Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 04. Juni 2012 - 5 K 2591/10

ECLI:ECLI:DE:FGRLP:2012:0604.5K2591.10.0A
bei uns veröffentlicht am04.06.2012

Tenor

I. Unter Aufhebung des insoweit entgegen stehenden Bescheides vom 22. September 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. Oktober 2010 wird die Beklagte verpflichtet, der Klägerin auch für die Monate Mai 2009 bis (einschließlich) Januar 2010 Kindergeld für ihre Tochter S in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist zugunsten der Klägerin wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob der Klägerin auch für die Monate Mai 2009 bis (einschließlich) Januar 2010 Kindergeld für ihre Tochter Sonja-Marie zusteht.

2

Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 19. Februar 2009 mit, dass ihre Tochter S, geboren am 28. April 1991, in Kürze 18 Jahre alt werde und dass deshalb die Kindergeldzahlung mit dem Monat April 2009 ende. Eine Weiterzahlung sei möglich, wenn sich ihre Tochter z.B. in Schul- oder Berufsausbildung befinde oder einen Arbeitsplatz suche. Dem Schreiben der Beklagten war ein Antragsvordruck beigefügt, den die Klägerin ausgefüllt und mit Datum vom 15. April 2009 unterzeichnet an die Beklagte zurücksandte. Die Klägerin gab an, dass sich ihre Tochter bis Sommer 2010 in Schulausbildung befinde.

3

Die Beklagte erwiderte mit Schreiben vom 21. April 2009, dass über den Anspruch auf Kindergeld noch nicht bzw. noch nicht endgültig entschieden werden könne, weil noch die Schulbescheinigung für die Zeit ab Mai 2009 fehle.

4

Mit Schreiben vom 23. September 2009 (Bl. 28 der KG-Akte) erinnerte die Beklagte die Klägerin an die Beantwortung des Schreibens vom 21. April 2009 und kündigte die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung an, falls sich die Klägerin nicht äußere.

5

Mit Bescheid vom 14. Januar 2010 wurde der Antrag der Klägerin auf Kindergeld abgelehnt. Zur Begründung wurde Folgendes ausgeführt:

6

„Zur Feststellung des Kindergeldanspruchs wurde zuletzt mit Schreiben vom 23.09.2009 darum gebeten, eine Schulbescheinigung für Ihre Tochter vorzulegen. Die für die Entscheidung über den Kindergeldanspruch notwendigen Unterlagen wurden bisher nicht eingereicht. Es kann deshalb nicht festgestellt werden, ob ein Anspruch auf Kindergeld besteht.

7

Am 25. August 2010 ging bei der Beklagten erneut ein Antrag der Klägerin auf Kindergeld für ihre Tochter ein. Mit ihrem Antrag legte sie eine Schulbescheinigung der Hochschule F Gemeinnützige GmbH, Adresse vom 10. August 2010 ein, in der bescheinigt wurde, dass die Tochter der Klägerin ab 01. September 2010 bis voraussichtlich August 2014 die Hochschule in Vollzeitunterricht besuche.

8

Die Beklagte wandte sich mit Schreiben vom 26. August 2010 an die Klägerin und bat um Mitteilung, wann sich ihre Tochter um den Ausbildungsplatz (Berufsausbildung an der Hochschule F) beworben habe, mit der Bitte, entsprechende Nachweise dafür vorzulegen.

9

Am 14. September 2010 rief Herr S, der Vater der Klägerin, bei der Beklagten an und sprach mit Frau B, einer Mitarbeiterin der Beklagten. Frau B hielt in einem Telefonvermerk über diesen Anruf Folgendes fest (Bl. 38 der KG-Akte):

10

Der Vater der Klägerin habe mitgeteilt, dass die Unterlagen, die mit Schreiben der Beklagten vom 26. August 2010 angefordert worden seien, bereits vorliegen müssten. Er habe um Überprüfung der Unterlagen und um Rückruf der Sachbearbeiterin gebeten. Sie - Frau B – habe ihm mitgeteilt, dass das nicht möglich sei, man könne nur seine Tochter (die Klägerin) zurückrufen. Der Gesprächsvermerk wurde von Frau B an „BA-Familienkasse-K-Ticket“ gesandt, mit der Bitte, zu prüfen, ob die Unterlagen nicht doch vorlägen; ansonsten sei die Klägerin zu benachrichtigen.

11

Unter diesem Gesprächsvermerk befindet sich folgender handschriftlicher Vermerk:

12

„Es wurden mehrfach Schulbescheinigungen zugesandt (liegen in der Akte nicht vor)“

13

Dieser – nicht unterschriebene – handschriftliche Vermerk ist mit dem Datumstempel „22. Sep. 2010“ versehen.

14

Mit Bescheid vom 22. September 2010 wurde Kindergeld für die Zeit ab Februar 2010 festgesetzt und darauf hingewiesen, dass der frühere Antrag der Klägerin auf Kindergeld mit Bescheid vom 14. Januar 2010 abgelehnt worden sei. Bis zum Monat der Bekanntgabe dieses Bescheides vom 14. Januar 2010 könne deshalb kein Kindergeld gezahlt werden.

15

Mit Schreiben vom 18. Oktober 2010, bei der Beklagten eingegangen am 21. Oktober 2010, legte die Klägerin Einspruch ein und machte geltend, nach dem 18. Geburtstag ihrer Tochter am 28. April 2009 habe sie drei Mal Schulbescheinigungen des Staatlichen Gymnasiums in M an die Beklagte abgeschickt. Es liege nicht an ihr, wenn bei der Beklagten diese Unterlagen verloren gegangen seien oder nicht mehr auffindbar seien. Zudem sei mit der erneuten Zusendung der Unterlagen vom 25. August 2010 ebenfalls nachgewiesen, dass ihre Tochter auch nach ihrem 18. Geburtstag bis zum Abitur die Schule besucht habe. Sie könne nicht erkennen, wo das Problem liege. Sie bitte daher darum, das Kindergeld für die Zeit von Mai 2009 bis Februar 2010 nachzuzahlen.

16

Mit Einspruchsentscheidung vom 28. Oktober 2010 wurde der Einspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 22. September 2010 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin wende sich dagegen, dass mit der angefochtenen Entscheidung vom 22. September 2010 die Festsetzung von Kindergeld für ihre Tochter für die Zeit vor dem Monat Februar 2010 abgelehnt worden sei. Der Einspruch sei jedoch unbegründet, da mit Bescheid vom 14. Januar 2010 die Kindergeldfestsetzung bestandskräftig abgelehnt worden sei. Die Bestandskraft dieses Ablehnungsbescheides könne auch nicht nach den Korrekturvorschriften der §§ 172 ff. AO oder des  § 70 Abs. 2 und 4 EStG rückwirkend durchbrochen werden, da die entsprechenden Voraussetzungen nicht vorlägen. Insbesondere scheide eine Korrektur nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO (nachträgliches Bekanntwerden von Tatsachen oder Beweismitteln) aus, weil die Klägerin grobes Verschulden am nachträglichen Bekanntwerden der maßgeblichen Tatsachen/Beweismittel treffe. Trotz schriftlicher Aufforderung seitens der Familienkasse vom 21. April 2009 und vom 23. September 2009 habe es die Klägerin versäumt, eine Schulbescheinigung für ihr Kind einzureichen. Die Klägerin trage die Gefahr des Zugangs der von ihr versandten Unterlagen. Bereits aus formell-rechtlichen Gründen sei daher ein Anspruch auf Kindergeld für die Zeit vor dem Monat Februar 2010 ausgeschlossen.

17

Am 30. November 2010 hat die Klägerin Klage erhoben.

18

Sie trägt vor, sie habe drei Mal Schulbescheinigungen an die Beklagte versandt. Sie habe auch mehrfach telefonisch bei der Beklagten nachgefragt, um den Sachverhalt zu klären. Dies sei ihr jedoch nicht gelungen, weil stets neue Sachbearbeiter zuständig gewesen seien und zur Aufklärung nichts hätten beitragen können oder wollen. Für die Zeit des Schulbesuchs ihrer Tochter und darüber hinaus stehe ihr ein Anspruch auf Kindergeld zu, den die Beklagte zu Unrecht abschlägig beschieden habe.

19

Mit Schreiben vom 06. Dezember 2010 legten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin folgende Erklärung der Klägerin vor:

20

„Ich habe für meine Tochter bis zum 18. Geburtstag meiner Tochter problemlos Kindergeld bezogen. Dann kam ein Schreiben der Familienkasse mit einem Formular, in dem zur Übersendung einer Schulbescheinigung aufgefordert wurde. Ich habe meine Tochter gebeten, eine Schulbescheinigung zu besorgen. Dies hat sie auch getan. Ich habe die Schulbescheinigung selbst gesehen und weiß, dass meine Tochter diese zur Post gegeben hat. Nachdem ein weiterer Brief mit der selben Aufforderung der Familienkasse kam, habe ich mich zwar geärgert, dass wir das selbe jetzt zum zweiten Mal machen sollten, habe aber meiner Tochter gesagt, sie solle halt noch einmal eine Bescheinigung besorgen. Das hat sie dann auch gemacht. Diesmal habe ich die Bescheinigung versandfertig gemacht und zusammen mit einem Expressbrief (Abrechnungsunterlagen an meine Abrechnungsstelle) am Schalter Postfiliale im Kaufhaus S in M abgegeben. Danach kam ein Brief, dass das Kindergeld eingestellt werde. Daraufhin habe ich begonnen, bei der Familienkasse anzurufen. Dort wurde mir gesagt, es sei kein Brief angekommen. Man finde auch die Akte nicht. In einem weiteren Telefonat sagte man mir, ich könne das Kindergeld für 5 Jahre rückwirkend beantragen, ich solle dann noch einmal eine Schulbescheinigung schicken. Ich habe insgesamt 4 – 5 mal dort angerufen, immer hatte ich andere Sachbearbeiter, die mir aber alle sagten, sie könnten nichts machen, es liege keine Akte vor. Daraufhin rief mein Vater dort an, der das mitbekommen hatte. Der erhielt keine Auskunft aber eine Telefonnummer, die ich anrufen solle. Dort wurde mir gesagt, es dauere jetzt 14 Tage, bis die Akte gefunden sei. Frühestens nach dieser Zeit solle ich noch einmal anrufen, vorher habe es keinen Sinn. Vor Ablauf der 14 Tage rief dann ein männlicher Sachbearbeiter an, der darauf beharrte, ich hätte keine Schulbescheinigung abgeschickt. Wir stritten uns und er beendete das Telefonat.“

21

Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin legten des Weiteren eine Erklärung der Tochter der Klägerin vom 02. Dezember 2010 vor, in der sie bestätigte, dass sie insgesamt zwei Mal zum Schulsekretariat gegangen sei und eine Schulbescheinigung verlangt habe, die einmal sie selbst und einmal die Klägerin an die Beklagte übersandt habe. Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin legten des Weiteren eine Schulbescheinigung vom 02. Dezember 2010 vor, in dem das private Gymnasium M bestätigt, dass die Tochter der Klägerin in der Zeit vom 14. August 2001 bis zum 20. März 2010 (bis zum Abschluss des Abiturs) die Schule besucht hat.

22

Auf entsprechende Anfrage des Gerichts teilten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin ergänzend mit, dass sich die Klägerin in ihrer Erklärung vom 02. Dezember 2010 (Bl. 11 der Gerichtsakte) letzter Absatz auf das Schreiben bzw. den Bescheid der Beklagten vom 22. September 2010 bezogen habe.

23

Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des insoweit entgegen stehenden Bescheides vom 22. September 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. Oktober 2010 zu verpflichten, ihr auch für die Monate Mai 2009 bis (einschließlich) Januar 2010 Kindergeld für ihre Tochter S in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

24

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

25

Sie trägt ergänzend vor, die Schulbescheinigung des Gymnasiums vom 02. Dezember 2010 sei erst nach Erhebung der Klage eingereicht worden.

26

Auf den Hinweis des Gerichts (an die Beklagte), dass fraglich sei, ob der Bescheid vom 14. Januar 2010 bekannt gegeben worden sei, da er keinen Absendevermerk enthalte und auch kein Einspruch eingelegt worden sei, äußerte sich die Beklagte nicht.

27

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe

28

Die Klage ist begründet.

29

Der Bescheid der Beklagten vom 22. September 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. Oktober 2010 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, soweit die Beklagte es abgelehnt hat, für die Zeit von Mai 2009 bis einschließlich Januar 2010 Kindergeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Unter Aufhebung des insoweit entgegen stehenden Bescheides vom 22. September 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. Oktober 2010 ist die Beklagte daher zu verpflichten, der Klägerin auch für die Monate Mai 2009 bis (einschließlich) Januar 2010 Kindergeld für ihre Tochter S in gesetzlicher Höhe zu gewähren (§ 101 FGO).

30

Unstreitig ist, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld nach § 32 Abs. 4 EStG im streitigen Zeitraum (Mai 2009 bis Januar 2010) vorliegen, denn die Tochter der Klägerin besuchte noch die Schule, was die Schulbescheinigung des privaten Gymnasiums M vom 02. Dezember 2010 bestätigt.

31

Die Beklagte war auch nicht – wie sie fälschlich angenommen hat – aus verfahrensrechtlichen Gründen gehindert, für diese Zeit Kindergeld festzusetzen. Im angefochtenen Bescheid vom 22. September 2010 bzw. in der Einspruchsentscheidung vom 28. Oktober 2010 wird zwar ausgeführt, dass der Antrag auf Kindergeld mit Bescheid vom 14. Januar 2010 bestandskräftig abgelehnt worden sei und dass deshalb bis zum Monat der Bekanntgabe dieses Bescheides kein Kindergeld festgesetzt werden könne.

32

Eine Bekanntgabe dieses Bescheides, die nach § 124 Abs. 1 Satz 1 AO Voraussetzung für seine Wirksamkeit ist, lässt sich jedoch nicht feststellen:

33

Nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, bei einer Übermittlung im Inland am 3. Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen. Für den Beginn dieser Frist kommt es auf die Aufgabe des Verwaltungsaktes zur Post und nicht auf das aufgedruckte Bescheiddatum an. Das Bescheiddatum hat lediglich die Funktion, die Festsetzung zeitlich zu fixieren und in diesem Sinne den Bescheid zu kennzeichnen (BFH-Urteil vom 09. Dezember 2009 II R 52/07 BFH/NV 2010, 824). Aus dem Bescheiddatum lässt sich auch nicht auf den Tag der Aufgabe zur Post schließen (ebenda). Der Beweis der Aufgabe eines Verwaltungsaktes zur Post an einem bestimmten Tag kann nicht nach den Regeln des Anscheinsbeweis geführt werden, wenn die Absendung nicht in einem Absendevermerk der Poststelle festgehalten ist (ebenda). Da sich die Aufgabe von Verwaltungsakten zur Post im Wissens- und Verantwortungsbereich der Behörde abspielt, hat sie insoweit die erforderliche Beweisnähe (ebenda).

34

Zwar bedarf es keines Absendevermerkes der Poststelle, um den Tag der Aufgabe eines Verwaltungsaktes zur Post feststellen zu können. Beim Fehlen eines solchen Vermerkes kann die Behörde vielmehr darlegen, wie der Ablauf der Postversendung gestaltet war und welche Maßnahmen ergriffen worden waren, um die Gewähr für die Übereinstimmung von Bescheiddatum und tatsächlichem Aufgabetag zu bieten (ebenda). Die Rechtsprechung des BFH, wonach nicht jedes beliebige Bestreiten des Zugangs bzw. des Zugangszeitpunktes die Fiktion des § 122 Abs. 2 AO außer Kraft setzt, der Empfänger vielmehr substantiiert Tatsachen vortragen muss, die schlüssig auf den fehlenden bzw. verspäteten Zugang hindeuten und damit Zweifel an der Zugangsvermutung begründen, betrifft Fälle, in denen der Tag der Aufgabe des Verwaltungsaktes zur Post feststeht und sich deshalb Beginn und Ende der in § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO vorgesehenen 3-Tages-Frist bestimmen lassen. Steht dieser Tag hingegen nicht fest, ist die Fiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO nicht anwendbar (ebenda).

35

Vor diesem Hintergrund ist nicht nachgewiesen, dass der Klägerin der Bescheid vom 14. Januar 2010 zugegangen ist. Der Bescheid enthält keinen Absendevermerk der Poststelle und auf entsprechenden Hinweis des Gerichts an die Beklagte, dass fraglich sei, ob der Bescheid vom 14. Januar 2010 bekannt gegeben worden sei, da er keinen Absendevermerk enthalte und kein Einspruch eingelegt worden sei, äußerte sich die Beklagte nicht. Der Nachweis, dass der Bescheid vom 14. Januar 2010 der Klägerin zugegangen ist, lässt sich auch nicht auf andere Umstände stützen. Insbesondere den Ausführungen der Klägerin und ihres Vaters sind keine Anhaltspunkte für den Zugang dieses Bescheides zu entnehmen:

36

Der Erklärung der Klägerin, die ihre Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 06. Dezember 2010 vorgelegt haben, ist zu entnehmen, dass sie die Schreiben der Beklagten vom 19. Februar 2009, vom 21. April 2009 und vom 23. September 2009 erhalten hat. Die Klägerin erklärte nämlich Folgendes:

37

„Ich habe für meine Tochter bis zum 18. Geburtstag meiner Tochter problemlos Kindergeld bezogen. Dann kam ein Schreiben der Familienkasse mit einem Formular, in dem zur Übersendung einer Schulbescheinigung aufgefordert wurde. Ich habe meine Tochter gebeten, eine Schulbescheinigung zu besorgen. Dies hat sie auch getan. Ich habe die Schulbescheinigung selbst gesehen und weiß, dass meine Tochter diese zur Post gegeben hat.

38

Bei diesem „Schreiben der Familienkasse“ hat es sich um das Schreiben der Beklagten vom 19. Februar 2009 gehandelt, in dem die Beklagte der Klägerin mitgeteilt hat, dass ihre Tochter Sonja-Marie in Kürze 18 Jahre alt werde, und dem ein Antragsvordruck beigefügt war, den die Klägerin ausgefüllt und mit Datum vom 15. April 2009 unterzeichnet an die Beklagte zurückgesendet hat.

39

Die Klägerin erklärte weiter:

40

„Nachdem ein weiterer Brief mit der selben Aufforderung der Familienkasse kam, habe ich mich zwar geärgert, dass wir das selbe jetzt zum zweiten Mal machen sollten, habe aber meiner Tochter gesagt, sie solle halt noch einmal eine Bescheinigung besorgen. (...)“

41

Bei dem „weiteren Brief“ der Familienkasse hat es sich um das Schreiben der Beklagten vom 21. April 2009 gehandelt, in dem der Klägerin mitgeteilt wurde, dass über ihren Anspruch auf Kindergeld noch nicht bzw. noch nicht endgültig entschieden werden könne, weil noch die Schulbescheinigung für die Zeit ab Mai 2009 fehle.

42

Die Klägerin führte weiter aus:

43

„Danach kam ein Brief, dass das Kindergeld eingestellt werde. Daraufhin habe ich begonnen, bei der Familienkasse anzurufen. Dort wurde mir gesagt, es sei kein Brief angekommen. Man finde auch die Akte nicht. In einem weiteren Telefonat sagte man mir, ich könne das Kindergeld für 5 Jahre rückwirkend beantragen, ich solle dann noch einmal eine Schulbescheinigung schicken. Ich habe insgesamt 4 – 5 mal dort angerufen, immer hatte ich andere Sachbearbeiter, die mir aber alle sagten, sie könnten nichts machen, es liege keine Akte vor. Daraufhin rief mein Vater dort an, der das mitbekommen hatte. Der erhielt keine Auskunft aber eine Telefonnummer, die ich anrufen solle. Dort wurde mir gesagt, es dauere jetzt 14 Tage, bis die Akte gefunden sei. Frühestens nach dieser Zeit solle ich noch einmal anrufen, vorher habe es keinen Sinn. Vor Ablauf der 14 Tage rief dann ein männlicher Sachbearbeiter an, der darauf beharrte, ich hätte keine Schulbescheinigung abgeschickt.“

44

Wie diesen Ausführungen der Klägerin zu entnehmen ist, rief ihr Vater bei der Familienkasse an, nachdem sie einen weiteren Brief der Familienkasse erhalten hatte. Da ihr Vater laut Telefonvermerk von Frau B am 14. September 2010 angerufen hat, kann es sich also bei dem Brief der Familienkasse („Danach kam ein Brief, dass das Kindergeld eingestellt werde.“) nur um das Schreiben der Beklagten vom 23. September 2009 oder vom 26. August 2010 gehandelt haben und nicht – wie der Prozessbevollmächtigte der Klägerin angenommen hat - um das Schreiben bzw. den Bescheid der Beklagten vom 22. September 2010 (der erst nach dem Anruf des Vaters ergangen ist).

45

Auch den restlichen Ausführungen der Klägerin und/oder ihres Vaters sind keine Anhaltspunkte für den Zugang des Bescheides der Beklagten vom 14. Januar 2010 zu entnehmen. Das Gericht geht auch nicht davon aus, dass die Klägerin den Zugang bzw. Erhalt dieses Bescheides (versehentlich oder bewusst) nicht erwähnt hat. Ihre Ausführungen im Übrigen sind jedenfalls vollständig und wahrheitsgemäß bzw. glaubhaft. So deckt sich z.B. ihre Behauptung, dass ihr Vater bei der Familienkasse angerufen habe, mit dem Telefonvermerk von Frau B (Bl. 38 der KG-Akte). Glaubhaft ist auch ihre Aussage, dass sie insgesamt 4 bis 5 Mal bei der Agentur für Arbeit angerufen und immer andere Sachbearbeiter vorgefunden habe, die ihr gesagt hätten, es liege ihnen keine Akte vor. Denn auf allen Anschreiben der Beklagten an die Klägerin findet sich keine Telefonnummer des zuständigen Sachbearbeiters, sondern nur eine „0180“-Nummer. Auch der Vortrag der Klägerin, dass ein männlicher Sachbearbeiter bei ihr angerufen habe, der darauf beharrt habe, sie hätte keine Schulbescheinigung abgeschickt, und mit dem sie sich gestritten habe, ist wahrheitsgemäß bzw. glaubhaft, denn auf dieses Telefonat ist wohl der – nicht unterzeichnete – handschriftliche Vermerk vom 22. September 2010 auf Bl. 38 der KG-Akte zurückzuführen.

46

Der Bescheid vom 14. Januar 2010 entfaltet daher mangels Bekanntgabe der Klägerin gegenüber keine Wirksamkeit (§ 124 Abs. 1 Satz 1 AO) und steht somit der beantragten Kindergeldfestsetzung nicht entgegen.

47

Die Frage, ob der Bescheid vom 14. Januar 2010 überhaupt die von der Beklagten angenommene Regelung enthält, kann daher offen bleiben. Man könnte die Formulierung in diesem Bescheid „Es kann deshalb nicht festgestellt werden, ob ein Anspruch auf Kindergeld besteht“ nämlich auch so verstehen, dass die Beklagte eine erneute Prüfung, ob ein Anspruch auf Kindergeld besteht, nicht ausschließen wollte.

48

Der Senat hat gemäß § 90 Abs. 2 FGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden

49

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Beklagte hat zwar geltend gemacht, die Schulbescheinigung des Gymnasiums vom 02. Dezember 2010 sei erst nach Erhebung der Klage eingereicht worden. Nach Auffassung des Gerichts ist eine anderweitige Auferlegung der Kosten nach § 137 Abs. Satz 1 FGO allerdings nicht gerechtfertigt. Denn es ist möglich, dass die Klägerin die geforderte(n) Bescheinigung(en) tatsächlich – wie von ihr mehrfach behauptet - auch schon vor Klageerhebung an die Beklagte gesandt hat.

50

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.

51

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten beruht auf §§ 151 Abs.2 und 3, 155 FGO i.V.m. § 708 Nr.10 ZPO. Schuldnerschutzanordnungen zur Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten unterbleiben, da die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen das Urteil statthaft wäre, unzweifelhaft nicht vorliegen (§ 155 FGO i.V.m. § 713 ZPO).

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(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

Soweit die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Finanzbehörde aus, den begehrten Verwaltungsakt zu erlassen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden. Er soll dem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden, wenn der Finanzbehörde eine schriftliche oder eine nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch übermittelte Empfangsvollmacht vorliegt, solange dem Bevollmächtigten nicht eine Zurückweisung nach § 80 Absatz 7 bekannt gegeben worden ist.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt als bekannt gegeben

1.
bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post,
2.
bei einer Übermittlung im Ausland einen Monat nach der Aufgabe zur Post,
außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Ein elektronisch übermittelter Verwaltungsakt gilt am dritten Tage nach der Absendung als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines Verwaltungsakts wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach dem Tag der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Ein Verwaltungsakt wird zugestellt, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder behördlich angeordnet wird. Die Zustellung richtet sich vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Für die Zustellung an einen Bevollmächtigten gilt abweichend von § 7 Absatz 1 Satz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes Absatz 1 Satz 4 entsprechend. Erfolgt die öffentliche Zustellung durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung auf der Internetseite oder in einem elektronischen Portal der Finanzbehörden, können die Anordnung und die Dokumentation nach § 10 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes elektronisch erfolgen.

(6) Die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an einen Beteiligten zugleich mit Wirkung für und gegen andere Beteiligte ist zulässig, soweit die Beteiligten einverstanden sind; diese Beteiligten können nachträglich eine Abschrift des Verwaltungsakts verlangen.

(7) Betreffen Verwaltungsakte

1.
Ehegatten oder Lebenspartner oder
2.
Ehegatten mit ihren Kindern, Lebenspartner mit ihren Kindern oder Alleinstehende mit ihren Kindern,
so reicht es für die Bekanntgabe an alle Beteiligten aus, wenn ihnen eine Ausfertigung unter ihrer gemeinsamen Anschrift übermittelt wird. Die Verwaltungsakte sind den Beteiligten einzeln bekannt zu geben, soweit sie dies beantragt haben oder soweit der Finanzbehörde bekannt ist, dass zwischen ihnen ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

Einem Beteiligten können die Kosten ganz oder teilweise auch dann auferlegt werden, wenn er obsiegt hat, die Entscheidung aber auf Tatsachen beruht, die er früher hätte geltend machen oder beweisen können und sollen. Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden. Berücksichtigt das Gericht nach § 76 Abs. 3 Erklärungen und Beweismittel, die im Einspruchsverfahren nach § 364b der Abgabenordnung rechtmäßig zurückgewiesen wurden, sind dem Kläger insoweit die Kosten aufzuerlegen.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.

(2) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.

(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

(1) Durch Gesetz werden angeordnet

1.
die Errichtung und Aufhebung eines Finanzgerichts,
2.
die Verlegung eines Gerichtssitzes,
3.
Änderungen in der Abgrenzung der Gerichtsbezirke,
4.
die Zuweisung einzelner Sachgebiete an ein Finanzgericht für die Bezirke mehrerer Finanzgerichte,
5.
die Errichtung einzelner Senate des Finanzgerichts an anderen Orten,
6.
der Übergang anhängiger Verfahren auf ein anderes Gericht bei Maßnahmen nach den Nummern 1, 3 und 4, wenn sich die Zuständigkeit nicht nach den bisher geltenden Vorschriften richten soll.

(2) Mehrere Länder können die Errichtung eines gemeinsamen Finanzgerichts oder gemeinsamer Senate eines Finanzgerichts oder die Ausdehnung von Gerichtsbezirken über die Landesgrenzen hinaus, auch für einzelne Sachgebiete, vereinbaren.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a sinngemäß anzuwenden; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs der Bundesfinanzhof und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Finanzgerichtsordnung tritt; die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a sinngemäß anzuwenden; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs der Bundesfinanzhof und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Finanzgerichtsordnung tritt; die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden.

Die in den §§ 711, 712 zugunsten des Schuldners zugelassenen Anordnungen sollen nicht ergehen, wenn die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen das Urteil stattfindet, unzweifelhaft nicht vorliegen.