Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts vom 16. Januar 2016 – Az. 19 Ca 442/15 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 321,54 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

auf 53,59 € brutto seit dem 1. August 2015,

auf 53,59 € brutto seit dem 1. September 2015,

auf 53,59 € brutto seit dem 1. Oktober 2015,

auf 53,59 € brutto seit dem 1. November 2015,

auf 53,59 € brutto seit dem 1. Dezember 2015 und

auf 53,59 € brutto seit dem 1. Januar 2016

zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die nicht allgemeinverbindlichen Rahmen- und Lohntarif-verträge für gewerbliche Mitarbeiter des AGA Norddeutscher Unternehmensverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistung e.V. für den Hamburger Wirtschaftsraum nebst den ergänzenden Gesamtvereinbarungen in ihrer jeweils gültigen Fassung auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis anzuwenden sind.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 591,80 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

auf 53,59 € brutto seit dem 1. Februar 2016,

auf 53,59 € brutto seit dem 1. März 2015,

auf 53,59 € brutto seit dem 1. April 2016,

auf 53,59 € brutto seit dem 1. Mai 2016,

auf 94,36 € brutto seit dem 1. Juni 2016,

auf 94,36 € brutto seit dem 1. Juli 2016,

auf 94,36 € brutto seit dem 1. August 2016 und

auf 94,36 € brutto seit dem 1. September 2016

zu zahlen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 79,40 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2016 zu zahlen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt von der Beklagten als seiner Arbeitgeberin die Zahlung weiterer Vergütung und begehrt die Feststellung, dass die Branchentarifverträge kraft dynamischer Bezugnahme im Arbeitsverhältnis Anwendung finden.

2

Der Kläger ist seit dem 1. März 1997 auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 18. Januar 1999 als gewerblicher Mitarbeiter bei der Beklagten beschäftigt. In dem Arbeitsvertrag heißt es auszugweise:

3

„Auf das Arbeitsverhältnis finden im übrigen der Rahmen- und Lohntarifvertrag bei gewerblichen Mitarbeitern und bei Angestellten der Rahmen- und Gehaltstarifvertrag des AGA Unternehmens- und Arbeitgeberverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistung e.V. (AGA) für den Hamburger Wirtschaftsraum nebst den ergänzenden Gesamtvereinbarungen, insbesondere Mehrarbeitszeit- und Kurzarbeitszeitabkommen Verfallklausel sowie eventuelle Tarifempfehlungen des AGA Anwendung.“

4

Ausweislich der Regelung im Arbeitsvertrag unter dem Punkt „Lohn/Gehalt“ ist der Kläger in die Tarifgruppe L 4 eingruppiert. Für den Inhalt des Arbeitsvertrags im Übrigen wird auf die Anlage K 1, Bl. 9 ff. d.A. verwiesen.

5

Unter dem Datum des 2. Januar 2012 unterzeichneten die Parteien ein Schreiben, das den Betreff „Reduzierung der monatlichen Arbeitszeit“ trägt. Auf die Anlage K 3 (Bl. 13 f. d.A.) wird verwiesen. Das Schreiben enthält u.a. folgende Formulierungen:

6

„... im beiderseitigen Einvernehmen reduziert sich mit Wirkung ab 1. Januar 2013 Ihre durchschnittliche monatliche Arbeitszeit von 167 Stunden auf 147,33 Stunden.

7

Die Arbeitszeit kann nach den tariflichen Bedingungen innerhalb eines Zeitraumes von bis zu 52 Wochen flexibel verteilt werden. [...]

8

Die Beschäftigung erfolgt als gewerblicher Mitarbeiter.

9

Mit Wirkung ab 1. Januar 2013 beträgt Ihr monatliches Bruttoarbeitsentgelt [...]

10

Das Arbeitsverhältnis endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf, spätestens mit Ablauf des Monats, in dem Sie die für Sie maßgebliche Altersgrenze erreicht haben, ab der Sie eine Rente wegen Alters beziehen können (Regelaltersgrenze).

11

Die Betriebszugehörigkeit gilt per 01.03.1997. Die übrigen Vereinbarungen aus Ihrem Dienstvertrag vom 18.01.1999 bleiben von dieser Änderung unberührt.“

12

Der Kläger ist nach wie vor in dem am 2. Januar 2012 vereinbarten Umfang in Teilzeit beschäftigt. Sein aktuelles Grundgehalt beträgt monatlich 1.984,95 € brutto (vgl. die Abrechnung für Juli 2015, Anl. K 2, Bl. 12 d.A.).

13

Nach der Satzung des AGA Norddeutscher Unternehmensverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistung e.V. (im Folgenden: AGA) sind eine Mitgliedschaft mit Tarifbindung und eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung vorgesehen. Der Wechsel von der einen in die andere Art der Mitgliedschaft muss nach § 3 Nr. 2 Abs. 3 der Satzung mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende erfolgen. Nach Abs. 5 dieser Bestimmung sind nicht tarifgebundene Mitglieder nicht berechtigt, an der Abstimmung über tarifpolitische Entscheidungen und/oder an der Besetzung tarifbezogener Gremien aktiv oder passiv mitzuwirken; auch bei der Besetzung tarifbezogener Gremien sind sie weder wahlberechtigt noch wählbar. Für den Inhalt der Satzung im Übrigen wird auf die Anlage E, Bl. 55 ff. d.A. verwiesen. Die Beklagte war zunächst Mitglied mit Tarifbindung. Mit Schreiben vom 26. November 2014 beantragte sie die Umwandlung in die Mitgliedschaft ohne Tarifbindung, was ihr mit Schreiben des AGA Unternehmensverbandes vom 2. Dezember 2014 bestätigt wurde.

14

Durch den Lohntarifvertrag für gewerbliche Mitarbeiter zwischen dem AGA und der ver.di Dienstleistungsgewerkschaft, Landesbezirk Hamburg (im Folgenden: Lohntarifvertrag) vom 2. Juli 2015 wurde der Tariflohn für den Hamburger Wirtschaftsraum zum 1. Juli 2015 zunächst um 2,7% erhöht. Gemessen an der Bruttovergütung des Klägers entspricht der Erhöhung ein Betrag von 53,59 € brutto monatlich. Zum 1. Mai 2016 waren die Tariflöhne nach dem Lohntarifvertrag vom 2. Juli 2015 erneut um 2,0% zu erhöhen. Unter Berücksichtigung der vorangegangenen Erhöhung würde dies für den Kläger ein monatliches Gehalt in Höhe von € 2.079,31 € brutto, also ein gegenüber dem aktuellen Gehalt um 94,36 € brutto höheres Gehalt bedeuten. Weiterhin sieht der Lohntarifvertrag vom 2. Juli 2015 in § 5 eine nicht tabellenwirksame, nicht anrechenbare tarifliche Pauschalzahlung in Höhe von 90,00 € brutto vor, die spätestens mit der Entgeltabrechnung für den Monat Mai 2016 zahlbar ist. Unter Berücksichtigung der Teilzeitbeschäftigung des Klägers ergäbe sich für ihn bei Anwendbarkeit des Lohntarifvertrags vom 2. Juli 2015 eine Pauschalzahlung in Höhe von 79,40 € brutto. Die Beklagte erhöhte weder den Lohn des Klägers entsprechend der Tarifsteigerung des Lohntarifvertrags noch leistete sie die Einmalzahlung in Höhe von 79,40 € brutto.

15

Mit seiner am 10. September 2015 erhobenen Klage hat der Kläger neben der Feststellung, dass die nicht allgemeinverbindlichen Rahmen- und Lohntarifverträge des AGA für gewerbliche Mitarbeiter in ihrer jeweils gültigen Fassung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar sind, die Lohndifferenz für die Monate Juli und August 2015 geltend gemacht. Mit Klageerweiterungen hat er die Lohndifferenzen auch für die Folgemonate verlangt.

16

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel sei als dynamische Bezugnahmeklausel auszulegen. Ein sogenannter Altfall, wonach die Klausel als Gleichstellungsabrede mit der Folge zu verstehen sei, dass die Verweisung nach Fortfall der Tarifbindung des Arbeitgebers lediglich statisch fortgelte, liege nicht vor. Die Klausel sei in der Zeit nach dem 1. Januar 2002, nämlich mit Vertrag der Parteien vom 2. Januar 2012, zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Parteien gemacht worden, indem die Parteien mit der Regelung „Die übrigen Vereinbarungen aus Ihrem Dienstvertrag vom 19.01.1999 bleiben von dieser Änderung unberührt“ ausdrücklich an den seinerzeit getroffenen Abreden festgehalten und so einen „Neuvertrag“ geschlossen hätten.

17

Die Beklagte habe keine wirksame OT-Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband begründet.

18

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

19

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 321,54 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

20

auf 53,59 € brutto seit dem 1. August 2015,
auf 53,59 € brutto seit dem 1. September 2015,
auf 53,59 € brutto seit dem 1. Oktober 2015,
auf 53,59 € brutto seit dem 1. November 2015,
auf 53,59 € brutto seit dem 1. Dezember 2015 und
auf 53,59 € brutto seit dem 1. Januar 2016

21

zu zahlen;

22

2. festzustellen, dass die nicht allgemeinverbindlichen Rahmen- und Lohntarifverträge für gewerbliche Mitarbeiter des AGA Norddeutscher Unternehmensverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistung e.V. für den Hamburger Wirtschaftsraum nebst den ergänzenden Gesamtvereinbarungen in ihrer jeweils gültigen Fassung auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis anzuwenden sind.

23

Die Beklagte hat beantragt,

24

die Klage abzuweisen.

25

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel sei, da vor dem 1. Januar 2002 vereinbart, aus Gründen des Vertrauensschutzes als sogen. Altfall zu behandeln. Daran ändere die Vertragsänderung vom 2. Januar 2012 nichts, weil die Bezugnahmeklausel bei Abschluss des Änderungsvertrags gerade nicht Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung geworden sei, insbesondere nicht mit der Regelung „Die übrigen Vereinbarungen aus Ihrem Dienstvertrag vom 19.01.1999 bleiben von dieser Änderung unberührt“. Diese Formulierung mache vielmehr deutlich, dass sich die Parteien nur mit den in der Änderungsvereinbarung genannten Punkten auseinandergesetzt hätten.

26

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 16. Februar 2016 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Lohntarifvertrag mit der Lohnerhöhung zum 1. Juli 2015 sei nicht aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit (§ 3 Abs. 1 TVG) im Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar. Es fehle jedenfalls an einer Tarifgebundenheit auf Seiten der Beklagten, nachdem diese vor Inkrafttreten der Lohnerhöhung in eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung des AGA Unternehmensverbandes gewechselt sei.

27

Auch sei der Lohntarifvertrag, der die Tariferhöhung um 2,7 % zum 1. Juli 2015 regele, nicht durch die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag der Parteien in Bezug genommen worden. Die Bezugnahmeklausel sei aus Gründen des Vertrauensschutzes als Gleichstellungsabrede auszulegen, da es sich um einen sogen. Altfall handele. Dies führe dazu, dass die in Bezug genommenen Tarifverträge bei Fortfall der Tarifgebundenheit lediglich statisch fortgelten würden. An der Behandlung als Altfall ändere auch der Änderungsvertrag der Parteien vom 2. Januar 2012 nichts. Es seien nach Auffassung der Kammer keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass beide Parteien übereinstimmend die Bezugnahmeklausel zum Gegenstand ihres rechtsgeschäftlichen Willens gemacht hätten, als sie den Änderungsvertrag vom 2. Januar 2012 vereinbart hätten. Ihr Erklärungs- und Geschäftswille sei erkennbar darauf gerichtet gewesen, den Arbeitsvertrag nur in den Punkten der Verringerung der Arbeitszeit und der sich daraus ergebenden Anpassung der Vergütung sowie in der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Erreichen der Regelaltersgrenze zu ändern. Ferner hätten die Parteien mit der Regelung, dass der Kläger als gewerblicher Mitarbeiter beschäftigt werde, in fast wortlautidentischer Weise eine im Vertrag vom 18. Januar 1999 enthaltene Regelung bekräftigt. Auch und gerade dies spreche dafür, dass sich die Parteien über die übrigen Klauseln keine Gedanken gemacht hätten. Etwas anderes folge auch nicht aus der im Änderungsvertrag verwendeten Formulierung „Die übrigen Vereinbarungen aus Ihrem Dienstvertrag vom 18.01.1999 bleiben von dieser Änderung unberührt“. Diese sei kein sicheres Anzeichen dafür, dass die Parteien den übrigen Inhalt des Arbeitsvertrags zum Gegenstand ihrer rechtsgeschäftlichen Willensbildung gemacht hätten. Es sei nicht mit der gebotenen Substanz vorgetragen worden, dass die Bezugnahmeklausel aus dem Arbeitsvertrag vom 18. Januar 1999 bei Abschluss des Änderungsvertrags vom 2. Januar 2012 zum Bewusstsein der Parteien geworden sei. Im Übrigen lasse die zitierte Formulierung durchaus die Deutung zu, dass die Parteien an dem Verständnis der Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsabrede nichts hätten ändern wollen. Für die Begründung des Arbeitsgerichts im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils, Bl. 70 ff. d.A., verwiesen.

28

Der Kläger hat das ihm am 24. März 2016 zugestellte Urteil am 14. April 2016 mit seiner Berufung angegriffen, die er nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 24. Juni 2016 mit an diesem Tag bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründet hat.

29

Der Kläger meint, die Entscheidung des Arbeitsgerichts sei rechtsfehlerhaft und deshalb abzuändern. Es liege kein Altvertrag vor. Bei der Vertragsänderung vom 2. Januar 2012 hätten die Parteien auch die arbeitsvertraglichen Bestimmungen, die selbst nicht geändert worden seien, in ihren Willen aufgenommen und ihr Arbeitsverhältnis komplett neu geregelt. Dies ergebe sich aus der Formulierung „Die übrigen Vereinbarungen aus Ihrem Dienstvertrag vom 18.01.1999 bleiben von dieser Änderung unberührt“, die nicht als bloß deklaratorische Vertragsbestimmung verstanden werden könne. Es sei darauf hinzuweisen, dass der Arbeitsvertrag vom 18. Januar 1999 gerade einmal zweieinhalb Seiten ausfülle und die Regelung „Tarife“ eine der längsten Regelungen des gesamten Vertrages sei. Die Bezugnahmeklausel „Tarife“ sei von der Beklagten in einer Vielzahl von Fällen benutzt worden. Es sei nicht vorstellbar, dass die Beklagte an die zentrale Regelung ihrer Standardarbeitsverträge nicht gedacht haben wolle. Dies gelte auch, weil der Änderungsvertrag vom 2. Januar 2012 mehrfach auf tarifliche Inhalte Bezug nehme.

30

Unter Erweiterung der Klage um die Lohndifferenzen für die Monate Januar 2016 bis August 2016 und die tarifliche Einmalzahlung in Höhe von 79,40 € brutto beantragt der Kläger nunmehr:

31

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 321,54 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

32

auf 53,59 € brutto seit dem 1. August 2015,
auf 53,59 € brutto seit dem 1. September 2015,
auf 53,59 € brutto seit dem 1. Oktober 2015,
auf 53,59 € brutto seit dem 1. November 2015,
auf 53,59 € brutto seit dem 1. Dezember 2015 und
auf 53,59 € brutto seit dem 1. Januar 2016

33

zu zahlen.

34

2. Es wird festgestellt, dass die nicht allgemeinverbindlichen Rahmen- und Lohntarif-verträge für gewerbliche Mitarbeiter des AGA Norddeutscher Unternehmensverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistung e.V. für den Hamburger Wirtschaftsraum nebst den ergänzenden Gesamtvereinbarungen in ihrer jeweils gültigen Fassung auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis anzuwenden sind.

35

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 591,80 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

36

auf 53,59 € brutto seit dem 1. Februar 2016,
auf 53,59 € brutto seit dem 1. März 2015,
auf 53,59 € brutto seit dem 1. April 2016,
auf 53,59 € brutto seit dem 1. Mai 2016,
auf 94,36 € brutto seit dem 1. Juni 2016,
auf 94,36 € brutto seit dem 1. Juli 2016,
auf 94,36 € brutto seit dem 1. August 2016 und
auf 94,36 € brutto seit dem 1. September 2016

37

zu zahlen.

38

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 79,40 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2016 zu zahlen.

39

Die Beklagte beantragt,

40

die Berufung zurückzuweisen.

41

Die Beklagte verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Sie behauptet, die Parteien hätten sich bei der Änderungsvereinbarung nur auf die geregelten Punkte fokussiert und alle anderen Punkte aus dem Arbeitsverhältnis nicht noch einmal angeschaut, überdacht oder geprüft.

42

Zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften verwiesen.

Entscheidungsgründe

43

Die Berufung ist zulässig und begründet.

I.

44

Die Berufung ist gem. § 64 Abs. 1 und 2b) ArbGG statthaft. Sie ist zudem gem. §§ 64 Abs. 6 Satz 1, 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit auch im Übrigen zulässig.

II.

45

Die Berufung hat in der Sache Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Unrecht als unbegründet abgewiesen. Auch die in der Berufungsinstanz im Wege der Klageerweiterung geltend gemachten Anträge sind zulässig und begründet.

46

1. Die Klaganträge sind zulässig.

47

a) Dies gilt auch für die nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist eingegangenen Klageerweiterungen in der Berufungsinstanz.

48

Eine Klageerweiterung ist auch nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist möglich, da sie kein neues Angriffs- und Verteidigungsmittel gemäß § 530 ZPO, § 67 ArbGG ist (siehe BAG 12.09.2006 – 9 AZR 271/06 – juris). Die Klageerweiterungen im vorliegenden Verfahren, auf die sich die Beklagte im Übrigen rügelos eingelassen hat, sind keine Klageänderungen i.S.d. § 263 ZPO, sondern unterfallen der Regelung des § 264 Nr. 2 ZPO. Denn der Kläger hat weitere, auf die Anwendbarkeit des Lohntarifvertrags vom 2. Juli 2015 und damit auf denselben Klagegrund gestützte Forderungen geltend gemacht.

49

b) Für die mit dem Antrag zu 2. begehrte Feststellung ist das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 495 ZPO und § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG erforderliche rechtliche Interesse gegeben. Auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts hierzu, die von den Parteien nicht angegriffen worden sind, wird verwiesen (§ 69 Abs. 2 ArbGG).

50

2. Die Klage ist entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts in Bezug auf alle Anträge begründet.

51

Die mit dem Feststellungsantrag begehrte Feststellung war zu treffen. Die Rahmen- und Lohntarifverträge des AGA für gewerbliche Mitarbeiter nebst der ergänzenden Gesamtvereinbarungen finden im Arbeitsverhältnis der Parteien in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung (hierzu unter a). Die mit den Leistungsanträgen geltend gemachten Zahlungsansprüche sind vollen Umfangs begründet (hierzu unter b).

52

a) Die Rahmen- und Lohntarifverträge des AGA für gewerbliche Mitarbeiter sind im Arbeitsverhältnis der Parteien in ihrer jeweils gültigen Fassung anwendbar, auch wenn sie nicht allgemeinverbindlich sind. Dies ergibt sich aus der Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag der Parteien vom 18. Januar 1999 in Zusammenschau mit der Änderungsvereinbarung vom 2. Januar 2012.

53

aa) Die im Arbeitsvertrag der Parteien vom 18. Januar 1999 enthaltene Verweisung auf die Rahmen- und Lohntarifverträge des AGA für gewerbliche Mitarbeiter nebst der ergänzenden Gesamtvereinbarungen war ursprünglich als Gleichstellungsabrede i.S.d. Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auszulegen.

54

(1) Nach der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts galt die widerlegliche Vermutung, dass es einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum ging, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers waren in Anwendung dieser Rechtsprechung Bezugnahmeregelungen auch ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder in den Begleitumständen bei Vertragsschluss in aller Regel als sogen. „Gleichstellungsabreden“ auszulegen. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, dass die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik nur so weit reichen solle, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reicht, also dann enden solle, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden war. Ab diesem Zeitpunkt sollten die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch angewendet werden (vgl. etwa BAG 21.10.2015 – 4 AZR 649/14 – juris Rn. 24).

55

Seit dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 können neu vereinbarte Bezugnahmeregelungen, wie das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung entscheidet, nicht mehr als „Gleichstellungsabreden“ ausgelegt werden. Denn seit diesem Zeitpunkt gilt das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch für Arbeitsverträge. Nicht nur die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB, auch das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion in § 306 BGB streiten als allgemeine Rechtsgrundsätze gegen eine wohlwollende Auslegung zu Gunsten des Klauselverwenders und damit auch dagegen, eine durch das Ende einer ursprünglich bestehenden Tarifgebundenheit auflösend bedingte Dynamik in Bezug genommener Tarifverträge, an die der Klauselverwender bei Vertragsschluss gedacht haben mag, als Vertragsinhalt auch dann zu erkennen, wenn sich hierfür weder im Vertragswortlaut noch in den den Vertragsschluss begleitenden Umständen ein Anhaltspunkt findet (BAG 14.12.2005 – 4 AZR 536/04 juris Rn 21).

56

Aus Gründen des Vertrauensschutzes ist die Auslegungsregel für Bezugnahmeklauseln als Gleichstellungsabreden jedoch weiterhin auf solche Bezugnahmeklauseln anzuwenden, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind (BAG 21.10.2015 – 4 AZR 649/14 – juris Rn. 25; BAG 18.04.2007 – 4 AZR 652/05 – Rn. 43 ff.).

57

(2) Aus den dargelegten Grundsätzen folgt, dass der Verweis auf den Rahmen- und Lohntarifvertrag für gewerbliche Mitarbeiter und den Rahmen- und Gehaltstarifvertrag für Angestellte unter dem Punkt „Tarife“ im Arbeitsvertrag der Parteien vom 18. Januar 1999 nicht nur zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses, sondern aus Vertrauensschutzgründen über den 1. Januar 2002 hinaus als Gleichstellungsabrede auszulegen war. Denn der Arbeitsvertrag ist vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform vereinbart worden. Zum damaligen Zeitpunkt war die Beklagte kraft Mitgliedschaft an Tarifverträge des AGA gebunden. Entsprechend hat die Beklagte bis zu ihrem Wechsel in die OT-Mitgliedschaft den Verweis im Arbeitsvertrag als dynamische Bezugnahme auf die anzuwendenden Lohntarifverträge verstanden und die jeweiligen Lohnerhöhungen an den Kläger weitergegeben.

58

bb) Auch nach dem Wechsel der Beklagten in die OT-Mitgliedschaft des AGA als tarifschließendem Arbeitgeberverband ist die arbeitsvertragliche Bezugnahme der Parteien auf den Lohntarifvertrag zeitdynamisch ausgestaltet.

59

Dies folgt aus dem Abschluss des Änderungsvertrags der Parteien vom 2. Januar 2012. Mit diesem Änderungsvertrag haben die Parteien die Bezugnahmeregelung aus dem ursprünglichen Arbeitsvertrag vom 18. Januar 1999 erneuert. Diese nach dem 31. Dezember 2001 geschlossene vertragliche Abrede kann nicht mehr als Gleichstellungsabrede i.S.d. früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ausgelegt werden.

60

(1) Bei einer nach dem 31. Dezember 2001 vereinbarten Änderung eines von einem Arbeitgeber vor dem 1. Januar 2002 geschlossenen „Altvertrags“ kommt es für die Beurteilung, ob die Auslegungsmaßstäbe für „Neu-“ oder für „Altverträge“ maßgebend sind, darauf an, ob die vertragliche Bezugnahmeregelung in der nachfolgenden Vertragsänderung zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der beteiligten Vertragsparteien gemacht worden ist (BAG 24.02.2010 - 4 AZR 691/08 – juris Rn. 25). Allein eine Vertragsänderung führt nicht notwendig dazu, dass zugleich stets alle vertraglichen Regelungen des ursprünglichen Arbeitsvertrags erneut vereinbart oder bestätigt würden. Ob eine solche Abrede gewollt ist, ist anhand der konkreten Vertragsänderung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (BAG 19.10.2011 - 4 AZR 811/09 - juris Rn. 27). Ein deutlicher Ausdruck dafür, dass eine zuvor bestehende Verweisungsklausel erneut zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Vertragsparteien gemacht worden ist und die Parteien trotz der geänderten Gesetzeslage auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts am 1. Januar 2002 ausdrücklich an den zuvor getroffenen Abreden festhalten, liegt beispielsweise in der ausdrücklichen Erklärung, dass „alle anderen Vereinbarungen aus dem Anstellungsvertrag unberührt bleiben“ (vgl. BAG 30.07.2008 - 10 AZR 606/07 – juris Rn. 49. Eine solche Regelung hindert die Annahme eines „Altvertrages“ und eine Rechtsfolgenkorrektur unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes (BAG 21.10.2015 – 4 AZR 649/14 – juris Rn. 33).

61

(2) Da hier in dem beiden Parteien unterzeichneten Änderungsvertrag vom 2. Januar 2012 ausdrücklich vereinbart ist, dass die übrigen Vereinbarungen aus dem Dienstvertrag vom 18. Januar 1999 von der Änderung unberührt bleiben, kann die frühere Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Auslegung von Bezugnahmeklauseln als Gleichstellungsabreden unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nicht zur Anwendung kommen. Denn die Parteien haben mit dem Änderungsvertrag trotz Inkrafttreten der Schuldrechtsreform ausdrücklich an ihrer Abrede aus dem Arbeitsvertrag vom 18. Januar 1999 festgehalten und sie damit unter den nunmehr geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen erneut vereinbart.

62

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts kann die Formulierung im Änderungsvertrag nicht als bloß deklaratorischer Hinweis auf die übrigen Regelungen im Arbeitsvertrag vom 18. Januar 1999 verstanden werden.

63

Bei einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung ist grundsätzlich von übereinstimmenden Willenserklärung auszugehen. Soll einem Vertragsinhalt keine rechtsgeschäftliche Wirkung zukommen, sondern es sich nur um eine deklaratorische Angabe in Form einer sogen. Wissenserklärung handeln, muss dies im Vertrag deutlich zum Ausdruck gebracht worden sein (BAG 21.10.2015 – 4 AZR 649/14 – Rn. 36). Für eine solche Annahme ergeben sich in der hier vereinbarten Änderungsvereinbarung keine Anhaltspunkte. Die Parteien haben die Vereinbarungen aus dem ursprünglichen Arbeitsvertrag ohne Einschränkungen als „unberührt“ bezeichnet und damit bestätigt.

64

Dies hat zur Folge, dass die Bestätigung durch die übereinstimmenden Willenserklärungen auch die Bezugnahme auf die Tarifverträge des AGA für den Groß- und Außenhandel Hamburger Wirtschaftsraum erfasst. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Einbeziehung tariflicher Regeln einen wesentlichen Gehalt des Arbeitsvertrags vom 18. Januar 1999 darstellt. Nicht nur durch die Bezugnahmeklausel unter dem Punkt „Tarife“, sondern auch bei der Eingruppierung des Klägers und bei den Regelungen zu Sonderzahlungen und Urlaub verweist der Arbeitsvertrag auf Tarifbestimmungen für den Groß- und Außenhandel im Hamburger Wirtschaftsraum. Ein Grund dafür, weshalb dieser wesentliche Gehalt des Arbeitsvertrags von den bestätigenden Willenserklärungen im Änderungsvertrag vom 2. Januar 2012 nicht umfasst gewesen sein sollte, ist nicht ersichtlich.

65

Unerheblich ist, ob sich die Parteien bei Abschluss des Änderungsvertrages gedanklich mit der Bezugnahmeklausel auseinandergesetzt haben. Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob der Beklagten klar war, dass sie sich nach der Neuvereinbarung nicht mehr aus Vertrauensschutzgründen auf die frühere Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Auslegung von Bezugnahmeregelungen als Gleichstellungsabreden würde berufen können. Selbst wenn die Beklagte darüber nicht nachgedacht hätte oder insoweit einem Irrtum unterlegen wäre, würde dies nichts am wirksamen Zustandekommen eines Neuvertrags ändern. Denn insoweit handelte es sich lediglich um einen unbeachtlichen Irrtum über die rechtlichen Folgen des Vertragsschlusses (siehe zur Unbeachtlichkeit eines Motiv- bzw. Rechtsfolgenirrtums BAG 23.09.2014 - 9 AZR 827/12 – juris Rn 28; BAG 14.02.1996 - 2 AZR 234/95 – juris Rn 21).

66

Da die Parteien durch ihre Willenserklärungen in Bezug auf die nicht geänderten Bedingungen des ursprünglichen Arbeitsvertrags einen Neuvertrag abgeschlossen haben, sind die Rahmen- und Lohntarifverträge des AGA für den Hamburger Wirtschaftsraum nebst ergänzenden Gesamtvereinbarungen in ihrem Arbeitsverhältnis dynamisch in Bezug genommen.

67

b) Die Zahlungsansprüche sind begründet.

68

aa) Die Lohnforderungen des Klägers sind nach dem Lohntarifvertrag vom 2. Juli 2015 begründet. Dieser Lohntarifvertrag findet wegen der dynamischen arbeitsvertraglichen Bezugnahme der Parteien auf die Lohntarifverträge des AGA für den Hamburger Wirtschaftsraum im Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung.

69

Dem Kläger steht nach dem Lohntarifvertrag vom 2. Juli 2015 beginnend ab dem 1. Juli 2015 ein um 2,7 %, also um 53,59 € brutto monatlich erhöhter Lohn zu.

70

Das sich hieraus ergebende neue Bruttoentgelt in Höhe von 2.038,54 € brutto hat sich nach dem Lohntarifvertrag vom 2. Juli 2015 ab dem 1. Mai 2016 erneut um 2,0 %, also um 40,77 € brutto erhöht. Ab dem 1. Mai 2016 steht dem Kläger damit ein Monatslohn in Höhe von 2.079,31 € brutto zu. Ab diesem Zeitpunkt kann er 94,36 € brutto als Differenz zur gewährten monatlichen Vergütung in Höhe von 1.984,95 € brutto verlangen.

71

Nach § 5 des Lohntarifvertrag vom 2. Juli 2015 hat der Kläger darüber hinaus Anspruch auf eine einmalige tarifliche Pauschalzahlung, die für Vollzeitkräfte 90,00 € brutto beträgt. Unter Berücksichtigung seiner Teilzeitbeschäftigung kann der Kläger die Zahlung von 79,80 € brutto spätestens mit dem Lohn für den Monat Mai 2016 verlangen.

72

bb) Die Zinsansprüche des Klägers folgen jeweils aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB.

73

Die um die tarifliche Lohnerhöhung erhöhte Vergütung war jeweils zum Ende des Monats an den Kläger zu zahlen. Die Beklagte befand sich also jeweils ab dem 1. des Folgemonats in Verzug.

74

Die einmalige tarifliche Pauschalzahlung war spätestens zum Ende des Monats Mai 2016 an den Kläger zu zahlen, sodass Verzug der Beklagten insoweit ab dem 1. Juni 2016 eingetreten ist.

III.

75

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

IV.

76

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 72 Abs. 2 ArbGG.

77

[Hinweis der Dokumentationsstelle: Der Berichtigungsbeschluss wurde in den Tenor eingearbeitet.

78

Beschluss vom 28. Dezember 2016

79

Der erste Satz des Tenors des Urteils vom 9. November 2016 wird wegen offensichtlicher Unrichtigkeit wie folgt berichtigt:

80

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts vom 16. Januar 2016 – Az. 19 Ca 442/15 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:
...

81

Gründe

82

Der Urteilstenor ist wegen offensichtlicher Unrichtigkeit von Amts wegen zu korrigieren (§ 319 Abs. 1 ZPO). Nicht die Beklagte, sondern der Kläger hat Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts eingelegt.]

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(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

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(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Woch

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Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 67 Zulassung neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel


(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen. (2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug entgegen einer hierfür nach § 56 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 o

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Werden Angriffs- oder Verteidigungsmittel entgegen den §§ 520 und 521 Abs. 2 nicht rechtzeitig vorgebracht, so gilt § 296 Abs. 1 und 4 entsprechend.

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(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist.

(2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist.

(3) Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

Werden Angriffs- oder Verteidigungsmittel entgegen den §§ 520 und 521 Abs. 2 nicht rechtzeitig vorgebracht, so gilt § 296 Abs. 1 und 4 entsprechend.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug entgegen einer hierfür nach § 56 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 oder § 61a Abs. 3 oder 4 gesetzten Frist nicht vorgebracht worden sind, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt. Der Entschuldigungsgrund ist auf Verlangen des Landesarbeitsgerichts glaubhaft zu machen.

(3) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug entgegen § 282 Abs. 1 der Zivilprozessordnung nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 der Zivilprozessordnung nicht rechtzeitig mitgeteilt worden sind, sind nur zuzulassen, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei das Vorbringen im ersten Rechtszug nicht aus grober Nachlässigkeit unterlassen hatte.

(4) Soweit das Vorbringen neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel nach den Absätzen 2 und 3 zulässig ist, sind diese vom Berufungskläger in der Berufungsbegründung, vom Berufungsbeklagten in der Berufungsbeantwortung vorzubringen. Werden sie später vorgebracht, sind sie nur zuzulassen, wenn sie nach der Berufungsbegründung oder der Berufungsbeantwortung entstanden sind oder das verspätete Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder nicht auf Verschulden der Partei beruht.

Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Für das Verfahren vor den Amtsgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren vor den Landgerichten, soweit nicht aus den allgemeinen Vorschriften des Buches 1, aus den nachfolgenden besonderen Bestimmungen und aus der Verfassung der Amtsgerichte sich Abweichungen ergeben.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

Tenor

1. Die Revisionen der Beklagten und des Nebenintervenienten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 20. August 2014 - 3 Sa 451/14 - werden zurückgewiesen.

2. Die Kostenentscheidung des Landesarbeitsgerichts wird aufgehoben. Die Beklagte trägt die erstinstanzlichen Kosten. Von den zweitinstanzlichen Kosten trägt der Kläger 57 %, die Beklagte 43 %.

3. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Beklagte, die der Nebenintervention hat der Nebenintervenient zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Anwendung des Lohntarifvertrags für den Einzelhandel Nordrhein-Westfalen (LTV) auf ihr Arbeitsverhältnis sowie daraus resultierende Entgeltdifferenzansprüche für den Zeitraum von März 2013 bis Juli 2014 gegen die Beklagte.

2

Der Kläger ist bei der Beklagten, die Möbelhäuser betreibt, aufgrund eines Arbeitsvertrags vom 12. November 1997 als Haustischler beschäftigt.

3

Der Arbeitsvertrag lautet auszugsweise wie folgt:

        

§ 1 Einstellung

        

1.    

Der Arbeitnehmer wird ab 01.01.1998 als Haustischler eingestellt.

        

…       

        
        

3.    

Die Tarifverträge für die Beschäftigten im Einzelhandel des Landes Nordrhein-Westfalen in ihrer jeweils geltenden Fassung und deren Nachfolgeverträge sind Bestandteil dieses Vertrages.

                 

…       

        

§ 4 Vergütung

        

1.    

Gemäß der in § 1 Ziffer 1 genannten Tätigkeit wird der/die Arbeitnehmer/in in die Gehalts-/Lohngruppe _______[nicht ausgefüllt] des derzeit geltenden Gehalts-/Lohntarifvertrages für den Einzelhandel eingestuft.

        

2.    

Das vereinbarte Entgelt beträgt: 21,54 DM pro Stunde [Stundenlohn handschriftlich eingetragen]

                 

…       

        

4.    

Die über das tarifliche Entgelt hinausgehenden Gehalts-/Lohnbestandteile … können jederzeit unter Einhaltung einer Frist von einem Monat gekürzt oder widerrufen werden. Sie können bei einer Erhöhung der Gehalts-/Lohntarife, bei Aufrücken in eine höhere Gehalts-/Lohngruppe/-stufe und bei Höhergruppierungen angerechnet werden.“

4

Der ab 1. November 1997 geltende Tariflohn der Lohngruppe III, Lohnstaffel d) im 1. Tätigkeitsjahr („Handwerker, soweit sie nicht von den Lohnstaffeln a) bis c) erfaßt sind“) des LTV zwischen dem Einzelhandelsverband Nordrhein-Westfalen e. V. einerseits sowie den Gewerkschaften HBV und DAG andererseits betrug monatlich 3.517,00 DM brutto.

5

Die Beklagte ist Mitglied des Einzelhandelsverbandes Ostwestfalen-Lippe, der wiederum Mitglied im Einzelhandelsverband Nordrhein-Westfalen e. V. ist. Sie war zunächst Mitglied mit Tarifgebundenheit. Auf ihren Antrag hin führt sie der Verband seit dem 1. November 2004 als Mitglied ohne Tarifgebundenheit („OT-Mitglied“). Die Verbandssatzung sieht eine derartige OT-Mitgliedschaft vor.

6

Bis zum Wechsel in die OT-Mitgliedschaft wurde der Lohn des Klägers regelmäßig entsprechend den Tarifabschlüssen im Einzelhandel Nordrhein-Westfalen erhöht. Der zu dieser Zeit gültige LTV war zum 31. März 2005 gekündigt.

7

Im März 2005 schlossen die Parteien eine „Vereinbarung zur Änderung des Arbeitsvertrages“, die auszugsweise wie folgt lautet:

        

„Die Parteien sind sich darüber einig, dass der zwischen Ihnen bestehende Arbeitsvertrag mit Wirkung ab dem 01.04.2005 wie folgt geändert wird. Die dabei nicht genannten Regelungen gelten weiter. …

        

Arbeitszeit

        

Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40 Stunden.

        

Zuschläge

        

…       

        

Sonderzahlungen

        

…       

        

Urlaub

        

…“    

8

Jedenfalls nach Abschluss dieser Vereinbarung gab die Beklagte Tariflohnerhöhungen im Einzelhandel Nordrhein-Westfalen nicht mehr an den Kläger weiter. Bis zum Abschluss des Änderungsvertrags hatte der Kläger gemäß der im einschlägigen Manteltarifvertrag genannten Arbeitszeit regelmäßig 37,5 Stunden pro Woche gearbeitet.

9

Von April 2005 bis Juli 2013 war der Kläger Mitglied der Gewerkschaft ver.di.

10

In einem vor dem Arbeitsgericht Münster geführten Rechtsstreit, in dem die Parteien im Wesentlichen über die Frage gestritten hatten, ob die Erhöhung der Arbeitszeit von 37,5 Stunden auf 40 Stunden wöchentlich mit oder ohne Lohnausgleich zu erfolgen hatte, hat sich die Beklagte in einem am 9. Juli 2010 durch Beschluss gemäß § 278 Abs. 6 ZPO festgestellten Vergleich zur Zahlung eines bestimmten Betrags für wöchentlich 2,5 Stunden Mehrarbeit im Zeitraum September 2006 bis Januar 2010 sowie zur Gewährung von zusätzlichen Urlaubstagen rückwirkend ab 2007 verpflichtet. Ferner wurde zwischen den Parteien geregelt, dass der Kläger ab dem 1. Februar 2010 wöchentlich 37,5 Arbeitsstunden zu leisten hat. Die Frage der Vergütungshöhe war in diesem Verfahren nicht streitig geworden.

11

Im Januar 2011 haben die Parteien einen weiteren, außergerichtlichen Vergleich über Mehrarbeitsvergütungsansprüche für den Zeitraum November 2005 bis August 2006 geschlossen.

12

Zu Beginn einer zweimonatigen Elternzeit des Klägers unterzeichneten er und sein Vorgesetzter eine als „Personalveränderung“ bezeichnetes Schriftstück, in dem in verschiedenen Rubriken die Arbeitsbedingungen - etwa die Arbeitszeit - „bisher“ und „künftig“ gegenübergestellt waren. Unter dem Stichwort „Lohn/Gehalt/Garantiegehalt“ war die Spalte „bisher“ nicht ausgefüllt. In der Spalte „künftig“ war eingetragen: „bleibt“. Unter „Veränderung gültig ab“ hieß es: „05.10.12 - 04.12.12“.

13

Von März 2013 bis Juli 2014 bezog der Kläger ein gleichbleibendes Monatsentgelt in Höhe von 2.288,52 Euro brutto. Der im LTV für diesen Zeitraum geregelte Tariflohn im Einzelhandel Nordrhein-Westfalen betrug in Lohngruppe III, Lohnstaffel d) ab dem 2. Tätigkeitsjahr bis 31. Juli 2013 monatlich 2.590,00 Euro brutto, bis 30. April 2014 monatlich 2.668,00 Euro brutto und ab 1. Mai 2014 monatlich 2.724,00 Euro brutto.

14

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der LTV sei in seiner jeweiligen Fassung auf sein Arbeitsverhältnis aufgrund der zeitdynamischen Klausel in § 1 Nr. 3 des Arbeitsvertrags anzuwenden. Diese Klausel sei im Änderungsvertrag vom März 2005 erneut vereinbart worden, weshalb sie nicht mehr als Gleichstellungsabrede ausgelegt werden könne. Eine nachfolgende, von § 1 Nr. 3 des Arbeitsvertrags abweichende Lohnvereinbarung habe es nicht gegeben. Weder die beiden Vergleiche noch der Personalveränderungsbogen enthielten derartige Regelungen.

15

Zuletzt hat der Kläger - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.404,80 Euro brutto nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus je 301,48 Euro seit dem 1. April 2013, 1. Mai 2013, 1. Juni 2013, 1. Juli 2013 und 1. August 2013 sowie aus je 379,48 Euro seit dem 1. September 2013, 1. Oktober 2013, 1. November 2013, 1. Dezember 2013 und 1. Januar 2014 zu zahlen,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 758,96 Euro brutto nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus je 379,48 Euro seit dem 1. Februar 2014 und 1. März 2014 zu zahlen,

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 2.065,40 Euro brutto nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus je 379,48 Euro seit dem 1. April 2014 und 1. Mai 2014 sowie aus je 435,48 Euro seit dem 1. Juni 2014, 1. Juli 2014 und 1. August 2014 zu zahlen.

16

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags die Auffassung vertreten, schon der Arbeitsvertrag verweise hinsichtlich der Lohnhöhe nicht auf die Tarifverträge des Einzelhandels, es sei vielmehr unter § 4 Nr. 2 ausdrücklich ein konkreter Stundenlohn vereinbart worden. Jedenfalls liege eine Gleichstellungsabrede vor, die auch nicht geändert worden sei. In der Änderungsvereinbarung aus März 2005 liege kein Neuabschluss der Klausel aus § 1 Nr. 3 des Arbeitsvertrags. Ihr sei es bei Verwendung des Einleitungssatzes hinsichtlich der Weitergeltung von in der Änderungsvereinbarung nicht aufgeführten Regelungsgegenständen erkennbar nur darauf angekommen, keine redaktionell ganz neu verfassten Arbeitsverträge aufzusetzen. Zudem sei zu diesem Zeitpunkt erkennbar klar gewesen, dass sie sich von den tarifvertraglichen Regelungen zumindest hinsichtlich der Hauptleistungspflichten - wozu neben der ausdrücklich geänderten Arbeitszeit auch das Entgelt gehöre - habe lösen wollen. Ferner sei nachfolgend in den beiden Vergleichen sowie in der Personalveränderungsvereinbarung die tatsächlich gezahlte Vergütung auch als künftig arbeitsvertraglich geschuldet vereinbart worden. Letztlich seien Ansprüche des Klägers aufgrund der jahrelang unterbliebenen Geltendmachung und der insoweit anstandslosen Weiterarbeit zumindest verwirkt.

17

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter. In der Revisionsinstanz ist der Nebenintervenient dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten mit einer eigenen Revision beigetreten.

Entscheidungsgründe

18

Die zulässigen Revisionen haben keinen Erfolg.

19

I. Die Revisionen der Beklagten und des Nebenintervenienten sind zulässig. Auch der Nebenintervenient ist neben der Beklagten selbst zur Revisionseinlegung befugt (vgl. BAG 18. September 2014 - 8 AZR 733/13 - Rn. 16). Nach dem vom Nebenintervenienten erklärten Beitritt auf Seiten der Beklagten mit Revisionseinlegung vom 21. Oktober 2014 als Reaktion auf die erfolgte Streitverkündung vom 3. September 2014 sind die Regelungen der Nebenintervention zur Bestimmung des Verhältnisses zwischen den Parteien maßgebend (§ 74 Abs. 1 ZPO iVm. § 46 Abs. 2 ArbGG). Der Beitritt kann - ebenso wie die Nebenintervention - zusammen mit der Rechtsmitteleinlegung erfolgen (§ 66 Abs. 2 ZPO iVm. § 46 Abs. 2 ArbGG).

20

II. Die Revisionen der Beklagten und des Nebenintervenienten sind nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Differenzlohnansprüche iHv. insgesamt 6.229,16 Euro brutto nebst Zinsen für den Zeitraum März 2013 bis Juli 2014 zu. Dies folgt aus der arbeitsvertraglichen Vereinbarung der Parteien iVm. dem LTV in der jeweiligen Fassung.

21

1. Mit dem Arbeitsvertrag vom 12. November 1997 haben die Parteien den LTV in seiner jeweiligen Fassung vertraglich in Bezug genommen. Die Verweisungsklausel umfasst auch die tariflichen Regelungen zur Lohnhöhe. Das ergibt die Auslegung des Vertrags.

22

a) Gemäß § 1 Nr. 3 des Arbeitsvertrags sind „die“ Tarifverträge des Einzelhandels NRW in ihrer jeweiligen Fassung „Bestandteil dieses Vertrages“ und damit Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien. Eine Ausnahme für bestimmte tariflich geregelte Bereiche ist dort nicht genannt. Damit umfasst die Verweisung auch die jeweiligen Lohntarifverträge.

23

aa) Die in § 1 Nr. 3 iVm. § 4 Nr. 2 des Arbeitsvertrags aus dem Jahre 1997 enthaltene Verweisung auf die jeweiligen Lohntarifverträge des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen ist - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat - iSd. früheren Rechtsprechung des Senats als eine Gleichstellungsabrede auszulegen.

24

Nach der Rechtsprechung des Senats galt die widerlegliche Vermutung, dass es einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum ging, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Der Senat ging davon aus, mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel solle lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags auf das betreffende Arbeitsverhältnis zu kommen. Daraus hatte der Senat die Konsequenz gezogen, dass auch ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder in den Begleitumständen bei Vertragsschluss bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeregelungen in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen seien. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik solle nur so weit reichen, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reicht, also dann enden, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden war. Ab diesem Zeitpunkt seien die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch anzuwenden.

25

Diese Rechtsprechung hat der Senat für vertragliche Bezugnahmeregelungen, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Er wendet die Auslegungsregel aus Gründen des Vertrauensschutzes jedoch weiterhin auf Bezugnahmeklauseln an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind (st. Rspr., siehe nur BAG 11. Dezember 2013 - 4 AZR 473/12 - Rn. 14 f. mwN, BAGE 147, 41).

26

bb) Das Auslegungsergebnis einer Gleichstellungsabrede wird gestützt durch die tatsächliche Vertragsdurchführung.

27

(1) Die tatsächliche Praxis des Vollzugs einer vertraglichen Regelung durch die vertragschließenden Parteien kann zwar den bei Vertragsschluss zum Ausdruck gebrachten objektiven Gehalt der wechselseitigen Vertragserklärungen nicht mehr beeinflussen. Er kann aber Anhaltspunkte für den bei Vertragsschluss bestehenden, tatsächlichen Vertragswillen enthalten und somit für die Auslegung von Bedeutung sein (BAG 7. Juni 2006 - 4 AZR 272/05 - Rn. 43).

28

(2) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts gab die Beklagte nach Abschluss des Arbeitsvertrags die Tariflohnerhöhungen bis zum Zeitpunkt des Wechsels in die OT-Mitgliedschaft zum 1. November 2004 stets an den Kläger weiter. Eine Pflicht zur Anwendung der Lohntarifverträge kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit (§ 3 Abs. 1 TVG) bestand nicht, da der Kläger erst ab 1. April 2005 Gewerkschaftsmitglied war. Demnach ging die Beklagte bis zu ihrem Wechsel in die OT-Mitgliedschaft offensichtlich selbst von einer dynamischen Verweisung auf die jeweiligen Lohntarifverträge im Arbeitsvertrag aus.

29

cc) Diesem Auslegungsergebnis kann die Revision nicht mit Erfolg entgegenhalten, aus § 4 des Arbeitsvertrags ergebe sich eine den LTV betreffende Ausnahme von der vereinbarten Anwendung der Tarifverträge und es fehle damit bereits vor dem Wegfall ihrer eigenen Tarifgebundenheit an der notwendigen vertraglichen Vereinbarung einer dynamischen Anbindung an den jeweiligen LTV.

30

(1) Zwar fehlt in § 4 Nr. 1 des Arbeitsvertrags in dem dafür vorgesehenen Feld die ausdrückliche Angabe einer Lohngruppe und wird das in § 4 Nr. 2 des Arbeitsvertrags vereinbarte und mit 21,54 DM angegebene Entgelt nicht ausdrücklich als „Tariflohn“ bezeichnet(vgl. für einen solchen Fall BAG 13. Mai 2015 - 4 AZR 244/14 -).

31

(2) Der im Arbeitsvertragsformular handschriftlich eingetragene Lohn ist aber nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 559 ZPO) mit dem zum Zeitpunkt des Beschäftigungsbeginns des Klägers geltenden Tariflohn für einen Haustischler identisch. Handwerker, die nicht in den Lohnstaffeln a) bis c) der Lohngruppe III genannt sind, sind nach dem einschlägigen Lohntarifvertrag des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen der Lohngruppe III, Lohnstaffel d) zuzuordnen. Die in dieser dem Kläger aufgrund seiner Tätigkeit zuzuordnenden Lohngruppe geregelte tarifliche Vergütung entsprach, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, dem Stundenentgelt, das der Kläger für seine Tätigkeit erhielt. Im Übrigen ist nicht erkennbar, aus welchem Grund die damals noch tarifgebundene Beklagte eine vom Tariflohn abweichende individuelle Vergütungsabrede hätte treffen wollen, zumal sie in den folgenden Jahren unstreitig den dieser Lohngruppe entsprechenden Tariflohn und die jeweiligen tariflich vereinbarten Erhöhungen an den Kläger gezahlt hat.

32

b) Obwohl durch den Wegfall der Tarifgebundenheit der Beklagten aufgrund ihres Wechsels in die OT-Mitgliedschaft des tarifschließenden Arbeitgeberverbandes an sich die auflösende Bedingung für die Beendigung der Dynamik eingetreten ist, ist die Bezugnahme auf den LTV wegen der vertraglichen Änderungsvereinbarung aus März 2005 weiterhin zeitdynamisch ausgestaltet. Mit diesem Änderungsvertrag haben die Parteien noch vor Ablauf der Geltungsdauer des damaligen LTV die Bezugnahmeregelung in § 1 Nr. 3 iVm. § 4 Nr. 2 des Arbeitsvertrags erneuert. Diese nach dem 31. Dezember 2001 geschlossene vertragliche Abrede aus März 2005 ist nicht mehr als sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung auszulegen, sondern - zumal sie nunmehr von der nicht mehr tarifgebundenen Beklagten vereinbart wurde (zum Erfordernis der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers für die Annahme einer sog. Gleichstellungsabrede sh. nur BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 793/07 - Rn. 13 mwN, BAGE 128, 185) - als unbedingte zeitdynamische Bezugnahmeregelung zu beurteilen (ausf. BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 26, 28, BAGE 122, 74).

33

aa) Bei einer nach dem 31. Dezember 2001 vereinbarten Änderung eines von einem Arbeitgeber vor dem 1. Januar 2002 geschlossenen „Altvertrags“ kommt es für die Beurteilung, ob die Auslegungsmaßstäbe für „Neu-“ oder für „Altverträge“ maßgebend sind, darauf an, ob die vertragliche Bezugnahmeregelung in der nachfolgenden Vertragsänderung zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der beteiligten Vertragsparteien gemacht worden ist (BAG 24. Februar 2010 - 4 AZR 691/08 - Rn. 25; 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 23 bis 25, BAGE 132, 261). Allein eine Vertragsänderung führt nicht notwendig dazu, dass zugleich stets alle vertraglichen Regelungen des ursprünglichen Arbeitsvertrags erneut vereinbart oder bestätigt würden. Ob eine solche Abrede gewollt ist, ist anhand der konkreten Vertragsänderung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (BAG 19. Oktober 2011 - 4 AZR 811/09 - Rn. 27). Ein deutlicher Ausdruck dafür, dass eine zuvor bestehende Verweisungsklausel erneut zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Vertragsparteien gemacht worden ist und die Parteien trotz der geänderten Gesetzeslage auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts am 1. Januar 2002 ausdrücklich an den zuvor getroffenen Abreden festhalten, liegt beispielsweise in der ausdrücklichen Erklärung, dass „alle anderen Vereinbarungen aus dem Anstellungsvertrag unberührt bleiben“ (vgl. BAG 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 49, BAGE 127, 185). Eine solche Regelung hindert die Annahme eines „Altvertrages“ und eine Rechtsfolgenkorrektur unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes (BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 25, aaO).

34

bb) Danach liegt mit der Änderungsvereinbarung vom März 2005 eine Neuvereinbarung von § 1 Nr. 3 iVm. § 4 Nr. 2 des Arbeitsvertrags vor. In der Vereinbarung aus März 2005 wird einleitend ausdrücklich ausgeführt, dass der Arbeitsvertrag einvernehmlich „wie folgt geändert wird“ und „[d]ie dabei nicht genannten Regelungen [weiter] gelten […]“. Diese Formulierung erfasst die entsprechenden Bestimmungen des ursprünglichen Arbeitsvertrags mit Ausnahme der Regelungen zu Arbeitszeit, Zuschlägen, Sonderzahlungen und Urlaub. Der Wortlaut spricht dabei - noch weiter gehend als in der Entscheidung vom 30. Juli 2008 ( 10 AZR 606/07 - Rn. 49, BAGE 127, 185 „… unberührt bleiben“ ) - für eine ausdrückliche Vereinbarung über eine weitere Geltung dieser Regelungen.

35

cc) Die gegen die rechtsfehlerfreie Auslegung der Vereinbarung vom März 2005 durch das Landesarbeitsgericht gerichteten Angriffe bleiben erfolglos.

36

(1) Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei der Regelung im Einleitungssatz des Änderungsvertrags nicht um eine bloß deklaratorische Vertragsbestimmung. Bei einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung ist grundsätzlich von übereinstimmenden Willenserklärungen auszugehen. Soll einem Vertragsinhalt keine rechtsgeschäftliche Wirkung zukommen, sondern es sich nur um eine deklaratorische Angabe in Form einer sog. Wissenserklärung handeln, muss dies im Vertrag deutlich zum Ausdruck gebracht worden sein (BAG 21. August 2013 - 4 AZR 656/11 - Rn. 12 mwN, BAGE 146, 29). Für eine solche Annahme ergeben sich weder aus dem Wortlaut der Erklärung noch aus den gesamten Begleitumständen Anhaltspunkte.

37

(2) In diesem Zusammenhang spricht auch der Einwand der Beklagten, es habe lediglich aus redaktionellen Gründen vermieden werden sollen, die nicht geänderten Regelungen nochmals in den Text des Vertrags aus März 2005 aufzunehmen, nicht für, sondern vielmehr gegen ihre Auffassung. Hätten die Parteien die maßgeblichen Klauseln des Arbeitsvertrags vom 12. November 1997 - insbesondere § 1 Nr. 3 - nochmals ausdrücklich in den Wortlaut der „Vereinbarung zur Änderung des Arbeitsvertrages“ aus März 2005 aufgenommen, so hätten sie diese nach dem Vorgesagten ebenso - und ohne jeden Zweifel - erneut zum Gegenstand ihrer rechtsgeschäftlichen Willensbildung gemacht.

38

(3) Des Weiteren kann entgegen der Revision selbst dann, wenn der Kläger Kenntnis vom Wechsel der Beklagten in die OT-Mitgliedschaft hatte, nicht davon ausgegangen werden, es sei für ihn in der Vereinbarung aus März 2005 erkennbar der Wille der Beklagten zum Ausdruck gekommen, sich insgesamt und umfassend von den Tarifverträgen des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen zu lösen. § 1 Nr. 3 des ursprünglichen Arbeitsvertrags, der diese Tarifverträge in Bezug nahm, wird in dem Änderungsvertrag gerade nicht umfassend aufgehoben, sondern soll ausdrücklich weiter gelten. Geändert werden ausschließlich die bislang tarifvertraglich bestimmten Regelungen zu Arbeitszeit, Zuschlägen, Sonderzahlungen und Urlaub.

39

(4) Zudem spricht die Vertragsdurchführung nicht für die Auffassung der Beklagten. Deren Einwand, es sei inkonsequent, wenn das Landesarbeitsgericht die tatsächliche Praxis bis zum Zeitpunkt des Wechsels in die OT-Mitgliedschaft zur Auslegung der ursprünglichen Vereinbarung aus November 1997 heranziehe, das tatsächliche Verhalten nach Abschluss der Vereinbarung im März 2005 bei der Auslegung derselben aber nicht in gleichem Maße beachte, greift nicht durch. Die fehlende Weitergabe von Tariflohnerhöhungen durch die Beklagte im Anschluss an den Änderungsvertrag sowie die jahrelange unterbliebene Geltendmachung durch den Kläger sind bloße Unterlassungen. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, kann ein „bloßes Nichtstun“ vielerlei Gründe haben. Aus ihm können daher nicht in gleichem Maße Rückschlüsse auf den Vertragswillen gezogen werden, wie aus einer jahrelangen dynamischen Weitergabe der jeweiligen Tariflohnerhöhungen. Der Erfüllung einer (vermeintlich) eigenen Verpflichtung durch positives Tun wird regelmäßig eine eingehendere und kritischere Prüfung des Bestehens der Verpflichtung durch den Leistenden vorangegangen sein als der Nichterfüllung durch den Nichtleistenden. Gerade bei zweifelhafter Vertragslage liegt die Annahme einer vertragswidrigen Nichtleistung wesentlich näher als die einer notfalls überobligatorischen Leistung. Hinsichtlich der Nichtgeltendmachung von Ansprüchen durch den Kläger sind zudem - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat - unterschiedliche Motive denkbar.

40

(5) Auch der weitere Einwand der Revision, die Änderungsvereinbarung aus März 2005 sei wegen der in ihr enthaltenen ungünstigen Abweichung von gem. § 3 Abs. 3 TVG weiter wirkenden tarifvertraglichen Vorschriften (zB betr. Arbeitszeit und Urlaub) nach § 134 BGB iVm. § 4 Abs. 1 und Abs. 3 TVG mit dem Gewerkschaftsbeitritt des Klägers zum 1. April 2005 unwirksam geworden, geht fehl. Denn bei einer Kollision tariflich begründeter Ansprüche eines Arbeitnehmers mit - ungünstigeren - einzelvertraglichen Vereinbarungen führt die zwingende Wirkung des Tarifvertrags lediglich dazu, dass die vertraglichen Vereinbarungen für die Dauer der Wirksamkeit des Tarifvertrags verdrängt werden (BAG 12. Dezember 2007 - 4 AZR 998/06 - Rn. 43, BAGE 125, 179).

41

2. Die Parteien haben weder durch die Vergleiche vom 9. Juli 2010 und 18. Januar 2011 noch durch das Formular „Personalveränderung“ vom 9. Oktober 2012 eine von § 1 Nr. 3 iVm. § 4 Nr. 2 des Arbeitsvertrags abweichende Vereinbarung einer festen Monatsvergütung getroffen.

42

a) Keiner der genannten Vereinbarungen enthält eine Regelung des künftigen Entgelts. Es wird lediglich für vergangene Zeiträume eine Lohnnachzahlung - ausgehend von einem bestimmten Monatsentgelt - vereinbart. Diese rechnerische Ausgangsposition hat keine gestaltende Wirkung auf die objektive Rechtslage für zukünftige Zeiträume. Sie ist Bestandteil eines Vergleichs, in dem der Kläger ua. für die Vergangenheit zusätzliche Urlaubstage erhielt. Die einzige zukunftsbezogene Regelung liegt in der Rückkehr zur 37,5-Stundenwoche. Die Vergleiche dienten in vergütungsrechtlicher Hinsicht damit einzig der Beseitigung des rechtlichen Streits, ob die Vereinbarung aus März 2005 eine Arbeitszeiterhöhung mit oder ohne Lohnausgleich beinhaltet. Für die Frage der Höhe der Vergütung in künftigen Zeiträumen haben die Vergleiche keine Bedeutung.

43

b) Schließlich enthält das Formular „Personalveränderung“ vom 9. Oktober 2012 keine für den Streitzeitraum relevante Vergütungsabrede. Sie bezieht sich bereits nach ihrem Wortlaut ausschließlich auf den Zeitraum 5. Oktober 2012 bis 4. Dezember 2012, der von der hier streitigen Forderung nicht erfasst ist.

44

3. Die Ansprüche des Klägers sind auch nicht verwirkt. Dabei kann offenbleiben, ob lediglich - konkrete, wiederkehrende - Leistungen aus einem vertraglichen Dauerschuldverhältnis verwirken können - wofür viel spricht - und dies aber nicht für die vertragliche Grundlage gelten kann (sh. bereits etwa BAG 10. Dezember 2014 - 4 AZR 991/12 - Rn. 22; 22. Februar 2012 - 4 AZR 580/10 - Rn. 43). Das Landesarbeitsgericht ist jedenfalls zutreffend davon ausgegangen, das im Rahmen einer Verwirkung nach Treu und Glauben neben dem Zeitmoment erforderliche Umstandsmoment liege nicht vor.

45

a) Der Kläger war weder verpflichtet, die Beklagte darauf aufmerksam zu machen, dass er sich vorbehalte, seine gemäß den Tarifabschlüssen nach März 2005 erhöhte Vergütung geltend zu machen, noch ergibt sich aus der insoweit widerspruchslosen Durchführung des Arbeitsverhältnisses seitens des Klägers eine vertrauensbegründende Verhaltensweise (vgl. zuletzt in ähnlichen Fällen BAG 10. Dezember 2014 - 4 AZR 991/12 - Rn. 23; 22. Februar 2012 - 4 AZR 579/10 - Rn. 46 f.).

46

b) Auch die Klage im Anschluss an die Vereinbarung aus März 2005 vor dem Arbeitsgericht Münster sowie die nachfolgenden Vergleichsabschlüsse vom 9. Juli 2010 und 18. Januar 2011 stellen keine Umstände dar, nach denen sich die mit Schreiben der späteren Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 26. September 2013 erfolgte Anspruchsverfolgung als illoyal verspätet erweist (vgl. zu diesem Grundgedanken des Verwirkungseinwands BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 579/10 - Rn. 43 mwN).

47

Zwar gingen sowohl die Klage als auch die späteren Vergleichsabschlüsse offensichtlich von dem damals tatsächlich von der Beklagten gezahlten und nicht dem tariflichen Stundenentgelt aus. Allein aus der Berechnung der Klageforderung und der Zustimmung zum Vergleichsabschluss konnte die Beklagte aber noch nicht den berechtigten Schluss ziehen, der Kläger akzeptiere damit dauerhaft die vertragswidrige Höhe der gezahlten Vergütung und werde auf die Geltendmachung eines höheren Stundenentgelts in künftigen Zeiträumen verzichten. Die Frage der Vergütungsanbindung an die Tariflohnentwicklung war nicht Gegenstand dieser rechtlichen Auseinandersetzungen. Diese hatten vielmehr ihren Grund ausschließlich in der zwischen den Parteien bestehenden Meinungsverschiedenheit, ob die Vereinbarung aus März 2005 eine Arbeitszeiterhöhung mit oder ohne Lohnausgleich beinhaltete.

48

4. Die Klage ist auch in der Höhe begründet.

49

a) Dem Kläger steht die geltend gemachte Vergütungsdifferenz in Höhe von insgesamt 6.229,16 Euro brutto für die Monate März 2013 bis Juli 2014 zu. Von März 2013 bis Juli 2014 bezog der Kläger ein gleichbleibendes Monatsgehalt in Höhe von 2.288,52 Euro brutto. Der Tariflohn im Einzelhandel Nordrhein-Westfalen betrug in Lohngruppe III, Lohnstaffel d) ab dem 2. Tätigkeitsjahr bis 31. Juli 2013 monatlich 2.590,00 Euro brutto, bis 30. April 2014 monatlich 2.668,00 Euro brutto und ab 1. Mai 2014 monatlich 2.724,00 Euro brutto. Daraus ergeben sich die geltend gemachten Differenzen in Höhe von 301,48 Euro brutto (für 5 Monate), 379,48 Euro brutto (für 9 Monate) und 435,48 Euro brutto (für 3 Monate).

50

b) Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB iVm. § 10 Abs. 7 Satz 1 MTV, § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

51

III. Die Kosten der Revision hat die Beklagte, die der Nebenintervention hat der Nebenintervenient zu tragen (§ 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 aE ZPO; vgl. dazu auch BGH 27. Mai 1963 - III ZR 131/61 - BGHZ 39, 296; MüKoZPO/Schulz 4. Aufl. § 101 Rn. 20 ff.).

52

Die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts ist nach § 308 Abs. 2 ZPO im Revisionsverfahren von Amts wegen zu überprüfen und ggf. zu korrigieren (vgl. dazu BAG 23. März 2011 - 4 AZR 268/09 - Rn. 73). Vorliegend hat das Landesarbeitsgericht nicht berücksichtigt, dass der Kläger zweitinstanzlich eine Klageerweiterung vorgenommen, diese aber später wieder zurückgenommen hat. Die vom Kläger dabei begehrte Feststellung bezog sich nach seiner Antragsbegründung überwiegend auf künftige, bisher nicht von der Geltendmachung erfasste Zeiträume. Die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens sind aufgrund der späteren teilweisen Klagerücknahme entsprechend § 92 iVm. § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO aufzuteilen(vgl. BAG 24. März 2010 - 10 AZR 58/09 - Rn. 36, BAGE 134, 34). Danach hat der Kläger 57 % und die Beklagte 43 % der zweitinstanzlichen Kosten zu tragen.

        

    Eylert    

        

    Creutzfeldt    

        

    Treber    

        

        

        

    Eylert    

        

    Fritz    

                 

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam.

(2) Soweit die Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind, richtet sich der Inhalt des Vertrags nach den gesetzlichen Vorschriften.

(3) Der Vertrag ist unwirksam, wenn das Festhalten an ihm auch unter Berücksichtigung der nach Absatz 2 vorgesehenen Änderung eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellen würde.

Tenor

1. Die Revisionen der Beklagten und des Nebenintervenienten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 20. August 2014 - 3 Sa 451/14 - werden zurückgewiesen.

2. Die Kostenentscheidung des Landesarbeitsgerichts wird aufgehoben. Die Beklagte trägt die erstinstanzlichen Kosten. Von den zweitinstanzlichen Kosten trägt der Kläger 57 %, die Beklagte 43 %.

3. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Beklagte, die der Nebenintervention hat der Nebenintervenient zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Anwendung des Lohntarifvertrags für den Einzelhandel Nordrhein-Westfalen (LTV) auf ihr Arbeitsverhältnis sowie daraus resultierende Entgeltdifferenzansprüche für den Zeitraum von März 2013 bis Juli 2014 gegen die Beklagte.

2

Der Kläger ist bei der Beklagten, die Möbelhäuser betreibt, aufgrund eines Arbeitsvertrags vom 12. November 1997 als Haustischler beschäftigt.

3

Der Arbeitsvertrag lautet auszugsweise wie folgt:

        

§ 1 Einstellung

        

1.    

Der Arbeitnehmer wird ab 01.01.1998 als Haustischler eingestellt.

        

…       

        
        

3.    

Die Tarifverträge für die Beschäftigten im Einzelhandel des Landes Nordrhein-Westfalen in ihrer jeweils geltenden Fassung und deren Nachfolgeverträge sind Bestandteil dieses Vertrages.

                 

…       

        

§ 4 Vergütung

        

1.    

Gemäß der in § 1 Ziffer 1 genannten Tätigkeit wird der/die Arbeitnehmer/in in die Gehalts-/Lohngruppe _______[nicht ausgefüllt] des derzeit geltenden Gehalts-/Lohntarifvertrages für den Einzelhandel eingestuft.

        

2.    

Das vereinbarte Entgelt beträgt: 21,54 DM pro Stunde [Stundenlohn handschriftlich eingetragen]

                 

…       

        

4.    

Die über das tarifliche Entgelt hinausgehenden Gehalts-/Lohnbestandteile … können jederzeit unter Einhaltung einer Frist von einem Monat gekürzt oder widerrufen werden. Sie können bei einer Erhöhung der Gehalts-/Lohntarife, bei Aufrücken in eine höhere Gehalts-/Lohngruppe/-stufe und bei Höhergruppierungen angerechnet werden.“

4

Der ab 1. November 1997 geltende Tariflohn der Lohngruppe III, Lohnstaffel d) im 1. Tätigkeitsjahr („Handwerker, soweit sie nicht von den Lohnstaffeln a) bis c) erfaßt sind“) des LTV zwischen dem Einzelhandelsverband Nordrhein-Westfalen e. V. einerseits sowie den Gewerkschaften HBV und DAG andererseits betrug monatlich 3.517,00 DM brutto.

5

Die Beklagte ist Mitglied des Einzelhandelsverbandes Ostwestfalen-Lippe, der wiederum Mitglied im Einzelhandelsverband Nordrhein-Westfalen e. V. ist. Sie war zunächst Mitglied mit Tarifgebundenheit. Auf ihren Antrag hin führt sie der Verband seit dem 1. November 2004 als Mitglied ohne Tarifgebundenheit („OT-Mitglied“). Die Verbandssatzung sieht eine derartige OT-Mitgliedschaft vor.

6

Bis zum Wechsel in die OT-Mitgliedschaft wurde der Lohn des Klägers regelmäßig entsprechend den Tarifabschlüssen im Einzelhandel Nordrhein-Westfalen erhöht. Der zu dieser Zeit gültige LTV war zum 31. März 2005 gekündigt.

7

Im März 2005 schlossen die Parteien eine „Vereinbarung zur Änderung des Arbeitsvertrages“, die auszugsweise wie folgt lautet:

        

„Die Parteien sind sich darüber einig, dass der zwischen Ihnen bestehende Arbeitsvertrag mit Wirkung ab dem 01.04.2005 wie folgt geändert wird. Die dabei nicht genannten Regelungen gelten weiter. …

        

Arbeitszeit

        

Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40 Stunden.

        

Zuschläge

        

…       

        

Sonderzahlungen

        

…       

        

Urlaub

        

…“    

8

Jedenfalls nach Abschluss dieser Vereinbarung gab die Beklagte Tariflohnerhöhungen im Einzelhandel Nordrhein-Westfalen nicht mehr an den Kläger weiter. Bis zum Abschluss des Änderungsvertrags hatte der Kläger gemäß der im einschlägigen Manteltarifvertrag genannten Arbeitszeit regelmäßig 37,5 Stunden pro Woche gearbeitet.

9

Von April 2005 bis Juli 2013 war der Kläger Mitglied der Gewerkschaft ver.di.

10

In einem vor dem Arbeitsgericht Münster geführten Rechtsstreit, in dem die Parteien im Wesentlichen über die Frage gestritten hatten, ob die Erhöhung der Arbeitszeit von 37,5 Stunden auf 40 Stunden wöchentlich mit oder ohne Lohnausgleich zu erfolgen hatte, hat sich die Beklagte in einem am 9. Juli 2010 durch Beschluss gemäß § 278 Abs. 6 ZPO festgestellten Vergleich zur Zahlung eines bestimmten Betrags für wöchentlich 2,5 Stunden Mehrarbeit im Zeitraum September 2006 bis Januar 2010 sowie zur Gewährung von zusätzlichen Urlaubstagen rückwirkend ab 2007 verpflichtet. Ferner wurde zwischen den Parteien geregelt, dass der Kläger ab dem 1. Februar 2010 wöchentlich 37,5 Arbeitsstunden zu leisten hat. Die Frage der Vergütungshöhe war in diesem Verfahren nicht streitig geworden.

11

Im Januar 2011 haben die Parteien einen weiteren, außergerichtlichen Vergleich über Mehrarbeitsvergütungsansprüche für den Zeitraum November 2005 bis August 2006 geschlossen.

12

Zu Beginn einer zweimonatigen Elternzeit des Klägers unterzeichneten er und sein Vorgesetzter eine als „Personalveränderung“ bezeichnetes Schriftstück, in dem in verschiedenen Rubriken die Arbeitsbedingungen - etwa die Arbeitszeit - „bisher“ und „künftig“ gegenübergestellt waren. Unter dem Stichwort „Lohn/Gehalt/Garantiegehalt“ war die Spalte „bisher“ nicht ausgefüllt. In der Spalte „künftig“ war eingetragen: „bleibt“. Unter „Veränderung gültig ab“ hieß es: „05.10.12 - 04.12.12“.

13

Von März 2013 bis Juli 2014 bezog der Kläger ein gleichbleibendes Monatsentgelt in Höhe von 2.288,52 Euro brutto. Der im LTV für diesen Zeitraum geregelte Tariflohn im Einzelhandel Nordrhein-Westfalen betrug in Lohngruppe III, Lohnstaffel d) ab dem 2. Tätigkeitsjahr bis 31. Juli 2013 monatlich 2.590,00 Euro brutto, bis 30. April 2014 monatlich 2.668,00 Euro brutto und ab 1. Mai 2014 monatlich 2.724,00 Euro brutto.

14

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der LTV sei in seiner jeweiligen Fassung auf sein Arbeitsverhältnis aufgrund der zeitdynamischen Klausel in § 1 Nr. 3 des Arbeitsvertrags anzuwenden. Diese Klausel sei im Änderungsvertrag vom März 2005 erneut vereinbart worden, weshalb sie nicht mehr als Gleichstellungsabrede ausgelegt werden könne. Eine nachfolgende, von § 1 Nr. 3 des Arbeitsvertrags abweichende Lohnvereinbarung habe es nicht gegeben. Weder die beiden Vergleiche noch der Personalveränderungsbogen enthielten derartige Regelungen.

15

Zuletzt hat der Kläger - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.404,80 Euro brutto nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus je 301,48 Euro seit dem 1. April 2013, 1. Mai 2013, 1. Juni 2013, 1. Juli 2013 und 1. August 2013 sowie aus je 379,48 Euro seit dem 1. September 2013, 1. Oktober 2013, 1. November 2013, 1. Dezember 2013 und 1. Januar 2014 zu zahlen,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 758,96 Euro brutto nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus je 379,48 Euro seit dem 1. Februar 2014 und 1. März 2014 zu zahlen,

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 2.065,40 Euro brutto nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus je 379,48 Euro seit dem 1. April 2014 und 1. Mai 2014 sowie aus je 435,48 Euro seit dem 1. Juni 2014, 1. Juli 2014 und 1. August 2014 zu zahlen.

16

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags die Auffassung vertreten, schon der Arbeitsvertrag verweise hinsichtlich der Lohnhöhe nicht auf die Tarifverträge des Einzelhandels, es sei vielmehr unter § 4 Nr. 2 ausdrücklich ein konkreter Stundenlohn vereinbart worden. Jedenfalls liege eine Gleichstellungsabrede vor, die auch nicht geändert worden sei. In der Änderungsvereinbarung aus März 2005 liege kein Neuabschluss der Klausel aus § 1 Nr. 3 des Arbeitsvertrags. Ihr sei es bei Verwendung des Einleitungssatzes hinsichtlich der Weitergeltung von in der Änderungsvereinbarung nicht aufgeführten Regelungsgegenständen erkennbar nur darauf angekommen, keine redaktionell ganz neu verfassten Arbeitsverträge aufzusetzen. Zudem sei zu diesem Zeitpunkt erkennbar klar gewesen, dass sie sich von den tarifvertraglichen Regelungen zumindest hinsichtlich der Hauptleistungspflichten - wozu neben der ausdrücklich geänderten Arbeitszeit auch das Entgelt gehöre - habe lösen wollen. Ferner sei nachfolgend in den beiden Vergleichen sowie in der Personalveränderungsvereinbarung die tatsächlich gezahlte Vergütung auch als künftig arbeitsvertraglich geschuldet vereinbart worden. Letztlich seien Ansprüche des Klägers aufgrund der jahrelang unterbliebenen Geltendmachung und der insoweit anstandslosen Weiterarbeit zumindest verwirkt.

17

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter. In der Revisionsinstanz ist der Nebenintervenient dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten mit einer eigenen Revision beigetreten.

Entscheidungsgründe

18

Die zulässigen Revisionen haben keinen Erfolg.

19

I. Die Revisionen der Beklagten und des Nebenintervenienten sind zulässig. Auch der Nebenintervenient ist neben der Beklagten selbst zur Revisionseinlegung befugt (vgl. BAG 18. September 2014 - 8 AZR 733/13 - Rn. 16). Nach dem vom Nebenintervenienten erklärten Beitritt auf Seiten der Beklagten mit Revisionseinlegung vom 21. Oktober 2014 als Reaktion auf die erfolgte Streitverkündung vom 3. September 2014 sind die Regelungen der Nebenintervention zur Bestimmung des Verhältnisses zwischen den Parteien maßgebend (§ 74 Abs. 1 ZPO iVm. § 46 Abs. 2 ArbGG). Der Beitritt kann - ebenso wie die Nebenintervention - zusammen mit der Rechtsmitteleinlegung erfolgen (§ 66 Abs. 2 ZPO iVm. § 46 Abs. 2 ArbGG).

20

II. Die Revisionen der Beklagten und des Nebenintervenienten sind nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Differenzlohnansprüche iHv. insgesamt 6.229,16 Euro brutto nebst Zinsen für den Zeitraum März 2013 bis Juli 2014 zu. Dies folgt aus der arbeitsvertraglichen Vereinbarung der Parteien iVm. dem LTV in der jeweiligen Fassung.

21

1. Mit dem Arbeitsvertrag vom 12. November 1997 haben die Parteien den LTV in seiner jeweiligen Fassung vertraglich in Bezug genommen. Die Verweisungsklausel umfasst auch die tariflichen Regelungen zur Lohnhöhe. Das ergibt die Auslegung des Vertrags.

22

a) Gemäß § 1 Nr. 3 des Arbeitsvertrags sind „die“ Tarifverträge des Einzelhandels NRW in ihrer jeweiligen Fassung „Bestandteil dieses Vertrages“ und damit Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien. Eine Ausnahme für bestimmte tariflich geregelte Bereiche ist dort nicht genannt. Damit umfasst die Verweisung auch die jeweiligen Lohntarifverträge.

23

aa) Die in § 1 Nr. 3 iVm. § 4 Nr. 2 des Arbeitsvertrags aus dem Jahre 1997 enthaltene Verweisung auf die jeweiligen Lohntarifverträge des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen ist - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat - iSd. früheren Rechtsprechung des Senats als eine Gleichstellungsabrede auszulegen.

24

Nach der Rechtsprechung des Senats galt die widerlegliche Vermutung, dass es einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum ging, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Der Senat ging davon aus, mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel solle lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags auf das betreffende Arbeitsverhältnis zu kommen. Daraus hatte der Senat die Konsequenz gezogen, dass auch ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder in den Begleitumständen bei Vertragsschluss bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeregelungen in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen seien. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik solle nur so weit reichen, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reicht, also dann enden, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden war. Ab diesem Zeitpunkt seien die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch anzuwenden.

25

Diese Rechtsprechung hat der Senat für vertragliche Bezugnahmeregelungen, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Er wendet die Auslegungsregel aus Gründen des Vertrauensschutzes jedoch weiterhin auf Bezugnahmeklauseln an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind (st. Rspr., siehe nur BAG 11. Dezember 2013 - 4 AZR 473/12 - Rn. 14 f. mwN, BAGE 147, 41).

26

bb) Das Auslegungsergebnis einer Gleichstellungsabrede wird gestützt durch die tatsächliche Vertragsdurchführung.

27

(1) Die tatsächliche Praxis des Vollzugs einer vertraglichen Regelung durch die vertragschließenden Parteien kann zwar den bei Vertragsschluss zum Ausdruck gebrachten objektiven Gehalt der wechselseitigen Vertragserklärungen nicht mehr beeinflussen. Er kann aber Anhaltspunkte für den bei Vertragsschluss bestehenden, tatsächlichen Vertragswillen enthalten und somit für die Auslegung von Bedeutung sein (BAG 7. Juni 2006 - 4 AZR 272/05 - Rn. 43).

28

(2) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts gab die Beklagte nach Abschluss des Arbeitsvertrags die Tariflohnerhöhungen bis zum Zeitpunkt des Wechsels in die OT-Mitgliedschaft zum 1. November 2004 stets an den Kläger weiter. Eine Pflicht zur Anwendung der Lohntarifverträge kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit (§ 3 Abs. 1 TVG) bestand nicht, da der Kläger erst ab 1. April 2005 Gewerkschaftsmitglied war. Demnach ging die Beklagte bis zu ihrem Wechsel in die OT-Mitgliedschaft offensichtlich selbst von einer dynamischen Verweisung auf die jeweiligen Lohntarifverträge im Arbeitsvertrag aus.

29

cc) Diesem Auslegungsergebnis kann die Revision nicht mit Erfolg entgegenhalten, aus § 4 des Arbeitsvertrags ergebe sich eine den LTV betreffende Ausnahme von der vereinbarten Anwendung der Tarifverträge und es fehle damit bereits vor dem Wegfall ihrer eigenen Tarifgebundenheit an der notwendigen vertraglichen Vereinbarung einer dynamischen Anbindung an den jeweiligen LTV.

30

(1) Zwar fehlt in § 4 Nr. 1 des Arbeitsvertrags in dem dafür vorgesehenen Feld die ausdrückliche Angabe einer Lohngruppe und wird das in § 4 Nr. 2 des Arbeitsvertrags vereinbarte und mit 21,54 DM angegebene Entgelt nicht ausdrücklich als „Tariflohn“ bezeichnet(vgl. für einen solchen Fall BAG 13. Mai 2015 - 4 AZR 244/14 -).

31

(2) Der im Arbeitsvertragsformular handschriftlich eingetragene Lohn ist aber nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 559 ZPO) mit dem zum Zeitpunkt des Beschäftigungsbeginns des Klägers geltenden Tariflohn für einen Haustischler identisch. Handwerker, die nicht in den Lohnstaffeln a) bis c) der Lohngruppe III genannt sind, sind nach dem einschlägigen Lohntarifvertrag des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen der Lohngruppe III, Lohnstaffel d) zuzuordnen. Die in dieser dem Kläger aufgrund seiner Tätigkeit zuzuordnenden Lohngruppe geregelte tarifliche Vergütung entsprach, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, dem Stundenentgelt, das der Kläger für seine Tätigkeit erhielt. Im Übrigen ist nicht erkennbar, aus welchem Grund die damals noch tarifgebundene Beklagte eine vom Tariflohn abweichende individuelle Vergütungsabrede hätte treffen wollen, zumal sie in den folgenden Jahren unstreitig den dieser Lohngruppe entsprechenden Tariflohn und die jeweiligen tariflich vereinbarten Erhöhungen an den Kläger gezahlt hat.

32

b) Obwohl durch den Wegfall der Tarifgebundenheit der Beklagten aufgrund ihres Wechsels in die OT-Mitgliedschaft des tarifschließenden Arbeitgeberverbandes an sich die auflösende Bedingung für die Beendigung der Dynamik eingetreten ist, ist die Bezugnahme auf den LTV wegen der vertraglichen Änderungsvereinbarung aus März 2005 weiterhin zeitdynamisch ausgestaltet. Mit diesem Änderungsvertrag haben die Parteien noch vor Ablauf der Geltungsdauer des damaligen LTV die Bezugnahmeregelung in § 1 Nr. 3 iVm. § 4 Nr. 2 des Arbeitsvertrags erneuert. Diese nach dem 31. Dezember 2001 geschlossene vertragliche Abrede aus März 2005 ist nicht mehr als sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung auszulegen, sondern - zumal sie nunmehr von der nicht mehr tarifgebundenen Beklagten vereinbart wurde (zum Erfordernis der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers für die Annahme einer sog. Gleichstellungsabrede sh. nur BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 793/07 - Rn. 13 mwN, BAGE 128, 185) - als unbedingte zeitdynamische Bezugnahmeregelung zu beurteilen (ausf. BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 26, 28, BAGE 122, 74).

33

aa) Bei einer nach dem 31. Dezember 2001 vereinbarten Änderung eines von einem Arbeitgeber vor dem 1. Januar 2002 geschlossenen „Altvertrags“ kommt es für die Beurteilung, ob die Auslegungsmaßstäbe für „Neu-“ oder für „Altverträge“ maßgebend sind, darauf an, ob die vertragliche Bezugnahmeregelung in der nachfolgenden Vertragsänderung zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der beteiligten Vertragsparteien gemacht worden ist (BAG 24. Februar 2010 - 4 AZR 691/08 - Rn. 25; 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 23 bis 25, BAGE 132, 261). Allein eine Vertragsänderung führt nicht notwendig dazu, dass zugleich stets alle vertraglichen Regelungen des ursprünglichen Arbeitsvertrags erneut vereinbart oder bestätigt würden. Ob eine solche Abrede gewollt ist, ist anhand der konkreten Vertragsänderung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (BAG 19. Oktober 2011 - 4 AZR 811/09 - Rn. 27). Ein deutlicher Ausdruck dafür, dass eine zuvor bestehende Verweisungsklausel erneut zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Vertragsparteien gemacht worden ist und die Parteien trotz der geänderten Gesetzeslage auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts am 1. Januar 2002 ausdrücklich an den zuvor getroffenen Abreden festhalten, liegt beispielsweise in der ausdrücklichen Erklärung, dass „alle anderen Vereinbarungen aus dem Anstellungsvertrag unberührt bleiben“ (vgl. BAG 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 49, BAGE 127, 185). Eine solche Regelung hindert die Annahme eines „Altvertrages“ und eine Rechtsfolgenkorrektur unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes (BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 25, aaO).

34

bb) Danach liegt mit der Änderungsvereinbarung vom März 2005 eine Neuvereinbarung von § 1 Nr. 3 iVm. § 4 Nr. 2 des Arbeitsvertrags vor. In der Vereinbarung aus März 2005 wird einleitend ausdrücklich ausgeführt, dass der Arbeitsvertrag einvernehmlich „wie folgt geändert wird“ und „[d]ie dabei nicht genannten Regelungen [weiter] gelten […]“. Diese Formulierung erfasst die entsprechenden Bestimmungen des ursprünglichen Arbeitsvertrags mit Ausnahme der Regelungen zu Arbeitszeit, Zuschlägen, Sonderzahlungen und Urlaub. Der Wortlaut spricht dabei - noch weiter gehend als in der Entscheidung vom 30. Juli 2008 ( 10 AZR 606/07 - Rn. 49, BAGE 127, 185 „… unberührt bleiben“ ) - für eine ausdrückliche Vereinbarung über eine weitere Geltung dieser Regelungen.

35

cc) Die gegen die rechtsfehlerfreie Auslegung der Vereinbarung vom März 2005 durch das Landesarbeitsgericht gerichteten Angriffe bleiben erfolglos.

36

(1) Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei der Regelung im Einleitungssatz des Änderungsvertrags nicht um eine bloß deklaratorische Vertragsbestimmung. Bei einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung ist grundsätzlich von übereinstimmenden Willenserklärungen auszugehen. Soll einem Vertragsinhalt keine rechtsgeschäftliche Wirkung zukommen, sondern es sich nur um eine deklaratorische Angabe in Form einer sog. Wissenserklärung handeln, muss dies im Vertrag deutlich zum Ausdruck gebracht worden sein (BAG 21. August 2013 - 4 AZR 656/11 - Rn. 12 mwN, BAGE 146, 29). Für eine solche Annahme ergeben sich weder aus dem Wortlaut der Erklärung noch aus den gesamten Begleitumständen Anhaltspunkte.

37

(2) In diesem Zusammenhang spricht auch der Einwand der Beklagten, es habe lediglich aus redaktionellen Gründen vermieden werden sollen, die nicht geänderten Regelungen nochmals in den Text des Vertrags aus März 2005 aufzunehmen, nicht für, sondern vielmehr gegen ihre Auffassung. Hätten die Parteien die maßgeblichen Klauseln des Arbeitsvertrags vom 12. November 1997 - insbesondere § 1 Nr. 3 - nochmals ausdrücklich in den Wortlaut der „Vereinbarung zur Änderung des Arbeitsvertrages“ aus März 2005 aufgenommen, so hätten sie diese nach dem Vorgesagten ebenso - und ohne jeden Zweifel - erneut zum Gegenstand ihrer rechtsgeschäftlichen Willensbildung gemacht.

38

(3) Des Weiteren kann entgegen der Revision selbst dann, wenn der Kläger Kenntnis vom Wechsel der Beklagten in die OT-Mitgliedschaft hatte, nicht davon ausgegangen werden, es sei für ihn in der Vereinbarung aus März 2005 erkennbar der Wille der Beklagten zum Ausdruck gekommen, sich insgesamt und umfassend von den Tarifverträgen des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen zu lösen. § 1 Nr. 3 des ursprünglichen Arbeitsvertrags, der diese Tarifverträge in Bezug nahm, wird in dem Änderungsvertrag gerade nicht umfassend aufgehoben, sondern soll ausdrücklich weiter gelten. Geändert werden ausschließlich die bislang tarifvertraglich bestimmten Regelungen zu Arbeitszeit, Zuschlägen, Sonderzahlungen und Urlaub.

39

(4) Zudem spricht die Vertragsdurchführung nicht für die Auffassung der Beklagten. Deren Einwand, es sei inkonsequent, wenn das Landesarbeitsgericht die tatsächliche Praxis bis zum Zeitpunkt des Wechsels in die OT-Mitgliedschaft zur Auslegung der ursprünglichen Vereinbarung aus November 1997 heranziehe, das tatsächliche Verhalten nach Abschluss der Vereinbarung im März 2005 bei der Auslegung derselben aber nicht in gleichem Maße beachte, greift nicht durch. Die fehlende Weitergabe von Tariflohnerhöhungen durch die Beklagte im Anschluss an den Änderungsvertrag sowie die jahrelange unterbliebene Geltendmachung durch den Kläger sind bloße Unterlassungen. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, kann ein „bloßes Nichtstun“ vielerlei Gründe haben. Aus ihm können daher nicht in gleichem Maße Rückschlüsse auf den Vertragswillen gezogen werden, wie aus einer jahrelangen dynamischen Weitergabe der jeweiligen Tariflohnerhöhungen. Der Erfüllung einer (vermeintlich) eigenen Verpflichtung durch positives Tun wird regelmäßig eine eingehendere und kritischere Prüfung des Bestehens der Verpflichtung durch den Leistenden vorangegangen sein als der Nichterfüllung durch den Nichtleistenden. Gerade bei zweifelhafter Vertragslage liegt die Annahme einer vertragswidrigen Nichtleistung wesentlich näher als die einer notfalls überobligatorischen Leistung. Hinsichtlich der Nichtgeltendmachung von Ansprüchen durch den Kläger sind zudem - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat - unterschiedliche Motive denkbar.

40

(5) Auch der weitere Einwand der Revision, die Änderungsvereinbarung aus März 2005 sei wegen der in ihr enthaltenen ungünstigen Abweichung von gem. § 3 Abs. 3 TVG weiter wirkenden tarifvertraglichen Vorschriften (zB betr. Arbeitszeit und Urlaub) nach § 134 BGB iVm. § 4 Abs. 1 und Abs. 3 TVG mit dem Gewerkschaftsbeitritt des Klägers zum 1. April 2005 unwirksam geworden, geht fehl. Denn bei einer Kollision tariflich begründeter Ansprüche eines Arbeitnehmers mit - ungünstigeren - einzelvertraglichen Vereinbarungen führt die zwingende Wirkung des Tarifvertrags lediglich dazu, dass die vertraglichen Vereinbarungen für die Dauer der Wirksamkeit des Tarifvertrags verdrängt werden (BAG 12. Dezember 2007 - 4 AZR 998/06 - Rn. 43, BAGE 125, 179).

41

2. Die Parteien haben weder durch die Vergleiche vom 9. Juli 2010 und 18. Januar 2011 noch durch das Formular „Personalveränderung“ vom 9. Oktober 2012 eine von § 1 Nr. 3 iVm. § 4 Nr. 2 des Arbeitsvertrags abweichende Vereinbarung einer festen Monatsvergütung getroffen.

42

a) Keiner der genannten Vereinbarungen enthält eine Regelung des künftigen Entgelts. Es wird lediglich für vergangene Zeiträume eine Lohnnachzahlung - ausgehend von einem bestimmten Monatsentgelt - vereinbart. Diese rechnerische Ausgangsposition hat keine gestaltende Wirkung auf die objektive Rechtslage für zukünftige Zeiträume. Sie ist Bestandteil eines Vergleichs, in dem der Kläger ua. für die Vergangenheit zusätzliche Urlaubstage erhielt. Die einzige zukunftsbezogene Regelung liegt in der Rückkehr zur 37,5-Stundenwoche. Die Vergleiche dienten in vergütungsrechtlicher Hinsicht damit einzig der Beseitigung des rechtlichen Streits, ob die Vereinbarung aus März 2005 eine Arbeitszeiterhöhung mit oder ohne Lohnausgleich beinhaltet. Für die Frage der Höhe der Vergütung in künftigen Zeiträumen haben die Vergleiche keine Bedeutung.

43

b) Schließlich enthält das Formular „Personalveränderung“ vom 9. Oktober 2012 keine für den Streitzeitraum relevante Vergütungsabrede. Sie bezieht sich bereits nach ihrem Wortlaut ausschließlich auf den Zeitraum 5. Oktober 2012 bis 4. Dezember 2012, der von der hier streitigen Forderung nicht erfasst ist.

44

3. Die Ansprüche des Klägers sind auch nicht verwirkt. Dabei kann offenbleiben, ob lediglich - konkrete, wiederkehrende - Leistungen aus einem vertraglichen Dauerschuldverhältnis verwirken können - wofür viel spricht - und dies aber nicht für die vertragliche Grundlage gelten kann (sh. bereits etwa BAG 10. Dezember 2014 - 4 AZR 991/12 - Rn. 22; 22. Februar 2012 - 4 AZR 580/10 - Rn. 43). Das Landesarbeitsgericht ist jedenfalls zutreffend davon ausgegangen, das im Rahmen einer Verwirkung nach Treu und Glauben neben dem Zeitmoment erforderliche Umstandsmoment liege nicht vor.

45

a) Der Kläger war weder verpflichtet, die Beklagte darauf aufmerksam zu machen, dass er sich vorbehalte, seine gemäß den Tarifabschlüssen nach März 2005 erhöhte Vergütung geltend zu machen, noch ergibt sich aus der insoweit widerspruchslosen Durchführung des Arbeitsverhältnisses seitens des Klägers eine vertrauensbegründende Verhaltensweise (vgl. zuletzt in ähnlichen Fällen BAG 10. Dezember 2014 - 4 AZR 991/12 - Rn. 23; 22. Februar 2012 - 4 AZR 579/10 - Rn. 46 f.).

46

b) Auch die Klage im Anschluss an die Vereinbarung aus März 2005 vor dem Arbeitsgericht Münster sowie die nachfolgenden Vergleichsabschlüsse vom 9. Juli 2010 und 18. Januar 2011 stellen keine Umstände dar, nach denen sich die mit Schreiben der späteren Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 26. September 2013 erfolgte Anspruchsverfolgung als illoyal verspätet erweist (vgl. zu diesem Grundgedanken des Verwirkungseinwands BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 579/10 - Rn. 43 mwN).

47

Zwar gingen sowohl die Klage als auch die späteren Vergleichsabschlüsse offensichtlich von dem damals tatsächlich von der Beklagten gezahlten und nicht dem tariflichen Stundenentgelt aus. Allein aus der Berechnung der Klageforderung und der Zustimmung zum Vergleichsabschluss konnte die Beklagte aber noch nicht den berechtigten Schluss ziehen, der Kläger akzeptiere damit dauerhaft die vertragswidrige Höhe der gezahlten Vergütung und werde auf die Geltendmachung eines höheren Stundenentgelts in künftigen Zeiträumen verzichten. Die Frage der Vergütungsanbindung an die Tariflohnentwicklung war nicht Gegenstand dieser rechtlichen Auseinandersetzungen. Diese hatten vielmehr ihren Grund ausschließlich in der zwischen den Parteien bestehenden Meinungsverschiedenheit, ob die Vereinbarung aus März 2005 eine Arbeitszeiterhöhung mit oder ohne Lohnausgleich beinhaltete.

48

4. Die Klage ist auch in der Höhe begründet.

49

a) Dem Kläger steht die geltend gemachte Vergütungsdifferenz in Höhe von insgesamt 6.229,16 Euro brutto für die Monate März 2013 bis Juli 2014 zu. Von März 2013 bis Juli 2014 bezog der Kläger ein gleichbleibendes Monatsgehalt in Höhe von 2.288,52 Euro brutto. Der Tariflohn im Einzelhandel Nordrhein-Westfalen betrug in Lohngruppe III, Lohnstaffel d) ab dem 2. Tätigkeitsjahr bis 31. Juli 2013 monatlich 2.590,00 Euro brutto, bis 30. April 2014 monatlich 2.668,00 Euro brutto und ab 1. Mai 2014 monatlich 2.724,00 Euro brutto. Daraus ergeben sich die geltend gemachten Differenzen in Höhe von 301,48 Euro brutto (für 5 Monate), 379,48 Euro brutto (für 9 Monate) und 435,48 Euro brutto (für 3 Monate).

50

b) Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB iVm. § 10 Abs. 7 Satz 1 MTV, § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

51

III. Die Kosten der Revision hat die Beklagte, die der Nebenintervention hat der Nebenintervenient zu tragen (§ 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 aE ZPO; vgl. dazu auch BGH 27. Mai 1963 - III ZR 131/61 - BGHZ 39, 296; MüKoZPO/Schulz 4. Aufl. § 101 Rn. 20 ff.).

52

Die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts ist nach § 308 Abs. 2 ZPO im Revisionsverfahren von Amts wegen zu überprüfen und ggf. zu korrigieren (vgl. dazu BAG 23. März 2011 - 4 AZR 268/09 - Rn. 73). Vorliegend hat das Landesarbeitsgericht nicht berücksichtigt, dass der Kläger zweitinstanzlich eine Klageerweiterung vorgenommen, diese aber später wieder zurückgenommen hat. Die vom Kläger dabei begehrte Feststellung bezog sich nach seiner Antragsbegründung überwiegend auf künftige, bisher nicht von der Geltendmachung erfasste Zeiträume. Die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens sind aufgrund der späteren teilweisen Klagerücknahme entsprechend § 92 iVm. § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO aufzuteilen(vgl. BAG 24. März 2010 - 10 AZR 58/09 - Rn. 36, BAGE 134, 34). Danach hat der Kläger 57 % und die Beklagte 43 % der zweitinstanzlichen Kosten zu tragen.

        

    Eylert    

        

    Creutzfeldt    

        

    Treber    

        

        

        

    Eylert    

        

    Fritz    

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 17. Juli 2008 - 3 Sa 159/08 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Revision hat die Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über tarifliche Ansprüche auf der Grundlage einer arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel nach einem Betriebsübergang.

2

Die Klägerin, Mitglied der IG-Metall, ist seit dem 18. Juni 1998 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerinnen als Maschinenbedienerin mit einer Wochenarbeitszeit von zuletzt 30 Stunden tätig. Das monatliche Bruttoentgelt betrug zuletzt 1.437,43 Euro Grundentgelt zuzüglich einer Prämie von 503,10 Euro brutto.

3

Zunächst war die Klägerin bei der in der Metallindustrie tarifgebundenen D GmbH beschäftigt. Im Arbeitsvertrag aus dem Monat Juni 1998 heißt es unter Ziffer 7.2 wie folgt:

        

„Sonstige Regelungen

        

Im übrigen gelten für das Anstellungsverhältnis die Bestimmungen der gültigen Tarifverträge der Metallindustrie Schleswig-Holstein in der jeweils gültigen Fassung und alle betrieblichen Regelungen, Richtlinien, Betriebsvereinbarungen der D GmbH in ihrer jeweils gültigen Fassung, sofern Sie unter deren Geltungsbereich fallen.

        

…“   

4

Im Jahre 2003 ging das Arbeitsverhältnis auf die N GmbH über, die ebenfalls tarifgebunden war. Mit Wirkung vom 1. November 2005 schloss die Klägerin mit dieser aus Anlass einer Arbeitszeitreduzierung eine „Vereinbarung zum bestehenden und fortgeltenden Arbeitsvertrag“ (im Folgenden „Arbeitsvertragsänderung vom 1. November 2005“). Darin heißt es unter anderem:

        

„Die einschlägigen Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein in ihrer jeweiligen Fassung sind Bestandteil dieser Vereinbarung.“

5

Die Beklagte, die mit Wirkung zum 1. Juli 2006 den Betrieb übernommen hat, ist nicht tarifgebunden.

6

Für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Metallindustrie in Schleswig-Holstein vereinbarten die Tarifvertragsparteien unter dem 7. Mai 2007 den „Lohntarifvertrag für die Metallindustrie Hamburg und Umgebung, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein“ sowie - für Betriebe nach Einführung des Entgeltrahmenabkommens(ERA) - den „Tarifvertrag über Entgelte und Ausbildungsvergütungen für die Metallindustrie Bezirk Küste“. Beide Tarifverträge sehen in § 2 eine Erhöhung der Tariflöhne bzw. Monatsgrundentgelte mit Wirkung ab 1. Juni 2007 um 4,1 % vor. Vorgesehen ist zudem die Zahlung eines Erhöhungsbetrags für die Monate April und Mai 2007 mit der Abrechnung für den Monat Mai 2007 in Höhe von 400,00 Euro bei Vollzeitbeschäftigung, basierend auf einer 35-Stunden-Woche, der bei Teilzeitbeschäftigung entsprechend der anteiligen Arbeitszeit zu berechnen ist.

7

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 6. September 2007 für den Zeitraum vom 1. Juni bis zum 16. September 2007 Zahlung des rechnerisch unstreitigen Betrages von 623,96 Euro brutto verlangt. Er setzt sich zusammen aus der prozentualen Entgelterhöhung von 281,11 Euro brutto und der tariflichen Einmalzahlung von anteilig 342,85 Euro brutto bezogen auf eine 30-Stunden-Woche. Die Beklagte hat die Zahlung unter Hinweis auf ihre fehlende Tarifbindung verweigert, woraufhin die Klägerin am 6. Dezember 2007 Klage erhoben hat.

8

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass die in ihrem Arbeitsvertrag enthaltene Verweisungsklausel die Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein dynamisch in Bezug nehme. Jedenfalls nach Abschluss der Arbeitsvertragsänderung vom 1. November 2005 könne nicht von einer Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Senatsrechtsprechung die Rede sein. Mit dem Betriebsübergang seien die Rechte aus der arbeitsvertraglichen Verweisung unverändert dynamisch auf die Beklagte übergegangen.

9

Die Klägerin hat, soweit für die Revision von Bedeutung, beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, 623,96 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 551,53 Euro ab dem 30. September 2007 sowie auf 42,43 Euro ab 11. Dezember 2007 an die Klägerin zu zahlen.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Mangels Tarifbindung schulde sie eine nach dem Betriebsübergang vereinbarte Tariflohnerhöhung nicht. Da das Arbeitsverhältnis vor dem letzten Betriebsübergang durch beiderseitige Tarifgebundenheit bestimmt gewesen sei, gelte der Tarifvertrag nach dem Betriebsübergang gemäß § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB nur noch statisch weiter. Auch aufgrund der individualvertraglichen Inbezugnahme des Tarifvertrags sei sie nicht zur Zahlung verpflichtet. Wegen der damaligen beiderseitigen Tarifgebundenheit seien die im Vertrag genannten Tarifverträge nicht rechtsbegründend in Bezug genommen worden. Auf die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag aus dem Jahre 1998 sei im Übrigen aus Gründen des Vertrauensschutzes die Senatsrechtsprechung zur Gleichstellungsabrede anzuwenden. Die Arbeitsvertragsänderung vom 1. November 2005 enthalte nur eine Wiederholung der alten vertraglichen Klausel und sei kein „Neuvertrag“. Zudem müsse der Vertrauensschutz jedenfalls bis zum Bekanntwerden der beabsichtigten Rechtsprechungsänderung bestehen. Außerdem verstoße es gegen ihr Recht auf negative Koalitionsfreiheit, wenn sie mit Übergang des Arbeitsverhältnisses trotz fehlender Tarifgebundenheit die Tarifverträge der Metallindustrie Schleswig-Holstein weiterhin dynamisch anwenden müsse.

11

Das Arbeitsgericht hat der Klage entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

12

I. Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Klägerin aufgrund dynamischer Verweisung in der Änderungsvereinbarung vom 1. November 2005 auch Rechte aus den in Bezug genommenen tariflichen Regelungen geltend machen kann, die erst nach dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die nicht tarifgebundene Beklagte vereinbart wurden.

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1. Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich nicht kraft normativer Geltung der Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein, da zwar die Klägerin, jedoch nicht die Beklagte tarifgebunden ist.

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2. Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus der Fortgeltung der Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein im Arbeitsverhältnis der Parteien nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB.

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Die beiderseitige Tarifgebundenheit vor dem Übergang des Beschäftigungsbetriebes auf die Beklagte führt zwar dazu, dass trotz der Tarifungebundenheit der Beklagten die Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein seit diesem Betriebsübergang nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB im Arbeitsverhältnis der Parteien fortgelten. Aus dieser Fortgeltung kann die Klägerin jedoch ihre Forderung nicht herleiten. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht mit der Rechtsprechung des Senats davon ausgegangen, dass der Regelungsgehalt der Tarifvertragsnormen nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB nur statisch in das Arbeitsverhältnis übergeht, also mit dem tariflichen Regelungsbestand, den er zur Zeit des Betriebsübergangs hat(BAG 14. November 2007 - 4 AZR 828/06 - Rn. 16 mwN, AP BGB § 613a Nr. 334 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 81). Vorliegend fand der Betriebsübergang im Juli 2006 statt. Die Forderung der Klägerin bezieht sich jedoch auf die Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein vom 7. Mai 2007, die also erst nach dem Betriebsübergang abgeschlossen und deshalb nicht in das Arbeitsverhältnis nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB transformiert worden sind.

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3. Der Anspruch der Klägerin ergibt sich jedoch aus individualvertraglicher Inbezugnahme. Die Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein vom 7. Mai 2007 finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien zwar nicht aufgrund der Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag aus dem Monat Juni 1998, jedoch aufgrund derjenigen in der Arbeitsvertragsänderung vom 1. November 2005 Anwendung.

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a) Die Auslegung von typischen (Formular-)Vertragsklauseln - wie denen des Arbeitsvertrages aus dem Jahre 1998 und der Arbeitsvertragsänderung vom 1. November 2005 - ist der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht zugänglich(st. Rspr., zB BAG 19. März 2003 - 4 AZR 331/02 - mwN, BAGE 105, 284, 286).

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b) Die Anwendbarkeit der streitgegenständlichen Vergütungsregelungen folgt allerdings nicht aus der Bezugnahmeklausel in Ziff. 7.2 des Arbeitsvertrages aus dem Jahre 1998. Diese Klausel ist als Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Rechtsprechung des Senats auszulegen, weshalb tarifliche Neuregelungen nach Wegfall der Tarifgebundenheit auf Arbeitgeberseite wie die vom 7. Mai 2007 von ihr nicht mit umfasst sind.

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aa) Nach der früheren Rechtsprechung des Senats waren bei entsprechender Tarifgebundenheit des Arbeitgebers Bezugnahmeklauseln wie die im Arbeitsvertrag der Parteien in aller Regel als sogenannte Gleichstellungsabreden auszulegen(vgl. nur BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 881/07 - Rn. 18 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 68). Dies führt bei einem Wegfall der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers dazu, dass die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch in der Fassung zum Zeitpunkt dieses Wegfalls anzuwenden sind. Diese Auslegungsregel wendet der Senat aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf Bezugnahmeklauseln an, die vor dem 1. Januar 2002 vereinbart worden sind (st. Rspr., vgl. nur BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 18 mwN, NZA 2010, 170).

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bb) Danach ist der im Jahre 1998 geschlossene Arbeitsvertrag nach der früheren Senatsrechtsprechung zu beurteilen. Die Bezugnahmeklausel in Ziff. 7.2 dieses Arbeitsvertrages ist als Gleichstellungsabrede zu behandeln, weil sie auf die fachlich einschlägigen Tarifverträge verweist und der damalige Arbeitgeber, ein Rechtsvorgänger der Beklagten, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses tarifgebunden war.

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Dabei kann es dahinstehen, welche Bedeutung dem Wort „Sie“ im Satzteil „sofern Sie unter deren Geltungsbereich fallen“ zukommt, ob also, wie das Landesarbeitsgericht angenommen hat, damit über den Vertragswortlaut hinaus nicht nur auf den tariflichen Geltungsbereich, sondern auch auf die Tarifgebundenheit der Klägerin Bezug genommen worden ist. Darauf kommt es nach der früheren, für Arbeitsverträge aus dem Jahre 1998 weiterhin maßgeblichen Rechtsprechung zur Gleichstellungsabrede nicht an.

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c) Die Anwendbarkeit der streitgegenständlichen tarifvertraglichen Vergütungsregelungen folgt jedoch aus der Bezugnahmeklausel in der Arbeitsvertragsänderung vom 1. November 2005, die als „Neuvertrag“ nicht mehr unter die aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterzuführende Rechtsprechung zur Gleichstellungsabrede fällt. Diese Klausel enthält eine konstitutive Bezugnahme auf die Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein in ihrer jeweiligen Fassung, die nicht von der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers abhängig und für die die Tarifgebundenheit der Klägerin ohne Bedeutung ist.

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aa) Die Verweisung auf die einschlägigen Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein in ihrer jeweiligen Fassung im Änderungsvertrag vom 1. November 2005 unterliegt nicht der widergegebenen, vom Senat nur noch aus Gründen des Vertrauensschutzes angewendeten Auslegungsregel zur Gleichstellungsabrede.

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(1) Es handelt sich bei der Vereinbarung vom 1. November 2005 um einen „Neuvertrag“ aus der Zeit ab dem 1. Januar 2002, zu dessen Inhaltsbestimmung die allgemeinen Auslegungsregeln uneingeschränkt Anwendung finden. Es kommt danach in erster Linie auf den Wortlaut der übereinstimmenden Erklärung an. Vom Wortlaut abweichende Regelungsziele oder Motive können nur dann bei der Auslegung berücksichtigt werden, wenn sie im Vertrag selbst oder in den Begleitumständen bei Vertragsschluss mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gekommen sind(BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 793/07 - Rn. 30 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 67 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 40). Eine einzelvertraglich vereinbarte dynamische Verweisung auf einen bestimmten Tarifvertrag wird jedenfalls dann, wenn eine Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an den in Bezug genommenen Tarifvertrag nicht in einer für den Arbeitnehmer erkennbaren Weise zur auflösenden Bedingung der Vereinbarung gemacht worden ist, durch einen Wegfall der arbeitgeberseitigen Tarifgebundenheit nicht berührt (- „unbedingte zeitdynamische Verweisung“ -, vgl. BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 22 mwN, NZA 2010, 170; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - mwN, BAGE 122, 74). Auch wenn die Arbeitsvertragsparteien der Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers besondere Bedeutung beimessen wollen, muss dies regelmäßig im Vertragstext Niederschlag finden oder auf sonstige Weise Gegenstand der arbeitsvertraglichen Einigung geworden sein.

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(2) Der Anwendung der widergegebenen allgemeinen Auslegungsregeln auf die vertragliche Abrede vom 1. November 2005 steht nicht entgegen, dass es sich hier um die Änderung eines „Altvertrages“ aus der Zeit vor dem 1. Januar 2002 handelte, in dem sich ebenfalls eine dynamische Verweisung auf die einschlägigen Tarifverträge fand. Bei einer Änderung eines Altvertrags nach dem 1. Januar 2002 kommt es für die Beurteilung, ob die Auslegungsmaßstäbe für „Neu-“ oder für „Altverträge“ maßgeblich sind, darauf an, ob die Klausel im Änderungsvertrag zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der hieran beteiligten Vertragsparteien gemacht worden ist(BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 23 bis 25, NZA 2010, 170).

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Danach ist die von der Klägerin und der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der N GmbH, vereinbarte Arbeitsvertragsänderung, was die Bezugnahmeklausel angeht, als Neuvertragsabschluss einzustufen. Das hat das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt. Mit der Bezugnahme auf die „jeweilige Fassung“ der „einschlägigen Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein“ wird in rechtsgeschäftlicher, vertragsändernder Willensbildung durch einen Wortlaut, der sich von der Vorgängerregelung im Altvertrag unterscheidet und ausdrücklich eine Vertragsumstellung weg von der Rechtslage bei der ursprünglichen Arbeitgeberin, der D GmbH, vornimmt, eine eigenständige Neuregelung getroffen und nicht lediglich die ursprünglich getroffene Vereinbarung ohne eigenen Rechtsgestaltungswillen wiederholt.

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(3) Entgegen der Auffassung der Revision gibt es keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei der danach in einem „Neuvertrag“ im Sinne der Senatsrechtsprechung vereinbarten Bezugnahmeklausel im Falle der - tatsächlich gegebenen - Mitgliedschaft der Klägerin in der tarifschließenden Gewerkschaft um eine lediglich deklaratorische, die Rechtslage beschreibende Wissenserklärung handeln sollte. Es fehlt schon an Tatsachenvortrag dazu, dass der an der Vertragsänderung beteiligten Arbeitgeberin die Tarifgebundenheit der Klägerin bekannt war und dass diese zum Thema des Vertragsschlusses gemacht worden ist.

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(4) Ebenso wenig kann aus dem Wortlaut der Bezugnahmeklausel im Änderungsvertrag oder aus vorgetragenen Begleitumständen beim damaligen Vertragsschluss irgendein Anhaltspunkt dafür entnommen werden, dass die vereinbarte dynamische Bezugnahme des Tarifrechts der Metallindustrie Schleswig-Holsteins bei einem Wegfall der Tarifgebundenheit auf Arbeitgeberseite nur noch als statische Verweisung weiter gelten sollte.

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Auch für die Annahme der Revision, beide Parteien seien noch im November 2005 vor dem Hintergrund, dass auch nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts ergingen, die die bisherige Auslegung entsprechender Bezugnahmeklauseln als Gleichstellungsabrede bestätigten und die Ankündigung der Rechtsprechungsänderung erst am 14. Dezember 2005(- 4 AZR 536/04 -) erfolgte, davon ausgegangen, dass die Bezugnahme im Arbeitsvertrag nur der Gleichstellung der organisierten Arbeitnehmer mit den nichtorganisierten Arbeitnehmern diene, gibt es weder im Vertragswortlaut noch in konkret vorgetragenen Umständen bei Vertragsschluss irgendeinen Anhaltspunkt.

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bb) Der Senat hält an seiner neueren Rechtsprechung zur Auslegung von arbeitsvertraglichen Bezugnahmen auf einschlägige Tarifverträge oder Tarifwerke, die zu dem vorgenannten Ergebnis führt, auch in Anbetracht der von der Revision vorgebrachten Gesichtspunkte fest. Dies hat der Senat bereits in verschiedenen Entscheidungen - in Auseinandersetzung mit der zwischenzeitlich geäußerten Kritik an dieser Rechtsprechung - ausführlich begründet(vgl. ua. 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 42 ff., Rn. 46 bis 58 mwN, BAGE 122, 74, 87 ff.; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 793/07 - Rn. 31 ff., AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 67 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 40).

31

(1) Es verstößt nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip und damit gegen Art. 20 Abs. 3 GG, dass der Senat die Auslegungsregel der Gleichstellungsabrede nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes auf alle Bezugnahmeklauseln anwendet, die in der Zeit bis zur Ankündigung der Rechtsprechungsänderung in der Entscheidung vom 14. Dezember 2005(- 4 AZR 536/04 - BAGE 116, 326) vereinbart worden sind.

32

(a) Entgegen der Revision liegt hierin keine nach dem Vertrauensschutzprinzip verbotene echte Rückwirkung(vgl. hierzu etwa BVerfG 23. November 1999 - 1 BvF 1/94 - BVerfGE 101, 239, 263 f.). Es wird nicht nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingegriffen. Die streitgegenständliche Klausel wurde zwar in der Vergangenheit vereinbart, das Arbeitsverhältnis, auf das sich ihre Wirkung bezieht, ist jedoch weder abgeschlossen noch abgewickelt. In die in der Vergangenheit bereits abgewickelten Teile des Arbeitsverhältnisses greift die auf die allgemeinen Grundsätze zurückgeführte Auslegungsregel nicht ein.

33

(b) Die Festlegung eines Stichtages, mit dem die Anwendbarkeit einer geänderten Rechtsprechung in zeitlicher Hinsicht eingeschränkt wird, ist ein geeignetes Mittel, um eventuell bestehendem Vertrauen in eine gefestigte Rechtsprechung auch unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der gegnerischen Partei Rechnung zu tragen(BVerfG 15. Januar 2009 - 2 BvR 2044/07 - zu B III 2 a der Gründe, NJW 2009, 1469). Die Festlegung des Datums des Stichtags ist entgegen der Auffassung der Revision auch nicht willkürlich. Vorrangig von Bedeutung für die Festlegung des Stichtags ist der vom Gesetzgeber mit der Schuldrechtsnovelle deutlich gemachte Wertewandel, wovon auch eine deutlich verstärkte Aufforderung an die Verwender von Formularverträgen ausging, das von ihnen Gewollte auch in der entsprechenden verständlichen (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) Form eindeutig zum Ausdruck zu bringen (BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 793/07 - Rn. 34, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 67 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 40).

34

Durch die von der Beklagten angeführten Entscheidungen des Senats vom 19. März 2003(- 4 AZR 331/02 - BAGE 105, 284) und vom 1. Dezember 2004 (- 4 AZR 50/04 - BAGE 113, 40) wird der Stichtag nicht in Frage gestellt. Gegenstand der Entscheidung vom 19. März 2003 war ein sog. Altvertrag aus dem Jahr 1997. Für solche Verträge wendet der Senat die Grundsätze der früheren Rechtsprechung nach wie vor an. In der Entscheidung vom 1. Dezember 2004 kam die Rechtsprechung zur Gleichstellungsabrede gar nicht zur Anwendung, da die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers im Zeitpunkt der Vereinbarung der Bezugnahme auf den Tarifvertrag nicht vorlag. Beiden Entscheidungen kommt aber auch unabhängig davon bei der typisierten Interessenabwägung und bei der Beurteilung der maßgebende Faktoren für die Festlegung des Stichtags (dazu ua. BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 42 ff., Rn. 46 bis 58 mwN, BAGE 122, 74, 87 ff.; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 793/07 - Rn. 31 ff., AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 67 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 40)keine Bedeutung zu. Das trifft auch für die von der Beklagten angeführte Entscheidung des Ersten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 22. März 2005 (- 1 ABR 64/03 - BAGE 114, 162) zu.

35

Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht mehrere von Arbeitgeberseite gegen die neuere Senatsrechtsprechung zur Gleichstellungsabrede erhobene Verfassungsbeschwerden mit dem Ziel einer Ausweitung des Vertrauensschutzes nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorlagen( BVerfG 8. Oktober 2008 - 1 BvR 946/08 und 1 BvR 947/08 - ; 21. April 2009 - 1 BvR 769/09 -). Es hat ausgeführt, dass ein Gericht grundsätzlich von einer früheren Rechtsprechung abweichen kann und dass darin kein Verstoß gegen den rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes zu sehen ist, wenn sich die Rechtsprechungsänderung im Rahmen einer vorhersagbaren Entwicklung hält (BVerfG 8. Oktober 2008 - 1 BvR 946/08 und 1 BvR 947/08 -).

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(2) Entgegen der Auffassung der Revision führt auch die Regelung des § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB zu keinem anderen Ergebnis. Der angeführte Wert des Vertrauens in eine gefestigte Rechtsprechung ist keine „im Arbeitsrecht geltende Besonderheit“, sondern ein allgemeiner Umstand, den der Senat in seiner Rechtsprechung bei seiner Abwägung der beteiligten Interessen - unter Einbeziehung der Situation im Arbeitsrecht - bereits berücksichtigt hat(dazu BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 46 ff., BAGE 122, 74).

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cc) Nach alledem ist die von der Klägerin und der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der N GmbH, vereinbarte Arbeitsvertragsänderung vom 1. November 2005, was die Auslegung der dort vereinbarten Bezugnahme angeht, mit dem Landesarbeitsgericht als „Neuvertrag“ einzustufen, der eine von der Tarifgebundenheit der Vertragsparteien unabhängige unbedingte zeitdynamische Verweisung auf die darin genannten Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung zum Inhalt hat und deshalb auch tarifvertragliche Regelungen zum Gegenstand des Arbeitsvertrages macht, die nach einem Ende der Tarifgebundenheit auf Arbeitgeberseite getroffen worden sind.

38

d) Der Betriebsübergang von der N GmbH auf die Beklagte am 1. Juli 2006 hat an dieser vertragsrechtlichen Lage nichts geändert. Die Klausel gilt auch im Arbeitsverhältnis der Parteien dynamisch. Die sich aus dieser Vertragsklausel ergebende Pflicht, die einschlägigen Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein in ihrer jeweiligen Fassung anzuwenden, gehört zu den Rechten und Pflichten, in die die Beklagte als Erwerberin des Betriebs nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB eingetreten ist. Dementsprechend ist sie an die Verweisungsklausel aus dem Arbeitsvertrag der Klägerin mit ihrem Rechtsvorgänger unter Einbeziehung von deren Dynamik gebunden.

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Der sich von Rechts wegen und unabhängig vom „Gutdünken“ des Veräußerers und Erwerbers(vgl. ua. EuGH 26. Mai 2005 - C-478/03 [Celtec] - ua. Rn. 38 mwN, Slg. 2005, I-4389 und 9. März 2006 - C-499/04 [Werhof] - Rn. 26, Slg. 2006, I-2397) nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB vollziehende Eintritt des Erwerbers eines Betriebes oder Betriebsteils in die Rechte und Pflichten der zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Arbeitsverhältnisse bezieht sich auf alle arbeitsvertraglich begründeten Rechte und Pflichten und umfasst mithin auch solche aus Verweisungsklauseln auf einen Tarifvertrag.

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§ 613a Abs. 1 BGB regelt die Rechtsfolgen eines rechtsgeschäftlichen Betriebsübergangs für die davon betroffenen Arbeitsverhältnisse. Dabei ist in Satz 1 der Vorschrift allgemein geregelt, dass das Arbeitsverhältnis mit demjenigen Inhalt auf den Erwerber übergeht, den es zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs hat. Dazu gehören nicht nur die aktuell realisierten Rechte und Pflichten, sondern alle, auf die sich eine der Vertragsparteien bei unveränderter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses berufen könnte. Dabei tritt der Erwerber an die Stelle des Veräußerers und nimmt dessen Rechtsstellung ohne inhaltliche Veränderung ein(BAG 19. September 2007 - 4 AZR 711/06 - BAGE 124, 123, 127). Hiervon sind auch Rechtspositionen umfasst, die erst in der Zukunft Wirkung entfalten, etwa bereits fest vereinbarte Änderungen der Rechtslage, die zu einem späteren Zeitpunkt eintreten sollen. Soweit arbeitsvertraglich eine Dynamik bei der Anwendung in Bezug genommenen Rechts vereinbart ist, geht auch sie als solche über. Der Erwerber ist an sie gebunden wie der Veräußerer, der sich darüber mit dem Arbeitnehmer geeinigt hat. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB stellt ihn bezüglich der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen so, als habe er sie selbst abgeschlossen(BAG 23. September 2009 - 4 AZR 331/08 - ZIP 2010, 748).

41

Dieses Ergebnis ergibt sich ebenfalls aus der Betriebsübergangsrichtlinie, derzeit in der Fassung der Richtlinie 2001/23/EG vom 12. März 2001(ABl. 2001, L 82/16), zu deren Umsetzung in das nationale Recht § 613a BGB dient, der richtlinienkonform auszulegen ist. Die Richtlinie soll die Wahrung der Ansprüche der Arbeitnehmer bei einem Wechsel des Inhabers des Unternehmens dadurch gewährleisten, dass sie ihnen die Möglichkeit gibt, ihr Beschäftigungsverhältnis mit dem neuen Arbeitgeber zu eben den Bedingungen fortzusetzen, die mit dem Veräußerer vereinbart waren (vgl. ua. EuGH 10. Februar 1988 - C-324/86 [Tellerup oder „Daddy’s Dance Hall“] - Rn. 9, Slg. 1988, I-739; 9. März 2006 - C-499/04 [Werhof] - Rn. 25, Slg. 2006, I-2397). Ziel dieser Richtlinie ist es, die am Tag des Übergangs bestehenden Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer zu wahren (EuGH 9. März 2006 - C-499/04 [Werhof] - Rn. 29, Slg. 2006, I-2397) und damit sicherzustellen, dass der betroffene Arbeitnehmer in seinen Rechtsbeziehungen zum Erwerber in gleicher Weise geschützt ist, wie er es nach den Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats in seinen Beziehungen zum Veräußerer war (EuGH 6. November 2003 - C-4/01 [Martin ua.] - Rn. 41, Slg. 2003, I-12859). Daraus folgt, dass eine am Tag des Übergangs bestehende individualvertragliche dynamische Inbezugnahme eines Tarifvertrages, die unabhängig von beiderseitiger Tarifgebundenheit ist, als Solche auf den Betriebserwerber übergeht. Anzunehmen, sie wandle ihren Charakter infolge des Übergangs von „dynamisch“ zu „statisch“, wäre eine Minderung der bestehenden Rechte.

42

e) Entgegen der Auffassung der Revision wurde die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel vom 1. November 2005 weder durch die frühere beiderseitige Tarifgebundenheit verdrängt, noch wird sie durch eine nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB in das Arbeitsverhältnis transformierte Tarifnorm verdrängt. Eine ggf. entstehende Regelkollision ist in beiden Fällen nach dem gesetzlichen Kollisionslösungsprinzip des Günstigkeitsvergleichs gemäß § 4 Abs. 3 TVG aufzulösen.

43

aa) Das Arbeitsverhältnis der Klägerin war vor dem Betriebsübergang auf die Beklagte nicht allein durch kollektivvertragliche Regelungen bestimmt, sondern durch kollektive und individualvertragliche Regelungen. Zu letzteren gehört die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel auf die „gültigen Tarifverträge der Metallindustrie Schleswig-Holstein in der jeweils gültigen Fassung“. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht unter Bezug auf die Senatsrechtsprechung(BAG 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - BAGE 124, 34, 37) ausgeführt, dass die Wirkung einer Bezugnahmeklausel nicht dadurch berührt wird, dass der in Bezug genommene Tarifvertrag noch aus einem weiteren rechtlichen Grund für das Arbeitsverhältnis der Parteien maßgebend ist. Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, nach § 4 Abs. 1 TVG trete eine vertragliche Inbezugnahme hinter einer normativen Geltung zurück, verkennt sie, dass eine normative Geltung und eine vertragliche Inbezugnahme als zwei unterschiedliche Rechtsgrundlagen nebeneinander bestehen bleiben. Eine ggf. entstandene Regelkollision war vor dem Betriebsübergang nach dem gesetzlichen Kollisionslösungsprinzip des Günstigkeitsvergleichs gemäß § 4 Abs. 3 TVG aufzulösen.

44

Auch wenn auf diese Weise eine der beiden Regelungen im Arbeitsverhältnis - zeitweise - keine praktische Wirkung entfaltet, so bleibt sie entgegen der Auffassung der Revision, die meint, es könne nur übergehen, was zuvor Wirkung entfaltet habe, jedoch bestehen und ist demgemäß Teil des bei einem Betriebsübergang mit übergehenden Regelungsbestands(vgl. hierzu auch BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - AP BGB § 613a Nr. 371 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 110).

45

bb) Daran, dass die Anwendung eines Tarifvertrags auf zwei Rechtsgründen beruht, ändert sich nichts durch die Feststellung, dass einer von ihnen, nämlich die bisherige kollektive Wirkungsweise, nach dem Betriebsübergang mangels Tarifgebundenheit der Beklagten in nun „statischer“ Form in den Bestand des Arbeitsverhältnisses eingegangen ist. Prinzipiell unterliegt auch eine nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB in das Arbeitsverhältnis transformierte Tarifnorm dem Günstigkeitsprinzip nach § 4 Abs. 3 TVG. Insbesondere kann den nunmehr als Inhalt des Arbeitsverhältnisses fortwirkenden früheren Tarifnormen keine größere Wirkungstiefe zukommen als unmittelbar wirkenden Tarifnormen(näher BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 27 bis 32, AP BGB § 613a Nr. 371 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 110). Deshalb sind auch die nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB in das Arbeitsverhältnis transformierten Tarifnormen nicht in der Lage, günstigere Abmachungen zwischen den Arbeitsvertragsparteien zu verdrängen. § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB ist eine im Hinblick auf § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB ergänzende, keine konkurrierende Regelung. Auch nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB in das Arbeitsverhältnis transformierte Tarifnormen treten nach § 4 Abs. 3 TVG gegenüber einzelvertraglichen Vereinbarungen, soweit diese für die jeweiligen Arbeitnehmer günstigere Bedingungen enthalten, zurück (näher BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 27 ff., aaO).

46

f) Durch die Anordnung des Übergangs einer mit dem Veräußerer des Betriebes arbeitsvertraglich vereinbarten dynamischen Verweisung auf einen Tarifvertrag auf die Beklagte als Erwerberin dieses Betriebes wird diese entgegen der Revision nicht in ihrem Grundrecht auf - negative - Koalitionsfreiheit verletzt.

47

aa) Wie der Senat bereits mehrfach begründet hat, berührt die Auslegung und die Wirksamkeit der individualrechtlichen Inbezugnahme von Tarifverträgen in ihrer jeweiligen Fassung als Ausdruck privatautonomer Gestaltungsmacht weder die negative Koalitionsfreiheit dessen, der das Arbeitsverhältnis vertraglich der einschlägigen tarifvertraglichen Ordnung unterstellen wollte und dies auch durch die Zustimmung des Arbeitnehmers erreicht hat, noch diejenige der Personen, die aufgrund privatautonomer Entschließung in diese Rechtsposition eingetreten sind(BAG 23. September 2009 - 4 AZR 331/08 - Rn. 21 mwN, ZIP 2010, 748). Die negative Koalitionsfreiheit kann schon begrifflich nicht durch einen Arbeitsvertrag berührt sein (ebenso zum Verhältnis der negativen Koalitionsfreiheit zu einem Sozialplan BVerfG 23. April 1986 - 2 BvR 487/80 - AP GG Art. 2 Nr. 2).

48

bb) Daran hält der Senat auch unter Berücksichtigung der Einwände der Revision fest.

49

Ein Verstoß gegen die negative Koalitionsfreiheit kommt nur dann in Betracht, wenn es um die von arbeitsvertraglichen Vereinbarungen unabhängige kollektiv-rechtliche Wirkungsweise von tariflichen Normen geht. Denn nur in diesem Bereich lässt sich die Verbindlichkeit von Rechten und Pflichten mit der Wahrnehmung von negativer oder positiver Koalitionsfreiheit begründen. Soweit bei der Begründung der Rechte und Pflichten, die bei einem Betriebsübergang auf den Erwerber übergehen, weder die Mitgliedschaft in einer tarifschließenden Koalition noch die Position als Tarifvertragspartei, etwa bei einem Firmentarifvertrag, eine Rolle spielen, sondern diese unmittelbar auf der Abgabe einer privatautonomen Willenserklärung gegenüber dem Arbeitsvertragspartner beruhen, kann weder die negative Koalitionsfreiheit des Veräußerers noch diejenige des Erwerbers betroffen sein. Der arbeitsvertragliche Charakter einer dynamischen Verweisung auf ein fremdes Regelwerk wird durch die Herkunft des Bezugsobjekts nicht geändert; das gilt für eine etwaige Einbeziehung des jeweiligen statistischen Lebenshaltungsindexes ebenso wie für die Einbeziehung der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der Sozialversicherung wie die der jeweiligen Fassung eines Tarifvertrages(vgl. im Einzelnen BAG 23. September 2009 - 4 AZR 331/08 - Rn. 23 bis 27 mwN, ZIP 2010, 748).

50

Auch in ihren Folgewirkungen bleibt dieser individualvertragliche Charakter erhalten. Anders als nach der Regelung des § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB, die zu einem kollektivrechtlichen Inhaltsschutz mit zwingender Wirkung für ein Jahr führt, können nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB übergegangene Vereinbarungen jederzeit einvernehmlich und privatautonom abgeändert werden. Es herrscht grundsätzlich die gleiche Vertragsfreiheit, wie sie im Veräußererbetrieb bestanden hat(vgl. BAG 7. November 2007 - 5 AZR 1007/06 - BAGE 124, 345, 347). Im Übrigen ist - entgegen den Annahmen der Revision - weder in die Auslegung des Arbeitsvertrags der Parteien noch in die Feststellung der Folgen des Betriebsübergangs nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB einzubeziehen, ob aus der Sicht einer Vertragspartei im Einzelfall eine konkrete Möglichkeit der einvernehmlichen Vertragsänderung gesehen wird oder wie die Existenz von dynamisch wirkenden individualvertraglichen Bezugnahmen auf Tarifverträge sich bei Kaufvertragsverhandlungen im Rahmen von Betriebsübergängen auswirkt. Die Überlegung der Revision, eine nur noch statische Fortgeltung von Tarifverträgen sei im Hinblick auf Art. 9 Abs. 3 GG sachlich gerechtfertigt, da dies in der Regel Gegenstand der Kaufverhandlungen sei und eine dynamische Fortgeltung von Tarifverträgen nicht überschaubar wäre, ist in ihrem rechtlichen Gehalt schwer zu erschließen. Gegenstand von Kaufverhandlungen kann nur die tatsächlich im zu erwerbenden Betrieb bestehende Rechtslage sein, nicht eine vom Käufer oder Verkäufer gewünschte. Die hinter dieser Überlegung stehende Auffassung widerspricht § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB. Sie bedeutet nichts anderes, als dass sich der Arbeitsvertragsinhalt entgegen der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung allein durch den Betriebsübergang ändern soll.

51

cc) Etwas anderes ergibt sich entgegen der Revision auch nicht im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang aus dem Urteil „Werhof“ des EuGH vom 9. März 2006(- C-499/04 - Slg. 2006, I-2397).

52

Die Betriebsübergangsrichtlinie 2001/23/EG soll die Wahrung der Ansprüche der Arbeitnehmer bei einem Wechsel des Inhabers des Unternehmens dadurch gewährleisten, dass sie ihnen die Möglichkeit gibt, ihr Beschäftigungsverhältnis mit dem neuen Arbeitgeber zu eben den Bedingungen fortzusetzen, die mit dem Veräußerer vereinbart waren(vgl. ua. EuGH 27. November 2008 - C-396/07 [Juuri] - Rn. 28 mwN, AP Richtlinie 2001/23/EG Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 97). Aus der Richtlinie ergibt sich nicht, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber den Erwerber durch andere Kollektivverträge als die zum Zeitpunkt des Übergangs geltenden binden und demnach verpflichten wollte, die Arbeitsbedingungen später durch die Anwendung eines neuen, nach dem Übergang geschlossenen Kollektivvertrags zu ändern (EuGH 9. März 2006 - C-499/04 [Werhof] - Rn. 29, Slg. 2006, I-2397), was im Übrigen gegen das im Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts zu beachtende Recht auf negative Vereinigungsfreiheit verstoßen würde (ebenda, Rn. 32 bis 35). Mit der Werhof-Entscheidung schließt es der EuGH aus, eine vertragliche Verweisung auf Tarifverträge im Falle eines Betriebsüberganges nach Art. 3 Abs. 1 der Betriebsübergangsrichtlinie 2001/23/EG zwingend, also unabhängig vom übereinstimmend gebildeten Willen der Arbeitsvertragsparteien, stets so zu verstehen, dass der Erwerber an die betreffenden Tarifverträge auch in den Fassungen gebunden ist, die erst nach dem Betriebsübergang vereinbart wurden. Diese Auffassung teilt der Senat (vgl. näher BAG 23. September 2009 - 4 AZR 331/08 - Rn. 35 bis 38 mwN, in Auseinandersetzung mit EuGH 9. März 2006 - C-499/04 [Werhof] - aaO). Die gegenteilige Auffassung der Revision, die im Ergebnis dahin geht, dass zwingend und unabhängig vom privatautonom zwischen den Arbeitsvertragsparteien Vereinbarten jegliche Bezugnahme auf Tarifverträge in Einzelarbeitsverträgen im Fall des Betriebsüberganges „statisch“ wird, lässt sich nicht mit der Werhof-Entscheidung des EuGH begründen.

53

4. Insgesamt führt die individualvertragliche Inbezugnahme in der Arbeitsvertragsänderung vom 1. November 2005 zu einer dynamischen Anwendung der Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein und damit zu den streitgegenständlichen Tarifverträgen vom 7. Mai 2007. Diese enthalten im Verhältnis zu der statischen Anwendung der Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein, vorliegend in der Fassung zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs zum tarifungebundenen Betriebserwerber, eine finanziell günstigere Regelung im Sinne des Günstigkeitsprinzips nach § 4 Abs. 3 TVG. Der auf dieser Grundlage von der Klägerin geltend gemachte Betrag ist der Höhe nach unstreitig.

54

5. Der Zinsanspruch der Klägerin ergibt sich aus § 286 Abs. 1, § 288 Abs. 1 BGB.

55

II. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision nach § 97 ZPO zu tragen.

        

    Bepler    

        

    Treber    

        

    Winter    

        

        

        

    Vorderwülbecke    

        

    Bredendiek    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 5. November 2009 - 17 Sa 724/09 - aufgehoben:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 8. April 2009 - 2 Ca 1808/08 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, welche tariflichen Regelungen aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis anzuwenden sind.

2

Der Kläger ist seit dem 1. September 1991 im Klinikbetrieb der Beklagten und ihren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt. In dem am 6. November 1991 mit der Stiftung W-Klinik, einem Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbandes (KAV), geschlossenen Arbeitsvertrag heißt es unter § 2:

        

„Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung.“

3

Die nicht tarifgebundene Beklagte übernahm mit Wirkung zum 5. September 2002 den Klinikbetrieb im Wege des Betriebsübergangs. Am 29. März 2004 schlossen die Beklagte und die Versorgungsgesellschaft W-Klinik mbH einerseits sowie der bei ihnen gebildete Betriebsrat der A W-Klinik einen „Interessenausgleich“, der ua. wie folgt lautet:

        

§ 1 Gegenstand

        

Um die Überlebensfähigkeit der Klinik zu sichern, werden folgende Maßnahmen ergriffen:

        

…       

        

3.    

Verzicht auf Weihnachts- und Urlaubsgeld für die Dauer von zunächst drei Jahren beginnend für das Kalenderjahr 2004.

        

4.    

Verzicht auf 5% des Bruttoentgeltes beginnend ab Abrechnungsmonat April 2004.

        

5.    

Hälftige Beitragszahlung der jeweiligen Zusatzversorgung (ZKW/VBLU) durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer beginnend ab Abrechnungsmonat April 2004.

        

…“    

4

Unter dem Datum des 31. März 2004/5. April 2004 schlossen die Parteien einen „Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag“, in dem es ua. heißt:

        

§ 1   

        

Das Bruttoentgelt des Mitarbeiters wird mit Wirkung ab dem 01.04.2004 auf

        

2.389,18 €

        

monatlich

festgesetzt.

        

§ 2     

        

Der Mitarbeiter verzichtet für einen Zeitraum von zunächst drei Jahren auf Weihnachts- und Urlaubsgeld.

        

…       

        

§ 3     

        

Die Zusatzversorgung über die ZKW / VBLU bleibt weiterhin erhalten. Die Beiträge werden mit Wirkung ab dem 01.04.2004 wie folgt abgerechnet:

        

Der Arbeitgeber trägt 50% der Beiträge. Die andere Beitragshälfte wird durch den Arbeitnehmer getragen und durch den Arbeitgeber im Rahmen der monatlichen Gehaltsabrechnung einbehalten und an den Versicherungsgeber überwiesen.“

5

Seither erhält der Kläger unverändert das vereinbarte Bruttoentgelt. Am 8. Juni 2007/5. Juli 2007 schlossen die Parteien einen weiteren Änderungsvertrag „zum Arbeitsvertrag und zum Änderungsvertrag vom 31.03.2004“, der ua. wie folgt lautet:

        

„§ 2 des Änderungsvertrages vom 31.03.2004 wird mit Wirkung vom 01.01.2007 durch folgende Regelung ersetzt:

        

Der Arbeitnehmer verzichtet beginnend mit dem Jahr 2007 für weitere 3 Jahre bis zum 31.12.2009 auf jedwede Sonderzahlung, insbesondere die Weihnachtszuwendung und Urlaubsgeld aus dem nachwirkenden Tarifvertrag BAT / BMTG.

        

…       

        

Des Weiteren bleibt es bei den bisherigen Arbeitsbedingungen.“

6

Der Kläger will die Anwendbarkeit des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst in der für die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände geltenden Fassung (TVöD/VKA) einschließlich des besonderen Teils für die Krankenhäuser (BT-K) festgestellt wissen. Aufgrund der Regelung in § 2 des Arbeitsvertrages aus dem Jahr 1991 sei der TVöD für den Dienstleistungsbereich Krankenhäuser im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände vom 1. August 2006 - unter Beachtung der vertraglichen Änderungen aus den Jahren 2004 und 2007 - auf sein Arbeitsverhältnis anzuwenden. Bei der Bezugnahmeregelung handele es sich nicht um einen „Altvertrag“ iSd. früheren Rechtsprechung zur sog. Gleichstellungsabrede. Mit Abschluss der Änderungsverträge in den Jahren 2004 und 2007 sei der Vertrag aus dem Jahr 1991 vielmehr wie ein „Neuvertrag“ auszulegen. Denn es sei gleichzeitig die Bezugnahme auf den BAT erneuert worden.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst BT-K anzuwenden ist mit der Maßgabe, dass

        

1.    

das dem Kläger zustehende Bruttoentgelt 95 % des TVöD-Entgelts beträgt,

        

2.    

die Jahressonderzahlung gem. § 20 TVöD befristet für die Zeit bis zum Jahr 2009 nicht zu zahlen ist,

        

3.    

die Beiträge zur Zusatzversorgung von der Beklagten zu 50 % und von dem Kläger zu 50 % getragen werden.

8

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Es fehle bereits an einem Feststellungsinteresse des Klägers. Bei der Regelung in § 2 des Arbeitsvertrages vom 6. November 1991 handele es sich um eine sog. Gleichstellungsabrede. Aus den beiden späteren Änderungsverträgen folge nichts anderes. Es fehle an einer ausdrücklichen Erklärung, dass „alle anderen Vereinbarungen aus dem Anstellungsvertrag unberührt blieben“, weshalb die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 30. Juli 2008 (- 10 AZR 606/07 -) nicht einschlägig sei. Erforderlich sei eine nach dem 31. Dezember 2001 erfolgte Willenserklärung, um von einem „Neuvertrag“ ausgehen zu können.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der zulässigen Klage zu Unrecht stattgegeben.

11

I. Die Feststellungsklage ist entgegen der Auffassung der Beklagten zulässig.

12

1. Der Antrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

13

a) Gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Der Streitgegenstand und der Umfang der gerichtlichen Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis müssen klar umrissen sein (BAG 11. November 2009 - 7 AZR 387/08 - Rn. 11, AP ZPO § 253 Nr. 50 = EzA ZPO 2002 § 253 Nr. 3; 19. Februar 2008 - 9 AZR 70/07 - Rn. 16, BAGE 126, 26), so dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) keinem Zweifel unterliegt und die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung (§ 322 ZPO)zwischen den Parteien entschieden werden kann. Bei einer Feststellungsklage sind grundsätzlich keine geringeren Anforderungen an die Bestimmtheit zu stellen als bei einer Leistungsklage (BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 735/07 - Rn. 53, AP TVG § 1 Tarifverträge: Chemie Nr. 20). Dabei kann sich eine Feststellungsklage auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken - sog. Elementenfeststellungsklage -. Auch die Anwendbarkeit eines bestimmten Tarifvertrages oder Tarifwerks auf ein Arbeitsverhältnis kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein (st. Rspr., BAG 26. Januar 2011 - 4 AZR 333/09 - Rn. 12; 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 11 mwN, BAGE 128, 165).

14

b) Danach ist der Antrag hinreichend bestimmt. Entgegen der Auffassung der Revision bleibt nicht unklar, in welchem zeitlichen Umfang rechtskräftig über die begehrte Feststellung entschieden werden soll. Der nach seinem Wortlaut und dem bisherigen Vorbringen des Klägers gestellte Feststellungsantrag ist gegenwartsbezogen. Der Kläger will für das mit der Beklagten bestehende Rechtsverhältnis gegenwärtig geklärt wissen, dass der im Antrag genannte Tarifvertrag darauf anzuwenden ist. Die begehrte Feststellung entfaltet dann Wirkungen für die Zukunft. Ein gegenwartsbezogener Feststellungsantrag bezieht sich auch noch im Revisionsverfahren nicht auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt, sondern auf die letzte mündliche Verhandlung vor dem Revisionsgericht (ausf. BAG 14. Dezember 2004 - 1 ABR 51/03 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 113, 82).

15

2. Dem Kläger steht weiterhin das für die begehrte Feststellung nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse zu. Das Feststellungsinteresse folgt schon aus den unterschiedlichen Auffassungen der Parteien über die Anwendbarkeit der TVöD-K auf das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis. Auch ist der Kläger entgegen der Auffassung der Beklagten nicht gehalten, eine Leistungsklage zu erheben. Er hat gerade nicht die Klärung eines vergangenen, sondern einen gegenwärtigen Rechtsverhältnisses zum Gegenstand seines Feststellungsantrages gemacht, mit dem er geklärt wissen möchte, welcher Tarifvertrag für sein Arbeitsverhältnis maßgebend ist. Hierfür ist ein Feststellungsantrag die gebotene Klageart (vgl. nur BAG 10. März 1993 - 4 AZR 264/92 - zu I der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Brotindustrie Nr. 3 = EzA TVG § 4 Brot- und Backwarenindustrie Nr. 1; 15. Juli 1992 - 7 AZR 491/91 - zu A 2 der Gründe, AP BPersVG § 46 Nr. 19).

16

II. Die Klage ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts unbegründet.

17

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ist der TVöD/VKA einschließlich des besonderen Teils für die Krankenhäuser (BT-K) im beantragten Umfang, der nach der Prozessvereinbarung der Tarifvertragsparteien vom 9. Januar 2003 für den Dienstleistungsbereich der Krankenhäuser als „Durchgeschriebene Fassung des TVöD für den Dienstleistungsbereich Krankenhäuser im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-K)“ erstellt wurde, nicht anzuwenden. Die Anwendbarkeit folgt weder aus der Bezugnahmeklausel des Arbeitsvertrages vom 6. November 1991 noch aus den Änderungsverträgen der Jahre 2004 und 2007. Entgegen dem Landesarbeitsgericht ist die Bezugnahmeklausel nach wie vor als sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung des Senats auszulegen.

18

1. Der Arbeitsvertrag der Parteien sowie die Änderungsverträge sind Formularverträge. Die Auslegung derartiger typischer Vertragsklauseln kann vom Revisionsgericht ohne Einschränkung überprüft werden (st. Rspr., etwa BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 15, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 15 mwN, BAGE 132, 261 ).

19

2. Bei der Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrages vom 6. November 1991 handelt es sich um eine sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung des Senats.

20

a) Nach der früheren Rechtsprechung des Senats waren bei entsprechender Tarifgebundenheit des Arbeitgebers Bezugnahmeklauseln wie die im Arbeitsvertrag der Parteien in aller Regel als sogenannte Gleichstellungsabreden auszulegen (zu einer inhaltsgleichen Bezugnahmeklausel BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 881/07 - Rn. 18 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 68). Diese verweisen dynamisch auf die fachlich einschlägigen Tarifverträge und der Arbeitgeber ist zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses tarifgebunden gewesen. Jedoch führt der Wegfall der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers dazu, dass die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch in der Fassung anzuwenden sind, die zum Zeitpunkt des Eintritts der fehlenden Tarifgebundenheit galt. Diese Auslegungsregel wendet der Senat aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf Bezugnahmeklauseln an, die vor dem 1. Januar 2002 vereinbart worden sind (st. Rspr., BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 18 mwN, BAGE 132, 261; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 29 ff., BAGE 122, 74; 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 24 ff., BAGE 116, 326).

21

b) Das Landesarbeitsgericht ist entgegen dem Einwand der Revision auch zutreffend davon ausgegangen, dass es sich vorliegend nicht um eine statische, sondern eine dynamische Verweisung auf die jeweiligen in der Bezugnahmeklausel genannten Tarifverträge handelt. Dafür spricht bereits der Wortlaut der arbeitsvertraglichen Verweisung. Es fehlt an einer konkreten Benennung des in Bezug genommenen Tarifvertrages nach einem bestimmten Datum oder einer nicht auf einen anderen, etwa einen Nachfolgetarifvertrag übertragbaren Bezeichnung. Vielmehr wird nicht nur auf den „BAT“, sondern ua. auch auf die „ändernden oder ersetzenden“ Tarifverträge verwiesen. Insbesondere durch solche Zusätze wird der Wille deutlich, eine dynamische Verweisung vornehmen zu wollen (BAG 19. September 2007 - 4 AZR 710/06 - Rn. 22 mwN, AP BGB § 133 Nr. 54 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 36).

22

c) Damit ging das Arbeitsverhältnis des Klägers nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB mit dem zur Zeit des Betriebsübergangs geltenden tariflichen Regelungsbestand auf die Beklagte über.

23

3. Die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag der Parteien ist auch nach Abschluss der Änderungsverträge im Jahr 2004 und im Jahr 2007 nach wie vor als Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung des Senats auszulegen. Die Vertragsänderungen führen nicht dazu, dass der Arbeitsvertrag in Bezug auf die Bezugnahmeklausel nunmehr als „Neuvertrag“ zu bewerten ist.

24

a) Für Arbeitsverträge, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 geschlossen worden sind („Neuverträge”), wendet der Senat die Auslegungsregel der Gleichstellungsabrede nicht an. Die Auslegung von Verweisungsklauseln in diesen Arbeitsverträgen hat sich in erster Linie an deren Wortlaut zu orientieren (ausf. BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 26, 28, BAGE 122, 74).

25

b) Kommt es in Arbeitsverhältnissen mit einer Bezugnahmeklausel, die vor dem 1. Januar 2002 vereinbart worden ist („Altvertrag“), nach dem 31. Dezember 2001 zu einer Arbeitsvertragsänderung, hängt die Beurteilung, ob es sich hinsichtlich dieser Klausel um einen Alt- oder Neuvertrag handelt, darauf an, ob die Klausel zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Parteien des Änderungsvertrages gemacht worden ist.

26

aa) Bei den zwischen den Parteien vereinbarten Änderungsverträgen handelt es sich um Formularverträge, die nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen sind, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten. Die Auslegung durch das Landesarbeitsgericht kann vom Revisionsgericht ohne Einschränkung überprüft werden ( BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 15, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 24, BAGE 132, 261; 4. Juni 2008 - 4 AZR 308/07 - Rn. 30 mwN).

27

bb) Diese Grundsätze gelten auch für arbeitsvertragliche Verweisungsklauseln im Rahmen von Vertragsänderungen. Bei einer Änderung eines Altvertrages nach dem 1. Januar 2002 kommt es für die Beurteilung, ob die Auslegungsmaßstäbe für „Neu-“ oder für „Altverträge“ maßgebend sind, darauf an, ob die Klausel im Änderungsvertrag zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der hieran beteiligten Vertragsparteien gemacht worden ist (BAG 24. Februar 2010 - 4 AZR 691/08 - Rn. 25, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 75 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 47; 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 23 bis 25, BAGE 132, 261). Ein deutlicher Ausdruck dafür, dass eine zuvor bestehende Verweisungsklausel erneut zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Vertragsparteien gemacht worden ist und die Parteien trotz der geänderten Gesetzeslage auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts am 1. Januar 2002 ausdrücklich an den zuvor getroffenen Abreden festhalten, liegt beispielsweise in der ausdrücklichen Erklärung, dass „alle anderen Vereinbarungen aus dem Anstellungsvertrag unberührt bleiben“ (vgl. für die Bewertung dieses Regelungsbeispiels BAG 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 49, BAGE 127, 185). Eine solche Regelung hindert die Annahme eines „Altvertrages“ und eine Rechtsfolgenkorrektur unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes ( BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 25, aaO). Allerdings führt allein der Umstand einer Vertragsänderung nicht dazu, dass zugleich stets alle vertraglichen Regelungen des ursprünglichen Arbeitsvertrages erneut vereinbart oder bestätigt würden. Ob eine solche Abrede gewollt ist, ist anhand der konkreten Vertragsänderung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen.

28

c) Danach sind die vom Kläger und der Beklagten vereinbarten Arbeitsvertragsänderungen hinsichtlich der Bezugnahmeklausel nicht als „Neuvertrag“ anzusehen.

29

aa) Dies gilt zunächst für den Änderungsvertrag aus dem Jahr 2004. Dessen Regelungen beinhalten keinerlei ausdrücklichen noch sonst sich erschließenden Abänderungs- oder Neufassungsgehalt hinsichtlich der bestehenden vertraglichen Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag vom 6. November 1991. Änderungsgegenstand sind allein - entsprechend den Regelungen des Interessenausgleichs - die Absenkung des monatlichen Bruttoentgelts (§ 1), ein zeitlich begrenzter Verzicht auf „Weihnachts- und Urlaubsgeld“ (§ 2)sowie die Änderung der Beitragsanteile von Arbeitgeber und Arbeitnehmer für die Zusatzversorgung (§ 3). Alle anderen Haupt- und Nebenleistungspflichten bleiben unerwähnt. Den vereinbarten Änderungen lassen sich auch keine Anhaltspunkte entnehmen, die Parteien gingen - jedenfalls nunmehr - von einer unbedingten zeitdynamischen Verweisung auf die im Arbeitsvertrag vom 6. November 1991 genannten Tarifverträge aus. Ein anderes folgt weiterhin nicht aus dem Einleitungstext, wonach es sich um einen „Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag“ handelt. Hierdurch wird lediglich eine Verknüpfung zum ursprünglichen Arbeitsvertrag hergestellt, ohne allerdings dessen Inhalt insgesamt in die rechtsgeschäftliche Willensbildung einzubeziehen (vgl. auch BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 27, BAGE 132, 261).

30

bb) Gleiches gilt im Ergebnis für die vorliegende Abrede im Änderungsvertrag vom 8. Juni 2007/5. Juli 2007. Ein anderes folgt nicht aus dem Wortlaut „Des Weiteren bleibt es bei den bisherigen Arbeitsbedingungen.“ Das ergibt die Auslegung des Änderungsvertrages im vorliegenden Fall.

31

(1) Dabei kann dahinstehen, ob es sich - wie die Revision meint - bei dem vorstehend genannten Vertragsbestandteil im Änderungsvertrag lediglich um eine deklaratorische Vertragsbestimmung handelt, weil die Parteien nur eine reine Wissenserklärung ohne „Rechtsbindungs- bzw. Erklärungswille“ abgegeben hätten, oder der Vertragsinhalt auch insoweit konstitutive Bedeutung hat (vgl. BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 38 mwN, BAGE 130, 237), weil es sich um übereinstimmende Willenserklärungen handelt, wovon auch das Landesarbeitsgericht im Ergebnis ausgegangen ist. Selbst wenn man entgegen der Auffassung der Beklagten von einer konstitutiven Regelung ausgeht, führt dies hinsichtlich der Bezugnahmeklausel nicht zur Annahme eines „Neuvertrages“.

32

(2) Bezugspunkt der vertraglichen Regelungen im Änderungsvertrag aus dem Jahr 2007 sind nicht die vertraglichen Abreden aus dem Jahr 1991, sondern die „bisherigen Arbeitsbedingungen“, bei denen es verbleiben soll.

33

Hierzu gehört auch die vertragliche Bezugnahmeregelung, die bisher jedoch als Gleichstellungsabrede vereinbart war. Die Arbeitsbedingungen der Parteien waren im Jahr 2007 so gestaltet, dass auch unter Berücksichtigung des Änderungsvertrages aus dem Jahr 2004 die Bezugnahmeklausel aus dem ursprünglichen Arbeitsvertrag vom 6. November 1991 nach wie vor als sog. Gleichstellungsabrede verstanden wurde (unter 2 und 3 c). Dem entsprachen die nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB bestehenden Rechte und Pflichten aus dem im Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Arbeitsverhältnis. Die Arbeitsvertragsparteien haben ihr Arbeitsverhältnis dementsprechend durchgeführt. Seit der Anpassung des Bruttoentgelts durch den ersten Änderungsvertrag im Jahr 2004 erhielt der Kläger eine unveränderte Vergütung. Die Veränderungen im tariflichen Entgelt im Bereich der VKA wurden für das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht nachvollzogen. Zu den Arbeitsbedingungen im Jahr 2007 gehörte die statische Anwendung der vertraglich in Bezug genommenen Tarifverträge.

34

Eine Aufnahme der vertraglichen Vereinbarungen in den Änderungsvertrag, wie sie der Zehnte Senat zu beurteilen hatte (vgl. BAG 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 49, BAGE 127, 185; sowie unter 3 b bb) und deren „Neuabschluss“ kann dem Wortlaut der vertragsändernden Abrede aus dem Jahr 2007 nicht entnommen werden. Das unterscheidet die vorliegende Fallgestaltung auch von derjenigen in der Entscheidung des Senats vom 24. Februar 2010. In dem damals entschiedenen Fall war in dem Änderungsvertrag ausdrücklich auf die „jeweilige Fassung“ der „einschlägigen Tarifverträge“ verwiesen worden (-  4 AZR 691/08 - Rn. 26, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 75 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 47).

35

Der Fortbestand der Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsabrede ergibt sich auch aus dem Wortlaut einer weiteren Regelung des Änderungsvertrages. Die Parteien haben bei der Verlängerung des Verzichts auf „jedwede Sonderzahlung“ sich ausdrücklich auf „die Weihnachtszuwendung und Urlaubsgeld aus dem nachwirkenden Tarifvertrag BAT / BMTG“ bezogen. Diesen Tarifverträgen kam zwar in Bezug auf die Parteien keine Nachwirkung gemäß § 4 Abs. 5 TVG zu. Die Nennung dieser Tarifwerke ist indes nur verständlich, wenn die Parteien davon ausgegangen sind, diese Tarifregelungen seien nach wie vor für das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis maßgebend, obwohl sie im tariflichen Bereich durch den TVöD/VKA nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Spiegelstrich 1 des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts bereits abgelöst worden waren(dazu BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 22 ff., BAGE 130, 286). Damit haben die Parteien zum Ausdruck gebracht, dass es aus ihrer Sicht gerade nicht zu einer unbedingten zeitdynamischen Anwendung der in Bezug genommenen Tarifwerke und ihrer Nachfolgeregelungen gekommen ist oder in Zukunft kommen soll. Diesen Regelungswillen haben sie durch den Wortlaut des Vertrages vom 8. Juni 2007/5. Juli 2007 bestätigt.

36

III. Der Kläger hat nach den §§ 91, 97 ZPO die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

        

    Bepler    

        

    Creutzfeldt    

        

    Treber    

        

        

        

    Bredendiek    

        

    Th. Hess    

                 

Tenor

1. Die Revisionen der Beklagten und des Nebenintervenienten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 20. August 2014 - 3 Sa 451/14 - werden zurückgewiesen.

2. Die Kostenentscheidung des Landesarbeitsgerichts wird aufgehoben. Die Beklagte trägt die erstinstanzlichen Kosten. Von den zweitinstanzlichen Kosten trägt der Kläger 57 %, die Beklagte 43 %.

3. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Beklagte, die der Nebenintervention hat der Nebenintervenient zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Anwendung des Lohntarifvertrags für den Einzelhandel Nordrhein-Westfalen (LTV) auf ihr Arbeitsverhältnis sowie daraus resultierende Entgeltdifferenzansprüche für den Zeitraum von März 2013 bis Juli 2014 gegen die Beklagte.

2

Der Kläger ist bei der Beklagten, die Möbelhäuser betreibt, aufgrund eines Arbeitsvertrags vom 12. November 1997 als Haustischler beschäftigt.

3

Der Arbeitsvertrag lautet auszugsweise wie folgt:

        

§ 1 Einstellung

        

1.    

Der Arbeitnehmer wird ab 01.01.1998 als Haustischler eingestellt.

        

…       

        
        

3.    

Die Tarifverträge für die Beschäftigten im Einzelhandel des Landes Nordrhein-Westfalen in ihrer jeweils geltenden Fassung und deren Nachfolgeverträge sind Bestandteil dieses Vertrages.

                 

…       

        

§ 4 Vergütung

        

1.    

Gemäß der in § 1 Ziffer 1 genannten Tätigkeit wird der/die Arbeitnehmer/in in die Gehalts-/Lohngruppe _______[nicht ausgefüllt] des derzeit geltenden Gehalts-/Lohntarifvertrages für den Einzelhandel eingestuft.

        

2.    

Das vereinbarte Entgelt beträgt: 21,54 DM pro Stunde [Stundenlohn handschriftlich eingetragen]

                 

…       

        

4.    

Die über das tarifliche Entgelt hinausgehenden Gehalts-/Lohnbestandteile … können jederzeit unter Einhaltung einer Frist von einem Monat gekürzt oder widerrufen werden. Sie können bei einer Erhöhung der Gehalts-/Lohntarife, bei Aufrücken in eine höhere Gehalts-/Lohngruppe/-stufe und bei Höhergruppierungen angerechnet werden.“

4

Der ab 1. November 1997 geltende Tariflohn der Lohngruppe III, Lohnstaffel d) im 1. Tätigkeitsjahr („Handwerker, soweit sie nicht von den Lohnstaffeln a) bis c) erfaßt sind“) des LTV zwischen dem Einzelhandelsverband Nordrhein-Westfalen e. V. einerseits sowie den Gewerkschaften HBV und DAG andererseits betrug monatlich 3.517,00 DM brutto.

5

Die Beklagte ist Mitglied des Einzelhandelsverbandes Ostwestfalen-Lippe, der wiederum Mitglied im Einzelhandelsverband Nordrhein-Westfalen e. V. ist. Sie war zunächst Mitglied mit Tarifgebundenheit. Auf ihren Antrag hin führt sie der Verband seit dem 1. November 2004 als Mitglied ohne Tarifgebundenheit („OT-Mitglied“). Die Verbandssatzung sieht eine derartige OT-Mitgliedschaft vor.

6

Bis zum Wechsel in die OT-Mitgliedschaft wurde der Lohn des Klägers regelmäßig entsprechend den Tarifabschlüssen im Einzelhandel Nordrhein-Westfalen erhöht. Der zu dieser Zeit gültige LTV war zum 31. März 2005 gekündigt.

7

Im März 2005 schlossen die Parteien eine „Vereinbarung zur Änderung des Arbeitsvertrages“, die auszugsweise wie folgt lautet:

        

„Die Parteien sind sich darüber einig, dass der zwischen Ihnen bestehende Arbeitsvertrag mit Wirkung ab dem 01.04.2005 wie folgt geändert wird. Die dabei nicht genannten Regelungen gelten weiter. …

        

Arbeitszeit

        

Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40 Stunden.

        

Zuschläge

        

…       

        

Sonderzahlungen

        

…       

        

Urlaub

        

…“    

8

Jedenfalls nach Abschluss dieser Vereinbarung gab die Beklagte Tariflohnerhöhungen im Einzelhandel Nordrhein-Westfalen nicht mehr an den Kläger weiter. Bis zum Abschluss des Änderungsvertrags hatte der Kläger gemäß der im einschlägigen Manteltarifvertrag genannten Arbeitszeit regelmäßig 37,5 Stunden pro Woche gearbeitet.

9

Von April 2005 bis Juli 2013 war der Kläger Mitglied der Gewerkschaft ver.di.

10

In einem vor dem Arbeitsgericht Münster geführten Rechtsstreit, in dem die Parteien im Wesentlichen über die Frage gestritten hatten, ob die Erhöhung der Arbeitszeit von 37,5 Stunden auf 40 Stunden wöchentlich mit oder ohne Lohnausgleich zu erfolgen hatte, hat sich die Beklagte in einem am 9. Juli 2010 durch Beschluss gemäß § 278 Abs. 6 ZPO festgestellten Vergleich zur Zahlung eines bestimmten Betrags für wöchentlich 2,5 Stunden Mehrarbeit im Zeitraum September 2006 bis Januar 2010 sowie zur Gewährung von zusätzlichen Urlaubstagen rückwirkend ab 2007 verpflichtet. Ferner wurde zwischen den Parteien geregelt, dass der Kläger ab dem 1. Februar 2010 wöchentlich 37,5 Arbeitsstunden zu leisten hat. Die Frage der Vergütungshöhe war in diesem Verfahren nicht streitig geworden.

11

Im Januar 2011 haben die Parteien einen weiteren, außergerichtlichen Vergleich über Mehrarbeitsvergütungsansprüche für den Zeitraum November 2005 bis August 2006 geschlossen.

12

Zu Beginn einer zweimonatigen Elternzeit des Klägers unterzeichneten er und sein Vorgesetzter eine als „Personalveränderung“ bezeichnetes Schriftstück, in dem in verschiedenen Rubriken die Arbeitsbedingungen - etwa die Arbeitszeit - „bisher“ und „künftig“ gegenübergestellt waren. Unter dem Stichwort „Lohn/Gehalt/Garantiegehalt“ war die Spalte „bisher“ nicht ausgefüllt. In der Spalte „künftig“ war eingetragen: „bleibt“. Unter „Veränderung gültig ab“ hieß es: „05.10.12 - 04.12.12“.

13

Von März 2013 bis Juli 2014 bezog der Kläger ein gleichbleibendes Monatsentgelt in Höhe von 2.288,52 Euro brutto. Der im LTV für diesen Zeitraum geregelte Tariflohn im Einzelhandel Nordrhein-Westfalen betrug in Lohngruppe III, Lohnstaffel d) ab dem 2. Tätigkeitsjahr bis 31. Juli 2013 monatlich 2.590,00 Euro brutto, bis 30. April 2014 monatlich 2.668,00 Euro brutto und ab 1. Mai 2014 monatlich 2.724,00 Euro brutto.

14

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der LTV sei in seiner jeweiligen Fassung auf sein Arbeitsverhältnis aufgrund der zeitdynamischen Klausel in § 1 Nr. 3 des Arbeitsvertrags anzuwenden. Diese Klausel sei im Änderungsvertrag vom März 2005 erneut vereinbart worden, weshalb sie nicht mehr als Gleichstellungsabrede ausgelegt werden könne. Eine nachfolgende, von § 1 Nr. 3 des Arbeitsvertrags abweichende Lohnvereinbarung habe es nicht gegeben. Weder die beiden Vergleiche noch der Personalveränderungsbogen enthielten derartige Regelungen.

15

Zuletzt hat der Kläger - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.404,80 Euro brutto nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus je 301,48 Euro seit dem 1. April 2013, 1. Mai 2013, 1. Juni 2013, 1. Juli 2013 und 1. August 2013 sowie aus je 379,48 Euro seit dem 1. September 2013, 1. Oktober 2013, 1. November 2013, 1. Dezember 2013 und 1. Januar 2014 zu zahlen,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 758,96 Euro brutto nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus je 379,48 Euro seit dem 1. Februar 2014 und 1. März 2014 zu zahlen,

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 2.065,40 Euro brutto nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus je 379,48 Euro seit dem 1. April 2014 und 1. Mai 2014 sowie aus je 435,48 Euro seit dem 1. Juni 2014, 1. Juli 2014 und 1. August 2014 zu zahlen.

16

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags die Auffassung vertreten, schon der Arbeitsvertrag verweise hinsichtlich der Lohnhöhe nicht auf die Tarifverträge des Einzelhandels, es sei vielmehr unter § 4 Nr. 2 ausdrücklich ein konkreter Stundenlohn vereinbart worden. Jedenfalls liege eine Gleichstellungsabrede vor, die auch nicht geändert worden sei. In der Änderungsvereinbarung aus März 2005 liege kein Neuabschluss der Klausel aus § 1 Nr. 3 des Arbeitsvertrags. Ihr sei es bei Verwendung des Einleitungssatzes hinsichtlich der Weitergeltung von in der Änderungsvereinbarung nicht aufgeführten Regelungsgegenständen erkennbar nur darauf angekommen, keine redaktionell ganz neu verfassten Arbeitsverträge aufzusetzen. Zudem sei zu diesem Zeitpunkt erkennbar klar gewesen, dass sie sich von den tarifvertraglichen Regelungen zumindest hinsichtlich der Hauptleistungspflichten - wozu neben der ausdrücklich geänderten Arbeitszeit auch das Entgelt gehöre - habe lösen wollen. Ferner sei nachfolgend in den beiden Vergleichen sowie in der Personalveränderungsvereinbarung die tatsächlich gezahlte Vergütung auch als künftig arbeitsvertraglich geschuldet vereinbart worden. Letztlich seien Ansprüche des Klägers aufgrund der jahrelang unterbliebenen Geltendmachung und der insoweit anstandslosen Weiterarbeit zumindest verwirkt.

17

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter. In der Revisionsinstanz ist der Nebenintervenient dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten mit einer eigenen Revision beigetreten.

Entscheidungsgründe

18

Die zulässigen Revisionen haben keinen Erfolg.

19

I. Die Revisionen der Beklagten und des Nebenintervenienten sind zulässig. Auch der Nebenintervenient ist neben der Beklagten selbst zur Revisionseinlegung befugt (vgl. BAG 18. September 2014 - 8 AZR 733/13 - Rn. 16). Nach dem vom Nebenintervenienten erklärten Beitritt auf Seiten der Beklagten mit Revisionseinlegung vom 21. Oktober 2014 als Reaktion auf die erfolgte Streitverkündung vom 3. September 2014 sind die Regelungen der Nebenintervention zur Bestimmung des Verhältnisses zwischen den Parteien maßgebend (§ 74 Abs. 1 ZPO iVm. § 46 Abs. 2 ArbGG). Der Beitritt kann - ebenso wie die Nebenintervention - zusammen mit der Rechtsmitteleinlegung erfolgen (§ 66 Abs. 2 ZPO iVm. § 46 Abs. 2 ArbGG).

20

II. Die Revisionen der Beklagten und des Nebenintervenienten sind nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Differenzlohnansprüche iHv. insgesamt 6.229,16 Euro brutto nebst Zinsen für den Zeitraum März 2013 bis Juli 2014 zu. Dies folgt aus der arbeitsvertraglichen Vereinbarung der Parteien iVm. dem LTV in der jeweiligen Fassung.

21

1. Mit dem Arbeitsvertrag vom 12. November 1997 haben die Parteien den LTV in seiner jeweiligen Fassung vertraglich in Bezug genommen. Die Verweisungsklausel umfasst auch die tariflichen Regelungen zur Lohnhöhe. Das ergibt die Auslegung des Vertrags.

22

a) Gemäß § 1 Nr. 3 des Arbeitsvertrags sind „die“ Tarifverträge des Einzelhandels NRW in ihrer jeweiligen Fassung „Bestandteil dieses Vertrages“ und damit Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien. Eine Ausnahme für bestimmte tariflich geregelte Bereiche ist dort nicht genannt. Damit umfasst die Verweisung auch die jeweiligen Lohntarifverträge.

23

aa) Die in § 1 Nr. 3 iVm. § 4 Nr. 2 des Arbeitsvertrags aus dem Jahre 1997 enthaltene Verweisung auf die jeweiligen Lohntarifverträge des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen ist - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat - iSd. früheren Rechtsprechung des Senats als eine Gleichstellungsabrede auszulegen.

24

Nach der Rechtsprechung des Senats galt die widerlegliche Vermutung, dass es einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum ging, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Der Senat ging davon aus, mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel solle lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags auf das betreffende Arbeitsverhältnis zu kommen. Daraus hatte der Senat die Konsequenz gezogen, dass auch ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder in den Begleitumständen bei Vertragsschluss bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeregelungen in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen seien. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik solle nur so weit reichen, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reicht, also dann enden, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden war. Ab diesem Zeitpunkt seien die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch anzuwenden.

25

Diese Rechtsprechung hat der Senat für vertragliche Bezugnahmeregelungen, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Er wendet die Auslegungsregel aus Gründen des Vertrauensschutzes jedoch weiterhin auf Bezugnahmeklauseln an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind (st. Rspr., siehe nur BAG 11. Dezember 2013 - 4 AZR 473/12 - Rn. 14 f. mwN, BAGE 147, 41).

26

bb) Das Auslegungsergebnis einer Gleichstellungsabrede wird gestützt durch die tatsächliche Vertragsdurchführung.

27

(1) Die tatsächliche Praxis des Vollzugs einer vertraglichen Regelung durch die vertragschließenden Parteien kann zwar den bei Vertragsschluss zum Ausdruck gebrachten objektiven Gehalt der wechselseitigen Vertragserklärungen nicht mehr beeinflussen. Er kann aber Anhaltspunkte für den bei Vertragsschluss bestehenden, tatsächlichen Vertragswillen enthalten und somit für die Auslegung von Bedeutung sein (BAG 7. Juni 2006 - 4 AZR 272/05 - Rn. 43).

28

(2) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts gab die Beklagte nach Abschluss des Arbeitsvertrags die Tariflohnerhöhungen bis zum Zeitpunkt des Wechsels in die OT-Mitgliedschaft zum 1. November 2004 stets an den Kläger weiter. Eine Pflicht zur Anwendung der Lohntarifverträge kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit (§ 3 Abs. 1 TVG) bestand nicht, da der Kläger erst ab 1. April 2005 Gewerkschaftsmitglied war. Demnach ging die Beklagte bis zu ihrem Wechsel in die OT-Mitgliedschaft offensichtlich selbst von einer dynamischen Verweisung auf die jeweiligen Lohntarifverträge im Arbeitsvertrag aus.

29

cc) Diesem Auslegungsergebnis kann die Revision nicht mit Erfolg entgegenhalten, aus § 4 des Arbeitsvertrags ergebe sich eine den LTV betreffende Ausnahme von der vereinbarten Anwendung der Tarifverträge und es fehle damit bereits vor dem Wegfall ihrer eigenen Tarifgebundenheit an der notwendigen vertraglichen Vereinbarung einer dynamischen Anbindung an den jeweiligen LTV.

30

(1) Zwar fehlt in § 4 Nr. 1 des Arbeitsvertrags in dem dafür vorgesehenen Feld die ausdrückliche Angabe einer Lohngruppe und wird das in § 4 Nr. 2 des Arbeitsvertrags vereinbarte und mit 21,54 DM angegebene Entgelt nicht ausdrücklich als „Tariflohn“ bezeichnet(vgl. für einen solchen Fall BAG 13. Mai 2015 - 4 AZR 244/14 -).

31

(2) Der im Arbeitsvertragsformular handschriftlich eingetragene Lohn ist aber nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 559 ZPO) mit dem zum Zeitpunkt des Beschäftigungsbeginns des Klägers geltenden Tariflohn für einen Haustischler identisch. Handwerker, die nicht in den Lohnstaffeln a) bis c) der Lohngruppe III genannt sind, sind nach dem einschlägigen Lohntarifvertrag des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen der Lohngruppe III, Lohnstaffel d) zuzuordnen. Die in dieser dem Kläger aufgrund seiner Tätigkeit zuzuordnenden Lohngruppe geregelte tarifliche Vergütung entsprach, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, dem Stundenentgelt, das der Kläger für seine Tätigkeit erhielt. Im Übrigen ist nicht erkennbar, aus welchem Grund die damals noch tarifgebundene Beklagte eine vom Tariflohn abweichende individuelle Vergütungsabrede hätte treffen wollen, zumal sie in den folgenden Jahren unstreitig den dieser Lohngruppe entsprechenden Tariflohn und die jeweiligen tariflich vereinbarten Erhöhungen an den Kläger gezahlt hat.

32

b) Obwohl durch den Wegfall der Tarifgebundenheit der Beklagten aufgrund ihres Wechsels in die OT-Mitgliedschaft des tarifschließenden Arbeitgeberverbandes an sich die auflösende Bedingung für die Beendigung der Dynamik eingetreten ist, ist die Bezugnahme auf den LTV wegen der vertraglichen Änderungsvereinbarung aus März 2005 weiterhin zeitdynamisch ausgestaltet. Mit diesem Änderungsvertrag haben die Parteien noch vor Ablauf der Geltungsdauer des damaligen LTV die Bezugnahmeregelung in § 1 Nr. 3 iVm. § 4 Nr. 2 des Arbeitsvertrags erneuert. Diese nach dem 31. Dezember 2001 geschlossene vertragliche Abrede aus März 2005 ist nicht mehr als sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung auszulegen, sondern - zumal sie nunmehr von der nicht mehr tarifgebundenen Beklagten vereinbart wurde (zum Erfordernis der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers für die Annahme einer sog. Gleichstellungsabrede sh. nur BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 793/07 - Rn. 13 mwN, BAGE 128, 185) - als unbedingte zeitdynamische Bezugnahmeregelung zu beurteilen (ausf. BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 26, 28, BAGE 122, 74).

33

aa) Bei einer nach dem 31. Dezember 2001 vereinbarten Änderung eines von einem Arbeitgeber vor dem 1. Januar 2002 geschlossenen „Altvertrags“ kommt es für die Beurteilung, ob die Auslegungsmaßstäbe für „Neu-“ oder für „Altverträge“ maßgebend sind, darauf an, ob die vertragliche Bezugnahmeregelung in der nachfolgenden Vertragsänderung zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der beteiligten Vertragsparteien gemacht worden ist (BAG 24. Februar 2010 - 4 AZR 691/08 - Rn. 25; 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 23 bis 25, BAGE 132, 261). Allein eine Vertragsänderung führt nicht notwendig dazu, dass zugleich stets alle vertraglichen Regelungen des ursprünglichen Arbeitsvertrags erneut vereinbart oder bestätigt würden. Ob eine solche Abrede gewollt ist, ist anhand der konkreten Vertragsänderung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (BAG 19. Oktober 2011 - 4 AZR 811/09 - Rn. 27). Ein deutlicher Ausdruck dafür, dass eine zuvor bestehende Verweisungsklausel erneut zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Vertragsparteien gemacht worden ist und die Parteien trotz der geänderten Gesetzeslage auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts am 1. Januar 2002 ausdrücklich an den zuvor getroffenen Abreden festhalten, liegt beispielsweise in der ausdrücklichen Erklärung, dass „alle anderen Vereinbarungen aus dem Anstellungsvertrag unberührt bleiben“ (vgl. BAG 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 49, BAGE 127, 185). Eine solche Regelung hindert die Annahme eines „Altvertrages“ und eine Rechtsfolgenkorrektur unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes (BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 25, aaO).

34

bb) Danach liegt mit der Änderungsvereinbarung vom März 2005 eine Neuvereinbarung von § 1 Nr. 3 iVm. § 4 Nr. 2 des Arbeitsvertrags vor. In der Vereinbarung aus März 2005 wird einleitend ausdrücklich ausgeführt, dass der Arbeitsvertrag einvernehmlich „wie folgt geändert wird“ und „[d]ie dabei nicht genannten Regelungen [weiter] gelten […]“. Diese Formulierung erfasst die entsprechenden Bestimmungen des ursprünglichen Arbeitsvertrags mit Ausnahme der Regelungen zu Arbeitszeit, Zuschlägen, Sonderzahlungen und Urlaub. Der Wortlaut spricht dabei - noch weiter gehend als in der Entscheidung vom 30. Juli 2008 ( 10 AZR 606/07 - Rn. 49, BAGE 127, 185 „… unberührt bleiben“ ) - für eine ausdrückliche Vereinbarung über eine weitere Geltung dieser Regelungen.

35

cc) Die gegen die rechtsfehlerfreie Auslegung der Vereinbarung vom März 2005 durch das Landesarbeitsgericht gerichteten Angriffe bleiben erfolglos.

36

(1) Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei der Regelung im Einleitungssatz des Änderungsvertrags nicht um eine bloß deklaratorische Vertragsbestimmung. Bei einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung ist grundsätzlich von übereinstimmenden Willenserklärungen auszugehen. Soll einem Vertragsinhalt keine rechtsgeschäftliche Wirkung zukommen, sondern es sich nur um eine deklaratorische Angabe in Form einer sog. Wissenserklärung handeln, muss dies im Vertrag deutlich zum Ausdruck gebracht worden sein (BAG 21. August 2013 - 4 AZR 656/11 - Rn. 12 mwN, BAGE 146, 29). Für eine solche Annahme ergeben sich weder aus dem Wortlaut der Erklärung noch aus den gesamten Begleitumständen Anhaltspunkte.

37

(2) In diesem Zusammenhang spricht auch der Einwand der Beklagten, es habe lediglich aus redaktionellen Gründen vermieden werden sollen, die nicht geänderten Regelungen nochmals in den Text des Vertrags aus März 2005 aufzunehmen, nicht für, sondern vielmehr gegen ihre Auffassung. Hätten die Parteien die maßgeblichen Klauseln des Arbeitsvertrags vom 12. November 1997 - insbesondere § 1 Nr. 3 - nochmals ausdrücklich in den Wortlaut der „Vereinbarung zur Änderung des Arbeitsvertrages“ aus März 2005 aufgenommen, so hätten sie diese nach dem Vorgesagten ebenso - und ohne jeden Zweifel - erneut zum Gegenstand ihrer rechtsgeschäftlichen Willensbildung gemacht.

38

(3) Des Weiteren kann entgegen der Revision selbst dann, wenn der Kläger Kenntnis vom Wechsel der Beklagten in die OT-Mitgliedschaft hatte, nicht davon ausgegangen werden, es sei für ihn in der Vereinbarung aus März 2005 erkennbar der Wille der Beklagten zum Ausdruck gekommen, sich insgesamt und umfassend von den Tarifverträgen des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen zu lösen. § 1 Nr. 3 des ursprünglichen Arbeitsvertrags, der diese Tarifverträge in Bezug nahm, wird in dem Änderungsvertrag gerade nicht umfassend aufgehoben, sondern soll ausdrücklich weiter gelten. Geändert werden ausschließlich die bislang tarifvertraglich bestimmten Regelungen zu Arbeitszeit, Zuschlägen, Sonderzahlungen und Urlaub.

39

(4) Zudem spricht die Vertragsdurchführung nicht für die Auffassung der Beklagten. Deren Einwand, es sei inkonsequent, wenn das Landesarbeitsgericht die tatsächliche Praxis bis zum Zeitpunkt des Wechsels in die OT-Mitgliedschaft zur Auslegung der ursprünglichen Vereinbarung aus November 1997 heranziehe, das tatsächliche Verhalten nach Abschluss der Vereinbarung im März 2005 bei der Auslegung derselben aber nicht in gleichem Maße beachte, greift nicht durch. Die fehlende Weitergabe von Tariflohnerhöhungen durch die Beklagte im Anschluss an den Änderungsvertrag sowie die jahrelange unterbliebene Geltendmachung durch den Kläger sind bloße Unterlassungen. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, kann ein „bloßes Nichtstun“ vielerlei Gründe haben. Aus ihm können daher nicht in gleichem Maße Rückschlüsse auf den Vertragswillen gezogen werden, wie aus einer jahrelangen dynamischen Weitergabe der jeweiligen Tariflohnerhöhungen. Der Erfüllung einer (vermeintlich) eigenen Verpflichtung durch positives Tun wird regelmäßig eine eingehendere und kritischere Prüfung des Bestehens der Verpflichtung durch den Leistenden vorangegangen sein als der Nichterfüllung durch den Nichtleistenden. Gerade bei zweifelhafter Vertragslage liegt die Annahme einer vertragswidrigen Nichtleistung wesentlich näher als die einer notfalls überobligatorischen Leistung. Hinsichtlich der Nichtgeltendmachung von Ansprüchen durch den Kläger sind zudem - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat - unterschiedliche Motive denkbar.

40

(5) Auch der weitere Einwand der Revision, die Änderungsvereinbarung aus März 2005 sei wegen der in ihr enthaltenen ungünstigen Abweichung von gem. § 3 Abs. 3 TVG weiter wirkenden tarifvertraglichen Vorschriften (zB betr. Arbeitszeit und Urlaub) nach § 134 BGB iVm. § 4 Abs. 1 und Abs. 3 TVG mit dem Gewerkschaftsbeitritt des Klägers zum 1. April 2005 unwirksam geworden, geht fehl. Denn bei einer Kollision tariflich begründeter Ansprüche eines Arbeitnehmers mit - ungünstigeren - einzelvertraglichen Vereinbarungen führt die zwingende Wirkung des Tarifvertrags lediglich dazu, dass die vertraglichen Vereinbarungen für die Dauer der Wirksamkeit des Tarifvertrags verdrängt werden (BAG 12. Dezember 2007 - 4 AZR 998/06 - Rn. 43, BAGE 125, 179).

41

2. Die Parteien haben weder durch die Vergleiche vom 9. Juli 2010 und 18. Januar 2011 noch durch das Formular „Personalveränderung“ vom 9. Oktober 2012 eine von § 1 Nr. 3 iVm. § 4 Nr. 2 des Arbeitsvertrags abweichende Vereinbarung einer festen Monatsvergütung getroffen.

42

a) Keiner der genannten Vereinbarungen enthält eine Regelung des künftigen Entgelts. Es wird lediglich für vergangene Zeiträume eine Lohnnachzahlung - ausgehend von einem bestimmten Monatsentgelt - vereinbart. Diese rechnerische Ausgangsposition hat keine gestaltende Wirkung auf die objektive Rechtslage für zukünftige Zeiträume. Sie ist Bestandteil eines Vergleichs, in dem der Kläger ua. für die Vergangenheit zusätzliche Urlaubstage erhielt. Die einzige zukunftsbezogene Regelung liegt in der Rückkehr zur 37,5-Stundenwoche. Die Vergleiche dienten in vergütungsrechtlicher Hinsicht damit einzig der Beseitigung des rechtlichen Streits, ob die Vereinbarung aus März 2005 eine Arbeitszeiterhöhung mit oder ohne Lohnausgleich beinhaltet. Für die Frage der Höhe der Vergütung in künftigen Zeiträumen haben die Vergleiche keine Bedeutung.

43

b) Schließlich enthält das Formular „Personalveränderung“ vom 9. Oktober 2012 keine für den Streitzeitraum relevante Vergütungsabrede. Sie bezieht sich bereits nach ihrem Wortlaut ausschließlich auf den Zeitraum 5. Oktober 2012 bis 4. Dezember 2012, der von der hier streitigen Forderung nicht erfasst ist.

44

3. Die Ansprüche des Klägers sind auch nicht verwirkt. Dabei kann offenbleiben, ob lediglich - konkrete, wiederkehrende - Leistungen aus einem vertraglichen Dauerschuldverhältnis verwirken können - wofür viel spricht - und dies aber nicht für die vertragliche Grundlage gelten kann (sh. bereits etwa BAG 10. Dezember 2014 - 4 AZR 991/12 - Rn. 22; 22. Februar 2012 - 4 AZR 580/10 - Rn. 43). Das Landesarbeitsgericht ist jedenfalls zutreffend davon ausgegangen, das im Rahmen einer Verwirkung nach Treu und Glauben neben dem Zeitmoment erforderliche Umstandsmoment liege nicht vor.

45

a) Der Kläger war weder verpflichtet, die Beklagte darauf aufmerksam zu machen, dass er sich vorbehalte, seine gemäß den Tarifabschlüssen nach März 2005 erhöhte Vergütung geltend zu machen, noch ergibt sich aus der insoweit widerspruchslosen Durchführung des Arbeitsverhältnisses seitens des Klägers eine vertrauensbegründende Verhaltensweise (vgl. zuletzt in ähnlichen Fällen BAG 10. Dezember 2014 - 4 AZR 991/12 - Rn. 23; 22. Februar 2012 - 4 AZR 579/10 - Rn. 46 f.).

46

b) Auch die Klage im Anschluss an die Vereinbarung aus März 2005 vor dem Arbeitsgericht Münster sowie die nachfolgenden Vergleichsabschlüsse vom 9. Juli 2010 und 18. Januar 2011 stellen keine Umstände dar, nach denen sich die mit Schreiben der späteren Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 26. September 2013 erfolgte Anspruchsverfolgung als illoyal verspätet erweist (vgl. zu diesem Grundgedanken des Verwirkungseinwands BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 579/10 - Rn. 43 mwN).

47

Zwar gingen sowohl die Klage als auch die späteren Vergleichsabschlüsse offensichtlich von dem damals tatsächlich von der Beklagten gezahlten und nicht dem tariflichen Stundenentgelt aus. Allein aus der Berechnung der Klageforderung und der Zustimmung zum Vergleichsabschluss konnte die Beklagte aber noch nicht den berechtigten Schluss ziehen, der Kläger akzeptiere damit dauerhaft die vertragswidrige Höhe der gezahlten Vergütung und werde auf die Geltendmachung eines höheren Stundenentgelts in künftigen Zeiträumen verzichten. Die Frage der Vergütungsanbindung an die Tariflohnentwicklung war nicht Gegenstand dieser rechtlichen Auseinandersetzungen. Diese hatten vielmehr ihren Grund ausschließlich in der zwischen den Parteien bestehenden Meinungsverschiedenheit, ob die Vereinbarung aus März 2005 eine Arbeitszeiterhöhung mit oder ohne Lohnausgleich beinhaltete.

48

4. Die Klage ist auch in der Höhe begründet.

49

a) Dem Kläger steht die geltend gemachte Vergütungsdifferenz in Höhe von insgesamt 6.229,16 Euro brutto für die Monate März 2013 bis Juli 2014 zu. Von März 2013 bis Juli 2014 bezog der Kläger ein gleichbleibendes Monatsgehalt in Höhe von 2.288,52 Euro brutto. Der Tariflohn im Einzelhandel Nordrhein-Westfalen betrug in Lohngruppe III, Lohnstaffel d) ab dem 2. Tätigkeitsjahr bis 31. Juli 2013 monatlich 2.590,00 Euro brutto, bis 30. April 2014 monatlich 2.668,00 Euro brutto und ab 1. Mai 2014 monatlich 2.724,00 Euro brutto. Daraus ergeben sich die geltend gemachten Differenzen in Höhe von 301,48 Euro brutto (für 5 Monate), 379,48 Euro brutto (für 9 Monate) und 435,48 Euro brutto (für 3 Monate).

50

b) Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB iVm. § 10 Abs. 7 Satz 1 MTV, § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

51

III. Die Kosten der Revision hat die Beklagte, die der Nebenintervention hat der Nebenintervenient zu tragen (§ 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 aE ZPO; vgl. dazu auch BGH 27. Mai 1963 - III ZR 131/61 - BGHZ 39, 296; MüKoZPO/Schulz 4. Aufl. § 101 Rn. 20 ff.).

52

Die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts ist nach § 308 Abs. 2 ZPO im Revisionsverfahren von Amts wegen zu überprüfen und ggf. zu korrigieren (vgl. dazu BAG 23. März 2011 - 4 AZR 268/09 - Rn. 73). Vorliegend hat das Landesarbeitsgericht nicht berücksichtigt, dass der Kläger zweitinstanzlich eine Klageerweiterung vorgenommen, diese aber später wieder zurückgenommen hat. Die vom Kläger dabei begehrte Feststellung bezog sich nach seiner Antragsbegründung überwiegend auf künftige, bisher nicht von der Geltendmachung erfasste Zeiträume. Die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens sind aufgrund der späteren teilweisen Klagerücknahme entsprechend § 92 iVm. § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO aufzuteilen(vgl. BAG 24. März 2010 - 10 AZR 58/09 - Rn. 36, BAGE 134, 34). Danach hat der Kläger 57 % und die Beklagte 43 % der zweitinstanzlichen Kosten zu tragen.

        

    Eylert    

        

    Creutzfeldt    

        

    Treber    

        

        

        

    Eylert    

        

    Fritz    

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 17. April 2012 - 13 Sa 1210/11 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2013 Vorruhestandsgeld zu zahlen.

2

Die Beklagte ist ein Bankinstitut. Der am 12. Dezember 1950 geborene Kläger war bis zum 30. September 2004 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten als AT-Mitarbeiter und Prokurist gegen eine monatliche Bruttovergütung iHv. zuletzt 6.263,33 Euro beschäftigt. Seit dem 20. März 1992 war er Inhaber eines Schwerbehindertenausweises. Der Grad der Behinderung betrug 80. Am 6. September 2004 schloss der Kläger mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Vorruhestandsvereinbarung, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. September 2004 vorsah. Unter Ziff. 2.1 des Vorruhestandsvertrags ist geregelt, dass der Kläger ab dem 1. Oktober 2004 bis zum gesetzlichen Rentenbeginn ein monatliches Vorruhestandsgeld iHv. 4.800,00 Euro brutto erhält. Des Weiteren enthält der Vorruhestandsvertrag - soweit für den Rechtsstreit von Interesse - folgende Regelungen:

        

4.    

Grundlage und Erlöschen der Ansprüche

        

4.1     

Die Ansprüche aus dieser Vorruhestandsvereinbarung erlöschen mit Beginn des Monats, für den Herr B eine gesetzliche Rente wegen Alters, Schwerbehinderung oder Erwerbsminderung beanspruchen kann; das ist nach Rechtslage zur Zeit des Abschlusses dieses Vertrages am 01.01.2011. Erforderliche Antragstellungen obliegen Herrn B.

        

…       

        
        

5.    

Mitwirkungspflichten

        

5.1     

Herr B ist verpflichtet, Änderungen der ihn betreffenden Verhältnisse, die auf die Ansprüche auf Vorruhestandsgeld Auswirkungen haben können, der Bank unverzüglich mitzuteilen. Dazu gehört insbesondere die Aufnahme einer Tätigkeit, für die Herr B eine Vergütung für den Einsatz seiner Arbeitskraft erhält. Während der Dauer der Vorruhestandsvereinbarung erhaltene Bezüge sowie eventuelle Leistungen aus den Sozialversicherungen werden auf das von der Bank zu zahlende Vorruhestandsgeld angerechnet.

        

…       

        
        

5.3     

Herr B verpflichtet sich, einen Antrag auf Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder auf vergleichbare Leistungen bei Vorliegen der Voraussetzungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt (auch bei Abschlägen), auch während der Laufzeit dieser Vereinbarung, zu stellen.“

3

Seit Ende 2004 lebt der Kläger in Bolivien. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hatte dem Kläger mit Schreiben vom 11. Oktober 2004 Auskunft über die Folgen eines Umzugs nach Bolivien im Hinblick auf die Sozialversicherungsabgaben erteilt. Vorausgegangen war ein Antrag des Klägers auf Erteilung einer Bescheinigung für beschränkt einkommenssteuerpflichtige Arbeitnehmer, den der Kläger am 15. September 2004 der Personalabteilung der Rechtsvorgängerin der Beklagten übersandt hatte und in dem er seinen Wegzug nach Bolivien angegeben hatte.

4

Mit Bescheid des Versorgungsamts der Freien Hansestadt Bremen vom 15. September 2010 wurde der Antrag des Klägers auf Verlängerung seines Schwerbehindertenausweises bestandskräftig mit der Begründung abgelehnt, für die Verlängerung bedürfe es nach dem Gesetz eines gewöhnlichen Aufenthalts oder einer Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland. Die vom Kläger am 9. Februar 2011 beantragte Altersrente wegen Schwerbehinderung bewilligte ihm die Deutsche Rentenversicherung Bund mit derselben Begründung nicht. Das vom Kläger gegen deren Bescheid vom 19. April 2011 angestrengte Widerspruchsverfahren ruht.

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Anspruch auf Vorruhestandsgeld sei nicht erloschen, weil er aufgrund seines dauerhaften Aufenthalts in Bolivien keinen Anspruch auf vorzeitige Altersrente wegen Schwerbehinderung habe. Er sei auch nicht verpflichtet, nach Deutschland zurückzukehren. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten habe vor Abschluss der Vereinbarung Kenntnis von seiner Auswanderungsabsicht gehabt. Die in der Vorruhestandsvereinbarung vorgesehene Verpflichtung zur vorzeitigen Inanspruchnahme einer Altersrente wegen Schwerbehinderung sei zudem diskriminierend und daher nicht wirksam, weil er bei einer vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente höhere Abschläge hinzunehmen hätte als ein nicht schwerbehinderter Mensch. Auch habe sich sein Gesundheitszustand deutlich gebessert.

6

Der Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Beklagte aufgrund der Vorruhestandsvereinbarung vom 6. September 2004 verpflichtet ist, ihm über den 31. Dezember 2010 hinaus bis zum 31. Dezember 2013 den monatlichen Bruttobetrag von 4.800,00 Euro zu zahlen,

        

2.    

hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte aufgrund der Vorruhestandsvereinbarung vom 6. September 2004 verpflichtet ist, ihm die finanziellen Nachteile auszugleichen, die er aufgrund der vorzeitigen Inanspruchnahme einer Altersrente wegen Schwerbehinderung aufgrund Ziff. 5.3 der Vorruhestandsvereinbarung gegenüber einem nicht schwerbehinderten Beschäftigten in der gleichen Situation erleidet, vollumfänglich auszugleichen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Auffassung, dem Kläger sei das Angebot auf Abschluss des Vorruhestandsvertrags ausschließlich aufgrund seiner persönlichen Situation als schwerbehinderter Mensch sowie seiner Stellung als Betriebsratsmitglied unterbreitet worden. Derartige Vereinbarungen seien bei ihrer Rechtsvorgängerin unüblich gewesen. In den Jahren 1999 bis 2008 sei lediglich mit zwei weiteren Mitarbeitern eine Vorruhestandsvereinbarung abgeschlossen worden, jedoch zu deutlich schlechteren Konditionen für die Mitarbeiter. Nach der Vereinbarung mit dem Kläger trage dieser das Risiko, aufgrund eines von ihm verursachten Umstands keine vorzeitige Altersrente wegen der Schwerbehinderung beziehen zu können. Ihre Rechtsvorgängerin sollte nach Ziff. 4.1 der Vorruhestandsvereinbarung lediglich das Risiko einer etwaigen nach Vertragsschluss erfolgten Änderung von Rechtsnormen tragen, die zu einem späteren als dem bei Vertragsschluss erwarteten Rentenbezug ab dem 1. Januar 2011 führten. Nicht die Rechtslage, sondern die Tatsachenlage habe sich durch den Wegzug des Klägers verändert. Jedenfalls könne sich der Kläger nach § 162 Abs. 1, § 242 BGB nicht auf den nicht gegebenen Rentenanspruch ab Vollendung seines 60. Lebensjahres berufen, weil er den zum Anspruchsverlust führenden Umstand selbst herbeigeführt habe. Aus diesem Grund stehe ihr auch ein Schadensersatzanspruch zu. Mit diesem könne sie aufrechnen. Die Forderung des Klägers sei auch gemäß § 242 BGB wegen des entgegenstehenden Schadensersatzanspruchs einredebehaftet. Notfalls sei § 254 BGB analog heranzuziehen. Von den Auswanderungsplänen des Klägers habe ihre Rechtsvorgängerin vor Vertragsschluss nichts gewusst. Letztlich sei der Anspruch des Klägers jedenfalls zu kürzen, da durch den drei Jahre späteren Renteneintritt die Abschläge bei der Rente geringer ausfielen.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht festgestellt, dass die Beklagte aufgrund der Vorruhestandsvereinbarung vom 6. September 2004 verpflichtet ist, dem Kläger über den 31. Dezember 2010 hinaus bis zum 31. Dezember 2013 monatlich 4.800,00 Euro brutto zu zahlen.

10

I. Die Klage ist zulässig. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

11

1. Der Hauptantrag ist auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses gerichtet. Die Feststellungsklage muss sich nicht auf ein Rechtsverhältnis im Ganzen beziehen, sondern kann sich auch auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus dem Rechtsverhältnis, etwa auf bestimmte Ansprüche beschränken (BAG 15. April 2014 - 3 AZR 288/12 - Rn. 32 mwN). Der Anspruch auf Zahlung eines Vorruhestandsgelds iHv. 4.800,00 Euro pro Monat im Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2013 ist mithin ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis (vgl. auch BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 19, BAGE 129, 72).

12

2. Das von Amts wegen auch noch in der Revisionsinstanz zu berücksichtigende Feststellungsinteresse ist gegeben.

13

a) Der mit dem Grundsatz der Prozesswirtschaftlichkeit begründete Vorrang der Leistungsklage steht nicht entgegen. Die Möglichkeit der Leistungsklage schließt das Feststellungsinteresse nicht schlechthin aus. Die Prozesswirtschaftlichkeit gestattet Ausnahmen. Die Rechtsprechung ist vom Vorrang der Leistungsklage abgegangen, soweit erst im Laufe des Rechtsstreits die Bezifferung einer Forderung möglich geworden ist (BAG 18. März 1997 - 9 AZR 84/96 - zu I 1 der Gründe, BAGE 85, 306). Befindet sich der anspruchsbegründende Sachverhalt zu dem Zeitpunkt der Klageerhebung noch in der Fortentwicklung, ist die Feststellungsklage insgesamt zulässig, auch wenn der Anspruch bereits teilweise beziffert werden könnte. Ein Kläger ist nicht gezwungen, zu einer bezifferten Leistungsklage überzugehen, wenn diese erst nachträglich im Laufe des Verfahrens möglich wird (Zöller/Greger ZPO 30. Aufl. § 256 Rn. 7a). Eine Feststellungsklage ist allgemein dann zulässig, wenn mit ihr eine sachgerechte, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Überlegungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 19, BAGE 129, 72).

14

b) Danach ist die Feststellungsklage zulässig. Zum Zeitpunkt des Eingangs der Klage beim Arbeitsgericht am 30. Dezember 2010 war das Vorruhestandsgeld für den Klagezeitraum noch nicht fällig. Dass zum Zeitpunkt der Revisionsentscheidung der streitige Zahlungszeitraum 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2013 vollständig abgelaufen war, ist für das Feststellungsinteresse unerheblich. Maßgebend ist allein, dass das der Vollstreckung nicht zugängliche Feststellungsurteil geeignet ist, den Konflikt endgültig zu lösen und weitere Prozesse zu vermeiden. Zwischen den Parteien besteht lediglich Streit über das „Ob“ der Pflicht zur Zahlung von Vorruhestandsgeld in der Zeit zwischen der Vollendung des 60. und des 63. Lebensjahres des Klägers, nicht über die Ausgestaltung der Leistungspflicht selbst (vgl. BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 20, BAGE 129, 72).

15

II. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat gemäß Ziff. 2.1 der Vorruhestandsvereinbarung für die Monate Januar 2011 bis einschließlich Dezember 2013 einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Vorruhestandsgeld iHv. jeweils 4.800,00 Euro brutto.

16

1. Der Anspruch auf Vorruhestandsgeld war nicht auf den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2010 befristet. Dies ergibt die Auslegung von Ziff. 4.1 der Vorruhestandsvereinbarung.

17

a) Die streitgegenständliche Klausel enthält eine sog. nichttypische Erklärung. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB ist nicht einschlägig, weil der Kläger auf den Klauselinhalt Einfluss nehmen konnte. Dieser hat selbst vorgetragen, auf seinen Wunsch hin sei Ziff. 4.1 um die Formulierung „das ist nach Rechtslage zur Zeit des Abschlusses dieses Vertrages am 01.01.2011“ ergänzt worden.

18

b) Die Auslegung nichttypischer Erklärungen ist regelmäßig den Tatsachengerichten vorbehalten. Revisionsrechtlich nachprüfbar ist lediglich, ob gesetzliche Auslegungsregeln iSd. §§ 133, 157 BGB, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Tatsachenstoff, der für die Auslegung von Bedeutung sein kann, außer Betracht gelassen worden ist. Für die revisionsrechtliche Überprüfung kommt es daher nur darauf an, ob die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung einer nichttypischen Erklärung rechtlich möglich ist, nicht aber, ob sie tatsächlich richtig ist (BAG 20. März 2014 - 8 AZR 269/13, 8 AZR 8 AZR 560/13 - Rn. 34 mwN). Ist eine Tatsachenfeststellung revisionsrechtlich zu beanstanden, ist der Rechtsstreit zur erneuten Tatsachenermittlung und Auslegung grundsätzlich an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Das Revisionsgericht darf aber auch nichttypische Verträge selbst auslegen, wenn der erforderliche Sachverhalt vollständig festgestellt ist und kein weiteres tatsächliches Vorbringen zu erwarten ist (BAG 18. Oktober 2011 - 9 AZR 303/10 - Rn. 15 mwN). So verhält es sich hier. Bis auf den nicht entscheidungsrelevanten Umstand der Kenntnis der Rechtsvorgängerin der Beklagten von den Wegzugsplänen des Klägers bei Vertragsschluss sind keine Tatsachen klärungsbedürftig. Weiterer Vortrag der Parteien ist nicht zu erwarten.

19

c) Die Vorruhestandsvereinbarung enthält kein festes Enddatum. Nach ihrer Ziff. 4.1 erlöschen die Ansprüche aus der Vereinbarung „mit Beginn des Monats, für den Herr B eine gesetzliche Rente wegen Alters, Schwerbehinderung oder Erwerbsminderung beanspruchen kann; das ist nach Rechtslage zur Zeit des Abschlusses dieses Vertrages am 01.01.2011“. Diese Regelung kann nicht dahin gehend verstanden werden, dass der Anspruch zwar grundsätzlich endet, wenn der Kläger eine Rente beziehen kann, spätestens aber am 31. Dezember 2010. Vielmehr sollte der Leistungsanspruch nach dem klaren Wortlaut der Klausel nur auflösend bedingt sein für den Fall, dass der Kläger eine gesetzliche Rente wegen Alters, Schwerbehinderung oder Erwerbsminderung beanspruchen kann. Der zweite Halbsatz enthält keine eigenständige auflösende Bedingung, sondern nur eine Wissenserklärung. Anderenfalls hätte die Regelung dahin lauten müssen, dass die Ansprüche aus der Vorruhestandsvereinbarung erlöschen mit Beginn des Monats, für den der Kläger eine gesetzliche Rente wegen Alters, Schwerbehinderung oder Erwerbsminderung beanspruchen kann, spätestens aber am 1. Januar 2011. Klauseln mit einem festen Enddatum hat die Beklagte ausweislich der von ihr selbst vorgelegten Vorruhestandsvereinbarungen mit ihrer Mitarbeiterin G und ihrem Mitarbeiter M in anderen Fällen verwandt. Demgegenüber fehlt in Ziff. 4.1 der Vorruhestandsvereinbarung der Parteien ein festes Enddatum. Dementsprechend sieht Ziff. 2.1 die Zahlung des Vorruhestandsgelds „bis zum gesetzlichen Rentenbeginn“ vor.

20

2. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung des Vorruhestandsgelds ist nicht untergegangen, weil dieser seinen Wohnsitz nach Bolivien verlegt hatte und deshalb ab dem 1. Januar 2011 keine Altersrente wegen Schwerbehinderung beziehen konnte. Dabei kann zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass der Kläger entgegen seinen Behauptungen aufgrund seines körperlichen Zustands über dem 31. Dezember 2010 hinaus die Voraussetzungen für die Anerkennung als schwerbehinderter Mensch erfüllte.

21

a) Ein Erlöschen des Anspruchs des Klägers auf Zahlung von Vorruhestandsgeld gemäß Ziff. 4.1 der Vorruhestandsvereinbarung mit Ablauf des 31. Dezember 2010 setzt voraus, dass der Kläger ab dem 1. Januar 2011 eine „gesetzliche Rente wegen des Alters, Schwerbehinderung oder Erwerbsminderung“ beanspruchen konnte. Dies war nicht der Fall. Insbesondere bestand kein Anspruch auf vorzeitige Altersrente für schwerbehinderte Menschen gemäß § 236a Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 SGB VI. Zwar vollendete der am 12. Dezember 1950 geborene Kläger im Dezember 2010 sein 60. Lebensjahr. Weitere Voraussetzung war nach § 236a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI aber die Anerkennung als schwerbehinderter Mensch iSv. § 2 Abs. 2 SGB IX zum Zeitpunkt des möglichen Rentenbeginns. Schwerbehindert sind jedoch ausweislich des eindeutigen Wortlauts der Norm nur solche Personen, die ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz iSd. § 73 SGB IX rechtmäßig im Geltungsbereich des SGB IX haben. Hieran fehlt es, weil der Kläger seit Ende 2004 in Bolivien lebt.

22

b) Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts, wonach der Anspruch auf Vorruhestandsgeld grundsätzlich nur bei tatsächlichem Bestehen eines Rentenanspruchs erlischt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dies gilt auch dann, wenn zugunsten der Beklagten davon ausgegangen wird, dass ihre Rechtsvorgängerin bzw. deren Vertreter bei Abschluss der Vorruhestandsvereinbarung keine Kenntnis von dem Umzug des Klägers nach Bolivien hatten.

23

aa) Hierfür spricht zunächst der Wortlaut der Klausel. Erforderlich ist danach, dass der Kläger eine Rente „beanspruchen kann“ und nicht, dass er nach einer Rückkehr nach Deutschland eine derartige Rente „beanspruchen könnte“.

24

bb) Sinn und Zweck der Vereinbarung stützen dieses Verständnis. Der Bezug von Vorruhestandsgeld dient typischerweise dazu, Versorgungslücken zu überbrücken, die dadurch entstehen, dass der Anspruchsberechtigte seine Erwerbstätigkeit bei seinem Arbeitgeber vorzeitig beendet. Der Arbeitnehmer soll regelmäßig wirtschaftlich so lange abgesichert werden, bis er das Alter erreicht, in dem Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung gewährt werden (vgl. BAG 15. Februar 2011 - 9 AZR 750/09 - Rn. 34, BAGE 137, 136). Eine Abweichung von diesem typischen Regelungszweck ist vorliegend nicht erkennbar. Der Kläger sollte danach als wirtschaftliche Absicherung „bis zum gesetzlichen Rentenbeginn“ (Ziff. 2.1 Satz 1 der Vorruhestandsvereinbarung) zumindest die vereinbarten 4.800,00 Euro brutto zum Bestreiten des Lebensunterhalts beziehen, wobei anderweitig erhaltene Arbeitsvergütung sowie Sozialleistungen angerechnet werden sollten (Ziff. 5.1 Satz 3). Eine wirtschaftliche Absicherung besteht jedoch nur bei einer tatsächlichen und nicht schon bei einer theoretischen Rentenbezugsberechtigung.

25

cc) In systematischer Hinsicht verstärkt sich dieser Befund durch die unter Ziff. 5 der Vorruhestandsvereinbarung geregelten „Mitwirkungspflichten“ des Klägers. Nach Ziff. 5.3 obliegt es dem Kläger ua., „zum frühestmöglichen Zeitpunkt (auch bei Abschlägen), auch während der Laufzeit dieser Vereinbarung, [einen Antrag auf Altersrente] zu stellen“. Auch in Ziff. 4.1 Satz 2 der Vereinbarung wird die Obliegenheit zur Antragstellung genannt. Eine Pflicht bzw. Obliegenheit zum Wohnsitzwechsel, um die Voraussetzungen eines Rentenbezugs erst herbeizuführen, ist nicht vereinbart.

26

dd) Eine ergänzende Vertragsauslegung dahin gehend, dass den Kläger eine derartige, nicht ausdrücklich genannte Mitwirkungspflicht treffen sollte, kommt entgegen der Ansicht der Beklagten nicht in Betracht.

27

(1) Eine solche Auslegung setzt eine planwidrige Unvollständigkeit der vertraglichen Regelung voraus. Liegt sie vor, tritt im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung an die Stelle der lückenhaften Vertragsbestimmung diejenige Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Lückenhaftigkeit des Vertrags bekannt gewesen wäre. Zunächst ist hierfür an den Vertrag selbst anzuknüpfen. Die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen, sein Sinn und Zweck sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Soweit irgend möglich, sind danach Lücken im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in der Weise auszufüllen, dass die Grundzüge des konkreten Vertrags „zu Ende gedacht“ werden (BAG 15. Oktober 2013 - 9 AZR 2/13 - Rn. 43 mwN).

28

(2) Wusste die Personalleiterin der Rechtsvorgängerin der Beklagten entsprechend der Annahme des Landesarbeitsgerichts beim Abschluss der Vorruhestandsvereinbarung, dass der Kläger dauerhaft nach Bolivien auswandern wollte, liegt mangels eines nicht bedachten, unvorhergesehenen Umstands keine planwidrige Lücke vor. Unerheblich ist, ob der Personalleiterin unbekannt war, dass die Auswanderung des Klägers zeitlich zu einer Verschiebung des Renteneintrittsalters führt. Denn insoweit handelte es sich um einen unbeachtlichen Irrtum über die rechtlichen Folgen eines zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bekannten Umstands (vgl. zur Unbeachtlichkeit eines Rechtsfolgenirrtums im Rahmen der Anfechtung auch: BAG 14. Februar 1996 - 2 AZR 234/95 - zu II 1 der Gründe).

29

(3) Hatte die Personalleiterin der Rechtsvorgängerin der Beklagten beim Abschluss der Vorruhestandsvereinbarung keine Kenntnis von der Absicht des Klägers, nach Bolivien auszuwandern, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Der mit der Vorruhestandsvereinbarung verfolgte Zweck, den Kläger bis zum Bezug einer Rente wirtschaftlich abzusichern, als Ausgangspunkt einer Vertragsergänzung spricht für eine Belastung der Rechtsvorgängerin der Beklagten mit dem Risiko einer Verlängerung ihrer Zahlungspflicht über den 31. Dezember 2010 hinaus.

30

ee) Der Anspruch auf Vorruhestandsgeld ist auch nicht aufgrund einer Störung der Geschäftsgrundlage entfallen. § 313 Abs. 1 BGB kann - unabhängig vom Vorliegen einer entsprechenden rechtsgestaltenden Erklärung der Beklagten iSd. § 313 Abs. 3 BGB - bereits aufgrund der beschriebenen vertraglichen Risikozuweisung nicht zur Anwendung gelangen. Enthält ein Vertrag nach seinem Inhalt Regeln für Fehlen, Wegfall oder Änderung bestimmter Umstände, scheidet eine Anpassung gemäß § 313 Abs. 1 BGB aus(vgl. BAG 28. September 2006 - 8 AZR 568/05 - Rn. 22 mwN). Dies ist hier der Fall.

31

c) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend ein treuwidriges Verhalten des Klägers verneint. Weder der Wegzug aus Deutschland im Jahr 2004 noch die unterbliebene Rückkehr Ende 2010 stellen ein treuwidriges Verhalten des Klägers iSv. § 162 Abs. 1 oder § 242 BGB dar.

32

aa) Die Regelung in § 162 Abs. 1 BGB ist Ausdruck des allgemeinen Rechtsgedankens, dass niemand aus einem von ihm treuwidrig herbeigeführten Ereignis Vorteile herleiten darf(BAG 12. Dezember 2007 - 10 AZR 97/07 - Rn. 40, BAGE 125, 147). Nach § 162 Abs. 1 BGB gilt eine Bedingung als eingetreten, wenn ihr Eintritt von der Partei, zu deren Nachteil sie gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert wird. Wann die Beeinflussung des Geschehensablaufs treuwidrig ist, lässt sich nicht abstrakt bestimmen, sondern nur im Einzelfall beurteilen. Maßgeblich ist, welches Verhalten von einem loyalen Vertragspartner erwartet werden konnte. Dies ist mittels einer umfassenden Würdigung des Verhaltens der den Bedingungseintritt beeinflussenden Vertragspartei nach Anlass, Zweck und Beweggrund unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Inhalts des Rechtsgeschäfts, festzustellen (BGH 16. September 2005 - V ZR 244/04 - zu II 1 der Gründe). Ein Verschulden im technischen Sinn ist zwar keine Voraussetzung für eine Treuwidrigkeit, jedoch bei der Gesamtabwägung zu bewerten (Staudinger/Bork (2010) § 162 Rn. 10). Maßgebend zu berücksichtigen sind weiter die vertragliche Risikozuordnung sowie die Grundrechte als Ausdruck der objektiven Werteordnung (BeckOK BGB/Sutschet Stand 1. August 2014 § 242 Rn. 19, 22 ff.).

33

bb) Überträgt man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall, so hat das Landesarbeitsgericht eine Treuwidrigkeit des Klägers zu Recht nicht angenommen.

34

(1) Eine solche scheidet von vornherein aus, wenn die Personalleiterin der Rechtsvorgängerin der Beklagten beim Abschluss der Vorruhestandsvereinbarung von der Absicht des Klägers, nach Bolivien auszuwandern, Kenntnis hatte. In diesem Fall hätte der Kläger in der Ausdrucksweise des Landesarbeitsgerichts „mit offenen Karten“ gespielt.

35

(2) Wird zugunsten der Beklagten davon ausgegangen, dass die Absicht des Klägers, nach Bolivien auszuwandern, der Rechtsvorgängerin der Beklagten zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Vorruhestandsvereinbarung nicht bekannt war, fehlen Anhaltspunkte, dass der Kläger Ende 2004 nach Bolivien zog, um den Erwerb von Rentenansprüchen und damit das Erlöschen des Anspruchs auf Vorruhestandsgeld mit Ablauf des 31. Dezember 2010 zu verhindern. Schon wegen der großen zeitlichen Differenz ist eine derartige Annahme fernliegend. Bei Anknüpfung an die unterbliebene Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland Ende 2010 gilt dasselbe. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger eine bereits geplante Rückkehr nur deshalb unterließ, weil er sich seinen Anspruch auf Vorruhestandsgeld erhalten und die Zahlungspflicht der Beklagten verlängern wollte. Die Beweggründe des Klägers, die zu seiner Auswanderung bzw. der unterbliebenen Rückkehr geführt haben, können nach alledem rechtlich nicht missbilligt werden.

36

(3) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend darauf verwiesen, dass es dem Kläger frei stand, seinen Wohnsitz nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses nach Bolivien zu verlegen. Insoweit gehört die Ausreisefreiheit zwar nicht zu der durch Art. 11 Abs. 1 GG geschützten innerdeutschen Freizügigkeit, sie ist aber doch als Ausfluss der allgemeinen Handlungsfreiheit durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistet und damit eine grundrechtlich geschützte Position, worauf das Bundesverfassungsgericht bereits in der Elfes-Entscheidung hingewiesen hat(BVerfG 16. Januar 1957 - 1 BvR 253/56 - zu II 3 der Gründe, BVerfGE 6, 32). Da die Parteien eine entsprechende vertragliche Vereinbarung nicht getroffen haben, kann dahinstehen, ob vor diesem Hintergrund ein Verbot des Umzugs nach Bolivien überhaupt rechtswirksam hätte vereinbart werden können.

37

d) Die dem Kläger somit zustehenden Ansprüche auf Zahlung von Vorruhestandsgeld iHv. 4.800,00 Euro brutto pro Monat im Zeitraum von Januar 2011 bis Dezember 2013 sind entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zu kürzen. Eine derartige Anspruchskürzung ist in der Vorruhestandsvereinbarung nicht vorgesehen. Diese regelt in Ziff. 5.3 lediglich, dass der Kläger zur Stellung eines Antrags auf Altersrente „zum frühestmöglichen Zeitpunkt“ verpflichtet ist und insoweit nach Ziff. 4.3 auch Abschläge bei der Rente hinnehmen muss. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich der Kläger dann, wenn sein Antrag auf vorzeitigen Rentenbezug abschlägig beschieden wurde, die hieraus resultierenden Vorteile in Bezug auf die Höhe der späteren Rente anrechnen lassen muss. Solche Vorteile sind zwar angesichts der fortdauernd zu entrichtenden Rentenversicherungsbeiträge während des Bezugs von Vorruhestandsgeld (Ziff. 3.3 der Vorruhestandsvereinbarung) nicht von der Hand zu weisen. Damit hat sich aber lediglich das vertragliche Risiko der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin realisiert, dass nicht eine vorzeitige Altersrente wegen Schwerbehinderung, sondern erst die vorzeitige Regelaltersrente zu einem Erlöschen des Anspruchs auf Vorruhestandsgeld führt. Für eine Anrechnung von Vorteilen bleibt danach kein Raum.

38

e) Die Ansprüche sind auch nicht gemäß § 389 BGB durch Aufrechnung (teilweise) erloschen oder analog § 254 BGB zu kürzen bzw. gemäß § 241 Abs. 2 BGB iVm. § 280 Abs. 1 BGB einredebehaftet, wie die Beklagte meint.

39

aa) Eine Aufrechnung scheitert bereits an dem fehlenden Vortrag einer Aufrechnungserklärung. Der im Konjunktiv gehaltene Vortrag in der Revisionsbegründung, die Beklagte „könnte“ jedenfalls aufrechnen, stellt eine solche Erklärung nicht dar.

40

bb) Eine analoge Anwendung von § 254 BGB kommt in Ermangelung einer planwidrigen Regelungslücke nicht in Betracht. Dies käme einer gesetzlichen Korrektur der vertraglich vereinbarten Risikozuweisung gleich. Diese soll aber nach dem Willen des Gesetzes grundsätzlich unangetastet bleiben (vgl. § 313 Abs. 1 BGB).

41

cc) Schadensersatzansprüche nach § 280 Abs. 1 BGB (ggf. iVm. § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB) scheiden schon mangels Pflichtverletzung aus. Der Kläger war nicht verpflichtet, nach dem Abschluss der Vorruhestandsvereinbarung in Deutschland zu bleiben oder nach mehreren Jahren seinen Lebensmittelpunkt in Bolivien aufzugeben und Ende 2010 nach Deutschland zurückzukehren.

42

III. Die Kosten der Revision hat die Beklagte zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Klose    

        

        

        

    Merte    

        

    Pielenz    

                 

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.

(1) Schreibfehler, Rechnungsfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die in dem Urteil vorkommen, sind jederzeit von dem Gericht auch von Amts wegen zu berichtigen.

(2) Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(3) Gegen den Beschluss, durch den der Antrag auf Berichtigung zurückgewiesen wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, findet sofortige Beschwerde statt.