeltung des Antrags bis zu einer gegenteiligen Erklärung. Wegen der Verpflichtung des Arbeitgebers gegenüber jedem Arbeitnehmer, der die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt, ist auf die Erteilung der Gesamtzusage und nicht auf den Beginn des einzelnen Arbeitsverhältnisses abzustellen. Die Zusage hat für alle Arbeitnehmer den gleichen Inhalt und die gleiche Bedeutung, sofern es nicht zwischenzeitlich zu einer Veränderung des Inhalts der Zusage durch den Arbeitgeber gekommen oder diese für die Zukunft aufgehoben worden ist (BAG 23. September 2009 - 5 AZR 628/08 - Rn. 22 f., 28).

16

b) Um eine solche Gesamtzusage handelt es sich hier.

17

aa) Durch eine einseitige Erklärung der Beklagten wird bestimmt, unter welchen Voraussetzungen Mitarbeiter einen Krankengeldzuschuss bei lang andauernder Erkrankung erhalten. Diese Zusage ist im Unternehmen der Beklagten - zum Zeitpunkt des Eintritts der Klägerin im Jahre 2009 im Intranet - veröffentlicht worden, so dass die Mitarbeiter hiervon Kenntnis erhalten konnten.

18

bb) Maßgeblich für die Klägerin ist dabei die Gesamtzusage der Beklagten mit dem Inhalt, den sie zum Zeitpunkt des Eintritts der Klägerin zum 1. November 2009 hatte. Nach den vom Landesarbeitsgericht getroffenen tatbestandlichen Feststellungen (vgl. zur Rechtswirkung von Feststellungen in den Entscheidungsgründen: BAG 18. September 2003 - 2 AZR 498/02 - zu B I 1 der Gründe) war die Krankheitspolicy zunächst an alle Mitarbeiter der Beklagten gerichtet. Noch vor der Begründung der Rechtsbeziehungen der Parteien wurde die Zusage aber dahin gehend beschränkt, dass nur noch Mitarbeiter mit HP-Standardarbeitsvertrag von der Zusage erfasst sein sollten. An diese von der Klägerin nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen ist der Senat gebunden. Eine solche Beschränkung des Inhalts der Zusage ist gegenüber neu eintretenden Beschäftigten auch wirksam (BAG 23. September 2009 - 5 AZR 628/08 - Rn. 23, 28).

19

2. Die Klägerin fällt nicht unter den Geltungsbereich der Krankheitspolicy in der am 1. November 2009 maßgeblichen Fassung. Die Beschränkung des Geltungsbereichs auf „Mitarbeiter auf der deutschen Payroll mit HP Standard Terms & Conditions“ ist wirksam.

20

a) Bei einer Gesamtzusage handelt es sich um ein an eine Vielzahl von Arbeitnehmern gerichtetes Vertragsangebot iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB und damit um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. §§ 305 ff. BGB (BAG 13. November 2013 - 10 AZR 848/12 - Rn. 18).

21

b) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Beschränkung des Geltungsbereichs („Scope“) Vertragsbestandteil geworden. Es handelt sich nicht um eine überraschende Klausel iSd. § 305c Abs. 1 BGB.

22

aa) Nach § 305c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht Vertragsbestandteil, wenn sie nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht. Überraschenden Klauseln muss ein „Überrumpelungseffekt“ innewohnen. Zwischen den durch die Umstände bei Vertragsschluss begründeten Erwartungen und dem tatsächlichen Vertragsinhalt muss ein deutlicher Widerspruch bestehen. Da sich das Überraschungsmoment auch aus dem Erscheinungsbild des Vertrags ergeben kann, ist es möglich, dass auch das Unterbringen einer Klausel an einer unerwarteten Stelle im Text sie deswegen als Überraschungsklausel erscheinen lässt. Das Überraschungsmoment ist umso eher zu bejahen, je belastender die Bestimmung ist. Im Einzelfall muss der Verwender darauf besonders hinweisen oder die Klausel drucktechnisch hervorheben (BAG 17. Oktober 2012 - 10 AZR 620/11 - Rn. 27 mwN).

23

bb) Nach diesen Grundsätzen ist die Bestimmung des Geltungsbereichs der Gesamtzusage unter der Überschrift „Scope“ weder inhaltlich noch nach der äußeren Vertragsgestaltung überraschend. In der Veröffentlichung im Intranet ist - auch anzeige- bzw. drucktechnisch deutlich hervorgehoben - dargestellt, auf welche Mitarbeiter sich die im Folgenden wiedergegebene Policy beziehen soll. Auch der Sache nach ist es nicht ungewöhnlich, dem Inhalt einer Regelung ihren Geltungsbereich voranzustellen. Vielmehr handelt es sich um eine auch in Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen übliche Regelungstechnik. Es ist unbedenklich, dies bei einer kollektiv an alle Mitarbeiter gerichteten Zusage ebenso zu handhaben, ein „Überrumpelungseffekt“ ist darin nicht zu erkennen. Etwas anderes ergibt sich jedenfalls in einem IT-Unternehmen, in dem üblicherweise eine Vielzahl englischer Begrifflichkeiten verwendet wird, auch nicht aus der Verwendung englischer Begriffe, wie zB „Scope“.

24

c) Die Klägerin ist keine Mitarbeiterin mit „HP Standard Terms & Conditions“ iSd. Krankheitspolicy. Dies ergibt eine Auslegung der Regelung.

25

aa) Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (st. Rspr., zB BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 15, BAGE 136, 294). Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (st. Rspr., zB BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 19, BAGE 139, 156). Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gemäß § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB setzt allerdings voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (st. Rspr., zB BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 29 f.).

26

bb) Das Landesarbeitsgericht ist danach zutreffend davon ausgegangen, dass unter der Überschrift „Scope“ der Anwendungsbereich der Krankheitspolicy auf Mitarbeiter mit HP-Standardarbeitsvertrag beschränkt wird.

27

Das in der Veröffentlichung der Krankheitspolicy verwendete Wort „Scope“ bedeutet allgemein „Umfang, Bereich, Gebiet“ und in seiner rechtlichen Bedeutung „Anwendungsbereich, Geltungsbereich“ (Dietl/Lorenz Wörterbuch für Recht, Wirtschaft und Politik Englisch-Deutsch 6. Aufl.). Unter dieser Überschrift wird benannt, welche Mitarbeiter dem Geltungsbereich der Policy unterfallen, nämlich solche auf der deutschen Payroll mit „HP Standard Terms & Conditions“. Dass der Begriff Payroll („Gehaltsliste“) verständlich ist und die in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten stehenden Arbeitnehmer bezeichnen soll, stellt auch die Klägerin nicht in Frage. HP ist die Kurzbezeichnung der Beklagten, Standard bedeutet sowohl im Deutschen als auch im Englischen „Maßstab, Richtschnur, Norm; Qualitäts- oder Leistungsniveau“. Der Begriff Terms & Conditions bezeichnet die näheren Bedingungen einer Regelung (vgl. zur Verwendung dieser Begrifflichkeit im Zusammenhang mit einem Bonusanspruch zB BAG 17. Oktober 2012 - 10 AZR 620/11 -). Insgesamt lässt sich die Bezeichnung „HP Standard Terms & Conditions“ daher eindeutig mit von der Beklagten gesetzten oder bei der Beklagten verwendeten Standardarbeitsbedingungen übersetzen. Für eine Anwendung der Unklarheitenregel bleibt insoweit kein Raum. Zwar mag es im Einzelfall fraglich sein, ob das im Sprachgebrauch der Beklagten offensichtlich verwendete Synonym „mit Standardarbeitsvertrag“ eine vollständig identische Bedeutung hat oder ob alle von der Beklagten gestalteten Verträge als HP-Standardarbeitsverträge anzusehen sind. Eindeutig ist jedenfalls, dass von anderen Unternehmen gestaltete Verträge, die gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB weiter gelten, nicht als „HP Standard Terms & Conditions“ iSd. Krankheitspolicy angesehen werden können.

28

d) Entgegen der Auffassung der Revision ist die Beschränkung der Gesamtzusage nicht intransparent iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

29

aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 BGB(st. Rspr., zB BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 22, BAGE 139, 156).

30

bb) Nach diesen Grundsätzen liegt keine Verletzung des Transparenzgebots vor. Die Beklagte wendet in ihrer Gesamtzusage, die an eine Vielzahl von Arbeitnehmern gerichtet ist, eine typische Regelungstechnik an, indem den materiellen Regelungen der hiervon erfasste Personenkreis vorangestellt wird. Dieser ist verständlich durch die Nennung einer bestimmten Vertragsgestaltung definiert. Die Verwendung englischer Begriffe („Scope“) oder einer deutsch-englischen Kunstsprache („Krankheitspolicy“) steht jedenfalls unter Berücksichtigung der beteiligten Verkehrskreise in einem internationalen IT-Unternehmen der Transparenz der Regelung nicht entgegen. Das Landesarbeitsgericht geht deshalb zutreffend davon aus, dass die Beschränkung hinreichend deutlich Arbeitnehmer vom persönlichen Geltungsbereich der Regelung ausschließt, die auf Grundlage eines nicht von der Beklagten verfassten Vertragswerks tätig sind, solange kein neuer Arbeitsvertrag mit der Beklagten im Rahmen der bei dieser üblichen Bedingungen abgeschlossen wird. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung des Umstands, dass nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts in der Information der Klägerin gemäß § 613a Abs. 5 BGB ausdrücklich die Thematik „HP Standardarbeitsvertrag“ (dort Ziffer 15a) angesprochen wurde und explizit von einem möglichen „Arbeitsvertragsangebot zu den HP Standardkonditionen“ die Rede ist. Solche den Vertragsschluss, dh. hier die Transformierung der Gesamtzusage in den Arbeitsvertrag der Klägerin, begleitenden Umstände, sind gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB bei der Beurteilung einer unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 BGB zu berücksichtigen(BAG 21. August 2012 - 3 AZR 698/10 - Rn. 27, BAGE 143, 30).

31

e) Die Klägerin ist keine Mitarbeiterin, die über einen HP-Standardarbeitsvertrag verfügt bzw. nach „HP Standard Terms & Conditions“ beschäftigt wird. Vielmehr gelten für sie gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB weiterhin die Bedingungen ihres ursprünglich mit der m GmbH geschlossenen Arbeitsvertrags vom 13. Juni 1990 und sie nimmt Leistungen nach diesen Vertragsbedingungen in Anspruch, wie zB die Entgeltfortzahlung für einen Zeitraum von über drei Monaten gemäß Ziffer 5.1.

32

II. Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Linck    

        

    Brune    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

    Kiel    

        

    Rudolph    

                 

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 5. Mai 2015 - 12 Sa 1154/14 - wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass die Beklagte Zinsen erst ab dem zweiten Tag des Folgemonats schuldet und die weiter gehende Berufung des Klägers gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts Köln vom 16. August 2011 - 14 Ca 10177/10 - zurückgewiesen wird.

Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger zustehenden Betriebsrente.

2

Der am 29. Oktober 1933 geborene Kläger war vom 20. April 1953 bis zum 31. Dezember 1996 bei der Beklagten als Angestellter beschäftigt. Die Beklagte hatte dem Kläger Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach den Richtlinien für die Betriebliche Altersversorgung (Fassung vom 6. Mai 1968) für Arbeiter und Angestellte (im Folgenden Richtlinien 68) zugesagt. Die Richtlinien 68 bestimmen ua.:

        

„I.     

Art der Versorgungsleistungen

                 

Wir gewähren nach Erfüllung der Wartezeit

                 

1.    

Erwerbsunfähigkeitsrente

                 

2.    

Altersrente

                 

3.    

Witwenrente

                 

4.    

Waisenrente

        

II.     

Wartezeit

                 

Die Wartezeit ist erfüllt, wenn der Arbeiter oder Angestellte eine anrechnungsfähige Dienstzeit von 10 Jahren in unserem Unternehmen abgeleistet hat. …

        

III.   

Anrechnungsfähige Dienstzeit

                 

Anrechnungsfähig sind solche Dienstjahre, die der Arbeiter oder Angestellte nach Vollendung seines 20. Lebensjahres und vor Vollendung seines 65. Lebensjahres ununterbrochen in unserem Unternehmen abgeleistet hat. Angefangene Dienstjahre mit einer anrechnungsfähigen Beschäftigungszeit von weniger als 6 Monaten bleiben unberücksichtigt, es sei denn, daß der Arbeiter oder Angestellte dieses Dienstjahr noch voll ableistet. Angefangene Dienstjahre mit einer anrechnungsfähigen Beschäftigungszeit von mehr als 6 Monaten gelten als volle Jahre.

        

IV.     

Voraussetzungen für die einzelnen Leistungsarten

                 

Es werden gewährt

                 

…       

        
                 

2.    

Altersrente,

                          

wenn der Arbeiter oder Angestellte nach Vollendung seines 65. Lebensjahres aus unserem Unternehmen ausscheidet.

                 

…       

        
        

…       

                 
        

VI.     

Zahlungsweise

                 

Die Renten werden monatlich nachträglich gezahlt.

        

…       

        
        

VIII. 

Höhe der Leistungen

                 

…       

        
                 

B)    

Bei Angestellten:

                          

1.    

a)    

Die Erwerbsunfähigkeits- und Altersrente beträgt bei Ablauf der Wartezeit monatlich 15 % des letzten Grundgehaltes und steigt für jedes nach Erfüllung der Wartezeit im Unternehmen abgeleistete anrechnungsfähige Dienstjahr um monatlich 1 % des letzten Grundgehaltes. Zum Grundgehalt rechnen auch die darüberhinausgehenden, regelmäßigen monatlichen Bezüge; jedoch nicht fallweise bezahlte Überstunden, Sondervergütungen, Abschlußvergütungen, Weihnachtsvergütungen und ähnliche nicht regelmäßige Bezüge.

                                   

…       

        
                          

2.    

a)    

Die Bezüge des Angestellten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der betrieblichen Versorgung werden durch Kürzung der Betriebsrente wie folgt begrenzt: Bei einer Dienstzeit bis zu 25 Jahren auf 65 % des letzten Grundgehaltes. Für jedes weitere Dienstjahr erhöht sich dieser Prozentsatz um 0,75 % bis zu höchstens 80 % bei 45 Dienstjahren. Bezüge des Angestellten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die auf freiwilliger Höherversicherung oder freiwilliger Weiterversicherung beruhen, bleiben unberücksichtigt.

                                   

b)    

Unabhängig von der Bestimmung in 2 a) wird die betriebliche Rente in jedem Falle mit einem Mindestrentenbetrag in Höhe von 40 % der gemäß 1) ermittelten Erwerbsunfähigkeits- oder Altersrente gewährt.

        

…       

        
        

X.    

Wegfall von Ansprüchen

                 

Scheidet ein Begünstigter aus unserem Unternehmen aus, ohne daß ein Leistungsfall gegeben ist, so erlischt jeder Anspruch aus dieser Zusage.“

3

In einem von der Beklagten und dem Betriebsrat unterschriebenen Aushang vom 10. Dezember 1986 wurde Folgendes bekanntgegeben:

        

Gewährung von Betriebsrenten

        

Die C GmbH gewährt abweichend vom Wortlaut der Altersversorgungszusagen die Firmenrente auch schon vor dem Erreichen des 65. Lebensjahres, ohne versicherungsmathematische Abschläge vorzunehmen. Im Rahmen der steuerlichen Betriebsprüfung ist verlangt worden, die Altersversorgungszusagen entsprechend zu ändern. Aus diesem Grunde werden die Richtlinien für die betriebliche Altersversorgung in den Fassungen vom 6. Mai 1968 und 1. Januar 1974 wie folgt ergänzt:

        

IV. 2.

‚Die Altersrente wird gezahlt, wenn der Mitarbeiter nach Vollendung des 65. Lebensjahres aus dem Dienstverhältnis mit der C ausscheidet.

                 

Sie wird auch gezahlt, wenn der Mitarbeiter vorher ausscheidet und Altersruhegeld oder vorgezogenes Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht. In diesen Fällen werden keine versicherungsmathematischen Abschläge vorgenommen.‘“

4

Am 4. Dezember 1993 fasste eine betriebliche Einigungsstelle zur Änderung der betrieblichen Altersversorgung bei der Beklagten folgenden Spruch:

        

S P R U C H

        

Die Berechnungsvorschrift in Abschnitt VIII B Ziff. 2a der ‚Richtlinien für die Betriebliche Altersversorgung (Fassung vom 06. Mai 1968) für Arbeiter und Angestellte (TA)‘ wird wie folgt geändert:

        

2.a)   

Die Bezüge der Angestellten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der betrieblichen Versorgung werden durch Kürzung der Betriebsrente wie folgt begrenzt:

                 

Bei einer Dienstzeit bis zu 25 Jahren auf 59% des letzten Grundgehaltes. Für jedes weitere Dienstjahr erhöht sich dieser Prozentsatz um 0,6% bis zu höchstens 71% bei 45 Dienstjahren. Bezüge der Angestellten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die auf freiwilliger Höherversicherung oder freiwilliger Weiterversicherung beruhen, bleiben unberücksichtigt.

        

b)    

Unabhängig von der Bestimmung in 2.a) wird die betriebliche Rente in jedem Falle mit einem Mindestrentenbetrag in Höhe von 40% der gemäß 1. ermittelten Erwerbsunfähigkeits- oder Altersrente gewährt; sie darf jedoch zusammen mit der Sozialversicherungsrente 100% des pensionsfähigen Nettoentgelts nicht überschreiten.

        

…“    

5

Begründet wurde der Spruch der Einigungsstelle ua. mit der eingetretenen planwidrigen Überversorgung, wodurch die Geschäftsgrundlage der Richtlinien 68 weggefallen sei.

6

Seit dem 1. Januar 1997 bezieht der Kläger eine gesetzliche Altersrente und von der Beklagten eine betriebliche Altersrente. Diese belief sich auf 1.937,00 DM brutto monatlich. Dies entspricht 990,37 Euro.

7

Mit Schreiben vom 31. Juli 2009 teilte die Beklagte dem Kläger Folgendes mit:

        

„Sehr geehrter Herr F,

        

aufgrund der von der C zugesagten Altersversorgung beziehen Sie eine Firmenrente.

        

Diese Zusage, die nur den Personenkreis begünstigen wollte, der mit Erreichung der festen Altersgrenze eine Sozialversicherungsrente bezieht, wurde 1975 durch das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) dahingehend geändert, dass die Firmenrente auch dann zu zahlen ist, wenn z.B. ein vorgezogenes Altersruhegeld bezogen wird, oder wenn ein Mitarbeiter vor dem Erreichen des Renteneintritts ausscheidet und die gesetzlichen Voraussetzungen für die Berechnung einer unverfallbaren Anwartschaft erfüllt sind.

        

Nach dem BetrAVG kommt es für die Berechnung der Firmenrente darauf an, wann der Renteneintritt erfolgt ist. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat schon sehr früh den Gesetzestext so interpretiert, dass der Renteneintritt immer identisch ist mit dem Bezug einer Sozialversicherungsrente. Die C ist deshalb bei der Berechnung der Firmenrente stets von diesem Faktum ausgegangen.

        

In neuerer Zeit hat das BAG seine Auslegung der Gesetzesnorm geändert und geht in seiner jetzt ständigen Rechtsprechung davon aus, dass es nach dem Gesetz nicht mehr darauf ankommt, seit wann der Mitarbeiter tatsächlich eine Sozialversicherungsrente bezieht, sondern darauf, welche feste Altersgrenze die ihm vom Arbeitgeber gegebene Versorgungszusage vorsieht.

        

Diese Änderung der Rechtsprechung führt dazu, dass die Berechnungen aller C-Renten nicht mehr dem BetrAVG entsprechen und zu ändern sind. Es muss nunmehr festgestellt werden, wie hoch die Firmenrente beim Erreichen der festen Altersgrenze gewesen wäre. In einem zweiten Rechenschritt ist festzustellen, welcher Teil des so ermittelten Betrages auf die tatsächliche Dienstzeit entfällt (Quotierung).

        

Das Bundesarbeitsgericht hat darüber hinaus in neuerer Zeit erstmals entschieden, wie die anzurechnende Sozialversicherung zu berechnen ist und diese Ansicht in einer Reihe von Urteilen konkretisiert, so dass auch hier nunmehr von einer ständigen Rechtsprechung auszugehen ist.

        

Diese Berechnungsweise ist die verbindliche Interpretation des BetrAVG und wurde von uns bei der Neuberechnung der Firmenrenten berücksichtigt. Die Auswirkungen dieser Neuberechnung und die Höhe Ihrer daraus resultierenden Firmenrente bitten wir, der beigefügten Berechnung zu entnehmen.

        

Aus organisatorischen Gründen, werden wir die Änderungen erst zum 01.09.2009 einführen.

        

…“    

8

Seit dem 1. September 2009 zahlte die Beklagte dem Kläger nur noch eine monatliche Altersrente von 922,00 Euro brutto. Die Reduzierung des Auszahlungsbetrags beruht darauf, dass die Beklagte nunmehr eine mögliche anrechnungsfähige Beschäftigungszeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres zugrunde legte, die anrechenbare Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung fiktiv auf die bei einer Inanspruchnahme ab der Vollendung des 65. Lebensjahres erreichbare Rente hochrechnete und den sich ergebenden Betrag im Verhältnis der tatsächlichen zu der möglichen Betriebszugehörigkeit bis zum 65. Lebensjahr kürzte.

9

Mit seiner Klage hat der Kläger eine monatliche Altersrente iHv. 990,37 Euro sowie die Zahlung rückständiger Altersrente für den Zeitraum vom 1. September 2009 bis zum 30. November 2014 iHv. monatlich 68,37 Euro verlangt. Er hat die Auffassung vertreten, die ursprüngliche Rentenberechnung sei zutreffend gewesen. Die Beklagte sei weder berechtigt, eine zeitanteilige Kürzung der Rente im Verhältnis der tatsächlichen Dienstzeit zu der bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres erreichbaren Dienstzeit vorzunehmen, noch eine auf das 65. Lebensjahr hochgerechnete fiktive Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung anzurechnen.

10

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass er über den 1. September 2009 hinaus einen Anspruch auf monatliche Gewährung einer betrieblichen Altersversorgung iHv. 990,37 Euro hat,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.025,55 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 68,37 Euro seit dem 1. Oktober 2009, 1. November 2009, 1. Dezember 2009, 1. Januar 2010, 1. Februar 2010, 1. März 2010, 1. April 2010, 1. Mai 2010, 1. Juni 2010, 1. Juli 2010, 1. August 2010, 1. September 2010, 1. Oktober 2010, 1. November 2010 und 1. Dezember 2010 zu zahlen,

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 478,59 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten p.a. über dem Basiszinssatz aus jeweils 68,37 Euro seit dem 1. Januar 2011, 1. Februar 2011, 1. März 2011, 1. April 2011, 1. Mai 2011, 1. Juni 2011 und 1. Juli 2011 zu zahlen,

        

4.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 1.640,88 Euro nebst fünf Prozentpunkten Zinsen p.a. über dem Basiszinssatz aus jeweils 68,37 Euro seit dem 1. August 2011, 1. September 2011, 1. Oktober 2011, 1. November 2011, 1. Dezember 2011, 1. Januar 2012, 1. Februar 2012, 1. März 2012, 1. April 2012, 1. Mai 2012, 1. Juni 2012, 1. Juli 2012, 1. August 2012, 1. September 2012, 1. Oktober 2012, 1. November 2012, 1. Dezember 2012, 1. Januar 2013, 1. Februar 2013, 1. März 2013, 1. April 2013, 1. Mai 2013, 1. Juni 2013 und 1. Juli 2013 zu zahlen,

        

5.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 1.162,29 Euro nebst fünf Prozentpunkten Zinsen p.a. über dem Basiszinssatz aus jeweils 68,37 Euro seit dem 1. August 2013, 1. September 2013, 1. Oktober 2013, 1. November 2013, 1. Dezember 2013, 1. Januar 2014, 1. Februar 2014, 1. März 2014, 1. April 2014, 1. Mai 2014, 1. Juni 2014, 1. Juli 2014, 1. August 2014, 1. September 2014, 1. Oktober 2014, 1. November 2014 und 1. Dezember 2014 zu zahlen.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

12

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers, mit der er seine Klage erweitert hat, festgestellt, dass der Kläger über den 1. September 2009 hinaus einen Anspruch auf eine monatliche Altersrente iHv. 990,37 Euro hat und die Beklagte verurteilt, an den Kläger rückständige Altersrente für den Zeitraum vom 1. September 2009 bis zum 30. November 2014 iHv. insgesamt 4.307,31 Euro (= 68,37 Euro monatlich) nebst Zinsen zu zahlen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter und beantragt für den Fall, dass der Kläger mit seiner Hauptforderung ganz oder teilweise unterliegt, widerklagend zuletzt,

        

1.    

den Kläger zu verurteilen, aus der Überzahlung in der Zeit vom 1. September 2009 bis einschließlich 30. November 2014 an sie 4.307,31 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. August 2015 zu zahlen,

        

2.    

den Kläger zu verurteilen, an sie 650,75 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. August 2015 zu zahlen,

        

3.    

den Kläger zu verurteilen, an sie 1.230,66 Euro für den Zeitraum ab Juli 2015 einschließlich bis derzeit einschließlich Dezember 2016 nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils monatlich 68,97 Euro, zur Rückzahlung fällig jeweils am Zweiten des Folgemonats, beginnend mit dem 2. August 2015 zu zahlen.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision der Beklagten ist überwiegend unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die Beklagte verpflichtet war, dem Kläger auch ab dem 1. September 2009 weiter eine monatliche Altersrente iHv. 990,37 Euro zu zahlen. Daher schuldet sie dem Kläger für die Monate September 2009 bis einschließlich November 2014 rückständige Betriebsrente iHv. 4.307,31 Euro mit der Maßgabe, dass dem Kläger Zinsen erst ab dem zweiten Tag des jeweiligen Folgemonats zustehen. Die erstmals in der Revision angebrachte Widerklage fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an.

14

I. Die Berufung des Klägers ist entgegen der Auffassung der Beklagten zulässig.

15

1. Die Zulässigkeit der Berufung ist Prozessvoraussetzung für das gesamte weitere Verfahren nach Einlegung der Berufung. Sie ist deshalb vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen. Fehlt es an einer den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Begründung der Berufung iSd. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO, hat das Revisionsgericht die Revision zurückzuweisen. Das gilt auch, wenn das Landesarbeitsgericht die Berufung als zulässig angesehen hat (vgl. etwa BAG 19. Mai 2016 - 3 AZR 131/15 - Rn. 14 mwN).

16

2. Die Berufungsbegründung des Klägers erfüllt die gesetzlichen Anforderungen.

17

a) Eine Berufungsbegründung genügt den gesetzlichen Anforderungen dann, wenn sie erkennen lässt, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und auf welchen Gründen diese Ansicht im Einzelnen beruht. Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Die Berufungsbegründung muss deshalb auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn sie diese bekämpfen will. Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen. Bezieht sich das Rechtsmittel auf mehrere Ansprüche im prozessualen Sinn, ist zu jedem Anspruch eine ausreichende Begründung zu geben. Fehlen Ausführungen zu einem Anspruch, ist das Rechtsmittel insoweit unzulässig. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Begründetheit des einen Anspruchs denknotwendig von der des anderen abhängt (sh. etwa BAG 19. Mai 2016 - 3 AZR 131/15 - Rn. 15 mwN).

18

b) Danach zeigt die Berufungsbegründung ausreichend deutlich auf, in welchen Punkten der Kläger das erstinstanzliche Urteil für fehlerhaft hält.

19

aa) Das Arbeitsgericht hat angenommen, ein Arbeitgeber könne im Fall einer lückenhaften und ergänzungsbedürftigen Zusage das betriebliche Ruhegeld eines Arbeitnehmers, der wie der Kläger bis zum Bezug eines vorgezogenen Altersruhegeldes betriebszugehörig war, nur „nach dem Maßstab des § 2 BetrAVG kürzen“ und damit eine ratierliche Kürzung der bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres erreichbaren Vollrente entsprechend § 2 BetrAVG vornehmen. Auf den ermittelten Betrag sei die Sozialversicherungsrente fiktiv hochgerechnet auf die feste Altersgrenze anzurechnen. Die Beklagte habe die Berechnungsschritte bei der Neuberechnung der Rente des Klägers rechnerisch zutreffend nachvollzogen.

20

Der Kläger ist in seiner Berufungsbegründung auf diese Erwägungen des Arbeitsgerichts eingegangen. Er hat gemeint, für die Möglichkeit einer Kürzung fehle es bereits an einer Ergänzung der Versorgungsordnung durch die Beklagte nach Einführung des flexiblen Altersruhegeldes. Eine Kürzungsmöglichkeit nach § 2 Abs. 1 BetrAVG scheitere vorliegend auch daran, dass das für ihn maßgebliche Rentenalter 63 Jahre betragen habe und er deshalb mit seinem Ausscheiden mit 63 Jahren die volle Betriebstreue erbracht habe. Damit hat der Kläger Umstände aufgezeigt, aus denen sich iSd. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO eine Rechtsverletzung durch die Entscheidung des Arbeitsgerichts ergeben könnte.

21

bb) Das Arbeitsgericht hat weiter angenommen, dem Kläger stehe die von der Beklagten zunächst berechnete Rente weder aus einer anlässlich seines Ausscheidens von der Beklagten erteilten Zusage noch aus betrieblicher Übung zu. Die dem Kläger bei seinem Ausscheiden übermittelte Berechnung sei eine reine Wissenserklärung ohne Bindungswirkung und daher keine konkrete Zusage. Der Kläger habe keine Umstände für eine den Vertrauenstatbestand begründende betriebliche Übung dargelegt. Die Beklagte habe weder durch besondere Zusagen noch durch Handlungen den Anschein erweckt, sie wolle mehr tun, als die Versorgungszusage an den Kläger unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zu erfüllen. Sie habe die Betriebsrenten jahrelang lediglich irrtümlich falsch berechnet und ausgezahlt.

22

Der Kläger hat sich in seiner Berufungsbegründung mit der vom Arbeitsgericht herangezogenen Rechtsprechung zu der Frage, ob es sich bei der übermittelten Rentenberechnung um eine konkrete Zusage oder um eine Wissenserklärung handelt, auseinandergesetzt und dargelegt, weshalb der dieser Rechtsprechung zugrunde liegende Sachverhalt mit dem vorliegenden Streitfall nicht vergleichbar sei. Damit hat er die Bewertung des Arbeitsgerichts hinreichend in Frage gestellt. Weiter hat der Kläger vorgetragen, die Versorgungsrichtlinien vom 6. Mai 1968 enthielten keine ins Einzelne gehende Berechnungsregel. Daher sei für die betroffenen Arbeitnehmer ein Widerspruch zwischen den Vorgaben der Versorgungsrichtlinien und der tatsächlichen und jahrelangen Handhabung der Rentenberechnung durch die Beklagte, der dem Vertrauensschutz der Rentenempfänger entgegenstünde, nicht erkennbar. Vielmehr fülle die langjährige Verfahrensweise der Beklagten die Regelungslücke hinsichtlich der Berechnungsregeln in den Richtlinien vom 6. Mai 1968 für die Fälle des Bezugs vorgezogener Altersleistungen aus. Darin liege für die Rentenberechtigten ein ausreichender Anhaltspunkt für einen Verpflichtungswillen der Beklagten. Mit diesen Ausführungen zeigt die Berufung hinreichend deutlich auf, in welchen Punkten das erstinstanzliche Urteil rechtsfehlerhaft sein soll. Eine schlüssige, rechtlich haltbare Begründung kann nicht verlangt werden (vgl. BAG 19. Juli 2016 - 2 AZR 637/15 - Rn. 18 mwN).

23

II. Die Klage ist zulässig. Dies gilt auch für den Klageantrag zu 1. Die Voraussetzungen des § 256 ZPO sind erfüllt.

24

1. Der Antrag ist auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses iSd. § 256 ZPO gerichtet. Zwar können nach dieser Bestimmung nur Rechtsverhältnisse Gegenstand einer Feststellungsklage sein, nicht hingegen bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses. Eine Feststellungsklage muss sich allerdings nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken. Sie kann sich vielmehr auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen sowie - wie vorliegend - auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (vgl. BAG 11. November 2014 - 3 AZR 191/12 - Rn. 16; 15. Mai 2012 - 3 AZR 11/10 - Rn. 19 mwN, BAGE 141, 259).

25

2. Soweit sich der Feststellungsantrag auf die Zeit vom 1. September 2009 bis zum 30. November 2014 bezieht, handelt es sich um eine Zwischenfeststellungsklage iSv. § 256 Abs. 2 ZPO, für die ein besonderes Feststellungsinteresse iSd. § 256 Abs. 1 ZPO nicht erforderlich ist.

26

III. Die Klage ist im Wesentlichen begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger über den 31. August 2009 hinaus eine monatliche Altersrente iHv. 990,37 Euro zu zahlen. Die Neuberechnung der Altersrente des Klägers entspricht nicht den Vorgaben der Richtlinien 68 in der Fassung des Aushangs vom 10. Dezember 1986, der - wie sich aus seiner Einleitung ergibt - die Regelung in IV Nr. 2 Richtlinien 68 abändert, und des Einigungsstellenspruchs vom 4. Dezember 1993 (im Folgenden Richtlinien 93). Die Beklagte ist nicht berechtigt, bei der Berechnung der Altersrente des Klägers nach IV Nr. 2 Satz 2 Richtlinien 93 iVm. § 6 BetrAVG die fiktiv auf die Vollendung des 65. Lebensjahres hochgerechnete Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung anzurechnen und eine Quotierung entsprechend § 2 Abs. 1 BetrAVG durchzuführen. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen.

27

1. Die Altersrente des Klägers berechnet sich nach den in IV Nr. 2 Satz 2 iVm. VIII B Nr. 1 Buchst. a und Nr. 2 Buchst. b Richtlinien 93 getroffenen Regelungen und entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten nicht nach den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts unter entsprechender Anwendung von § 2 BetrAVG.

28

Zwar wird bei vorgezogener Inanspruchnahme der Betriebsrente nach § 6 BetrAVG in das Äquivalenzverhältnis zwischen der zugesagten Versorgungsleistung und der vom Arbeitnehmer zu erbringenden Gegenleistung stets zweifach eingegriffen, und zwar unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer vorzeitig ausgeschieden ist oder das Arbeitsverhältnis bis zur vorgezogenen Inanspruchnahme der Betriebsrente bestanden hat. Zum einen wird in das Gegenseitigkeitsverhältnis, das der Berechnung der Vollrente zugrunde liegt, dadurch eingegriffen, dass der Arbeitnehmer die Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze nicht vollständig erbracht hat. Zum anderen erfolgt eine Verschiebung des in der Versorgungszusage festgelegten Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung dadurch, dass er die Betriebsrente mit höherer Wahrscheinlichkeit, früher und länger als mit der Versorgungszusage versprochen in Anspruch nimmt (vgl. etwa BAG 19. Juni 2012 - 3 AZR 289/10 - Rn. 24 mwN). Dies führt jedoch vorliegend nicht zur Berechnung der Altersrente des Klägers nach allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts entsprechend § 2 BetrAVG.

29

a) Die vom Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 23. Januar 2001 (- 3 AZR 164/00 -) entwickelten allgemeinen Grundsätze des Betriebsrentenrechts, nach denen der Arbeitgeber berechtigt ist, eine Quotierung entsprechend § 2 BetrAVG wegen der fehlenden Betriebszugehörigkeit und ggf. eine weitere Kürzung wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme vorzunehmen, finden bereits deshalb keine Anwendung, weil sie nur für die Berechnung der Höhe der Leistungen der betrieblichen Altersversorgung bei vorgezogener Inanspruchnahme der Betriebsrente nach vorzeitigem Ausscheiden gelten. Ein solcher Fall ist vorliegend nicht gegeben. Der Kläger ist nicht vorzeitig, sondern erst mit Eintritt des in IV Nr. 2 Satz 2 Richtlinien 93 geregelten Versorgungsfalls mit Ablauf des 31. Dezember 1996 aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ausgeschieden und hat ab dem 1. Januar 1997 im Alter von 63 Jahren die gesetzliche Altersrente als Vollrente und die betriebliche Altersrente nach den Richtlinien 93 vorgezogen in Anspruch genommen (vgl. etwa BAG 11. November 2014 - 3 AZR 191/12 - Rn. 22).

30

b) Eine entsprechende Anwendung von § 2 BetrAVG ist auch nicht aus anderen Gründen veranlasst. Die Berechnung der nach § 6 BetrAVG vorgezogen in Anspruch genommenen Betriebsrente eines bis dahin betriebszugehörigen Arbeitnehmers entsprechend § 2 BetrAVG kommt nur dann in Betracht, wenn die Versorgungsordnung selbst keine Regelung zur Berechnung der Betriebsrente bei deren vorgezogener Inanspruchnahme enthält. Regelt die Versorgungsordnung die Höhe der nach § 6 BetrAVG vorgezogen in Anspruch genommenen Betriebsrente hingegen selbst, ist für eine entsprechende Anwendung von § 2 BetrAVG kein Raum(st. Rspr., vgl. etwa BAG 11. November 2014 - 3 AZR 191/12 - Rn. 23; 10. Dezember 2013 - 3 AZR 726/11 - Rn. 16). Letzteres ist vorliegend der Fall. Die Höhe der betrieblichen Altersrente bei vorgezogener Inanspruchnahme der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ist in IV Nr. 2 Satz 2 und VIII B Nr. 1 Buchst. a und Nr. 2 Buchst. b Richtlinien 93 eigenständig und abschließend geregelt. Dies ergibt die Auslegung der Richtlinien 93.

31

aa) Es kann dahinstehen, ob es sich bei den Richtlinien 93 um eine Betriebsvereinbarung oder um eine Gesamtzusage handelt. Zwar hängt es vom Rechtscharakter der Richtlinien 93 ab, welche Auslegungsgrundsätze anzuwenden sind. Beide Auslegungsmethoden führen jedoch zu demselben Ergebnis.

32

(1) Betriebsvereinbarungen sind nach den für Gesetze und Tarifverträge geltenden Grundsätzen auszulegen. Dabei ist vom Wortlaut der Bestimmung und dem durch ihn vermittelten Wortsinn auszugehen. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang der Regelungen, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Betriebsparteien geben kann. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (vgl. etwa BAG 11. November 2014 - 3 AZR 191/12 - Rn. 25; 9. Oktober 2012 - 3 AZR 539/10 - Rn. 21; 14. Dezember 2010 - 3 AZR 939/08 - Rn. 18 mwN).

33

(2) Eine Gesamtzusage ist als an eine Vielzahl von Arbeitnehmern gerichtete Erklärung nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden wird, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners zugrunde zu legen sind. Für das Auslegungsergebnis von Bedeutung ist auch der von den Vertragspartnern verfolgte typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Regelungszweck (vgl. etwa BAG 11. November 2014 - 3 AZR 191/12 - Rn. 26; 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 51, BAGE 141, 222).

34

bb) Die Auslegung der Richtlinien 93 führt nach beiden Grundsätzen zu dem Ergebnis, dass die Bestimmungen in IV Nr. 2 Satz 2, VIII B Nr. 1 Buchst. a und Nr. 2 Buchst. b Richtlinien 93 die Berechnung der Altersrente auch für den Fall ihrer vorgezogenen Inanspruchnahme nach § 6 BetrAVG abschließend regeln.

35

(1) Hierfür spricht bereits die sprachliche Fassung von IV Nr. 2 Satz 2 Richtlinien 93. Danach wird die Altersrente („Sie“) auch gezahlt, wenn der Mitarbeiter vor Vollendung des 65. Lebensjahres ausscheidet und gesetzliche Rente in Anspruch nimmt. Diese Formulierung verdeutlicht, dass es sich auch bei der vorgezogen in Anspruch genommenen Betriebsrente um „die Altersrente“ iSd. I Nr. 2 Richtlinien 93 handelt, deren Höhe sich - trotz Inanspruchnahme vor Vollendung des 65. Lebensjahres - nach den Bestimmungen in VIII Richtlinien 93 richtet.

36

(2) Der systematische Zusammenhang der Richtlinien 93 bestätigt dieses Verständnis.

37

In I Richtlinien 93 sind die vier Arten von Versorgungsleistungen aufgeführt, die nach den Richtlinien 93 gewährt werden. Hierbei handelt es sich um die Erwerbsunfähigkeitsrente, die Altersrente, die Witwenrente und die Waisenrente. Die Voraussetzungen für die Gewährung der verschiedenen Versorgungsleistungen sind in IV Richtlinien 93 benannt. Die in I Nr. 2 Richtlinien 93 enthaltene Altersrente wird demnach nicht nur bei Vollendung des 65. Lebensjahres, sondern auch gezahlt, wenn der Mitarbeiter vorher ausscheidet und Altersruhegeld oder vorgezogenes Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht. Die Höhe der Versorgungsleistungen ist in VIII Richtlinien 93 bestimmt. Danach berechnet sich die „Altersrente“ bei Angestellten nach VIII B Nr. 1 Buchst. a und Nr. 2 Richtlinien 93. Die Regelungen erfassen damit sowohl die Berechnung der mit Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch genommenen Altersrente iSv. IV Nr. 2 Satz 1 Richtlinien 93 als auch die nach § 6 BetrAVG vorgezogene Altersrente iSv. IV Nr. 2 Satz 2 Richtlinien 93.

38

(3) Der mit dem Aushang vom 10. Dezember 1986 erkennbar verfolgte Regelungszweck unterstützt diese Auslegung.

39

Die aus der Zeit vor Inkrafttreten des Betriebsrentengesetzes vom 19. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3610) stammenden Richtlinien 68 waren durch die Einführung von § 6 BetrAVG zum 22. Dezember 1974 lückenhaft geworden. IV Nr. 2 Richtlinien 68 bestimmte lediglich, dass der Arbeitnehmer eine Altersrente erhält, wenn er nach Vollendung des 65. Lebensjahres aus dem Unternehmen ausscheidet. Nach VIII B Nr. 1 Richtlinien 68 hing die Höhe dieser Altersrente von der Anzahl der anrechnungsfähigen Dienstjahre ab. Danach betrug die mit Vollendung des 65. Lebensjahres zu zahlende Altersrente nach Ablauf der Wartezeit 15 vH des letzten Grundgehalts und stieg für jedes weitere anrechnungsfähige Dienstjahr um 1 vH. Demgegenüber regelten die Richtlinien 68 nicht, wie sich die nach § 6 BetrAVG vorgezogen in Anspruch genommene Altersrente des gleichzeitig aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ausscheidenden Arbeitnehmers berechnete(vgl. zur Lückenhaftigkeit von Versorgungsordnungen aus der Zeit vor Inkrafttreten des Betriebsrentengesetzes ausführlich: BAG 1. Juni 1978 - 3 AZR 216/77 - zu I 2 der Gründe, BAGE 30, 333; 26. März 1985 - 3 AZR 236/83 - zu II der Gründe). Die Beklagte war daher - unter Beachtung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats - befugt, die wegen des vorzeitigen und möglicherweise längeren Rentenbezugs in der Versorgungsordnung entstandene Lücke an die geänderte Rechtslage anzupassen (vgl. zur Anpassungsbefugnis des Arbeitgebers infolge der Lückenhaftigkeit der Versorgungsordnung: BAG 11. September 1980 - 3 AZR 185/80 - zu I 2 und zu II 3 c der Gründe; 1. Juni 1978 - 3 AZR 216/77 - zu I 2 der Gründe, aaO). Dies ist durch den Aushang vom 10. Dezember 1986 geschehen.

40

Wie sich aus dem Aushang ergibt, sollte durch die Ergänzung der Richtlinien 68 der in § 6 BetrAVG geregelte Versorgungsfall ausdrücklich in IV Nr. 2 Richtlinien 68 aufgenommen werden. Gleichzeitig wurde dadurch die Berechnung der vorgezogen in Anspruch genommenen Altersrente nach § 6 BetrAVG - einschließlich des Verzichts auf versicherungsmathematische Abschläge in diesen Fällen - in den Richtlinien 68 geregelt und damit die bis dahin vorhandene Lücke in den Richtlinien 68 geschlossen. Dem Umstand der verkürzten Betriebszugehörigkeit sowie dem längeren Bezug der Altersrente bei deren vorgezogener Inanspruchnahme nach § 6 BetrAVG wurde damit nicht durch eine entsprechende Anwendung von § 2 BetrAVG und Einführung versicherungsmathematischer Abschläge, sondern dadurch abschließend Rechnung getragen, dass die Jahre zwischen dem Ausscheiden des Arbeitnehmers und dem 65. Lebensjahr als anrechnungsfähige Dienstjahre unberücksichtigt bleiben (sh. nur BAG 11. November 2014 - 3 AZR 191/12 - Rn. 32).

41

Dies steht - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht im Widerspruch zu den Urteilen des Senats vom 12. August 2014 (- 3 AZR 194/12 - Rn. 54) und vom 10. Dezember 2013 (- 3 AZR 832/11 - Rn. 65). Diesen Entscheidungen lag nicht nur eine vorgezogene Inanspruchnahme der Altersrente, sondern auch ein vorzeitiges Ausscheiden der Kläger zugrunde. Die Richtlinien 93 enthalten jedoch keine Regelungen für die Berechnung der vorgezogen in Anspruch genommenen Altersrente eines vorzeitig - vor dem Eintritt des Versorgungsfalls - aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Arbeitnehmers. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Aushang vom 10. Dezember 1986. Sollten die Ausführungen des Senats zur Auslegung des Aushangs anders zu verstehen sein, wird daran nicht festgehalten.

42

c) Da die betriebliche Altersrente auch bei deren vorgezogener Inanspruchnahme nach VIII B Richtlinien 93 zu berechnen ist, kann im Rahmen der vorgesehenen Gesamtversorgung lediglich die vom Kläger tatsächlich bezogene, nach den Richtlinien 93 anrechenbare Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigt werden. Eine Anrechnung der fiktiven Rente, die der Kläger erhielte, wenn er die gesetzliche Rente erst mit Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch genommen hätte, scheidet aus. Die Berücksichtigung der fiktiven, auf die feste Altersgrenze hochgerechneten Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung kommt nur dann in Betracht, wenn die Versorgungsordnung dies vorsieht oder wenn im Rahmen der Quotierung nach § 2 Abs. 1 BetrAVG die fiktive Vollrente zu ermitteln ist. Enthält die Versorgungsordnung eine abschließende eigenständige Regelung, die die Anrechnung einer fiktiven, auf die feste Altersgrenze hochgerechneten Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht vorsieht und die einer entsprechenden Anwendung des § 2 Abs. 1 BetrAVG entgegensteht, scheidet eine Hochrechnung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf die fiktive, bei Inanspruchnahme ab der festen Altersgrenze zustehende Rente aus(vgl. BAG 11. November 2014 - 3 AZR 191/12 - Rn. 33; 10. Dezember 2013 - 3 AZR 726/11 - Rn. 23).

43

So verhält es sich hier. Weder ist die vorgezogene Altersrente in entsprechender Anwendung von § 2 Abs. 1 BetrAVG zu ermitteln noch sehen die Richtlinien 93 die Anrechnung einer fiktiven, auf das 65. Lebensjahr hochgerechneten Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung vor. Der Einigungsstellenspruch vom 4. Dezember 1993 ändert lediglich die Obergrenze der Bezüge des Angestellten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der betrieblichen Altersversorgung in VIII B Nr. 2 Buchst. a der Richtlinien 86 ab und beschränkt in Nr. 2 Buchst. b die Summe aus diesen beiden Altersbezügen auf 100 vH des pensionsfähigen Nettoentgelts.

44

2. Danach hat die Beklagte dem Kläger bis zum 31. August 2009 zu Recht eine monatliche Altersrente iHv. 990,37 Euro gezahlt. Dieser Betrag stand ihm auch über den 31. August 2009 hinaus zu. Der Kläger hatte bei Eintritt des Versorgungsfalls am 1. Januar 1997 gemäß IV Nr. 2 Satz 2 Richtlinien 93 einen Anspruch auf eine Altersrente iHv. (aufgerundet) 1.937,00 DM.

45

Der Kläger hat vom 20. April 1953 bis zum 31. Dezember 1996 insgesamt 43 anrechnungsfähige Dienstjahre iSd. III Satz 1 und Satz 2 Richtlinien 93 bei der Beklagten zurückgelegt. Damit belief sich seine Altersrente nach VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93 bei Zugrundelegung eines pensionsfähigen Gehalts iHv. 7.575,00 DM auf 48 vH dieses Betrags, mithin auf 3.636,00 DM (15 vH für die ersten zehn Jahre, je 1 vH für jedes weitere Jahr). Ausgehend von 43 Dienstjahren ergab sich nach VIII B Nr. 2 Buchst. a Richtlinien 93 eine Gesamtversorgungsobergrenze iHv. 69,8 vH (59 vH für die ersten 25 Dienstjahre und 0,6 vH für jedes weitere Dienstjahr), mithin ein Betrag von 5.287,35 DM (69,8 vH von 7.575,00 DM). Bei Eintritt in den Ruhestand am 1. Januar 1997 hat der Kläger aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Rente iHv. 3.351,18 DM bezogen. Auf die maximale Gesamtversorgung von 5.287,35 DM ist die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung von 3.351,18 DM anzurechnen. Daraus ergibt sich bei Eintritt des Versorgungsfalls am 1. Januar 1997 eine Altersrente iHv. 1.936,17 DM (aufgerundet 1.937,00 DM), mithin ein Betrag von 990,37 Euro monatlich. Da die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 1. September 2009 bis zum 30. November 2014 nur noch einen Betrag iHv. 922,00 Euro monatlich gezahlt hat, kann der Kläger für diese Zeit eine Nachzahlung iHv. insgesamt 4.307,31 Euro beanspruchen.

46

3. Die mit den Klageanträgen zu 2. bis 5. geltend gemachte Zinsforderung ist überwiegend begründet. Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 288 BGB iVm. VI Richtlinien 93. Die monatlichen Zahlungsansprüche sind jeweils ab dem zweiten Tag des Folgemonats mit einem Zinssatz von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

47

4. Die „Verfahrensrüge“ der Beklagten bleibt erfolglos.

48

Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist nicht ersichtlich. Die insoweit erhobenen Rügen der Beklagten befassen sich lediglich mit vermeintlichen Auslegungsfehlern des Landesarbeitsgerichts. Im Ergebnis laufen sie allein darauf hinaus, das Landesarbeitsgericht habe bei seinen Erwägungen in den Entscheidungsgründen den Sachvortrag der Beklagten nicht ausreichend oder angemessen gewürdigt. Damit beruft sich die Beklagte in der Sache lediglich darauf, dass das Landesarbeitsgericht ihrer Rechtsansicht nicht gefolgt sei. Da es sich bei den von der Revision aufgeworfenen Gesichtspunkten ausschließlich um Rechts- und Auslegungsfragen handelt, die vom Senat bei seiner Entscheidung über das Berufungsurteil und die Revisionsangriffe ohnehin heranzuziehen waren, bleibt diese „Verfahrensrüge“ schon deshalb ohne Erfolg (vgl. BAG 13. April 2016 - 4 AZR 13/13 - Rn. 47).

49

IV. Die auf die Rückzahlung der zur Abwendung der Zwangsvollstreckung gezahlten Beträge gerichtete Widerklage ist von der Beklagten nur für den Fall erhoben worden, dass der Kläger mit seiner Hauptforderung ganz oder teilweise unterliegt. Diese innerprozessuale Bedingung ist nicht eingetreten.

50

V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

        

    Zwanziger    

        

    Spinner    

        

    Wemheuer    

        

        

        

    Schüßler    

        

    Möller    

                 

Tenor

Das Versäumnisurteil vom 12. August 2014 - 3 AZR 191/12 - wird aufrechterhalten.

Die Beklagte hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe der dem vormaligen Kläger zustehenden Betriebsrente. Der vormalige Kläger (im Folgenden: Erblasser) ist am 11. Dezember 2013 verstorben. Alleinerbin war seine Ehefrau, die am 26. März 2014 verstarb und durch die jetzige Klägerin - eine Erbengemeinschaft - beerbt wurde.

2

Der am 4. September 1926 geborene Erblasser war vom 31. August 1951 bis zum 30. April 1987 bei der Beklagten als Angestellter beschäftigt. Die Beklagte hatte dem Erblasser Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach den Richtlinien für die Betriebliche Altersversorgung (Fassung vom 6. Mai 1968) für Arbeiter und Angestellte (im Folgenden: Richtlinien 68) zugesagt. Die Richtlinien 68 bestimmen ua.:

        

„I.     

Art der Versorgungsleistungen

                 

Wir gewähren nach Erfüllung der Wartezeit

                 

1.    

Erwerbsunfähigkeitsrente

                 

2.    

Altersrente

                 

3.    

Witwenrente

                 

4.    

Waisenrente

        

II.     

Wartezeit

                 

Die Wartezeit ist erfüllt, wenn der Arbeiter oder Angestellte eine anrechnungsfähige Dienstzeit von 10 Jahren in unserem Unternehmen abgeleistet hat. …

        

III.   

Anrechnungsfähige Dienstzeit

                 

Anrechnungsfähig sind solche Dienstjahre, die der Arbeiter oder Angestellte nach Vollendung seines 20. Lebensjahres und vor Vollendung seines 65. Lebensjahres ununterbrochen in unserem Unternehmen abgeleistet hat. Angefangene Dienstjahre mit einer anrechnungsfähigen Beschäftigungszeit von weniger als 6 Monaten bleiben unberücksichtigt, es sei denn, daß der Arbeiter oder Angestellte dieses Dienstjahr noch voll ableistet. Angefangene Dienstjahre mit einer anrechnungsfähigen Beschäftigungszeit von mehr als 6 Monaten gelten als volle Jahre.

        

IV.     

Voraussetzungen für die einzelnen Leistungsarten

                 

Es werden gewährt

                 

…       

        
                 

2.    

Altersrente,

                          

wenn der Arbeiter oder Angestellte nach Vollendung seines 65. Lebensjahres aus unserem Unternehmen ausscheidet.

                 

…       

        
        

VI.     

Zahlungsweise

                 

Die Renten werden monatlich nachträglich gezahlt.

        

…       

                 
        

VIII. 

Höhe der Leistungen

                 

…       

        
                 

B)    

Bei Angestellten:

                 

1.    

a)    

Die Erwerbsunfähigkeits- und Altersrente beträgt bei Ablauf der Wartezeit monatlich 15 % des letzten Grundgehaltes und steigt für jedes nach Erfüllung der Wartezeit im Unternehmen abgeleistete anrechnungsfähige Dienstjahr um monatlich 1 % des letzten Grundgehaltes. …

                 

2.    

a)    

Die Bezüge des Angestellten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der betrieblichen Versorgung werden durch Kürzung der Betriebsrente wie folgt begrenzt: Bei einer Dienstzeit bis zu 25 Jahren auf 65 % des letzten Grundgehaltes. Für jedes weitere Dienstjahr erhöht sich dieser Prozentsatz um 0,75 % bis zu höchstens 80 % bei 45 Dienstjahren. Bezüge des Angestellten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die auf freiwilliger Höherversicherung oder freiwilliger Weiterversicherung beruhen, bleiben unberücksichtigt.

                          

b)    

Unabhängig von der Bestimmung in 2 a) wird die betriebliche Rente in jedem Falle mit einem Mindestrentenbetrag in Höhe von 40 % der gemäß 1) ermittelten Erwerbsunfähigkeits- oder Altersrente gewährt.

                          

…       

        

X.    

Wegfall von Ansprüchen

                 

Scheidet ein Begünstigter aus unserem Unternehmen aus, ohne daß ein Leistungsfall gegeben ist, so erlischt jeder Anspruch aus dieser Zusage.“

3

Zudem sehen die Richtlinien 68 für die Witwenrente vor, dass diese in Abhängigkeit von der Altersrente des Arbeitnehmers zu berechnen ist.

4

In einem von der Beklagten und dem Betriebsrat unterschriebenen Aushang vom 10. Dezember 1986 wurde Folgendes bekannt gegeben:

        

Gewährung von Betriebsrenten

        

Die C GmbH gewährt abweichend vom Wortlaut der Altersversorgungszusagen die Firmenrente auch schon vor dem Erreichen des 65. Lebensjahres, ohne versicherungsmathematische Abschläge vorzunehmen. Im Rahmen der steuerlichen Betriebsprüfung ist verlangt worden, die Altersversorgungszusagen entsprechend zu ändern. Aus diesem Grunde werden die Richtlinien für die betriebliche Altersversorgung in den Fassungen vom 6. Mai 1968 und 1. Januar 1974 wie folgt ergänzt:

        

IV. 2.

‚Die Altersrente wird gezahlt, wenn der Mitarbeiter nach Vollendung des 65. Lebensjahres aus dem Dienstverhältnis mit der C ausscheidet.

                 

Sie wird auch gezahlt, wenn der Mitarbeiter vorher ausscheidet und Altersruhegeld oder vorgezogenes Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht. In diesen Fällen werden keine versicherungsmathematischen Abschläge vorgenommen.‘

        

…“    

        
5

Mit Schreiben vom 26. März 1987 übersandte die Beklagte dem Erblasser eine Übersicht über die Berechnung seiner Altersrente. Hieraus ergibt sich, dass die Beklagte die Altersrente iHv. 1.196,66 DM ausgehend von einem pensionsfähigen Entgelt iHv. 4.334,00 DM unter Zugrundelegung einer Dienstzeit bis zum Ausscheiden des Erblassers aus dem Arbeitsverhältnis und unter Anrechnung der vom Erblasser tatsächlich bezogenen, nach VIII B Nr. 2 Buchst. a Richtlinien 68 anrechenbaren Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung iHv. 1.978,00 DM ermittelt hatte.

6

Seit dem 1. Mai 1987 bezog der Erblasser eine gesetzliche Altersrente und von der Beklagten eine Altersrente. Diese belief sich zunächst auf 1.197,00 DM brutto monatlich. Zum 1. Januar 1990 wurde die Altersrente auf 1.255,00 DM (= 641,67 Euro) erhöht. Seit dem 1. September 2009 zahlte die Beklagte dem Erblasser nur noch eine monatliche Altersrente von 535,00 Euro. Die Reduzierung des Auszahlungsbetrags beruht darauf, dass die Beklagte nunmehr eine mögliche anrechnungsfähige Beschäftigungszeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres zugrunde legte, die anrechenbare Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung fiktiv auf die bei einer Inanspruchnahme ab der Vollendung des 65. Lebensjahres erreichbare Rente hochrechnete und den sich ergebenden Betrag im Verhältnis der tatsächlichen zu der möglichen Betriebszugehörigkeit bis zum 65. Lebensjahr kürzte; den sich danach ergebenden Betrag von (aufgerundet) 510,00 Euro erhöhte die Beklagte um 4,85 % auf (aufgerundet) 535,00 Euro.

7

Mit seiner der Beklagten am 8. Januar 2010 zugestellten Klage hat der Erblasser eine monatliche Altersrente iHv. 641,67 Euro sowie die Zahlung rückständiger Altersrente für den Zeitraum vom 1. September 2009 bis zum 30. November 2009 iHv. monatlich 106,67 Euro verlangt. Er hat die Auffassung vertreten, die ursprüngliche Rentenberechnung sei zutreffend gewesen. Die Beklagte sei weder berechtigt, eine zeitanteilige Kürzung der Rente im Verhältnis der tatsächlichen Dienstzeit zu der bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres erreichbaren Dienstzeit vorzunehmen, noch eine auf das 65. Lebensjahr hochgerechnete fiktive Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung anzurechnen. Es dürfe nur die von ihm tatsächlich bezogene anrechenbare Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Ansatz gebracht werden.

8

Der Erblasser hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass er über den 1. September 2009 hinaus einen Anspruch auf monatliche Gewährung einer betrieblichen Altersversorgung in Höhe von 641,67 Euro hat;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 320,01 Euro nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Erblassers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin die bisherigen Klageanträge des Erblassers weiter. Nachdem die Beklagte im Termin vor dem Bundesarbeitsgericht am 12. August 2014 keinen Antrag gestellt hat, hat der Senat Versäumnisurteil erlassen, mit dem der Revision der Klägerin stattgegeben und festgestellt wurde, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem vormaligen Kläger ab dem 1. September 2009 eine über den gezahlten Betrag von 535,00 Euro hinausgehenden Betrag iHv. weiteren 106,67 Euro monatlich zu zahlen; zudem wurde die Beklagte zur Zahlung rückständiger Betriebsrente für die Zeit vom 1. September 2009 bis zum 30. November 2009 iHv. 320,01 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9. Januar 2010 verurteilt. Die Beklagte hat gegen das ihr am 1. September 2014 zugestellte Versäumnisurteil vom 12. August 2014 am 4. September 2014 Einspruch eingelegt.

11

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

        

das Versäumnisurteil des Bundesarbeitsgerichts vom 12. August 2014 aufzuheben und die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 12. Oktober 2011 - 9 Sa 1459/10 - zurückzuweisen.

12

Die Klägerin beantragt, das Versäumnisurteil vom 12. August 2014 aufrechtzuerhalten.

Entscheidungsgründe

13

Der Einspruch ist statthaft (§ 72 Abs. 5 ArbGG, § 555 Abs. 1 Satz 1, § 338 ZPO) und auch im Übrigen zulässig, nämlich in der gesetzlichen Form (§ 340 ZPO) und Frist (§ 339 Abs. 1 ZPO)eingelegt. Das Versäumnisurteil vom 12. August 2014 ist aufrechtzuerhalten (§ 343 Satz 1 ZPO). Die Revision der Klägerin ist begründet. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts ist die zulässige Klage begründet.

14

I. Der Rechtsstreit ist nicht nach § 239 ZPO unterbrochen, weil sowohl der vormalige Kläger als auch seine Alleinerbin während des Revisionsverfahrens verstorben sind. Da der frühere Kläger anwaltlich vertreten war, trat nach § 246 Abs. 1 Halbs. 1 ZPO weder aufgrund seines Todes noch aufgrund des Todes seiner Alleinerbin eine Unterbrechung des Verfahrens ein; die Aussetzung des Verfahrens nach § 246 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO wurde nicht beantragt.

15

II. Die Klage ist zulässig. Dies gilt auch für den Klageantrag zu 1. Die Voraussetzungen des § 256 ZPO sind erfüllt.

16

1. Der Antrag ist auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses iSd. § 256 ZPO gerichtet. Zwar können nach dieser Bestimmung nur Rechtsverhältnisse Gegenstand einer Feststellungsklage sein, nicht hingegen bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses. Eine Feststellungsklage muss sich allerdings nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken. Sie kann sich vielmehr auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen sowie - wie vorliegend - auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 11/10 - Rn. 19 mwN, BAGE 141, 259).

17

2. Soweit der Feststellungsantrag sich auf die Zeit vom 1. September 2009 bis zum 30. November 2009 bezieht, handelt es sich um eine Zwischenfeststellungsklage iSd. § 256 Abs. 2 ZPO, für die ein besonderes Feststellungsinteresse iSd. § 256 Abs. 1 ZPO nicht erforderlich ist. Im Übrigen hat die Klägerin ein Interesse an der begehrten Feststellung, da die Beklagte ihre Verpflichtung zur Zahlung einer Betriebsrente an den Erblasser iHv. 641,67 Euro brutto bestreitet.

18

Das Feststellungsinteresse iSd. § 256 Abs. 1 ZPO ist nicht aufgrund des Todes des früheren Klägers entfallen. Die begehrte Feststellung ist auch für Ansprüche auf Hinterbliebenenversorgung nach den Richtlinien 68 von Bedeutung. Der Aushang vom 10. Dezember 1986 ändert daran nichts. Auch das Ableben der Alleinerbin des Erblassers lässt das Feststellungsinteresse nicht entfallen. Der Antragt dient der effizienten Abwicklung des Erbfalls nach dem Tode der Alleinerbin.

19

III. Die Klage ist begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, dem vormaligen Kläger und Erblasser über den 31. August 2009 hinaus eine monatliche Altersrente iHv. 641,67 Euro zu zahlen. Daher schuldet sie der Klägerin für die Monate September 2009 bis November 2009 rückständige Betriebsrente iHv. 320,01 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9. Januar 2010. Die Neuberechnung der Altersrente des Erblassers entspricht nicht den Vorgaben der Richtlinien 68 in der Fassung des Aushangs vom 10. Dezember 1986 (im Folgenden: Richtlinien 86). Die Beklagte ist nicht berechtigt, bei der Berechnung der Altersrente des Erblassers nach IV Nr. 2 Satz 2 Richtlinien 86 iVm. § 6 BetrAVG die fiktiv auf die Vollendung des 65. Lebensjahres hochgerechnete Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung anzurechnen und eine Quotierung entsprechend § 2 Abs. 1 BetrAVG durchzuführen. Dies hat das Landesarbeitsgericht verkannt.

20

1. Die Altersrente des Erblassers berechnet sich nach den in IV Nr. 2 Satz 2 iVm. VIII B Nr. 1 Buchst. a und Nr. 2 Buchst. b der Richtlinien 86 getroffenen Regelungen und entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten nicht nach den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts unter entsprechender Anwendung von § 2 BetrAVG.

21

Zwar wird bei vorgezogener Inanspruchnahme der Betriebsrente nach § 6 BetrAVG in das Äquivalenzverhältnis zwischen der zugesagten Versorgungsleistung und der vom Arbeitnehmer zu erbringenden Gegenleistung stets zweifach eingegriffen, und zwar unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer vorzeitig ausgeschieden ist oder das Arbeitsverhältnis bis zur vorgezogenen Inanspruchnahme der Betriebsrente bestanden hat. Zum einen wird in das Gegenseitigkeitsverhältnis, das der Berechnung der Vollrente zugrunde liegt, dadurch eingegriffen, dass der Arbeitnehmer die Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze nicht vollständig erbracht hat. Zum anderen erfolgt eine Verschiebung des in der Versorgungszusage festgelegten Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung dadurch, dass er die Betriebsrente mit höherer Wahrscheinlichkeit, früher und länger als mit der Versorgungszusage versprochen in Anspruch nimmt (vgl. etwa BAG 19. Juni 2012 - 3 AZR 289/10 - Rn. 24 mwN). Dies führt jedoch vorliegend nicht zur Berechnung der Altersrente des Erblassers nach allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts entsprechend § 2 BetrAVG.

22

a) Die vom Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 23. Januar 2001 (- 3 AZR 164/00 -) entwickelten allgemeinen Grundsätze des Betriebsrentenrechts, nach denen der Arbeitgeber berechtigt ist, eine Quotierung entsprechend § 2 BetrAVG wegen der fehlenden Betriebszugehörigkeit und ggf. eine weitere Kürzung wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme vorzunehmen, finden bereits deshalb keine Anwendung, weil sie nur für die Berechnung der Höhe der Leistungen der betrieblichen Altersversorgung bei vorgezogener Inanspruchnahme der Betriebsrente nach vorzeitigem Ausscheiden gelten. Ein solcher Fall ist vorliegend nicht gegeben. Der Erblasser ist nicht vorzeitig, sondern erst mit Eintritt des in IV Nr. 2 Satz 2 Richtlinien 86 geregelten Versorgungsfalls mit Ablauf des 30. April 1987 aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ausgeschieden und hat ab dem 1. Mai 1987 im Alter von 60 Jahren die gesetzliche Altersrente als Vollrente und die Altersrente nach den Richtlinien 86 vorgezogen in Anspruch genommen.

23

b) Eine entsprechende Anwendung von § 2 BetrAVG ist auch nicht aus anderen Gründen veranlasst. Die Berechnung der nach § 6 BetrAVG vorgezogen in Anspruch genommenen Betriebsrente eines bis dahin betriebstreuen Arbeitnehmers entsprechend § 2 BetrAVG kommt nur dann in Betracht, wenn die Versorgungsordnung selbst keine Regelung zur Berechnung der Betriebsrente bei deren vorgezogener Inanspruchnahme enthält. Regelt die Versorgungsordnung die Höhe der nach § 6 BetrAVG vorgezogen in Anspruch genommenen Betriebsrente hingegen selbst, ist für eine entsprechende Anwendung von § 2 BetrAVG kein Raum(st. Rspr. vgl. etwa BAG 10. Dezember 2013 - 3 AZR 726/11 - Rn. 16). Letzteres ist vorliegend der Fall. Die Höhe der Altersrente bei vorgezogener Inanspruchnahme der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ist in IV Nr. 2 Satz 3 und VIII B Nr. 1 Buchst. a und Nr. 2 Buchst. b Richtlinien 86 eigenständig und abschließend geregelt. Dies ergibt die Auslegung der Richtlinien 86.

24

aa) Es kann dahinstehen, ob es sich bei den Richtlinien 86 um eine Betriebsvereinbarung oder um eine Gesamtzusage handelt. Zwar hängt es vom Rechtscharakter der Richtlinien 86 ab, welche Auslegungsgrundsätze anzuwenden sind. Beide Auslegungsmethoden führen jedoch zu demselben Ergebnis.

25

(1) Betriebsvereinbarungen sind nach den für Gesetze und Tarifverträge geltenden Grundsätzen auszulegen. Dabei ist vom Wortlaut der Bestimmung und dem durch ihn vermittelten Wortsinn auszugehen. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang der Regelungen, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Betriebsparteien geben kann. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (vgl. etwa BAG 9. Oktober 2012 - 3 AZR 539/10 - Rn. 21; 14. Dezember 2010 - 3 AZR 939/08 - Rn. 18 mwN).

26

(2) Eine Gesamtzusage ist als an eine Vielzahl von Arbeitnehmern gerichtete Erklärung nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden wird, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners zugrunde zu legen sind. Für das Auslegungsergebnis von Bedeutung ist auch der von den Vertragspartnern verfolgte typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Regelungszweck (vgl. etwa BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 51, BAGE 141, 222).

27

bb) Die Auslegung der Richtlinien 86 führt nach beiden Grundsätzen zu dem Ergebnis, dass die Bestimmungen in IV Nr. 2 Satz 2, VIII B Nr. 1 Buchst. a und Nr. 2 Buchst. b Richtlinien 86 die Berechnung der Altersrente auch für den Fall ihrer vorgezogenen Inanspruchnahme nach § 6 BetrAVG abschließend regeln.

28

(1) Hierfür spricht bereits die sprachliche Fassung von IV Nr. 2 Satz 2 Richtlinien 86. Danach wird die Altersrente („Sie“) auch gezahlt, wenn der Mitarbeiter vor Vollendung des 65. Lebensjahres ausscheidet und gesetzliche Rente in Anspruch nimmt. Diese Formulierung verdeutlicht, dass es sich auch bei der vorgezogen in Anspruch genommenen Betriebsrente um „die Altersrente“ iSd. I Nr. 2 Richtlinien 86 handelt, deren Höhe sich - trotz Inanspruchnahme vor Vollendung des 65. Lebensjahres - nach den Bestimmungen in VIII Richtlinien 86 richtet.

29

(2) Der systematische Zusammenhang der Richtlinien 86 bestätigt dieses Verständnis.

30

In I Richtlinien 86 sind die vier Arten von Versorgungsleistungen aufgeführt, die nach den Richtlinien 86 gewährt werden. Hierbei handelt es sich um die Erwerbsunfähigkeitsrente, die Altersrente, die Witwenrente und die Waisenrente. Die Voraussetzungen für die Gewährung der verschiedenen Versorgungsleistungen sind in IV Richtlinien 86 benannt. Die in I Nr. 2 Richtlinien 86 enthaltene Altersrente wird demnach nicht nur bei Vollendung des 65. Lebensjahres, sondern auch gezahlt, wenn der Mitarbeiter vorher ausscheidet und Altersruhegeld oder vorgezogenes Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht. Die Höhe der Versorgungsleistungen ist in VIII Richtlinien 86 bestimmt. Danach berechnet sich die „Altersrente“ bei Angestellten nach VIII B Nr. 1 Buchst. a und Nr. 2 Richtlinien 86. Die Regelungen erfassen damit sowohl die Berechnung der mit Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch genommenen Altersrente iSv. IV Nr. 2 Satz 1 Richtlinien 86 als auch die nach § 6 BetrAVG vorgezogene Altersrente iSv. IV Nr. 2 Satz 2 Richtlinien 86.

31

(3) Der mit dem Aushang vom 10. Dezember 1986 erkennbar verfolgte Regelungszweck unterstützt diese Auslegung.

32

Die aus der Zeit vor Inkrafttreten des Betriebsrentengesetzes vom 19. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3610) stammenden Richtlinien 68 waren durch die Einführung von § 6 BetrAVG zum 22. Dezember 1974 lückenhaft geworden. IV Nr. 2 Richtlinien 68 bestimmte lediglich, dass der Arbeitnehmer eine Altersrente erhält, wenn er nach Vollendung des 65. Lebensjahres aus dem Unternehmen ausscheidet. Nach VIII B Nr. 1 Richtlinien 68 hing die Höhe dieser Altersrente von der Anzahl der anrechnungsfähigen Dienstjahre ab. Danach betrug die mit Vollendung des 65. Lebensjahres zu zahlende Altersrente nach Ablauf der Wartezeit 15 % des letzten Grundgehalts und stieg für jedes weitere anrechnungsfähige Dienstjahr um 1 %. Demgegenüber regelten die Richtlinien 68 nicht, wie sich die nach § 6 BetrAVG vorgezogen in Anspruch genommene Altersrente des gleichzeitig aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ausscheidenden Arbeitnehmers berechnete(vgl. zur Lückenhaftigkeit von Versorgungsordnungen aus der Zeit vor Inkrafttreten des Betriebsrentengesetzes ausführlich BAG 1. Juni 1978 - 3 AZR 216/77 - zu I 2 der Gründe, BAGE 30, 333; 26. März 1985 - 3 AZR 236/83 - zu II der Gründe). Die Beklagte war daher - unter Beachtung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats - befugt, die wegen des vorzeitigen und möglicherweise längeren Rentenbezugs in der Versorgungsordnung entstandene Lücke an die geänderte Rechtslage anzupassen (vgl. zur Anpassungsbefugnis des Arbeitgebers infolge der Lückenhaftigkeit der Versorgungsordnung BAG 11. September 1980 - 3 AZR 185/80 - zu I 2 und zu II 3 c der Gründe; 1. Juni 1978 - 3 AZR 216/77 - zu I 2 der Gründe, aaO). Dies ist durch den Aushang vom 10. Dezember 1986 geschehen. Wie sich aus dem Aushang ergibt, sollte durch die Ergänzung der Richtlinien 68 der in § 6 BetrAVG geregelte Versorgungsfall ausdrücklich in IV Nr. 2 der Richtlinien 68 aufgenommen werden. Gleichzeitig wurde dadurch die Berechnung der vorgezogen in Anspruch genommenen Altersrente nach § 6 BetrAVG - einschließlich des Verzichts auf versicherungsmathematische Abschläge in diesen Fällen - in den Richtlinien 68 geregelt und damit die bis dahin vorhandene Lücke in den Richtlinien 68 geschlossen. Dem Umstand der verkürzten Betriebszugehörigkeit sowie dem längeren Bezug der Altersrente bei deren vorgezogener Inanspruchnahme nach § 6 BetrAVG wurde damit nicht durch eine entsprechende Anwendung von § 2 BetrAVG und Einführung versicherungsmathematischer Abschläge, sondern dadurch abschließend Rechnung getragen, dass die Jahre zwischen dem Ausscheiden des Arbeitnehmers und dem 65. Lebensjahr als anrechnungsfähige Dienstjahre unberücksichtigt bleiben.

33

c) Da die Altersrente auch bei deren vorgezogener Inanspruchnahme nach VIII B Richtlinien 86 zu berechnen ist, kann im Rahmen der vorgesehenen Gesamtversorgung lediglich die vom Kläger tatsächlich bezogene, nach den Richtlinien 86 anrechenbare Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigt werden. Eine Anrechnung der fiktiven Rente, die der Kläger erhielte, wenn er die Rente erst mit Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch genommen hätte, scheidet aus. Die Berücksichtigung der fiktiven, auf die feste Altersgrenze hochgerechneten Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung kommt nur dann in Betracht, wenn die Versorgungsordnung dies vorsieht oder wenn im Rahmen der Quotierung nach § 2 Abs. 1 BetrAVG die fiktive Vollrente zu ermitteln ist. Enthält die Versorgungsordnung eine abschließende eigenständige Regelung, die die Anrechnung einer fiktiven, auf die feste Altersgrenze hochgerechneten Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht vorsieht und die einer entsprechenden Anwendung des § 2 Abs. 1 BetrAVG entgegensteht, scheidet eine Hochrechnung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf die fiktive, bei Inanspruchnahme ab der festen Altersgrenze zustehende Rente aus (BAG 10. Dezember 2013 - 3 AZR 726/11 - Rn. 23).

34

So verhält es sich hier. Weder ist die vorgezogene Altersrente in entsprechender Anwendung von § 2 Abs. 1 BetrAVG zu ermitteln noch sehen die Richtlinien 86 die Anrechnung einer fiktiven, auf das 65. Lebensjahr hochgerechneten Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung vor.

35

2. Danach hat die Beklagte dem Erblasser bis zum 31. August 2009 zu Recht eine monatliche Altersrente iHv. 641,67 Euro gezahlt. Dieser Betrag stand ihm auch über den 31. August 2009 hinaus zu. Die Beklagte hat die dem Erblasser zustehende Altersrente mit Schreiben vom 26. März 1987 zutreffend berechnet. Der Erblasser hatte bei Eintritt des Versorgungsfalls am 1. Mai 1987 gemäß IV Nr. 2 Satz 2 Richtlinien 86 einen Anspruch auf eine Altersrente iHv. (aufgerundet) 1.197,00 DM.

36

Der Erblasser hat vom 31. August 1951 bis zum 30. April 1987 insgesamt 36 anrechnungsfähige Dienstjahre iSd. III Satz 1 und Satz 2 Richtlinien 86 bei der Beklagten zurückgelegt. Damit belief sich seine Altersrente nach VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 86 bei Zugrundelegung eines pensionsfähigen Gehalts iHv. 4.334,00 DM auf 41 % dieses Betrags, mithin auf 1.776,94 DM (15 % für die ersten zehn Jahre, je 1 % für jedes weitere Jahr). Ausgehend von 36 Dienstjahren ergab sich nach VIII B Nr. 2 Buchst. a Richtlinien 86 eine Gesamtversorgungsobergrenze iHv. 73,25 % (65 % für die ersten 25 Dienstjahre und 0,75 % für jedes weitere Dienstjahr), mithin ein Betrag von 3.174,66 DM (73,25 % von 4.334,00 DM). Bei Eintritt in den Ruhestand am 1. Mai 1987 hat der Erblasser aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Rente iHv. 1.978,00 DM bezogen. Auf die maximale Gesamtversorgung von 3.174,66 DM ist die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung von 1.978,00 DM anzurechnen. Daraus ergibt sich bei Eintritt des Versorgungsfalls am 1. Mai 1987 eine Altersrente iHv. 1.196,66 DM (aufgerundet 1.197,00 DM).

37

Diese Altersrente wurde von der Beklagten zum 1. Januar 1990 auf 1.255,00 DM angepasst. Der sich danach ergebende Betrag iHv. 641,67 Euro stand dem Erblasser auch über den 31. August 2009 hinaus weiterhin zu. Da die Beklagte dem Erblasser für die Zeit vom 1. September 2009 bis zum 30. November 2009 nur noch einen Betrag iHv. 535,00 Euro monatlich gezahlt hat, kann die Klägerin für diese Zeit eine Nachzahlung iHv. insgesamt 320,01 Euro beanspruchen.

38

3. Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1 Satz 2, § 291 BGB.

39

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Zwanziger    

        

    Schlewing    

        

    Ahrendt    

        

        

        

    Wischnath    

        

    C. Reiter    

                 

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

(1) Der Personalrat hat mitzubestimmen in Personalangelegenheiten der Arbeitnehmer bei

1.
Einstellung,
2.
Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit, Höher- oder Rückgruppierung, Eingruppierung,
3.
Versetzung zu einer anderen Dienststelle,Umsetzung innerhalb der Dienststelle, wenn sie mit einem Wechsel des Dienstortes verbunden ist (das Einzugsgebiet im Sinne des Umzugskostenrechts gehört zum Dienstort),
4.
Abordnung für eine Dauer von mehr als drei Monaten,
4a.
Zuweisung entsprechend § 29 des Bundesbeamtengesetzes für eine Dauer von mehr als drei Monaten,
5.
Weiterbeschäftigung über die Altersgrenze hinaus,
6.
Anordnungen, welche die Freiheit in der Wahl der Wohnung beschränken,
7.
Versagung oder Widerruf der Genehmigung einer Nebentätigkeit.

(2) Der Personalrat hat mitzubestimmen in sozialen Angelegenheiten bei

1.
Gewährung von Unterstützungen, Vorschüssen, Darlehen und entsprechenden sozialen Zuwendungen,
2.
Zuweisung und Kündigung von Wohnungen, über die die Dienststelle verfügt, sowie der allgemeinen Festsetzung der Nutzungsbedingungen,
3.
Zuweisung von Dienst- und Pachtland und Festsetzung der Nutzungsbedingungen.
Hat ein Beschäftigter eine Leistung nach Nummer 1 beantragt, wird der Personalrat nur auf seinen Antrag beteiligt; auf Verlangen des Antragstellers bestimmt nur der Vorstand des Personalrates mit. Die Dienststelle hat dem Personalrat nach Abschluß jedes Kalendervierteljahres einen Überblick über die Unterstützungen und entsprechenden sozialen Zuwendungen zu geben. Dabei sind die Anträge und die Leistungen gegenüberzustellen. Auskunft über die von den Antragstellern angeführten Gründe wird hierbei nicht erteilt.

(3) Der Personalrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, gegebenenfalls durch Abschluß von Dienstvereinbarungen mitzubestimmen über

1.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage,
2.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Dienstbezüge und Arbeitsentgelte,
3.
Aufstellung des Urlaubsplanes, Festsetzung der zeitlichen Lage des Erholungsurlaubs für einzelne Beschäftigte, wenn zwischen dem Dienststellenleiter und den beteiligten Beschäftigten kein Einverständnis erzielt wird,
4.
Fragen der Lohngestaltung innerhalb der Dienststelle, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen, die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden und deren Änderung sowie die Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren,
5.
Errichtung, Verwaltung und Auflösung von Sozialeinrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform,
6.
Durchführung der Berufsausbildung bei Arbeitnehmern,
7.
Auswahl der Teilnehmer an Fortbildungsveranstaltungen für Arbeitnehmer,
8.
Inhalt von Personalfragebogen für Arbeitnehmer,
9.
Beurteilungsrichtlinien für Arbeitnehmer,
10.
Bestellung von Vertrauens- oder Betriebsärzten als Arbeitnehmer,
11.
Maßnahmen zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen,
12.
Grundsätze über die Bewertung von anerkannten Vorschlägen im Rahmen des betrieblichen Vorschlagwesens,
13.
Aufstellung von Sozialplänen einschließlich Plänen für Umschulungen zum Ausgleich oder zur Milderung von wirtschaftlichen Nachteilen, die dem Beschäftigten infolge von Rationalisierungsmaßnahmen entstehen,
14.
Absehen von der Ausschreibung von Dienstposten, die besetzt werden sollen,
15.
Regelung der Ordnung in der Dienststelle und des Verhaltens der Beschäftigten,
16.
Gestaltung der Arbeitsplätze,
17.
Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Beschäftigten zu überwachen.

(4) Muß für Gruppen von Beschäftigten die tägliche Arbeitszeit (Absatz 3 Nr. 1) nach Erfordernissen, die die Dienststelle nicht voraussehen kann, unregelmäßig und kurzfristig festgesetzt werden, so beschränkt sich die Mitbestimmung auf die Grundsätze für die Aufstellung der Dienstpläne, insbesondere für die Anordnung von Dienstbereitschaft, Mehrarbeit und Überstunden.

(5) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Dienstvereinbarung (Absatz 3) sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluß ergänzender Dienstvereinbarungen ausdrücklich zuläßt.

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

Tenor

I. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 21. April 2010 - 8 Sa 775/09 - unter Zurückweisung der weitergehenden Revision teilweise aufgehoben und insgesamt neu gefasst:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 3. November 2009 - 3 Ca 2026/08 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen abgeändert und zu Ziff. 1 bis 6 neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 221,97 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 11. September 2008 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 95,13 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 20. November 2008 zu zahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 110,90 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 19. Februar 2009 zu zahlen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 47,48 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 24. März 2009 zu zahlen.

5. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 237,40 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 11. August 2009 zu zahlen.

6. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab August 2009 eine monatliche Besitzstandszulage iHv. 54,09 Euro brutto gem. Protokollnotiz Nr. 3 zum Teil II N I der Anlage 1a zum BAT zu zahlen.

7. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 1/4 und die Beklagte zu 3/4 zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe einer Funktionszulage.

2

Die Klägerin ist im Geschäftsbereich der Beklagten im Bundeswehrzentralkrankenhaus K als Schreibkraft, zuletzt in Teilzeit, beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst jedenfalls kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung.

3

Bis zur Kündigung der Anlagen 1a und 1b zum BAT zum 31. Dezember 1983 hatten im Schreibdienst tätige Angestellte der VergGr. VII bzw. VIII nach den Protokollnotizen Nr. 3 bzw. Nr. 6 zu Teil II Abschn. N Unterabschn. I der Anlage 1a zum BAT (Protokollnotiz Nr. 3) unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf eine Funktionszulage in Höhe von 8 vH der Anfangsgrundvergütung. Von der mit Wirkung vom 1. Januar 1991 erfolgten Wiederinkraftsetzung der Anlage 1a war die Regelung in der Protokollnotiz Nr. 3 ausgenommen.

4

Die Parteien vereinbarten im Jahr 2003 in einer Nebenabrede zum Arbeitsvertrag die Zahlung einer Funktionszulage gem. der Protokollnotiz Nr. 3. Das von der Beklagten verfasste Begleitschreiben enthielt einen Hinweis auf die Widerruflichkeit der Funktionszulage.

5

Nach Inkrafttreten des TVöD teilte die Standortverwaltung K der Klägerin in einem Schreiben vom 1. Dezember 2005 mit, dass sie die bisherige Funktionszulage für Angestellte im Schreibdienst ab 1. Oktober 2005 als außertarifliche persönliche Besitzstandszulage längstens bis zum Inkrafttreten einer neuen Entgeltordnung erhalte. Bei allgemeinen Entgeltanpassungen und sonstigen Entgelterhöhungen werde der Unterschiedsbetrag zum bisherigen Entgelt auf diese Besitzstandszulage angerechnet. Die Höhe der nach der Protokollnotiz Nr. 3 gewährten Zulage betrug bis zum 30. September 2007 70,90 Euro brutto monatlich.

6

Die Vergütung der Klägerin erhöhte sich zum 1. Oktober 2007 aufgrund eines Stufenaufstiegs um 16,81 Euro brutto. Diesen Betrag rechnete die Beklagte in vollem Umfang auf die Zulage an, die zu diesem Zeitpunkt 70,90 Euro brutto monatlich betrug. Ab dem 1. Januar 2008 und dem 1. Januar 2009 rechnete die Beklagte die jeweiligen Tarifsteigerungen nur zu einem Drittel auf die Funktionszulage an. Eine Personalvertretung beteiligte sie an diesen Maßnahmen nicht. Die Klägerin erhielt ab dem 1. Januar 2008 eine monatliche Zulage iHv. 22,38 Euro brutto und ab dem 1. Januar 2009 iHv. 6,61 Euro brutto. Daraufhin forderte sie die Beklagte mit Schreiben vom 25. Juni 2008 erfolglos zur Zahlung einer ungekürzten Funktionszulage ab dem 1. Januar 2008 auf.

7

Mit der Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie hat gemeint, die zum 1. Januar 2008 und zum 1. Januar 2009 von der Beklagten getroffenen Anrechnungsentscheidungen hätten nach § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG der Beteiligung des Personalrats bedurft.

8

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 339,64 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozent-punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 11. September 2008 zu zahlen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 145,56 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozent-punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 20. November 2008 zu zahlen;

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 161,33 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozent-punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 19. Februar 2009 zu zahlen;

        

4.    

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 64,29 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozent-punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 24. März 2009 zu zahlen;

        

5.    

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 321,45 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozent-punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 11. August 2009 zu zahlen;

        

6.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin eine monatliche Funktionszulage iHv. 70,90 Euro brutto gemäß Protokollnotiz Nr. 3 zu Teil II N I der Anlage 1a zum BAT zu zahlen.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

10

Sie hat die Auffassung vertreten, die Anrechnungsentscheidungen seien vom Bundesinnenministerium ressortübergreifend getroffen worden und daher nicht beteiligungspflichtig. Eine Unwirksamkeit führe auch nur dazu, dass es bei der zuvor praktizierten Vollanrechnung verbleibe.

11

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist nur teilweise begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht entsprochen, soweit diese auf die Unwirksamkeit der von der Beklagten zum 1. Januar 2008 sowie zum 1. Januar 2009 getroffenen Anrechnungsentscheidungen gestützt wird. In diesem Umfang sind die Zahlungsanträge und der Feststellungsantrag begründet. Die weitergehende Klage ist unbegründet.

13

I. Der zu 6. erhobene Feststellungsantrag ist zulässig. Er ist im Hinblick auf die den Zeitraum bis zum 31. Juli 2009 erfassenden Zahlungsanträge dahingehend auszulegen, dass mit ihm die sich für die Beklagte ab dem 1. August 2009 ergebende Verpflichtung festgestellt werden soll, der Klägerin bei Vorliegen der in der Protokollnotiz Nr. 3 genannten Voraussetzungen eine Funktionszulage iHv. 70,90 Euro brutto zu zahlen. Für den so verstandenen Antrag liegt das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse vor.

14

II. Die Zahlungsanträge sind überwiegend begründet. Die Beklagte ist nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung verpflichtet, der Klägerin für die Zeit ab dem 1. Januar 2008 eine Funktionszulage von monatlich je 31,71 Euro brutto sowie für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Juli 2009 von jeweils 47,48 Euro brutto monatlich zu zahlen. Die Klage war iHv. 16,81 Euro brutto monatlich abzuweisen, da die Klägerin bei der Berechnung der Klageforderung die zum 1. Oktober 2007 wirksam gewordene Anrechnung nicht berücksichtigt hat.

15

1. Die Klägerin hat keinen individual-rechtlichen Anspruch auf die Fortzahlung der ungekürzten Zulage iHv. 70,90 Euro brutto ab dem 1. Januar 2008. Nach der Rechtsprechung des Zehnten Senats des Bundesarbeitsgerichts konnten tarifliche Entgelterhöhungen nach Inkrafttreten des TVöD auf die nach der Protokollnotiz Nr. 3 gewährte Funktionszulage angerechnet werden (16. Mai 2012 - 10 AZR 729/10 -; 18. Mai 2011 - 10 AZR 206/10 - AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 47). Gegenteiliges macht die Klägerin in der Revisionsinstanz auch nicht mehr geltend.

16

2. Die Beklagte hat bei ihren zum 1. Januar 2008 sowie zum 1. Januar 2009 erfolgten Anrechnungen der jeweiligen Tarifsteigerungen auf die Funktionszulage das Mitbestimmungsrecht des in ihrem Geschäftsbereichs gebildeten Hauptpersonalrats verletzt.

17

a) Der Personalrat hat bei der Anrechnung einer Tariflohnerhöhung auf eine übertarifliche Zulage nach § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG mitzubestimmen.

18

Nach dieser Vorschrift bedarf die Aufstellung und Änderung von Entlohnungsgrundsätzen der vorherigen Zustimmung des Personalrats. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu der insoweit gleichlautenden Regelung des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hat der Betriebsrat bei der Anrechnung einer Tariferhöhung auf übertarifliche Zulagen mitzubestimmen, soweit eine generelle Maßnahme vorliegt, sich durch die Anrechnung die bisher bestehenden Verteilungsrelationen ändern und für eine Neuregelung innerhalb des vom Arbeitgeber mitbestimmungsfrei vorgegebenen Dotierungsrahmens ein Gestaltungsspielraum besteht. Nicht mitbestimmungspflichtig ist eine Anrechnung, wenn sie das Zulagenvolumen völlig aufzehrt oder die Tariferhöhung im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Möglichen vollständig und gleichmäßig auf die übertariflichen Zulagen angerechnet wird (BAG 8. Juni 2004 - 1 AZR 308/03 - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 111, 70). Die Anrechnung ist überdies dann mitbestimmungsfrei, wenn der Arbeitgeber die bisherigen Verteilungsgrundsätze beachtet und diese sich durch die Anrechnung nicht verändern (BAG 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C III 5 der Gründe, BAGE 69, 134). Diese Grundsätze gelten im Rahmen des § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG gleichermaßen(vgl. BVerwG 26. Juli 1979 - 6 P 44.78 - AP BPersVG § 75 Nr. 4; BAG 1. November 2005 - 1 AZR 355/04 - Rn. 33, BAGE 116, 175).

19

b) Die von der Beklagten nach Maßgabe der Durchführungshinweise des BMI im Schreiben vom 10. Oktober 2005 - D II 2-220210/643 - bis zum 1. Januar 2008 getroffenen Anrechnungsentscheidungen unterlagen nicht der Mitbestimmung der Personalvertretung nach § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG. Die tariflichen Entgeltsteigerungen wurden in vollem Umfang auf die Zulage angerechnet. Eine Gestaltungsmöglichkeit, an deren Vorliegen das Beteiligungsrecht anknüpft, bestand danach nicht (BAG 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C III 6 b bb der Gründe, BAGE 69, 134). Aus diesem Grund erweist sich auch die vollständige Anrechnung der Entgeltsteigerung durch den zum 1. Oktober 2007 erfolgten Stufenaufstieg der Klägerin iHv. 16,81 Euro brutto als wirksam, was das Landesarbeitsgericht bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt hat.

20

c) Hingegen hat die Beklagte bei der zum 1. Januar 2008 wirksam gewordenen Tarifsteigerung die Anrechnung des Steigerungsbetrags auf ein Drittel des zuvor gezahlten Zulagenbetrags beschränkt. Ebenso verfuhr sie bei der Tariferhöhung zum 1. Januar 2009. Diese Maßnahmen unterlagen der Mitbestimmung. Bei der Funktionszulage handelt es sich um Arbeitsentgelt iSv. § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG, da sie eine Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer geleisteten Dienste darstellt. Anders als bei der vollständigen Anrechnung der Tariflohnerhöhung auf die Zulage besteht bei deren teilweiser Anrechnung ein Verteilungsspielraum des Dienststellenleiters. Dessen Gestaltungsmöglichkeit löst das Mitbestimmungsrecht nach § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG aus, wenn sich infolge der Anrechnung die zuvor bestehenden Verteilungsgrundsätze verändern. Bei einer Teilanrechnung der Tariflohnerhöhung auf die Zulage bleiben diese nur unverändert, wenn die Zulagen in einem einheitlichen gleichen Verhältnis zum jeweiligen Tariflohn stehen und die Tariflöhne um den gleichen Prozentsatz erhöht werden (vgl. BAG 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C III 5 b der Gründe, BAGE 69, 134). Danach unterlagen die Drittelanrechnungen der Funktionszulage zum Jahresbeginn 2008 und 2009 dem Mitbestimmungsrecht. Die Funktionszulage steht nicht in einem einheitlichen und gleichen Verhältnis zum jeweiligen Tariflohn. Für deren Höhe war nicht die jeweilige tarifliche Vergütung maßgeblich. Deren Höhe betrug nach der Protokollnotiz Nr. 3 einheitlich 8 vH der Anfangsgrundvergütung der VergGr. VII BAT.

21

d) Die Beklagte musste bei den von ihr zum 1. Januar 2008 sowie zum 1. Januar 2009 getroffenen Anrechnungsentscheidungen den in ihrem Geschäftsbereich gebildeten Hauptpersonalrat beteiligen.

22

aa) Das Berufungsgericht hat im Tatbestand seiner Entscheidung festgestellt, dass sich die Beklagte nach Maßgabe eines Schreibens des Bundesministeriums des Innern vom 1. August 2008 entschieden habe, die im Jahr 2008 eingetretenen Tariferhöhungen - rückwirkend zum 1. Januar 2008 - nur zu einem Drittel auf die betreffende Zulage anzurechnen (Seite 3 f. des amtlichen Umdrucks). An diese Feststellungen ist der Senat gebunden, da es an einem hiergegen gerichteten zulässigen und begründeten Revisionsangriff der Beklagen fehlt  559 Abs. 2 ZPO).

23

(1) Nach § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO unterliegt der Beurteilung des Revisionsgerichts nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Die tatbestandliche Feststellung im Berufungsurteil, dass die Beklagte die streitgegenständlichen Anrechnungsentscheidungen getroffen hat, liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen (§ 314 Satz 1 ZPO). Eine Unrichtigkeit dieser Feststellung kann grundsätzlich nur im Berichtigungsverfahren (§ 320 ZPO) geltend gemacht und ggf. behoben werden. Ist eine Berichtigung des Tatbestands nach § 320 ZPO beantragt worden, kann eine Unrichtigkeit tatbestandlicher Feststellungen im Berufungsurteil, aber auch in der Revisionsinstanz mit einer Verfahrensrüge nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO geltend gemacht werden, soweit sich aus der den Berichtigungsantrag zurückweisenden Entscheidung des Berufungsgerichts ergibt, dass seine tatbestandlichen Feststellungen widersprüchlich sind (BGH 16. Dezember 2010 - I ZR 161/08 - Rn. 12, NJW 2011, 1513). Die Beweiskraft des Tatbestands und seine Bindungswirkung für das Revisionsgericht entfallen unabhängig von der Erhebung einer Verfahrensrüge, wenn die Feststellungen der Vorinstanz unklar, lückenhaft oder widersprüchlich sind. Solche Mängel hat das Revisionsgericht von Amts wegen zu berücksichtigen. Die Beklagte hat gegenüber den Feststellungen des Berufungsgerichts jedoch weder die Berichtigung des Tatbestands beantragt noch eine Verfahrensrüge erhoben. Ebenso weist der Tatbestand des Landesarbeitsgerichts keine Mängel auf, die zur Unverbindlichkeit der von ihm getroffenen Feststellungen führen.

24

(2) Erstmals in der Revisionsbegründung hat die Beklagte vorgetragen, dass die Entscheidung zum Abschmelzen der Besitzstandszulagen für Schreibkräfte vom Bundesinnenministerium „im Rahmen seiner durch die Aufgabenverteilung zwischen den Ressorts begründeten Zuständigkeit für das Recht des öffentlichen Dienstes sowie die Auslegung und Anwendung der entsprechenden Vorschriften“ getroffen worden sei. Dieses Vorbringen ist als neuer Sachvortrag nach § 559 Abs. 1 ZPO nicht berücksichtigungsfähig.

25

(a) Der Schluss der mündlichen Verhandlung in zweiter Instanz bildet bezüglich des tatsächlichen Vorbringens der Parteien die Entscheidungsgrundlage für das Revisionsgericht. Allerdings ist § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO einschränkend dahin auszulegen, dass in bestimmtem Umfang auch Tatsachen, die sich erst während der Revisionsinstanz ereignen, berücksichtigungsfähig sind, soweit sie unstreitig sind oder ihr Vorliegen in der Revisionsinstanz ohnehin von Amts wegen zu beachten ist und schützenswerte Belange der Gegenseite nicht entgegenstehen(BGH 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - Rn. 27, NJW 2009, 3783). Daneben kann Vorbringen berücksichtigungsfähig sein, wenn es von der Gegenseite unstreitig gestellt worden ist (vgl. BAG 24. Juli 2001 - 3 AZR 716/00 - zu B III 2 der Gründe, AiB 2003, 120).

26

(b) Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

27

Bei dem Vortrag der Beklagten handelt es sich weder um Tatsachen, die erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht entstanden sind, noch hat die Klägerin das erst in der Revisionsbegründung gehaltene Vorbringen unstreitig gestellt. Daneben ist es schon deshalb unbeachtlich, weil die Beklagte nicht vorgetragen hat, wann das Bundesinnenministerium eine solche Entscheidung für den Geschäftsbereich des Bundesverteidigungsministers getroffen haben soll. Es fehlt auch an einer nach § 73 Abs. 1 Satz 1 ArbGG vom Senat zu berücksichtigenden Rechtsvorschrift, die eine Zuständigkeit des Bundesinnenministeriums für die von der Beklagten behauptete Entscheidung begründen könnte. Daher muss der Senat nicht entscheiden, ob die von der Beklagten behauptete Entscheidungsbefugnis des Bundesinnenministeriums in Personalangelegenheiten der im Geschäftsbereichs des Bundesverteidigungsministers beschäftigten Arbeitnehmer im Einklang mit dem Ressortprinzip des Art. 65 Satz 2 GG stünde. Nach dieser Norm leitet jeder Bundesminister seinen Geschäftsbereich im Rahmen der vom Bundeskanzler nach Art. 65 Satz 1 GG festlegten Richtlinien selbständig und unter eigener Verantwortung. Diese Leitungskompetenz umfasst neben der Befugnis, im Rahmen der gesetzlichen und haushaltsrechtlichen Vorgaben die Organisation und die Verfahrensabläufe des Ressorts zu gestalten, die Personalhoheit gegenüber den dort Beschäftigten. Deren Wahrnehmung gehört zu dem Entscheidungs- und Gestaltungsraum der jeweiligen Ressortminister (Herzog in Maunz/Dürig GG Stand Januar 2012 Art. 65 Rn. 53, 59 f.).

28

bb) Danach hatte die Beklagte den in ihrem Geschäftsbereich gebildeten Hauptpersonalrat (§ 53 Abs. 1 BPersVG) bei ihrer Entscheidung über die zum Jahresbeginn 2008 und 2009 erfolgten Anrechnungsentscheidungen zu beteiligen, woran es vorliegend fehlt.

29

3. Die Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Hauptpersonalrats hat nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung die Unwirksamkeit der Anrechnungsentscheidungen zur Folge (BAG 8. Juni 2004 - 1 AZR 308/03 - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 111, 70).

30

a) Entgegen der Auffassung der Beklagten führt dies nicht dazu, dass es bei den zuvor vorgenommenen Vollanrechnungen der Tarifsteigerungen auf die Funktionszulage verbleibt. Vielmehr hat die Beklagte hinsichtlich der Tariferhöhungen für die Jahre 2008 und 2009 ihre ursprüngliche Anrechnungsentscheidung aufgehoben und eine neue Entscheidung getroffen, nach der die Tarifsteigerungen nur auf ein Drittel des Zulagenbetrags angerechnet werden. Da diese Maßnahme wegen Verletzung des Beteiligungsrechts nach § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG unwirksam sind, hat die Klägerin Anspruch auf die Weitergewährung der Zulage in der am 31. Dezember 2007 bestehenden Höhe. Dass die Beklagte zwischenzeitlich eine wirksame Anrechnungsentscheidung für den streitgegenständlichen Zeitraum getroffen hat, wird von dieser selbst nicht behauptet.

31

b) Für die Klägerin ergibt sich danach unter Berücksichtigung der zum 1. Oktober 2007 wirksam erfolgten Anrechnung von 16,81 Euro brutto und der von der Beklagten geleisteten Zulagenbeträge ein Zahlungsanspruch für die Zeit ab dem 1. Januar 2008 von monatlich je 31,71 Euro brutto sowie ab 1. Januar 2009 bis zum 31. Juli 2009 von jeweils 47,48 Euro brutto monatlich.

32

III. Nach dem Vorstehenden erweist sich der für den Zeitraum ab dem 1. August 2009 gestellte Feststellungsantrag lediglich in Höhe von 54,09 Euro brutto monatlich als begründet.

        

Schmidt

        

Linck 

        

Koch   

        
                 

Wisskirchen

        

N. Schuster

                          

(1) Der Personalrat hat mitzubestimmen in Personalangelegenheiten der Arbeitnehmer bei

1.
Einstellung,
2.
Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit, Höher- oder Rückgruppierung, Eingruppierung,
3.
Versetzung zu einer anderen Dienststelle,Umsetzung innerhalb der Dienststelle, wenn sie mit einem Wechsel des Dienstortes verbunden ist (das Einzugsgebiet im Sinne des Umzugskostenrechts gehört zum Dienstort),
4.
Abordnung für eine Dauer von mehr als drei Monaten,
4a.
Zuweisung entsprechend § 29 des Bundesbeamtengesetzes für eine Dauer von mehr als drei Monaten,
5.
Weiterbeschäftigung über die Altersgrenze hinaus,
6.
Anordnungen, welche die Freiheit in der Wahl der Wohnung beschränken,
7.
Versagung oder Widerruf der Genehmigung einer Nebentätigkeit.

(2) Der Personalrat hat mitzubestimmen in sozialen Angelegenheiten bei

1.
Gewährung von Unterstützungen, Vorschüssen, Darlehen und entsprechenden sozialen Zuwendungen,
2.
Zuweisung und Kündigung von Wohnungen, über die die Dienststelle verfügt, sowie der allgemeinen Festsetzung der Nutzungsbedingungen,
3.
Zuweisung von Dienst- und Pachtland und Festsetzung der Nutzungsbedingungen.
Hat ein Beschäftigter eine Leistung nach Nummer 1 beantragt, wird der Personalrat nur auf seinen Antrag beteiligt; auf Verlangen des Antragstellers bestimmt nur der Vorstand des Personalrates mit. Die Dienststelle hat dem Personalrat nach Abschluß jedes Kalendervierteljahres einen Überblick über die Unterstützungen und entsprechenden sozialen Zuwendungen zu geben. Dabei sind die Anträge und die Leistungen gegenüberzustellen. Auskunft über die von den Antragstellern angeführten Gründe wird hierbei nicht erteilt.

(3) Der Personalrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, gegebenenfalls durch Abschluß von Dienstvereinbarungen mitzubestimmen über

1.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage,
2.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Dienstbezüge und Arbeitsentgelte,
3.
Aufstellung des Urlaubsplanes, Festsetzung der zeitlichen Lage des Erholungsurlaubs für einzelne Beschäftigte, wenn zwischen dem Dienststellenleiter und den beteiligten Beschäftigten kein Einverständnis erzielt wird,
4.
Fragen der Lohngestaltung innerhalb der Dienststelle, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen, die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden und deren Änderung sowie die Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren,
5.
Errichtung, Verwaltung und Auflösung von Sozialeinrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform,
6.
Durchführung der Berufsausbildung bei Arbeitnehmern,
7.
Auswahl der Teilnehmer an Fortbildungsveranstaltungen für Arbeitnehmer,
8.
Inhalt von Personalfragebogen für Arbeitnehmer,
9.
Beurteilungsrichtlinien für Arbeitnehmer,
10.
Bestellung von Vertrauens- oder Betriebsärzten als Arbeitnehmer,
11.
Maßnahmen zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen,
12.
Grundsätze über die Bewertung von anerkannten Vorschlägen im Rahmen des betrieblichen Vorschlagwesens,
13.
Aufstellung von Sozialplänen einschließlich Plänen für Umschulungen zum Ausgleich oder zur Milderung von wirtschaftlichen Nachteilen, die dem Beschäftigten infolge von Rationalisierungsmaßnahmen entstehen,
14.
Absehen von der Ausschreibung von Dienstposten, die besetzt werden sollen,
15.
Regelung der Ordnung in der Dienststelle und des Verhaltens der Beschäftigten,
16.
Gestaltung der Arbeitsplätze,
17.
Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Beschäftigten zu überwachen.

(4) Muß für Gruppen von Beschäftigten die tägliche Arbeitszeit (Absatz 3 Nr. 1) nach Erfordernissen, die die Dienststelle nicht voraussehen kann, unregelmäßig und kurzfristig festgesetzt werden, so beschränkt sich die Mitbestimmung auf die Grundsätze für die Aufstellung der Dienstpläne, insbesondere für die Anordnung von Dienstbereitschaft, Mehrarbeit und Überstunden.

(5) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Dienstvereinbarung (Absatz 3) sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluß ergänzender Dienstvereinbarungen ausdrücklich zuläßt.

Tenor

I. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 21. April 2010 - 8 Sa 775/09 - unter Zurückweisung der weitergehenden Revision teilweise aufgehoben und insgesamt neu gefasst:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 3. November 2009 - 3 Ca 2026/08 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen abgeändert und zu Ziff. 1 bis 6 neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 221,97 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 11. September 2008 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 95,13 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 20. November 2008 zu zahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 110,90 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 19. Februar 2009 zu zahlen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 47,48 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 24. März 2009 zu zahlen.

5. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 237,40 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 11. August 2009 zu zahlen.

6. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab August 2009 eine monatliche Besitzstandszulage iHv. 54,09 Euro brutto gem. Protokollnotiz Nr. 3 zum Teil II N I der Anlage 1a zum BAT zu zahlen.

7. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 1/4 und die Beklagte zu 3/4 zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe einer Funktionszulage.

2

Die Klägerin ist im Geschäftsbereich der Beklagten im Bundeswehrzentralkrankenhaus K als Schreibkraft, zuletzt in Teilzeit, beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst jedenfalls kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung.

3

Bis zur Kündigung der Anlagen 1a und 1b zum BAT zum 31. Dezember 1983 hatten im Schreibdienst tätige Angestellte der VergGr. VII bzw. VIII nach den Protokollnotizen Nr. 3 bzw. Nr. 6 zu Teil II Abschn. N Unterabschn. I der Anlage 1a zum BAT (Protokollnotiz Nr. 3) unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf eine Funktionszulage in Höhe von 8 vH der Anfangsgrundvergütung. Von der mit Wirkung vom 1. Januar 1991 erfolgten Wiederinkraftsetzung der Anlage 1a war die Regelung in der Protokollnotiz Nr. 3 ausgenommen.

4

Die Parteien vereinbarten im Jahr 2003 in einer Nebenabrede zum Arbeitsvertrag die Zahlung einer Funktionszulage gem. der Protokollnotiz Nr. 3. Das von der Beklagten verfasste Begleitschreiben enthielt einen Hinweis auf die Widerruflichkeit der Funktionszulage.

5

Nach Inkrafttreten des TVöD teilte die Standortverwaltung K der Klägerin in einem Schreiben vom 1. Dezember 2005 mit, dass sie die bisherige Funktionszulage für Angestellte im Schreibdienst ab 1. Oktober 2005 als außertarifliche persönliche Besitzstandszulage längstens bis zum Inkrafttreten einer neuen Entgeltordnung erhalte. Bei allgemeinen Entgeltanpassungen und sonstigen Entgelterhöhungen werde der Unterschiedsbetrag zum bisherigen Entgelt auf diese Besitzstandszulage angerechnet. Die Höhe der nach der Protokollnotiz Nr. 3 gewährten Zulage betrug bis zum 30. September 2007 70,90 Euro brutto monatlich.

6

Die Vergütung der Klägerin erhöhte sich zum 1. Oktober 2007 aufgrund eines Stufenaufstiegs um 16,81 Euro brutto. Diesen Betrag rechnete die Beklagte in vollem Umfang auf die Zulage an, die zu diesem Zeitpunkt 70,90 Euro brutto monatlich betrug. Ab dem 1. Januar 2008 und dem 1. Januar 2009 rechnete die Beklagte die jeweiligen Tarifsteigerungen nur zu einem Drittel auf die Funktionszulage an. Eine Personalvertretung beteiligte sie an diesen Maßnahmen nicht. Die Klägerin erhielt ab dem 1. Januar 2008 eine monatliche Zulage iHv. 22,38 Euro brutto und ab dem 1. Januar 2009 iHv. 6,61 Euro brutto. Daraufhin forderte sie die Beklagte mit Schreiben vom 25. Juni 2008 erfolglos zur Zahlung einer ungekürzten Funktionszulage ab dem 1. Januar 2008 auf.

7

Mit der Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie hat gemeint, die zum 1. Januar 2008 und zum 1. Januar 2009 von der Beklagten getroffenen Anrechnungsentscheidungen hätten nach § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG der Beteiligung des Personalrats bedurft.

8

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 339,64 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozent-punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 11. September 2008 zu zahlen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 145,56 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozent-punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 20. November 2008 zu zahlen;

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 161,33 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozent-punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 19. Februar 2009 zu zahlen;

        

4.    

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 64,29 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozent-punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 24. März 2009 zu zahlen;

        

5.    

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 321,45 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozent-punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 11. August 2009 zu zahlen;

        

6.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin eine monatliche Funktionszulage iHv. 70,90 Euro brutto gemäß Protokollnotiz Nr. 3 zu Teil II N I der Anlage 1a zum BAT zu zahlen.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

10

Sie hat die Auffassung vertreten, die Anrechnungsentscheidungen seien vom Bundesinnenministerium ressortübergreifend getroffen worden und daher nicht beteiligungspflichtig. Eine Unwirksamkeit führe auch nur dazu, dass es bei der zuvor praktizierten Vollanrechnung verbleibe.

11

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist nur teilweise begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht entsprochen, soweit diese auf die Unwirksamkeit der von der Beklagten zum 1. Januar 2008 sowie zum 1. Januar 2009 getroffenen Anrechnungsentscheidungen gestützt wird. In diesem Umfang sind die Zahlungsanträge und der Feststellungsantrag begründet. Die weitergehende Klage ist unbegründet.

13

I. Der zu 6. erhobene Feststellungsantrag ist zulässig. Er ist im Hinblick auf die den Zeitraum bis zum 31. Juli 2009 erfassenden Zahlungsanträge dahingehend auszulegen, dass mit ihm die sich für die Beklagte ab dem 1. August 2009 ergebende Verpflichtung festgestellt werden soll, der Klägerin bei Vorliegen der in der Protokollnotiz Nr. 3 genannten Voraussetzungen eine Funktionszulage iHv. 70,90 Euro brutto zu zahlen. Für den so verstandenen Antrag liegt das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse vor.

14

II. Die Zahlungsanträge sind überwiegend begründet. Die Beklagte ist nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung verpflichtet, der Klägerin für die Zeit ab dem 1. Januar 2008 eine Funktionszulage von monatlich je 31,71 Euro brutto sowie für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Juli 2009 von jeweils 47,48 Euro brutto monatlich zu zahlen. Die Klage war iHv. 16,81 Euro brutto monatlich abzuweisen, da die Klägerin bei der Berechnung der Klageforderung die zum 1. Oktober 2007 wirksam gewordene Anrechnung nicht berücksichtigt hat.

15

1. Die Klägerin hat keinen individual-rechtlichen Anspruch auf die Fortzahlung der ungekürzten Zulage iHv. 70,90 Euro brutto ab dem 1. Januar 2008. Nach der Rechtsprechung des Zehnten Senats des Bundesarbeitsgerichts konnten tarifliche Entgelterhöhungen nach Inkrafttreten des TVöD auf die nach der Protokollnotiz Nr. 3 gewährte Funktionszulage angerechnet werden (16. Mai 2012 - 10 AZR 729/10 -; 18. Mai 2011 - 10 AZR 206/10 - AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 47). Gegenteiliges macht die Klägerin in der Revisionsinstanz auch nicht mehr geltend.

16

2. Die Beklagte hat bei ihren zum 1. Januar 2008 sowie zum 1. Januar 2009 erfolgten Anrechnungen der jeweiligen Tarifsteigerungen auf die Funktionszulage das Mitbestimmungsrecht des in ihrem Geschäftsbereichs gebildeten Hauptpersonalrats verletzt.

17

a) Der Personalrat hat bei der Anrechnung einer Tariflohnerhöhung auf eine übertarifliche Zulage nach § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG mitzubestimmen.

18

Nach dieser Vorschrift bedarf die Aufstellung und Änderung von Entlohnungsgrundsätzen der vorherigen Zustimmung des Personalrats. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu der insoweit gleichlautenden Regelung des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hat der Betriebsrat bei der Anrechnung einer Tariferhöhung auf übertarifliche Zulagen mitzubestimmen, soweit eine generelle Maßnahme vorliegt, sich durch die Anrechnung die bisher bestehenden Verteilungsrelationen ändern und für eine Neuregelung innerhalb des vom Arbeitgeber mitbestimmungsfrei vorgegebenen Dotierungsrahmens ein Gestaltungsspielraum besteht. Nicht mitbestimmungspflichtig ist eine Anrechnung, wenn sie das Zulagenvolumen völlig aufzehrt oder die Tariferhöhung im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Möglichen vollständig und gleichmäßig auf die übertariflichen Zulagen angerechnet wird (BAG 8. Juni 2004 - 1 AZR 308/03 - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 111, 70). Die Anrechnung ist überdies dann mitbestimmungsfrei, wenn der Arbeitgeber die bisherigen Verteilungsgrundsätze beachtet und diese sich durch die Anrechnung nicht verändern (BAG 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C III 5 der Gründe, BAGE 69, 134). Diese Grundsätze gelten im Rahmen des § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG gleichermaßen(vgl. BVerwG 26. Juli 1979 - 6 P 44.78 - AP BPersVG § 75 Nr. 4; BAG 1. November 2005 - 1 AZR 355/04 - Rn. 33, BAGE 116, 175).

19

b) Die von der Beklagten nach Maßgabe der Durchführungshinweise des BMI im Schreiben vom 10. Oktober 2005 - D II 2-220210/643 - bis zum 1. Januar 2008 getroffenen Anrechnungsentscheidungen unterlagen nicht der Mitbestimmung der Personalvertretung nach § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG. Die tariflichen Entgeltsteigerungen wurden in vollem Umfang auf die Zulage angerechnet. Eine Gestaltungsmöglichkeit, an deren Vorliegen das Beteiligungsrecht anknüpft, bestand danach nicht (BAG 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C III 6 b bb der Gründe, BAGE 69, 134). Aus diesem Grund erweist sich auch die vollständige Anrechnung der Entgeltsteigerung durch den zum 1. Oktober 2007 erfolgten Stufenaufstieg der Klägerin iHv. 16,81 Euro brutto als wirksam, was das Landesarbeitsgericht bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt hat.

20

c) Hingegen hat die Beklagte bei der zum 1. Januar 2008 wirksam gewordenen Tarifsteigerung die Anrechnung des Steigerungsbetrags auf ein Drittel des zuvor gezahlten Zulagenbetrags beschränkt. Ebenso verfuhr sie bei der Tariferhöhung zum 1. Januar 2009. Diese Maßnahmen unterlagen der Mitbestimmung. Bei der Funktionszulage handelt es sich um Arbeitsentgelt iSv. § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG, da sie eine Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer geleisteten Dienste darstellt. Anders als bei der vollständigen Anrechnung der Tariflohnerhöhung auf die Zulage besteht bei deren teilweiser Anrechnung ein Verteilungsspielraum des Dienststellenleiters. Dessen Gestaltungsmöglichkeit löst das Mitbestimmungsrecht nach § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG aus, wenn sich infolge der Anrechnung die zuvor bestehenden Verteilungsgrundsätze verändern. Bei einer Teilanrechnung der Tariflohnerhöhung auf die Zulage bleiben diese nur unverändert, wenn die Zulagen in einem einheitlichen gleichen Verhältnis zum jeweiligen Tariflohn stehen und die Tariflöhne um den gleichen Prozentsatz erhöht werden (vgl. BAG 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C III 5 b der Gründe, BAGE 69, 134). Danach unterlagen die Drittelanrechnungen der Funktionszulage zum Jahresbeginn 2008 und 2009 dem Mitbestimmungsrecht. Die Funktionszulage steht nicht in einem einheitlichen und gleichen Verhältnis zum jeweiligen Tariflohn. Für deren Höhe war nicht die jeweilige tarifliche Vergütung maßgeblich. Deren Höhe betrug nach der Protokollnotiz Nr. 3 einheitlich 8 vH der Anfangsgrundvergütung der VergGr. VII BAT.

21

d) Die Beklagte musste bei den von ihr zum 1. Januar 2008 sowie zum 1. Januar 2009 getroffenen Anrechnungsentscheidungen den in ihrem Geschäftsbereich gebildeten Hauptpersonalrat beteiligen.

22

aa) Das Berufungsgericht hat im Tatbestand seiner Entscheidung festgestellt, dass sich die Beklagte nach Maßgabe eines Schreibens des Bundesministeriums des Innern vom 1. August 2008 entschieden habe, die im Jahr 2008 eingetretenen Tariferhöhungen - rückwirkend zum 1. Januar 2008 - nur zu einem Drittel auf die betreffende Zulage anzurechnen (Seite 3 f. des amtlichen Umdrucks). An diese Feststellungen ist der Senat gebunden, da es an einem hiergegen gerichteten zulässigen und begründeten Revisionsangriff der Beklagen fehlt  559 Abs. 2 ZPO).

23

(1) Nach § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO unterliegt der Beurteilung des Revisionsgerichts nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Die tatbestandliche Feststellung im Berufungsurteil, dass die Beklagte die streitgegenständlichen Anrechnungsentscheidungen getroffen hat, liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen (§ 314 Satz 1 ZPO). Eine Unrichtigkeit dieser Feststellung kann grundsätzlich nur im Berichtigungsverfahren (§ 320 ZPO) geltend gemacht und ggf. behoben werden. Ist eine Berichtigung des Tatbestands nach § 320 ZPO beantragt worden, kann eine Unrichtigkeit tatbestandlicher Feststellungen im Berufungsurteil, aber auch in der Revisionsinstanz mit einer Verfahrensrüge nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO geltend gemacht werden, soweit sich aus der den Berichtigungsantrag zurückweisenden Entscheidung des Berufungsgerichts ergibt, dass seine tatbestandlichen Feststellungen widersprüchlich sind (BGH 16. Dezember 2010 - I ZR 161/08 - Rn. 12, NJW 2011, 1513). Die Beweiskraft des Tatbestands und seine Bindungswirkung für das Revisionsgericht entfallen unabhängig von der Erhebung einer Verfahrensrüge, wenn die Feststellungen der Vorinstanz unklar, lückenhaft oder widersprüchlich sind. Solche Mängel hat das Revisionsgericht von Amts wegen zu berücksichtigen. Die Beklagte hat gegenüber den Feststellungen des Berufungsgerichts jedoch weder die Berichtigung des Tatbestands beantragt noch eine Verfahrensrüge erhoben. Ebenso weist der Tatbestand des Landesarbeitsgerichts keine Mängel auf, die zur Unverbindlichkeit der von ihm getroffenen Feststellungen führen.

24

(2) Erstmals in der Revisionsbegründung hat die Beklagte vorgetragen, dass die Entscheidung zum Abschmelzen der Besitzstandszulagen für Schreibkräfte vom Bundesinnenministerium „im Rahmen seiner durch die Aufgabenverteilung zwischen den Ressorts begründeten Zuständigkeit für das Recht des öffentlichen Dienstes sowie die Auslegung und Anwendung der entsprechenden Vorschriften“ getroffen worden sei. Dieses Vorbringen ist als neuer Sachvortrag nach § 559 Abs. 1 ZPO nicht berücksichtigungsfähig.

25

(a) Der Schluss der mündlichen Verhandlung in zweiter Instanz bildet bezüglich des tatsächlichen Vorbringens der Parteien die Entscheidungsgrundlage für das Revisionsgericht. Allerdings ist § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO einschränkend dahin auszulegen, dass in bestimmtem Umfang auch Tatsachen, die sich erst während der Revisionsinstanz ereignen, berücksichtigungsfähig sind, soweit sie unstreitig sind oder ihr Vorliegen in der Revisionsinstanz ohnehin von Amts wegen zu beachten ist und schützenswerte Belange der Gegenseite nicht entgegenstehen(BGH 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - Rn. 27, NJW 2009, 3783). Daneben kann Vorbringen berücksichtigungsfähig sein, wenn es von der Gegenseite unstreitig gestellt worden ist (vgl. BAG 24. Juli 2001 - 3 AZR 716/00 - zu B III 2 der Gründe, AiB 2003, 120).

26

(b) Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

27

Bei dem Vortrag der Beklagten handelt es sich weder um Tatsachen, die erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht entstanden sind, noch hat die Klägerin das erst in der Revisionsbegründung gehaltene Vorbringen unstreitig gestellt. Daneben ist es schon deshalb unbeachtlich, weil die Beklagte nicht vorgetragen hat, wann das Bundesinnenministerium eine solche Entscheidung für den Geschäftsbereich des Bundesverteidigungsministers getroffen haben soll. Es fehlt auch an einer nach § 73 Abs. 1 Satz 1 ArbGG vom Senat zu berücksichtigenden Rechtsvorschrift, die eine Zuständigkeit des Bundesinnenministeriums für die von der Beklagten behauptete Entscheidung begründen könnte. Daher muss der Senat nicht entscheiden, ob die von der Beklagten behauptete Entscheidungsbefugnis des Bundesinnenministeriums in Personalangelegenheiten der im Geschäftsbereichs des Bundesverteidigungsministers beschäftigten Arbeitnehmer im Einklang mit dem Ressortprinzip des Art. 65 Satz 2 GG stünde. Nach dieser Norm leitet jeder Bundesminister seinen Geschäftsbereich im Rahmen der vom Bundeskanzler nach Art. 65 Satz 1 GG festlegten Richtlinien selbständig und unter eigener Verantwortung. Diese Leitungskompetenz umfasst neben der Befugnis, im Rahmen der gesetzlichen und haushaltsrechtlichen Vorgaben die Organisation und die Verfahrensabläufe des Ressorts zu gestalten, die Personalhoheit gegenüber den dort Beschäftigten. Deren Wahrnehmung gehört zu dem Entscheidungs- und Gestaltungsraum der jeweiligen Ressortminister (Herzog in Maunz/Dürig GG Stand Januar 2012 Art. 65 Rn. 53, 59 f.).

28

bb) Danach hatte die Beklagte den in ihrem Geschäftsbereich gebildeten Hauptpersonalrat (§ 53 Abs. 1 BPersVG) bei ihrer Entscheidung über die zum Jahresbeginn 2008 und 2009 erfolgten Anrechnungsentscheidungen zu beteiligen, woran es vorliegend fehlt.

29

3. Die Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Hauptpersonalrats hat nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung die Unwirksamkeit der Anrechnungsentscheidungen zur Folge (BAG 8. Juni 2004 - 1 AZR 308/03 - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 111, 70).

30

a) Entgegen der Auffassung der Beklagten führt dies nicht dazu, dass es bei den zuvor vorgenommenen Vollanrechnungen der Tarifsteigerungen auf die Funktionszulage verbleibt. Vielmehr hat die Beklagte hinsichtlich der Tariferhöhungen für die Jahre 2008 und 2009 ihre ursprüngliche Anrechnungsentscheidung aufgehoben und eine neue Entscheidung getroffen, nach der die Tarifsteigerungen nur auf ein Drittel des Zulagenbetrags angerechnet werden. Da diese Maßnahme wegen Verletzung des Beteiligungsrechts nach § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG unwirksam sind, hat die Klägerin Anspruch auf die Weitergewährung der Zulage in der am 31. Dezember 2007 bestehenden Höhe. Dass die Beklagte zwischenzeitlich eine wirksame Anrechnungsentscheidung für den streitgegenständlichen Zeitraum getroffen hat, wird von dieser selbst nicht behauptet.

31

b) Für die Klägerin ergibt sich danach unter Berücksichtigung der zum 1. Oktober 2007 wirksam erfolgten Anrechnung von 16,81 Euro brutto und der von der Beklagten geleisteten Zulagenbeträge ein Zahlungsanspruch für die Zeit ab dem 1. Januar 2008 von monatlich je 31,71 Euro brutto sowie ab 1. Januar 2009 bis zum 31. Juli 2009 von jeweils 47,48 Euro brutto monatlich.

32

III. Nach dem Vorstehenden erweist sich der für den Zeitraum ab dem 1. August 2009 gestellte Feststellungsantrag lediglich in Höhe von 54,09 Euro brutto monatlich als begründet.

        

Schmidt

        

Linck 

        

Koch   

        
                 

Wisskirchen

        

N. Schuster

                          

(1) Der Personalrat hat mitzubestimmen in Personalangelegenheiten der Arbeitnehmer bei

1.
Einstellung,
2.
Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit, Höher- oder Rückgruppierung, Eingruppierung,
3.
Versetzung zu einer anderen Dienststelle,Umsetzung innerhalb der Dienststelle, wenn sie mit einem Wechsel des Dienstortes verbunden ist (das Einzugsgebiet im Sinne des Umzugskostenrechts gehört zum Dienstort),
4.
Abordnung für eine Dauer von mehr als drei Monaten,
4a.
Zuweisung entsprechend § 29 des Bundesbeamtengesetzes für eine Dauer von mehr als drei Monaten,
5.
Weiterbeschäftigung über die Altersgrenze hinaus,
6.
Anordnungen, welche die Freiheit in der Wahl der Wohnung beschränken,
7.
Versagung oder Widerruf der Genehmigung einer Nebentätigkeit.

(2) Der Personalrat hat mitzubestimmen in sozialen Angelegenheiten bei

1.
Gewährung von Unterstützungen, Vorschüssen, Darlehen und entsprechenden sozialen Zuwendungen,
2.
Zuweisung und Kündigung von Wohnungen, über die die Dienststelle verfügt, sowie der allgemeinen Festsetzung der Nutzungsbedingungen,
3.
Zuweisung von Dienst- und Pachtland und Festsetzung der Nutzungsbedingungen.
Hat ein Beschäftigter eine Leistung nach Nummer 1 beantragt, wird der Personalrat nur auf seinen Antrag beteiligt; auf Verlangen des Antragstellers bestimmt nur der Vorstand des Personalrates mit. Die Dienststelle hat dem Personalrat nach Abschluß jedes Kalendervierteljahres einen Überblick über die Unterstützungen und entsprechenden sozialen Zuwendungen zu geben. Dabei sind die Anträge und die Leistungen gegenüberzustellen. Auskunft über die von den Antragstellern angeführten Gründe wird hierbei nicht erteilt.

(3) Der Personalrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, gegebenenfalls durch Abschluß von Dienstvereinbarungen mitzubestimmen über

1.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage,
2.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Dienstbezüge und Arbeitsentgelte,
3.
Aufstellung des Urlaubsplanes, Festsetzung der zeitlichen Lage des Erholungsurlaubs für einzelne Beschäftigte, wenn zwischen dem Dienststellenleiter und den beteiligten Beschäftigten kein Einverständnis erzielt wird,
4.
Fragen der Lohngestaltung innerhalb der Dienststelle, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen, die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden und deren Änderung sowie die Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren,
5.
Errichtung, Verwaltung und Auflösung von Sozialeinrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform,
6.
Durchführung der Berufsausbildung bei Arbeitnehmern,
7.
Auswahl der Teilnehmer an Fortbildungsveranstaltungen für Arbeitnehmer,
8.
Inhalt von Personalfragebogen für Arbeitnehmer,
9.
Beurteilungsrichtlinien für Arbeitnehmer,
10.
Bestellung von Vertrauens- oder Betriebsärzten als Arbeitnehmer,
11.
Maßnahmen zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen,
12.
Grundsätze über die Bewertung von anerkannten Vorschlägen im Rahmen des betrieblichen Vorschlagwesens,
13.
Aufstellung von Sozialplänen einschließlich Plänen für Umschulungen zum Ausgleich oder zur Milderung von wirtschaftlichen Nachteilen, die dem Beschäftigten infolge von Rationalisierungsmaßnahmen entstehen,
14.
Absehen von der Ausschreibung von Dienstposten, die besetzt werden sollen,
15.
Regelung der Ordnung in der Dienststelle und des Verhaltens der Beschäftigten,
16.
Gestaltung der Arbeitsplätze,
17.
Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Beschäftigten zu überwachen.

(4) Muß für Gruppen von Beschäftigten die tägliche Arbeitszeit (Absatz 3 Nr. 1) nach Erfordernissen, die die Dienststelle nicht voraussehen kann, unregelmäßig und kurzfristig festgesetzt werden, so beschränkt sich die Mitbestimmung auf die Grundsätze für die Aufstellung der Dienstpläne, insbesondere für die Anordnung von Dienstbereitschaft, Mehrarbeit und Überstunden.

(5) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Dienstvereinbarung (Absatz 3) sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluß ergänzender Dienstvereinbarungen ausdrücklich zuläßt.

Tenor

I. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 21. April 2010 - 8 Sa 775/09 - unter Zurückweisung der weitergehenden Revision teilweise aufgehoben und insgesamt neu gefasst:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 3. November 2009 - 3 Ca 2026/08 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen abgeändert und zu Ziff. 1 bis 6 neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 221,97 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 11. September 2008 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 95,13 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 20. November 2008 zu zahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 110,90 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 19. Februar 2009 zu zahlen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 47,48 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 24. März 2009 zu zahlen.

5. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 237,40 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 11. August 2009 zu zahlen.

6. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab August 2009 eine monatliche Besitzstandszulage iHv. 54,09 Euro brutto gem. Protokollnotiz Nr. 3 zum Teil II N I der Anlage 1a zum BAT zu zahlen.

7. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 1/4 und die Beklagte zu 3/4 zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe einer Funktionszulage.

2

Die Klägerin ist im Geschäftsbereich der Beklagten im Bundeswehrzentralkrankenhaus K als Schreibkraft, zuletzt in Teilzeit, beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst jedenfalls kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung.

3

Bis zur Kündigung der Anlagen 1a und 1b zum BAT zum 31. Dezember 1983 hatten im Schreibdienst tätige Angestellte der VergGr. VII bzw. VIII nach den Protokollnotizen Nr. 3 bzw. Nr. 6 zu Teil II Abschn. N Unterabschn. I der Anlage 1a zum BAT (Protokollnotiz Nr. 3) unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf eine Funktionszulage in Höhe von 8 vH der Anfangsgrundvergütung. Von der mit Wirkung vom 1. Januar 1991 erfolgten Wiederinkraftsetzung der Anlage 1a war die Regelung in der Protokollnotiz Nr. 3 ausgenommen.

4

Die Parteien vereinbarten im Jahr 2003 in einer Nebenabrede zum Arbeitsvertrag die Zahlung einer Funktionszulage gem. der Protokollnotiz Nr. 3. Das von der Beklagten verfasste Begleitschreiben enthielt einen Hinweis auf die Widerruflichkeit der Funktionszulage.

5

Nach Inkrafttreten des TVöD teilte die Standortverwaltung K der Klägerin in einem Schreiben vom 1. Dezember 2005 mit, dass sie die bisherige Funktionszulage für Angestellte im Schreibdienst ab 1. Oktober 2005 als außertarifliche persönliche Besitzstandszulage längstens bis zum Inkrafttreten einer neuen Entgeltordnung erhalte. Bei allgemeinen Entgeltanpassungen und sonstigen Entgelterhöhungen werde der Unterschiedsbetrag zum bisherigen Entgelt auf diese Besitzstandszulage angerechnet. Die Höhe der nach der Protokollnotiz Nr. 3 gewährten Zulage betrug bis zum 30. September 2007 70,90 Euro brutto monatlich.

6

Die Vergütung der Klägerin erhöhte sich zum 1. Oktober 2007 aufgrund eines Stufenaufstiegs um 16,81 Euro brutto. Diesen Betrag rechnete die Beklagte in vollem Umfang auf die Zulage an, die zu diesem Zeitpunkt 70,90 Euro brutto monatlich betrug. Ab dem 1. Januar 2008 und dem 1. Januar 2009 rechnete die Beklagte die jeweiligen Tarifsteigerungen nur zu einem Drittel auf die Funktionszulage an. Eine Personalvertretung beteiligte sie an diesen Maßnahmen nicht. Die Klägerin erhielt ab dem 1. Januar 2008 eine monatliche Zulage iHv. 22,38 Euro brutto und ab dem 1. Januar 2009 iHv. 6,61 Euro brutto. Daraufhin forderte sie die Beklagte mit Schreiben vom 25. Juni 2008 erfolglos zur Zahlung einer ungekürzten Funktionszulage ab dem 1. Januar 2008 auf.

7

Mit der Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie hat gemeint, die zum 1. Januar 2008 und zum 1. Januar 2009 von der Beklagten getroffenen Anrechnungsentscheidungen hätten nach § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG der Beteiligung des Personalrats bedurft.

8

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 339,64 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozent-punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 11. September 2008 zu zahlen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 145,56 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozent-punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 20. November 2008 zu zahlen;

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 161,33 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozent-punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 19. Februar 2009 zu zahlen;

        

4.    

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 64,29 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozent-punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 24. März 2009 zu zahlen;

        

5.    

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 321,45 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozent-punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 11. August 2009 zu zahlen;

        

6.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin eine monatliche Funktionszulage iHv. 70,90 Euro brutto gemäß Protokollnotiz Nr. 3 zu Teil II N I der Anlage 1a zum BAT zu zahlen.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

10

Sie hat die Auffassung vertreten, die Anrechnungsentscheidungen seien vom Bundesinnenministerium ressortübergreifend getroffen worden und daher nicht beteiligungspflichtig. Eine Unwirksamkeit führe auch nur dazu, dass es bei der zuvor praktizierten Vollanrechnung verbleibe.

11

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist nur teilweise begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht entsprochen, soweit diese auf die Unwirksamkeit der von der Beklagten zum 1. Januar 2008 sowie zum 1. Januar 2009 getroffenen Anrechnungsentscheidungen gestützt wird. In diesem Umfang sind die Zahlungsanträge und der Feststellungsantrag begründet. Die weitergehende Klage ist unbegründet.

13

I. Der zu 6. erhobene Feststellungsantrag ist zulässig. Er ist im Hinblick auf die den Zeitraum bis zum 31. Juli 2009 erfassenden Zahlungsanträge dahingehend auszulegen, dass mit ihm die sich für die Beklagte ab dem 1. August 2009 ergebende Verpflichtung festgestellt werden soll, der Klägerin bei Vorliegen der in der Protokollnotiz Nr. 3 genannten Voraussetzungen eine Funktionszulage iHv. 70,90 Euro brutto zu zahlen. Für den so verstandenen Antrag liegt das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse vor.

14

II. Die Zahlungsanträge sind überwiegend begründet. Die Beklagte ist nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung verpflichtet, der Klägerin für die Zeit ab dem 1. Januar 2008 eine Funktionszulage von monatlich je 31,71 Euro brutto sowie für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Juli 2009 von jeweils 47,48 Euro brutto monatlich zu zahlen. Die Klage war iHv. 16,81 Euro brutto monatlich abzuweisen, da die Klägerin bei der Berechnung der Klageforderung die zum 1. Oktober 2007 wirksam gewordene Anrechnung nicht berücksichtigt hat.

15

1. Die Klägerin hat keinen individual-rechtlichen Anspruch auf die Fortzahlung der ungekürzten Zulage iHv. 70,90 Euro brutto ab dem 1. Januar 2008. Nach der Rechtsprechung des Zehnten Senats des Bundesarbeitsgerichts konnten tarifliche Entgelterhöhungen nach Inkrafttreten des TVöD auf die nach der Protokollnotiz Nr. 3 gewährte Funktionszulage angerechnet werden (16. Mai 2012 - 10 AZR 729/10 -; 18. Mai 2011 - 10 AZR 206/10 - AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 47). Gegenteiliges macht die Klägerin in der Revisionsinstanz auch nicht mehr geltend.

16

2. Die Beklagte hat bei ihren zum 1. Januar 2008 sowie zum 1. Januar 2009 erfolgten Anrechnungen der jeweiligen Tarifsteigerungen auf die Funktionszulage das Mitbestimmungsrecht des in ihrem Geschäftsbereichs gebildeten Hauptpersonalrats verletzt.

17

a) Der Personalrat hat bei der Anrechnung einer Tariflohnerhöhung auf eine übertarifliche Zulage nach § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG mitzubestimmen.

18

Nach dieser Vorschrift bedarf die Aufstellung und Änderung von Entlohnungsgrundsätzen der vorherigen Zustimmung des Personalrats. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu der insoweit gleichlautenden Regelung des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hat der Betriebsrat bei der Anrechnung einer Tariferhöhung auf übertarifliche Zulagen mitzubestimmen, soweit eine generelle Maßnahme vorliegt, sich durch die Anrechnung die bisher bestehenden Verteilungsrelationen ändern und für eine Neuregelung innerhalb des vom Arbeitgeber mitbestimmungsfrei vorgegebenen Dotierungsrahmens ein Gestaltungsspielraum besteht. Nicht mitbestimmungspflichtig ist eine Anrechnung, wenn sie das Zulagenvolumen völlig aufzehrt oder die Tariferhöhung im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Möglichen vollständig und gleichmäßig auf die übertariflichen Zulagen angerechnet wird (BAG 8. Juni 2004 - 1 AZR 308/03 - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 111, 70). Die Anrechnung ist überdies dann mitbestimmungsfrei, wenn der Arbeitgeber die bisherigen Verteilungsgrundsätze beachtet und diese sich durch die Anrechnung nicht verändern (BAG 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C III 5 der Gründe, BAGE 69, 134). Diese Grundsätze gelten im Rahmen des § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG gleichermaßen(vgl. BVerwG 26. Juli 1979 - 6 P 44.78 - AP BPersVG § 75 Nr. 4; BAG 1. November 2005 - 1 AZR 355/04 - Rn. 33, BAGE 116, 175).

19

b) Die von der Beklagten nach Maßgabe der Durchführungshinweise des BMI im Schreiben vom 10. Oktober 2005 - D II 2-220210/643 - bis zum 1. Januar 2008 getroffenen Anrechnungsentscheidungen unterlagen nicht der Mitbestimmung der Personalvertretung nach § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG. Die tariflichen Entgeltsteigerungen wurden in vollem Umfang auf die Zulage angerechnet. Eine Gestaltungsmöglichkeit, an deren Vorliegen das Beteiligungsrecht anknüpft, bestand danach nicht (BAG 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C III 6 b bb der Gründe, BAGE 69, 134). Aus diesem Grund erweist sich auch die vollständige Anrechnung der Entgeltsteigerung durch den zum 1. Oktober 2007 erfolgten Stufenaufstieg der Klägerin iHv. 16,81 Euro brutto als wirksam, was das Landesarbeitsgericht bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt hat.

20

c) Hingegen hat die Beklagte bei der zum 1. Januar 2008 wirksam gewordenen Tarifsteigerung die Anrechnung des Steigerungsbetrags auf ein Drittel des zuvor gezahlten Zulagenbetrags beschränkt. Ebenso verfuhr sie bei der Tariferhöhung zum 1. Januar 2009. Diese Maßnahmen unterlagen der Mitbestimmung. Bei der Funktionszulage handelt es sich um Arbeitsentgelt iSv. § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG, da sie eine Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer geleisteten Dienste darstellt. Anders als bei der vollständigen Anrechnung der Tariflohnerhöhung auf die Zulage besteht bei deren teilweiser Anrechnung ein Verteilungsspielraum des Dienststellenleiters. Dessen Gestaltungsmöglichkeit löst das Mitbestimmungsrecht nach § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG aus, wenn sich infolge der Anrechnung die zuvor bestehenden Verteilungsgrundsätze verändern. Bei einer Teilanrechnung der Tariflohnerhöhung auf die Zulage bleiben diese nur unverändert, wenn die Zulagen in einem einheitlichen gleichen Verhältnis zum jeweiligen Tariflohn stehen und die Tariflöhne um den gleichen Prozentsatz erhöht werden (vgl. BAG 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C III 5 b der Gründe, BAGE 69, 134). Danach unterlagen die Drittelanrechnungen der Funktionszulage zum Jahresbeginn 2008 und 2009 dem Mitbestimmungsrecht. Die Funktionszulage steht nicht in einem einheitlichen und gleichen Verhältnis zum jeweiligen Tariflohn. Für deren Höhe war nicht die jeweilige tarifliche Vergütung maßgeblich. Deren Höhe betrug nach der Protokollnotiz Nr. 3 einheitlich 8 vH der Anfangsgrundvergütung der VergGr. VII BAT.

21

d) Die Beklagte musste bei den von ihr zum 1. Januar 2008 sowie zum 1. Januar 2009 getroffenen Anrechnungsentscheidungen den in ihrem Geschäftsbereich gebildeten Hauptpersonalrat beteiligen.

22

aa) Das Berufungsgericht hat im Tatbestand seiner Entscheidung festgestellt, dass sich die Beklagte nach Maßgabe eines Schreibens des Bundesministeriums des Innern vom 1. August 2008 entschieden habe, die im Jahr 2008 eingetretenen Tariferhöhungen - rückwirkend zum 1. Januar 2008 - nur zu einem Drittel auf die betreffende Zulage anzurechnen (Seite 3 f. des amtlichen Umdrucks). An diese Feststellungen ist der Senat gebunden, da es an einem hiergegen gerichteten zulässigen und begründeten Revisionsangriff der Beklagen fehlt  559 Abs. 2 ZPO).

23

(1) Nach § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO unterliegt der Beurteilung des Revisionsgerichts nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Die tatbestandliche Feststellung im Berufungsurteil, dass die Beklagte die streitgegenständlichen Anrechnungsentscheidungen getroffen hat, liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen (§ 314 Satz 1 ZPO). Eine Unrichtigkeit dieser Feststellung kann grundsätzlich nur im Berichtigungsverfahren (§ 320 ZPO) geltend gemacht und ggf. behoben werden. Ist eine Berichtigung des Tatbestands nach § 320 ZPO beantragt worden, kann eine Unrichtigkeit tatbestandlicher Feststellungen im Berufungsurteil, aber auch in der Revisionsinstanz mit einer Verfahrensrüge nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO geltend gemacht werden, soweit sich aus der den Berichtigungsantrag zurückweisenden Entscheidung des Berufungsgerichts ergibt, dass seine tatbestandlichen Feststellungen widersprüchlich sind (BGH 16. Dezember 2010 - I ZR 161/08 - Rn. 12, NJW 2011, 1513). Die Beweiskraft des Tatbestands und seine Bindungswirkung für das Revisionsgericht entfallen unabhängig von der Erhebung einer Verfahrensrüge, wenn die Feststellungen der Vorinstanz unklar, lückenhaft oder widersprüchlich sind. Solche Mängel hat das Revisionsgericht von Amts wegen zu berücksichtigen. Die Beklagte hat gegenüber den Feststellungen des Berufungsgerichts jedoch weder die Berichtigung des Tatbestands beantragt noch eine Verfahrensrüge erhoben. Ebenso weist der Tatbestand des Landesarbeitsgerichts keine Mängel auf, die zur Unverbindlichkeit der von ihm getroffenen Feststellungen führen.

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(2) Erstmals in der Revisionsbegründung hat die Beklagte vorgetragen, dass die Entscheidung zum Abschmelzen der Besitzstandszulagen für Schreibkräfte vom Bundesinnenministerium „im Rahmen seiner durch die Aufgabenverteilung zwischen den Ressorts begründeten Zuständigkeit für das Recht des öffentlichen Dienstes sowie die Auslegung und Anwendung der entsprechenden Vorschriften“ getroffen worden sei. Dieses Vorbringen ist als neuer Sachvortrag nach § 559 Abs. 1 ZPO nicht berücksichtigungsfähig.

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(a) Der Schluss der mündlichen Verhandlung in zweiter Instanz bildet bezüglich des tatsächlichen Vorbringens der Parteien die Entscheidungsgrundlage für das Revisionsgericht. Allerdings ist § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO einschränkend dahin auszulegen, dass in bestimmtem Umfang auch Tatsachen, die sich erst während der Revisionsinstanz ereignen, berücksichtigungsfähig sind, soweit sie unstreitig sind oder ihr Vorliegen in der Revisionsinstanz ohnehin von Amts wegen zu beachten ist und schützenswerte Belange der Gegenseite nicht entgegenstehen(BGH 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - Rn. 27, NJW 2009, 3783). Daneben kann Vorbringen berücksichtigungsfähig sein, wenn es von der Gegenseite unstreitig gestellt worden ist (vgl. BAG 24. Juli 2001 - 3 AZR 716/00 - zu B III 2 der Gründe, AiB 2003, 120).

26

(b) Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

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Bei dem Vortrag der Beklagten handelt es sich weder um Tatsachen, die erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht entstanden sind, noch hat die Klägerin das erst in der Revisionsbegründung gehaltene Vorbringen unstreitig gestellt. Daneben ist es schon deshalb unbeachtlich, weil die Beklagte nicht vorgetragen hat, wann das Bundesinnenministerium eine solche Entscheidung für den Geschäftsbereich des Bundesverteidigungsministers getroffen haben soll. Es fehlt auch an einer nach § 73 Abs. 1 Satz 1 ArbGG vom Senat zu berücksichtigenden Rechtsvorschrift, die eine Zuständigkeit des Bundesinnenministeriums für die von der Beklagten behauptete Entscheidung begründen könnte. Daher muss der Senat nicht entscheiden, ob die von der Beklagten behauptete Entscheidungsbefugnis des Bundesinnenministeriums in Personalangelegenheiten der im Geschäftsbereichs des Bundesverteidigungsministers beschäftigten Arbeitnehmer im Einklang mit dem Ressortprinzip des Art. 65 Satz 2 GG stünde. Nach dieser Norm leitet jeder Bundesminister seinen Geschäftsbereich im Rahmen der vom Bundeskanzler nach Art. 65 Satz 1 GG festlegten Richtlinien selbständig und unter eigener Verantwortung. Diese Leitungskompetenz umfasst neben der Befugnis, im Rahmen der gesetzlichen und haushaltsrechtlichen Vorgaben die Organisation und die Verfahrensabläufe des Ressorts zu gestalten, die Personalhoheit gegenüber den dort Beschäftigten. Deren Wahrnehmung gehört zu dem Entscheidungs- und Gestaltungsraum der jeweiligen Ressortminister (Herzog in Maunz/Dürig GG Stand Januar 2012 Art. 65 Rn. 53, 59 f.).

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bb) Danach hatte die Beklagte den in ihrem Geschäftsbereich gebildeten Hauptpersonalrat (§ 53 Abs. 1 BPersVG) bei ihrer Entscheidung über die zum Jahresbeginn 2008 und 2009 erfolgten Anrechnungsentscheidungen zu beteiligen, woran es vorliegend fehlt.

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3. Die Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Hauptpersonalrats hat nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung die Unwirksamkeit der Anrechnungsentscheidungen zur Folge (BAG 8. Juni 2004 - 1 AZR 308/03 - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 111, 70).

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a) Entgegen der Auffassung der Beklagten führt dies nicht dazu, dass es bei den zuvor vorgenommenen Vollanrechnungen der Tarifsteigerungen auf die Funktionszulage verbleibt. Vielmehr hat die Beklagte hinsichtlich der Tariferhöhungen für die Jahre 2008 und 2009 ihre ursprüngliche Anrechnungsentscheidung aufgehoben und eine neue Entscheidung getroffen, nach der die Tarifsteigerungen nur auf ein Drittel des Zulagenbetrags angerechnet werden. Da diese Maßnahme wegen Verletzung des Beteiligungsrechts nach § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG unwirksam sind, hat die Klägerin Anspruch auf die Weitergewährung der Zulage in der am 31. Dezember 2007 bestehenden Höhe. Dass die Beklagte zwischenzeitlich eine wirksame Anrechnungsentscheidung für den streitgegenständlichen Zeitraum getroffen hat, wird von dieser selbst nicht behauptet.

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b) Für die Klägerin ergibt sich danach unter Berücksichtigung der zum 1. Oktober 2007 wirksam erfolgten Anrechnung von 16,81 Euro brutto und der von der Beklagten geleisteten Zulagenbeträge ein Zahlungsanspruch für die Zeit ab dem 1. Januar 2008 von monatlich je 31,71 Euro brutto sowie ab 1. Januar 2009 bis zum 31. Juli 2009 von jeweils 47,48 Euro brutto monatlich.

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III. Nach dem Vorstehenden erweist sich der für den Zeitraum ab dem 1. August 2009 gestellte Feststellungsantrag lediglich in Höhe von 54,09 Euro brutto monatlich als begründet.

        

Schmidt

        

Linck 

        

Koch   

        
                 

Wisskirchen

        

N. Schuster

                          

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.