Finanzgericht München Urteil, 27. Feb. 2018 - 2 K 33/16

bei uns veröffentlicht am27.02.2018

Gericht

Finanzgericht München

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Streitig ist, ob bei Erlass der angefochtenen Umsatzsteuerbescheide Festsetzungsverjährung eingetreten war.

Die Klägerin (G GmbH) betrieb in den Streitjahren eine Klinik und führte im Rahmen dessen umsatzsteuerfreie und umsatzsteuerpflichtige Umsätze zum Regelbzw. ermäßigten Steuersatz aus.

Mit Wirkung zum 1. Januar 2007 wurde durch Vertrag vom 22. August 2007 das gesamte Vermögen der Klägerin auf die M GmbH & Co. KG ausgegliedert. Der fortbestehenden Klägerin wurde dafür eine Kommanditbeteiligung an der M GmbH & Co. KG gewährt.

Während der steuerliche Vertreter der Klägerin mit Schreiben vom 18. Dezember 2008 noch mitteilte, dass in 2007 von der Klägerin keine Umsätze mehr getätigt worden seien, reichte er nach Telefonat mit dem Beklagten (Finanzamt -FA-) am 13. Februar 2009 eine geänderte Umsatzsteuererklärung für 2007 ein, da beide übereinstimmend davon ausgingen, dass die Ausgliederung für die Umsatzsteuer nicht rückwirkend wirke.

In ihren Umsatzsteuererklärungen (für 2004 eingereicht am 14. Februar 2006; für 2005 eingereicht am 30. April 2007; für 2006 eingereicht am 31. Oktober 2008; für 2007 eingereicht am 13. Februar 2009 - jeweils nach vorangegangener Schätzung) berechnete die Klägerin ihre Umsatzsteuern für 2004 i.H.v. 153.834,13 €, für 2005 i.H.v. 228.506,63 €, für 2006 i.H.v. 185.328,87 € und für 2007 i.H.v. 109.033,74 €, die erklärungsgemäß festgesetzt wurden.

Mit Schreiben vom 24. Juni 2009 informierte das FA im Vorfeld einer geplanten Umsatz-steuerprüfung bei der M GmbH & Co. KG darüber, dass es davon ausgehe, dass diese als Rechtsnachfolger bzw. Organträger der Klägerin anzusehen sei.

Am 4. Dezember 2009 erließ das FA dann eine Prüfungsanordnung für die Jahre 2003 bis 2006 gegenüber der Firma M GmbH & Co. KG als „Rechtsnachfolgerin“ der Klägerin.

Im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens hiergegen (wegen zu kurzer Frist vor Prüfungsbeginn) erklärte der damalige steuerliche Vertreter, dass seine Mandantin eine Gesellschaft im Verbund der „D-Gruppe“ sei und er davon ausgehe, dass es sich um eine einheitliche Prüfung bei allen Gesellschaften und Einzelpersonen der „D-Gruppe“ handele. Dabei nahm er zur Bezeichnung seiner Mandantin ausdrücklich Bezug auf die vom FA verwendete Adressatenbezeichnung.

Zur Erledigung dieses Rechtsbehelfsverfahrens erließ das FA am 16. August 2010 eine geänderte Prüfungsanordnung für die Streitjahre 2004 bis 2007 u.a. bezüglich Umsatzsteuer. Inhaltsadressat dieser Prüfungsanordnung war wiederum die „Firma M GmbH & Co. KG als Rechtsnachfolgerin der G GmbH“. Empfangsbevollmächtigter war die damalige steuerliche Vertretung der Klägerin. Nach Durchführung der Außenprüfung (mit Unterbrechungen) vom 17. Dezember 2009 bis 2. Juli 2013 fand am 2. Juli 2013 die Schlussbesprechung unter Teilnahme der damaligen steuerlichen Vertretung sowie der Geschäftsführer der Klägerin statt. Hinsichtlich aller Prüfungsfeststellungen wurde Einvernehmen erreicht.

Im Rahmen der Prüfung wurden vom Prüfer u.a. Fragen/vorläufige Feststellungen übermittelt, die als zur „Betriebsprüfung bei G GmbH“ gehörend gekennzeichnet waren bzw. ausdrücklich Bezug auf eine Prüfung bei der Klägerin nahmen. Auch Antworten der Mitarbeiter des steuerlichen Beraters mit Bezug zur Steuernummer der Klägerin und ABNr. der streitgegenständlichen Prüfung wurden mit Bezug auf die Klägerin gegeben. Die vorläufigen Prüfungsfeststellungen wurden vom Prüfer gekennzeichnet mit „Betriebsprüfung bei M GmbH & Co. KG als Rechtsnachfolgerin der G GmbH“.

Aufgrund der Feststellungen der Außenprüfung, wonach in den Streitjahren fälschlicherweise keine bzw. keine ausreichenden Vorsteuerkürzungen vorgenommen worden seien, setzte das FA mit nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geänderten Bescheiden vom 18. März 2014 die Umsatzsteuer für 2004 i.H.v. 267.332,73 €, für 2005 i.H.v. 306.118,52 €, für 2006 i.H.v. 247.487,93 € und für 2007 i.H.v. 169.758,97 € fest. Dabei ging es annähernd von den erklärten steuerpflichtigen Umsätzen aus. Im jeweiligen Verhältnis dieser zu den ermittelten steuerfreien Umsätzen wurden die nicht direkt zuzuordnenden Vorsteuerbeträge in jedem Streitjahr gekürzt.

Die dagegen eingelegten Einsprüche, in denen erstmals die Adressierung der Prüfungsanordnung bemängelt wurde, wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 7. Dezember 2015 als unbegründet zurück.

Die Buß- und Strafsachenstelle des FA teilte den Geschäftsführern der Klägerin durch Schreiben vom 1. April 2014 mit, dass ein Straf- oder Bußgeldverfahren mangels hinreichenden Tatverdachts nicht einzuleiten sei.

Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, dass dem Erlass der geänderten Umsatzsteuerbescheide die mittlerweile eingetretene Festsetzungsverjährung entgegengestanden habe.

Der Ablauf der Festsetzungsfrist sei nicht aufgrund einer Außenprüfung nach § 171 Abs. 4 AO gehemmt gewesen, da die Prüfungsanordnung nicht gegenüber der Klägerin ergangen sei. Aufgrund der klaren und eindeutigen inhaltlichen Adressierung sei diese keiner Auslegung zugänglich. Eine nichtige bzw. hier fehlende Prüfungsanordnung könne den Ablauf der Festsetzungsfrist nicht hemmen.

Die Festsetzungsfrist sei auch nicht nach § 169 Abs. 2 S. 2 AO verlängert. Zum einen liege keine Steuerhinterziehung vor, da die Umsatzsteuererklärungen auf Grundlage der vom damaligen Steuerberater geführten Buchhaltung erstellt worden seien und sich die Geschäftsführer der Klägerin hierauf hätten verlassen dürfen. Eine Steuerhinterziehung durch den damaligen Steuerberater in mittelbarer Täterschaft sei nicht nachgewiesen.

Zum anderen sei das FA bei gleicher Sach- und Beweislage an die bisherige strafrechtliche Einschätzung der Buß- und Strafsachenstelle gebunden.

Die Klägerin beantragt,

die Umsatzsteuerbescheide für 2004 bis 2007 vom 18. März 2014 und die Einspruchsentscheidung vom 7. Dezember 2015 aufzuheben.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das FA trägt vor, die Angabe des Inhaltsadressaten in der Prüfungsanordnung sei der Auslegung zugänglich. Entscheidend sei, dass während der Prüfung Einvernehmen darüber bestanden habe, dass die Betriebsprüfung bei der Klägerin durchgeführt werde und dort die steuerlichen Folgerungen gezogen werden würden. Läge eine unwirksame oder auch nichtige Prüfungsanordnung vor und beanstande der Steuerpflichtige - wie hier - die Außenprüfung bis zum Ende der Außenprüfung nicht, würde es Sinn und Zweck des § 171 Abs. 4 AO entsprechen, den Erlass von Änderungsbescheiden ungehindert von einer Festsetzungs-verjährung durchführen zu können.

Im Übrigen habe die Klägerin die Möglichkeit verwirkt, sich auf die Nichtigkeit der Prüfungsanordnung zu berufen, nachdem die Außenprüfung ohne Beanstandungen abgeschlossen und erst nach mehr als vier Jahren und nach Ablauf der regulären Verjährungsfrist die Unwirksamkeit der Prüfungsanordnung gerügt worden sei.

Außerdem gelte im Streitfall die verlängerte Festsetzungsfrist von zehn Jahren, da objektiv Umsatzsteuer in den Streitjahren verkürzt worden sei und die Klägerin zumindest bedingt vorsätzlich gehandelt habe. Der Klägerin sei bekannt gewesen, dass steuerfreie und steuerpflichtige Umsätze getätigt worden seien. Daher hätte sich ihr aufdrängen müssen, dass hier eine Vorsteueraufteilung vorzunehmen sei.

Durch die Erstellung von unrichtigen Buchungsanweisungen habe der damalige steuerliche Berater die Umsatzsteuer in mittelbarer Täterschaft zu Gunsten der Klägerin hinterzogen.

Die Einschätzung der Buß- und Strafsachenstelle sei im Hinblick auf eine strafrechtliche Verfolgung erfolgt. Aufgrund Eintritts der Strafverfolgungsverjährung sei in diesem Zusammenhang ein Fehlverhalten der Geschäftsführer der Klägerin unerheblich gewesen. Auch insofern sei es dem FA möglich gewesen, von einer Hinterziehung auszugehen.

Auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 27. Februar 2018 wird Bezug genommen.

II.

Die Klage ist unbegründet, da bei Erlass der streitgegenständlichen Umsatzsteuerbescheide keine Festsetzungsverjährung eingetreten war.

Die Umsatzsteuererklärung für 2004 wurde am 14. Februar 2006 abgegeben, so dass die reguläre vierjährige Feststellungsfrist nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO mit Ablauf des 31. Dezember 2006 begonnen und gemäß § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO mit Ablauf des 31. Dezember 2010 geendet hat. Entsprechend hat aufgrund der in den Folgejahren jeweils abgegebenen Umsatzsteuererklärungen die reguläre Feststellungsfrist für 2005 mit Ablauf des 31. Dezember 2011, für 2006 mit Ablauf des 31. Dezember 2012 und für 2007 mit Ablauf des 31. Dezember 2013 geendet.

1. Allerdings ist gemäß § 171 Abs. 4 AO der Ablauf der Festsetzungsfrist gehemmt worden, da im Dezember 2009 und damit vor Ablauf der regulären Feststellungsfrist des jeweiligen Streitjahrs mit einer Außenprüfung begonnen wurde.

Die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO setzt voraus, dass im Hinblick auf die begonnene Außenprüfung eine Prüfungsanordnung im Sinne des § 196 AO ergangen ist. Die Bekanntgabe an den Steuerpflichtigen oder an einen Bevollmächtigten ist gemäß §§ 122, 197 AO Voraussetzung für die Wirksamkeit der Prüfungsanordnung (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs – BFH - vom 3. März 2003 IX B 206/02, BFH/NV 2003, 884).

Die Prüfungsanordnung vom 16. August 2010 ist der Klägerin wirksam bekannt gegeben worden; sie ist insbesondere nicht nichtig.

a) Ein Verwaltungsakt ist gem. § 125 Abs. 1 AO nichtig, wenn er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommender Umstände offenkundig ist. Ein Verwaltungsakt leidet an einem schweren und offenkundigen Fehler, wenn er inhaltlich nicht so bestimmt ist, dass ihm hinreichend sicher entnommen werden kann, was von wem verlangt wird.

Die Angabe des Inhaltsadressaten ist konstituierender Bestandteil jedes Verwaltungsakts; dieser muss gemäß § 119 Abs. 1 AO hinreichend bestimmt angeben, wem gegenüber der Einzelfall geregelt werden soll. Der Regelungsinhalt einer Prüfungsanordnung (§ 196 AO) besteht darin, dass dem Steuerpflichtigen aufgegeben wird, die Prüfung in dem in der Anordnung näher umschriebenen Umfang zu dulden. Die Prüfungsanordnung ist daher an denjenigen als Inhaltsadressaten zu richten, der die Prüfung zu dulden verpflichtet ist. Das ist der Steuerschuldner (BFH-Urteil vom 13. Oktober 2005 IV R 55/04, BStBl II 2006, 404).

Im vorliegenden Fall war die Prüfungsanordnung unstreitig an die weiterhin existente Klägerin zu richten, da diese Steuerschuldnerin für die streitgegenständliche Umsatzsteuer und eine Gesamtrechtsnachfolge aufgrund der Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 UmwG nicht eingetreten war. Rechtsnachfolger war die M GmbH & Co KG lediglich zivilrechtlich bezüglich der - in einem Akt - übertragenen Summe an Vermögensgegenständen.

Die an den damaligen steuerlichen Vertreter der Klägerin adressierten Prüfungsanordnung erging jedoch „für die M GmbH & Co KG als Rechtnachfolger der G GmbH“.

b) Diese insofern fehlerhafte Bezeichnung des Inhaltsadressaten, als die M GmbH & Co KG steuerrechtlich nicht Rechtsnachfolger der Klägerin war, ist im vorliegenden Fall – entgegen der Auffassung der Klägerin - jedoch auslegungsfähig.

Zwar ist eine Prüfungsanordnung unwirksam, die an einen erloschenen und damit nicht mehr existenten Rechtsvorgänger gerichtet ist. Eine Umdeutung in einen Bescheid gegenüber dem Gesamtrechtsnachfolger kommt in diesem Fall auch dann nicht in Betracht, wenn sie diesem zugegangen ist und der Gesamtrechtsnachfolger den Inhalt als für sich bestimmt zur Kenntnis genommen hat (BFH-Urteil vom 13. Oktober 2016 IV R 20/14, BFH/NV 2017, 475, m.w.N.).

Die Bezeichnung des Inhaltsadressaten ist jedoch nicht eindeutig falsch, sondern mehrdeutig und damit auslegungsfähig, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, wer tatsächlich gemeint sein könnte. Solche Anhaltspunkte können sein: ein Hinweis auf die eingetretene Vollbeendigung (BFH-Urteil vom 15. April 2010 IV R 67/07, BFH/NV 2010, 1606), das Auftreten nach Außen unter einer bisherigen Firma (BFH-Urteil vom 13. Oktober 2005 IV R 55/04, BStBl II 2006, 404, Rn. 18), die Begleitumstände sowie der übrige Inhalt des Verwaltungsakts (BFH-Urteil vom 14. März 1990 X R 104/88, BStBl II 1990, 612, Rn. 25). Formalismus und Wortklauberei sind insofern bei der Adressierung unangebracht; entscheidend ist vielmehr, ob sich der Inhaltsadressat sicher identifizieren lässt (BFH-Urteil vom 30. September 2015 II R 31/13, BStBl II 2016, 637, m.w.N.).

Anders als in den Fällen, in denen die Rechtsprechung von einer eindeutig falschen Adressierung ausgegangen ist, sind im vorliegenden Fall beide angesprochenen Gesellschaften existent: die M GmbH & Co KG ebenso wie die G GmbH. Mangelhaft ist lediglich die Bezeichnung der Klägerin. Damit war aber bereits in der Bezeichnung des Adressaten unter Nennung der Klägerin ersichtlich, dass es in der Prüfung um Belange der Klägerin gehen sollte. Ebensolches ergab sich aus dem bezeichneten Prüfungszeitraum, der die Zeit umfasste, in der die Klägerin aktiv tätig war. Somit sowie aufgrund der die Prüfung begleitenden Umstände und der Unterschiedlichkeit der Bezeichnungen (Bezeichnung als Außenprüfung, z.T. bei der Klägerin, z.T. bei der M GmbH & Co KG als Rechtsnachfolgerin der Klägerin; Einigkeit der Beteiligten hinsichtlich der Zurechnung der Umsätze bis Mitte 2007 zur Klägerin; Vorlage von Unterlagen der Klägerin; im Vorfeld geäußerte Rechtsansicht des FA, dass die M GmbH & Co KG Rechtsnachfolgerin bzw. Organträgerin der Klägerin sei) lagen auch für Dritte – denen der Ausgliederungsvorgang bekannt war – ersichtlich (vgl. BFH-Urteil vom 13. Oktober 2005 IV R 55/04, BStBl II 2006, 404) Anhaltspunkte vor, dass es sich um eine mehrdeutige Adressierung handelte.

c) Aufgrund des bestehenden Auslegungsspielraums war die Adressierung vorliegend dahingehend auszulegen, dass der Regelungsinhalt der Prüfungsanordnung sich an die Klägerin richtete.

Bei der Bestimmung des Inhaltsadressaten durch Auslegung ist zu beachten, dass der Inhaltsadressat nicht zwingend für einen Dritten aus dem Bescheid selbst oder aus beigefügten Unterlagen erkennbar sein muss; entscheidend ist, wie der Betroffene selbst nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt der Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte (BFH-Urteile vom 15. April 2010 IV R 67/07, BFH/NV 2010, 1606, und vom 13. Oktober 2005 IV R 55/04, BStBl II 2006, 404).

Vorliegend war den Beteiligten offensichtlich klar, dass die Klägerin Adressatin der Prüfungsanordnung sein sollte. Dementsprechend haben der empfangsbevollmächtigte steuerliche Vertreter und die Geschäftsführer der Klägerin auch an der Außenprüfung mitgewirkt, so dass nicht eingewandt werden kann, dass diese von der Außenprüfung keine Kenntnis hatte (vgl. FG Hamburg, Urteil vom 25. Oktober 2011 2 K 13/11, DStRE 2012, 1268). Dies ergab sich auch aus dem in der Prüfungsanordnung bezeichneten Prüfungszeitraum und den die Klägerin betreffenden angeforderten und vorgelegten Unterlagen (vgl. BFH-Urteil vom 14. März 1990 X R 104/88, BStBl II 1990, 612), sowie spätestens aufgrund der im Rahmen der Prüfung angeforderten Aufteilung der Umsätze zwischen der Klägerin und der M GmbH & Co KG, die entsprechend vom damaligen steuerlichen Berater vorgelegt wurde.

Zudem hatte der steuerliche Vertreter in dem vorangegangenen Rechtsbehelfsverfahren über die ursprüngliche, später geänderte Prüfungsanordnung bei der Klägerin (für 2003 – 2006), die ebenfalls an die „M GmbH & Co KG als Rechtnachfolger der G GmbH“ adressiert war, klargestellt, dass er davon ausgehe, dass es sich um eine einheitliche Prüfung bei allen Gesellschaften und Einzelpersonen der „D-Gruppe“ – zu der auch die Klägerin gehört – handele.

Damit führt die nicht eindeutige Adressierung nicht zur Nichtigkeit der Prüfungsanordnung.

2. Außerdem ist die Berufung der Klägerin auf eine Nichtigkeit der Prüfungsanordnung auch nach Treu und Glauben ausgeschlossen.

Der Grundsatz von Treu und Glauben, wonach jeder auf die berechtigten Belange des anderen Teils angemessen Rücksicht zu nehmen hat und sich zu seinem früheren Verhalten nicht in Widerspruch setzen darf, ist auch im Steuerrecht anzuwenden (BFH-Urteil vom 29. März 2017 VI R 82/14, BFH/NV 2017, 1313, m.w.N.).

Der Grundsatz von Treu und Glauben gebietet es, innerhalb eines bestehenden Steuerrechtsverhältnisses für Steuergläubiger wie Steuerpflichtigen gleichermaßen, dass jeder auf die Belange des anderen Teils Rücksicht nimmt und sich mit seinem eigenen früheren Verhalten nicht in Widerspruch setzt. Als Anwendungsfall des Verbots „venire contra factum proprium“ ist von der Verwirkung von Rechtspositionen dann auszugehen, wenn ein Anspruchsberechtigter durch sein Verhalten beim Verpflichteten einen Vertrauenstatbestand dergestalt geschaffen hat, dass nach Ablauf einer gewissen Zeit die Geltendmachung des Anspruchs als illoyale Rechtsausübung empfunden wird (vgl. FG München, Urteil vom 12. Dezember 2012 1 K 3645/08, Rn. 130, juris, m.w.N.). So kann ein Steuerpflichtiger die Befugnis verlieren, aus der Nichtigkeit eines Steuerverwaltungsakts abgeleitete Rechte, geltend zu machen, wenn er sich z.B. nicht nur mit dem Mangel in der Bestimmtheit des Inhaltsadressaten lange Zeit abgefunden, sondern ihn in der Kommunikation mit dem Finanzamt auch aufrechterhalten hat (vgl. BFH-Urteil vom 17. Juni 1992 X R 47/88, BStBl II 1993, 174).

Im vorliegenden Fall hat das Verhalten der Klägerin im Vorfeld und während der gesamten Prüfung und der Schlussbesprechung bis zum Einspruchsverfahren fast vier Jahre nach Ergehen der Prüfungsanordnung deren Adressierung nicht beanstandet. Durch den Klägervertreter wurde dieser Adressierungsmangel auch insofern aufrechterhalten, als bestätigt wurde, dass die Umsatzsteuer der Prüfungszeiträume bei der Klägerin anzusetzen sei und von einer Prüfung bei allen Gesellschaften und Einzelpersonen der „D-Gruppe“ ausgegangen werde.

Zudem ist der Zweck der durch eine Prüfungsanordnung ausgelösten Ablaufhemmung zu berücksichtigen (vgl. FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. Februar 2013 6 K 6228/08; EFG 2013, 1292, Rn. 132f).

3. Da ein Verwertungsverbot für die Prüfungsfeststellungen mangels unwirksamer Prüfungsanordnung (vgl. oben) nicht besteht und die ursprünglichen Bescheide entweder nach § 164 Abs. 2 AO oder zumindest nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO geändert werden konnten, erfolgte die – der Höhe nach zwischen den Beteiligten nicht streitige – Festsetzung der Umsatzsteuer in den angefochtenen Bescheiden zu Recht.

Nicht entscheidungsrelevant ist insofern, ob aufgrund Steuerhinterziehung eine verlängerte Festsetzungsfrist galt.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

5. Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

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Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Abgabenordnung - AO 1977 | § 164 Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung


(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets

Abgabenordnung - AO 1977 | § 169 Festsetzungsfrist


(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf d

Abgabenordnung - AO 1977 | § 173 Aufhebung oder Änderung von Steuerbescheiden wegen neuer Tatsachen oder Beweismittel


(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,1.soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,2.soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer

Abgabenordnung - AO 1977 | § 171 Ablaufhemmung


(1) Die Festsetzungsfrist läuft nicht ab, solange die Steuerfestsetzung wegen höherer Gewalt innerhalb der letzten sechs Monate des Fristlaufs nicht erfolgen kann. (2) Ist beim Erlass eines Steuerbescheids eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen

Abgabenordnung - AO 1977 | § 170 Beginn der Festsetzungsfrist


(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist. (2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn1.eine Steuererklärung od

Abgabenordnung - AO 1977 | § 122 Bekanntgabe des Verwaltungsakts


(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden

Abgabenordnung - AO 1977 | § 125 Nichtigkeit des Verwaltungsakts


(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. (2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des

Abgabenordnung - AO 1977 | § 119 Bestimmtheit und Form des Verwaltungsakts


(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein. (2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich zu bestätigen, wenn hieran ein

Umwandlungsgesetz - UmwG 1995 | § 123 Arten der Spaltung


(1) Ein Rechtsträger (übertragender Rechtsträger) kann unter Auflösung ohne Abwicklung sein Vermögen aufspalten1.zur Aufnahme durch gleichzeitige Übertragung der Vermögensteile jeweils als Gesamtheit auf andere bestehende Rechtsträger (übernehmende R

Abgabenordnung - AO 1977 | § 196 Prüfungsanordnung


Die Finanzbehörde bestimmt den Umfang der Außenprüfung in einer schriftlich oder elektronisch zu erteilenden Prüfungsanordnung mit Rechtsbehelfsbelehrung nach § 356.

Abgabenordnung - AO 1977 | § 197 Bekanntgabe der Prüfungsanordnung


(1) Die Prüfungsanordnung sowie der voraussichtliche Prüfungsbeginn und die Namen der Prüfer sind dem Steuerpflichtigen, bei dem die Außenprüfung durchgeführt werden soll, angemessene Zeit vor Beginn der Prüfung bekannt zu geben, wenn der Prüfungszwe

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(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung.

(2) Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden. Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung jederzeit beantragen. Die Entscheidung hierüber kann jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls, die innerhalb angemessener Frist vorzunehmen ist, hinausgeschoben werden.

(3) Der Vorbehalt der Nachprüfung kann jederzeit aufgehoben werden. Die Aufhebung steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich; § 157 Abs. 1 Satz 1 und 3 gilt sinngemäß. Nach einer Außenprüfung ist der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben.

(4) Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. § 169 Absatz 2 Satz 2, § 170 Absatz 6 und § 171 Absatz 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden.

(1) Die Festsetzungsfrist läuft nicht ab, solange die Steuerfestsetzung wegen höherer Gewalt innerhalb der letzten sechs Monate des Fristlaufs nicht erfolgen kann.

(2) Ist beim Erlass eines Steuerbescheids eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen, so endet die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe dieses Steuerbescheids. Das Gleiche gilt in den Fällen des § 173a.

(3) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens ein Antrag auf Steuerfestsetzung oder auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 gestellt, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor über den Antrag unanfechtbar entschieden worden ist.

(3a) Wird ein Steuerbescheid mit einem Einspruch oder einer Klage angefochten, so läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor über den Rechtsbehelf unanfechtbar entschieden ist; dies gilt auch, wenn der Rechtsbehelf erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist eingelegt wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist hinsichtlich des gesamten Steueranspruchs gehemmt; dies gilt nicht, soweit der Rechtsbehelf unzulässig ist. In den Fällen des § 100 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, § 101 der Finanzgerichtsordnung ist über den Rechtsbehelf erst dann unanfechtbar entschieden, wenn ein auf Grund der genannten Vorschriften erlassener Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist.

(4) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Fall der Hinausschiebung der Außenprüfung erstrecken sollte, nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind oder nach Bekanntgabe der Mitteilung nach § 202 Absatz 1 Satz 3 drei Monate verstrichen sind. Dies gilt nicht, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat. Die Ablaufhemmung nach Satz 1 endet spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde; eine weitergehende Ablaufhemmung nach anderen Vorschriften bleibt unberührt. Wird auf Antrag des Steuerpflichtigen der Beginn der Außenprüfung verschoben oder die Außenprüfung unterbrochen, so verlängert sich die Frist nach Satz 3 erster Halbsatz für die in Satz 1 genannten Steuern um die Dauer des Hinausschiebens oder der Unterbrechung. Nimmt die Finanzbehörde für die in Satz 1 genannten Steuern vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz zwischenstaatliche Amtshilfe in Anspruch, verlängert sich diese Frist um die Dauer der zwischenstaatlichen Amtshilfe, mindestens aber um ein Jahr. Satz 5 gilt nur, sofern der Steuerpflichtige auf die Inanspruchnahme der zwischenstaatlichen Amtshilfe vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz hingewiesen wurde. Wird dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung eines Strafverfahrens für eine der in Satz 1 genannten Steuern bekanntgegeben und wird infolgedessen mit einer Außenprüfung nicht begonnen oder eine bereits begonnene Außenprüfung unterbrochen, ist Satz 3 nicht anzuwenden; die Absätze 5 und 6 bleiben unberührt. § 200a Absatz 4 und 5 bleibt unberührt.

(5) Beginnen die Behörden des Zollfahndungsdienstes oder die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerpflichtigen mit Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor die auf Grund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind; Absatz 4 Satz 2 gilt sinngemäß. Das Gleiche gilt, wenn dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung des Steuerstrafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens wegen einer Steuerordnungswidrigkeit bekannt gegeben worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(6) Ist bei Steuerpflichtigen eine Außenprüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht durchführbar, wird der Ablauf der Festsetzungsfrist auch durch sonstige Ermittlungshandlungen im Sinne des § 92 gehemmt, bis die auf Grund dieser Ermittlungen erlassenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind. Die Ablaufhemmung tritt jedoch nur dann ein, wenn der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist auf den Beginn der Ermittlungen nach Satz 1 hingewiesen worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(7) In den Fällen des § 169 Abs. 2 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat oder der Steuerordnungswidrigkeit verjährt ist.

(8) Ist die Festsetzung einer Steuer nach § 165 ausgesetzt oder die Steuer vorläufig festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf eines Jahres, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erhalten hat. In den Fällen des § 165 Abs. 1 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erlangt hat.

(9) Erstattet der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine Anzeige nach den §§ 153, 371 und 378 Abs. 3, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Eingang der Anzeige.

(10) Soweit für die Festsetzung einer Steuer ein Feststellungsbescheid, ein Steuermessbescheid oder ein anderer Verwaltungsakt bindend ist (Grundlagenbescheid), endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids. Ist für den Erlass des Grundlagenbescheids eine Stelle zuständig, die keine Finanzbehörde im Sinne des § 6 Absatz 2 ist, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Zeitpunkt, in dem die für den Folgebescheid zuständige Finanzbehörde Kenntnis von der Entscheidung über den Erlass des Grundlagenbescheids erlangt hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für einen Grundlagenbescheid, auf den § 181 nicht anzuwenden ist, nur, sofern dieser Grundlagenbescheid vor Ablauf der für den Folgebescheid geltenden Festsetzungsfrist bei der zuständigen Behörde beantragt worden ist. Ist der Ablauf der Festsetzungsfrist hinsichtlich des Teils der Steuer, für den der Grundlagenbescheid nicht bindend ist, nach Absatz 4 gehemmt, endet die Festsetzungsfrist für den Teil der Steuer, für den der Grundlagenbescheid bindend ist, nicht vor Ablauf der nach Absatz 4 gehemmten Frist.

(10a) Soweit Daten eines Steuerpflichtigen im Sinne des § 93c innerhalb von sieben Kalenderjahren nach dem Besteuerungszeitraum oder dem Besteuerungszeitpunkt den Finanzbehörden zugegangen sind, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Zugang dieser Daten.

(11) Ist eine geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person ohne gesetzlichen Vertreter, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Person unbeschränkt geschäftsfähig wird oder der Mangel der Vertretung aufhört. Dies gilt auch, soweit für eine Person ein Betreuer bestellt und ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs angeordnet ist, der Betreuer jedoch verstorben oder auf andere Weise weggefallen oder aus rechtlichen Gründen an der Vertretung des Betreuten verhindert ist.

(12) Richtet sich die Steuer gegen einen Nachlass, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Erbschaft von dem Erben angenommen oder das Insolvenzverfahren über den Nachlass eröffnet wird oder von dem an die Steuer gegen einen Vertreter festgesetzt werden kann.

(13) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine noch nicht festgesetzte Steuer im Insolvenzverfahren angemeldet, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Beendigung des Insolvenzverfahrens ab.

(14) Die Festsetzungsfrist für einen Steueranspruch endet nicht, soweit ein damit zusammenhängender Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 noch nicht verjährt ist (§ 228).

(15) Soweit ein Dritter Steuern für Rechnung des Steuerschuldners einzubehalten und abzuführen oder für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten hat, endet die Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner nicht vor Ablauf der gegenüber dem Steuerentrichtungspflichtigen geltenden Festsetzungsfrist.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Die Festsetzungsfrist läuft nicht ab, solange die Steuerfestsetzung wegen höherer Gewalt innerhalb der letzten sechs Monate des Fristlaufs nicht erfolgen kann.

(2) Ist beim Erlass eines Steuerbescheids eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen, so endet die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe dieses Steuerbescheids. Das Gleiche gilt in den Fällen des § 173a.

(3) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens ein Antrag auf Steuerfestsetzung oder auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 gestellt, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor über den Antrag unanfechtbar entschieden worden ist.

(3a) Wird ein Steuerbescheid mit einem Einspruch oder einer Klage angefochten, so läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor über den Rechtsbehelf unanfechtbar entschieden ist; dies gilt auch, wenn der Rechtsbehelf erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist eingelegt wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist hinsichtlich des gesamten Steueranspruchs gehemmt; dies gilt nicht, soweit der Rechtsbehelf unzulässig ist. In den Fällen des § 100 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, § 101 der Finanzgerichtsordnung ist über den Rechtsbehelf erst dann unanfechtbar entschieden, wenn ein auf Grund der genannten Vorschriften erlassener Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist.

(4) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Fall der Hinausschiebung der Außenprüfung erstrecken sollte, nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind oder nach Bekanntgabe der Mitteilung nach § 202 Absatz 1 Satz 3 drei Monate verstrichen sind. Dies gilt nicht, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat. Die Ablaufhemmung nach Satz 1 endet spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde; eine weitergehende Ablaufhemmung nach anderen Vorschriften bleibt unberührt. Wird auf Antrag des Steuerpflichtigen der Beginn der Außenprüfung verschoben oder die Außenprüfung unterbrochen, so verlängert sich die Frist nach Satz 3 erster Halbsatz für die in Satz 1 genannten Steuern um die Dauer des Hinausschiebens oder der Unterbrechung. Nimmt die Finanzbehörde für die in Satz 1 genannten Steuern vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz zwischenstaatliche Amtshilfe in Anspruch, verlängert sich diese Frist um die Dauer der zwischenstaatlichen Amtshilfe, mindestens aber um ein Jahr. Satz 5 gilt nur, sofern der Steuerpflichtige auf die Inanspruchnahme der zwischenstaatlichen Amtshilfe vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz hingewiesen wurde. Wird dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung eines Strafverfahrens für eine der in Satz 1 genannten Steuern bekanntgegeben und wird infolgedessen mit einer Außenprüfung nicht begonnen oder eine bereits begonnene Außenprüfung unterbrochen, ist Satz 3 nicht anzuwenden; die Absätze 5 und 6 bleiben unberührt. § 200a Absatz 4 und 5 bleibt unberührt.

(5) Beginnen die Behörden des Zollfahndungsdienstes oder die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerpflichtigen mit Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor die auf Grund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind; Absatz 4 Satz 2 gilt sinngemäß. Das Gleiche gilt, wenn dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung des Steuerstrafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens wegen einer Steuerordnungswidrigkeit bekannt gegeben worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(6) Ist bei Steuerpflichtigen eine Außenprüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht durchführbar, wird der Ablauf der Festsetzungsfrist auch durch sonstige Ermittlungshandlungen im Sinne des § 92 gehemmt, bis die auf Grund dieser Ermittlungen erlassenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind. Die Ablaufhemmung tritt jedoch nur dann ein, wenn der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist auf den Beginn der Ermittlungen nach Satz 1 hingewiesen worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(7) In den Fällen des § 169 Abs. 2 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat oder der Steuerordnungswidrigkeit verjährt ist.

(8) Ist die Festsetzung einer Steuer nach § 165 ausgesetzt oder die Steuer vorläufig festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf eines Jahres, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erhalten hat. In den Fällen des § 165 Abs. 1 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erlangt hat.

(9) Erstattet der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine Anzeige nach den §§ 153, 371 und 378 Abs. 3, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Eingang der Anzeige.

(10) Soweit für die Festsetzung einer Steuer ein Feststellungsbescheid, ein Steuermessbescheid oder ein anderer Verwaltungsakt bindend ist (Grundlagenbescheid), endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids. Ist für den Erlass des Grundlagenbescheids eine Stelle zuständig, die keine Finanzbehörde im Sinne des § 6 Absatz 2 ist, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Zeitpunkt, in dem die für den Folgebescheid zuständige Finanzbehörde Kenntnis von der Entscheidung über den Erlass des Grundlagenbescheids erlangt hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für einen Grundlagenbescheid, auf den § 181 nicht anzuwenden ist, nur, sofern dieser Grundlagenbescheid vor Ablauf der für den Folgebescheid geltenden Festsetzungsfrist bei der zuständigen Behörde beantragt worden ist. Ist der Ablauf der Festsetzungsfrist hinsichtlich des Teils der Steuer, für den der Grundlagenbescheid nicht bindend ist, nach Absatz 4 gehemmt, endet die Festsetzungsfrist für den Teil der Steuer, für den der Grundlagenbescheid bindend ist, nicht vor Ablauf der nach Absatz 4 gehemmten Frist.

(10a) Soweit Daten eines Steuerpflichtigen im Sinne des § 93c innerhalb von sieben Kalenderjahren nach dem Besteuerungszeitraum oder dem Besteuerungszeitpunkt den Finanzbehörden zugegangen sind, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Zugang dieser Daten.

(11) Ist eine geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person ohne gesetzlichen Vertreter, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Person unbeschränkt geschäftsfähig wird oder der Mangel der Vertretung aufhört. Dies gilt auch, soweit für eine Person ein Betreuer bestellt und ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs angeordnet ist, der Betreuer jedoch verstorben oder auf andere Weise weggefallen oder aus rechtlichen Gründen an der Vertretung des Betreuten verhindert ist.

(12) Richtet sich die Steuer gegen einen Nachlass, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Erbschaft von dem Erben angenommen oder das Insolvenzverfahren über den Nachlass eröffnet wird oder von dem an die Steuer gegen einen Vertreter festgesetzt werden kann.

(13) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine noch nicht festgesetzte Steuer im Insolvenzverfahren angemeldet, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Beendigung des Insolvenzverfahrens ab.

(14) Die Festsetzungsfrist für einen Steueranspruch endet nicht, soweit ein damit zusammenhängender Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 noch nicht verjährt ist (§ 228).

(15) Soweit ein Dritter Steuern für Rechnung des Steuerschuldners einzubehalten und abzuführen oder für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten hat, endet die Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner nicht vor Ablauf der gegenüber dem Steuerentrichtungspflichtigen geltenden Festsetzungsfrist.

(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

(2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn

1.
eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt,
2.
eine Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu zahlen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem für den Steuerfall Steuerzeichen oder Steuerstempler verwendet worden sind, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuerzeichen oder Steuerstempler hätten verwendet werden müssen.
Dies gilt nicht für Verbrauchsteuern, ausgenommen die Energiesteuer auf Erdgas und die Stromsteuer.

(3) Wird eine Steuer oder eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag gestellt wird.

(4) Wird durch Anwendung des Absatzes 2 Nr. 1 auf die Vermögensteuer oder die Grundsteuer der Beginn der Festsetzungsfrist hinausgeschoben, so wird der Beginn der Festsetzungsfrist für die folgenden Kalenderjahre des Hauptveranlagungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.

(5) Für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) beginnt die Festsetzungsfrist nach den Absätzen 1 oder 2

1.
bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat,
2.
bei einer Schenkung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat,
3.
bei einer Zweckzuwendung unter Lebenden nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Verpflichtung erfüllt worden ist.

(6) Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die

1.
aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und
2.
nicht nach Verträgen im Sinne des § 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden,
beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Kapitalerträge der Finanzbehörde durch Erklärung des Steuerpflichtigen oder in sonstiger Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(7) Für Steuern auf Einkünfte oder Erträge, die in Zusammenhang stehen mit Beziehungen zu einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die der Steuerpflichtige allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Beziehungen durch Mitteilung des Steuerpflichtigen oder auf andere Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Die Festsetzungsfrist läuft nicht ab, solange die Steuerfestsetzung wegen höherer Gewalt innerhalb der letzten sechs Monate des Fristlaufs nicht erfolgen kann.

(2) Ist beim Erlass eines Steuerbescheids eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen, so endet die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe dieses Steuerbescheids. Das Gleiche gilt in den Fällen des § 173a.

(3) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens ein Antrag auf Steuerfestsetzung oder auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 gestellt, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor über den Antrag unanfechtbar entschieden worden ist.

(3a) Wird ein Steuerbescheid mit einem Einspruch oder einer Klage angefochten, so läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor über den Rechtsbehelf unanfechtbar entschieden ist; dies gilt auch, wenn der Rechtsbehelf erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist eingelegt wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist hinsichtlich des gesamten Steueranspruchs gehemmt; dies gilt nicht, soweit der Rechtsbehelf unzulässig ist. In den Fällen des § 100 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, § 101 der Finanzgerichtsordnung ist über den Rechtsbehelf erst dann unanfechtbar entschieden, wenn ein auf Grund der genannten Vorschriften erlassener Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist.

(4) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Fall der Hinausschiebung der Außenprüfung erstrecken sollte, nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind oder nach Bekanntgabe der Mitteilung nach § 202 Absatz 1 Satz 3 drei Monate verstrichen sind. Dies gilt nicht, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat. Die Ablaufhemmung nach Satz 1 endet spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde; eine weitergehende Ablaufhemmung nach anderen Vorschriften bleibt unberührt. Wird auf Antrag des Steuerpflichtigen der Beginn der Außenprüfung verschoben oder die Außenprüfung unterbrochen, so verlängert sich die Frist nach Satz 3 erster Halbsatz für die in Satz 1 genannten Steuern um die Dauer des Hinausschiebens oder der Unterbrechung. Nimmt die Finanzbehörde für die in Satz 1 genannten Steuern vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz zwischenstaatliche Amtshilfe in Anspruch, verlängert sich diese Frist um die Dauer der zwischenstaatlichen Amtshilfe, mindestens aber um ein Jahr. Satz 5 gilt nur, sofern der Steuerpflichtige auf die Inanspruchnahme der zwischenstaatlichen Amtshilfe vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz hingewiesen wurde. Wird dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung eines Strafverfahrens für eine der in Satz 1 genannten Steuern bekanntgegeben und wird infolgedessen mit einer Außenprüfung nicht begonnen oder eine bereits begonnene Außenprüfung unterbrochen, ist Satz 3 nicht anzuwenden; die Absätze 5 und 6 bleiben unberührt. § 200a Absatz 4 und 5 bleibt unberührt.

(5) Beginnen die Behörden des Zollfahndungsdienstes oder die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerpflichtigen mit Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor die auf Grund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind; Absatz 4 Satz 2 gilt sinngemäß. Das Gleiche gilt, wenn dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung des Steuerstrafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens wegen einer Steuerordnungswidrigkeit bekannt gegeben worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(6) Ist bei Steuerpflichtigen eine Außenprüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht durchführbar, wird der Ablauf der Festsetzungsfrist auch durch sonstige Ermittlungshandlungen im Sinne des § 92 gehemmt, bis die auf Grund dieser Ermittlungen erlassenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind. Die Ablaufhemmung tritt jedoch nur dann ein, wenn der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist auf den Beginn der Ermittlungen nach Satz 1 hingewiesen worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(7) In den Fällen des § 169 Abs. 2 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat oder der Steuerordnungswidrigkeit verjährt ist.

(8) Ist die Festsetzung einer Steuer nach § 165 ausgesetzt oder die Steuer vorläufig festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf eines Jahres, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erhalten hat. In den Fällen des § 165 Abs. 1 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erlangt hat.

(9) Erstattet der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine Anzeige nach den §§ 153, 371 und 378 Abs. 3, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Eingang der Anzeige.

(10) Soweit für die Festsetzung einer Steuer ein Feststellungsbescheid, ein Steuermessbescheid oder ein anderer Verwaltungsakt bindend ist (Grundlagenbescheid), endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids. Ist für den Erlass des Grundlagenbescheids eine Stelle zuständig, die keine Finanzbehörde im Sinne des § 6 Absatz 2 ist, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Zeitpunkt, in dem die für den Folgebescheid zuständige Finanzbehörde Kenntnis von der Entscheidung über den Erlass des Grundlagenbescheids erlangt hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für einen Grundlagenbescheid, auf den § 181 nicht anzuwenden ist, nur, sofern dieser Grundlagenbescheid vor Ablauf der für den Folgebescheid geltenden Festsetzungsfrist bei der zuständigen Behörde beantragt worden ist. Ist der Ablauf der Festsetzungsfrist hinsichtlich des Teils der Steuer, für den der Grundlagenbescheid nicht bindend ist, nach Absatz 4 gehemmt, endet die Festsetzungsfrist für den Teil der Steuer, für den der Grundlagenbescheid bindend ist, nicht vor Ablauf der nach Absatz 4 gehemmten Frist.

(10a) Soweit Daten eines Steuerpflichtigen im Sinne des § 93c innerhalb von sieben Kalenderjahren nach dem Besteuerungszeitraum oder dem Besteuerungszeitpunkt den Finanzbehörden zugegangen sind, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Zugang dieser Daten.

(11) Ist eine geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person ohne gesetzlichen Vertreter, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Person unbeschränkt geschäftsfähig wird oder der Mangel der Vertretung aufhört. Dies gilt auch, soweit für eine Person ein Betreuer bestellt und ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs angeordnet ist, der Betreuer jedoch verstorben oder auf andere Weise weggefallen oder aus rechtlichen Gründen an der Vertretung des Betreuten verhindert ist.

(12) Richtet sich die Steuer gegen einen Nachlass, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Erbschaft von dem Erben angenommen oder das Insolvenzverfahren über den Nachlass eröffnet wird oder von dem an die Steuer gegen einen Vertreter festgesetzt werden kann.

(13) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine noch nicht festgesetzte Steuer im Insolvenzverfahren angemeldet, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Beendigung des Insolvenzverfahrens ab.

(14) Die Festsetzungsfrist für einen Steueranspruch endet nicht, soweit ein damit zusammenhängender Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 noch nicht verjährt ist (§ 228).

(15) Soweit ein Dritter Steuern für Rechnung des Steuerschuldners einzubehalten und abzuführen oder für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten hat, endet die Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner nicht vor Ablauf der gegenüber dem Steuerentrichtungspflichtigen geltenden Festsetzungsfrist.

Die Finanzbehörde bestimmt den Umfang der Außenprüfung in einer schriftlich oder elektronisch zu erteilenden Prüfungsanordnung mit Rechtsbehelfsbelehrung nach § 356.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden. Er soll dem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden, wenn der Finanzbehörde eine schriftliche oder eine nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch übermittelte Empfangsvollmacht vorliegt, solange dem Bevollmächtigten nicht eine Zurückweisung nach § 80 Absatz 7 bekannt gegeben worden ist.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt als bekannt gegeben

1.
bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post,
2.
bei einer Übermittlung im Ausland einen Monat nach der Aufgabe zur Post,
außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Ein elektronisch übermittelter Verwaltungsakt gilt am dritten Tage nach der Absendung als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines Verwaltungsakts wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach dem Tag der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Ein Verwaltungsakt wird zugestellt, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder behördlich angeordnet wird. Die Zustellung richtet sich vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Für die Zustellung an einen Bevollmächtigten gilt abweichend von § 7 Absatz 1 Satz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes Absatz 1 Satz 4 entsprechend. Erfolgt die öffentliche Zustellung durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung auf der Internetseite oder in einem elektronischen Portal der Finanzbehörden, können die Anordnung und die Dokumentation nach § 10 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes elektronisch erfolgen.

(6) Die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an einen Beteiligten zugleich mit Wirkung für und gegen andere Beteiligte ist zulässig, soweit die Beteiligten einverstanden sind; diese Beteiligten können nachträglich eine Abschrift des Verwaltungsakts verlangen.

(7) Betreffen Verwaltungsakte

1.
Ehegatten oder Lebenspartner oder
2.
Ehegatten mit ihren Kindern, Lebenspartner mit ihren Kindern oder Alleinstehende mit ihren Kindern,
so reicht es für die Bekanntgabe an alle Beteiligten aus, wenn ihnen eine Ausfertigung unter ihrer gemeinsamen Anschrift übermittelt wird. Die Verwaltungsakte sind den Beteiligten einzeln bekannt zu geben, soweit sie dies beantragt haben oder soweit der Finanzbehörde bekannt ist, dass zwischen ihnen ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen.

(1) Die Prüfungsanordnung sowie der voraussichtliche Prüfungsbeginn und die Namen der Prüfer sind dem Steuerpflichtigen, bei dem die Außenprüfung durchgeführt werden soll, angemessene Zeit vor Beginn der Prüfung bekannt zu geben, wenn der Prüfungszweck dadurch nicht gefährdet wird. Der Steuerpflichtige kann auf die Einhaltung der Frist verzichten. Soll die Prüfung nach § 194 Abs. 2 auf die steuerlichen Verhältnisse von Gesellschaftern und Mitgliedern sowie von Mitgliedern der Überwachungsorgane erstreckt werden, so ist die Prüfungsanordnung insoweit auch diesen Personen bekannt zu geben.

(2) Auf Antrag der Steuerpflichtigen soll der Beginn der Außenprüfung auf einen anderen Zeitpunkt verlegt werden, wenn dafür wichtige Gründe glaubhaft gemacht werden.

(3) Mit der Prüfungsanordnung kann die Vorlage von aufzeichnungs- oder aufbewahrungspflichtigen Unterlagen innerhalb einer angemessenen Frist verlangt werden. Sind diese Unterlagen mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt worden, sind die Daten in einem maschinell auswertbaren Format an die Finanzbehörde zu übertragen. Im Übrigen bleibt § 147 Absatz 6 unberührt.

(4) Sind Unterlagen nach Absatz 3 vorgelegt worden, sollen dem Steuerpflichtigen die beabsichtigten Prüfungsschwerpunkte der Außenprüfung mitgeteilt werden. Die Nennung von Prüfungsschwerpunkten stellt keine Einschränkung der Außenprüfung auf bestimmte Sachverhalte nach § 194 dar.

(5) Ist Grundlage der Außenprüfung ein Steuerbescheid, der aufgrund einer in § 149 Absatz 3 genannten Steuererklärung erlassen wurde, soll die Prüfungsanordnung bis zum Ablauf des Kalenderjahres erlassen werden, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem der Steuerbescheid wirksam geworden ist. Wird die Prüfungsanordnung aus Gründen, die die Finanzbehörde zu vertreten hat, zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgegeben, beginnt die Frist nach § 171 Absatz 4 Satz 3 erster Halbsatz mit Ablauf des Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem der in Satz 1 bezeichnete Steuerbescheid wirksam geworden ist. Erstreckt sich die Außenprüfung zugleich auf mehrere Steuerbescheide, sind die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitpunkt des Wirksamwerdens des zuletzt ergangenen Steuerbescheids einheitlich maßgeblich ist.

(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist.

(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,

1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Finanzbehörde aber nicht erkennen lässt,
2.
den aus tatsächlichen Gründen niemand befolgen kann,
3.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht,
4.
der gegen die guten Sitten verstößt.

(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil

1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind,
2.
eine nach § 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 und Satz 2 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat,
3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsakts vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war,
4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.

(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsakts, so ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Finanzbehörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.

(5) Die Finanzbehörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und die betroffene Person dies unverzüglich verlangt.

(3) Ein schriftlich oder elektronisch erlassener Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen. Ferner muss er die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten; dies gilt nicht für einen Verwaltungsakt, der formularmäßig oder mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird. Ist für einen Verwaltungsakt durch Gesetz eine Schriftform angeordnet, so muss bei einem elektronischen Verwaltungsakt auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Falle des § 87a Absatz 4 Satz 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Finanzbehörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

Die Finanzbehörde bestimmt den Umfang der Außenprüfung in einer schriftlich oder elektronisch zu erteilenden Prüfungsanordnung mit Rechtsbehelfsbelehrung nach § 356.

(1) Ein Rechtsträger (übertragender Rechtsträger) kann unter Auflösung ohne Abwicklung sein Vermögen aufspalten

1.
zur Aufnahme durch gleichzeitige Übertragung der Vermögensteile jeweils als Gesamtheit auf andere bestehende Rechtsträger (übernehmende Rechtsträger) oder
2.
zur Neugründung durch gleichzeitige Übertragung der Vermögensteile jeweils als Gesamtheit auf andere, von ihm dadurch gegründete neue Rechtsträger
gegen Gewährung von Anteilen oder Mitgliedschaften dieser Rechtsträger an die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers (Aufspaltung).

(2) Ein Rechtsträger (übertragender Rechtsträger) kann von seinem Vermögen einen Teil oder mehrere Teile abspalten

1.
zur Aufnahme durch Übertragung dieses Teils oder dieser Teile jeweils als Gesamtheit auf einen bestehenden oder mehrere bestehende Rechtsträger (übernehmende Rechtsträger) oder
2.
zur Neugründung durch Übertragung dieses Teils oder dieser Teile jeweils als Gesamtheit auf einen oder mehrere, von ihm dadurch gegründeten neuen oder gegründete neue Rechtsträger
gegen Gewährung von Anteilen oder Mitgliedschaften dieses Rechtsträgers oder dieser Rechtsträger an die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers (Abspaltung).

(3) Ein Rechtsträger (übertragender Rechtsträger) kann aus seinem Vermögen einen Teil oder mehrere Teile ausgliedern

1.
zur Aufnahme durch Übertragung dieses Teils oder dieser Teile jeweils als Gesamtheit auf einen bestehenden oder mehrere bestehende Rechtsträger (übernehmende Rechtsträger) oder
2.
zur Neugründung durch Übertragung dieses Teils oder dieser Teile jeweils als Gesamtheit auf einen oder mehrere, von ihm dadurch gegründeten neuen oder gegründete neue Rechtsträger
gegen Gewährung von Anteilen oder Mitgliedschaften dieses Rechtsträgers oder dieser Rechtsträger an den übertragenden Rechtsträger (Ausgliederung).

(4) Die Spaltung kann auch durch gleichzeitige Übertragung auf bestehende und neue Rechtsträger erfolgen.

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 26. Februar 2013  6 K 6228/08 aufgehoben.

Die Sache wird an das Finanzgericht Berlin-Brandenburg zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) gründete am 29. Dezember 1997 als alleiniger Kommanditist zusammen mit der A-GmbH (Beigeladene) als Komplementärin die B-GmbH & Co. KG (KG). In die KG brachte der Kläger zum 31. Dezember 1997 die Grundstücke C-Straße 1 und D-Straße 5 (insgesamt drei Grundstücke) ein.

2

Ebenfalls am 29. Dezember 1997 mit Wirkung ab dem 30. Dezember 1997 beteiligten sich die E-AG und die F-GmbH (Klägerin und Revisionsklägerin --Klägerin--) als atypisch stille Gesellschafter am Gewerbe der KG. Zum 1. April 2001 übertrug die Klägerin ihre stille Beteiligung auf die E-AG (später E-GmbH).

3

Die atypisch stille Gesellschaft zwischen der KG und der E-AG wurde mit Wirkung zum 1. September 2001 beendet. Am selben Tag schied die Beigeladene als Komplementärin aus der KG aus mit der Folge, dass das Vermögen der KG auf den Kläger anwuchs. Die Auflösung der KG und das Erlöschen deren Firma wurden am 5. August 2002 in das Handelsregister eingetragen. Beides wurde dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) mit Schreiben vom 18. Juni 2002 sowie im Zusammenhang mit der Abgabe der Steuererklärungen für 2001 in einem weiteren Schreiben vom 25. Juli 2003 mitgeteilt.

4

Die E-AG wurde durch Beschluss vom ... Dezember 2003 in die E-GmbH umgewandelt und auf Grund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am ... Juli 2005 aufgelöst. Das Insolvenzverfahren ist noch nicht beendet (Amtsgericht --AG-- ..., Az. ...).

5

In 1999 wurden Steuererklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Einkünften aus Gewerbebetrieb und sonstigen Besteuerungsgrundlagen für 1998 für die KG unter der Steuernummer ...3 beim beklagten FA und für die KG & atypisch Still beim FA G unter der Steuernummer ...6 eingereicht. In der Folge kam es zu einem Zuständigkeitsstreit zwischen diesen beiden FÄ im Hinblick auf die steuerliche Zuständigkeit u.a. für die Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb und sonstigen Besteuerungsgrundlagen für 1998 für die KG und die KG & atypisch Still. Die FÄ kamen schließlich dahin überein, dass es sich steuerrechtlich um denselben Steuerpflichtigen handele und dieser beim beklagten FA unter der Steuernummer ...3 zu veranlagen sei. Entsprechend hob das FA G die von ihm für die KG & atypisch Still bereits erlassenen Bescheide, u.a. den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Einkünften aus Gewerbebetrieb und sonstigen Besteuerungsgrundlagen für 1998, ersatzlos auf und leitete die den Bescheiden zu Grunde liegenden Steuer-/Feststellungserklärungen an das beklagte FA weiter.

6

Dieses stellte sodann mit mehrfach geänderten Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (im Weiteren Gewinnfeststellungsbescheid), zuletzt mit Gewinnfeststellungsbescheid vom 31. August 2001, die Einkünfte gesondert und einheitlich in Höhe von ... DM fest. Der Bescheid war adressiert an die damaligen Steuerberater für die KG als Empfangsbevollmächtigte mit Wirkung für und gegen alle Feststellungsbeteiligten. Einen Hinweis auf das Vorliegen einer atypisch stillen Gesellschaft enthält der Bescheid nicht. Als Feststellungsbeteiligte waren in dem Bescheid die Beigeladene, der Kläger, die E-AG und die Klägerin aufgeführt. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO).

7

Unter dem 9. September 2003 ordnete das FA eine Außenprüfung für die Jahre 1997 bis 2001 an, die auch die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen umfasste. Die Prüfungsanordnung wurde den damaligen steuerlichen Beratern bekannt gegeben und war gegen die KG (Firma B-GmbH & Co. KG) gerichtet. Die Prüfung begann am 18. November 2003.

8

Die Prüferin beanstandete u.a. den Einbringungswert der drei Grundstücke, was zu deutlich niedrigeren AfA-Beträgen führte. Zudem verneinte sie den betrieblichen Veranlassungszusammenhang der vom Kläger als Sonderbetriebsausgaben geltend gemachten Zinsaufwendungen für die Grundstücke und erfasste Zinszahlungen für ihrer Ansicht nach zu Unrecht passivierte Verbindlichkeiten als Entnahme. Insgesamt ergaben sich danach für das Streitjahr laufende Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von ... DM und Sonderbetriebseinnahmen in Höhe von ... DM.

9

Das FA schloss sich den Feststellungen der Außenprüfung an und erließ unter dem 18. November 2005 einen geänderten Gewinnfeststellungsbescheid für 1998. Als Feststellungsbeteiligte waren wiederum die Beigeladene, der Kläger, die E-AG in Liquidation (i.L.) und die Klägerin aufgeführt.

10

Der Gewinnfeststellungsbescheid 1998 wurde dem Kläger sowie der Beigeladenen jeweils nach § 183 Abs. 2 AO einzeln bekannt gegeben.

11

Gegen den Gewinnfeststellungsbescheid 1998 legten die damaligen Steuerberater unter dem Betreff "Ehemalige B-GmbH & Co. KG" Einsprüche namens aller Feststellungsbeteiligten (Beigeladene, Kläger, E-GmbH i.L. und Klägerin) ein.

12

Mit Einspruchsentscheidung vom 18. September 2008 wies das FA die Einsprüche zurück. Die Einspruchsentscheidung ist adressiert an die jetzige Prozessbevollmächtigte als Empfangsbevollmächtigte des Klägers als Rechtsnachfolger der KG, mit Wirkung für und gegen alle in der Anlage 1 der Einspruchsentscheidung genannten Feststellungsbeteiligten. In der Anlage 1 sind die Beigeladene, der Kläger, die E-AG i.L. sowie die Klägerin als Feststellungsbeteiligte/ehemalige Kommanditisten aufgeführt.

13

Gegen die Einspruchsentscheidung haben der Kläger als Rechtsnachfolger der KG (Az. des Finanzgerichts --FG-- 6 K 6228/08) und die Klägerin (Az. 6 K 6229/08) ohne einen entsprechenden Zusatz jeweils Klage erhoben. Zur Begründung führen sie im Wesentlichen aus, dass der Gewinnfeststellungsbescheid für 1998 vom 18. November 2005 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. September 2008 wegen Feststellungsverjährung rechtswidrig sei. Eine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 AO sei nicht eingetreten, weil die Prüfungsanordnung unwirksam gewesen sei. Sie habe sich gegen die KG und damit gegen eine nicht mehr existente Gesellschaft gerichtet.

14

Mit Beschluss vom 9. September 2009 hat das FG die beiden Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Az. 6 K 6228/08 miteinander verbunden.

15

Die Klagen hatten keinen Erfolg und wurden als unbegründet zurückgewiesen.

16

Bei Erlass des geänderten Gewinnfeststellungsbescheids für 1998 vom 18. November 2005 sei noch keine Feststellungsverjährung eingetreten gewesen. Die Feststellungserklärung für 1998 sei im Jahr 1999 abgegeben worden, so dass die vierjährige Feststellungsfrist mit Ablauf des 31. Dezember 2003 geendet habe. Auf Grund des Beginns der Außenprüfung vor dem 31. Dezember 2003 sei es aber zu einer Ablaufhemmung bis zum Erlass des hier streitigen Änderungsbescheids gekommen. Die Ablaufhemmung trete zwar nur ein, wenn die den Prüfungshandlungen zu Grunde liegende Prüfungsanordnung auch wirksam sei. Diese Voraussetzung sei im Streitfall aber hinsichtlich der hier streitigen gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1998 erfüllt. Die Prüfungsanordnung vom 9. September 2003 sei dahingehend auszulegen, dass sie hinsichtlich der gesonderten und einheitlichen Feststellung an die ehemaligen Gesellschafter der KG gerichtet gewesen sei. Im Streitfall sei die Bezeichnung "B-GmbH & Co. KG" in der Prüfungsanordnung auslegbar. Danach hätten die (ehemaligen) Gesellschafter der KG die Prüfungsanordnung richtigerweise so verstehen müssen, dass Adressat der Prüfungsanordnung --je nach Prüfungsgegenstand-- zum einen der Kläger als Gesamtrechtsnachfolger der Personengesellschaft im Bereich der Betriebssteuern und zum anderen die ehemaligen Gesellschafter im Bereich der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gewesen seien. Selbst wenn die Prüfungsanordnung nicht in der vorstehend genannten Weise ausgelegt werden könnte, wäre die Ablaufhemmung zu bejahen, wenn sich, wie im Streitfall, erst am Ende eines mehrjährigen Klageverfahrens herausstelle, dass die Prüfungsanordnung nichtig und die Außenprüfung bis zum Ende nicht beanstandet worden sei. Im Übrigen sei der angefochtene Bescheid auch inhaltlich nicht zu beanstanden.

17

Mit ihren Revisionen rügen die Klägerin und der Kläger die Verletzung materiellen Rechts, insbesondere des § 171 Abs. 4 AO.

18

Zu Unrecht habe das FG angenommen, dass bei Erlass des geänderten Gewinnfeststellungsbescheids vom 18. November 2005 noch keine Feststellungsverjährung eingetreten sei. Die Feststellungsfrist sei mangels Ablaufhemmung gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1, § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO mit Ablauf des 31. Dezember 2003 abgelaufen. Sie sei nicht durch den Beginn der Außenprüfung vor dem 31. Dezember 2003 in ihrem Ablauf gehemmt gewesen. Denn die Außenprüfung beruhe auf einer unwirksamen Prüfungsanordnung und könne insoweit keine Ablaufhemmung auslösen. Die Prüfungsanordnung sei unwirksam, weil sie an ein nicht mehr existierendes Rechtssubjekt, hier die bereits vollbeendete KG, gerichtet worden sei. Eine Auslegung der Prüfungsanordnung hinsichtlich des Inhaltsadressaten sei auch nicht möglich, da die Bezeichnung des Inhaltsadressaten mit "B-GmbH & Co. KG" aus der maßgeblichen Sicht eines außenstehenden Dritten nicht mehrdeutig sei.

19

Eine Änderung des Gewinnfeststellungsbescheids 1998 trotz abgelaufener Feststellungsfrist sei auch nicht gemäß § 181 Abs. 5 AO zulässig. Dem stehe bereits entgegen, dass zumindest die Festsetzungsfrist für die Körperschaftsteuer 1998 der Klägerin am 18. November 2005 bereits abgelaufen gewesen sei.

20

Die Kläger beantragen sinngemäß,
die Vorentscheidung betreffend die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1998 sowie den Bescheid für 1998 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 18. November 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. September 2008 aufzuheben, hilfsweise, die Sache an einen anderen Senat des FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

21

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

22

Die Auslegung des FG, dass sich die Prüfungsanordnung an die ehemaligen Gesellschafter der KG gerichtet habe, sei nicht zu beanstanden. Auch die Kläger hätten dies so verstanden. Anderenfalls sei nicht erklärbar, warum sie die Außenprüfung geduldet und auch nach der Anwachsung des Vermögens der KG auf den Kläger Schriftsätze nur unter der Bezeichnung der KG zu den Verwaltungsakten eingereicht hätten.

Entscheidungsgründe

23

II. Die Revisionen der Klägerin und des Klägers sind begründet. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen finanzgerichtlichen Urteils betreffend die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1998 und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

24

1. Das FG hat die E-GmbH i.L. als ehemalige Gesellschafterin der KG & atypisch Still nicht zum Klageverfahren beigeladen, obwohl ein Fall der notwendigen Beiladung vorliegt (§ 60 Abs. 3 FGO). Von einer Nachholung der Beiladung im Revisionsverfahren (§ 123 Abs. 1 Satz 2 FGO) sieht der Senat nach den hier gegebenen Umständen ab.

25

a) Die E-GmbH i.L. ist Inhaltsadressatin des streitgegenständlichen Gewinnfeststellungsbescheids, da sie darin als Feststellungsbeteiligte in ihrer Eigenschaft als Gesellschafterin der KG & atypisch Still aufgeführt ist. Dem steht die fehlerhafte Bezeichnung als E-AG i.L. nicht entgegen, da der Gewinnfeststellungsbescheid insoweit ungeachtet des falschen Rechtsformzusatzes ohne Weiteres dahin auszulegen ist, dass damit die E-GmbH i.L. als Feststellungsbeteiligte gemeint ist.

26

Nachdem die KG & atypisch Still zum 1. September 2001 beendet worden ist, war die E-GmbH i.L. nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO neben dem Kläger und der Klägerin selbst zur Erhebung einer Klage gegen den Gewinnfeststellungsbescheid befugt. Da sie vom Ausgang des Verfahrens betroffen sein kann, war die E-GmbH i.L. damit im Verfahren der Klägerin und des Klägers gegen den Gewinnfeststellungsbescheid nach § 60 Abs. 3 FGO notwendig beizuladen. Dem steht nicht entgegen, dass über das Vermögen der E-GmbH i.L. durch Beschluss des AG ... vom ... Juli 2005 (Az. ...) das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist.

27

b) Eine unterbliebene notwendige Beiladung stellt trotz der Regelung in § 123 Abs. 1 Satz 2 FGO einen Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens dar. Die Vorschriften über die notwendige Beiladung regeln eine unverzichtbare Sachentscheidungsvoraussetzung. Die angefochtene Entscheidung kann deshalb auf dem Verfahrensmangel beruhen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 4. September 2014 IV R 44/13). § 123 Abs. 1 Satz 2 FGO eröffnet dem BFH lediglich die Möglichkeit, eine notwendige Beiladung im Revisionsverfahren nachzuholen (BFH-Urteil vom 4. September 2014 IV R 44/13), wovon der Senat hier aber keinen Gebrauch macht. Das ihm durch § 123 Abs. 1 Satz 2 FGO eröffnete Ermessen, eine notwendige Beiladung im Revisionsverfahren nachzuholen, übt der Senat vielmehr dahin aus, die unterbliebene Beiladung nicht nachzuholen und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. Das FG erhält damit Gelegenheit, nach erfolgter Beiladung zu prüfen, ob das Verfahren wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der E-GmbH i.L. gemäß § 155 FGO i.V.m. § 240 der Zivilprozessordnung (ZPO) unterbrochen worden ist. In diesem Fall käme eine verfahrensabschließende Entscheidung ohne eine entsprechende insolvenzrechtliche Aufnahmeerklärung nicht in Betracht.

28

2. Im Hinblick auf das Alter des Verfahrens erteilt der Senat den Beteiligten für den zweiten Rechtsgang --ohne Bindungswirkung-- die nachfolgenden rechtlichen Hinweise.

29

a) Der Gewinnfeststellungsbescheid vom 18. November 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. September 2008 ist entgegen der Auffassung des FA und des FG schon deshalb rechtswidrig, weil in ihm die die KG & atypisch Still und die KG betreffenden Feststellungen zusammengefasst worden sind.

30

aa) Nach § 179 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 und § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO werden gesondert und einheitlich festgestellt die körperschaft- und einkommensteuerpflichtigen Einkünfte, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind und die Einkünfte diesen Personen steuerlich zuzurechnen sind. Mehrere Personen sind an Einkünften beteiligt, wenn sie den Tatbestand der Einkunftserzielung in einer Gesellschaft oder Gemeinschaft erfüllen (BFH-Urteil vom 21. Oktober 2015 IV R 43/12, BFHE 252, 193, BStBl II 2016, 517). Ist dies der Fall, ist für jede Gesellschaft/Gemeinschaft ein selbständiges gesondertes und einheitliches Feststellungsverfahren durchzuführen (vgl. BFH-Urteile vom 19. April 2005 VIII R 6/04, BFH/NV 2005, 1737, und in BFHE 252, 193, BStBl II 2016, 517).

31

bb) Beteiligt sich eine natürliche Person, eine Personengesellschaft oder wie vorliegend eine Kapitalgesellschaft (hier: die E-AG und die Klägerin --GmbH--) atypisch still am Gewerbe einer Personengesellschaft (hier: der KG), so sind zunächst für die atypisch stille Gesellschaft als selbständiges Subjekt der Gewinnerzielung, Gewinnermittlung und Einkünftequalifikation (vgl. zuletzt BFH-Urteil in BFHE 252, 193, BStBl II 2016, 517) die vom Inhaber des Handelsgeschäfts und dem atypisch stillen Gesellschafter gemeinschaftlich erzielten Einkünfte nach § 179 Abs. 2 Satz 2, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO gesondert und einheitlich festzustellen (vgl. zuletzt BFH-Urteil in BFHE 252, 193, BStBl II 2016, 517). Der Feststellungsbescheid für die atypisch stille Gesellschaft hat Bindungswirkung für die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuerbescheide der Gesellschafter (vgl. § 182 Abs. 1 Satz 1 AO; BFH-Urteil in BFHE 252, 193, BStBl II 2016, 517). Bei Vorliegen einer doppelstöckigen Personengesellschaftsstruktur, die wie im Streitfall aufgrund der stillen Beteiligung an einer Personengesellschaft entsteht, hat der Feststellungsbescheid für die atypisch stille Gesellschaft (als Untergesellschaft) zudem Bindungswirkung für den Feststellungsbescheid der Obergesellschaft, hier der KG. Letzterer hat seinerseits Bindungswirkung für die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuerbescheide der Gesellschafter der Obergesellschaft, hier den Kläger und die Beigeladene. Für eine atypisch stille Gesellschaft, die, wie im Streitfall, aus einer KG als Inhaberin des Handelsgeschäfts und einer AG und einer GmbH als atypisch stillen Gesellschafterinnen besteht, sind deshalb die in dem Grundlagenbescheid der KG & atypisch Still festgestellten Einkünfte einerseits in die Körperschaftsteuerbescheide der AG und der GmbH und andererseits in den die KG betreffenden weiteren Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von deren Einkünften zu übernehmen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 252, 193, BStBl II 2016, 517).

32

cc) Die Verselbständigung jeder Gesellschaft oder Gemeinschaft schließt es grundsätzlich aus, die Besteuerungsgrundlagen für verschiedene Gesellschaften (hier: einerseits die KG & atypisch Still als Untergesellschaft und andererseits die KG als Obergesellschaft einer doppelstöckigen Personengesellschaft) in einem Bescheid gesondert und einheitlich festzustellen, denn grundsätzlich ist für jede Gesellschaft, in der mehrere Personen den Tatbestand der Einkunftserzielung erfüllen, ein selbständiges gesondertes und einheitliches Feststellungsverfahren durchzuführen und ein selbständiger Gewinnfeststellungsbescheid zu erlassen (vgl. zuletzt BFH-Urteil in BFHE 252, 193, BStBl II 2016, 517).

33

dd) Ein Feststellungsbescheid, in dem die beide Gewinnermittlungssubjekte betreffenden Feststellungen zusammengefasst werden, kann daher nicht auf § 179 Abs. 2 Satz 3 AO gestützt werden und verletzt § 179 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO.

34

ee) So verhält es sich im Streitfall. Der Gewinnfeststellungsbescheid vom 18. November 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. September 2008 fasst, ohne dies allerdings ausdrücklich zu benennen, die Einkünfte der KG & atypisch Still und die Einkünfte der KG in einem Bescheid zusammen. Dies folgt schon daraus, dass in dem Gewinnfeststellungsbescheid die stillen Gesellschafter der KG & atypisch Still, hier die E-AG und die Klägerin, sowie die Gesellschafter der KG, hier der Kläger und die Beigeladene, als Feststellungsbeteiligte aufgeführt und diesen die festgestellten Einkünfte anteilig zugerechnet worden sind. Das FA ist, wie sich den Akten entnehmen lässt, offenbar davon ausgegangen, dass die KG & atypisch Still und die KG als ein Gewinnermittlungssubjekt zu behandeln seien und die Feststellung über die "insgesamt" gemeinschaftlich erzielten Einkünfte nur in einem Gewinnfeststellungsbescheid zu treffen sei.

35

b) Der Gewinnfeststellungsbescheid vom 18. November 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. September 2008 ist aber auch deshalb rechtswidrig, weil er in feststellungsverjährter Zeit ergangen ist.

36

aa) Gemäß § 169 Abs. 1 Satz 1 AO, § 181 Abs. 1 Satz 1 AO ist eine Änderung eines Bescheids über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nicht mehr zulässig, wenn die Feststellungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt gemäß § 164 Abs. 4 AO auch, wenn, wie im Streitfall, die gesonderte und einheitliche Feststellung zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO ergangen ist.

37

bb) Die Feststellungsfrist für die im Streitfall gesondert und einheitlich festzustellenden einkommensteuerpflichtigen Einkünfte, die die Gesellschafter der KG & atypisch Still in ihrer mitunternehmerschaftlichen Verbundenheit erzielt haben, und für die damit zusammenhängenden anderen Besteuerungsgrundlagen beträgt gemäß § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO, § 181 Abs. 1 Satz 1 AO vier Jahre. Da die KG & atypisch Still die entsprechende Feststellungserklärung bereits im Jahr 1999 eingereicht hat, begann die Feststellungsfrist gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO, § 181 Abs. 1 Satz 1 AO mit Ablauf des 31. Dezember 1999 und endete am 31. Dezember 2003.

38

cc) Der Ablauf der Feststellungsfrist zum 31. Dezember 2003 ist nicht gemäß § 171 Abs. 4 AO, § 181 Abs. 1 Satz 1 AO dadurch gehemmt worden, dass vor deren Ablauf, hier am 18. November 2003, mit der Außenprüfung bei der KG & atypisch Still begonnen worden ist. Denn die der Außenprüfung zu Grunde liegende Prüfungsanordnung vom 9. September 2003 ist unwirksam mit der Folge, dass die daraufhin erfolgte Außenprüfung keine Ablaufhemmung bewirken kann.

39

(1) Eine Außenprüfung, die auf Grund einer unwirksamen Prüfungsanordnung durchgeführt wird, kann den Ablauf der Feststellungsfrist nicht hemmen (BFH-Urteile vom 10. April 1987 III R 202/83, BFHE 150, 1, BStBl II 1988, 165, und vom 21. April 1993 X R 112/91, BFHE 171, 15, BStBl II 1993, 649, unter B.II.1.c bb der Gründe).

40

(2) Die Prüfungsanordnung vom 9. September 2003 ist unwirksam, da sie gegenüber der KG und damit einer nicht mehr existierenden Inhaltsadressatin ergangen ist.

41

(a) Ein Verwaltungsakt muss gemäß § 119 Abs. 1 AO inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Er ist nichtig und damit nach § 124 Abs. 3 AO unwirksam, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommender Umstände offenkundig ist (§ 125 Abs. 1 AO).

42

Ein Verwaltungsakt leidet an schweren und offenkundigen Mängeln und ist deshalb nichtig, wenn er inhaltlich nicht so bestimmt ist, dass ihm hinreichend sicher entnommen werden kann, was von wem verlangt wird. Konstituierender Bestandteil jedes Verwaltungsakts ist daher die Angabe des Inhaltsadressaten, d.h. desjenigen, demgegenüber der Einzelfall geregelt werden soll (BFH-Urteil vom 13. Oktober 2005 IV R 55/04, BFHE 211, 387, BStBl II 2006, 404, unter I.1. der Gründe, m.w.N.).

43

Eine Prüfungsanordnung, die an einen erloschenen und damit nicht mehr existenten Rechtsvorgänger gerichtet ist, ist unwirksam. Eine Umdeutung in einen Bescheid gegenüber dem Gesamtrechtsnachfolger kommt auch dann nicht in Betracht, wenn sie diesem zugegangen ist und der Gesamtrechtsnachfolger den Inhalt als für sich bestimmt zur Kenntnis genommen hat (so für den Gewerbesteuermessbescheid: BFH-Urteile vom 13. Dezember 2007 IV R 91/05, BFH/NV 2008, 1289, und vom 15. April 2010 IV R 67/07).

44

Eine Prüfungsanordnung, die die betrieblichen Steuern (Gewerbesteuer und Umsatzsteuer) und die gesonderte und einheitliche Feststellung des Gewinns einer atypisch stillen Gesellschaft betrifft, ist an den Geschäftsinhaber (Prinzipal) zu richten (vgl. BFH-Beschlüsse vom 3. Februar 2003 VIII B 39/02, BFH/NV 2003, 1028, und vom 3. November 2011 IV B 62/10), da dieser Steuerschuldner hinsichtlich der betrieblichen Steuern ist und ihn die öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zur Buchführung für die Zeit der Existenz dieser Gesellschaft treffen.

45

Zutreffend wäre die Prüfungsanordnung während des Bestehens, aber auch nach der Vollbeendigung der atypisch stillen Gesellschaft an die KG als Inhaltsadressatin in ihrer Eigenschaft als Prinzipal der KG & atypisch Still zu richten gewesen. Die Beteiligten der KG & atypisch Still haben das Innengesellschaftsverhältnis untereinander zum 1. September 2001 aufgelöst. Damit war die stille Gesellschaft untergegangen (BFH-Beschluss vom 24. November 1988 VIII B 90/87, BFHE 155, 32, BStBl II 1989, 145, m.w.N., und BFH-Urteil vom 11. Mai 1989 IV R 12/88, BFH/NV 1990, 545). Auch nach der Vollbeendigung der KG & atypisch Still ist die KG als Inhaberin des Handelsgeschäfts (Prinzipal) bezüglich der Betriebssteuern Steuerschuldnerin. Insoweit setzt sich die Steuerschuldnerschaft, wie sie vor der Vollbeendigung der KG & atypisch Still bestanden hat, unverändert fort. Ebenso ist die KG als ehemaliger Prinzipal weiterhin zur Buchführung verpflichtet und muss anknüpfend daran auch die Betriebsprüfung dulden mit der weiteren Folge, dass an sie auch nach der Vollbeendigung der KG & atypisch Still die Letztere betreffende Prüfungsanordnung nicht nur betreffend die Betriebssteuern, sondern auch bezüglich der Gewinnfeststellung zu richten ist.

46

Im Streitfall besteht indes die Besonderheit, dass die Beigeladene ebenfalls am 1. September 2001 aus der KG ausgeschieden ist. Infolgedessen ging das Vermögen der zweigliedrigen KG durch Anwachsung (§ 738 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) auf den verbleibenden Gesellschafter, hier den Kläger, über, und die KG wurde ohne Liquidation vollbeendet (vgl. BFH-Urteil in BFHE 211, 387, BStBl II 2006, 404, unter I.2. der Gründe). Der Kläger wurde mithin Gesamtrechtsnachfolger der KG. Die Vollbeendigung der KG ist dem FA nach den zwischen den Beteiligten unstreitigen Feststellungen des FG bereits vor Erlass der Prüfungsanordnung bekannt gewesen.

47

Die Prüfungsanordnung wäre daher an den Kläger als Rechtsnachfolger der KG, diese als Prinzipal der zwischenzeitlich ebenfalls vollbeendeten KG & atypisch Still als Inhaltsadressaten zu richten gewesen (vgl. u.a. BFH-Urteil in BFHE 211, 387, BStBl II 2006, 404, und BFH-Beschlüsse vom 4. Oktober 1991 VIII B 93/90, BFHE 165, 339, BStBl II 1992, 59, und in BFH/NV 2003, 1028).

48

(b) Die Prüfungsanordnung vom 9. September 2003 war indes an die KG als Inhaltsadressatin gerichtet, obwohl diese zu diesem Zeitpunkt bereits vollbeendet war.

49

Im Streitfall lässt sich der Prüfungsanordnung nicht im Wege der Auslegung entnehmen, dass diese an den Kläger als Rechtsnachfolger der KG, diese als Prinzipal der zwischenzeitlich ebenfalls vollbeendeten KG & atypisch Still gerichtet ist. Vielmehr ist die nicht mehr existente KG darin ohne jeden Hinweis auf die eingetretene Vollbeendigung als Inhaltsadressatin bezeichnet worden. Überdies ist der Prüfungsanordnung auch an keiner Stelle zu entnehmen, dass sich die Prüfung auf die Betriebssteuern und die Gewinnermittlung der KG & atypisch Still beziehen sollte, die KG mithin in ihrer Eigenschaft als deren Prinzipal Inhaltsadressatin war. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger als Gesamtrechtsnachfolger der KG gemeint sein könnte, liegen nicht vor. Die Bezeichnung des Inhaltsadressaten der Prüfungsanordnung ist mithin eindeutig falsch. Ein Auslegungsspielraum besteht bei dieser Sachlage nicht. Mangels Mehrdeutigkeit ist die Prüfungsanordnung einer Auslegung nicht zugänglich (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 2008, 1289, und vom 15. April 2010 IV R 67/07). Es kommt daher auch nicht darauf an, ob der Kläger möglicherweise die Prüfungsanordnung als gegen sich gerichtet angesehen hat.

50

Schließlich wäre der Senat nicht gemäß § 118 Abs. 2 FGO an die Auslegung des FG gebunden. Die Frage, welchen Inhalt ein Verwaltungsakt hat, ist vom Revisionsgericht in eigener Zuständigkeit zu beantworten und ggf. zu korrigieren (BFH-Urteil vom 10. Mai 2012 IV R 34/09, BFHE 239, 485, BStBl II 2013, 471).

51

dd) Im vorliegenden Fall bedürfte es auch keiner Entscheidung, ob der Erlass des Gewinnfeststellungsbescheids auf § 181 Abs. 5 Satz 1 AO gestützt werden könnte. Denn jedenfalls sind die Voraussetzungen des § 181 Abs. 5 Satz 2 AO nicht erfüllt, da es an dem erforderlichen Hinweis in dem streitgegenständlichen Gewinnfeststellungsbescheid und in der Einspruchsentscheidung fehlt (vgl. BFH-Urteil vom 4. September 2008 IV R 1/07, BFHE 222, 220, BStBl II 2009, 335).

52

3. Der Hilfsantrag, die Sache an einen anderen Senat des FG zurückzuverweisen, wird abgelehnt. Gemäß § 155 FGO i.V.m. § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO kann der BFH die Rechtssache an einen anderen Senat des FG zurückverweisen. Da die Zurückverweisung an einen anderen Senat das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes) berührt, setzt sie besondere sachliche Gründe voraus, um eine willkürfreie Ermessensausübung zu gewährleisten. So kommt die Zurückverweisung an einen anderen Senat nur in Betracht, wenn ernstliche Zweifel an der Unvoreingenommenheit des erkennenden Senats des FG bestehen (BFH-Urteile vom 18. April 2013 VI R 29/12, BFHE 240, 570, BStBl II 2013, 735, und vom 10. Mai 2016 IX R 13/15). Hierfür liegen im Streitfall aber keine Anhaltspunkte vor.

53

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 143 Abs. 2 FGO.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 29. Mai 2013  3 K 4298/11 F wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

I. Kläger und Revisionsbeklagte sind die Ehefrau (Klägerin zu 2.) und die Söhne (Kläger zu 3. und 4.) des im Jahr 2009 verstorbenen Erblassers sowie die aus den Erben bestehende Erbengemeinschaft (Klägerin zu 1.). Zum Nachlass gehörten mehrere Grundstücke. Die am 13. Mai 2011 beim Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) eingereichte Erklärung zur Feststellung des Bedarfswertes für eines dieser Grundstücke unterzeichnete nur die Klägerin zu 2. als Erwerberin.

2

Mit Bescheid vom 26. Mai 2011 über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwertes für Zwecke der Erbschaftsteuer bewertete das FA das Grundstück als Ein- oder Zweifamilienhaus im Sachwertverfahren, stellte den Grundbesitzwert gesondert und einheitlich auf 285.418 € fest und rechnete ihn der Klägerin zu 1. zu. Den Bescheid gab das FA der Klägerin zu 2. als Empfangsbevollmächtigte für die "O.-Erbengemeinschaft" bekannt. Der Bescheid enthält den Zusatz:
"Der Bescheid ergeht mit Wirkung für und gegen die Erbengemeinschaft und alle Miterben."

3

Den Einspruch der Kläger wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 2. November 2011 als unbegründet zurück. Als Einspruchsführer bezeichnete das FA die "Erbengemeinschaft nach H.O., bestehend aus W.O., S.O. und R.O., ...".

4

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Der Bescheid sei nichtig, da der Inhaltsadressat nicht hinreichend bestimmt sei. Die Bezeichnung "O-Erbengemeinschaft" reiche dafür nicht aus. Es fehle an der namentlichen Benennung der Erben. Ob der Bescheid ordnungsgemäß bekannt gegeben worden sei, könne offenbleiben. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2013, 1634 veröffentlicht.

5

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Das FG gehe zu Unrecht davon aus, dass die Bewertung des Grundbesitzes gegenüber einer Erbengemeinschaft im Wege der gesonderten und einheitlichen Feststellung nach § 179 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) zu erfolgen habe. Tatsächlich erfolge die Feststellung des Grundbesitzwertes in Form einer einheitlichen Feststellung nach § 179 Abs. 2 Satz 1 AO. Der Gesetzgeber habe in § 151 Abs. 2 Nr. 2 des Bewertungsgesetzes in der im Streitjahr gültigen Fassung (BewG) ausdrücklich klargestellt, dass die Feststellung in solchen Fällen gegenüber der Erbengemeinschaft in Vertretung der Miterben zu erfolgen habe. Die Bezeichnung der Erbengemeinschaft im Feststellungsbescheid sei ausreichend, da der Inhaltsadressat bei verständiger Würdigung zweifelsfrei habe bestimmt werden können.

6

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Feststellungsbescheid vom 26. Mai 2011 den Inhaltsadressaten nicht hinreichend genau bezeichnet und daher nichtig ist.

9

1. Die Klägerin zu 1. als Erbengemeinschaft und die Kläger zu 2. bis 4. als Miterben konnten jeweils gesondert gegen den Bescheid vom 26. Mai 2011 vorgehen. Dies folgt aus dem Anschein der Rechtswirksamkeit des Bescheids, der nach seinem Wortlaut ausdrücklich mit Wirkung für und gegen die Erbengemeinschaft und alle Miterben ergangen ist. Dagegen können sich alle Betroffenen mit dem Einspruch und der Klage wenden, um den Anschein der Rechtswirksamkeit zu beseitigen (vgl. Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 40 FGO Rz 9).

10

2. Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist (§ 125 Abs. 1 AO). Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Verwaltungsakt inhaltlich nicht hinreichend bestimmt ist (§ 119 Abs. 1 AO). Die Angabe des Inhaltsadressaten ist konstituierender Bestandteil jedes Verwaltungsaktes, denn es muss unzweifelhaft feststehen, gegenüber wem der Einzelfall geregelt werden soll. Ist der Inhaltsadressat im Verwaltungsakt nicht hinreichend bestimmt angegeben, ist der Verwaltungsakt nichtig, ohne dass er in der Einspruchsentscheidung geheilt werden könnte (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 17. Juni 1992 X R 47/88, BFHE 169, 103, BStBl II 1993, 174; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 122 AO Rz 19, § 125 AO Rz 7; Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 179 AO Rz 162).

11

3. Inhaltsadressat eines Verwaltungsaktes ist derjenige, gegen den er sich richtet, für den er bestimmt ist und gegen den er wirken soll (Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 122 AO Rz 18). Bei Steuerbescheiden ist dies der Steuerschuldner, bei Feststellungsbescheiden der Feststellungsbeteiligte, gegen den sich die Feststellungen richten (vgl. § 181 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 157 Abs. 1 Satz 2 AO). Feststellungsbescheide müssen ebenso wie Steuerbescheide hinreichend deutlich erkennen lassen, für wen sie inhaltlich bestimmt sind (BFH-Urteile vom 17. September 1997 II R 49/95, BFH/NV 1998, 417; vom 2. Juli 2004 II R 73/01, BFH/NV 2005, 214, und vom 7. Juli 2004 II R 77/01, BFH/NV 2005, 73). Der Feststellungsbeteiligte ist regelmäßig identisch mit demjenigen, dem der Gegenstand der Feststellung bei der Besteuerung zuzurechnen ist (§ 179 Abs. 2 Satz 1 AO; vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1998, 417, m.w.N.).

12

4. Nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BewG sind Grundbesitzwerte gesondert festzustellen, wenn die Werte für die Erbschaftsteuer oder eine andere Feststellung im Sinne dieser Vorschrift von Bedeutung sind. Beim Erwerb durch eine Erbengemeinschaft erfolgt die Zurechnung in Vertretung der Miterben auf die Erbengemeinschaft (§ 151 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BewG).

13

Inhaltsadressat der Feststellung des Grundbesitzwertes (§ 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BewG) ist der Erbe, für dessen Besteuerung die Feststellung des Grundbesitzwertes von Bedeutung ist. § 151 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BewG regelt den Fall der gesonderten und einheitlichen Feststellung des Grundbesitzwertes bei mehreren Erben. Die Regelung soll bewirken, dass der Feststellungsbescheid für die durch die Erbengemeinschaft vertretenen Miterben Bindungswirkung hinsichtlich der Art der wirtschaftlichen Einheit und des festgestellten Wertes hat sowie darüber, dass die wirtschaftliche Einheit allen Miterben zuzurechnen ist (BTDrucks 16/7918, S. 40). Damit wird die Erbengemeinschaft jedoch nicht zum Inhaltsadressaten des Feststellungsbescheids, denn die zu treffenden Feststellungen sind nicht für die Besteuerung der Erbengemeinschaft selbst, sondern bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer gegen die von den Feststellungen betroffenen Miterben von Bedeutung. Inhaltsadressaten der gesonderten Feststellung bleiben die Miterben auch, wenn die Feststellung gegenüber der Erbengemeinschaft in Vertretung für die Miterben erfolgt.

14

Die Miterben sind als Steuerschuldner der Erbschaftsteuer auch am Feststellungsverfahren beteiligt. Für Bewertungsstichtage nach dem 30. Juni 2011 (vgl. § 205 Abs. 1 BewG i.d.F. des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 vom 1. November 2011, BGBl I 2011, 2131, --BewG n.F.--) folgt dies ausdrücklich aus § 154 Abs. 1 Nr. 3 BewG n.F., wonach diejenigen, die eine Steuer schulden, für die die Wertfeststellung von Bedeutung ist, am Feststellungsverfahren beteiligt sind. Für frühere Bewertungsstichtage folgt dies aus der Rechtsprechung des BFH, wonach den in Betracht kommenden Steuerschuldnern der Gegenstand der Wertfeststellung i.S. des § 154 Abs. 1 Nr. 1 BewG zuzurechnen ist und diese Steuerpflichtigen am Feststellungsverfahren beteiligt sind (BFH-Urteil vom 6. Juli 2011 II R 44/10, BFHE 234, 107, BStBl II 2012, 5, Rz 24 und 30).

15

5. Dem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwertes bei mehreren Miterben muss klar und eindeutig entnommen werden können, gegen welche Beteiligten der Erbengemeinschaft sich die Feststellungen richten. Dabei ist es ausreichend, wenn sich die Beteiligten zwar nicht aus dem Adressfeld, wohl aber aus dem weiteren Inhalt des Bescheids ergeben, z.B. aus einer Anlage (vgl. Brandis in Tipke/ Kruse, a.a.O., § 179 AO Rz 8, m.w.N.), aus den Erläuterungen des Bescheids oder aus einem in Bezug genommenen Bericht über eine Außenprüfung (vgl. BFH-Urteil vom 17. November 2005 III R 8/03, BFHE 212, 72, BStBl II 2006, 287).

16

Formalismus und Wortklauberei sind unangebracht; entscheidend ist vielmehr, ob sich der Inhaltsadressat sicher identifizieren lässt (BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 73). Daher ist die Bezeichnung Erbengemeinschaft mit dem Zusatz der Namen der Erben ausreichend, denn die Mitglieder der Erbengemeinschaft können einem solchen Bescheid entnehmen, dass dieser sich gegen sie als Erbengemeinschaft richtet (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 73).

17

Letztlich können an die Bezeichnung des Inhaltsadressaten bei einem Feststellungsbescheid keine geringeren Anforderungen gestellt werden als in den Fällen, in denen gegen die Erbengemeinschaft --ausnahmsweise-- als Steuerschuldnerin oder Gesamtrechtsnachfolgerin des Steuerschuldners Steuerbescheide erlassen werden. Auch in diesen Fällen muss der an die Erbengemeinschaft gerichtete Steuerbescheid mangels Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft zur Identifizierung grundsätzlich den Namen des Erblassers und die Namen der einzelnen Miterben enthalten (vgl. BFH-Urteil vom 29. November 1972 II R 42/67, BFHE 108, 257, BStBl II 1973, 372, zur Grunderwerbsteuer, und BFH-Beschluss vom 17. November 1987 V B 111/87, BFH/NV 1988, 682, zur Umsatzsteuer). Die Finanzverwaltung folgt dieser Rechtsprechung (vgl. 2.4.1.3 des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung zu § 122).

18

Aus § 154 Abs. 3 BewG kann nicht hergeleitet werden, dass die Bezeichnung der Miterben im Feststellungsbescheid entbehrlich wäre. Diese Vorschrift enthält lediglich Regelungen über die (erleichterte) Bekanntgabe des Feststellungsbescheids, trifft aber keine Regelung über dessen Inhaltsadressaten.

19

6. Im Streitfall ist das FG zutreffend davon ausgegangen, dass der Feststellungsbescheid vom 26. Mai 2011 den Inhaltsadressaten nicht hinreichend genau bezeichnet und daher nichtig ist.

20

Weder aus dem Adressfeld, noch aus der Bezeichnung "O-Erbengemeinschaft" noch aus den weiteren Erläuterungen des Bescheids lässt sich entnehmen, aus welchen Mitgliedern die Erbengemeinschaft besteht. Der Bescheid enthält zwar den Hinweis, dass er mit Wirkung für und gegen alle Mitglieder der Erbengemeinschaft ergeht. Namentlich bezeichnet sind die Miterben jedoch nicht. Es kann dahinstehen, ob die spätere Bezeichnung in der Einspruchsentscheidung den gesetzlichen Anforderungen genügt, denn eine Heilung der mangelnden Bezeichnung der Inhaltsadressaten in der Einspruchsentscheidung war nicht möglich (BFH-Urteil in BFHE 169, 103, BStBl II 1993, 174; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 122 AO Rz 19, § 125 AO Rz 7; Söhn in HHSp, a.a.O., § 179 AO Rz 162).

21

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

Tenor

Auf die Revision der Klägerinnen wird das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 24. März 2014 13 K 2635/12 aufgehoben.

Der Feststellungsbescheid 1990 des Beklagten über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen vom 23. Februar 2011 wird geändert.

Es werden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 6.332 DM festgestellt.

Diese Einkünfte werden der Klägerin zu 1. in Höhe von 4.750 DM und den Klägerinnen zu 2. und 3. zu je 791 DM zugerechnet.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens haben der Beklagte zu 93 %, die Klägerinnen zu 7 % zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob veräußerte Grundstücke zu einem verpachteten land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehörten oder Privatvermögen waren.

2

Der im Februar 1990 verstorbene Ehemann (E) der Klägerin und Revisionsklägerin zu 1. (Klägerin zu 1.) und Vater der Klägerinnen und Revisionsklägerinnen zu 2. und 3. (Klägerinnen zu 2. und 3.) bewirtschaftete bis zum Jahr 1978 einen Hof in S, der in seinem Alleineigentum stand. Nach erheblichen Flächenverkäufen in den Jahren 1971 bis 1978 belief sich die im Eigentum des E stehende landwirtschaftliche Nutzfläche auf nur noch 4,204 ha. Davon waren 3,8358 ha verpachtet. Das Betriebsgebäude nebst dazugehörender Fläche nutzten E und die Klägerin zu 1. weiter. E erwarb zusammen mit der Klägerin zu 1. im September 1979 einen landwirtschaftlichen Betrieb in H, dessen Anschaffungskosten sich auf 840.881,41 DM beliefen. Dieser Betrieb wurde sogleich an den vormaligen Eigentümer verpachtet.

3

Die Klägerin zu 1. und E gaben zunächst keine Einkommensteuererklärungen und auch keine Erklärungen zur einheitlichen und gesonderten Feststellung ab. Bei einer Außenprüfung im Jahre 1981 wurde erstmals für die Wirtschaftsjahre ab 1974/1975 der Gewinn nach § 13a des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelt und festgestellt, dass E aus Grundstücksverkäufen im Jahr 1977 einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 1.738.672,32 DM erzielt hatte. Hierfür bildete der Betriebsprüfer auf Antrag des E eine Rücklage nach § 6c EStG in gleicher Höhe. Im Wirtschaftsjahr 1979/1980 übertrug er hiervon einvernehmlich mit der Klägerin zu 1. und E einen Teilbetrag in Höhe von 840.881,41 DM auf die Anschaffungskosten des mit Kaufvertrag vom September 1979 von E und der Klägerin zu 1. je zur ideellen Hälfte erworbenen landwirtschaftlichen Betriebs in H.

4

E, der seine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft ab dem Wirtschaftsjahr 1980/1981 durch Bestandsvergleich gemäß § 4 Abs. 1 EStG ermittelte, erwarb im März 1981 weitere landwirtschaftlich genutzte Flächen (Stückländereien) in T, die er seinem Einzelbetrieb in S widmete und sofort verpachtete. Von der verbleibenden Rücklage übertrug E 825.634,81 DM auf deren Anschaffungskosten. Die restliche Rücklage löste er in der Bilanz zum 30. Juni 1981 auf.

5

E erklärte die Einkünfte aus dem verpachteten Hof in H und den verpachteten Stückländereien seines Einzelbetriebs in der Folgezeit als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Die Klägerin zu 1. erklärte keine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Eine Feststellungserklärung bezüglich des Hofes in H wurde ebenfalls nicht abgegeben.

6

Mit Verträgen vom 15. Januar 1991 und vom 11. Juli 1991 veräußerten die Klägerinnen, die E beerbt hatten, verschiedene zu dem Hof in H gehörende landwirtschaftliche Flächen. Den hieraus in Höhe von 162.812 DM erzielten Gewinn erklärten sie zunächst als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Das Finanzamt Oldenburg erließ daraufhin einen Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr (1990), in dem es die Gewinne aus der Veräußerung der Grundstücke zur Hälfte als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erfasste.

7

Mit ihrem hiergegen gerichteten Einspruch machten die Klägerinnen erstmals unter Hinweis auf das zwischenzeitlich ergangene Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 20. April 1989 IV R 95/87 (BFHE 157, 365, BStBl II 1989, 863) vergeblich geltend, der Hof in H sei Privatvermögen und die Veräußerung daher nicht steuerbar. Die Klage wies das Niedersächsische Finanzgericht ab. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 1994, 875 veröffentlicht.

8

Der BFH hob mit Urteil vom 7. November 1996 IV R 72/95 (BFH/NV 1997, 574) die Entscheidung des Niedersächsischen Finanzgerichts auf und verwies die Sache an dieses Gericht zurück. Er war der Auffassung, dass zunächst eine gesonderte Feststellung der Einkünfte hätte vorgenommen werden müssen, und zwar unabhängig davon, ob die streitbefangenen Einkünfte solche aus Vermietung und Verpachtung oder solche aus Land- und Forstwirtschaft seien. Das Niedersächsische Finanzgericht hätte in dieser verfahrensrechtlichen Situation das Klageverfahren gemäß § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) aussetzen müssen.

9

Mit Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1990 stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Belegenheitsfinanzamt --FA--) die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft letztlich mit 87.582 DM fest. Darin enthalten ist ein laufender Gewinn, der nicht auf die Grundstücksveräußerungen entfällt, in Höhe von 6.332 DM.

10

Die dagegen nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage wies das Hessische Finanzgericht (FG) ab. Es teilte die Auffassung des Niedersächsischen Finanzgerichts, bei den zum Hof in H gehörenden Grundstücken habe es sich nach Treu und Glauben um Betriebsvermögen und nicht um Privatvermögen gehandelt.

11

Mit ihrer Revision rügen die Klägerinnen eine Verletzung materiellen Rechts.

12

Sie beantragen,
das Urteil des FG vom 24. März 2014  13 K 2635/12 und den Feststellungsbescheid 1990 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 18. Dezember 1996 in der geänderten Fassung vom 23. Februar 2011 aufzuheben.

13

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

14

II. Die Revision ist überwiegend begründet. Das Urteil des FG ist daher aufzuheben und der Feststellungsbescheid zu ändern (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). FA und FG sind zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Gewinn aus der Veräußerung der streitgegenständlichen Grundstücke einkommensteuerbar ist. Die laufenden Einkünfte sind aber --ungeachtet dessen, dass es sich insoweit um solche aus Vermietung und Verpachtung handelt-- zu Recht mit 6.332 DM erfasst worden. Sie sind den Klägerinnen entsprechend ihrer Beteiligungsquoten zuzurechnen.

15

1. Das landwirtschaftliche Anwesen in H war kein ruhender land- und forstwirtschaftlicher Betrieb des E und der Klägerin zu 1.

16

a) Der Steuerpflichtige hat auch im Fall der Verpachtung seines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ein Wahlrecht, ob er den Vorgang als Betriebsaufgabe i.S. des § 16 Abs. 3 EStG i.V.m. § 14 EStG behandeln und damit die Wirtschaftsgüter seines Betriebs unter Auflösung der stillen Reserven in sein Privatvermögen überführen oder das Betriebsvermögen während der Verpachtung fortführen und daraus Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielen will (grundlegend Urteil des Großen Senats des BFH vom 13. November 1963 GrS 1/63 S, BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124; BFH-Urteile vom 18. März 1964 IV 114/61 S, BFHE 79, 195, BStBl III 1964, 303, und in BFHE 157, 365, BStBl II 1989, 863). Dieses Recht des Steuerpflichtigen findet seine Rechtfertigung darin, dass die Einstellung der eigenen betrieblichen Tätigkeit im Fall der Verpachtung nicht endgültig sein muss, solange die Möglichkeit der Wiederaufnahme durch die Beendigung des Pachtverhältnisses besteht (BFH-Urteile vom 13. März 1986 IV R 176/84, BFHE 146, 399, BStBl II 1986, 601, und vom 6. April 2016 X R 52/13, BFHE 253, 359, BStBl II 2016, 710). Damit soll zugunsten des Steuerpflichtigen vermieden werden, dass bei der Betriebsverpachtung im Ganzen zwangsläufig durch die Annahme einer Betriebsaufgabe steuerpflichtige stille Reserven aufgelöst werden, ohne dass dem Steuerpflichtigen --wie z.B. bei einer Betriebsveräußerung-- Mittel zufließen, mit denen er die auf den Aufgabegewinn entfallende Einkommensteuer bezahlen könnte (BFH-Urteil in BFHE 157, 365, BStBl II 1989, 863).

17

Dieses Wahlrecht steht jedoch nur dem bisherigen Unternehmer des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs zu, nicht hingegen dem Erwerber eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes, der den Betrieb zu keinem Zeitpunkt selbst bewirtschaftet, sondern in unmittelbarem Anschluss an den entgeltlichen Erwerb verpachtet. Ein solcher Erwerber hat keine Land- und Forstwirtschaft betrieben, die er bei Verpachtung entweder aufgeben oder deren Betriebsvermögen er als aussetzender Betrieb ohne Auflösung der stillen Reserven fortführen könnte. Er besitzt grundsätzlich überhaupt kein Betriebsvermögen mit im Lauf der Jahre angewachsenen stillen Reserven, deren Auflösung er vermeiden könnte. Vielmehr erwirbt er käuflich nur Vermögen, das er weiter verpachtet, ohne mit diesem Vermögen durch eigene betriebliche Tätigkeit als Land- und Forstwirt Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt zu haben bzw. erzielen zu wollen. Der Erwerber eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, der nur das Eigentum erwirbt, aber zu keinem Zeitpunkt als Land- und Forstwirt tätig wird, bezieht daher im Fall der sofortigen Verpachtung des erworbenen Betriebes nur Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (BFH-Urteil in BFHE 157, 365, BStBl II 1989, 863; seither ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 17. Juni 1993 IV R 110/91, BFHE 171, 481, BStBl II 1993, 752; vom 29. März 2001 IV R 88/99, BFHE 195, 267, BStBl II 2002, 791, und vom 19. Juli 2011 IV R 10/09, BFHE 234, 212, BStBl II 2012, 93).

18

b) Hiernach wurden E und die Klägerin zu 1., die vor dem Erwerb keinen gemeinsamen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhalten hatten, allein durch den Erwerb des landwirtschaftlichen Anwesens in H nicht land- und forstwirtschaftliche Unternehmer. Sie haben den Hof in H unmittelbar nach dessen Erwerb gemeinschaftlich an den bisherigen Eigentümer verpachtet und hatten zu keinem Zeitpunkt vor, ihn selbst zu bewirtschaften (vgl. dazu BFH-Urteile vom 12. September 1991 IV R 14/89, BFHE 165, 518, BStBl II 1992, 134; in BFHE 171, 481, BStBl II 1993, 752; in BFHE 234, 212, BStBl II 2012, 93, Rz 38). Sie überließen daher nur Privatvermögen zur Nutzung und erzielten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG). Die Veräußerung von Grundstücken des Privatvermögens ist jedoch nur nach Maßgabe des § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG einkommensteuerbar. Diese Frist von (im Streitjahr) zwei Jahren war zum Zeitpunkt der Veräußerung der Grundstücke abgelaufen und der Verkauf somit nicht einkommensteuerbar.

19

Ob die Grundstücke des verpachteten Betriebs in H, soweit sie im Eigentum des E standen, Betriebsvermögen des land- und forstwirtschaftlichen Einzelunternehmens des E in S waren (bei einer Entfernung von mehr als 100 Kilometern scheidet dies grundsätzlich aus, dazu BFH-Urteil in BFHE 234, 212, BStBl II 2012, 93), ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Denn der Feststellungsbescheid gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) bezieht sich stets nur auf die gemeinschaftlich verwirklichten Tatbestandsmerkmale. Erzielt eine Grundstücksgesellschaft oder -gemeinschaft Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und hält ein Gesellschafter die Beteiligung (anteiligen Grundstücke) in einem Betriebsvermögen, werden die Einkünfte erst im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer in betriebliche Einkünfte umqualifiziert (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 11. April 2005 GrS 2/02, BFHE 209, 399, BStBl II 2005, 679, unter C.3.b aa; BFH-Urteil vom 18. April 2012 X R 34/10, BFHE 237, 135, BStBl II 2012, 647).

20

2. Entgegen der Auffassung des FG kann der Grundsatz von Treu und Glauben keine Steuerpflicht der Veräußerungsgewinne begründen.

21

a) Zwar ist der Grundsatz von Treu und Glauben, wonach jeder auf die berechtigten Belange des anderen Teils angemessen Rücksicht zu nehmen hat und sich zu seinem früheren Verhalten nicht in Widerspruch setzen darf, auch im Steuerrecht anzuwenden. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH bringt jedoch der Grundsatz von Treu und Glauben keine Steueransprüche zum Entstehen oder zum Erlöschen, sondern kann allenfalls verhindern, dass eine Forderung oder ein Recht geltend gemacht werden kann. Ein treuwidriges Verhalten kann daher nicht dazu führen, Steuerrechtsfolgen zu begründen oder zu verneinen, die materiell-rechtlich nicht bestehen (BFH-Urteile vom 8. August 2013 III R 3/13, BFHE 243, 198, BStBl II 2014, 576, Rz 28 f.; vom 30. Juli 1997 I R 7/97, BFHE 184, 88, BStBl II 1998, 33; vom 8. Februar 1996 V R 54/94, BFH/NV 1996, 733, und vom 29. Januar 2009 VI R 12/06, BFH/NV 2009, 1105; ebenso Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 4 AO Rz 164).

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Die unrechtmäßige Übertragung der Rücklage nach § 6c EStG im Wirtschaftsjahr 1979/1980 auf die Anschaffungskosten der Grundstücke des Anwesens in H kann daher nach Treu und Glauben nicht zu einer gesetzlich nicht vorgesehenen Steuerpflicht der streitgegenständlichen Veräußerungsgewinne führen. Die Frage kann daher offenbleiben, ob sich ein Beteiligter --Finanzamt oder Steuerpflichtiger-- überhaupt treuwidrig verhält, wenn er sich die Rechtsauffassung eines BFH-Urteils zu eigen macht, dem eine andere Rechtsauffassung zugrunde liegt als diejenige, die beide Beteiligten im Rahmen des ursprünglichen, bestandskräftig abgeschlossenen Steuerfestsetzungsverfahrens vertreten haben.

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b) Das BFH-Urteil vom 15. März 1990 IV R 90/88 (BFHE 160, 317, BStBl II 1990, 689) steht diesem Ergebnis schon deshalb nicht entgegen, weil der Kläger in jenem Fall unstreitig einen Gewinn aus der Auflösung einer Rücklage nach § 6c EStG erzielt hatte und die Beteiligten nur darüber stritten, in welchem Wirtschaftsjahr der Gewinn zu erfassen war. Der BFH führte aus, ein Steuerpflichtiger verhalte sich treuwidrig, wenn er zunächst die Auffassung vertrete, die mangels Reinvestition anzusetzende fiktive Betriebseinnahme nach § 6c Abs. 1 Nr. 2 EStG i.V.m. § 6b Abs. 3 Satz 5 EStG in der damals gültigen Fassung sei erst nach Ablauf des vierten Wirtschaftsjahres nach der Veräußerung zu erfassen, später dann aber den Zuschlag als Betriebseinnahme mit der Begründung anfechte, dieser hätte nach der (damaligen) gesetzlichen Regelung bereits zum Ende des zweiten auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres berücksichtigt werden müssen. Ungeachtet der Frage, ob dieses widersprüchliche Verhalten nicht mittels § 174 Abs. 4 AO (s. dazu zuletzt BFH-Urteil vom 25. Oktober 2016 X R 31/14, BFHE 255, 399, BStBl II 2017, 287, m.w.N.) hätte aufgelöst werden können, liegt dem BFH-Urteil in BFHE 160, 317, BStBl II 1990, 689 jedenfalls nicht die Meinung zugrunde, Treu und Glaube könnten materiell-rechtlich nicht bestehende Steueransprüche begründen. Das Urteil verhält sich vielmehr allein dazu, ob widersprüchliches Verhalten eines Beteiligten dazu führen kann, dass ein unstreitig entstandener Gewinn in einem anderen Wirtschaftsjahr erfasst werden darf als gesetzlich vorgesehen. Auch nach dem BFH-Urteil vom 17. Juni 1992 X R 47/88 (BFHE 169, 103, BStBl II 1993, 174) kann der Grundsatz von Treu und Glauben nur dazu führen, dass ein Beteiligter einen Anspruch nicht mehr durchsetzen kann.

24

3. Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Sein Urteil ist daher aufzuheben und der Feststellungsbescheid dahingehend zu ändern, dass ein Gewinn aus der Veräußerung der streitgegenständlichen Grundstücke nicht mehr erfasst wird.

25

4. Unbegründet ist die Revision jedoch, soweit die Klägerinnen die Aufhebung des Feststellungsbescheids auch insoweit begehren, als laufende Einkünfte aus der Verpachtung der Grundstücke des Anwesens in H von 6.332 DM festzustellen sind. Diese Einkünfte hat das FA anhand der Pachtbeiträge geschätzt. Anhaltspunkte dafür, dass die Schätzungen unzutreffend sind, liegen nicht vor. Einwendungen hiergegen haben die Klägerinnen nicht erhoben. Zwar ist das FA für die Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung örtlich nicht zuständig. Denn für Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ist nicht das Belegenheitsfinanzamt (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 AO), sondern das Finanzamt zuständig, von dessen Bezirk die Verwaltung dieser Einkünfte ausgeht (§ 18 Abs. 1 Nr. 4 AO), im Streitfall demnach das für die Einkommensbesteuerung des E und der Klägerinnen zuständige Finanzamt... .

26

Nach § 127 AO kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 125 AO nichtig ist, jedoch nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Der Regelung des § 127 AO ist der Rechtsgedanke immanent, dass das Interesse an einer gesetzmäßigen und gleichmäßigen Steuerfestsetzung dasjenige der Steuerpflichtigen an einem formal rechtmäßigen Verfahren überwiegt (BFH-Urteil vom 25. November 1997 VIII R 4/94, BFHE 184, 255, BStBl II 1998, 461, unter II.2.e). Deshalb soll gemäß § 127 AO die Aufhebung dann ausgeschlossen sein, wenn der Fehler für die Entscheidung der Behörde nicht kausal gewesen sein kann (BFH-Urteil vom 18. Juli 1985 VI R 41/81, BFHE 144, 240, BStBl II 1986, 169, unter 2.). So liegt der Fall hier. Der Feststellungsbescheid ist, soweit er laufende Einkünfte von 6.332 DM feststellt, mit der Maßgabe richtig, dass es sich dabei um Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung handelt. Da der Bescheid insoweit rechtmäßig ist und ein neuer Feststellungsbescheid gleichen Inhalts ergehen müsste, können die Klägerinnen mit ihrem Begehren in diesem Punkt keinen Erfolg haben.

27

Die Einkünfte sind den Klägerinnen nach den Beteiligungsquoten zuzurechnen, der Klägerin zu 1. zu 3/4 und den Klägerinnen zu 2. und 3. zu jeweils 1/8. Nach den Feststellungen des FG haben die Klägerinnen zwar schuldrechtlich vereinbart, dass die laufenden Einkünfte allein der Klägerin zu 1. zugerechnet werden sollen. Es handelt sich jedoch insoweit nur um eine Einkommensverwendungsabrede, die an der Zurechnung der Einkünfte entsprechend den Beteiligungsverhältnissen nichts ändert. Den objektiven Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung verwirklicht, wer einem anderen eines der in § 21 Abs. 1 EStG genannten Wirtschaftsgüter entgeltlich auf Zeit zum Gebrauch oder zur Nutzung überlässt und in diesem Zusammenhang Träger der Rechte und Pflichten aus einem Miet- oder Pachtvertrag ist. Hinsichtlich des objektiven Tatbestands der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung kommt es mithin darauf an, wer die maßgebenden wirtschaftlichen Dispositionsbefugnisse über das Mietobjekt hat und damit eine Vermietertätigkeit selbst ausübt (z.B. BFH-Urteil vom 12. Juli 2016 IX R 21/15, BFH/NV 2016, 1695). Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerinnen zu 2. und 3. sich ihrer wirtschaftlichen Dispositionsbefugnisse über das Mietobjekt in H begeben hätten.

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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung.

(2) Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden. Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung jederzeit beantragen. Die Entscheidung hierüber kann jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls, die innerhalb angemessener Frist vorzunehmen ist, hinausgeschoben werden.

(3) Der Vorbehalt der Nachprüfung kann jederzeit aufgehoben werden. Die Aufhebung steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich; § 157 Abs. 1 Satz 1 und 3 gilt sinngemäß. Nach einer Außenprüfung ist der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben.

(4) Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. § 169 Absatz 2 Satz 2, § 170 Absatz 6 und § 171 Absatz 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden.

(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,
2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.