Landesarbeitsgericht Hamm Urteil, 04. Juli 2016 - 11 Sa 1330/14
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des ArbG Dortmund vom 27.03.2014 – 6 Ca 3695/11 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert.
Unter Aufrechterhaltung des Versäumnisurteils hinsichtlich der Abweisung des Abrechungsbegehrens wird das Versäumnisurteil des ArbG Dortmund vom 23.01.2014 – 6 Ca 3695/11 - im Übrigen aufgehoben und das beklagte Land verurteilt,
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1. an den Kläger für den Monat November 2009 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2009 zu zahlen,
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2. an den Kläger für den Monat Dezember 2009 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2010 zu zahlen,
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3. an den Kläger für den Monat Januar 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2010 zu zahlen,
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4. an den Kläger für den Monat Februar 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2010 zu zahlen,
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5. an den Kläger für den Monat März 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2010 zu zahlen,
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6. an den Kläger für den Monat April 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2010 zu zahlen,
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7. an den Kläger für den Monat Mai 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2010 zu zahlen,
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8. an den Kläger für den Monat Juni 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2010 zu zahlen,
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9. an den Kläger für den Monat Juli 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2010 zu zahlen,
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10. an den Kläger für den Monat August 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2010 zu zahlen,
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11. an den Kläger für den Monat September 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2010 zu zahlen,
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12. an den Kläger für den Monat Oktober 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2010 zu zahlen,
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13. an den Kläger für den Monat November 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2010 zu zahlen,
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14. an den Kläger für den Monat Dezember 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2011 zu zahlen,
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15. an den Kläger für den Monat Januar 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2011 zu zahlen,
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16. an den Kläger für den Monat Februar 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2011 zu zahlen,
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17. an den Kläger für den Monat März 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2011 zu zahlen,
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18. an den Kläger für den Monat April 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2011 zu zahlen,
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19. an den Kläger für den Monat Mai 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto abzüglich vom Jobcenter Arbeit I Aktiv gezahlter 364,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2011 aus 3.179,63 € brutto und 222,57 € netto zu zahlen,
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20. an den Kläger für den Monat Juni 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto abzüglich vom Jobcenter Arbeit I Aktiv gezahlter 364,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2011 aus 3.179,63 € brutto und 222,57 € netto zu zahlen,
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21. an den Kläger für den Monat Juli 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto abzüglich vom Jobcenter Arbeit I Aktiv gezahlter 364,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2011 aus 3.179,63 € brutto und 222,57 € netto zu zahlen,
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22. an den Kläger für den Monat August 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto abzüglich vom Jobcenter Arbeit I Aktiv gezahlter 364,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2011 aus 3.179,63 € brutto und 222,57 € netto zu zahlen,
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23. an den Kläger für den Monat September 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto abzüglich vom Jobcenter Arbeit I Aktiv gezahlter 364,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2011 aus 3.179,63 € brutto und 222,57 € netto zu zahlen.
Der Kläger trägt 5 % der Kosten des Rechtsstreits, das beklagte Land trägt 95 % der Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten um Annahmeverzugslohnansprüche / hilfsweise Schadensersatzansprüche des Klägers für die Zeit von November 2009 bis September 2011.
3Der 1954 geborene Kläger ist seit dem 08.08.1994 bei dem beklagten Land als Lehrer, zuletzt in der Gesamtschule S in K, mit einer verringerten Stundenzahl zu einem Bruttoverdienst von 3.543,63 € sowie einem Zuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 222,57 € monatlich angestellt (Arbeitsvertrag Bl. 13, 14 GA).
4Ab März 2007 war der Kläger arbeitsunfähig krank. In der Zeit vom 08.02.2008 bis 18.05.2009 befand sich der Kläger in der Behandlung von Frau Dr. S, Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Fachärztin für Psychiatrie – Psychotherapie –.
5Diese schlug unter dem Datum vom 18.05.2009 Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung in das Erwerbsleben vor. Auf das zur Akte gereichte Formular „Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung in das Erwerbsleben (Wiedereingliederungsplan)“ wird Bezug genommen (Bl. 15 GA sowie Bl. 498 GA). In diesem Wiedereingliederungsplan empfahl die Ärztin Dr. S eine Aufnahme der Tätigkeit vom 26.06.2009 bis zum 03.07.2009 mit drei Stunden täglich. Als „absehbarer“ Zeitpunkt der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit ist angegeben: „Ende der Sommerferien“. Die Sommerferien in Nordrhein-Westfalen währten 2009 vom 02.07.2009 (Do) bis zum 14.08.2009 (Fr.).
6Den Wiedereingliederungsplan übersandte der damalige Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 18.06.2009 an das beklagte Land (Bl. 16, 17 GA).
7Das beklagte Land führte die ärztlich empfohlene Wiedereingliederung nicht durch.
8Per E-Mail vom 17.08.2009 wandte sich der Bevollmächtigte des Klägers ein weiteres Mal an die Bezirksregierung und bat um Rückmeldung (Bl. 377 GA).
9Der Kläger legt im Berufungsrechtszug die Kopie eines Schreibens seines seinerzeitigen Bevollmächtigten an die Bezirksregierung vom 17.08.2009 vor (Bl. 437 GA sowie Bl. 499 GA):
10„… wie besprochen übersende ich Ihnen anliegend den ergänzten Wiedereingliederungsplan für den Zeitraum 17.08.2009 bis zum 31.08.2009 zur weiteren Verwendung. Termine und Abläufe können auch direkt mit Frau Dr. S als auch mit Herrn T besprochen werden, so dass unnötige Zeitverluste vermieden werden.“.
11Das beklagte Land bestreitet die klägerseits dargestellte Übermittlung eines Wiedereingliederungsplans, ein solcher Plan befinde sich nicht bei ihren Akten.
12Ein entsprechendes Schriftstück hat der Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht am 24.03.2014 als „Änderung des Plans zur stufenweisen Wiedereingliederung ursprünglich vorgesehen vom 26.06.2009 bis zum 3.7.2009“ zur Gerichtsakte gereicht. Auf die entsprechende Kopie wird Bezug genommen (Bl. 254 GA).
13Der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers teilte der Bezirksregierung mit Schreiben vom 25.08.2009 mit, „dass die Arbeitsunfähigkeit von Herrn T am 31.08.2009 enden soll“ und weiterhin eine Wiedereingliederung erfolgen solle. Zugleich schlug er „bis zur endgültigen Entscheidung über die Wiedereingliederung zunächst eine Freistellung [des Klägers] ab dem 01.09.2009“ vor (Bl. 18, 19 GA).
14Das beklagte Land teilte unter dem 03.09.2009 mit, solange eine Arbeitsfähigkeit nicht nachgewiesen sei, sondern nur behauptet werde, komme ein schulischer Einsatz des Klägers nicht in Betracht (Bl. 20, 21 GA).
15Unter dem 07.09.2009 antworteten die seinerzeitigen Bevollmächtigten des Klägers, dass bereits seit mehreren Wochen bekannt sei, dass die Arbeitsunfähigkeit am 01.09.2009 ende und der vorgelegte Wiedereingliederungsplan aus dem Monat Juni 2009 datiere, ohne dass Aktivitäten seitens des beklagten Landes erfolgt seien (Bl. 380, 381 GA).
16Mit Schreiben vom 16.09.2009 bestätigte das beklagte Land, dass der Kläger unstreitig zum 01.09.2009 seine Arbeitskraft angeboten habe, dieses Angebot aber nicht angenommen werde. Der Wiedereingliederungsplan besage lediglich, dass ein Arbeitsversuch begonnen werden könne, während der Zeit der Wiedereingliederung aber eine fortlaufende Arbeitsunfähigkeit bestehen würde. Aufgrund des bisherigen schulischen Verhaltens des Klägers komme ein schulischer Einsatz aufgrund einer behaupteten Arbeitsfähigkeit nicht in Betracht. Die Arbeitsfähigkeit sei zunächst durch differenzierte ärztliche Voten der behandelnden Ärzte nachzuweisen, unter Angabe der durchgeführten Behandlungen im psychischen Bereich und einer sich hieran anschließenden amtsärztlichen und bzw. vertrauensärztlichen Untersuchung (Bl. 382, 383 GA).
17Unter dem Datum vom 14.10.2009 überreichte der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers dem beklagten Land die ärztliche Bescheinigung des Herrn Dr. E vom 01.10.2009 und führte in seinem Anschreiben aus, nach der geltenden Rechtsprechung sei ein weitergehender Vortrag bezüglich der Arbeitsfähigkeit nicht erforderlich, aufgrund des bereits erklärten Arbeitskraftangebotes bestehe nunmehr die Verpflichtung, den Kläger zu beschäftigen (Bl. 22, 23 GA). In der Bescheinigung des Dr. E2 heißt es (Bl. 24 GA):
18„Bei Gewährung normaler schulischer Rahmenbedingungen (Verzicht auf überdurchschnittliche Setzung von Vertretungs-stunden/Mehrarbeit sonstiger Art) ist Herr T ab sofort wieder voll arbeitsfähig.“
19Nachdem eine Reaktion des beklagten Landes nicht erfolgte, hat der Kläger dann mit einer am 10.11.2009 bei Gericht eingegangenen Klage Entgelt für die Monate September 2009 und Oktober 2009 eingefordert, diese Klage ist in zwei Instanzen abgewiesen worden (ArbG Dortmund 4 Ca 5440/09 / Kopie der Klageschrift Bl. 25 – 30 GA / Kopie des dortigen erstinstanzlichen klagabweisenden Urteils Bl. 31 – 37 GA / Kopie der dagegen gerichteten Berufungsbegründung des Klägers vom 14.01.2011 Bl. 38 – 46 GA / Berufungsurteil LAG Hamm vom 16.05.2013 – 11 Sa 1936/10 – Bl. 495 ff GA der beigezogenen Akte 11 Sa 1936/10 / Kopie des Beschlusses des BAG vom 11.12.2013 über die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers gegen das Berufungsurteil vom 16.05.2013 – 11 Sa 1936/10 – Bl. 195 – 200 GA).
20Wegen des Ergebnisses der amtsärztlichen Untersuchung des Klägers durch Frau Dr. U vom 13.01.2010 wird auf die vom Kläger in seinem Schriftsatz vom 03.02.2014 zitierte Darstellung dieses Ergebnisses auf S. 21 des gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachtens Bezug genommen.
21(Bl. 230/231 GA, Bl. 120 ff GA, Zitat im Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 27.03.2014, S. 4 = Bl. 261R GA:
22„Von einer weiteren psychiatrischen Begutachtung habe ich abgesehen, da eine Klärung der unterschiedlichen Meinungen zweier Fachärzte für Psychiatrie durch eine weitere ambulante Begutachtung nicht zu erwarten ist. Klärung herbeiführen könnte ein 4- bis 6wöchiges Heilverfahren mit gutachterlicher Beobachtung und stationärer Berufsbelastung in der Psychosomatischen Abteilung der Uniklinik M.“)
23Die vorliegende Klage, mit der Entgeltansprüche für die Monate November 2009 bis September 2011 verfolgt werden, ist am 30.08.2011 bei dem Arbeitsgericht eingegangen und der Beklagten am 12.09.2011 zugestellt worden.
24Im Verlaufe des erstinstanzlichen Verfahrens hat sich herausgestellt, dass der Kläger ab dem 01.05.2011 monatlich 364,00 € Sozialleistungen von der Bundesagentur für Arbeit zur Sicherung des Lebensunterhalts bezog. Der Kläger hat diesen Betrag fortan bei seinen Zahlungsanträgen für Mai bis September 2011 abgesetzt.
25Mit Beweisbeschluss vom 24.11.2011 (Bl. 86 GA) hat das Arbeitsgericht ein medizinisches Sachverständigengutachten des Prof. Dr. N eingeholt. Das Gutachten ist am 21.05.2012 bei dem Arbeitsgericht eingegangen (Weiteres s.u.). Unter dem 31.05.2012 hat das beklagte Land angeregt, der Ausgang des anhängigen Berufungsverfahrens im Vorprozess solle abgewartet werden (11 Sa 1936/10).
26Das Arbeitsgericht hat die vorliegende Klage durch Versäumnisurteil vom 23.01.2014, zugestellt am 30.01.2014, abgewiesen (Bl. 214 GA). Mit Schriftsatz vom 03.02.2014, bei dem Arbeitsgericht eingegangen am 03.02.2014, hat der Kläger Einspruch eingelegt (Bl. 216 – 226 = 244- 254 GA).
27Das Arbeitsgericht hat die Verfahrensakte des vorausgegangenen Rechtsstreits (4 Ca 5440/09 = 11 Sa 1936/10) zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung am 27.03.2014 gemacht.
28Der Kläger hat behauptet, er sei ab dem 01.09.2009 arbeitsfähig gewesen. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei er nicht gehalten gewesen, seine Arbeitsfähigkeit zu beweisen. Berufe sich ein Arbeitnehmer auf seine Arbeitsunfähigkeit, treffe den Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast für ein von ihm angenommenes Unvermögen des Arbeitnehmers. Grundsätzlich könne der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer nicht die Vorlage einer Arbeitsfähigkeitsbescheinigung verlangen. Das Sachverständigengutachten vom 16.05.2012 belege auf S. 21, dass man für die Zeit nach September/Oktober 2009 bis November 2011 vom Fehlen eines relevanten depressiven Syndroms oder eines anderen akuten Krankheitssyndroms ausgehen könne. Eine gestufte Wiedereingliederungsmaßnahme wäre auch nach den Feststellungen des Gutachters seit dem 18.05.2009 durchgängig möglich gewesen. Ihm sei die Möglichkeit genommen worden, gerade im Rahmen einer gestuften Wiedereingliederungsmaßnahme seine Arbeitsfähigkeit nachzuweisen. In der Einspruchsbegründung vom 03.02.2014 hat der Kläger vorgetragen, es komme weder aus rechtlichen noch aus tatsächlichen Gründen auf die Berufungsentscheidung im Vorprozess (11 Sa 1936/10) an, der dortige Rechtsstreit betreffe nur die Monate September und Oktober 2009. Hier gehe es um den Zeitraum ab November 2009, jedenfalls für diesen Zeitraum seien die Zahlungsansprüche begründet. Davon abgesehen sei die Entscheidung 11 Sa 1936/10 rechtsfehlerhaft. Sollte man der Auffassung nicht folgen, dass ein Anspruch auf Annahmeverzugsentgelt bestehe, so wäre die Beklagte jedenfalls aus Gründen des Schadensersatzes nach §§ 280, 249 i.V.m. §§ 611, 612 BGB i.V.m. dem Arbeitsvertrag vom 25.08.1994 zur Zahlung der eingeklagten Beträge verpflichtet. Der Anspruch werde ausdrücklich hilfsweise auf diese Schadensersatzansprüche gestützt. Er habe – unstreitig erfolglos – zwei Anträge auf stufenweise Wiedereingliederung gestellt und zwar im September 2008 und am 18.05.2009 (für die Zeit vom 26.06.2009 bis 03.07.2009). Durch die Ablehnung habe das beklagte Land die Wiedererlangung seiner Arbeitsfähigkeit treuwidrig vereitelt. Zu der im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht am 27.03.2014 von ihm vorgelegten „Änderung des Plans zur stufenweisen Wiedereingliederung“ hat der Kläger ausgeführt, nachdem die Bezirksregierung auf den ursprünglichen Vorschlag nicht eingegangen sei, sei eine Erweiterung um zwei Wochen für die Zeit vom 17.08. bis 31.08.2009 ärztlicherseits vorgeschlagen worden (s.o.).
29Der Kläger hat ursprünglich mit der Klageschrift vom 30.08.2011 Vergütungsansprüche in Höhe von 3.543,63 € brutto und 222,57 € netto nebst Zinsen für die Monate November 2009 bis August 2011 verfolgt, ohne Sozialleistungen in Abzug zu bringen. Mit Schriftsatz vom 27.10.2011 hat er die Klage für den Monat September 2011 erweitert. Nach Hinweis des Arbeitsgerichts hat er für die Monate Mai 2011 bis September 2011 erhaltene Sozialleistungen von monatlich 364,- € (x 5 Monate = 1.820,- €) in Abzug gebracht (s.o.) und die Klage insoweit zurückgenommen.
30Der Kläger hat beantragt,
31-
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24. Das Versäumnisurteil vom 23.01.2014 – 6 Ca 3695/11 -, zugestellt am 30.01.2014, wird aufgehoben.
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25. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat November 2009 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2009 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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36
26. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Dezember 2009 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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38
27. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Januar 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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40
28. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Februar 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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42
29. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat März 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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44
30. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat April 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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46
31. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Mai 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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32. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Juni 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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50
33. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Juli 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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52
34. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat August 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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35. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat September 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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36. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Oktober 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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37. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat November 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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60
38. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Dezember 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2011 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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62
39. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Januar 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2011 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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64
40. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Februar 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2011 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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41. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat März 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2011 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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68
42. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat April 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2011 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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70
43. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Mai 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto abzüglich vom Jobcenter Arbeit I Aktiv gezahlter 364,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2011 aus 3.179,63 € brutto und 222,57 € netto zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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44. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Juni 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto abzüglich vom Jobcenter Arbeit I Aktiv gezahlter 364,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2011 aus 3.179,63 € brutto und 222,57 € netto zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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45. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Juli 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto abzüglich vom Jobcenter Arbeit I Aktiv gezahlter 364,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2011 aus 3.179,63 € brutto und 222,57 € netto zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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46. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat August 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto abzüglich vom Jobcenter Arbeit I Aktiv gezahlter 364,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2011 aus 3.179,63 € brutto und 222,57 € netto zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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47. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat September 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto abzüglich vom Jobcenter Arbeit I Aktiv gezahlter 364,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2011 aus 3.179,63 € brutto und 222,57 € netto zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
Das beklagte Land beantragt,
80das Versäumnisurteil aufrecht zu erhalten.
81Das beklagte Land hat ausgeführt, die Klageforderung auf Entgeltzahlung gemäß §§ 615, 611, 612 BGB für die Monate November 2009 bis August 2011 bestehe schon dem Grunde nach nicht. Das beklagte Land sei nicht in Annahmeverzug geraten. Ansprüche aus Annahmeverzug setzten voraus, dass der Arbeitnehmer nicht nur willens sondern auch objektiv in der Lage sei, seine arbeitsvertraglich geschuldete Leistung zu erbringen. Nach wie vor sei die Arbeitsfähigkeit durch den Kläger nicht nachgewiesen worden. Der Verlauf des Berufungsverfahrens im Vorprozess indiziere weitere Arbeitsunfähigkeit des Klägers. Dort sei deutlich geworden, dass die seinerzeit bereits erstinstanzlich festgestellte massiv ausgeprägte Angst des Klägers hinsichtlich einer in Zukunft zu erwartenden willkürlichen Diagnose eines begutachtenden Arzt/Psychiaters fortbestanden habe. Gerichtlich vorgeschlagene Gutachter habe der Kläger abgelehnt. Das Urteil des LAG Hamm vom 16.05.2013 im Vorprozess (11 Sa 1936/10) habe festgestellt, dass das beklagte Land sich nicht in Annahmeverzug befunden habe. Für die nachfolgenden Monate ab November 2009 bis September 2011 könne nachvollziehbar geschlossen werden, dass dem Kläger Arbeitsentgelt für diese Monate nicht zustehe. Der Kläger habe weder seine Arbeitsfähigkeit nachgewiesen noch seine Mitwirkungspflichten hinsichtlich einer Wiedereingliederung erfüllt. Da der Kläger keinen geeigneten Wiedereingliederungsplan vorgelegt habe, habe keine Verpflichtung zur Wiedereingliederung bestanden. Der Gutachter habe in seinem Gutachten zum Vorprozess festgestellt, dass ohne die Prüfung einer berufsspezifischen Belastbarkeit auf dem Hintergrund der im September/Oktober 2009 vorhandenen paranoiden Persönlichkeitsstörung die Arbeitsfähigkeit nicht festgestellt werden könne. Der Kläger habe sich unstreitig nicht dazu bereit erklärt, dem von der Amtsärztin vorgeschlagenen Heilverfahren zu folgen. Gemäß § 297 BGB könne der Kläger kein Annahmeverzugsentgelt beanspruchen.
82Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben über die Frage, ob der Kläger in der Zeit von November 2009 bis September 2011 arbeitsunfähig erkrankt war und insbesondere, ob in dem Zeitraum psychische Erkrankungen vorlagen, die einer Arbeitsfähigkeit entgegenstanden, durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme ist auf das Sachverständigengutachten von Prof. Dr. N vom 16.05.2012 zu verweisen (Bl. 100 - 124 GA). In dem Gutachten heißt es u. a.:
83„[…]
84Für die Zeit nach September/Oktober 2009 bis zum November 2011, kann man also vom Fehlen eines relevanten depressiven Syndroms oder eines anderen akuten Krankheitssyndroms ausgehen.
85Die Symptomremission bezüglich der affektiven Störung reicht aber nicht aus, um die Arbeitsfähigkeit unter den gegebenen beruflichen Bedingungen in der Schule zu garantieren. Hierzu ist eine zusätzliche Einschätzung der Belastbarkeit auf dem Hintergrund der im September/Oktober 2009 vorhandenen paranoiden Persönlichkeitsstörung entscheidend.
86[…]
87Für den Zeitraum von Mai 2009 bis zur Begutachtung (November 2011) liegt keine fachärztliche Beurteilung vor, u. a. da sich Herr T den von Frau Dr. U empfohlenen fachärztlichen Beurteilungen entzogen hat. Die geforderte gutachterliche Stellungnahme kann also nur aus vorliegenden und vorgetragenen Beurteilungen und Berichten für andere Zeitintervalle erschlossen werden. Die vorliegenden Evidenzen lassen folgende Folgerung zu:
88Die Feststellung der Arbeitsfähigkeit von September/Oktober 2009 bis zur Begutachtung (Nov. 2011) erfordert die gleichzeitige Berücksichtigung der Persönlichkeit von Herrn T, wie deren Störung und der arbeitsbezogener Umwelt; die Arbeitsfähigkeit ist dabei von der Modifizierbarkeit der Arbeitsbedingungen abhängig:
89(a) Unter Fortbestand der bis zur AU-Schreibung 2007 geltenden Rahmenbedingungen (mit Notwendigkeit von Vertretungsleistungen und Kommunikationsproblemen mit Schulleitung und Dienstherren) war eine Arbeitsfähigkeit vermutlich wegen wahrscheinlicher, unverhältnismäßiger Reaktionsbildungen bei paranoider Persönlichkeitsstörung nicht gegeben. Diese Aussage ist aber ohne Wiedereingliederungsversuch nicht sicher feststellbar.
90(b) Bei Modifikation der Rahmenbedingungen (keine Vertretungsstunden, evtl. Reduktion des Stundenkontingents, Entgegenkommen und Kommunikationsangebote seitens des Dienstherren und der Schulleitung) wäre eine stufenweise Wiedereingliederung voraussichtlich erfolgreich verlaufen.
91(c) Ob eine hinlängliche Belastbarkeit nach dem festgestellten Verschwinden der zu Beginn der AU-Fähigkeit bestehenden Beeinträchtigungen und Beschwerden besteht, kann nur durch eine gestufte Wiedereingliederungsmaßnahme (während der ja weiterhin Arbeitsunfähigkeit besteht) entschieden werden. Eine solche Maßnahme ist seit dem 18.05.2009 aufgrund des Fehlens relevanter, beeinträchtigender Akuterkrankungen durchgängig möglich gewesen.“
92Das Arbeitsgericht hat das klagabweisende Versäumnisurteil vom 23.01.2014 mit Urteil vom 27.03.2014 aufrechterhalten. Das Arbeitsgericht hat den Tatbestand des Berufungsurteils vom 26.05.2013 – 11 Sa 1936/10 – wörtlich wiedergegeben (Bl. 260R – 266 GA). Die zulässige Klage sei unbegründet. Der Zahlungsanspruch bestehe weder unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs noch des Schadensersatzes. Das Arbeitsgericht hat sich zunächst die Entscheidungsgründe des Berufungsurteils 11 Sa 1936/10 zu Eigen gemacht und diese wörtlich wiedergegeben (Bl. 264 – 272R). Anschließend hat es ausgeführt: Die Kammer gehe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme von einer weiteren Arbeitsunfähigkeit des Klägers auch für die Zeit nach Oktober 2009 aus. Der Gutachter sei zu dem Ergebnis gelangt, dass eine stufenweise Wiedereingliederung die gebotene Maßnahme gewesen wäre, die aber eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers bedinge. Ein Schadensersatzanspruch bestehe nicht. Es verbleibe bei der Feststellung des Berufungsurteils 11 Sa 1936/10, dass der Kläger nach Vorlage des Plans vom 18.05.2009 nicht erneut mit einem ärztlich unterschriebenen Wiedereingliederungsplan vorstellig geworden sei. Ein Anspruch auf Erteilung von Vergütungsabrechnungen bestehe nicht, weil das beklagte Land keine Nettozahlungen geleistet habe. Eine Abrechnung werde erst bei Zahlung geschuldet.
93Das Urteil ist dem Kläger am 26.08.2014 zugestellt worden. Der Kläger hat am 24.09.2014 Berufung eingelegt und die Berufung nach Fristverlängerung bis zum 26.11.2014 am 26.11.2014 begründet.
94Der Kläger wendet ein, zu Unrecht habe das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Rechtsfehlerhaft habe sich das Arbeitsgericht im Rahmen seiner Entscheidungsbegründung auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des Berufungsgerichts gestützt. Hier gehe es um die Monate ab November 2009, während der Entscheidung 11 Sa 1936/10 die Monate September 2009 und Oktober 2009 zugrunde lägen. So sei auch vom Arbeitsgericht im vorliegenden Rechtsstreit ein separates Gutachten eingeholt worden. Zu beanstanden sei, dass das Arbeitsgericht auf die mündlichen Erläuterungen des Sachverständigen im Berufungsverfahren betreffend die anderen Monate abstelle. Entscheidungsgrundlage dürfe nur sein, was Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sei. Die Kammer des Arbeitsgerichts habe an den mündlichen Erläuterungen des Sachverständigen vor dem Landesarbeitsgericht nicht teilgenommen. Hierin liege ein wesentlicher Verfahrensmangel. Die Frage der Arbeitsunfähigkeit müsse bei einem länger währenden Zeitraum für die einzelnen Monate separat gesehen werden. Feststellungen für September und Oktober 2009 erlaubten keine Feststellungen, ob auch für den nachfolgenden Zeitraum von nahezu zwei Jahren ebenfalls Arbeitsunfähigkeit vorliege. Ungeachtet, ob das LAG im Berufungsurteil zu einem zutreffenden Beweisergebnis gelangt sei, seien die dortigen Feststellungen für die hier maßgeblichen Monate irrelevant. Die Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts sei zu beanstanden. Der Annahmeverzugsanspruch sei nur dann ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer im Anspruchszeitraum arbeitsunfähig sei, was der Arbeitgeber darzulegen und zu beweisen habe. Im Ergebnis habe der Sachverständige in seinem Gutachten keine abschließende Beurteilung abgegeben sondern sich lediglich auf Vermutungen beschränken können (S. 20, 21, 24 des Gutachtens). Die Feststellungen der Frau S, der Frau Dr. U vom 13.01.2010 sowie die Begutachtung des Sachverständigen am 09.11.2011 sprächen für das Vorhandensein einer Arbeitsfähigkeit. Nach dem Gutachten könne eine Arbeitsunfähigkeit ab November 2009 nicht festgestellt werden. Eine bloße Möglichkeit einer Arbeitsunfähigkeit reiche für eine Beweisführung nicht aus. Bei einer offenen Beweissituation (non liquet) sei von einer Arbeitsfähigkeit auszugehen mit der Folge, dass das beklagte Land die Vergütung nachzuentrichten habe. Rechtsfehlerhaft habe das Arbeitsgericht einen Schadensersatzanspruch verneint. Das beklagte Land habe wiederholt die Durchführung einer Wiedereingliederung kategorisch abgelehnt. Die von dem beklagten Land eingeforderten verschiedenen ärztliche Voten und Nachweise seien durch das Gesetz nicht vorgesehen. Etwaige Bedenken gegen die vorgesehene Wiedereingliederung hätte das beklagte Land gegenüber dem Kläger, gegenüber dessen Bevollmächtigten oder sogar gegenüber der behandelnden Ärztin Dr. S äußern können und müsssen. Würde man von seiner Arbeitsunfähigkeit im November 2009 ausgehen, so habe es das beklagte Land durch seine kategorische Verweigerung einer Wiedereingliederung treuwidrig vereitelt, dass er seine Arbeitsfähigkeit nach durchgeführter Wiedereingliederung wiedererlange. Die Ergänzung des Wiedereingliederungsantrags für den Zeitraum 17.08.2009 bis 31.08.2009 sei mit Schreiben des seinerzeitigen Bevollmächtigten an das beklagte Land überreicht worden. Die seinerzeit behandelnde Ärztin hätte im Rahmen ihrer Untersuchungen festgestellt, dass der Kläger ab dem 01.09.2009 wieder arbeitsfähig sei und bis zu diesem Zeitpunkt die Wiedereingliederung in der dargelegten Form erfolgen solle. Das beklagte Land habe nicht einmal ansatzweise den Versuch unternommen, die Wiedereingliederung mit ihm, dem Kläger, und der behandelnden Ärztin abzustimmen, was im Schreiben vom 17.08.2009 ausdrücklich angeboten worden sei. Nicht einmal die Bestätigung der Ablehnung nach Ziffer 8 der Arbeitsunfähigkeitsrichtlinie sei auf dem Vordruck bescheinigt worden.
95Der Kläger beantragt,
96Das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 27.03.2014, 6 Ca 3695/11, zugestellt am 26.08.2014, wird aufgehoben.
97-
98
1. Das Versäumnisurteil vom 23.01.2014 – 6 Ca 3695/11 -, zugestellt am 30.01.2014 wird aufgehoben.
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100
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat November 2009 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2009 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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102
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Dezember 2009 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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104
4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Januar 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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106
5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Februar 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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6. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat März 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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110
7. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat April 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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8. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Mai 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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9. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Juni 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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10. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Juli 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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11. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat August 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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12. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat September 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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13. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Oktober 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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14. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat November 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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15. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Dezember 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2011 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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16. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Januar 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2011 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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17. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Februar 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2011 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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18. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat März 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2011 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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134
19. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat April 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2011 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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136
20. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Mai 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto abzüglich vom Jobcenter Arbeit I Aktiv gezahlter 364,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2011 aus 3.179,63 € brutto und 222,57 € netto zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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138
21. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Juni 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto abzüglich vom Jobcenter Arbeit I Aktiv gezahlter 364,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2011 aus 3.179,63 € brutto und 222,57 € netto zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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22. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Juli 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto abzüglich vom Jobcenter Arbeit I Aktiv gezahlter 364,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2011 aus 3.179,63 € brutto und 222,57 € netto zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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23. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat August 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto abzüglich vom Jobcenter Arbeit I Aktiv gezahlter 364,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2011 aus 3.179,63 € brutto und 222,57 € netto zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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24. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat September 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto abzüglich vom Jobcenter Arbeit I Aktiv gezahlter 364,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2011 aus 3.179,63 € brutto und 222,57 € netto zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
Das beklagte Land beantragt,
146die Berufung zurückzuweisen.
147Das beklagte Land verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts. Das Arbeitsgericht habe ebenfalls ein Sachverständigengutachten zum Vorliegen der Arbeitsfähigkeit eingeholt. Es liege kein Verstoß gegen § 128 ZPO vor. Der Gutachter habe Arbeitsunfähigkeit festgestellt. Angesichts der Grunderkrankung des Klägers sei es unsinnig, dass gleichsam jeder einzelne Monat vom Gutachter dahingehend zu überprüfen sei, ob Arbeitsunfähigkeit vorgelegen habe. Annahmeverzug habe ebenso wenig bestanden wie ein Schadensersatzanspruch des Klägers. Dass nach dem Gutachten möglicherweise bei besonderen Rahmenbedingungen eine Wiedereingliederung erfolgreich verlaufen wäre, ändere nichts. Wiedereingliederung setze Arbeitsunfähigkeit voraus. Das beklagte Land habe weder Verpflichtung noch Veranlassung gehabt, in eine Wiedereingliederungsmaßnahme einzuwilligen. Ein konkreter Wiedereingliederungsplan sei bis heute nicht vorgelegt worden. Eine kategorische Ablehnung einer Wiedereingliederung habe es nicht gegeben. Wie das Gericht im vorangegangenen Prozess entschieden habe, sei das Land nicht verpflichtet gewesen, dem Wiedereingliederungsplan vom 18.05.2009 zu entsprechen, da der darin angegebene Zeitraum keine ordnungsgemäße Wiedereingliederung gewährleistet habe (atypische Schulwoche, vier Schultage unmittelbar vor den Sommerferien). Der von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht vorgelegte geänderte Wiedereingliederungsplan (erweitert um den Zeitraum 17.08.2009 bis 31.08.2009) liege nach Kenntnis des Terminvertreters und Durchsicht der Akte nicht vor. Das beklagte Land bestreitet in einem nachfolgenden Schriftsatz die vom Kläger dargestellte Übermittlung eines (geänderten) Wiedereingliederungsplans für den 17.08.2009 bis 31.08.2009 mit einem Schreiben der klägerischen Anwälte vom 17.08.2009. Anlässlich des Termins zur mündlichen Verhandlung habe der Kläger einen Wiedereingliederungsplan vorgelegt, welcher nicht mehr umsetzbar gewesen sei, weil der Wiedereingliederungsbeginn bereits in der Vergangenheit gelegen habe. Der Kläger habe angekündigt einen aktualisierten Wiedereingliederungsplan vorzulegen. Auch dem sei der Kläger nicht nachgekommen. Es sei Sache des Klägers, einen ordnungsgemäßen Wiedereingliederungsplan vorzulegen. Das beklagte Land verweist auf zwei Zeitungsartikel vom 05.11.2015 aus dem T Anzeiger „Lehrer wird zum ‚Wüterich‘“ / „Klage abgelehnt – Lehrer wurde zum Wüterich“ zu einem Vorfall aus April 2014 (Bl. 488 GA), bei dem als „Wüterich“ bezeichneten Lehrer dürfte es sich um den Kläger handeln. Es sei dem beklagten Land und insbesondere auch den Schülern nicht zuzumuten, den Kläger lehren zu lassen.
148Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Rechtsvorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die gerichtlichen Protokolle Bezug genommen.
149Entscheidungsgründe
150Die Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, Abs. 2 b) ArbGG. Der Kläger hat seine Berufung form- und fristgerecht entsprechend den Anforderungen der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO eingelegt und begründet.
151Die Berufung hat auch in der Sache weitgehend Erfolg. Nach §§ 615, 293 ff BGB, 257 SGB V schuldet das beklagte Land dem Kläger für die Monate November 2009 bis September 2011 Arbeitsentgelt und die monatlichen Zuschussbeträge zur Krankenversicherung in der zwischen den Parteien unstreitigen Höhe. Anders als im Rechtsstreit 11 Sa 1936/10 ist es dem beklagten Land im vorliegenden Rechtsstreit nicht gelungen, den Beweis zu führen, dass der Kläger im Zeitraum November 2009 bis September 2011 arbeitsunfähig erkrankt war. Unbegründet ist die Berufung hinsichtlich des Antrags auf Erteilung monatlicher Abrechnungen.
1521. Dem Erfolg des Zahlungsantrags steht nicht entgegen, dass es sich bei dem Antrag auf Zuschuss zur Krankenversicherung um einen dem öffentlichen Recht angehörigen Anspruch handelt und es sich bei einem Streit um diesen Zuschuss nicht um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit im Sinne von § 2 ArbGG handelt. Da im erstinstanzlichen Verfahren die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs nicht gerügt worden ist, muss nach §§ 17 a Abs. 5 GVG, 65 ArbGG beim Rechtsmittelgericht die Frage des richtigen Rechtswegs unberücksichtigt bleiben (BAG 21.01.2003 AP SGB V § 257 Nr. 3). Nach § 65 ArbGG prüft das Berufungsgericht nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist.
1532. Der Zahlungsanspruch des Klägers folgt aus §§ 615, 293 ff BGB, 257 SGB V. Nach § 615 Satz 1 BGB kann ein Arbeitnehmer das vereinbarte Arbeitsentgelt verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein, wenn der Arbeitgeber mit der Annahme der Dienste in Verzug gekommen ist. Die Voraussetzungen eines Entgeltanspruchs wegen Annahmeverzugs sind erfüllt.
154a) Unstreitig bestand in den Monaten November 2009 bis September 2011 zwischen den Parteien aufgrund des im August 1994 abgeschlossenen Arbeitsvertrags ein Arbeitsverhältnis. Eine Arbeitsleistung des Klägers erfolgte in den Monaten November 2009 bis September 2011 nicht. Das beklagte Land hat einen Einsatz des Klägers als Lehrer durchgängig abgelehnt.
155b) Der Kläger hat seine Arbeitsleistung für die Monate November 2009 bis September 2011 in zureichender Weise angeboten.
156Nach § 293 BGB kommt der Arbeitgeber in Verzug, wenn er die angebotene Arbeitsleistung nicht annimmt. Nach § 294 BGB muss die Arbeitsleistung dem Arbeitgeber so, wie sie zu bewirken ist, tatsächlich angeboten werden. Nach § 295 BGB genügt eine wörtliches Angebot des Arbeitnehmers, wenn der Arbeitgeber erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Arbeitgebers erforderlich ist.
157Die Voraussetzungen des § 295 BGB sind erfüllt. Mit Schreiben vom 25.08.2009 hatte der Kläger mitgeteilt, dass seine Arbeitsunfähigkeit am 31.08.2009 enden solle und eine kurzfristige Lösung zur Beschäftigung erforderlich sei. In der Antwort vom 03.09.2009 teilte das beklagte Land mit, solange die Arbeitsfähigkeit des Klägers nicht nachgewiesen sei sondern nur behauptet werde, komme ein schulischer Einsatz nicht in Betracht, insbesondere sei darzulegen, welche Behandlungen im psychischen Bereich durchgeführt worden seien. Der Kläger hat dann seine Arbeitsleistung mit dem anwaltlichen Schreiben vom 14.10.2009 unter Vorlage einer Arbeitsfähigkeitsbescheinigung des Allgemeinmediziners Dr. E2 angeboten; aufgrund des bereits erklärten Arbeitskraftangebots bestehe nunmehr die Verpflichtung, ihn zu beschäftigen und zu vergüten; für eine abschließende Erklärung bezüglich der Beschäftigung bzw. Vergütung hat der Anwalt des Klägers dem beklagten Land eine Frist bis zum 23.10.2009 gesetzt. Indem das beklagte Land bei seiner bereits Anfang September artikulierten Ablehnung verblieb und dem Kläger keinen schulischen Einsatz zuwies, hat das beklagte Land die ihm zur Ermöglichung eines Arbeitseinsatzes obliegende Mitwirkungshandlung unterlassen. Für die streitgegenständlichen Monate liegt damit ein nach § 295 BGB ausreichendes wörtliches Angebot der Arbeitsleistung des Klägers vor.
158c) Dem Anspruch steht nicht der Einwand der Unmöglichkeit der Arbeitsleistung nach § 297 BGB entgegen.
159Nach § 297 BGB kommt der Arbeitgeber als Gläubiger der Arbeitsleistung nicht in Verzug, wenn der Arbeitnehmer als Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Fall des § 296 BGB zu der für die Handlung des Arbeitgebers bestimmten Zeit außerstande ist, die Arbeitsleistung zu erbringen. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Die Darlegungs- und Beweislast für das Unvermögen des Arbeitnehmers infolge krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit trägt der Arbeitgeber (BAG 05.11.2003 AP BGB § 615 Nr. 106; BAG, 29.10.1998 AP BGB § 615 Nr. 77). Angesichts dieser Verteilung der Darlegungs- und Beweislast ist der Arbeitnehmer nicht gehalten, vor Arbeitsantritt eine ärztliche Bescheinigung zu seiner – arbeitgeberseits angezweifelten – Arbeitsfähigkeit beizubringen.
160Arbeitsunfähig infolge Krankheit ist der Arbeitnehmer dann, wenn ein Krankheitsgeschehen ihn außer Stand setzt, die ihm nach dem Arbeitsvertrag obliegende Arbeit zu verrichten, oder wenn er die Arbeit nur unter der Gefahr fortsetzen könnte, in absehbar naher Zeit seinen Zustand zu verschlimmern (BAG 29.01.1992 – 5 AZR 37/91 – AP SGB V § 74 Nr. 1; BAG 26.07.1989 – 5 AZR 301/88 – AP LohnFG § 1 Nr. 86). Die durch Krankheit verursachte Arbeitsunfähigkeit wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Arbeitnehmer seine geschuldeten Vertragspflichten anstatt voll nur teilweise zu erbringen vermag. Arbeitsrechtlich bedeutet es keinen Unterschied, ob der Arbeitnehmer durch die Krankheit ganz oder teilweise arbeitsunfähig wird. Auch der vermindert Arbeitsfähige ist arbeitsunfähig erkrankt im Rechtssinne (BAG 29.01.1992 – 5 AZR 37/91 – AP SGB V § 74 Nr. 1). Die Grundsätze der Rechtsprechung stimmen überein mit der Definition in § 2 Abs. 1 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien (jurisPK-SGB V- Adolf, § 74 SGB V Rn. 10 [Stand 01.04.2012]; Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB V vom 01.12.2003 [nebst Anlage „Empfehlungen zur Umsetzung der stufenweisen Wiedereingliederung“ - www.g-ba.de / informationen / richtlinien -]: „ Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte aufgrund von Krankheit seine zuletzt vor der Arbeitsunfähigkeit ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausführen kann. Bei der Beurteilung ist darauf abzustellen, welche Bedingungen die bisherige Tätigkeit konkret geprägt haben. Arbeitsunfähigkeit liegt auch vor, wenn aufgrund eines bestimmten Krankheitszustandes, der für sich allein noch keine Arbeitsunfähigkeit bedingt, absehbar ist, dass aus der Ausübung der Tätigkeit für die Gesundheit oder die Gesundung abträgliche Folgen erwachsen, die Arbeitsunfähigkeit unmittelbar hervorrufen. Arbeitsunfähigkeit besteht auch während einer stufenweisen Wiederaufnahme der Arbeit fort, durch die dem Versicherten die dauerhafte Wiedereingliederung in das Erwerbsleben durch eine schrittweise Heranführung an die volle Arbeitsbelastung ermöglicht werden soll. Arbeitsunfähigkeit kann auch während einer Belastungserprobung und einer Arbeitstherapie bestehen.“ ).
161Durch die vorliegenden ärztlichen Befunde und das ärztliche Sachverständigengutachten vom 16.05.2012 und dessen mündliche Erläuterung durch den Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung am 04.07.2016 ist nicht der Beweis geführt, dass der Kläger im September und Oktober 2009 arbeitsunfähig erkrankt war. Die Kammer hat nicht die zweifelsfreie Überzeugung (§ 286 ZPO) gewonnen, dass der Kläger in den Monaten November 2009 bis September 2011 arbeitsunfähig erkrankt war. Den klägerseits vorgelegten Wiedereingliederungsplänen der bis dato behandelnden Fachärztin für psychotherapeutische Medizin / Psychiatrie Dr. S vom 18.05.2009 und dem abgeänderten Plan über eine Wiedereingliederung vom 17.08.2009 bis zum 31.08.2009 kann einerseits die ärztliche Einschätzung entnommen werden, dass die Ärztin für den jeweils vorgeschlagenen Wiedereingliederungszeitraum Arbeitsunfähigkeit festgestellt hat, damit also bis zum 03.07.2009 und später dann bis zum 31.08.2009; zugleich hat die behandelnde Ärztin andererseits im Wiedereingliederungsplan vom 18.05.2009 als Zeitpunkt, für den die „Wiederherstellung der vollen Arbeitsfähigkeit absehbar“ ist, angegeben: „Ende der Sommerferien [2009]“. Ausdrückliche Aussagen über eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers im hier interessierenden Anspruchszeitraum ab November 2009 enthalten diese ärztlich erstellten Dokumente nicht. Da die Behandlung durch Dr. S ausweislich deren schriftlicher Auskunft vom 30.04.2010 (Bl. 502 GA) mit dem 18.05.2009 geendet hatte, besitzen die Angaben der Ärztin in den Wiedereingliederungsplänen wie auch deren sonstige Angaben für die Kammer keinen beachtlichen Beweiswert zum Beweisthema „Arbeitsunfähigkeit ab November 2009“. Auch den Feststellungen der Amtsärztin Dr. U vom Januar 2010 lässt sich eine fortbestehende Arbeitsunfähigkeit nicht entnehmen. Entgegen der Entscheidung des Arbeitsgerichts vermittelt das von Prof. Dr. N schriftlicher erstellte und am 04.07.2016 ergänzend mündlich erörterte Sachverständigengutachten der Berufungskammer nicht die zweifelsfreie Überzeugung, dass der Kläger in den Monaten November 2009 bis September 2011 arbeitsunfähig erkrankt war, wie die Beklagte behauptet. Der Gutachter hat für den Anspruchszeitraum die diagnostische Zuordnung getroffen, dass der Kläger in den Monaten ab November 2009 und auch zum Zeitpunkt der Begutachtung am 09.11.2011 an einem „Zustand nach depressiver Episode, rezidivierend, gegenwärtig remittiert (ICD-10:F32.4)“ litt, dass seither keine neue depressive Episode aufgetreten war und so zurückliegend bis 2009 eine akute psychische Störung nach ICD-10 ausgeschlossen werden kann, wie sie zuvor bei Beginn der Behandlung durch Dr. S im Februar 2008 vorgelegen hatte; demgegenüber verbleibe als überdauernde Krankheit eine Persönlichkeitsstörung (F60 nach ICD-10), welche sich nicht dauerhaft oder häufig wiederkehrend in abweichendem Verhalten niederschlagen müsse und aus der bei einer intelligenten und durchaus leistungsmotivierten Persönlichkeit wie dem Kläger unter günstigen Bedingungen ein sozial unauffälliges Verhalten auch im schulischen Beruf resultieren könne (S. 13-18 Gutachten / Bl. 112-117 GA); auf der Grundlage der fachärztlichen Begutachtungen ab dem 18.05.2009, so der Gutachter abschließend, waren die wesentlichen Gründe für die langjährige Arbeitsunfähigkeit ersichtlicherweise entfallen (S. 23 / Bl. 122 GA, im Text ersichtlich fehlerhaft: „Arbeitsfähigkeit“). Durch diese Aussagen ist eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers ab November 2009 nicht belegt. Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht die Aussage des Gutachters, die Symptomremission bezüglich der affektiven Störung reiche aber nicht aus, um die Arbeitsfähigkeit unter den gegebenen beruflichen Bedingungen in der Schule zu garantieren, hierzu sei eine zusätzliche Einschätzung der Belastbarkeit auf dem Hintergrund der im September/Oktober 2009 vorhandenen paranoiden Persönlichkeitsstörung entscheidend (S. 21, 23 Gutachten / Bl. 120, 122 GA). Auch die weitere Aussage des Gutachters „Ob ab dem September 2009 Arbeitsfähigkeit bestand, kann aber ohne die Prüfung der berufsspezifischen Belastungsfähigkeit im Rahmen eingestuften Wiedereingliederungsversuchs nicht entschieden werden“ (S. 23 / Bl. 122 GA) ermöglicht nicht die sichere Feststellung, dass der Kläger ab November 2009 arbeitsunfähig war, wie es die Beklagte behauptet. Durch die Aussage des Gutachters ist eine Arbeitsfähigkeit nicht ausgeschlossen. Gleiches gilt für die im Tatbestand wiedergegebenen abschließenden Ausführungen unter (a) – (c) des schriftlichen Gutachtens (S. 24 / Bl. 123 GA). Nachdem das beklagte Land sich auf die klägerseits wiederholt angesprochene Möglichkeit einer Wiedereingliederungsmaßnahme in keiner Weise eingelassen hat, muss sich der Kläger nicht darauf verweisen lassen, zur Feststellung seiner Arbeitsfähigkeit sei zuvor eine Belastungserprobung in einem Wiedereingliederungsverhältnis durchzuführen gewesen. Auch die mündlichen Erläuterungen des Gutachters vom 04.07.2016 haben die Berufungskammer nicht überzeugt, dass der Kläger in den streitgegenständlichen Monaten arbeitsunfähig erkrankt war. Auch bei seiner Anhörung in der Berufungsverhandlung hat der Gutachter angegeben, dass im Klagezeitraum vom Fehlen eines relevanten depressiven Syndroms oder eines anderen akuten Krankheitssyndroms auszugehen ist, dass aber andererseits die vorhandene paranoide / narzisstische Persönlichkeitsstörung fortbestand, welche sich allerdings im Alter etwas entdifferenzieren könne. Auch in der mündlichen Aussage hat der Gutachter wiederholt die Erkenntnismöglichkeit durch Wiedereingliederung betont. Zwar hat der Gutachter dann im weiteren Verlauf ausgeführt, ohne Wiedereingliederung sei von einer Arbeitsunfähigkeit bis September 2011 auszugehen, in einer solchen Situation sei eine Arbeit in Vollzeit aus ärztlicher Sicht nicht empfehlenswert, weil das eine Überforderung bedeuten würde. Dies begründet für die Kammer jedoch nicht die zweifelsfreie Überzeugung einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit des Klägers. Denn der Gutachter hat eingangs seiner Erläuterung und in Übereinstimmung mit seinem schriftlichen Gutachten dargestellt, dass die bei Beginn der Behandlung im Februar 2008 vorliegende akute Störung nach ICD-10 im Anspruchszeitraum nicht vorgelegen habe, damit seien die wesentlichen Gründe für die zuvor langjährige Arbeitsunfähigkeit entfallen, die überdauernde Persönlichkeitsstörung (F 60 nach ICD-10) müsse sich nicht dauerhaft oder häufig wiederkehrend in abweichendem Verhalten niederschlagen, aus dieser Störung könne unter günstigen Bedingungen ein sozial unauffälliges Verhalten auch im schulischen Beruf resultieren. Vorausgeschickt hatte der Gutachter, dass es für das Bestehen von Arbeitsfähigkeit auf eine doppelte Passfähigkeit im Hinblick auf das Arbeitsumfeld ankomme („Der Mitarbeiter muss passen, das Arbeitsumfeld muss passen, also beide müssen zueinander passen (Schlüssel und Schloss).“). Eine Gesamtwürdigung der schriftlichen und mündlichen Ausführungen des Gutachters führen aus den vorstehend dargestellten Gründen zu dem Ergebnis, dass die Kammer nicht überzeugt ist (§ 286 ZPO), dass der Kläger in den Anspruchsmonaten bei dem vertragsgerechten Einsatz als angestellte Lehrkraft in der Schule arbeitsunfähig krank war.
1623. Die Verfallfrist des § 37 Abs. 1 TV-L steht dem Erfolg der Klage nicht entgegen. Nach dieser Bestimmung verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit von dem Berechtigten schriftlich geltend gemacht werden. Nach § 37 Satz 2 TV-L reicht für denselben Sachverhalt die einmalige Geltendmachung des Anspruchs auch für später fällige Leistungen aus. Eine diesen Anforderungen genügende Geltendmachung ist hier mit dem Anwaltsschreiben vom 14.10.2009 erfolgt (s.o. unter 2. b) ). Da für das beklagte Land Grund und Höhe des Anspruchs ersichtlich waren, ist es unschädlich, dass der Anspruch nicht ausdrücklich beziffert worden ist (vgl. BAG 18.02.2016 – 6 AZR 700/14 – Rn. 45). Eine weitere zureichende Geltendmachung stellt die Klageerhebung für die Monate September und Oktober 2009 im November 2009 dar.
1634. Als Rechtsfolge des Annahmeverzugs ergibt sich aus § 615 Satz 1 BGB die Zahlungspflicht hinsichtlich Entgelt und Zuschuss für die streitgegenständlichen Monate November 2009 bis September 2011 in der zwischen den Parteien unstreitigen Höhe. Die anderweitig erzielten Bezüge hat sich der Kläger anrechnen lassen und sie in den Klageanträgen ab Mai 2011 zum Abzug gebracht. Verzinsung schuldet das beklagte Land nach §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1, 247 BGB. Zu verzinsen ist der Bruttobetrag (BAG GS 07.03.2001 AP BGB § 288 Nr. 1).
1645. Unbegründet ist die Berufung, soweit der Kläger mit seinen Klageanträgen jeweils monatliche Abrechnungen begehrt. Nach § 108 GewO ist dem Arbeitnehmer bei der Zahlung von Arbeitsentgelt eine Abrechnung in Textform zu überreichen, welche mindestens Angaben über den Abrechnungszeitraum und die Zusammensetzung des Arbeitsentgelts enthalten muss. Ein Anspruch, bei einer nachträglich für mehrere Monate erfolgenden Zahlung für jeden Monat eine gesonderte Abrechnung zu erhalten, ergibt sich aus dieser Bestimmung nicht. Insoweit war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
1656. Die Kostenentscheidung fußt auf § 92 Abs. 1 ZPO. Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache hat die Kammer nach § 72 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.
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Urteil einreichenLandesarbeitsgericht Hamm Urteil, 04. Juli 2016 - 11 Sa 1330/14 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
Tenor
1. Das Versäumnisurteil vom 23.01.2014 bleibt aufrechterhalten.
2. Der Kläger trägt auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits.
3. Der Streitwert wird auf 85.802,60 € festgesetzt.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten um Annahmeverzugslohnansprüche des Klägers für die Zeit von November 2009 bis September 2011.
3Diesem Rechtsstreit ging ein Vorverfahren voraus, in welchem die Parteien um Annahmeverzugslohnansprüche für die Monate September und Oktober 2009 stritten. Die Akte war beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Die 4. Kammer des Arbeitsgerichts Dortmund hat diese Klage durch Urteil vom 23.09.2010 (4 Ca 5440/09) abgewiesen. Auf den Tatbestand des Urteils wird ergänzend Bezug genommen. Das Landesarbeitsgericht Hamm (11 Sa 1936/10) hat die Berufung des Klägers durch Urteil vom 26.05.2013 zurückgewiesen. Das Urteil ist nach erfolgloser Nichtzulassungsbeschwerde rechtskräftig. Auf den Tatbestand des Urteils wird ergänzend Bezug genommen. Darin heißt es:
4„Die Parteien streiten um Annahmeverzugsansprüche hilfsweise Schadenersatzansprüche des Klägers für die Monate September und Oktober 2009.
5Der 1954 geborene Kläger ist seit dem 08.08.1994 bei dem beklagten Land als Lehrer, zuletzt in der Gesamtschule T in E, mit einer verringerten Stundenzahl zu einem Bruttoverdienst von 3.543,63 € sowie einem Zuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 222,57 € monatlich, beschäftigt.
6Ab März 2007 war der Kläger arbeitsunfähig krank. In der Zeit vom 08.02.2008 bis 18.05.2009 befand sich der Kläger in der Behandlung von Frau Dr. S-N, Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Fachärztin für Psychiatrie – Psychotherapie –. Diese schlug unter dem Datum vom 18.05.2009 Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung in das Erwerbsleben vor. Auf das zur Akte gereichte Formular „Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung in das Erwerbsleben (Wiedereingliederungsplan)“ wird Bezug genommen (Bl. 9 GA). In diesem Wiedereingliederungsplan empfahl die Ärztin Dr. S-N eine Aufnahme der Tätigkeit vom 26.06.2009 bis zum 03.07.2009 mit drei Stunden täglich. Als „absehbarer“ Zeitpunkt der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit ist angegeben: „Ende der Sommerferien“. Die Sommerferien in Nordrhein-Westfalen währten 2009 vom 02.07.2009 (Do) bis zum 14.08.2009 (Fr.). Das beklagte Land führte die ärztlich empfohlene Wiedereingliederung nicht durch. Im weiteren Verlauf war der Kläger bei dem Allgemeinmediziner Dr. E1 in Behandlung und zwar ausweislich der bei der Krankenversicherung E2 eingereichten Rechnungen am 27.07.2009, 16.09.2009 und 01.10.2010 (Bl. 104 GA).
7Mit Schreiben des ehemaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 25.08.2009 wurde dem beklagten Land bestätigt, „dass die Arbeitsunfähigkeit von Herrn T1 am 31.08.2009 enden soll“ und eine Wiedereingliederung erfolgen solle. Vom damaligen Anwalt des Klägers wurde „bis zur endgültigen Entscheidung über die Wiedereingliederung zunächst eine Freistellung [des Klägers] ab dem 01.09.2009“ vorgeschlagen (Bl. 15, 16 GA). Das beklagte Land teilte daraufhin mit, solange eine Arbeitsfähigkeit nicht nachgewiesen sei, komme ein schulischer Einsatz des Klägers nicht in Betracht (Bl. 18, 19 GA). Unter dem Datum vom 14.10.2009 überreichte der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers dem beklagten Land die ärztliche Bescheinigung des Herrn Dr. E1 vom 01.10.2009, in der es heißt (Bl. 26 GA):
8„Bei Gewährung normaler schulischer Rahmenbedingungen (Verzicht auf überdurchschnittliche Setzung von Vertretungsstunden/Mehrarbeit sonstiger Art) ist Herr T1 ab sofort wieder voll arbeitsfähig.“
9Nachdem eine Reaktion des beklagten Landes nicht erfolgte, begehrt der Kläger nunmehr mit seiner am 10.11.2009 bei Gericht eingegangenen Klage Entgelt für die Monate September 2009 und Oktober 2009.
10Am 20.01.2010 wurde ein amtsärztliches Gutachten bei Frau Dr. U eingeholt, auf dessen Inhalt verwiesen wird (Bl. 38 GA). Abschließend heißt es dort:
11„Von einer weiteren psychiatrischen Begutachtung habe ich abgesehen, da eine Klärung der unterschiedlichen Meinungen zweier Fachärzte für Psychiatrie durch eine weitere ambulante Begutachtung nicht zu erwarten ist.
12Klärung herbeiführen könnte ein 4- bis 6wöchiges Heilverfahren mit gutachterlicher Beobachtung und stationärer Berufsbelastung in der Psychosomatischen Abteilung der Uniklinik N1.“
13Der Kläger hat die Ansicht vertreten, durch die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung vom 01.10.2009, die ihm attestiere wieder arbeitsfähig zu sein, sei das Indiz für eine fortdauernde gesundheitlich bedingte Arbeitsunfähigkeit ausreichend erschüttert. Der Kläger hat hierzu auf das Urteil des LAG Köln vom 29.11.2006 – 7 Sa 1646/05 – verwiesen. Im Übrigen habe ihm Frau Dr. S-N bereits am 18.5.2009 erklärt, er sei wieder arbeitsfähig und erst auf seinen Hinweis, dass er noch einige Tage brauche, um sich sowohl mental als auch fachlich auf den Wiedereintritt in den Schuldienst einzustellen, die Möglichkeit einer Wiedereingliederung erwogen. Der Kläger hat sich für diese Darstellung auf Mitschnitte von Telefonaten mit Frau Dr. S-N am 05.05.2009, 11.05.2009 und 18.05.2009 bezogen, die er ohne deren Wissen gefertigt hat. Schließlich habe auch die Amtsärztin festgestellt, dass Anzeichen für eine Arbeitsunfähigkeit nicht vorlägen. Die von dem Arzt Dr. Q, Vertrauensarzt der Krankenkasse E2, und den Psychiatern Dr. Q1 / Dr. I und Dr. M2 unterstellten Krankheitsdiagnosen hätten schließlich dazu geführt, dass er die Bestellung eines vom Gericht vorgeschlagenen Sachverständigen wegen auch in Zukunft zu erwartender willkürlicher Diagnosen, wie sie bei den genannten Ärzten durch die zur Akte gereichten Gesprächsmitschnitte belegt seien (Bl. 231 GA), bis zur Klärung des Wahrheitsgehalts auch der Aussagen der Frau Dr. S-N und der Amtsärztin Frau Dr. U ablehne.
14Der Kläger hat beantragt,
15die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 7.087,26 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 3.543,63 € seit dem 01.10. und 01.11.2009 zu zahlen,
16die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 445,14 € netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 224,57 € seit dem 01.10. und 01.11.2009 zu zahlen.
17Das beklagte Land hat beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Das beklagte Land hat vorgetragen, das Arbeitsangebot des Klägers sei abgelehnt worden, da die Arbeitsfähigkeit nicht durch ein aussagekräftiges Attest nachgewiesen worden sei. Das Attest vom 01.10.2009 lasse nicht erkennen, dass sich der behandelnde Arzt mit der Art der Erkrankung des Klägers und der Krankengeschichte tatsächlich befasst habe. Es entstehe vielmehr der Eindruck, dass es sich bei diesem Attest um eine Gefälligkeitsbescheinigung handele, dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Kläger nicht die ihn – zumindest bis Mai 2009 – behandelnde Fachärztin für Psychiatrie, Frau Dr. S-N, konsultiert habe, die ja die Wiedereingliederungspläne erstellt habe. Auch aus dem amtsärztlichen Attest könne nicht auf eine Arbeitsfähigkeit des Klägers geschlossen werden. Es handele sich insoweit um eine Momentaufnahme, eine Klärung der Arbeitsfähigkeit des Klägers könne nur im Rahmen einer gutachterlichen Beobachtung und stationärer Berufsbelastung herbeigeführt werden. Im Lichte der amtsärztlichen Untersuchung erweise sich die vom Kläger vorgelegte Arbeitsfähigkeitsbescheinigung als völlig unzureichend, weswegen der Kläger zur Klärung der Arbeitsfähigkeit gehalten sei, das entsprechende stationäre Heilverfahren durchzuführen. Nachdem der Kläger sich – unstreitig – nicht dazu bereit erklärt habe und auch dem Vorschlag der Amtsärztin vom 20.05.2010 (Bl. 150, 151 GA) nicht habe folgen wollen, könne weiterhin eine Arbeitsfähigkeit nicht angenommen werden.
20Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Einholung von ärztlichen Auskünften der Frau Dr. S-N und des Herrn Dr. E1. Wegen der erteilten Auskünfte der Ärztin Dr. S-N vom 30.04.2010 und vom 17.07.2010 wird auf Bl. 142, 143 GA und Bl. 194, 195 GA verwiesen und wegen der ärztlichen Stellungnahme des Dr. E1 vom 27.04.2010 auf Bl. 96 GA. Ferner wird auf die vom Arbeitsgericht veranlasste ärztliche Stellungnahme der Amtsärztin Dr. U vom 20.05.2010 Bezug genommen (Bl. 150, 151 GA).
21Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 23.09.2010 abgewiesen. Der Kläger könne die Zahlung von Arbeitsentgelt für den Zeitraum vom 01.09.2009 bis zum 31.10.2009 nicht verlangen. Ansprüche eines Arbeitnehmers aus Annahmeverzug setzten voraus, dass der Arbeitnehmer in der Lage sei, seine arbeitsvertraglich geschuldete Leistung zu erbringen. Eine Arbeitsfähigkeit des Klägers lasse sich im Hinblick auf das von ihm vorgelegte Attest des Dr. E1 vom 01.10.2009 ab dem 01.09.2009 oder ab dem 01.10.2009 nicht feststellen. Vielmehr werde dieses durch die Auskunft der Amtsärztin Dr. U, die Auskünfte der Frau Dr. S-N sowie die Auskunft des Dr. E1 widerlegt. Im Ergebnis sei davon auszugehen, dass durch das Attest des Dr. E1 vom 01.10.2010 die Indizwirkung für eine fortdauernde gesundheitlich bedingte Arbeitsunfähigkeit nicht ausreichend erschüttert sei, denn es sei nicht erkennbar, aufgrund welcher Umstände der Aussteller des Attests vom 01.10.2009 von einer Arbeitsfähigkeit des Klägers ausgegangen sei. Es wäre deshalb Sache des Klägers gewesen, nunmehr gegebenenfalls durch Einholung eines Sachverständigengutachtens oder aber durch das von der Amtsärztin vorgeschlagene Heilverfahren Beweis über die von ihm behauptete Arbeitsfähigkeit zum Zeitpunkt 18.05.2009, 01.09.2009 oder 01.10.2009 zu erbringen. Da der Kläger aufgrund der von ihm verdeutlichten massiv ausgeprägten Angst hinsichtlich einer auch in Zukunft zu erwartenden willkürlichen Diagnose den vom Gericht vorgeschlagenen Sachverständigen Dr. S1 abgelehnt habe, könnten abschließende Feststellungen zur Arbeitsfähigkeit des Klägers ab dem 18.05.2009, 01.09.2009 oder 01.10.2009 nicht getroffen werden. Da es dem beklagten Land gelungen sei, den Beweiswert der ärztlichen Bescheinigung vom 01.10.2009 zu widerlegen bzw. das Attest vom 01.10.2009 eine Arbeitsfähigkeit des Klägers nicht annehmen lasse, sei von einer weiteren Arbeitsunfähigkeit des Klägers über die genannten Daten hinaus auszugehen. Das beklagte Land schulde daher das eingeklagte Arbeitsentgelt nicht.
22Das Urteil ist dem Kläger am 14.10.2010 zugestellt worden. Der Kläger hat am 12.11.2010 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 14.01.2011 am 14.01.2011 begründet.
23Der Kläger wendet ein, unzutreffend habe das Arbeitsgericht angenommen, dass er die Beweislast für die Arbeitsfähigkeit habe und diesen Beweis nicht geführt habe. Berufe sich der Arbeitnehmer auf seine Arbeitsfähigkeit, so treffe die Darlegungs- und Beweislast für das Unvermögen gemäß § 297 BGB den Arbeitgeber. Der Arbeitgeber könne hierbei grundsätzlich keine Arbeitsfähigkeitsbescheinigung des Arbeitnehmers verlangen. Allein der Umstand einer vorangegangenen längeren Arbeitsunfähigkeit reiche nicht aus, um im Einzelfall annehmen zu können, dass die Arbeitsfähigkeit durch den Arbeitnehmer näher zu belegen sei. Diesen Grundsatz habe das Arbeitsgericht verkannt. Die Fehlerhaftigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung liege darin, dass sie alleine in der vorangegangenen Arbeitsunfähigkeit einen Umstand sehe, welcher gegen die Leistungsfähigkeit spreche und der zur Umkehr der Darlegungs- und Beweislast führen solle. Soweit das Arbeitsgericht die ärztlichen Berichte fälschlich dahin werte, dass diese eine Arbeitsfähigkeit nicht nachwiesen, sei festzustellen, dass diese umgekehrt aber gerade auch eine Arbeitsunfähigkeit nicht bestätigten. Sei die Darlegungs- und Beweislast aber bei der Beklagten verblieben, gehe das Ergebnis eines fehlenden Nachweises der Arbeitsunfähigkeit zu Lasten des beklagten Landes. Tatsächlich habe sich das beklagte Land im Annahmeverzug befunden und habe daher gemäß § 615 BGB den eingeklagten Lohn zu zahlen. Selbst wenn man mit dem Arbeitsgericht von einer Umkehr der Darlegungs- und Beweislast ausgehe, habe das Arbeitsgericht nicht hinreichend berücksichtigt, dass er die ihn behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht entbunden habe. Allein durch diese Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht sei die Darlegungs- und Beweislast wieder auf das beklagte Land übergegangen. Ungeachtet der vorstehenden Umstände sei das Arbeitsgericht aber auch zu einer fehlerhaften Beweiswürdigung gekommen. Ohne Anlass und ohne Anhaltspunkte habe das Arbeitsgericht unzutreffend ausgeführt, dass sich Herr Dr. E1 bei der Erstellung der Bescheinigung vom 01.10.2009 nicht mit dem Krankheitsbild auseinandergesetzt habe und nicht klar sei, ob sich die Bescheinigung der Arbeitsfähigkeit tatsächlich auf dieses Krankheitsbild beziehe. Aus welchen Gründen das Gericht zu dieser Annahme gelangt sei, werde nicht erläutert und sei auch nicht nachvollziehbar. Angesichts der vorliegenden Erklärungen sei nicht nachvollziehbar, wie das Arbeitsgericht zu dem Ergebnis gekommen sei, dass Dr. E1 sich nicht mit dem maßgeblichen Krankheitsbild auseinandergesetzt habe. Ebenso habe das Arbeitsgericht die Auskünfte der Frau Dr. S-N fehlerhaft bewertet. Die eingeholten Angaben der Ärztin widerlegten gerade nicht eine Arbeitsfähigkeit. Fehlerhaft sei auch die Schlussfolgerung des Arbeitsgerichts bezogen auf die Ausführung der Amtsärztin Dr. U. Aus der Tatsache, dass diese nicht habe bestätigen können, dass der Kläger nicht arbeitsunfähig sei, werde eine Arbeitsfähigkeit gerade nicht widerlegt. Das Arbeitsgericht habe übersehen, dass Frau Dr. U von einer Arbeitsfähigkeit ausgegangen sei. Es verbleibe dabei, dass Frau Dr. S-N am 18.05.2009 die Erklärung abgegeben habe, dass er gesund sei. Dies könne Frau Dr. S-N bestätigen. Darüber hinaus habe er im Verfahren erster Instanz unter Protest gegen die Beweislast die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeboten. Hierzu habe das Gericht ausgeführt, dass er eine Begutachtung abgelehnt habe und deshalb beweisfällig geblieben sei. Wäre es tatsächlich so, dass er beweisbelastet sei, wäre er natürlich zu einer Begutachtung bereit gewesen. Sowohl bei der Beweiswürdigung als auch bei den rechtlichen Ausführungen habe das Arbeitsgericht nicht berücksichtigt, dass eine Leistungsunfähigkeit nicht schon dann gegeben sei, wenn der Arbeitnehmer nicht mehr alle Arbeiten verrichten könne, die zu seinen vertraglichen Aufgaben gehörten. Im Rahmen der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers und Dienstherrn habe dieser dem Arbeitnehmer selbst bei eingeschränkter Tätigkeitsmöglichkeit im Rahmen des Zumutbaren auch gegebenenfalls nicht vertragsgemäße Arbeiten zuzuweisen bzw. den Arbeitsplatz so einzurichten, dass der Arbeitnehmer Tätigkeiten ausüben könne, die seiner Leistungsfähigkeit entsprächen. Ungeachtet seiner vollen Arbeitsfähigkeit wäre das beklagte Land daher auch verpflichtet gewesen, ihn zu beschäftigen, wenn bei ihm Einschränkungen in der Leistungsfähigkeit vorhanden gewesen wären. Zumindest wäre das beklagte Land gehalten gewesen, dem Wiedereingliederungsantrag nachzukommen. Dadurch, dass das beklagte Land dies nicht getan habe, habe es sich nach § 280 Abs. 1 BGB schadenersatzpflichtig gemacht und habe für den Fall, dass eine Zahlungspflicht nach § 615 BGB nicht bestehen sollte, jedenfalls Schadenersatz in Höhe der geltend gemachten Gehaltsansprüche zu leisten.
24Zum gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachten vom 09.12.2012 (s.u.) führt der Kläger aus, dass dies nach seinem Dafürhalten so zu verstehen sei, dass bei dort genannter Modifikation der Arbeitsbedingungen durchaus eine gestufte Wiedereingliederung im September 2009 erfolgreich verlaufen wäre. Nur wenn die Arbeitsbedingungen im Vergleich zu 2007 unverändert gewesen wären, wäre eine stufenweise Wiedereingliederung voraussichtlich nicht erfolgreich verlaufen. Er habe aber Anspruch darauf gehabt, dass das beklagte Land zumindest zunächst ab September 2009 eine stufenweise Wiedereingliederung bei modifizierten Arbeitsbedingungen gewährleistet bzw. ermöglicht hätte. Diesen Versuch habe das beklagte Land entgegen der ihm obliegenden Fürsorgepflicht gänzlich unterlassen. Hilfsweise werde die Klageforderung damit begründet, dass September und Oktober 2009 eine Wiedereingliederung nicht erfolgt sei. Er habe zunächst im September 2008 einen Wiedereingliederungsantrag bei dem beklagten Land gestellt, welcher bis zum März 2009 von der Bezirksregierung nicht beantwortet worden sei. Dieser Antrag sei am 18.05.2009 von Frau Dr. S-N wiederholt worden und am 01.10.2009 durch eine positive Feststellung von Dr. E1 untermauert worden. Das beklagte Land sei zumindest verpflichtet gewesen, ihn mit dem Ziel einer Wiedereingliederung zu beschäftigen. Er sei im September/Oktober 2009 in der Lage gewesen, eine allmähliche Steigerung der beruflichen Belastung zu erreichen. Pflichtwidrig habe das beklagte Land sogar eine Wiedereingliederung abgelehnt. Hätte das beklagte Land der Wiedereingliederung zugestimmt, hätte er Entgeltersatzleistungen vom Kostenträger der Wiedereingliederungsmaßnahme (Krankenversicherung) in Höhe des Arbeitsentgelts erhalten.
25Der Kläger beantragt,
26unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Dortmund, Aktenzeichen 4 Ca 5440/09 vom 23.09.2010, zu-gestellt am 14.10.2010, wird das beklagte Land verurteilt, an den Kläger 7.087,26 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 3.543,63 € seit dem 01.10. und 01.11.2009 zu zahlen, sowie darüber hinaus an den Kläger weitere 445,14 € netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 223,57 € seit dem 01.10. und 01.11.2009 zu zahlen.
27Das beklagte Land beantragt,
28die Berufung zurückzuweisen.
29Das beklagte Land verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts. Nach gefestigter Rechtsprechung komme der Arbeitgeber mit der Annahme der Dienste des Arbeitnehmers nicht in Verzug, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich objektiv nicht leistungsfähig sei. Die langjährige psychische Erkrankung des Klägers sei nach den Grundsätzen der Rechtsprechung als Indiz für die tatsächliche Arbeitsunfähigkeit zu werten. Darüber hinaus seien im Verlauf des erstinstanzlichen Prozesses Tatsachen zutage getreten, nach denen davon ausgegangen werden könne, dass eine psychische Erkrankung jedenfalls ab 2005 ihren Verlauf genommen habe. Die vom Kläger vorgelegte „Gesundschreibung“ vom 01.10.2009 sei unzureichend. Der ausstellende Arzt Dr. E1 sei nicht der behandelnde Arzt in Hinsicht auf die psychische Erkrankung des Klägers. Ausweislich der Rechnung des Allgemeinmediziners Dr. E1 habe am 01.10.2009 lediglich eine Beratung gemäß Ziffer Nr. 1 GOÄ stattgefunden und sei eine kurze Bescheinigung gemäß Ziffer Nr. 70 GOÄ ausgestellt worden. Inhalt der so abgerechneten ärztlichen Leistungen sei aber gerade nicht eine ausführliche Untersuchung. Eine vollständige körperliche Untersuchung werde abgerechnet nach Ziffer Nr. 7 GOÄ. Die Abrechnung ärztlicher Leistungen auf dem Gebiet der Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie würden abgerechnet nach den Ziffern Nr. 800 ff. GOÄ. Entgegen der Darstellung des Klägers führe nicht der formale Akt der Schweigepflichtentbindung zur Beweislastumkehr. Weder die von der Schweigepflicht entbundene Ärztin Dr. S-N noch der von der Schweigepflicht entbundene Dr. E1 hätten konkrete Tatsachen zur Arbeitsfähigkeit des Klägers am 01.10.2009 schildern können. Die vom Gericht eingeholten Auskünfte seien nicht geeignet, die Indizwirkung für eine fortbestehende Arbeitsunfähigkeit des Klägers zu erschüttern. Letztlich seien das Verhalten und das schriftliche Vorbringen des Klägers aufschlussreich und ließen keinen anderen Schluss zu, als den, dass der Kläger nach wie vor massiv unter psychischen Störungen leide und auch zum 01.10.2009 eine Arbeitsfähigkeit nicht vorgelegen habe:
30Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 10.03.2010 habe der Kläger die Entbindung von der Schweigepflicht erklärt, mit anwaltlichem Schriftsatz vom 09.04.2010 habe er die Erklärung widerrufen. Mit eigenem Schriftsatz vom 15.06.2010 habe der Kläger mitgeteilt, dass er seinem bisherigen Prozessvertreter das Mandat entzogen habe. Im weiteren Schriftsatz vom 15.06.2010 habe der Kläger sämtliche ihn wegen der psychischen Erkrankung seit 2005 behandelnden und begutachtenden Ärzte einschließlich der Amtsärztin Frau Dr. U der Falschaussage, der Manipulation zu seinen Lasten und der Konspiration mit der ihm übel gesonnenen Bezirksregierung bezichtigt. Im Juli 2010 habe der Kläger behauptet, dass Frau Dr. S-N lüge, von der Bezirksregierung unter Druck gesetzt worden sei und vor dem Arbeitsgericht Dortmund falsch ausgesagt habe. Weiterhin habe der Kläger Beeinflussung/Manipulation durch den vormals für ihn tätigen Rechtsanwalt Dr. X vermutet. Im August 2010 habe der Kläger die Begutachtung durch einen weiteren Arzt aus Angst vor zu erwartenden extremen Repressalien abgelehnt. Im September 2010 habe der Kläger vorgetragen, sein Vertrauen in die bundesdeutsche Ärzteschaft sei „gleich Null“. Sämtliche ihn untersuchenden Psychiater hätten sich fehlverhalten, die Bezirksregierung Arnsberg und das Arbeitsgericht Dortmund hätten ihre Fürsorgepflichten verletzt. Dieses Vorbringen zeuge von einer erheblichen Persönlichkeitsstörung.
31Auf die von dem beklagten Land insoweit beigefügten Kopien von Schreiben des Klägers vom 19.09.2010, vom 03.08.2010, vom 29.07.2010 und zwei Schreiben vom 15.06.2010 wird Bezug genommen (Bl. 301 bis 308 GA).
32Die Persönlichkeitsstörung mache es dem Kläger unmöglich, seine Situation unvoreingenommen zu beurteilen und lasse letztlich auch die Einsichtsfähigkeit fehlen für die Notwendigkeit einer dringend angezeigten Therapie. Das selbst nach laienhaftem Verständnis augenscheinlich vorliegende gravierende Krankheitsbild lasse keinen Anhaltspunkt dafür zu, dass der Kläger im Herbst 2009 arbeitsfähig gewesen sei. Im Hinblick auf einen etwaigen Anspruch des Klägers auf eine Wiedereingliederung weist das beklagte Land darauf hin, dass es sich bei dem Kläger nicht um einen schwerbehinderten Arbeitnehmer handele und im Übrigen auch kein ordnungsgemäßer Wiedereingliederungsantrag vorgelegen habe. Allein die Bezugnahme auf das Attest des Hausarztes sei nicht geeignet, von der Arbeitsfähigkeit des Klägers bzw. einem Anspruch auf Wiedereingliederung auszugehen.
33Die Berufungskammer hat Beweis erhoben über die Behauptung des beklagten Landes, der Kläger sei in den streitgegenständlichen Monaten September und Oktober 2009 krankheitsbedingt arbeitsunfähig gewesen durch Einholung eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Auf das schriftlich erstattete Gutachten des Universitätsprofessors Dr. med. N3, Universitätsklinikum C, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 09.05.2012 wird Bezug genommen (Bl. 385 bis 408 GA). Auf Seite 21 des Gutachtens heißt es auszugsweise:
34„ . . .
35Für den Zeitraum September/Oktober 2009 liegen keine direkten fachärztlichen Beurteilungen vor. Die geforderte gutachterliche Stellungnahme kann also nur aus vorliegenden und vorgetragenen Beurteilungen und Berichten für andere Zeitintervalle erschlossen werden. Die vorliegenden Evidenzen lassen folgende Folgerungen zu:
36Die Feststellung der Arbeitsfähigkeit im September/Oktober 2009 erfordert die gleichzeitige Berücksichtigung der Persönlichkeit von Herrn T1, wie deren Störungen und der arbeitsbezogener Umwelt; die Arbeitsfähigkeit war von der Modifizierbarkeit der Arbeitsbedingungen abhängig:
37(a) unter Fortbestand der bis zur AU-Schreibung in 2007 geltenden Rahmenbedingungen (mit Notwendigkeit von Vertretungsleistung und Kommunikationsproblemen mit Schulleitung und Dienstherren) war eine Arbeitsfähigkeit vermutlich wegen wahrscheinlicher, unverhältnismäßiger Reaktionsbildungen bei paranoider Persönlichkeitsstörung nicht gegeben.
38(b) Bei Modifikation der Rahmenbedingungen (keine Vertretungsstunden, evtl. Reduktion des Stundenkontingents, Entgegenkommen und Kommunikationsangebote seitens des Dienstherren und der Schulleitung) wäre eine stufenweise Wiedereingliederung voraussichtlich erfolgreich verlaufen.
39. . . “
40Auf der letzten Textseite des Gutachtens heißt es unter „Zusammenfassung“ auszugsweise (Bl. 407 GA):
41„ . . . Dabei wurde offenbar davon ausgegangen ist, dass Arbeitsbedingungen im Vergleich zu 2007 unverändert sind. Unter dieser Annahme wäre aufgrund der fortbestehenden Persönlichkeitsstörung eine gestufte Wiedereingliederung im September 2009 wahrscheinlich nicht erfolgreich verlaufen (trotz der dabei mittlerweile eingetretenen Reduktion des Schweregrads der Persönlichkeitsstörung – z. B. eine verbesserte Fähigkeit zur Relativierung, Distanzierung und Reflexion).
42Festzustellen ist jedoch auch, dass man zu einer anderen Konsequenz (nämlich Arbeitsfähigkeit) hätte kommen können, wenn die Arbeitsbedingungen für Herrn T1 voraussehbarer, günstiger, weniger belastend und entgegenkommender gestaltet worden wären.
43. . . “
44Der Sachverständige Prof. Dr. N3 ist zum Verhandlungstermin am 16.05.2013 geladen worden und hat sein Gutachten erläutert. Insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll vom 16.05.2013 Bezug genommen (Bl. 486 bis 487R GA).“
45Der Kläger ist der Ansicht, er sei arbeitsfähig. Jedenfalls sei das beklagte Land verpflichtet gewesen, eine stufenweise Wiedereingliederung durchzuführen, die auch nach Ansicht des Gutachters wahrscheinlich erfolgreich verlaufen wäre. Das beklagte Land habe seine Fürsorgepflicht verletzt, indem es ihm eine stufenweise Wiedereingliederung verweigerte. Aus diesem Grund seien die Vergütungsansprüche hilfsweise unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes geschuldet.
46Der Kläger trägt in der Einspruchsbegründung vom 03.02.2014 vor, er habe – unstreitig erfolglos – zwei Anträge auf stufenweise Wiedereingliederung gestellt und zwar im September 2008 und am 18.05.2009 (für die Zeit vom 26.06.2009 bis 03.07.2009). Durch die Ablehnung habe das beklagte Land die Wiedererlangung seiner Arbeitsfähigkeit treuwidrig vereitelt.
47Im Kammertermin am 27.03.2014 legte der Kläger eine Änderung des Plans zur stufenweisen Wiedereingliederung, die ursprünglich vom 26.06.2009 bis zum 03.07.2009 vorgesehen war, vor. Auf die Änderung (Bl. 259 d. A.) wird ergänzend Bezug genommen. Er trägt vor, nachdem die Bezirksregierung auf den ursprünglichen Vorschlag nicht eingegangen sei, sei eine Erweiterung um zwei Wochen für die Zeit vom 17.08.2009 bis zum 31.08.2009 ärztlicherseits vorgeschlagen worden. Auf Fragen des Gerichts, an welchem Datum dieses Dokument erstellt worden sei, erklärte der Kläger, persönlich gehört, das müsse am 27.08.2009 gewesen sein, denn vorher habe er vom beklagten Land noch nichts gehört. Der Klägervertreter erklärte dazu, dass eine Ausstellung unter dem 27.08.2009 aus ärztlicher Sicht keinen Sinn machen würde und nach seiner Auffassung der geänderte Vorschlag irgendwann zwischen dem Datum des ursprünglichen Wiedereingliederungsplans vom 18.05.2009 und dem 26.06.2009 erstellt worden sein müsse.
48Der Kläger hat ursprünglich mit der Klageschrift vom 30.08.2011 Vergütungsansprüche in Höhe von 3.543,63 € brutto und 222,57 € netto nebst Zinsen für die Monate November 2009 bis August 2011 verfolgt, ohne Zwischenverdienst oder Sozialleistungen in Abzug zu bringen. Mit Schriftsatz vom 27.10.2011 hat er die Klage für den Monat September 2011 erweitert. Nach Hinweis des Gerichts hat er für die Monate Mai 2011 bis September 2011 erhaltene Sozialleistungen von monatlich 364,- € (x 5 Monate = 1.820,- €) in Abzug gebracht und die Klage insoweit zurückgenommen.
49Die Kammer hat die vorliegende Klage durch Versäumnisurteil vom 23.01.2014, zugestellt am 30.01.2014 abgewiesen. Mit Schriftsatz vom 03.02.2014, eingegangen am 03.02.2014 hat der Kläger Einspruch eingelegt.
50Der Kläger beantragt letztlich,
51- 52
1. Das Versäumnisurteil vom 23.01.2014 – 6 Ca 3695/11 -, zugestellt am 30.01.2014 wird aufgehoben.
- 54
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat November 2009 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2009 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
- 56
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Dezember 2009 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
- 58
4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Januar 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
- 60
5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Februar 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
- 62
6. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat März 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
- 64
7. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat April 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
- 66
8. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Mai 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
- 68
9. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Juni 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
- 70
10. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Juli 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
- 72
11. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat August 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
- 74
12. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat September 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
- 76
13. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Oktober 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
- 78
14. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat November 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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15. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Dezember 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2011 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
- 82
16. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Januar 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2011 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
- 84
17. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Februar 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2011 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
- 86
18. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat März 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2011 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
- 88
19. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat April 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2011 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
- 90
20. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Mai 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto abzüglich vom Jobcenter Arbeit I1 Aktiv gezahlter 364,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2011 aus 3.179,63 € brutto und 222,57 € netto zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
- 92
21. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Juni 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto abzüglich vom Jobcenter Arbeit I1 Aktiv gezahlter 364,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2011 aus 3.179,63 € brutto und 222,57 € netto zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
- 94
22. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Juli 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto abzüglich vom Jobcenter Arbeit I1 Aktiv gezahlter 364,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2011 aus 3.179,63 € brutto und 222,57 € netto zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
- 96
23. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat August 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto abzüglich vom Jobcenter Arbeit I1 Aktiv gezahlter 364,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2011 aus 3.179,63 € brutto und 222,57 € netto zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
- 98
24. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat September 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto abzüglich vom Jobcenter Arbeit I1 Aktiv gezahlter 364,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2011 aus 3.179,63 € brutto und 222,57 € netto zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
Das beklagte Land beantragt,
100das Versäumnisurteil aufrecht zu erhalten.
101Das beklagte Land ist der Ansicht, die Klage sei, wie schon im Vorverfahren, als unbegründet abzuweisen und trägt dazu vor. Der Kläger sei auch nach den Feststellungen des Gutachters weiterhin arbeitsunfähig gewesen, da der Gutachter davon ausgeht, eine stufenweise Wiedereingliederung sei geboten gewesen. Zur Zeit einer stufenweisen Wiedereingliederung bestehe aber auch nach der Feststellung des Gutachters Arbeitsunfähigkeit. Das beklagte Land sei nicht verpflichtet gewesen, eine stufenweise Wiedereingliederung durchzuführen, da der Kläger keinen geeigneten Wiedereingliederungsplan vorgelegt habe. Der im Termin am 27.03.2014 vom Kläger vorgelegte geänderte Wiedereingliederungsplan (erweitert um den Zeitraum 17.08.2009 bis 31.08.2009) liege nach Kenntnis des Terminsvertreters und nach Durchsicht der Akte dem beklagten Land nicht vor.
102Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die abgegebenen Protokollerklärungen Bezug genommen. Weiterhin wird auf den Vortrag der Parteien im Vorverfahren 4 Ca 5440/09 = 11 Sa 1936/10 Bezug genommen. Die Akte war im Kammertermin beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
103Die Kammer hat Beweis erhoben über die Frage, ob der Kläger in der Zeit von November 2009 bis September 2011 arbeitsunfähig erkrankt war und insbesondere, ob in dem Zeitraum psychische Erkrankungen vorlagen, die einer Arbeitsfähigkeit entgegenstanden, durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sachverständigengutachten von Prof. Dr. N3 vom 16.05.2014 (Bl. 100 bis 124 d. A.) Bezug genommen. In dem Gutachten heißt es u. a.:
104„[…]
105Für die Zeit nach September/Oktober 2009 bis zum November 2011, kann man also vom Fehlen eines relevanten depressiven Syndroms oder eines anderen akuten Krankheitssyndroms ausgehen.
106Die Symptomremission bezüglich der affektiven Störung reicht aber nicht aus, um die Arbeitsfähigkeit unter den gegebenen beruflichen Bedingungen in der Schule zu garantieren. Hierzu ist eine zusätzliche Einschätzung der Belastbarkeit auf dem Hintergrund der im September/Oktober 2009 vorhandenen paranoiden Persönlichkeitsstörung entscheidend.
107[…]
108Für den Zeitraum von Mai 2009 bis zur Begutachtung (November 2011) liegt keine fachärztliche Beurteilung vor, u. a. da sich Herr T1 den von Frau Dr. U empfohlenen fachärztlichen Beurteilungen entzogen hat. Die geforderte gutachterliche Stellungnahme kann also nur aus vorliegenden und vorgetragenen Beurteilungen und Berichten für andere Zeitintervalle erschlossen werden. Die vorliegenden Evidenzen lassen folgende Folgerung zu:
109Die Feststellung der Arbeitsfähigkeit von September/Oktober 2009 bis zur Begutachtung (Nov. 2011) erfordert die gleichzeitige Berücksichtigung der Persönlichkeit von Herrn T1, wie deren Störung und der arbeitsbezogener Umwelt; die Arbeitsfähigkeit ist dabei von der Modifizierbarkeit der Arbeitsbedingungen abhängig:
110(a) Unter Fortbestand der bis zur AU-Schreibung 2007 geltenden Rahmenbedingungen (mit Notwendigkeit von Vertretungsleistungen und Kommunikationsproblemen mit Schulleitung und Dienstherren) war eine Arbeitsfähigkeit vermutlich wegen wahrscheinlicher, unverhältnismäßiger Reaktionsbildungen bei paranoider Persönlichkeitsstörung nicht gegeben. Diese Aussage ist aber ohne Wiedereingliederungsversuch nicht sicher feststellbar.
111(b) Bei Modifikation der Rahmenbedingungen (keine Vertretungsstunden, evtl. Reduktion des Stundenkontingents, Entgegenkommen und Kommunikationsangebote seitens des Dienstherren und der Schulleitung) wäre eine stufenweise Wiedereingliederung voraussichtlich erfolgreich verlaufen.
112(c) Ob eine hinlängliche Belastbarkeit nach dem festgestellten Verschwinden der zu Beginn der AU-Fähigkeit bestehenden Beeinträchtigungen und Beschwerden besteht, kann nur durch eine gestufte Wiedereingliederungsmaßnahme (während der ja weiterhin Arbeitsunfähigkeit besteht) entschieden werden. Eine solche Maßnahme ist seit dem 18.05.2009 aufgrund des Fehlens relevanter, beeinträchtigender Akuterkrankungen durchgängig möglich gewesen.“
113E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
114A.
115Der Einspruch vom 30.01.2014 ist zulässig. Er ist form- und fristgerecht bei Gericht eingegangen und versetzt den Rechtsstreit in die Lage vor der Säumnis im Kammertermin vom 23.01.2014 zurück.
116B.
117Die zulässige Klage ist unbegründet und war abzuweisen.
118Der Kläger kann vom beklagten Land keine Vergütung für die Zeit von November 2009 bis September 2011 verlangen. Der Zahlungsanspruch besteht weder unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs, noch des Schadensersatzes.
119I.
120Die erkennende Kammer macht sich die zutreffenden Ausführungen der 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm im Urteil vom 16.05.2013 (11 Sa 1936/10) zu Eigen. Das Landesarbeitsgericht führt folgendes aus:
121„Die Berufung [des Klägers] bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.
122Weder unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs gemäß § 615 BGB noch unter dem Gesichtspunkt eines Schadenersatzanspruchs gemäß § 280 BGB wegen Pflichtverletzung kann der Kläger die eingeforderten Beträge für die Monate September und Oktober 2009 beanspruchen.
1231. Einem Anspruch auf Annahmeverzugsentgelt gemäß § 615 BGB steht entgegen, dass der Kläger nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme im September und Oktober arbeitsunfähig erkrankt war.
124Nach § 615 Satz 1 BGB kann ein Arbeitnehmer das vereinbarte Arbeitsentgelt verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein, wenn der Arbeitgeber mit der Annahme der Dienste in Verzug gekommen ist. Nach § 293 BGB kommt der Arbeitgeber in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Gemäß § 297 BGB tritt jedoch dann kein Annahmeverzug ein, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Falle des § 296 BGB zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit außer Stande ist, die Leistung zu bewirken. Entfällt das Leistungsvermögen des Arbeitnehmers, wird die vertraglich geschuldete Leistung unmöglich. Das ist etwa der Fall, wenn der Arbeitnehmer im Anspruchszeitraum arbeitsunfähig erkrankt ist. Die Darlegungs- und Beweislast für das Unvermögen des Arbeitnehmers infolge krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit trägt der Arbeitgeber (BAG 05.11.2003 AP BGB § 615 Nr. 106; BAG, 29.10.1998 AP BGB § 615 Nr. 77).
125Durch das ärztliche Sachverständigengutachten und dessen mündliche Erläuterung in der Verhandlung am 16.05.2013 ist der Beweis geführt, dass der Kläger im September und Oktober 2009 arbeitsunfähig erkrankt war. Arbeitsunfähig infolge Krankheit ist der Arbeitnehmer dann, wenn ein Krankheitsgeschehen ihn außer Stand setzt, die ihm nach dem Arbeitsvertrag obliegende Arbeit zu verrichten, oder wenn er die Arbeit nur unter der Gefahr fortsetzen könnte, in absehbar naher Zeit seinen Zustand zu verschlimmern (BAG 29.01.1992 – 5 AZR 37/91 – AP SGB V § 74 Nr. 1; BAG 26.07.1989 – 5 AZR 301/88 – AP LohnFG § 1 Nr. 86). Die durch Krankheit verursachte Arbeitsunfähigkeit wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Arbeitnehmer seine geschuldeten Vertragspflichten anstatt voll nur teilweise zu erbringen vermag. Arbeitsrechtlich bedeutet es keinen Unterschied, ob der Arbeitnehmer durch die Krankheit ganz oder teilweise arbeitsunfähig wird. Auch der vermindert Arbeitsfähige ist arbeitsunfähig erkrankt im Rechtssinne (BAG 29.01.1992 – 5 AZR 37/91 – AP SGB V § 74 Nr. 1). Die Grundsätze der Rechtsprechung stimmen überein mit der Definition in § 2 Abs. 1 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien (jurisPK-SGB V- Adolf, § 74 SGB V Rn. 10 [Stand 01.04.2012]; Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB V vom 01.12.2003 [nebst Anlage „Empfehlungen zur Umsetzung der stufenweisen Wiedereingliederung“ - g-ba.de/informationen/richtlinien -]:
126„Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte aufgrund von Krankheit seine zuletzt vor der Arbeitsunfähigkeit ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausführen kann. Bei der Beurteilung ist darauf abzustellen, welche Bedingungen die bisherige Tätigkeit konkret geprägt haben. Arbeitsunfähigkeit liegt auch vor, wenn aufgrund eines bestimmten Krankheitszustandes, der für sich allein noch keine Arbeitsunfähigkeit bedingt, absehbar ist, dass aus der Ausübung der Tätigkeit für die Gesundheit oder die Gesundung abträgliche Folgen erwachsen, die Arbeitsunfähigkeit unmittelbar hervorrufen. Arbeitsunfähigkeit besteht auch während einer stufenweisen Wiederaufnahme der Arbeit fort, durch die dem Versicherten die dauerhafte Wiedereingliederung in das Erwerbsleben durch eine schrittweise Heranführung an die volle Arbeitsbelastung ermöglicht werden soll. Arbeitsunfähigkeit kann auch während einer Belastungserprobung und einer Arbeitstherapie bestehen.“.)
127Der Gutachter ist nach Untersuchung des Klägers und Auswertung der Krankenunterlagen der vergangenen Zeit nachvollziehbar und überzeugend begründet zu dem Ergebnis gelangt, dass im September/Oktober 2009 bei Modifikation der Rahmenbedingungen eine stufenweise Wiedereingliederung voraussichtlich erfolgreich verlaufen wäre (Gutachten S. 21, Bl. 405 GA) – das allerdings nicht, wenn die Arbeitsbedingungen im Vergleich zu 2007 unverändert geblieben wären (Gutachten S. 23, Bl. 407 GA) . Eine stufenweise Wiedereingliederung (§ 74 SGB V) setzt die Arbeitsunfähigkeit des Versicherten voraus (jurisPK-SGB V- Adolf, § 74 SGB V Rn. 10 [Stand 01.04.2012]). In Übereinstimmung damit hat der Sachverständige bei der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens vor der Kammer am 16.05.2013 ausgesagt, dass der Kläger im fraglichen Zeitraum arbeitsunfähig im Sinne von § 2 Abs. 1 und § 2 Abs. 2 Satz 1 der Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien war. Er hat seine Ausführungen damit begonnen, dass die stufenweise Wiedereingliederung nach § 74 SGB V im September 2009 das gebotene Mittel gewesen wäre, der angemessene Zeitraum dafür wären zwei bis drei Monate gewesen. Zugleich hat er erneut bekundet, dass bei unverändertem Fortbestand der bisherigen Arbeitsbedingungen Restzweifel an einer prospektiven Arbeitsfähigkeit (selbst) nach einer Wiedereingliederung bestünden. Die gutachterlichen Ausführungen vom 16.05.2013 sind in sich nachvollziehbar und fügen sich in das Bild der früheren Krankheitsbefunde ein. Da der Kläger nach dem Gutachten im Oktober und November 2009 arbeitsunfähig erkrankt war, kann er gemäß § 297 BGB kein Annahmeverzugsentgelt beanspruchen.
1282. Die Klage ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Schadensersatzanspruchs begründet. Der Kläger macht insoweit geltend, das beklagte Land habe es pflichtwidrig unterlassen, in eine Wiedereingliederungsmaßnahme nach § 74 SGB V einzuwilligen. Das beklagte Land hat sich insoweit jedoch nicht pflichtwidrig verhalten. § 74 SGB V ermöglicht die stufenweise Wiedereingliederung eines arbeitsunfähigen Arbeitnehmers in seine bisherige Tätigkeit. Da der Arbeitnehmer in der Wiedereingliederungskonstellation des § 74 SGB V arbeitsunfähig ist (s.o.), bestehen während des Wiedereingliederungsverhältnisses nicht die wechselseitigen Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis (BAG 29.01.1992 – 5 AZR 37/91 – AP SGB V § 74 Nr. 1; BAG 28.07.1999 – 4 AZR 192/98 – AP SGB V § 74 Nr. 3; ErfK-Preis, 13. Aufl. 2013, 3 611 BGB Rn. 33; Küttner-Schlegel, Personalbuch 2012, 104 Betriebliches Eingliederungsmanagement Rn. 16; vgl. auch: BAG 13.06.2006 – 9 AZR 229/05 – AP SGB IX § 81 Nr. 13 = NZA 2007,91-94 Rn. 23). Der Wiedereingliederung nach § 74 SGB V liegt ein Rechtsverhältnis eigener Art zugrunde, das dem Arbeitnehmer lediglich Gelegenheit gibt, sich bei quantitativ verringerter Tätigkeit zu erproben, und ihm ermöglichen soll, seine Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen (ErfK-Preis, 13. Aufl. 2013, 3 611 BGB Rn. 33).
129a) Die Kammer lässt dahingestellt, ob es Konstellationen gibt, in denen der Arbeitgeber gegenüber einem nicht schwerbehinderten Arbeitnehmer gesetzlich verpflichtet ist, auf dessen Wunsch ein Wiedereingliederungsverhältnis zu begründen und durchzuführen.
130aa) Allgemein wird betont, dass die in § 74 SGB V geregelte schrittweise Wiedereingliederung arbeitsunfähiger Arbeitnehmer vom Prinzip der (beidseitigen) Freiwilligkeit beherrscht werde (BAG 29.01.1992 – 5 AZR 37/91 – AP SGB V § 74 Nr. 1; vgl. aber auch BAG 13.06.2006 – 9 AZR 229/05 – AP SGB IX § 81 Nr. 13 = NZA 2007,91-94 Rn. 29 unter Hinweis auf Schmidt AuR 1997,461,465). Der Arbeitnehmer sei nicht verpflichtet, eine Wiedereingliederung durchzuführen. Der Arbeitnehmer habe aber auch keinen Rechtsanspruch darauf, stufenweise wiedereingegliedert zu werden (Schaub-Linck, Arbeitsrechts-Handbuch, 14. Aufl. 2011, § 98 Rn. 18 = S. 1106), zum Abschluss eines auf Wiedereingliederung gerichteten Vertrages sei der Arbeitgeber grundsätzlich nicht verpflichtet (Küttner-Reinecke, Personalbuch 2012, 351 Rehabilitation (berufliche) Rn. 9).
131bb) Demgegenüber hat das Bundesarbeitsgericht in der soeben zitierten Entscheidung vom 13.06.2006 darauf hingewiesen, dass mit den neuen Präventions- und Teilhabevorschriften in §§ 81, 84, 99 SGB IX ein Wandel verbunden ist. Angesichts der dem Arbeitgeber auferlegten Pflicht, die Teilhabe schwerbehinderter Arbeitnehmer im Arbeitsleben zu ermöglichen, kann sich für den Schwerbehinderten bei Vorlage eines entsprechenden ärztlich ausgefüllten Formulars nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ein Anspruch auf eine Wiedereingliederung nach § 74 SGB V ergeben (BAG 13.06.2006 – 9 AZR 229/05 – AP SGB IX § 81 Nr. 13 = NZA 2007,91-94 Rn. 33). Zugleich hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, damit gingen die Rechte des Schwerbehinderten über die Rechte nichtbehinderter Arbeitnehmer bei der stufenweisen Wiedereingliederung hinaus; nicht behinderte Arbeitnehmer hätten weder einen Beschäftigungsanspruch nach § 81 Abs. 4 Satz 1 SGB IX noch sei der Arbeitgeber verpflichtet, generell deren Teilhabe am Arbeitsleben zu fördern (BAG 13.06.2006 aaO Rn. 33; im Urteil v. 13.08.2009 – 6 AZR 330/08 – AP BGB § 241 Nr. 4 lässt das BAG in Rn. 30, 31 ausdrücklich offen, ob aus § 84 Abs. 2 SGB IX eine Nebenpflicht des Arbeitgebers zur Beschäftigungsermöglichung über die Grenzen des Direktionsrechts hinaus resultiert, deren Verletzung einen Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers auslöst).
132cc) Zweifel an einem durchgängigen Grundsatz der Freiwilligkeit artikuliert Preis, ohne daraus jedoch konkrete Konsequenzen für den Status nicht behinderter arbeitsunfähiger Arbeitnehmer herzuleiten (ErfK-Preis, 13. Aufl. 2013, § 611 BGB Rn. 33).
133dd) Die 8. Kammer des erkennenden Gerichts hat in ihrem Urteil vom 04.07.2011 eine Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Wiedereingliederung des arbeitsunfähigen Arbeitnehmers unabhängig von dessen Schwerbehinderteneigenschaft bejaht (LAG Hamm 04.07.2011 – 8 Sa 726/11 - ). In dem Urteil wird ausgeführt, dass dem Arbeitgeber in arbeitsrechtlicher Hinsicht die Entscheidung nicht freistehe, sich auf eine ärztliche empfohlene stufenweise Wiedereingliederung einzulassen oder nicht. Wie sich aus der Vorschrift des § 84 Abs. 2 SGB IX ergebe, treffe den Arbeitgeber unter den dort genannten Voraussetzungen die Verpflichtung zur Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM). Ziel dieser Maßnahme sei die Suche nach Möglichkeiten, dem länger oder häufiger erkrankten Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz zu erhalten und geeignete Beschäftigungsmöglichkeiten zu prüfen. Zu denjenigen Maßnahmen, welche im Zuge eines betrieblichen Eingliederungsmanagements zur Verfügung stünden, gehöre auch die stufenweise Wiedereingliederung. Unterlasse der Arbeitgeber die Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements oder die in diesem Zuge als geeignet in Betracht kommenden Maßnahmen, so ziehe dies eine Verpflichtung zum Schadensersatz gemäß § 280 BGB nach sich. Soweit demgegenüber eingewandt werde, es fehle an einer nebenvertraglichen Rechtspflicht, deren Verletzung zu Schadensersatzansprüchen führen könne, da das BEM lediglich ein Verfahren zur Suche nach bestehenden Möglichkeiten darstelle, überzeuge dies nicht. Allein die Tatsache, dass § 84 SGB IX selbst keine Rechtsfolgenregelung umfasse, rechtfertige nicht die Annahme einer rechtlichen Unverbindlichkeit und einer Folgenlosigkeit eines Gesetzesverstoßes. § 84 Abs. 2 SGB IX diene dem Schutz länger erkrankter Arbeitnehmer vor nachteiligen Auswirkungen auf die Möglichkeit der Beschäftigung und stelle damit zugleich ein Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB dar (LAG Hamm a. a. O. Rn. 26).
134b) Im hier zu entscheidenden Fall besteht ein Schadensersatzanspruch des Klägers unabhängig von dieser grundsätzlichen Fragestellung nicht. Ob sich aus § 84 SGB IX ein Anspruch auf Wiedereingliederung auch für nicht behinderte Arbeitnehmer ergeben kann, ist nicht entscheidungserheblich. Selbst bei grundsätzlicher Bejahung eines solchen Anspruches war das beklagte Land hier nicht verpflichtet, dem ärztlich erstellten Wiedereingliederungsplan vom 18.05.2009 zu entsprechen. Dort ist ein Wiedereingliederungszeitraum von nur einer Woche mit 3 Stunden täglich vorgesehen - von Montag, dem 29.06.2009, bis zum Freitag, dem 03.07.2009 –. Bei dieser Woche handelt es sich um die letzte Schulwoche vor den Sommerferien, wobei die Sommerferien 2009 in Nordrhein-Westfalen bereits mit dem 02.07.2009 als erstem Ferientag begannen. Eine stufenweise Wiedereingliederung in dieser atypischen Schulwoche konnte von dem beklagten Land schon aus organisatorischen Gründen nicht erwartet werden. Zudem steht einem Anspruch des Klägers entgegen, dass der Eingliederungszeitraum mit nur einer Woche zu kurz bemessen ist und der angestrebte stufenweise Einstieg in die Arbeitstätigkeit angesichts der unmittelbar bevorstehenden Ferien nicht in der vorgesehenen Weise erreicht werden konnte. In der Anlage zu den Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien vom 01.12.2003 sind „Empfehlungen zur Umsetzung der stufenweisen Wiedereingliederung“ geregelt (g-ba.de/informationen/richtlinien). Unter Nr. 5 ist dort vorgesehen, dass der Versicherte in der Phase der stufenweisen Wiedereingliederung in regelmäßigen Abständen ärztlich zu untersuchen ist. Bei Feststellung einer Steigerung der Belastbarkeit hat eine Anpassung der stufenweisen Wiedereingliederung zu erfolgen; im gegenteiligen Fall ist eine Beschränkung vorzunehmen oder die Wiedereingliederung abzubrechen. Nach dem Wiedereingliederungsplan sollte der Kläger überhaupt nur eine Woche in der Wiedereingliederung tätig werden und seine Tätigkeit dann nach dieser Woche sofort wieder für die gut sechs Wochen der Sommerferien unterbrechen. Darauf musste sich das beklagte Land nicht einlassen. In dieser kurzen Zeitspanne einer Tätigkeit von nur wenigen Tagen ist für das in Nr. 5 der Anlage zu den Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien vorgesehene Procedere kein Raum. Eine derart kurze Wiedereingliederung bietet keine Basis, die benötigten medizinischen Erkenntnisse zu gewinnen und die erforderliche medizinische Begleitung des Wiedereinstiegs zu gewährleisten. Eine solche nicht mit den „Empfehlungen zur Umsetzung der stufenweisen Wiedereingliederung“ konforme Wiedereingliederung schuldete das beklagte Land nicht. Auch nachfolgend bestand keine Pflicht des beklagten Landes, mit dem Kläger ein Wiedereingliederungsverhältnis zu begründen. Im weiteren Verlauf ist der Kläger nicht erneut mit einem ärztlich unterzeichneten Wiedereingliederungsplan vorstellig geworden. Insoweit trifft den Arbeitnehmer jedoch die Mitwirkungspflicht. Es obliegt dem Arbeitnehmer, dem Arbeitgeber einen ordnungsgemäß nach den Vorschriften des Sozialrechts erstellten ärztlichen Wiedereingliederungsplan vorzulegen. Genügt der Arbeitnehmer dieser Mitwirkungspflicht nicht, so scheidet bereits aus diesem Grund eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Wiedereingliederung nach § 74 SGB V aus (BAG 13.06.2006 – 9 AZR 229/05 – AP SGB IX § 81 Nr. 13 = NZA 2007, 91 – 94 Rn. 34 – 40).“
135II.
136Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts geben für die erkennende Kammer vorliegt nur Anlass zu folgenden Ergänzungen:
1371.
138Die Kammer geht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch ab November 2009 von einer weiteren Arbeitsunfähigkeit des Klägers aus.
139Auch für die Zeit nach Oktober 2009 kommt der Sachverständige im für diesen Rechtsstreit maßgeblichen Gutachten zum Ergebnis, dass eine stufenweise Wiedereingliederung die gebotene Maßnahme gewesen wäre, die aber, wie das LAG zutreffend festgestellt hat, eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers bedingt, worauf der Sachverständige im Schlusssatz des Gutachtens nochmal ausdrücklich hinweist.
1402.
141Ein Schadensersatzanspruch des Klägers für die Zeit ab November 2009 besteht nicht.
142Das LAG geht in seinen Entscheidungsgründen davon aus, der Kläger sei nach Vorlage des stufenweisen Wiedereingliederungsplans vom 18.05.2009 nicht erneut mit einem ärztlich unterzeichneten Wiedereingliederungsplan vorstellig geworden.
143An dieser Feststellung ändert auch die Vorlage des geänderten Plans für die Zeit vom 17.08.2009 bis 31.08.2009 nichts. Zum einen hat der Kläger letztlich nicht konkret vorgetragen, zu welchem Zeitpunkt der geänderte Plan überhaupt erstellt worden ist. Die spontane Äußerung des Klägers persönlich als richtig unterstellt, war auch dieser Plan nicht geeignet, tatsächlich umgesetzt zu werden, da er erst am Ende des neuen Wiedereingliederungszeitraums erstellt worden ist. Die Relativierung dieses Vortrags durch den Klägervertreter geht über eine Vermutung über einen (zutreffend wahrscheinlicheren) Geschehensablauf nicht hinaus.
144Jedenfalls hat sich der Kläger nicht dazu geäußert, wann dieser geänderte Wiedereingliederungsplan dem beklagten Land vorgelegt worden ist. Der Zeitpunkt der Vorlage ist aber entscheidend dafür, ob das beklagte Land diesen Wiedereingliederungsplan prüfen und ggf. umsetzen konnte.
145Es bedarf deshalb auch keiner Erörterung, ob dieses Vorbringen im Kammertermin im Hinblick auf das vorangegangene Versäumnisurteil verspätet gewesen wäre. Es bedarf auch keiner Erörterung, ob der geänderte, nunmehr auf zwei Wochen verlängerte Wiedereingliederungsplan den Anforderungen genügt, die das LAG in den oben ausgeführten Entscheidungsgründen vorgetragen hat. Letztlich kommt es auch nicht darauf an, wer die Beweislast hinsichtlich eines Schadensersatzanspruchs trifft. Die Kammer hätte jedenfalls Zweifel, ob die Ausführungen des Sachverständigen einen kausal durch die unterlassene Wiedereingliederung verursachten Schaden beweisen.
1463.
147Ein Anspruch auf Erteilung von Vergütungsabrechnungen besteht schon deshalb nicht, weil das beklagte Land keine Nettozahlungen geleistet hat, die der Erläuterung durch eine Abrechnung bedürften. Eine Abrechnung nach § 108 GewO ist erst bei Zahlung geschuldet (BAG, 12.07.2005 – 5 AZR 646/05 – AP Nr. 1 zu § 611 BGB Lohnabrechnung; BAG, 10.01.2007 – 5 AZR 665/06 – AP Nr. 3 zu § 179 BGB)
148III.
149Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die unterlegene Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
150Der Streitwert war in Höhe des Zahlungsanspruchs im Urteil festzusetzen, § 61 Abs. 1 ArbGG. Die Abrechnungen hat die Kammer darüber hinaus mit insgesamt 1.000,- € bewertet, da der abzurechnende Betrag unverändert bleibt.
151Es wird darauf hingewiesen, dass für das Verfahren insgesamt ein Gebührenstreitwert von 87.622,60 € gegeben, wobei die teilweise Klagerücknahme in Höhe von 1.820,- € dem Urteilsstreitwert hinzuzusetzen ist.
(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.
(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.
(3) (weggefallen)
Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.
(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.
(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.
(3) (weggefallen)
Der Gläubiger kommt nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Falle des § 296 zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit außerstande ist, die Leistung zu bewirken.
Tenor
1. Das Versäumnisurteil vom 23.01.2014 bleibt aufrechterhalten.
2. Der Kläger trägt auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits.
3. Der Streitwert wird auf 85.802,60 € festgesetzt.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten um Annahmeverzugslohnansprüche des Klägers für die Zeit von November 2009 bis September 2011.
3Diesem Rechtsstreit ging ein Vorverfahren voraus, in welchem die Parteien um Annahmeverzugslohnansprüche für die Monate September und Oktober 2009 stritten. Die Akte war beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Die 4. Kammer des Arbeitsgerichts Dortmund hat diese Klage durch Urteil vom 23.09.2010 (4 Ca 5440/09) abgewiesen. Auf den Tatbestand des Urteils wird ergänzend Bezug genommen. Das Landesarbeitsgericht Hamm (11 Sa 1936/10) hat die Berufung des Klägers durch Urteil vom 26.05.2013 zurückgewiesen. Das Urteil ist nach erfolgloser Nichtzulassungsbeschwerde rechtskräftig. Auf den Tatbestand des Urteils wird ergänzend Bezug genommen. Darin heißt es:
4„Die Parteien streiten um Annahmeverzugsansprüche hilfsweise Schadenersatzansprüche des Klägers für die Monate September und Oktober 2009.
5Der 1954 geborene Kläger ist seit dem 08.08.1994 bei dem beklagten Land als Lehrer, zuletzt in der Gesamtschule T in E, mit einer verringerten Stundenzahl zu einem Bruttoverdienst von 3.543,63 € sowie einem Zuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 222,57 € monatlich, beschäftigt.
6Ab März 2007 war der Kläger arbeitsunfähig krank. In der Zeit vom 08.02.2008 bis 18.05.2009 befand sich der Kläger in der Behandlung von Frau Dr. S-N, Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Fachärztin für Psychiatrie – Psychotherapie –. Diese schlug unter dem Datum vom 18.05.2009 Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung in das Erwerbsleben vor. Auf das zur Akte gereichte Formular „Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung in das Erwerbsleben (Wiedereingliederungsplan)“ wird Bezug genommen (Bl. 9 GA). In diesem Wiedereingliederungsplan empfahl die Ärztin Dr. S-N eine Aufnahme der Tätigkeit vom 26.06.2009 bis zum 03.07.2009 mit drei Stunden täglich. Als „absehbarer“ Zeitpunkt der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit ist angegeben: „Ende der Sommerferien“. Die Sommerferien in Nordrhein-Westfalen währten 2009 vom 02.07.2009 (Do) bis zum 14.08.2009 (Fr.). Das beklagte Land führte die ärztlich empfohlene Wiedereingliederung nicht durch. Im weiteren Verlauf war der Kläger bei dem Allgemeinmediziner Dr. E1 in Behandlung und zwar ausweislich der bei der Krankenversicherung E2 eingereichten Rechnungen am 27.07.2009, 16.09.2009 und 01.10.2010 (Bl. 104 GA).
7Mit Schreiben des ehemaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 25.08.2009 wurde dem beklagten Land bestätigt, „dass die Arbeitsunfähigkeit von Herrn T1 am 31.08.2009 enden soll“ und eine Wiedereingliederung erfolgen solle. Vom damaligen Anwalt des Klägers wurde „bis zur endgültigen Entscheidung über die Wiedereingliederung zunächst eine Freistellung [des Klägers] ab dem 01.09.2009“ vorgeschlagen (Bl. 15, 16 GA). Das beklagte Land teilte daraufhin mit, solange eine Arbeitsfähigkeit nicht nachgewiesen sei, komme ein schulischer Einsatz des Klägers nicht in Betracht (Bl. 18, 19 GA). Unter dem Datum vom 14.10.2009 überreichte der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers dem beklagten Land die ärztliche Bescheinigung des Herrn Dr. E1 vom 01.10.2009, in der es heißt (Bl. 26 GA):
8„Bei Gewährung normaler schulischer Rahmenbedingungen (Verzicht auf überdurchschnittliche Setzung von Vertretungsstunden/Mehrarbeit sonstiger Art) ist Herr T1 ab sofort wieder voll arbeitsfähig.“
9Nachdem eine Reaktion des beklagten Landes nicht erfolgte, begehrt der Kläger nunmehr mit seiner am 10.11.2009 bei Gericht eingegangenen Klage Entgelt für die Monate September 2009 und Oktober 2009.
10Am 20.01.2010 wurde ein amtsärztliches Gutachten bei Frau Dr. U eingeholt, auf dessen Inhalt verwiesen wird (Bl. 38 GA). Abschließend heißt es dort:
11„Von einer weiteren psychiatrischen Begutachtung habe ich abgesehen, da eine Klärung der unterschiedlichen Meinungen zweier Fachärzte für Psychiatrie durch eine weitere ambulante Begutachtung nicht zu erwarten ist.
12Klärung herbeiführen könnte ein 4- bis 6wöchiges Heilverfahren mit gutachterlicher Beobachtung und stationärer Berufsbelastung in der Psychosomatischen Abteilung der Uniklinik N1.“
13Der Kläger hat die Ansicht vertreten, durch die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung vom 01.10.2009, die ihm attestiere wieder arbeitsfähig zu sein, sei das Indiz für eine fortdauernde gesundheitlich bedingte Arbeitsunfähigkeit ausreichend erschüttert. Der Kläger hat hierzu auf das Urteil des LAG Köln vom 29.11.2006 – 7 Sa 1646/05 – verwiesen. Im Übrigen habe ihm Frau Dr. S-N bereits am 18.5.2009 erklärt, er sei wieder arbeitsfähig und erst auf seinen Hinweis, dass er noch einige Tage brauche, um sich sowohl mental als auch fachlich auf den Wiedereintritt in den Schuldienst einzustellen, die Möglichkeit einer Wiedereingliederung erwogen. Der Kläger hat sich für diese Darstellung auf Mitschnitte von Telefonaten mit Frau Dr. S-N am 05.05.2009, 11.05.2009 und 18.05.2009 bezogen, die er ohne deren Wissen gefertigt hat. Schließlich habe auch die Amtsärztin festgestellt, dass Anzeichen für eine Arbeitsunfähigkeit nicht vorlägen. Die von dem Arzt Dr. Q, Vertrauensarzt der Krankenkasse E2, und den Psychiatern Dr. Q1 / Dr. I und Dr. M2 unterstellten Krankheitsdiagnosen hätten schließlich dazu geführt, dass er die Bestellung eines vom Gericht vorgeschlagenen Sachverständigen wegen auch in Zukunft zu erwartender willkürlicher Diagnosen, wie sie bei den genannten Ärzten durch die zur Akte gereichten Gesprächsmitschnitte belegt seien (Bl. 231 GA), bis zur Klärung des Wahrheitsgehalts auch der Aussagen der Frau Dr. S-N und der Amtsärztin Frau Dr. U ablehne.
14Der Kläger hat beantragt,
15die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 7.087,26 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 3.543,63 € seit dem 01.10. und 01.11.2009 zu zahlen,
16die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 445,14 € netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 224,57 € seit dem 01.10. und 01.11.2009 zu zahlen.
17Das beklagte Land hat beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Das beklagte Land hat vorgetragen, das Arbeitsangebot des Klägers sei abgelehnt worden, da die Arbeitsfähigkeit nicht durch ein aussagekräftiges Attest nachgewiesen worden sei. Das Attest vom 01.10.2009 lasse nicht erkennen, dass sich der behandelnde Arzt mit der Art der Erkrankung des Klägers und der Krankengeschichte tatsächlich befasst habe. Es entstehe vielmehr der Eindruck, dass es sich bei diesem Attest um eine Gefälligkeitsbescheinigung handele, dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Kläger nicht die ihn – zumindest bis Mai 2009 – behandelnde Fachärztin für Psychiatrie, Frau Dr. S-N, konsultiert habe, die ja die Wiedereingliederungspläne erstellt habe. Auch aus dem amtsärztlichen Attest könne nicht auf eine Arbeitsfähigkeit des Klägers geschlossen werden. Es handele sich insoweit um eine Momentaufnahme, eine Klärung der Arbeitsfähigkeit des Klägers könne nur im Rahmen einer gutachterlichen Beobachtung und stationärer Berufsbelastung herbeigeführt werden. Im Lichte der amtsärztlichen Untersuchung erweise sich die vom Kläger vorgelegte Arbeitsfähigkeitsbescheinigung als völlig unzureichend, weswegen der Kläger zur Klärung der Arbeitsfähigkeit gehalten sei, das entsprechende stationäre Heilverfahren durchzuführen. Nachdem der Kläger sich – unstreitig – nicht dazu bereit erklärt habe und auch dem Vorschlag der Amtsärztin vom 20.05.2010 (Bl. 150, 151 GA) nicht habe folgen wollen, könne weiterhin eine Arbeitsfähigkeit nicht angenommen werden.
20Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Einholung von ärztlichen Auskünften der Frau Dr. S-N und des Herrn Dr. E1. Wegen der erteilten Auskünfte der Ärztin Dr. S-N vom 30.04.2010 und vom 17.07.2010 wird auf Bl. 142, 143 GA und Bl. 194, 195 GA verwiesen und wegen der ärztlichen Stellungnahme des Dr. E1 vom 27.04.2010 auf Bl. 96 GA. Ferner wird auf die vom Arbeitsgericht veranlasste ärztliche Stellungnahme der Amtsärztin Dr. U vom 20.05.2010 Bezug genommen (Bl. 150, 151 GA).
21Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 23.09.2010 abgewiesen. Der Kläger könne die Zahlung von Arbeitsentgelt für den Zeitraum vom 01.09.2009 bis zum 31.10.2009 nicht verlangen. Ansprüche eines Arbeitnehmers aus Annahmeverzug setzten voraus, dass der Arbeitnehmer in der Lage sei, seine arbeitsvertraglich geschuldete Leistung zu erbringen. Eine Arbeitsfähigkeit des Klägers lasse sich im Hinblick auf das von ihm vorgelegte Attest des Dr. E1 vom 01.10.2009 ab dem 01.09.2009 oder ab dem 01.10.2009 nicht feststellen. Vielmehr werde dieses durch die Auskunft der Amtsärztin Dr. U, die Auskünfte der Frau Dr. S-N sowie die Auskunft des Dr. E1 widerlegt. Im Ergebnis sei davon auszugehen, dass durch das Attest des Dr. E1 vom 01.10.2010 die Indizwirkung für eine fortdauernde gesundheitlich bedingte Arbeitsunfähigkeit nicht ausreichend erschüttert sei, denn es sei nicht erkennbar, aufgrund welcher Umstände der Aussteller des Attests vom 01.10.2009 von einer Arbeitsfähigkeit des Klägers ausgegangen sei. Es wäre deshalb Sache des Klägers gewesen, nunmehr gegebenenfalls durch Einholung eines Sachverständigengutachtens oder aber durch das von der Amtsärztin vorgeschlagene Heilverfahren Beweis über die von ihm behauptete Arbeitsfähigkeit zum Zeitpunkt 18.05.2009, 01.09.2009 oder 01.10.2009 zu erbringen. Da der Kläger aufgrund der von ihm verdeutlichten massiv ausgeprägten Angst hinsichtlich einer auch in Zukunft zu erwartenden willkürlichen Diagnose den vom Gericht vorgeschlagenen Sachverständigen Dr. S1 abgelehnt habe, könnten abschließende Feststellungen zur Arbeitsfähigkeit des Klägers ab dem 18.05.2009, 01.09.2009 oder 01.10.2009 nicht getroffen werden. Da es dem beklagten Land gelungen sei, den Beweiswert der ärztlichen Bescheinigung vom 01.10.2009 zu widerlegen bzw. das Attest vom 01.10.2009 eine Arbeitsfähigkeit des Klägers nicht annehmen lasse, sei von einer weiteren Arbeitsunfähigkeit des Klägers über die genannten Daten hinaus auszugehen. Das beklagte Land schulde daher das eingeklagte Arbeitsentgelt nicht.
22Das Urteil ist dem Kläger am 14.10.2010 zugestellt worden. Der Kläger hat am 12.11.2010 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 14.01.2011 am 14.01.2011 begründet.
23Der Kläger wendet ein, unzutreffend habe das Arbeitsgericht angenommen, dass er die Beweislast für die Arbeitsfähigkeit habe und diesen Beweis nicht geführt habe. Berufe sich der Arbeitnehmer auf seine Arbeitsfähigkeit, so treffe die Darlegungs- und Beweislast für das Unvermögen gemäß § 297 BGB den Arbeitgeber. Der Arbeitgeber könne hierbei grundsätzlich keine Arbeitsfähigkeitsbescheinigung des Arbeitnehmers verlangen. Allein der Umstand einer vorangegangenen längeren Arbeitsunfähigkeit reiche nicht aus, um im Einzelfall annehmen zu können, dass die Arbeitsfähigkeit durch den Arbeitnehmer näher zu belegen sei. Diesen Grundsatz habe das Arbeitsgericht verkannt. Die Fehlerhaftigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung liege darin, dass sie alleine in der vorangegangenen Arbeitsunfähigkeit einen Umstand sehe, welcher gegen die Leistungsfähigkeit spreche und der zur Umkehr der Darlegungs- und Beweislast führen solle. Soweit das Arbeitsgericht die ärztlichen Berichte fälschlich dahin werte, dass diese eine Arbeitsfähigkeit nicht nachwiesen, sei festzustellen, dass diese umgekehrt aber gerade auch eine Arbeitsunfähigkeit nicht bestätigten. Sei die Darlegungs- und Beweislast aber bei der Beklagten verblieben, gehe das Ergebnis eines fehlenden Nachweises der Arbeitsunfähigkeit zu Lasten des beklagten Landes. Tatsächlich habe sich das beklagte Land im Annahmeverzug befunden und habe daher gemäß § 615 BGB den eingeklagten Lohn zu zahlen. Selbst wenn man mit dem Arbeitsgericht von einer Umkehr der Darlegungs- und Beweislast ausgehe, habe das Arbeitsgericht nicht hinreichend berücksichtigt, dass er die ihn behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht entbunden habe. Allein durch diese Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht sei die Darlegungs- und Beweislast wieder auf das beklagte Land übergegangen. Ungeachtet der vorstehenden Umstände sei das Arbeitsgericht aber auch zu einer fehlerhaften Beweiswürdigung gekommen. Ohne Anlass und ohne Anhaltspunkte habe das Arbeitsgericht unzutreffend ausgeführt, dass sich Herr Dr. E1 bei der Erstellung der Bescheinigung vom 01.10.2009 nicht mit dem Krankheitsbild auseinandergesetzt habe und nicht klar sei, ob sich die Bescheinigung der Arbeitsfähigkeit tatsächlich auf dieses Krankheitsbild beziehe. Aus welchen Gründen das Gericht zu dieser Annahme gelangt sei, werde nicht erläutert und sei auch nicht nachvollziehbar. Angesichts der vorliegenden Erklärungen sei nicht nachvollziehbar, wie das Arbeitsgericht zu dem Ergebnis gekommen sei, dass Dr. E1 sich nicht mit dem maßgeblichen Krankheitsbild auseinandergesetzt habe. Ebenso habe das Arbeitsgericht die Auskünfte der Frau Dr. S-N fehlerhaft bewertet. Die eingeholten Angaben der Ärztin widerlegten gerade nicht eine Arbeitsfähigkeit. Fehlerhaft sei auch die Schlussfolgerung des Arbeitsgerichts bezogen auf die Ausführung der Amtsärztin Dr. U. Aus der Tatsache, dass diese nicht habe bestätigen können, dass der Kläger nicht arbeitsunfähig sei, werde eine Arbeitsfähigkeit gerade nicht widerlegt. Das Arbeitsgericht habe übersehen, dass Frau Dr. U von einer Arbeitsfähigkeit ausgegangen sei. Es verbleibe dabei, dass Frau Dr. S-N am 18.05.2009 die Erklärung abgegeben habe, dass er gesund sei. Dies könne Frau Dr. S-N bestätigen. Darüber hinaus habe er im Verfahren erster Instanz unter Protest gegen die Beweislast die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeboten. Hierzu habe das Gericht ausgeführt, dass er eine Begutachtung abgelehnt habe und deshalb beweisfällig geblieben sei. Wäre es tatsächlich so, dass er beweisbelastet sei, wäre er natürlich zu einer Begutachtung bereit gewesen. Sowohl bei der Beweiswürdigung als auch bei den rechtlichen Ausführungen habe das Arbeitsgericht nicht berücksichtigt, dass eine Leistungsunfähigkeit nicht schon dann gegeben sei, wenn der Arbeitnehmer nicht mehr alle Arbeiten verrichten könne, die zu seinen vertraglichen Aufgaben gehörten. Im Rahmen der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers und Dienstherrn habe dieser dem Arbeitnehmer selbst bei eingeschränkter Tätigkeitsmöglichkeit im Rahmen des Zumutbaren auch gegebenenfalls nicht vertragsgemäße Arbeiten zuzuweisen bzw. den Arbeitsplatz so einzurichten, dass der Arbeitnehmer Tätigkeiten ausüben könne, die seiner Leistungsfähigkeit entsprächen. Ungeachtet seiner vollen Arbeitsfähigkeit wäre das beklagte Land daher auch verpflichtet gewesen, ihn zu beschäftigen, wenn bei ihm Einschränkungen in der Leistungsfähigkeit vorhanden gewesen wären. Zumindest wäre das beklagte Land gehalten gewesen, dem Wiedereingliederungsantrag nachzukommen. Dadurch, dass das beklagte Land dies nicht getan habe, habe es sich nach § 280 Abs. 1 BGB schadenersatzpflichtig gemacht und habe für den Fall, dass eine Zahlungspflicht nach § 615 BGB nicht bestehen sollte, jedenfalls Schadenersatz in Höhe der geltend gemachten Gehaltsansprüche zu leisten.
24Zum gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachten vom 09.12.2012 (s.u.) führt der Kläger aus, dass dies nach seinem Dafürhalten so zu verstehen sei, dass bei dort genannter Modifikation der Arbeitsbedingungen durchaus eine gestufte Wiedereingliederung im September 2009 erfolgreich verlaufen wäre. Nur wenn die Arbeitsbedingungen im Vergleich zu 2007 unverändert gewesen wären, wäre eine stufenweise Wiedereingliederung voraussichtlich nicht erfolgreich verlaufen. Er habe aber Anspruch darauf gehabt, dass das beklagte Land zumindest zunächst ab September 2009 eine stufenweise Wiedereingliederung bei modifizierten Arbeitsbedingungen gewährleistet bzw. ermöglicht hätte. Diesen Versuch habe das beklagte Land entgegen der ihm obliegenden Fürsorgepflicht gänzlich unterlassen. Hilfsweise werde die Klageforderung damit begründet, dass September und Oktober 2009 eine Wiedereingliederung nicht erfolgt sei. Er habe zunächst im September 2008 einen Wiedereingliederungsantrag bei dem beklagten Land gestellt, welcher bis zum März 2009 von der Bezirksregierung nicht beantwortet worden sei. Dieser Antrag sei am 18.05.2009 von Frau Dr. S-N wiederholt worden und am 01.10.2009 durch eine positive Feststellung von Dr. E1 untermauert worden. Das beklagte Land sei zumindest verpflichtet gewesen, ihn mit dem Ziel einer Wiedereingliederung zu beschäftigen. Er sei im September/Oktober 2009 in der Lage gewesen, eine allmähliche Steigerung der beruflichen Belastung zu erreichen. Pflichtwidrig habe das beklagte Land sogar eine Wiedereingliederung abgelehnt. Hätte das beklagte Land der Wiedereingliederung zugestimmt, hätte er Entgeltersatzleistungen vom Kostenträger der Wiedereingliederungsmaßnahme (Krankenversicherung) in Höhe des Arbeitsentgelts erhalten.
25Der Kläger beantragt,
26unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Dortmund, Aktenzeichen 4 Ca 5440/09 vom 23.09.2010, zu-gestellt am 14.10.2010, wird das beklagte Land verurteilt, an den Kläger 7.087,26 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 3.543,63 € seit dem 01.10. und 01.11.2009 zu zahlen, sowie darüber hinaus an den Kläger weitere 445,14 € netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 223,57 € seit dem 01.10. und 01.11.2009 zu zahlen.
27Das beklagte Land beantragt,
28die Berufung zurückzuweisen.
29Das beklagte Land verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts. Nach gefestigter Rechtsprechung komme der Arbeitgeber mit der Annahme der Dienste des Arbeitnehmers nicht in Verzug, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich objektiv nicht leistungsfähig sei. Die langjährige psychische Erkrankung des Klägers sei nach den Grundsätzen der Rechtsprechung als Indiz für die tatsächliche Arbeitsunfähigkeit zu werten. Darüber hinaus seien im Verlauf des erstinstanzlichen Prozesses Tatsachen zutage getreten, nach denen davon ausgegangen werden könne, dass eine psychische Erkrankung jedenfalls ab 2005 ihren Verlauf genommen habe. Die vom Kläger vorgelegte „Gesundschreibung“ vom 01.10.2009 sei unzureichend. Der ausstellende Arzt Dr. E1 sei nicht der behandelnde Arzt in Hinsicht auf die psychische Erkrankung des Klägers. Ausweislich der Rechnung des Allgemeinmediziners Dr. E1 habe am 01.10.2009 lediglich eine Beratung gemäß Ziffer Nr. 1 GOÄ stattgefunden und sei eine kurze Bescheinigung gemäß Ziffer Nr. 70 GOÄ ausgestellt worden. Inhalt der so abgerechneten ärztlichen Leistungen sei aber gerade nicht eine ausführliche Untersuchung. Eine vollständige körperliche Untersuchung werde abgerechnet nach Ziffer Nr. 7 GOÄ. Die Abrechnung ärztlicher Leistungen auf dem Gebiet der Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie würden abgerechnet nach den Ziffern Nr. 800 ff. GOÄ. Entgegen der Darstellung des Klägers führe nicht der formale Akt der Schweigepflichtentbindung zur Beweislastumkehr. Weder die von der Schweigepflicht entbundene Ärztin Dr. S-N noch der von der Schweigepflicht entbundene Dr. E1 hätten konkrete Tatsachen zur Arbeitsfähigkeit des Klägers am 01.10.2009 schildern können. Die vom Gericht eingeholten Auskünfte seien nicht geeignet, die Indizwirkung für eine fortbestehende Arbeitsunfähigkeit des Klägers zu erschüttern. Letztlich seien das Verhalten und das schriftliche Vorbringen des Klägers aufschlussreich und ließen keinen anderen Schluss zu, als den, dass der Kläger nach wie vor massiv unter psychischen Störungen leide und auch zum 01.10.2009 eine Arbeitsfähigkeit nicht vorgelegen habe:
30Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 10.03.2010 habe der Kläger die Entbindung von der Schweigepflicht erklärt, mit anwaltlichem Schriftsatz vom 09.04.2010 habe er die Erklärung widerrufen. Mit eigenem Schriftsatz vom 15.06.2010 habe der Kläger mitgeteilt, dass er seinem bisherigen Prozessvertreter das Mandat entzogen habe. Im weiteren Schriftsatz vom 15.06.2010 habe der Kläger sämtliche ihn wegen der psychischen Erkrankung seit 2005 behandelnden und begutachtenden Ärzte einschließlich der Amtsärztin Frau Dr. U der Falschaussage, der Manipulation zu seinen Lasten und der Konspiration mit der ihm übel gesonnenen Bezirksregierung bezichtigt. Im Juli 2010 habe der Kläger behauptet, dass Frau Dr. S-N lüge, von der Bezirksregierung unter Druck gesetzt worden sei und vor dem Arbeitsgericht Dortmund falsch ausgesagt habe. Weiterhin habe der Kläger Beeinflussung/Manipulation durch den vormals für ihn tätigen Rechtsanwalt Dr. X vermutet. Im August 2010 habe der Kläger die Begutachtung durch einen weiteren Arzt aus Angst vor zu erwartenden extremen Repressalien abgelehnt. Im September 2010 habe der Kläger vorgetragen, sein Vertrauen in die bundesdeutsche Ärzteschaft sei „gleich Null“. Sämtliche ihn untersuchenden Psychiater hätten sich fehlverhalten, die Bezirksregierung Arnsberg und das Arbeitsgericht Dortmund hätten ihre Fürsorgepflichten verletzt. Dieses Vorbringen zeuge von einer erheblichen Persönlichkeitsstörung.
31Auf die von dem beklagten Land insoweit beigefügten Kopien von Schreiben des Klägers vom 19.09.2010, vom 03.08.2010, vom 29.07.2010 und zwei Schreiben vom 15.06.2010 wird Bezug genommen (Bl. 301 bis 308 GA).
32Die Persönlichkeitsstörung mache es dem Kläger unmöglich, seine Situation unvoreingenommen zu beurteilen und lasse letztlich auch die Einsichtsfähigkeit fehlen für die Notwendigkeit einer dringend angezeigten Therapie. Das selbst nach laienhaftem Verständnis augenscheinlich vorliegende gravierende Krankheitsbild lasse keinen Anhaltspunkt dafür zu, dass der Kläger im Herbst 2009 arbeitsfähig gewesen sei. Im Hinblick auf einen etwaigen Anspruch des Klägers auf eine Wiedereingliederung weist das beklagte Land darauf hin, dass es sich bei dem Kläger nicht um einen schwerbehinderten Arbeitnehmer handele und im Übrigen auch kein ordnungsgemäßer Wiedereingliederungsantrag vorgelegen habe. Allein die Bezugnahme auf das Attest des Hausarztes sei nicht geeignet, von der Arbeitsfähigkeit des Klägers bzw. einem Anspruch auf Wiedereingliederung auszugehen.
33Die Berufungskammer hat Beweis erhoben über die Behauptung des beklagten Landes, der Kläger sei in den streitgegenständlichen Monaten September und Oktober 2009 krankheitsbedingt arbeitsunfähig gewesen durch Einholung eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Auf das schriftlich erstattete Gutachten des Universitätsprofessors Dr. med. N3, Universitätsklinikum C, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 09.05.2012 wird Bezug genommen (Bl. 385 bis 408 GA). Auf Seite 21 des Gutachtens heißt es auszugsweise:
34„ . . .
35Für den Zeitraum September/Oktober 2009 liegen keine direkten fachärztlichen Beurteilungen vor. Die geforderte gutachterliche Stellungnahme kann also nur aus vorliegenden und vorgetragenen Beurteilungen und Berichten für andere Zeitintervalle erschlossen werden. Die vorliegenden Evidenzen lassen folgende Folgerungen zu:
36Die Feststellung der Arbeitsfähigkeit im September/Oktober 2009 erfordert die gleichzeitige Berücksichtigung der Persönlichkeit von Herrn T1, wie deren Störungen und der arbeitsbezogener Umwelt; die Arbeitsfähigkeit war von der Modifizierbarkeit der Arbeitsbedingungen abhängig:
37(a) unter Fortbestand der bis zur AU-Schreibung in 2007 geltenden Rahmenbedingungen (mit Notwendigkeit von Vertretungsleistung und Kommunikationsproblemen mit Schulleitung und Dienstherren) war eine Arbeitsfähigkeit vermutlich wegen wahrscheinlicher, unverhältnismäßiger Reaktionsbildungen bei paranoider Persönlichkeitsstörung nicht gegeben.
38(b) Bei Modifikation der Rahmenbedingungen (keine Vertretungsstunden, evtl. Reduktion des Stundenkontingents, Entgegenkommen und Kommunikationsangebote seitens des Dienstherren und der Schulleitung) wäre eine stufenweise Wiedereingliederung voraussichtlich erfolgreich verlaufen.
39. . . “
40Auf der letzten Textseite des Gutachtens heißt es unter „Zusammenfassung“ auszugsweise (Bl. 407 GA):
41„ . . . Dabei wurde offenbar davon ausgegangen ist, dass Arbeitsbedingungen im Vergleich zu 2007 unverändert sind. Unter dieser Annahme wäre aufgrund der fortbestehenden Persönlichkeitsstörung eine gestufte Wiedereingliederung im September 2009 wahrscheinlich nicht erfolgreich verlaufen (trotz der dabei mittlerweile eingetretenen Reduktion des Schweregrads der Persönlichkeitsstörung – z. B. eine verbesserte Fähigkeit zur Relativierung, Distanzierung und Reflexion).
42Festzustellen ist jedoch auch, dass man zu einer anderen Konsequenz (nämlich Arbeitsfähigkeit) hätte kommen können, wenn die Arbeitsbedingungen für Herrn T1 voraussehbarer, günstiger, weniger belastend und entgegenkommender gestaltet worden wären.
43. . . “
44Der Sachverständige Prof. Dr. N3 ist zum Verhandlungstermin am 16.05.2013 geladen worden und hat sein Gutachten erläutert. Insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll vom 16.05.2013 Bezug genommen (Bl. 486 bis 487R GA).“
45Der Kläger ist der Ansicht, er sei arbeitsfähig. Jedenfalls sei das beklagte Land verpflichtet gewesen, eine stufenweise Wiedereingliederung durchzuführen, die auch nach Ansicht des Gutachters wahrscheinlich erfolgreich verlaufen wäre. Das beklagte Land habe seine Fürsorgepflicht verletzt, indem es ihm eine stufenweise Wiedereingliederung verweigerte. Aus diesem Grund seien die Vergütungsansprüche hilfsweise unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes geschuldet.
46Der Kläger trägt in der Einspruchsbegründung vom 03.02.2014 vor, er habe – unstreitig erfolglos – zwei Anträge auf stufenweise Wiedereingliederung gestellt und zwar im September 2008 und am 18.05.2009 (für die Zeit vom 26.06.2009 bis 03.07.2009). Durch die Ablehnung habe das beklagte Land die Wiedererlangung seiner Arbeitsfähigkeit treuwidrig vereitelt.
47Im Kammertermin am 27.03.2014 legte der Kläger eine Änderung des Plans zur stufenweisen Wiedereingliederung, die ursprünglich vom 26.06.2009 bis zum 03.07.2009 vorgesehen war, vor. Auf die Änderung (Bl. 259 d. A.) wird ergänzend Bezug genommen. Er trägt vor, nachdem die Bezirksregierung auf den ursprünglichen Vorschlag nicht eingegangen sei, sei eine Erweiterung um zwei Wochen für die Zeit vom 17.08.2009 bis zum 31.08.2009 ärztlicherseits vorgeschlagen worden. Auf Fragen des Gerichts, an welchem Datum dieses Dokument erstellt worden sei, erklärte der Kläger, persönlich gehört, das müsse am 27.08.2009 gewesen sein, denn vorher habe er vom beklagten Land noch nichts gehört. Der Klägervertreter erklärte dazu, dass eine Ausstellung unter dem 27.08.2009 aus ärztlicher Sicht keinen Sinn machen würde und nach seiner Auffassung der geänderte Vorschlag irgendwann zwischen dem Datum des ursprünglichen Wiedereingliederungsplans vom 18.05.2009 und dem 26.06.2009 erstellt worden sein müsse.
48Der Kläger hat ursprünglich mit der Klageschrift vom 30.08.2011 Vergütungsansprüche in Höhe von 3.543,63 € brutto und 222,57 € netto nebst Zinsen für die Monate November 2009 bis August 2011 verfolgt, ohne Zwischenverdienst oder Sozialleistungen in Abzug zu bringen. Mit Schriftsatz vom 27.10.2011 hat er die Klage für den Monat September 2011 erweitert. Nach Hinweis des Gerichts hat er für die Monate Mai 2011 bis September 2011 erhaltene Sozialleistungen von monatlich 364,- € (x 5 Monate = 1.820,- €) in Abzug gebracht und die Klage insoweit zurückgenommen.
49Die Kammer hat die vorliegende Klage durch Versäumnisurteil vom 23.01.2014, zugestellt am 30.01.2014 abgewiesen. Mit Schriftsatz vom 03.02.2014, eingegangen am 03.02.2014 hat der Kläger Einspruch eingelegt.
50Der Kläger beantragt letztlich,
51- 52
1. Das Versäumnisurteil vom 23.01.2014 – 6 Ca 3695/11 -, zugestellt am 30.01.2014 wird aufgehoben.
- 54
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat November 2009 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2009 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
- 56
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Dezember 2009 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
- 58
4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Januar 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
- 60
5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Februar 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
- 62
6. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat März 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
- 64
7. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat April 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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8. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Mai 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
- 68
9. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Juni 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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10. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Juli 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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11. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat August 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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12. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat September 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
- 76
13. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Oktober 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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14. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat November 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2010 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
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15. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Dezember 2010 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2011 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
- 82
16. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Januar 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2011 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
- 84
17. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Februar 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2011 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
- 86
18. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat März 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2011 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
- 88
19. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat April 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2011 zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
- 90
20. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Mai 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto abzüglich vom Jobcenter Arbeit I1 Aktiv gezahlter 364,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2011 aus 3.179,63 € brutto und 222,57 € netto zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
- 92
21. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Juni 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto abzüglich vom Jobcenter Arbeit I1 Aktiv gezahlter 364,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2011 aus 3.179,63 € brutto und 222,57 € netto zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
- 94
22. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Juli 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto abzüglich vom Jobcenter Arbeit I1 Aktiv gezahlter 364,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2011 aus 3.179,63 € brutto und 222,57 € netto zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
- 96
23. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat August 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto abzüglich vom Jobcenter Arbeit I1 Aktiv gezahlter 364,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2011 aus 3.179,63 € brutto und 222,57 € netto zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
- 98
24. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat September 2011 3.543,63 € brutto sowie weitere 222,57 € netto abzüglich vom Jobcenter Arbeit I1 Aktiv gezahlter 364,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2011 aus 3.179,63 € brutto und 222,57 € netto zu zahlen und hierüber eine ordnungsgemäße Lohn- und Gehaltabrechnung vorzulegen.
Das beklagte Land beantragt,
100das Versäumnisurteil aufrecht zu erhalten.
101Das beklagte Land ist der Ansicht, die Klage sei, wie schon im Vorverfahren, als unbegründet abzuweisen und trägt dazu vor. Der Kläger sei auch nach den Feststellungen des Gutachters weiterhin arbeitsunfähig gewesen, da der Gutachter davon ausgeht, eine stufenweise Wiedereingliederung sei geboten gewesen. Zur Zeit einer stufenweisen Wiedereingliederung bestehe aber auch nach der Feststellung des Gutachters Arbeitsunfähigkeit. Das beklagte Land sei nicht verpflichtet gewesen, eine stufenweise Wiedereingliederung durchzuführen, da der Kläger keinen geeigneten Wiedereingliederungsplan vorgelegt habe. Der im Termin am 27.03.2014 vom Kläger vorgelegte geänderte Wiedereingliederungsplan (erweitert um den Zeitraum 17.08.2009 bis 31.08.2009) liege nach Kenntnis des Terminsvertreters und nach Durchsicht der Akte dem beklagten Land nicht vor.
102Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die abgegebenen Protokollerklärungen Bezug genommen. Weiterhin wird auf den Vortrag der Parteien im Vorverfahren 4 Ca 5440/09 = 11 Sa 1936/10 Bezug genommen. Die Akte war im Kammertermin beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
103Die Kammer hat Beweis erhoben über die Frage, ob der Kläger in der Zeit von November 2009 bis September 2011 arbeitsunfähig erkrankt war und insbesondere, ob in dem Zeitraum psychische Erkrankungen vorlagen, die einer Arbeitsfähigkeit entgegenstanden, durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sachverständigengutachten von Prof. Dr. N3 vom 16.05.2014 (Bl. 100 bis 124 d. A.) Bezug genommen. In dem Gutachten heißt es u. a.:
104„[…]
105Für die Zeit nach September/Oktober 2009 bis zum November 2011, kann man also vom Fehlen eines relevanten depressiven Syndroms oder eines anderen akuten Krankheitssyndroms ausgehen.
106Die Symptomremission bezüglich der affektiven Störung reicht aber nicht aus, um die Arbeitsfähigkeit unter den gegebenen beruflichen Bedingungen in der Schule zu garantieren. Hierzu ist eine zusätzliche Einschätzung der Belastbarkeit auf dem Hintergrund der im September/Oktober 2009 vorhandenen paranoiden Persönlichkeitsstörung entscheidend.
107[…]
108Für den Zeitraum von Mai 2009 bis zur Begutachtung (November 2011) liegt keine fachärztliche Beurteilung vor, u. a. da sich Herr T1 den von Frau Dr. U empfohlenen fachärztlichen Beurteilungen entzogen hat. Die geforderte gutachterliche Stellungnahme kann also nur aus vorliegenden und vorgetragenen Beurteilungen und Berichten für andere Zeitintervalle erschlossen werden. Die vorliegenden Evidenzen lassen folgende Folgerung zu:
109Die Feststellung der Arbeitsfähigkeit von September/Oktober 2009 bis zur Begutachtung (Nov. 2011) erfordert die gleichzeitige Berücksichtigung der Persönlichkeit von Herrn T1, wie deren Störung und der arbeitsbezogener Umwelt; die Arbeitsfähigkeit ist dabei von der Modifizierbarkeit der Arbeitsbedingungen abhängig:
110(a) Unter Fortbestand der bis zur AU-Schreibung 2007 geltenden Rahmenbedingungen (mit Notwendigkeit von Vertretungsleistungen und Kommunikationsproblemen mit Schulleitung und Dienstherren) war eine Arbeitsfähigkeit vermutlich wegen wahrscheinlicher, unverhältnismäßiger Reaktionsbildungen bei paranoider Persönlichkeitsstörung nicht gegeben. Diese Aussage ist aber ohne Wiedereingliederungsversuch nicht sicher feststellbar.
111(b) Bei Modifikation der Rahmenbedingungen (keine Vertretungsstunden, evtl. Reduktion des Stundenkontingents, Entgegenkommen und Kommunikationsangebote seitens des Dienstherren und der Schulleitung) wäre eine stufenweise Wiedereingliederung voraussichtlich erfolgreich verlaufen.
112(c) Ob eine hinlängliche Belastbarkeit nach dem festgestellten Verschwinden der zu Beginn der AU-Fähigkeit bestehenden Beeinträchtigungen und Beschwerden besteht, kann nur durch eine gestufte Wiedereingliederungsmaßnahme (während der ja weiterhin Arbeitsunfähigkeit besteht) entschieden werden. Eine solche Maßnahme ist seit dem 18.05.2009 aufgrund des Fehlens relevanter, beeinträchtigender Akuterkrankungen durchgängig möglich gewesen.“
113E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
114A.
115Der Einspruch vom 30.01.2014 ist zulässig. Er ist form- und fristgerecht bei Gericht eingegangen und versetzt den Rechtsstreit in die Lage vor der Säumnis im Kammertermin vom 23.01.2014 zurück.
116B.
117Die zulässige Klage ist unbegründet und war abzuweisen.
118Der Kläger kann vom beklagten Land keine Vergütung für die Zeit von November 2009 bis September 2011 verlangen. Der Zahlungsanspruch besteht weder unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs, noch des Schadensersatzes.
119I.
120Die erkennende Kammer macht sich die zutreffenden Ausführungen der 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm im Urteil vom 16.05.2013 (11 Sa 1936/10) zu Eigen. Das Landesarbeitsgericht führt folgendes aus:
121„Die Berufung [des Klägers] bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.
122Weder unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs gemäß § 615 BGB noch unter dem Gesichtspunkt eines Schadenersatzanspruchs gemäß § 280 BGB wegen Pflichtverletzung kann der Kläger die eingeforderten Beträge für die Monate September und Oktober 2009 beanspruchen.
1231. Einem Anspruch auf Annahmeverzugsentgelt gemäß § 615 BGB steht entgegen, dass der Kläger nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme im September und Oktober arbeitsunfähig erkrankt war.
124Nach § 615 Satz 1 BGB kann ein Arbeitnehmer das vereinbarte Arbeitsentgelt verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein, wenn der Arbeitgeber mit der Annahme der Dienste in Verzug gekommen ist. Nach § 293 BGB kommt der Arbeitgeber in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Gemäß § 297 BGB tritt jedoch dann kein Annahmeverzug ein, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Falle des § 296 BGB zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit außer Stande ist, die Leistung zu bewirken. Entfällt das Leistungsvermögen des Arbeitnehmers, wird die vertraglich geschuldete Leistung unmöglich. Das ist etwa der Fall, wenn der Arbeitnehmer im Anspruchszeitraum arbeitsunfähig erkrankt ist. Die Darlegungs- und Beweislast für das Unvermögen des Arbeitnehmers infolge krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit trägt der Arbeitgeber (BAG 05.11.2003 AP BGB § 615 Nr. 106; BAG, 29.10.1998 AP BGB § 615 Nr. 77).
125Durch das ärztliche Sachverständigengutachten und dessen mündliche Erläuterung in der Verhandlung am 16.05.2013 ist der Beweis geführt, dass der Kläger im September und Oktober 2009 arbeitsunfähig erkrankt war. Arbeitsunfähig infolge Krankheit ist der Arbeitnehmer dann, wenn ein Krankheitsgeschehen ihn außer Stand setzt, die ihm nach dem Arbeitsvertrag obliegende Arbeit zu verrichten, oder wenn er die Arbeit nur unter der Gefahr fortsetzen könnte, in absehbar naher Zeit seinen Zustand zu verschlimmern (BAG 29.01.1992 – 5 AZR 37/91 – AP SGB V § 74 Nr. 1; BAG 26.07.1989 – 5 AZR 301/88 – AP LohnFG § 1 Nr. 86). Die durch Krankheit verursachte Arbeitsunfähigkeit wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Arbeitnehmer seine geschuldeten Vertragspflichten anstatt voll nur teilweise zu erbringen vermag. Arbeitsrechtlich bedeutet es keinen Unterschied, ob der Arbeitnehmer durch die Krankheit ganz oder teilweise arbeitsunfähig wird. Auch der vermindert Arbeitsfähige ist arbeitsunfähig erkrankt im Rechtssinne (BAG 29.01.1992 – 5 AZR 37/91 – AP SGB V § 74 Nr. 1). Die Grundsätze der Rechtsprechung stimmen überein mit der Definition in § 2 Abs. 1 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien (jurisPK-SGB V- Adolf, § 74 SGB V Rn. 10 [Stand 01.04.2012]; Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB V vom 01.12.2003 [nebst Anlage „Empfehlungen zur Umsetzung der stufenweisen Wiedereingliederung“ - g-ba.de/informationen/richtlinien -]:
126„Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte aufgrund von Krankheit seine zuletzt vor der Arbeitsunfähigkeit ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausführen kann. Bei der Beurteilung ist darauf abzustellen, welche Bedingungen die bisherige Tätigkeit konkret geprägt haben. Arbeitsunfähigkeit liegt auch vor, wenn aufgrund eines bestimmten Krankheitszustandes, der für sich allein noch keine Arbeitsunfähigkeit bedingt, absehbar ist, dass aus der Ausübung der Tätigkeit für die Gesundheit oder die Gesundung abträgliche Folgen erwachsen, die Arbeitsunfähigkeit unmittelbar hervorrufen. Arbeitsunfähigkeit besteht auch während einer stufenweisen Wiederaufnahme der Arbeit fort, durch die dem Versicherten die dauerhafte Wiedereingliederung in das Erwerbsleben durch eine schrittweise Heranführung an die volle Arbeitsbelastung ermöglicht werden soll. Arbeitsunfähigkeit kann auch während einer Belastungserprobung und einer Arbeitstherapie bestehen.“.)
127Der Gutachter ist nach Untersuchung des Klägers und Auswertung der Krankenunterlagen der vergangenen Zeit nachvollziehbar und überzeugend begründet zu dem Ergebnis gelangt, dass im September/Oktober 2009 bei Modifikation der Rahmenbedingungen eine stufenweise Wiedereingliederung voraussichtlich erfolgreich verlaufen wäre (Gutachten S. 21, Bl. 405 GA) – das allerdings nicht, wenn die Arbeitsbedingungen im Vergleich zu 2007 unverändert geblieben wären (Gutachten S. 23, Bl. 407 GA) . Eine stufenweise Wiedereingliederung (§ 74 SGB V) setzt die Arbeitsunfähigkeit des Versicherten voraus (jurisPK-SGB V- Adolf, § 74 SGB V Rn. 10 [Stand 01.04.2012]). In Übereinstimmung damit hat der Sachverständige bei der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens vor der Kammer am 16.05.2013 ausgesagt, dass der Kläger im fraglichen Zeitraum arbeitsunfähig im Sinne von § 2 Abs. 1 und § 2 Abs. 2 Satz 1 der Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien war. Er hat seine Ausführungen damit begonnen, dass die stufenweise Wiedereingliederung nach § 74 SGB V im September 2009 das gebotene Mittel gewesen wäre, der angemessene Zeitraum dafür wären zwei bis drei Monate gewesen. Zugleich hat er erneut bekundet, dass bei unverändertem Fortbestand der bisherigen Arbeitsbedingungen Restzweifel an einer prospektiven Arbeitsfähigkeit (selbst) nach einer Wiedereingliederung bestünden. Die gutachterlichen Ausführungen vom 16.05.2013 sind in sich nachvollziehbar und fügen sich in das Bild der früheren Krankheitsbefunde ein. Da der Kläger nach dem Gutachten im Oktober und November 2009 arbeitsunfähig erkrankt war, kann er gemäß § 297 BGB kein Annahmeverzugsentgelt beanspruchen.
1282. Die Klage ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Schadensersatzanspruchs begründet. Der Kläger macht insoweit geltend, das beklagte Land habe es pflichtwidrig unterlassen, in eine Wiedereingliederungsmaßnahme nach § 74 SGB V einzuwilligen. Das beklagte Land hat sich insoweit jedoch nicht pflichtwidrig verhalten. § 74 SGB V ermöglicht die stufenweise Wiedereingliederung eines arbeitsunfähigen Arbeitnehmers in seine bisherige Tätigkeit. Da der Arbeitnehmer in der Wiedereingliederungskonstellation des § 74 SGB V arbeitsunfähig ist (s.o.), bestehen während des Wiedereingliederungsverhältnisses nicht die wechselseitigen Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis (BAG 29.01.1992 – 5 AZR 37/91 – AP SGB V § 74 Nr. 1; BAG 28.07.1999 – 4 AZR 192/98 – AP SGB V § 74 Nr. 3; ErfK-Preis, 13. Aufl. 2013, 3 611 BGB Rn. 33; Küttner-Schlegel, Personalbuch 2012, 104 Betriebliches Eingliederungsmanagement Rn. 16; vgl. auch: BAG 13.06.2006 – 9 AZR 229/05 – AP SGB IX § 81 Nr. 13 = NZA 2007,91-94 Rn. 23). Der Wiedereingliederung nach § 74 SGB V liegt ein Rechtsverhältnis eigener Art zugrunde, das dem Arbeitnehmer lediglich Gelegenheit gibt, sich bei quantitativ verringerter Tätigkeit zu erproben, und ihm ermöglichen soll, seine Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen (ErfK-Preis, 13. Aufl. 2013, 3 611 BGB Rn. 33).
129a) Die Kammer lässt dahingestellt, ob es Konstellationen gibt, in denen der Arbeitgeber gegenüber einem nicht schwerbehinderten Arbeitnehmer gesetzlich verpflichtet ist, auf dessen Wunsch ein Wiedereingliederungsverhältnis zu begründen und durchzuführen.
130aa) Allgemein wird betont, dass die in § 74 SGB V geregelte schrittweise Wiedereingliederung arbeitsunfähiger Arbeitnehmer vom Prinzip der (beidseitigen) Freiwilligkeit beherrscht werde (BAG 29.01.1992 – 5 AZR 37/91 – AP SGB V § 74 Nr. 1; vgl. aber auch BAG 13.06.2006 – 9 AZR 229/05 – AP SGB IX § 81 Nr. 13 = NZA 2007,91-94 Rn. 29 unter Hinweis auf Schmidt AuR 1997,461,465). Der Arbeitnehmer sei nicht verpflichtet, eine Wiedereingliederung durchzuführen. Der Arbeitnehmer habe aber auch keinen Rechtsanspruch darauf, stufenweise wiedereingegliedert zu werden (Schaub-Linck, Arbeitsrechts-Handbuch, 14. Aufl. 2011, § 98 Rn. 18 = S. 1106), zum Abschluss eines auf Wiedereingliederung gerichteten Vertrages sei der Arbeitgeber grundsätzlich nicht verpflichtet (Küttner-Reinecke, Personalbuch 2012, 351 Rehabilitation (berufliche) Rn. 9).
131bb) Demgegenüber hat das Bundesarbeitsgericht in der soeben zitierten Entscheidung vom 13.06.2006 darauf hingewiesen, dass mit den neuen Präventions- und Teilhabevorschriften in §§ 81, 84, 99 SGB IX ein Wandel verbunden ist. Angesichts der dem Arbeitgeber auferlegten Pflicht, die Teilhabe schwerbehinderter Arbeitnehmer im Arbeitsleben zu ermöglichen, kann sich für den Schwerbehinderten bei Vorlage eines entsprechenden ärztlich ausgefüllten Formulars nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ein Anspruch auf eine Wiedereingliederung nach § 74 SGB V ergeben (BAG 13.06.2006 – 9 AZR 229/05 – AP SGB IX § 81 Nr. 13 = NZA 2007,91-94 Rn. 33). Zugleich hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, damit gingen die Rechte des Schwerbehinderten über die Rechte nichtbehinderter Arbeitnehmer bei der stufenweisen Wiedereingliederung hinaus; nicht behinderte Arbeitnehmer hätten weder einen Beschäftigungsanspruch nach § 81 Abs. 4 Satz 1 SGB IX noch sei der Arbeitgeber verpflichtet, generell deren Teilhabe am Arbeitsleben zu fördern (BAG 13.06.2006 aaO Rn. 33; im Urteil v. 13.08.2009 – 6 AZR 330/08 – AP BGB § 241 Nr. 4 lässt das BAG in Rn. 30, 31 ausdrücklich offen, ob aus § 84 Abs. 2 SGB IX eine Nebenpflicht des Arbeitgebers zur Beschäftigungsermöglichung über die Grenzen des Direktionsrechts hinaus resultiert, deren Verletzung einen Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers auslöst).
132cc) Zweifel an einem durchgängigen Grundsatz der Freiwilligkeit artikuliert Preis, ohne daraus jedoch konkrete Konsequenzen für den Status nicht behinderter arbeitsunfähiger Arbeitnehmer herzuleiten (ErfK-Preis, 13. Aufl. 2013, § 611 BGB Rn. 33).
133dd) Die 8. Kammer des erkennenden Gerichts hat in ihrem Urteil vom 04.07.2011 eine Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Wiedereingliederung des arbeitsunfähigen Arbeitnehmers unabhängig von dessen Schwerbehinderteneigenschaft bejaht (LAG Hamm 04.07.2011 – 8 Sa 726/11 - ). In dem Urteil wird ausgeführt, dass dem Arbeitgeber in arbeitsrechtlicher Hinsicht die Entscheidung nicht freistehe, sich auf eine ärztliche empfohlene stufenweise Wiedereingliederung einzulassen oder nicht. Wie sich aus der Vorschrift des § 84 Abs. 2 SGB IX ergebe, treffe den Arbeitgeber unter den dort genannten Voraussetzungen die Verpflichtung zur Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM). Ziel dieser Maßnahme sei die Suche nach Möglichkeiten, dem länger oder häufiger erkrankten Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz zu erhalten und geeignete Beschäftigungsmöglichkeiten zu prüfen. Zu denjenigen Maßnahmen, welche im Zuge eines betrieblichen Eingliederungsmanagements zur Verfügung stünden, gehöre auch die stufenweise Wiedereingliederung. Unterlasse der Arbeitgeber die Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements oder die in diesem Zuge als geeignet in Betracht kommenden Maßnahmen, so ziehe dies eine Verpflichtung zum Schadensersatz gemäß § 280 BGB nach sich. Soweit demgegenüber eingewandt werde, es fehle an einer nebenvertraglichen Rechtspflicht, deren Verletzung zu Schadensersatzansprüchen führen könne, da das BEM lediglich ein Verfahren zur Suche nach bestehenden Möglichkeiten darstelle, überzeuge dies nicht. Allein die Tatsache, dass § 84 SGB IX selbst keine Rechtsfolgenregelung umfasse, rechtfertige nicht die Annahme einer rechtlichen Unverbindlichkeit und einer Folgenlosigkeit eines Gesetzesverstoßes. § 84 Abs. 2 SGB IX diene dem Schutz länger erkrankter Arbeitnehmer vor nachteiligen Auswirkungen auf die Möglichkeit der Beschäftigung und stelle damit zugleich ein Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB dar (LAG Hamm a. a. O. Rn. 26).
134b) Im hier zu entscheidenden Fall besteht ein Schadensersatzanspruch des Klägers unabhängig von dieser grundsätzlichen Fragestellung nicht. Ob sich aus § 84 SGB IX ein Anspruch auf Wiedereingliederung auch für nicht behinderte Arbeitnehmer ergeben kann, ist nicht entscheidungserheblich. Selbst bei grundsätzlicher Bejahung eines solchen Anspruches war das beklagte Land hier nicht verpflichtet, dem ärztlich erstellten Wiedereingliederungsplan vom 18.05.2009 zu entsprechen. Dort ist ein Wiedereingliederungszeitraum von nur einer Woche mit 3 Stunden täglich vorgesehen - von Montag, dem 29.06.2009, bis zum Freitag, dem 03.07.2009 –. Bei dieser Woche handelt es sich um die letzte Schulwoche vor den Sommerferien, wobei die Sommerferien 2009 in Nordrhein-Westfalen bereits mit dem 02.07.2009 als erstem Ferientag begannen. Eine stufenweise Wiedereingliederung in dieser atypischen Schulwoche konnte von dem beklagten Land schon aus organisatorischen Gründen nicht erwartet werden. Zudem steht einem Anspruch des Klägers entgegen, dass der Eingliederungszeitraum mit nur einer Woche zu kurz bemessen ist und der angestrebte stufenweise Einstieg in die Arbeitstätigkeit angesichts der unmittelbar bevorstehenden Ferien nicht in der vorgesehenen Weise erreicht werden konnte. In der Anlage zu den Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien vom 01.12.2003 sind „Empfehlungen zur Umsetzung der stufenweisen Wiedereingliederung“ geregelt (g-ba.de/informationen/richtlinien). Unter Nr. 5 ist dort vorgesehen, dass der Versicherte in der Phase der stufenweisen Wiedereingliederung in regelmäßigen Abständen ärztlich zu untersuchen ist. Bei Feststellung einer Steigerung der Belastbarkeit hat eine Anpassung der stufenweisen Wiedereingliederung zu erfolgen; im gegenteiligen Fall ist eine Beschränkung vorzunehmen oder die Wiedereingliederung abzubrechen. Nach dem Wiedereingliederungsplan sollte der Kläger überhaupt nur eine Woche in der Wiedereingliederung tätig werden und seine Tätigkeit dann nach dieser Woche sofort wieder für die gut sechs Wochen der Sommerferien unterbrechen. Darauf musste sich das beklagte Land nicht einlassen. In dieser kurzen Zeitspanne einer Tätigkeit von nur wenigen Tagen ist für das in Nr. 5 der Anlage zu den Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien vorgesehene Procedere kein Raum. Eine derart kurze Wiedereingliederung bietet keine Basis, die benötigten medizinischen Erkenntnisse zu gewinnen und die erforderliche medizinische Begleitung des Wiedereinstiegs zu gewährleisten. Eine solche nicht mit den „Empfehlungen zur Umsetzung der stufenweisen Wiedereingliederung“ konforme Wiedereingliederung schuldete das beklagte Land nicht. Auch nachfolgend bestand keine Pflicht des beklagten Landes, mit dem Kläger ein Wiedereingliederungsverhältnis zu begründen. Im weiteren Verlauf ist der Kläger nicht erneut mit einem ärztlich unterzeichneten Wiedereingliederungsplan vorstellig geworden. Insoweit trifft den Arbeitnehmer jedoch die Mitwirkungspflicht. Es obliegt dem Arbeitnehmer, dem Arbeitgeber einen ordnungsgemäß nach den Vorschriften des Sozialrechts erstellten ärztlichen Wiedereingliederungsplan vorzulegen. Genügt der Arbeitnehmer dieser Mitwirkungspflicht nicht, so scheidet bereits aus diesem Grund eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Wiedereingliederung nach § 74 SGB V aus (BAG 13.06.2006 – 9 AZR 229/05 – AP SGB IX § 81 Nr. 13 = NZA 2007, 91 – 94 Rn. 34 – 40).“
135II.
136Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts geben für die erkennende Kammer vorliegt nur Anlass zu folgenden Ergänzungen:
1371.
138Die Kammer geht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch ab November 2009 von einer weiteren Arbeitsunfähigkeit des Klägers aus.
139Auch für die Zeit nach Oktober 2009 kommt der Sachverständige im für diesen Rechtsstreit maßgeblichen Gutachten zum Ergebnis, dass eine stufenweise Wiedereingliederung die gebotene Maßnahme gewesen wäre, die aber, wie das LAG zutreffend festgestellt hat, eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers bedingt, worauf der Sachverständige im Schlusssatz des Gutachtens nochmal ausdrücklich hinweist.
1402.
141Ein Schadensersatzanspruch des Klägers für die Zeit ab November 2009 besteht nicht.
142Das LAG geht in seinen Entscheidungsgründen davon aus, der Kläger sei nach Vorlage des stufenweisen Wiedereingliederungsplans vom 18.05.2009 nicht erneut mit einem ärztlich unterzeichneten Wiedereingliederungsplan vorstellig geworden.
143An dieser Feststellung ändert auch die Vorlage des geänderten Plans für die Zeit vom 17.08.2009 bis 31.08.2009 nichts. Zum einen hat der Kläger letztlich nicht konkret vorgetragen, zu welchem Zeitpunkt der geänderte Plan überhaupt erstellt worden ist. Die spontane Äußerung des Klägers persönlich als richtig unterstellt, war auch dieser Plan nicht geeignet, tatsächlich umgesetzt zu werden, da er erst am Ende des neuen Wiedereingliederungszeitraums erstellt worden ist. Die Relativierung dieses Vortrags durch den Klägervertreter geht über eine Vermutung über einen (zutreffend wahrscheinlicheren) Geschehensablauf nicht hinaus.
144Jedenfalls hat sich der Kläger nicht dazu geäußert, wann dieser geänderte Wiedereingliederungsplan dem beklagten Land vorgelegt worden ist. Der Zeitpunkt der Vorlage ist aber entscheidend dafür, ob das beklagte Land diesen Wiedereingliederungsplan prüfen und ggf. umsetzen konnte.
145Es bedarf deshalb auch keiner Erörterung, ob dieses Vorbringen im Kammertermin im Hinblick auf das vorangegangene Versäumnisurteil verspätet gewesen wäre. Es bedarf auch keiner Erörterung, ob der geänderte, nunmehr auf zwei Wochen verlängerte Wiedereingliederungsplan den Anforderungen genügt, die das LAG in den oben ausgeführten Entscheidungsgründen vorgetragen hat. Letztlich kommt es auch nicht darauf an, wer die Beweislast hinsichtlich eines Schadensersatzanspruchs trifft. Die Kammer hätte jedenfalls Zweifel, ob die Ausführungen des Sachverständigen einen kausal durch die unterlassene Wiedereingliederung verursachten Schaden beweisen.
1463.
147Ein Anspruch auf Erteilung von Vergütungsabrechnungen besteht schon deshalb nicht, weil das beklagte Land keine Nettozahlungen geleistet hat, die der Erläuterung durch eine Abrechnung bedürften. Eine Abrechnung nach § 108 GewO ist erst bei Zahlung geschuldet (BAG, 12.07.2005 – 5 AZR 646/05 – AP Nr. 1 zu § 611 BGB Lohnabrechnung; BAG, 10.01.2007 – 5 AZR 665/06 – AP Nr. 3 zu § 179 BGB)
148III.
149Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die unterlegene Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
150Der Streitwert war in Höhe des Zahlungsanspruchs im Urteil festzusetzen, § 61 Abs. 1 ArbGG. Die Abrechnungen hat die Kammer darüber hinaus mit insgesamt 1.000,- € bewertet, da der abzurechnende Betrag unverändert bleibt.
151Es wird darauf hingewiesen, dass für das Verfahren insgesamt ein Gebührenstreitwert von 87.622,60 € gegeben, wobei die teilweise Klagerücknahme in Höhe von 1.820,- € dem Urteilsstreitwert hinzuzusetzen ist.
(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich.
(2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Es bestimmt alsbald den Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, und den Termin zur Verkündung der Entscheidung. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist unzulässig, wenn seit der Zustimmung der Parteien mehr als drei Monate verstrichen sind.
(3) Ist nur noch über die Kosten oder Nebenforderungen zu entscheiden, kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen.
(4) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.
(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.
Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.
(1) Die Gerichte für Arbeitssachen sind ausschließlich zuständig für
- 1.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Tarifvertragsparteien oder zwischen diesen und Dritten aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen; - 2.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt; - 3.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern - a)
aus dem Arbeitsverhältnis; - b)
über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses; - c)
aus Verhandlungen über die Eingehung eines Arbeitsverhältnisses und aus dessen Nachwirkungen; - d)
aus unerlaubten Handlungen, soweit diese mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang stehen; - e)
über Arbeitspapiere;
- 4.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern oder ihren Hinterbliebenen und - a)
Arbeitgebern über Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang stehen; - b)
gemeinsamen Einrichtungen der Tarifvertragsparteien oder Sozialeinrichtungen des privaten Rechts oder Versorgungseinrichtungen, soweit Letztere reine Beitragszusagen nach § 1 Absatz 2 Nummer 2a des Betriebsrentengesetzes durchführen, über Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis oder Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang stehen,
soweit nicht die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist; - 5.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern oder ihren Hinterbliebenen und dem Träger der Insolvenzsicherung über Ansprüche auf Leistungen der Insolvenzsicherung nach dem Vierten Abschnitt des Ersten Teils des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung; - 6.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Einrichtungen nach Nummer 4 Buchstabe b und Nummer 5 sowie zwischen diesen Einrichtungen, soweit nicht die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist; - 7.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Entwicklungshelfern und Trägern des Entwicklungsdienstes nach dem Entwicklungshelfergesetz; - 8.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen den Trägern des freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahres oder den Einsatzstellen und Freiwilligen nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz; - 8a.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Bund oder den Einsatzstellen des Bundesfreiwilligendienstes oder deren Trägern und Freiwilligen nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz; - 9.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern aus gemeinsamer Arbeit und aus unerlaubten Handlungen, soweit diese mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang stehen; - 10.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen behinderten Menschen im Arbeitsbereich von Werkstätten für behinderte Menschen und den Trägern der Werkstätten aus den in § 221 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch geregelten arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnissen.
(2) Die Gerichte für Arbeitssachen sind auch zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern,
- a)
die ausschließlich Ansprüche auf Leistung einer festgestellten oder festgesetzten Vergütung für eine Arbeitnehmererfindung oder für einen technischen Verbesserungsvorschlag nach § 20 Abs. 1 des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen zum Gegenstand haben; - b)
die als Urheberrechtsstreitsachen aus Arbeitsverhältnissen ausschließlich Ansprüche auf Leistung einer vereinbarten Vergütung zum Gegenstand haben.
(3) Vor die Gerichte für Arbeitssachen können auch nicht unter die Absätze 1 und 2 fallende Rechtsstreitigkeiten gebracht werden, wenn der Anspruch mit einer bei einem Arbeitsgericht anhängigen oder gleichzeitig anhängig werdenden bürgerlichen Rechtsstreitigkeit der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Art in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang steht und für seine Geltendmachung nicht die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist.
(4) Auf Grund einer Vereinbarung können auch bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen juristischen Personen des Privatrechts und Personen, die kraft Gesetzes allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans der juristischen Person zu deren Vertretung berufen sind, vor die Gerichte für Arbeitssachen gebracht werden.
(5) In Rechtsstreitigkeiten nach diesen Vorschriften findet das Urteilsverfahren statt.
(1) Freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherte Beschäftigte, die nur wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei sind, erhalten von ihrem Arbeitgeber als Beitragszuschuß den Betrag, den der Arbeitgeber entsprechend § 249 Absatz 1 oder 2 bei Versicherungspflicht des Beschäftigten zu tragen hätte. Satz 1 gilt für freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherte Beschäftigte, deren Mitgliedschaft auf der Versicherungsberechtigung nach § 9 Absatz 1 Satz 1 Nummer 8 beruht, entsprechend. Bestehen innerhalb desselben Zeitraums mehrere Beschäftigungsverhältnisse, sind die beteiligten Arbeitgeber anteilig nach dem Verhältnis der Höhe der jeweiligen Arbeitsentgelte zur Zahlung des Beitragszuschusses verpflichtet. Freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherte, die eine Beschäftigung nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz oder nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz ausüben, erhalten von ihrem Arbeitgeber als Beitragszuschuss den Betrag, den der Arbeitgeber bei Versicherungspflicht der Freiwilligendienstleistenden nach § 20 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 des Vierten Buches für die Krankenversicherung zu tragen hätte.
(2) Beschäftigte, die nur wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze oder auf Grund von § 6 Abs. 3a versicherungsfrei oder die von der Versicherungspflicht befreit und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert sind und für sich und ihre Angehörigen, die bei Versicherungspflicht des Beschäftigten nach § 10 versichert wären, Vertragsleistungen beanspruchen können, die der Art nach den Leistungen dieses Buches entsprechen, erhalten von ihrem Arbeitgeber einen Beitragszuschuß. Der Zuschuss wird in Höhe des Betrages gezahlt, der sich bei Anwendung der Hälfte des Beitragssatzes nach § 241 zuzüglich der Hälfte des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes nach § 242a und der nach § 226 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bei Versicherungspflicht zugrunde zu legenden beitragspflichtigen Einnahmen als Beitrag ergibt, höchstens jedoch in Höhe der Hälfte des Betrages, den der Beschäftigte für seine Krankenversicherung zu zahlen hat. Für Beschäftigte, die bei Versicherungspflicht keinen Anspruch auf Krankengeld hätten, tritt an die Stelle des Beitragssatzes nach § 241 der Beitragssatz nach § 243. Soweit Kurzarbeitergeld bezogen wird, ist der Beitragszuschuss in Höhe des Betrages zu zahlen, den der Arbeitgeber bei Versicherungspflicht des Beschäftigten entsprechend § 249 Absatz 2 zu tragen hätte, höchstens jedoch in Höhe des Betrages, den der Beschäftigte für seine Krankenversicherung zu zahlen hat; für die Berechnung gilt der um den durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz nach § 242a erhöhte allgemeine Beitragssatz nach § 241. Absatz 1 Satz 3 gilt.
(2a) Der Zuschuss nach Absatz 2 wird ab 1. Januar 2009 für eine private Krankenversicherung nur gezahlt, wenn das Versicherungsunternehmen
- 1.
diese Krankenversicherung nach Art der Lebensversicherung betreibt, - 2.
einen Basistarif im Sinne des § 152 Absatz 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes anbietet, - 2a.
sich verpflichtet, Interessenten vor Abschluss der Versicherung das amtliche Informationsblatt der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht gemäß § 146 Absatz 1 Nummer 6 des Versicherungsaufsichtsgesetzes auszuhändigen, welches über die verschiedenen Prinzipien der gesetzlichen sowie der privaten Krankenversicherung aufklärt, - 3.
soweit es über versicherte Personen im brancheneinheitlichen Standardtarif im Sinne von § 257 Abs. 2a in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung verfügt, sich verpflichtet, die in § 257 Abs. 2a in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung in Bezug auf den Standardtarif genannten Pflichten einzuhalten, - 4.
sich verpflichtet, den überwiegenden Teil der Überschüsse, die sich aus dem selbst abgeschlossenen Versicherungsgeschäft ergeben, zugunsten der Versicherten zu verwenden, - 5.
vertraglich auf das ordentliche Kündigungsrecht verzichtet, - 6.
die Krankenversicherung nicht zusammen mit anderen Versicherungssparten betreibt, wenn das Versicherungsunternehmen seinen Sitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat.
(2b) u. (2c) (weggefallen)
(3) Für Bezieher von Vorruhestandsgeld nach § 5 Abs. 3, die als Beschäftigte bis unmittelbar vor Beginn der Vorruhestandsleistungen Anspruch auf den vollen oder anteiligen Beitragszuschuß nach Absatz 1 hatten, bleibt der Anspruch für die Dauer der Vorruhestandsleistungen gegen den zur Zahlung des Vorruhestandsgeldes Verpflichteten erhalten. Der Zuschuss wird in Höhe des Betrages gezahlt, den der Arbeitgeber bei Versicherungspflicht des Beziehers von Vorruhestandsgeld zu tragen hätte. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.
(4) Für Bezieher von Vorruhestandsgeld nach § 5 Abs. 3, die als Beschäftigte bis unmittelbar vor Beginn der Vorruhestandsleistungen Anspruch auf den vollen oder anteiligen Beitragszuschuß nach Absatz 2 hatten, bleibt der Anspruch für die Dauer der Vorruhestandsleistungen gegen den zur Zahlung des Vorruhestandsgeldes Verpflichteten erhalten. Der Zuschuss wird in Höhe des Betrages gezahlt, der sich bei Anwendung der Hälfte des Beitragssatzes nach § 243 und des Vorruhestandsgeldes bis zur Beitragsbemessungsgrenze (§ 223 Absatz 3) als Beitrag ergibt, höchstens jedoch in Höhe der Hälfte des Betrages, den der Bezieher von Vorruhestandsgeld für seine Krankenversicherung zu zahlen hat; Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.
Das Berufungsgericht prüft nicht, ob der beschrittene Rechtsweg und die Verfahrensart zulässig sind und ob bei der Berufung der ehrenamtlichen Richter Verfahrensmängel unterlaufen sind oder Umstände vorgelegen haben, die die Berufung eines ehrenamtlichen Richters zu seinem Amte ausschließen.
Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.
Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt.
Die Leistung muss dem Gläubiger so, wie sie zu bewirken ist, tatsächlich angeboten werden.
Ein wörtliches Angebot des Schuldners genügt, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist, insbesondere wenn der Gläubiger die geschuldete Sache abzuholen hat. Dem Angebot der Leistung steht die Aufforderung an den Gläubiger gleich, die erforderliche Handlung vorzunehmen.
Der Gläubiger kommt nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Falle des § 296 zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit außerstande ist, die Leistung zu bewirken.
Ist für die von dem Gläubiger vorzunehmende Handlung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt, so bedarf es des Angebots nur, wenn der Gläubiger die Handlung rechtzeitig vornimmt. Das Gleiche gilt, wenn der Handlung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Handlung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt.
Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.
Können arbeitsunfähige Versicherte nach ärztlicher Feststellung ihre bisherige Tätigkeit teilweise verrichten und können sie durch eine stufenweise Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit voraussichtlich besser wieder in das Erwerbsleben eingegliedert werden, soll der Arzt auf der Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit Art und Umfang der möglichen Tätigkeiten angeben und dabei in geeigneten Fällen die Stellungnahme des Betriebsarztes oder mit Zustimmung der Krankenkasse die Stellungnahme des Medizinischen Dienstes (§ 275) einholen. Spätestens ab einer Dauer der Arbeitsunfähigkeit von sechs Wochen hat die ärztliche Feststellung nach Satz 1 regelmäßig mit der Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit zu erfolgen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in seinen Richtlinien nach § 92 bis zum 30. November 2019 das Verfahren zur regelmäßigen Feststellung über eine stufenweise Wiedereingliederung nach Satz 2 fest.
(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erfordernissen der Versorgung von Kindern und Jugendlichen sowie behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker Rechnung zu tragen, vor allem bei den Leistungen zur Belastungserprobung und Arbeitstherapie; er kann dabei die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind; er kann die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist. Er soll insbesondere Richtlinien beschließen über die
- 1.
ärztliche Behandlung, - 2.
zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädische Behandlung, - 3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten und zur Qualitätssicherung der Früherkennungsuntersuchungen sowie zur Durchführung organisierter Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a einschließlich der systematischen Erfassung, Überwachung und Verbesserung der Qualität dieser Programme, - 4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft, - 5.
Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, - 6.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausbehandlung, häuslicher Krankenpflege, Soziotherapie und außerklinischer Intensivpflege sowie zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes, - 7.
Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit einschließlich der Arbeitsunfähigkeit nach § 44a Satz 1 sowie der nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Sinne des Zweiten Buches, - 8.
Verordnung von im Einzelfall gebotenen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und die Beratung über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation, - 9.
Bedarfsplanung, - 10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1 sowie die Kryokonservierung nach § 27a Absatz 4, - 11.
Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b, - 12.
Verordnung von Krankentransporten, - 13.
Qualitätssicherung, - 14.
spezialisierte ambulante Palliativversorgung, - 15.
Schutzimpfungen.
(1a) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 sind auf eine ursachengerechte, zahnsubstanzschonende und präventionsorientierte zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädischer Behandlung auszurichten. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Richtlinien auf der Grundlage auch von externem, umfassendem zahnmedizinisch-wissenschaftlichem Sachverstand zu beschließen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann dem Gemeinsamen Bundesausschuss vorgeben, einen Beschluss zu einzelnen dem Bundesausschuss durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu fassen oder zu überprüfen und hierzu eine angemessene Frist setzen. Bei Nichteinhaltung der Frist fasst eine aus den Mitgliedern des Bundesausschusses zu bildende Schiedsstelle innerhalb von 30 Tagen den erforderlichen Beschluss. Die Schiedsstelle besteht aus dem unparteiischen Vorsitzenden, den zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern des Bundesausschusses und je einem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmten Vertreter. Vor der Entscheidung des Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 ist den für die Wahrnehmung der Interessen von Zahntechnikern maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.
(1b) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 ist den in § 134a Absatz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.
(2) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 haben Arznei- und Heilmittel unter Berücksichtigung der Bewertungen nach den §§ 35a und 35b so zusammenzustellen, daß dem Arzt die wirtschaftliche und zweckmäßige Auswahl der Arzneimitteltherapie ermöglicht wird. Die Zusammenstellung der Arzneimittel ist nach Indikationsgebieten und Stoffgruppen zu gliedern. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, sind zu den einzelnen Indikationsgebieten Hinweise aufzunehmen, aus denen sich für Arzneimittel mit pharmakologisch vergleichbaren Wirkstoffen oder therapeutisch vergleichbarer Wirkung eine Bewertung des therapeutischen Nutzens auch im Verhältnis zu den Therapiekosten und damit zur Wirtschaftlichkeit der Verordnung ergibt; § 73 Abs. 8 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, können ferner für die einzelnen Indikationsgebiete die Arzneimittel in folgenden Gruppen zusammengefaßt werden:
- 1.
Mittel, die allgemein zur Behandlung geeignet sind, - 2.
Mittel, die nur bei einem Teil der Patienten oder in besonderen Fällen zur Behandlung geeignet sind, - 3.
Mittel, bei deren Verordnung wegen bekannter Risiken oder zweifelhafter therapeutischer Zweckmäßigkeit besondere Aufmerksamkeit geboten ist.
(2a) Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft vom pharmazeutischen Unternehmer im Benehmen mit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder dem Paul-Ehrlich-Institut innerhalb einer angemessenen Frist ergänzende versorgungsrelevante Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit eines Arzneimittels fordern. Absatz 3a gilt für die Forderung nach Satz 1 entsprechend. Das Nähere zu den Voraussetzungen, zu der Forderung ergänzender Studien, zu Fristen sowie zu den Anforderungen an die Studien regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Werden die Studien nach Satz 1 nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, kann der Gemeinsame Bundesausschuss das Arzneimittel abweichend von Absatz 1 Satz 1 von der Verordnungsfähigkeit ausschließen. Eine gesonderte Klage gegen die Forderung ergänzender Studien ist ausgeschlossen.
(3) Für Klagen gegen die Zusammenstellung der Arzneimittel nach Absatz 2 gelten die Vorschriften über die Anfechtungsklage entsprechend. Die Klagen haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet nicht statt. Eine gesonderte Klage gegen die Gliederung nach Indikationsgebieten oder Stoffgruppen nach Absatz 2 Satz 2, die Zusammenfassung der Arzneimittel in Gruppen nach Absatz 2 Satz 4 oder gegen sonstige Bestandteile der Zusammenstellung nach Absatz 2 ist unzulässig.
(3a) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes und Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 ist den Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer, den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern, den Berufsvertretungen der Apotheker und den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Gutachten oder Empfehlungen von Sachverständigen, die er bei Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes sowie bei Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 zu Grunde legt, bei Einleitung des Stellungnahmeverfahrens zu benennen und zu veröffentlichen sowie in den tragenden Gründen der Beschlüsse zu benennen.
(4) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 sind insbesondere zu regeln
- 1.
die Anwendung wirtschaftlicher Verfahren und die Voraussetzungen, unter denen mehrere Maßnahmen zur Früherkennung zusammenzufassen sind, - 2.
das Nähere über die Bescheinigungen und Aufzeichnungen bei Durchführung der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten, - 3.
Einzelheiten zum Verfahren und zur Durchführung von Auswertungen der Aufzeichnungen sowie der Evaluation der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten einschließlich der organisierten Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a.
(4a) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis zum 31. Dezember 2021 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung in geeigneten Fällen. Bei der Festlegung der Regelungen nach Satz 1 ist zu beachten, dass im Falle der erstmaligen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung diese nicht über einen Zeitraum von bis zu drei Kalendertagen hinausgehen und ihr keine Feststellung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit folgen soll. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen nach Satz 1 über das Bundesministerium für Gesundheit einen Bericht über deren Umsetzung vorzulegen. Bei der Erstellung des Berichtes ist den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. In Ergänzung der nach Satz 1 beschlossenen Regelungen beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. Januar 2024 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Erkrankungen, die keine schwere Symptomatik vorweisen sowie ausschließlich bezogen auf in der jeweiligen ärztlichen Praxis bekannte Patientinnen und Patienten auch nach telefonischer Anamnese.
(5) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 8 ist den in § 111b Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer, den Rehabilitationsträgern (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 des Neunten Buches) sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. In den Richtlinien ist zu regeln, bei welchen Behinderungen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Verfahren die Vertragsärzte die Krankenkassen über die Behinderungen von Versicherten zu unterrichten haben.
(6) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist insbesondere zu regeln
- 1.
der Katalog verordnungsfähiger Heilmittel, - 2.
die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen, - 3.
die indikationsbezogenen orientierenden Behandlungsmengen und die Zahl der Behandlungseinheiten je Verordnung, - 4.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Heilmittelerbringer, - 5.
auf welche Angaben bei Verordnungen nach § 73 Absatz 11 Satz 1 verzichtet werden kann sowie - 6.
die Dauer der Gültigkeit einer Verordnung nach § 73 Absatz 11 Satz 1.
(6a) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist insbesondere das Nähere über die psychotherapeutisch behandlungsbedürftigen Krankheiten, die zur Krankenbehandlung geeigneten Verfahren, das Antrags- und Gutachterverfahren, die probatorischen Sitzungen sowie über Art, Umfang und Durchführung der Behandlung zu regeln; der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. Sofern sich nach einer Krankenhausbehandlung eine ambulante psychotherapeutische Behandlung anschließen soll, können erforderliche probatorische Sitzungen frühzeitig, bereits während der Krankenhausbehandlung sowohl in der vertragsärztlichen Praxis als auch in den Räumen des Krankenhauses durchgeführt werden; das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach Satz 1 und nach Absatz 6b. Die Richtlinien nach Satz 1 haben darüber hinaus Regelungen zu treffen über die inhaltlichen Anforderungen an den Konsiliarbericht und an die fachlichen Anforderungen des den Konsiliarbericht (§ 28 Abs. 3) abgebenden Vertragsarztes. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in den Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur Flexibilisierung des Therapieangebotes, insbesondere zur Einrichtung von psychotherapeutischen Sprechstunden, zur Förderung der frühzeitigen diagnostischen Abklärung und der Akutversorgung, zur Förderung von Gruppentherapien und der Rezidivprophylaxe sowie zur Vereinfachung des Antrags- und Gutachterverfahrens. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Ergänzung der Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur weiteren Förderung der Gruppentherapie und der weiteren Vereinfachung des Gutachterverfahrens; für Gruppentherapien findet ab dem 23. November 2019 kein Gutachterverfahren mehr statt. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat sämtliche Regelungen zum Antrags- und Gutachterverfahren aufzuheben, sobald er ein Verfahren zur Qualitätssicherung nach § 136a Absatz 2a eingeführt hat.
(6b) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung, insbesondere für schwer psychisch kranke Versicherte mit einem komplexen psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die diagnoseorientiert und leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. In der Richtlinie sind auch Regelungen zur Erleichterung des Übergangs von der stationären in die ambulante Versorgung zu treffen.
(6c) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2023 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung für Versicherte mit Verdacht auf Long-COVID. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann hierzu Regelungen treffen, die insbesondere eine interdisziplinäre und standardisierte Diagnostik und den zeitnahen Zugang zu einem multimodalen Therapieangebot sicherstellen. Er kann den Anwendungsbereich seiner Richtlinie auf die Versorgung von Versicherten erstrecken, bei denen ein Verdacht auf eine andere Erkrankung besteht, die eine ähnliche Ursache oder eine ähnliche Krankheitsausprägung wie Long-COVID aufweist.
(7) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 sind insbesondere zu regeln
- 1.
die Verordnung der häuslichen Krankenpflege und deren ärztliche Zielsetzung, - 2.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Leistungserbringer und dem Krankenhaus, - 3.
die Voraussetzungen für die Verordnung häuslicher Krankenpflege und für die Mitgabe von Arzneimitteln im Krankenhaus im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt, - 4.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur Dekolonisation von Trägern mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA), - 5.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung.
(7a) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Hilfsmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 127 Absatz 9 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer und den Spitzenorganisationen der betroffenen Hilfsmittelhersteller auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.
(7b) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 14 ist den maßgeblichen Organisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung sowie den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.
(7c) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Soziotherapie nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den maßgeblichen Organisationen der Leistungserbringer der Soziotherapieversorgung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.
(7d) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach den §§ 135, 137c und § 137e ist den jeweils einschlägigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; bei Methoden, deren technische Anwendung maßgeblich auf dem Einsatz eines Medizinprodukts beruht, ist auch den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der Medizinproduktehersteller und den jeweils betroffenen Medizinprodukteherstellern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Bei Methoden, bei denen radioaktive Stoffe oder ionisierende Strahlung am Menschen angewandt werden, ist auch der Strahlenschutzkommission Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.
(7e) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 9 erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht. Es wird durch zwei Vertreter der Länder ausgeübt, die von der Gesundheitsministerkonferenz der Länder benannt werden. Die Mitberatung umfasst auch das Recht, Beratungsgegenstände auf die Tagesordnung setzen zu lassen und das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über Anträge der Länder in der nächsten Sitzung des jeweiligen Gremiums zu beraten. Wenn über einen Antrag nicht entschieden werden kann, soll in der Sitzung das Verfahren hinsichtlich der weiteren Beratung und Entscheidung festgelegt werden. Entscheidungen über die Einrichtung einer Arbeitsgruppe und die Bestellung von Sachverständigen durch den zuständigen Unterausschuss sind nur im Einvernehmen mit den beiden Vertretern der Länder zu treffen. Dabei haben diese ihr Votum einheitlich abzugeben.
(7f) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 13 und den Beschlüssen nach den §§ 136b und 136c erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht; Absatz 7e Satz 2 bis 7 gilt entsprechend. Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach § 136 Absatz 1 in Verbindung mit § 136a Absatz 1 Satz 1 bis 3 ist dem Robert Koch-Institut Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Robert Koch-Institut hat die Stellungnahme mit den wissenschaftlichen Kommissionen am Robert Koch-Institut nach § 23 des Infektionsschutzgesetzes abzustimmen. Die Stellungnahme ist in die Entscheidung einzubeziehen.
(7g) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung außerklinischer Intensivpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 ist den in § 132l Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer sowie den für die Wahrnehmung der Interessen der betroffenen Versicherten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.
(8) Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses sind Bestandteil der Bundesmantelverträge.
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
Tenor
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1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 23. April 2014 - 3 Sa 50/13 - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen teilweise aufgehoben.
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2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 13. Juni 2013 - 29 Ca 263/12 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt gefasst:
-
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin für die Zeit von Dezember 2012 bis einschließlich August 2013 eine persönliche Zulage gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 3 Satz 1 TV UmBw ohne Verringerung bei allgemeinen Entgelterhöhungen nach § 6 Abs. 3 Satz 2 TV UmBw zu zahlen.
-
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
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3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 77 % und die Beklagte zu 23 %.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über die Höhe einer tariflichen Einkommenssicherungszulage.
- 2
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Die 1968 geborene Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 1. September 1988 als Büroangestellte beschäftigt. Die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes finden aufgrund vertraglicher Inbezugnahme auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Seit dem 1. Juli 2007 erfolgte eine Einkommenssicherung nach Maßgabe des § 6 des Tarifvertrags über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr (TV UmBw) vom 18. Juli 2001. Die Klägerin erhielt eine persönliche Zulage nach § 6 Abs. 1 TV UmBw in Höhe von zunächst 112,25 Euro brutto monatlich.
- 3
-
In der Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 4. Dezember 2007 bestimmte § 6 Abs. 3 TV UmBw zur Dynamisierung der persönlichen Zulage Folgendes:
-
„1Die persönliche Zulage nimmt an allgemeinen Entgelterhöhungen teil. 2Ungeachtet von Satz 1 verringert sie sich nach Ablauf der sich aus § 34 Abs. 1 TVöD ohne Berücksichtigung des § 34 Abs. 2 TVöD ergebenden Kündigungsfrist bei jeder allgemeinen Entgelterhöhung bei Beschäftigten, die
a)
eine Beschäftigungszeit von 15 Jahren zurückgelegt und noch nicht das 55. Lebensjahr vollendet haben, um ein Drittel,
b)
noch keine Beschäftigungszeit von 15 Jahren zurückgelegt haben, um zwei Drittel
des Erhöhungsbetrages. ... 4Die Verringerung unterbleibt in den Fällen, in denen die/der Beschäftigte
a)
das 55. Lebensjahr vollendet und eine Beschäftigungszeit von 15 Jahren zurückgelegt hat,
b)
eine Beschäftigungszeit von 25 Jahren zurückgelegt hat oder
c)
zum Zeitpunkt der Maßnahme nach § 1 Abs. 1 bereits auf Grund einer früheren Personalmaßnahme nach diesem Tarifvertrag,... eine Vergütungs-Lohn- und Entgeltsicherung erhalten hat.
...“
- 4
-
Der TV UmBw ist durch Änderungstarifvertrag Nr. 3 vom 10. Dezember 2010 mit Wirkung zum 1. Januar 2011 ohne Bedeutung für den vorliegenden Rechtsstreit geändert worden.
- 5
-
Ab dem 1. Januar 2008 kürzte die Beklagte die persönliche Zulage einschließlich des auf die Jahressonderzahlung bezogenen Anteils unter Berufung auf § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a TV UmBw bei jeder allgemeinen Entgelterhöhung um ein Drittel des sich daraus ergebenden Gesamtsteigerungsbetrags. Die Klägerin legte mit Schreiben vom 26. September 2008 zunächst erfolglos „Widerspruch gegen die Kürzung der Einkommenssicherung nach Tarifabschluss 2008“ ein und teilte der Beklagten dann mit Schreiben vom 20. Oktober 2011 auszugsweise Folgendes mit:
-
„Die von Ihnen durchgeführte Abschmelzungsberechnung wurde in der Vergangenheit falsch durchgeführt. … Tatsächlich ist die Verringerung lediglich aus dem Erhöhungsbetrag der persönlichen Zulage zu berechnen, d.h. aus der Differenz, die sich zwischen persönlicher Zulage vor und nach deren tariflichen Anpassung ergibt.
…, beantrage ich nochmals die entsprechende Neuberechnung und Korrektur meiner persönlichen Zulage nach § 6 Abs. 3 TV UmBw und mache mit voller Rückwirkung die Auszahlung und Nachzahlung des mir zustehenden höheren Zulagenbetrages geltend.“
- 6
-
Die Beklagte nahm keine Neuberechnung der Zulage vor.
- 7
-
Mit ihrer am 11. Mai 2012 eingegangenen Klage hat die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 3.047,52 Euro brutto zzgl. Zinsen für die Zeit ab dem 1. Januar 2008 bis einschließlich 28. Februar 2012 begehrt. Dem lag die Annahme der Klägerin zugrunde, sie müsse zwar eine Verringerung der persönlichen Zulage um ein Drittel hinnehmen, dies aber nur bezogen auf die Erhöhung der persönlichen Zulage durch die allgemeinen Entgelterhöhungen. Hinsichtlich der Jahressonderzahlungen hat die Klägerin deswegen für die Jahre 2008 bis 2011 die Zahlung eines Differenzbetrags von 219,08 Euro zzgl. Zinsen verlangt. Zudem begehrte sie die Feststellung, die Beklagte sei verpflichtet, zukünftig eine persönliche Zulage nach § 6 TV UmBw zu zahlen, „wobei jede allgemeine Erhöhung der Bezüge auf die persönliche Zulage berechnet werde und dabei eine Verringerung lediglich um ein Drittel des jeweils erhöhten Betrages, bezogen auf die persönliche Zulage, eintrete“. Am 29. November 2012 wurde das Verfahren ruhend gestellt.
- 8
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Mit Schriftsatz vom 29. April 2013, welcher der Beklagten am 8. Mai 2013 zugestellt wurde, hat die Klägerin die Fortführung des Verfahrens beantragt und nunmehr bezogen auf die Zeit von Januar 2008 bis einschließlich Februar 2012 die Zahlung eines Differenzbetrags von 3.165,36 Euro brutto verlangt. Hinsichtlich der Jahressonderzahlungen wurde die Forderung auf 227,55 Euro erhöht. Die Klägerin hat nunmehr die Auffassung vertreten, die persönliche Zulage sei entsprechend dem obiter dictum des Senats in seiner Entscheidung vom 15. November 2012 (- 6 AZR 359/11 -) ohne jedwede Verringerung zu zahlen, da die in § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a und Satz 4 Buchst. a TV UmBw vorgenommene Differenzierung nach dem 55. Lebensjahr eine unzulässige Altersdiskriminierung enthalte und daher unbeachtlich sei. Eine Gleichstellung mit den Beschäftigten, welche das 55. Lebensjahr bereits vollendet hatten, könne nur dadurch hergestellt werden, dass sie (die Klägerin) denselben Zahlungsanspruch für die Vergangenheit habe. Die tarifliche Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TVöD-AT sei durch die Geltendmachung mit dem Schreiben vom 26. September 2008 gewahrt worden. Sie habe von vornherein die korrekte Berechnung der persönlichen Zulage verlangt. Die Beklagte habe sich daher auf eine entsprechende Forderung der Differenzbeträge einstellen können.
- 9
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Die Klägerin hat daher vor dem Arbeitsgericht beantragt,
-
1.
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2008 bis 28. Februar 2012 die persönliche Zulage für das regelmäßige monatliche Entgelt in Höhe von 3.165,36 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz in gestaffelter Höhe nachzuzahlen;
2.
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für die Jahre 2008 bis 2011 die noch ausstehende persönliche Zulage auf die Jahressonderzahlung in Gesamthöhe von 227,55 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz in gestaffelter Höhe nachzuzahlen;
3.
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin auch über den Februar 2012 hinaus die zu dynamisierende persönliche Zulage im Wege der Einkommenssicherung nach § 6 TV UmBw zu zahlen, wobei jede allgemeine Erhöhung der Bezüge ohne die Verrechnung nach § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a iVm. Satz 4 Buchst. a TV UmBw erfolgt.
- 10
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Hilfsweise hat die Klägerin die ursprünglichen Anträge gestellt.
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Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt. Etwaige Ansprüche der Klägerin für das Jahr 2008 seien verjährt. Eine schriftliche Geltendmachung iSd. § 37 Abs. 1 TVöD-AT sei hinsichtlich der zuletzt verfolgten Ansprüche erstmals durch den Schriftsatz vom 29. April 2013 erfolgt. Vorher habe die Klägerin keine (teilweise) Unwirksamkeit des § 6 Abs. 3 TV UmBw wegen Altersdiskriminierung angenommen. Es handle sich um einen neuen Sachverhalt, da die Ansprüche nunmehr auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gestützt würden. Ein entsprechender Verstoß gegen das Verbot der Altersdiskriminierung liege nicht vor. Die Unterscheidung nach der Vollendung des 55. Lebensjahres sei gerechtfertigt, da damit den schlechteren Chancen älterer Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt Rechnung getragen werde. Ältere hätten nur eingeschränkte Möglichkeiten, durch einen Arbeitsplatzwechsel den erreichten Besitzstand zu sichern und damit den Verlust des ursprünglichen Arbeitsplatzes bei der Bundeswehr auszugleichen. Der TV UmBw entspreche in seinem Regelungsgehalt einem Sozialplan. Dementsprechend sei § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG auch bezüglich § 6 Abs. 3 TV UmBw entsprechend anwendbar. Selbst bei Annahme einer unzulässigen Altersdiskriminierung bestünde zudem kein Anspruch auf eine sog. „Anpassung nach oben“. Eine solche greife in die tarifliche Ausgestaltung der Einkommenssicherung und die damit verbundene Vorgabe hinsichtlich der Mittelverteilung ein. Wäre die fragliche Differenzierung nach dem Lebensalter unwirksam, so wäre die Konsequenz die alleinige Geltung der in § 6 Abs. 3 Satz 2 und Satz 4 TV UmBw vorgesehenen Staffelung nach der Beschäftigungszeit.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage teilweise abgewiesen. Die Klägerin könne wegen der von ihr zu Recht gerügten Altersdiskriminierung zwar eine ungekürzte Zulage verlangen. Die für das Jahr 2008 geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung von Differenzvergütung seien jedoch verjährt. Bezogen auf die Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 28. Februar 2012 hat das Arbeitsgericht der Leistungsklage in der Höhe stattgegeben, welche den mit der ursprünglichen Klage geltend gemachten Differenzbeträgen entspricht, weil nur insoweit die tarifliche Ausschlussfrist gewahrt worden sei. Im Übrigen wurde die Leistungsklage abgewiesen. Die mit dem Hauptantrag begehrte Feststellung wurde für die Zeit ab Dezember 2012 getroffen. Bezüglich des Zeitraums vom 1. März 2012 bis zum 30. November 2012 hat das Arbeitsgericht dem zuletzt als Hilfsantrag gestellten ursprünglichen Feststellungsantrag entsprochen.
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Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Senat durch Beschluss vom 16. Oktober 2014 (- 6 AZN 629/14 -) zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der vollständigen Klageabweisung weiter. Im Revisionsverfahren hat sie Tarifauskünfte des Bundesministeriums des Inneren vom 13. Juli 2015, der Gewerkschaft ver.di vom 14. Juli 2015 und des dbb vom 15. Juli 2015 vorgelegt.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist teilweise begründet.
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I. Die Leistungsklage ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts vollumfänglich unbegründet. Die Klägerin hatte zwar zunächst die streitgegenständlichen Ansprüche auf Differenzvergütung, weil die Regelung in § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a iVm. Satz 4 Buchst. a TV UmBw wegen der Differenzierung nach der Vollendung des 55. Lebensjahres eine unzulässige Altersdiskriminierung beinhaltet, welche für die Vergangenheit nur durch die Leistung einer ungekürzt dynamisierten persönlichen Zulage hätte ausgeglichen werden können. Diese aus der Altersdiskriminierung abgeleiteten Ansprüche sind jedoch gemäß § 37 Abs. 1 TVöD-AT verfallen. Soweit die Klägerin hilfsweise die Zahlung einer persönlichen Zulage begehrt, welche bei allgemeinen Entgelterhöhungen nur um ein Drittel des auf die Zulage bezogenen Steigerungsbetrags verringert wird, ist die Klage unbegründet, weil die Anrechnung an den Gesamtsteigerungsbetrag anknüpft.
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1. Die Regelung in § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a iVm. Satz 4 Buchst. a TV UmBw führt zu einer unmittelbaren Diskriminierung jüngerer Beschäftigter, die eine Beschäftigungszeit von mindestens 15 Jahren aufweisen, soweit sie innerhalb dieses Personenkreises Beschäftigte wegen der Vollendung des 55. Lebensjahres begünstigt.
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a) Nach § 7 Abs. 1 Halbs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt werden. Hierzu zählt auch das Lebensalter. Eine unmittelbare Benachteiligung ist nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG gegeben, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation. Der für eine unmittelbare Benachteiligung erforderliche Kausalzusammenhang ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen oder mehrere in § 1 AGG genannten Gründe anknüpft oder dadurch motiviert ist(BAG 21. Oktober 2014 - 9 AZR 956/12 - Rn. 13, BAGE 149, 315). Eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters ist jedoch nach § 10 Satz 1 AGG zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Gemäß § 10 Satz 2 AGG müssen die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sein. § 10 AGG dient der Umsetzung von Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG L 303 vom 2. Dezember 2000 S. 16) in das nationale Recht (BAG 18. März 2014 - 3 AZR 69/12 - Rn. 21, BAGE 147, 279).Der Gesetzgeber hat bei der Umsetzung den Text der Richtlinie nahezu wörtlich in das nationale Recht übernommen. Dessen Regelungen sind unionsrechtskonform in Übereinstimmung mit der Richtlinie unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) auszulegen (vgl. BAG 9. Dezember 2015 - 7 AZR 68/14 - Rn. 33; 21. Oktober 2014 - 9 AZR 956/12 - Rn. 17, aaO). Dieser hat darauf erkannt, dass legitime Ziele iSv. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG wegen der als Beispiele genannten Bereiche Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung solche aus dem Bereich „Sozialpolitik“ sind (vgl. EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] Rn. 81, Slg. 2011, I-8003; BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 790/12 - Rn. 26 mwN, BAGE 147, 89). Ziele, die als „rechtmäßig“ iSd. Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG angesehen werden können, stehen als „sozialpolitische Ziele“ im Allgemeininteresse. Dadurch unterscheiden sie sich von Zielen, die im Eigeninteresse des Arbeitgebers liegen, wie Kostenreduzierung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Freilich ist es nicht ausgeschlossen, dass eine nationale Vorschrift bei der Verfolgung der genannten sozialpolitischen Ziele den Arbeitgebern einen gewissen Grad an Flexibilität einräumt (EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10, C-160/10 - [Fuchs und Köhler] Rn. 52, Slg. 2011, I-6919; 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 46, Slg. 2009, I-1569). Eine unabhängig von Allgemeininteressen verfolgte Zielsetzung eines einzelnen Arbeitgebers kann aber keine Ungleichbehandlung rechtfertigen (BAG 23. Juli 2015 - 6 AZR 457/14 - Rn. 36).
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b) § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a iVm. Satz 4 Buchst. a TV UmBw benachteiligt Beschäftigte, die zwar eine Beschäftigungszeit von mindestens 15 Jahren aufweisen, aber das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bei der Anrechnung von Einkommenserhöhungen auf die nach § 6 Abs. 1 TV UmBw zu zahlende persönliche Zulage unmittelbar. Dies ist nicht gerechtfertigt.
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aa) § 6 TV UmBw regelt den Fall, dass ein Beschäftigter aufgrund einer Maßnahme iSd. § 1 Abs. 1 TV UmBw bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis eine Verringerung seines Entgelts hinnehmen muss. In diesem Fall wird ihm eine persönliche Zulage in Höhe der Differenz zwischen seinem Entgelt und dem Entgelt, das ihm in seiner bisherigen Tätigkeit zuletzt zugestanden hat, gewährt (§ 6 Abs. 1 Satz 1 TV UmBw). § 6 TV UmBw dient der Sicherung des Besitzstands(vgl. BAG 25. Juni 2015 - 6 AZR 380/14 - Rn. 24; 18. Januar 2012 - 6 AZR 462/10 - Rn. 17).
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bb) Gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 TV UmBw wird die persönliche Zulage dynamisiert. Nach Ablauf der in § 6 Abs. 3 Satz 2 TV UmBw genannten Frist wird sie jedoch in Abhängigkeit von Beschäftigungszeit und Lebensalter abgebaut. Sofern nicht der Anrechnungsschutz des § 6 Abs. 3 Satz 4 TV UmBw eingreift, wird in den meisten Fällen die Einkommenssicherung durch Anrechnung von Tariflohnerhöhungen vollständig abgeschmolzen(BAG 15. November 2012 - 6 AZR 359/11 - Rn. 26).
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cc) Die unterschiedliche Anrechnung von Einkommenserhöhungen in § 6 Abs. 3 Satz 2 iVm. Satz 4 TV UmBw führt zu einer unmittelbaren Diskriminierung jüngerer gegenüber älteren Beschäftigten wegen des Alters, soweit sie bei der Einkommenssicherung der Beschäftigten mit einer Beschäftigungszeit von mindestens 15 Jahren, aber weniger als 25 Jahren, nach der Vollendung des 55. Lebensjahres differenziert. Ein legitimes Ziel iSd. § 10 AGG, das eine derartige Benachteiligung rechtfertigen könnte, ist nicht ersichtlich. Dies hat der Senat in seiner Entscheidung vom 15. November 2012 bereits dargelegt (- 6 AZR 359/11 - Rn. 29 ff.) und hält daran fest. Der von der Revision angeführte Ausgleich schlechterer Chancen älterer Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt kann demnach zwar ein legitimes sozialpolitisches Ziel iSd. § 10 AGG sein. § 6 TV UmBw bezweckt aber nicht den Schutz des Beschäftigten vor dem Verlust seines Arbeitsplatzes und will daher nicht schlechtere Chancen Älterer auf dem Arbeitsmarkt ausgleichen(BAG 15. November 2012 - 6 AZR 359/11 - Rn. 35).
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(1) Soweit die Revision diesbezüglich anführt, der TV UmBw entspreche nach seiner Bezeichnung und seinem Regelungsgehalt einem Sozialplan mit der Konsequenz, dass die in § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG erlaubte Differenzierung nach dem Lebensalter bei Sozialplänen entsprechend gelte, berücksichtigt sie nicht das Gesamtsystem des TV UmBw. Dieser unterscheidet bei der Leistungsgewährung zwischen der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses und dessen Beendigung. Die hier in Frage stehenden Regelungen des § 6 TV UmBw gelten ebenso wie die Ergänzung der Einkommenssicherung nach § 7 TV UmBw oder die Härtefallregelung des § 11 TV UmBw nur bei einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu veränderten Bedingungen. Demgegenüber sieht § 9 TV UmBw bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter bestimmten Voraussetzungen die Zahlung einer Abfindung vor. Nur insoweit besteht eine inhaltliche Berührung mit § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG, wonach eine unterschiedliche Behandlung durch eine nach Alter gestaffelte Abfindungsregelung erfolgen kann, in der die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berücksichtigt werden(vgl. hierzu BAG 12. April 2011 - 1 AZR 764/09 - Rn. 11 f.). Mit § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG will der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung tragen, dass ältere Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt typischerweise größere Schwierigkeiten haben als jüngere(BT-Drs. 16/1780 S. 36). Er hat den Betriebsparteien einen Gestaltungs- und Beurteilungsspielraum eröffnet, der es ihnen unter den in der Vorschrift bestimmten Voraussetzungen ermöglicht, das Lebensalter als Bemessungskriterium für die Sozialplanabfindung heranzuziehen (BAG 9. Dezember 2014 - 1 AZR 102/13 - Rn. 22; 23. April 2013 - 1 AZR 25/12 - Rn. 15). Die von der Revision aufgeworfene Frage, ob § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG auf den TV UmBw entsprechend Anwendung finden kann, könnte sich folglich nur bezüglich der in § 9 TV UmBw vorgesehenen Abfindungsregelung stellen. Die hier maßgeblichen Vorschriften des § 6 Abs. 3 TV UmBw enthalten keine Abfindungsregelungen und stehen in keinem ersichtlichen Zusammenhang mit etwaigen Schwierigkeiten älterer Beschäftigter bei einer Suche nach einem neuen Arbeitsplatz zu attraktiveren Konditionen.
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(2) Daran ändert auch nichts, dass die von der Beklagten nunmehr im Revisionsverfahren vorgelegten Tarifauskünfte anführen, die Regelungen in § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a iVm. Satz 4 Buchst. a TV UmBw wollten die schwierigere Arbeitsmarktsituation älterer Arbeitnehmer berücksichtigen. Die Rüge der Revision, das Landesarbeitsgericht habe die Einholung einer Tarifauskunft unzulässigerweise unterlassen, ist damit gegenstandslos.
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(a) Welches Ziel iSd. Art. 2 Abs. 2 Buchst. b Ziff. i der Richtlinie 2000/78/EG bzw. § 10 AGG eine Tarifnorm verfolgt, ergibt sich aus dem Normzweck. Dieser ist dem in der Norm zum Ausdruck kommenden objektivierten Willen der Tarifvertragsparteien, wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist, zu entnehmen. Dabei können gerade die systematische Stellung einer Vorschrift im Tarifvertrag und ihr sachlich-logischer Zusammenhang mit anderen Vorschriften diesen Sinn und Zweck freilegen (vgl. zur Ermittlung eines Gesetzeszwecks: BVerfG 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10, 2 BvR 2 BvR 2883/10, 2 BvR 2 BvR 2155/11 - Rn. 66, BVerfGE 133, 168; 10. Juni 2009 - 1 BvR 825/08, 1 BvR 1 BvR 831/08 - Rn. 48, BVerfGE 124, 25; BAG 18. September 2014 - 6 AZR 636/13 - Rn. 23 f., BAGE 149, 125). Nur so ist eine gerichtliche Überprüfung des Vorliegens einer sozialpolitischen Zielsetzung als Voraussetzung für die Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung auf einer objektivierbaren Grundlage möglich. Die bloße Behauptung einer sozialpolitischen Zielsetzung im Rahmen von nachträglich erstellten Tarifauskünften ist nicht ausreichend, da die Tarifvertragsparteien anderenfalls bei Abgabe entsprechender Erklärungen die gerichtliche Überprüfung beeinflussen könnten.
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(b) Das legitime sozialpolitische Ziel des Ausgleichs schlechterer Chancen älterer Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt ergibt sich weder aus dem Wortlaut des § 6 Abs. 3 TV UmBw noch aus dessen Regelungszusammenhang. Im Gegenteil lässt ein Vergleich mit § 9 TV UmBw darauf schließen, dass die Arbeitsmarktsituation für den Regelungsinhalt des § 6 Abs. 3 TV UmBw ohne Bedeutung ist, weil die Vorschrift im Gegensatz zu § 9 TV UmBw den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses voraussetzt. Die behauptete sozialpolitische Zielsetzung ist auch nicht der Tarifvertragsgeschichte oder Materialien zu entnehmen, welche Auskunft über die Willensbildung und Zielsetzung der Tarifvertragsparteien bei den Tarifverhandlungen geben (zB Verhandlungsprotokolle).
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2. Die festgestellte Diskriminierung ist durch die Nichtanwendung der altersbezogenen Unterscheidung in § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a iVm. Satz 4 Buchst. a TV UmBw zu beseitigen. Bezüglich der mit der Leistungsklage für die Vergangenheit geltend gemachten Differenzvergütung bedeutet dies im Ergebnis eine sog. „Anpassung nach oben“.
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a) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen, sind nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Darunter fallen auch tarifliche Regelungen (BAG 14. Januar 2015 - 7 AZR 880/13 - Rn. 36; Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 1 Rn. 839). Dies entspricht den Vorgaben des Unionsrechts (vgl. BAG 14. Mai 2013 - 1 AZR 44/12 - Rn. 25, BAGE 145, 113). Nach Art. 16 Buchst. b der Richtlinie 2000/78/EG finden die Diskriminierungsverbote der Richtlinie auch auf tarifvertragliche Bestimmungen Anwendung (BAG 25. März 2015 - 5 AZR 458/13 - Rn. 41). Demnach haben die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass die mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zu vereinbarenden Bestimmungen ua. in Tarifverträgen für nichtig erklärt werden oder erklärt werden können oder geändert werden. Im Vordergrund steht die effektive Beseitigung der Diskriminierung, denn die Mitgliedstaaten sind verpflichtet sicherzustellen, dass alle Arbeitnehmer in vollem Umfang in den Genuss des Schutzes gelangen, den ihnen die Richtlinie gegen Diskriminierungen wegen des Alters gewährt (vgl. EuGH 12. Oktober 2010 - C-45/09 - [Rosenbladt] Rn. 79, Slg. 2010, I-9391; zu den Sanktionsmöglichkeiten vgl. Art. 17 der Richtlinie 2000/78/EG). Auch Tarifverträge haben dem Recht der Union und der Richtlinie 2000/78/EG zu entsprechen, denn das in Art. 28 GRC proklamierte Recht auf Kollektivverhandlungen muss im Geltungsbereich des Unionsrechts im Einklang mit diesem ausgeübt werden(EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] Rn. 46 f., Slg. 2011, I-8003; 8. September 2011 - C-297/10 - [Hennigs] Rn. 67 f., Slg. 2011, I-7965; 15. Juli 2010 - C-271/08 - [Kommission/Deutschland] Rn. 43, Slg. 2010, I-7091; BAG 29. September 2011 - 2 AZR 177/10 - Rn. 21). Die Sozialpartner verfügen zwar nicht nur bei der Entscheidung, welches konkrete Ziel von mehreren im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik sie verfolgen wollen, sondern auch bei der Festlegung der Maßnahmen zu seiner Erreichung über einen weiten Gestaltungsspielraum (EuGH 11. November 2014 - C-530/13 - [Schmitzer] Rn. 38; 26. September 2013 - C-476/11 - [HK Danmark] Rn. 60). Dieser Spielraum darf allerdings nicht dazu führen, dass der Grundsatz des Verbots der Diskriminierung aus Gründen des Alters ausgehöhlt wird (vgl. EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 33, Slg. 2010, I-9343; 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 51, Slg. 2009, I-1569; BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 49, BAGE 140, 169). Dementsprechend sieht weder das Unionsrecht noch § 7 Abs. 2 AGG eine befristete Fortgeltung einer diskriminierenden Regelung vor. Die entgegenstehenden Ausführungen von Löwisch/Becker (EuZA 2015, 83, 89 f.), wonach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG und damit auch § 10 AGG den Fortbestand einer diskriminierenden Regelung bis zur „klaren und präzisen“ Feststellung der Altersdiskriminierung zuließen, berufen sich auf die Ausführungen des EuGH in der Rechtssache Specht zur Frage der Staatshaftung(EuGH 19. Juni 2014 - C-501/12 - [Specht] Rn. 102 f.). Die Unwirksamkeit einer diskriminierenden Tarifregelung hat damit nichts zu tun.
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b) Eine solche Unwirksamkeit kann unterschiedliche Auswirkungen haben.
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aa) Die Rechtsfolge eines Verstoßes gegen das Verbot der Altersdiskriminierung ist grundsätzlich nicht die Gesamtnichtigkeit und damit gänzliche Unanwendbarkeit des Tarifvertrags, sondern nur die Unwirksamkeit der verbotswidrigen Bestimmung gemäß § 7 Abs. 2 AGG(BAG 16. November 2011 - 4 AZR 856/09 - Rn. 27). Die Auslegungsregel des § 139 BGB gilt nicht. Es kommt lediglich darauf an, ob der Tarifvertrag oder die Tarifbestimmung ohne die unwirksame Regelung noch eine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung darstellt (vgl. BAG 9. Mai 2007 - 4 AZR 275/06 - Rn. 37 mwN; Schleusener in Schleusener/Suckow/Voigt AGG 4. Aufl. § 7 Rn. 45). Ob dies der Fall ist, muss im Einzelfall unter Berücksichtigung des tariflichen Gesamtzusammenhangs beurteilt werden. Verbleibt eine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung, ist der Tarifvertrag bzw. die Tarifbestimmung bis zu einer Neuregelung mit diesem Inhalt anzuwenden. Dabei handelt es sich nicht um eine ergänzende Auslegung des Tarifvertrags, sondern um die zwingende Rechtsfolge des § 7 Abs. 2 AGG. Anders verhält es sich, wenn der Wegfall der unwirksamen Regelung dazu führt, dass der Tarifvertrag lückenhaft wird. Eine nachträglich entstandene Tariflücke darf nicht durch ergänzende Tarifauslegung geschlossen werden, wenn den Tarifvertragsparteien ein Spielraum in der Frage bleibt, wie die Lücke zu schließen ist, und es ihnen wegen der verfassungsrechtlich geschützten Tarifautonomie überlassen ist, die von ihnen für angemessen gehaltene Regelung selbst zu finden (BAG 15. Januar 2015 - 6 AZR 646/13 - Rn. 26; 27. März 2014 - 6 AZR 571/12 - Rn. 28, BAGE 148, 1).
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bb) Die Unwirksamkeit einer Tarifbestimmung kann aber in beiden Konstellationen dazu führen, dass den benachteiligten Arbeitnehmern für die Vergangenheit ein Anspruch auf die vorenthaltene Leistung zuzuerkennen ist (sog. „Anpassung nach oben“).
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(1) Nach der Rechtsprechung des EuGH kann die Wahrung des Gleichheitssatzes, wenn das nationale Recht unter Verstoß gegen das Unionsrecht eine unterschiedliche Behandlung mehrerer Personengruppen vorsieht und solange keine Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung erlassen wurden, nur dadurch gewährleistet werden, dass den Angehörigen der benachteiligten Gruppe dieselben Vorteile gewährt werden wie die, in deren Genuss die Angehörigen der privilegierten Gruppe kommen (vgl. EuGH 19. Juni 2014 - C-501/12 - [Specht] Rn. 95; 22. Juni 2011 - C-399/09 - [Landtová] Rn. 51, Slg. 2011, I-5573; 26. Januar 1999 - C-18/95 - [Terhoeve] Rn. 57, Slg. 1999, I-345). Diese Lösung kommt aber nur dann zur Anwendung, wenn es ein gültiges Bezugssystem gibt (EuGH 28. Januar 2015 - C-417/13 - [Starjakob] Rn. 47; 19. Juni 2014 - C-501/12 - [Specht] Rn. 96; vgl. auch 9. September 2015 - C-20/13 - [Unland] Rn. 68 f.; BVerwG 30. Oktober 2014 - 2 C 6.13 - Rn. 21, BVerwGE 150, 234).
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(2) Es ist nicht zu verkennen, dass eine „Anpassung nach oben“ erhebliche finanzielle Belastungen des Arbeitgebers bewirken kann, insbesondere wenn die Gruppe der Begünstigten relativ klein ist (vgl. BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 34, BAGE 140, 1; ebenso bereits BAG 13. Februar 2002 - 5 AZR 713/00 - zu II 2 der Gründe; JKOS/Krause 2. Aufl. § 1 Rn. 105). Eine „Anpassung nach oben“ ist dennoch gerechtfertigt, wenn auf andere Weise die Diskriminierung nicht behoben werden kann, weil der Arbeitgeber den Begünstigten für die Vergangenheit die Leistung nicht mehr entziehen kann (BAG 25. März 2015 - 5 AZR 458/13 - Rn. 32; 20. März 2012 - 9 AZR 529/10 - Rn. 30, BAGE 141, 73; 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 20 ff., aaO). Die Unmöglichkeit der Rückforderung solcher Leistungen kann sich aus der Wirkung tariflicher Ausschlussfristen und dem Umstand ergeben, dass die Begünstigten auf die Wirksamkeit der (diskriminierenden) Regelungen vertrauen durften (BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 23, aaO). Die diesbezüglich von Löwisch/Pieper (Anm. AP BAT § 27 Nr. 12) erhobene Kritik, wonach Ursache der Unwirksamkeit der Tarifbestimmung eine Gesetzesänderung (Geltung des AGG seit dem 18. August 2006) gewesen sei und es keinen Schutz des Kontinuitätsvertrauens der Begünstigten gegenüber Gesetzesänderungen gebe, überzeugt nicht. Zwar beruht die Unwirksamkeit der Tarifregelung auf § 7 Abs. 2 AGG. Das schützenswerte Vertrauen hatte sich aber nicht auf eine gesetzliche Regelung, sondern auf den Fortbestand der tariflichen Ordnung ausgerichtet.
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(3) Auch die weiteren in der Verhandlung vor dem Senat vorgetragenen Bedenken der Beklagten tragen nicht. Es geht nicht um eine Gleichbehandlung im Unrecht, sondern um die Beseitigung einer erlittenen Diskriminierung durch die Gleichstellung der Benachteiligten mit den Begünstigten. Durch diese Gleichstellung wird die gesetzwidrige Begünstigung nicht perpetuiert, sondern beendet.
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cc) Die „Anpassung nach oben“ ist aber nicht die einzig mögliche Folge einer Diskriminierung. Dies gilt vor allem für die künftige Rechtslage. Der EuGH hat klargestellt, dass Art. 16 der Richtlinie 2000/78/EG den Mitgliedstaaten oder einem privaten Arbeitgeber keine bestimmte Maßnahme im Fall einer Verletzung des Diskriminierungsverbots vorschreibt, sondern ihnen nach Maßgabe der unterschiedlichen denkbaren Sachverhalte die Freiheit der Wahl unter den verschiedenen Lösungen, die zur Verwirklichung des verfolgten Ziels geeignet sind, belässt(EuGH 28. Januar 2015 - C-417/13 - [Starjakob] Rn. 44). Im deutschen Recht ist die Umsetzung der Richtlinienvorgabe durch die Anordnung der Unwirksamkeit nach § 7 Abs. 2 AGG geschehen. Besteht die Notwendigkeit der Beseitigung vergangenheitsbezogener Benachteiligungen nicht, kann dabei die bloße Nichtanwendung der unwirksamen Regelung genügen (BAG 14. Mai 2013 - 1 AZR 44/12 - Rn. 25, BAGE 145, 113). Dies kann allerdings mittelbar zu einer „Anpassung nach oben“ führen (vgl. zu § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB BAG 9. September 2010 - 2 AZR 714/08 - Rn. 21, BAGE 135, 278). Umgekehrt kann der Entfall einer begünstigenden Regelung für die Zukunft auch eine „Anpassung nach unten“ bewirken (vgl. Krebber Anm. JZ 2012, 1078, 1079; ders. Anm. AP BetrVG 1972 § 75 Nr. 59; Bauer/Krieger AGG 4. Aufl. § 7 Rn. 26 f.; ErfK/Schlachter 16. Aufl. § 7 AGG Rn. 8). Entgegen Thüsing (MüKoBGB 7. Aufl. § 7 AGG Rn. 14) kann dem Bessergestellten zukunftsbezogen der Anspruch genommen werden. Dies ist die Rechtsfolge des § 7 Abs. 2 AGG.
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dd) Letztlich ist es die Aufgabe der Tarifvertragsparteien, jedenfalls bei Vorliegen einer von der Rechtsprechung nicht durch Auslegung zu schließenden Tariflücke ein diskriminierungsfreies Regelungssystem zu schaffen. Eine rückwirkende Regelungskompetenz wird ihnen im Regelfall nicht zustehen, es sei denn, die Begünstigten mussten mit dem Wegfall ihrer Besserstellung ab einem bestimmten Zeitpunkt rechnen (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 73, BAGE 142, 247). Für die Zukunft besteht die tarifliche Regelungsmacht uneingeschränkt. Deshalb wird diskutiert, ob Art. 9 Abs. 3 GG in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz die befristete Aussetzung eines Rechtsstreits gebietet, damit die Tarifvertragsparteien regeln können, auf welche Art und Weise die Diskriminierung für die Zukunft beseitigt werden soll(vgl. BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 28 mwN, BAGE 140, 1; EUArbR/Mohr RL 2000/78/EG Art. 16 Rn. 13; Franzen RdA 2013, 180, 186). Eine Aussetzung stünde jedoch mit der Bindung der Mitgliedstaaten an das Unionsrecht und der Verpflichtung zu dessen effektiver Umsetzung in Widerspruch (vgl. BAG 9. September 2010 - 2 AZR 714/08 - Rn. 21, BAGE 135, 278; BeckOK ArbR/Roloff Stand 1. Dezember 2015 AGG § 7 Rn. 3, § 8 Rn. 18). Zudem kann ein zukunftsgerichteter Feststellungsausspruch durch eine diskriminierungsfreie tarifliche Neuregelung obsolet werden (vgl. BAG 18. März 2010 - 6 AZR 434/07 - Rn. 66).
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c) Eine Aussetzung ist hier schon deshalb nicht veranlasst, weil die Leistungsklage sich ausschließlich auf die Vergangenheit bezieht. Die Klägerin hatte diesbezüglich zunächst den streitgegenständlichen Anspruch auf eine nach § 6 Abs. 3 Satz 1 TV UmBw uneingeschränkt dynamisierte persönliche Zulage.
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aa) Gemäß § 7 Abs. 2 AGG ist § 6 Abs. 3 Satz 2 und Satz 4 TV UmBw insoweit unwirksam, als die Regelungen hinsichtlich der Verringerung der persönlichen Zulage nach der Vollendung des 55. Lebensjahres der betroffenen Beschäftigten differenzieren. Die tariflichen Vorgaben stellen jedoch auch ohne die unwirksamen Elemente noch eine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung dar.
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(1) Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 TV UmBw nimmt die persönliche Zulage an Entgelterhöhungen teil. Der entgeltsteigernde Effekt wird jedoch durch § 6 Abs. 3 Satz 2 TV UmBw eingeschränkt, denn diese Norm ordnet „ungeachtet von Satz 1“ unter bestimmten Voraussetzungen die Verringerung der persönlichen Zulage bei jeder allgemeinen Entgelterhöhung an. Der Umfang der Verringerung bemisst sich dabei nach zwei Komponenten. Zum einen wird danach unterschieden, ob eine Beschäftigungszeit von 15 Jahren zurückgelegt wurde oder nicht. Dies führt für sich genommen nicht zu einer Diskriminierung wegen des Alters, weil die dadurch erfolgende mittelbare Begünstigung älterer Beschäftigter durch die Honorierung der Betriebstreue gerechtfertigt ist (vgl. BAG 15. November 2012 - 6 AZR 359/11 - Rn. 38 ff.). Neben der Beschäftigungsdauer ist nach § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a iVm. Satz 4 Buchst. a TV UmBw noch die Vollendung des 55. Lebensjahres entscheidend für den Umfang der Verringerung. Nur diese altersbezogene Differenzierung ist gemäß § 7 Abs. 2 AGG unwirksam.
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(2) Bei ihrem Wegfall gibt § 6 Abs. 3 Satz 2 TV UmBw weiterhin Sinn. § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a TV UmBw sieht dann vor, dass eine Verringerung um ein Drittel erfolgt, wenn eine Beschäftigungszeit von 15 Jahren zurückgelegt wurde. Anderenfalls beläuft sich die Verringerung gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. b TV UmBw auf zwei Drittel.
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(3) Folglich entfällt die diskriminierende Ausnahme in § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. a TV UmBw, welche das Unterbleiben der Verringerung ab Vollendung des 55. Lebensjahres bei einer Beschäftigungszeit von 15 Jahren vorsieht. Ihr ist wegen der Unwirksamkeit der Differenzierung nach dem 55. Lebensjahr in § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a TV UmBw die Grundlage entzogen. Da es nicht auf die Vollendung des 55. Lebensjahres ankommt, verbleibt für § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. a TV UmBw kein Regelungsbereich. Bei einer Beschäftigungszeit von 15 Jahren findet unabhängig von dem Lebensalter vielmehr gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a TV UmBw eine Verringerung um ein Drittel statt. Im Ergebnis kommt es daher bei einer Beschäftigungszeit von 15 Jahren und einer Vollendung des 55. Lebensjahres zu einer „Anpassung nach unten“.
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(4) Dies gilt aber nur so lange, bis eine Beschäftigungszeit von 25 Jahren zurückgelegt wurde und die Verringerung demzufolge nach § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. b TV UmBw unterbleibt. Die Tatbestände des § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. b und c TV UmBw bleiben als selbständige Ausnahmeregelungen bestehen. Sie weisen keinen Bezug zur Vollendung des 55. Lebensjahres auf.
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bb) Die Klägerin ist ausweislich der Feststellung des Landesarbeitsgerichts seit dem 1. September 1988 bei der Beklagten beschäftigt und hat folglich schon seit dem 1. September 2003 eine Beschäftigungszeit von 15 Jahren zurückgelegt. Damit wäre mangels einer Ausnahme nach § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. b oder c TV UmBw eine Verringerung ihrer Zulage in dem von der Leistungsklage erfassten Zeitraum um ein Drittel berechtigt gewesen. Die Beklagte hat jedoch unstreitig nach § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. a TV UmBw gegenüber den Beschäftigten, die ebenfalls eine Beschäftigungszeit von 15 Jahren zurückgelegt, aber bereits das 55. Lebensjahr vollendet hatten, keine Kürzung vorgenommen. Sie kann diesen Begünstigten für die Vergangenheit die Leistung nicht mehr entziehen. Für die streitgegenständliche Vergangenheit konnte die Klägerin deshalb nach den dargestellten Grundsätzen zur Beseitigung dieser Diskriminierung die begehrte „Anpassung nach oben“ verlangen.
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3. Die daraus folgenden Ansprüche auf Differenzvergütung sind jedoch gemäß § 37 Abs. 1 TVöD-AT verfallen, soweit sie Gegenstand der Leistungsklage sind.
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a) Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst - Allgemeiner Teil - vom 13. September 2005 (TVöD-AT) verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit von der oder dem Beschäftigten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden. Für denselben Sachverhalt reicht allerdings die einmalige Geltendmachung des Anspruchs auch für später fällige Leistungen gemäß § 37 Abs. 1 Satz 2 TVöD-AT aus.
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b) Tarifliche Ausschlussfristen dienen der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit. Der Anspruchsgegner soll sich auf die aus Sicht des Anspruchstellers noch offene Forderung rechtzeitig einstellen, Beweise sichern und ggf. Rücklagen bilden können (BAG 13. Dezember 2007 - 6 AZR 222/07 - Rn. 18, BAGE 125, 216). Er soll vor der Verfolgung von Ansprüchen, mit deren Geltendmachung er nicht rechnet und auch nicht rechnen muss, geschützt werden (BAG 3. Juli 2013 - 4 AZR 476/12 - Rn. 44). Für eine ordnungsgemäße Geltendmachung iSd. § 37 Abs. 1 TVöD-AT ist daher erforderlich, dass der Anspruchsgegner zur Erfüllung eines bestimmten Anspruchs aufgefordert wird. Der Anspruchsteller muss unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er Inhaber einer nach Grund und Höhe spezifizierten Forderung ist und auf der Erfüllung dieser Forderung besteht (vgl. BAG 20. Juni 2002 - 8 AZR 488/01 - zu II 2 e aa der Gründe). Der Anspruchsgegner muss ausgehend von seinem Empfängerhorizont erkennen können, um welche Forderung es sich handelt (vgl. BAG 18. März 1999 - 6 AZR 523/97 - zu B II 3 a der Gründe). Das setzt voraus, dass der Anspruch seinem Grunde nach hinreichend deutlich bezeichnet und die Höhe des Anspruchs sowie der Zeitraum, für den er verfolgt wird, mit der für den Anspruchsgegner notwendigen Deutlichkeit ersichtlich gemacht wird. Die Art des Anspruchs und die Tatsachen, auf die dieser gestützt wird, müssen erkennbar sein. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist eine Bezifferung nicht zwingend erforderlich (vgl. BAG 18. Februar 2016 - 6 AZR 628/14 - Rn. 20; 19. August 2015 - 5 AZR 1000/13 - Rn. 24).
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c) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts enthält das Schreiben der Klägerin vom 26. September 2008 keine die Ausschlussfrist des § 37 TVöD-AT wahrende Geltendmachung. Der bloße „Widerspruch gegen die Kürzung der Einkommenssicherung nach Tarifabschluss 2008“ bringt schon nicht zum Ausdruck, dass die Klägerin willens ist, eine bestimmte Forderung gegenüber der Beklagten zu erheben und auf deren Erfüllung besteht. Ein Widerspruch kann auch als bloße Aufforderung zu einer Überprüfung verstanden werden. Es ist ferner nicht erkennbar, weshalb die Klägerin die Kürzung der Einkommenssicherung beanstandet. Ein etwaiger Anspruch wird seinem Grunde nach nicht hinreichend deutlich bezeichnet. Zudem bezieht sich der Widerspruch nur auf den Tarifabschluss 2008. Das Arbeitsgericht hat rechtskräftig entschieden, dass Ansprüche der Klägerin für das Jahr 2008 verjährt sind.
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d) Demgegenüber macht das Schreiben der Klägerin vom 20. Oktober 2011 deutlich, dass die Verringerung gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 TV UmBw nach ihrer Auffassung lediglich aus dem Erhöhungsbetrag der persönlichen Zulage zu berechnen ist. Der Anspruch auf Beseitigung der altersdiskriminierenden Regelungen wird von dieser Geltendmachung aber nicht erfasst. Es handelt sich dabei um einen eigenständigen Anspruch, der auf einem anderen Lebenssachverhalt beruht, und damit um einen anderen Streitgegenstand. Der Senat hat in seinem Urteil vom 18. Februar 2016 (- 6 AZR 628/14 - Rn. 22) begründet, dass dies der Wahrung der Ausschlussfrist entgegensteht. Hierauf wird Bezug genommen.
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e) Der aus der Altersdiskriminierung abgeleitete Anspruch auf Differenzvergütung wurde erstmals im gerichtlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 29. April 2013 geltend gemacht. Dieser wurde der Beklagten am 8. Mai 2013 zugestellt. Damit wurde die sechsmonatige Frist des § 37 Abs. 1 Satz 1 TVöD-AT für die Ansprüche auf Zahlung einer ungekürzten persönlichen Zulage für die Monate ab November 2012 gewahrt, denn der Anspruch für November 2012 ist gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 TVöD-AT am Freitag, dem 30. November 2012, fällig geworden. Die streitgegenständliche Leistungsklage bezieht sich jedoch auf die Zeit bis einschließlich Februar 2012. Dementsprechend sind sämtliche Ansprüche verfallen.
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4. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts bezüglich der Leistungsklage stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Klägerin für den streitgegenständlichen Zeitraum die ihr durch das Urteil des Arbeitsgerichts zugesprochenen Beträge unabhängig von der Altersdiskriminierung beanspruchen könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Soweit die Klägerin mit ihrer ursprünglichen Klage die von ihr verlangten Differenzbeträge damit begründete, die Beklagte habe bei allgemeinen Entgelterhöhungen die Verringerung der persönlichen Zulage fehlerhaft bezogen auf die gesamte Entgeltsteigerung vorgenommen, geht sie von unzutreffenden Annahmen aus. Die Verringerung bezieht sich nicht lediglich auf die Erhöhung der persönlichen Zulage. Anknüpfungspunkt für die Anrechnung nach § 6 Abs. 3 Satz 2 TV UmBw ist schon aufgrund des Wortlauts der Bestimmung der sich aus der allgemeinen Entgelterhöhung ergebende Steigerungsbetrag und nicht der Betrag, um den isoliert betrachtet die Zulage aufgrund der in § 6 Abs. 3 Satz 1 TV UmBw angeordneten Dynamisierung steigt(BAG 15. November 2012 - 6 AZR 359/11 - Rn. 26).
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II. Hinsichtlich des als Hauptantrag gestellten Feststellungsantrags ist die Revision unbegründet. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts erweist sich insoweit als im Ergebnis richtig.
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1. Der Antrag bedarf allerdings der Auslegung.
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Die Klägerin begehrt die streitgegenständliche Feststellung ausdrücklich nur bezogen auf die - zu unterlassende - „Verrechnung nach § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a iVm. Satz 4 Buchst. a TV UmBw“. Die Frage der Verringerung der persönlichen Zulage nach diesen Vorschriften verliert jedoch ab dem 1. September 2013 ihre Bedeutung, denn die Klägerin hat seitdem eine Beschäftigungszeit von 25 Jahren zurückgelegt. Demnach unterbleibt die streitgegenständliche Verringerung der persönlichen Zulage bei allgemeinen Entgelterhöhungen ab dem 1. September 2013 schon gemäß § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. b TV UmBw. Hierüber besteht zwischen den Parteien kein ersichtlicher Streit. Der Antrag ist daher so zu verstehen, dass die Klägerin die Feststellung nur bezogen auf die Zeit bis zum 31. August 2013 verlangt.
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2. Mit diesem Inhalt ist der Feststellungsantrag zulässig. Er ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO(vgl. BAG 15. Januar 2015 - 6 AZR 646/13 - Rn. 14). Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben. Der angestrebte feststellende Ausspruch ist trotz seiner nicht vollstreckbaren Wirkung geeignet, den Streit der Parteien über die Verringerung der persönlichen Zulage bei Entgelterhöhungen, wie sie beispielsweise zum 1. Januar 2013 und 1. August 2013 vereinbart wurden, beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden. Das rechtfertigt die Annahme eines rechtlichen Interesses (vgl. BAG 21. Mai 2015 - 6 AZR 254/14 - Rn. 19).
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3. Der so verstandene Feststellungsantrag ist begründet.
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a) Die Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin jedenfalls ab Dezember 2012 bis einschließlich August 2013 die zu dynamisierende persönliche Zulage ohne eine Verringerung nach § 6 Abs. 3 Satz 2 TV UmBw zu zahlen. Dies ergibt sich aus dem dargestellten Anspruch auf Gleichstellung mit den Beschäftigten, die das 55. Lebensjahr bereits vollendet hatten und eine ungekürzte Zulage erhielten.
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b) Der Anspruch auf die begehrte Feststellung bestünde zwar auch bezüglich des Monats November 2012, wie das Arbeitsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils eingeräumt hat. Das Urteil des Arbeitsgerichts ist aber auch insoweit in Rechtskraft (§ 322 Abs. 1 ZPO) erwachsen, als sich die Feststellung einer unverringerten Zahlungsverpflichtung bei allgemeinen Entgelterhöhungen erst auf die Zeit ab Dezember 2012 bezieht.
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c) Auf die kürzeren Ausschlussfristen nach § 15 Abs. 4 AGG bzw. § 61b ArbGG kommt es nicht an, weil die Klägerin nicht Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 AGG oder Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 AGG begehrt, sondern die Erfüllung der Hauptleistungspflicht der Beklagten durch Zahlung einer höheren und diskriminierungsfreien Vergütung.
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III. Soweit das Arbeitsgericht für die Zeit vom 1. März 2012 bis zum 30. November 2012 festgestellt hat, dass die Beklagte verpflichtet sei, die persönliche Zulage zu zahlen, „wobei jede allgemeine Erhöhung der Bezüge auf die persönliche Zulage berechnet wird und dabei eine Verringerung lediglich um ein Drittel des jeweils erhöhten Betrages, bezogen auf die persönliche Zulage, eintritt“, ist die Revision begründet. Auch insoweit ist die erstinstanzliche Entscheidung abzuändern und die Klage abzuweisen. Wie vorstehend ausgeführt, ist entgegen dem Feststellungsantrag der sich aus der allgemeinen Entgelterhöhung ergebende Steigerungsbetrag maßgeblich und nicht allein der Anstieg der persönlichen Zulage im Rahmen der Dynamisierung gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 TV UmBw.
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IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
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Fischermeier
Spelge
Krumbiegel
Steinbrück
Lauth
Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Dem Arbeitnehmer ist bei Zahlung des Arbeitsentgelts eine Abrechnung in Textform zu erteilen. Die Abrechnung muss mindestens Angaben über Abrechnungszeitraum und Zusammensetzung des Arbeitsentgelts enthalten. Hinsichtlich der Zusammensetzung sind insbesondere Angaben über Art und Höhe der Zuschläge, Zulagen, sonstige Vergütungen, Art und Höhe der Abzüge, Abschlagszahlungen sowie Vorschüsse erforderlich.
(2) Die Verpflichtung zur Abrechnung entfällt, wenn sich die Angaben gegenüber der letzten ordnungsgemäßen Abrechnung nicht geändert haben.
(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, das Nähere zum Inhalt und Verfahren einer Entgeltbescheinigung, die zu Zwecken nach dem Sozialgesetzbuch sowie zur Vorlage bei den Sozial- und Familiengerichten verwendet werden kann, durch Rechtsverordnung zu bestimmen. Besoldungsmitteilungen für Beamte, Richter oder Soldaten, die inhaltlich der Entgeltbescheinigung nach Satz 1 entsprechen, können für die in Satz 1 genannten Zwecke verwendet werden. Der Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber zu anderen Zwecken eine weitere Entgeltbescheinigung verlangen, die sich auf die Angaben nach Absatz 1 beschränkt.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
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die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.