Finanzgericht Nürnberg Urteil, 11. Okt. 2017 - 5 K 1535/16

bei uns veröffentlicht am11.10.2017

Gericht

Finanzgericht Nürnberg

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

Tatbestand

Streitig ist, ob der Beklagte verpflichtet ist, auf Aussetzungszinsen zur Einkommensteuer 1985 und 1987 zu verzichten.

Die Klägerin und ihr zwischenzeitlich verstorbener Ehemann, Herr Kl2, wurden in den Jahren 1984 bis 1988 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erzielten unter anderem Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Holding, Grundstücksverwaltung) und aus Vermietung und Verpachtung. Erben nach Kl2 sind die Klägerin, Kl3, Kl4 und Kl5.

Die Einkommensteuer für die Jahre 1984 bis 1987 wurde vom Finanzamt zunächst wie folgt unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt:

VZ

Bescheid vom

festgesetzte ESt

Nachzahlung (+) o.

# Erstattung (-) in DM

Nachzahlung (+) o.

# Erstattung (-) in €

1984

02.06.1986

1.212.584 DM

– 772.296

– 394.868,67

1985

10.07.1987

444.972 DM

– 2.181.802

– 1.115.537,65

1986

20.06.1988

1.689.906 DM

+ 1.287.034

+ 658.050,04

1987

16.08.1989

3.370.282 DM

– 282.885

– 146.170,68

Nach einer Außenprüfung erließ das Finanzamt am 19.04.1995 geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1984 bis 1987. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde jeweils aufgehoben.

Es ergaben sich folgende Erstattungen bzw. Nachzahlungen:

VZ

Bescheid vom

festgesetzte ESt (in DM)

Nachzahlung (+) o.

# Erstattung (-) in DM

Nachzahlung (+) o.

# Erstattung (-) in €

1984

19.04.1995

1.086.422

– 241.221

– 123.334,34

1985

19.04.1995

1.626.206

+ 1.064.417

+ 544.227,77

1986

19.04.1995

1.596.888

– 170.855

– 87.356,77

1987

19.04.1995

4.222.264

+ 761.801

+ 389.502,67

Gegen die Bescheide für 1984 bis 1987 legten die Kläger mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 11.05.1995 jeweils Einspruch ein und beantragten für die Nachzahlungen aus den Jahren 1985 und 1987 in voller Höhe Aussetzung der Vollziehung (im Folgenden: AdV) zu gewähren. Die Einspruchsverfahren sollten ruhen bis das Rechtsbehelfsverfahren zur Umsatzsteuer 1984 abgeschlossen sei.

Außerdem baten die Steuerpflichtigen mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 12.05.1995 unter Hinweis auf ihre AdV-Anträge für 1985 und 1987 darum, die Guthaben aus den Einkommensteuerbescheiden 1984 und 1986 (241.221 DM und 170.855 DM) sowie aus den Umsatzsteuerbescheiden 1986 und 1987 (4.891 DM und 27.678 DM) zu erstatten. Diesen Anträgen wurde entsprochen und keine Verrechnung der vorhandenen Guthaben mit den nachzuzahlenden Beträgen vorgenommen.

Mit Aussetzungsverfügung vom 07.06.1995 wurde die Einkommensteuer 1985 in Höhe von 1.064.417 DM (544.227,77 €) und die Einkommensteuer 1987 in Höhe von 761.801 DM (389.502,67 €) von der Vollziehung ausgesetzt. Die Aussetzung der Vollziehung war befristet bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung bzw. des geänderten Bescheides. Auf die Zinspflicht nach § 237 AO wurde hingewiesen.

Mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 22.02.2012 und 23.02.2012, nach Abschluss der Rechtsbehelfsverfahren zur Umsatzsteuer und nach Abschluss weiterer Rechtsbehelfsverfahren für Vorjahre und andere Steuerarten, wurde das Rechtsbehelfsbegehren für die Jahre 1984 bis 1987 konkretisiert und erweitert (unter Berücksichtigung zwischenzeitlich ergangener Rechtsprechungsänderungen).

Am 19.06.2013 erließ das Finanzamt eine Einspruchsentscheidung, in der die Einkommensteuer für 1984, 1985 und 1986 herabgesetzt und für 1987 erhöht wurde; im Übrigen wurden die Einsprüche als unbegründet zurückgewiesen. Es ergaben sich folgende Erstattungen bzw. Nachzahlungen:

VZ

Einspruchsentscheidung vom

festgesetzte ESt (in DM)

Nachzahlung (+) o.

Erstattung (-) in DM

Nachzahlung (+) o.

Erstattung (-) in €

1984

19.06.2013

697.234

– 375.286

– 191.880,69

1985

19.06.2013

1.379.026

+ 821.347

+ 419.948,05

1986

19.06.2013

275.944

– 1.320.944

– 675.387,94

1987

19.06.2013

4.252.262

+ 791.799

+ 404.840,40

Die Guthaben aus den Bescheiden für 1984 und 1986 (insgesamt 867.268,63 €) wurden mit den Nachzahlungen für 1985, für 1987 und anteilig für 1988 (42.480,18 €) verrechnet. Die Aussetzung der Vollziehung war damit beendet.

Gegen die Einspruchsentscheidung vom 19.06.2013 in Sachen Einkommensteuer 1984 bis 1987 erhoben die Kläger mit Schreiben vom 24.06.2013 zunächst jeweils Klage, die im Rahmen einer Besprechung mit dem Finanzamt am 23.11.2015 zurückgenommen wurden (vgl. 5 K 818 – 821/13).

Das Finanzamt setzte mit Bescheiden vom 14.12.2015 die Aussetzungszinsen zur Einkommensteuer 1985 auf 453.492 € und die Aussetzungszinsen zur Einkommensteuer 1987 auf 420.660 € fest.

Gegen diese Bescheide legten die Kläger mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 21.12.2015 (= Eingang beim Finanzamt) jeweils Einspruch ein. Sie beantragten das Verfahren ruhen zu lassen, bis über den gleichzeitig gestellten Antrag gemäß §§ 237 Abs. 4, 234 Abs. 2 AO entschieden sei, auf die Aussetzungszinsen in voller Höhe zu verzichten.

Die zu treffende Entscheidung sei eine Ermessensentscheidung, für die folgende sachliche Billigkeitsgründe vorgetragen würden:

Das Finanzamt habe am 19.04.1995 Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1984 bis 1987 erlassen. Die Einkommensteuer 1984 und 1986 sei erstattet worden und die Einkommensteuer 1985 und 1987 ausgesetzt. Im Anschluss an die Einspruchsentscheidung vom 19.06.2013 seien die weiteren Erstattungsbeträge 1984 und 1986 mit den Nachzahlungen für 1985 und 1987 verrechnet worden.

Es stelle eine sachliche Unbilligkeit dar, wenn für 1985 und 1987 Zinsen zu zahlen seien, obwohl der aufrechenbare Gegenanspruch nicht verzinst werde. Hätte das Finanzamt bereits in den Bescheiden vom 19.04.1995 die richtige Steuer festgesetzt, so hätte der Steuerpflichtige gegen die Nachzahlungsbeträge einen Aufrechnungsanspruch gehabt. Mangels zutreffender Festsetzung habe nicht aufgerechnet werden können. Wie sich aus den Bescheiden vom 19.06.2013 ergebe, seien die Ansprüche aufrechenbar gewesen und auch tatsächlich aufgerechnet worden.

Nach Tipke/Kruse Tz. 23 zu § 237 AO und Tz. 13 zu § 234 AO sei ein sachlicher Billigkeitsgrund gegeben, wenn der Steuerpflichtige „… seinerseits aufrechenbare Ansprüche gegen den Schuldner hat“.

Auch nach dem BMF-Schreiben vom 08.10.1991 (BStBl. I 1991, 392) bzw. Tz. 11 des Anwendungserlasses zu § 234 AO könne z.B. auf die Erhebung von Stundungsbzw. Aussetzungszinsen aus Billigkeitsgründen verzichtet werden im Hinblick auf belegbare, demnächst fällig werdende Ansprüche des Steuerschuldners aus einem Steuerschuldverhältnis soweit hierfür innerhalb des Stundungszeitraums keine Erstattungszinsen gemäß § 233a AO anfielen.

Diese Rechtslage bestätige auch der Bundesfinanzhof in einem Beschluss vom 28.07.2009 (I B 42/09, BFH/NV 2010, 5). In der Rechtsprechung sei geklärt, dass für einen Ausgleich in Form einer Verzinsung der Steuernachforderung gemäß § 233a AO kein Raum sei, wenn zweifelsfrei feststehe, dass ein Steuerpflichtiger durch die verspätete Steuerfestsetzung keinen Vorteil erlangt habe; festgesetzte Nachzahlungszinsen seien dann wegen sachlicher Unbilligkeit zu erlassen.

Im Streitfall seien für die Erstattungsbeträge bei der Einkommensteuer 1984 und 1986 keine Zinsen nach § 233a AO angefallen. Durch die verspätete Zahlung der Einkommensteuernachzahlungsbeträge für 1985 und 1987 hätten die Steuerpflichtigen insgesamt nachweislich keinen Vorteil erlangt, denn die Erstattungen hätten die Nachzahlungen sogar überstiegen.

Mit Bescheid vom 24.03.2016 lehnte der Beklagte die Anträge auf Verzicht auf die Aussetzungszinsen zur Einkommensteuer 1985 und 1987 jeweils ab. Die Zinsfestsetzung sei nach nochmaliger Überprüfung nicht zu beanstanden.

Nach § 237 Abs. 1 Satz 1 AO sei der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt werde, zu verzinsen, soweit ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid endgültig keinen Erfolg gehabt habe. Der Ausspruch der Aussetzungsverfügung bestimme verbindlich Umfang und Dauer der Aussetzung. Hierauf sei für die Verzinsung nach § 237 Abs. 1 Satz 1 AO abzustellen. Die Festsetzung der Aussetzungszinsen sei eine gebundene Entscheidung, die zutreffend in den Zinsbescheiden vom 14.12.2015 getroffen worden sei.

Es bestehe des Weiteren nach Abwägung der Umstände des Einzelfalls keine Veranlassung auf die Erhebung der Zinsen aus Gründen sachlicher Billigkeit zu verzichten (§ 237 Abs. 4 i.V.m. § 234 Abs. 2 AO) bzw. diese zu erlassen.

Nach der Rechtsprechung komme ein Verzicht auf Aussetzungszinsen aus Gründen der sachlichen Unbilligkeit nur in Betracht, wenn die Erhebung der Zinsen im Einzelfall mit Rücksicht auf den § 237 AO zugrunde liegenden Zweck nicht mehr zu rechtfertigen sei bzw. den gesetzlichen Wertungen zuwider laufe (vgl. BFH, Urteil vom 31.03.2010 II R 2/09, BFH/NV 2010, 1602). § 237 Abs. 4 AO i. V. m. § 234 Abs. 2 AO eröffne die Möglichkeit, über die Grenzen der Rechtsfortbildung hinaus atypische Sachverhalte durch Fortschreibung der im Gesetz enthaltenen Wertungen zu berücksichtigen und damit Unzulänglichkeiten des generalisierenden Gesetzgebers auszugleichen.

Sachliche Unbilligkeit liege vor, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden könne, dass er die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage – hätte er sie geregelt – im Sinne der beabsichtigten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte oder wenn angenommen werden könne, dass die Einziehung der Zinsen den Wertungen des Gesetzgebers widerspreche. Dies wiederum könne seinen Grund entweder in Gerechtigkeitsgesichtspunkten oder in einem Widerspruch zu dem der gesetzlichen Regelung zu Grunde liegenden Zweck haben.

Bei der Billigkeitsprüfung müssten aber solche Umstände außer Betracht bleiben, die der gesetzliche Tatbestand typischerweise mit sich bringe. Billigkeitsmaßnahmen dürfen nicht dazu führen, dass die allgemeine Gültigkeit einer Norm unterlaufen werde; sie sollten vielmehr Sachverhalten Rechnung tragen, die im Verhältnis zu den vom Gesetz erfassten Regelfällen als Sonderfälle erschienen, d. h. bei denen die Anwendung des Gesetzes zu einem Ergebnis führen würde, das seinem Belastungsgrund nicht entspreche.

Der Sinn und Zweck von § 237 Abs. 1 AO bestehe darin, den durch die Aussetzung der Vollziehung erlangten Zinsvorteil abzuschöpfen, der dem Steuerpflichtigen nach materiellem Recht nicht zustehe und der durch die Aussetzungszinsen ausgeglichen werden solle. Ein Liquiditätsbzw. Nutzungsvorteil ergebe sich bei Aussetzungen nach § 361 AO, weil der Steuerpflichtige während der Dauer der Aussetzung über eine Geldsumme verfügen könne, die nach dem im angefochtenen Steuerbescheid konkretisierten Recht mit Fälligkeit an sich dem Steuergläubiger zustünde. Ob die möglichen Zinsvorteile tatsächlich gezogen worden seien, sei nach der Rechtsprechung grundsätzlich unbeachtlich.

Der Steuerpflichtige habe jederzeit selbst die Möglichkeit, die Aussetzung der Vollziehung durch die Tilgung der Steuerschuld zu beenden, wodurch die Verzinsungspflicht nach § 237 AO ende. Maßgeblich für die Fortdauer der Verzinsung sei die Nichttilgung der Steuerschuld (durch den Steuerpflichtigen). Ein Steuerpflichtiger, der von der ihm gesetzlich eingeräumten Möglichkeit Gebrauch mache, eine Aussetzung der Vollziehung zu beantragen, müsse damit rechnen, dass sein Rechtsbehelf erfolglos bleiben könne und dann vom Finanzamt die entsprechenden Folgerungen gezogen würden (Steuernachzahlung, Verzinsung des ausgesetzten Betrags).

Für die Veranlagungszeiträume bis einschließlich 1988 sei eine Verzinsung zugunsten der Steuerpflichtigen nur bei Prozesszinsen auf Erstattungsbeträge erfolgt (nur für die Dauer des Klageverfahrens, § 236 AO), vgl. EGAO § 15 Abs. 4. Eine „Vollverzinsung“ von Steueransprüchen habe der Gesetzgeber erst mit der Vorschrift des § 233a AO eingeführt, in den alten Bundesländern erstmals für Steuern, die nach dem 31.12.1988 entstanden seien. Vorher entstandene Ansprüche hätten der Vollverzinsung auch dann nicht unterlegen, wenn sie erst nach diesem Zeitpunkt festgesetzt worden seien.

Für die Entscheidung über den Verzicht auf die Aussetzungszinsen zur Einkommensteuer 1985 und 1987 sei der verwirklichte Sachverhalt und nicht ein fiktiver Geschehensablauf zugrunde zu legen. Eine Einzelfallkorrektur aus Billigkeitsgründen sei nicht geboten.

Die vorgenommene Zinsfestsetzung entspreche dem erklärten Willen des Gesetzgebers und sei die typische Folge der Regelung des § 237 AO. Sie sei auch nicht deswegen unbillig, weil die Einkommensteuererstattungen für 1984 und 1986 nicht verzinst worden und erst 2013 eine Aufrechnung erfolgt sei.

In den Veranlagungszeiträumen vor 1989 habe der Gesetzgeber eine Verzinsung von Steuern nur in konkret definierten Einzelfällen (§§ 234 - 237 AO) ausdrücklich angeordnet. Es habe daher seinem erklärten Willen entsprochen, dass insbesondere Steuererstattungen nur in seltenen Ausnahmefällen (nämlich nur bei einem Erfolg eines Klageverfahrens und dann nur für die Dauer des Klageverfahrens) verzinst werden sollten (§ 236 AO). Somit habe der Gesetzgeber, obwohl er in § 237 Abs. 1 AO eine Verzinsung von (bisher ausgesetzten) Steuernachzahlungen bei erfolglosen Einspruchsverfahren ausdrücklich angeordnet habe, eine Verzinsung von Steuererstattungen bei erfolgreichenEinspruchsverfahren (bis einschließlich Veranlagungszeitraum 1988) bewusst nicht vorgesehen.

Daher sei für die Jahre, in denen die Einsprüche der Steuerpflichtigen Erfolg gehabt und zu einer Erstattung geführt hätten (hier: 1984 und 1986), eine Verzinsung gemäß der gesetzlichen Bestimmungen nicht vorzunehmen gewesen. Eine Verknüpfung des (erfolgreichen) Ausgangs der Einspruchsverfahren für 1984 und 1986 mit dem (erfolglosen) Ausgang der Einspruchsverfahren für 1985 und 1987 sei nicht geboten. Dies gelte umso mehr, als die Streitpunkte, die letztlich zu den Erstattungen in 1984 und 1986 geführt hätten, keine gegenläufigen Ergebnisse in den Jahren 1985 und 1987 ausgelöst hätten.

Es stelle schließlich auch keinen vom Gesetzgeber nicht bedachten Ausnahmefall dar, dass sich – wie es gerade nach Außenprüfungen häufig vorkomme – für einzelne Jahre Erstattungen und für andere Jahre Nachzahlungen ergäben.

Auch eine Aufrechnungslage, die eine sachliche Billigkeitsmaßnahme rechtfertigen könnte, habe nicht bestanden.

Die Erstattungsansprüche, die sich aufgrund der Einspruchsentscheidung vom 19.06.2013 für die Einkommensteuer 1984 und 1986 ergeben hätten, hätten nicht schon rückwirkend für 1995 eine Aufrechnungslage begründet, denn zum damaligen Zeitpunkt seien diese Ansprüche weder festgesetzt gewesen noch sei absehbar gewesen, wann und ob sie so festgesetzt werden würden. Sie seien daher nicht mit „belegbaren, demnächst fällig werdenden“ Ansprüchen des Steuerschuldners aus dem Steuerschuldverhältnis vergleichbar (wie etwa in Fällen, in denen eine Steuererklärung nachgereicht, aber noch nicht veranlagt worden sei und das Finanzamt bei technischen Stundungen - regelmäßig nur für einen kurzen Zeitraum - auf die Erhebung von Stundungszinsen verzichte).

Die Kläger hätten es im Übrigen jederzeit selbst in der Hand gehabt, während der Dauer der Einspruchsverfahren das Risiko einer Zinsfestsetzung in erheblicher Höhe durch Tilgung, jedenfalls eines Teils, der ausgesetzten Steuerschuld zu minimieren.

Schließlich sei es unbeachtlich, ob die Kläger in der Zeit der Aussetzung (von 1995 bis 2013) tatsächlich einen Liquiditäts- und Zinsvorteil gezogen hätten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die ausführliche Begründung in den Bescheiden vom 24.03.2016 verwiesen.

Hiergegen reichten die Kläger mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 15.04.2016 zunächst Sprungklage beim FG Nürnberg ein.

Zur Begründung wurde vorgetragen, dass das Ermessen des Beklagten in der Weise eingeschränkt sei, dass der Verzicht auf die Aussetzungszinsen für die Jahre 1985, 1987 und 1988 in Höhe von insgesamt 936.576 € auszusprechen sei.

Die sachliche Unbilligkeit wurde ergänzend zu dem bisherigen Vorbringen damit begründet, dass sich für 1986 durch die Berücksichtigung einer § 6b-Rücklage eine Minderung der Einkünfte in Folge des Rechtsbehelfsverfahrens ergeben habe, welche unmittelbar zu einer entsprechenden Erhöhung der Einkünfte im Jahr 1988 geführt habe. Für diese seien Aussetzungszinsen zu entrichten gewesen. Es sei unbillig, wenn die Erstattung nicht verzinst werde, aber ein Zusammenhang mit einer - verzinsten - Nachzahlung in einem anderen Veranlagungszeitraum bestehe.

Diesen Sachverhalt hätte der Beklagte bei sachgerechter Prüfung erkennen können. Die Ermessensausübung sei auch insoweit zu rügen. Der Verzicht auf die Aussetzungszinsen zur Einkommensteuer 1988 sei im Übrigen auch nach Bestandskraft des hierzu ergangenen Zinsbescheides vom 20.01.2016 möglich.

Die Unbilligkeit bestehe in dem Umfang, in dem den Erstattungen für 1984 und 1986 keine Zinsen zustünden, mithin in Höhe von 936.567 €. Dieser Betrag werde nicht allein durch den Verzicht auf die Zinsen für die Jahre 1985 und 1987 gedeckt, so dass anteilig auch für die Einkommensteuer 1988 zu verzichten sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 15.04.2016 verwiesen.

Das Finanzamt stimmte der Sprungklage nicht zu. Das Schreiben vom 15.04.2016 wurde als Einspruch gegen die Ablehnung des Verzichts auf die Aussetzungszinsen zur Einkommensteuer 1985 und 1987 behandelt (§ 45 Abs. 3 FGO).

Mit Einspruchsentscheidungen vom 11.10.2016 wies der Beklagte die Einsprüche wegen der Ablehnung des Antrags auf Verzicht auf die Aussetzungszinsen zur Einkommensteuer 1985 bzw. 1987 unter inhaltlichem Bezug auf die Bescheide vom 24.03.2016 als unbegründet zurück.

Die Kläger erhoben hiergegen mit Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten vom 04.11.2016 (= Eingang beim FG am 07.11.2016) Klage.

Sie tragen zur Begründung im Wesentlichen ergänzend vor, dass der von Ihnen im Einspruchsverfahren vorgetragene Sachverhalt hinsichtlich des Verzichts auf die Aussetzungszinsen zur Einkommensteuer 1988 in den Einspruchsentscheidungen vom 11.10.2016 nicht gewürdigt worden sei. Als Folge dieser mangelhaften Sachverhaltsermittlung seien die Einspruchsentscheidungen rechtswidrig.

Des Weiteren sei ein tatsächlich bestehender Aufrechnungsanspruch bereits zum Zeitpunkt der Bescheide vom 19.04.1995 für einen Billigkeitserlass keine zwingende Voraussetzung. Sie, die Kläger, hätten zu diesem Zeitpunkt noch nicht fällige, aber bereits entstandene Forderungen über Einkommensteuer 1984 (191.880,69 €) und 1986 (675.387,94 €) gehabt, denn die Beträge seien mit den bestandskräftigen Bescheiden vom 19.06.2013 lediglich bestätigt worden. Die Ansprüche über Einkommensteuer 1984 und 1986 seien daher bereits entstanden, nur noch nicht festgesetzt gewesen.

Werde jedoch nach Abschluss der Rechtsbehelfsverfahren bestätigt, dass sie, die Kläger, eine Forderung tatsächlich im Zeitpunkt der Bescheide vom 19.04.1995 hatten, so sei der Mangel der Aufrechenbarkeit nicht zu ihren, der Kläger, Lasten auszulegen. Diese Rechtsüberlegung führe dazu, dass nach dem Gesetz entstandene Säumniszuschläge wegfielen, wenn sich später herausstelle, dass die Schuld gar nicht bestanden habe.

Diese Kriterien seien zur Frage der Unbilligkeit auf die vorliegende Streitsache übertragbar. Es sei Ihnen, den Klägern, im Rahmen des eingeleiteten Rechtsschutzes nicht möglich gewesen, den Erstattungsanspruch zur Einkommensteuer 1984 und 1986 durch Aufrechnung mit der Einkommensteuer 1985 und 1987 gegenzurechnen. Der Billigkeitserlass könne auch auf die von der Finanzverwaltung erlassenen Richtlinien gestützt werden, etwa Nr. 5 Buchstabe f) AEAO zu § 240 sowie Nr. 11 AEAO zu § 234.

Das Erfordernis einer Zinsfestsetzung entfalle, wenn der Steuerpflichtige – wie im vorliegenden Fall – durch die verspätete Steuerfestsetzung oder eben die Nichtzahlung der Steuer keinen Vorteil erlangt habe. Der Beklagte habe in keiner Weise abgewogen, ob überhaupt ein Zins- und Liquiditätsvorteil habe entstehen können. Es liege eine „nach Treu und Glauben unzulässige Rechtsausübung“ vor.

Hinsichtlich des Antrags auf Verzicht auf Aussetzungszinsen zur Einkommensteuer 1988 führen die Kläger ergänzend aus, dass dieser sowohl auf den fiktiven Erstattungszins im Rahmen des Ausgleichs zur Einkommensteuer 1984 – 1987 als auch auf die Einkommensverschiebung von 1986 nach 1988 gestützt werden könne. Die Klage sei zulässig, da der Beklagte nicht innerhalb von 6 Monaten entschieden habe.

Der Zinsverzicht sei in Höhe von 927.617 € auszusprechen. Wegen der Berechnung und der weiteren Einzelheiten wird auf die Klageschrift vom 04.11.2016 verwiesen.

Der Beklagte verwies in seiner Klageerwiderung vom 14.12.2016 inhaltlich auf die Einspruchsentscheidung und ergänzte seine Argumentation dahingehend, dass durch die Bildung einer § 6b-Rücklage zwar die Einkommensteuer 1987 gemindert worden sei. Diese Minderung sei aber bereits dadurch gewürdigt worden, dass dieser Betrag nicht im zu verzinsenden Betrag für die Berechnung der Aussetzungszinsen zur Einkommensteuer 1987 enthalten sei. Es liege keine Einkünftebzw. Gewinnverschiebung vor.

Gegenansprüche der Kläger hätten nicht bestanden. Die für die Einkommensteuer 1985 und 1987 beantragte Aussetzung der Vollziehung habe einer Aufrechnung entgegengestanden. Guthaben aus anderen Steuerbescheiden (z.B. Einkommensteuer 1984 und 1986) sei antragsgemäß ausgezahlt und nicht verrechnet worden.

Die Klage auf Verzicht von Aussetzungszinsen zur Einkommensteuer 1988 sei unzulässig, da über den Antrag noch nicht entschieden worden sei.

Mit Bescheid vom 19.12.2016 lehnte der Beklagte den Antrag auf Verzicht von Aussetzungszinsen zur Einkommensteuer 1988 ab.

Er führte inhaltlich entsprechend der Jahre 1985 bis 1987 im Einzelnen aus, dass eine sachliche Unbilligkeit nicht gegeben sei.

Auch der Einwand, dass die Berücksichtigung der § 6b-Rücklage im Jahr 1986 im Zusammenhang mit Aussetzungszinsen im Jahr 1988 stünde, greife nicht. Zum einen wäre ein solcher Zusammenhang wegen des Prinzips der Abschnittsbesteuerung und Teilverzinsung unbeachtlich. Zum anderen sei die aufgrund der Auflösung der Rücklage im Jahr 1988 zu leistende Nachzahlung in Höhe von 164.084,30 € innerhalb der Fälligkeit bezahlt worden. Die Aussetzung der Vollziehung 1988 sei aus anderen Gründen gewährt worden und habe von 1998 bis 2015 bestanden.

Die Kläger legten hiergegen mit Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten vom 03.01.2017 Einspruch ein und teilten dem FG mit, dass der Bescheid vom 19.12.2016 zum Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens erklärt werde.

Sie führen ergänzend aus, dass nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil vom 15.10.1998 IV R 69/97, BFH/NV 1999, 383) die Verschiebung von Einkünften von einem in ein anderes Jahr als Billigkeitsgrund für einen Zinsverzicht anerkannt sei. Die Aussetzung betreffe niemals einen steuerlichen Sachverhalt, sondern immer den bestrittenen Steuerbetrag. Wäre die Auflösung der Rücklage nach § 6b EStG nicht in 1988 erfasst worden, hätten sich die Aussetzungszinsen um 334.533,16 € vermindert.

Der Beklagte erwiderte, dass das von den Klägern zitierte Urteil des BFH vom 15.10.1998 (IV R 69/97, a.a.O.) auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar sei, da keine Einkünfteverschiebung im Sinne der Entscheidung vorliege.

Mit Einspruchsentscheidung vom 13.02.2017 wies der Beklagte den Einspruch wegen der Ablehnung des Verzichts von Aussetzungszinsen zur Einkommensteuer 1988 als unbegründet zurück.

Die Kläger teilten daraufhin mit Schriftsatz vom 20.02.2017 (Eingang FG am 21.02.2017) mit, dass diese Einspruchsentscheidung zum Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens erklärt werde.

Das Gericht erfasste die Klage wegen Ablehnung des Antrags auf Verzicht auf die Aussetzungszinsen zur Einkommensteuer 1988 unter dem neuen Aktenzeichen 5 K 233/17.

Mit Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten vom 07.03.2017 führen die Kläger ergänzend aus, dass entgegen den Ausführungen des Beklagten eine vorwärts gerichtete Einkünfteverschiebung vorliege. Wegen der Einzelheiten, auch zur geänderten Berechnung des beantragten Zinsverzichts, wird auf den Schriftsatz vom 07.03.2017 verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 19.09.2017 weisen die Kläger abschließend nochmals darauf hin, dass kein Zinsvorteil aus den Einkommensteuerveranlagungen 1984 bis 1987 bestanden habe. Im Zeitpunkt der Bescheide vom 19.04.1995 hätten nach den endgültigen Steuerfestsetzungen den zinslosen Nachzahlungsverpflichtungen zu 1.613.146 DM zinslose Erstattungsansprüche zu 2.108.306 DM gegenüber gestanden.

Die Kläger beantragen im Verfahren 5 K 1535/16, die Bescheide vom 23.03.2016 über die Ablehnung des Antrags auf Verzicht auf die Aussetzungszinsen zur Einkommensteuer 1985 und 1987 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 11.10.2016 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, auf Aussetzungszinsen zur Einkommensteuer 1985 und 1987 jeweils in voller Höhe zu verzichten.

Für das Verfahren 5 K 233/2017 beantragen die Kläger, den Bescheid vom 19.12.2016 über die Ablehnung des Antrags auf Verzicht auf Aussetzungszinsen zur Einkommensteuer 1988 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.02.2017 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, auf Aussetzungszinsen zur Einkommensteuer 1988 in Höhe von 39.266 € zu verzichten, insgesamt also auf Aussetzungszinsen in Höhe von 913.418 €.

Hilfsweise wird für beide Verfahren beantragt, unter Aufhebung der Ablehnungsbescheide den Beklagten zu verpflichten auf Aussetzungszinsen zur Einkommensteuer 1988 in Höhe von 309.088 € zu verzichten.

Die Kläger regen die Zulassung der Revision an.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er trägt ergänzend zu seinen bisherigen Ausführungen vor, dass in den Streitjahren keine Vollverzinsung existiert habe. Die von den Klägern zitierten Urteile beträfen § 233a AO und seien im vorliegenden Verfahren nicht anwendbar. Die Vollverzinsung entstehe kraft Gesetzes, wohingegen die Aussetzungszinsen auf Anträge des Steuerpflichtigen zurückzuführen seien.

Vom Gesetzgeber bewusst in Kauf genommene Härten könnten nicht im Billigkeitswege ausgeglichen werden. Den Klägern sei die Rechtslage bis einschließlich 1988 hinsichtlich der Aussetzungszinsen bzw. Nichtverzinslichkeit von Erstattungsbeträgen bekannt gewesen. Weder ein Verstoß gegen Treu und Glauben noch gegen den Gleichheitssatz liege daher vor.

Letztlich beantragten die Kläger die Verrechnung von Aussetzungszinsen mit Erstattungszinsen, die nach den klaren und ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen in diesen Jahren nicht entstanden seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung, die Schriftsätze der Beteiligten sowie den Akteninhalt verwiesen.

Gründe

I.

Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet.

Die Bescheide vom 24.03.2016 über die Ablehnung des Antrags auf Verzicht auf die Aussetzungszinsen zur Einkommensteuer 1985 und 1987 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 11.10.2016 sind nicht rechtswidrig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

Die Kläger haben keinen Anspruch auf den Verzicht auf die Aussetzungszinsen zur Einkommensteuer 1985 und 1987.

1. Nach § 237 Abs. 1 Satz 1 AO ist, soweit ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid oder gegen eine Einspruchsentscheidung über einen solchen Bescheid endgültig keinen Erfolg gehabt hat, der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt wurde, zu verzinsen.

Gemäß §§ 237 Abs. 4, 234 Abs. 2 AO können die Finanzbehörden allerdings auf Aussetzungszinsen ganz oder zum Teil verzichten, wenn deren Erhebung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Eine solche Unbilligkeit kann dabei in der Sache selbst (sachliche Gründe) oder in den persönlichen, d. h. wirtschaftlichen Verhältnissen (persönliche Gründe) begründet sein.

Die Voraussetzungen, unter denen ein Zinsverzicht in Betracht kommt, entsprechen denjenigen nach §§ 163, 227 AO (vgl. BFH, Urteile vom 20.11.1987 VI R 140/84, BStBl II 1988, 402 und vom 18.04.1996 V R 55/95, BStBl II 1996, 561). Ein Verzicht auf die Zinsfestsetzung aus Gründen der sachlichen Unbilligkeit kommt danach nur in Betracht, wenn die Erhebung der Zinsen im Einzelfall mit Rücksicht auf den § 237 AO zugrunde liegenden Zweck nicht mehr zu rechtfertigen ist bzw. den gesetzlichen Wertungen zuwiderläuft (vgl. BFH, Urteile vom 21.10.1987 X R 29/81, BFH/NV 1988, 546, vom 29.08.1991 V R 78/86, BStBl II 1991, 906 und vom 21.07.1993 X R 104/91, BFH/NV 1994, 597).

Sinn und Zweck der in § 237 AO enthaltenen gesetzlichen Regelung der Verzinsungspflicht ist es, den Nutzungsvorteil wenigstens zum Teil abzuschöpfen, den der Steuerpflichtige dadurch erhält, dass er während der Dauer der Aussetzung über eine Geldsumme verfügen kann, die nach dem im angefochtenen Steuerbescheid konkretisierten materiellen Recht „an sich“ dem Steuergläubiger zusteht (vgl. BFH, Urteile vom 24.07.1979 VII R 67/76, BStBl II 1979, 712 und vom 20.09.1995 X R 86/94, BStBl II 1996, 53).

Unter dem Gesichtspunkt eines gerechten Ausgleichs zwischen den Geldnutzungsinteressen des Steuergläubigers und denen des Steuerpflichtigen ist es daher für den Regelfall angemessen, die Entscheidung über die Festsetzung von Aussetzungszinsen als automatische Folge des Verfahrensausgangs über die Steuerfestsetzung auszugestalten. Nur wenn die im Einzelfall maßgebliche materielle Steuerrechtslage ausnahmsweise so beschaffen ist, dass der Ausgang des Rechtsbehelfsverfahrens nicht mehr als Abbild der materiellen Rechtslage aufgefasst werden kann, ist der vom Gesetz gedeckte Regelfall nicht mehr gegeben und eine Einzelfallkorrektur geboten (vgl. BFH, Urteil vom 31.03.2010 II R 2/09, BFH/NV 2010, 1602).

2. Die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme ist – wie diese – eine Ermessensentscheidung, die gerichtlich nur in den durch § 102 Satz 1 FGO gezogenen Grenzen nachprüfbar ist (vgl. BFH, Urteile vom 15.10.1998 IV R 69/97, a.a.O., vom 17.06.2004 IV R 9/02, BFH/NV 2004, 1505 und vom 14.07.2010 X R 34/08, BStBl. II 2010, 916 m.w.N. der Rspr.). Die Nachprüfung der Ablehnung des Verzichts ist daher auf die Prüfung beschränkt, ob die Behörde bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von ihrem eingeräumten Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Ebenso hat das Gericht als Voraussetzung dieser Prüfung nachzuprüfen, ob das Finanzamt den entscheidungserheblichen Sachverhalt einwandfrei und erschöpfend ermittelt und seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Bei Überprüfung der Ermessensentscheidung darf das Gericht die für die Ausübung des Ermessens maßgeblichen Erwägungen, die vom Finanzamt vorzunehmen sind, nicht durch eigene Erwägungen ersetzen. Für die gerichtliche Überprüfung von behördlichen Ermessensentscheidungen sind diejenigen tatsächlichen Verhältnisse maßgebend, die dem Finanzamt im Zeitpunkt der letzten Ermessensausübung – hier bei Ergehen der Einspruchsentscheidungen – bekannt waren oder bekannt sein mussten (vgl. BFH, Urteile vom 26.03.1991 VII R 66/90, BStBl. II 1991, 545 und vom 26.07.2005 VII R 57/04, BStBl II 2005, 814).

Ein Anspruch des Steuerpflichtigen auf den Verzicht auf Aussetzungszinsen kann sich deshalb nur ergeben, wenn das der Finanzbehörde in § 237 Abs. 4 i.V.m. § 234 Abs. 2 AO eingeräumte Ermessen derart reduziert ist, dass alleine der Zinsverzicht als rechtmäßig erscheint (Ermessensreduzierung auf Null, vgl. Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung-Kommentar, 8. Aufl. 2015, § 102 Rz. 2 m.w.N.). Ist nur der Erlass eines Anspruchs bzw. d aus dem Steuerschuldverhältnis ermessensgerecht, kann das Gericht gemäß § 101 Satz 1 FGO die Verpflichtung zum Erlass bzw. Verzicht aussprechen (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH, Urteil vom 15.10.1989 IV R 69/97, a.a.O.).

3. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Beklagte unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls bei der Ausübung des Ermessens nicht fehlerhaft gehandelt. Erst recht ist der Ermessensspielraum im konkreten Fall nicht derart eingeschränkt gewesen, dass das Ermessen fehlerfrei nur durch Stattgabe des Verzichtsantrages hätte ausgeübt werden können.

a) Der Beklagte legte seiner Entscheidung den Sachverhalt zutreffend zugrunde. Soweit das Finanzamt in den Ablehnungsbescheiden vom 24.03.2016 sowie den Einspruchsentscheidungen vom 11.10.2016 von dem Verzicht auf die Festsetzung von Aussetzungszinsen spricht, ergibt sich aus dem Kontext der Entscheidungen, dass dies den Zinsverzicht im Sinne von §§ 237 Abs. 4, 234 Abs. 2 AO umfasst.

Die Anträge auf Verzicht auf die Aussetzungszinsen zur Einkommensteuer 1985 und 1987 aus sachlichen Billigkeitsgründen hat das Finanzamt ermessensfehlerfrei abgelehnt. Es hat die im Rahmen der sachlichen Billigkeit zu berücksichtigenden Ermessensgesichtspunkte gegeneinander abgewogen und ist dabei zu einem Ergebnis gelangt, das im Rahmen der gerichtlichen Überprüfungsbefugnis nach § 102 FGO nicht zu beanstanden ist. Ein Anspruch der Kläger auf Verzicht auf die Aussetzungszinsen 1985 und 1987 bestand nicht.

b) Der Ausgang des Rechtsbehelfsverfahrens weicht im Streitfall nicht derart von der materiellen Rechtslage ab, dass ausnahmsweise eine Korrektur durch Zinsverzicht geboten wäre. Die Kläger haben aufgrund der von Ihnen beantragten und durch das Finanzamt gewährten Aussetzung der Vollziehung zunächst die mit Einkommensteuerbescheiden vom 19.04.1995 festgesetzte Einkommensteuer 1985 und 1987 zunächst nicht zahlen müssen und hieraus einen Liquiditätsvorteil im Hinblick auf den jeweiligen Veranlagungszeitraum erlangt.

Der Argumentation des Finanzamts ist nach Auffassung des Senats insoweit zuzustimmen als die Kläger im Endergebnis die Aufrechnung der Aussetzungszinsen 1985 und 1987 mit fiktiven Erstattungszinsen für 1984 und 1986 beantragen, die ihrer Meinung nach – trotz entgegenstehender Rechtslage – hätten anfallen müssen.

Das Fehlen einer Verzinsungsregelung für Erstattungsansprüche bei dem gleichzeitigen Recht des Steuergläubigers, Aussetzungszinsen festzusetzen, führt jedoch zu keiner sachlichen Unbilligkeit im Sinne von §§ 237 Abs. 4, 234 Abs. 2 AO.

Die Verzinsung von Steuerforderungen und -erstattungen nach § 233a AO - sog. Vollverzinsung - wurde erst durch das Steuerreformgesetz 1990 (BGBl. I 1988, 1093, 1127) neu eingeführt. Sie galt erstmals für Ansprüche, die nach dem 31.12.1988 entstanden. Da der Gesetzgeber sich des Umstandes bewusst war, dass aus den verschiedensten Gründen Steuerforderungen verzinst wurden und werden (§§ 234 ff. AO), er aber gleichwohl eine Vollverzinsung erst für nach dem 31.12.1988 entstehende Ansprüche anordnete, läuft die Erhebung von Aussetzungszinsen für bestimmte Veranlagungszeiträume auch dann nicht den gesetzlichen Wertungen zuwider, wenn für andere Veranlagungszeiträume mangels gesetzlicher Regelung keine Zinsen auf Erstattungsbeträge zu zahlen sind (so auch FG Düsseldorf, Urteil vom 04.12.1998 18 K 5362/97 AO, Juris und FG München, Urteil vom 22.01.2004 5 K 3593/01, Juris).

Entgegen der Auffassung der Kläger ergab sich durch die geänderte Festsetzung der Einkommensteuer 1984 bis 1987 durch die Einkommensteuerbescheide vom 19.06.2013 auch keine rückwirkende Aufrechnungslage für das Jahr 1995. Zudem stand die von den Klägern beantragte und seitens des Finanzamts gewährte Aussetzung der Vollziehung einer Aufrechnung in diesem Zeitpunkt entgegen.

c) Eine Ermessensreduzierung auf Null hinsichtlich des Erlasses von Aussetzungszinsen wird vielmehr dann von der finanzgerichtlichen Rechtsprechung angenommen, wenn objektiv die Voraussetzungen für eine Verrechnungs- oder technische Stundung vorliegen (vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 04.12.1998 18 K 5362/97 AO, a.a.O., FG Hamburg, Urteil vom 22.05.1997 II 22/95, EFG 1997, 1355, FG Münster, Urteile vom 03.12.1993 11 K 5330/91, EFG 1994, 552 und vom 04.04.2017 15 K 2127/14 AO, EFG 2017, 960).

Die Verzinsung eines Steueranspruchs kann nämlich im Einzelfall unbillig sein, wenn der Steuerschuldner in Kürze mit einer Steuererstattung rechnen kann, ohne dass bereits eine Aufrechnungslage besteht. Eine Verrechnungsstundung setzt voraus, dass der Steuerschuldner zur Zeit der Fälligkeit der Steuerschuld seinen Gegenanspruch bereits nach Grund und Höhe rechtlich und tatsächlich darlegt und dass dieser zeitnah fällig wird. Eine ungewisse Aussicht auf eine Steuererstattung ist nicht ausreichend. Der Steuererstattungsanspruch muss mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit alsbald entstehen (vgl. BFH, Urteil vom 6.10.1982 I R 98/81, BStBl. II 1983, 397).

Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Die Einsprüche wegen Einkommensteuer 1984 bis 1987 vom 11.05.1995 wurden erst Anfang 2012 von den Klägern konkretisiert. Es handelte sich daher aus Sicht des Jahres 1995 nicht um „belegbare, demnächst fällige Ansprüche des Steuerschuldners aus einem Steuerschuldverhältnis“ im Sinne von AEAO zu § 234, Nr. 11 (Verrechnungsstundung).

d) Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen der Kläger, dass die Feststellungen nach Abschluss der Betriebsprüfung für die Jahre 1984 bis 1987 letztlich nicht zu einem Liquiditäts- und damit Zinsvorteil zu ihren Gunsten geführt habe, da im Endergebnis die Erstattungen höher ausgefallen seien als die Nachzahlungen.

Die von den Klägern zur Unterstützung ihrer Argumentation angeführte höchstrichterliche Rechtsprechung (vgl. BFH, Urteile vom 11.07.1996 V R 18/95, BStBl. II 1997, 259, vom 12.04.2000 XI R 21/97, BFH/NV 2000, 1178, vom 16.11.2005 X R 28/04, BFH/NV 2006, 697, vom 28.07.2009, I B 42/09, BFH/NV 2010, 5, vom 07.11.2013 X R 23/11, BFH/NV 2014, 660 und vom 01.06.2016 X R 66/14, BFH/NV 2016, 1668) beziehen sich sämtlich auf den Erlass von Nachzahlungszinsen nach § 233a AO und damit auf die Rechtslage nach 1988, d.h. ab Einführung der Vollverzinsung nach § 233a AO.

Der BFH führt in den genannten Entscheidungen u.a. aus, dass für einen Ausgleich in Form einer Verzinsung von Steuernachforderungen im Sinne von § 233a AO kein Raum sei, wenn zweifelsfrei feststehe, dass ein Steuerpflichtiger durch die verspätete Steuerfestsetzung keinen Schaden erlitten habe.

Diese Rechtsprechung kann jedoch – wie oben aufgezeigt – nicht auf die Rechtslage vor 1989 in dem von den Klägern dargelegten Sinne übertragen werden, denn der Gesetzgeber sah eine Vollverzinsung erst für nach dem 31.12.1988 entstehende Ansprüche vor.

Aus diesem Grund kann auch der Verweis auf das Urteil des BFH vom 15.10.1989 (IV R 69/97, a.a.O.) der Klage nicht zum Erfolg verhelfen. In dieser Entscheidung hat der BFH ausgeführt, dass die Erhebung von Nachzahlungszinsen sachlich unbillig sei, wenn nachträglich zunächst vor 1989 besteuerte Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum nach 1988 der Einkommensteuer unterworfen werden. Dies stelle einen speziellen und praktisch seltenen Fall der vorwärts gerichteten Einkünfteverschiebung dar, der die Besonderheit aufweise, dass die Einkünfteverschiebung über die Schwelle des Inkrafttretens der Vollverzinsung nach § 233a AO 1977 stattgefunden habe. Es sei nicht erkennbar, ob der Gesetzgeber diesen Fall bedacht habe, da er anderenfalls vermutlich eine Übergangsregelung getroffen hätte.

Im Streitfall gibt es jedoch keinen vom Gesetz nicht erfassten Ausnahmefall, etwa das Fehlen einer Übergangsregelung, sondern die Festsetzung und Erhebung der Aussetzungszinsen zur Einkommensteuer 1985 und 1987 entspricht nach Auffassung des Senats dem erklärten Willen des Gesetzgebers.

e) Auch der Vergleich mit dem Erlass von Säumniszuschlägen und der Hinweis auf AEAO zu § 240, Nr. 5f geht fehl.

Säumniszuschläge fallen von Gesetzes wegen an. Verwirkte Säumniszuschläge bleiben auch bestehen, wenn die ursprüngliche, für die Bemessung der Säumniszuschläge maßgebende Steuer in einem Rechtsbehelfsverfahren herabgesetzt wird. Hier schafft ein Verzicht Abhilfe, wenn der Steuerpflichtige alles getan hat, um Aussetzung der Vollziehung zu erlangen und diese abgelehnt worden ist. Der Steuerpflichtige soll so gestellt werden, als hätte er den gebotenen einstweiligen Rechtsschutz erlangt.

Aussetzungszinsen beruhen hingegen auf einem Antrag des Steuerpflichtigen und sind nach der gesetzlichen Regelung an den Ausgang des Rechtsbehelfs- oder Klageverfahrens gekoppelt.

f) Sachliche Unbilligkeitsgründe liegen daher nicht vor. Persönliche Billigkeitsgründe wurden weder vorgetragen noch sind sie aus den Akten ersichtlich.

4. Die Klage ist daher abzuweisen.

II.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung zu ausgelaufenem Recht auf der Basis der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung. Eine Divergenz zu Entscheidungen anderer Finanzgerichte liegt nicht vor.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

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(2) Zinsen werden erhoben vom Tag des Eingangs des außergerichtlichen Rechtsbehelfs bei der Behörde, deren Verwaltungsakt angefochten wird, oder vom Tag der Rechtshängigkeit beim Gericht an bis zum Tag, an dem die Aussetzung der Vollziehung endet. Ist die Vollziehung erst nach dem Eingang des außergerichtlichen Rechtsbehelfs oder erst nach der Rechtshängigkeit ausgesetzt worden, so beginnt die Verzinsung mit dem Tag, an dem die Wirkung der Aussetzung der Vollziehung beginnt.

(3) Absätze 1 und 2 sind entsprechend anzuwenden, wenn nach Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids, des Körperschaftsteuerbescheids oder eines Feststellungsbescheids die Vollziehung eines Gewerbesteuermessbescheids oder Gewerbesteuerbescheids ausgesetzt wird.

(4) § 234 Abs. 2 und 3 gelten entsprechend.

(5) Ein Zinsbescheid ist nicht aufzuheben oder zu ändern, wenn der Steuerbescheid nach Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt wird.

(1) Für die Dauer einer gewährten Stundung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis werden Zinsen erhoben. Wird der Steuerbescheid nach Ablauf der Stundung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, so bleiben die bis dahin entstandenen Zinsen unberührt.

(2) Auf die Zinsen kann ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn ihre Erhebung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre.

(3) Zinsen nach § 233a, die für denselben Zeitraum festgesetzt wurden, sind anzurechnen.

(1) Führt die Festsetzung der Einkommen-, Körperschaft-, Vermögen-, Umsatz- oder Gewerbesteuer zu einem Unterschiedsbetrag im Sinne des Absatzes 3, ist dieser zu verzinsen. Dies gilt nicht für die Festsetzung von Vorauszahlungen und Steuerabzugsbeträgen.

(2) Der Zinslauf beginnt 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist. Er beginnt für die Einkommen- und Körperschaftsteuer 23 Monate nach diesem Zeitpunkt, wenn die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft bei der erstmaligen Steuerfestsetzung die anderen Einkünfte überwiegen; hierbei sind Kapitalerträge nach § 32d Absatz 1 und § 43 Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes nicht zu berücksichtigen. Er endet mit Ablauf des Tages, an dem die Steuerfestsetzung wirksam wird.

(2a) Soweit die Steuerfestsetzung auf der Berücksichtigung eines rückwirkenden Ereignisses (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2) oder auf einem Verlustabzug nach § 10d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes beruht, beginnt der Zinslauf abweichend von Absatz 2 Satz 1 und 2 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten oder der Verlust entstanden ist.

(3) Maßgebend für die Zinsberechnung ist die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die bis zum Beginn des Zinslaufs festgesetzten Vorauszahlungen (Unterschiedsbetrag). Bei der Vermögensteuer ist als Unterschiedsbetrag für die Zinsberechnung die festgesetzte Steuer, vermindert um die festgesetzten Vorauszahlungen oder die bisher festgesetzte Jahressteuer, maßgebend. Ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen ist nur bis zur Höhe des zu erstattenden Betrags zu verzinsen; die Verzinsung beginnt frühestens mit dem Tag der Zahlung. Besteht der Erstattungsbetrag aus mehreren Teil-Leistungen, richtet sich der Zinsberechnungszeitraum jeweils nach dem Zeitpunkt der einzelnen Leistung; die Leistungen sind in chronologischer Reihenfolge zu berücksichtigen, beginnend mit der jüngsten Leistung.

(4) Die Festsetzung der Zinsen soll mit der Steuerfestsetzung verbunden werden.

(5) Wird die Steuerfestsetzung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, ist eine bisherige Zinsfestsetzung zu ändern; Gleiches gilt, wenn die Anrechnung von Steuerbeträgen zurückgenommen, widerrufen oder nach § 129 berichtigt wird. Maßgebend für die Zinsberechnung ist der Unterschiedsbetrag zwischen der festgesetzten Steuer und der vorher festgesetzten Steuer, jeweils vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge und um die anzurechnende Körperschaftsteuer. Dem sich hiernach ergebenden Zinsbetrag sind bisher festzusetzende Zinsen hinzuzurechnen; bei einem Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen entfallen darauf festgesetzte Zinsen. Im Übrigen gilt Absatz 3 Satz 3 und 4 entsprechend.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten bei der Durchführung des Lohnsteuer-Jahresausgleichs entsprechend.

(7) Bei Anwendung des Absatzes 2a gelten die Absätze 3 und 5 mit der Maßgabe, dass der Unterschiedsbetrag in Teil-Unterschiedsbeträge mit jeweils gleichem Zinslaufbeginn aufzuteilen ist; für jeden Teil-Unterschiedsbetrag sind Zinsen gesondert und in der zeitlichen Reihenfolge der Teil-Unterschiedsbeträge zu berechnen, beginnend mit den Zinsen auf den Teil-Unterschiedsbetrag mit dem ältesten Zinslaufbeginn. Ergibt sich ein Teil-Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen, entfallen auf diesen Betrag festgesetzte Zinsen frühestens ab Beginn des für diesen Teil-Unterschiedsbetrag maßgebenden Zinslaufs; Zinsen für den Zeitraum bis zum Beginn des Zinslaufs dieses Teil-Unterschiedsbetrags bleiben endgültig bestehen. Dies gilt auch, wenn zuvor innerhalb derselben Zinsberechnung Zinsen auf einen Teil-Unterschiedsbetrag zuungunsten des Steuerpflichtigen berechnet worden sind.

(8) Zinsen auf einen Unterschiedsbetrag zuungunsten des Steuerpflichtigen (Nachzahlungszinsen) sind entweder nicht festzusetzen oder zu erlassen, soweit Zahlungen oder andere Leistungen auf eine später wirksam gewordene Steuerfestsetzung erbracht wurden, die Finanzbehörde diese Leistungen angenommen und auf die festgesetzte und zu entrichtende Steuer angerechnet hat. Absatz 3 Satz 4 ist hierbei entsprechend anzuwenden. Soweit Nachzahlungszinsen aufgrund einer Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Steuerfestsetzung nach Absatz 5 Satz 3 zweiter Halbsatz entfallen, mindert sich der Zinsverzicht nach Satz 1 entsprechend. Die §§ 163 und 227 bleiben unberührt.

(1) Soweit ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid, eine Steueranmeldung oder einen Verwaltungsakt, der einen Steuervergütungsbescheid aufhebt oder ändert, oder gegen eine Einspruchsentscheidung über einen dieser Verwaltungsakte endgültig keinen Erfolg gehabt hat, ist der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt wurde, zu verzinsen. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach Einlegung eines förmlichen außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs gegen einen Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10) oder eine Rechtsbehelfsentscheidung über einen Grundlagenbescheid die Vollziehung eines Folgebescheids ausgesetzt wurde.

(2) Zinsen werden erhoben vom Tag des Eingangs des außergerichtlichen Rechtsbehelfs bei der Behörde, deren Verwaltungsakt angefochten wird, oder vom Tag der Rechtshängigkeit beim Gericht an bis zum Tag, an dem die Aussetzung der Vollziehung endet. Ist die Vollziehung erst nach dem Eingang des außergerichtlichen Rechtsbehelfs oder erst nach der Rechtshängigkeit ausgesetzt worden, so beginnt die Verzinsung mit dem Tag, an dem die Wirkung der Aussetzung der Vollziehung beginnt.

(3) Absätze 1 und 2 sind entsprechend anzuwenden, wenn nach Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids, des Körperschaftsteuerbescheids oder eines Feststellungsbescheids die Vollziehung eines Gewerbesteuermessbescheids oder Gewerbesteuerbescheids ausgesetzt wird.

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(2) Auf die Zinsen kann ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn ihre Erhebung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre.

(3) Zinsen nach § 233a, die für denselben Zeitraum festgesetzt wurden, sind anzurechnen.

(1) Soweit ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid, eine Steueranmeldung oder einen Verwaltungsakt, der einen Steuervergütungsbescheid aufhebt oder ändert, oder gegen eine Einspruchsentscheidung über einen dieser Verwaltungsakte endgültig keinen Erfolg gehabt hat, ist der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt wurde, zu verzinsen. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach Einlegung eines förmlichen außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs gegen einen Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10) oder eine Rechtsbehelfsentscheidung über einen Grundlagenbescheid die Vollziehung eines Folgebescheids ausgesetzt wurde.

(2) Zinsen werden erhoben vom Tag des Eingangs des außergerichtlichen Rechtsbehelfs bei der Behörde, deren Verwaltungsakt angefochten wird, oder vom Tag der Rechtshängigkeit beim Gericht an bis zum Tag, an dem die Aussetzung der Vollziehung endet. Ist die Vollziehung erst nach dem Eingang des außergerichtlichen Rechtsbehelfs oder erst nach der Rechtshängigkeit ausgesetzt worden, so beginnt die Verzinsung mit dem Tag, an dem die Wirkung der Aussetzung der Vollziehung beginnt.

(3) Absätze 1 und 2 sind entsprechend anzuwenden, wenn nach Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids, des Körperschaftsteuerbescheids oder eines Feststellungsbescheids die Vollziehung eines Gewerbesteuermessbescheids oder Gewerbesteuerbescheids ausgesetzt wird.

(4) § 234 Abs. 2 und 3 gelten entsprechend.

(5) Ein Zinsbescheid ist nicht aufzuheben oder zu ändern, wenn der Steuerbescheid nach Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt wird.

(1) Für die Dauer einer gewährten Stundung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis werden Zinsen erhoben. Wird der Steuerbescheid nach Ablauf der Stundung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, so bleiben die bis dahin entstandenen Zinsen unberührt.

(2) Auf die Zinsen kann ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn ihre Erhebung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre.

(3) Zinsen nach § 233a, die für denselben Zeitraum festgesetzt wurden, sind anzurechnen.

(1) Soweit ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid, eine Steueranmeldung oder einen Verwaltungsakt, der einen Steuervergütungsbescheid aufhebt oder ändert, oder gegen eine Einspruchsentscheidung über einen dieser Verwaltungsakte endgültig keinen Erfolg gehabt hat, ist der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt wurde, zu verzinsen. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach Einlegung eines förmlichen außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs gegen einen Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10) oder eine Rechtsbehelfsentscheidung über einen Grundlagenbescheid die Vollziehung eines Folgebescheids ausgesetzt wurde.

(2) Zinsen werden erhoben vom Tag des Eingangs des außergerichtlichen Rechtsbehelfs bei der Behörde, deren Verwaltungsakt angefochten wird, oder vom Tag der Rechtshängigkeit beim Gericht an bis zum Tag, an dem die Aussetzung der Vollziehung endet. Ist die Vollziehung erst nach dem Eingang des außergerichtlichen Rechtsbehelfs oder erst nach der Rechtshängigkeit ausgesetzt worden, so beginnt die Verzinsung mit dem Tag, an dem die Wirkung der Aussetzung der Vollziehung beginnt.

(3) Absätze 1 und 2 sind entsprechend anzuwenden, wenn nach Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids, des Körperschaftsteuerbescheids oder eines Feststellungsbescheids die Vollziehung eines Gewerbesteuermessbescheids oder Gewerbesteuerbescheids ausgesetzt wird.

(4) § 234 Abs. 2 und 3 gelten entsprechend.

(5) Ein Zinsbescheid ist nicht aufzuheben oder zu ändern, wenn der Steuerbescheid nach Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt wird.

(1) Durch Einlegung des Einspruchs wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 4 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die Finanzbehörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; § 367 Abs. 1 Satz 2 gilt sinngemäß. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für die betroffene Person eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden.

(3) Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheids ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheids auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheids bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheids zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheids die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist.

(4) Durch Einlegung eines Einspruchs gegen die Untersagung des Gewerbebetriebs oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Finanzbehörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. § 367 Abs. 1 Satz 2 gilt sinngemäß.

(5) Gegen die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung kann das Gericht nur nach § 69 Abs. 3 und 5 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung angerufen werden.

(1) Soweit ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid, eine Steueranmeldung oder einen Verwaltungsakt, der einen Steuervergütungsbescheid aufhebt oder ändert, oder gegen eine Einspruchsentscheidung über einen dieser Verwaltungsakte endgültig keinen Erfolg gehabt hat, ist der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt wurde, zu verzinsen. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach Einlegung eines förmlichen außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs gegen einen Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10) oder eine Rechtsbehelfsentscheidung über einen Grundlagenbescheid die Vollziehung eines Folgebescheids ausgesetzt wurde.

(2) Zinsen werden erhoben vom Tag des Eingangs des außergerichtlichen Rechtsbehelfs bei der Behörde, deren Verwaltungsakt angefochten wird, oder vom Tag der Rechtshängigkeit beim Gericht an bis zum Tag, an dem die Aussetzung der Vollziehung endet. Ist die Vollziehung erst nach dem Eingang des außergerichtlichen Rechtsbehelfs oder erst nach der Rechtshängigkeit ausgesetzt worden, so beginnt die Verzinsung mit dem Tag, an dem die Wirkung der Aussetzung der Vollziehung beginnt.

(3) Absätze 1 und 2 sind entsprechend anzuwenden, wenn nach Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids, des Körperschaftsteuerbescheids oder eines Feststellungsbescheids die Vollziehung eines Gewerbesteuermessbescheids oder Gewerbesteuerbescheids ausgesetzt wird.

(4) § 234 Abs. 2 und 3 gelten entsprechend.

(5) Ein Zinsbescheid ist nicht aufzuheben oder zu ändern, wenn der Steuerbescheid nach Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt wird.

(1) Wird durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung oder auf Grund einer solchen Entscheidung eine festgesetzte Steuer herabgesetzt oder eine Steuervergütung gewährt, so ist der zu erstattende oder zu vergütende Betrag vorbehaltlich des Absatzes 3 vom Tag der Rechtshängigkeit an bis zum Auszahlungstag zu verzinsen. Ist der zu erstattende Betrag erst nach Eintritt der Rechtshängigkeit entrichtet worden, so beginnt die Verzinsung mit dem Tag der Zahlung.

(2) Absatz 1 ist entsprechend anzuwenden, wenn

1.
sich der Rechtsstreit durch Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts oder durch Erlass des beantragten Verwaltungsakts erledigt oder
2.
eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung oder ein unanfechtbarer Verwaltungsakt, durch den sich der Rechtsstreit erledigt hat,
a)
zur Herabsetzung der in einem Folgebescheid festgesetzten Steuer,
b)
zur Herabsetzung der Gewerbesteuer nach Änderung des Gewerbesteuermessbetrags
führt.

(3) Ein zu erstattender oder zu vergütender Betrag wird nicht verzinst, soweit dem Beteiligten die Kosten des Rechtsbehelfs nach § 137 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung auferlegt worden sind.

(4) Zinsen nach § 233a, die für denselben Zeitraum festgesetzt wurden, sind anzurechnen.

(5) Ein Zinsbescheid ist nicht aufzuheben oder zu ändern, wenn der Steuerbescheid nach Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt wird.

(1) Zinsen entstehen für die Zeit nach dem 31. Dezember 1976 nach den Vorschriften der Abgabenordnung. Aussetzungszinsen entstehen nach § 237 der Abgabenordnung in der Fassung des Steuerbereinigungsgesetzes 1986 auch, soweit der Zinslauf vor dem 1. Januar 1987 begonnen hat.

(2) Ist eine Steuer über den 31. Dezember 1976 hinaus zinslos gestundet worden, so gilt dies als Verzicht auf Zinsen im Sinne des § 234 Abs. 2 der Abgabenordnung.

(3) Die Vorschriften des § 239 Abs. 1 der Abgabenordnung über die Festsetzungsfrist gelten in allen Fällen, in denen die Festsetzungsfrist auf Grund dieser Vorschrift nach dem 31. Dezember 1977 beginnt.

(4) Die Vorschriften der §§ 233a, 235, 236 und 239 der Abgabenordnung in der Fassung von Artikel 15 Nr. 3 bis 5 und 7 des Steuerreformgesetzes 1990 vom 25. Juli 1988 (BGBl. I S. 1093) und Artikel 9 des Wohnungsbauförderungsgesetzes vom 22. Dezember 1989 (BGBl. I S. 2408) gelten für alle Steuern, die nach dem 31. Dezember 1988 entstehen.

(5) § 233a Abs. 2 Satz 3 der Abgabenordnung in der Fassung des Artikels 4 Nr. 1 des Gesetzes vom 24. Juni 1994 (BGBl. I S. 1395) gilt in allen Fällen, in denen Zinsen nach dem 31. Dezember 1993 festgesetzt werden.

(6) § 233a Abs. 5 und §§ 234 bis 237 der Abgabenordnung in der Fassung des Artikels 26 des Gesetzes vom 21. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2310) gelten in allen Fällen, in denen die Steuerfestsetzung nach Inkrafttreten dieses Gesetzes aufgehoben, geändert oder nach § 129 der Abgabenordnung berichtigt wird.

(7) (weggefallen)

(8) § 233a Abs. 2a der Abgabenordnung in der Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 1996 (BGBl. I S. 2049) gilt in allen Fällen, in denen der Verlust nach dem 31. Dezember 1995 entstanden oder das rückwirkende Ereignis nach dem 31. Dezember 1995 eingetreten ist.

(9) § 233a Abs. 2 Satz 3 der Abgabenordnung in der Fassung des Artikels 17 des Gesetzes vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2601) gilt für alle Steuern, die nach dem 31. Dezember 1993 entstehen.

(10) § 238 Abs. 2 und § 239 Abs. 2 der Abgabenordnung in der Fassung des Artikels 23 Nr. 7 und 8 des Gesetzes vom 19. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1790) gilt in allen Fällen, in denen Zinsen nach dem 31. Dezember 2001 festgesetzt werden.

(11) § 233a Absatz 2 Satz 2 der Abgabenordnung in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 1. November 2011 (BGBl. I S. 2131) gilt für alle Steuern, die nach dem 31. Dezember 2009 entstehen.

(12) § 239 Absatz 3 der Abgabenordnung in der am 1. Januar 2017 geltenden Fassung ist erstmals auf Feststellungszeiträume anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2016 beginnen. § 239 Absatz 4 der Abgabenordnung in der am 1. Januar 2017 geltenden Fassung ist erstmals auf Zinsbescheide anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2016 erlassen worden sind.

(13) Die §§ 233 und 233a Absatz 2 Satz 2 zweiter Halbsatz, Absatz 3 Satz 4 und Absatz 5 Satz 4 der Abgabenordnung in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 12. Juli 2022 (BGBl. I S. 1142) gelten in allen Fällen, in denen Zinsen nach dem 21. Juli 2022 festgesetzt werden.

(14) § 233a Absatz 8, § 238 Absatz 1a bis 1c und § 239 Absatz 5 der Abgabenordnung in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 12. Juli 2022 (BGBl. I S. 1142) sind vorbehaltlich des § 176 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 der Abgabenordnung und des Absatzes 16 in allen am 21. Juli 2022 anhängigen Verfahren anzuwenden. Bei Anwendung des § 233a Absatz 5 Satz 3 zweiter Halbsatz der Abgabenordnung ist für die Minderung von Nachzahlungszinsen der Zinssatz maßgeblich, der bei der ursprünglichen Festsetzung der Nachzahlungszinsen zugrunde gelegt wurde. § 176 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 der Abgabenordnung ist dabei mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Zinsen, die sich aufgrund der Neuberechnung bisher festgesetzter Zinsen nach den Sätzen 1 und 2 ergeben, die vor Anwendung der Neuberechnung festgesetzten Zinsen nicht übersteigen dürfen.

(15) § 239 Absatz 1 Satz 1 und 2 der Abgabenordnung in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 12. Juli 2022 (BGBl. I S. 1142) gilt in allen Fällen, in denen die Festsetzungsfrist am 21. Juli 2022 noch nicht abgelaufen ist.

(16) § 165 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2, Satz 4 und Absatz 2 sowie § 171 Absatz 8 der Abgabenordnung sind auf nach dem 21. Juli 2022 erlassene Zinsfestsetzungen nach § 233a der Abgabenordnung für Verzinsungszeiträume ab dem 1. Januar 2019 entsprechend anzuwenden, solange die technischen und organisatorischen Voraussetzungen für die Anwendung des § 238 Absatz 1a der Abgabenordnung in der am 22. Juli 2022 geltenden Fassung noch nicht vorliegen.

(1) Führt die Festsetzung der Einkommen-, Körperschaft-, Vermögen-, Umsatz- oder Gewerbesteuer zu einem Unterschiedsbetrag im Sinne des Absatzes 3, ist dieser zu verzinsen. Dies gilt nicht für die Festsetzung von Vorauszahlungen und Steuerabzugsbeträgen.

(2) Der Zinslauf beginnt 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist. Er beginnt für die Einkommen- und Körperschaftsteuer 23 Monate nach diesem Zeitpunkt, wenn die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft bei der erstmaligen Steuerfestsetzung die anderen Einkünfte überwiegen; hierbei sind Kapitalerträge nach § 32d Absatz 1 und § 43 Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes nicht zu berücksichtigen. Er endet mit Ablauf des Tages, an dem die Steuerfestsetzung wirksam wird.

(2a) Soweit die Steuerfestsetzung auf der Berücksichtigung eines rückwirkenden Ereignisses (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2) oder auf einem Verlustabzug nach § 10d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes beruht, beginnt der Zinslauf abweichend von Absatz 2 Satz 1 und 2 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten oder der Verlust entstanden ist.

(3) Maßgebend für die Zinsberechnung ist die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die bis zum Beginn des Zinslaufs festgesetzten Vorauszahlungen (Unterschiedsbetrag). Bei der Vermögensteuer ist als Unterschiedsbetrag für die Zinsberechnung die festgesetzte Steuer, vermindert um die festgesetzten Vorauszahlungen oder die bisher festgesetzte Jahressteuer, maßgebend. Ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen ist nur bis zur Höhe des zu erstattenden Betrags zu verzinsen; die Verzinsung beginnt frühestens mit dem Tag der Zahlung. Besteht der Erstattungsbetrag aus mehreren Teil-Leistungen, richtet sich der Zinsberechnungszeitraum jeweils nach dem Zeitpunkt der einzelnen Leistung; die Leistungen sind in chronologischer Reihenfolge zu berücksichtigen, beginnend mit der jüngsten Leistung.

(4) Die Festsetzung der Zinsen soll mit der Steuerfestsetzung verbunden werden.

(5) Wird die Steuerfestsetzung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, ist eine bisherige Zinsfestsetzung zu ändern; Gleiches gilt, wenn die Anrechnung von Steuerbeträgen zurückgenommen, widerrufen oder nach § 129 berichtigt wird. Maßgebend für die Zinsberechnung ist der Unterschiedsbetrag zwischen der festgesetzten Steuer und der vorher festgesetzten Steuer, jeweils vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge und um die anzurechnende Körperschaftsteuer. Dem sich hiernach ergebenden Zinsbetrag sind bisher festzusetzende Zinsen hinzuzurechnen; bei einem Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen entfallen darauf festgesetzte Zinsen. Im Übrigen gilt Absatz 3 Satz 3 und 4 entsprechend.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten bei der Durchführung des Lohnsteuer-Jahresausgleichs entsprechend.

(7) Bei Anwendung des Absatzes 2a gelten die Absätze 3 und 5 mit der Maßgabe, dass der Unterschiedsbetrag in Teil-Unterschiedsbeträge mit jeweils gleichem Zinslaufbeginn aufzuteilen ist; für jeden Teil-Unterschiedsbetrag sind Zinsen gesondert und in der zeitlichen Reihenfolge der Teil-Unterschiedsbeträge zu berechnen, beginnend mit den Zinsen auf den Teil-Unterschiedsbetrag mit dem ältesten Zinslaufbeginn. Ergibt sich ein Teil-Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen, entfallen auf diesen Betrag festgesetzte Zinsen frühestens ab Beginn des für diesen Teil-Unterschiedsbetrag maßgebenden Zinslaufs; Zinsen für den Zeitraum bis zum Beginn des Zinslaufs dieses Teil-Unterschiedsbetrags bleiben endgültig bestehen. Dies gilt auch, wenn zuvor innerhalb derselben Zinsberechnung Zinsen auf einen Teil-Unterschiedsbetrag zuungunsten des Steuerpflichtigen berechnet worden sind.

(8) Zinsen auf einen Unterschiedsbetrag zuungunsten des Steuerpflichtigen (Nachzahlungszinsen) sind entweder nicht festzusetzen oder zu erlassen, soweit Zahlungen oder andere Leistungen auf eine später wirksam gewordene Steuerfestsetzung erbracht wurden, die Finanzbehörde diese Leistungen angenommen und auf die festgesetzte und zu entrichtende Steuer angerechnet hat. Absatz 3 Satz 4 ist hierbei entsprechend anzuwenden. Soweit Nachzahlungszinsen aufgrund einer Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Steuerfestsetzung nach Absatz 5 Satz 3 zweiter Halbsatz entfallen, mindert sich der Zinsverzicht nach Satz 1 entsprechend. Die §§ 163 und 227 bleiben unberührt.

(1) Soweit ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid, eine Steueranmeldung oder einen Verwaltungsakt, der einen Steuervergütungsbescheid aufhebt oder ändert, oder gegen eine Einspruchsentscheidung über einen dieser Verwaltungsakte endgültig keinen Erfolg gehabt hat, ist der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt wurde, zu verzinsen. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach Einlegung eines förmlichen außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs gegen einen Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10) oder eine Rechtsbehelfsentscheidung über einen Grundlagenbescheid die Vollziehung eines Folgebescheids ausgesetzt wurde.

(2) Zinsen werden erhoben vom Tag des Eingangs des außergerichtlichen Rechtsbehelfs bei der Behörde, deren Verwaltungsakt angefochten wird, oder vom Tag der Rechtshängigkeit beim Gericht an bis zum Tag, an dem die Aussetzung der Vollziehung endet. Ist die Vollziehung erst nach dem Eingang des außergerichtlichen Rechtsbehelfs oder erst nach der Rechtshängigkeit ausgesetzt worden, so beginnt die Verzinsung mit dem Tag, an dem die Wirkung der Aussetzung der Vollziehung beginnt.

(3) Absätze 1 und 2 sind entsprechend anzuwenden, wenn nach Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids, des Körperschaftsteuerbescheids oder eines Feststellungsbescheids die Vollziehung eines Gewerbesteuermessbescheids oder Gewerbesteuerbescheids ausgesetzt wird.

(4) § 234 Abs. 2 und 3 gelten entsprechend.

(5) Ein Zinsbescheid ist nicht aufzuheben oder zu ändern, wenn der Steuerbescheid nach Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt wird.

(1) Für die Dauer einer gewährten Stundung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis werden Zinsen erhoben. Wird der Steuerbescheid nach Ablauf der Stundung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, so bleiben die bis dahin entstandenen Zinsen unberührt.

(2) Auf die Zinsen kann ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn ihre Erhebung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre.

(3) Zinsen nach § 233a, die für denselben Zeitraum festgesetzt wurden, sind anzurechnen.

(1) Wird durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung oder auf Grund einer solchen Entscheidung eine festgesetzte Steuer herabgesetzt oder eine Steuervergütung gewährt, so ist der zu erstattende oder zu vergütende Betrag vorbehaltlich des Absatzes 3 vom Tag der Rechtshängigkeit an bis zum Auszahlungstag zu verzinsen. Ist der zu erstattende Betrag erst nach Eintritt der Rechtshängigkeit entrichtet worden, so beginnt die Verzinsung mit dem Tag der Zahlung.

(2) Absatz 1 ist entsprechend anzuwenden, wenn

1.
sich der Rechtsstreit durch Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts oder durch Erlass des beantragten Verwaltungsakts erledigt oder
2.
eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung oder ein unanfechtbarer Verwaltungsakt, durch den sich der Rechtsstreit erledigt hat,
a)
zur Herabsetzung der in einem Folgebescheid festgesetzten Steuer,
b)
zur Herabsetzung der Gewerbesteuer nach Änderung des Gewerbesteuermessbetrags
führt.

(3) Ein zu erstattender oder zu vergütender Betrag wird nicht verzinst, soweit dem Beteiligten die Kosten des Rechtsbehelfs nach § 137 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung auferlegt worden sind.

(4) Zinsen nach § 233a, die für denselben Zeitraum festgesetzt wurden, sind anzurechnen.

(5) Ein Zinsbescheid ist nicht aufzuheben oder zu ändern, wenn der Steuerbescheid nach Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt wird.

(1) Soweit ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid, eine Steueranmeldung oder einen Verwaltungsakt, der einen Steuervergütungsbescheid aufhebt oder ändert, oder gegen eine Einspruchsentscheidung über einen dieser Verwaltungsakte endgültig keinen Erfolg gehabt hat, ist der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt wurde, zu verzinsen. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach Einlegung eines förmlichen außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs gegen einen Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10) oder eine Rechtsbehelfsentscheidung über einen Grundlagenbescheid die Vollziehung eines Folgebescheids ausgesetzt wurde.

(2) Zinsen werden erhoben vom Tag des Eingangs des außergerichtlichen Rechtsbehelfs bei der Behörde, deren Verwaltungsakt angefochten wird, oder vom Tag der Rechtshängigkeit beim Gericht an bis zum Tag, an dem die Aussetzung der Vollziehung endet. Ist die Vollziehung erst nach dem Eingang des außergerichtlichen Rechtsbehelfs oder erst nach der Rechtshängigkeit ausgesetzt worden, so beginnt die Verzinsung mit dem Tag, an dem die Wirkung der Aussetzung der Vollziehung beginnt.

(3) Absätze 1 und 2 sind entsprechend anzuwenden, wenn nach Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids, des Körperschaftsteuerbescheids oder eines Feststellungsbescheids die Vollziehung eines Gewerbesteuermessbescheids oder Gewerbesteuerbescheids ausgesetzt wird.

(4) § 234 Abs. 2 und 3 gelten entsprechend.

(5) Ein Zinsbescheid ist nicht aufzuheben oder zu ändern, wenn der Steuerbescheid nach Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt wird.

(1) Die Klage ist ohne Vorverfahren zulässig, wenn die Behörde, die über den außergerichtlichen Rechtsbehelf zu entscheiden hat, innerhalb eines Monats nach Zustellung der Klageschrift dem Gericht gegenüber zustimmt. Hat von mehreren Berechtigten einer einen außergerichtlichen Rechtsbehelf eingelegt, ein anderer unmittelbar Klage erhoben, ist zunächst über den außergerichtlichen Rechtsbehelf zu entscheiden.

(2) Das Gericht kann eine Klage, die nach Absatz 1 ohne Vorverfahren erhoben worden ist, innerhalb von drei Monaten nach Eingang der Akten der Behörde bei Gericht, spätestens innerhalb von sechs Monaten nach Klagezustellung, durch Beschluss an die zuständige Behörde zur Durchführung des Vorverfahrens abgeben, wenn eine weitere Sachaufklärung notwendig ist, die nach Art oder Umfang erhebliche Ermittlungen erfordert, und die Abgabe auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Der Beschluss ist unanfechtbar.

(3) Stimmt die Behörde im Falle des Absatzes 1 nicht zu oder gibt das Gericht die Klage nach Absatz 2 ab, ist die Klage als außergerichtlicher Rechtsbehelf zu behandeln.

(4) Die Klage ist außerdem ohne Vorverfahren zulässig, wenn die Rechtswidrigkeit der Anordnung eines dinglichen Arrests geltend gemacht wird.*

(1)1Steuerpflichtige, die

Grund und Boden,

Aufwuchs auf Grund und Boden mit dem dazugehörigen Grund und Boden, wenn der Aufwuchs zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehört,

Gebäude oder Binnenschiffe

veräußern, können im Wirtschaftsjahr der Veräußerung von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten der in Satz 2 bezeichneten Wirtschaftsgüter, die im Wirtschaftsjahr der Veräußerung oder im vorangegangenen Wirtschaftsjahr angeschafft oder hergestellt worden sind, einen Betrag bis zur Höhe des bei der Veräußerung entstandenen Gewinns abziehen.2Der Abzug ist zulässig bei den Anschaffungs- oder Herstellungskosten von

1.
Grund und Boden,soweit der Gewinn bei der Veräußerung von Grund und Boden entstanden ist,
2.
Aufwuchs auf Grund und Boden mit dem dazugehörigen Grund und Boden, wenn der Aufwuchs zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehört,soweit der Gewinn bei der Veräußerung von Grund und Boden oder der Veräußerung von Aufwuchs auf Grund und Boden mit dem dazugehörigen Grund und Boden entstanden ist,
3.
Gebäuden,soweit der Gewinn bei der Veräußerung von Grund und Boden, von Aufwuchs auf Grund und Boden mit dem dazugehörigen Grund und Boden oder Gebäuden entstanden ist, oder
4.
Binnenschiffen,soweit der Gewinn bei der Veräußerung von Binnenschiffen entstanden ist.
3Der Anschaffung oder Herstellung von Gebäuden steht ihre Erweiterung, ihr Ausbau oder ihr Umbau gleich.4Der Abzug ist in diesem Fall nur von dem Aufwand für die Erweiterung, den Ausbau oder den Umbau der Gebäude zulässig.

(2)1Gewinn im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Buchwert übersteigt, mit dem das veräußerte Wirtschaftsgut im Zeitpunkt der Veräußerung anzusetzen gewesen wäre.2Buchwert ist der Wert, mit dem ein Wirtschaftsgut nach § 6 anzusetzen ist.

(2a)1Werden im Wirtschaftsjahr der Veräußerung der in Absatz 1 Satz 1 bezeichneten Wirtschaftsgüter oder in den folgenden vier Wirtschaftsjahren in Absatz 1 Satz 2 bezeichnete Wirtschaftsgüter angeschafft oder hergestellt oder sind sie in dem der Veräußerung vorangegangenen Wirtschaftsjahr angeschafft oder hergestellt worden, die einem Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums zuzuordnen sind, kann auf Antrag des Steuerpflichtigen die festgesetzte Steuer, die auf den Gewinn im Sinne des Absatzes 2 entfällt, in fünf gleichen Jahresraten entrichtet werden; die Frist von vier Jahren verlängert sich bei neu hergestellten Gebäuden auf sechs Jahre, wenn mit ihrer Herstellung vor dem Schluss des vierten auf die Veräußerung folgenden Wirtschaftsjahres begonnen worden ist.2Der Antrag kann nur im Wirtschaftsjahr der Veräußerung der in Absatz 1 Satz 1 bezeichneten Wirtschaftsgüter gestellt werden.3§ 36 Absatz 5 Satz 2 bis 5 ist sinngemäß anzuwenden.4Unterbleibt der Nachweis einer in Satz 1 genannten Anschaffung oder Herstellung durch den Steuerpflichtigen, sind für die Dauer des durch die Ratenzahlung gewährten Zahlungsaufschubs Zinsen in entsprechender Anwendung des § 234 der Abgabenordnung zu erheben.5Unterschreiten die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter den Gewinn im Sinne des Absatzes 2, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass die Zinsen nur auf den Unterschiedsbetrag erhoben werden.6Bei der Zinsberechnung ist davon auszugehen, dass der Unterschiedsbetrag anteilig auf alle Jahresraten entfällt.7Zu den nach Satz 1 angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgütern gehören auch die einem Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland zuzuordnenden Wirtschaftsgüter, soweit der Antrag nach Satz 1 vor dem Zeitpunkt gestellt worden ist, ab dem das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland nicht mehr Mitgliedstaat der Europäischen Union ist und auch nicht wie ein solcher zu behandeln ist.

(3)1Soweit Steuerpflichtige den Abzug nach Absatz 1 nicht vorgenommen haben, können sie im Wirtschaftsjahr der Veräußerung eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage bilden.2Bis zur Höhe dieser Rücklage können sie von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten der in Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Wirtschaftsgüter, die in den folgenden vier Wirtschaftsjahren angeschafft oder hergestellt worden sind, im Wirtschaftsjahr ihrer Anschaffung oder Herstellung einen Betrag unter Berücksichtigung der Einschränkungen des Absatzes 1 Satz 2 bis 4 abziehen.3Die Frist von vier Jahren verlängert sich bei neu hergestellten Gebäuden auf sechs Jahre, wenn mit ihrer Herstellung vor dem Schluss des vierten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahres begonnen worden ist.4Die Rücklage ist in Höhe des abgezogenen Betrags gewinnerhöhend aufzulösen.5Ist eine Rücklage am Schluss des vierten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden, so ist sie in diesem Zeitpunkt gewinnerhöhend aufzulösen, soweit nicht ein Abzug von den Herstellungskosten von Gebäuden in Betracht kommt, mit deren Herstellung bis zu diesem Zeitpunkt begonnen worden ist; ist die Rücklage am Schluss des sechsten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden, so ist sie in diesem Zeitpunkt gewinnerhöhend aufzulösen.

(4)1Voraussetzung für die Anwendung der Absätze 1 und 3 ist, dass

1.
der Steuerpflichtige den Gewinn nach § 4 Absatz 1 oder § 5 ermittelt,
2.
die veräußerten Wirtschaftsgüter im Zeitpunkt der Veräußerung mindestens sechs Jahre ununterbrochen zum Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte gehört haben,
3.
die angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter zum Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte gehören,
4.
der bei der Veräußerung entstandene Gewinn bei der Ermittlung des im Inland steuerpflichtigen Gewinns nicht außer Ansatz bleibt und
5.
der Abzug nach Absatz 1 und die Bildung und Auflösung der Rücklage nach Absatz 3 in der Buchführung verfolgt werden können.
2Der Abzug nach den Absätzen 1 und 3 ist bei Wirtschaftsgütern, die zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehören oder der selbständigen Arbeit dienen, nicht zulässig, wenn der Gewinn bei der Veräußerung von Wirtschaftsgütern eines Gewerbebetriebs entstanden ist.

(5) An die Stelle der Anschaffungs- oder Herstellungskosten im Sinne des Absatzes 1 tritt in den Fällen, in denen das Wirtschaftsgut im Wirtschaftsjahr vor der Veräußerung angeschafft oder hergestellt worden ist, der Buchwert am Schluss des Wirtschaftsjahres der Anschaffung oder Herstellung.

(6)1Ist ein Betrag nach Absatz 1 oder 3 abgezogen worden, so tritt für die Absetzungen für Abnutzung oder Substanzverringerung oder in den Fällen des § 6 Absatz 2 und Absatz 2a im Wirtschaftsjahr des Abzugs der verbleibende Betrag an die Stelle der Anschaffungs- oder Herstellungskosten.2In den Fällen des § 7 Absatz 4 Satz 1 und Absatz 5 sind die um den Abzugsbetrag nach Absatz 1 oder 3 geminderten Anschaffungs- oder Herstellungskosten maßgebend.

(7) Soweit eine nach Absatz 3 Satz 1 gebildete Rücklage gewinnerhöhend aufgelöst wird, ohne dass ein entsprechender Betrag nach Absatz 3 abgezogen wird, ist der Gewinn des Wirtschaftsjahres, in dem die Rücklage aufgelöst wird, für jedes volle Wirtschaftsjahr, in dem die Rücklage bestanden hat, um 6 Prozent des aufgelösten Rücklagenbetrags zu erhöhen.

(8)1Werden Wirtschaftsgüter im Sinne des Absatzes 1 zum Zweck der Vorbereitung oder Durchführung von städtebaulichen Sanierungs- oder Entwicklungsmaßnahmen an einen der in Satz 2 bezeichneten Erwerber übertragen, sind die Absätze 1 bis 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass

1.
die Fristen des Absatzes 3 Satz 2, 3 und 5 sich jeweils um drei Jahre verlängern und
2.
an die Stelle der in Absatz 4 Nummer 2 bezeichneten Frist von sechs Jahren eine Frist von zwei Jahren tritt.
2Erwerber im Sinne des Satzes 1 sind Gebietskörperschaften, Gemeindeverbände, Verbände im Sinne des § 166 Absatz 4 des Baugesetzbuchs, Planungsverbände nach § 205 des Baugesetzbuchs, Sanierungsträger nach § 157 des Baugesetzbuchs, Entwicklungsträger nach § 167 des Baugesetzbuchs sowie Erwerber, die städtebauliche Sanierungsmaßnahmen als Eigentümer selbst durchführen (§ 147 Absatz 2 und § 148 Absatz 1 Baugesetzbuch).

(9) Absatz 8 ist nur anzuwenden, wenn die nach Landesrecht zuständige Behörde bescheinigt, dass die Übertragung der Wirtschaftsgüter zum Zweck der Vorbereitung oder Durchführung von städtebaulichen Sanierungs- oder Entwicklungsmaßnahmen an einen der in Absatz 8 Satz 2 bezeichneten Erwerber erfolgt ist.

(10)1Steuerpflichtige, die keine Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen sind, können Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften bis zu einem Betrag von 500 000 Euro auf die im Wirtschaftsjahr der Veräußerung oder in den folgenden zwei Wirtschaftsjahren angeschafften Anteile an Kapitalgesellschaften oder angeschafften oder hergestellten abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgüter oder auf die im Wirtschaftsjahr der Veräußerung oder in den folgenden vier Wirtschaftsjahren angeschafften oder hergestellten Gebäude nach Maßgabe der Sätze 2 bis 10 übertragen.2Wird der Gewinn im Jahr der Veräußerung auf Gebäude oder abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter übertragen, so kann ein Betrag bis zur Höhe des bei der Veräußerung entstandenen und nicht nach § 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe a und b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 steuerbefreiten Betrags von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten für Gebäude oder abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter abgezogen werden.3Wird der Gewinn im Jahr der Veräußerung auf Anteile an Kapitalgesellschaften übertragen, mindern sich die Anschaffungskosten der Anteile an Kapitalgesellschaften in Höhe des Veräußerungsgewinns einschließlich des nach § 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe a und b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 steuerbefreiten Betrags.4Absatz 2, Absatz 4 Satz 1 Nummer 1, 2, 3, 5 und Satz 2 sowie Absatz 5 sind sinngemäß anzuwenden.5Soweit Steuerpflichtige den Abzug nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorgenommen haben, können sie eine Rücklage nach Maßgabe des Satzes 1 einschließlich des nach § 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe a und b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 steuerbefreiten Betrags bilden.6Bei der Auflösung der Rücklage gelten die Sätze 2 und 3 sinngemäß.7Im Fall des Satzes 2 ist die Rücklage in gleicher Höhe um den nach § 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe a und b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 steuerbefreiten Betrag aufzulösen.8Ist eine Rücklage am Schluss des vierten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden, so ist sie in diesem Zeitpunkt gewinnerhöhend aufzulösen.9Soweit der Abzug nach Satz 6 nicht vorgenommen wurde, ist der Gewinn des Wirtschaftsjahres, in dem die Rücklage aufgelöst wird, für jedes volle Wirtschaftsjahr, in dem die Rücklage bestanden hat, um 6 Prozent des nicht nach § 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe a und b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 steuerbefreiten aufgelösten Rücklagenbetrags zu erhöhen.10Für die zum Gesamthandsvermögen von Personengesellschaften oder Gemeinschaften gehörenden Anteile an Kapitalgesellschaften gelten die Sätze 1 bis 9 nur, soweit an den Personengesellschaften und Gemeinschaften keine Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen beteiligt sind.

(1) Führt die Festsetzung der Einkommen-, Körperschaft-, Vermögen-, Umsatz- oder Gewerbesteuer zu einem Unterschiedsbetrag im Sinne des Absatzes 3, ist dieser zu verzinsen. Dies gilt nicht für die Festsetzung von Vorauszahlungen und Steuerabzugsbeträgen.

(2) Der Zinslauf beginnt 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist. Er beginnt für die Einkommen- und Körperschaftsteuer 23 Monate nach diesem Zeitpunkt, wenn die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft bei der erstmaligen Steuerfestsetzung die anderen Einkünfte überwiegen; hierbei sind Kapitalerträge nach § 32d Absatz 1 und § 43 Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes nicht zu berücksichtigen. Er endet mit Ablauf des Tages, an dem die Steuerfestsetzung wirksam wird.

(2a) Soweit die Steuerfestsetzung auf der Berücksichtigung eines rückwirkenden Ereignisses (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2) oder auf einem Verlustabzug nach § 10d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes beruht, beginnt der Zinslauf abweichend von Absatz 2 Satz 1 und 2 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten oder der Verlust entstanden ist.

(3) Maßgebend für die Zinsberechnung ist die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die bis zum Beginn des Zinslaufs festgesetzten Vorauszahlungen (Unterschiedsbetrag). Bei der Vermögensteuer ist als Unterschiedsbetrag für die Zinsberechnung die festgesetzte Steuer, vermindert um die festgesetzten Vorauszahlungen oder die bisher festgesetzte Jahressteuer, maßgebend. Ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen ist nur bis zur Höhe des zu erstattenden Betrags zu verzinsen; die Verzinsung beginnt frühestens mit dem Tag der Zahlung. Besteht der Erstattungsbetrag aus mehreren Teil-Leistungen, richtet sich der Zinsberechnungszeitraum jeweils nach dem Zeitpunkt der einzelnen Leistung; die Leistungen sind in chronologischer Reihenfolge zu berücksichtigen, beginnend mit der jüngsten Leistung.

(4) Die Festsetzung der Zinsen soll mit der Steuerfestsetzung verbunden werden.

(5) Wird die Steuerfestsetzung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, ist eine bisherige Zinsfestsetzung zu ändern; Gleiches gilt, wenn die Anrechnung von Steuerbeträgen zurückgenommen, widerrufen oder nach § 129 berichtigt wird. Maßgebend für die Zinsberechnung ist der Unterschiedsbetrag zwischen der festgesetzten Steuer und der vorher festgesetzten Steuer, jeweils vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge und um die anzurechnende Körperschaftsteuer. Dem sich hiernach ergebenden Zinsbetrag sind bisher festzusetzende Zinsen hinzuzurechnen; bei einem Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen entfallen darauf festgesetzte Zinsen. Im Übrigen gilt Absatz 3 Satz 3 und 4 entsprechend.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten bei der Durchführung des Lohnsteuer-Jahresausgleichs entsprechend.

(7) Bei Anwendung des Absatzes 2a gelten die Absätze 3 und 5 mit der Maßgabe, dass der Unterschiedsbetrag in Teil-Unterschiedsbeträge mit jeweils gleichem Zinslaufbeginn aufzuteilen ist; für jeden Teil-Unterschiedsbetrag sind Zinsen gesondert und in der zeitlichen Reihenfolge der Teil-Unterschiedsbeträge zu berechnen, beginnend mit den Zinsen auf den Teil-Unterschiedsbetrag mit dem ältesten Zinslaufbeginn. Ergibt sich ein Teil-Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen, entfallen auf diesen Betrag festgesetzte Zinsen frühestens ab Beginn des für diesen Teil-Unterschiedsbetrag maßgebenden Zinslaufs; Zinsen für den Zeitraum bis zum Beginn des Zinslaufs dieses Teil-Unterschiedsbetrags bleiben endgültig bestehen. Dies gilt auch, wenn zuvor innerhalb derselben Zinsberechnung Zinsen auf einen Teil-Unterschiedsbetrag zuungunsten des Steuerpflichtigen berechnet worden sind.

(8) Zinsen auf einen Unterschiedsbetrag zuungunsten des Steuerpflichtigen (Nachzahlungszinsen) sind entweder nicht festzusetzen oder zu erlassen, soweit Zahlungen oder andere Leistungen auf eine später wirksam gewordene Steuerfestsetzung erbracht wurden, die Finanzbehörde diese Leistungen angenommen und auf die festgesetzte und zu entrichtende Steuer angerechnet hat. Absatz 3 Satz 4 ist hierbei entsprechend anzuwenden. Soweit Nachzahlungszinsen aufgrund einer Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Steuerfestsetzung nach Absatz 5 Satz 3 zweiter Halbsatz entfallen, mindert sich der Zinsverzicht nach Satz 1 entsprechend. Die §§ 163 und 227 bleiben unberührt.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1) Soweit ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid, eine Steueranmeldung oder einen Verwaltungsakt, der einen Steuervergütungsbescheid aufhebt oder ändert, oder gegen eine Einspruchsentscheidung über einen dieser Verwaltungsakte endgültig keinen Erfolg gehabt hat, ist der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt wurde, zu verzinsen. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach Einlegung eines förmlichen außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs gegen einen Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10) oder eine Rechtsbehelfsentscheidung über einen Grundlagenbescheid die Vollziehung eines Folgebescheids ausgesetzt wurde.

(2) Zinsen werden erhoben vom Tag des Eingangs des außergerichtlichen Rechtsbehelfs bei der Behörde, deren Verwaltungsakt angefochten wird, oder vom Tag der Rechtshängigkeit beim Gericht an bis zum Tag, an dem die Aussetzung der Vollziehung endet. Ist die Vollziehung erst nach dem Eingang des außergerichtlichen Rechtsbehelfs oder erst nach der Rechtshängigkeit ausgesetzt worden, so beginnt die Verzinsung mit dem Tag, an dem die Wirkung der Aussetzung der Vollziehung beginnt.

(3) Absätze 1 und 2 sind entsprechend anzuwenden, wenn nach Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids, des Körperschaftsteuerbescheids oder eines Feststellungsbescheids die Vollziehung eines Gewerbesteuermessbescheids oder Gewerbesteuerbescheids ausgesetzt wird.

(4) § 234 Abs. 2 und 3 gelten entsprechend.

(5) Ein Zinsbescheid ist nicht aufzuheben oder zu ändern, wenn der Steuerbescheid nach Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt wird.

(1) Steuern können niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Mit Zustimmung des Steuerpflichtigen kann bei Steuern vom Einkommen zugelassen werden, dass einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuer erhöhen, bei der Steuerfestsetzung erst zu einer späteren Zeit und, soweit sie die Steuer mindern, schon zu einer früheren Zeit berücksichtigt werden.

(2) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 kann mit der Steuerfestsetzung verbunden werden, für die sie von Bedeutung ist.

(3) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 steht in den Fällen des Absatzes 2 stets unter Vorbehalt des Widerrufs, wenn sie

1.
von der Finanzbehörde nicht ausdrücklich als eigenständige Billigkeitsentscheidung ausgesprochen worden ist,
2.
mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 verbunden ist oder
3.
mit einer vorläufigen Steuerfestsetzung nach § 165 verbunden ist und der Grund der Vorläufigkeit auch für die Entscheidung nach Absatz 1 von Bedeutung ist.
In den Fällen von Satz 1 Nummer 1 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs, wenn die Festsetzungsfrist für die Steuerfestsetzung abläuft, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 2 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Aufhebung oder Entfallen des Vorbehalts der Nachprüfung der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 3 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Eintritt der Endgültigkeit der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist.

(4) Ist eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1, die nach Absatz 3 unter Vorbehalt des Widerrufs steht, rechtswidrig, ist sie mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. § 130 Absatz 3 Satz 1 gilt in diesem Fall nicht.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

(1) Soweit ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid, eine Steueranmeldung oder einen Verwaltungsakt, der einen Steuervergütungsbescheid aufhebt oder ändert, oder gegen eine Einspruchsentscheidung über einen dieser Verwaltungsakte endgültig keinen Erfolg gehabt hat, ist der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt wurde, zu verzinsen. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach Einlegung eines förmlichen außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs gegen einen Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10) oder eine Rechtsbehelfsentscheidung über einen Grundlagenbescheid die Vollziehung eines Folgebescheids ausgesetzt wurde.

(2) Zinsen werden erhoben vom Tag des Eingangs des außergerichtlichen Rechtsbehelfs bei der Behörde, deren Verwaltungsakt angefochten wird, oder vom Tag der Rechtshängigkeit beim Gericht an bis zum Tag, an dem die Aussetzung der Vollziehung endet. Ist die Vollziehung erst nach dem Eingang des außergerichtlichen Rechtsbehelfs oder erst nach der Rechtshängigkeit ausgesetzt worden, so beginnt die Verzinsung mit dem Tag, an dem die Wirkung der Aussetzung der Vollziehung beginnt.

(3) Absätze 1 und 2 sind entsprechend anzuwenden, wenn nach Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids, des Körperschaftsteuerbescheids oder eines Feststellungsbescheids die Vollziehung eines Gewerbesteuermessbescheids oder Gewerbesteuerbescheids ausgesetzt wird.

(4) § 234 Abs. 2 und 3 gelten entsprechend.

(5) Ein Zinsbescheid ist nicht aufzuheben oder zu ändern, wenn der Steuerbescheid nach Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt wird.

Soweit die Finanzbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln oder zu entscheiden, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Finanzbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens ergänzen.

Tatbestand

1

A. Die Kläger, Revisionskläger und Revisionsbeklagten (Kläger) haben 1984 zusammen mit R als Miteigentümer das Grundstück E in K sowie 1988 das Grundstück "Haus L" in B erworben. Sie gründeten für jedes Objekt eine GbR, bauten die Objekte als Tagungshotels um und führten dort gegen Entgelt verschiedenste Aus- und Fortbildungsmaßnahmen durch.

2

Der Beklagte, Revisionsbeklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) stellte die Einkünfte der beiden GbR jeweils einheitlich und gesondert fest und veranlagte die Kläger gemeinsam zur Einkommensteuer. Seit 1990 erwirtschaftete die L-GbR durchgehend Verluste. Dies führte bei der Einkommensteuer der Kläger zu Verlustvorträgen.

3

Das Haus L wurde 1995 unter Fortführung des Gewerbebetriebs verpachtet. Das Objekt E wurde 1996/1997 veräußert. Diese GbR wurde aufgelöst. Nach Beendigung ihrer aktiven Tätigkeit in den beiden GbR führten die Kläger Teile des Angebots im eigenen Namen weiter. Mit den daraus erzielten Einnahmen aus selbständiger und nichtselbständiger Arbeit sowie Gewinnen aus der Auflösung der E-GbR wurde der Verlustvortrag verrechnet. Ende 1997 verblieb den Klägern ein Verlustvortrag in Höhe von 72.905 DM.

4

1998 wurde die L-GbR aufgelöst und 1999 das Haus L zwangsversteigert. Die L-GbR war mit 2 Mio. DM bilanziell überschuldet. Hauptgläubiger waren die Volksbank R und die Eheleute C, die Erwerb und Umbau des Objekts Haus L finanziert hatten. Von den 4 Mio. DM Verbindlichkeiten konnten 1,4 Mio. DM durch den Versteigerungserlös getilgt werden. Der Versteigerungserlös unterschritt den Buchwert des Grundstücks (1,9 Mio. DM) deutlich. In der Folgezeit schlossen die Kläger und R mit den beiden Hauptgläubigern der L-GbR Vergleichsvereinbarungen. Danach sollten mit der Zahlung bestimmter Beträge alle Ansprüche abgegolten sein. Im Ergebnis wurden von den 4.044.473 DM Verbindlichkeiten 2.268.194 DM gezahlt bzw. von anderen Gläubigern weiterhin kreditiert. Die restlichen 1.776.279 DM haben die Gläubiger der L-GbR Anfang 2002 erlassen (§ 397 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB--). Den Beteiligungsquoten an der L-GbR entsprechend entfallen hiervon 15,5 % (= 275.323,25 DM) auf den Kläger und 35,5 % (= 630.579,29 DM) auf die Klägerin.

5

Mit Schriftsätzen vom 9. November, 14. und 30. Dezember 2004 beantragten die Kläger, die Einkommensteuer für die Streitjahre 1998 bis 2002 zu erlassen, soweit darin ein Sanierungsgewinn enthalten sei. Das FA lehnte den Antrag ab.

6

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte teilweise Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hat mit in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2008, 1555 veröffentlichtem Urteil erkannt, die Ablehnung des FA, die Einkommensteuer 1998 zu erlassen, sei rechtswidrig i.S. des § 102 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Für die Jahre 1999 bis 2002 habe das FA ermessensfehlerfrei entschieden, dass die Voraussetzungen eines Erlasses (§ 227 der Abgabenordnung --AO--) wegen sachlicher Unbilligkeit nicht gegeben seien.

7

Mit ihrer Revision rügen die Kläger Verletzung materiellen Rechts.

8

Im erstinstanzlichen Verfahren sei auch streitig gewesen, ob die Frage des Erlasses des Sanierungsgewinns aus sachlichen Billigkeitsgründen im Rahmen der einheitlich und gesonderten Gewinnfeststellung der L-GbR oder auf der Ebene der Gesellschafter bei der Einkommensteuerveranlagung der Kläger zu entscheiden sei. Das FG habe --aus Sicht der Kläger zutreffend-- erkannt, dass diese Frage im Streitfall zu klären sei. Es habe die Klage gegen den Gewinnfeststellungsbescheid 1998 abgewiesen, ohne die Revision zuzulassen. Gegen das Urteil des FG vom 24. April 2008 6 K 2489/06 (EFG 2009, 811) hätten die Kläger fristwahrend Nichtzulassungsbeschwerde erhoben (IV B 86/08).

9

Zutreffend sei das FG davon ausgegangen, dass auch nach Abschaffung des § 3 Nr. 66 des Einkommensteuergesetzes (EStG) a.F. Billigkeitsmaßnahmen bei unternehmerbezogenen Sanierungen ebenfalls erforderlich seien. Im Übrigen liege im Streitfall nach den Begriffsbestimmungen der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) keine unternehmer-, sondern eine unternehmensbezogene Sanierung vor. Daher sei das FA schon aufgrund des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 27. März 2003 IV A 6 -S 2140- 8/03 (BStBl I 2003, 240) zum Erlass der auf dem Sanierungsgewinn beruhenden Einkommensteuer der Kläger verpflichtet. Der BFH gehe von einer unternehmerbezogenen Sanierung aus, wenn sich der Schuldner ins Privatleben zurückziehe, einen neuen Betrieb aufmache oder sich in ein unselbständiges Angestelltenverhältnis begebe. All diese Voraussetzungen würden auf die Kläger nicht zutreffen. Sie seien schon vor dem Schuldenerlass, während der Sanierung und schon Jahre vor der Sanierung neben ihrer Beteiligung an der L-GbR einzelunternehmerisch tätig gewesen. Der Schuldenerlass habe zum Erhalt der bereits bei Beginn der Sanierung vorhandenen Unternehmen der Kläger beigetragen. Diese Begriffsbestimmung sei vom BFH in jüngster Zeit (Senatsurteil vom 12. Oktober 2005 X R 42/03, BFH/NV 2006, 715) bestätigt worden.

10

Nicht unberücksichtigt bleiben dürfe, dass der Kläger Berufsbetreuer nach §§ 1896 ff. BGB sei und beide Kläger im Rahmen der Insolvenzberatung und der außergerichtlichen Schuldenbereinigung arbeiten würden. Entgegen der Behauptung des FA sei es ihnen daher nicht möglich, eine Restschuldbefreiung über ein Insolvenzverfahren zu erreichen, ohne ihre berufliche Existenz zu verlieren. Im Übrigen könnten nach dem BMF-Schreiben vom 22. Dezember 2009 IV C 6 - S 2140/07/10001-01 (BStBl I 2010, 18) auch Sanierungsgewinne aus einer Restschuldbefreiung oder einer Verbraucherinsolvenz erlassen werden. Rz 2 Satz 2 des BMF-Schreibens in BStBl I 2003, 240 sei nicht anwendbar. Damit bestätige das BMF erstmals die Anwendbarkeit des BMF-Schreibens in BStBl I 2003, 240 auf unternehmerbezogene Sanierungen. Die Bevorzugung der Schuldner in einem gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren gegenüber denjenigen, die eine außergerichtliche Schuldenbereinigung erreichen würden, wäre ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 des Grundgesetzes --GG--). Auch sei --wie das FG zutreffend ausgeführt habe-- kein sachlicher Grund ersichtlich, die unternehmerbezogene Sanierung im Vergleich zur unternehmensbezogenen Sanierung nicht zu begünstigen. Solle nach dem BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 ein Sanierungsgewinn begünstigt werden, soweit keine Doppelbegünstigung durch die unbeschränkte Verlustverrechnungsmöglichkeit und die gleichzeitige Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns entstehe, müsse auch die unternehmerbezogene Sanierung zu einem Billigkeitserlass führen. Diese Auslegung entspreche zudem der Systematik des Einkommensteuerrechts, wonach nicht der Betrieb, sondern die natürliche Person Steuersubjekt sei.

11

Dem BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 sei nicht zu entnehmen, dass Verluste und Verlustvorträge zunächst mit dem ermäßigt besteuerten Sanierungsgewinn und nicht vorrangig mit positiven laufenden Einkünften zu verrechnen seien. Betrachte man die Begründung der Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. und die Einführung von Billigkeitsmaßnahmen durch das BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240, werde im Gegenteil deutlich, dass nur Verlustvorträge oder laufende Verluste, die nicht mit laufenden Einkünften verrechnet werden könnten, gegen einen Sanierungsgewinn zu verrechnen seien. § 3 Nr. 66 EStG a.F. sei nach der Gesetzesbegründung abgeschafft worden, weil zwischenzeitlich eine unbegrenzte Verlustverrechnungsmöglichkeit bestanden habe. Deshalb setze der Gesetzeszweck logisch und zwingend voraus, dass die Verlustverrechnungsmöglichkeit, die sich vor Entstehen des Sanierungsgewinns nur auf sonstige laufende Einkünfte des Steuerpflichtigen beziehen könne, fortbestehen müsse. Das FG habe daher den Verlustvortrag der Kläger in Höhe von 72.905 DM sowie die laufenden Verluste des Jahres 1998 zutreffend mit den sonstigen laufenden Einkünften der Kläger verrechnet.

12

Zu Unrecht habe das FG den Anspruch der Kläger auf Erlass der Einkommensteuer 1999 bis 2002 verneint. Werde nicht der gesamte im Jahr 1998 erzielte Sanierungsgewinn in vollem Umfang steuerfrei gestellt, wie es § 3 Nr. 66 EStG a.F. bis 1997 vorgesehen habe, komme es zu einem Verstoß gegen das Übermaßverbot und den Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Nach § 3 Nr. 66 EStG a.F. seien Sanierungsgewinne weder mit laufenden Verlusten noch mit Verlustvorträgen zu verrechnen gewesen; vielmehr sei ein Sanierungsgewinn bei der Ermittlung der Einkünfte gänzlich unberücksichtigt geblieben. Der Sanierungsgewinn der Klägerin in Höhe von 630.579 DM und des Klägers in Höhe von 275.323 DM sei daher von dem im Einkommensteuerbescheid 1998 enthaltenen Veräußerungsgewinn abzuziehen. Einschließlich des laufenden Verlustes führe dies zu negativen Einkünften aus Gewerbebetrieb der Klägerin in Höhe von 526.466 DM und des Klägers in Höhe von 229.866 DM. Der negative Gesamtbetrag der Einkünfte des Jahres 1998 betrage 607.228 DM und gemeinsam mit dem Verlustvortrag zum 31. Dezember 1997 verbleibe zum 31. Dezember 1998 ein Verlustvortrag in Höhe von 680.133 DM. Dieser Verlustvortrag führe in den Jahren 1999 bis 2002 zu einer Einkommensteuer von 0 DM.

13

Im Übrigen hätten die Kläger lange vor Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. die Verfügungsbefugnis über das Gesellschaftsvermögen der L-GbR verloren und Sanierungsverhandlungen mit den Gläubigern aufgenommen. Auch wenn mit der nachträglichen Verlängerung des zeitlichen Geltungsbereichs des § 3 Nr. 66 EStG a.F. auf das Jahr 1997 nicht mehr von einer echten Rückwirkung auszugehen sei, liege doch im Streitfall eine unzulässige unechte Rückwirkung vor. Das Vertrauen der Kläger sei schutzwürdig, weil die Sanierungsbemühungen vor der erstmaligen Veröffentlichung der Pläne des Gesetzgebers zur Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. begonnen hätten (so auch Kanzler in Hermann/Heuer/Raupach --HHR--, § 3 Nr. 66 EStG, Rz G 2, S. 3 unten, 191. Lieferung Januar 1998). Die L-GbR sei bereits 1995 überschuldet gewesen und die Gläubiger, die 2002 einen Teil der Verbindlichkeiten erlassen haben, hätten bereits 1995 die Zwangsverwaltung und -versteigerung beantragt.

14

Die Kläger beantragen,

das FG-Urteil insoweit aufzuheben, als es die Klage hinsichtlich des Erlasses der Einkommensteuer 1999 bis 2002 abgewiesen hat und das FA zu verpflichten, die Einkommensteuer der Kläger auch für diese Jahre in voller Höhe zu erlassen, hilfsweise das FA zu verpflichten, den Antrag auf Erlass der Einkommensteuer für 1999 bis 2002 aus sachlichen Billigkeitsgründen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden sowie die Revision des FA als unbegründet zurückzuweisen.

15

Das FA beantragt,

das FG-Urteil aufzuheben, soweit es das Streitjahr 1998 betrifft, und die Klage auch insoweit abzuweisen sowie die Revision der Kläger zurückzuweisen.

16

Mit seiner Revision rügt das FA Verletzung von §§ 5, 227 AO und §§ 101, 102 FGO. Im Streitfall sei von einer unternehmerbezogenen Sanierung auszugehen. Nach der Entscheidung des BFH in BFH/NV 2006, 715 liege eine solche vor, wenn u.a. dem Schuldner der Aufbau einer Existenz in selbständiger oder nichtselbständiger Position ermöglicht werden soll. Die Fortführung eines bereits bestehenden weiteren Betriebs des/der Schuldner sei nicht anders zu beurteilen. Dies habe auch das FG zutreffend angenommen. Zu Unrecht habe es auf die unternehmerbezogene Sanierung jedoch die Kriterien des § 3 Nr. 66 EStG a.F. angewendet. Es habe übersehen, dass § 227 AO der Finanzbehörde ein Ermessen sowohl hinsichtlich der Voraussetzungen einer Unbilligkeit als auch hinsichtlich der Rechtsfolgen einräume. Die Ermessensentscheidung der Finanzbehörde sei nach § 102 FGO nur eingeschränkt gerichtlich nachprüfbar. Für Billigkeitsmaßnahmen anlässlich von Sanierungsmaßnahmen habe die Finanzverwaltung im BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 allgemeine Grundsätze für die Ermessensausübung entwickelt. Danach sei ein Erlass von Einkommensteuer nur bei einer unternehmensbezogenen Sanierung möglich. Aus wirtschafts- und sozialpolitischen Gründen solle die Sanierung eines lebenden Betriebs erleichtert werden, weil eine Sanierung häufig nur möglich sei, wenn dadurch keine neuen Verbindlichkeiten --auch nicht durch Ertragsteuern-- ausgelöst werden. Es solle verhindert werden, dass wegen der Ertragsteuerbelastung von vornherein kein Sanierungsplan zustande komme. Bei einer unternehmerbezogenen Sanierung griffen wirtschafts- und sozialpolitische Gesichtspunkte nicht. Der Unternehmer, der seinen Betrieb einstellen und schuldenfrei in das Privatleben wechseln wolle, habe die Möglichkeit, durch eine Insolvenz eine Restschuldbefreiung zu erreichen. Daher bestehe bei der sog. unternehmerbezogenen Sanierung kein Bedarf für steuerrechtliche Billigkeitsmaßnahmen. Diese grundlegende Entscheidung der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 sei gerichtlich nicht nachprüfbar.

17

Die Auffassung des FG, Billigkeitsmaßnahmen auszusprechen, soweit bei einer Sanierung keine Doppelbegünstigung vorliege, sei abzulehnen. Die Besteuerung des Schuldenerlasses entspreche der gesetzlichen Regelung und stelle die Korrektur von in früheren Veranlagungszeiträumen entstandenen Gewinnminderungen dar. Dies sei sachgerecht. Auch wenn die Vermeidung einer Doppelbegünstigung der Grund für die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. gewesen sei, könne hieraus nicht abgeleitet werden, dass in Fällen ohne Doppelbegünstigung Billigkeitsmaßnahmen erforderlich seien.

18

Auch unter Vertrauensschutzgesichtspunkten sei ein Erlass der Einkommensteuer nicht erforderlich. Die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. für ab dem 1. Januar 1998 endende Wirtschaftsjahre greife nicht in bereits abgeschlossene Veranlagungszeiträume ein. Der frühere Verlustabzug werde nicht durch die Besteuerung des Sanierungsgewinns tangiert. Nur der in einem späteren Veranlagungszeitraum bewirkte Schuldenerlass werde anders behandelt als nach der Rechtslage bis 1997. Die gesetzliche Neuregelung knüpfe lediglich insoweit an einen Sachverhalt in der Vergangenheit an, als der Schuldenerlass voraussetze, dass sich die erlassenen Schulden in früheren Veranlagungszeiträumen bereits ausgewirkt hätten. Darin könne aber keine echte Rückwirkung oder Rückbewirkung von Rechtsfolgen gesehen werden, selbst wenn die Sanierungsverhandlungen bereits in früheren Jahren begonnen haben sollten. Billigkeitsmaßnahmen zur Vermeidung einer echten Rückwirkung seien daher nicht erforderlich.

19

Eine unechte Rückwirkung oder tatbestandliche Rückanknüpfung seien verfassungsrechtlich zulässig. Der Steuerpflichtige habe auch nicht darauf vertrauen dürfen, dass der Gesetzgeber bisher aus ordnungs- oder konjunkturpolitischen Gründen gewährte Steuervergünstigungen uneingeschränkt für die Zukunft aufrecht erhalte (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 20. Juni 1978  2 BvR 71/76, BVerfGE 48, 403, 416, m.w.N.). Darauf laufe aber das angefochtene Urteil hinaus. Nach Sichtweise des FG wäre die bis 1997 geltende Regelung im Billigkeitswege auch für spätere Veranlagungszeiträume anzuwenden. Der festgestellte Verlustvortrag werde den Klägern nicht entzogen. Nach der gesetzlichen Neuregelung sei er auch mit solchen Einkünften zu saldieren, die nach der alten Rechtslage steuerfrei geblieben wären. Damit sei das Vertrauen des Steuerpflichtigen in den Verlustvortrag nach altem Recht geschützt. Zudem seien Stichtagsregelungen zulässig und würden keine allgemeine unbillige Härte begründen.

20

Im Übrigen stelle das FG die Kläger im angefochtenen Urteil besser als Tz 8 des BMF-Schreibens in BStBl I 2003, 240 es vorsehe. Danach seien Verluste vorrangig mit dem Sanierungsgewinn zu verrechnen. Der Grundsatz, dass steuerliche Verrechnungen so durchzuführen seien, dass sich diese für den Steuerpflichtigen möglichst günstig auswirkten, gelte nicht, weil die Besteuerung des Sanierungsgewinns das Korrektiv zum Abzug von Verlusten in früheren Veranlagungszeiträumen sei. Das FG ziehe zu Unrecht den Verlustvortrag und den laufenden Verlust aus Gewerbebetrieb nicht von dem ermäßigt zu besteuernden Veräußerungsgewinn, sondern von anderen nicht ermäßigt zu besteuernden Einkünften ab. Würden hingegen die Verluste im Streitfall vorrangig vom Sanierungsgewinn abgezogen, würde sich eine zu erlassende Einkommensteuer von lediglich 14.131 DM ergeben.

Entscheidungsgründe

21

B. I. Über den Antrag der Kläger auf Erlass der Einkommensteuer 1998 bis 2002 ist im Rahmen des Streitfalls zu entscheiden, auch wenn der zu steuerpflichtigen Einkünften führende Sanierungsgewinn aus Forderungsverzichten gegenüber der L-GbR entstanden ist.

22

1. Im Verfahren der einheitlichen und gesonderten Feststellung von Einkünften sind nach §§ 179 Abs. 2, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO die einkommensteuerpflichtigen Einkünfte festzustellen, wenn an ihnen mehrere Personen beteiligt und die Einkünfte diesen Personen steuerlich zuzurechnen sind. Im Rahmen dieser Feststellung wurde auch darüber entschieden, ob bestimmte Einkünfte infolge der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 66 EStG a.F. nicht der Einkommensteuer unterliegen (vgl. BFH-Urteil vom 3. Juli 1997 IV R 31/96, BFHE 183, 509, BStBl II 1997, 690).

23

2. § 3 Nr. 66 EStG a.F. wurde durch Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform (UntStRFoG) vom 29. Oktober 1997 (BGBl I 1997, 2590, BStBl I 1997, 928) aufgehoben und ist letztmals anwendbar auf Erhöhungen des Betriebsvermögens, die in vor dem 1. Januar 1998 endenden Wirtschaftsjahren entstanden sind (§ 52 Abs. 2i EStG i.d.F. des Gesetzes zur Finanzierung eines zusätzlichen Bundeszuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung vom 19. Dezember 1997, BGBl I 1997, 3121, BStBl I 1998, 7). Das UntStRFoG ist nach Auffassung des BVerfG verfassungsgemäß zustande gekommen (Beschluss vom 15. Januar 2008  2 BvL 12/01, BVerfG 120, 56).

24

3. Nach der Streichung von § 3 Nr. 66 EStG a.F. kann persönlichen oder sachlichen Härtefällen in Einzelfällen allenfalls im Stundungs- und Erlasswege begegnet werden (vgl. auch BTDrucks 13/7480, S. 192). Diese Vorschriften (§§ 222, 227 AO) sind auf der Ebene der Einkommensbesteuerung zu prüfen. Im Feststellungsverfahren könnte --worauf auch das FG zutreffend abstellt-- nicht geklärt werden, ob bei den Gesellschaftern ein steuerpflichtiger Veräußerungs- oder Aufgabegewinn entsteht, ob dieser durch Verlustvorträge ausgeglichen wird und ob die Voraussetzungen eines Billigkeitserlasses vorliegen (vgl. hierzu auch das BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240, Tz 8 Beispiel 2).

II.

25

Die Revision des FA betr. das Streitjahr 1998 ist begründet. Sie führt insoweit zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Zu Unrecht war das FG der Auffassung, das FA habe den Billigkeitserlass der Einkommensteuer 1998 ermessensfehlerhaft abgelehnt.

26

1. Nach § 227 AO können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Eine Unbilligkeit kann entweder in der Sache liegen oder ihren Grund in der wirtschaftlichen Lage des Steuerpflichtigen haben (BFH-Urteil vom 2. März 1961 IV 126/60 U, BFHE 73, 53, BStBl III 1961, 288).

27

2. Die Entscheidung über ein Erlassbegehren aus Billigkeitsgründen ist eine Ermessensentscheidung, die von den Gerichten nur in den von § 102 FGO gezogenen Grenzen überprüft werden kann (Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19. Oktober 1971 GmS-OGB 3/70, BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603). Nach dieser Vorschrift ist die gerichtliche Prüfung darauf beschränkt, ob die Behörde bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem ihr eingeräumten Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Nur ausnahmsweise kann das Gericht eine Verpflichtung zum Erlass aussprechen (§ 101 Satz 1 i.V.m. § 121 FGO), wenn der Ermessensspielraum derart eingeschränkt ist, dass nur eine einzige Entscheidung als ermessensgerecht in Betracht kommt (Ermessensreduzierung auf Null; ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Senatsurteil vom 26. Oktober 1994 X R 104/92, BFHE 176, 3, BStBl II 1995, 297; weitere Nachweise bei von Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 227 AO Rz 392).

28

3. Ein Erlass aus sachlichen Gründen kommt in Betracht, wenn die Einziehung der Steuer zwar dem Gesetz entspricht, aber infolge eines Gesetzesüberhangs den Wertungen des Gesetzgebers derart zuwiderläuft, dass sie unbillig erscheint (BFH-Urteile vom 23. März 1998 II R 41/96, BFHE 185, 270, BStBl II 1998, 396, und II R 26/96, BFH/NV 1998, 1098); Billigkeit ist die Gerechtigkeit des Einzelfalls (von Groll in HHSp, § 227 AO Rz 31). Dies setzt voraus, dass der Gesetzgeber die mit der Einziehung der Steuer verbundene Härte nicht bewusst in Kauf genommen hat. § 227 AO stellt keine Ermächtigung zur Korrektur des Gesetzes dar. Die Billigkeitsmaßnahme darf nicht auf Erwägungen gestützt werden, die die vorgesehene Besteuerung allgemein oder für bestimmte Fallgruppen außer Kraft setzen würde. Ein Erlass wegen sachlicher Unbilligkeit ist nur insoweit durch die Vorschrift gedeckt, wie angenommen werden kann, der Gesetzgeber würde die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage --hätte er sie geregelt-- im Sinne des vorgesehenen Erlasses entscheiden (BFH-Urteile in BFHE 185, 270, BStBl II 1998, 396, und in BFH/NV 1998, 1098).

29

4. Für den Erlass von Sanierungsgewinnen aus sachlichen Billigkeitsgründen hat das BMF im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder eine Verwaltungsvorschrift in BStBl I 2003, 240 erlassen, die die Anwendung der Billigkeitsregeln in diesen Fällen vereinheitlichen soll. Dass nach Auffassung der Verwaltung Sanierungsgewinne nach § 227 AO erlassen werden können, tangiert nicht den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (so auch Geist, Betriebs-Berater --BB-- 2008, 2658, 2660; Seer, Finanz-Rundschau --FR-- 2010, 306; Knebel, Der Betrieb --DB-- 2009, 1094; Wagner, BB 2008, 2671; Braun/Geist, BB 2009, 2508; Töben, FR 2010, 249; offen Kuhfus, EFG 2008, 1558; a.A. FG München, Urteil vom 12. Dezember 2007  1 K 4487/06, EFG 2008, 615; Blümich/Erhard, § 3 EStG Rz 820). Zwar hat der Gesetzgeber § 3 Nr. 66 EStG a.F. aufgehoben, in dem die Steuerfreiheit von (unternehmens- wie unternehmerbezogenen) Sanierungsgewinnen bis einschließlich des Veranlagungszeitraums 1997 spezialgesetzlich geregelt war. Damit hat er jedoch nicht zum Ausdruck gebracht, für Sanierungsgewinne gebe es keine Erlassmöglichkeit. Vielmehr zeigt die Gesetzesbegründung, dass die Steuerbefreiung einen Ausgleich für nicht abziehbare Verluste habe bewirken sollen und dieser Ausgleich seit Einführung eines unbegrenzten Verlustvortrags nicht mehr gerechtfertigt sei. Einzelnen persönlichen oder sachlichen Härtefällen könne --so die Gesetzesbegründung-- im Stundungs- und Erlasswege begegnet werden (BTDrucks 13/7480, S. 192). Auch in der Begründung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14. August 2007 (BGBl I 2007, 1912) ging der Gesetzgeber davon aus, dass von der Besteuerung von Sanierungsgewinnen, die nicht mit Verlustvorträgen verrechnet werden können, ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung im Billigkeitswege nach dem BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 abgesehen werden könne (BTDrucks 16/4841, S. 76). In seiner Stellungnahme zum Gesetz zur verbesserten steuerlichen Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen (Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung) vom 3. April 2009 (BRDrucks 168/09, S. 30) hat der Bundesrat seinen Änderungsantrag zu § 34 Abs. 7b Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes damit begründet, die Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen durch Verwaltungsanweisung (Sanierungserlass) sei nicht ausreichend, negative Effekte zu verhindern. Hinzu kommt, dass nach dem Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22. Dezember 2003 (BGBl I 2003, 2840) Verluste, die weder im Veranlagungszeitraum ihrer Entstehung noch im Wege des Verlustrücktrags ausgeglichen werden können, ab dem Veranlagungszeitraum 2004 (vgl. § 52 Abs. 25 EStG 2004) im Rahmen des Verlustvortrags nur noch begrenzt verrechnungsfähig sind. Angesichts der Verknüpfung der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. mit einem unbeschränkten Verlustabzug kommt möglichen Billigkeitsmaßnahmen nach dem BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 eine besondere Bedeutung zu (vgl. auch Seer, FR 2010, 306). Im Übrigen hat die Rechtsprechung bereits vor Einführung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. durch das Körperschaftsteuerreformgesetz vom 31. August 1976 (BGBl I 1976, 2597, BStBl I 1976, 445) erkannt, dass der durch eine Sanierung herbeigeführte Gewinn unter bestimmten Voraussetzungen einkommensteuerrechtlich außer Betracht zu bleiben habe (Urteil des Reichsfinanzhofs vom 21. Oktober 1931 VI A 968/31, RFHE 29, 315, RStBl 1932, 160) bzw. die Besteuerung eines Sanierungsgewinns sachlich unbillig sein könne (Senatsurteil in BFHE 176, 3, BStBl II 1995, 297). Der Auffassung des FG München im Urteil in EFG 2008, 615, die Finanzverwaltung habe mit dem BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 eine Verwaltungspraxis contra legem eingeführt, kann daher in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden.

30

5. Ob die Verwaltung im BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 gemessen an der Intention des Gesetzgebers zu weit reichende Billigkeitsmaßnahmen für möglich hält, braucht der Senat im Streitfall nicht zu entscheiden. Die Voraussetzungen eines Billigkeitserlasses nach den Vorgaben im BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 liegen nicht vor, da im Streitfall von einer unternehmerbezogenen Sanierung auszugehen ist.

31

a) Nach der Rechtsprechung (vgl. z.B. Senatsurteil in BFH/NV 2006, 715) ist von einer unternehmerbezogenen Sanierung auszugehen, wenn dem Schuldner durch den Erlass eine schuldenfreie Liquidierung seines Unternehmens und der Aufbau einer Existenz in selbständiger oder nichtselbständiger Position ermöglicht wird, ohne dass er durch Schulden aus einer früheren unternehmerischen Tätigkeit belastet bleibt. Auf die Sanierungseignung des Unternehmens ist in diesen Fällen nicht abzustellen. Eine unternehmensbezogene Sanierung soll hingegen den Fortbestand des Unternehmens sichern. Es soll vor dem Zusammenbruch bewahrt und wieder ertragsfähig gemacht werden (BFH-Urteil vom 18. Dezember 1990 VIII R 39/87, BFHE 164, 404, BStBl II 1991, 784). Daran fehlt es, wenn das Unternehmen seine werbende Tätigkeit bereits vor dem Schuldenerlass eingestellt hat. Abzustellen ist stets auf das konkrete Unternehmen. Zwar ist die Sanierungseignung nach der Gesamtheit der Betriebe zu beurteilen, wenn zu einem Unternehmen mehrere Betriebe gehören. Es muss sich aber um die Betriebe eines Unternehmens handeln (BFH-Urteil vom 22. Januar 1985 VIII R 37/84, BFHE 143, 420, BStBl II 1985, 501). Im Streitfall wollten die Gläubiger die L-GbR nicht vor dem Zusammenbruch bewahren. Das von der L-GbR betriebene Verpachtungsunternehmen war nach der Zwangsversteigerung des Hauses L nicht mehr sanierungsfähig. Die Gläubiger wollten nach den Feststellungen des FG mit dem Teilerlass erreichen, dass die Gesellschafter der L-GbR und somit auch die Kläger die verbleibenden Verbindlichkeiten abtragen, um ihnen die Möglichkeit zu geben, wieder in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen leben zu können. Somit ist im Streitfall von einer unternehmerbezogenen Sanierung auszugehen, obwohl sowohl Kläger als auch Klägerin parallel zum Zusammenbruch der L-GbR eine neue selbständige berufliche Existenz aufgebaut haben. Auch wenn, wie die Kläger im Revisionsverfahren vortragen, der Schuldenerlass Voraussetzung für die Fortführung dieser neuen selbständigen Tätigkeit war, liegen die Voraussetzungen einer unternehmensbezogenen Sanierung nicht vor, weil die von den Klägern neu gegründeten Unternehmen nicht Betriebe der L-GbR sind.

32

b) Nach dem BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 sind Billigkeitsmaßnahmen nur in Fällen einer unternehmensbezogenen Sanierung möglich (vgl. Tz 1, wonach eine Sanierung als Maßnahme beschrieben wird, die ein Unternehmen oder einen Unternehmensträger vor dem finanziellen Zusammenbruch bewahren und wieder ertragsfähig machen soll = unternehmensbezogene Sanierung; Verfügung der Oberfinanzdirektion Hannover vom 19. September 2008 S 2140 -8- StO 241, DB 2008, 2568); nicht begünstigt ist die unternehmerbezogene Sanierung (vgl. Tz 2 Satz 2). Ein Billigkeitserlass entsprechend den Regeln im BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 kommt im Streitfall damit nicht in Betracht.

33

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass nach dem BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 18 Tz 2 Satz 2 des BMF-Schreibens in BStBl I 2003, 240 in Fällen der Restschuldbefreiung und der Verbraucherinsolvenz nicht anzuwenden und Billigkeitserlasse möglich sind.

34

aa) Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung i.S. des § 102 FGO ist die Ermessensentscheidung der Finanzbehörde so, wie sie (regelmäßig nach Abschluss des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens) getroffen wurde. Maßgeblich für die gerichtliche Überprüfung ist daher die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (Gräber/ von Groll, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 102 Rz 13, m.w.N. aus der Rechtsprechung). Im Streitfall galt im Zeitpunkt des Erlasses der Einspruchsentscheidung (2006) Tz 2 Satz 2 des BMF-Schreibens in BStBl 2003, 240 uneingeschränkt. Der Erlass von Steuerschulden, der dem Steuerpflichtigen einen schuldenfreien Übergang in sein Privatleben oder den Aufbau einer anderen Existenzgrundlage ermöglichen (unternehmerbezogene Sanierung) sollte, war damit ausgeschlossen.

35

bb) Zudem liegen im Streitfall weder die Voraussetzungen einer Restschuldbefreiung i.S. der §§ 286 ff. der Insolvenzordnung (InsO) noch die der Verbraucherinsolvenz nach §§ 304 ff. InsO vor. Im Umstand, dass in Fällen eines außergerichtlich erreichten, unternehmerbezogenen Sanierungsgewinns nach den Verwaltungserlassen keine Billigkeitsmaßnahmen möglich sind, ist kein Verstoß gegen Art. 3 GG zu sehen. Ziel eines Insolvenzverfahrens ist die gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger nach Verwertung des Vermögens des Insolvenzschuldners. Dem redlichen Schuldner soll so Gelegenheit gegeben werden, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien (§ 1 InsO). Eine Restschuldbefreiung kommt nur in Betracht, wenn der Schuldner für die Dauer von sechs Jahren seine pfändbaren Bezüge an einen Treuhänder abtritt (§ 287 Abs. 2 InsO) und ererbtes Vermögen zur Hälfte an diesen herausgibt (§ 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO). Während der Laufzeit der Abtretungserklärung muss er eine angemessene Erwerbstätigkeit ausüben oder sich um eine solche bemühen (§ 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Der Schuldner unterliegt Anzeigepflichten und darf keinem Gläubiger einen Sondervorteil verschaffen (§ 295 Abs. 1 Nr. 3 und 4 InsO).

36

Bei der Verbraucherinsolvenz muss der Schuldner einen Schuldenbereinigungsplan vorlegen. Unter Berücksichtigung der Gläubigerinteressen sowie der Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse des Schuldners ist darzulegen, wie die Schulden angemessen bereinigt werden können (§ 305 Abs. 1 Nr. 4 InsO). Zudem müssen die Gläubiger dem Schuldenbereinigungsplan zustimmen (§ 308 InsO) oder die Zustimmung muss durch das Insolvenzgericht ersetzt werden (§ 309 InsO; Voraussetzung ist u.a., dass mehr als die Hälfte der vom Schuldner benannten Gläubiger, die mehr als die Hälfte der Gesamtansprüche geltend machen, dem Schuldenbereinigungsplan zugestimmt haben müssen und jeder Gläubiger im Verhältnis zu den anderen angemessen berücksichtigt wird). Derartig strengen Regeln unterliegen außergerichtliche Vergleichsverhandlungen nicht. Es hängt vom Verhandlungsgeschick des Schuldners und der Bereitschaft der Gläubiger zu Zugeständnissen ab, ob der Schuldner sein ganzes Vermögen einsetzen muss; mehrere Gläubiger können sich mit unterschiedlichen Quoten einverstanden erklären; auch müssen sich nicht alle Gläubiger am außergerichtlichen Vergleich beteiligen. Angesichts dieser unterschiedlichen Vorgaben konnte die Verwaltung in ihrem Erlass in BStBl I 2010, 18 ohne Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG den Steuererlass aus sachlichen Billigkeitsgründen bei unternehmerbezogenen Sanierungen auf die Steuern beschränken, die aufgrund einer Restschuldbefreiung oder einer Verbraucherinsolvenz entstehen.

37

6. Zu Unrecht ging das FG im Streitfall davon aus, dass die auf dem Sanierungsgewinn beruhenden Steuern unabhängig von der Verwaltungsanweisung in BStBl I 2003, 240 nach § 227 AO zu erlassen sind. Auch im Streitjahr 1998 und für eine Übergangszeit sind auf sachlichen Gründen beruhende Billigkeitsmaßnahmen jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn die von der Verwaltung formulierten Voraussetzungen für den Erlass der Steuern auf einen Sanierungsgewinn in den Verwaltungsanweisungen in BStBl I 2003, 240 und BStBl I 2010, 18 nicht vorliegen.

38

a) Eine Verwaltungsregelung ist ausnahmsweise aus Gründen der Gleichbehandlung von den Gerichten zu beachten, wenn der Verwaltung durch Gesetz Entscheidungsfreiheit eingeräumt wurde, die Regelung also den Bereich des Ermessens, der Billigkeit (z.B. bei Änderung der Rechtsprechung) bzw. der Typisierung oder Pauschalierung betrifft (BFH-Urteil vom 29. März 2007 IV R 14/05, BFHE 217, 525, BStBl II 2007, 816, unter II.2. der Gründe, m.w.N.). § 227 AO räumt der Verwaltung Ermessen ein; die Ausübung dieses Ermessens aus sachlichen Billigkeitsgründen wird in den Verwaltungserlassen in BStBl I 2003, 240 und BStBl I 2010, 18 abschließend geregelt.

39

b) Dass die ermessenslenkenden Verwaltungsvorschriften in BStBl I 2003, 240 und BStBl I 2010, 18 Billigkeitsmaßnahmen in Fällen unternehmerbezogener Sanierungsgewinne ausschließen, die nicht auf einer Restschuldbefreiung nach §§ 286 ff. InsO bzw. einer Verbraucherinsolvenz (§§ 304 ff. InsO) beruhen, entspricht dem berechtigten Anliegen der Regelungen, nur das betroffene Unternehmen als solches wieder ertragsfähig werden zu lassen. Diese Verwaltungsvorschriften sind deshalb von der Finanzgerichtsbarkeit zu beachten. Die in den Billigkeitsrichtlinien getroffenen Regelungen halten sich insoweit innerhalb der Grenzen, die das GG und die Gesetze der Ausübung des Ermessens setzen (vgl. BFH-Urteile vom 25. November 1980 VII R 17/78, BFHE 132, 159, BStBl II 1981, 204, unter C.II. 3.a; vom 19. März 2009 V R 48/07, BFHE 225, 215, BStBl II 2010, 92, unter II.4.b).

40

aa) Die aus der Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen und der Verlustverrechnungsmöglichkeit mit positiven Einkünften bzw. dem uneingeschränkten Verlustvortrag resultierende Doppelbegünstigung hat den Gesetzgeber zur Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. bewogen. Nur einzelnen persönlichen oder sachlichen Härtefällen sollte im Stundungs- und Erlasswege begegnet werden (BTDrucks 13/7480, S. 192). Da sich in der Gesetzesbegründung keine Hinweise finden, wann aus Sicht des Gesetzgebers die Besteuerung eines Sanierungsgewinns sachlich unbillig ist, müssen die von der Rechtsprechung zu § 227 AO entwickelten Kriterien Anwendung finden. Auch der Erlass der Steuern auf einen Sanierungsgewinn wegen sachlicher Unbilligkeit ist nur insoweit durch die Vorschrift gedeckt, wie angenommen werden kann, der Gesetzgeber würde die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage --hätte er sie geregelt-- im Sinne des vorgesehenen Erlasses entscheiden. Die Billigkeitsmaßnahme darf nicht auf Erwägungen gestützt werden, die die vorgesehene Besteuerung allgemein oder für bestimmte Fallgruppen außer Kraft setzen würde (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 185, 270, BStBl II 1998, 396).

41

bb) Im Streitfall hat das FG die Notwendigkeit eines Billigkeitserlasses mit dem Umstand begründet, dem Auflösungsgewinn der Kläger in Höhe von insgesamt 297.542 DM (Sanierungsgewinn in Höhe von 905.902 DM abzüglich Buchverluste aus der Veräußerung des Betriebsgrundstücks etc.) stehe lediglich ein Verlustvortrag zum 31. Dezember 1997 in Höhe von 72.905 DM gegenüber. Dass ein höherer, den Auflösungsgewinn deckender Verlustvortrag nur deshalb im Veranlagungszeitraum 1998 nicht zur Verfügung stand, weil die Verluste der Kläger aus der L-GbR mit ihren positiven Einkünften aus selbständiger und nichtselbständiger Arbeit sowie einem weiteren Gewerbebetrieb verrechnet worden sind, war nach Auffassung des FG ohne Bedeutung. Bis Ende 1997 verbrauchte Verluste hätten keine Auswirkung auf die Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns nach § 3 Nr. 66 EStG a.F. gehabt und die Anrechnung bereits verbrauchter Verlustvorträge würde zu einer verfassungsrechtlich bedenklichen echten Rückwirkung oder Rückbewirkung von Rechtsfolgen führen. Zudem wäre die Feststellung, in welcher Höhe gerade die Verluste der aufgelösten L-GbR verbraucht worden seien, mit erheblichem Aufwand verbunden. Die Frage der sachlichen Unbilligkeit der Besteuerung eines Sanierungsgewinns sei deshalb nach den Grundsätzen zu beurteilen, die von der Rechtsprechung zu § 3 Nr. 66 EStG a.F. entwickelt worden seien.

42

cc) Bei dieser Beurteilung übersieht das FG, dass Billigkeitsmaßnahmen nicht nach den Kriterien einer Vorschrift beurteilt werden können, die der Gesetzgeber bewusst wegen der aus seiner Sicht nicht mehr gerechtfertigten Begünstigung bestimmter Steuerpflichtiger aufgehoben hat.

43

Auch rechtfertigen die Überlegungen des FG zur Rückwirkung im Streitfall ein solches Vorgehen nicht. § 3 Nr. 66 EStG a.F. wurde --entgegen den ursprünglichen Plänen-- nicht rückwirkend aufgehoben. Bereits die sog. "Bareis-Kommission" hat die Besteuerung der Sanierungsgewinne gefordert (s. Thesen der Einkommensteuer-Kommission zur Steuerfreistellung des Existenzminimums ab 1996 und zur Reform der Einkommensteuer, BB 1994, Beilage 24 S. 7 re. Sp.). Die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. sah auch der Entwurf des Steuerreformgesetzes 1999 vom 22. April 1997 vor (BTDrucks 13/7480). Das UntStRFoG ist am 29. Oktober 1997 erlassen worden, wobei die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses, die ursächlich für die Aufhebung der Bestimmung ab dem Veranlagungszeitraum 1998 war, vom 4. August 1997 datiert. Eine Rückwirkung kommt der zum 1. Januar 1998 in Kraft getretenen Vorschrift somit nicht zu. Dass die Aufhebung von § 3 Nr. 66 EStG a.F. faktisch die Verrechnung von vor dem Veranlagungszeitraum 1998 entstandener Verluste mit positiven Einkünften des Steuerpflichtigen "bestraft", weil insoweit keine Verlustvorträge mehr zur Verrechnung mit einem später entstehenden Sanierungsgewinn zur Verfügung stehen, führt nicht zu einer Rückwirkung im rechtlichen Sinn. Auf den Fortbestand einer Sozialzweck- oder Lenkungsnorm --um eine solche handelt es sich bei § 3 Nr. 66 EStG a.F.-- kann kein Steuerpflichtiger vertrauen (vgl. HHR/Kanzler, § 3 Nr. 66 EStG Rz 6, 179. Lieferung Mai 1995).

44

c) Wendet man im Streitfall die allgemeinen, von der Rechtsprechung erarbeiteten Kriterien für einen Steuererlass wegen sachlicher Unbilligkeit an, kommt eine Billigkeitsmaßnahme nicht in Betracht. Die Streichung von § 3 Nr. 66 EStG a.F. beruht auf der Überlegung des Gesetzgebers, Steuerpflichtige seien durch die Verlustverrechnungsmöglichkeiten laufender Verluste mit positiven Einkünften und der --den allgemeinen Regeln des Steuerrechts widersprechenden-- Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns doppelt begünstigt. Diese Doppelbegünstigung sollte in Wirtschaftsjahren, die nach dem 31. Dezember 1997 enden, entfallen. Würden im Billigkeitswege nun Steuern auf Sanierungsgewinne erlassen, denen keine ausreichenden Verlustvorträge gegenüberstehen, weil die laufenden Verluste bereits mit positiven Einkünften verrechnet worden sind, würde die gesetzgeberische Entscheidung außer Kraft gesetzt. Da durch Billigkeitsmaßnahmen die Doppelbegünstigung auch in den Veranlagungszeiträumen 1998 ff. fortgeführt würde, kann die bei einem sachlichen Billigkeitserlass zu entscheidende Frage, hätte sie der Gesetzgeber im Sinne des vorgesehenen Erlasses geregelt, nicht bejaht werden. Die Billigkeitsmaßnahme würde auf Erwägungen gestützt, die die Motive des Gesetzgebers ins Leere laufen ließen (vgl. hierzu auch Wagner, BB 2008, 2671).

45

Ob in Einzelfällen (große, sich über mehrere Jahre hinziehende Sanierungsverhandlungen) die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. ab dem Veranlagungszeitraum 1998 bedenklich und die Inkrafttretensregelung in Konflikt mit dem Vertrauensschutz der Betroffenen geraten kann (vgl. hierzu das Beispiel von Kanzler in H/H/R, § 3 Nr. 66 EStG Rz G 2, 191. Lieferung Januar 1998, wonach ein großes Unternehmen bereits 1993 Konkurs beantragt hatte und im Zeitpunkt der Aufhebung der Steuerbefreiung kurz vor Abschluss eines Zwangsvergleichs stand; die Steuern auf den Sanierungsgewinn wurden hier auf ca. 600 Mio. DM veranschlagt), braucht im Streitfall nicht entschieden zu werden. In die Vergleichsverhandlungen der Kläger waren lediglich zwei Gläubiger involviert; diese fanden nach den Feststellungen des FG erst Anfang 2002, also mehr als vier Jahre nach Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. ihren Abschluss. Vertrauensschutzüberlegungen dürfte zudem der Umstand entgegenstehen, dass die vor 1998 entstandenen Verluste mit laufenden Einkünften verrechnet worden sind, der nach Abzug des Verlustvortrags zum 31. Dezember 1997 verbleibende Sanierungs- (Auflösungs-)gewinn hingegen ermäßigt zu besteuern ist.

46

7. Persönliche Billigkeitsgründe haben die Kläger nach den --nicht mit Verfahrensrügen angefochtenen und deshalb für den erkennenden Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden-- tatsächlichen Feststellungen des FG nicht geltend gemacht. Den Klägern bleibt es aber unbenommen, vom FA bislang nicht geprüfte persönliche Billigkeitsgründe in einem weiteren Antrag auf Erlass ihrer Steuerschulden geltend zu machen.

III.

47

Die Revision der Kläger wegen Erlass von Einkommensteuer 1999 bis 2002 ist unbegründet. Das FA hat den laufenden Verlust der Kläger im Veranlagungszeitraum 1998 zutreffend mit dem Sanierungsgewinn verrechnet. Zum 31. Dezember 1998 bestand somit kein auf die Veranlagungszeiträume 1999 bis 2002 vortragsfähiger Verlust.

(1) Für die Dauer einer gewährten Stundung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis werden Zinsen erhoben. Wird der Steuerbescheid nach Ablauf der Stundung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, so bleiben die bis dahin entstandenen Zinsen unberührt.

(2) Auf die Zinsen kann ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn ihre Erhebung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre.

(3) Zinsen nach § 233a, die für denselben Zeitraum festgesetzt wurden, sind anzurechnen.

Soweit die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Finanzbehörde aus, den begehrten Verwaltungsakt zu erlassen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Soweit ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid, eine Steueranmeldung oder einen Verwaltungsakt, der einen Steuervergütungsbescheid aufhebt oder ändert, oder gegen eine Einspruchsentscheidung über einen dieser Verwaltungsakte endgültig keinen Erfolg gehabt hat, ist der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt wurde, zu verzinsen. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach Einlegung eines förmlichen außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs gegen einen Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10) oder eine Rechtsbehelfsentscheidung über einen Grundlagenbescheid die Vollziehung eines Folgebescheids ausgesetzt wurde.

(2) Zinsen werden erhoben vom Tag des Eingangs des außergerichtlichen Rechtsbehelfs bei der Behörde, deren Verwaltungsakt angefochten wird, oder vom Tag der Rechtshängigkeit beim Gericht an bis zum Tag, an dem die Aussetzung der Vollziehung endet. Ist die Vollziehung erst nach dem Eingang des außergerichtlichen Rechtsbehelfs oder erst nach der Rechtshängigkeit ausgesetzt worden, so beginnt die Verzinsung mit dem Tag, an dem die Wirkung der Aussetzung der Vollziehung beginnt.

(3) Absätze 1 und 2 sind entsprechend anzuwenden, wenn nach Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids, des Körperschaftsteuerbescheids oder eines Feststellungsbescheids die Vollziehung eines Gewerbesteuermessbescheids oder Gewerbesteuerbescheids ausgesetzt wird.

(4) § 234 Abs. 2 und 3 gelten entsprechend.

(5) Ein Zinsbescheid ist nicht aufzuheben oder zu ändern, wenn der Steuerbescheid nach Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt wird.

Soweit die Finanzbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln oder zu entscheiden, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Finanzbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens ergänzen.

(1) Soweit ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid, eine Steueranmeldung oder einen Verwaltungsakt, der einen Steuervergütungsbescheid aufhebt oder ändert, oder gegen eine Einspruchsentscheidung über einen dieser Verwaltungsakte endgültig keinen Erfolg gehabt hat, ist der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt wurde, zu verzinsen. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach Einlegung eines förmlichen außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs gegen einen Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10) oder eine Rechtsbehelfsentscheidung über einen Grundlagenbescheid die Vollziehung eines Folgebescheids ausgesetzt wurde.

(2) Zinsen werden erhoben vom Tag des Eingangs des außergerichtlichen Rechtsbehelfs bei der Behörde, deren Verwaltungsakt angefochten wird, oder vom Tag der Rechtshängigkeit beim Gericht an bis zum Tag, an dem die Aussetzung der Vollziehung endet. Ist die Vollziehung erst nach dem Eingang des außergerichtlichen Rechtsbehelfs oder erst nach der Rechtshängigkeit ausgesetzt worden, so beginnt die Verzinsung mit dem Tag, an dem die Wirkung der Aussetzung der Vollziehung beginnt.

(3) Absätze 1 und 2 sind entsprechend anzuwenden, wenn nach Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids, des Körperschaftsteuerbescheids oder eines Feststellungsbescheids die Vollziehung eines Gewerbesteuermessbescheids oder Gewerbesteuerbescheids ausgesetzt wird.

(4) § 234 Abs. 2 und 3 gelten entsprechend.

(5) Ein Zinsbescheid ist nicht aufzuheben oder zu ändern, wenn der Steuerbescheid nach Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt wird.

(1) Führt die Festsetzung der Einkommen-, Körperschaft-, Vermögen-, Umsatz- oder Gewerbesteuer zu einem Unterschiedsbetrag im Sinne des Absatzes 3, ist dieser zu verzinsen. Dies gilt nicht für die Festsetzung von Vorauszahlungen und Steuerabzugsbeträgen.

(2) Der Zinslauf beginnt 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist. Er beginnt für die Einkommen- und Körperschaftsteuer 23 Monate nach diesem Zeitpunkt, wenn die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft bei der erstmaligen Steuerfestsetzung die anderen Einkünfte überwiegen; hierbei sind Kapitalerträge nach § 32d Absatz 1 und § 43 Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes nicht zu berücksichtigen. Er endet mit Ablauf des Tages, an dem die Steuerfestsetzung wirksam wird.

(2a) Soweit die Steuerfestsetzung auf der Berücksichtigung eines rückwirkenden Ereignisses (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2) oder auf einem Verlustabzug nach § 10d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes beruht, beginnt der Zinslauf abweichend von Absatz 2 Satz 1 und 2 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten oder der Verlust entstanden ist.

(3) Maßgebend für die Zinsberechnung ist die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die bis zum Beginn des Zinslaufs festgesetzten Vorauszahlungen (Unterschiedsbetrag). Bei der Vermögensteuer ist als Unterschiedsbetrag für die Zinsberechnung die festgesetzte Steuer, vermindert um die festgesetzten Vorauszahlungen oder die bisher festgesetzte Jahressteuer, maßgebend. Ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen ist nur bis zur Höhe des zu erstattenden Betrags zu verzinsen; die Verzinsung beginnt frühestens mit dem Tag der Zahlung. Besteht der Erstattungsbetrag aus mehreren Teil-Leistungen, richtet sich der Zinsberechnungszeitraum jeweils nach dem Zeitpunkt der einzelnen Leistung; die Leistungen sind in chronologischer Reihenfolge zu berücksichtigen, beginnend mit der jüngsten Leistung.

(4) Die Festsetzung der Zinsen soll mit der Steuerfestsetzung verbunden werden.

(5) Wird die Steuerfestsetzung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, ist eine bisherige Zinsfestsetzung zu ändern; Gleiches gilt, wenn die Anrechnung von Steuerbeträgen zurückgenommen, widerrufen oder nach § 129 berichtigt wird. Maßgebend für die Zinsberechnung ist der Unterschiedsbetrag zwischen der festgesetzten Steuer und der vorher festgesetzten Steuer, jeweils vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge und um die anzurechnende Körperschaftsteuer. Dem sich hiernach ergebenden Zinsbetrag sind bisher festzusetzende Zinsen hinzuzurechnen; bei einem Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen entfallen darauf festgesetzte Zinsen. Im Übrigen gilt Absatz 3 Satz 3 und 4 entsprechend.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten bei der Durchführung des Lohnsteuer-Jahresausgleichs entsprechend.

(7) Bei Anwendung des Absatzes 2a gelten die Absätze 3 und 5 mit der Maßgabe, dass der Unterschiedsbetrag in Teil-Unterschiedsbeträge mit jeweils gleichem Zinslaufbeginn aufzuteilen ist; für jeden Teil-Unterschiedsbetrag sind Zinsen gesondert und in der zeitlichen Reihenfolge der Teil-Unterschiedsbeträge zu berechnen, beginnend mit den Zinsen auf den Teil-Unterschiedsbetrag mit dem ältesten Zinslaufbeginn. Ergibt sich ein Teil-Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen, entfallen auf diesen Betrag festgesetzte Zinsen frühestens ab Beginn des für diesen Teil-Unterschiedsbetrag maßgebenden Zinslaufs; Zinsen für den Zeitraum bis zum Beginn des Zinslaufs dieses Teil-Unterschiedsbetrags bleiben endgültig bestehen. Dies gilt auch, wenn zuvor innerhalb derselben Zinsberechnung Zinsen auf einen Teil-Unterschiedsbetrag zuungunsten des Steuerpflichtigen berechnet worden sind.

(8) Zinsen auf einen Unterschiedsbetrag zuungunsten des Steuerpflichtigen (Nachzahlungszinsen) sind entweder nicht festzusetzen oder zu erlassen, soweit Zahlungen oder andere Leistungen auf eine später wirksam gewordene Steuerfestsetzung erbracht wurden, die Finanzbehörde diese Leistungen angenommen und auf die festgesetzte und zu entrichtende Steuer angerechnet hat. Absatz 3 Satz 4 ist hierbei entsprechend anzuwenden. Soweit Nachzahlungszinsen aufgrund einer Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Steuerfestsetzung nach Absatz 5 Satz 3 zweiter Halbsatz entfallen, mindert sich der Zinsverzicht nach Satz 1 entsprechend. Die §§ 163 und 227 bleiben unberührt.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) reichte Anfang April 2009 ihre Einkommensteuererklärung 2007 ein und zahlte am 9. April 2009 einen Betrag von … € nebst darauf entfallenden Nebenforderungen an den Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--). Das FA nahm den Gesamtbetrag in Verwahrung.

2

Am 25. November 2009, einem Mittwoch, erließ das FA den Einkommensteuerbescheid, in dem es nach Abzug von Lohn- und Kapitalertragsteuern sowie Zinsabschlag einen verbleibenden Einkommensteuerbetrag von … € auswies. Außerdem wurden in diesem Bescheid Zinsen gemäß § 233a der Abgabenordnung (AO) in Höhe von … € festgesetzt. Dabei legte das FA einen Zinslauf von acht Monaten (1. April 2009 bis 30. November 2009) zugrunde.

3

Die Klägerin beantragte den Erlass der Zinsen in voller Höhe wegen sachlicher Unbilligkeit. Mit Bescheid vom 5. März 2010 sprach das FA einen Teilerlass in Höhe von … € aus. Dabei berechnete das FA sog. "fiktive Erstattungszinsen" für einen Zeitraum von sieben Monaten, und zwar vom 9. April 2009 bis zum 9. November 2009.

4

Den Einspruch der Klägerin wies das FA durch die Einspruchsentscheidung vom 21. Juni 2010 als unbegründet zurück. Zwar sei ausnahmsweise für den Fall einer vorzeitigen und vom FA angenommenen und behaltenen Zahlung ein Erlass von Nachzahlungszinsen geboten. Nr. 70.1.2 des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO) zu § 233a AO sehe insoweit aber ausdrücklich vor, dass bei einer erst nach Beginn des Zinslaufs erbrachten Leistung ein Erlass nur für volle Monate bis zur Wirksamkeit der Steuerfestsetzung möglich sei.

5

Die hiergegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit Urteil vom 25. März 2011 ab.

6

Mit ihrer Revision macht die Klägerin Verletzung materiellen Rechts geltend.

7

Sie ist der Ansicht, Nr. 70.1.2 Satz 2 AEAO zu § 233a AO sei nicht ermessensgerecht, da diese Regelung die Steuerpflichtigen benachteilige. Obwohl nach Nr. 70.1.1 AEAO zu § 233a AO Nachzahlungszinsen nur bis zum Zeitpunkt des Zahlungseingangs zu entrichten seien, komme es aufgrund der in Nr. 70.1.2 AEAO zu § 233a AO gewählten Methode zu einem anderen Ergebnis. Auch seien die Folgen der Fiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO im vorliegenden Erlassverfahren zu beachten. Ohne diese Fiktion wären nämlich sämtliche Nachzahlungszinsen erlassen worden, da dann die Zeiträume der Zinsfestsetzung und des Erlasses mit jeweils sieben Monaten übereingestimmt hätten.

8

Da das Gesetz die Festsetzung von Erstattungszinsen erst mit der Zahlung vorsehe, sei der Schluss zu ziehen, dass auch Nachzahlungszinsen nur bis zum Zeitpunkt der Zahlung festzusetzen seien. Das Monatsprinzip aus § 238 Abs. 1 Satz 2 AO gelte lediglich für die Zinsfestsetzung.

9

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil sowie den Ablehnungsbescheid vom 5. März 2010 und die Einspruchsentscheidung vom 21. Juni 2010 aufzuheben und das FA zu verpflichten, die festgesetzten Zinsen zur Einkommensteuer 2007 um weitere … € zu erlassen.

10

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

11

Entscheidend sei bei der Berechnung der zu erlassenden Nachzahlungszinsen, so das FA, dass Nr. 70.1.2 Satz 2 AEAO zu § 233a AO aus Vereinfachungsgründen auf das Monatsprinzip nach § 238 Abs. 1 Satz 2 AO zurückgreife. Darüber hinaus sei diese Regelung auch deshalb sachlich gerechtfertigt, weil sie sich an § 233a Abs. 3 Satz 3 AO orientiere, der für die vergleichbare Situation bei Erstattungszinsen gelte.

Entscheidungsgründe

12

II. Die Revision ist als unbegründet zurückzuweisen.
Ein Anspruch auf den begehrten weiteren teilweisen Erlass der Nachzahlungszinsen steht der Klägerin nicht zu. Die Erhebung der streitigen Nachforderungszinsen ist nicht unbillig i.S. des § 227 AO.

13

1. Nach § 227 AO können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis erlassen, wenn ihre Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Zu diesen Ansprüchen gehören auch Ansprüche auf steuerliche Nebenleistungen wie z.B. Zinsen (§ 37 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 3 AO; vgl. Senatsurteil vom 8. Oktober 2013 X R 3/10, BFH/NV 2014, 5).

14

a) Die Entscheidung über den Erlass ist eine Ermessensentscheidung der Behörde (Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19. Oktober 1971 GmS-OGB 3/70, BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603) und unterliegt gemäß § 102 der Finanzgerichtsordnung (FGO) lediglich einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Zu prüfen ist daher bei einer Erlassablehnung nur, ob die Finanzbehörde bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Im Einzelfall kann der Ermessensspielraum aber so eingeengt sein, dass nur eine Entscheidung ermessensgerecht ist (sog. Ermessensreduktion auf Null). Ist nur der Erlass eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis ermessensgerecht, kann das Gericht gemäß § 101 Satz 1 FGO die Verpflichtung zum Erlass aussprechen (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsurteile vom 16. November 2005 X R 3/04, BFHE 211, 30, BStBl II 2006, 155, und jüngst in BFH/NV 2014, 5).

15

b) Das FG hat nach diesen Prüfungsmaßstäben zu Recht eine fehlerhafte Ermessensausübung durch das FA verneint. Seine Annahme, die Erhebung der Nachzahlungszinsen zur Einkommensteuer im Streitfall sei auch insoweit nicht sachlich unbillig, als diese auf den Zeitraum ab dem 9. November 2009 entfallen, ist rechtsfehlerfrei.

16

aa) Eine Unbilligkeit aus sachlichen Gründen --auf die die Klägerin ihren Erlassantrag allein stützt-- ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) dann anzunehmen, wenn ein Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis zwar nach dem gesetzlichen Tatbestand besteht, seine Geltendmachung aber mit dem Zweck des Gesetzes nicht oder nicht mehr zu rechtfertigen ist und dessen Wertungen zuwiderläuft (vgl. z.B. Senatsurteil in BFHE 211, 30, BStBl II 2006, 155, m.w.N.). Hingegen können Umstände, die der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des gesetzlichen Tatbestands bewusst in Kauf genommen hat, einen Billigkeitserlass nicht rechtfertigen. Die generelle Geltungsanordnung des Gesetzes darf durch eine Billigkeitsmaßnahme nicht unterlaufen werden. Dies gilt auch für den Erlass nach § 233a AO festgesetzter Zinsen (BFH-Urteil vom 23. Oktober 2003 V R 2/02, BFHE 203, 410, BStBl II 2004, 39, unter II.2.a).

17

bb) Hat die Finanzverwaltung --wie im Streitfall-- in Ausfüllung des ihr zustehenden Ermessensspielraums Richtlinien erlassen, so haben die Gerichte grundsätzlich nur zu prüfen, ob die Richtlinien selbst einer sachgerechten Ermessensausübung entsprechen und ob sich die Behörden an die Richtlinie gehalten haben (BFH-Urteil vom 24. November 2005 V R 37/04, BFHE 211, 411, BStBl II 2006, 466, unter II.1.). Derartige Verwaltungsanweisungen dürfen nicht wie Gesetze ausgelegt werden, sondern beziehen ihre Reichweite allein aus dem Verständnis der Verwaltung. Maßgeblich ist deshalb nicht, wie die Gerichte die Verwaltungsanweisung verstehen, sondern wie sie die Verwaltung verstanden hat und verstanden wissen wollte (Senatsbeschluss vom 8. Juni 2011 X B 209/10, BFH/NV 2011, 1828, m.w.N.). Das FG darf daher Verwaltungsanweisungen nicht selbst auslegen, sondern nur prüfen, ob die Auslegung durch die Behörde möglich ist (BFH-Urteil in BFHE 211, 411, BStBl II 2006, 466, m.w.N.).

18

cc) Die ermessenslenkende Verwaltungsanweisung in Nr. 70.1.2 Satz 2 AEAO zu § 233a AO gewährleistet eine sachgerechte Ermessensausübung, wahrt die gesetzlichen Grenzen des Ermessens und macht von dem gesetzlich eingeräumten Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch.

19

(1) Zweck der Regelungen in § 233a AO ist es, einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass die Steuern bei den einzelnen Steuerpflichtigen zwar jeweils spätestens zum Jahresende entstehen, aber zu unterschiedlichen Zeitpunkten festgesetzt und fällig werden (Begründung zum Gesetzesentwurf, BTDrucks 11/2157, S. 194). Wegen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung sollen Liquiditätsvorteile, die aus dem verspäteten Erlass des Steuerbescheides entstanden sind, jedenfalls für die Zeit nach Ablauf von 15 Monaten nach Entstehen der Steuer abgeschöpft werden (BTDrucks 11/2157, S. 194). Diese typisierenden Grundannahmen des Gesetzgebers sind bereits bei der Auslegung der Zinsvorschrift zu beachten (so schon Senatsurteil vom 20. September 1995 X R 86/94, BFHE 178, 555, BStBl II 1996, 53). Sie sind in gleicher Weise Maßstab für die Entscheidung der Frage, ob besondere Umstände vorliegen, die im Einzelfall die Erhebung der Nachforderungszinsen als sachlich unbillig erscheinen lassen (Senatsurteil vom 5. Juni 1996 X R 234/93, BFHE 180, 240, BStBl II 1996, 503). Für einen Ausgleich in Form der Verzinsung der Steuernachforderung gemäß § 233a AO ist kein Raum, wenn zweifelsfrei feststeht, dass der Steuerpflichtige durch die verspätete Steuerfestsetzung keinen Vorteil erlangt hat (BFH-Urteil vom 11. Juli 1996 V R 18/95, BFHE 180, 524, BStBl II 1997, 259). Festgesetzte Nachzahlungszinsen sind dann wegen sachlicher Unbilligkeit zu erlassen (Senatsbeschluss vom 30. Oktober 2001 X B 147/01, BFH/NV 2002, 505, und BFH-Beschluss vom 28. Juli 2009 I B 42/09, BFH/NV 2010, 5). Diesem Zweck wird Nr. 70.1.2 Satz 2 AEAO zu § 233a AO gerecht.

20

(2) Darüber hinaus entspricht Nr. 70.1.2 Satz 2 AEAO zu § 233a AO diesem Zweck auch bei der Art der Berechnung der zu erlassenden Nachzahlungszinsen. Durch die freiwilligen Leistungen vor Steuerfestsetzung entsteht eine Situation, die derjenigen für Erstattungszinsen vergleichbar ist. Ein Erlass der Nachzahlungszinsen in Höhe vergleichbar berechneter Zinsen ist deshalb im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung eine mögliche Ermessensausübung.

21

(a) Die freiwillige Leistung der rechnerisch ermittelten, aber noch nicht festgesetzten Steuer hat zur Folge, dass vom Zeitpunkt der Zahlung --und anschließenden Annahme durch die Finanzbehörde-- bis zur Festsetzung die Steuer überzahlt ist. Es besteht ein Guthaben zugunsten des Steuerpflichtigen. Sachgerecht ist dann, wenn Zinsen für den überzahlten Betrag --soweit dieser der noch festzusetzenden Steuer entspricht-- (sog. "fiktive Erstattungszinsen") berechnet und im Erlasswege dadurch berücksichtigt werden, dass in Höhe dieser "fiktiven Erstattungszinsen" die Nachzahlungszinsen reduziert werden.

22

(b) § 233a Abs. 3 Satz 1 AO sieht allerdings eine solche Verzinsung nur für den Fall der Überzahlung der festgesetzten Steuer durch anzurechnende Steuerabzugsbeträge, die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die bis zum Beginn des Zinslaufs (§ 233a Abs. 2 Sätze 1 und 2 AO) festgesetzten Vorauszahlungen vor (sog. Erstattungszinsen), wobei die Verzinsung in diesen Fällen nach § 233a Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 2 AO mit dem Tag der Zahlung beginnt. Wird die schlichte Zahlung diesen Tatbeständen gleichgestellt, so kann erst recht der Zinslauf erst mit dem Tag der Zahlung beginnen.

23

§ 233a Abs. 2 Satz 3 AO seinerseits sieht vor, dass der Zinslauf erst mit Ablauf des Tages endet, an dem die Steuerfestsetzung wirksam wird. Mit diesem Tag endet der Regelungsbereich des § 233a AO insgesamt, der nur den Zeitraum bis zur Festsetzung umfasst. Im Fall der freiwilligen Leistung nach Beginn des Zinslaufs kann nichts anderes gelten. Schließlich begrenzt § 238 Abs. 1 Satz 2 AO den Zinslauf auf volle Monate.

24

(c) Wegen der Vergleichbarkeit der "fiktiven Erstattungszinsen" mit den gesetzlich geregelten Erstattungszinsen ist es folgerichtig, wenn sich die Art der Berechnung der "fiktiven Erstattungszinsen" an den gesetzlichen Regelungen der Erstattungszinsen orientiert, so wie Nr. 70.1.2 Satz 2 AEAO zu § 233a AO dies vorsieht.

25

(3) Ein anderer Wille des Gesetzgebers besteht nicht, auch nicht aufgrund des vor Erlass der Nr. 70.1.2 Satz 2 AEAO zu § 233a AO ergangenen Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 4. April 1996 IV A 4 -S 0460a- 19/96 (BStBl I 1996, 371). Zwar wird in diesem Schreiben ausdrücklich geregelt, dass Nachzahlungszinsen nur für den Zeitraum bis zum Eingang der freiwilligen Leistung zu erheben sind. Dabei ist jedoch zu beachten, dass zum Zeitpunkt des Erlasses dieses BMF-Schreibens in § 233a Abs. 1 AO a.F. die Steuerzahlungsschuld und nicht der nun in § 233a Abs. 3 AO definierte Unterschiedsbetrag die Bemessungsgrundlage für die Verzinsung bildete. Auch endete der Zinslauf nach § 233a Abs. 2 Satz 3 AO a.F. erst mit der Fälligkeit der Steuernachforderung oder Steuererstattung. Folglich gab es bei Zahlung vor Steuerfestsetzung keine Grundlage für die Festsetzung von weiteren Zinsen. Ab diesem Zeitpunkt konnte die Steuerzahlungsschuld nicht mehr fällig werden. Eventuell festgesetzte Nachzahlungszinsen waren zu erlassen (BFH-Urteil vom 15. März 1995 I R 56/93, BFHE 177, 204, BStBl II 1995, 490).

26

Diese Grundsätze gelten jedoch nicht mehr, seit in § 233a Abs. 1 AO --wie im Streitfall-- auf den Unterschiedsbetrag i.S. des § 233a Abs. 3 AO abgestellt wird, da nunmehr eine Bemessungsgrundlage für die Zinsfestsetzung auch nach Zahlung der noch festzusetzenden Steuer weiter existiert (so auch BFH-Urteil in BFHE 177, 204, BStBl II 1995, 490, unter II.5.). Die entsprechende Gesetzesänderung erfolgte im Jahressteuergesetz 1997 vom 20. Dezember 1996 (BGBl I 1996, 2049). Seither ist ein der Regelung in Nr. 70.1.2 Satz 2 AEAO zu § 233a AO entgegenstehender Wille des Gesetzgebers nicht mehr erkennbar.

27

(4) Eine Sondersituation, die eine von Nr. 70.1.2 Satz 2 AEAO zu § 233a AO abweichende Ermessensregelung ausnahmsweise geboten erscheinen lassen würde, liegt ebenfalls nicht vor. Insbesondere ist dies nicht deshalb der Fall, weil --wie hier-- erst aufgrund der Bekanntgabefiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO für einen weiteren Monat --hier November 2009-- Nachzahlungszinsen festzusetzen waren. Soweit diese Problematik zu beachten ist, betrifft sie das Zinsfestsetzungsverfahren. Im vorliegenden Billigkeitsverfahren ist sie ohne Belang.

28

dd) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das FG zu Recht eine fehlerhafte Ermessensausübung verneint. Das FA hat die in Nr. 70.1.2 Satz 2 AEAO zu § 233a AO von der Finanzverwaltung erlassene ermessenslenkenden Verwaltungsanweisung richtig angewandt.

29

(1) Nr. 70.1.1 AEAO zu § 233a AO in der im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung vom 21. Juni 2010 gültigen Fassung sah auch für den Fall, dass vor Festsetzung der Steuer freiwillige Leistungen erbracht werden, die Festsetzung von Zinsen nach § 233a AO vor, die aus sachlichen Billigkeitsgründen zu erlassen sind, soweit --wie im Streitfall-- das Finanzamt diese Leistungen angenommen und behalten hat.

30

(2) Nach Nr. 70.1.2 Satz 1 AEAO zu § 233a AO sind Nachzahlungszinsen nur für den Zeitraum bis zum Eingang der freiwilligen Leistung zu erheben. Falls die freiwillige Leistung erst nach Beginn des Zinslaufs erbracht worden ist, sind Nachzahlungszinsen aus Vereinfachungsgründen insoweit zu erlassen, als die auf volle fünfzig Euro abgerundete freiwillige Leistung für jeweils volle Monate vor Wirksamkeit der Steuerfestsetzung erbracht worden ist (Nr. 70.1.2 Satz 2 AEAO zu § 233a AO). Da vom 9. November 2009 bis zur Wirksamkeit der Steuerfestsetzung gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO am 30. November 2009 kein weiterer voller Monat erreicht war, war danach der Erlass nicht auszusprechen.

31

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 4. Dezember 2013  2 K 82/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war bis zum 30. November 2010 alleiniger Gesellschafter der X GmbH (GmbH) sowie alleiniger Kommanditist der X & Co. KG (KG). Die KG und die GmbH hatten jeweils ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr vom 1. September bis 31. August. Am 30. November 2010 brachte der Kläger seine Anteile an der GmbH und der KG in die Y GmbH ein. Mit der am 1. April 2011 bei dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) eingegangenen Einkommensteuererklärung 2010 schätzte der Kläger den Veräußerungsgewinn auf ... €. Das FA veranlagte mit Einkommensteuerbescheid vom 15. Juli 2011 erklärungsgemäß. Mit Änderungsbescheid vom 15. September 2011 berücksichtigte es unter Abzug nachträglicher Veräußerungskosten einen Veräußerungsgewinn von ... €.

2

Die KG gab die Feststellungserklärung für das Jahr 2011, die das Wirtschaftsjahr 2010/2011 mit dem Einbringungsgewinn des Klägers erfasste, am 23. Februar 2012 ab. In einer Außenprüfung bei der KG vom 28. Februar 2012 bis 15. März 2012 kam es zu einer einvernehmlichen Neuberechnung des Veräußerungsgewinns auf nunmehr ... €. Der geänderte Feststellungsbescheid erging am 4. September 2012. Mit Einkommensteuerbescheid vom 24. September 2012 berücksichtigte das FA nach Korrektur durch Anwendung des Teileinkünfteverfahrens einen Veräußerungsgewinn von ... €. Am selben Tage erließ das FA einen Bescheid über Zinsen zur Einkommensteuer 2010 in Höhe von ... €. Es steht zwischen den Beteiligten nicht im Streit, dass dieser Bescheid eine zutreffende Anwendung des Gesetzes darstellt.

3

Mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2012 beantragte der Kläger Erlass dieser Nachzahlungszinsen wegen sachlicher Unbilligkeit. Am 24. Oktober 2012 erließ das FA aufgrund einer offenbaren Unrichtigkeit einen geänderten Einkommensteuerbescheid 2010, jedoch ohne Änderung des Veräußerungsgewinns, und am selben Tage einen geänderten Bescheid über Zinsen zur Einkommensteuer über nunmehr ... €. Mit Bescheid vom 5. Dezember 2012 und Teileinspruchsentscheidung vom 18. April 2013 lehnte das FA den Erlassantrag ab. Es entspreche den Wertungen des Gesetzgebers, Zinsen auf einen Nachforderungsbetrag für die Zeit bis zum Abschluss einer Außenprüfung zu erheben, da insoweit die Möglichkeit der Kapitalnutzung bestanden habe. Daran ändere sich nicht dadurch etwas, dass einerseits der Veräußerungsgewinn mangels Anwendbarkeit des § 4a Abs. 2 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) einkommensteuerrechtlich im Jahre 2010 zu erfassen gewesen sei, er andererseits aber erst im Feststellungsverfahren der KG für das Jahr 2011 habe ermittelt werden können. Der Kläger habe den Veräußerungsgewinn selbst geschätzt. Eine Außenprüfung bringe häufig eine nachträgliche Gewinnerhöhung mit sich.

4

Im Klageverfahren begehrte der Kläger die Verpflichtung zum Erlass der Zinsen aus Gründen sachlicher Billigkeit. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage durch in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2014, 321 veröffentlichtes Urteil abgewiesen.

5

Mit seiner Revision macht der Kläger weiterhin geltend, die Zinsfestsetzung sei sachlich unbillig, er wendet sich allerdings nicht gegen die Höhe des Zinses. Maßgebend für den Veräußerungsgewinn 2010 sei die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen bei der KG. Der Kläger habe infolgedessen seinen Veräußerungsgewinn des Jahres 2010 frühestens zutreffend erklären können, nachdem die KG ihre Erklärung fertiggestellt hatte. Die KG wiederum habe ihre Erklärung frühestmöglich abgegeben. Wegen des Zusammentreffens des abweichenden Wirtschaftsjahrs der KG mit der Nichtanwendung des § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG habe der Kläger den Karenzzeitraum von 15 Monaten nach § 233a Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) nicht nutzen können. Hätte die KG kein abweichendes Wirtschaftsjahr oder hätte der Kläger laufende Einkünfte erzielt und wäre er nicht unterjährig aus der KG ausgeschieden, wäre die Zinsbelastung nicht eingetreten.

6

Die Verlängerung der zinsfreien Karenzzeit bei überwiegenden Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zunächst auf 21, später auf 23 Monate beruhe ebenso wie die nach § 149 Abs. 2 Satz 2 AO hinausgeschobene Frist zur Abgabe der Steuererklärung gerade auf dem dort stets abweichenden Wirtschaftsjahr (BTDrucks 11/2536, S. 96, BTDrucks 17/5125, S. 50). Der Gewerbetreibende mit einem abweichenden Wirtschaftsjahr befinde sich in einer identischen Situation. Es könne nicht unterstellt werden, der Gesetzgeber habe die Möglichkeit des abweichenden Wirtschaftsjahrs auch bei Gewerbetreibenden übersehen. Dass der Gesetzgeber nichts geregelt habe, könne nicht belegen, dass er ein Problem gesehen und dessen Nichtlösung bewusst in Kauf genommen habe. Vielmehr gebe es für eine willentliche Ungleichbehandlung keinen Hinweis und auch keine Rechtfertigung. Diese widerspräche vielmehr Art. 3 des Grundgesetzes. Nach alledem liege ein atypischer Sachverhalt vor, der den Wertungen des Gesetzes nicht entspreche und es gebiete, rechnerisch eine Karenzzeit von 21 Monaten zu berücksichtigen. In diesem Fall wäre es zu keiner Zinsfestsetzung gekommen.

7

Der Kläger beantragt sinngemäß,
das FG-Urteil und den Bescheid über Zinsen zur Einkommensteuer 2010 vom 24. Oktober 2012 aufzuheben, hilfsweise das FA zum Erlass der mit diesem Bescheid festgesetzten Zinsen zu verpflichten.

8

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Die Ablehnung des Erlassantrags sei nicht ermessensfehlerhaft, der Erlass nicht möglich gewesen. Es fehle an einem ungewollt über die Wertungen des Gesetzgebers hinausgehenden Überhang des gesetzlichen Tatbestandes. Der Kläger sei durch die Kombination des abweichenden Wirtschaftsjahrs der KG mit der zeitlichen Zuordnung des Veräußerungsgewinns zum Jahr des Ausscheidens von der Zahlung der geschuldeten Steuer tatsächlich zunächst "freigestellt" worden und habe so den Liquiditätsvorteil erlangt, den die Verzinsung abzuschöpfen bezwecke. Dies gelte gerade unabhängig von den Ursachen und Begleitumständen und deswegen ungeachtet fehlenden Verschuldens des Klägers. Auch das FA habe ohne Verzögerung agiert.

Entscheidungsgründe

10

II. Der Senat versteht das Begehren des Klägers in der Weise, dass er beantragt, das FG-Urteil, den Bescheid vom 5. Dezember 2012 und die Teileinspruchsentscheidung vom 18. April 2013 aufzuheben und das FA zu verpflichten, die mit Bescheid vom 24. Oktober 2012 festgesetzten Zinsen zur Einkommensteuer 2010 in Höhe von ... € zu erlassen. Die Formulierung des Hauptantrags ist zwar auf die Aufhebung des Zinsbescheids selbst gerichtet. Der Kläger hat aber im Rahmen seines Revisionsvorbringens mehrfach unmissverständlich verdeutlicht, dass er die Rechtmäßigkeit des Zinsbescheids selbst nicht angreife und es ihm allein um den Erlass gehe.

11

III. Die Revision ist nach § 126 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Erlass der Zinsen hat und die Ablehnung des Erlassantrags nicht ermessensfehlerhaft war. Die Erhebung der Zinsen ist nicht unbillig i.S. des § 227 AO.

12

1. Die Finanzbehörden können nach § 227 AO Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre.

13

a) Zu den Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis gehören nach § 37 Abs. 1 AO auch Ansprüche auf steuerliche Nebenleistungen, zu denen wiederum nach § 3 Abs. 4 AO auch Zinsen (§§ 233 bis 237 AO) zählen. Dem Erlass von Nachforderungszinsen nach § 233a AO steht nicht entgegen, dass § 233a AO im Gegensatz zu § 234 Abs. 2 AO für Stundungszinsen und § 237 Abs. 4 AO für Aussetzungszinsen keine ausdrückliche Ermächtigung zu Billigkeitsmaßnahmen enthält (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3. Juli 2014 III R 53/12, BFHE 246, 203, unter II.1.a, m.w.N.; Senatsbeschluss vom 29. Oktober 2014 X B 32/14, BFH/NV 2015, 336, unter II.1.a).

14

b) Die Entscheidung über den Erlass ist eine Ermessensentscheidung der Behörde (Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19. Oktober 1971 GmS-OGB 3/70, BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603, zu der Vorläufervorschrift des § 131 AO) und unterliegt deshalb gemäß § 102 FGO lediglich einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Zu prüfen ist daher bei einer Erlassablehnung nur, ob die Finanzbehörde bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Im Einzelfall kann der Ermessensspielraum aber so eingeengt sein, dass nur eine Entscheidung ermessensgerecht ist (sog. Ermessensreduzierung auf null). Ist nur der Erlass eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis ermessensgerecht, kann das Gericht gemäß § 101 Satz 1 FGO die Verpflichtung zum Erlass aussprechen (vgl. BFH-Urteile vom 8. Oktober 2013 X R 3/10, BFH/NV 2014, 5, unter II.1.b; in BFHE 246, 203, unter II.1.b, beide m.w.N.).

15

c) Eine Unbilligkeit aus sachlichen Gründen ist nach ständiger BFH-Rechtsprechung dann anzunehmen, wenn ein Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis zwar nach dem gesetzlichen Tatbestand besteht, seine Geltendmachung aber mit dem Zweck des Gesetzes nicht (mehr) zu rechtfertigen ist und dessen Wertungen zuwiderläuft (vgl. BFH-Urteile vom 11. Juli 1996 V R 18/95, BFHE 180, 524, BStBl II 1997, 259, unter II.2.b; vom 26. August 2010 III R 80/07, BFH/NV 2011, 401, unter II.2.a; in BFH/NV 2014, 5, unter II.2.a, jeweils m.w.N.). Das setzt voraus, dass der Gesetzgeber eine andere Regelung getroffen hätte, wenn er die zu beurteilende Frage als regelungsbedürftig erkannt hätte (BFH-Urteil vom 21. Oktober 2009 I R 112/08, BFH/NV 2010, 606, unter II.2.). Umstände, die der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des gesetzlichen Tatbestands bewusst in Kauf genommen hat, können keinen Billigkeitserlass rechtfertigen. Die Billigkeitsprüfung darf die generelle Geltungsanordnung des den Steueranspruch begründenden Gesetzes nicht unterlaufen (BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 401, unter II.2.a), sich andererseits auch nicht in Überlegungen zur richtigen Rechtsanwendung erschöpfen, da dann ein auf sachliche Billigkeitsgründe gestützter Erlass nach § 227 AO niemals möglich wäre (vgl. BFH-Urteil in BFHE 180, 524, BStBl II 1997, 259, unter II.2.b; Senatsbeschluss in BFH/NV 2015, 336, unter II.1.a). Diese Grundsätze gelten auch für den Erlass nach § 233a AO festgesetzter Zinsen (BFH-Urteile in BFH/NV 2014, 5, unter II.2.a; in BFHE 246, 203, unter II.1.c, beide m.w.N.).

16

2. Die Verzinsung nach § 233a Abs. 1 AO und die Karenzzeiten des § 233a Abs. 2 AO bezwecken einen typisierten Ausgleich für die Liquiditätsverschiebungen, die aus dem individuell sehr unterschiedlichen Verlauf des Besteuerungsverfahrens entstehen können.

17

a) Die allgemeine Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen wurde in Gestalt des § 233a AO durch Art. 15 Nr. 3 des Steuerreformgesetzes 1990 (StRG 1990) vom 25. Juli 1988 (BGBl I 1988, 1093) eingeführt. Nach der Begründung zum Gesetzentwurf sollte die allgemeine Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen einen Ausgleich dafür schaffen, dass die Steuern bei den einzelnen Steuerpflichtigen, aus welchen Gründen auch immer, zu unterschiedlichen Zeitpunkten festgesetzt und fällig werden (BTDrucks 11/2157, S. 194). Insoweit beruht die Vorschrift auf der zulässig typisierenden Annahme, dass derjenige, dessen Steuer ganz oder zum Teil zu einem späteren Zeitpunkt festgesetzt wird, gegenüber demjenigen, dessen Steuer bereits frühzeitig festgesetzt wird, einen Liquiditäts- und damit auch einen potentiellen Zinsvorteil hat. Dieser Vorteil ist umso größer, je höher der nachzuzahlende Betrag ist und je später die Steuer festgesetzt wird. Durch die Sollverzinsung sollen der Liquiditätsvorteil des Steuerpflichtigen und seine damit verbundene erhöhte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit abgeschöpft werden. Gleichzeitig soll der vorhandene Zinsnachteil des Fiskus, der den nicht gezahlten Steuerbetrag nicht anderweitig nutzen kann, ausgeglichen werden (Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 3. September 2009  1 BvR 2539/07, BFH/NV 2009, 2115, unter III.1.a bb (2) (a)). Aus welchem Grund es zu einem Unterschiedsbetrag gekommen ist und ob die möglichen Zins- und Liquiditätsvorteile tatsächlich bestanden und genutzt wurden, ist grundsätzlich unbeachtlich (vgl. BVerfG-Beschluss in BFH/NV 2009, 2115, unter III.1.a bb (2) (b) und III.1.a cc; BFH-Urteil in BFH/NV 2014, 5, unter II.2.b, m.w.N.).

18

b) Die Karenzzeit des § 233a Abs. 2 AO sollte nach dem ursprünglichen Gesetzentwurf allgemein 15 Monate betragen (BTDrucks 11/2157, S. 195). Tatsächlich hat das StRG 1990 bei Überwiegen der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft eine Karenzzeit von 21 Monaten eingeführt. Das Steuervereinfachungsgesetz 2011 vom 1. November 2011 (BGBl I 2011, 2131) hat diese Frist für Steuern, die nach dem 31. Dezember 2009 entstehen (Art. 97 § 15 Abs. 11 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung), auf 23 Monate verlängert.

19

aa) Die 15-monatige Karenzzeit ist dem Grunde nach an der längstmöglichen allgemeinen Verlängerung der Fristen zur Abgabe von Steuererklärungen ausgerichtet. Sie sollte die Erfüllung der Erklärungspflichten durch die Steuerpflichtigen und ihre Berater sowie die während dieser Zeit bereits durchgeführten Veranlagungen der Finanzämter von der Verzinsung unbelastet lassen und außerdem die Zahl der zu bearbeitenden Zinsfälle im Interesse der Verringerung der Arbeitsbelastung der Finanzämter in Grenzen halten (BTDrucks 11/2157, S. 195). Dies setzt die Vorstellung voraus, dass das Veranlagungsverfahren innerhalb der Karenzzeit regelmäßig abgeschlossen sein dürfte. Unerheblich ist, ob die Einkünfte, die der Ermittlung der Karenzzeit zugrunde liegen, Gegenstand einer gesonderten Feststellung gemäß § 182 AO sind.

20

bb) Hintergrund der besonderen Regelungen für Land- und Forstwirte sind die Besonderheiten der Gewinnermittlung bei Land- und Forstwirten mit abweichendem Wirtschaftsjahr (Erster Bericht des Finanzausschusses zu dem Gesetzentwurf der BTDrucks 11/2157, BTDrucks 11/2536, S. 96). Das Ziel, eine Anlaufphase für den Beginn und in vielen Fällen den Abschluss des Veranlagungsverfahrens zinsfrei zu halten, kann bei dieser Gruppe von Steuerpflichtigen in vergleichbarer Weise nur gewahrt werden, wenn die Karenzzeit entsprechend verlängert wird.

21

Nach § 4a Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 EStG ermitteln Land- und Forstwirte den Gewinn nach einem Wirtschaftsjahr, das regelmäßig den Zeitraum vom 1. Juli bis zum 30. Juni umfasst.

22

Die Zuordnung des für das jeweilige Wirtschaftsjahr ermittelten Gewinns auf das nach § 2 Abs. 7 Satz 2 EStG der Einkommensbesteuerung zugrunde zu legende Kalenderjahr wird nach § 4a Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 EStG zeitanteilig vorgenommen, und zwar unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt innerhalb des betreffenden Wirtschaftsjahrs welcher Gewinn(anteil) realisiert wurde. Demgegenüber gehören Veräußerungsgewinne nach § 4a Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 EStG in das Kalenderjahr ihrer Entstehung. Die zeitanteilige Zuordnung des laufenden Gewinns führt dazu, dass die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen und das Veranlagungsverfahren für ein bestimmtes Kalenderjahr erst beginnen können, wenn das in diesem Kalenderjahr beginnende Wirtschaftsjahr geendet hat. Das ist erst im Laufe des folgenden Kalenderjahrs der Fall.

23

Wegen der durch § 8c Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) eröffneten Möglichkeiten anderer abweichender Wirtschaftsjahre ist allerdings auch mit der pauschalen Verlängerung der Karenzzeit in § 233a Abs. 2 Satz 2 AO der Zeitraum zwischen demjenigen Zeitpunkt, zu dem die Veranlagung frühestmöglich beginnen kann (nämlich dem Ende des letzten für die Veranlagung maßgebenden Wirtschaftsjahrs), und demjenigen Zeitpunkt, zu dem die zinsfreie Zeit endet, nicht für alle Steuerpflichtigen gleich.

24

cc) Eine entsprechende Verlängerung der Erklärungsfrist des § 149 Abs. 2 Satz 1 AO sowie der Karenzzeit des § 233a Abs. 2 Satz 1 EStG für Gewerbetreibende, die nach § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG ihren Gewinn nach einem nicht kalenderjahrgleichen Wirtschaftsjahr ermitteln, sieht das Gesetz nicht vor. Sie wäre grundsätzlich auch nicht folgerichtig. Anders als bei Land- und Forstwirten erfolgt die Zuordnung des für das jeweilige Wirtschaftsjahr ermittelten Gewinns nicht zeitanteilig. Nach § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG gilt vielmehr der Gewinn des Wirtschaftsjahrs als in dem Kalenderjahr bezogen, in dem das Wirtschaftsjahr endet. Die Veranlagung kann daher ebenso wie bei Gewerbetreibenden mit kalendergleichem Wirtschaftsjahr unmittelbar nach Ende des Veranlagungszeitraums beginnen, ohne dass auf das Ende des in diesem Zeitraum begonnenen Wirtschaftsjahrs und dessen Ergebnisse zu warten wäre. Zu einem Rückbezug der Ergebnisse eines abweichenden Wirtschaftsjahrs auf das Kalenderjahr, in dem dieses Wirtschaftsjahr begonnen hat, kann es bei einem Gewerbetreibenden nur kommen, wenn, wie im Streitfall, die Ergebnisse der gewerblichen Betätigung des Steuerpflichtigen Gegenstand einer gesonderten Feststellung sind und dessen Gewinnanteil nicht nach § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG, sondern nach den Grundsätzen des Senatsurteils vom 18. August 2010 X R 8/07 (BFHE 230, 429, BStBl II 2010, 1043) im Kalenderjahr des Ausscheidens aus der Mitunternehmerschaft erfasst wird.

25

3. Die Verzinsung entspricht gleichwohl auch bei einem solchen Rückbezug den Wertungen des Gesetzgebers, wie sie in den Zinsvorschriften in Verbindung mit den Regeln über die gesonderte Feststellung zum Ausdruck kommen.

26

a) Das FA hat zu Recht ausgeführt, dass der Kläger im Streitfall tatsächlich einen Liquiditätsvorteil erlangt hatte. Dieser ist zentrales Element des Zinsanspruchs. Da die Einkommensteuer für das Streitjahr erst nach Erlass des Feststellungsbescheids im September 2012 in zutreffender Höhe festgesetzt wurde, war der Kläger bis zu diesem Zeitpunkt von der Zahlung der materiell-rechtlich zutreffenden Steuer "freigestellt". Dies rechtfertigt grundsätzlich die Festsetzung von Nachzahlungszinsen gemäß § 233a AO (vgl. BFH-Urteil vom 19. März 2009 V R 48/07, BFHE 225, 215, BStBl II 2010, 92, unter II.3.b bb; in BFH/NV 2014, 5, unter II.2.c), ohne dass es auf den Grund dieser Freistellung ankäme (s.o. III.2.a).

27

b) Es entspricht auch dem gesetzgeberischen Konzept, dass die Karenzzeiten bis zum Beginn des Zinslaufs erheblich pauschalisiert und typisiert sind. Nicht maßgebend ist, ob es im Einzelfall tatsächlich möglich gewesen wäre, das Veranlagungsverfahren innerhalb der Karenzzeit abzuschließen. Die verhältnismäßig starke Generalisierung zeigt sich zum einen an der einheitlichen Verlängerung der Karenzzeit auf früher 21 bzw. heute 23 Monate bei überwiegenden land- und forstwirtschaftlichen Einkünften unabhängig von dem tatsächlichen Ende des letzten für den Veranlagungszeitraum maßgebenden Wirtschaftsjahrs (s. dazu oben III.2.b bb). Sie zeigt sich zum anderen daran, dass die Karenzzeit pauschal daran anknüpft, ob die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft überwiegen. Dafür sind diese Einkünfte mit allen anderen zusammengefassten Einkünften zu vergleichen (vgl. im Einzelnen BFH-Urteil vom 13. Juli 2006 IV R 5/05, BFHE 214, 26, BStBl II 2006, 881, unter II.1.c). Es kommt hingegen nicht darauf an, auf welchen Einkünften ggf. in welcher Höhe der den Zinsanspruch auslösende Unterschiedsbetrag beruht. Für die Berücksichtigung von Besonderheiten des Einzelfalls lässt gerade eine hochgradig typisierende Regelung keinen Raum (ähnlich BFH-Urteil in BFHE 214, 26, BStBl II 2006, 881, unter II.1.c cc (4)).

28

Abgesehen davon, dass die Verfassungsmäßigkeit einer gesetzlichen Regelung grundsätzlich nicht Gegenstand des Billigkeitsverfahrens ist, hat der Senat auch keinen Zweifel, dass diese Generalisierungen verfassungsgemäß sind. Innere Rechtfertigung des Zinsanspruchs bleibt der Liquiditätsvorteil. Die Karenzzeit entscheidet lediglich darüber, in welchem Umfang er abzuschöpfen ist.

29

c) Sind Einkünfte Gegenstand einer gesonderten Feststellung, gilt nichts anderes. Ergeht ein Feststellungsbescheid, ist der Einkommensteuerbescheid nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO anzupassen. Die Folgeänderung des Einkommensteuerbescheids löst die Zinspflicht nach § 233a AO aus, selbst wenn der Feststellungsbescheid nicht früher hätte ergehen können. Dies begründet ebenfalls keine sachliche Unbilligkeit i.S. des § 227 AO, sondern entspricht den Wertungen des Gesetzes.

30

aa) Der Zinslauf ist auch dann nach Maßgabe von § 233a Abs. 2 AO einschließlich der Karenzzeit zu berechnen, wenn der Unterschiedsbetrag auf der Anpassung eines Einkommensteuerbescheids an einen Grundlagenbescheid beruht. Nicht maßgebend ist, wann der Grundlagenbescheid ergeht. Der Beginn des Zinslaufs ist nach § 233a Abs. 2a AO nur hinausgeschoben, wenn die Änderung einer Steuerfestsetzung auf einem rückwirkenden Ereignis oder einem Verlustabzug beruht. Der Erlass eines Grundlagenbescheids ist aber kein rückwirkendes Ereignis, was etwa aus der ausdrücklichen Nichtnennung des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO in § 233a Abs. 2a AO deutlich wird. Auch ein Grundlagenbescheid, der viele Jahre nach Ende des Veranlagungszeitraums erlassen oder geändert wird, kann daher zu einer Zinspflicht unter Anwendung der Karenzzeit des § 233a Abs. 2 AO führen.

31

bb) Eine Billigkeitskorrektur dieses Ergebnisses ist nicht geboten, sondern widerspräche dem gesetzgeberischen Konzept. Der Feststellungsbeteiligte ist gegenüber dem Personenkreis des § 233a Abs. 2a AO nicht unangemessen benachteiligt. Anders als in jenen Fällen besteht die Möglichkeit, die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen bereits im Rahmen der Einkommensteuererklärung im Schätzungswege nach § 162 Abs. 5 AO anzugeben und nach § 155 Abs. 2 AO auch vor Erlass des Grundlagenbescheids der Besteuerung zugrunde zu legen. So sind der Kläger und das FA auch im Streitfall verfahren. Gerade in der gesellschaftsrechtlichen Konstellation des Streitfalls war der Kläger für seine Erklärung auch nicht auf eine grobe Schätzung beschränkt, sondern konnte den Veräußerungsgewinn ebenso berechnen, als wenn dieser nicht Gegenstand der gesonderten Feststellung gewesen wäre.

32

Die Folgeanpassung des Einkommensteuerbescheids aufgrund des Erlasses oder der Änderung des Grundlagenbescheids ist vor diesem Hintergrund in Ansehung der Zinsen ähnlich zu bewerten wie die Änderung des Einkommensteuerbescheids innerhalb eines noch offenen Festsetzungsverfahrens oder aufgrund einer selbständigen Änderungsvorschrift. In einem solchen Falle besteht außerhalb des Anwendungsbereichs des § 233a Abs. 2a AO kein Zweifel an der Zinspflicht. Das Risiko, dass die ursprüngliche Erklärung sich im Ergebnis aus welchen Gründen auch immer als nicht zutreffend erweist und der Bescheid aufgrund neuer Erkenntnisse etwa aus einer Außenprüfung geändert wird, ist identisch. Die Zinspflicht des Klägers hat demnach ihren Grund nicht in erster Linie in dem abweichenden Wirtschaftsjahr der KG und dem entsprechend späteren gesonderten Feststellungsverfahren, sondern in der Anpassung der Höhe des Veräußerungsgewinns. Dieses rechtfertigt keinen Billigkeitserlass.

33

cc) Der Senat verkennt nicht, dass dieses Ergebnis nicht eingetreten wäre, hätte es sich bei dem Veräußerungsgewinn des Klägers um Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft nach § 14 EStG gehandelt, sofern sie die anderen Einkünfte überwiegen. Es widerspräche aber der mit § 233a Abs. 2 AO ersichtlich bezweckten groben Typisierung, für die Entscheidung über die Länge der Karenzzeit, sei es auch im Billigkeitswege, nicht abstrakt allein an die Einkunftsart, sondern konkret an die Frage anzuknüpfen, ob die Modalitäten der Einkünfteerzielung und der verfahrensmäßigen Behandlung im Einzelfall ihrerseits die kürzere oder längere Karenzzeit rechtfertigen könnten.

34

Zudem entspricht die Ausgangslage des Streitfalls nicht derjenigen Problematik, die der eigentliche Grund für die verlängerte Karenzzeit der Land- und Forstwirte ist. Soweit diese nicht bereits mit Ende des Veranlagungszeitraums dessen Besteuerungsgrundlagen ermitteln können, beruht das gerade nicht allein auf ihrem abweichenden Wirtschaftsjahr, sondern vor allem auf der zeitanteiligen Zurechnung dessen Ergebnisses. Damit haben gewinnwirksame Faktoren des Folgejahres Einfluss auf den dem Vorjahr zuzuordnenden Gewinn. Die Ermittlung oder Berechnung der Besteuerungsgrundlagen des Vorjahres ist vor Abschluss des Wirtschaftsjahrs objektiv unmöglich. Bei Veräußerungsgewinnen i.S. des § 14 EStG, die nach § 4a Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 EStG in das Kalenderjahr ihrer Entstehung gehören, stellt sich dieses Problem nicht. Deren Ermittlung wäre nach dem Ende des Veranlagungszeitraums ebenso möglich, als wenn es sich um Veräußerungsgewinne im Rahmen gewerblicher Einkünfte handelte. Soweit die Veräußerungsgewinne nach § 14 EStG gleichwohl aufgrund der groben Typisierung des § 233a Abs. 2 AO in den Genuss der verlängerten Karenzzeit kommen, handelt es sich bei der hieraus folgenden Ungleichbehandlung allenfalls um eine überschießende Begünstigung der Land- und Forstwirte. Daraus folgt für den Kläger keine Unbilligkeit.

35

dd) Der Streitfall bietet keinen Anlass zu entscheiden, ob unter besonderen Umständen Billigkeitsmaßnahmen zu Gunsten eines Feststellungsbeteiligten angezeigt sein können, wenn eine sachgerechte Schätzung nach § 162 Abs. 5 AO Schwierigkeiten bereitet, die der Steuerpflichtige nicht zu vertreten hat. Ebenso wenig ist zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen eine ungebührliche Verzögerung des Veranlagungsverfahrens einen Erlass rechtfertigen könnte. Das FA hätte das Feststellungs- und Veranlagungsverfahren kaum schneller betreiben können als es geschehen ist. Der Kläger hat insoweit auch nichts beanstandet.

36

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

37

5. Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 121 Satz 1 i.V.m. § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung.

(1) Führt die Festsetzung der Einkommen-, Körperschaft-, Vermögen-, Umsatz- oder Gewerbesteuer zu einem Unterschiedsbetrag im Sinne des Absatzes 3, ist dieser zu verzinsen. Dies gilt nicht für die Festsetzung von Vorauszahlungen und Steuerabzugsbeträgen.

(2) Der Zinslauf beginnt 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist. Er beginnt für die Einkommen- und Körperschaftsteuer 23 Monate nach diesem Zeitpunkt, wenn die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft bei der erstmaligen Steuerfestsetzung die anderen Einkünfte überwiegen; hierbei sind Kapitalerträge nach § 32d Absatz 1 und § 43 Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes nicht zu berücksichtigen. Er endet mit Ablauf des Tages, an dem die Steuerfestsetzung wirksam wird.

(2a) Soweit die Steuerfestsetzung auf der Berücksichtigung eines rückwirkenden Ereignisses (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2) oder auf einem Verlustabzug nach § 10d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes beruht, beginnt der Zinslauf abweichend von Absatz 2 Satz 1 und 2 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten oder der Verlust entstanden ist.

(3) Maßgebend für die Zinsberechnung ist die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die bis zum Beginn des Zinslaufs festgesetzten Vorauszahlungen (Unterschiedsbetrag). Bei der Vermögensteuer ist als Unterschiedsbetrag für die Zinsberechnung die festgesetzte Steuer, vermindert um die festgesetzten Vorauszahlungen oder die bisher festgesetzte Jahressteuer, maßgebend. Ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen ist nur bis zur Höhe des zu erstattenden Betrags zu verzinsen; die Verzinsung beginnt frühestens mit dem Tag der Zahlung. Besteht der Erstattungsbetrag aus mehreren Teil-Leistungen, richtet sich der Zinsberechnungszeitraum jeweils nach dem Zeitpunkt der einzelnen Leistung; die Leistungen sind in chronologischer Reihenfolge zu berücksichtigen, beginnend mit der jüngsten Leistung.

(4) Die Festsetzung der Zinsen soll mit der Steuerfestsetzung verbunden werden.

(5) Wird die Steuerfestsetzung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, ist eine bisherige Zinsfestsetzung zu ändern; Gleiches gilt, wenn die Anrechnung von Steuerbeträgen zurückgenommen, widerrufen oder nach § 129 berichtigt wird. Maßgebend für die Zinsberechnung ist der Unterschiedsbetrag zwischen der festgesetzten Steuer und der vorher festgesetzten Steuer, jeweils vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge und um die anzurechnende Körperschaftsteuer. Dem sich hiernach ergebenden Zinsbetrag sind bisher festzusetzende Zinsen hinzuzurechnen; bei einem Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen entfallen darauf festgesetzte Zinsen. Im Übrigen gilt Absatz 3 Satz 3 und 4 entsprechend.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten bei der Durchführung des Lohnsteuer-Jahresausgleichs entsprechend.

(7) Bei Anwendung des Absatzes 2a gelten die Absätze 3 und 5 mit der Maßgabe, dass der Unterschiedsbetrag in Teil-Unterschiedsbeträge mit jeweils gleichem Zinslaufbeginn aufzuteilen ist; für jeden Teil-Unterschiedsbetrag sind Zinsen gesondert und in der zeitlichen Reihenfolge der Teil-Unterschiedsbeträge zu berechnen, beginnend mit den Zinsen auf den Teil-Unterschiedsbetrag mit dem ältesten Zinslaufbeginn. Ergibt sich ein Teil-Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen, entfallen auf diesen Betrag festgesetzte Zinsen frühestens ab Beginn des für diesen Teil-Unterschiedsbetrag maßgebenden Zinslaufs; Zinsen für den Zeitraum bis zum Beginn des Zinslaufs dieses Teil-Unterschiedsbetrags bleiben endgültig bestehen. Dies gilt auch, wenn zuvor innerhalb derselben Zinsberechnung Zinsen auf einen Teil-Unterschiedsbetrag zuungunsten des Steuerpflichtigen berechnet worden sind.

(8) Zinsen auf einen Unterschiedsbetrag zuungunsten des Steuerpflichtigen (Nachzahlungszinsen) sind entweder nicht festzusetzen oder zu erlassen, soweit Zahlungen oder andere Leistungen auf eine später wirksam gewordene Steuerfestsetzung erbracht wurden, die Finanzbehörde diese Leistungen angenommen und auf die festgesetzte und zu entrichtende Steuer angerechnet hat. Absatz 3 Satz 4 ist hierbei entsprechend anzuwenden. Soweit Nachzahlungszinsen aufgrund einer Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Steuerfestsetzung nach Absatz 5 Satz 3 zweiter Halbsatz entfallen, mindert sich der Zinsverzicht nach Satz 1 entsprechend. Die §§ 163 und 227 bleiben unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.