Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 20. Nov. 2015 - 6 Sa 574/15

ECLI:ECLI:DE:LAGD:2015:1120.6SA574.15.00
bei uns veröffentlicht am20.11.2015

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin sowie die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 15.04.2015 - AZ: 4 Ca 192/15 - teilweise abgeändert und zum Zwecke der Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 351,37 € brutto zuzüglich steuerfreier Sonntagszuschläge in Höhe von 3,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2014 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 368,86 € brutto zuzüglich steuerfreier Sonntagszuschläge in Höhe von 3,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2014 zu zahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.115, 29 € brutto zuzüglich steuerfreier Sonntagszuschläge in Höhe von 6,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2014 zu zahlen.
4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin ab dem 01.12.2014 nach der Entgeltgruppe 7a, Stufe 6, der KR-Anwendungstabelle Anlage E des TVöd-K zu vergüten.
5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehenden Berufungen der Klägerin und der Beklagten werden zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin und die Beklagte jeweils zu 50% zu tragen.
IV. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen. Für die Klägerin wird die Revision nicht zugelassen.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 256 Feststellungsklage


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 826 Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 305c Überraschende und mehrdeutige Klauseln


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War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wieder

Zivilprozessordnung - ZPO | § 321a Abhilfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 310 Anwendungsbereich


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Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 4 Anrufung des Arbeitsgerichts


Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung er

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 145 Bindung an den Antrag


Wer einem anderen die Schließung eines Vertrags anträgt, ist an den Antrag gebunden, es sei denn, dass er die Gebundenheit ausgeschlossen hat.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 323 Abänderung von Urteilen


(1) Enthält ein Urteil eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen, kann jeder Teil die Abänderung beantragen. Die Klage ist nur zulässig, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, aus denen sich eine wesentliche Veränderung d

Zivilprozessordnung - ZPO | § 578 Arten der Wiederaufnahme


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 305b Vorrang der Individualabrede


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 324 Nachforderungsklage zur Sicherheitsleistung


Ist bei einer nach den §§ 843 bis 845 oder §§ 1569 bis 1586b des Bürgerlichen Gesetzbuchs erfolgten Verurteilung zur Entrichtung einer Geldrente nicht auf Sicherheitsleistung erkannt, so kann der Berechtigte gleichwohl Sicherheitsleistung verlangen,

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(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 6. Mai 2009 - 9 Sa 1/09 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe der Betriebsrentenanwartschaft des Klägers, für die der Beklagte als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung einzustehen hat. Der Kläger macht geltend, die im Betriebsrentengesetz vorgesehene Berechnungsmethode für die Höhe insolvenzgeschützter Betriebsrentenanwartschaften sei altersdiskriminierend.

2

Der Kläger ist 1952 geboren. Er war seit dem 1. November 1982 bei der späteren Insolvenzschuldnerin, der er im vorliegenden Verfahren den Streit verkündet hat, beschäftigt. Über deren Vermögen wurde am 1. September 2005 das Insolvenzverfahren eröffnet. In dessen Rahmen wurde ein Insolvenzplan erstellt. Danach steht der Beklagte für 65,3206 % der insolvenzgesicherten Anwartschaften ein. Die weiterhin bestehende Streitverkündete hat für die restlichen Anwartschaften aufzukommen. Zum 31. Dezember 2007 schied der Kläger aus dem Arbeitsverhältnis mit der Streitverkündeten aus.

3

Für das Arbeitsverhältnis des Klägers galt eine Versorgungsordnung vom 1. Januar 1979. Sie lautet auszugsweise:

        

„…    

        

§ 1 Art der Firmenrenten

        

Nach Aufnahme in das Versorgungswerk und nach Erfüllung der jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen werden als Versorgungsleistungen gewährt:

        

a)    

Altersrenten an Betriebsangehörige, die nach Erreichen der Altersgrenze in den Ruhestand treten.

        

…       

        
        

§ 4 Altersrenten

        

(1)     

Altersrente wird den Mitarbeitern gewährt, die die Altersgrenze erreicht haben und aus den Diensten des Unternehmens ausgeschieden sind. Altersgrenze ist bei Männern und Frauen das vollendete 65. Lebensjahr.

        

(2)     

Mitarbeiter, die vor Erreichen der Altersgrenze und durch Vorlage des Rentenbescheides eines Sozialversicherungsträgers nachweisen, daß sie Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung … beziehen, haben Anspruch auf vorgezogene Altersrente. …

        

§ 6 Höhe der Firmenrente

        

(1)     

Als Altersrente, vorgezogene Altersrente … erhält der Mitarbeiter …

                 

für die ersten 10 anrechenbaren Dienstjahre

pro Jahr 0,15 %

                 

vom 11. bis 15. anrechenbaren Dienstjahr

pro Jahr 0,25 %

                 

vom 16. bis 20. anrechenbaren Dienstjahr

pro Jahr 0,30 %

                 

vom 21. bis 25. anrechenbaren Dienstjahr

pro Jahr 0,35 %

                 

vom 25. bis 30. anrechenbaren Dienstjahr

pro Jahr 0,40 %

                 

höchstens jedoch 8 % des ruhegeldfähigen Einkommens bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung nach 30 anrechenbaren Dienstjahren.

        

…       

        

§ 11 Unverfallbare Anwartschaften bei vorzeitigem Ausscheiden

        

(1)     

Auch vor Eintritt des Versorgungsfalles ausgeschiedene Mitarbeiter erhalten ihre Anwartschaften auf Versorgungsleistungen, sofern sie bei ihrem Ausscheiden mindestens das 35. Lebensjahr vollendet haben und die Versorgungszusage für sie mindestens 10 Jahre bestanden hat.

        

…       

        
        

(3)     

Die Höhe der Versorgungsleistungen wird aus der Leistung ermittelt, die den Mitarbeitern bzw. ihren Hinterbliebenen im Versorgungsfalle zustände, wenn die Mitarbeiter nicht vorzeitig ausgeschieden wären. Von dieser Leistung wird der Teil als Rente gezahlt, der dem Verhältnis der Dauer der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit zu der Zeit von Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres entspricht. …“

4

Der Beklagte erteilte dem Kläger am 7. Februar 2007 einen Anwartschaftsausweis, wonach er für die zu sichernde unverfallbare Rentenanwartschaft in Höhe von 229,54 Euro eintrittspflichtig ist. Bei der Berechnung setzte er die Zeit zwischen dem Beginn des Arbeitsverhältnisses und der Insolvenzeröffnung ins Verhältnis zur möglichen Betriebszugehörigkeit ab Beginn des Arbeitsverhältnisses bis zur festen Altersgrenze von 65 Jahren. Als insolvenzgeschützt sah er den diesem Verhältnis entsprechenden Teil der bei einer Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze erreichbaren Vollrente an.

5

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, diese Berechnung sei nicht richtig. Die von § 2 Abs. 1 BetrAVG bestimmte zeitratierliche Kürzung verstoße gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters, weil Arbeitnehmer, die ihre Betriebszugehörigkeit in jüngeren Jahren erbracht haben, gegenüber Arbeitnehmern, die die gleiche Betriebszugehörigkeit in höherem Alter erbracht haben, benachteiligt würden. Das sei mit dem Recht der Europäischen Union unvereinbar. Da die Versorgungsordnung den Aufbau von Versorgungsanwartschaften nur bis zu einer 30jährigen Betriebszugehörigkeit vorsehe, sei bei der Berechnung des Unverfallbarkeitsfaktors gemäß § 2 Abs. 1 BetrAVG die tatsächliche Betriebszugehörigkeit bis zur Insolvenzeröffnung nur zu einer möglichen Betriebszugehörigkeit von 30 Jahren ins Verhältnis zu setzen und nicht zu einer möglichen Betriebszugehörigkeit bis zum 65. Lebensjahr. Danach belaufe sich der Zeitwertfaktor auf 0,761110, so dass der Beklagte für eine insolvenzgeschützte Anwartschaft in Höhe von 296,34 Euro monatlich einzustehen habe.

6

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass er bei Eintritt des Versorgungsfalls mit Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf eine Betriebsrente von 296,34 Euro monatlich hat,

        

2.    

hilfsweise festzustellen, dass bei der Berechnung seiner betrieblichen Altersversorgung ein Zeitwertfaktor von 0,761110 zugrunde zu legen ist.

7

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger die zuletzt gestellten Klageanträge weiter. Der Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision hat keinen Erfolg. Zu Recht haben die Vorinstanzen der Klage nicht stattgegeben.

10

A. Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen keine Bedenken.

11

I. Der Kläger hat Gegenstand und Grund des erhobenen Anspruchs bestimmt genug angegeben (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Er begehrt Feststellungen zur Berechnung der Höhe seiner insolvenzgeschützten Versorgungsanwartschaft und des dafür maßgebenden Zeitwertfaktors. Dabei wendet er sich nicht dagegen, dass die für ihn geltende Versorgungsordnung den Erwerb von Versorgungsanwartschaften nur für Beschäftigungszeiten bis zu 30 Jahren vorsieht. Sein Begehren ist ausschließlich auf die Feststellung gerichtet, dass der Zeitwertfaktor nach § 2 Abs. 1 BetrAVG nicht unter Zugrundelegung einer möglichen Betriebszugehörigkeit bis zum 65. Lebensjahr, sondern unter Zugrundelegung einer maximalen Betriebszugehörigkeit von 30 Jahren zu errechnen ist.

12

II. Die Klage ist als Feststellungsklage zulässig.

13

Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Die Klage muss sich dabei nicht auf das Rechtsverhältnis im Ganzen beziehen. Es reicht, wenn sie sich - wie hier - auf einzelne daraus ergebende Rechte oder Folgen beschränkt, sofern dafür ein Feststellungsinteresse besteht (vgl. BAG 12. Oktober 2004 - 3 AZR 444/03 - zu I der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Rundfunk Nr. 44 = EzA TVG § 1 Auslegung Nr. 39). Die Klage richtet sich auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses, nämlich des Umfangs der Verpflichtung des Beklagten zur Absicherung von Versorgungsanwartschaften. Das erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben, da der Beklagte die Einstandspflicht in der vom Kläger geforderten Höhe verneint. Der Vorrang der Leistungsklage lässt das Feststellungsinteresse hier schon deshalb nicht entfallen, weil der Versorgungsfall noch nicht eingetreten ist und daher derzeit keine Zahlungspflicht des Beklagten besteht. Das Feststellungsinteresse besteht auch vor Eintritt des Versorgungsfalls (BAG 7. März 1995 - 3 AZR 282/94 - zu A III 1 der Gründe, BAGE 79, 236).

14

B. Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat für die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens erworbene Versorgungsanwartschaft des Klägers einzustehen. Er hat die insolvenzgeschützte Rentenanwartschaft des Klägers zutreffend ermittelt. Die gesetzlich vorgesehene Berechnungsweise ist nicht altersdiskriminierend.

15

I. Der Beklagte hat für die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens erworbenen Versorgungsanwartschaften einzustehen, da der Kläger bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine gesetzlich unverfallbare Versorgungsanwartschaft aufgrund einer Direktzusage der Streitverkündeten als seiner Arbeitgeberin erworben hatte. Bei Insolvenzeröffnung hatte der Kläger das 35. Lebensjahr vollendet und die vor dem 1. Januar 2001 erteilte Versorgungszusage bestand zu diesem Zeitpunkt mehr als zehn Jahre (§ 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, §§ 1b, 30f Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 Nr. 1 BetrAVG).

16

II. Der Beklagte hat die nach dem Betriebsrentengesetz bestehende insolvenzgeschützte Versorgungsanwartschaft des Klägers richtig berechnet.

17

1. Die Berechnung der unverfallbaren Anwartschaft richtet sich nach § 7 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 iVm. § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG. Dabei verweist § 7 Abs. 2 Satz 3 und Satz 4 BetrAVG auf die Berechnungsmethode in § 2 Abs. 1 BetrAVG, mit der im Falle des Ausscheidens des Arbeitnehmers mit gesetzlich unverfallbarer Betriebsrentenanwartschaft die Höhe der unverfallbaren Betriebsrentenanwartschaft berechnet wird. Jedoch tritt der Zeitpunkt des die Eintrittspflicht des Beklagten auslösenden Sicherungsfalls - hier der Insolvenzeröffnung (§ 7 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG) - an die Stelle des Zeitpunkts des Ausscheidens. Die Höhe der insolvenzgeschützten Anwartschaft ist danach zeitratierlich zu berechnen. Diese Berechnung erfolgt dergestalt, dass die Dauer des Arbeitsverhältnisses von dessen Beginn bis zum Sicherungsfall in das Verhältnis gesetzt wird zur möglichen Betriebszugehörigkeit vom Beginn des Arbeitsverhältnisses bis zum Erreichen der festen Altersgrenze. Insolvenzgeschützt ist der diesem Verhältnis entsprechende Teil der bei einer Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze nach der maßgeblichen Versorgungsordnung erreichbaren „fiktiven“ Vollrente (vgl. BAG 21. April 2009 - 3 AZR 640/07 - Rn. 24 ff., BAGE 130, 202).

18

2. Entsprechend dieser Berechnungsmethode hat der Beklagte die insolvenzgeschützte Betriebsrentenanwartschaft des Klägers ermittelt. Danach ergibt sich eine Versorgungsanwartschaft in Höhe von 229,54 Euro monatlich, für die der Beklagte einzustehen hat.

19

III. Die gesetzlichen Regelungen in § 7 Abs. 2 Satz 3 und Satz 4, § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG zur Berechnung der insolvenzgeschützten Versorgungsanwartschaft sind wirksam. Sie bewirken keine unzulässige Benachteiligung wegen des Alters.

20

1. Der Kläger kann sich nicht auf das AGG und das dort geregelte Verbot der Benachteiligung wegen des Alters (§§ 1, 7 Abs. 1 AGG) stützen. Zwar enthält § 2 Abs. 2 Satz 2 AGG, wonach für die betriebliche Altersvorsorge, also betriebliche Altersversorgung, das Betriebsrentengesetz gilt, keine „Bereichsausnahme“ für die betriebliche Altersversorgung. Soweit das Betriebsrentengesetz jedoch bestimmte Unterscheidungen enthält, die einen Bezug zu den in § 1 AGG genannten Merkmalen haben können, hat das AGG keinen Vorrang, sondern es verbleibt bei den Regelungen im Betriebsrentengesetz(BAG 11. Dezember 2007 - 3 AZR 249/06 - Rn. 22 ff., BAGE 125, 133; 14. Januar 2009 - 3 AZR 20/07 - Rn. 15, BAGE 129, 105). Das gilt auch für die hier in Frage stehenden Regelungen in § 7 Abs. 2 Satz 3 und Satz 4 sowie § 2 Abs. 1 BetrAVG.

21

2. Der Kläger kann zu seinen Gunsten nichts aus dem Unionsrecht herleiten. Zwar ist die gesetzliche Regelung in § 7 Abs. 2 Satz 3 und Satz 4, § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG anhand des Unionsrechts auf einen Verstoß gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters zu überprüfen. Ein solcher Verstoß liegt jedoch nicht vor. Eine Pflicht zur Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union besteht nicht.

22

a) Es kann dahingestellt bleiben, ob gegen den Beklagten unmittelbar Rechte aus der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG L 303 vom 2. Dezember 2000 S. 16; künftig: Rahmenrichtlinie), die als Teil des Sekundärrechts der Union auch die Diskriminierung wegen des Alters verbietet (Art. 1 und Art. 2), hergeleitet werden können. Die Richtlinie könnte - soweit man ihre Anwendung nicht nach Art. 3 Abs. 3 verneint, weil der Beklagte unter die in Art. 3 Abs. 3 der Rahmenrichtlinie vorgesehene Ausnahme für staatliche Systeme der sozialen Sicherheit und des sozialen Schutzes fällt - unmittelbar anwendbar sein, weil es sich beim Beklagten um eine staatliche Einrichtung im Sinne des Unionsrechts handelt(vgl. zur unmittelbaren Wirkung von Richtlinien gegenüber staatlichen Organisationen: EuGH 12. Juli 1990 - C-188/89 - [Foster] Rn. 16 ff., Slg. 1990, I-3313; zur Rechtsstellung des Beklagten: BAG 29. September 2010 - 3 AZR 546/08 - Rn. 15, AP BetrAVG § 9 Nr. 23). Unabhängig von dieser Frage ist die gesetzliche Regelung über die Berechnung der Höhe insolvenzgeschützter Betriebsrentenanwartschaften jedenfalls am primärrechtlichen Verbot der Diskriminierung wegen des Alters, das nunmehr in Art. 21 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union(künftig: GR-Charta) niedergelegt ist, zu messen. Unterschiedliche Prüfungsmaßstäbe ergeben sich dadurch nicht. Der primärrechtliche Grundsatz des Verbots der Diskriminierung wegen des Alters wird durch Art. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie konkretisiert(EuGH 19. Januar 2010 - C-555/07 - [Kücükdeveci] Rn. 21, 28, 33, Slg. 2010, I-365).

23

aa) Das primärrechtliche Verbot der Diskriminierung wegen des Alters gilt für die Mitgliedstaaten bei der Durchführung des Rechts der Union (Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GR-Charta). Unterfällt eine gesetzliche Regelung des nationalen Rechts dem Anwendungsbereich des Unionsrechts, sind die Gerichte der Mitgliedstaaten verpflichtet, die dem Primärrecht der Union und damit auch Art. 21 Abs. 1 der GR-Charta widersprechende nationale gesetzliche Vorschrift unangewendet zu lassen, sogar wenn dies zu Ansprüchen zwischen Privaten führt. Die deutschen Gerichte dürfen daher gesetzliche Bestimmungen, die dem primärrechtlichen Verbot der Altersdiskriminierung widersprechen, nicht anwenden (vgl. EuGH 19. Januar 2010 - C-555/07 - [Kücükdeveci] Rn. 50 ff., Slg. 2010, I-365). Der dadurch begründete Anwendungsvorrang des Unionsrechts ist verfassungsrechtlich durch Art. 23 Abs. 1 GG legitimiert und Teil des vom Grundgesetz gewollten Integrationsauftrages(BVerfG 30. Juni 2009 - 2 BvE 2/08 ua. - Rn. 331 ff., BVerfGE 123, 267; 18. November 2008 - 1 BvL 4/08 - BVerfGK 14, 429).

24

bb) Der Anwendungsbereich des Unionsrechts ist im Streitfall eröffnet. Dies ergibt sich aus Art. 8 der Richtlinie 2008/94/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (ABl. EU L 283 vom 28. Oktober 2008 S. 36; künftig: Insolvenzschutzrichtlinie) und der Vorgängerregelung in Art. 8 der Richtlinie 80/987/EWG des Rates vom 20. Oktober 1980 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (ABl. EG L 283 vom 28. Oktober 1980 S. 23 mit späteren Änderungen). Nach diesen Regelungen haben sich die Mitgliedstaaten zu vergewissern, dass die notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer sowie der Personen, die zum Zeitpunkt des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers bereits ausgeschieden sind, hinsichtlich ihrer erworbenen Rechte und Anwartschaften auf Leistungen bei Alter aus betrieblichen oder überbetrieblichen Zusatzversorgungseinrichtungen außerhalb der einzelstaatlichen gesetzlichen Systeme der sozialen Sicherheit getroffen werden. Damit haben die dem Auftrag des Beklagten zugrunde liegenden Rechtsvorschriften, also auch § 7 Abs. 2 Satz 3 und Satz 4, § 2 Abs. 1 BetrAVG, einen unionsrechtlichen Bezug, denn sie dienen der Absicherung von Rechten der Arbeitnehmer auf Versorgungsleistungen bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers. Darauf, dass die Regelungen des Betriebsrentengesetzes aus dem Jahr 1974 stammen (Gesetz vom 19. Dezember 1974, BGBl. I S. 3610) und damit älter sind als die derzeitige Insolvenzschutzrichtlinie aus dem Jahr 2008 und die Vorgängerrichtlinie aus dem Jahr 1980, kommt es nicht an. Mit Ablauf der Umsetzungsfrist einer Richtlinie wird der Anwendungsbereich des Unionsrechts auch für nationale Regelungen eröffnet, die bei ihrem Inkrafttreten bereits erlassen waren und den Regelungsbereich der Richtlinie betreffen (davon geht auch der EuGH aus: vgl. 19. Januar 2010 - C-555/07 - [Kücükdeveci] Rn. 24 ff., Slg. 2010, I-365).

25

b) Unter Heranziehung der den primärrechtlichen Grundsatz des Verbots der Altersdiskriminierung konkretisierenden Regelungen in Art. 1, Art. 2 und Art. 6 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie verstößt die in § 7 Abs. 2 Satz 3 und Satz 4 iVm. § 2 Abs. 1 BetrAVG vorgesehene Berechnung der Höhe einer insolvenzgeschützten Betriebsrentenanwartschaft nicht gegen das unionsrechtliche Verbot der Diskriminierung wegen des Alters. Die betriebsrentenrechtlichen Vorschriften bewirken weder eine unmittelbare Diskriminierung noch eine unzulässige mittelbare Benachteiligung wegen des Alters.

26

aa) Eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters liegt nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Rahmenrichtlinie vor, wenn eine Person wegen ihres Alters in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine mittelbare Diskriminierung ist nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Rahmenrichtlinie gegeben, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen eines bestimmten Alters in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, diese Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

27

Nach Art. 6 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass Ungleichbehandlungen wegen des Alters keine Diskriminierung darstellen, sofern sie objektiv und angemessen sind und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung, gerechtfertigt sind und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Das sind jedenfalls Ziele, die im Allgemeininteresse liegen (EuGH 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 46, Slg. 2009, I-1569; zur Berücksichtigung betriebs- und unternehmensbezogener Zwecke vgl. BAG 6. November 2008 - 2 AZR 523/07 - Rn. 53 mwN, BAGE 128, 238). Art. 6 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie gilt für die unmittelbare Anknüpfung an das Alter und daher erst recht, wenn lediglich eine mittelbare altersbezogene Auswirkung in Rede steht(EuGH 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 62, 65, 66, aaO; BAG 26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08 - Rn. 40, BAGE 131, 61). Die Mitgliedstaaten verfügen über einen weiten Ermessensspielraum hinsichtlich der Wahl der Maßnahmen zur Erreichung ihrer Ziele im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik. Dieser Wertungsspielraum darf allerdings nicht dazu führen, dass der Grundsatz des Verbots der Diskriminierung wegen des Alters ausgehöhlt wird (EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 33 mwN, AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 17 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17).

28

bb) Da § 7 Abs. 2 Satz 3 und Satz 4, § 2 Abs. 1 BetrAVG nicht an das Lebensalter anknüpfen, scheidet eine unmittelbare Diskriminierung aus. Jedoch können Personen eines bestimmten Alters von den dem Anschein nach neutralen Berechnungsregeln des Betriebsrentengesetzes in besonderer Weise benachteiligt werden. Damit ist die für das Vorliegen einer mittelbaren Diskriminierung erforderliche größere Betroffenheit gegeben (Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Rahmenrichtlinie). Für die Feststellung einer möglichen Benachteiligung ist kein statistischer Nachweis erforderlich, dass eine bestimmte Altersgruppe durch die in Frage stehende Regelung tatsächlich wegen ihres Alters benachteiligt wird. Es ist ausreichend, wenn das darin enthaltene Kriterium hierzu typischerweise geeignet ist (vgl. BAG 18. August 2009 - 1 ABR 47/08 - Rn. 29, BAGE 131, 342). Das ist hier der Fall.

29

(1) Die in § 7 Abs. 2 Satz 3 und Satz 4 BetrAVG in Bezug genommene Bestimmung in § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG über die zeitratierliche Berechnung einer Anwartschaft kann typischerweise zu einer Benachteiligung wegen jüngeren Alters führen.

30

(a) Die Regelung bewirkt, dass Personen, die ihre Betriebszugehörigkeit in einem jüngeren Lebensalter zurückgelegt haben, gegenüber Personen benachteiligt werden können, die die gleiche Betriebszugehörigkeit in höherem Lebensalter erbracht haben. Je länger die mögliche Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze ist, desto geringer ist der Anteil der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit daran, auch wenn er absolut derjenigen eines mit einem höheren Lebensalter in den Betrieb eingetretenen Arbeitnehmers entspricht (vgl. Rolfs NZA 2008, 553, 555; Rengier RdA 2006, 213, 215 f.).

31

(b) Diese potentiell unterschiedlichen Auswirkungen sind auf das Alter zurückzuführen, weil die Betriebszugehörigkeit je nach Lebensalter zu unterschiedlichen Ansprüchen führen kann (vgl. auch EuGH 19. Januar 2010 - C-555/07 - [Kücükdeveci] Rn. 30, Slg. 2010, I-365 zur Benachteiligung früher eintretender Arbeitnehmer bei Nichtberücksichtigung im jungen Lebensalter geleisteter Arbeit bei der Berechnung der Kündigungsfrist sowie Generalanwältin Sharpston in ihrem Schlussantrag in der Sache „Bartsch“ vom 22. Mai 2008 - C-427/06 - Rn. 66 ff., Slg. 2008, I-7245 zum „relativen Alter“). Dass sich der Nachteil erst dann verwirklicht, wenn der Versorgungsfall eingetreten ist und die Arbeitnehmer deshalb das gleiche Lebensalter haben, ändert daran nichts.

32

(2) Die unterschiedliche Behandlung wird auch durch die gesetzliche Regelung und nicht nur durch die jeweilige Versorgungsordnung bewirkt.

33

Allerdings führt die im Gesetz vorgesehene zeitratierliche Kürzung nicht in jedem Fall zu einer Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmer. Diese tritt nur dann ein, wenn nach der maßgeblichen Versorgungsordnung die Voraussetzungen der Höchstrente bereits erfüllt werden können, bevor die feste Altersgrenze erreicht ist. Das ist zB dann der Fall, wenn nach der Versorgungsordnung Versorgungsanwartschaften nur bis zu einer bestimmten Dauer der Betriebszugehörigkeit - etwa wie hier 30 Jahre - erworben werden können und sich eine darüber hinausgehende Betriebszugehörigkeit nicht mehr unmittelbar rentensteigernd auswirkt. Sieht die Versorgungsordnung dagegen eine gleichmäßige Steigerung der Anwartschaften bis zum Erreichen der festen Altersgrenze vor, tritt der in der Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG zur zeitratierlichen Berechnung angelegte Effekt nicht ein. Dann wird die nachteilige Wirkung der zeitratierlichen Berechnung durch eine höhere fiktive Vollrente ausgeglichen (vgl. Preis BetrAV 2010, 513, 515 sowie die Berechnungsbeispiele bei Diller NZA 2011, 725).

34

Daraus folgt allerdings nicht, dass sich die gesetzliche Berechnungsvorschrift nicht benachteiligend auswirken kann (aA Diller NZA 2011, 725 f.). Denn welcher gesetzliche Mindestschutz sich im Insolvenzfall ergibt, richtet sich nicht nach der Versorgungsordnung, sondern nach dem Gesetz. Dass die Auswirkungen des Gesetzes je nach Versorgungsordnung unterschiedlich sind, ändert nichts daran, dass es sich um Auswirkungen der gesetzlichen Regelung handelt.

35

cc) Die für die Berechnung der insolvenzgeschützten Anwartschaft maßgebliche gesetzliche Regelung bewirkt jedoch keine mittelbare Diskriminierung wegen des Alters, da der Regelung ein legitimes, im Allgemeininteresse bestehendes Ziel zugrunde liegt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind (Art. 6 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie).

36

(1) Die für die Berechnung der insolvenzgeschützten Anwartschaft in § 7 Abs. 2 Satz 3 und Satz 4 BetrAVG enthaltene Verweisung auf die der Berechnung einer gesetzlich unverfallbaren Anwartschaft bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegenden Regeln verfolgt das Ziel, nicht nur die Voraussetzungen des Schutzes(§ 7 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 1b BetrAVG), sondern auch die Berechnungsmethoden in beiden Fällen anzugleichen. Das ist schon deshalb im Allgemeininteresse liegend, legitim, angemessen und erforderlich, weil eine andere Regelung zu Wertungswidersprüchen führen würde.

37

Da § 2 Abs. 1 BetrAVG für die zeitratierliche Berechnung allein auf den Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis abstellt und nicht nach den Ursachen des Ausscheidens unterscheidet, gilt diese Regelung auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis allein aus Gründen endet, die im Bereich des Arbeitgebers liegen, zB wegen einer betriebsbedingten Kündigung. Es macht aus der Sicht des durch die Regelungen geschützten Arbeitnehmers keinen Unterschied, ob die Höhe der gesetzlich unverfallbaren Betriebsrentenanwartschaft festzustellen ist, weil er seinen Arbeitsplatz verliert, ohne dass der Arbeitgeber insolvent wird oder ob seine Anwartschaft zu berechnen ist, weil der Arbeitgeber in Insolvenz fällt. Zudem kommt beides oft zusammen, wenn die Insolvenz zum Arbeitsplatzverlust führt.

38

Das mit der gesetzlichen Regelung verfolgte Ziel musste im Gesetz nicht ausdrücklich benannt werden. Die aus dem allgemeinen Kontext der gesetzlichen Regelung abgeleiteten Anhaltspunkte ermöglichen die Feststellung des Zwecks und damit eine Überprüfung der Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit der Bestimmung. Das entspricht unionsrechtlichen Vorgaben (vgl. EuGH 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 45, Slg. 2009, I-1569; BAG 30. November 2010 - 3 AZR 754/08 - Rn. 31 mwN, AP BetrAVG § 16 Nr. 72 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 57).

39

(2) Eine unzulässige Altersdiskriminierung ergibt sich auch nicht deshalb, weil die in § 2 Abs. 1 BetrAVG bestimmte Methode der zeitratierlichen Berechnung der Versorgungsanwartschaft bei vorzeitigem Ausscheiden des Arbeitnehmers in ihrem eigentlichen Anwendungsbereich gegen das unionsrechtliche Verbot der Diskriminierung wegen des Alters verstößt. Das ist nicht der Fall.

40

(a) Allerdings ist auch diese Regelung in ihrem eigenen Anwendungsbereich anhand des primärrechtlichen Verbots der Diskriminierung wegen des Alters, wie es nunmehr in Art. 21 Abs. 1 GR-Charta niedergelegt ist, zu überprüfen. Auch § 2 Abs. 1 BetrAVG dient der Durchführung des Rechts der Union(Art. 51 Abs. 1 GR-Charta), da er in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fällt. Dieser ist, soweit es um die Überprüfung anhand des Verbots der Diskriminierung wegen des Alters geht, durch die Rahmenrichtlinie eröffnet, da am 2. Dezember 2006 hinsichtlich dieses Merkmals die Frist zur Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht abgelaufen ist (Art. 18 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie; vgl. EuGH 19. Januar 2010 - C-555/07 - [Kücükdeveci] Rn. 9, 24 ff., Slg. 2010, I-365).

41

Auch insoweit bewirkt die gesetzliche Regelung jedoch keine Diskriminierung wegen des Alters. Unter Berücksichtigung des weiten Gestaltungsspielraums der Mitgliedstaaten besteht für sie ein im Allgemeininteresse liegendes legitimes Ziel und die Mittel zur Verwirklichung dieses Ziels sind angemessen und erforderlich.

42

(b) Das Ziel der gesetzlichen Regelung ist es, für die Berechnung der Höhe der unverfallbaren Anwartschaft bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis eine Regelung zu finden, die dem verbreiteten Verständnis des Betriebsrentenrechts gerecht wird, wie es den üblichen Versorgungsordnungen zugrunde liegt.

43

Wie dem Senat aus der Vielzahl von ihm anzuwendender und zu beurteilender Versorgungsordnungen bekannt ist, gehen Versorgungsordnungen üblicherweise davon aus, dass der Arbeitnehmer erst mit Erreichen des Versorgungsfalls aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Die vom Arbeitgeber zu erbringende betriebliche Altersversorgung wird als Gegenleistung für die gesamte Betriebszugehörigkeit zwischen dem Beginn des Arbeitsverhältnisses und dem Erreichen der festen Altersgrenze aufgefasst. Ein reines „Entgeltprinzip“ besteht nicht (aA Rengier RdA 2006, 213, 216).

44

Das Ziel des Gesetzes, an dieses Verständnis von betrieblicher Altersversorgung anzuknüpfen, ergibt sich hinreichend deutlich sowohl aus der Entstehungsgeschichte als auch aus der aktuellen Fassung des Gesetzes. Dieses Verständnis hat schon den historischen Gesetzgeber der Ursprungsfassung des Betriebsrentengesetzes zu der in § 2 Abs. 1 BetrAVG enthaltenen Regelung bestimmt(vgl. die Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung BT-Drucks. 7/1281 S. 24). Es liegt auch weiterhin der aktuellen Regelung zugrunde. Das folgt daraus, dass der Gesetzgeber für besondere Fallgestaltungen der betrieblichen Altersversorgung, die nicht auf diesem Verständnis beruhen, gesonderte Regelungen trifft (vgl. zu diesem Aspekt Rolfs NZA 2008, 553, 555). Das gilt etwa für die Entgeltumwandlung (§ 2 Abs. 5a BetrAVG), weil es sich bei ihr nicht um eine arbeitgeberseitige Leistung handelt, mit der Betriebszugehörigkeit belohnt wird. Ebenfalls besonders geregelt sind Zusagen, die auch beitragsbezogene Elemente enthalten und bei denen nur die beitragsbezogenen Elemente, nicht jedoch die Rentenleistung von der Betriebszugehörigkeit abhängen (§ 2 Abs. 5b BetrAVG).

45

Damit knüpft die gesetzliche Regelung an ein allgemein akzeptiertes Modell der betrieblichen Altersversorgung an und ermöglicht dessen Beibehaltung. Dies dient der Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung und damit einem sozialpolitischen Ziel von Allgemeininteresse (zu diesem Aspekt: BAG 20. April 2010 - 3 AZR 509/08 - Rn. 81, AP BetrAVG § 1 Hinterbliebenenversorgung Nr. 26 = EzA BetrAVG § 1 Hinterbliebenenversorgung Nr. 14; 11. August 2009 - 3 AZR 23/08 - Rn. 39 f., BAGE 131, 298).

46

Die Berücksichtigung der tatsächlichen Situation im Mitgliedstaat Deutschland entspricht auch Erwägungsgrund 25 der Rahmenrichtlinie. Danach können Ungleichbehandlungen wegen des Alters unter bestimmten Umständen gerechtfertigt sein und sie erfordern daher besondere Bestimmungen, die je nach der Situation in den Mitgliedstaaten unterschiedlich sein können.

47

(c) Von diesem Regelungszweck her ist es naheliegend und damit angemessen, wenn der Gesetzgeber zur Berechnung der Höhe einer gesetzlich unverfallbaren Anwartschaft bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zeitratierlich auf die Dauer der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit im Verhältnis zur möglichen Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der festen Altersgrenze abstellt. Diese Berechnungsweise sichert dem Arbeitnehmer seine Anwartschaften entsprechend dem von ihm erbrachten Anteil der für die Vollrente als Gegenleistung vorausgesetzten Leistung (ebenso Cisch/Böhm BB 2007, 602, 608 f.; Rolfs NZA 2008, 553, 555 f.; im Ergebnis ebenso Adomeit/Mohr ZfA 2008, 449, 465). Die heute erheblich höhere Fluktuation und der Entgeltcharakter der Altersversorgung führen vor dem Hintergrund des verfolgten Ziels nicht zur Unangemessenheit der gesetzlichen Regelung (aA Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 10 Rn. 65; Rengier RdA 2006, 213, 216). Arbeitnehmer, die vor dem Eintritt des Versorgungsfalls aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden, behalten bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen eine unverfallbare Anwartschaft. Ihre Interessen bleiben daher nicht in unangemessener Weise unberücksichtigt.

48

Die gesetzliche Regelung geht auch nicht über das hinaus, was zur Erreichung des Ziels erforderlich ist (zu dieser Voraussetzung EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 36 ff., AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 17 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17). Eine der üblichen Konzeption von Versorgungsordnungen angepasste Berechnungsregelung kann nicht anders gestaltet werden.

49

(3) Die gesetzlichen Vorschriften führen nicht zu einer Aushöhlung des Verbots der Diskriminierung aus Gründen des Alters. Denn die Auswirkungen der gesetzlichen Regelung verringern sich deutlich dadurch, dass die Versorgungsordnungen ihrerseits dem Verbot der Altersdiskriminierung entsprechen müssen. Sie unterliegen insoweit der Beurteilung nach dem AGG (§§ 1, 7 Abs. 1 AGG; vgl. zur Anwendung des AGG in der betrieblichen Altersversorgung: BAG 11. Dezember 2007 - 3 AZR 249/06 - Rn. 22 ff., BAGE 125, 133).

50

c) Der Senat kann eine abschließende Sachentscheidung treffen. Es besteht entgegen der Auffassung des Klägers keine Verpflichtung, ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union zu richten (Art. 267 AEUV).

51

Die Auslegung des unionsrechtlichen Grundsatzes des Verbots der Diskriminierung wegen des Alters einschließlich des Rückgriffs auf die Rahmenrichtlinie zur Konkretisierung des primärrechtlichen Grundsatzes ist durch die Entscheidung des Gerichtshofs in der Sache „Kücükdeveci“ (EuGH 19. Januar 2010 - C-555/07 - Slg. 2010, I-365) geklärt, so dass eine Vorlagepflicht entfällt (vgl. EuGH 6. Oktober 1982 - Rs. 283/81 - [C.I.L.F.I.T.] Slg. 1982 S. 3415). Es liegt ein Fall des „acte éclairé“ vor (vgl. zur Begrifflichkeit: BVerfG 30. August 2010 - 1 BvR 1631/08 - Rn. 56 f., NJW 2011, 288). Ob ein Grund iSd. Art. 6 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie gegeben ist, der eine Diskriminierung wegen des Alters ausschließt, ist von den nationalen Gerichten zu prüfen(EuGH 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 47 ff., Slg. 2009, I-1569).

52

3. Die Berechnungsvorschriften in § 7 Abs. 2 Satz 3 und Satz 4, § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG verstoßen nicht gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz(Art. 3 Abs. 1 GG). Dieser stellt keine weitergehenden Anforderungen als das Unionsrecht. Das Bundesverfassungsgericht hat die Regelung in § 2 BetrAVG als „praktikabel“ bezeichnet(BVerfG 15. Juli 1998 - 1 BvR 1554/89 ua. - zu C I 3 a der Gründe, BVerfGE 98, 365).

53

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Gräfl    

        

    Zwanziger    

        

    Schlewing    

        

        

        

    Oberhofer    

        

    H. Kappus    

                 

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 17. Juli 2008 - 10 Sa 1234/07 - aufgehoben.

2. Die Berufungen der klagenden Parteien gegen die Urteile des Arbeitsgerichts Köln vom 23. August 2007 - 1 Ca 3023/07, 1 Ca 3024/07, 1 Ca 3025/07, 1 Ca 3026/07 - und 30. August 2007 - 22 Ca 2394/07, 22 Ca 2395/07 - werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klagen als unzulässig abgewiesen werden.

3. Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Beklagten in der Berufungs- und der Revisionsinstanz haben die Kläger zu 1) und 3) jeweils 15%, die Klägerin zu 2) 14%, die Kläger zu 4) und 5) jeweils 19% und der Kläger zu 6) 18% zu tragen. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die klagenden Parteien selbst.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine Verpflichtung der Beklagten, an die Klägerin zu 2) sowie an den Kläger zu 1) und zu 3) bis 6) nach § 4c des Tarifvertrages ERA-Anpassungsfonds vom 18. Dezember 2003 idF vom 5. März 2004 für die Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens(TV ERA-APF) Einmalzahlungen aus den sogenannten ERA-Strukturkomponenten zu zahlen.

2

Die klagenden Parteien waren zunächst bei der KHD GmbH und deren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt. Diese Arbeitgeber waren kraft Verbandsmitgliedschaft an die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie in Nordrhein-Westfalen gebunden. Die Arbeitsverträge der klagenden Parteien aus den Jahren 1980 bis 2004 enthalten Bezugnahmeklauseln auf die jeweils geltenden Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie in Nordrhein-Westfalen.

3

Am 18. Dezember 2003 schlossen der Verband der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen(METALL NRW) und die IG Metall das Entgeltrahmenabkommen (ERA), mit dem die tarifliche Entgeltfindung für gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte vereinheitlicht wurde. Ferner vereinbarten sie den zum 1. März 2004 in Kraft getretenen ERA-Einführungstarifvertrag (ERA-ETV), und den TV ERA-APF.

4

Das ERA enthält ua. folgende Regelung:

        

㤠12

        

1.   

Dieses Entgeltrahmenabkommen tritt am 1. März 2004 in Kraft.

        

2.   

Die betriebliche Geltung richtet sich nach den Regelungen des ERA-Einführungstarifvertrages (ERA-ETV).

        

3.   

Mit seiner Einführung im Betrieb ersetzt das Entgeltrahmenabkommen die folgenden Tarifverträge:

                 

-       

Lohnrahmenabkommen

-       

Gehaltsrahmenabkommen

                 

-       

Tarifvertrag zur Leistungsbeurteilung von Zeitlohnarbeitern

-       

Tarifvertrag zur Leistungsbeurteilung von Angestellten

-       

Abkommen über die Analytische Arbeitsbewertung

        

4.   

Ab 1. März 2009 gilt das Entgeltrahmenabkommen verbindlich für alle Betriebe. …

        

…“   

5

Der ERA-ETV lautet auszugsweise:

        

„§ 1 Einführungszeitraum

        

1.   

Bis zum 1. März 2005 kann das ERA nur mit Zustimmung der Tarifvertragsparteien eingeführt werden (Vorbereitungsphase).

        

2.   

Die Einführungsphase beginnt am 1. März 2005 und dauert vier Jahre. In dieser Phase soll der Arbeitgeber das ERA stichtagsbezogen im Betrieb einführen.

                 

Ab dem 1. März 2009 gilt das ERA verbindlich für alle Betriebe.

        

 …“

6

Der TV ERA-APF, der zum 22. Dezember 2003 in Kraft trat und am 5. März 2004 geändert wurde, enthält Bestimmungen zum ERA-Anpassungsfonds und zur Einmalzahlung aus den ERA-Strukturkomponenten. Nach den Lohn-, Gehalts- und Ausbildungsvergütungsabkommen in der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens vom 23. Mai 2002 und 16. Mai 2004 wurden die Erhöhungen des Tarifvolumens auf zwei Komponenten verteilt. Hierzu bestimmt der TV ERA-APF:

        

„§ 2 Präambel

        

Der ERA-Anpassungsfonds dient der Sicherstellung eines gleitenden Übergangs vom heutigen Tarifsystem auf das ERA-Entgeltsystem für alle Beteiligten. Insbesondere sollen durch die vorübergehende Einbehaltung nicht ausgezahlter ERA-Strukturkomponenten und deren spätere Verwendung entweder

        

-       

zum Ausgleich von betrieblichen Kosten, die eine bestimmte Schwelle überschreiten

        

oder

        

-       

zur unmittelbaren Auszahlung an die Beschäftigten/Auszubildenden nach der betrieblichen ERA-Einführung

        

spätere Verwerfungen bei der Umstellung vermieden werden.“

7

In § 3 TV ERA-APF mit der Überschrift „Aufbau und Verwendung des ERA-Anpassungsfonds“ wird erläutert, wie die Erhöhungen des Tarifvolumens ua. in den Entgeltabkommen der Jahre 2002 und 2004 auf zwei Komponenten verteilt werden. Dazu heißt es in Abs. 1 Satz 2 der Bestimmung:

        

„Eine Komponente dient der dauerhaften Erhöhung der Tabellenwerte der jeweiligen Entgelte (Löhne und Gehälter; ‚lineares Volumen’). Die andere Komponente (‚restliches Erhöhungsvolumen’) fließt in ERA-Strukturkomponenten, die in der ersten Tarifperiode ausgezahlt, in den folgenden Tarifperioden jedoch nicht fällig werden.“

8

§ 4 TV ERA-APF enthält hierzu ua. folgende Regelung:

        

„b)

In den jeweils folgenden Tarifperioden nach ihrer erstmaligen Begründung/Entstehung werden die jeweiligen ERA-Strukturkomponenten aus den vorhergehenden Tarifperioden zwar ebenfalls als Teil der Vergütung ermittelt, aber nicht ausgezahlt, sondern zunächst einbehalten und für die Monate bis einschließlich Februar 2006 nach Maßgabe des § 4 d) dem ERA-Anpassungsfonds zugeführt.

                 

Die bei der betrieblichen ERA-Einführung in dem ERA-Anpassungsfonds befindlichen Beträge müssen entweder zur Deckung betrieblicher Mehrkosten aus der ERA-Einführung oder zur Auszahlung an die Beschäftigten/Auszubildenden verwendet werden.

                 

…       

        

c)   

Ist das ERA im Betrieb noch nicht eingeführt worden, werden ab März 2006 bis zur betrieblichen ERA-Einführung die ERA-Strukturkomponenten in Höhe von 2,79% als Einmalzahlungen geleistet. Die Berechnung erfolgt entsprechend der Methode für die Auszahlung der ERA-Strukturkomponente aus den Entgeltabkommen vom 16. Februar 2004.1

                 

1 Die Tarifvertragsparteien werden Auszahlungszeitpunkte, die aktuelle Bezugsbasis und ggf. weitere Einzelheiten auf Basis der Ergebnisse der Entgeltabkommen 2006 regeln.

                 

…“   

9

In den Entgeltabkommen 2004 waren die Auszahlungszeitpunkte und die Berechnung der Einmalzahlungen aus den Strukturkomponenten für den Zeitraum vom 1. Januar 2004 bis zum 28. Februar 2006 geregelt. Mit Wirkung zum 15. September 2004 wurde die KHD GmbH auf die nicht tarifgebundene Beklagte verschmolzen. Die Arbeitsverhältnisse der klagenden Parteien gingen zu diesem Zeitpunkt nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Beklagte über.

10

Am 23. November 2005 trafen die IG Metall und METALL NRW eine „Vereinbarung zum Umgang mit den ERA-Strukturkomponenten ab März 2006“ die nähere Regelungen über die Berechnung und die Auszahlungsmodalitäten für die Einmalzahlungen aus den ERA-Strukturkomponenten für den Zeitraum März 2006 bis Dezember 2006 festlegt und die Bestandteil der Entgeltabkommen des Jahres 2006 werden sollen. Nr. 4 der Vereinbarung lautet:

        

„„Die Berechnung der auszuzahlenden Einmalzahlung bzw. der dem ERA-Anpassungsfonds zuzuführenden Beträge erfolgt auf Basis folgender Formel:

        

2,79% x von der Einmalzahlung/Zuführung erfasste Monate des Jahres 2006 x Tarifeinkommen des Auszahlungsmonats.

        

Für die Monate März bis Juni 2006 ist der Monatsfaktor jeweils um 0,17% - Punkte (zur Einbeziehung der zusätzlichen Urlaubsvergütung) und für die Monate Juli bis Dezember 2006 jeweils um 0,09% - Punkte (zur Einbeziehung der betrieblichen Sonderzahlung) anzuheben.“

11

Regelungen über die Auszahlungszeitpunkte und zur Berechnung der Einmalzahlungen aus den ERA-Strukturkomponenten für die Zeit ab 1. März 2006 bis zur betrieblichen ERA-Einführung finden sich dementsprechend in den Entgeltabkommen für das Jahr 2006. § 6 Nr. 4 des Gehaltsabkommens 2006, welches am 1. März 2006 in Kraft trat, bestimmt:

        

„Die Berechnung der auszuzahlenden Einmalzahlung bzw. der dem ERA-Anpassungsfonds zuzuführenden Beträge erfolgt auf Basis folgender Formel:

        

2,79% x von der Einmalzahlung/Zuführung erfasste Monate des Jahres x Tarifeinkommen des Auszahlungsmonats.

        

Der Monatsfaktor ist für die Monate März bis Juni 2006 jeweils um 0,17 auf 1,17 (zur Einbeziehung der zusätzlichen Urlaubsvergütung) und für die Monate Juli bis Dezember jeweils um 0,09 auf 1,09 (zur Einbeziehung der betrieblichen Sonderzahlung) anzuheben.

        

Tarifeinkommen ist das individuelle regelmäßige Arbeitsentgelt des Auszahlungsmonats (feste sowie leistungs- und zeitabhängige variable Bestandteile ohne Mehrarbeitsvergütung), soweit es Gegenstand der Erhöhung gemäß § 2 Nr. 3 war.“

12

Die Beklagte zahlte den klagenden Parteien im November des Jahres 2006 einen als freiwillige Sonderzahlung bezeichneten Betrag, dessen Höhe der Einmalzahlung nach § 4c TV ERA-APF auf Basis des Gehaltsabkommens 2006 entsprach. Gleichzeitig teilte sie den klagenden Parteien mit, dass kein Anspruch auf eine Einmalzahlung aus der ERA-Strukturkomponente bestehe, da sie als tarifungebundene Betriebserwerberin nicht verpflichtet sei, das ERA betrieblich einzuführen.

13

Mit ihren Klagen begehren die klagenden Parteien die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Einmalzahlung aus den ERA-Strukturkomponenten nach § 4c TV ERA-APF bis zur betrieblichen Einführung von ERA zu zahlen. Die klagenden Parteien zu 1) bis 4) sind der Auffassung, die Regelung in § 4c TV ERA-APF sei nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB Inhalt ihrer Arbeitsverhältnisse geworden. § 4c TV ERA-APF stelle eine in sich geschlossene Norm dar, die auch die Berechnung der Einmalzahlung festlege. Für einen Anspruch auf die Einmalzahlung aus der Strukturkomponente reiche es aus, wenn das ERA im Betrieb tatsächlich nicht eingeführt werde. Die Kläger zu 5) und 6) meinen ebenfalls, der Anspruch sei nach dem Betriebsübergang Inhalt ihrer Arbeitsverhältnisse mit der Beklagten geworden. § 4c TV ERA-APF regele ihren Zahlungsanspruch auch hinsichtlich der Berechnungsmethode abschließend. Die dortige Fußnote beinhalte lediglich eine Absichtserklärung, mit der die Tarifvertragsparteien zum Ausdruck hätten bringen wollen, dass nach Abschluss der Entgeltabkommen 2006 Neuregelungen über die Höhe und die Berechnungsmethode in Betracht kommen könnten. Die Beklagte sei verpflichtet, das ERA einzuführen, da sowohl dieses als auch der ERA-ETV vor Betriebsübergang in Kraft getreten seien.

14

Die klagenden Parteien haben zuletzt jeweils beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die ERA-Strukturkomponente gemäß § 4c des Tarifvertrages ERA-Anpassungsfonds vom 18. Dezember 2003 in der Fassung vom 5. März 2004 bis zur betrieblichen ERA-Einführung zu zahlen.

15

Die Beklagte hat beantragt,

        

die Klagen abzuweisen.

16

Sie meint, die Feststellungsklagen seien unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Zum einen sei es den klagenden Parteien möglich, gegenüber den Feststellungsklagen vorrangige Leistungsklagen zu erheben. Die Feststellungsanträge seien nicht geeignet, hinsichtlich der Einmalzahlung eine endgültige Klärung etwaiger Zahlungsverpflichtungen herbeizuführen. Der Verweis auf die Entgeltabkommen des Jahres 2004 gehe ins Leere, denn diese enthielten keine Regelungen zum maßgeblichen Tarifeinkommen, des einschlägigen Berechnungsfaktors sowie zur Fälligkeit. Eine Zahlungspflicht nach § 4c TV ERA-APF setze zudem die Verpflichtung zur betrieblichen Einführung von ERA voraus, die nicht bestehe. Ihr verbleibe weiterhin die Anrechnung etwaiger Zahlungsverpflichtungen mit übertariflichen Zulagen.

17

Das Arbeitsgericht hat die Klagen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufungen der klagenden Parteien, nachdem es die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hat, den Klagen stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidungen. Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

18

Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Berufungen der klagenden Parteien zu Unrecht stattgegeben. Die Klagen sind unzulässig. Für die Feststellungsanträge besteht nicht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse.

19

I. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Die Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken - sog. Elementenfeststellungsklage -. Auch die Anwendbarkeit eines bestimmten Tarifvertrages oder Tarifwerkes auf ein Arbeitsverhältnis kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein(st. Rspr., s. nur BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 11 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 66 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 39 ).

20

Eine Feststellungsklage setzt nach § 256 Abs. 1 ZPO weiterhin ein rechtliches Interesse des Klägers voraus, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Dieses besondere Feststellungsinteresse muss als Sachurteilsvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens, auch noch in der Revisionsinstanz gegeben sein. Sein Vorliegen ist von Amts wegen zu prüfen (st. Rspr., etwa BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 14, BAGE 124, 240).

21

Das Feststellungsinteresse ist nur dann gegeben, wenn durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag der Streit insgesamt beseitigt wird und das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt werden kann(st. Rspr., etwa BAG 14. Dezember 2005 - 4 AZR 522/04 - Rn. 12, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 94 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 7; 29. November 2001 - 4 AZR 757/00 - zu I 2 b der Gründe, BAGE 100, 43). Es fehlt, wenn durch die Entscheidung kein Rechtsfrieden geschaffen wird, weil nur einzelne Elemente eines Rechtsverhältnisses zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden. Die Rechtskraft der Entscheidung muss weitere gerichtliche Auseinandersetzungen über die zwischen den Parteien strittigen Fragen um denselben Fragenkomplex ausschließen (st. Rspr., etwa BAG 9. November 2001 -  4 AZR 757/00  - zu I 2 b der Gründe, aaO) . Das ist bei einem auf Feststellung einer Zahlungsverpflichtung gerichteten Antrag in der hier gewählten Form dann der Fall, wenn insbesondere über weitere Faktoren, die die Zahlungshöhe bestimmen, kein Streit besteht und die konkrete Bezifferung dann lediglich eine einfache Rechenaufgabe ist, die von den Parteien in einem unstreitigen Verfahren ebenso selbst umgesetzt werden können wie die weiteren Zahlungsmodalitäten. Anderenfalls müssen auch die weiteren Berechnungskriterien zum Gegenstand des Feststellungsantrages gemacht werden, damit nicht lediglich eine Vorfrage geklärt wird, die die Rechtsgrundlagen für den Entgeltanspruch nicht abschließend klärt (so zur Eingruppierungsfeststellungsklage BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 15, BAGE 124, 240; weiterhin BAG 9. November 2001 -  4 AZR 757/00  - zu I 2 b der Gründe, aaO). Allerdings sind die Gerichte gehalten, Klageanträge nach Möglichkeit auszulegen, damit hierdurch eine vom Antragsteller erkennbar erstrebte Sachentscheidung ermöglicht wird (BAG 12. August 2009 - 7 ABR 15/08 - Rn. 12, AP BetrVG 1972 § 34 Nr. 2 = EzA BetrVG 2001 § 34 Nr. 1).

22

II. Hiervon ausgehend sind die Klageanträge unzulässig. Sie sind auch keiner Auslegung zugänglich, die eine Sachentscheidung ermöglichen würde, für die das erforderliche Rechtsschutzinteresse vorliegt.

23

1. Der Gegenstand der Feststellungsanträge ist die Verpflichtung der Beklagten, die Einmalzahlungen aus den ERA-Strukturkomponenten gemäß § 4c des TV ERA-APF in der Fassung vom 5. März 2004 bis zur betrieblichen ERA-Einführung zu leisten. Dabei handelt es sich um eine zwischen den Parteien streitige Vorfrage, die nicht geeignet ist, das zwischen den Parteien streitige Rechtsverhältnis abschließend zu klären. Durch die zur Entscheidung gestellten Anträge würde nur die Vorfrage geklärt, ob die Beklagte überhaupt verpflichtet ist, eine Einmalzahlung aus den ERA-Strukturkomponenten zu zahlen. Ungeklärt und ggf. einem weiteren Rechtsstreit vorbehalten bliebe, wie die von den klagenden Parteien begehrten Zahlungen zu berechnen und wann sie zu leisten sind.

24

a) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts und der der klagenden Parteien lässt sich die erforderliche Feststellung über die konkrete Berechnung der Einmalzahlungen für die Jahre ab 2006 bis zur betrieblichen Einführung des ERA sowie ihre Auszahlungszeitpunkte nicht dem in dem Klageantrag aufgenommenen § 4c TV ERA-APF entnehmen. Das gilt auch dann, wenn man davon ausgeht, es handele sich bei § 4c ERA-APF für die Auszahlungszeiträume nach dem 28. Februar 2006 nicht lediglich um eine schuldrechtliche Abrede der Tarifvertragsparteien, sondern bereits um eine tarifliche Inhaltsnorm iSd. § 1 Abs. 1 Satz 1 TVG, die die Verpflichtung des Arbeitgebers jedoch lediglich dem Grunde nach regelt(so BAG 14. Januar 2009 - 5 AZR 175/08 - Rn. 18, EzA TVG § 4 Metallindustrie Nr. 134 für den gleichlautenden § 4c TV ERA-APF Berlin-Brandenburg). Auch dann enthält § 4c TV ERA-APF keine Regelung zur Berechnung und zu den weiteren Zahlungsmodalitäten der Einmalzahlung für die Zeit ab dem 1. März 2006. Das ergibt die Auslegung des Tarifvertrages (zu den Maßstäben der Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages s. nur BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 40, BAGE 124, 240).

25

aa) Aus dem Wortlaut der in den Text des Tarifvertrages aufgenommenen Fußnote zu § 4c Satz 2 TV ERA-APF ergibt sich, dass die Tarifvertragsparteien die Auszahlungszeitpunkte, die aktuelle Bezugsbasis sowie etwaige weitere Einzelheiten für die Einmalzahlungen aus den ERA-Strukturkomponenten ab März 2006 erst auf Basis der zukünftigen Entgeltabkommen des Jahres 2006 regeln wollten. Diese waren weder bei Abschluss des TV ERA-APF am 18. Dezember 2003 noch bei seiner Modifikation am 5. März 2004 geschlossen. Erst durch die „Vereinbarung zum Umgang mit den ERA-Strukturkomponenten ab März 2006“ vom 23. November 2005 haben die Tarifvertragsparteien für den Zeitraum von März 2006 bis Dezember 2006 eine Einigung über die für die Berechnung zugrundezulegende Bezugsbasis, den für die jeweiligen Monate anzuwendenden Faktor sowie die Fälligkeitszeitpunkte getroffen. In Nr. 2 des Verhandlungsergebnisses der Tarifvertragsparteien vom 23. November 2005 haben sie ausdrücklich niedergelegt, dass für die Betriebe die genannte Vereinbarung über den Umgang mit den ERA-Strukturkomponenten getroffen wird und die dortigen Regelungen Bestandteile der Entgeltabkommen des Jahres 2006 werden sollen, damit für die Betriebe rechtzeitig Planungssicherheit besteht. Damit haben die Tarifvertragsparteien erst zu diesem Zeitpunkt diejenigen Punkte festgelegt, die nach ihrer übereinstimmenden Ansicht noch regelungsbedürftig waren. Solche Regelungen für die Einmalzahlungen aus den ERA-Strukturkomponenten ab dem 1. März 2006 wurden dann auch Inhalt der später geschlossenen Entgeltabkommen vom 22. April 2006(§ 7, insb. Nr. 4 Lohnabkommen 2006 und § 6, insb. Nr. 4 Gehaltsabkommen 2006).

26

bb) Ein anderes folgt nicht aus dem Verweis in § 4c Satz 2 TV ERA-APF, wonach für die „Berechnung“ der Einmalzahlungen auf dieMethode für die Auszahlung der ERA-Strukturkomponenten in den Entgeltabkommen vom 16. Februar 2004“ verwiesen wird. Die Bestimmungen in den Entgeltabkommen 2004 - § 5 Nr. 1 Gehaltsabkommen 2004, § 6 Nr. 1 Lohnabkommen 2004 - galten nur für die Zeit bis zum 28. Februar 2006. Der Verweis auf die „Methode für die Auszahlung“ bedeutet lediglich, dass sich die Tarifvertragsparteien darüber einig waren, die Höhe der Einmalzahlungen nach einem tariflich noch festzulegenden Faktor und einer tariflich noch zu bestimmenden Bezugsbasis zu berechnen. Hätten die Tarifvertragsparteien die Bezugnahme auf die Entgeltabkommen hingegen als abschließend verstanden, wäre die Fußnote zu § 4c Satz 2 TV ERA-APF überflüssig gewesen. Weiterhin wäre es auch nicht erforderlich gewesen, im Interesse einer rechtzeitigen Planungssicherheit bereits im November 2005 eine Vereinbarung über die Berechnung der „auszuzahlenden Einmalzahlung“ zu treffen und in Nr. 4 des Verhandlungsergebnisses zu vereinbaren, dass für „die Zeit ab 2007 ... entsprechende Regelungen“ noch getroffen werden.

27

b) Zwischen den klagenden Parteien und der Beklagten steht nicht außer Streit, nach welchen Berechnungsregeln die Einmalzahlung im Falle einer entsprechenden Zahlungsverpflichtung nach § 4c TV ERA-APF zu erfolgen hat. Die klagenden Parteien sind der Auffassung, bereits durch § 4c TV ERA-APF und dem Verweis auf die Entgeltabkommen für das Jahr 2004 seien die erforderlichen Regelungen erfolgt. Demgegenüber hat die Beklagte bereits in den Tatsacheninstanzen geltend gemacht, dass eine Regelung für Zahlungen aus der ERA-Strukturkomponente für das Jahr 2006 erst durch die Entgeltabkommen für dieses Jahr erfolgt sei. Zum Zeitpunkt des Abschlusses dieser Entgeltabkommen sei sie aber nicht tarifgebunden gewesen, sodass dieses für sie nicht mehr maßgebend sein könne.

28

c) Ob für die klagenden Parteien darüber hinaus hinsichtlich einer Feststellung für das Jahr 2006 auch deshalb kein Rechtsschutzinteresse besteht, weil sie selbst davon ausgehen, sie könnten für das Jahr 2006 keine Ansprüche auf eine Einmalzahlung aus den ERA-Strukturkomponenten mehr geltend machen, da die Beklagte im November 2006 eine von ihr als freiwillige Sonderzahlung bezeichnete Vergütungszahlung in Höhe des Anspruchs nach § 4c TV ERA-APF erbracht habe und diese mit ihren Ansprüchen nach dieser Bestimmung verrechnen könne, muss der Senat daher nicht entscheiden.

29

2. Der Senat ist daran gehindert, die Anträge unter Berücksichtigung des Vortrags der klagenden Parteien dahin auszulegen, dass sie den Anforderungen an das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse genügen.

30

a) Nach dem Vortrag der klagenden Parteien zu 1) bis 4) ist eine solche Auslegung nicht möglich. Sie haben, nachdem die Beklagte bereits erstinstanzlich eingewendet hatte, § 4c TV ERA-APF enthalte für eine ab dem 1. März 2006 zu leistende Einmalzahlung keine Berechnungsregelungen, in ihren Schriftsätzen vom 13. Juli 2007 ausgeführt, die Bestimmung enthalte „eine abschließende anwendbare Regelung“. In ihrer Berufungsbegründung vom 14. Dezember 2007 machen die klagenden Parteien ausdrücklich geltend, dass „einzig und allein die Verpflichtung“ der Beklagten „zur Zahlung der Strukturkomponente“ streitgegenständlich ist, hingegen „nicht die Zahlungsmodalitäten“. Eine Auslegung der Klageanträge, dass auch die Berechnungsgrundlagen und die Zahlungsmodalitäten von ihnen erfasst werden, ist daher ohne Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO nicht möglich.

31

b) Auch in Bezug auf die Feststellungsanträge der Kläger zu 5) und zu 6) scheidet entsprechende Auslegung ihrer Feststellungsanträge aus. Ihrem Vorbringen ist weder zu entnehmen, auf welcher tariflichen Grundlage die Einmalzahlung für die Zeit ab dem 1. März 2006 bis zum 31. Dezember 2006 und in den Jahren 2007 sowie 2008 zu berechnen ist, wenn - wie vorliegend der Fall - § 4c TV ERA-APF entgegen ihrer Auffassung nicht allein maßgebend ist.

32

III. Entgegen der Auffassung der Kläger zu 5) und zu 6) ist der Senat nicht gehindert, nach § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst zu entscheiden und die Revision mit der Maßgabe zurückweisen, dass die Klagen unzulässig sind. Eine Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts nach § 562 Abs. 1 ZPO und die Zurückverweisung nach § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht ist nur dann geboten, wenn die klagenden Parteien nach dem Verfahrensverlauf nicht ausreichend Gelegenheit und Veranlassung gehabt hätten, einen Antrag zu stellen, der den Erfordernissen des § 256 Abs. 1 ZPO entspricht(vgl. BAG 11. November 2009 - 7 AZR 387/08 - Rn. 16, EzA ZPO 2002 § 253 Nr. 3). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Die Beklagte hat bereits in den Tatsacheninstanzen darauf hingewiesen, dass sich allein aus der Bestimmung des § 4c TV ERA-APF die erforderliche Berechnung und die weiteren Zahlungsmodalitäten des Anspruchs nicht ergeben, namentlich seien die Entgeltabkommen des Jahres 2004 nicht maßgebend. Aufgrund dieses Vortrages der Beklagten hatten die klagenden Parteien ausreichend Anlass, ihren Antrag, ggf. in Form eines Hilfsantrages, und ihren Vortrag weiter zu konkretisieren, ohne dass ein richterlicher Hinweis nach § 139 Abs. 1 ZPO geboten gewesen wäre(vgl. BAG 24. Januar 2007 - 4 AZR 28/06 - Rn. 37 ff. mwN, NZA-RR 2007, 495).

33

Ein anderes folgt nicht aus der in der Revisionsinstanz von den Klägern zu 5) und zu 6) angeführten Entscheidung des Siebten Senats vom 11. November 2009. Der Siebte Senat hat den bei ihm anhängigen Rechtsstreit deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, weil der Kläger ursprünglich einen grundsätzlich sachdienlichen und zulässigen Klageantrag gestellt hatte, diesen jedoch auf Anregung des Arbeitsgerichts in einen unzulässigen Feststellungsantrag abgeändert hatte(- 7 AZR 387/08 - Rn. 16, EzA ZPO 2002 § 253 Nr. 3). Eine solche Fallgestaltung ist vorliegend nicht gegeben.

34

IV. Die klagenden Parteien haben die Kosten des Revisionsverfahrens und der Berufung im Umfang ihrer Beteiligung zu tragen (§ 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 2 ZPO).

        

    Bepler    

        

    Creutzfeldt    

        

    Treber    

        

        

        

    Hannig    

        

    Drechsler    

                 

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.

(1) Enthält ein Urteil eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen, kann jeder Teil die Abänderung beantragen. Die Klage ist nur zulässig, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, aus denen sich eine wesentliche Veränderung der der Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ergibt.

(2) Die Klage kann nur auf Gründe gestützt werden, die nach Schluss der Tatsachenverhandlung des vorausgegangenen Verfahrens entstanden sind und deren Geltendmachung durch Einspruch nicht möglich ist oder war.

(3) Die Abänderung ist zulässig für die Zeit ab Rechtshängigkeit der Klage.

(4) Liegt eine wesentliche Veränderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse vor, ist die Entscheidung unter Wahrung ihrer Grundlagen anzupassen.

Ist bei einer nach den §§ 843 bis 845 oder §§ 1569 bis 1586b des Bürgerlichen Gesetzbuchs erfolgten Verurteilung zur Entrichtung einer Geldrente nicht auf Sicherheitsleistung erkannt, so kann der Berechtigte gleichwohl Sicherheitsleistung verlangen, wenn sich die Vermögensverhältnisse des Verpflichteten erheblich verschlechtert haben; unter der gleichen Voraussetzung kann er eine Erhöhung der in dem Urteil bestimmten Sicherheit verlangen.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

Tenor

1.Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 26.02.2015, Az. 5 Ca 3381/14 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2.Die Revision wird zugelassen.


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(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Tenor

1.Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 26.02.2015, Az. 5 Ca 3381/14 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2.Die Revision wird zugelassen.


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(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 8. Mai 2013 - 5 Sa 513/12 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die Wirksamkeit zweier außerordentlicher fristloser Kündigungen.

2

Der 1952 geborene Kläger war seit 1986 als angestellter Lehrer für türkischen muttersprachlichen Unterricht bei dem beklagten Land beschäftigt. Er wurde an mehreren Schulen eingesetzt. Auf sein Arbeitsverhältnis fand der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) Anwendung.

3

Am Nachmittag des 16. September 2009 erteilte der Kläger Unterricht an einer Gesamtschule. Auf Bitten der betreffenden Mädchen gestattete er die Teilnahme der damals elf Jahre alten Schülerin B, weil diese anschließend gemeinsam mit der von ihm unterrichteten Schülerin I den Heimweg antreten wollte. Da eine Internetrecherche durchgeführt wurde, fand der zweistündige Unterricht im Informatikraum statt. Die Computerarbeitsplätze, an denen die insgesamt fünf Schülerinnen Platz genommen hatten, befanden sich nebeneinander vor einer Wand. Zwei weitere Schüler - darunter der Schüler K - saßen nebeneinander an Computern vor der gegenüber liegenden Wand. Jungen und Mädchen kehrten sich die Rücken zu.

4

Das beklagte Land wirft dem Kläger vor, er sei während des Unterrichts zu der Schülerin B gegangen, habe ihr ohne Anlass über das Haar gestrichen und gesagt, dass sie ein schönes Mädchen sei. Des Weiteren soll er ihr an die Brust gefasst, über die Lippen geleckt und einen Kuss auf den Mund gegeben haben. Die Schülerin soll daraufhin weinend den Unterrichtsraum verlassen haben.

5

Am 17. September 2009 schilderte die Mutter der Schülerin dem Klassenlehrer und dem Schulleiter den Vorfall. Später an diesem Tag bekundete der Schüler K gegenüber dem Klassenlehrer, dass er die Vorkommnisse beobachtet habe.

6

Das beklagte Land gab dem Kläger mit einem den angeblichen Vorfall schildernden Schreiben vom 21. September 2009 Gelegenheit zur Stellungnahme. Unter Beifügung dieses Schreibens hörte es den Personalrat zu seiner Absicht an, das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos zu kündigen. Die Personalratssitzung fand am 23. September 2009 statt. An der Vorberatung nahm die zuständige Dezernentin teil. Der Personalrat erklärte unter dem 24. September 2009, dass er die beabsichtigte Maßnahme zur Kenntnis nehme. Die Stellungnahme des Klägers ging am 25. September 2009 ein.

7

Mit Schreiben vom 28. September 2009 kündigte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich mit sofortiger Wirkung.

8

Der Kläger wurde mit Urteil des Amtsgerichts Bielefeld vom 21. September 2010 wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Seine Berufung wurde durch Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 22. März 2011 verworfen, seine Revision vom Oberlandesgericht Hamm am 21. Juli 2011 zurückgewiesen.

9

Nach Anhörung des Personalrats kündigte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 2. Februar 2012 vorsorglich erneut außerordentlich mit sofortiger Wirkung.

10

Der Kläger hat beide Kündigungen fristgerecht angegriffen. Er hat die Auffassung vertreten, die Kündigung vom 28. September 2009 sei unwirksam, weil im Kündigungszeitpunkt erhebliche Zweifel an seiner Täterschaft bestanden hätten. Er habe der betreffenden Schülerin lediglich tröstend über den Kopf gestrichen, weil er sie - wie vor dem Unterricht besprochen - nach einer Stunde nach Hause geschickt habe. Wären der Informatikraum in Augenschein genommen und die von ihm benannten Schülerinnen und Schüler vernommen worden, hätte sich ergeben, dass diese die behauptete Belästigung nicht bemerkt hätten, obwohl sie sie - wäre sie tatsächlich vorgekommen - zwingend hätten bemerken müssen. Im Übrigen stelle das ihm angelastete Verhalten bloß einen übergriffigen Berührungsversuch dar. Neben einer Abmahnung sei als milderes Mittel ein Einsatz an anderen Schulen in Betracht gekommen. Die zu einer Verdachtskündigung erfolgte Anhörung des Personalrats habe nicht vor Eingang seiner - des Klägers - Stellungnahme eingeleitet werden dürfen. Dem Personalrat seien weder seine genauen Sozialdaten noch die ordentliche Unkündbarkeit mitgeteilt worden oder bekannt gewesen. Die Kündigung vom 2. Februar 2012 sei ebenfalls unwirksam.

11

Der Kläger hat - soweit noch von Interesse - beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung des beklagten Landes vom 28. September 2009 nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung des beklagten Landes vom 2. Februar 2012 nicht aufgelöst worden ist.

12

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat gemeint, bereits die Kündigung vom 28. September 2009 sei wirksam. Ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB liege vor. Der Kläger habe eine Schülerin unter Missbrauch seiner Stellung als Lehrer unsittlich berührt. Damit habe er jedes Vertrauensverhältnis irreparabel zerstört. Eine Abmahnung sei entbehrlich gewesen, weil es sich - auch für den Kläger erkennbar - um eine besonders schwere Pflichtverletzung gehandelt habe. Die Dezernentin habe vor der Personalratssitzung darauf hingewiesen, dass der Kläger aufgrund der langen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses ordentlich unkündbar sei. Auf seine genauen Sozialdaten sei es weder ihm - dem beklagten Land - noch dem Personalrat angekommen.

13

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, nachdem der Kläger den Vortrag des beklagten Landes zu dem Geschehen am 16. September 2009 - nur - für die erste Instanz unstreitig gestellt hatte.

14

Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Hierzu hat es die Feststellungen des Landgerichts im Wege des Urkundenbeweises verwertet, nachdem der Kläger den Vorwurf zwar wieder streitig gestellt, sich im ersten Termin zur Berufungsverhandlung aber mit einer Verwertung des Strafurteils mit der Maßgabe einverstanden erklärt hatte, „dass aktenkundig gemacht wird, dass [er] weiterhin die Aussage der [Zeugin] B in diesem Urteil, wie sie dort zugrunde gelegt worden [ist], nicht für richtig erachtet und der Auffassung ist, dass die Zeugin dort gelogen hat“. Auf der Grundlage eines anschließend verkündeten Beschlusses hat das Landesarbeitsgericht in einem zweiten Termin Beweis - einzig - durch Vernehmung des damaligen Personalratsvorsitzenden erhoben.

15

Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Feststellungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision ist unbegründet.

17

A. Die Klage gegen die Kündigung vom 28. September 2009 ist unbegründet. Die Kündigung hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit ihrem Zugang aufgelöst. Ein wichtiger Grund besteht (I.). Der Personalrat ist ordnungsgemäß angehört worden (II.).

18

I. Es liegt ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB für eine außerordentliche Kündigung vor.

19

1. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, dh. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und der Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist (BAG 10. April 2014 - 2 AZR 684/13 - Rn. 39; 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 15, BAGE 146, 303).

20

2. Das dem Kläger vorgeworfene, vom Landesarbeitsgericht für erwiesen erachtete Verhalten stellt einen sexuellen Missbrauch eines Kindes im dienstlichen Bereich dar und ist „an sich“ als wichtiger Grund für eine außerordentliche fristlose Tatkündigung geeignet (vgl. BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 700/11 - Rn. 18, BAGE 143, 244; 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 16).

21

3. Der Behandlung als Tatkündigung steht nicht entgegen, dass das beklagte Land eine Verdachtskündigung erklärt haben könnte. Das gälte selbst dann, wenn der Personalrat lediglich zu einer solchen angehört worden wäre (vgl. BAG 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/07 - Rn. 55 ff., BAGE 131, 155).

22

4. Der Vortrag des beklagten Landes ist nicht nach § 288 Abs. 1 ZPO als unstreitig zugrunde zu legen. Der Kläger hat in erster Instanz kein Geständnis erklärt (zu den Anforderungen vgl. BVerfG 6. Februar 2001 - 1 BvR 1030/00 - zu II 2 b der Gründe; BGH 7. Juli 1994 - IX ZR 115/93 - zu I 2 a der Gründe).

23

5. Es kann dahinstehen, ob der Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren nach Maßgabe des § 67 ArbGG als verspätet hätte zurückgewiesen werden müssen. Das Revisionsgericht könnte eine fehlerhafte Zulassung des Vorbringens nicht rückgängig machen (vgl. BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 845/11 - Rn. 37; 19. Februar 2008 - 9 AZN 1085/07 - Rn. 11).

24

6. Das Landesarbeitsgericht hat sich in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise die volle Überzeugung iSv. § 286 Abs. 1 ZPO von der Wahrheit des Kündigungsvorwurfs gebildet. Der Kläger zeigt weder hinsichtlich des Beweisverfahrens noch bezüglich der Beweiswürdigung Rechtsfehler auf. Solche sind auch sonst nicht ersichtlich.

25

a) Die Schülerinnen B und I und der Schüler K mussten nicht vernommen werden. Das Landesarbeitsgericht durfte sich seine Überzeugung anhand der Feststellungen des Landgerichts bilden, die dieses auf die Aussagen der drei „Belastungszeugen“ im Strafverfahren gestützt hat.

26

aa) Ein Zivilgericht darf sich, um sich eine eigene Überzeugung davon zu bilden, ob sich ein bestimmtes Geschehen zugetragen hat, auf ein dazu ergangenes Strafurteil stützen. Zwar sind die in einem strafrichterlichen Urteil enthaltenen Feststellungen für die zu derselben Frage erkennenden Zivilgerichte grundsätzlich nicht bindend. Sie können aber im Rahmen der freien Beweiswürdigung des Zivilrichters iSv. § 286 Abs. 1 ZPO Berücksichtigung finden. Das Strafurteil ist, wenn eine Partei sich zu Beweiszwecken darauf beruft, im Wege des Urkundenbeweises gemäß §§ 415, 417 ZPO zu verwerten(OLG Hamm 7. September 2012 - 9 W 4/12 - zu II der Gründe; OLG Zweibrücken 1. Juli 2010 - 4 U 7/10 - zu II 2 der Gründe). Entgegen der Auffassung des Klägers erschöpft sich die Möglichkeit, die Akten eines anderen Rechtsstreits als Beweisurkunde heranzuziehen, nicht in der Verwertung von schriftlichen Aussagen und Protokollen über die Aussagen von Zeugen (vgl. dazu BAG 12. Juli 2007 - 2 AZR 666/05 - Rn. 20; BGH 13. Juni 1995 - VI ZR 233/94 - zu II 2 a der Gründe).

27

(1) Mit der Verwertung von Feststellungen eines Strafurteils im Wege des Urkundenbeweises wird schon deshalb keine „Erkenntnisquelle dritten Rangs“ zur Entscheidungsgrundlage erhoben (vgl. BGH 2. März 1973 - V ZR 57/71 - zu 1 a der Gründe), weil die Strafprozessordnung ein Wortlautprotokoll grundsätzlich nicht vorsieht. Soweit in Verfahren vor dem Strafrichter oder dem Schöffengericht nach § 273 Abs. 2 StPO das wesentliche Vernehmungsergebnis zu protokollieren und damit ein knappes Inhaltsprotokoll zu fertigen ist, erstreckt sich die Beweiskraft des Protokolls gemäß § 274 StPO nicht auf den Inhalt der protokollierten Aussage. Vielmehr sind grundsätzlich die Urteilsgründe maßgeblich (vgl. Meyer-Goßner in Meyer-Goßner/Schmitt StPO 57. Aufl. § 273 Rn. 13 ff. und § 274 Rn. 10). Eine vollständige Niederschreibung von Aussagen erfolgt lediglich unter den engen Voraussetzungen des § 273 Abs. 3 StPO.

28

(2) Es kommt hinzu, dass der Zivilrichter die vom Strafgericht getroffenen Feststellungen nicht unbesehen übernehmen darf. Er hat die in der Beweisurkunde dargelegten Feststellungen einer eigenen kritischen Überprüfung zu unterziehen (BGH 2. März 1973 - V ZR 57/71 - zu 1 a der Gründe) und den Beweiswert der früheren, lediglich urkundlich in den Worten des Strafrichters belegten Aussage sorgfältig zu prüfen (BGH 13. Juni 1995 - VI ZR 233/94 - zu II 2 a der Gründe).

29

(3) Außerdem darf die Vernehmung von Zeugen nicht unter Hinweis auf die strafgerichtlichen Feststellungen abgelehnt werden (BGH 14. Februar 1967  - VI ZR 139/65 -; OLG Köln 11. Januar 1991 - 19 U 105/90 -). Eine Verwertung der früheren, im Strafurteil wiedergegebenen Aussagen im Wege des Urkundenbeweises anstelle der beantragten Anhörung ist unzulässig, wenn eine Partei zum Zwecke des unmittelbaren Beweises die Vernehmung des Zeugen verlangt (BAG 12. Juli 2007 - 2 AZR 666/05 - Rn. 20; BGH 13. Juni 1995 - VI ZR 233/94 - zu II 2 a der Gründe).

30

(4) Schließlich muss sich das Zivilgericht grundsätzlich einen persönlichen Eindruck von einem Zeugen verschaffen, wenn es auf dessen (Un-)Glaubwürdigkeit abstellen möchte. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die für die Würdigung maßgeblichen Umstände in den Akten festgehalten worden sind und die Parteien Gelegenheit hatten, sich dazu zu erklären (BGH 13. Juni 1995 - VI ZR 233/94 - zu II 2 b der Gründe).

31

bb) Diesen Anforderungen werden das Beweisverfahren und die Beweiswürdigung des Landesarbeitsgerichts gerecht. Die hiergegen erhobenen Rügen des Klägers sind, soweit zulässig, unbegründet.

32

(1) Aus den Gründen des angefochtenen Urteils ergibt sich, dass das Landesarbeitsgericht das rechtskräftige Strafurteil des Landgerichts im Wege des Urkundenbeweises (§§ 415 ff. ZPO) herangezogen und verwertet hat.

33

(2) Der Kläger hat nicht auf einer Vernehmung der drei „Belastungszeugen“ durch das Landesarbeitsgericht bestanden. Seine Erklärung im ersten Termin zur Berufungsverhandlung war dahin zu verstehen, dass er sich mit einer Verwertung des Strafurteils hinsichtlich der Aussagen aller im Strafverfahren vernommenen Zeugen einverstanden erkläre. Jedenfalls konnte ihm angesichts des auf eine Vernehmung des damaligen Personalratsvorsitzenden beschränkten Beweisbeschlusses des Landesarbeitsgerichts nicht entgangen sein, dass dieses zu dem Kündigungsvorwurf keine Zeugen zu vernehmen gedachte. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger die Vernehmung bestimmter Personen verlangt und Widerspruch oder doch Bedenken gegen die offenbar beabsichtigte umfassende Verwertung des Strafurteils geäußert hätte. Bei dieser Sachlage ist die Rüge, das Landesarbeitsgericht habe gegen Verfahrensrecht verstoßen, indem es von einer eigenen Vernehmung der fraglichen Zeugen abgesehen habe, nicht ausreichend begründet iSv. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO (vgl. BAG 12. Juli 2007 - 2 AZR 666/05 - Rn. 21).

34

(3) Aufgrund der Darlegungen des Landgerichts in seinen Urteilsgründen durfte das Landesarbeitsgericht davon ausgehen, dass dort die Ergebnisse der Hauptverhandlung richtig festgehalten worden sind. Der Kläger hat auch nicht geltend gemacht, dass das Strafurteil insoweit Fehler enthalte, als es das Geschehen in der Hauptverhandlung unzutreffend wiedergebe.

35

(4) Die Rüge des Klägers, das Landesarbeitsgericht habe die vom Landgericht getroffenen Feststellungen ungeprüft übernommen, ist nicht berechtigt. Das angefochtene Urteil enthält eine ins Einzelne gehende eigene Sachverhaltswürdigung.

36

(5) Die Beweiswürdigung des Landesarbeitsgerichts hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.

37

(a) Eine vom Berufungsgericht nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO vorgenommene Beweiswürdigung unterliegt nur einer eingeschränkten Kontrolle. Es ist lediglich zu prüfen, ob das Berufungsgericht die Voraussetzungen und Grenzen des § 286 ZPO beachtet hat. Seine Würdigung muss in sich widerspruchsfrei, ohne Verletzung von Denkgesetzen sowie allgemeinen Erfahrungssätzen erfolgt und rechtlich möglich sein (BAG 8. Mai 2014 - 2 AZR 1005/12 - Rn. 21; 21. Juni 2012 - 2 AZR 694/11 - Rn. 28, BAGE 142, 188).

38

(b) Dem wird die Beweiswürdigung des Landesarbeitsgerichts gerecht. Es hat in sich schlüssig und widerspruchsfrei dargelegt, warum es für erwiesen hält, dass der Kläger die Schülerin B in der ihm vorgeworfenen Weise unsittlich berührt hat. Hierzu hat es den gesamten Prozessstoff verwertet und insbesondere aufgezeigt, warum es deren Aussagen im Strafverfahren folgt.

39

(aa) Das Landesarbeitsgericht hat die dortigen Bekundungen der Schülerin sorgfältig nachvollzogen und berücksichtigt, aus welchen Gründen diese bewusst oder unbewusst eine falsche Aussage gemacht haben könnte. Es hat die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben unter Orientierung an den Kriterien für die Erstellung von Glaubhaftigkeitsgutachten (vgl. BGH 30. Juli 1999 - 1 StR 618/98 - BGHSt 45, 164) umfassend analysiert. Rechtsfehlerfrei hat es aus ihnen den Schluss gezogen, dass die belastenden Angaben auf ein tatsächlich erlebtes Geschehen zurückgehen. Soweit es auf das Aussageverhalten der Schülerin in der Strafverhandlung abgestellt hat, sind die maßgeblichen Tatsachen in den Akten festgehalten und hatte der Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme. Seinem Einwand, die Zeugin könne dadurch zu einer Falschbelastung motiviert worden sein, dass er sie - absprachegemäß - bereits nach einer Unterrichtsstunde nach Hause geschickt habe, ist das Landesarbeitsgericht zu Recht nicht gefolgt. Es hat zutreffend darauf hingewiesen, dass eine derartige Abrede keinen Sinn gemacht hätte. Die Zeugin und ihre vom Kläger - für eine Doppelstunde - unterrichtete Freundin I wollten gerade gemeinsam den Heimweg antreten. Die Freundin habe zudem bekundet, dass die Zeugin ihr vor Verlassen des Informatikraums fast unter Tränen mitgeteilt habe, der Kläger habe sie geküsst.

40

(bb) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dass die Bekundungen der beiden Zeuginnen durch die Äußerungen des Schülers K gegenüber dem Klassenlehrer gestützt würden. Dies durfte es auch ohne einen persönlichen Eindruck von dem Schüler tun. Dessen Glaubwürdigkeit spielte keine Rolle. Das Landesarbeitsgericht hat seine Äußerungen, die er als Zeuge in der Strafverhandlung als gelogen bezeichnet hat, für glaubhaft erachtet, weil er sie bereits spontan im Informatikraum gegenüber Mitschülern und noch am Abend des 16. September 2009 gegenüber seiner Mutter gemacht habe.

41

(cc) Schließlich hat das Landesarbeitsgericht eine „Verschwörung“ gegen den Kläger als fernliegend verworfen. Dazu hat es ohne Rechtsfehler darauf abgestellt, dass weder ein autonomes Motiv für eine Absprache der Schülerin B und des Schülers K ersichtlich sei, noch der Kläger nachvollziehbar dargetan habe, Klassenlehrer und Schulleiter hätten ihn schon vor Bekanntwerden des Kündigungsvorwurfs „loswerden“ wollen und könnten zu diesem Zwecke die beiden Schüler in der geschehenen Weise als „Werkzeuge“ eingesetzt haben.

42

b) Das Landesarbeitsgericht musste dem Antrag des Klägers auf Vernehmung weiterer Schülerinnen und Schüler nicht nachgehen.

43

aa) Ein Beweisantrag kann abgelehnt werden, wenn die zu beweisende Tatsache als wahr unterstellt und die Entscheidung in der Sache von ihrer Wahrheit oder Unwahrheit nicht berührt wird (BGH 21. November 2007 - IV ZR 129/05 - Rn. 2). Unter Beweis gestellte Indiztatsachen können als wahr unterstellt werden, wenn das Gericht deren Beweiskraft verneint (OLG Zweibrücken 1. Juli 2010 - 4 U 7/10 - zu II 3 b der Gründe). Vor der Erhebung eines Gegenbeweises muss der Tatrichter deshalb prüfen, ob die dafür angeführten Indizien - ihre Richtigkeit unterstellt - in ihrer Gesamtschau, ggf. im Zusammenhang mit dem übrigen Prozessstoff, seine Überzeugung von der Wahrheit der Haupttatsache erschüttern würden. Diese Prüfung unterliegt lediglich eingeschränkter Nachprüfung durch das Revisionsgericht (vgl. BGH 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10 - Rn. 45 f., BGHZ 193, 159).

44

bb) Das Landesarbeitsgericht hat seinen tatrichterlichen Beurteilungsspielraum nicht überschritten, wenn es sich in seiner Überzeugungsbildung nicht dadurch gehindert sah, dass weitere Personen den Vorfall nicht wahrgenommen haben. Es hat ohne Verstoß gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze auf die vom Kläger selbst skizzierte Sitzverteilung der Schülerinnen und Schüler im Informatikraum (teils nebeneinander, teils sich die Rücken zuwendend) und auf den Umstand abgestellt, dass diese vor ihren Bildschirmen saßen und im Internet recherchierten. Für die von § 286 ZPO geforderte Überzeugung des Tatrichters bedarf es keiner absoluten oder unumstößlichen Sicherheit im Sinne des wissenschaftlichen Nachweises, sondern nur eines für das praktische Leben brauchbaren Grades von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen(st. Rspr., vgl. BGH 16. April 2013 - VI ZR 44/12 - Rn. 8).

45

c) Da die Sitzverteilung unstreitig war, war es auch nicht erforderlich, Augenschein (§§ 371 ff. ZPO) einzunehmen.

46

7. Das Landesarbeitsgericht hat auf der Grundlage des für erwiesen erachteten Sachverhalts rechtsfehlerfrei angenommen, dass eine Abmahnung im Streitfall entbehrlich war und die weitere Interessenabwägung zulasten des Klägers ausgeht.

47

a) Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an einer sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber alle milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Im Vergleich zu einer außerordentlichen fristlosen Kündigung kommen als mildere Mittel insbesondere eine Abmahnung oder eine ordentliche Kündigung in Betracht. Einer Abmahnung bedarf es auch in Ansehung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dann nicht, wenn eine Verhaltensänderung in Zukunft selbst nach Abmahnung nicht zu erwarten steht oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass eine Hinnahme durch den Arbeitgeber offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist (BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 495/11 - Rn. 15 f.; 9. Juni 2011 - 2 AZR 381/10 - Rn. 18).

48

b) Das Landesarbeitsgericht hat ohne Verletzung seines Beurteilungsspielraums angenommen, dass es einer Abmahnung im Streitfall nicht bedurfte. Das Fehlverhalten des Klägers wiegt so schwer, dass eine Hinnahme durch das beklagte Land offensichtlich - auch für den Kläger erkennbar - ausgeschlossen war.

49

aa) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass es sich um einen mehraktigen, die Strafbarkeitsschwelle des § 184g Nr. 1 StGB überschreitenden(vgl. dazu BGH 23. Juli 2013 - 1 StR 204/13 - Rn. 8) sexuellen Übergriff auf eine zumindest vorübergehend der Obhut des Klägers unterstellte Schülerin gehandelt habe. Zugleich sei ein nachhaltiger Eingriff in die sexuelle Entwicklung eines elfjährigen Kindes erfolgt. Darin liege augenscheinlich ein Verstoß gegen den Erziehungsauftrag der Schulen und gegen die Pflicht zur unbedingten Wahrung der Würde und der körperlichen und seelischen Integrität der Schüler (vgl. auch Art. 7 Abs. 1 Verf. NW; § 2 Abs. 2 SchulG NW sowie LAG Berlin-Brandenburg 20. Juli 2011 - 26 Sa 1269/10 - zu II 1 a bb (1) der Gründe; Bayr. VGH 12. März 2013 - 16a D 11.624 - zu III und IV 2 a der Gründe).

50

bb) Die Revision setzt diesen Erwägungen lediglich ihre eigene - nicht nachvollziehbare - Wertung entgegen. Es handelte sich nicht um einen „allenfalls grenzwertigen, übergriffigen Berührungsversuch“, sondern um eine vollendete Straftat gemäß § 176 StGB. Der Kläger konnte nicht annehmen, dass sein offensichtlich schweres Fehlverhalten den Bestand des Arbeitsverhältnisses nicht unmittelbar gefährde. Auf die Steuerbarkeit seines Handelns und eine Wiederholungsgefahr kommt es nicht an. Durch das von ihm an den Tag gelegte Verhalten war die für eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauensgrundlage auch nach Ausspruch einer Abmahnung nicht wieder herstellbar.

51

c) Bei der Interessenabwägung im Übrigen überwiegt das Interesse des beklagten Landes an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Dessen Fortsetzung war ihm selbst für den Lauf der fiktiven ordentlichen Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Schluss eines Kalendervierteljahres (§ 34 Abs. 1 Satz 2 TV-L)nicht zuzumuten. Dies hat das Landesarbeitsgericht im Rahmen des ihm zukommenden Beurteilungsspielraums rechtsfehlerfrei angenommen.

52

aa) Die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung jedenfalls bis zum Ablauf der - fiktiven - Kündigungsfrist zumutbar ist, lassen sich nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind allerdings regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung - etwa im Hinblick auf das Maß des durch sie bewirkten Vertrauensverlusts und ihre wirtschaftlichen Folgen -, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf (BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 495/11 - Rn. 15; 9. Juni 2011 - 2 AZR 381/10 - Rn. 22).

53

bb) Bei seiner Gesamtwürdigung hat das Landesarbeitsgericht zugunsten des Klägers dessen lange beanstandungsfreie Beschäftigungszeit, den Verlust seiner sozialen Stellung sowie den Umstand berücksichtigt, dass es ihm auf dem eingeschränkten Arbeitsmarkt für Lehrer kaum gelingen dürfte, eine neue Beschäftigung zu finden. Wenn es aufgrund der Schwere der Pflichtverletzung gleichwohl angenommen hat, das beklagte Land habe das Arbeitsverhältnis selbst bis zum Ablauf der fiktiven ordentlichen Kündigungsfrist nicht fortsetzen müssen, lässt dies Rechtsfehler nicht erkennen.

54

(1) Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger zu Recht keinen ungesteuerten Handlungsimpuls zugutegehalten. Die vom Kläger in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge gemäß § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO ist unzulässig. Der Kläger hätte seinen Vortrag auf einen Hinweis nach § 139 ZPO hin substantiieren wollen, führt aber nicht aus, aufgrund welcher besonderen Umstände das Landesarbeitsgericht einen solchen Hinweis hätte erteilen müssen. Zudem ist die Entscheidungserheblichkeit des vermissten Hinweises nicht dargetan. Nach der Revisionsbegründung bezog sich der Einwand ausschließlich auf das einzig zugestandene Berühren des Haars, nicht hingegen auf den vom Landesarbeitsgericht festgestellten mehraktigen Missbrauchsvorgang.

55

(2) Ein ausschließlicher Einsatz des Klägers an anderen Schulen scheidet als milderes Mittel aus. Abgesehen davon, dass das vom Kläger gezeigte Verhalten gegenüber anderen Schülerinnen ebenfalls möglich ist, gilt das zur Abmahnung Gesagte. Die für eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauensgrundlage ist auch durch eine „Umsetzung“ nicht wieder herstellbar.

56

II. Die Kündigung vom 28. September 2009 ist nicht mangels Anhörung des Personalrats nach § 74 Abs. 3 LPVG NW unwirksam.

57

1. Gemäß § 74 Abs. 2 Satz 1 LPVG NW ist der Personalrat bei außerordentlichen Kündigungen anzuhören. Hierbei sind nach § 74 Abs. 2 Satz 2 LPVG NW die Gründe, auf die sich die beabsichtigte Kündigung stützen soll, vollständig anzugeben. Es gelten die gleichen Anforderungen wie an eine Anhörung des Betriebsrats gemäß § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG(vgl. BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - Rn. 46). Nach dem Grundsatz der subjektiven Determinierung ist der Personalrat ordnungsgemäß angehört, wenn ihm der Arbeitgeber die aus seiner Sicht tragenden Umstände unterbreitet hat. Nach Sinn und Zweck der Anhörung darf der Arbeitgeber dem Personalrat allerdings solche persönlichen Umstände des Arbeitnehmers nicht vorenthalten, die er - der Arbeitgeber - zwar nicht berücksichtigt hat, die sich jedoch im Rahmen der Interessenabwägung entscheidend zugunsten des Arbeitnehmers auswirken könnten (vgl. BAG 26. September 2002 - 2 AZR 424/01 - zu B II 3 a der Gründe; 21. Juni 2001 - 2 AZR 30/00 - zu B II 3 a der Gründe).

58

2. Danach war die Anhörung des Personalrats vor Ausspruch der Kündigung vom 28. September 2009 ordnungsgemäß.

59

a) Da die Kündigung als Tatkündigung zu behandeln ist, hätte das beklagte Land die Anhörung des Klägers gänzlich unerwähnt lassen können (vgl. BAG 3. März 2011 - 2 AZR 748/10 - Rn. 42). Dessen Stellungnahme musste weder abgewartet noch nachgereicht werden.

60

b) Soweit der Kläger nähere Angaben zur Interessenabwägung vermisst, ist dies ohne rechtlichen Belang. Die Anhörung zu der Absicht, das Arbeitsverhältnis zu kündigen, impliziert die von dem beklagten Land zu seinen - des Klägers - Lasten getroffene Abwägung. Eine nähere Begründung war vor dem Hintergrund des Grundsatzes der subjektiven Determinierung nicht erforderlich. Die Mitteilungspflicht des Arbeitgebers gegenüber der Arbeitnehmervertretung reicht nicht so weit wie seine Darlegungslast im Prozess (vgl. BAG 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 27, BAGE 146, 303).

61

c) Da es dem beklagten Land aufgrund der Schwere des Kündigungsvorwurfs auf die exakten Sozialdaten ersichtlich nicht ankam, genügte es, dass der Personalrat nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts um die lange Beschäftigungsdauer des Klägers wusste („schon ewig dabei“) und deshalb auch unter diesem Aspekt die Kündigungsabsicht ausreichend beurteilen konnte (vgl. BAG 6. Oktober 2005 - 2 AZR 280/04 - zu B II 2 a der Gründe; 21. Juni 2001 - 2 AZR 30/00 - zu B II 3 a der Gründe).

62

d) Die Anhörung ist nicht deshalb fehlerhaft, weil das beklagte Land möglicherweise nicht darauf hingewiesen hat, dass das Arbeitsverhältnis nicht mehr ordentlich gekündigt werden konnte. Unabhängig von der Frage der materiell-rechtlichen Relevanz dieses Umstands (vgl. BAG 27. April 2006 - 2 AZR 386/05 - Rn. 34 ff., BAGE 118, 104) und abgesehen davon, dass dem Personalrat ohnehin lediglich die Tatsachen zur Kenntnis gebracht werden müssen, die den Schluss auf die Unkündbarkeit ermöglichen (vgl. BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 773/10 - Rn. 31), ist das Unterbleiben dieses Hinweises deshalb unschädlich, weil der damalige Vorsitzende in seiner Vernehmung bekundet hat, dass „zumindest ihm persönlich“ der besondere Kündigungsschutz des langjährig beschäftigten Klägers bewusst gewesen sei. Dieses Wissen seines Vorsitzenden muss der Personalrat sich zurechnen lassen (vgl. BAG 23. Oktober 2008 - 2 AZR 163/07 - Rn. 22 für die Tatsachenkenntnis).

63

B. Der gegen die Kündigung vom 2. Februar 2012 gerichtete Klageantrag ist nicht zur Entscheidung angefallen. Es handelt sich um einen unechten Hilfsantrag.

64

C. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Rachor    

        

    Niemann    

        

        

        

    Frey    

        

    Torsten Falke    

                 

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 31/10
vom
12. April 2011
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Hat das erstinstanzliche Gericht keine Veranlassung gesehen, die Berufung nach
§ 511 Abs. 4 Satz 1 ZPO zuzulassen, weil es von einer Beschwer der unterlegenen
Partei ausgegangen ist, die 600 € übersteigt, muss das Berufungsgericht,
wenn es von einer geringeren Beschwer ausgeht, die Entscheidung darüber
nachholen, ob die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung nach § 511
Abs. 4 Satz 1 ZPO erfüllt sind.

b) Hätte das erstinstanzliche Gericht die Berufung zulassen müssen, kann das
Rechtsbeschwerdegericht die Zulassung nachholen.

c) Die Niederschrift der in einem Strafverfahren protokollierten Zeugenaussagen
kann im Wege des Urkundenbeweises in den Zivilprozess eingeführt werden.
BGH, Beschluss vom 12. April 2011 - VI ZB 31/10 - LG Cottbus
AG Cottbus
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. April 2011 durch den Vorsitzenden
Richter Galke, die Richter Zoll, Pauge, Stöhr und die Richterin von
Pentz

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus vom 6. Mai 2010 aufgehoben. Die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Cottbus vom 16. September 2009 wird zugelassen. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Gründe:

I.

1
Das Land Brandenburg macht aus gemäß § 5 OEG i.V.m. § 81a BVG übergegangenem Recht einen Schadensersatzanspruch aus § 823 BGB gegen den Beklagten geltend. Im jetzigen Verfahren begehrt der Kläger die Feststellung , eine im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten angemel- dete Forderung beruhe auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung.
2
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Inhalt der Strafakte sei zwar unstreitig. Da ein unmittelbarer Beweis nicht angeboten worden sei, sei aber das Berufen des Klägers alleine auf die Strafakte nicht möglich. Den Streitwert hat das Amtsgericht auf 1.999,63 € festgesetzt.
3
Das Landgericht hat den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 499,91 € festgesetzt und die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen. Nach § 511 Abs. 2 ZPO sei die Berufung nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € übersteige oder das Gericht des ersten Rechtszugs die Berufung im Urteil zugelassen habe. Beides sei nicht der Fall. Der Streitwert der Klage, mit der die Feststellung begehrt werde, eine angemeldete Forderung beruhe auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, bemesse sich nicht nach dem Nennwert der Forderung. Maßgeblich seien vielmehr die späteren Vollstreckungsaussichten des Insolvenzgläubigers nach Beendigung des Insolvenzverfahrens und Erteilung der Restschuldbefreiung. Wenn diese - wie hier - nur als gering anzusehen seien, könne ein Abschlag von 75 % des Nennwerts der Forderung angemessen sein.
4
Mit der Rechtsbeschwerde beanstandet der Kläger die Verwerfung der Berufung und verfolgt seinen Klageanspruch weiter.

II.

5
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
6
1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO). Sie ist auch im Übrigen zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO).
7
2. Der angefochtene Beschluss ist aufzuheben, weil er, wie der Kläger mit Recht beanstandet, nicht ausreichend mit Gründen versehen ist, und weder das Amtsgericht noch das Berufungsgericht geprüft haben, ob ein Zulassungsgrund vorliegt.
8
a) Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, müssen den maßgeblichen Sachverhalt, über den entschieden wird, wiedergeben und den Streitgegenstand und die Anträge in beiden Instanzen erkennen lassen; andernfalls sind sie nicht mit den nach dem Gesetz (§ 576 Abs. 3, § 547 Nr. 6 ZPO) erforderlichen Gründen versehen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 20. Juni 2006 - VI ZB 75/05, VersR 2006, 1423 Rn. 14; vom 17. November 2009 - VI ZB 58/08, VersR 2010, 687 Rn. 4; BGH, Beschlüsse vom 28. April 2008 - II ZB 27/07, WM 2009, 329 Rn. 4; vom 26. Januar 2009 - II ZB 6/08, NJW 2009, 1083 Rn. 10; vom 14. Juni 2010 - II ZB 20/09, NJW-RR 2010, 1582 Rn. 5). Das Rechtsbeschwerdegericht hat grundsätzlich von dem Sachverhalt auszugehen, den das Berufungsgericht festgestellt hat (§ 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 ZPO). Enthält der angefochtene Beschluss keine tatsächlichen Feststellungen, ist das Rechtsbeschwerdegericht zu einer rechtlichen Überprüfung nicht in der Lage. Dies gilt gerade auch dann, wenn das Berufungsgericht die Berufung verwirft, weil die Berufungssumme nicht erreicht ist (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Denn die Wertfestsetzung kann vom Rechtsbeschwerdegericht nur darauf hin überprüft werden, ob das Berufungsgericht die Grenzen des ihm von § 3 ZPO eingeräumten Ermessens überschritten oder rechtsfehlerhaft von ihm Gebrauch gemacht hat (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juni 2010 - II ZB 20/09, aaO).
9
Diesen Maßstäben wird der Verwerfungsbeschluss des Landgerichts vom 6. Mai 2010 nicht gerecht, auch wenn man den in Bezug genommenen Streitwertbeschluss vom 26. März 2010 mitberücksichtigt. Insbesondere wird in beiden Beschlüssen der maßgebliche Sachverhalt, über den entschieden werden soll, nicht wiedergegeben und auch nicht auf das Urteil des Amtsgerichts Bezug genommen. Der Verwerfungsbeschluss enthält mithin nicht die für eine Sachprüfung des Rechtsbeschwerdegerichts erforderlichen Tatsachen.
10
b) Der angefochtene Beschluss ist auch deswegen aufzuheben, weil das Berufungsgericht - bevor es die Berufung mangels ausreichender Beschwer verworfen hat - keine Entscheidung über die Zulassung der Berufung getroffen hat, obgleich das erstinstanzliche Gericht davon ausgegangen ist, dass die Beschwer der unterlegenen Partei 600 € übersteigt und deswegen keine solche Prüfung vorgenommen hat.
11
aa) Nach § 511 Abs. 2 ZPO ist die Berufung gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € übersteigt (Nr. 1) oder das Gericht des ersten Rechtszugs die Berufung im Urteil zugelassen hat (Nr. 2). Gemäß § 511 Abs. 4 Satz 1 ZPO lässt das Gericht des ersten Rechtszugs die Berufung zu, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die unterlegene Partei durch das Urteil nicht mit mehr als 600 € beschwert ist. Hat das erstinstanzliche Gericht keine Veranlassung gesehen, die Berufung nach § 511 Abs. 4 Satz 1 ZPO zuzulassen, weil es von einer Beschwer der unterlegenen Partei ausgegangen ist, die 600 € übersteigt , muss das Berufungsgericht, wenn es von einer geringeren Beschwer ausgeht, die Entscheidung darüber nachholen, ob die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung nach § 511 Abs. 4 Satz 1 ZPO erfüllt sind (vgl. Senats- beschlüsse vom 26. Oktober 2010 - VI ZB 74/08, NJW 2011, 615 Rn. 12; vom 5. April 2011 - VI ZB 61/10, z.V.b.; BGH, Urteil vom 14. November 2007 - VIII ZR 340/06, NJW 2008, 218 Rn. 12; Beschlüsse vom 3. Juni 2008 - VIII ZB 101/07, WuM 2008, 614 Rn. 4 f.; vom 21. April 2010 - XII ZB 128/09, NJW-RR 2010, 934 Rn. 18).
12
bb) Der Senat kann die Erheblichkeit der fehlenden Zulassungsentscheidung durch die Instanzgerichte im Rechtsbeschwerdeverfahren selbst prüfen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. April 2010 - XII ZB 128/09, aaO Rn. 21). Diese Prüfung führt dazu, dass das Berufungsgericht die Berufung hätte zulassen müssen, weil hier unter dem Gesichtspunkt der Divergenz im Sinne des § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Fall 1 eine Zulassung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich gewesen ist. Unter diesem Gesichtspunkt hätte bereits das Amtsgericht die Berufung zulassen müssen, wenn es darauf angekommen wäre, weil die Klageabweisung maßgebend auf einer Divergenz zur höchstrichterlichen Rechtsprechung beruht.
13
Die Rechtsbeschwerde macht zu Recht geltend, dass das Amtsgericht den vom Kläger beantragten Urkundenbeweis durch Beiziehung der Strafakten aus dem Ermittlungs- und Strafverfahren gegen den Beklagten zum Beweis einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung hätte erheben müssen. Die Niederschrift der in einem Strafverfahren protokollierten Zeugenaussagen kann im Wege des Urkundenbeweises in den Zivilprozess eingeführt werden (vgl. Senatsurteile vom 19. Dezember 1969 - VI ZR 128/68 - VersR 1970, 322, 323; vom 19. April 1983 - VI ZR 253/81, VersR 1983, 667, 668; vom 9. Juni 1992 - VI ZR 215/91, VersR 1992, 1028, 1029). Die von einer Partei beantragte Verwertung einer Zeugenaussage aus einem anderen Verfahren im Wege des Urkundenbeweises bedarf nicht der Zustimmung des Gegners; diesem ist nur freigestellt, die Vernehmung des Zeugen vor dem Prozessgericht zu beantra- gen. Erfolgt ein solcher Antrag nicht oder nimmt das Gericht Abstand von einer beantragten erneuten Vernehmung vor dem Prozessgericht, darf es die von einer Partei beantragte Verwertung der Aussage als Urkundenbeweis nicht versagen (vgl. Senatsurteile vom 19. April 1983 - VI ZR 253/81, aaO; vom 9. Juni 1992 - VI ZR 215/91, aaO). Im Streitfall ist das Amtsgericht von diesen Grundsätzen abgewichen, indem es den davon abweichenden Obersatz aufgestellt hat, im Zivilprozess sei der Beweis unmittelbar herbeizuführen und ein Berufen auf die Strafakte sei nicht möglich.
14
Unter diesen Umständen liegt eine Divergenz zur höchstrichterlichen Rechtsprechung vor. Im Hinblick darauf konnte der Senat selbst aussprechen, dass die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts zulässig ist, weil sich der hierfür maßgebliche Gesichtspunkt der Divergenz aus der Begründung des erstinstanzlichen Urteils ergibt und das Amtsgericht demgemäß die Berufung hätte zulassen müssen. Auf die Höhe der Beschwer kommt es insoweit nicht an. Vorsitzender Richter am BGH Galke Zoll Pauge ist wegen Urlaubs an der Unterschrift gehindert Zoll Stöhr von Pentz
Vorinstanzen:
AG Cottbus, Entscheidung vom 16.09.2009 - 45 C 444/08 -
LG Cottbus, Entscheidung vom 06.05.2010 - 1 S 177/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 109/01 Verkündet am:
12. November 2003
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein

a) Zu den besonderen Voraussetzungen, unter denen ein Unterhaltsschuldner, der
ein Verbrechen oder ein schweres Vergehen gegen den Unterhaltsgläubiger begeht
, nach § 1579 Nr. 2 BGB auch einen Anspruch auf rückständigen Unterhalt
verwirkt.

b) Zur auf einen bestimmten Unterhaltszeitraum beschränkten Revisionszulassung
(im Anschluß an Senatsurteil vom 29. Januar 2003 - XII ZR 92/01 - FamRZ 2003,
590).
BGH, Urteil vom 12. November 2003 - XII ZR 109/01 - OLG Zweibrücken
AG Ludwigshafen am Rhein
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. November 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dr. Ahlt

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken - als Familiensenat - vom 30. März 2001 wird - auf Kosten des Klägers - als unzulässig verworfen , soweit er Trennungsunterhalt für die Zeit ab 1. Januar 1999 begehrt, und im übrigen - für die Zeit vom 1. April 1998 bis 31. Dezember 1998 - als unbegründet zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger begehrt in monatlich unterschiedlicher Höhe Trennungsunterhalt für die Zeit vom 1. April 1998 bis zur Rechtskraft der Scheidung am 15. Oktober 1999. Die Parteien hatten am 29. Juli 1988 die Ehe geschlossen. Am 9. März 1998 zog die Beklagte mit den beiden aus der Ehe hervorgegangenen Kindern - A., geboren 1991, und J., geboren 1992 - aus dem von den Parteien gemieteten Einfamilienhaus aus. Seither leben die Parteien getrennt.
Der 1945 geborene Kläger war während der Trennungszeit - wie auch schon zuvor - gesundheitlich beeinträchtigt und erwerbslos; er bezieht seit Ende Dezember 1998 Sozialhilfe. Die Beklagte arbeitete während der Ehe vollschichtig als Diplomübersetzerin in einem Patentanwaltsbüro und erzielte daneben Einkünfte aus selbständiger Übersetzungstätigkeit. Seit Juni 1998 arbeitet sie in ihrer nichtselbständigen Tätigkeit nur noch 30 Wochenstunden; in welchem Umfang sie während der Trennungszeit selbständig tätig war, ist streitig. Am Nachmittag des 23. Dezember 1998 wollte die Beklagte mit ihren Kindern die Räume des Kinderschutzbundes in L. aufsuchen; dem Kläger sollte dort der betreute Umgang mit den Kindern ermöglicht werden. Auf dem Weg dorthin wurde die Beklagte von einem Mann angegriffen und mit einem Metallrohr mehrmals auf Kopf und Arme geschlagen; sie erlitt eine Kopfplatzwunde sowie Schwellungen und Hämatome an Kopf und Oberarm. Der Kläger, der die Täterschaft bestreitet, ist wegen dieser Tat rechtskräftig wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die zugelassene Revision, mit welcher der Kläger sein Berufungsbegehren weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Revision ist nicht zulässig, soweit der Kläger für die Zeit ab 1. Januar 1999 Trennungsunterhalt begehrt; denn hierzu fehlt es an einer Zulassung des Rechtsmittels durch das Oberlandesgericht. Der Entscheidungssatz des angefochtenen Urteils enthält zwar keinen Zusatz, der die dort zugunsten des Klägers zugelassene Revision einschränkt. Die Eingrenzung des Rechtsmittels kann sich jedoch auch aus den Entscheidungsgründen ergeben (vgl. etwa Senatsurteil vom 29. Januar 2003 - XII ZR 92/01 - FamRZ 2003, 590). Das ist hier der Fall. Das Oberlandesgericht hat in den Gründen seines Urteils ausgeführt, die Revision werde im Hinblick auf die vom Bundesgerichtshof bislang nicht entschiedene Frage zugelassen, ob Ausnahmefälle denkbar seien, in denen eine Verfehlung des unterhaltsberechtigten Ehegatten gegenüber dem unterhaltspflichtigen Ehegatten so schwer wiege, daß die Inanspruchnahme des unterhaltspflichtigen Ehegatten nicht nur wegen künftiger, sondern auch wegen bereits entstandener Unterhaltsansprüche unzumutbar erscheine. Diese Frage erlangt im vorliegenden Rechtsstreit nur insoweit Bedeutung, als der Kläger Trennungsunterhalt für die Monate April bis Dezember 1998 verlangt; denn nur für diesen Zeitraum waren etwaige Ansprüche des Klägers auf Trennungsunterhalt bereits entstanden, als der dem Kläger zur Last gelegte tätliche Angriff auf die Beklagte am 23. Dezember 1998 begangen wurde. Ist aber in einem Unterhaltsrechtsstreit die Rechtsfrage, deretwegen das Oberlandesgericht die Revision zugelassen hat, nur für einen klar begrenzten Teil des Zeitraums, für den insgesamt Unterhalt begehrt wird, erheblich , so liegt, wie der Senat entschieden hat, regelmäßig die Annahme nahe, das Oberlandesgericht habe die Revision nur hinsichtlich des von der Zulas-
sungsfrage betroffenen Teils des Unterhaltszeitraums zulassen wollen (Senats- urteil aaO 591). Auch im vorliegenden Fall ist deshalb davon auszugehen, daß das Oberlandesgericht die Revision nur insoweit zulassen wollte, als der Kläger Unterhalt für die Zeit vom 1. April 1998 bis 31. Dezember 1998 begehrt.

II.

Soweit der Kläger für diesen Zeitraum Unterhalt begehrt, ist das Rechtsmittel nicht begründet. 1. Das Oberlandesgericht hat dahinstehen lassen, ob die Voraussetzungen eines Anspruchs des Klägers auf Trennungsunterhalt im vorliegenden Fall erfüllt sind. Jedenfalls seien etwaige Trennungsunterhaltsansprüche verwirkt. Aufgrund der im Strafverfahren protokollierten Zeugenaussage der Zeugin M. stehe zur Überzeugung des Oberlandesgerichts fest, daß es der Kläger gewesen sei, der die Beklagte tätlich angegriffen und verletzt habe. Die Zeugin habe einen Mann in einem blauen Arbeitsanzug mit einem länglichen Gegenstand in der Hand hinter der um Hilfe schreienden Beklagten und den beiden Kindern herlaufen sehen. Kurze Zeit später habe sie diesen Mann zurückkommen , den in der Hand gehaltenen Gegenstand sowie eine bei der Rückkehr getragene Perücke in den Kofferraum eines dunkelfarbigen Kraftfahrzeugs legen und mit diesem Wagen davonfahren sehen. Unter dem amtlichen Kennzeichen , das die Zeugin sich gemerkt habe, sei ein dunkelfarbiges Kraftfahrzeug auf den Namen des Klägers zugelassen gewesen. Auch die von der Zeugin geschilderten persönlichen Merkmale des von ihr beobachteten Mannes (dunklere Hautfarbe, Brille mit dunklem Rand und fehlende Haare auf dem
Hinterkopf) träfen auf den Kläger, der dem Oberlandesgericht aufgrund persönlicher Anhörung bekannt sei, zu. Da das Oberlandesgericht bereits aufgrund der urkundenbeweislich verwerteten Zeugenaussage von der von der Beklagten behaupteten Täterschaft des Klägers überzeugt sei, habe es der unmittelbaren Vernehmung der Zeugin M. sowie der beiden Kinder, deren Angaben im Ermittlungsverfahren wegen fehlender Belehrung über das Zeugnisverweigerungsrecht urkundenbeweislich nicht hätten verwertet werden können, nicht bedurft. Der schwerwiegende Angriff des Klägers gegen die körperliche Unversehrtheit der Beklagten erfülle den Tatbestand des § 1579 Nr. 2 BGB. Er führe zum Ausschluß etwaiger Trennungsunterhaltsansprüche des Klägers; denn es sei der Beklagten nicht zuzumuten, an den Kläger trotz dessen Verhaltens ihr gegenüber Unterhaltsleistungen zu erbringen. Dies gelte auch für die Zeit vor dem tätlichen Angriff. In der Regel trete eine Verwirkung von Unterhaltsansprüchen wegen schwerer Vergehen oder Verbrechen gegen den Unterhaltsverpflichteten zwar nur für die Zukunft ein und lasse zum Zeitpunkt der Verfehlung bereits entstandene Unterhaltsansprüche unberührt. Es bestehe nämlich grundsätzlich kein Anlaß, den mit Unterhaltszahlungen in Verzug geratenen Unterhaltspflichtigen zu begünstigen, weil ein späteres Ereignis ihn von der Unterhaltspflicht befreie. Allerdings seien Ausnahmefälle denkbar, in denen die Verfehlung des Berechtigten so schwerwiegend sei, daß die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch wegen bereits entstandener Unterhaltsansprüche unzumutbar erscheinen müsse. Ein solcher Ausnahmefall liege hier vor: Der Kläger habe die Tat von langer Hand vorbereitet und in dem Bewußtsein geplant, daß die beiden Kinder das Geschehen miterleben würden. Die Tatausführung sei zudem geeignet gewesen, der Beklagten wesentlich ernsthaftere Verletzungen zuzufügen als sie letztlich aufgrund der Flucht der Beklagten vermieden werden konnten. Schließlich sei zu bedenken, daß die Beklagte einen etwaigen
Unterhaltsanspruch des Klägers für die Zeit vor dem tätlichen Angriff zumindest teilweise dadurch erfüllt habe, daß sie den Mietzins für die vormalige Ehewohnung auch noch nach ihrem Auszug an die Vermieter entrichtet und damit zumindest den Wohnbedarf des Klägers bis zu dessen Auszug aus dieser Wohnung im Mai 1999 gedeckt habe. 2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand.
a) Die Revision rügt, das Oberlandesgericht sei verfahrensfehlerhaft zu der Feststellung gelangt, der Kläger habe den tätlichen Angriff auf die Klägerin verübt. Dieser Rüge bleibt der Erfolg versagt. Ein Verfahrensverstoß liegt nicht schon darin, daß das Oberlandesgericht die Zeugin M. nicht selbst vernommen, sondern sich darauf beschränkt hat, die Aussage der Zeugin aus dem Strafverfahren zu verwerten. Protokolle über die Aussagen von Zeugen in einem anderen Verfahren dürfen im Wege des Urkundenbeweises in den Zivilprozeß eingeführt und dort gewürdigt werden , wenn dies - wie hier seitens der Beklagten geschehen - von der beweispflichtigen Partei beantragt wird. Unzulässig wäre die Verwertung dieser früheren Aussage im Wege des Urkundenbeweises anstelle der Vernehmung der Zeugin im anhängigen Verfahren allerdings dann, wenn eine Partei zum Zwekke des unmittelbaren Beweises die Vernehmung dieser Zeugin beantragt oder die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Zeugin deren unmittelbare Vernehmung erfordert hätte (BGH Urteil vom 30. November 1999 - VI ZR 207/98 - BGHR ZPO § 286 Abs. 1 Strafakten 3; Zöller/Greger ZPO 23. Aufl. § 356 Rdn. 4, § 373 Rdn. 9). Beides war hier indes nicht der Fall. Die Beklagte hatte zum Beweis der Täterschaft des Klägers vorrangig die Beiziehung der Strafakten beantragt und dementsprechend nur hilfsweise die Vernehmung dieser Zeugin angeboten; der Kläger hat die Anhörung dieser Zeugin oder anderer
Zeugen zum Antritt des Gegenbeweises nicht beantragt. Die Glaubwürdigkeit der mit den Parteien nicht bekannten und am Tatgeschehen unbeteiligten Zeugin stand nicht in Frage. Andere Gesichtspunkte, die eine Verletzung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme begründen könnten, sind nicht ersichtlich; auch die Revision zeigt solche Aspekte nicht auf. Allerdings durfte das Oberlandesgericht die Akten über das gegen den Kläger geführte Strafverfahren nur verwerten, wenn diese zuvor Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren. Das war - entgegen der Auffassung der Revision - hier jedoch der Fall. Zwar läßt der Wortlaut des in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht verkündeten Beschlusses ("Die Strafakten ... werden zu Beweiszwecken beigezogen") für sich genommen nicht ohne weiteres erkennen, daß die Strafakten in der Folge auch tatsächlich zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind. Das ist jedoch auch nicht nötig. Aus den Akten über den vorliegenden Rechtsstreit ergibt sich, daß die Strafakten im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht vorlagen. Ausweislich des Protokolls über diese mündliche Verhandlung folgte auf den Beschluß über die Beiziehung der Akten eine erneute Erörterung der Sach- und Rechtslage, eine streitige Verhandlung der Anwälte zur Sache und die Verkündung eines Entscheidungstermins. Es ist deshalb davon auszugehen, daß die Strafakten Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren und für alle Beteiligten erkennbar war, daß das Gericht diese Akten bei seiner Entscheidung, für deren Verkündung es am Schluß der Sitzung einen Termin bestimmte, berücksichtigen werde. Auch der Beibringungsgrundsatz ist nicht verletzt. Richtig ist zwar, daß ein Antrag auf Beiziehung von Akten nach § 432 ZPO grundsätzlich nicht den gesetzlichen Erfordernissen genügt, wenn die Partei nicht näher bezeichnet, welche Urkunden oder Aktenteile sie für erheblich hält. Gibt der Tatrichter ei-
nem Antrag auf Beiziehung von Akten statt, obwohl dieser Antrag den Erforder- nissen nicht genügt, so wird damit nicht ohne weiteres der gesamte Akteninhalt zum Gegenstand des Rechtsstreits; denn der Tatrichter betriebe eine unzulässige Beweisermittlung, wenn er von sich aus die beigezogenen Akten daraufhin überprüfen wollte, ob sie Tatsachen enthalten, die einer Partei günstig sind (BGH Urteil vom 9. Juni 1994 - IX ZR 125/93 - ZIP 1994, 1555, 1557). So lagen die Dinge hier jedoch nicht. Die Beklagte hat zwar in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht zum Nachweis der behaupteten Täterschaft des Beklagten nur "die Beiziehung der Strafakten... der Staatsanwaltschaft F." beantragt, ohne sich dabei auf konkrete Akteninhalte zu beziehen. Sie hat jedoch zuvor schriftsätzlich verdeutlicht, daß sie sich zum Beweis für die von ihr behauptete Täterschaft des Klägers auf das Zeugnis der Zeugin Christine M. berufen wolle. Aus dem Zusammenhang beider Anträge wird deutlich, daß die Beklagte auf die urkundenbeweisliche Verwertung der Strafakten im Hinblick auf die Aussage der Zeugin Christine M. angetragen hat. Diesem Antrag hat das Oberlandesgericht ohne Rechtsfehler entsprochen. Die von der Revision erhobenen weiteren Verfahrensrügen hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet.
b) Nach Auffassung der Revision rechtfertigt die vom Oberlandesgericht festgestellte Täterschaft des Klägers nicht den Ausschluß von Unterhaltsansprüchen , die dem Kläger für die Zeit vor der Tat zustünden. Auch damit kann die Revision nicht durchdringen. Zwar geht - wie der Senat bereits dargelegt hat - ein Unterhaltsgläubiger, der ein Verbrechen oder ein vorsätzliches schweres Vergehen gegen den Unterhaltsschuldner begeht, nach § 1579 Nr. 2 BGB seiner Unterhaltsansprüche grundsätzlich nur für die Zukunft verlustig. Das ergibt sich bereits aus der Ent-
stehungsgeschichte dieser Härteklausel, die durch das 1. EheRG geschaffen worden und dem bis dahin geltenden § 66 EheG vergleichbar ist. Zu § 66 EheG war anerkannt, daß eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs nur für die Zukunft eintritt und bereits entstandene Unterhaltsansprüche unberührt läßt. In der Begründung des Entwurfs eines 1. EheRG wird zudem auf die Rechtsähnlichkeit der neuen Härteklausel mit § 1611 BGB hingewiesen. Auch für diese Vorschrift , die einen Wegfall oder eine Beschränkung des Verwandtenunterhalts wegen schwerer Verfehlung gegenüber dem Unterhaltspflichtigen vorsieht, war schon bei der Schaffung des 1. EheRG anerkannt, daß die Verwirkung des Unterhaltsanspruchs nicht rückwirkend eintritt. Beides rechtfertigt den Schluß, daß der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 1579 Nr. 2 BGB für die zeitliche Reichweite der Verwirkung keine von den § 66 EheG, § 1611 BGB grundsätzlich abweichende Regelung treffen wollte (Senatsurteil vom 9. November 1983 - IVb ZR 8/82 - FamRZ 1984, 334 mit ausführlichen Nachweisen). Dieser gesetzgeberische Wille schließt es freilich nicht aus, in Ausnahmefällen auch bereits entstandene Unterhaltsansprüche als verwirkt anzusehen (offengelassen im Senatsurteil vom 9. November 1983 aaO). Richtig ist zwar, daß der Zweck der Härteklausel es nicht zwingend erfordert, generell auch einen bereits fälligen, aber unerfüllt gebliebenen Unterhaltsanspruch rückwirkend zu vernichten. Auch erscheint es nicht gerechtfertigt, einen in Verzug geratenen Unterhaltsschuldner allein deshalb zu begünstigen, weil ein späteres Ereignis ihn von der Unterhaltspflicht befreit (Senatsurteil vom 9. November 1983 aaO). Beide Gesichtspunkte hindern indes nicht, der Schwere der vom Unterhaltsgläubiger gegen den Unterhaltsschuldner verübten Straftat in besonders gravierenden Ausnahmefällen durch eine Verwirkung auch bereits entstandener Unterhaltsansprüche Rechnung zu tragen. § 1579 BGB knüpft die Versagung, Herabsetzung oder Begrenzung von Unterhaltsansprüchen an das Kriterium grober Unbilligkeit. Aus den genannten Gründen wird die Einforderung von Un-
terhaltsrückständen nicht immer schon dann als grob unbillig anzusehen sein, wenn die vom Täter begangene Straftat eine künftige unterhaltsrechtliche Inanspruchnahme des leistungsfähigen Opfers durch den bedürftigen Täter unzumutbar werden läßt. Dennoch können besondere Umstände der Tat jede weitere Erfüllung der sich aus der ehelichen oder nachehelichen Solidarität ergebenden Unterhaltspflicht für das Opfer unerträglich werden und mit Billigkeitsgesichtspunkten schlechthin unvereinbar erscheinen lassen, mag auch der Zeitraum , für den der Täter von seinem Opfer Unterhalt begehrt, vor der Tatausführung gelegen haben. Die Beurteilung der Frage, ob die besonderen Voraussetzungen einer solchen, auch vor der Tat liegende Unterhaltszeiträume erfassenden Unzumutbarkeit weiterer Unterhaltsleistungen vorliegen, obliegt dem Tatrichter. Das Oberlandesgericht hat diese Voraussetzungen insbesondere deshalb bejaht, weil der Kläger die Tat gegen die Beklagte nicht im Affekt begangen , sondern von langer Hand geplant hat und sich dabei bewußt war, daß die gemeinsamen Kinder Zeugen der an ihrer Mutter begangenen Gewalttat würden. Es hat zusätzlich berücksichtigt, daß die Beklagte den Mietzins für das bis dahin als Ehewohnung genutzte Einfamilienhaus auch nach der Trennung der Parteien und über den Zeitpunkt der Tat des Klägers hinaus bis hin zu dessen Auszug (im Mai 1999) an die Vermieter entrichtet und damit
den Unterhaltsanspruch des Klägers für die Zeit vor der Tat zumindest teilweise erfüllt hat. Diese tatrichterliche Würdigung läßt revisionsrechtlich bedeutsame Rechtsfehler nicht erkennen.
Hahne Sprick Weber-Monecke
Wagenitz Ahlt

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 8. Mai 2013 - 5 Sa 513/12 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die Wirksamkeit zweier außerordentlicher fristloser Kündigungen.

2

Der 1952 geborene Kläger war seit 1986 als angestellter Lehrer für türkischen muttersprachlichen Unterricht bei dem beklagten Land beschäftigt. Er wurde an mehreren Schulen eingesetzt. Auf sein Arbeitsverhältnis fand der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) Anwendung.

3

Am Nachmittag des 16. September 2009 erteilte der Kläger Unterricht an einer Gesamtschule. Auf Bitten der betreffenden Mädchen gestattete er die Teilnahme der damals elf Jahre alten Schülerin B, weil diese anschließend gemeinsam mit der von ihm unterrichteten Schülerin I den Heimweg antreten wollte. Da eine Internetrecherche durchgeführt wurde, fand der zweistündige Unterricht im Informatikraum statt. Die Computerarbeitsplätze, an denen die insgesamt fünf Schülerinnen Platz genommen hatten, befanden sich nebeneinander vor einer Wand. Zwei weitere Schüler - darunter der Schüler K - saßen nebeneinander an Computern vor der gegenüber liegenden Wand. Jungen und Mädchen kehrten sich die Rücken zu.

4

Das beklagte Land wirft dem Kläger vor, er sei während des Unterrichts zu der Schülerin B gegangen, habe ihr ohne Anlass über das Haar gestrichen und gesagt, dass sie ein schönes Mädchen sei. Des Weiteren soll er ihr an die Brust gefasst, über die Lippen geleckt und einen Kuss auf den Mund gegeben haben. Die Schülerin soll daraufhin weinend den Unterrichtsraum verlassen haben.

5

Am 17. September 2009 schilderte die Mutter der Schülerin dem Klassenlehrer und dem Schulleiter den Vorfall. Später an diesem Tag bekundete der Schüler K gegenüber dem Klassenlehrer, dass er die Vorkommnisse beobachtet habe.

6

Das beklagte Land gab dem Kläger mit einem den angeblichen Vorfall schildernden Schreiben vom 21. September 2009 Gelegenheit zur Stellungnahme. Unter Beifügung dieses Schreibens hörte es den Personalrat zu seiner Absicht an, das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos zu kündigen. Die Personalratssitzung fand am 23. September 2009 statt. An der Vorberatung nahm die zuständige Dezernentin teil. Der Personalrat erklärte unter dem 24. September 2009, dass er die beabsichtigte Maßnahme zur Kenntnis nehme. Die Stellungnahme des Klägers ging am 25. September 2009 ein.

7

Mit Schreiben vom 28. September 2009 kündigte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich mit sofortiger Wirkung.

8

Der Kläger wurde mit Urteil des Amtsgerichts Bielefeld vom 21. September 2010 wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Seine Berufung wurde durch Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 22. März 2011 verworfen, seine Revision vom Oberlandesgericht Hamm am 21. Juli 2011 zurückgewiesen.

9

Nach Anhörung des Personalrats kündigte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 2. Februar 2012 vorsorglich erneut außerordentlich mit sofortiger Wirkung.

10

Der Kläger hat beide Kündigungen fristgerecht angegriffen. Er hat die Auffassung vertreten, die Kündigung vom 28. September 2009 sei unwirksam, weil im Kündigungszeitpunkt erhebliche Zweifel an seiner Täterschaft bestanden hätten. Er habe der betreffenden Schülerin lediglich tröstend über den Kopf gestrichen, weil er sie - wie vor dem Unterricht besprochen - nach einer Stunde nach Hause geschickt habe. Wären der Informatikraum in Augenschein genommen und die von ihm benannten Schülerinnen und Schüler vernommen worden, hätte sich ergeben, dass diese die behauptete Belästigung nicht bemerkt hätten, obwohl sie sie - wäre sie tatsächlich vorgekommen - zwingend hätten bemerken müssen. Im Übrigen stelle das ihm angelastete Verhalten bloß einen übergriffigen Berührungsversuch dar. Neben einer Abmahnung sei als milderes Mittel ein Einsatz an anderen Schulen in Betracht gekommen. Die zu einer Verdachtskündigung erfolgte Anhörung des Personalrats habe nicht vor Eingang seiner - des Klägers - Stellungnahme eingeleitet werden dürfen. Dem Personalrat seien weder seine genauen Sozialdaten noch die ordentliche Unkündbarkeit mitgeteilt worden oder bekannt gewesen. Die Kündigung vom 2. Februar 2012 sei ebenfalls unwirksam.

11

Der Kläger hat - soweit noch von Interesse - beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung des beklagten Landes vom 28. September 2009 nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung des beklagten Landes vom 2. Februar 2012 nicht aufgelöst worden ist.

12

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat gemeint, bereits die Kündigung vom 28. September 2009 sei wirksam. Ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB liege vor. Der Kläger habe eine Schülerin unter Missbrauch seiner Stellung als Lehrer unsittlich berührt. Damit habe er jedes Vertrauensverhältnis irreparabel zerstört. Eine Abmahnung sei entbehrlich gewesen, weil es sich - auch für den Kläger erkennbar - um eine besonders schwere Pflichtverletzung gehandelt habe. Die Dezernentin habe vor der Personalratssitzung darauf hingewiesen, dass der Kläger aufgrund der langen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses ordentlich unkündbar sei. Auf seine genauen Sozialdaten sei es weder ihm - dem beklagten Land - noch dem Personalrat angekommen.

13

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, nachdem der Kläger den Vortrag des beklagten Landes zu dem Geschehen am 16. September 2009 - nur - für die erste Instanz unstreitig gestellt hatte.

14

Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Hierzu hat es die Feststellungen des Landgerichts im Wege des Urkundenbeweises verwertet, nachdem der Kläger den Vorwurf zwar wieder streitig gestellt, sich im ersten Termin zur Berufungsverhandlung aber mit einer Verwertung des Strafurteils mit der Maßgabe einverstanden erklärt hatte, „dass aktenkundig gemacht wird, dass [er] weiterhin die Aussage der [Zeugin] B in diesem Urteil, wie sie dort zugrunde gelegt worden [ist], nicht für richtig erachtet und der Auffassung ist, dass die Zeugin dort gelogen hat“. Auf der Grundlage eines anschließend verkündeten Beschlusses hat das Landesarbeitsgericht in einem zweiten Termin Beweis - einzig - durch Vernehmung des damaligen Personalratsvorsitzenden erhoben.

15

Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Feststellungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision ist unbegründet.

17

A. Die Klage gegen die Kündigung vom 28. September 2009 ist unbegründet. Die Kündigung hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit ihrem Zugang aufgelöst. Ein wichtiger Grund besteht (I.). Der Personalrat ist ordnungsgemäß angehört worden (II.).

18

I. Es liegt ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB für eine außerordentliche Kündigung vor.

19

1. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, dh. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und der Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist (BAG 10. April 2014 - 2 AZR 684/13 - Rn. 39; 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 15, BAGE 146, 303).

20

2. Das dem Kläger vorgeworfene, vom Landesarbeitsgericht für erwiesen erachtete Verhalten stellt einen sexuellen Missbrauch eines Kindes im dienstlichen Bereich dar und ist „an sich“ als wichtiger Grund für eine außerordentliche fristlose Tatkündigung geeignet (vgl. BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 700/11 - Rn. 18, BAGE 143, 244; 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 16).

21

3. Der Behandlung als Tatkündigung steht nicht entgegen, dass das beklagte Land eine Verdachtskündigung erklärt haben könnte. Das gälte selbst dann, wenn der Personalrat lediglich zu einer solchen angehört worden wäre (vgl. BAG 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/07 - Rn. 55 ff., BAGE 131, 155).

22

4. Der Vortrag des beklagten Landes ist nicht nach § 288 Abs. 1 ZPO als unstreitig zugrunde zu legen. Der Kläger hat in erster Instanz kein Geständnis erklärt (zu den Anforderungen vgl. BVerfG 6. Februar 2001 - 1 BvR 1030/00 - zu II 2 b der Gründe; BGH 7. Juli 1994 - IX ZR 115/93 - zu I 2 a der Gründe).

23

5. Es kann dahinstehen, ob der Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren nach Maßgabe des § 67 ArbGG als verspätet hätte zurückgewiesen werden müssen. Das Revisionsgericht könnte eine fehlerhafte Zulassung des Vorbringens nicht rückgängig machen (vgl. BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 845/11 - Rn. 37; 19. Februar 2008 - 9 AZN 1085/07 - Rn. 11).

24

6. Das Landesarbeitsgericht hat sich in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise die volle Überzeugung iSv. § 286 Abs. 1 ZPO von der Wahrheit des Kündigungsvorwurfs gebildet. Der Kläger zeigt weder hinsichtlich des Beweisverfahrens noch bezüglich der Beweiswürdigung Rechtsfehler auf. Solche sind auch sonst nicht ersichtlich.

25

a) Die Schülerinnen B und I und der Schüler K mussten nicht vernommen werden. Das Landesarbeitsgericht durfte sich seine Überzeugung anhand der Feststellungen des Landgerichts bilden, die dieses auf die Aussagen der drei „Belastungszeugen“ im Strafverfahren gestützt hat.

26

aa) Ein Zivilgericht darf sich, um sich eine eigene Überzeugung davon zu bilden, ob sich ein bestimmtes Geschehen zugetragen hat, auf ein dazu ergangenes Strafurteil stützen. Zwar sind die in einem strafrichterlichen Urteil enthaltenen Feststellungen für die zu derselben Frage erkennenden Zivilgerichte grundsätzlich nicht bindend. Sie können aber im Rahmen der freien Beweiswürdigung des Zivilrichters iSv. § 286 Abs. 1 ZPO Berücksichtigung finden. Das Strafurteil ist, wenn eine Partei sich zu Beweiszwecken darauf beruft, im Wege des Urkundenbeweises gemäß §§ 415, 417 ZPO zu verwerten(OLG Hamm 7. September 2012 - 9 W 4/12 - zu II der Gründe; OLG Zweibrücken 1. Juli 2010 - 4 U 7/10 - zu II 2 der Gründe). Entgegen der Auffassung des Klägers erschöpft sich die Möglichkeit, die Akten eines anderen Rechtsstreits als Beweisurkunde heranzuziehen, nicht in der Verwertung von schriftlichen Aussagen und Protokollen über die Aussagen von Zeugen (vgl. dazu BAG 12. Juli 2007 - 2 AZR 666/05 - Rn. 20; BGH 13. Juni 1995 - VI ZR 233/94 - zu II 2 a der Gründe).

27

(1) Mit der Verwertung von Feststellungen eines Strafurteils im Wege des Urkundenbeweises wird schon deshalb keine „Erkenntnisquelle dritten Rangs“ zur Entscheidungsgrundlage erhoben (vgl. BGH 2. März 1973 - V ZR 57/71 - zu 1 a der Gründe), weil die Strafprozessordnung ein Wortlautprotokoll grundsätzlich nicht vorsieht. Soweit in Verfahren vor dem Strafrichter oder dem Schöffengericht nach § 273 Abs. 2 StPO das wesentliche Vernehmungsergebnis zu protokollieren und damit ein knappes Inhaltsprotokoll zu fertigen ist, erstreckt sich die Beweiskraft des Protokolls gemäß § 274 StPO nicht auf den Inhalt der protokollierten Aussage. Vielmehr sind grundsätzlich die Urteilsgründe maßgeblich (vgl. Meyer-Goßner in Meyer-Goßner/Schmitt StPO 57. Aufl. § 273 Rn. 13 ff. und § 274 Rn. 10). Eine vollständige Niederschreibung von Aussagen erfolgt lediglich unter den engen Voraussetzungen des § 273 Abs. 3 StPO.

28

(2) Es kommt hinzu, dass der Zivilrichter die vom Strafgericht getroffenen Feststellungen nicht unbesehen übernehmen darf. Er hat die in der Beweisurkunde dargelegten Feststellungen einer eigenen kritischen Überprüfung zu unterziehen (BGH 2. März 1973 - V ZR 57/71 - zu 1 a der Gründe) und den Beweiswert der früheren, lediglich urkundlich in den Worten des Strafrichters belegten Aussage sorgfältig zu prüfen (BGH 13. Juni 1995 - VI ZR 233/94 - zu II 2 a der Gründe).

29

(3) Außerdem darf die Vernehmung von Zeugen nicht unter Hinweis auf die strafgerichtlichen Feststellungen abgelehnt werden (BGH 14. Februar 1967  - VI ZR 139/65 -; OLG Köln 11. Januar 1991 - 19 U 105/90 -). Eine Verwertung der früheren, im Strafurteil wiedergegebenen Aussagen im Wege des Urkundenbeweises anstelle der beantragten Anhörung ist unzulässig, wenn eine Partei zum Zwecke des unmittelbaren Beweises die Vernehmung des Zeugen verlangt (BAG 12. Juli 2007 - 2 AZR 666/05 - Rn. 20; BGH 13. Juni 1995 - VI ZR 233/94 - zu II 2 a der Gründe).

30

(4) Schließlich muss sich das Zivilgericht grundsätzlich einen persönlichen Eindruck von einem Zeugen verschaffen, wenn es auf dessen (Un-)Glaubwürdigkeit abstellen möchte. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die für die Würdigung maßgeblichen Umstände in den Akten festgehalten worden sind und die Parteien Gelegenheit hatten, sich dazu zu erklären (BGH 13. Juni 1995 - VI ZR 233/94 - zu II 2 b der Gründe).

31

bb) Diesen Anforderungen werden das Beweisverfahren und die Beweiswürdigung des Landesarbeitsgerichts gerecht. Die hiergegen erhobenen Rügen des Klägers sind, soweit zulässig, unbegründet.

32

(1) Aus den Gründen des angefochtenen Urteils ergibt sich, dass das Landesarbeitsgericht das rechtskräftige Strafurteil des Landgerichts im Wege des Urkundenbeweises (§§ 415 ff. ZPO) herangezogen und verwertet hat.

33

(2) Der Kläger hat nicht auf einer Vernehmung der drei „Belastungszeugen“ durch das Landesarbeitsgericht bestanden. Seine Erklärung im ersten Termin zur Berufungsverhandlung war dahin zu verstehen, dass er sich mit einer Verwertung des Strafurteils hinsichtlich der Aussagen aller im Strafverfahren vernommenen Zeugen einverstanden erkläre. Jedenfalls konnte ihm angesichts des auf eine Vernehmung des damaligen Personalratsvorsitzenden beschränkten Beweisbeschlusses des Landesarbeitsgerichts nicht entgangen sein, dass dieses zu dem Kündigungsvorwurf keine Zeugen zu vernehmen gedachte. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger die Vernehmung bestimmter Personen verlangt und Widerspruch oder doch Bedenken gegen die offenbar beabsichtigte umfassende Verwertung des Strafurteils geäußert hätte. Bei dieser Sachlage ist die Rüge, das Landesarbeitsgericht habe gegen Verfahrensrecht verstoßen, indem es von einer eigenen Vernehmung der fraglichen Zeugen abgesehen habe, nicht ausreichend begründet iSv. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO (vgl. BAG 12. Juli 2007 - 2 AZR 666/05 - Rn. 21).

34

(3) Aufgrund der Darlegungen des Landgerichts in seinen Urteilsgründen durfte das Landesarbeitsgericht davon ausgehen, dass dort die Ergebnisse der Hauptverhandlung richtig festgehalten worden sind. Der Kläger hat auch nicht geltend gemacht, dass das Strafurteil insoweit Fehler enthalte, als es das Geschehen in der Hauptverhandlung unzutreffend wiedergebe.

35

(4) Die Rüge des Klägers, das Landesarbeitsgericht habe die vom Landgericht getroffenen Feststellungen ungeprüft übernommen, ist nicht berechtigt. Das angefochtene Urteil enthält eine ins Einzelne gehende eigene Sachverhaltswürdigung.

36

(5) Die Beweiswürdigung des Landesarbeitsgerichts hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.

37

(a) Eine vom Berufungsgericht nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO vorgenommene Beweiswürdigung unterliegt nur einer eingeschränkten Kontrolle. Es ist lediglich zu prüfen, ob das Berufungsgericht die Voraussetzungen und Grenzen des § 286 ZPO beachtet hat. Seine Würdigung muss in sich widerspruchsfrei, ohne Verletzung von Denkgesetzen sowie allgemeinen Erfahrungssätzen erfolgt und rechtlich möglich sein (BAG 8. Mai 2014 - 2 AZR 1005/12 - Rn. 21; 21. Juni 2012 - 2 AZR 694/11 - Rn. 28, BAGE 142, 188).

38

(b) Dem wird die Beweiswürdigung des Landesarbeitsgerichts gerecht. Es hat in sich schlüssig und widerspruchsfrei dargelegt, warum es für erwiesen hält, dass der Kläger die Schülerin B in der ihm vorgeworfenen Weise unsittlich berührt hat. Hierzu hat es den gesamten Prozessstoff verwertet und insbesondere aufgezeigt, warum es deren Aussagen im Strafverfahren folgt.

39

(aa) Das Landesarbeitsgericht hat die dortigen Bekundungen der Schülerin sorgfältig nachvollzogen und berücksichtigt, aus welchen Gründen diese bewusst oder unbewusst eine falsche Aussage gemacht haben könnte. Es hat die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben unter Orientierung an den Kriterien für die Erstellung von Glaubhaftigkeitsgutachten (vgl. BGH 30. Juli 1999 - 1 StR 618/98 - BGHSt 45, 164) umfassend analysiert. Rechtsfehlerfrei hat es aus ihnen den Schluss gezogen, dass die belastenden Angaben auf ein tatsächlich erlebtes Geschehen zurückgehen. Soweit es auf das Aussageverhalten der Schülerin in der Strafverhandlung abgestellt hat, sind die maßgeblichen Tatsachen in den Akten festgehalten und hatte der Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme. Seinem Einwand, die Zeugin könne dadurch zu einer Falschbelastung motiviert worden sein, dass er sie - absprachegemäß - bereits nach einer Unterrichtsstunde nach Hause geschickt habe, ist das Landesarbeitsgericht zu Recht nicht gefolgt. Es hat zutreffend darauf hingewiesen, dass eine derartige Abrede keinen Sinn gemacht hätte. Die Zeugin und ihre vom Kläger - für eine Doppelstunde - unterrichtete Freundin I wollten gerade gemeinsam den Heimweg antreten. Die Freundin habe zudem bekundet, dass die Zeugin ihr vor Verlassen des Informatikraums fast unter Tränen mitgeteilt habe, der Kläger habe sie geküsst.

40

(bb) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dass die Bekundungen der beiden Zeuginnen durch die Äußerungen des Schülers K gegenüber dem Klassenlehrer gestützt würden. Dies durfte es auch ohne einen persönlichen Eindruck von dem Schüler tun. Dessen Glaubwürdigkeit spielte keine Rolle. Das Landesarbeitsgericht hat seine Äußerungen, die er als Zeuge in der Strafverhandlung als gelogen bezeichnet hat, für glaubhaft erachtet, weil er sie bereits spontan im Informatikraum gegenüber Mitschülern und noch am Abend des 16. September 2009 gegenüber seiner Mutter gemacht habe.

41

(cc) Schließlich hat das Landesarbeitsgericht eine „Verschwörung“ gegen den Kläger als fernliegend verworfen. Dazu hat es ohne Rechtsfehler darauf abgestellt, dass weder ein autonomes Motiv für eine Absprache der Schülerin B und des Schülers K ersichtlich sei, noch der Kläger nachvollziehbar dargetan habe, Klassenlehrer und Schulleiter hätten ihn schon vor Bekanntwerden des Kündigungsvorwurfs „loswerden“ wollen und könnten zu diesem Zwecke die beiden Schüler in der geschehenen Weise als „Werkzeuge“ eingesetzt haben.

42

b) Das Landesarbeitsgericht musste dem Antrag des Klägers auf Vernehmung weiterer Schülerinnen und Schüler nicht nachgehen.

43

aa) Ein Beweisantrag kann abgelehnt werden, wenn die zu beweisende Tatsache als wahr unterstellt und die Entscheidung in der Sache von ihrer Wahrheit oder Unwahrheit nicht berührt wird (BGH 21. November 2007 - IV ZR 129/05 - Rn. 2). Unter Beweis gestellte Indiztatsachen können als wahr unterstellt werden, wenn das Gericht deren Beweiskraft verneint (OLG Zweibrücken 1. Juli 2010 - 4 U 7/10 - zu II 3 b der Gründe). Vor der Erhebung eines Gegenbeweises muss der Tatrichter deshalb prüfen, ob die dafür angeführten Indizien - ihre Richtigkeit unterstellt - in ihrer Gesamtschau, ggf. im Zusammenhang mit dem übrigen Prozessstoff, seine Überzeugung von der Wahrheit der Haupttatsache erschüttern würden. Diese Prüfung unterliegt lediglich eingeschränkter Nachprüfung durch das Revisionsgericht (vgl. BGH 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10 - Rn. 45 f., BGHZ 193, 159).

44

bb) Das Landesarbeitsgericht hat seinen tatrichterlichen Beurteilungsspielraum nicht überschritten, wenn es sich in seiner Überzeugungsbildung nicht dadurch gehindert sah, dass weitere Personen den Vorfall nicht wahrgenommen haben. Es hat ohne Verstoß gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze auf die vom Kläger selbst skizzierte Sitzverteilung der Schülerinnen und Schüler im Informatikraum (teils nebeneinander, teils sich die Rücken zuwendend) und auf den Umstand abgestellt, dass diese vor ihren Bildschirmen saßen und im Internet recherchierten. Für die von § 286 ZPO geforderte Überzeugung des Tatrichters bedarf es keiner absoluten oder unumstößlichen Sicherheit im Sinne des wissenschaftlichen Nachweises, sondern nur eines für das praktische Leben brauchbaren Grades von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen(st. Rspr., vgl. BGH 16. April 2013 - VI ZR 44/12 - Rn. 8).

45

c) Da die Sitzverteilung unstreitig war, war es auch nicht erforderlich, Augenschein (§§ 371 ff. ZPO) einzunehmen.

46

7. Das Landesarbeitsgericht hat auf der Grundlage des für erwiesen erachteten Sachverhalts rechtsfehlerfrei angenommen, dass eine Abmahnung im Streitfall entbehrlich war und die weitere Interessenabwägung zulasten des Klägers ausgeht.

47

a) Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an einer sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber alle milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Im Vergleich zu einer außerordentlichen fristlosen Kündigung kommen als mildere Mittel insbesondere eine Abmahnung oder eine ordentliche Kündigung in Betracht. Einer Abmahnung bedarf es auch in Ansehung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dann nicht, wenn eine Verhaltensänderung in Zukunft selbst nach Abmahnung nicht zu erwarten steht oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass eine Hinnahme durch den Arbeitgeber offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist (BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 495/11 - Rn. 15 f.; 9. Juni 2011 - 2 AZR 381/10 - Rn. 18).

48

b) Das Landesarbeitsgericht hat ohne Verletzung seines Beurteilungsspielraums angenommen, dass es einer Abmahnung im Streitfall nicht bedurfte. Das Fehlverhalten des Klägers wiegt so schwer, dass eine Hinnahme durch das beklagte Land offensichtlich - auch für den Kläger erkennbar - ausgeschlossen war.

49

aa) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass es sich um einen mehraktigen, die Strafbarkeitsschwelle des § 184g Nr. 1 StGB überschreitenden(vgl. dazu BGH 23. Juli 2013 - 1 StR 204/13 - Rn. 8) sexuellen Übergriff auf eine zumindest vorübergehend der Obhut des Klägers unterstellte Schülerin gehandelt habe. Zugleich sei ein nachhaltiger Eingriff in die sexuelle Entwicklung eines elfjährigen Kindes erfolgt. Darin liege augenscheinlich ein Verstoß gegen den Erziehungsauftrag der Schulen und gegen die Pflicht zur unbedingten Wahrung der Würde und der körperlichen und seelischen Integrität der Schüler (vgl. auch Art. 7 Abs. 1 Verf. NW; § 2 Abs. 2 SchulG NW sowie LAG Berlin-Brandenburg 20. Juli 2011 - 26 Sa 1269/10 - zu II 1 a bb (1) der Gründe; Bayr. VGH 12. März 2013 - 16a D 11.624 - zu III und IV 2 a der Gründe).

50

bb) Die Revision setzt diesen Erwägungen lediglich ihre eigene - nicht nachvollziehbare - Wertung entgegen. Es handelte sich nicht um einen „allenfalls grenzwertigen, übergriffigen Berührungsversuch“, sondern um eine vollendete Straftat gemäß § 176 StGB. Der Kläger konnte nicht annehmen, dass sein offensichtlich schweres Fehlverhalten den Bestand des Arbeitsverhältnisses nicht unmittelbar gefährde. Auf die Steuerbarkeit seines Handelns und eine Wiederholungsgefahr kommt es nicht an. Durch das von ihm an den Tag gelegte Verhalten war die für eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauensgrundlage auch nach Ausspruch einer Abmahnung nicht wieder herstellbar.

51

c) Bei der Interessenabwägung im Übrigen überwiegt das Interesse des beklagten Landes an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Dessen Fortsetzung war ihm selbst für den Lauf der fiktiven ordentlichen Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Schluss eines Kalendervierteljahres (§ 34 Abs. 1 Satz 2 TV-L)nicht zuzumuten. Dies hat das Landesarbeitsgericht im Rahmen des ihm zukommenden Beurteilungsspielraums rechtsfehlerfrei angenommen.

52

aa) Die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung jedenfalls bis zum Ablauf der - fiktiven - Kündigungsfrist zumutbar ist, lassen sich nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind allerdings regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung - etwa im Hinblick auf das Maß des durch sie bewirkten Vertrauensverlusts und ihre wirtschaftlichen Folgen -, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf (BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 495/11 - Rn. 15; 9. Juni 2011 - 2 AZR 381/10 - Rn. 22).

53

bb) Bei seiner Gesamtwürdigung hat das Landesarbeitsgericht zugunsten des Klägers dessen lange beanstandungsfreie Beschäftigungszeit, den Verlust seiner sozialen Stellung sowie den Umstand berücksichtigt, dass es ihm auf dem eingeschränkten Arbeitsmarkt für Lehrer kaum gelingen dürfte, eine neue Beschäftigung zu finden. Wenn es aufgrund der Schwere der Pflichtverletzung gleichwohl angenommen hat, das beklagte Land habe das Arbeitsverhältnis selbst bis zum Ablauf der fiktiven ordentlichen Kündigungsfrist nicht fortsetzen müssen, lässt dies Rechtsfehler nicht erkennen.

54

(1) Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger zu Recht keinen ungesteuerten Handlungsimpuls zugutegehalten. Die vom Kläger in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge gemäß § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO ist unzulässig. Der Kläger hätte seinen Vortrag auf einen Hinweis nach § 139 ZPO hin substantiieren wollen, führt aber nicht aus, aufgrund welcher besonderen Umstände das Landesarbeitsgericht einen solchen Hinweis hätte erteilen müssen. Zudem ist die Entscheidungserheblichkeit des vermissten Hinweises nicht dargetan. Nach der Revisionsbegründung bezog sich der Einwand ausschließlich auf das einzig zugestandene Berühren des Haars, nicht hingegen auf den vom Landesarbeitsgericht festgestellten mehraktigen Missbrauchsvorgang.

55

(2) Ein ausschließlicher Einsatz des Klägers an anderen Schulen scheidet als milderes Mittel aus. Abgesehen davon, dass das vom Kläger gezeigte Verhalten gegenüber anderen Schülerinnen ebenfalls möglich ist, gilt das zur Abmahnung Gesagte. Die für eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauensgrundlage ist auch durch eine „Umsetzung“ nicht wieder herstellbar.

56

II. Die Kündigung vom 28. September 2009 ist nicht mangels Anhörung des Personalrats nach § 74 Abs. 3 LPVG NW unwirksam.

57

1. Gemäß § 74 Abs. 2 Satz 1 LPVG NW ist der Personalrat bei außerordentlichen Kündigungen anzuhören. Hierbei sind nach § 74 Abs. 2 Satz 2 LPVG NW die Gründe, auf die sich die beabsichtigte Kündigung stützen soll, vollständig anzugeben. Es gelten die gleichen Anforderungen wie an eine Anhörung des Betriebsrats gemäß § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG(vgl. BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - Rn. 46). Nach dem Grundsatz der subjektiven Determinierung ist der Personalrat ordnungsgemäß angehört, wenn ihm der Arbeitgeber die aus seiner Sicht tragenden Umstände unterbreitet hat. Nach Sinn und Zweck der Anhörung darf der Arbeitgeber dem Personalrat allerdings solche persönlichen Umstände des Arbeitnehmers nicht vorenthalten, die er - der Arbeitgeber - zwar nicht berücksichtigt hat, die sich jedoch im Rahmen der Interessenabwägung entscheidend zugunsten des Arbeitnehmers auswirken könnten (vgl. BAG 26. September 2002 - 2 AZR 424/01 - zu B II 3 a der Gründe; 21. Juni 2001 - 2 AZR 30/00 - zu B II 3 a der Gründe).

58

2. Danach war die Anhörung des Personalrats vor Ausspruch der Kündigung vom 28. September 2009 ordnungsgemäß.

59

a) Da die Kündigung als Tatkündigung zu behandeln ist, hätte das beklagte Land die Anhörung des Klägers gänzlich unerwähnt lassen können (vgl. BAG 3. März 2011 - 2 AZR 748/10 - Rn. 42). Dessen Stellungnahme musste weder abgewartet noch nachgereicht werden.

60

b) Soweit der Kläger nähere Angaben zur Interessenabwägung vermisst, ist dies ohne rechtlichen Belang. Die Anhörung zu der Absicht, das Arbeitsverhältnis zu kündigen, impliziert die von dem beklagten Land zu seinen - des Klägers - Lasten getroffene Abwägung. Eine nähere Begründung war vor dem Hintergrund des Grundsatzes der subjektiven Determinierung nicht erforderlich. Die Mitteilungspflicht des Arbeitgebers gegenüber der Arbeitnehmervertretung reicht nicht so weit wie seine Darlegungslast im Prozess (vgl. BAG 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 27, BAGE 146, 303).

61

c) Da es dem beklagten Land aufgrund der Schwere des Kündigungsvorwurfs auf die exakten Sozialdaten ersichtlich nicht ankam, genügte es, dass der Personalrat nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts um die lange Beschäftigungsdauer des Klägers wusste („schon ewig dabei“) und deshalb auch unter diesem Aspekt die Kündigungsabsicht ausreichend beurteilen konnte (vgl. BAG 6. Oktober 2005 - 2 AZR 280/04 - zu B II 2 a der Gründe; 21. Juni 2001 - 2 AZR 30/00 - zu B II 3 a der Gründe).

62

d) Die Anhörung ist nicht deshalb fehlerhaft, weil das beklagte Land möglicherweise nicht darauf hingewiesen hat, dass das Arbeitsverhältnis nicht mehr ordentlich gekündigt werden konnte. Unabhängig von der Frage der materiell-rechtlichen Relevanz dieses Umstands (vgl. BAG 27. April 2006 - 2 AZR 386/05 - Rn. 34 ff., BAGE 118, 104) und abgesehen davon, dass dem Personalrat ohnehin lediglich die Tatsachen zur Kenntnis gebracht werden müssen, die den Schluss auf die Unkündbarkeit ermöglichen (vgl. BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 773/10 - Rn. 31), ist das Unterbleiben dieses Hinweises deshalb unschädlich, weil der damalige Vorsitzende in seiner Vernehmung bekundet hat, dass „zumindest ihm persönlich“ der besondere Kündigungsschutz des langjährig beschäftigten Klägers bewusst gewesen sei. Dieses Wissen seines Vorsitzenden muss der Personalrat sich zurechnen lassen (vgl. BAG 23. Oktober 2008 - 2 AZR 163/07 - Rn. 22 für die Tatsachenkenntnis).

63

B. Der gegen die Kündigung vom 2. Februar 2012 gerichtete Klageantrag ist nicht zur Entscheidung angefallen. Es handelt sich um einen unechten Hilfsantrag.

64

C. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Rachor    

        

    Niemann    

        

        

        

    Frey    

        

    Torsten Falke    

                 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 5. Juni 2012 - 8 Sa 16/12 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten nach der Beendigung ihres Altersteilzeitarbeitsverhältnisses über die Höhe des dem Kläger im Austrittsjahr zu zahlenden Jahresbonus.

2

Der am 20. November 1950 geborene Kläger war langjährig bei der Beklagten, einem Unternehmen der chemischen Industrie, und deren Rechtsvorgängerinnen als sog. AT-Mitarbeiter beschäftigt.

3

Die Gesamtbetriebsparteien schlossen am 10. Januar 2001 eine „Vereinbarung über Altersteilzeit für außertarifliche Mitarbeiter und Leitende Angestellte“ (GBV ATZ), die für alle Altersteilzeitarbeitsverhältnisse, die nach dem 30. Juni 2000 begonnen haben, galt und auszugsweise wie folgt lautet:

        

§ 5   

        

Jährliche Einmalzahlungen

        

Die variablen Boni (Individueller Bonus, Konzernbonus und Bereichsbonus) werden in der Höhe von 60 % derjenigen Beträge gezahlt, die der Mitarbeiter ohne Eintritt in die Altersteilzeit erhalten hätte. Sie sind nicht in die Aufstockungszahlung einzubeziehen.

        

In der Freistellungsphase … wird der Individuelle Bonus mit dem in der Arbeitsphase im Durchschnitt erzielten Prozentsatz berechnet. Für die Berechnung des Konzern- und des Bereichsbonus sind die jeweiligen aktuellen Werte des Geschäftsjahres maßgebend, für das der Bonus gezahlt wird.“

4

Am 17. Dezember 2003 schloss der Kläger mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten einen von dieser vorformulierten Altersteilzeitarbeitsvertrag (ATZV), der ua. wie folgt lautet:

        

§ 1   

        

Beginn und Ende der Altersteilzeit

        

1.    

Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis wird unter Abänderung und Ergänzung des Arbeitsvertrages mit Wirkung vom 01.12.2008 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis fortgeführt.

        

2.    

Die Altersteilzeit - und damit das Arbeitsverhältnis insgesamt - endet ohne Kündigung am 30.11.2010. Sie werden im unmittelbaren Anschluss hieran eine gesetzliche Altersrente oder eine ihr vergleichbare Leistung unter Inkaufnahme gegebenenfalls eintretender Abschläge in Anspruch nehmen.

        

…       

        
        

§ 3     

        

Arbeitszeit

        

…       

        

2.    

Lage und Verteilung der Arbeitszeit werden wie folgt festgelegt:

                 

In der ersten Hälfte, d. h. ab 01.12.2008 bis voraussichtlich zum 30.11.2009 = bisherige Arbeitszeit, d. h. grundsätzlich 37,5 Stunden/Woche.

                 

In der zweiten Hälfte, d. h. voraussichtlich ab 01.12.2009 bis zum 30.11.2010 = bezahlte Freistellung.

                 

…       

        

§ 4     

        

Vergütung

        

1.    

Für die Dauer der Altersteilzeitarbeit wird Ihr monatliches Grundentgelt (einschließlich eines etwaigen monatlichen Besitzstandes) auf 50 % desjenigen Betrages reduziert, den Sie ohne Eintritt in die Altersteilzeit erhalten hätten.

                 

In der Freistellungsphase wird das Leistungsentgelt mit dem in der Arbeitsphase im Durchschnitt erzielten Prozentsatz berechnet.

        

…       

        
        

3.    

Die variablen Boni (Individueller Bonus, Konzernbonus und Bereichsbonus) werden in Höhe von 60 % derjenigen Beträge gezahlt, die Ihnen ohne Eintritt in die Altersteilzeit zugestanden hätten. Auch sie sind nicht in die Aufstockungszahlung einzubeziehen.

                 

In der Freistellungsphase wird der Individuelle Bonus mit dem in der Arbeitsphase im Durchschnitt erzielten Prozentsatz berechnet. Für die Berechnung des Konzern- und des Bereichsbonus sind die jeweiligen aktuellen Werte des Geschäftsjahres maßgebend, für das der Bonus gezahlt wird.

        

…       

        
        

§ 11   

        

Vertragsänderungen und Rechtsgrundlagen

        

…       

        

5.    

Im Übrigen gelten die Bestimmungen des Arbeitsvertrages, die mit den Arbeitnehmervertretern vereinbarten betrieblichen Regelungen zur Altersteilzeit und die Bestimmungen des Tarifvertrages zur Förderung der Altersteilzeit in ihrer jeweils geltenden Fassung sowie das Altersteilzeitgesetz in der bei Beginn der Altersteilzeit geltenden Fassung.“

5

Ab dem Jahr 2005 war die Zahlung eines Jahresbonus, der aus einem Konzern- und einem Bereichsbonus besteht, in einer „Rahmenvereinbarung über ein Management Compensation System für außertarifliche und leitende Angestellte“ vom 6. April 2005 (KBV MCS) zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten, dem Konzernbetriebsrat und dem Konzernsprecherausschuss geregelt. Diese KBV MCS trat rückwirkend zum 1. Januar 2005 in Kraft und lautet auszugsweise wie folgt:

        

§ 6   

        

Jahresbonus

        

Der Jahresbonus verknüpft die Führungskräftevergütung mit dem Erreichen von konzern- und geschäftsbezogenen Zielen. Er setzt sich aus einem Konzernbonus und einem geschäftsbezogenen Bonus zusammen. Der Konzernbonus reflektiert die konzernbezogene Ausrichtung des Unternehmens und unterstützt die Integration der Geschäftseinheiten. Der geschäftsbezogene Bonus knüpft an den Erfolg der eigenen unternehmerischen Einheit und den individuellen Erfolg und Wertbeitrag im eigenen Verantwortungsbereich an.

        

§ 6.1 

        

Anspruchsvoraussetzungen für den Jahresbonus

        

1.    

Anspruchsberechtigt sind Mitarbeiter, die während des gesamten Geschäftsjahres, für das die Leistung gezahlt wird, und bei Geschäftsjahresende, das heißt jeweils am 31.12., in einem Arbeitsverhältnis zu einem von dieser Vereinbarung erfassten Unternehmen stehen. Arbeitsunfähigkeitszeiten von bis zu drei Monaten lassen den Anspruch unberührt.

        

2.    

Bei über drei Monate hinausgehenden Arbeitsunfähigkeitszeiten, bei im Laufe des Geschäftsjahres ganz oder teilweise ruhenden Arbeitsverhältnissen, bei Versetzungen innerhalb des D-Konzerns sowie bei ruhestandsbedingten Austritten vor dem 31.12. des jeweiligen Geschäftsjahres wegen Inanspruchnahme einer Alters- oder Erwerbsminderungs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente sowie im Todesfall besteht für jeden vollen Kalendermonat, den der Mitarbeiter während des Geschäftsjahres tatsächlich und mit Anspruch auf Entgelt beschäftigt war, ein anteiliger Bonusanspruch nach dem Zwölftelungsprinzip.

        

…       

        
        

5.    

Im Jahr des Ein- und Austritts in den Konzern besteht, sofern der Ein- bzw. Austritt nicht auf einem der in Ziffer 2 genannten Gründe beruht, kein, auch kein zeitanteiliger Leistungsanspruch nach dieser Vereinbarung.

                 

Einzelfälle können bei Bedarf einzelvertraglich geregelt werden. In diesem Fall wird die Sonderregelung den Arbeitnehmervertretern auf Verlangen erläutert.

        

…       

        

§ 6.3 

        

Bonuszusammensetzung

        

1.    

Der Jahresbonus besteht aus dem Konzernbonus und dem geschäftsbezogenen Bonus.

                 

…       

        

§ 6.5 

        

Höhe der Bonusauszahlung

        

…       

        

3.    

Die Zielerreichungsgrade und die damit verbundene Bonushöhe der Konzern- und Bereichsziele werden vom Vorstand auf Grundlage der Jahresergebnisse … festgelegt.

        

4.    

…“    

6

Der Kläger erhielt während der Dauer seiner Vollzeitbeschäftigung vor Eintritt in die Altersteilzeit seine jährlichen Boni auf Basis der KBV MCS ausgezahlt.

7

Die Gesamtbetriebsparteien schlossen am 20. Dezember 2006 eine Änderungs- und Ergänzungsvereinbarung zur GBV ATZ, die allerdings deren § 5 inhaltlich unverändert ließ. Am 31. Mai 2010 trafen die Konzernbetriebsparteien eine am selben Tag in Kraft getretene Änderungsvereinbarung zur KBV MCS. Mit dieser wurde ua. § 6.5 KBV MCS um folgende Ziffer ergänzt:

        

„5.     

Bei ruhestandsbedingten Austritten sowie im Todesfall ist der anteilige Individualbonus für das Austrittsjahr auf Basis des bei 100 %iger Zielerreichung geltenden Wertes zu berechnen. Sonderregelungen im Rahmen von Altersteilzeitvereinbarungen (zum Beispiel Berechnung mit dem in der Arbeitsphase im Durchschnitt erzielten Prozentsatz) bleiben hiervon unberührt.

                 

Für die Berechnung des anteiligen Konzern- und des anteiligen Bereichsbonus sind die vom Vorstand (heute: Geschäftsführung der D GmbH) festgelegten Zielerreichungsgrade gemäß Absatz [wohl: Ziffer] 3 maßgebend. Liegt die Feststellung der Zielerreichung und der Höhe der Bonusauszahlung bei den Konzern- und Bereichszielen durch den Vorstand (heute: die Geschäftsführung der D GmbH) noch nicht vor, werden Konzern- und Bereichsbonus auf Basis der bei 100 %iger Zielerreichung geltenden Werte berechnet; dies gilt sowohl für das Austrittsjahr als auch ggfs. für das dem Austrittsjahr vorangegangene Geschäftsjahr.“

8

Wie vertraglich vereinbart, begann ab 1. Dezember 2008 die Altersteilzeit im Blockmodell. Im Anschluss an die einjährige Freistellungsphase bis zum 30. November 2010 trat der Kläger in den Ruhestand. Als Konzern- und Bereichsbonus für das Jahr 2010 zahlte die Beklagte dem Kläger in Anwendung von § 6.5 Ziff. 5 KBV MCS, dh. unter Berechnung auf Basis 100 %iger Zielerreichung, 13.662,00 Euro brutto.

9

Die tatsächlichen Zielerreichungsgrade für das Jahr 2010 wurden von der Geschäftsführung der Beklagten erst im Frühjahr 2011 für den Konzernbonus auf 150 % von 6 % des Jahresgrundgehalts und für den Bereichsbonus auf 143,8 % von 12 % des Jahresgrundgehalts festgelegt. Bei Zugrundelegung dieser Zielerreichungsgrade stünde dem Kläger ein Jahresbonus für das Jahr 2010 - bestehend aus Konzern- und Bereichsbonus - iHv. 19.928,00 Euro brutto zu. Dieser Betrag steht rechnerisch zwischen den Parteien nicht im Streit.

10

Der Kläger hat gemeint, die Beklagte habe ihm aufgrund der tatsächlich festgelegten Zielerreichungsgrade 19.928,00 Euro brutto zahlen müssen. § 4 Ziff. 3 ATZV enthalte eine konstitutive Regelung des Inhalts, dass immer die tatsächlichen Werte des Geschäftsjahres und damit auch die tatsächlichen Zielerreichungsgrade für die Bonusberechnung maßgeblich seien. Kollektivrechtliche Regelungen kämen nach § 11 Ziff. 5 ATZV nur „im Übrigen“ zur Anwendung. Das einschlägige kollektive Regelwerk sei ihm zudem unbekannt gewesen. Es sei Sache der Beklagten gewesen, den durch die Formulierung von § 4 Ziff. 3 ATZV verursachten Transparenzmangel durch eine klare Verweisung auf die jeweils geltenden Betriebs- und Konzernvereinbarungen zu beheben.

11

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.266,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17. August 2011 zu zahlen.

12

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, sie habe den Bonusanspruch des Klägers für das Jahr 2010 vollumfänglich erfüllt. § 4 Ziff. 3 ATZV besitze ersichtlich rein deklaratorischen Charakter. Maßgeblich für die Bonusberechnung sei allein die KBV MCS.

13

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seinen Zahlungsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte den Bonusanspruch für das Jahr 2010 erfüllt hat. Der Kläger hat keinen Anspruch, entgegen § 6.5 Ziff. 5 KBV MCS einen Bonus auf der Grundlage der von der Geschäftsführung erst nach dem Ausscheiden des Klägers festgelegten Zielerreichungsgrade zu erhalten.

15

I. Ein solcher Anspruch folgt nicht aus § 5 GBV ATZ. Durch § 5 Abs. 2 Satz 2 GBV ATZ soll nur klargestellt werden, dass für die Berechnung des Konzern- und Bereichsbonus - anders als für den „Individuellen Bonus“ - nicht auf die Arbeitsphase abgestellt wird.

16

1. Die Auslegung von Betriebsvereinbarungen richtet sich wegen ihres normativen Charakters nach den Grundsätzen der Gesetzesauslegung. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmungen und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn ist der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (BAG 5. März 2013 - 1 AZR 417/12 - Rn. 14 mwN; 27. Juli 2010 - 1 AZR 874/08 - Rn. 31 mwN). Die Vorschriften der §§ 305 ff. BGB über Allgemeine Geschäftsbedingungen und damit auch die Zweifelsfall-Regelung des § 305c Abs. 2 BGB finden auf Betriebsvereinbarungen keine Anwendung(§ 310 Abs. 4 Satz 1 BGB).

17

2. Dem Kläger ist zuzugestehen, dass der Wortlaut des § 5 Abs. 2 Satz 2 GBV ATZ bei isolierter Betrachtung nicht eindeutig ist. Vom Wortlaut würde auch ein Verständnis gedeckt, wonach es nicht zulässig wäre, die Berechnung des Konzern- und Bereichsbonus anhand einer festen Prozentzahl anstelle der tatsächlichen Geschäftsentwicklung zu berechnen. Ein solches Verständnis ist jedoch mit den vorangehenden Regelungen nicht zu vereinbaren. Nach § 5 Abs. 1 GBV ATZ sind alle variablen Boni iHv. 60 % derjenigen Beträge zu zahlen, die der Mitarbeiter ohne Eintritt in die Altersteilzeit erhalten hätte. Sie sind nicht in die Aufstockungszahlung einzubeziehen. Soll der Arbeitnehmer in Altersteilzeit jedoch einen solchen „Hätte-Bonus“ erhalten, so ist für die Altersteilzeit im Blockmodell zu klären, anhand welcher Maßstäbe der Bonus für die Zeiten der Freistellung zu berechnen ist. § 5 Abs. 2 Satz 1 beantwortet diese Frage für den „Individuellen Bonus“ dahin gehend, dass er mit dem in der Arbeitsphase im Durchschnitt erzielten Prozentsatz berechnet wird. Damit bedurfte noch die Frage der Klärung, ob die Arbeitsphase auch für die Berechnung des Konzern- und Bereichsbonus als Referenzzeitraum herangezogen werden soll. Hierfür würde sprechen, dass der Arbeitnehmer in der Freistellungsphase durch seine Arbeitskraft weder unmittelbar noch mittelbar auf das Geschäftsergebnis Einfluss nehmen kann. § 5 Abs. 2 Satz 2 GBV ATZ stellt jedoch klar, dass dennoch für die Berechnung des Konzern- und Bereichsbonus nicht auf die Arbeitsphase zurückgegriffen werden soll. In dieser Klarstellung gegenüber der vorangegangenen Bestimmung erschöpft sich der Regelungsgegenstand der Vorschrift. Über die konkrete Berechnung des Bonus enthält § 5 Abs. 2 Satz 2 GBV ATZ ebenso wenig wie Satz 1 eine eigene Regelung. Die Bestimmungen zur Berechnung des Bonus finden sich vielmehr in der KBV MCS.

18

Für dieses enge Verständnis des § 5 Abs. 2 Satz 2 GBV ATZ streitet auch, dass ansonsten eine Regelung fehlen würde, wie der Konzern- und Bereichsbonus im Falle des unterjährigen Ausscheidens während der Freistellungsphase berechnet werden soll. So existiert keine Definition, welche im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses aktuellen Werte herangezogen werden sollen. Im Übrigen bedarf es nach § 6.5 Ziff. 3 der KBV MCS zur Bestimmung der Höhe der Bonusauszahlung zunächst einer Festlegung der Zielerreichungsgrade durch den Vorstand bzw. die Geschäftsführung. Dies erfolgt nach der KBV MCS auf der Grundlage der Jahresergebnisse und nicht aufgrund irgendwelcher aktueller Geschäftszahlen im Zeitpunkt des individuellen Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis. Vor dem Hintergrund dieses Auslegungsergebnisses bedarf es im Übrigen keiner Erörterung, ob die Festlegung der Höhe der Bonusauszahlung von vornherein allein in die Zuständigkeit des Konzernsprecherausschusses bzw. des Konzernbetriebsrats fiel (vgl. § 18 Abs. 1, § 23 Abs. 1 SprAuG bzw. § 50 Abs. 1, § 58 Abs. 1 BetrVG).

19

II. Ein Anspruch auf Berechnung des Konzern- und Bereichsbonus für das Jahr 2010 auf der Grundlage der von der Geschäftsführung der Beklagten im Frühjahr 2011 festgelegten Zielerreichungsgrade ergibt sich auch nicht aus § 4 Ziff. 3 ATZV. Diese Regelung gibt nur wieder, was aufgrund von § 5 GBV ATZ für das Arbeitsverhältnis der Parteien ohnehin gilt(§ 77 Abs. 4 BetrVG, § 28 Abs. 2 SprAuG). § 4 Ziff. 3 ATZV stellt nur einen Hinweis auf die Gesamtbetriebs- und Gesamtsprecherausschussvereinbarung zur Altersteilzeit dar, dem kein abweichender rechtsgeschäftlicher Regelungsgehalt zukommt.

20

1. Bei den Regelungen des § 4 ATZV handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals klargestellt, dass hierüber kein Streit besteht. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (st. Rspr., vgl. BAG 5. März 2013 - 1 AZR 417/12 - Rn. 59 mwN; 18. Mai 2010 - 3 AZR 373/08 - Rn. 50 mwN, BAGE 134, 269). Diese Grundsätze sind auch für die Frage anzuwenden, ob der Verwender nur eine beschreibende Aussage gemacht oder eine Willenserklärung mit Rechtsbindungswillen abgegeben hat (vgl. BAG 18. Mai 2010 - 3 AZR 373/08 - Rn. 53, aaO; vgl. auch MüKoBGB/Busche 6. Aufl. § 133 Rn. 50; Palandt/Ellenberger 73. Aufl. § 133 BGB Rn. 9).

21

2. Unabhängig von der Frage, ob es sich um einen bloßen Hinweis auf die Geltung der Regelung des § 5 GBV ATZ oder um eine konstitutive Bezugnahme des § 5 GBV ATZ handelt, ergibt sich bereits aus der fast wortgleichen Übernahme der kollektiven Regelung, dass ihr inhaltlich keine andere Bedeutung zukommen sollte. Ein durchschnittlicher Arbeitnehmer, dem eine Vertragsklausel vorgelegt wird, die den Inhalt einer Betriebsvereinbarung oder einer Vereinbarung des Sprecherausschusses weitgehend wortgleich wiederholt, muss grundsätzlich davon ausgehen, dass der Klausel dieselbe Bedeutung zukommen soll, wie sie die kollektive Regelung hat. Dabei kommt es auf die individuelle Kenntnis einzelner Arbeitnehmer vom Wortlaut der Kollektivvereinbarung nicht an. Da der Arbeitgeber nach § 77 Abs. 2 Satz 3 BetrVG Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen hat, ist davon auszugehen, dass der durchschnittliche Arbeitnehmer die einschlägigen Betriebsvereinbarungen zur Kenntnis nimmt, bevor er einen Änderungsvertrag schließt. Das gilt jedenfalls dann, wenn - wie vorliegend - in dem Vertrag ausdrücklich auf die einschlägigen betrieblichen Regelungen Bezug genommen wird.

22

Aus der Bezugnahme in § 11 Ziff. 5 ATZV folgt entgegen der Ansicht der Klägers nicht, dass § 5 Abs. 2 GBV ATZ keine Anwendung finden soll. Nach dieser Bestimmung gelten „im Übrigen“ ua. die „mit den Arbeitnehmervertretern vereinbarten betrieblichen Regelungen zur Altersteilzeit“. Der Formulierung „im Übrigen“ kommt nicht die Bedeutung zu, dass die anderen Regelungen des ATZV zwingend inhaltlich von den in § 11 Ziff. 5 ATZV genannten Bestimmungen abweichen. § 11 Ziff. 5 ATZV bringt nur den Willen der Vertragsparteien zum Ausdruck, dass überall dort, wo der ATZV keine ausdrückliche Regelung enthält, der ATZV iVm. den aufgeführten sonstigen Regelungen zur Altersteilzeit gelten sollen. Die damit bezweckte Lückenfüllung schließt es nicht aus, dass auch dort, wo der ATZV eine Regelung enthält, in der Sache das gelten soll, was in einer der in § 11 Ziff. 5 ATZV genannten Kollektivvereinbarungen geregelt ist. Für dieses Verständnis streitet im vorliegenden Fall auch die Überschrift des § 11 ATZV „Vertragsänderungen und Rechtsgrundlagen“. Mit § 11 Ziff. 5 sollte danach zum Ausdruck gebracht werden, welche sonstigen Bestimmungen Rechtsgrundlagen für das Altersteilzeitarbeitsverhältnis sind. Es handelt sich nicht um eine Regelung, durch die die Geltung bestimmter Regelungen für das Altersteilzeitarbeitsverhältnis ausgeschlossen werden sollte. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob die von der Beklagten bzw. der Rechtsvorgängerin vorgegebenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen hinsichtlich der Berechnung der Boni ohnehin betriebsvereinbarungsoffen gestaltet waren (vgl. zu dieser Möglichkeit: BAG 5. März 2013 - 1 AZR 417/12 - Rn. 60).

23

III. Aufgrund einer etwaigen Unwirksamkeit der Änderungsvereinbarung zur KBV MCS vom 31. Mai 2010 kann der Klage nicht stattgegeben werden. Ohne revisiblen Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht das Prozessvorbringen des Klägers dahin gehend ausgelegt, dass der Kläger den „Lebenssachverhalt ‚kollektivrechtlicher Anspruch aus der KBV MCS in ihrer bis zum 30.05.2010 geltenden Fassung wegen Unwirksamkeit der Änderungsvereinbarung vom 31.05.2010‘ nicht“ zum Gegenstand des Rechtsstreits gemacht hat.

24

IV. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Klose    

        

        

        

    Spiekermann    

        

    Leitner    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 7. Mai 2013 - 6 Sa 731/12 - aufgehoben.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 3. Juli 2012 - 11 Ca 13885/11 - wird in Höhe eines Betrags von 46.551,65 Euro zurückgewiesen.

3. Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Bonuszahlungen für die Jahre 2008 bis 2011.

2

Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 1. April 2000 als außertariflicher Angestellter tätig, zuletzt in der Funktion eines Abteilungsdirektors. Seine monatliche Grundvergütung betrug im Juni 2011 6.887,63 Euro brutto, hinzu kamen weitere Vergütungsbestandteile. Bei der Beklagten handelt es sich um eine Bank in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts, bei der das Bayerische Personalvertretungsgesetz (BayPVG) Anwendung findet. Sie firmierte früher unter Bayerische Landesbank Girozentrale.

3

Dem Arbeitsverhältnis lag zunächst ein Arbeitsvertrag vom 1. April 2000 zugrunde, in dem ein Zusageschreiben vom 27. Dezember 1999 in Bezug genommen war. Unter dem 1. Januar 2001 schlossen die Parteien einen neuen Arbeitsvertrag, der „an die Stelle des bisher geltenden Arbeitsvertrags“ treten sollte. Darin heißt es ua.:

        

§ 4. Bezüge.

        

(1) Der Mitarbeiter erhält ein Jahresfestgehalt in Höhe von 140.070,00 DM bei einem Beschäftigungsgrad von 100 % bzw. entsprechend anteilig bei einem vereinbarten geringeren Beschäftigungsgrad. Die Auszahlung erfolgt in 12 gleichen Monatsraten. Für die Grundsätze des Vergütungssystems für die außertariflich Beschäftigten, insbesondere für die Teilbereiche Funktionseinwertung, Funktionsstufen, Gehaltsbänder und Jahresfestgehalt, gilt im Übrigen die entsprechende Dienstvereinbarung der Bayerischen Landesbank Girozentrale mit dem Gesamtpersonalrat in ihrer jeweils gültigen Fassung.

        

(2) Außerdem kann der Mitarbeiter als freiwillige Leistung ohne Rechtsanspruch einen Bankbonus erhalten, dessen Höhe alljährlich auf Vorschlag des Vorstands vom Verwaltungsrat beschlossen wird. Der Bankbonus wird jeweils im Folgejahr für das vorangegangene Geschäftsjahr gezahlt. Ferner kann der Mitarbeiter als freiwillige Leistung ohne Rechtsanspruch einen Leistungsbonus erhalten, der sich im Einzelnen nach seinen Leistungen im jeweils vorangegangenen Geschäftsjahr bestimmt. Berechnung, Zahlung, Kürzung und Rückzahlung des Bankbonus und des Leistungsbonus erfolgen im Übrigen nach der Vereinbarung über das Bonussystem für die außertariflich Beschäftigten der Bayerischen Landesbank Girozentrale in ihrer jeweils gültigen Fassung.

        

Mit der Zahlung der laufenden Bezüge und eines etwaigen Bonus sind Überstunden/Mehrarbeit, Zuschläge und Zulagen für Schicht- und Nachtarbeit sowie Sonn- und Feiertagsarbeit abgegolten.

        

…       

        

§ 9. Leistungen ohne Rechtsanspruch.

        

Auf Leistungen, die nicht in diesem Vertrag festgesetzt sind, besteht auch nach wiederholter Gewährung kein Rechtsanspruch.“

4

Zum Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeit des Klägers bestand eine zwischen der Beklagten und ihrem Gesamtpersonalrat geschlossene „Dienstvereinbarung über die Grundsätze des Vergütungssystems für die außertariflich Beschäftigten“ vom 26. Oktober 1999 (GrundsatzDV 1999). Darin heißt es ua.:

        

5. Bonus

        

Zusätzlich zum Jahresfestgehalt können die in Nr. 1.1. genannten Beschäftigten einen Leistungsbonus, abhängig von der individuellen Leistung, sowie einen Bankbonus, abhängig vom Gesamtbankergebnis, erhalten. Einzelheiten zum Bonussystem und die Vergabe der Bonuszahlungen regelt eine gesonderte Vereinbarung.“

5

In der „Vereinbarung über das Bonussystem für die außertariflich Beschäftigten der Bayerischen Landesbank Girozentrale“ vom 26. Oktober 1999 (BonusV 1999) heißt es ua.:

        

„2.     

Leistungsbonus

                 

Der Leistungsbonus ist eine freiwillige Jahresleistung der Bank, mit der die individuelle Leistung des Beschäftigten und sein Beitrag zur Erwirtschaftung des Betriebsergebnisses der Bank jeweils für ein Geschäftsjahr honoriert und seine Betriebsbindung gefestigt werden sollen.

                 

Die Leistung des Beschäftigten beurteilt sich auf der Grundlage der mit ihm getroffenen Zielvereinbarung und anhand des Grades der Zielerreichung. Einzelheiten zur Zielvereinbarung zwischen dem Beschäftigten und der Führungskraft sind in der Vereinbarung zum FdZ-Prozess niedergelegt.

                 

Die Höhe des individuellen Leistungsbonus errechnet sich aus dem Zielbonus multipliziert mit dem Leistungsfaktor. …

        

2.3     

Budget

                 

Im Rahmen der Ressourcenplanung legt der Vorstand für jeden Bereich jeweils ein Budget für die Vergabe des Leistungsbonus im Folgejahr fest (Planungsbudget). … Das Budget, das nach Ablauf des maßgeblichen Geschäftsjahres tatsächlich zur Auszahlung kommt (Auszahlungsbudget), kann vom jeweiligen Planungsbudget abweichen, wenn dies aufgrund der im jeweiligen Bereich erbrachten Leistungen und erzielten Ergebnisse angezeigt erscheint.

        

…       

        
        

2.5     

Auszahlungsgrundsätze

                 

Der Leistungsbonus wird nur ausgezahlt, wenn und soweit die Ertragslage der Bank dies zulässt. Die Zahlung erfolgt rückwirkend für das vergangene Geschäftsjahr.“

6

Sowohl die GrundsatzDV 1999 als auch die BonusV 1999 sind durch Dienstvereinbarungen vom 26. Oktober 2004 ersetzt worden.

7

Ziffer 5 „Bonus“ der GrundsatzDV VarGeS 2004 lautet:

        

„Zusätzlich zum Jahresfestgehalt können die in Nr. 2.1. BonusV [VarGeS 2004] genannten Beschäftigten einen Leistungsbonus sowie einen Bankbonus erhalten, soweit es die betriebswirtschaftliche Erfolgssituation der Bank unter Berücksichtigung einer angemessenen Risikovorsorge, der Ausschüttung an die Anteilseigner bzw. der mit der Trägerschaft beliehenen Gesellschaft sowie einer angemessenen Rücklagenbildung gestattet. Einzelheiten zum Bonussystem und die Vergabe der Bonuszahlungen regelt eine gesonderte Vereinbarung.“

8

Ziffer 3 „Leistungsbonus“ der BonusV VarGeS 2004 regelt ua.:

        

„Ein individueller Rechtsanspruch auf Auszahlung des Leistungsbonus entsteht mit der verbindlichen Festsetzung des Leistungsfaktors (3.3.) durch die zuständigen Vergabeberechtigten (3.4.), soweit die Auszahlung vom genehmigten Auszahlungsbudget (3.1.2.) gedeckt ist.“

9

Weiter sind hier ua. folgende Regelungen enthalten:

        

„3.1.3.

Ausschluss individueller Ansprüche

                 

Die Festsetzung eines Planungs- bzw. Auszahlungsbudgets begründet keinen individuellen Rechtsanspruch auf Auszahlung eines Leistungsbonus.

        

…       

        
        

3.5.   

Auszahlungsgrundsätze

                 

Ein Leistungsbonus wird nur ausgezahlt, wenn und soweit die betriebswirtschaftliche Erfolgssituation der Bank dies zulässt.“

10

Der Kläger erhielt für die Jahre 2001 bis 2006 jeweils im Folgejahr einen Leistungsbonus zwischen 11.135,27 Euro und 18.115,36 Euro. Ihm wurde dabei die Berechnung unter Berücksichtigung eines Zielbonusfaktors von 15,00 oder 20,00 % seines Jahresgrundgehaltes und seines Leistungsfaktors mitgeteilt. Der Leistungsfaktor war jeweils anhand der Erreichung der in einer Zielvereinbarung vereinbarten Ziele ermittelt worden. Ab dem Jahr 2004 enthielten die Schreiben den Hinweis, dass es sich um einen freiwilligen Leistungsbonus handele.

11

Für das Jahr 2007 wurde - nachdem die Beklagte die BonusV VarGeS 2004 mit Wirkung zum 31. März 2007 gekündigt hatte - im Rahmen eines Einigungsstellenverfahrens am 4. Mai 2007 eine „Dienstvereinbarung über das Bonussystem für das Geschäftsjahr 2007“ geschlossen. Für dieses Jahr erhielt der Kläger einen „freiwilligen Jahresbonus“ in Höhe von 28.497,17 Euro, ohne dass die Berechnung näher aufgeschlüsselt wurde.

12

Für das Jahr 2008 schlossen die Betriebsparteien unter dem 30. Oktober 2008 eine Dienstvereinbarung „Vergabemodus für den leistungsbezogenen Jahresbonus der außertariflich bezahlten Beschäftigten für das Geschäftsjahr 2008“ (DV Vergabemodus 2008). Darin heißt es ua.:

        

1. Budget

        

Der Vorstand bestimmt nach der Aufstellung des Jahresabschlusses ein Bonusbudget. Das Budget richtet sich nach dem betriebswirtschaftlichen Erfolg der BayernLB.

        

2. Vergabe

        

Die individuelle Vergabe erfolgt im Rahmen des dem jeweiligen Geschäftsfeld/Geschäftsbereich zur Verfügung gestellten Budgets auf der Basis eines Orientierungsbonus (2.1.) und der Bewertung der individuellen Zielerreichung (2.2.) nach pflichtgemäßem Ermessen (2.3.) der jeweils zuständigen Führungskräfte.“

13

Das Geschäftsjahr 2008 endete für die Beklagte mit einem Verlust von rund 5 Mrd. Euro. Es kam in diesem Zusammenhang zur Zuführung neuen Eigenkapitals in Höhe von rund 10 Mrd. Euro bis in das Jahr 2009 hinein und einer staatlich garantierten Abschirmung bis zu einem Höchstbetrag von 4,8 Mrd. Euro. Die entsprechenden Beihilfen wurden von der Europäischen Kommission am 18. Dezember 2008 genehmigt. Am 19. Mai 2009 teilte der Vorstand den Mitarbeitern mit, man werde der Empfehlung des Verwaltungsrats Folge leisten und die leistungsorientierte Vergütung für das Jahr 2008 aussetzen. Dementsprechend ist eine Zahlung für das Jahr 2008 an den Kläger trotz vorhergehenden Abschlusses einer Zielvereinbarung und eines erreichten Leistungsfaktors von 1,2 nicht erfolgt.

14

Unter dem 8. Januar 2009 wurde den Mitarbeitern mitgeteilt, dass das neue Vergütungssystem für AT-Mitarbeiter nicht zum 1. Januar 2009 eingeführt werden könne. Bis zur Neueinführung bleibe das Vergütungssystem VarGeS gültig. Zum Abschluss einer Dienstvereinbarung über Bonuszahlungen kam es für das Geschäftsjahr 2009, das mit einem Jahresfehlbetrag von 2,595 Mrd. Euro abgeschlossen wurde, nicht. Einen Leistungsbonus für das Jahr 2009 hat der Kläger trotz eines Leistungsfaktors von 1,1 nicht erhalten. Stattdessen teilte die Beklagte unter dem 7. April 2010 mit, dass für das Jahr 2010 wieder eine Gehaltsüberprüfungsrunde für AT-Mitarbeiter durchgeführt werde und als Ausgleich für besondere Belastung zusätzlich fünf Urlaubstage gewährt würden.

15

Mit Wirkung ab 1. Januar 2010 haben die Betriebsparteien eine „Dienstvereinbarung über die Vergütung der außertariflich Beschäftigten der Bayerischen Landesbank“ vom 8. Dezember 2009 geschlossen (DV AT-Vergütung 2010); die GrundsatzDV VarGeS 2004 ist gleichzeitig außer Kraft getreten.

16

In der DV AT-Vergütung 2010 heißt es ua.:

        

„5.     

Jahresfestgehalt

                 

Das Jahresfestgehalt ist der Teil des Gesamtgehalts, auf den ein unwiderruflicher, unbedingter und unbefristeter Rechtsanspruch besteht.

                 

…       

        

6.    

Variable Vergütung

                 

Die Beschäftigten können als freiwillige Leistung eine variable Vergütung erhalten, mit der die individuelle Leistung eines Beschäftigten und sein Beitrag zum Ergebnis für ein Geschäftsjahr honoriert und seine Betriebsbindung gefestigt werden sollen.

                 

Die variable Vergütung ergibt sich aus dem vom Vorstand bewilligten Budget und der Vergabeentscheidung auf der Grundlage der jeweiligen individuellen Leistungs- und Verhaltensbeurteilung. Es besteht kein individueller Rechtsanspruch auf Bewilligung eines Budgets und auf Gewährung einer individuellen Zahlung.

                          
        

6.1     

Budgets

                 

Der Vorstand bestimmt alljährlich Budgets für die variable Vergütung für jeweils von ihm festzulegende Geschäftseinheiten der BayernLB. Die Budgets richten sich nach dem betriebswirtschaftlichen Erfolg (z. B. gemessen an EVA oder ΔEVA) und können auch auf Null festgesetzt werden.“

17

Für das Geschäftsjahr 2010 ist mit dem Kläger eine Zielvereinbarung geschlossen und die Zielerreichung bewertet worden. Ein Leistungsfaktor wurde nicht festgesetzt. Die Zielerreichung entsprach der des Vorjahres.

18

Unter dem 7. April 2011 teilte der Vorstand der Beklagten den Beschäftigten mit, dass die individuelle Leistung nach zwei Jahren ohne variable Vergütung für das Geschäftsjahr 2010 in Form einer variablen Vergütung wieder zusätzlich honoriert werden könne. Das Gesamtvolumen für die variable Vergütung betrage 25 Mio. Euro für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im In- und Ausland. Die Auszahlung werde im Juni erfolgen. Mit der Abrechnung Juni 2011 erhielt der Kläger eine als „var. Vergütung AT“ bezeichnete Zahlung in Höhe von 8.391,00 Euro brutto.

19

Für das Geschäftsjahr 2011 wurde mit dem Kläger eine Zielvereinbarung abgeschossen und seine Zielerreichung beurteilt und mit „erfüllt“ bewertet. Als Orientierung für die variable Vergütung ist in der „Beurteilung & Potentialeinschätzung 2011“ ein Wert von 90 bis 110 % als Richtwert angegeben. Eine Bonuszahlung ist nicht erfolgt, nachdem der Vorstand entschieden hatte, für dieses Geschäftsjahr keine variable Vergütung auszuschütten.

20

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe für die Jahre 2008 bis 2011 jeweils ein Bonus als individuell zugesagtes variables Entgelt zu. Insbesondere enthalte das Schreiben vom 27. Dezember 1999 eine eigenständige Regelung neben dem Arbeitsvertrag. Die standardisierten Klauselvorbehalte der Beklagten könnten dem Anspruch nicht entgegengehalten werden. Bei dem Leistungsbonus handele es sich um laufendes Arbeitsentgelt. Das Bonusversprechen setze und fördere Leistungsanreize; ein Freiwilligkeitsvorbehalt stehe dazu in Widerspruch. Die Dienstvereinbarungen hätten die unbedingt entstandenen Ansprüche nicht abändern können; der Versuch einer dienstvereinbarungsoffenen Gestaltung durch die Jeweiligkeitsklausel sei unzulässig. Den Betriebsparteien stehe es nicht zu, unbedingt entstandene, vertragliche Ansprüche zu verschlechtern oder gar entfallen zu lassen.

21

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 77.111,21 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 16.192,77 Euro seit dem 15. April 2009, aus 18.729,32 Euro seit dem 15. April 2010, aus 18.733,34 Euro seit dem 15. April 2011 und aus 20.217,22 Euro seit dem 15. April 2012 zu zahlen.

22

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, die geltend gemachten Boni hätten vertraglich unter einem den Rechtsanspruch ausschließenden Freiwilligkeitsvorbehalt gestanden. Das Zusageschreiben vom 27. Dezember 1999 begründe keine Ansprüche, sondern fasse nur die wesentlichen Informationen zusammen. Die vertragliche Regelung verweise zudem auf die Berechnung der Boni nach dem jeweiligen Bonussystem. Die Dienstvereinbarungen betonten nicht allein die Freiwilligkeit, sondern auch den Vorbehalt der Ertragslage der Bank. Dieser Budgetvorbehalt stelle keine unangemessene Benachteiligung des Klägers dar. Von diesem Vorbehalt habe sie nach einem Verlust von rund 5 Mrd. Euro im Geschäftsjahr 2008 unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen angemessen Gebrauch gemacht. Für das Jahr 2009 bestehe keine Rechtsgrundlage für eine Bonuszahlung, da mit dem Personalrat keine Vereinbarung über Bonuszahlungen getroffen worden sei. Für das Jahr 2010 sei der Bonusanspruch durch Zahlung von 8.391,00 Euro unter Beachtung des zur Verfügung gestellten Budgets erfüllt. Für das Jahr 2011 habe der Vorstand angesichts eines sich abzeichnenden negativen HGB-Ergebnisses in mittlerer dreistelliger Millionenhöhe, das sich in Höhe von 328 Mio. Euro realisiert habe, entschieden, keine variable Vergütung zu zahlen.

23

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat diese Entscheidung auf die Berufung des Klägers abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

24

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Hinsichtlich der Jahre 2008 (zu I) und 2009 (zu II) hat der Kläger keinen Bonusanspruch. Für das Jahr 2010 ist der Anspruch des Klägers jedenfalls teilweise erfüllt (zu III 1). Im Übrigen kann der Klage mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung weder hinsichtlich des für das Jahr 2010 geltend gemachten höheren Bonusanspruchs (zu III 2) noch hinsichtlich des Jahres 2011 (zu IV) stattgegeben werden. Der Senat kann in der Sache mangels entsprechender Feststellungen insoweit nicht abschließend entscheiden. Die Revision führt daher zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und teilweise zur Zurückweisung der Berufung gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts (§ 563 Abs. 3 ZPO), teilweise zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

25

I. Dem Kläger steht für das Kalenderjahr 2008 kein Anspruch auf eine Bonuszahlung in der geltend gemachten Höhe von 19.431,33 Euro brutto nebst Zinsen zu.

26

1. Es kann dahinstehen, wie § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags vom 1. April 2000 iVm. dem Zusageschreiben vom 27. Dezember 1999 auszulegen ist. Dieser Arbeitsvertrag ist durch den nachfolgenden Arbeitsvertrag vom 1. Januar 2001 abgelöst worden; eine Inbezugnahme des Zusageschreibens ist nicht mehr erfolgt.

27

2. § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Januar 2001 gewährt dem Kläger keinen unbedingten Anspruch auf Zahlung eines (Leistungs-)Bonus in bestimmter Höhe. Dies gilt entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts unabhängig von der Wirksamkeit des sog. Freiwilligkeitsvorbehalts. Der Bonusanspruch ergibt sich vielmehr erst in Verbindung mit der DV Vergabemodus 2008 zu deren Bedingungen und erfordert eine Leistungsbestimmung durch die Beklagte nach billigem Ermessen (§ 315 BGB). Dies ergibt eine Auslegung der vertraglichen Regelungen.

28

a) Der Arbeitsvertrag vom 1. Januar 2001 enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 ff. BGB. Dies steht zwischen den Parteien im Grundsatz nicht im Streit. Entgegen der Auffassung der Beklagten gilt dies auch für den sog. Freiwilligkeitsvorbehalt („als freiwillige Leistung ohne Rechtsanspruch“). Auch bei diesem handelt es sich um eine Vertragsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB. Mit dieser von ihr gestellten Klausel will die Beklagte die vertraglichen Beziehungen der Parteien gestalten und sich ein einseitiges Recht zur Entscheidung über den Bonus vorbehalten. Selbst wenn die Klausel nur darauf zielte, die Entstehung einer betrieblichen Übung zu verhindern (was im Hinblick auf die gesonderte Regelung in § 9 des Arbeitsvertrags zweifelhaft erscheint), wäre ihr Sinn die Festlegung der Bedeutung eines späteren Erklärungsverhaltens bereits im Vertrag(vgl. dazu BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 31, BAGE 139, 156). Soweit der Senat in der Entscheidung vom 30. Juli 2008 (- 10 AZR 606/07 - Rn. 16, BAGE 127, 185) zunächst Zweifel daran geäußert hatte, ob es sich bei einer solchen Klausel um eine Vertragsbedingung iSv. § 305 BGB handelt, hat er später hieran nicht mehr festgehalten. Vielmehr wurden entsprechende Vertragsklauseln stets einer Prüfung am Maßstab des § 305 ff. BGB unterzogen (vgl. zB BAG 21. Januar 2009 - 10 AZR 219/08 - BAGE 129, 164; 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - BAGE 136, 294; 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - aaO; 13. November 2013 - 10 AZR 848/12 -).

29

b) Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (st. Rspr., zB BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 15, BAGE 136, 294). Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (st. Rspr., zB BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 19, BAGE 139, 156).

30

Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gemäß § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB setzt allerdings voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (st. Rspr., zB BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 20, BAGE 135, 239).

31

c) Nach § 4 Abs. 2 Satz 3 des Arbeitsvertrags „kann“ der Kläger einen Leistungsbonus erhalten, der sich im Einzelnen nach seinen Leistungen im jeweils vorangegangenen Geschäftsjahr bestimmt. Der Wortlaut dieser Vertragsregelung lässt mehrere Deutungen zu. Denkbar ist, dass sich „kann“ auf die Entscheidungsfreiheit der Beklagten vor oder nach dem Geschäftsjahr bezieht, ob der Kläger überhaupt eine Leistung erhält. Hierauf deutet die weitere Formulierung „freiwillige Leistung ohne Rechtsanspruch“ hin (vgl. zur Bedeutung einer Bezeichnung als freiwillige Leistung: BAG 17. April 2013 - 10 AZR 281/12 - Rn. 16; 5. Juli 2011 - 1 AZR 94/10 - Rn. 19), deren Rechtswirksamkeit zunächst dahingestellt bleiben kann. Ebenso lässt die Formulierung aber wegen des klaren Leistungsbezugs im Nachsatz jedenfalls nach § 305c Abs. 2 BGB eine Auslegung zu, nach der „kann“ lediglich zum Ausdruck bringen soll, dass der Leistungsbonus von den Leistungen des Arbeitnehmers abhängt und er bei guten Leistungen einen solchen erzielen kann, sonst aber nicht. In beiden Auslegungsvarianten legt der Vertrag selbst nicht fest, in welcher Höhe und nach welchen Bedingungen ein Bonus gegebenenfalls gezahlt wird. Vielmehr bedarf dies der Ausgestaltung und - falls die Ausgestaltung entsprechenden Spielraum lässt - einer abschließenden Leistungsbestimmung durch den Arbeitgeber. Ein Ausgestaltungsbedürfnis liegt im Übrigen auch wegen des Leistungsbezugs des Bonus nahe, da die Beurteilung von Leistungen regelmäßig über Zielvereinbarungen und Beurteilungssysteme erfolgt. Hinsichtlich der Ausgestaltung des Bonusanspruchs verweist § 4 Abs. 2 Satz 4 des Arbeitsvertrags dementsprechend dynamisch auf die bei der Beklagten bestehenden Dienstvereinbarungen über das Bonussystem für die außertariflich Beschäftigten. Zwar gelten diese ohnehin normativ und zwingend im Arbeitsverhältnis (vgl. zB BAG 19. Mai 1992 - 1 AZR 417/91 - zu IV der Gründe; BVerwG 7. April 2008 - 6 PB 1.08 -; Richardi/Dörner/Weber/Weber Personalvertretungsrecht 4. Aufl. § 73 Rn. 21), der Hinweis macht für den Arbeitnehmer aber transparent, dass § 4 Abs. 2 Satz 3 des Vertrags das anwendbare Bonussystem nicht abschließend regelt. Er hat damit mehr als deklaratorische Bedeutung (vgl. dazu auch BAG 5. Juli 2011 - 1 AZR 94/10 - Rn. 18). Die Bestimmung des Inhalts der Vertragsklausel in Satz 3 kann dementsprechend nicht ohne Beachtung des Satzes 4 erfolgen. Erst aus dem gesamten Inhalt des § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags und den Bestimmungen der anwendbaren Dienstvereinbarung ergibt sich, nach welchen Bedingungen sich im jeweiligen Geschäftsjahr die variable Vergütungskomponente für außertarifliche Angestellte bestimmt.

32

d) Für das Kalenderjahr 2008 sah § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags iVm. der DV Vergabemodus 2008 einen Anspruch auf einen (einheitlichen) Bonus nach § 315 BGB vor.

33

aa) Für das Kalenderjahr 2008 war die DV Vergabemodus 2008 maßgeblich. Die vorher geltenden BonusV 1999, BonusV VarGeS 2004 und der Einigungsstellenspruch für das Kalenderjahr 2007 sind für das Kalenderjahr 2008 durch die DV Vergabemodus 2008 abgelöst worden und haben keine Rechtswirkungen mehr entfaltet (sog. Ablösungsprinzip; st. Rspr., vgl. BAG 20. März 2013 - 10 AZR 636/11 - Rn. 38 mwN).

34

bb) Die DV Vergabemodus 2008 legt keinen individuellen Leistungsbonus fest, sondern bestimmt die Kriterien, nach denen ein solcher vergeben wird. Ein Anspruch setzt danach die Festsetzung eines Bonusbudgets durch den Vorstand nach dem betriebswirtschaftlichen Erfolg der Beklagten voraus (Ziff. 1 DV Vergabemodus 2008). Die individuelle Vergabe erfolgt auf Grundlage eines Orientierungsbonus, dh. einem bestimmten Prozentsatz des individuellen Jahresfestgehalts, abhängig von Funktionsstufen, und der Bewertung der individuellen Zielerreichung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls (Ziff. 2 DV Vergabemodus 2008). Im Grundsatz entspricht dies dem System der vorhergehenden BonusV 1999 und BonusV VarGeS 2004. Der Leistungsbonus nach der BonusV 1999 errechnete sich aus einem Zielbonus, dh. einem bestimmten Prozentsatz vom Jahresgrundgehalt, und dem aufgrund der Beurteilung des Erreichens der vereinbarten Ziele festgestellten Leistungsfaktor und hing davon ab, dass von der Beklagten nach der Ertragslage ein Budget zur Verfügung gestellt wurde (Ziff. 2.3 und Ziff. 2.5 BonusV 1999). Ähnliches sah die BonusV VarGeS 2004 (dort Ziff. 3.1.2, 3.3.5, 3.5) vor. Im Unterschied zu den vorhergehenden Bonusregelungen differenziert die DV Vergabemodus 2008 allerdings nicht mehr zwischen dem sog. Bankbonus und dem sog. Leistungsbonus. Vielmehr sind die für beide Boni im Kern maßgeblichen Faktoren, nämlich einerseits die Ertragslage der Bank (Bankbonus) und andererseits die individuelle Leistung (Leistungsbonus), zu einem Bonus zusammengefasst worden, bei dessen Bemessung sich beide Elemente wiederfinden. Auch in den vorhergehenden Regelungen richtete sich der Leistungsbonus nicht ausschließlich nach der individuellen Leistung, sondern für die Zurverfügungstellung des jeweiligen Budgets war auch die Ertragslage der Beklagten maßgeblich. In der DV Vergabemodus 2008 fließen diese Faktoren ineinander und sind im Rahmen der anzustellenden Ermessensausübung gemeinsam zu berücksichtigen.

35

cc) Gemäß Ziff. 1 der DV Vergabemodus 2008 bestimmt der Vorstand nach Aufstellung des Jahresabschlusses ein Bonusbudget. Die Dienstvereinbarung überlässt damit der Arbeitgeberin abhängig vom betriebswirtschaftlichen Erfolg der Bank ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSv. § 315 BGB. Dies ist zulässig, da weder im Vertrag bereits die Höhe des Bonusanspruchs festgelegt war noch die Betriebsparteien die Größenordnung des zu verteilenden Bonusvolumens selbst festlegen müssen (BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 649/10 - Rn. 25, BAGE 139, 296; 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - BAGE 63, 267; vgl. auch zur Festlegung der Bemessungsgrundlage für die Tantieme eines Geschäftsführers durch die Gesellschaft: BGH 9. Mai 1994 - II ZR 128/93 -). Die Leistungsbestimmung hat nach der gesetzlichen Regelung mangels abweichender Anhaltspunkte nach billigem Ermessen zu erfolgen (BAG 29. August 2012 - 10 AZR 385/11 - Rn. 21; 12. Oktober 2011 - 10 AZR 649/10 - Rn. 26, aaO; vgl. auch 11. Dezember 2013 - 10 AZR 364/13 - Rn. 27). Auf der Grundlage des Budgets erfolgt die Bonusvergabe dann anhand eines in der Dienstvereinbarung grundsätzlich vorgegebenen Orientierungsbonus (Ziff. 2.1) und der Bewertung der individuellen Zielerreichung (Ziff. 2.2). Es hat eine Entscheidung über die Bonusvergabe nach „pflichtgemäßem Ermessen“, dh. eine abschließende Leistungsbestimmung nach § 315 BGB zu erfolgen (Ziff. 2.3).

36

e) Eine Bonusregelung in dieser Ausgestaltung begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

37

aa) Die Arbeitsvertragsparteien müssen - auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen - die Ausgestaltung einer Bonusregelung nicht abschließend festlegen, sondern können beispielsweise auf die Regelungen einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung verweisen (vgl. zB die Fallgestaltungen in: BAG 20. März 2013 - 10 AZR 636/11 -; 12. Oktober 2011 - 10 AZR 649/10 - BAGE 139, 296; 12. April 2011 - 1 AZR 412/09 - BAGE 137, 300). Bezugnahmeklauseln, auch dynamische, sind im Arbeitsrecht weit verbreitet. Sie entsprechen einer üblichen Regelungstechnik und dienen den Interessen beider Parteien eines auf die Zukunft gerichteten Arbeitsverhältnisses. Eine dynamische Verweisung auf andere Regelungswerke führt für sich genommen nicht zur Intransparenz der Regelung iSv. § 307 Abs. 3 Satz 2 iVm. Abs. 1 Satz 2 BGB (BAG 21. November 2012 - 4 AZR 85/11 - Rn. 35; 23. März 2011 - 10 AZR 831/09 - Rn. 26 [jeweils zur Bezugnahme auf tarifliche Regelungen]). Dies schließt ein, dass die Arbeitsvertragsparteien ihre vertraglichen Absprachen dahin gehend gestalten können, dass sie der Abänderung durch betriebliche Normen unterliegen (BAG 21. August 2013 - 5 AZR 581/11 - Rn. 47; 5. März 2013 - 1 AZR 417/12 - Rn. 60). Die dynamische Verweisung auf ein anderes betriebliches Regelungswerk enthält auch keinen Änderungsvorbehalt iSd. § 308 Nr. 4 BGB; die Beklagte kann die bei ihr anwendbaren Dienstvereinbarungen nicht einseitig ändern oder umgestalten (vgl. auch BAG 21. November 2012 - 4 AZR 85/11 - Rn. 43).

38

bb) Die DV Vergabemodus 2008 enthält keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen und unterliegt somit gemäß § 310 Abs. 4 Satz 3 BGB nicht der Kontrolle nach § 305 ff. BGB. Allerdings gibt es auch für die Regelungsbefugnis der Betriebsparteien Binnenschranken. Die Betriebsparteien sind gemäß Art. 68 BayPVG an die Grundsätze von Recht und Billigkeit gebunden; dies erstreckt sich auf die geltende Rechtsordnung, die das Arbeitsverhältnis gestaltet und auf dieses einwirkt (BAG 12. April 2011 - 1 AZR 412/09 - Rn. 20 f., BAGE 137, 300 [zu § 75 BetrVG]). Auch danach begegnet die DV Vergabemodus 2008 grundsätzlich - abgesehen von der hier nicht maßgeblichen Bindungsklausel in Ziff. 3 (vgl. dazu BAG 12. April 2011 - 1 AZR 412/09 - aaO; 5. Juli 2011 - 1 AZR 94/10 -) - keinen Bedenken. Insbesondere wurde der Beklagten nicht das Recht vorbehalten, dem Arbeitnehmer bereits verdiente Vergütung zu entziehen oder einseitig einzelvertragliche Ansprüche zu beseitigen. Vielmehr wird der Bonusanspruch - wie im Arbeitsvertrag vorgesehen - durch die jeweilige Dienstvereinbarung ausgestaltet und die erforderliche Leistungsbestimmung durch den Arbeitgeber näher konkretisiert. Ebenso wenig haben die Betriebsparteien damit die Grenzen des Mitbestimmungsrechts nach Art. 75 Abs. 4 Nr. 4, Art. 73 Abs. 1 BayPVG überschritten.

39

cc) Soweit der im Arbeitsvertrag vom 1. Januar 2001 enthaltene „Freiwilligkeitsvorbehalt“ so verstanden werden könnte, dass dem Arbeitgeber damit entgegen den Regelungen der DV Vergabemodus 2008 ein hiervon unabhängiges Recht zur Entscheidung über die Gewährung des Bonus zugebilligt wird, wäre dieser Vorbehalt schon wegen Verstoß gegen die Grundsätze der unmittelbar und zwingenden Wirkung von Dienstvereinbarungen (vgl. zB BAG 19. Mai 1992 - 1 AZR 417/91 - zu IV der Gründe; BVerwG 7. April 2008 - 6 PB 1.08 -; Richardi/Dörner/Weber/Weber § 73 Rn. 21) unwirksam.

40

f) Der Anspruch des Klägers auf Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen ist erloschen (§ 362 BGB). Die Beklagte hat den Leistungsbonus für das Jahr 2008 ermessensfehlerfrei auf „Null“ festgesetzt und damit den Anspruch des Klägers erfüllt. Die getroffene Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen (§ 315 Abs. 1 und Abs. 3 BGB).

41

aa) Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind (vgl. BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 26, BAGE 139, 283; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 31, BAGE 135, 239; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40; 23. September 2004 - 6 AZR 567/03 - zu IV 2 a der Gründe, BAGE 112, 80). Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat (vgl. BAG 10. Mai 2005 - 9 AZR 294/04 - zu B II 3 b aa der Gründe). Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, hat der Bestimmungsberechtigte zu tragen (vgl. BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 90, BAGE 135, 128; BGH 5. Juli 2005 - X ZR 60/04 - zu II 2 c aa der Gründe mwN, BGHZ 163, 321). Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

42

bb) Ob die Entscheidung der Billigkeit entspricht, unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB(vgl. BAG 23. Januar 2007 - 9 AZR 624/06 - Rn. 29). Diese Sachentscheidung ist wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls vorrangig den Tatsachengerichten vorbehalten (BAG 10. Mai 2005 - 9 AZR 294/04 - zu B IV 1 der Gründe). Das Landesarbeitsgericht hat die gebotene gerichtliche Kontrolle der Leistungsbestimmung - von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent - nicht vorgenommen. Im Streitfall kann der Senat die Entscheidung selbst treffen, weil alle maßgeblichen Tatsachen feststehen (vgl. BAG 29. August 2012 - 10 AZR 385/11 - Rn. 47).

43

cc) Die von der Beklagten vorgenommene Leistungsbestimmung für das Jahr 2008 wird den gesetzlichen Vorgaben gerecht. Die Leistungsbestimmung ergab sich, wie dargelegt, im Kern aus der DV Vergabemodus 2008. Die Festsetzung des Bonus auf „Null“ trotz Erreichung vereinbarter persönlicher Ziele könnte bei einem negativen Ergebnis der Bank im Rahmen „normaler“ Schwankungsbreiten zwar billigem Ermessen iSv. § 315 Abs. 1 BGB widersprechen; für das Geschäftsjahr 2008 haben aber besonders gewichtige, außergewöhnliche Umstände vorgelegen, die ausnahmsweise die Festsetzung des Leistungsbonus auf „Null“ gerechtfertigt haben. Die Beklagte hat das Geschäftsjahr mit einem Verlust von rund 5 Mrd. Euro abgeschlossen. Stabilisiert werden konnte sie nur durch Zuführung von Eigenkapital in Höhe von rund 10 Mrd. Euro und durch eine staatlich garantierte Abschirmung des Asset-Backed-Securities-Portfolios bis zu einem Höchstbetrag von 4,8 Mrd. Euro als genehmigte Beihilfe. Dies zeigt, dass sich im Geschäftsjahr 2008 nicht nur die im Arbeitsvertrag und der DV Vergabemodus 2008 vorausgesetzten und vom Arbeitgeber gegebenenfalls selbst zu tragenden Risiken einer normalen negativen Geschäftsentwicklung verwirklicht haben. Es bestand deshalb eine Ausnahmesituation, die es auch unter Berücksichtigung des Leistungsfaktors des Klägers von 1,2 nicht unangemessen erscheinen lässt, dass die Beklagte den Leistungsbonus auf „Null“ festgesetzt hat.

44

II. Auch für das Jahr 2009 hat der Kläger keinen Anspruch auf einen Bonus in der geltend gemachten Höhe von 18.729,32 Euro brutto nebst Zinsen.

45

1. Allerdings bestand entgegen der Auffassung der Beklagten auch für das Geschäftsjahr 2009 dem Grunde nach ein Bonusanspruch gemäß § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags iVm. Ziff. 5 GrundsatzDV VarGeS 2004.

46

a) Für das Jahr 2009 haben die Betriebsparteien keine Dienstvereinbarung über die variable Vergütung geschlossen. Die Geltungsdauer der DV Vergabemodus 2008 war auf dieses Geschäftsjahr beschränkt. Normative Anwendung fand hingegen die GrundsatzDV VarGeS 2004, wonach die Beschäftigten zusätzlich zum Jahresfestgehalt einen Leistungsbonus sowie einen Bankbonus erhalten können, soweit es die betriebswirtschaftliche Erfolgssituation der Bank gestattet (dort Ziff. 5). Insofern bestand auch für dieses Geschäftsjahr eine personalvertretungsrechtliche Grundlage für einen entsprechenden Anspruch; dies wurde auch gegenüber den Beschäftigten kommuniziert (vgl. Ziff. 1 der Intranet-Mitteilung vom 8. Januar 2009). Dass es an einer näheren Ausgestaltung durch eine gesonderte Bonus-Dienstvereinbarung fehlte, ist letztlich unerheblich; die wesentlichen ermessensleitenden Faktoren sind in Ziff. 5 der GrundsatzDV VarGeS 2004 festgelegt.

47

b) Es kann dahinstehen, ob Ziff. 5 GrundsatzDV VarGeS 2004 der Beklagten die Möglichkeit eröffnet hätte („können die … Beschäftigten … erhalten“), für ein Geschäftsjahr von vornherein keine leistungsorientierte Vergütung zu zahlen und dieses Vergütungsmodell trotz vertraglicher Regelungen wie in § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags des Klägers „auszusetzen“. Dies hat die Beklagte für das Geschäftsjahr 2009 nicht getan. Vielmehr hat sie gegenüber den außertariflichen Mitarbeitern durch Intranet-Mitteilung vom 8. Januar 2009 erklärt, dass ein neues Vergütungssystem nicht rechtzeitig eingeführt werden konnte und deshalb bis zu einer Neuregelung das „Vergütungssystem VarGeS gültig“ bleibe. Diese Erklärung konnte nur so verstanden werden, dass dem Grunde nach ein Bonusanspruch nach dem bisherigen Modell besteht. Insbesondere aber hat die Beklagte mit dem Kläger wie in den Vorjahren eine Zielvereinbarung geschlossen, ohne zu erkennen zu geben, dass die Erreichung der vereinbarten Ziele keine Relevanz mehr für seine Vergütung habe. Auch diesem Handeln konnte vor dem Hintergrund der vertraglichen Regelungen der Parteien nur die Bedeutung beigemessen werden, dass die Beklagte auch für das Geschäftsjahr 2009 an dem leistungsorientierten Vergütungsbestandteil festhält und von dessen Anreizwirkung Gebrauch macht (vgl. zur Bedeutung spezifischer Leistungsanreize: BAG 16. Januar 2013 - 10 AZR 26/12 - Rn. 30). Dem entspricht die Bewertung der Zielerreichung durch den Vorgesetzten einschließlich der Festlegung eines Leistungsfaktors. Mit dem Abschluss der Zielvereinbarung konnte der Kläger im Hinblick auf die Regelung seines Arbeitsvertrags deshalb davon ausgehen, dass die Beklagte auch für das Jahr 2009 unabhängig vom Bestehen einer BonusV unter Berücksichtigung der von ihm erbrachten Leistungen und der wirtschaftlichen Lage der Bank nach billigem Ermessen über seinen Bonusanspruch entscheiden wird.

48

c) Der Freiwilligkeitsvorbehalt in § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags steht dem nicht entgegen. Er benachteiligt, unabhängig von der Frage eines Verstoßes gegen die unmittelbare und zwingende Wirkung von Dienstvereinbarungen (vgl. oben zu I 2 e cc), den Kläger unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB.

49

aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei diesem Vorgang sind grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten. Zur Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, besonderer Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt. Die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten sind gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB angemessen zu berücksichtigen(BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 33, BAGE 139, 156; 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 39 f.; 11. April 2006 - 9 AZR 557/05 - Rn. 33 f., BAGE 118, 22). Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.

50

bb) Der Vorbehalt, es handele sich um eine „Leistung ohne Rechtsanspruch“, ist weder zeitlich noch inhaltlich auf bestimmte Konstellationen beschränkt. Vielmehr will sich die Beklagte offenbar das Recht vorbehalten, über den Leistungsbonus unabhängig von späteren Entwicklungen frei zu entscheiden.

51

(1) Damit könnte der Vorbehalt auch spätere Individualabreden iSv. § 305b BGB über den Bonusanspruch erfassen; jedenfalls lässt § 305c Abs. 2 BGB eine solche Auslegung zu. Der Vorbehalt kann schon deshalb keinen Bestand haben (BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 38 f., BAGE 139, 156).

52

(2) Darüber hinaus benachteiligt ein Freiwilligkeitsvorbehalt den Arbeitnehmer unangemessen, wenn er dem Arbeitgeber das Recht zubilligt, trotz Abschluss einer vergütungsorientierten Zielvereinbarung nach Ablauf der Beurteilungsperiode frei darüber zu entscheiden, ob eine Vergütungszahlung erfolgt oder nicht. Mit Abschluss einer Zielvereinbarung, die Vergütungsbezug hat, setzt der Arbeitgeber Leistungsanreize für den Arbeitnehmer und bestimmt damit, wie aus seiner Sicht die Arbeitsleistung in einer bestimmten Periode durch den Arbeitnehmer optimal erbracht werden soll. Die in Aussicht gestellte erfolgsabhängige Vergütung steht damit im Gegenleistungsverhältnis; sie ist Teil der Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung des Arbeitnehmers (BAG 12. April 2011 - 1 AZR 412/09 - Rn. 25, BAGE 137, 300; 12. Dezember 2007 - 10 AZR 97/07 - Rn. 25, BAGE 125, 147). Dies wird - unabhängig von der Wirksamkeit der Regelung (vgl. dazu BAG 1. September 2010 - 5 AZR 517/09 - Rn. 15, BAGE 135, 250) - auch aus § 4 Abs. 2 Satz 5 des Arbeitsvertrags deutlich, wonach mit der Zahlung eines etwaigen Bonus auch Überstunden/Mehrarbeit sowie bestimmte Zuschläge und Zulagen abgegolten sein sollen. Mit diesem Gegenleistungscharakter ist es nicht zu vereinbaren, wenn sich der Arbeitgeber das Recht vorbehält, trotz erbrachter Arbeitsleistung und auch dann, wenn der Arbeitnehmer die vereinbarten Ziele erreicht, den Vergütungsanspruch entfallen zu lassen und nicht, wie hier, nach billigem Ermessen darüber entscheiden zu müssen (BAG 14. November 2012 - 10 AZR 783/11 - Rn. 40, BAGE 143, 292; 29. August 2012 - 10 AZR 385/11 - Rn. 43).

53

2. Die Beklagte hat den Leistungsbonus aber für das Jahr 2009 ermessensfehlerfrei auf „Null“ festgesetzt und damit den Anspruch des Klägers erfüllt. Die getroffene Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen (§ 315 Abs. 1 und Abs. 3 BGB).

54

Das Geschäftsjahr 2009 hat die Beklagte mit einem Jahresfehlbetrag von 2,595 Mrd. Euro abgeschlossen. Erst Ende März des Jahres 2009 wurde die Rekapitalisierung durch den Freistaat Bayern mit einer Rücklagenzuführung von 4 Mrd. Euro abgeschlossen. Im Januar 2009 wurde aus dem Sonderfond Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) eine garantierte Anleihe über 5 Mrd. Euro gegeben. Trotz der vorzeitigen Rückgabe des Garantierahmens zum 16. Oktober 2009 lag damit weiter eine Situation vor, die eine Festsetzung des Leistungsbonus auf „Null“ auch unter Berücksichtigung der Leistungen des Klägers zuließ.

55

III. Für das Kalenderjahr 2010 hat der Kläger einen Bonusanspruch in Höhe von 18.733,34 Euro brutto geltend gemacht. Diesen hat die Beklagte in Höhe von 8.391,00 Euro brutto erfüllt. Ob damit der Bonusanspruch des Klägers für dieses Geschäftsjahr vollständig erfüllt ist, steht nach den bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch nicht fest.

56

1. Maßgeblich für das Jahr 2010 war § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags iVm. der DV AT-Vergütung 2010. Im Grundsatz entsprechen die Regelungen in Ziff. 6 dieser Dienstvereinbarung dem Modell der Vorjahre. Die Höhe der variablen Vergütung ergibt sich aus dem vom Vorstand bewilligten Budget und der Vergabeentscheidung auf der Grundlage der jeweiligen individuellen Leistungs- und Verhaltensbeurteilung (Ziff. 6 Abs. 2 Satz 1). Für das Jahr 2010 hat der Vorstand der Beklagten ein Budget von 25 Mio. Euro für die in- und ausländischen Beschäftigten der Beklagten zur Verfügung gestellt. Dies wurde den Beschäftigten unter dem 7. April 2011 im Intranet mitgeteilt und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Gesamtvolumen dazu diene, die individuelle Leistung für das Geschäftsjahr 2010 angemessen in Form einer variablen Vergütung zusätzlich honorieren zu können. Dementsprechend wurde die Zahlung in Höhe von 8.391,00 Euro brutto in der Gehaltsabrechnung des Klägers für Juni 2011 als „var. Vergütung AT“ ausgewiesen. Damit war für ihn eindeutig erkennbar, dass es sich um eine Bonuszahlung für seine erbrachten Leistungen handelte. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts bedurfte es keiner weiteren Leistungs- oder Tilgungsbestimmung durch die Beklagte, da nach der DV AT-Vergütung 2010 nur noch ein einheitlicher Bonusanspruch bestand, auf den die Zahlung erfolgte. Damit hatte die Beklagte den Bonusanspruch des Klägers für das Jahr 2010 vor Klageerhebung mindestens teilweise erfüllt und dessen Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts ist in Höhe von 8.391,00 Euro brutto nebst Zinsen zurückzuweisen.

57

2. Ob der Bonusanspruch für das Geschäftsjahr 2010 mit dieser Zahlung in vollem Umfang erfüllt ist oder ob dem Kläger noch ein weiter gehender Bonusanspruch zusteht, steht noch nicht fest.

58

a) Die für die Angemessenheit der Leistungsbestimmung darlegungs- und beweisbelastete Beklagte (vgl. oben zu I 2 f aa) hat sich hinsichtlich der Höhe des Bonus bisher lediglich auf die von ihr erbrachte Zahlung und die Entscheidung des Vorstands zum Bonusbudget berufen. Der Kläger hat die Angemessenheit der Leistungsbestimmung mindestens konkludent bestritten; er meint, nach der „Beurteilung & Potentialeinschätzung 2011“, wonach er seine Ziele „erfüllt“ habe, stehe ihm ein höherer Betrag zu. Das Landesarbeitsgericht hat - nach seiner Rechtsauffassung konsequent - hierzu keine weiteren Feststellungen getroffen. Dies wird es nachzuholen und zu überprüfen haben, ob die Leistungsbestimmung nach den og. Grundsätzen billigem Ermessen entsprach. Sollte dies nicht der Fall gewesen sein, wird es die Leistungsbestimmung durch Urteil vorzunehmen haben (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB; vgl. dazu zB BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 364/13 - Rn. 32 ff.).

59

b) Die Beklagte wird in diesem Zusammenhang darzulegen haben, inwieweit das Budget vom Vorstand nach den Grundsätzen billigen Ermessens festgesetzt wurde. Zwar besteht nach Ziff. 6 Abs. 2 Satz 2 DV AT-Vergütung 2010 kein individueller Rechtsanspruch auf Bewilligung eines Budgets oder auf Gewährung einer individuellen Zahlung. Dies kann jedoch nur die Bedeutung haben, dass in den Fällen kein Rechtsanspruch auf die Festsetzung eines Budgets und eine individuelle Zahlung besteht, in denen die wirtschaftliche Lage, wie beispielsweise in den Jahren 2008 und 2009, unter Beachtung der Grundsätze billigen Ermessens eine solche Bewilligung nicht zulässt oder die individuellen Leistungen eine solche nicht rechtfertigen. Bei ihren Darlegungen wird die Beklagte zu berücksichtigen haben, dass die Bonusregelung, anders als noch in den BonusV 1999 und BonusV VarGes 2004, nicht mehr zwischen dem rein ertragsorientierten Bankbonus und dem schwerpunktmäßig an der individuellen Leistung anknüpfenden Leistungsbonus unterscheidet. Das Budget muss daher in Abhängigkeit von der Ertragslage eine Größenordnung erreichen, die diesen Leistungsbezug beachtet und ausreicht, die durch Abschluss von Zielvereinbarungen angestrebten und tatsächlich erbrachten Leistungen angemessen zu honorieren. Darüber hinaus wird die Beklagte im Hinblick auf die konkrete Vergabeentscheidung (Ziff. 6.2 DV AT-Vergütung 2010) darzulegen haben, von welchem Richtwert und welchem Prozentsatz in der Bandbreite des vom Kläger erreichten Ergebnisses („erfüllt“ 90 bis 110 %) sie ausgegangen ist bzw. welche sonstigen Ermessenserwägungen sie angestellt hat.

60

c) Sollte das Landesarbeitsgericht dem Kläger einen weiteren Bonus für das Jahr 2010 zusprechen, wird es zu beachten haben, dass bisher nicht erkennbar ist, woraus sich ein Zinsanspruch ab dem 15. April 2011 ergeben soll. Weder der Arbeitsvertrag noch die DV AT-Vergütung 2010 sehen eine Fälligkeit zu diesem Zeitpunkt vor. Ziff. 6.2.2 Abs. 2 DV AT-Vergütung 2010 spricht - unabhängig von der Wirksamkeit der Stichtagsregelung - eher für eine Fälligkeit Ende Juni des Folgejahres. Dementsprechend ist die Zahlung von 8.391,00 Euro brutto auch mit der Junivergütung erfolgt.

61

IV. Ob dem Kläger für das Jahr 2011 ein Bonus in der geforderten Höhe von 20.217,22 Euro brutto nebst Zinsen zusteht, steht nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ebenfalls noch nicht fest.

62

Für das Jahr 2011 fand wiederum die DV AT-Vergütung 2010 Anwendung. Ob die Entscheidung der Beklagten, in diesem Kalenderjahr keinen Bonus zu zahlen, billigem Ermessen entsprach, bedarf noch weiterer Aufklärung. Die Beklagte hat sich bisher lediglich darauf berufen, der Vorstand habe kein Budget zur Verfügung gestellt, da das Geschäftsjahr 2011 mit einem HGB-Verlust von 328 Mio. Euro abgeschlossen worden sei. Es erscheint zweifelhaft, ob dies ausreicht, um einen Bonusanspruch zu verneinen. Wie dargelegt sind nach der DV AT-Vergütung 2010 sowohl die Leistung des Arbeitnehmers als auch die Ertragslage der Bank bei der Leistungsbestimmung zu berücksichtigen. Das vom Vorstand festzusetzende Budget muss deshalb in Abhängigkeit von der Ertragslage eine Größenordnung erreichen, die den Leistungsbezug des Bonussystems beachtet und ausreicht, die durch Abschluss von Zielvereinbarungen angestrebten und tatsächlich erbrachten Leistungen angemessen zu honorieren. Die Leistungsbestimmung entspricht in einem solchen Fall regelmäßig nur dann billigem Ermessen, wenn vereinbarte und erreichte persönliche Ziele ihren angemessenen Ausdruck in dem festgelegten Leistungsbonus finden. Deshalb kommt, wenn der Arbeitnehmer die Ziele erreicht, nur in Ausnahmefällen eine Festsetzung des Bonus auf „Null“ in Betracht (BAG 15. Mai 2013 - 10 AZR 679/12 - Rn. 21; 20. März 2013 - 10 AZR 8/12 - Rn. 20, 37; 29. August 2012 - 10 AZR 385/11 - Rn. 49). Eine solche Ausnahmesituation, wie sie in den Jahren 2008 und 2009 bestanden hat, ist für das Jahr 2011 bisher nicht ersichtlich. Es spricht deshalb manches dafür, dass die Leistungsbestimmung für diesen Zeitraum nicht billigem Ermessen entsprach. Das Landesarbeitsgericht wird den Parteien Gelegenheit zu geben haben, hierzu ergänzend vorzutragen. Gegebenenfalls wird es selbst die Leistungsbestimmung vorzunehmen haben (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB).

        

    Mikosch    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Rudolph    

        

    D. Schumann    

                 

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 26. Januar 2009 - 3 Sa 483/08 - aufgehoben, soweit es die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts zurückgewiesen und über die Kosten entschieden hat.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung und die Verpflichtung zur Erstattung von Aufwendungen.

2

Der Kläger ist seit 1986 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin, bundesweit tätigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, beschäftigt. Er ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater und hat den Status eines Partners. Sein Jahresgehalt betrug ohne Sonderleistungen zuletzt 176.000,00 Euro brutto. Der Kläger war seit dem 1. Juli 1990 in der Niederlassung Leipzig tätig. Am 1./14. Juli 1994 wurde ein neuer Arbeitsvertrag abgeschlossen, der unter anderem folgende Regelungen enthält:

        

㤠1

        

Mit Wirkung vom 1. Oktober 1993 ist Herr H zum Bereichsleiter (Partner Stufe III) der Zweigniederlassung Leipzig ernannt worden. Die C behält sich vor, Herrn H - sofern Geschäftsnotwendigkeiten dies erfordern - anderweitig einzusetzen und zu versetzen.

        

….    

                 
        

§ 7

        

Im Verhältnis zur C gilt als Wohnsitz von Herrn H Leipzig. Die jeweils geltende Reisekostenordnung der C findet Anwendung.“

3

Bei Dienstreisen erstattet die Beklagte ihren Mitarbeitern Aufwendungen nach den Bestimmungen der Gesamtbetriebsvereinbarung Reisekosten (Reisekostenordnung) vom 29. Juni 2004, die auf das Arbeitsverhältnis des Klägers Anwendung findet. Der Begriff Dienstreise wird dort wie folgt definiert:

        

„Eine Dienstreise ist ein Ortswechsel einschließlich der Hin- und Rückfahrt aus Anlass einer vorübergehenden Auswärtstätigkeit. Eine Auswärtstätigkeit liegt vor, wenn der Mitarbeiter außerhalb seiner Wohnung und seiner regelmäßigen Arbeitsstätte beruflich tätig wird. Eine Auswärtstätigkeit ist vorübergehend, wenn der Mitarbeiter voraussichtlich an die regelmäßige Arbeitsstätte zurückkehren und dort seine berufliche Tätigkeit fortsetzen wird.“

4

Der Kläger war zuletzt als „Bereichsleiter Tax“ der Niederlassung Leipzig tätig. Zwischen den Parteien kam es zum Streit über die Fähigkeiten des Klägers zur Führung der ihm unterstellten Mitarbeiter und zur Betreuung der Kunden. Angebote der Beklagten zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags lehnte der Kläger in den Monaten Februar und März 2007 ab. Mit Schreiben vom 2. Mai 2007 sprach die Beklagte eine Versetzung des Klägers „mit Wirkung zum 21. Mai 2007 zur Niederlassung Frankfurt in den Bereich Tax & Legal PS Mitte“ aus. Dort soll der Kläger als „verantwortlicher Sales-Partner“ eingesetzt werden und überwiegend Vertriebstätigkeiten ausüben. Zudem soll er den Bereich „Education/Social Security“ aufbauen und seine bereits zuvor im Bereich Controlling PS (Public Service) übernommenen Aufgaben sollen bundesweit ausgeweitet werden. Die neue Tätigkeit umfasst keine Personalverantwortung. Im Zeitraum vom 1. Juli 2007 bis zum 22. Oktober 2007 war der Kläger mit Ausnahme einer urlaubsbedingten Unterbrechung in Frankfurt am Main tätig. Seitdem wird er aufgrund entsprechender arbeitsgerichtlicher Entscheidungen wieder in der Niederlassung Leipzig eingesetzt.

5

Der Kläger hat geltend gemacht, er sei aufgrund der vertraglich vereinbarten Tätigkeit als Bereichsleiter der Niederlassung Leipzig zu beschäftigen. Die Zuweisung einer anderweitigen Tätigkeit und/oder eines anderen Tätigkeitsorts sei unzulässig. Der Versetzungsvorbehalt sei gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Darüber hinaus sei die Tätigkeit eines „verantwortlichen Sales-Partners“ hierarchisch nicht mit der Tätigkeit eines „Bereichsleiters“ gleichzusetzen. Unabhängig hiervon entspreche die Versetzung wegen der weiten Entfernung vom bisherigen Arbeitsort nicht billigem Ermessen.

6

Die vorübergehende Tätigkeit in Frankfurt am Main sei als Dienstreise zu behandeln. Für den Zeitraum vom 1. Juli 2007 bis zum 17. August 2007 und vom 3. September 2007 bis zum 22. Oktober 2007 ergebe sich ein Aufwendungsersatzanspruch nach der Reisekostenordnung in Höhe von insgesamt 7.803,35 Euro.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, den Kläger als Bereichsleiter Tax der Niederlassung Leipzig am Standort Leipzig zu beschäftigen,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 7.803,35 Euro zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter zeitlicher Staffelung zu zahlen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, dass eine Beschränkung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung auf die Tätigkeit eines Bereichsleiters der Niederlassung Leipzig nicht stattgefunden habe. Der Versetzungsvorbehalt sei wirksam, da die Interessen des Klägers in ausreichendem Maße dadurch gewahrt würden, dass die Versetzung nur im Falle einer „Geschäftsnotwendigkeit“ erfolgen dürfe. In seinem bisherigen Einsatzfeld als zuständiger Partner „PS Ost“ sei der Kläger nicht länger einsetzbar. Die wichtigen Mandanten würden den Kläger, der überwiegend Controlling-Tätigkeiten ausgeübt habe, nicht als Ansprechpartner akzeptieren. Früher habe die Betreuung dieser Mandanten durch einen weiteren in Leipzig beschäftigten Partner stattgefunden, der zum 30. Juni 2007 pensioniert worden sei. Der Umgang des Klägers mit den Mitarbeitern sei ebenfalls nicht akzeptabel, diese würden sich zunehmend verärgert zeigen. Der Kläger stehe als fachlicher Ansprechpartner nicht zur Verfügung. Sein mangelnder Arbeitseinsatz sei für alle erkennbar. Die dem Kläger zugewiesenen neuen Aufgaben seien mit seinen bisherigen Aufgaben vergleichbar; die Position befinde sich auf gleicher hierarchischer Ebene. Die Betreuung der Mandate der Region Mitte sei nur von Frankfurt am Main aus möglich, da die Mandanten eine regionale Präsenz des Partners erwarteten.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist zulässig und begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Berufung nicht zurückgewiesen werden. Der Senat kann in der Sache mangels ausreichender Feststellungen nicht abschließend entscheiden. Die Revision führt daher zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

11

I. Die auf vertragsgemäße Beschäftigung gerichtete Leistungsklage ist zulässig.

12

1. Bei einem Streit über die Berechtigung einer Versetzung bestehen für den Arbeitnehmer zwei Möglichkeiten. Er kann die Berechtigung der Versetzung im Rahmen einer Feststellungsklage klären lassen (st. Rspr., zuletzt zB BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 -). Darüber hinaus hat er die Möglichkeit, den Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung im Rahmen einer Klage auf künftige Leistung gem. § 259 ZPO durchzusetzen(vgl. BAG 29. Oktober 1997 - 5 AZR 573/96 - zu I der Gründe, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 51 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 19). Bei der Prüfung des Beschäftigungsanspruchs ist die Wirksamkeit der Versetzung als Vorfrage zu beurteilen. Voraussetzung für eine derartige Klage ist die Besorgnis, dass der Schuldner sich andernfalls der rechtzeitigen Leistung entziehen werde.

13

2. Der Antrag des Klägers ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. In Verbindung mit der Klagebegründung ist erkennbar, welche konkrete Beschäftigung er anstrebt. Die Voraussetzungen des § 259 ZPO liegen vor, obwohl der Kläger zurzeit auf seinem bisherigen Arbeitsplatz eingesetzt wird. Die derzeitige Beschäftigung erfolgt ausschließlich aufgrund der vorläufig vollstreckbaren Entscheidungen der Vorinstanzen.

14

II. Ob die Klage begründet ist, kann der Senat nicht abschließend beurteilen.

15

1. Erweist sich eine vom Arbeitgeber vorgenommene Versetzung als unwirksam, so hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Beschäftigung in seiner bisherigen Tätigkeit am bisherigen Ort (vgl. BAG 17. Februar 1998 - 9 AZR 130/97 - zu III 3 a der Gründe, AP BGB § 618 Nr. 27 = EzA BGB § 615 Nr. 89; 26. Januar 1988 - 1 AZR 531/86 - zu II 5 der Gründe, BAGE 57, 242; 14. Juli 1965 - 4 AZR 347/63 - BAGE 17, 241). Bei einer Versetzung handelt es sich um eine einheitliche Maßnahme, die nicht in den Entzug der bisherigen Tätigkeit und die Zuweisung einer neuen Tätigkeit aufgespalten werden kann (vgl. BAG 30. September 1993 - 2 AZR 283/93 - zu B I 3 e ff der Gründe, BAGE 74, 291). Dies gilt auch dann, wenn Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung im Arbeitsvertrag nicht abschließend festgelegt sind, sondern dem Weisungsrecht des Arbeitgebers (§ 106 GewO) unterliegen. Solange dieser nicht rechtswirksam von seinem Weisungsrecht erneut Gebrauch gemacht oder eine wirksame Freistellung von der Arbeit ausgesprochen hat, bleibt es bei der bisher zugewiesenen Arbeitsaufgabe am bisherigen Ort und der Arbeitnehmer hat einen dementsprechenden Beschäftigungsanspruch. Die gegenteilige Auffassung (LAG Hamm 8. März 2005 - 19 Sa 2128/04 - zu II 3 der Gründe, NZA-RR 2005, 462 unter Berufung auf LAG Nürnberg 10. September 2002 - 6 (4) Sa 66/01 - LAGE BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 29) übersieht, dass eine ausgeübte Weisung nicht durch eine unwirksame Versetzung beseitigt werden kann. Sie lässt sich auch nicht auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 24. Januar 2001 (- 5 AZR 411/99 -) stützen, da dort der Entzug bestimmter Tätigkeiten noch im Rahmen des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts erfolgte. Im Übrigen beschränkt sie unangemessen die Möglichkeit einer effektiven Durchsetzung des Beschäftigungsanspruchs für den Zeitraum bis zu einer neuen Ausübung des Weisungsrechts durch den Arbeitgeber.

16

Wird der Arbeitgeber nach einer Versetzung zur tatsächlichen Beschäftigung zu den vorherigen Bedingungen verurteilt, ist damit die Vorfrage der Wirksamkeit der Versetzung beantwortet. Eine Entscheidung darüber, ob und ggf. in welchem Umfang der Arbeitgeber zukünftig von seinem Weisungsrecht rechtswirksam Gebrauch machen kann, ist hingegen nicht getroffen. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger seinen Beschäftigungsanspruch unter anderem damit begründet hat, er sei „auf Dauer“ als Bereichsleiter Tax der Niederlassung Leipzig am Standort Leipzig zu beschäftigen und die Zuweisung einer anderen Tätigkeit an einem anderen Arbeitsort komme nicht in Betracht, da sie nicht von dem arbeitsvertraglichen Direktionsrecht der Beklagten umfasst sei. Dabei handelt es sich um bloße Elemente der Klagebegründung, die im Falle des Obsiegens mit dem Leistungsantrag nicht gem. § 322 ZPO in materielle Rechtskraft erwachsen. Will ein Arbeitnehmer eine weitergehende Entscheidung zum Umfang des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts erreichen, so muss er bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 256 ZPO von der Möglichkeit eines gesonderten Feststellungsantrags Gebrauch machen.

17

2. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gem. §§ 305 ff. BGB beruht, ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:

18

a) In einem ersten Schritt ist durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Dabei ist insbesondere festzustellen, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein ggf. vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat. In Betracht kommt, dass eine wie ein Versetzungsvorbehalt erscheinende Klausel tatsächlich lediglich den Umfang der vertraglich geschuldeten Leistung bestimmen soll, insbesondere wenn alternative Tätigkeiten oder Tätigkeitsorte konkret benannt sind. Ungewöhnliche, insbesondere überraschende Klauseln iSv. § 305c Abs. 1 BGB(zB „versteckte“ Versetzungsvorbehalte) werden allerdings nicht Vertragsbestandteil.

19

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind dabei nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (zB Senat 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 14, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 332/09 - Rn. 36, NZA 2010, 877; 21. Oktober 2009 - 4 AZR 880/07 - Rn. 18).

20

Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gem. § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB setzt voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (zB Senat 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Der die Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendende Arbeitgeber muss bei Unklarheiten die ihm ungünstigste Auslegungsmöglichkeit gegen sich gelten lassen (BAG 12. Dezember 2006 - 3 AZR 388/05 - Rn. 30, AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 67 = EzA BetrAVG § 1 Zusatzversorgung Nr. 18; st. Rspr. BGH, vgl. zB zuletzt 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08 - Rn. 41, MDR 2010, 1096; 9. Juni 2010 - VIII ZR 294/09 - Rn. 16, NJW 2010, 2877).

21

b) Ergibt die Auslegung, dass der Vertrag eine nähere Festlegung hinsichtlich Art und/oder Ort der Tätigkeit enthält, so unterliegt diese keiner Angemessenheitskontrolle iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Vielmehr handelt es sich um die Bestimmung des Inhalts der Hauptpflicht (vgl. BAG 13. Juni 2007 - 5 AZR 564/06 - Rn. 30, BAGE 123, 98; Kleinebrink ArbRB 2007, 57, 58). Dabei ist unerheblich, wie eng oder weit die Leistungsbestimmung gefasst ist. § 308 Nr. 4 BGB ist ebenfalls nicht anwendbar, da diese Vorschrift nur einseitige Bestimmungsrechte hinsichtlich der Leistung des Verwenders erfasst(BAG 11. April 2006 - 9 AZR 557/05 - Rn. 31, BAGE 118, 22). Vorzunehmen ist lediglich eine Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

22

Soweit es an einer Festlegung des Inhalts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag fehlt, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Je allgemeiner die vom Arbeitnehmer zu leistenden Dienste im Arbeitsvertrag festgelegt sind, desto weiter geht die Befugnis des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer unterschiedliche Aufgaben im Wege des Direktionsrechts zuzuweisen (vgl. zB BAG 2. März 2006 - 2 AZR 23/05 - Rn. 16, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 81 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 67). Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es insoweit nicht an. Bei einer engen Bestimmung der Tätigkeit wird das Direktionsrecht hingegen eingeschränkt. Der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer nur die betreffenden Aufgaben zuweisen. Eine Veränderung des Tätigkeitsbereichs kann er nur einvernehmlich oder durch eine Änderungskündigung herbeiführen.

23

c) Enthält der Arbeitsvertrag neben einer Festlegung von Art und/oder Ort der Tätigkeit einen sog. Versetzungsvorbehalt, so ist zu differenzieren:

24

aa) Ergibt die Vertragsauslegung, dass der Versetzungsvorbehalt materiell (nur) dem Inhalt der gesetzlichen Regelung des § 106 GewO entspricht oder zugunsten des Arbeitnehmers davon abweicht, unterliegt diese Klausel keiner Angemessenheitskontrolle iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, sondern allein einer Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB(BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 24 ff.). Der Arbeitgeber, der sich lediglich die Konkretisierung des vertraglich vereinbarten Tätigkeitsinhalts, nicht aber eine Änderung des Vertragsinhalts vorbehält, weicht nicht zulasten des Arbeitnehmers von Rechtsvorschriften ab (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB).

25

Die Vertragsklausel muss dabei die Beschränkung auf den materiellen Gehalt des § 106 GewO unter Berücksichtigung der oben dargestellten Auslegungsgrundsätze aus sich heraus erkennen lassen. Insbesondere muss sich aus dem Inhalt der Klausel oder aus dem Zusammenhang der Regelung deutlich ergeben, dass sich der Arbeitgeber nicht die Zuweisung geringerwertiger Tätigkeiten - ggf. noch unter Verringerung der Vergütung - vorbehält. Dagegen erfordert auch die Verpflichtung zur transparenten Vertragsgestaltung gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht, dass die Klausel Hinweise auf den Anlass der Ausübung des Weisungsrechts enthält(vgl. BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 44 ff., AP BGB § 307 Nr. 26).

26

bb) Ergibt die Vertragsauslegung, dass sich der Arbeitgeber mit dem Versetzungsvorbehalt über § 106 GewO hinaus ein Recht zur Vertragsänderung vorbehält, so unterliegt die Regelung der Angemessenheitskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

27

(1) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei diesem Vorgang sind auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten. Zur Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, besonderer Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt. Die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten sind gem. § 310 Abs. 4 Satz 2 angemessen zu berücksichtigen(BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 39 f., AP BGB § 307 Nr. 26; 11. April 2006 - 9 AZR 557/05 - Rn. 33 f., BAGE 118, 22).

28

Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Dies wird regelmäßig der Fall sein, wenn sich der Arbeitgeber vorbehält, ohne den Ausspruch einer Änderungskündigung einseitig die vertraglich vereinbarte Tätigkeit unter Einbeziehung geringerwertiger Tätigkeiten zulasten des Arbeitnehmers ändern zu können (BAG 9. Mai 2006 - 9 AZR 424/05 - Rn. 20 ff., BAGE 118, 184; HWK/Gotthardt 4. Aufl. Anh. §§ 305 - 310 BGB Rn. 26; HWK/Lembke § 106 GewO Rn. 57; Hunold NZA 2007, 19, 21; Küttner/Reinecke Personalbuch 2010 Versetzung Rn. 5; Preis/Genenger NZA 2008, 969, 975; Schaub/Linck ArbR-Hdb. 13. Aufl. § 32 Rn. 80).

29

(2) Handelt es sich um eine teilbare Klausel, ist die Inhaltskontrolle jeweils für die verschiedenen, nur formal verbundenen Bestimmungen vorzunehmen (BAG 11. April 2006 - 9 AZR 610/05 - Rn. 32, BAGE 118, 36). Maßgeblich ist, ob die Klausel mehrere sachliche Regelungen enthält und der unzulässige Teil sprachlich eindeutig abtrennbar ist. Ist die verbleibende Regelung weiterhin verständlich, bleibt sie bestehen. Die Teilbarkeit einer Klausel ist mittels des sog. Blue-pencil-Tests durch Streichung des unwirksamen Teils zu ermitteln (vgl. Senat 6. Mai 2009 - 10 AZR 443/08 - Rn. 11, AP BGB § 307 Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 44).

30

(3) Führt die Angemessenheitskontrolle zur Unwirksamkeit eines Versetzungsvorbehalts, so richtet sich der Inhalt des Vertrags gem. § 306 Abs. 2 BGB nach den gesetzlichen Vorschriften. Eine geltungserhaltende Reduktion auf das angemessene Maß findet nicht statt (vgl. BAG 13. April 2010 - 9 AZR 113/09 - Rn. 42, NZA-RR 2010, 457; Senat 11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - Rn. 33, EzA BGB 2002 § 308 Nr. 9). Maßgeblich ist in diesem Fall § 106 GewO. Diese Vorschrift überlässt dem Arbeitgeber das Weisungsrecht aber nur insoweit, als nicht durch den Arbeitsvertrag der Leistungsinhalt festgelegt ist. Ergibt die Auslegung des Vertrags, dass ein bestimmter Leistungsinhalt vereinbart wurde, so ist der Arbeitgeber an diesen gebunden, wenn ein zusätzlich vereinbarter Versetzungsvorbehalt der Angemessenheitskontrolle nicht standhält.

31

d) Übt der Arbeitgeber im Einzelfall das Weisungsrecht aus, so unterliegt dies der Kontrolle gem. § 106 GewO. Die Ausübung eines wirksam vereinbarten Versetzungsvorbehalts unterliegt der Kontrolle gem. § 315 BGB. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind (vgl. BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40; 23. September 2004 - 6 AZR 567/03 - zu IV 2 a der Gründe, BAGE 112, 80).

32

3. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft keine hinreichende Auslegung des § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags vorgenommen. Damit steht nicht fest, ob die Tätigkeit als Bereichsleiter in der Niederlassung Leipzig aufgrund dieser vertraglichen Regelung als abschließende Festlegung des Inhalts der Arbeitspflicht anzusehen ist.

33

a) Bei den streitgegenständlichen Regelungen des Arbeitsvertrags dürfte es sich - auch wenn das Landesarbeitsgericht hierzu keine ausdrücklichen Feststellungen getroffen hat - um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB handeln. Ggf. findet auch § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB Anwendung. Für die Annahme Allgemeiner Geschäftsbedingungen spricht bereits das äußere Erscheinungsbild (vgl. Senat 6. Mai 2009 - 10 AZR 390/08 - Rn. 20, AP BGB § 307 Nr. 44 = EzA BGB 2002 § 310 Nr. 8). Davon gehen offenbar auch die Parteien übereinstimmend aus.

34

b) Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (Senat 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259).

35

Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dass die Parteien sowohl den Ort wie den Inhalt der Arbeitsleistung festgelegt haben. Dem Kläger sei die Funktion eines Bereichsleiters der Zweigniederlassung Leipzig übertragen worden, womit notwendigerweise die Vereinbarung des Arbeitsorts Leipzig verbunden gewesen sei.

36

Dies hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Begründung lässt nicht erkennen, dass das Landesarbeitsgericht § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags überhaupt ausgelegt hat. Es fehlt schon an einer Auseinandersetzung mit dem Wortlaut der arbeitsvertraglichen Regelung. Dieser ist, worauf die Beklagte zu Recht hingewiesen hat, keineswegs eindeutig. § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags nimmt lediglich auf eine bereits zuvor, nämlich zum 1. Oktober 1993, erfolgte Ernennung des Klägers zum Bereichsleiter der Niederlassung Leipzig Bezug. Ernannt bedeutet, dass jemand für ein Amt bzw. einen Posten bestimmt worden ist. Danach könnte hierunter auch die einseitige Zuweisung einer Position zu verstehen sein. Allerdings wird durch eine Ernennung auch die Position in der Hierarchieebene des jeweiligen Unternehmens (Status) zum Ausdruck gebracht. Für ein derartiges Verständnis könnte sprechen, dass die Vertragsparteien die Ernennung zum Anlass für den Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags genommen haben. Zu prüfen wäre in diesem Zusammenhang, welche Bedeutung dem Klammerzusatz „Partner Stufe III“, dem Versetzungsvorbehalt in § 1 Satz 2 und der Regelung in § 7 des Arbeitsvertrags zukommt. Völlig außer Acht gelassen hat das Landesarbeitsgericht die Frage, wie der Vertragstext aus Sicht der an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise (hier: Partner einer bundesweit tätigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft) typischerweise zu verstehen ist. Ebenso wenig sind Feststellungen zu möglichen Regelungszwecken und erkennbaren Interessenlagen beider Parteien getroffen worden.

37

Der Senat sieht sich deshalb gehindert, selbst eine abschließende Auslegung des § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags vorzunehmen. Diese wird das Landesarbeitsgericht nachzuholen haben. Ergibt sich danach, dass durch § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags keine nähere Festlegung des Tätigkeitsinhalts in inhaltlicher und/oder örtlicher Hinsicht erfolgt ist, kommt es auf die Wirksamkeit des Versetzungsvorbehalts(§ 1 Satz 2 Arbeitsvertrag) nicht an. Die streitgegenständliche Maßnahme wäre dann allerdings noch daraufhin zu überprüfen, ob sie billigem Ermessen entspricht. Ergibt die Auslegung des § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags hingegen, dass die bisher ausgeübte Tätigkeit und/oder der Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind, kommt es auf die Wirksamkeit des in § 1 Satz 2 des Arbeitsvertrags vereinbarten Versetzungsvorbehalts an. Führt die Prüfung nach den oben genannten Grundsätzen zur Annahme der Unwirksamkeit des Versetzungsvorbehalts, bleibt es bei den vertraglichen Festlegungen.

38

III. Ob und ggf. in welchem Umfang ein Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen des Klägers nach den Regelungen der Gesamtbetriebsvereinbarung Reisekosten besteht, hängt im Wesentlichen von der Wirksamkeit der Versetzung ab und kann daher vom Senat ebenfalls nicht abschließend beurteilt werden.

39

Allerdings wird das Landesarbeitsgericht zu berücksichtigen haben, dass sich auch im Fall der Wirksamkeit der Versetzung ein Anspruch für die ersten sechs Wochen der Versetzung aus dem Schreiben vom 2. Mai 2007 ergeben kann. Da es sich wegen des Einzelfallcharakters um eine nichttypische Erklärung handelt, bleibt deren Auslegung aber zunächst dem Landesarbeitsgericht vorbehalten. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass ein Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen gem. § 291 BGB erst ab Rechtshängigkeit zu verzinsen ist. Der Zinsanspruch bestünde dabei jeweils ab dem auf die Zustellung folgenden Kalendertag. Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung lässt sich die Zeit für die Leistung nicht nach dem Kalender bestimmen (§ 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Gegen eine derartige Auslegung der Gesamtbetriebsvereinbarung spricht bereits der Umstand, dass der Anspruch auf die Erstattung von Aufwendungen für eine Dienstreise regelmäßig eine Reisekostenabrechnung des Arbeitnehmers voraussetzt. Eine vor Rechtshängigkeit erfolgte Mahnung iSv. § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB ist vom Kläger nicht dargelegt worden.

        

    Mikosch    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Alex    

        

    Frese    

        

        

Wer einem anderen die Schließung eines Vertrags anträgt, ist an den Antrag gebunden, es sei denn, dass er die Gebundenheit ausgeschlossen hat.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 26. Juni 2013 - 4 Sa 41/12 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

2

Die Beklagte erbringt Industriedienstleistungen. Sie beschäftigt regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer. Der Kläger war bei ihr seit Mitte Juli 2006 als Bauwerker beschäftigt.

3

Am 30. September 2009 erlitt der Kläger einen Arbeitsunfall. Er wurde am 14. März 2011 als „arbeitsfähig“ aus der Rehabilitation entlassen. Im Einvernehmen mit der Beklagten befand er sich bis zum 30. April 2011 im Erholungsurlaub. In der Zeit vom 11. bis zum 29. April 2011 war er arbeitsunfähig erkrankt. Am 26. April 2011 suchte ein Mitarbeiter der Beklagten den Kläger zu Hause auf und überreichte ihm eine auf den 20. April 2011 datierte schriftliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien zum 31. Mai 2011.

4

Der Kläger hat gegen die Kündigung rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozial nicht gerechtfertigt.

5

Der Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 20. April 2011 nicht beendet worden ist;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn zu unveränderten Bedingungen als Bauwerker weiterzubeschäftigen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat behauptet, der Kläger habe selbst um die Kündigung gebeten. Er habe im unmittelbaren Anschluss an die Übergabe der Kündigung am 26. April 2011 eine ihm vorgelegte Ausgleichsquittung unterzeichnet, mit welcher er auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichtet habe. Die von der Beklagten vorgelegte Ausgleichsquittung hat unter der Überschrift „ Arbeitspapiere “ folgenden Wortlaut:

        

„Sehr geehrter Herr

        

anbei überreichen wir Ihnen die unten aufgeführten Arbeitspapiere mit der Bitte, uns den Empfang durch Ihre Unterschrift und Rückgabe dieses Schreibens zu bestätigen.

        

Hiermit bestätige ich, folgende Papiere ordnungsgemäß von der Firma F zurückerhalten zu haben:

                 

X       

Lohnsteuerkarte + Lohnsteuerbescheinigung

        
                          

Sozialversicherungsabmeldung

        
                          

Lohnzettel

        
                          

Lohnrestzahlung (Scheck)            

        
                          

Urlaubsnachweis

        
                          

Kurzauswertung Entfernungs-km     

        
        

Ich (Arbeitnehmer) bestätige, dass ich weitergehende Ansprüche aus und in Verbindung mit dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung nicht mehr gegen die Firma F habe. Eine Kündigungsschutzklage werde ich nicht erheben; eine bereits erhobene Kündigungsschutzklage werde ich unverzüglich zurücknehmen.

        

Die vorstehende Ausgleichsquittung habe ich sorgfältig gelesen und zur Kenntnis genommen.

        

Magdeburg 26.04.2011

        

_____________________________________

        

Unterschrift des ausgeschiedenen Mitarbeiters.“

7

Im Übrigen sei die Kündigung aus krankheitsbedingten Gründen sozial gerechtfertigt.

8

Der Kläger hat erwidert, er habe am 26. April 2011 weder eine Ausgleichsquittung im Sinne des von der Beklagten vorgelegten Schriftstücks unterzeichnet noch seine Lohnsteuerkarte an diesem Tag erhalten. Diese sei ihm vielmehr schon zwei Wochen vorher per Post zugegangen.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage zu Recht stattgegeben. Der Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an.

11

I. Der Kläger hat nicht wirksam auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage verzichtet. Dabei kann zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass der Kläger die Ausgleichsquittung vom 26. April 2011 unterzeichnet hat. Der Klageverzicht ist als überraschende Klausel gemäß § 305c Abs. 1 BGB nicht Bestandteil der vertraglichen Vereinbarungen der Parteien geworden. Er ist überdies nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Es kann daher dahinstehen, ob ein solcher Verzicht die Unzulässigkeit oder die Unbegründetheit der Kündigungsschutzklage zur Folge hätte (str. vgl. KR/Friedrich 10. Aufl. § 4 KSchG Rn. 314 mwN; ErfK/Kiel 14. Aufl. § 4 KSchG Rn. 29; HaKo/Gallner 4. Aufl. § 4 KSchG Rn. 89).

12

1. Bei der in der Ausgleichsquittung vom 26. April 2011 erklärten Zusicherung, keine Kündigungsschutzklage zu erheben, handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB.

13

a) Die Erklärung ist in einer mit „Arbeitspapiere“ überschriebenen Ausgleichsquittung enthalten, die ersichtlich für eine mehrfache Verwendung vorformuliert ist. Die Anrede ist unpersönlich, auch im Weiteren ist nur vom „Arbeitnehmer“ bzw. dem „ausgeschiedenen Mitarbeiter“ die Rede. Die als erhalten zu quittierenden Arbeitspapiere sind durch Ankreuzen aus einer Liste ausgewählt, die offenbar auch andere Fälle abdecken soll.

14

b) Die Zusicherung, keine Kündigungsschutzklage zu erheben, stellt eine Vertragsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB dar. Sie ist im Streitfall Gegenstand einer zweiseitigen Vereinbarung. Die Beklagte unterbreitet einem Mitarbeiter, dem sie die Ausgleichsquittung vorlegt, zugleich das Angebot, sich ihr gegenüber zu verpflichten, keine Kündigungsschutzklage zu erheben. Dieses Angebot nimmt der Mitarbeiter mit Unterzeichnung und Rückgabe des Schreibens an. Damit kommt ein prozessrechtlicher Vertrag des Inhalts zu Stande, das Recht, Klage zu erheben, nicht wahrzunehmen (pactum de non petendo, vgl. BAG 13. Juni 2007 - 7 AZR 287/06 - Rn. 9; 20. Juni 1985 - 2 AZR 427/84 - zu B I 2 der Gründe).

15

2. Der Klageverzicht ist als überraschende Klausel gemäß § 305c Abs. 1 BGB nicht Bestandteil der vertraglichen Vereinbarungen der Parteien geworden. Er ist überdies nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.

16

a) Gemäß § 305c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht Vertragsbestandteil, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht.

17

b) Bei dem Klageverzicht in der von der Beklagten vorgelegten Ausgleichsquittung handelt es sich um eine überraschende Klausel iSd. § 305c Abs. 1 BGB. Sie ist schon nach dem äußeren Erscheinungsbild des Schreibens so ungewöhnlich, dass der Kläger nicht mit ihr zu rechnen brauchte (vgl. zum Überraschungsmoment infolge des äußeren Zuschnitts einer Klausel oder ihrer Unterbringung an unerwarteter Stelle BAG 6. September 2007 - 2 AZR 722/06 - Rn. 23, BAGE 124, 59; 15. Februar 2007 -   6 AZR 286/06  - Rn. 22, BAGE 121, 257; 31. August 2005 -   5 AZR 545/04  - zu I 5 b bb (1) der Gründe, BAGE 115, 372 ; 23. Februar 2005 - 4 AZR 139/04 - zu II 4 b cc der Gründe, BAGE 114, 33). Die Überschrift „Arbeitspapiere“ lässt nicht erkennen, dass der Arbeitnehmer mit der Unterzeichnung des Schreibens auf sein Recht verzichten soll, Kündigungsschutzklage zu erheben. Der Passus zum Klageverzicht ist weder in einem eigenen Abschnitt enthalten, noch sonst vom übrigen Text deutlich abgesetzt. Er ist weder durch Schriftart, Schriftgröße oder Fettdruck noch durch Unterstreichung hervorgehoben. Vielmehr sind allein die Überschrift und die Liste der ausgehändigten Arbeitspapiere fettgedruckt. Das verstärkt den Eindruck, der Mitarbeiter solle mit seiner Unterschrift lediglich deren Empfang bestätigen. Auch unmittelbar vor der Unterschriftszeile wird nur der Ausdruck „Ausgleichsquittung“ verwendet und nur deren sorgfältige Kenntnisnahme soll der Arbeitnehmer bestätigen.

18

c) Der formularmäßige Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage ist zudem nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.

19

aa) Die Überprüfung am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist nicht gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB ausgeschlossen.

20

(1) Keiner Entscheidung bedarf, ob es sich bei dem Klageverzicht um eine Nebenabrede zum Arbeitsvertrag (in diesem Sinne BAG 6. September 2007 - 2 AZR 722/06 - Rn. 35, BAGE 124, 59; aA Klumpp in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht § 307 BGB Rn. 139; Krets in FS Bauer 2010 S. 601, 606 ff.; Müller BB 2011, 1653, 1654; Linck in vHH/L KSchG 15. Aufl. § 4 Rn. 81a; Preis/Rolfs Der Arbeitsvertrag 4. Aufl. II V 50 Rn. 12) oder um die Haupt- oder Nebenabrede eines eigenständigen Vertrags handelt. Eine Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB ist selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn der Klageverzicht die Hauptabrede eines eigenständigen Klageverzichts- oder Abwicklungsvertrags darstellt. Auch Hauptabreden sind nicht etwa generell von der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB ausgeschlossen. Sie sind ihr gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nur dann entzogen, wenn sie - wie regelmäßig - keine von Rechtsvorschriften abweichenden oder diese ergänzenden Regelungen enthalten(ebenso Rolfs in FS Reuter 2010 S. 825, 833; vgl. zu § 8 AGBG auch BGH 19. Februar 1998 - III ZR 106/97 - zu II 3 der Gründe, BGHZ 138, 100).

21

(2) Eine solche Abweichung ist mit einem Klageverzicht innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung jedoch verbunden (aA Klumpp in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht § 307 BGB Rn. 139; Müller BB 2011, 1653, 1654; Rolfs in FS Reuter 2010 S. 825, 835). Durch ihn wird von der gesetzlichen Regelung in § 4 Satz 1 iVm. § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG abgewichen, wonach dem Arbeitnehmer drei Wochen für die Überlegung zur Verfügung stehen, ob er Kündigungsschutzklage erheben will(BAG 6. September 2007 - 2 AZR 722/06 - Rn. 30 - 32, BAGE 124, 59; Worzalla SAE 2009, 31, 33). Die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG soll zwar vornehmlich den Arbeitgeber schützen. Er soll nach einer angemessenen Zeit, die vom Gesetzgeber auf drei Wochen zuzüglich der zur Zustellung der Klageschrift erforderlichen Zeit bemessen wird, davor geschützt sein, sich mit dem Begehren nach Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auseinandersetzen zu müssen. Nach dem gesetzlich vorgesehenen Interessenausgleich soll aber umgekehrt dem Arbeitnehmer die dreiwöchige Klagefrist voll zur Verfügung stehen. Das Gesetz mutet es dem Arbeitgeber jedenfalls bis zum Ablauf dieser Zeitspanne zu, die Wirksamkeit der Kündigung verteidigen und alle etwa geltend gemachten Unwirksamkeitsgründe entweder entkräften oder gegen sich gelten lassen zu müssen (BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 659/08 - Rn. 21, BAGE 133, 249).

22

bb) Der formularmäßige Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage ohne Gegenleistung stellt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dar.

23

(1) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren (BAG 6. September 2007 - 2 AZR 722/06 - Rn. 33, BAGE 124, 59). Die typischen Interessen der Vertragspartner sind unter besonderer Berücksichtigung grundrechtlich geschützter Rechtspositionen wechselseitig zu bewerten (BAG 6. September 2007 - 2 AZR 722/06 - aaO). Die Unangemessenheit beurteilt sich nach einem generellen und typisierenden, vom Einzelfall losgelösten Maßstab unter Berücksichtigung von Gegenstand, Zweck und Eigenart des jeweiligen Geschäfts innerhalb der beteiligten Verkehrskreise (BAG 6. September 2007 - 2 AZR 722/06 - aaO; 10. Januar 2007 - 5 AZR 84/06 - zu I 2 c cc (1) der Gründe; 11. April 2006 - 9 AZR 557/05 - zu A I 2 b bb (2.1) der Gründe, BAGE 118, 22).

24

(2) Gemessen daran liegt im formularmäßigen, ohne Gegenleistung erklärten Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Der Arbeitgeber verfolgt damit das Ziel, seine Rechtsposition ohne Rücksicht auf die Interessen des Arbeitnehmers zu verbessern, indem er diesem die Möglichkeit entzieht, die Rechtswirksamkeit der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses durch die Arbeitgeberkündigung gerichtlich überprüfen zu lassen (BAG 6. September 2007 - 2 AZR 722/06 - Rn. 37, BAGE 124, 59). Dieser Verzicht wirkt allein zu Lasten des gekündigten Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber muss bei einem innerhalb der Drei-Wochen-Frist des § 4 Satz 1 KSchG erklärten Klageverzicht den Ablauf der Klagefrist nicht mehr abwarten, sondern kann bereits zuvor davon ausgehen, dass seine Kündigung das Arbeitsverhältnis rechtswirksam beendet hat bzw. beenden wird. Er kann Dispositionen treffen, ohne die Feststellung einer Unwirksamkeit der Kündigung am Ende eines möglicherweise langjährigen Prozesses fürchten zu müssen (BAG 6. September 2007 - 2 AZR 722/06 - Rn. 38, aaO). Ein formularmäßiger Klageverzicht ohne jede arbeitgeberseitige Kompensation - etwa in Bezug auf den Beendigungszeitpunkt, die Beendigungsart, die Zahlung einer Entlassungsentschädigung oder den Verzicht auf eigene Ersatzansprüche - ist daher idR unzulässig (BAG 6. September 2007 - 2 AZR 722/06 - aaO; vgl. für eine Ausgleichsklausel BAG 21. Juni 2011 - 9 AZR 203/10 - Rn. 47 ff., BAGE 138, 136; für eine Ausschlussfrist BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu I 5 b dd (2) der Gründe, BAGE 115, 372; ebenso Däubler in Däubler/Bonin/Deinert AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 4. Aufl. Einl. Rn. 168; APS/Dörner/Vossen 4. Aufl. § 1 KSchG Rn. 14; ErfK/Preis 14. Aufl. §§ 305 - 310 BGB Rn. 77; aA Bauer/Günther NJW 2008, 1617, 1620; Worzalla SAE 2009, 31, 33 f.).

25

cc) Der formularmäßige Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage ist danach gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Der Kläger hat für den Klageverzicht keine Gegenleistung erhalten. Soweit die Beklagte behauptet hat, er habe zuvor selbst um die Kündigung gebeten, läge - unabhängig davon, ob die Gegenleistung mit Blick auf das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB in der getroffenen Vereinbarung zum Ausdruck kommen müsste - in dieser Bitte nicht etwa die Kompensation für den nachfolgenden Klageverzicht. Es ist nicht ersichtlich, dass dem Kläger durch die Kündigung ein Vorteil entstanden wäre. Insbesondere lässt sich aus dem Vorbringen der Beklagten, der Kläger habe um die Kündigung gebeten, nicht entnehmen, er habe selbst den Wunsch gehabt, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Eine zulässige Aufklärungsrüge hat die Beklagte nicht erhoben. Sie verweist zwar auf eine schriftliche Aussage ihres Niederlassungsleiters, welche dieser in seiner Vernehmung durch das Arbeitsgericht wiederholt habe. Sie hat aber nicht dargelegt, aufgrund welcher Umstände das Landesarbeitsgericht die Aussage hätte berücksichtigen müssen. Dies ist auch nicht unmittelbar ersichtlich. Die Aussage ist weder als Ergebnis einer Beweisaufnahme noch als Parteivorbringen vom Arbeitsgericht oder Landesarbeitsgericht in Bezug genommen worden. Selbst unterstellt, die Beklagte hätte sich ihren Inhalt konkludent zu Eigen gemacht, lässt sich ihr nicht entnehmen, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hätte dem Wunsch des Klägers entsprochen. Der Zeuge hat in seiner Vernehmung nur bekundet, dass der Kläger ihn um eine Kündigung gebeten habe. Zum näheren Verlauf des Gesprächs hat er keine Angaben gemacht. Es ist damit auch mit Blick auf diese Aussage nicht ausgeschlossen, dass der Kläger erst dann um eine Kündigung bat, als der Zeuge ihn - wie vom Kläger geltend gemacht - darauf hingewiesen hatte, die Beklagte habe keine Verwendung mehr für ihn, und versucht hatte, ihm eine Eigenkündigung „schmackhaft“ zu machen. Aus der Bitte, eine Kündigung zu erhalten, ließe sich dann nicht folgern, der Kläger habe eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses selbst gewollt. Auch nach den schriftlichen Angaben des Zeugen war nicht ausgeschlossen, dass der Kläger seine Bitte vor diesem Hintergrund äußerte. Selbst wenn er, wie von dem Zeugen schriftlich mitgeteilt, zur Begründung auf seinen Wunsch hingewiesen hätte, möglichst schnell Arbeitslosengeld zu erhalten, hätte er damit nur erläutert, warum er nicht selbst kündigen werde.

26

3. Der Klageverzicht ist dagegen nicht mangels Schriftform gemäß § 623 BGB unwirksam. Er ist nicht Teil eines einheitlichen Rechtsgeschäfts der Parteien zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses.

27

a) Der Senat hat angenommen, Vereinbarungen über einen Klageverzicht im unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Kündigung seien Auflösungsverträge iSd. § 623 BGB und bedürften daher nach § 126 Abs. 2 Satz 1 BGB der Unterzeichnung durch beide Parteien(BAG 19. April 2007 - 2 AZR 208/06 - Rn. 20 f. und 25, BAGE 122, 111; kritisch APS/Greiner 4. Aufl. § 623 BGB Rn. 9; Bauer/Günther NJW 2008, 1617, 1618; Krets in FS Bauer 2010 S. 601, 609; Linck in vHH/L 15. Aufl. § 4 Rn. 81a; Müller BB 2011, 1653; Preis/Rolfs Der Arbeitsvertrag 4. Aufl. II V 50 Rn. 35). Der erforderliche Zusammenhang muss jedoch die Annahme rechtfertigen, Kündigung und Klageverzicht seien gemeinsam nur ein anderes Mittel, um das Arbeitsverhältnis in Wirklichkeit im gegenseitigen Einvernehmen zu lösen (vgl. BAG 19. April 2007 - 2 AZR 208/06 - Rn. 26, 28, aaO). Fehlt es daran, wird das Arbeitsverhältnis nicht durch Vertrag aufgelöst, sondern durch Kündigung. In der Entscheidung vom 19. April 2007 hat der Senat einen hinreichenden Zusammenhang darin erblickt, dass die Arbeitgeberin dem Arbeitnehmer vorgeschlagen hatte, erst zu einem nach Ablauf der Kündigungsfrist liegenden Termin zu kündigen, sofern dieser auf eine Kündigungsschutzklage verzichte, und das Kündigungsschreiben entsprechend diesem Angebot ausgefertigt hatte (vgl. BAG 19. April 2007 - 2 AZR 208/06 - Rn. 14, aaO).

28

b) Im Streitfall sind keine Umstände festgestellt, die Kündigung und Klageverzicht als ein einheitliches Rechtsgeschäft zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses erscheinen ließen. Allein die zeitliche Nähe zwischen Klageverzicht und Erhalt der Kündigung vermag den erforderlichen Zusammenhang nicht zu begründen (im Ergebnis ebenso BAG 6. September 2007 - 2 AZR 722/06 - Rn. 28, BAGE 124, 59). Auch aus dem von der Beklagten behaupteten Umstand, der Kläger habe um die Kündigung gebeten, ließe sich - wie ausgeführt - nicht entnehmen, dieser habe selbst die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewollt.

29

II. Ohne Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht angenommen, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt und damit rechtsunwirksam iSv. § 1 Abs. 1 KSchG.

30

1. Der Kläger verhält sich nicht treuwidrig, wenn er sich auf die Unwirksamkeit der Kündigung beruft. Zwar käme dies in Betracht, wenn er selbst die Kündigung erbeten hätte, um eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses herbeizuführen. Umstände, die einen solchen Wunsch des Klägers erkennen ließen, sind aber - wie dargelegt - weder festgestellt noch von der Beklagten hinreichend vorgetragen.

31

2. Die Kündigung ist nicht aus Gründen in der Person des Klägers sozial gerechtfertigt. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte habe eine negative Prognose nicht ausreichend dargetan. Außerdem sei die Kündigung unverhältnismäßig, weil mit dem Kläger die Durchführung einer Wiedereingliederung vereinbart gewesen sei. Diese Erwägungen sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte ist ihnen nicht entgegengetreten.

32

III. Der Antrag auf Weiterbeschäftigung ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen. Er ist auf eine Beschäftigung für die Dauer des Rechtsstreits gerichtet. Dieser ist rechtskräftig abgeschlossen.

33

IV. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Berger     

        

    Niemann    

        

    Rachor    

        

        

        

    Niebler    

        

    Jan Eulen     

                 

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 11. September 2012 - 12 Sa 757/11 - aufgehoben.

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 24. Mai 2011 - 8 Ca 3043/11 - abgeändert.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Ehefrau und späteren Witwe des Klägers, Dr. H, im Fall des Todes des Klägers eine monatliche Witwenpension iHv. 60 % der Alterspension des Klägers zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob der beklagte Pensions-Sicherungs-Verein verpflichtet ist, der Ehefrau des Klägers nach dessen Tod eine Hinterbliebenenversorgung zu gewähren.

2

Der im September 1945 geborene Kläger war in der Zeit vom 1. April 1965 bis zum 30. September 2005 bei der K AG beschäftigt. Er ist seit Januar 1977 mit seiner im März 1947 geborenen Ehefrau, Dr. H, verheiratet. Die K AG hatte Mitarbeitern in Führungspositionen - so auch dem Kläger - durch einzelvertragliche Pensionszusagen Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zugesagt. Die Pensionszusage des Klägers vom 29. September 2003 lautet auszugsweise:

        

„Die K AG sagt Ihnen Versorgungsleistungen nach folgenden Bestimmungen zu:

        

§ 1     

        

Arten der betrieblichen Versorgungsleistungen

        

1.    

Firmenpension

                 

a)    

Alterspension

                 

b)    

Pension wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit

        

2.    

Hinterbliebenenpension

                 

a)    

Witwenpension

                 

b)    

Witwerpension

                 

c)    

Waisenrente

        

…       

        

§ 3     

        

Wir gewähren Ihnen eine lebenslange Alterspension in Höhe von monatlich Euro 1.660,-- brutto. …

                 
        

§ 4     

        

Pension wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit

        

Sofern Sie vor Erreichen der Altersgrenze aus dem Arbeitsverhältnis zur Firma ausscheiden und daran unmittelbar anschließend berufs- oder erwerbsunfähig im Sinne der sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen sind, gewähren wir ihnen eine lebenslange Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeitspension …

        

…       

        

§ 6     

        

Witwenpension

        

Nach Ihrem Tod gewähren wir Ihrer Ehefrau eine Witwenpension in Höhe von 60 % der in § 3 zugesagten Alterspension bzw. der nach § 4 bezogenen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeitspension, wenn Sie den Unterhalt Ihrer Familie überwiegend bestritten haben. Eine Witwenpension wird nicht gezahlt, wenn

        

a)    

die Ehe nicht bis zu Ihrem Tod bestanden hat,

        

b)    

die Ehe erst nach Vollendung ihres 60. Lebensjahres oder nach Ihrem Ausscheiden aus der Firma geschlossen wurde,

        

c)    

Ihre Witwe mehr als 30 Jahre jünger ist als Sie und Sie keine minderjährigen Kinder hat, für die Waisenrente nach dieser Pensionszusage gezahlt wird, es sei denn, die Ehe hat mehr als 15 Jahre bestanden.

        

…       

        

§ 7     

        

Witwerpension

        

§ 6 gilt entsprechend für den Witwer einer Betriebsangehörigen oder Firmenpensionärin.“

3

Der Kläger erhielt seit dem 1. Oktober 2005 von der K AG eine monatliche Alterspension iHv. 1.660,00 Euro brutto. Am 1. September 2009 wurde über das Vermögen der K AG das Insolvenzverfahren eröffnet. Seit Januar 2011 zahlt der Beklagte dem Kläger die Alterspension. Zudem bezieht der Kläger seit Oktober 2005 eine gesetzliche Altersrente, die sich im August 2010 auf 1.732,01 Euro belief. Die Ehefrau des Klägers bezieht seit Januar 2007 von der D AG eine beamtenähnliche Pension sowie eine Firmenrente. Die Pension betrug im Jahr 2010 monatlich 2.343,40 Euro brutto, die Firmenrente belief sich auf 1.601,40 Euro brutto monatlich.

4

In den Jahren 1997 bis 2005 erzielte der Kläger ein höheres Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit als seine Ehefrau. In den Jahren 2006 bis 2010 war das Einkommen des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit lediglich im Jahr 2008 höher als das seiner Ehefrau. Unter Berücksichtigung der jeweils von den Ehepartnern erzielten Einkünfte aus Kapitalvermögen lag das Einkommen der Ehefrau des Klägers in den Jahren 2001 bis 2010 über dem Einkommen des Klägers.

5

Der Beklagte teilte dem Kläger im August 2010 mit, dass seiner Ehefrau im Fall seines Todes keine Hinterbliebenenversorgung zustehe, da sie über höhere Altersbezüge verfüge und der Kläger daher nicht Haupternährer der Familie iSv. § 6 der Pensionszusage sei.

6

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte sei im Fall seines Ablebens nach § 6 der Pensionszusage verpflichtet, seiner Ehefrau eine Witwenpension zu gewähren. Er habe den Unterhalt seiner Familie überwiegend bestritten, da er während seines Erwerbslebens höhere Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt habe als seine Ehefrau. Nur hierauf komme es an. Jedenfalls sei die „Haupternährerklausel“ in § 6 der Pensionszusage wegen Intransparenz unwirksam. Zudem bewirke sie eine Diskriminierung wegen des Geschlechts und führe zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung gegenüber den Kollegen, deren Ehefrauen nicht erwerbstätig gewesen seien.

7

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, im Falle des Todes des Klägers 60 % der ihm zustehenden K-Pension, was derzeit einem Betrag von monatlich 996,00 Euro entspricht, an seine Ehefrau als monatliche Hinterbliebenenversorgung zu zahlen.

8

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist begründet. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist die zulässige Klage begründet. Der Beklagte ist nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG verpflichtet, im Falle des Todes des Klägers an dessen Ehefrau und spätere Witwe, Dr. H, eine monatliche Witwenpension iHv. 60 % der Alterspension des Klägers zu zahlen.

11

I. Die Klage ist zulässig.

12

1. Der Klageantrag richtet sich - in der gebotenen Auslegung - auf die Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet ist, nach dem Ableben des Klägers an dessen Ehefrau und spätere Witwe, Dr. H, eine Witwenpension iHv. 60 % der dem Kläger zustehenden Alterspension zu zahlen. Nach § 6 Satz 2 Buchst. a der Pensionszusage steht der derzeitigen Ehefrau des Klägers eine Witwenpension nur dann zu, wenn die Ehe bis zum Tod des Klägers Bestand hat.

13

2. Der Klageantrag ist zulässig.

14

a) Er ist auf die Feststellung eines zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisses iSd. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet. Zwar können nach dieser Bestimmung nur Rechtsverhältnisse Gegenstand einer Feststellungsklage sein, nicht hingegen bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses. Eine Feststellungsklage muss sich allerdings nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken, sondern kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen sowie auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (vgl. etwa BAG 15. Oktober 2013 - 3 AZR 294/11 - Rn. 14 mwN). Im Streitfall geht es um die Frage, ob der Beklagte verpflichtet ist, nach dem Ableben des Klägers an dessen Ehefrau und spätere Witwe, Dr. H, eine Witwenpension nach § 6 der Pensionszusage zu zahlen. Dabei handelt es sich um ein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien und nicht um ein Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und der Ehefrau des Klägers. Die K AG hatte dem Kläger nicht nur eine Alterspension, sondern auch eine Hinterbliebenenversorgung zugesagt. Im Hinblick auf die Hinterbliebenenversorgung handelt es sich bei der Versorgungszusage um einen Vertrag zugunsten Dritter. Empfänger des Versorgungsversprechens ist der Kläger. Deshalb kann er nach § 335 BGB selbst das Recht auf die versprochene Leistung geltend machen. Seine Hinterbliebenen sind lediglich Begünstigte, die erst durch seinen Tod ein Forderungsrecht erwerben (vgl. etwa BAG 15. Oktober 2013 - 3 AZR 294/11 - aaO).

15

b) Für den Antrag besteht auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse, da der Beklagte eine Verpflichtung zur Gewährung einer Witwenpension an die Ehefrau des Klägers in Abrede stellt. Dass der Nachversorgungsfall noch nicht eingetreten ist, ändert hieran nichts (vgl. BAG 15. September 2009 - 3 AZR 294/09 - Rn. 10 mwN).

16

II. Entgegen der Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts ist die Klage begründet. Der Beklagte ist nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG verpflichtet, im Falle des Todes des Klägers an dessen Ehefrau und spätere Witwe, Dr. H, eine Witwenpension iHv. 60 % der dem Kläger zustehenden Alterspension zu zahlen. Die Ehefrau des Klägers hat, wenn die Ehe mit dem Kläger zum Zeitpunkt seines Ablebens noch besteht (§ 6 Satz 2 Buchst. a der Pensionszusage), nach § 6 Satz 1 der Pensionszusage einen Anspruch auf Witwenpension, für den der Beklagte als Träger der Insolvenzsicherung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG einstandspflichtig ist. § 6 Satz 2 Buchst. b und c der Pensionszusage stehen dem nicht entgegen. Die Ehe des Klägers mit seiner weniger als 30 Jahre jüngeren Ehefrau wurde am 12. Januar 1977 und damit vor Vollendung des 60. Lebensjahres des Klägers und seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit der K AG im Jahr 2005 geschlossen. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kommt es für den Anspruch auf die Witwenpension nicht darauf an, ob der Kläger den Unterhalt seiner Familie überwiegend bestritten hat. Die in § 6 Satz 1 Halbs. 2 der Pensionszusage getroffene Bestimmung, wonach die Gewährung der Witwenpension voraussetzt, dass der Kläger den Unterhalt der Familie überwiegend bestritten hat, ist intransparent iSd. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.

17

1. Die Pensionszusage des Klägers vom 29. September 2003 enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB.

18

Nach § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und damit für den Senat nach § 559 Abs. 2 ZPO bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts handelt es sich bei den Regelungen in der Pensionszusage des Klägers vom 29. September 2003 um für eine Vielzahl von Pensionszusagen vorformulierte und den Mitarbeitern bei Erteilung der Zusagen von der K AG gestellte Vertragsbedingungen.

19

2. Die in § 6 Satz 1 Halbs. 2 der Pensionszusage enthaltene Klausel, nach der die Gewährung einer Witwenrente voraussetzt, dass der Versorgungsberechtigte den Unterhalt seiner Familie überwiegend bestritten hat, ist nicht klar und verständlich und damit nach § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Satz 2 BGB unwirksam. Daher kommt es auf die Frage, ob die Klausel eine unzulässige Diskriminierung wegen des Geschlechts bewirkt oder zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung mit anderen männlichen Versorgungsberechtigten führt, nicht an.

20

a) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich die unangemessene Benachteiligung auch aus der mangelnden Klarheit und Verständlichkeit der Bedingung ergeben. Das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Danach müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Die Voraussetzungen und der Umfang der Leistungspflicht müssen so bestimmt oder zumindest so bestimmbar sein, dass der Vertragspartner des Verwenders bereits bei Vertragsschluss erkennen kann, was auf ihn zukommt (BAG 21. August 2012 - 3 AZR 698/10 - Rn. 18, BAGE 143, 30). Eine Klausel muss deshalb im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners des Klauselverwenders so klar und präzise wie möglich umschreiben. Eine Klausel verletzt das Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten enthält und Spielräume eröffnet (vgl. etwa BAG 21. August 2012 - 3 AZR 698/10 - aaO; 19. Februar 2014 - 5 AZR 920/12 - Rn. 38).

21

b) Die Regelung in § 6 Satz 1 Halbs. 2 der Pensionszusage genügt den Anforderungen des Transparenzgebots nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht.

22

aa) § 6 Satz 1 Halbs. 2 der Pensionszusage regelt lediglich, dass ein Anspruch auf Witwenpension nur besteht, wenn der Versorgungsberechtigte den Unterhalt seiner Familie überwiegend bestritten hat. Welche Voraussetzungen hierfür im Einzelnen erfüllt sein müssen, lässt sich dem Wortlaut der in § 6 Satz 1 Halbs. 2 der Pensionszusage getroffenen Bestimmung nicht entnehmen.

23

bb) Die tatbestandlichen Voraussetzungen für das Vorliegen der „Haupternährereigenschaft“ des Versorgungsberechtigten iSd. § 6 Satz 1 Halbs. 2 der Pensionszusage sind auch nicht hinreichend bestimmbar.

24

(1) Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts kann die „Haupternährerklausel“ in § 6 Satz 1 Halbs. 2 der Pensionszusage nicht dahin ausgelegt werden, dass mit ihr an die Regelungen in § 43 Abs. 1 Angestelltenversicherungsgesetz in der bis zum 31. Dezember 1985 geltenden Fassung (im Folgenden: AVG aF) sowie in § 1266 Abs. 1 Reichsversicherungsordnung in der bis zum 31. Dezember 1985 geltenden Fassung (im Folgenden: RVO aF) und die dazu ergangene Rechtsprechung des Bundessozialgerichts angeknüpft werden sollte (zu den Auslegungsgrundsätzen bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen vgl. etwa BAG 10. Dezember 2013 - 3 AZR 796/11 - Rn. 11; 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 20). Zwar ähnelt die sprachliche Fassung von § 6 Satz 1 Halbs. 2 der Pensionszusage den Bestimmungen in § 43 Abs. 1 AVG aF und § 1266 Abs. 1 RVO aF, wonach dem Witwer nach dem Tode seiner versicherten Ehefrau ein Recht auf Witwerrente nur zustand, „wenn die Verstorbene den Unterhalt ihrer Familie überwiegend bestritten“ hatte. Auch ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Arbeitgeber, der in einer Pensionszusage Begrifflichkeiten aus dem Sozialversicherungsrecht verwendet, das sozialversicherungsrechtliche Begriffsverständnis und damit auch die hierzu ergangene Rechtsprechung übernehmen will (vgl. BAG 20. Februar 2001 - 3 AZR 21/00 - zu I 1 der Gründe; 14. Dezember 1999 - 3 AZR 742/98 - zu I 1 a der Gründe). Vorliegend kommt diese Auslegungsregel jedoch nicht zum Tragen. Die „Haupternährerklausel“ in § 6 Satz 1 Halbs. 2 der Pensionszusage kann von einem verständigen Arbeitnehmer nicht dahin verstanden werden, dass damit die Begrifflichkeiten in § 43 Abs. 1 AVG aF bzw. § 1266 Abs. 1 RVO aF und die hierzu ergangene sozialgerichtliche Rechtsprechung in Bezug genommen wurden.

25

(a) Bei der „Haupternährereigenschaft“ handelt es sich nicht um einen Rechtsbegriff, dem - anders als den Begriffen der „Berufs- und Erwerbsunfähigkeit“, bei deren Verwendung in Versorgungszusagen regelmäßig von einer Anknüpfung an das Sozialversicherungsrecht auszugehen ist (vgl. BAG 11. Oktober 2011 - 3 AZR 795/09 - Rn. 25 mwN) - bereits nach dem allgemeinen Sprachgebrauch eine typisch sozialversicherungsrechtliche Bedeutung beigemessen wird. Überdies nimmt § 4 Satz 1 der Pensionszusage zur Erläuterung der Begriffe „berufs- oder erwerbsunfähig“ sogar ausdrücklich auf die „sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen“ Bezug, während in § 6 Satz 1 der Pensionszusage ein entsprechender Verweis fehlt. Bereits dies legt es nahe, dass die „Haupternährereigenschaft“ nicht im Sinne der früheren sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen zu verstehen ist.

26

(b) Es kommt hinzu, dass die gesetzlichen Regelungen in § 43 Abs. 1 AVG aF und § 1266 Abs. 1 RVO aF zum Zeitpunkt der Erteilung der Versorgungszusage im Jahr 2003 bereits seit mehr als zehn Jahren vollständig außer Kraft getreten und durch eine vom Wortlaut des § 6 Satz 1 Halbs. 2 der Pensionszusage abweichende Bestimmung ersetzt worden waren.

27

§ 43 Abs. 1 AVG aF und § 1266 Abs. 1 RVO aF wurden durch Art. 2 Nr. 17 und Art. 1 Nr. 28 des Gesetzes zur Neuordnung der Hinterbliebenenrenten sowie zur Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 11. Juli 1985 (BGBl. I S. 1450) mit Wirkung ab dem 1. Januar 1986 gestrichen und durch die bis zum 31. Dezember 1991 geltenden § 41 Abs. 2 AVG und § 1264 Abs. 2 RVO abgelöst. Diese Bestimmungen sahen nur noch vor, dass der Witwer nach dem Tod der versicherten Ehefrau eine Witwerrente erhielt. Sie fanden nach Art. 2 § 17a Abs. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Rentenversicherung der Angestellten vom 11. Juli 1985 (AnVNG) sowie Art. 2 § 18 Abs. 2 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Rentenversicherung der Arbeiter in der Fassung vom 11. Juli 1985 (ArVNG) Anwendung, wenn der Tod der Versicherten nach dem 31. Dezember 1985 eingetreten war. Lediglich für vorher verstorbene Versicherte galten die Bestimmungen in § 43 Abs. 1 AVG aF und § 1266 Abs. 1 RVO aF fort(vgl. Art. 2 § 18a AnVNG, Art. 2 § 19a ArVNG). Zudem konnten die Ehegatten gegenüber dem zuständigen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung bis zum 31. Dezember 1988 übereinstimmend erklären, dass für sie die am 31. Dezember 1985 geltenden Rechtsvorschriften für Renten an Witwen und Witwer anzuwenden waren, wenn beide Ehegatten vor dem 1. Januar 1936 geboren worden waren und ihre Ehe vor dem 1. Januar 1986 geschlossen worden war (Art. 2 § 17a Abs. 2 AnVNG, Art. 2 § 18 Abs. 3 ArVNG).

28

Bei der Neuregelung des Sozialversicherungsrechts durch das Rentenreformgesetz vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I S. 2261, berichtigt durch Gesetz vom 27. Juni 1990, BGBl. I S. 1337) zum 1. Januar 1992 wurden die lediglich für Übergangsfälle fortgeltenden Bestimmungen in § 43 Abs. 1 AVG aF und § 1266 Abs. 1 RVO aF endgültig aufgehoben und durch eine von der sprachlichen Fassung des § 6 Satz 1 Halbs. 2 der Pensionszusage abweichende Regelung ersetzt. Nach dem zum 1. Januar 1992 in Kraft getretenen § 303 SGB VI besteht, wenn der Versicherte vor dem 1. Januar 1986 gestorben ist oder die Ehegatten bis zum 31. Dezember 1988 eine wirksame Erklärung über die weitere Anwendung des bis zum 31. Dezember 1985 geltenden Hinterbliebenenrechts abgegeben haben, Anspruch auf eine Witwerrente unter den sonstigen Voraussetzungen des geltenden Rechts nur, wenn die Verstorbene den Unterhalt ihrer Familie im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tode überwiegend bestritten hat. Danach enthält § 303 Satz 1 SGB VI eine Konkretisierung auf den insoweit maßgeblichen Zeitraum, den § 6 Satz 1 Halbs. 2 der Pensionszusage nicht kennt. Die in § 303 Satz 1 SGB VI und in § 6 Satz 1 Halbs. 2 der Pensionszusage verwendeten Anspruchsvoraussetzungen wichen damit zum Zeitpunkt der Erteilung der Versorgungszusage so weit voneinander ab, dass sie von einem verständigen Arbeitnehmer nicht mehr als „synonym“ verstanden werden konnten.

29

(c) Letztlich kommt auch dem Umstand Bedeutung zu, dass zum Zeitpunkt der Erteilung der Pensionszusage im Jahr 2003 das Urteil des Senats vom 26. September 2000 (- 3 AZR 387/99 - zu II der Gründe) bekannt war. In dieser Entscheidung hat sich der Senat bei der Auslegung einer in ihrem Wortlaut im Wesentlichen mit der in § 6 Satz 1 Halbs. 2 der Pensionszusage getroffenen Regelung übereinstimmenden „Haupternährerklausel“ in einer Betriebsvereinbarung gerade nicht an den sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen und der hierzu ergangenen sozialgerichtlichen Rechtsprechung orientiert, sondern hat die Regelung - davon unabhängig - entsprechend dem Sinn und Zweck der zugesagten Hinterbliebenenleistung ausgelegt.

30

(2) § 6 Satz 1 Halbs. 2 der Pensionszusage lässt nicht erkennen, welche Voraussetzungen im Einzelnen erfüllt sein müssen, damit der Versorgungsberechtigte „Haupternährer“ im Sinne dieser Bestimmung ist.

31

(a) Dies gilt zunächst im Hinblick auf den Zeitraum, in dem der Versorgungsberechtigte „Haupternährer“ seiner Familie gewesen sein muss (in diesem Sinne bereits BAG 26. September 2000 - 3 AZR 387/99 - zu II 1 der Gründe). Der dem Kläger erteilten Pensionszusage lässt sich nicht entnehmen, ob es insoweit auf die gesamte Ehezeit, die gesamte Dauer des aktiven Erwerbslebens des Versorgungsberechtigten oder die Zeit vom Beginn der Erwerbstätigkeit des Versorgungsberechtigten bis zum Erreichen des gesetzlichen Renteneintrittsalters ankommt, oder ob nur der Zeitraum maßgeblich ist, in dem das Arbeitsverhältnis des Versorgungsberechtigten mit dem die Versorgung schuldenden Arbeitgeber bestanden hat.

32

(b) § 6 Satz 1 Halbs. 2 der Pensionszusage des Klägers enthält auch keine klaren Vorgaben, wann ein „überwiegendes Bestreiten des Familienunterhalts“ durch den Versorgungsberechtigten anzunehmen ist. Die Begriffe „Unterhalt“ und „Familie“ könnten zwar den Schluss zulassen, dass die Vertragsparteien an die Regelungen in §§ 1360, 1360a Abs. 1 BGB anknüpfen wollten. Nach § 1360 BGB sind die Ehegatten einander verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten. Nach § 1360a Abs. 1 BGB umfasst der angemessene Unterhalt der Familie alles, was nach den Verhältnissen der Ehegatten erforderlich ist, um die Kosten des Haushalts zu bestreiten und die persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und den Lebensbedarf der gemeinsamen unterhaltsberechtigten Kinder zu befriedigen. Eine Anknüpfung an die §§ 1360, 1360a BGB hätte allerdings zur Folge, dass der jeweilige Familienunterhaltsbedarf und die jeweiligen Unterhaltsbeiträge der Ehegatten für den maßgeblichen Zeitraum zu ermitteln wären. Eine solche Prüfung wäre für den Arbeitgeber mit einem beachtlichen zusätzlichen Verwaltungsaufwand verbunden. Ob ein Arbeitgeber eine solche Prüfung gewollt hat, könnte vor dem Hintergrund seines regelmäßig anzunehmenden Interesses an einer einfach zu handhabenden Regelung eher zweifelhaft sein. Dies könnte dafür sprechen, dass die „Haupternährereigenschaft“ iSv. § 6 Satz 1 Halbs. 2 der Pensionszusage nicht nach den Vorgaben der §§ 1360, 1360a BGB festzustellen wäre. Wann ein „überwiegendes Bestreiten des Familienunterhalts“ iSv. § 6 Satz 1 Halbs. 2 der Pensionszusage anzunehmen ist, bleibt damit unklar.

33

(c) Unklar bleibt letztlich auch, welche Einkünfte der Ehegatten im Rahmen der Prüfung der „Haupternährereigenschaft“ nach § 6 Satz 1 Halbs. 2 der Pensionszusage zu berücksichtigen sein sollen (vgl. bereits BAG 26. September 2000 - 3 AZR 387/99 - zu III der Gründe). Auch hierzu lässt die Pensionszusage des Klägers die erforderliche Eindeutigkeit vermissen. Zwar ist es grundsätzlich möglich, insoweit nur die Einkünfte der Ehegatten aus nichtselbständiger Arbeit zum Maßstab zu machen. Ein Arbeitgeber kann in einer Versorgungszusage aber ebenso gut auch auf die Einkünfte aus selbständiger Arbeit oder auf sämtliche Einkünfte unter Einschluss beispielsweise der Einkünfte aus Kapitalvermögen und Vermietung und Verpachtung abstellen. Was vorliegend gewollt war, lässt sich mangels hinreichender Anhaltspunkte in der Pensionszusage nicht im Wege der Auslegung bestimmen. Nicht bestimmbar ist ferner, ob - im Interesse der Praktikabilität der Regelung für den Arbeitgeber - die jeweiligen Bruttoeinkünfte der Ehegatten maßgeblich sein sollen oder es ob auf die Nettoeinkünfte ankommen soll, da nur diese Beträge der Familie tatsächlich zugeflossen sind und ihr damit als Unterhalt zur Verfügung standen.

34

c) Da die frühere Arbeitgeberin des Klägers die Kriterien zur Feststellung der „Haupternährereigenschaft“ iSv. § 6 Satz 1 Halbs. 2 der Pensionszusage unschwer so präzise hätte formulieren können, dass das Gewollte klar zu erkennen gewesen wäre, enthält § 6 Satz 1 Halbs. 2 der Pensionszusage vermeidbare Unklarheiten und eröffnet Wertungsspielräume (vgl. BAG 19. Februar 2014 - 5 AZR 700/12 - Rn. 36; 22. Februar 2012 - 5 AZR 765/10 - Rn. 18). Dies führt gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 iVm. Satz 1 BGB zur Unwirksamkeit der Bestimmung.

35

3. Die Unwirksamkeit von § 6 Satz 1 Halbs. 2 der Pensionszusage hat nicht zur Folge, dass die gesamte in § 6 der Pensionszusage getroffene Vereinbarung über die Witwenpension unwirksam ist. Die Regelung in § 6 Satz 1 der Pensionszusage ist teilbar.

36

a) § 306 Abs. 1 BGB weicht von der Auslegungsregel des § 139 BGB ab. Er bestimmt, dass der Vertrag bei Teilnichtigkeit grundsätzlich aufrechterhalten bleibt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die Teilbarkeit einer Bestimmung durch Streichung des unwirksamen Teils zu ermitteln (vgl. etwa BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 64; 12. März 2008 - 10 AZR 152/07 - Rn. 28). Maßgeblich ist, ob die Klausel mehrere sachliche Regelungen enthält und der unzulässige Teil sprachlich eindeutig abgrenzbar ist. Verbleibt nach „Wegstreichen“ der unwirksamen Teilregelung oder des unwirksamen Klauselteils eine verständliche Regelung, bleibt diese bestehen (sog. blue-pencil-Test, vgl. etwa BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 33/11 - Rn. 69; 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 27, BAGE 139, 156).

37

b) § 6 Satz 1 der Pensionszusage ist teilbar. Nach „Wegstreichen“ der in § 6 Satz 1 Halbs. 2 der Pensionszusage getroffenen Bestimmung, wonach der Versorgungsberechtigte den Unterhalt der Familie überwiegend bestritten haben muss, ist die verbleibende Regelung, nach der die Ehefrau des Versorgungsberechtigten nach dessen Tod eine Witwenpension iHv. 60 % der zugesagten Alterspension bzw. der bezogenen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitspension beanspruchen kann, weiter verständlich. Der wirksame Klauselteil kann auch ohne unzumutbare Härte iSv. § 306 Abs. 3 BGB aufrechterhalten werden.

38

4. Die „Haupternährerklausel“ in § 6 Satz 1 Halbs. 2 der Pensionszusage kann auch nicht im Wege ergänzender Vertragsauslegung durch eine transparente Bestimmung ersetzt werden. Es bestehen bereits keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer berechtigten Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner vereinbart hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der „Haupternährerklausel“ bekannt gewesen wäre (zum Ausschluss der ergänzenden Vertragsauslegung in diesen Fällen vgl. etwa BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 34, BAGE 124, 259). Abgesehen davon läuft die Ersetzung einer intransparenten Klausel durch eine transparente Bestimmung den gesetzlichen Wertungen des § 307 BGB zuwider. Deshalb kann sie nicht zulässiger Inhalt einer ergänzenden Vertragsauslegung sein.

39

a) Eine ergänzende Vertragsauslegung setzt voraus, dass der Vertrag infolge der durch die Unwirksamkeit einer Vertragsklausel entstandenen Lücke einer Vervollständigung bedarf. Dies verlangt zumindest, dass die ersatzlose Streichung der unwirksamen Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen keine angemessene, den typischen und schutzwürdigen Interessen des Klauselverwenders und seines Vertragspartners Rechnung tragende Lösung bietet (BAG 21. August 2012 - 3 AZR 698/10 - Rn. 31, BAGE 143, 30).

40

b) Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die ehemalige Arbeitgeberin des Klägers hat kein schutzwürdiges Interesse an der Aufrechterhaltung der Klausel mit einem zulässigen Inhalt. Sie hatte es bei Erteilung der Pensionszusage in der Hand, eine transparente Klausel ohne ungerechtfertigte Wertungsspielräume zu formulieren.

41

5. Da § 6 Satz 1 Halbs. 2 der Pensionszusage bereits wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist, bedarf es vorliegend keiner Entscheidung, ob die Klausel eine mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts iSd. § 7 Abs. 1 Halbs. 1, § 3 AGG bewirkt und daher nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam ist. Ebenso kann dahinstehen, ob die Bestimmung zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung des Klägers gegenüber den Kollegen führt, deren Ehefrauen nicht erwerbstätig gewesen sind.

42

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Schlewing    

        

    Spinner    

        

    Ahrendt    

        

        

        

    Heuser    

        

    Möller    

                 

(1) Werden einem Arbeitnehmer Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zugesagt (betriebliche Altersversorgung), gelten die Vorschriften dieses Gesetzes. Die Durchführung der betrieblichen Altersversorgung kann unmittelbar über den Arbeitgeber oder über einen der in § 1b Abs. 2 bis 4 genannten Versorgungsträger erfolgen. Der Arbeitgeber steht für die Erfüllung der von ihm zugesagten Leistungen auch dann ein, wenn die Durchführung nicht unmittelbar über ihn erfolgt.

(2) Betriebliche Altersversorgung liegt auch vor, wenn

1.
der Arbeitgeber sich verpflichtet, bestimmte Beiträge in eine Anwartschaft auf Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung umzuwandeln (beitragsorientierte Leistungszusage),
2.
der Arbeitgeber sich verpflichtet, Beiträge zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung zu zahlen und für Leistungen zur Altersversorgung das planmäßig zuzurechnende Versorgungskapital auf der Grundlage der gezahlten Beiträge (Beiträge und die daraus erzielten Erträge), mindestens die Summe der zugesagten Beiträge, soweit sie nicht rechnungsmäßig für einen biometrischen Risikoausgleich verbraucht wurden, hierfür zur Verfügung zu stellen (Beitragszusage mit Mindestleistung),
2a.
der Arbeitgeber durch Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrages in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung verpflichtet wird, Beiträge zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung nach § 22 zu zahlen; die Pflichten des Arbeitgebers nach Absatz 1 Satz 3, § 1a Absatz 4 Satz 2, den §§ 1b bis 6 und 16 sowie die Insolvenzsicherungspflicht nach dem Vierten Abschnitt bestehen nicht (reine Beitragszusage),
3.
künftige Entgeltansprüche in eine wertgleiche Anwartschaft auf Versorgungsleistungen umgewandelt werden (Entgeltumwandlung) oder
4.
der Arbeitnehmer Beiträge aus seinem Arbeitsentgelt zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung leistet und die Zusage des Arbeitgebers auch die Leistungen aus diesen Beiträgen umfasst; die Regelungen für Entgeltumwandlung sind hierbei entsprechend anzuwenden, soweit die zugesagten Leistungen aus diesen Beiträgen im Wege der Kapitaldeckung finanziert werden.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 10. September 2010 - 7 Sa 633/10 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Rückzahlung von Fortbildungskosten.

2

Der Kläger betreibt ein Ingenieurbüro. Er führt ua. Fahrzeugprüfungen im Auftrag einer amtlich anerkannten Überwachungsorganisation durch. Im Rahmen dieser Tätigkeit bildet er Ingenieure für deren spätere Funktion als Kfz-Prüfingenieure aus. Der Beklagte ist Diplomingenieur.

3

Am 15. Januar 2008 schlossen die Parteien eine „Fortbildungsvereinbarung“, die auszugsweise lautet:

        

㤠1 Ausbildung

        

Der Lehrgangsteilnehmer wird von dem Ingenieurbüro T für seine spätere Tätigkeit als KFZ-Prüfingenieur einer amtlich anerkannten Überwachungsorganisation vorbereitet und entsprechend ausgebildet. …

        

…       

        

§ 3 Lehrgang

        

Der Lehrgangsteilnehmer wird vom Ingenieurbüro T zu einem entsprechenden Lehrgang bei einer amtlich anerkannten Überwachungsorganisation angemeldet, um dort die geforderten theoretischen Ausbildungstage zu absolvieren. Die praktische Ausbildung erfolgt in der übrigen Zeit im Ingenieurbüro. Die Dauer der gesamten Ausbildung beträgt gem. Anlage IIIV b zur StVZO sechs Monate und findet ganztägig statt. Darüber hinaus ist eine zusätzliche Schulung gem. Ziff. 4.1.1. der Anlage IIIV b von zwei Monaten vorgesehen. Die Kosten für den Lehrgang trägt das Ingenieurbüro. Beginn der Ausbildung ist der 21.01.2008.

        

…       

        

§ 5 Fahrzeug

        

Für die Fahrten zu den Ausbildungsstätten wird dem Lehrgangsteilnehmer ein Fahrzeug zur Verfügung gestellt, mit dem er die erforderlichen Fahrten durchführen soll. Das Fahrzeug dient ausschließlich der betrieblichen Nutzung. Es wird am Betriebsgelände zur Verfügung gestellt und ist ggf. mit anderen Lehrgangsteilnehmern des Ingenieurbüros zu teilen. Die Fahrten zu und von der Betriebsstätte hat der Lehrgangsteilnehmer auf eigene Kosten zu tragen. …

        

…       

        

§ 7 Ausbildungsvergütung

        

Der Lehrgangsteilnehmer erhält vom Ingenieurbüro keine zusätzliche finanzielle Unterstützung für seine Lebenshaltung während der Dauer der Ausbildung. Damit bestehen keine Ansprüche auf Ausbildungsvergütung gegenüber dem Ingenieurbüro.

        

§ 8 Arbeitszeit

        

Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt 40 Wochenstunden. Aufgrund der häufigen Dienstreisen wird keine ausdrückliche Anwesenheitszeit in der Betriebsstätte vereinbart. Der Lehrgangsteilnehmer hat jedoch dafür Sorge zu tragen, dass die erforderliche fachpraktische Ausbildung zeitlich absolviert werden kann.

        

…       

        

§ 10 Abbruch der Ausbildung

        

Kommt es durch Umstände zum Abbruch der Ausbildung, die der Lehrgangsteilnehmer zu vertreten hat, oder besteht der Lehrgangsteilnehmer die erforderliche Abschlussprüfung endgültig nicht, so haftet dieser gegenüber dem Ingenieurbüro mit den Kosten der Ausbildung. In diesem Fall beziffert das Ingenieurbüro die angefallenen Ausbildungskosten entsprechend der erfolgten Leistungen und ggf. nach billigem Ermessen. Hierzu gehören in jedem Fall die Lehrgangskosten bei der amtlich anerkannten Überwachungsorganisation, die Fahrzeugkosten, die Übernachtungskosten sowie die Kosten im Zusammenhang mit der praktischen Ausbildung, soweit diese nicht durch Förderungsmaßnahmen der Agentur für Arbeit übernommen worden sind.

        

Im Falle der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses hat der Lehrgangsteilnehmer unverzüglich sämtliche im Eigentum des Ingenieurbüros stehenden Gegenstände an dieses herauszugeben.

        

§ 11 Gegenseitig Ansprüche

        

…       

        

Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass der Lehrgangsteilnehmer nach erfolgreicher Ausbildung in ein unbefristetes Dienstverhältnis mit dem Ingenieurbüro eintritt.

        

…       

        

§ 12 Salvatorische Klausel

        

Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages unwirksam sein oder werden, oder dieser Vertrag Lücken enthalten, wird dadurch die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt.

        

…“    

4

Der Beklagte begann die Ausbildung am 21. Januar 2008. Am 9. Juni 2008 erschien er im Büro des Klägers, ließ dort alle ihm überlassenen Arbeitsmaterialien und Unterlagen zurück, verließ das Büro und meldete sich auch in der Folgezeit nicht mehr beim Kläger. Er setzte die Fortbildung zum Kfz-Prüfingenieur anderweitig fort und schloss sie erfolgreich ab. Die von ihm beim Kläger zurückgelegten Ausbildungsabschnitte wurden dabei angerechnet.

5

Die Ausbildung des Beklagten setzte sich aus einem theoretischen Teil, der dem Beklagten durch eine andere Ausbildungsstätte in L vermittelt wurde, und der betriebspraktischen Tätigkeit im Ingenieurbüro des Klägers in B zusammen. Die Kosten des theoretischen Teils wurden von der Arbeitsverwaltung gefördert; der Beklagte erhielt einen Bildungsgutschein, mit dem die Kosten der theoretischen Ausbildung in L abgedeckt wurden, die sich auf 8.500,00 Euro beliefen. Bis zum 9. Juni 2008 nahm der Beklagte an insgesamt zehn Lehrgangseinheiten teil. Die in diesem Zusammenhang entstandenen Kosten für 57 Übernachtungen übernahm der Kläger ebenso wie die hierbei angefallenen Verpflegungskosten für 63 Tage. Der Beklagte führte die Fahrten zur theoretischen Ausbildung in L und von seinem Wohnort in W zur Ausbildungsstätte in B mit einem vom Kläger gestellten Firmenfahrzeug durch. Der Kläger überließ dem Beklagten das Fahrzeug entgegen der Regelung in § 5 der Fortbildungsvereinbarung auch für die Fahrten von seinem Wohnort zur Ausbildungsstätte in B. Die praktische Ausbildung des Beklagten im Betrieb des Klägers umfasste 26 Tage.

6

Der Kläger forderte den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 13. August 2008 unter Fristsetzung zum 27. August 2008 vergeblich zur Zahlung von Fortbildungskosten in Höhe von 7.177,00 Euro auf.

7

Mit seiner Klage begehrt der Kläger vom Beklagten die Zahlung dieser Fortbildungskosten, die er im Einzelnen wie folgt beziffert:

        

1.    

Übernachtungskosten

1.425,00 Euro

        

2.    

Verpflegungskosten

630,00 Euro

        

3.    

Fahrtkosten

2.340,00 Euro

        

4.    

Kosten der praktischen Ausbildung

1.300,00 Euro

        

5.    

Fahrtkosten für Fahrten nach B

1.482,00 Euro

                 

______________________

___________

                 

Summe 

7.177,00 Euro

8

Zu dieser Forderungsaufstellung hat der Kläger ausgeführt, die Kosten für die im Rahmen der theoretischen Ausbildung in L angefallenen 57 Übernachtungen hätten sich - bei Kosten iHv. 25,00 Euro je Übernachtung - auf insgesamt 1.425,00 Euro belaufen. Die Verpflegungskosten seien an 63 Tagen angefallen und hätten jeweils 10,00 Euro täglich und damit insgesamt 630,00 Euro betragen. Die geforderten Fahrtkosten für die Fahrten von B nach L iHv. 2.340,00 Euro errechneten sich aus der einfachen Fahrtstrecke von 390 km unter Zugrundelegung eines Betrages iHv. 0,30 Euro je gefahrenem Kilometer und insgesamt zehn Lehrgangseinheiten. Die Forderung von 1.300,00 Euro für die praktische Ausbildung errechne sich für 26 Tage, an denen diese im Betrieb des Klägers stattgefunden habe, und einem hierfür angemessenen und branchenüblichen Betrag iHv. 50,00 Euro je Ausbildungstag. Für die Fahrten des Beklagten von seinem Wohnort zur Ausbildungsstätte in B seien bei einer einfachen Entfernung von 95 km unter Zugrundelegung eines Betrages von 0,30 Euro je gefahrenem Kilometer und insgesamt 26 Tagen praktischer Ausbildung 1.482,00 Euro anzusetzen.

9

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, allein der Beklagte habe den Abbruch der Fortbildung zu vertreten, so dass sich der Zahlungsanspruch aus § 10 der Fortbildungsvereinbarung ergebe. Diese Klausel sei wirksam. Sie genüge dem Transparenzgebot. Vor Abschluss der Fortbildungsvereinbarung sei dem Beklagten ausführlich erläutert worden, dass neben den Lehrgangskosten auch Kosten für die praktische Ausbildung und die Unterbringung in L sowie die Fahrtkosten dorthin anfallen würden. Da die Kosten von dem individuellen Verhalten des Beklagten im Rahmen seiner Ausbildung abhängig gewesen seien, hätten diese vorher nicht näher beziffert werden können. Zudem handele es sich beim Beklagten nicht um einen unerfahrenen Berufsanfänger oder einen Arbeitnehmer, der im Geschäftsverkehr ungewandt sei. Bei Abschluss der Fortbildungsvereinbarung sei der Beklagte 40 Jahre alt, seit vielen Jahren als Ingenieur tätig und damit auch mit dem Abschluss von Verträgen befasst gewesen, so dass er sein Risiko habe einschätzen können.

10

Für den Fall der Unwirksamkeit der Rückzahlungsklausel sei es für den Kläger unzumutbar, an dem Vertrag festgehalten zu werden. Deshalb sei der Beklagte durch ergänzende Vertragsauslegung zur Zahlung der Fortbildungskosten zu verpflichten. Zumindest ergebe sich im Falle der Unwirksamkeit der Rückzahlungsklausel ein Bereicherungsanspruch, da der Beklagte die Fortbildung dann ohne rechtlichen Grund erlangt habe.

11

Der Kläger hat beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 7.177,00 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. August 2008 zu zahlen.

12

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen und die Auffassung vertreten, § 10 der Fortbildungsvereinbarung genüge dem Transparenzgebot nicht und sei damit unwirksam. Anhand der Angaben in § 10 der Fortbildungsvereinbarung habe er die wirtschaftlichen Belastungen durch diese Klausel nicht abschätzen können. Dem Kläger stehe der geltend gemachte Anspruch auch nicht aus Bereicherungsrecht zu. Lediglich die Rückzahlungsklausel sei unwirksam, nicht jedoch der Fortbildungsvertrag insgesamt. Dieser stelle daher einen Rechtsgrund für die von ihm erlangten Ausbildungsleistungen dar.

13

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen geführte Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen die klageabweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Erstattung der Fortbildungskosten aus der Fortbildungsvereinbarung. Auch ein bereicherungsrechtlicher Anspruch steht dem Kläger nicht zu.

15

I. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Erstattung der Fortbildungskosten aus der Fortbildungsvereinbarung vom 15. Januar 2008. Die Rückzahlungsklausel in § 10 der Fortbildungsvereinbarung ist unwirksam. Die Klausel benachteiligt den Beklagten unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB und ist deshalb unwirksam. Die Klausel entfällt ersatzlos und ist auch nicht im Wege ergänzender Vertragsauslegung mit einem zulässigen Inhalt aufrechtzuerhalten.

16

1. Die Vertragsklausel unterfällt der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB. Die Fortbildungsvereinbarung enthält nach den von den Parteien nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 BGB.

17

2. § 10 der Fortbildungsvereinbarung ist nach § 307 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB unwirksam. Der Beklagte wird durch die Rückzahlungsklausel unangemessen benachteiligt. Die von dem Kläger gestellte Klausel ist nicht hinreichend klar und verständlich. Die Klausel lässt nicht erkennen, welche finanziellen Belastungen - ggf. in welcher Größenordnung - auf den Beklagten zukommen konnten.

18

a) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich die zur Unwirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führende unangemessene Benachteiligung daraus ergeben, dass die Vertragsklausel nicht klar und verständlich ist. Dieses Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Danach müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Vertragsbestimmung so genau beschrieben werden, dass für den Verwender der Klausel keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird (vgl. BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 14, BAGE 124, 259; 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - Rn. 45, BAGE 115, 372). Eine Klausel muss im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners des Klauselverwenders so klar und präzise wie möglich umschreiben. Sie verletzt das Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten enthält und Spielräume eröffnet. Die Voraussetzungen und der Umfang der Leistungspflicht müssen so bestimmt oder zumindest so bestimmbar sein, dass der Vertragspartner des Verwenders bereits bei Vertragsschluss erkennen kann, was ggf. „auf ihn zukommt“. Allerdings darf das Transparenzgebot den Verwender nicht überfordern. Die Verpflichtung, den Klauselinhalt klar und verständlich zu formulieren, besteht nur im Rahmen des Möglichen (BAG 1. September 2010 - 5 AZR 517/09 - Rn. 15, BAGE 135, 250; 5. August 2009 - 10 AZR 483/08 - Rn. 14, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 85 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 10; BGH 5. November 2003 - VIII ZR 10/03 - zu II 2 b aa der Gründe, NJW 2004, 1598; 3. März 2004 - VIII ZR 153/03 - zu II 2 a bb der Gründe, NZM 2004, 379).

19

b) Das Bundesarbeitsgericht hat die Frage, ob in einer Fortbildungsvereinbarung, die unter bestimmten Voraussetzungen die Erstattung der Fortbildungskosten vorsieht, die Kosten der Fortbildung zumindest der Größenordnung nach anzugeben sind, damit die Klausel den Anforderungen an die Transparenz entspricht, bisher offengelassen (zuletzt BAG 15. September 2009 - 3 AZR 173/08 - Rn. 40, AP BGB § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 42 = EzA BGB 2002 § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 13). Dem Transparenzgebot ist nur genügt, wenn die ggf. zu erstattenden Kosten dem Grunde und der Höhe nach im Rahmen des Möglichen angegeben sind. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Anforderungen, die an die Transparenz einer Rückzahlungsvereinbarung zu stellen sind, nicht überzogen sein dürfen. Der Verwender der Klausel ist nicht verpflichtet, die Kosten der Ausbildung bei Abschluss der Rückzahlungsvereinbarung exakt der Höhe nach zu beziffern. Im Sinne eines Ausgleichs der widerstreitenden Interessen von Klauselverwender und Vertragspartner müssen die Angaben jedoch so beschaffen sein, dass der Vertragspartner sein Rückzahlungsrisiko abschätzen kann. Dazu sind zumindest Art und Berechnungsgrundlagen der ggf. zu erstattenden Kosten anzugeben. Ohne die genaue und abschließende Bezeichnung der einzelnen Positionen (zB Lehrgangsgebühren, Fahrt-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten), aus denen sich die Gesamtforderung zusammensetzen soll, und der Angabe, nach welchen Parametern die einzelnen Positionen berechnet werden (zB Kilometerpauschale für Fahrtkosten, Tagessätze für Übernachtungs- und Verpflegungskosten), bleibt für den Vertragspartner unklar, in welcher Größenordnung eine Rückzahlungsverpflichtung auf ihn zukommen kann, wenn er seine Ausbildung abbricht. Ohne diese Angaben kann der Vertragspartner sein Zahlungsrisiko nicht abschätzen und bei Vertragsschluss in seine Überlegungen einbeziehen. Zudem eröffnet das Fehlen solcher Angaben dem Verwender der Klausel vermeidbare Spielräume.

20

c) Danach genügen die Angaben in § 10 der Fortbildungsvereinbarung dem Transparenzgebot nicht.

21

aa) Die in der Rückzahlungsklausel verwendete Bezeichnung „Kosten im Zusammenhang mit der praktischen Ausbildung“ lässt offen, welche Kosten dies im Einzelnen sein sollen. Sie schafft für den Kläger einen ungerechtfertigten Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum. Es fehlt an der Angabe, welche Kosten damit gemeint sind und in welcher Höhe diese anfallen können.

22

Die genaue Bezeichnung dieser Kosten war dem Kläger möglich und zumutbar. Dies ergibt sich einerseits aus der Berechnung des Klägers im vorliegenden Rechtsstreit und andererseits daraus, dass der Kläger - nach den nicht angegriffenen und damit für den Senat bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts - bereits zahlreiche Prüfingenieure ausgebildet und folglich Kenntnis über die dabei angefallenen Kosten hat. Es wäre daher möglich und zumutbar gewesen, den vom Kläger als angemessen und branchenüblich bezeichneten Betrag von 50,00 Euro je Ausbildungstag im Vertrag festzuschreiben.

23

bb) Die geltend gemachten Verpflegungskosten sind in der Rückzahlungsklausel als eventuelle Rückforderungsposition überhaupt nicht aufgeführt, obwohl sie erkennbar als Tagespauschale verlangt werden und deshalb jedenfalls als solche in § 10 der Fortbildungsvereinbarung hätten bezeichnet werden können.

24

cc) Die Übernachtungskosten sind in § 10 der Fortbildungsvereinbarung zwar genannt. Es ist jedoch nicht angegeben, in welcher Höhe diese Kosten pro Übernachtung in etwa anfallen konnten. Dem Kläger wäre es möglich und zumutbar gewesen, zumindest die ungefähre Höhe der voraussichtlich für jede Übernachtung anfallenden Kosten im Vertrag zu bezeichnen.

25

dd) Bei den Fahrtkosten hätte die geforderte Pauschale iHv. 0,30 Euro je gefahrenem Kilometer angegeben werden können. In der Fortbildungsvereinbarung ist lediglich von „Fahrzeugkosten“ die Rede. Diese Bezeichnung ist unklar, weil dieser Begriff nicht zwischen Anschaffungs-, Unterhalts- und Verbrauchskosten unterscheidet. Der Klausel lässt sich nicht entnehmen, ob der Vertragspartner alle diese mit dem Begriff Fahrzeugkosten möglicherweise umschriebenen Kosten im Falle des Ausbildungsabbruchs zu übernehmen hat oder ob eine Pauschale - ggf. in welcher Höhe - geschuldet sein soll.

26

d) Auch bei Berücksichtigung der Erfahrungen des Beklagten im Geschäftsverkehr ist die Klausel für ihn unbestimmt und unklar.

27

aa) Bei Verbraucherverträgen sind im Individualprozess gem. § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen. Zu den konkret-individuellen Begleitumständen gehören bei richtlinienkonformer Auslegung des Gesetzes unter Berücksichtigung des 16. Erwägungsgrundes zur Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. EG L 95 vom 21. April 1993 S. 29) insbesondere (1) persönliche Eigenschaften des individuellen Vertragspartners, die sich auf die Verhandlungsstärke auswirken, (2) Besonderheiten der konkreten Vertragsabschlusssituation, wie zB. Überrumpelung, Belehrung sowie (3) untypische Sonderinteressen des Vertragspartners. Die Berücksichtigung dieser Umstände kann sowohl zur Unwirksamkeit einer nach generell-abstrakter Betrachtung wirksamen Klausel als auch zur Wirksamkeit einer nach typisierter Inhaltskontrolle unwirksamen Klausel führen (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu II 3 c der Gründe mwN, BAGE 115, 372).

28

bb) Der Umstand, dass der Beklagte bei Vertragsschluss bereits 40 Jahre alt war und als Diplomingenieur eine akademische Ausbildung genossen hatte, zeigt nicht, weshalb es ihm möglich gewesen sein soll, die Kosten der Fortbildung abzuschätzen, zumal er diese Fortbildung bislang nicht durchlaufen hatte. Hinzu kommt, dass die Klausel dem Kläger Beurteilungs- und Gestaltungsspielräume überlässt, so dass der Beklagte auch als erfahrener Geschäftsmann bei Vertragsschluss nicht vorhersehen konnte, welche Größenordnung die Kosten erreichen würden.

29

e) Gesetzliche Vorschriften oder richterrechtliche Rechtsgrundsätze, die nach § 306 Abs. 2 BGB an Stelle der nach § 307 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB unwirksamen Rückzahlungsklausel zur Anwendung kommen und einen Rückzahlungsanspruch zugunsten des Klägers begründen könnten, bestehen nicht(BAG 13. Dezember 2011 - 3 AZR 791/09 - Rn. 34, NZA 2012, 738; 11. April 2006 - 9 AZR 610/05 - Rn. 33, BAGE 118, 36).

30

3. Eine ergänzende Vertragsauslegung scheidet ebenfalls aus. Anderenfalls würden die gesetzlichen Wertungen des § 307 BGB unterlaufen.

31

a) Eine ergänzende Vertragsauslegung setzt voraus, dass der Regelungsplan der Parteien infolge der durch die Unwirksamkeit einer Vertragsklausel entstandenen Lücke einer Vervollständigung bedarf. Dies verlangt zumindest, dass die ersatzlose Streichung der unwirksamen Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen keine angemessene, den typischen und schutzwürdigen Interessen des Klauselverwenders und seines Vertragspartners Rechnung tragende Lösung bietet (BAG 13. Dezember 2011 - 3 AZR 791/09 - Rn. 36 mwN, NZA 2012, 738).

32

b) Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Kläger hat kein schutzwürdiges Interesse an der Aufrechterhaltung der Klausel mit einem zulässigen Inhalt. Er hätte es in der Hand gehabt, eine transparente Klausel ohne ungerechtfertigte Wertungsspielräume zu verwenden.

33

II. Der Kläger kann sein Zahlungsverlangen auch nicht auf bereicherungsrechtliche Vorschriften stützen.

34

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der Fortbildungskosten nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, § 818 Abs. 2 BGB. Der Beklagte hat die Fortbildung nicht ohne rechtlichen Grund vom Kläger erlangt. Der rechtliche Grund besteht in der - mit Ausnahme der Rückzahlungsklausel - wirksamen Fortbildungsvereinbarung.

35

a) Der Rechtsgrund für die Übernahme der Fortbildungskosten durch den Kläger ist § 3 der Fortbildungsvereinbarung, der bestimmt, dass der Kläger die Lehrgangskosten trägt. Auch die Rückzahlungsvereinbarung zeigt, dass die Parteien davon ausgegangen sind, dass die Kosten für die Fortbildung jedenfalls zunächst vom Kläger zu tragen sind und vom Beklagten lediglich unter bestimmten, in der Rückzahlungsvereinbarung bezeichneten Voraussetzungen zu erstatten sein sollen. Die Unwirksamkeit der Rückzahlungsklausel in § 10 der Fortbildungsvereinbarung lässt nicht den Rechtsgrund für die Kostentragung des Klägers entfallen.

36

b) Die Fortbildungsvereinbarung vom 15. Januar 2008 ist nicht insgesamt nichtig. Nach § 306 Abs. 1 BGB hat die Unwirksamkeit der Rückzahlungsklausel nicht die Unwirksamkeit der gesamten Fortbildungsvereinbarung zur Folge. Weder führt die fehlende Vereinbarung einer Vergütung während der Ausbildung zur Sittenwidrigkeit des Fortbildungsvertrages und damit zu dessen Nichtigkeit nach § 138 BGB noch ergibt sich die Nichtigkeit aus § 12 Abs. 2 Nr. 1 BBiG.

37

aa) Die Unwirksamkeit der Rückzahlungsklausel lässt nach § 306 Abs. 1 BGB den Bestand der Fortbildungsvereinbarung im Übrigen unberührt. Ein Festhalten an der Fortbildungsvereinbarung ohne die Rückzahlungsklausel stellt für den Kläger keine unzumutbare Härte dar (§ 306 Abs. 3 BGB). Als Verwender einer intransparenten Klausel trägt der Kläger das Risiko der Unwirksamkeit allein dieser Klausel.

38

bb) Selbst wenn die fehlende Vergütungspflicht für die Tätigkeit des Beklagten im Rahmen der praktischen Ausbildung zur Unwirksamkeit von § 7 der Fortbildungsvereinbarung führen würde, hätte dies nicht die Nichtigkeit der gesamten Fortbildungsvereinbarung zur Folge, sondern lediglich der Regelung in § 7 der Fortbildungsvereinbarung. Dies würde dazu führen, dass nach § 612 Abs. 2 BGB die übliche Vergütung geschuldet wäre.

39

cc) Die Fortbildungsvereinbarung ist auch nicht nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 BBiG nichtig. Danach ist die Vereinbarung über die Verpflichtung Auszubildender, für die Berufsausbildung eine Entschädigung zu zahlen, nichtig.

40

§ 12 Abs. 2 Nr. 1 BBiG ist auf die Fortbildungsvereinbarung vom 15. Januar 2008 schon deshalb nicht anzuwenden, weil diese keine Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes zum Gegenstand hat. Dem Beklagten wird mit der Ausbildung zum Kfz-Prüfingenieur keine breit angelegte berufliche Grundbildung iSd. § 1 Abs. 3 BBiG vermittelt(vgl. BAG 21. November 2001 - 5 AZR 158/00 - zu I 1 der Gründe, BAGE 100, 13).

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§ 12 Abs. 2 Nr. 1 BBiG gilt auch nicht nach § 26 BBiG. Unter § 26 BBiG fällt nicht die Weiterbildung von bereits ausgebildeten Fachkräften für bestimmte Aufgaben, die im Rahmen der beruflichen Weiterbildung oder beruflichen Anpassung eng abgegrenzte betriebliche Bildungsmaßnahmen besuchen(BAG 21. November 2001 - 5 AZR 158/00 - zu I 1 der Gründe, BAGE 100, 13; 15. März 1991 - 2 AZR 516/90 - zu II 2 c aa der Gründe, AP BBiG § 47 Nr. 2 = EzA BBiG § 47 Nr. 1). Der Beklagte war ausgebildeter Ingenieur, der lediglich eine spezielle Fortbildung zum Kfz-Prüfingenieur erhalten sollte.

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2. Der Kläger kann sein Zahlungsbegehren auch nicht mit Erfolg auf § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1, § 818 Abs. 2 BGB stützen. Danach besteht die Verpflichtung zur Herausgabe des Erlangten auch dann, wenn der rechtliche Grund später weggefallen ist. Ein Anspruch hiernach scheidet aus, weil der rechtliche Grund für die Kostenübernahme des Klägers in § 3 der Fortbildungsvereinbarung liegt und dieser nicht weggefallen ist, sondern nur die Rückzahlungsklausel in § 10 der Fortbildungsvereinbarung.

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3. Der Kläger hat auch keinen Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2, § 818 Abs. 2 BGB. Danach besteht die Verpflichtung zur Herausgabe des Erlangten auch dann, wenn der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

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a) Ein Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB erfordert eine Einigung der Parteien über den mit der Leistung bezweckten Erfolg. Die Einigung darf aber nicht den Charakter einer vertraglichen Bindung haben. Haben die Parteien eine Vereinbarung geschlossen, aufgrund derer die Leistungen erbracht werden sollen, ist das Rechtsverhältnis nach den Grundsätzen des Vertragsrechts abzuwickeln. Ein Bereicherungsanspruch wegen Zweckverfehlung ist ausgeschlossen, wenn der bezweckte, aber nicht (vollständig) erreichte Erfolg Inhalt einer vertraglichen Bindung war; für die Abwicklung gelten dann die Grundsätze des Vertragsrechts (BGH 17. Juni 1992 - XII ZR 253/90 - zu 2 der Gründe, NJW 1992, 2690; Palandt/Sprau 71. Aufl. § 812 Rn. 34). § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB setzt voraus, dass der nicht erreichte Leistungszweck nicht in der Erfüllung einer Verbindlichkeit bestanden hat, weil diese Fälle bereits von § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 und Satz 2 Alt. 1 BGB erfasst werden. § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB ist allerdings nicht nur dann anwendbar, wenn die Leistung überhaupt nicht im Hinblick auf eine rechtliche Verpflichtung erfolgt ist, sondern auch dann, wenn mit der Leistung sowohl eine Verbindlichkeit erfüllt werden sollte als auch ein über die Erfüllung der Verbindlichkeit hinausgehender Erfolg bezweckt wurde, der nicht eingetreten ist (BGH 14. Mai 1991 - X ZR 2/90 - zu I 2 a der Gründe, NJW-RR 1991, 1269; MünchKommBGB/Schwab 5. Aufl. § 812 BGB Rn. 377 - 380). Der „Zweck“ iSd. § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB darf jedoch nicht Gegenstand der vertraglichen Bindung oder Bedingung eines Rechtsgeschäfts sein (BGH 10. November 2003 - II ZR 250/01 - zu II 2 der Gründe, NJW 2004, 512).

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b) Danach hat der Kläger keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Erstattung der Fortbildungskosten nach § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB. Zweck der Fortbildungsvereinbarung war es, den Beklagten durch die Fortbildung für die spätere Tätigkeit beim Kläger zu befähigen. Dieser Zweck ist nach § 1 der Fortbildungsvereinbarung ausdrücklich Gegenstand dieser Vereinbarung. Dies ergibt sich auch aus § 11 Abs. 2 der Fortbildungsvereinbarung, wonach sich die Vertragsparteien darüber einig sind, dass der Lehrgangsteilnehmer nach erfolgreicher Ausbildung in ein unbefristetes Dienstverhältnis mit dem Ingenieurbüro eintritt. Dieser Zweck wurde zwar verfehlt. Daraus ergibt sich jedoch kein Anspruch des Klägers aus § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB, da der Zweck Gegenstand der vertraglichen Bindungen der Parteien war.

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4. Im Übrigen stehen auch Sinn und Zweck des Rechtsfolgensystems des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen bereicherungsrechtlichen Ansprüchen entgegen. Der Zweck des Transparenzgebotes würde unterlaufen, wenn der Klauselverwender einen vertraglich vereinbarten Rückzahlungsanspruch infolge einer intransparenten Vertragsgestaltung verlieren, anschließend aber über den Bereicherungsausgleich das nach §§ 305 ff. BGB missbilligte Ziel erreichen würde (vgl. Palandt/Sprau 71. Aufl. Einf. v. § 812 Rn. 5). Das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen verfolgt mit dem beim Klauselverwender eintretenden Rechtsverlust den Zweck, die erfolgte Vermögensverschiebung bestehen zu lassen. Nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 306 Abs. 3 BGB kommt ein Bereicherungsanspruch nach § 812 BGB in Betracht(vgl. Palandt/Grüneberg 71. Aufl. § 306 Rn. 19). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

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III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Spinner    

        

        

        

    Schmidt    

        

    Schepers    

                 

Individuelle Vertragsabreden haben Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Der Basiszinssatz beträgt 3,62 Prozent. Er verändert sich zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres um die Prozentpunkte, um welche die Bezugsgröße seit der letzten Veränderung des Basiszinssatzes gestiegen oder gefallen ist. Bezugsgröße ist der Zinssatz für die jüngste Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahrs.

(2) Die Deutsche Bundesbank gibt den geltenden Basiszinssatz unverzüglich nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Zeitpunkten im Bundesanzeiger bekannt.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.