Finanzgericht Köln Beschluss, 27. Aug. 2013 - 3 V 1100/13
Tenor
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
1
Gründe
2I.
3Die Beteiligten streiten nach einer Steuerfahndungsprüfung über die Rechtmäßigkeit von Hinzuschätzungen --im Verfahren 3 V 3747/12 für die Jahre 2009 und 2010 und wegen Lohnsteuerhaftung 2009 bis 2011-- und im vorliegenden Verfahren für das Streitjahr 2011.
4Die Antragstellerin war im Streitjahr eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts und betrieb in E ein Taxiunternehmen. Die Gesellschafter waren jeweils zur Hälfte beteiligt. Die Antragstellerin verfügte über drei Konzessionen, die sie samt Fahrzeugen mit Vertrag vom 19. Januar 2009 erworben hat.
5Am 17. November 2011 begann das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung E mit einer Steuerfahndungsprüfung bei der Antragstellerin.
6Im Bericht über die steuerlichen Feststellungen im Rahmen der Fahndungsprüfung vom 31. August 2012 traf die Fahndungsprüferin folgende Feststellungen:
7Die Antragstellerin habe ihre täglichen Einnahmen nicht ordnungsgemäß aufgezeichnet. Sie habe keine täglichen Aufzeichnungen in Form von ordnungsgemäßen und vollständigen Schichtzetteln vorlegen können. Die Einnahmen seien in Halbmonats- und Monatsberichten aufgezeichnet worden, in denen die Fahrer lediglich summenmäßige Angaben gemacht hätten, an welchen Tagen sie gefahren, wie hoch die jeweils gefahrenen Kilometer gewesen seien und welche Beträge Sie an den einzelnen Tagen eingenommen hätten. An Betriebsausgaben seien in den Berichten der Fahrer Tank- und Waschrechnungen aufgelistet worden. Die Einnahmen seien dann in einer Monatstabelle für jeden Fahrer wochenweise aufgelistet worden. Die von den Fahrern gefertigten Aufzeichnungen seien nicht vorgelegt worden.
8Die Taxen seien mit angestellten Fahrern besetzt gewesen. Anhand der vorgelegten Monatsaufzeichnungen sei ermittelt worden, dass z.B. im Monat März 2009 und im Monat September 2009 sowie im Jahresdurchschnitt die Taxen der Antragstellerin nicht einmal im Einschichtbetrieb eingesetzt worden sein sollen. Dies habe selbst an umsatzstarken Tagen wie im Karneval 2009 gegolten, für die nur durchschnittlich 1,16 Schichten pro Tag eingesetzt worden seien. Die Aufzeichnungen der Antragstellerin seien daher nicht glaubhaft.
9Zudem hätten Daten, die beim Taxi-Ruf E für den Zeitraum vom 1. Juli 2011 bis zum 30. Oktober 2011 erhoben worden seien, ergeben, dass nahezu sämtliche Taxen der Antragstellerin in einem Zweischichtbetrieb und fast sogar in einem Dreischichtbetrieb unterwegs gewesen seien. Dies ergebe sich aus den Uhrzeiten der vermittelten Fahrten. Es seien im Juli 2011 insgesamt nur 70 Schichten gebucht worden, tatsächlich sei anhand der vorliegenden Daten davon auszugehen, dass mindestens 145 Schichten gefahren worden sein. Es seien somit insgesamt nur die Hälfte der gefahrenen Schichten verbucht worden.
10Bei Einzelunternehmern mit festangestellten Fahrern betrage die durchschnittliche Laufleistung je Fahrzeug zwischen 100.000 und 120.000 km im Jahr.
11Die Steuerfahndung habe am 11. Mai 2011 im Rahmen einer Durchsuchung den Kilometerstand eines Fahrzeugs (...) ausgelesen. Greife man auf den bei der Durchsuchung abgelesenen Tachostand und die Werkstattbesuchsdaten zu einem Zeitpunkt vor dem 11. Mai 2011 und zu einem Zeitpunkt nach dem 11. Mai 2011 zurück und bestimme hieraus die Laufleistung des Jahres 2011 so lasse sich von einer Jahresfahrleistung des Taxis von ca. 124.000 km im Jahr ausgehen. Für die Einzelheiten wird auf die Berechnung des Antragsgegners auf Blatt 43 der Gerichtsakte im Verfahren 3 V 1100/13 Bezug genommen.
12Die Besteuerungsgrundlagen seien für 2011 zu schätzen. Im Rahmen der Nachkalkulation setzte die Prüferin eine gleiche Fahrleistung aller Taxen von jeweils 90.000 km im Jahr an. Den Erlös pro gefahrenem Kilometer setzte sie im Streitjahr 2011 mit 1,15 €/km an. Hierbei handele es sich um die Brutto-Durchschnittserlöse auf Basis der gültigen Tarife der Stadt E abzüglich eines Sicherheitsabschlags in Höhe von ca. 10%. Dieser Sicherheitsabschlag gelte die Unsicherheitsfaktoren des Betrugs durch die Fahrer und nicht gezahlter Fahrpreise durch die Kunden ab. Zudem berücksichtigte die Prüferin anhand der Laufleistungen der Fahrzeuge weitere Aufwendungen für Benzinkosten, wobei sie von einem Verbrauch der einzelnen Taxen je 100 km von 8,5 Litern und den Kosten pro Liter Diesel im Streitjahr 2011 von 1,20 € ausging.
13Zudem ging die Prüferin davon aus, dass die in der Buchführung berücksichtigten Lohnkosten nicht den tatsächlich ausgezahlten Löhnen entsprächen. Aufgrund einer Mitteilung gemäß § 116 AO des Arbeitsgerichts E beim Finanzamt für Steuerstrafsachen, nach der ein angestellter Taxifahrer der Antragstellerin in einem Kammertermin am.... April 2010 erklärt habe, statt eines fest vereinbarten Bruttogehalts 46 % der Bruttofahrpreise als Lohn erhalten zu haben, obwohl im Arbeitsvertrag nur ein Festbetrag genannt gewesen sei, berücksichtigte die Prüferin weiteren --nicht gebuchten--Lohnaufwand auf der Grundlage, dass die Fahrer 45 % des Bruttoumsatzes für sich behalten durften und den Rest nach Abzug der ausgelegten Kosten an die Antragstellerin weitergeben mussten.
14Dies führte zu folgenden nachkalkulierten Besteuerungsgrundlagen
15Mehr-Kraftstoff laut Kalkulation | 45.000 Mehrkilometer * 8,5 Liter / 100 km * 1,2 = 4.590 € * 3 Taxen = 13.770 € |
Mehr-Lohnaufwand laut Kalkulation | 310.000 km * 0,45 = 139.725 ./. gebuchter Lohnaufwand 73.605 € = 66.120 € |
Die Schätzung führte zu folgenden Mehrumsätzen und folgenden Mehr-Betriebseinnahmen:
17Mehrumsätze netto (€) | Mehr-Betriebseinnahmen (€) | Einkünfte laut Prüfung (€) | |
2011 | 114.067 | 114.591 € 7.984,76 € USt | 71.598,53 |
Für die Einzelheiten der Feststellungen der Steuerfahndung wird auf den Bericht vom 31. August 2012 und die Texte von 6-17 sowie die zugehörigen Anlagen 1-3 Bezug genommen (abgelegt in einem Hefter in der Feststellungsakte). Zudem wird auf die in der Lohnsteuerakte abgelegte Mitteilung gemäß § 116 AO des Arbeitsgerichts E (eingegangen beim Finanzamt für Steuerstrafsachen am 28. April 2010) Bezug genommen.
19Im Anschluss an die Steuerfahndungsprüfung hatte der Antragsgegner am 20. September 2012 geänderte Umsatzsteuer-Voranmeldungsbescheide für das erste bis vierte Quartal 2011 erlassen (Blatt 41 bis 48 der GA zum Verfahren 3 V 3747/12), gegen die die Antragstellerin am 17. Oktober 2012 beim Antragsgegner Einspruch erhoben und die Aussetzung der Vollziehung beantragt hatte. Letzteres lehnte der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 29. November 2012 ab (Blatt 22 der Gerichtsakte zum Verfahren 3 V 3747/12). Daraufhin hatte die Antragstellerin mit am 12. Dezember 2012 beim Finanzgericht eingegangenen Schriftsatz im Verfahren 3 V 3747/12 die Aussetzung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung beantragt. Während des gerichtlichen Aussetzungsverfahrens reichte die Klägerin am 5. Februar 2013 eine Umsatzsteuerjahreserklärung 2011 beim Antragsgegner ein. Dieser folgte der Antragsgegner nicht. Er erließ am 7. März 2013 einen Umsatzsteuerjahresbescheid 2011, der im Verfahren 3 V 3747/12 gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung zum Gegenstand des Verfahrens wurde. Der erkennende Senat hat mit Beschluss vom heutigen Tage das Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung wegen Umsatzsteuer 2011 vom Verfahren 3 V 3747/12 abgetrennt und mit dem vorliegenden Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
20Am 14. Februar 2013 gingen eine Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung und eine Gewerbesteuererklärung für das Streitjahr 2011 beim Antragsgegner ein. Diesen Erklärungen folgte der Antragsgegner unter Bezugnahme auf den Bericht der Steuerfahndung nicht und erließ am 7. März 2013 einen Bescheid über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung und sowie am 31. März 2011 einen Gewerbesteuermessbescheid für das Streitjahr.
21Die Antragstellerin erhob wegen des Gewinnfeststellungsbescheids und des Gewerbesteuermessbescheids für das Streitjahr Einspruch. Gleichzeitig beantragte sie die Aussetzung der Vollziehung beider Bescheide ohne Sicherheitsleistung.
22Den Einspruch begründete die Antragstellerin wie schon für die Vorjahre 2009 und 2010 im Verfahren 3 V 3747/12 damit, ihr seien die Ermittlungsgrundlagen aus dem Bericht über die Steuerfahndungsprüfung vom 31. August 2012 nicht mitgeteilt worden. Dies gelte für die beim Taxi Ruf-E abgefragten Einsatzzeiten der Taxen der Antragstellerin. Zudem besage die Anmeldung und die Abmeldung einer Taxikonzession beim Taxi Ruf nicht, dass das Taxi durchgehend genutzt worden sei. Der Fahrer könne das Fahrzeug morgens anmelden und nutzen, danach pausieren und abends seine Tätigkeit wieder aufnehmen.
23Auch seien die Schätzungsgrundlagen, die anhand von der Antragstellerin nicht vorliegenden internen Vergleichsdaten der Finanzverwaltung angesetzt worden seien, der Antragstellerin nicht nachvollziehbar. Eine Prüfung der Rechtmäßigkeit der geschätzten Besteuerungsgrundlagen sei schon deshalb nicht möglich. Die Angabe, jedes Taxiunternehmen mit angestellten Fahrern habe eine Fahrleistung bei jedem Taxi von 100.000 km im Jahr, sei eine reine Unterstellung. Es sei zu berücksichtigen, dass die Schätzung der Laufleistungen für die Nachkalkulation ohne Auswertung der vorliegenden Werkstattrechnungen und Berichte des TÜV von der Fahndung vorgenommen worden sei.
24Bei einer Flughafenfahrt sei zudem immer eine Leerfahrt enthalten. Zudem sei das Ausmaß von Leerfahrten im normalen Betrieb nicht hinreichend berücksichtigt worden. Bis zu 50% aller gefahrenen Kilometer seien Leerfahrten. Der angesetzte Kraftstoffverbrauch sei nicht durch statistische Daten unterlegt worden. Innerhalb geschlossener Ortschaften betrage der Verbrauch mehr als 8,5 Liter je 100 km.
25Während des Einspruchsverfahrens legte die Antragstellerin die Ermittlung von Laufleistungen der Taxen anhand von TÜV-Hauptuntersuchungsberichten für die Jahre 2009 und 2010 vor. Sie kam zu dem Ergebnis, dass sich durchschnittliche Jahreslaufleistungen für jedes Taxi in Höhe von 48.133 Kilometern ermitteln ließen. Selbst eine Verprobung der Laufleistungen für den Zeitraum von September bis November 2012, den die Antragstellerin selbst durchgeführt habe, habe lediglich eine jährliche Laufleistung im Durchschnitt von 60.000 Kilometern ergeben. Beide Werte unterschritten deutlich die vom Antragsgegner je Taxi angesetzten Laufleistungen in Höhe von jeweils 90.000 Kilometer pro Taxi. Die Durchschnittserlöse pro gefahrenem Kilometer lägen anhand der Daten für den Zeitraum von September bis November 2012 bei 0,96 € je Kilometer.
26Zudem stützt sich die Antragsgegnerin auf das sog. Taxigutachten der Stadt E der Firma B & A, in dem Laufleistungen von rund 61.000 Kilometern und 62.000 Kilometern bei Unternehmen mit 4 bis 7 Taxen genannt seien.
27Mit Schreiben vom 4. April 2013 und vom 12. April 2013 lehnte der Antragsgegner die Anträge auf Aussetzung der Vollziehung wegen des Gewinnfeststellungs- und des Gewerbesteuermessbescheids für das Streitjahr ab.
28Daraufhin beantragte die Antragstellerin am 12. April 2013 (wegen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung 2011) und am 15. Mai 2013 (wegen des Gewerbesteuermessbescheids 2011) beim Finanzgericht die Aussetzung der Vollziehung.
29Es treffe es nicht zu, wenn der Antragsgegner behaupte, die Schichtzettel seien von der Antragstellerin nicht aufbewahrt worden. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (Hinweis auf den Beschluss vom 25. Oktober 2012 X B 133/11) sei dies nicht erforderlich, wenn eine tägliche Aufzeichnung der Einnahmen in ein Kassenbuch erfolgt sei. Dies sei in den Streitjahren der Fall gewesen. Die Ausführungen des Antragstellers zu Manipulationen von Tachoständen seien zurückzuweisen. Die eingetragenen Kilometerstände in den Berichten des TÜV seien durch die Mitarbeiter des TÜV ausgewiesen worden.
30Die vom Antragsgegner für den Vergleichszeitraum 2012 gerügten Unstimmigkeiten lägen nicht vor. Der zuständige Fahrer habe eine Doppelschicht an Freitagen und Samstagen gefahren und diese auf den Schichtzetteln als eine einheitliche Schicht behandelt. Die Schichtzettel seien damit weder falsch noch manipuliert. Denn für den Taxiunternehmer sei nicht die Anzahl der Schichtzettel zur Prüfung und Kontrolle der Taxifahrer entscheidend, sondern die lückenlose Kilometerfahrleistung. Nur so könne er prüfen, ob die Taxifahrer selbst alle Fahrten erfasst hätten. Die Taxifahrer füllten die Schichtzettel zudem unterschiedlich aus. Typische Tages- und Nachtschichten existierten bei der Antragstellerin nicht. Habe ein Taxifahrer ein Taxi tagsüber und in der Nacht benutzt, fülle er oft nur einen einzelnen Schichtzettel aus. Hierzu legt die Antragstellerin zur Glaubhaftmachung die Anlagen 24 bis 30 mit ihrem Schriftsatz vom 15. Mai 2013 zum Verfahren 3 V 3747/11 vor (Blatt. 83 – 98 dieser GA). Hierauf wird für die Einzelheiten Bezug genommen.
31Zur Begründung ihres Aussetzungsantrags wiederholt die Antragstellerin ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren. Zur Glaubhaftmachung ihres Vortrags legte sie im Verfahren 3 V 3747/12 die Anlagen 18 bis 22 zum Schriftsatz vom 11. Januar 2013 vor, aus denen sich eine auch im Streitjahr maßgebliche Laufleistung in Höhe von 48.133 Kilometern ergebe. Diese Anlagen beinhalten Berichte des TÜV für die Taxen der Antragstellerin im Zeitraum 2009 bis 2012 und eine von der Antragstellerin selbst durchgeführte Verprobung der Gesamtlaufleistung anhand einer Stichprobe für den Zeitraum von September bis November 2012.
32Zudem begehrt sie die Aussetzung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung. Die Voraussetzungen für die Festsetzung einer Sicherheitsleistung seien nicht gegeben. Die Schätzungen seien mit Ermittlungsergebnissen begründet worden, ohne die diesen Ergebnissen zu Grunde liegenden Daten nachprüfbar im Bericht offen zu legen. Es seien gefahrene Kilometer geschätzt worden, obwohl die tatsächlichen Kilometerleistungen ohne erheblichen Aufwand hätten ermittelt werden können. Leerfahrten seien nicht berücksichtigt worden. Der Kraftstoffverbrauch sei geschätzt worden, obwohl die Ermittlung des tatsächlichen Verbrauchs ohne Aufwand möglich gewesen sei. Zudem sei Anordnung einer Sicherheitsleistung auch mit den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an das Merkmal der unbilligen Härte nicht vereinbar. Die Anforderung einer Sicherheitsleistung dürfe nicht erfolgen, wenn sie mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers eine unbillige Härte für ihn bedeuten würde, weil der Steuerpflichtige im Rahmen zumutbarer Anstrengungen nicht in der Lage sei, die Sicherheit zu leisten. Dies sei im Streitfall gegeben.
33Über die Einsprüche der Antragstellerin wegen aller Streitgegenstände ist bislang nicht entschieden worden.
34Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
35den Gewinnfeststellungsbescheid für 2011 vom 7. März 2013, den Gewerbesteuermessbescheid für 2011 vom 31. März 2013, den Umsatzsteuerbescheid 2011 vom 7. März 2013 ohne Sicherheitsleistung von der Vollziehung auszusetzen.
36Der Antragsgegner beantragt,
37die Anträge abzuweisen.
38Er hält an den Feststellungen der Steuerfahndung uneingeschränkt fest. Die behauptete jährliche Fahrleistung der Taxen der Antragstellerin in Höhe von lediglich 48.133 Kilometern sei nicht glaubhaft. Soweit der Antragsteller hierzu in Form der TÜV-Berichte Daten vorlege, seien diese zu verwerfen, da sie mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmten. Nach den Ermittlungen der Steuerfahndung habe die Antragstellerin die Tachometer der Fahrzeuge manipuliert. So sei für ein Fahrzeug der Antragstellerin am 1. Juli 2009 ein Kilometerstand in Höhe von 61.626 km ausgewiesen worden und am 22. September 2009 (fast drei Monate später) nur noch in Höhe von 45.589 km. Die vorgelegten Tagesbelege für die Monate September bis November 2012 hätten ergeben, dass es sich nicht um Belege aus diesem Zeitraum handeln könne. Diese Belege sein nachträglich erstellt worden. Dies werde dadurch deutlich, dass die Fahrzeuge anhand der vorgelegten Schichtzettel an bestimmten Tagen nicht im Einsatz gewesen sein sollen, anhand der Vermittlungsdaten des Taxi Ruf E jedoch sichtbar werde, dass das Fahrzeug dennoch gefahren sei (Konzessionsnummer ...). Gleiches gelte für das Taxi mit der Konzessionsnummer .... Für die Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Antragsgegners vom 14. März 2013 und die zugehörigen Anlagen 1-4 Bezug genommen.
39Der Vortrag der Antragstellerin zur Aufzeichnung der Einnahmen sei nicht zutreffend. Aus dem Bericht der Steuerfahndung gehe hervor, dass in den Streitjahren keine täglichen Aufzeichnungen geführt worden seien. Weder seien ordnungsgemäße und vollständige Schichtzettel vorgelegt worden noch aneinandergereiht Tageskassenberichte aus einem Kassenbuch. Die Gesamteinnahmen für jeden Fahrer seien in Wochenübersichten eingetragen und dem Steuerberater zu Buchung übermittelt worden. Die Fahrer hätten lediglich summenmäßige Angaben Inhalt Monatsberichten und Monatsberichten gemacht. Somit seien die Angaben in der Buchführung nicht auf ihre Vollständigkeit, Richtigkeit, zeitgerechte Erfassung hin überprüfbar. Vor der Steuerfahndung hätten die Fahrer ausgesagt, sie seien verpflichtet gewesen, Schichtzettel zu führen. Da solche nicht vorgelegt worden seien, habe die Antragstellerin diese offensichtlich nicht aufbewahrt. Wenn die Antragstellerin nunmehr Schichtzettel für das nicht streitbefangene Jahr 2012 vorlege, ändere dies nichts an den Verhältnissen der Streitjahre.
40Der Senat hat mit Beschluss vom 26. August 2013 das Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung des Umsatzsteuerbescheids 2011 vom Verfahren 3 V 3747/12 abgetrennt und mit dem vorliegenden Verfahren verbunden. Ebenfalls mit Beschluss vom 26. August 2013 hat der Senat das Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung des Gewerbesteuermessbescheids 2011 - Aktenzeichen 3 V 1502/13 - mit dem vorliegenden Verfahren verbunden.
41II.
421. Soweit die Aussetzung der Vollziehung des geänderten Gewerbesteuermessbescheids für das Streitjahr 2011 neben der Aussetzung der Vollziehung des Gewinnfeststellungsbescheide für das Streitjahr begehrt wird, steht dem nicht entgegen, dass ein Rechtsschutzinteresse für die Aussetzung der Vollziehung von der Rechtsprechung verneint wird, wenn die Aussetzung eines Folgebescheides begehrt wird, obwohl ein Grundlagenbescheid bereits ergangen ist und deshalb mit Rücksicht auf die gemäß § 69 Abs. 2 Satz 4 FGO vorzunehmende Folgeaussetzung nur die Aussetzung des Grundlagenbescheides beantragt werden kann. Denn der Gewerbesteuermessbescheid ist trotz der Regelung in § 35b des Gewerbesteuergesetzes neben einem angefochtenen einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsbescheid selbstständig aussetzungsfähig (BFH-Urteil vom 21. Dezember 1993 VIII B 107/93, BStBl. II 1994, 300).
432. Der zulässige Aussetzungsantrag ist unbegründet.
44a) Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen. Die Aussetzung soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Alternative 1 FGO). Ernstliche Zweifel in diesem Sinn sind anzunehmen, wenn bei überschlägiger Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes im Aussetzungsverfahren neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Gründen gewichtige, gegen sie sprechende Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen bewirken oder Unklarheiten in der Beurteilung der Tatfragen aufwerfen (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182, seitdem ständige Rechtsprechung; Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 7. Auflage, § 69 Rz. 86 ff, m.w.N.).
45b) Für die Entscheidung über den Aussetzungsantrag brauchen die Tat- und Rechtsfragen nicht abschließend geprüft zu werden, denn das summarische Verfahren ist abgekürzt und vereinfacht. Wegen der Eilbedürftigkeit des Aussetzungsverfahrens findet eine Beschränkung auf die dem Gericht vorliegenden Unterlagen, insbesondere auf die Akten der Finanzbehörde und auf präsente Beweismittel statt; weiter gehende Sachverhaltsermittlungen des Gerichts sind nicht geboten (BFH-Beschluss vom 21.07.1994 IX B 78/94, BFH/NV 1995, 116).
46c) Auf dieser Grundlage hat der erkennende Senat keine ernstlichen Zweifel daran, dass der Antragsgegner zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 Abs. 1 und 2 AO hinsichtlich der Einkünfte, Gewerbesteuermessbeträge und Umsätze der Antragstellerin für das Streitjahr 2011 berechtigt war.
47aa) Die Antragstellerin hat in den Streitjahren entweder bereits keine den Anforderungen genügende Schichtzettel geführt oder sie hat jedenfalls solche Aufzeichnungen nicht aufbewahrt. Verstößt der Betreiber eines Taxiunternehmens gegen die genannten Pflichten, indem er Schichtzettel gar nicht erst führt oder aber die ursprünglich geführten Zettel nicht aufbewahrt, so berechtigt dies die Finanzbehörde zu einer Schätzung gemäß § 162 Abs. 1 und 2 AO (vgl. BFH-Urteil vom 16.02.2004 - XI R 25/02, BStBl. II 2004, 599, mit weiteren Nachweisen unter II.1.e).
48aaa) Durch die Rechtsprechung ist geklärt, dass Betriebseinnahmen einzeln aufgezeichnet werden müssen und dass dies dem Grundsatz nach auch für Bareinnahmen gilt (vgl. BFH-Urteil vom 26.02.2004 - XI R 25/02, BStBl. II 2004, 599). Der Umstand der sofortigen Bezahlung einer Leistung rechtfertigt nicht, die jeweiligen Geschäftsvorfälle nicht auch einzeln aufzuzeichnen. Zwar sind bestimmte Berufsgruppen (wie z. B. Einzelhändler) aus Gründen der Zumutbarkeit und Praktikabilität von der Pflicht zur Einzelaufzeichnung entbunden, doch gilt dies nicht für die Betreiber von Taxiunternehmen (so ausdrücklich der BFH in seinem Urteil in BStBl. II 2004, 599). Diese sind vielmehr verpflichtet, für die Erstellung sog. Schichtzettel zu sorgen und diese aufzubewahren (BFH-Urteil in BStBl. II 2004, 599). Aus den Schichtzetteln müssen sich die jeweiligen Fahrer, die Daten einer Schicht, Schichtbeginn und -ende, "Total- und Besetztkilometer", die gefahrenen Touren, die Fahrpreise, die Tachostände, die Fahrten ohne Uhr, die Gesamteinnahmen, die Lohnabzüge und sonstigen Abzüge, die verbleibenden Resteinnahme und die an den Unternehmer abgelieferten Beträge ergeben (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 26.02.2004, a. a. O.; BFH-Beschlüsse vom 07.02.2007 - V B 161-162/05, BFH/NV 2007, 1208; vom 28.11.2012 - X B 74/11, BFH/NV 2013, 766; Urteile des FG Düsseldorf vom 28.03.2008 - 11 V 110/08 A und vom 01.04.2008 - 14 V 4646/07 A, beide in juris). Solche Schichtzettel sind Einnahmeursprungsaufzeichnungen; sie enthalten Angaben, aus denen sich die Höhe der Umsätze und der Betriebseinnahmen unmittelbar ergibt. Die Pflicht zur Einzelaufzeichnung und Aufbewahrung der entsprechenden Schichtzettel ergibt sich für Unternehmen im umsatzsteuerrechtlichen Sinne --wie die Antragstellerin-- nach dem Urteil des BFH in BStBl. II 2004, 599 aus § 22 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) i. V .m. §§ 63 bis 68 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV).
49Nach den Feststellungen der Steuerfahndungsprüfung steht für den Senat bei summarischer Betrachtung jedoch fest, dass die Antragstellerin im Streitjahr Schichtzettel nach den Vorgaben der Rechtsprechung entweder schon gar nicht geführt, jedenfalls aber solche Zettel nicht aufbewahrt wurden. Im vorliegenden Verfahren hat die Antragstellerin ausschließlich Schichtzettel der Fahrer aus dem Jahr 2012 vorgelegt, das nicht streitbefangen ist. Den Feststellungen der Steuerfahndungsprüfung, die Einnahmen und Bruttoumsätze seien nur summenmäßig aus Halbmonatsberichten und Monatsberichten der Fahrer ermittelt worden, ist die Antragstellerin nicht substantiiert entgegengetreten. Sie hat insbesondere auch nicht nachträglich zur Glaubhaftmachung Schichtzettel aus den Streitjahren vorgelegt. Zudem hat sie im Schriftsatz vom 15. Mai 2013 im Verfahren 3 V 3747/12 vorgetragen, dass keine Schichtzettel geführt worden seien und die Einnahmen täglich in ein Kassenbuch eingetragen worden seien.
50bbb) Soweit sich Antragstellerin im Schriftsatz vom 15. Mai 2013 erstmals auf die in der Rechtsprechung anerkannte Ausnahme beruft, Schichtzettel gemäß § 147 Abs. 1 und Abs. 3 AO seien nicht aufzubewahren, wenn deren Inhalt unmittelbar nach Auszählung der Tageskasse in das in Form aneinandergereihter Tageskassenberichte geführte Kassenbuch übertragen werde (BFH-Urteil vom 13. Juli 1971 VIII 1/65, BFHE 103, 34, BStBl II 1971, 729; BFH-Urteil in BStBl II 2004, 599; Beschluss des FG Hamburg vom 31.08. 2011 6 V 2/11, juris), stellt dies die Schätzungsbefugnis des Antragsgegners nicht in Frage. Im BFH-Beschluss vom 25.10. 2012 X B 133/11, BFH/NV 2013, 341 wird ausgeführt, dass allein die tägliche Übertragung des Inhalts der Schichtzettel unmittelbar nach Auszählung der Tageskasse in ein solches Kassenbuch die Aufbewahrung der Schichtzettel entbehrlich mache, weil nur dann sowohl dem Aufbewahrungszweck als auch der Sicherstellung der Vollständigkeit der übertragenen Aufzeichnungen in vollem Umfang Rechnung getragen werde. Dieses erstmals im gerichtlichen Aussetzungsverfahren angebrachte Vorbringen ist aus Sicht des Senats eine pauschale Behauptung, die nicht glaubhaft gemacht wurde.
51b) Die Steuerfahndung hat ferner weitere Anhaltspunkte dafür ermittelt, dass jedenfalls die Laufleistung eines Taxis der Antragstellerin im Streitjahr 2011 manipuliert worden ist. Den zur Glaubhaftmachung vorgelegten TÜV-Berichten der Antragstellerin schenkt der Senat auch bei summarischer Betrachtung somit keinen Glauben. Denn die Ermittlung der Laufleistung des Taxis der Antragstellerin mit dem Kennzeichen ... im Jahr 2011 durch die Steuerfahndung anhand einer Stichprobe hat zu einer hochgerechneten Jahresfahrleistung von 124.000 Kilometern geführt. Diesen Ermittlungsergebnissen ist die Antragstellerin nicht überzeugend entgegengetreten. Die sich aus den TÜV-Berichten nach dem Vorbringen der Antragstellerin behaupteten Laufleistungen von durchschnittlich 48.133 Kilometer hält der Senat auch aus einem weiteren Grund nicht für glaubhaft. Denn für das Jahr 2009 hat sich im Verfahren 3 V 3747/12 eine weitere konkrete Manipulation nachweisen lassen, da sich bei einem Abgleich von Werkstattdaten und Unterlagen der Antragstellerin eine negative Laufleistung ergab. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat ergänzend auf die Begründung des Beschlusses 3 V 3747/12 vom heutigen Tag Bezug.
523. Der Senat hat bei summarischer Prüfung wegen der Höhe der Hinzuschätzungen ebenfalls keine ernstlichen rechtlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheids, Gewerbesteuermessbescheids und Umsatzsteuerbescheids für das Streitjahr.
53a) Bei der Schätzung sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind (§ 162 Abs. 1 Satz 2 AO). Die Schätzung ist ein Verfahren, Besteuerungsgrundlagen (§ 157 Abs. 2 AO) mit Hilfe von Wahrscheinlichkeitsüberlegungen zu ermitteln, wenn eine sichere Feststellung trotz des Bemühens um Aufklärung nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Ziel der Schätzung ist der Ansatz derjenigen Besteuerungsgrundlagen, die die größtmögliche Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben und damit der Wirklichkeit am nächsten kommen dürften. Schätzergebnisse müssen daher insgesamt schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein. Sie dürfen nicht den Denkgesetzen und allgemeinen Erfahrungssätzen widersprechen. Das Schätzungsergebnis muss somit insgesamt plausibel sein. Andererseits darf die Verletzung der Mitwirkungspflicht nicht dazu führen, dass nachlässige Steuerpflichtige gegenüber denjenigen einen Vorteil erzielen, die ihre Mitwirkungspflichten ordnungsgemäß erfüllen. Im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung muss es ein Steuerpflichtiger, der Veranlassung zur Schätzung gibt, daher hinnehmen, dass die mit jeder Schätzung verbundenen Unsicherheiten zu seinem Nachteil ausschlagen. Es liegt im Wesen der Schätzung, dass die durch sie ermittelten Größen von den tatsächlichen Verhältnissen mehr oder minder abweichen (ständige Rechtsprechung, vgl. zum Ganzen z.B. BFH-Urteile vom 12.06.1986 V R 75/78, BStBl II 1986, 721; vom 18.12.1984 VIII R 195/82, BStBl II 1986, 226; vom 19.02.1987 - IV R 143/84, BStBl II BStBl 1984 II S. 1987, BStBl 1984 II S. 412).
54b) Nach diesen Maßstäben hat der Antragsgegner nach den von ihm ermittelten Verhältnissen des Streitjahres 2011 und unter Berücksichtigung externer Vergleichsdaten die Besteuerungsgrundlagen realitätsgerecht geschätzt. Ernstliche rechtliche Zweifel an der Schätzung des Antragsgegners der Höhe nach werden im vorliegenden Verfahren –anders als im Verfahren 3 V 3747/12– durch das gerichtsbekannte Gutachten über die Funktionsfähigkeit des Taxigewerbes in der Stadt E der Firma B & A aus dem Dezember 2009 nicht aufgeworfen.
55aa) Der Antragsgegner kann sich bei seiner Schätzung auf eine pro Fahrzeug verwirklichte Laufleistung des Antragsgegners (90.000 km je Taxi) stützen. Für das Jahr 2011 hat die Steuerfahndung konkret ermitteln können, dass die hochgerechnete Laufleistung eines Taxis der Antragstellerin bei 124.000 Kilometern lag. Diese Laufleistung hat der Antragsgegner für Zwecke seiner Schätzung um 34.000 Kilometer gekürzt. Es spricht für den Senat somit deutlich mehr dafür als dagegen, dass jedenfalls im Streitjahr 2011 eine Laufleistung von 90.000 Kilometern je Taxi vorlag. Diese konkreten Ermittlungsergebnisse werden durch die vorgelegten --wie dargelegt-- nicht glaubhaften TÜV-Unterlagen nicht in Frage gestellt. Gleiches gilt für die statistischen Laufleistungen des Gutachtens B & A aus dem Dezember 2009.
56bb) Ferner sieht der Senat auch den der Schätzung zugrundeliegenden Umsatz in Höhe von 1,15 €/km brutto als realitätsgerecht an. In ihrer Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr vom 5. Februar 2013 gibt die Antragstellerin einen Umsatz für Fahrten zu 7% in Höhe von 172.868 € netto an und behauptet im vorliegenden Verfahren zugleich eine Fahrleistung jedes Taxis in Höhe von 48.133 Km = insgesamt also von 144.399 Kilometern für alle Taxen. Somit geht die Antragstellerin im Streitjahr selbst von einem höheren Nettoerlös je Kilometer in Höhe von rund 1,20 € aus. Hieraus folgt, dass auch wegen der weiteren Einwände der Antragstellerin zu Leerfahrten und Flughafenfahrten kein Abschlag vorzunehmen ist. Denn diese Faktoren führen auch nach den selbst erklärten Umsätzen und Laufleistungen nicht zu einem Erlös je Kilometer, der unterhalb der Annahme des Antragsgegners liegt.
57cc) Auch der angesetzte Dieselverbrauch von 8.5 Litern je 100 km zu den vom Antragsgegner herangezogenen Preisen bei der Schätzung ist realitätsgerecht. Das Vorbringen der Antragstellerin, der Verbrauch sei „höher“, ist auch im summarischen Verfahren zu pauschal und wurde nicht glaubhaft gemacht. Die Antragstellerin hätte nach den innerbetrieblichen Verhältnissen darlegen müssen, welcher Spritverbrauch aus ihrer Sicht zutreffender wäre.
58dd) Zudem ist es aufgrund der Mitteilung des Arbeitsgerichts E an die Steuerfahndung gemäß § 116 AO von der dortigen Aussage eines Taxifahrers der Antragstellerin nicht zu beanstanden, wenn der Antragsgegner im Rahmen der Schätzung 45% der Bruttoumsätze als nicht gebuchte Lohnzahlungen an die Fahrer behandelt hat.
594. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1 FGO. Die Beschwerde war nicht zuzulassen.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Finanzgericht Köln Beschluss, 27. Aug. 2013 - 3 V 1100/13
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Urteil einreichenFinanzgericht Köln Beschluss, 27. Aug. 2013 - 3 V 1100/13 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).
Tenor
1. Die Bescheide über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung für 2009 und für 2010 - beide vom 7. März 2013 - werden bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung oder einer anderweitigen Erledigung des Einspruchsverfahrens von der Vollziehung ausgesetzt, soweit die festgestellten Einkünfte aus Gewerbebetrieb folgende Beträge übersteigen:
2009 | 2010 | |
Gewinn | 4.308,28 € | 11.059,84 € |
2. Die Gewerbesteuermessbescheide 2009 und 2010 werden in voller Höhe ebenfalls bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung oder einer anderweitigen Erledigung des Einspruchsverfahrens von der Vollziehung ausgesetzt.
3. Die Umsatzsteuerbescheide für 2009 vom 18. März 2013 und für 2010 vom 1. Oktober 2012 werden jeweils ab Fälligkeit bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung oder einer anderweitigen Erledigung des Einspruchsverfahrens von der Vollziehung ausgesetzt, soweit die festgesetzte Umsatzsteuer folgende Beträge übersteigt:
2009 | 2010 | |
Umsatzsteuer | ./. 6.669,24 € | ./. 1.245,85 € |
4. Der weitergehende Antrag wird abgelehnt.
5. Die Kosten des Verfahrens tragen bis zum Ergehen der Teilabhilfebescheide am 7. und 18. März 2013 die Antragstellerin zu 60 % und der Antragsgegner zu 40 %, für die Zeit danach die Antragstellerin zu 70 % und der Antragsgegner zu 30 %.
1
Gründe:
2I.
3Die Beteiligten streiten - nach Abtrennung des Verfahrens wegen Umsatzsteuer 2011 -noch über die Rechtmäßigkeit von Hinzuschätzungen in den Streitjahren 2009 und 2010 und wegen Lohnsteuerhaftung 2009 bis 2011 nach einer Steuerfahndungsprüfung im Betrieb der Antragstellerin.
4Die Antragstellerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts und betrieb in den Streitjahren in E ein Taxiunternehmen. Die Gesellschafter sind jeweils zur Hälfte beteiligt. Die Antragstellerin verfügte über drei Konzessionen, die sie samt Fahrzeugen mit Vertrag vom 19. Januar 2009 erworben hat.
5Für das Streitjahr 2009 reichte die Antragstellerin ihre Einnahmen-Überschussrechnung und die Feststellungserklärung zur gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung im Januar 2011 beim Antragsgegner ein. Sie erklärte für das Streitjahr 2009 einen Gewinn in Höhe von 841,88 €. Die umsatzsteuerpflichtigen Betriebseinnahmen zum Steuersatz von 7% laut Erklärung betrugen 133.405,58 € netto.
6Für das Streitjahr 2010 reichte die Antragstellerin ihre Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung des Gewinns am 15. Februar 2012 beim Antragsgegner ein und erklärte einen Verlust in Höhe von ./. 226,35 €. Die umsatzsteuerpflichtigen Betriebseinnahmen zum Steuersatz von 7% laut Erklärung betrugen 155.003,57 € netto.
7Mit den eingereichten Erklärungen zur einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung der Streitjahre 2009 und 2010 reichte die Antragstellerin auch entsprechende Gewerbesteuererklärungen beim Antragsgegner ein.
8Für beide Streitjahre ergingen zunächst keine Feststellungsbescheide.
9Am 17. November 2011 begann das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung E mit einer Steuerfahndungsprüfung bei der Antragstellerin. Im Bericht über die steuerlichen Feststellungen im Rahmen der Fahndungsprüfung vom 31. August 2012 traf die Fahndungsprüferin folgende Feststellungen:
10Die Antragstellerin habe ihre täglichen Einnahmen nicht ordnungsgemäß aufgezeichnet. Sie habe keine täglichen Aufzeichnungen in Form von ordnungsgemäßen und vollständigen Schichtzetteln vorlegen können. Die Einnahmen seien in Halbmonatsberichten und Monatsberichten aufgezeichnet worden, in denen die Fahrer lediglich summenmäßige Angaben gemacht hätten, an welchen Tagen sie gefahren, wie hoch die jeweils gefahrenen Kilometer gewesen seien und welche Beträge Sie an den einzelnen Tagen eingenommen hätten. Betriebsausgaben seien in den Berichten der Fahrer für Tank- und Waschrechnungen aufgelistet worden. Die Einnahmen seien dann von der Antragstellerin in einer Monatstabelle für jeden Fahrer wochenweise aufgelistet worden. Die von den Fahrern gefertigten Aufzeichnungen seien nicht vorgelegt worden.
11Die Taxen seien mit angestellten Fahrern besetzt gewesen. Anhand der vorgelegten Monatsaufzeichnungen sei ermittelt worden, dass z.B. im Monat März 2009 und im Monat September 2009 sowie im Jahresdurchschnitt die Taxen der Antragstellerin nicht einmal im Einschichtbetrieb eingesetzt worden sein sollten. Dies habe selbst an umsatzstarken Tagen wie im Karneval 2009 gegolten, für die nur durchschnittlich 1,16 Schichten pro Tag angesetzt worden seien. Die Aufzeichnungen der Antragstellerin seien daher nicht glaubhaft.
12Zudem hätten Daten, die beim Taxi-Ruf E für den Zeitraum vom 1. Juli 2011 bis zum 30. Oktober 2011 erhoben worden seien, ergeben, dass nahezu sämtliche Fahrzeuge in einem Zweischichtbetrieb und fast sogar in einem Dreischichtbetrieb unterwegs gewesen seien. Dies ergebe sich aus den Uhrzeiten der vermittelten Fahrten für den Zeitraum Juli 2011. Es seien im Juli 2011 insgesamt nur 70 Schichten gebucht worden, tatsächlich sei anhand der vorliegenden Daten davon auszugehen, dass mindestens 145 Schichten gefahren worden sein. Es seien somit insgesamt nur die Hälfte der gefahrenen Schichten verbucht worden.
13Aus diesen Erkenntnissen des Jahres 2011 seien Rückschlüsse für den Prüfungszeitraum 2009 und 2010 zu ziehen, da dieselben Verhältnisse wie für den Vergleichszeitraum 2011 maßgeblich seien.
14Die rechnerischen Laufleistungen der einzelnen Taxen anhand der Bilanzumsätze und der gültigen Tarife nach den Angaben der Antragstellerin seien im Streitjahr 2009 mit ungefähr 45.000 km je Fahrzeug anzusetzen. Dieser Wert liege deutlich unter den branchenüblichen Werten, die das Finanzamt E ermittelt habe. Bei Einzelunternehmern mit festangestellten Fahrern betrage die durchschnittliche Laufleistung je Fahrzeug zwischen 100.000 und 120.000 km im Jahr.
15Die Steuerfahndung habe am 11. Mai 2011 im Rahmen einer Durchsuchung den Kilometerstand eines Fahrzeugs (...) ausgelesen. Greife man auf den bei der Durchsuchung abgelesenen Tachostand und die Werkstattbesuchsdaten zu einem Zeitpunkt vor dem 11. Mai 2011 und zu einem Zeitpunkt nach dem 11. Mai 2011 zurück, bestimme hiermit die Laufleistung des Jahres 2011 und übertrage diesen Wert auf das Streitjahr 2009, so lasse sich für 2009 von einer Jahresfahrleistung eines Taxis von ca. 108.000 km im Jahr ausgehen. Die Daten für ein weiteres Fahrzeug hätten zu einer Jahresfahrleistung von ca. 91.000 km geführt.
16Die Besteuerungsgrundlagen seien anhand der Verhältnisse des Jahres 2011 für den Prüfungszeitraum 2009 und 2010 zu schätzen. Im Rahmen der Nachkalkulation setzte die Prüferin eine gleiche Fahrleistung aller Taxen der Antragstellerin In Höhe von jeweils 90.000 km im Jahr an. Den Erlös je gefahrenem Kilometer setzte sie im Streitjahr 2009 und 2010 mit 1,07 €/km und für das Streitjahr 2011 mit 1,15 €/km an. Hierbei handele es sich um die Brutto-Durchschnittserlöse auf Basis der gültigen Tarife der Stadt E abzüglich eines Sicherheitsabschlags von ca. 10%. Dieser Sicherheitsabschlag gelte die Unsicherheitsfaktoren des Betrugs durch die Fahrer und nicht gezahlter Fahrpreise durch Kunden ab. Zudem berücksichtigte die Prüferin anhand der Laufleistungen der Fahrzeuge weitere Aufwendungen für Benzinkosten, wobei sie einen Verbrauch der einzelnen Taxen je 100 km von 8,5 Litern Diesel und Kosten pro Liter Diesel im Streitjahr 2009 von 1,10 € und im Streitjahr 2010 von 1,20 € zugrundelegte.
17Zudem ging die Prüferin davon aus, dass die in der Buchführung berücksichtigten Lohnkosten nicht den tatsächlich ausgezahlten Löhnen entsprächen. Hierzu stützte sie sich auf eine Mitteilung gemäß § 116 AO des Arbeitsgerichts E beim Finanzamt für Steuerstrafsachen, nach der ein angestellter Taxifahrer der Antragstellerin in einem Kammertermin am.... April 2010 erklärt habe, statt eines fest vereinbarten Bruttogehalts 46 % der Bruttofahrpreise erhalten zu haben. Im Arbeitsvertrag sei jedoch nur der Festbetrag genannt gewesen. Für Zwecke der Nachkalkulation legte die Prüferin zugrunde, die Fahrer hätten 45 % des Bruttoumsatzes für sich behalten dürfen und den Rest nach Abzug der ausgelegten Kosten an die Antragstellerin weitergeben müssen.
18Die Schätzung führte zu folgenden Mehrumsätzen und folgenden Mehr-Betriebseinnahmen:
19Mehrumsätze netto (€) | Mehr-Betriebseinnahmen (€) | Einkünfte laut Prüfung (€) | |
2009 | 134.096 | 143.482 | 71.544 |
2010 | 109.536 | 117.203 | 49.542 |
Für Zwecke der Lohnsteuerhaftung setzte die Prüferin für die ermittelten zusätzlich gezahlten Löhne den Eingangssteuersatz an und behandelte 25% der hinzugeschätzten Lohnsumme als nicht steuerpflichtige Aushilfslöhne.
21Für das Streitjahr 2009 ergab dies im Rahmen der Lohnsteuerhaftung Mehrlöhne (75%) in Höhe von 97.503 € (Mehr-Lohnsteuer 13.596 € zuzüglich 750,75 € SolZ), für 2010 in Höhe von 97.503 € (Mehr-Lohnsteuer 13.414 € zuzüglich 750,05 € SolZ) und für 2011 in Höhe von 104.793 € (Mehr-Lohnsteuer 14.671 € zuzüglich SolZ 806,90 €).
22Da eine Zuordnung der erhöhten Löhne zu den einzelnen Arbeitnehmern nicht möglich sei, sei der Arbeitgeber, die Antragstellerin, in Anspruch zu nehmen.
23Für die Einzelheiten der Feststellungen der Steuerfahndung wird auf den Bericht vom 31. August 2012 und die Texte von 6-17 sowie die zugehörigen Anlagen 1-3 Bezug genommen (abgelegt in einem Hefter in der Feststellungsakte). Zudem wird auf die in der Lohnsteuerakte abgelegte Mitteilung gemäß § 116 AO des Arbeitsgerichts E (eingegangen beim Finanzamt für Steuerstrafsachen am 28. April 2010) Bezug genommen.
24Der Antragsgegner erließ am 12. September 2012 einen Haftungsbescheid gegenüber der Antragstellerin, in dem er für den Haftungszeitraum 2009 bis 2011 ausgehend von den Feststellungen der Steuerfahndung nichtabgeführte Lohnsteuer und den Solidaritätszuschlag hierzu nachforderte.
25Am 1. Oktober 2012 erließ der Antragsgegner geänderte Feststellungsbescheide für die Streitjahre 2009 und 2010, in denen er die Ergebnisse der Fahndungsprüfung auswertete. Für das Streitjahr 2010 stützte er sich für die Änderungsbefugnis auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO. Für das Streitjahr 2010 änderte er den Feststellungsbescheid gemäß § 164 Abs. 2 AO. Es wurden auch entsprechend geänderte Gewerbesteuermessbescheide für beide Streitjahre erlassen.
26Zudem ergingen unter dem 1. Oktober 2012 geänderte Umsatzsteuerbescheide für 2009 und 2010.
27Die Antragstellerin erhob Einspruch gegen die genannten Bescheide und den Lohnsteuerhaftungsbescheid. Gleichzeitig beantragte sie die Aussetzung der Vollziehung aller Steuerbeschläge ohne Sicherheitsleistung.
28Den Einspruch begründete die Antragstellerin damit, ihr seien die Ermittlungsgrundlagen aus dem Bericht über die Steuerfahndungsprüfung vom 31. August 2012 nicht mitgeteilt worden. Dies gelte für die beim Taxi Ruf E abgefragten Einsatzzeiten der Taxen der Antragstellerin. Zudem besage die Anmeldung und die Abmeldung einer Taxikonzession beim Taxi Ruf nicht, dass die Konzession durchgehend genutzt worden sei. Der Fahrer könne das Fahrzeug morgens anmelden und nutzen, danach pausieren und abends seine Tätigkeit wieder aufnehmen.
29Zudem leide die Kalkulation darunter, dass Ermittlungsergebnisse des Jahres 2011 ohne weiteres auf die Verhältnisse der Streitjahre 2009 und 2010 übertragen würden. Auch seien die Schätzungsgrundlagen, die anhand von der Antragstellerin nicht vorliegenden Vergleichsdaten für die Stadt E angesetzt worden seien, der Antragstellerin nicht nachvollziehbar. Eine Prüfung der Rechtmäßigkeit der geschätzten Besteuerungsgrundlagen sei schon deshalb nicht möglich. Die Unterstellung, jedes Taxiunternehmen mit angestellten Fahrern habe eine Fahrleistung bei jedem Taxi von 100.000 km im Jahr, sei eine reine Unterstellung. Es sei zu berücksichtigen, dass die Schätzung der Laufleistungen für die Nachkalkulation ohne Auswertung der vorliegenden Werkstattrechnungen und Berichte des TÜV von der Fahndung vorgenommen worden sei. Zudem sei das Ausmaß von Leerfahrten im normalen Betrieb nicht hinreichend berücksichtigt worden. Bis zu 50 % aller gefahrenen Kilometer seien Leerfahrten. Bei einer Flughafenfahrt sei immer eine Leerfahrt enthalten.
30Der angesetzte Kraftstoffverbrauch sei nicht durch statistische Daten unterlegt worden. Innerhalb geschlossener Ortschaften betrage der Verbrauch mehr als 8,5 Liter je 100 km.
31Während des Einspruchsverfahrens legte die Antragstellerin die Ermittlung von Laufleistungen der Taxen anhand von TÜV-Hauptuntersuchungsberichten dar. Sie kam zu dem Ergebnis, dass sich durchschnittliche Jahreslaufleistungen für jedes Taxi in Höhe von 48.133 km ermitteln ließen. Eine eigene Verprobung der Laufleistungen für den Zeitraum von September bis November 2012, den die Antragstellerin selbst durchgeführt habe, habe lediglich eine jährliche Laufleistung im Durchschnitt von 67.588 km ergeben. Beide Werte unterschritten deutlich die vom Antragsgegner je Taxi angesetzten Laufleistungen in Höhe von jeweils 90.000 km pro Taxi. Die Durchschnittserlöse pro gefahrenem Kilometer lägen anhand der Daten für den Zeitraum von September bis November 2012 bei 0,96 €.
32Für das Streitjahr 2009 habe der Antragsgegner übersehen, dass die Antragstellerin nur für elf Monate tätig gewesen sei.
33Die Berechnung des Antragsgegners weise den weiteren Fehler auf, dass die nicht in der Buchführung geschätzten Mehraufwendungen für Kraftstoff nur für ein Taxi angesetzt worden seien, statt für drei Taxen des Antragsgegners.
34Mit Schreiben vom 23. November 2012 lehnte der Antragsgegner die Aussetzung der Vollziehung hinsichtlich der Umsatzsteuerbescheide 2009 und 2010, der Gewerbesteuermessbescheide 2009 und 2010 sowie der geänderten Gewinnfeststellungsbescheide 2009 und 2010 ab. In einem Schreiben vom 30. November 2012 teilte der Antragsgegner mit, er halte den Einspruch gegen den Haftungsbescheid zur Lohnsteuer für nicht ausreichend begründet und könne über den gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung „derzeit noch nicht entscheiden“, weil nicht zu erkennen sei, inwieweit der angefochtene Bescheid beanstandet werde und ob aufgrund der Beanstandungen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestünden. Der Antragsgegner bat darum, den Einspruch zu begründen und hierdurch den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zu konkretisieren.
35Im vorliegenden Verfahren beantragte die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2012 (eingegangen beim Finanzgericht am selben Tag) die Aussetzung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung wegen der geänderten Gewerbesteuermessbescheide 2009 und 2010, der Umsatzsteuerbescheide 2009 und 2010, der Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung für 2009 und 2010 sowie wegen des Haftungsbescheids zur Lohnsteuer.
36Zur Begründung ihres Aussetzungsantrags wiederholte die Antragstellerin ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren. Zur Glaubhaftmachung ihres Vortrags legte sie die Anlagen 18 bis 22 zum Schriftsatz vom 11. Januar 2013 vor. Diese beinhalten Berichte des TÜV für die Taxen der Antragstellerin im Zeitraum 2009 bis 2012 und eine Verprobung der Gesamtlaufleistung anhand einer Stichprobe für den Zeitraum September bis November 2012.
37Es treffe es nicht zu, wenn der Antragsgegner behaupte, die Schichtzettel seien von der Antragsgegnerin nicht aufbewahrt worden. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (Hinweis auf den Beschluss vom 25. Oktober 2012 X B 133/11) sei dies nicht erforderlich, wenn eine tägliche Aufzeichnung der Einnahmen in ein Kassenbuch erfolgt sei. Dies sei in den Streitjahren der Fall gewesen. Die Ausführungen des Antragstellers zu Manipulationen von Tachoständen seien zurückzuweisen. Die eingetragenen Kilometerstände in den Berichten des TÜV seien durch die Mitarbeiter des TÜV ausgewiesen worden.
38Die vom Antragsgegner für den Vergleichszeitraum 2012 gerügten Unstimmigkeiten lägen nicht vor. Der zuständige Fahrer habe eine Doppelschicht an Freitagen und Samstagen gefahren und diese auf den Schichtzetteln als eine einheitliche Schicht behandelt. Die Schichtzettel seien damit weder falsch noch manipulativ. Denn für den Taxiunternehmer sei nicht die Anzahl der Schichtzettel zur Prüfung und Kontrolle der Taxifahrer entscheidend, sondern die lückenlose Kilometer-Fahrleistung. Nur so könne er prüfen, ob die Taxifahrer selbst alle Fahrten erfasst hätten. Die Taxifahrer füllten die Schichtzettel zudem unterschiedlich aus. Typische Tagesschichten und Nachtschichten existierten bei der Antragstellerin nicht. Habe ein Taxifahrer ein Taxi tagsüber und in der Nacht benutzt, fülle er oft nur einen einzelnen Schichtzettel aus. Hierzu legt die Antragstellerin zur Glaubhaftmachung die Anlagen 24-30 mit ihrem Schriftsatz vom 15. Mai 2013 vor (Blatt. 83 – 98 GA). Hierauf wird für die Einzelheiten Bezug genommen.
39Zudem führt sie aus, die Voraussetzungen für die Festsetzung einer Sicherheitsleistung seien nicht gegeben. Die Schätzungen seien mit Ermittlungsergebnissen begründet worden, ohne die diesen Ergebnissen zu Grunde liegenden Daten nachprüfbar im Bericht offen zu legen. Es seien vergleichsweise Verhältnisse späterer Jahre auf die Streitjahre übertragen worden. Es sei ein Durchschnittstarif bei der Schätzung zu Grunde gelegt worden, dessen Ermittlung nicht erkennbar sei. Es seien gefahrene Kilometer geschätzt worden, obwohl die tatsächlichen Kilometerleistungen ohne erheblichen Aufwand hätten ermittelt werden können. Leerfahrten seien nicht nachprüfbar berücksichtigt worden. Der Kraftstoffverbrauch sei geschätzt worden, obwohl die Ermittlung des tatsächlichen Verbrauchs ohne Aufwand möglich gewesen sei. Zudem sei Anordnung einer Sicherheitsleistung auch mit den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an das Merkmal der unbilligen Härte nicht vereinbar. Die Anforderung einer Sicherheitsleistung dürfe nicht erfolgen, wenn sie mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers eine unbillige Härte für ihn bedeuten würde, weil der Steuerpflichtige im Rahmen zumutbarer Anstrengungen nicht in der Lage sei, die Sicherheit zu leisten. Dies sei im Streitfall gegeben.
40Es ergingen zur Berichtigung des zu niedrig angesetzten Kraftstoffverbrauchs während des anhängigen finanzgerichtlichen Aussetzungsverfahrens geänderte Gewinnfeststellungsbescheide für 2009 und 2010 vom 7. März 2013 und unter dem 18. März 2013 ein geänderter Umsatzsteuerbescheide für 2009 sowie geänderte Gewerbesteuermessbescheide für 2009 und 2010. Diese wurden gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens.
41Die festgestellten Einkünfte und die festgesetzte Umsatzsteuer der Streitjahre betragen nach diesen Bescheiden:
42Gewinn in € | Netto-Umsätze zu 7 % in € | |
2009 | 49.886 | 247.500 € Umsatzsteuer :/. 326,25 € |
2010 | 40.362 | 270.000 € Umsatzsteuer 5.186,94 € |
Über die Einsprüche der Antragstellerin ist bislang nicht entschieden worden.
44Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
45die geänderten Gewinnfeststellungsbescheide für 2009 und 2010, jeweils vom 7. März 2013, die geänderten Gewerbesteuermessbescheide für 2009 und 2010 den Umsatzsteuerbescheid 2009 vom 18. März 2013, den Umsatzsteuerbescheid 2010 vom 1. Oktober 2012 und den Lohnsteuer-Haftungsbescheid vom 12. September 2012 ohne Sicherheitsleistung von der Vollziehung auszusetzen.
46Der Antragsgegner beantragt,
47die Anträge abzuweisen.
48Dem von der Antragstellerin zutreffend gerügten Rechenfehler habe man im Rahmen der Änderungsbescheide während des Aussetzungsverfahrens Rechnung getragen. Es seien der Bruttoumsatz im Umsatzsteuerbescheid 2009, der Überschuss im Gewinnfeststellungsbescheid 2009 und 2010 sowie der Gewerbeertrag in den Gewerbesteuermessbescheiden 2009 und 2010 entsprechend gemindert worden.
49In der Sache halte man an den Feststellungen der Steuerfahndung uneingeschränkt fest. Die behauptete jährliche Fahrleistung der Taxen mit durchschnittlich lediglich 48.133 km sei nicht glaubhaft. Soweit der Antragsteller hierzu in Form der TÜV-Berichte zur Glaubhaftmachung Daten vorlege, seien diese zu verwerfen, da sie mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmten. Nach den Ermittlungen der Steuerfahndung habe die Antragstellerin die Tachometer der Fahrzeuge manipuliert. Die Manipulationen ergäben sich aus starken Schwankungen der Kilometer. So sei für ein Fahrzeug der Antragstellerin am 1. Juli 2009 ein Kilometerstand in Höhe von 61.626 km ausgewiesen worden und am 22. September 2009 (fast drei Monate später) nur noch in Höhe von 45.589 km. Die vorgelegten Tagesbelege für die Monate September bis November 2012 hätten ergeben, dass es sich nicht um Belege aus diesem Zeitraum handeln könne. Diese Belege seien nachträglich für das Einspruchsverfahren erstellt worden. Dies werde dadurch deutlich, dass die Fahrzeuge anhand der vorgelegten Schichtzettel an bestimmten Tagen nicht im Einsatz gewesen sein sollen, anhand der Vermittlungsdaten des Taxi Ruf E jedoch sichtbar werde, dass das Fahrzeug dennoch gefahren sei (Konzessionsnummer ...). Für die Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Antragsgegners vom 14. März 2013 und die zugehörigen Anlagen 1 bis 4 Bezug genommen.
50Der Vortrag der Antragstellerin zur Aufzeichnung der Einnahmen sei nicht zutreffend. Aus dem Bericht der Steuerfahndung gehe hervor, dass in den Streitjahren keine täglichen Aufzeichnungen geführt worden seien. Weder seien ordnungsgemäße und vollständige Schichtzettel noch aneinandergereihte Tageskassenberichte aus einem Kassenbuch vorgelegt worden. Die Gesamteinnahmen für jeden Fahrer seien in Wochenübersichten eingetragen und dem Steuerberater zu Buchung übermittelt worden. Die Fahrer hätten lediglich summenmäßige Angaben in Halbmonatsberichten und Monatsberichten gemacht. Somit seien die Angaben in der Buchführung nicht auf ihre Vollständigkeit, Richtigkeit, zeitgerechte Erfassung hin überprüfbar. Vor der Steuerfahndung hätten die Fahrer ausgesagt, sie seien verpflichtet gewesen, Schichtzettel zu führen. Da solche nicht vorgelegt worden seien, habe die Antragstellerin diese offensichtlich nicht aufbewahrt. Wenn die Antragstellerin nunmehr Schichtzettel für das nicht streitbefangene Jahr 2012 vorlege, ändere dies nichts an den Verhältnissen der Streitjahre.
51Der Senat hat mit Beschluss vom 26. August 2013 das Verfahren wegen Umsatzsteuer 2011 abgetrennt und mit dem Verfahren 3 V 1100/13 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
52II.
531. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist unzulässig, soweit die Aussetzung des Lohnsteuerhaftungsbescheids vom 12. September 2012 begehrt wird.
54Der Antragsgegner hat eine Aussetzung der Vollziehung des Lohnsteuerhaftungsbescheids bislang nicht --wie gemäß § 69 Abs. 4 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erforderlich-- weder ganz oder zum Teil abgelehnt. Das Schreiben des Antragsgegners vom 30. November 2011, aus dem die Antragstellerin eine Ablehnung ihres gestellten Antrags auf Aussetzung der Vollziehung herauslesen will, enthält ausdrücklich die Aussage, dass über die Ablehnung der Vollziehung bislang nicht entschieden werden könne. Denn die Antragstellerin habe ihren Antrag, in welcher Hinsicht die Haftungsgrundlagen angefochten werden sollten, nicht hinreichend konkretisiert. Zudem ist nicht ersichtlich, dass einer der Ausnahmetatbestände des § 69 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 oder 2 FGO im Streitfall zur Anwendung kommen kann. Denn weder ist für den Senat ersichtlich, ob der Antragsgegner über einen begründeten Antrag der Antragstellerin auf Aussetzung der Vollziehung bislang ohne hinreichenden Grund nicht entschieden hat, noch ist dargelegt worden, dass die Vollstreckung droht.
552. Soweit die Aussetzung der Vollziehung der geänderten Gewerbesteuermessbescheide für die Streitjahre 2009 und 2010 neben der Aussetzung der geänderten Gewinnfeststellungsbescheide 2009 und 2010 begehrt wird, steht dem nicht entgegen, dass ein Rechtsschutzinteresse für die Aussetzung der Vollziehung von der Rechtsprechung verneint wird, wenn die Aussetzung eines Folgebescheides begehrt wird, obwohl ein Grundlagenbescheid bereits ergangen ist und deshalb mit Rücksicht auf die gemäß § 69 Abs. 2 Satz 4 FGO vorzunehmende Folgeaussetzung nur die Aussetzung des Grundlagenbescheides beantragt werden kann. Denn der Gewerbesteuermessbescheid ist trotz der Regelung in § 35b des Gewerbesteuergesetzes neben einem angefochtenen einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsbescheid selbstständig aussetzungsfähig (BFH-Urteil vom 21. Dezember 1993 VIII B 107/93, BStBl. II 1994, 300).
563. Der Aussetzungsantrag ist, soweit er zulässig ist, teilweise begründet.
57a) Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen. Die Aussetzung soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Alternative 1 FGO). Ernstliche Zweifel in diesem Sinn sind anzunehmen, wenn bei überschlägiger Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes im Aussetzungsverfahren neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Gründen gewichtige, gegen sie sprechende Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen bewirken oder Unklarheiten in der Beurteilung der Tatfragen aufwerfen (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182, seitdem ständige Rechtsprechung; Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 7. Auflage, § 69 Rz. 86 ff, m.w.N.).
58b) Für die Entscheidung über den Aussetzungsantrag brauchen die Tat- und Rechtsfragen nicht abschließend geprüft zu werden, denn das summarische Verfahren ist abgekürzt und vereinfacht. Wegen der Eilbedürftigkeit des Aussetzungsverfahrens findet eine Beschränkung auf die dem Gericht vorliegenden Unterlagen, insbesondere auf die Akten der Finanzbehörde und auf präsente Beweismittel statt; weiter gehende Sachverhaltsermittlungen des Gerichts sind nicht geboten (BFH-Beschluss vom 21.07.1994 IX B 78/94, BFH/NV 1995, 116).
59c) Auf dieser Grundlage hat der erkennende Senat keine ernstlichen Zweifel daran, dass der Antragsgegner zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 Abs. 1 und 2 AO hinsichtlich der Einkünfte, Gewerbesteuermessbeträge und Umsätze der Antragstellerin für die Streitjahre berechtigt war. Die Antragstellerin hat in den Streitjahren entweder bereits keine den Anforderungen genügenden Schichtzettel geführt oder sie hat jedenfalls solche Aufzeichnungen nicht aufbewahrt. Verstößt der Betreiber eines Taxiunternehmens gegen die genannten Pflichten, indem er Schichtzettel gar nicht erst führt oder aber die ursprünglich geführten Zettel nicht aufbewahrt, so berechtigt dies die Finanzbehörde zu einer Schätzung gemäß § 162 Abs. 1 und 2 AO (vgl. BFH-Urteil vom 16.02.2004 - XI R 25/02, BStBl. II 2004, 599, mit weiteren Nachweisen unter II.1.e).
60aa) Durch die Rechtsprechung ist geklärt, dass Betriebseinnahmen einzeln aufgezeichnet werden müssen und dass dies dem Grundsatz nach auch für Bareinnahmen gilt (vgl. BFH-Urteil vom 26.02.2004 - XI R 25/02, BStBl. II 2004, 599). Der Umstand der sofortigen Bezahlung einer Leistung rechtfertigt nicht, die jeweiligen Geschäftsvorfälle nicht auch einzeln aufzuzeichnen. Zwar sind bestimmte Berufsgruppen (wie z. B. Einzelhändler) aus Gründen der Zumutbarkeit und Praktikabilität von der Pflicht zur Einzelaufzeichnung entbunden, doch gilt dies nicht für die Betreiber von Taxiunternehmen (so ausdrücklich der BFH in seinem Urteil in BStBl. II 2004, 599). Diese sind vielmehr verpflichtet, für die Erstellung sog. Schichtzettel zu sorgen und diese aufzubewahren (BFH-Urteil in BStBl. II 2004, 599). Aus den Schichtzetteln müssen sich die jeweiligen Fahrer, die Daten einer Schicht, Schichtbeginn und -ende, "Total- und Besetztkilometer", die gefahrenen Touren, die Fahrpreise, die Tachostände, die Fahrten ohne Uhr, die Gesamteinnahmen, die Lohnabzüge und sonstigen Abzüge, die verbleibenden Resteinnahme und die an den Unternehmer abgelieferten Beträge ergeben (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 26.02.2004, a.a.O.; BFH-Beschlüsse vom 07.02.2007 - V B 161-162/05, BFH/NV 2007, 1208; vom 28.11.2012 - X B 74/11, BFH/NV 2013, 766; Urteile des FG Düsseldorf vom 28.03.2008 - 11 V 110/08 A und vom 01.04.2008 – 14 V 4646/07 A, beide in juris). Solche Schichtzettel sind Einnahmeursprungsaufzeichnungen; sie enthalten Angaben, aus denen sich die Höhe der Umsätze und der Betriebseinnahmen unmittelbar ergibt. Die Pflicht zur Einzelaufzeichnung und Aufbewahrung der entsprechenden Schichtzettel ergibt sich für Unternehmen im umsatzsteuerrechtlichen Sinne –wie die Antragstellerin—nach dem Urteil des BFH in BStBl. II 2004, 599 aus § 22 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) i. V .m. §§ 63 bis 68 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV).
61Nach den Feststellungen der Steuerfahndungsprüfung steht für den Senat bei summarischer Betrachtung jedoch fest, dass die Antragstellerin Schichtzettel nach den Vorgaben der Rechtsprechung entweder schon gar nicht geführt, jedenfalls aber solche Zettel nicht aufbewahrt wurden. Im vorliegenden Verfahren hat die Antragstellerin ausschließlich Schichtzettel der Fahrer aus dem Jahr 2012 vorgelegt, das nicht streitbefangen ist. Den Feststellungen der Steuerfahndungsprüfung, die Einnahmen und Bruttoumsätze seien nur summenmäßig aus Halbmonatsberichten und Monatsberichten der Fahrer ermittelt worden, ist die Antragstellerin nicht substantiiert entgegengetreten. Sie hat insbesondere auch nicht nachträglich zur Glaubhaftmachung Schichtzettel aus den Streitjahren vorgelegt. Zudem hat sie im Schriftsatz vom 15. Mai 2013 vorgetragen, dass keine Schichtzettel geführt worden seien und die Einnahmen täglich in ein Kassenbuch eingetragen worden seien. Auch hieraus folgt für den Senat, dass Schichtzettel im Betrieb der Antragstellerin in den Streitjahren entweder schon nicht geführt oder aber entsprechende Aufzeichnungen nicht aufbewahrt wurden.
62bb) Soweit sich Antragstellerin im Schriftsatz vom 15. Mai 2013 erstmals auf die in der Rechtsprechung anerkannte Ausnahme beruft, dass Schichtzettel gemäß § 147 Abs. 1 und Abs. 3 AO nicht aufzubewahren sind, wenn deren Inhalt unmittelbar nach Auszählung der Tageskasse in das in Form aneinandergereihter Tageskassenberichte geführte Kassenbuch übertragen wird (BFH-Urteil vom 13. Juli 1971 VIII 1/65, BFHE 103, 34, BStBl II 1971, 729; BFH-Urteil in BStBl II 2004, 599; Beschluss des FG Hamburg vom 31.08.2011 6 V 2/11, juris), stellt dies die Schätzungsbefugnis des Antragsgegners nicht in Frage. Im BFH-Beschluss vom 25.10. 2012 X B 133/11, BFH/NV 2013, 341 wird ausgeführt, dass allein die tägliche Übertragung des Inhalts der Schichtzettel unmittelbar nach Auszählung der Tageskasse in ein solches Kassenbuch die Aufbewahrung der Schichtzettel entbehrlich mache, weil nur dann sowohl dem Aufbewahrungszweck als auch der Sicherstellung der Vollständigkeit der übertragenen Aufzeichnungen in vollem Umfang Rechnung getragen werde. Dieses erstmals im gerichtlichen Aussetzungsverfahren angebrachte Vorbringen ist aus Sicht des Senats eine pauschale Behauptung, die nicht glaubhaft gemacht wurde.
63d) Zudem ergibt sich auch aus anderen Gesichtspunkten, dass die vorgelegten Gewinnermittlungen der Antragstellerin mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit inhaltlich nicht zutreffend sind.
64Die Steuerfahndung hat Anhaltspunkte dafür ermittelt, dass jedenfalls die Laufleistung eines Taxis der Antragstellerin im Streitjahr 2009 manipuliert worden ist. Auch bei summarischer Betrachtung ist nach der Überzeugung des Senats für das Taxi mit dem Kennzeichen ... (Ident-Nr. ...) davon auszugehen, dass im Streitjahr 2009 dessen Tachostand manipuliert worden ist. Wie der Antragsgegner in Anlage 3 zu seinem Schriftsatz vom 14. März 2013 dargelegt hat, ergibt sich aus den bei den Werkstattbesuchen ausgelesenen Kilometerständen, dass das Fahrzeug am 1. Juli 2009 eine Laufleistung von 61.626 km hatte. In den vorgelegten Hauptuntersuchungsberichten des TÜV ist jedoch für einen späteren Zeitpunkt, den 22. September 2009, ein niedrigerer Kilometerstand (45.583 km) angegeben. Für diese negative Laufleistung hat die Antragstellerin keine plausible Erklärung angebracht. Sie hat nur darauf verwiesen, die Daten der Werkstatt seien fehlerhaft und die ausgelesenen Kilometerstände durch den TÜV zutreffend. Hierin sieht der Senat ebenfalls nur eine pauschale Schutzbehauptung.
654. Allerdings hat der Senat bei summarischer Prüfung ernstliche rechtliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheide, Gewerbesteuermessbescheide und Umsatzsteuerbescheide der Streitjahre. Diese beziehen sich auf die Höhe der vom Antragsgegner hinzugeschätzten Gewinne und Umsätze.
66a) Bei einer Schätzung sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind (§ 162 Abs. 1 Satz 2 AO). Die Schätzung ist ein Verfahren, Besteuerungsgrundlagen (§ 157 Abs. 2 AO) mit Hilfe von Wahrscheinlichkeitsüberlegungen zu ermitteln, wenn eine sichere Feststellung trotz des Bemühens um Aufklärung nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Ziel der Schätzung ist der Ansatz derjenigen Besteuerungsgrundlagen, die die größtmögliche Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben und damit der Wirklichkeit am nächsten kommen dürften. Schätzergebnisse müssen daher insgesamt schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein. Sie dürfen nicht den Denkgesetzen und allgemeinen Erfahrungssätzen widersprechen. Das Schätzungsergebnis muss somit insgesamt plausibel sein. Andererseits darf die Verletzung der Mitwirkungspflicht nicht dazu führen, dass nachlässige Steuerpflichtige gegenüber denjenigen einen Vorteil erzielen, die ihre Mitwirkungspflichten ordnungsgemäß erfüllen. Im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung muss es ein Steuerpflichtiger, der Veranlassung zur Schätzung gibt, daher hinnehmen, dass die mit jeder Schätzung verbundenen Unsicherheiten zu seinem Nachteil ausschlagen. Es liegt im Wesen der Schätzung, dass die durch sie ermittelten Größen von den tatsächlichen Verhältnissen mehr oder minder abweichen (ständige Rechtsprechung, vgl. zum Ganzen z.B. BFH-Urteile vom 12.06.1986 V R 75/78, BStBl II 1986, 721; vom 18.12.1984 VIII R 195/82, BStBl II 1986, 226; vom 19.02.1987 - IV R 143/84, BStBl II BStBl 1984 II S. 1987, BStBl 1984 II S. 412).
67b) Der Antragsgegner hat die Besteuerungsgrundlagen der Streitjahre anhand der von ihm für vergleichbar gehaltenen Umstände des nicht streitbefangenen Jahres 2011 und unter Berücksichtigung externer Vergleichsdaten geschätzt. Die Antragstellerin weist aber zu Recht darauf hin, dass die Methodik des Antragsgegners, aus den Verhältnissen des Jahres 2011 anhand einer Stichprobe für einen abgekürzten Zeitraum auf die Laufleistung für alle Taxen des Antragsgegners für die Streitjahre zu schließen und bei der Schätzung auf eine interne Datensammlung der Finanzverwaltung zurückzugreifen, bei summarischer Prüfung rechtlichen Bedenken begegnet. Ernstliche rechtliche Zweifel an der Schätzung des Antragsgegners werden für den Senat aufgeworfen, weil in dem gerichtsbekannten Gutachten über die Funktionsfähigkeit des Taxigewerbes in der Stadt E der Firma B und A aus dem Dezember 2009 andere Kennzahlen als nach der internen Datensammlung der Finanzverwaltung ermittelt worden sind.
68Nach den Erkenntnissen des Taxigutachtens der Firma B & A für die Stadt E aus dem Dezember 2009, die für die Zeiträume 2005 bis 2007 ermittelt worden sind, ist bei Betrieben, mit zwei oder drei Taxen im Einsatz von einer Jahresfahrleistung jedes Fahrzeugs in Höhe von 56.833 km (Textziffer 3.7 auf Seite 68 des Gutachtens) und einem Nettoumsatz bei dieser Betriebsgröße je Kilometer von 0,88 € = 0,94 € brutto auszugehen (Tz. 4.1 auf S. 75). Zudem liegen für Betriebe von der Größe der Antragstellerin nach dem Gutachten die Überschüsse (Gewinne) je Taxi im Jahr 2007 bei 10.381 € pro Fahrzeug (Tz. 4.3 auf Seite 83). Die Klägerin hat ausweislich des in der Vertragsakte abgelegten Kaufvertrags die Konzessionen und Fahrzeuge des Betriebs erst im Laufe des Januar 2009 erworben. Im Streitjahr 2009 (ausgehend von einer Tätigkeit in den Monaten Februar bis Ende Dezember) ergäbe dies einen festzustellenden Gewinn in Höhe von 3 * 10.381 € = 31.143 * 11/12 = 28.548 €. Für das Streitjahr 2010, in dem die Antragstellerin ihren Betrieb das ganze Jahr über betrieben hat, betragen die festzustellenden Einkünfte auf Basis des Gutachtens 31.143 €. Die bislang festgestellten Beträge in den nunmehr streitbefangenen Gewinnfeststellungsbescheiden 2009 und 2010, jeweils vom 7. März 2013, liegen hingegen bei 49.886 € (2009) und 40.362 € (2010). Daran anknüpfend wurden auch die Gewerbesteuermessbescheide geändert.
69In der Rechtsprechung ist das für L erstellte Gutachten der Firma B & A als taugliche Schätzungsgrundlage anerkannt worden (Urteil des FG Hamburg vom 7. September 2010 3 K 13/09, EFG 2010, 2057). Dem schließt sich der Senat bei der hier gebotenen summarischen Prüfung für die Stadt E an. Somit ist offen, ob sich der Senat in einem Hauptsacheverfahren aufgrund des für 2011 ermittelten „tatsächlichen Gesamtbilds“ durch die Steuerfahndung den Annahmen des Antragsgegners für die Streitjahre (insbesondere den Jahresfahrleistungen für alle Taxen) im jetzigen Umfang anschließen könnte.
70c) Die Besteuerungsgrundlagen der Streitjahre werden daher durch den Senat für Zwecke der Aussetzung der Vollziehung gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 FGO selbst geschätzt.
71aa) Der Senat greift bei seiner Schätzung weder auf die pro Fahrzeug angesetzte Laufleistung des Antragsgegners (90.000 km je Taxi) noch auf die von der Antragstellerin selbst berechnete Laufleistung der Taxen in den Streitjahren in Höhe von 48.133 km je Taxi zurück. Letztere ist von der Antragstellerin nicht anhand der vorgelegten TÜV-Unterlagen glaubhaft gemacht werden. Denn es spricht nach Auffassung des erkennenden Senats --wie oben dargelegt-- bei summarischer Betrachtung mehr dagegen als dafür, dass die in den TÜV-Unterlagen genannten Laufleistungen zutreffend sind. Vielmehr orientiert sich der Senat für die im vorliegenden summarischen Verfahren gebotene Schätzung an den Erkenntnissen des Taxigutachtens der Firma B & A für die Stadt E aus dem Dezember 2009. Ausgehend von den Werten für 2007 ist bei Betrieben mit zwei oder drei Taxen im Einsatz --wie schon dargelegt-- von einer Jahresfahrleistung jedes Fahrzeugs in Höhe von 56.833 km (Textziffer 3.7 auf Seite 68 des Gutachtens) und einem Nettoumsatz bei dieser Betriebsgröße je Kilometer von 0,88 € auszugehen (Tz. 4.1 auf S. 75). Die Antragstellerin hat selbst in einer Vergleichsberechnung nach den Verhältnissen des Jahres 2012 Kilometerleistungen von mehr als 60.000 km je Taxi ermittelt und auch in den Streitjahren für möglich gehalten. Demnach schätzt der Senat die jährliche Laufleistung der Taxen der Antragstellerin für Zwecke der Aussetzung der Vollziehung in Höhe von 60.000 km je Taxi.
72bb) Zudem orientiert sich der Senat weiter an dem Gutachten B & A für die Höhe des Nettoumsatzes je Kilometer (0,88 €), der sowohl Leerfahrten einbezieht als auch einen Mittelwert für Taxen darstellt, die sowohl im Stadtverkehr als auch am Flughafen eingesetzt werden. Den Ausführungen der Antragstellerin lässt sich nicht entnehmen, dass die Taxen in den Streitjahren überwiegend am Flughafen oder überwiegend in der Stadt (ohne Flughafenfahrten) eingesetzt worden sein sollen und deshalb die niedrigeren oder höheren Kennzahlen des Taxigutachtens heranzuziehen wären.
73cc) Für Zwecke der Umsatzsteuer ist bei Netto-Umsätzen zum Steuersatz von 7% und einem Nettoumsatz je Kilometer in Höhe von 0,88 € von einer festzusetzenden Umsatzsteuer in der folgenden Höhe auszugehen:
742009 | 2010 | |
Jahresfahrleistung bei drei Taxen | 60.000 km * 3 Taxen * 11 Monate = 165.000 km | 60.000 km * 3 Taxen = 180.000 km |
Nettoumsatz (7%) | 165.000 km * 0,88 € =145.200 € | 180.000 km * 0,88 € = 158.400 € |
Umsatzsteuer auf Umsätze zu 7% laut FG | 10.150,00 € | 11.088,00 € |
Umsatzsteuer zu 19% laut USt-Erklärung | 832,01 € | 1.379,21 € |
Vorsteuer | ./. 17.651,25 € (laut Bescheid vom 18.3. 2013) | ./. 13.713,06 € (laut Bescheid vom 1.10. 2012) |
Umsatzsteuer | ./. 6.669,24 € | ./. 1.245,85 € |
Soweit ersichtlich, ist eine Anpassung der in den nunmehr angefochtenen Umsatzsteuerbescheiden angesetzten Vorsteuerbeträge nicht vorzunehmen. Jedenfalls lässt sich den Ausführungen des Steuerfahndungsberichts und des Antragsgegners nicht entnehmen, dass der Antragsgegner im Rahmen seiner Schätzung auch Vorsteuerbeträge zu Gunsten der Antragstellerin hinzu geschätzt hat, die nunmehr gegenläufig zu korrigieren wären. Eine Hinzuschätzung von Vorsteuerbeträgen für einen höheren geschätzten Spritverbrauch durch den Senat kann nicht erfolgen, da die Voraussetzungen des Leistungsbezugs und das Vorhandensein weiterer Eingangsrechnungen nicht glaubhaft gemacht wurden.
76dd) Für die Schätzung des Gewinns der Antragstellerin geht der Senat wie der Antragsgegner von einem Dieselverbrauch von 8.5 Litern je 100 km und den vom Antragsgegner herangezogenen Preisen aus. Das Vorbringen der Antragstellerin, der Verbrauch sei „höher“, ist auch im summarischen Verfahren zu pauschal.
77Bislang hat die Antragstellerin auf Grundlage ihrer EÜR für 2009 Betriebsausgaben bei einer Laufleistung von 133.405,58 € / 0,88 € je km = 151.597 km in Höhe von 33.256,11 € (inklusive Spritverbrauch) angesetzt. Für die nunmehr geschätzten Mehrkilometer in Höhe von 165.000 km ./. 151.597 km = 13.403 km sind somit weitere Betriebsausgaben für Dieselkraftstoff in Höhe von 13.403/100 * 8,5* 1,10 € = 1.253,18 € zu berücksichtigen.
78Für 2010 hat die Antragstellerin ihre Betriebseinnahmen auf Grundlage einer Laufleistung von 155.003,57 € / 0,88 € je km = 176.140 km ermittelt. Für Zwecke der Schätzung sind Mehrkilometer in Höhe von 180.000 km ./. 176.140 km = 3.860 km zu berücksichtigen, für die sich ein Spritverbrauch in Höhe von (3.680 / 100 * 8,5 * 1,20) = 394 € ergibt.
79Zudem geht der Senat aufgrund der Mitteilung des Arbeitsgerichts E an die Steuerfahndung gemäß § 116 AO davon aus, dass 45% der Bruttoumsätze als Gehalt an die Fahrer geflossen sind. Dies führt zu folgender Schätzung der Einkünfte der Antragstellerin:
802009 | 2010 | |
Jahresfahrleistung bei drei Taxen | 60.000 km * 3 Taxen * 11 Monate = 165.000 km | 60.000 km * 3 Taxen = 180.000 km |
Nettoumsatz (7%) laut FG | 165.000 km * 0,88 € =145.200,00 € | 180.000 km * 0,88 € = 158.400 € |
Vereinnahmte Umsatzsteuer auf Fahrten laut FG | 10.150,00 € | 11.088,00 € |
Zwischensumme 1 | 156.182,01 € | 170.867,21 € |
Umsatzsteuer auf unentgeltliche Wertabgaben laut USt-Erklärung | 832,01 € | 1.379,21 € |
Umsatzsteuerfreie Betriebseinnahmen laut EÜR | 3.774,65 € | 11.621,90 € |
Erstattete Umsatzsteuer | 6.716,77 € | 4.450,87 € |
Veräußerung und Entnahme von Anlagevermögen laut EÜR | 2.500,00 € | 5.462,18 € |
Zwischensumme 2 Betriebseinnahmen laut FG | 170.005,44 € | 192.402,16 € |
Personalkosten laut FG (45% der Zwischensumme 1) | ./. 70.281,90 € | ./. 76.890,24 € |
AfA | ./. 28.415,20 € | ./. 28.591,00 € |
Bisherige Kraftfahrzeugkosten | ./. 33.256,11 € | ./. 40.909,00 € |
Weiterer Spritverbrauch laut FG | ./. 1.253,18 € | ./. 394,00 € |
Schuldzinsen laut EÜR | ./. 455,00 € | In sonstigen BA enthalten |
Sonstige Betriebsausgaben laut EÜR | ./. 32.035,77 € | Laut EÜR mit Bewirtung aber mit gezahlter Vorsteuer laut Bescheid v. 1.10.12 ./. 34.440,69 € |
Auflösung Sammelposten | ./. 117,39 € | |
Zwischensumme Betriebsausgaben laut FG | 165.697,16 € | 181.342,32 € |
Gewinn laut FG | 4.308,28 € | 11.059,84 € |
ee) Für die Gewerbesteuermessbeträge 2009 und 2010 führt dies zur Vollaussetzung, da der Freibetrag gemäß § 11 Abs. 1 GewStG die Gewerbesteuermessbeträge auf Grundlage der Schätzung des Senats übersteigt.
825. Das Gericht sieht im Streitfall auch davon ab, die Aussetzung nur gegen Sicherheitsleistung zu gewähren.
83Daraus, dass es im Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung Sache der Beteiligten ist, die entscheidungserheblichen Tatsachen darzulegen und glaubhaft zu machen, soweit ihre Mitwirkungspflicht reicht, folgt, dass für die Anordnung einer Sicherheitsleistung der Antragsgegner die für eine Gefährdung des Steueranspruchs sprechenden Gesichtspunkte vortragen muss (vgl. BFH-Beschluss vom 29.06.1977 VIII S 15/76, BFHE 122, 516, BStBl II 1977, 726) und die Antragstellerin ggf. Umstände, die ein (dargelegtes) Sicherungsbedürfnis der Behörde entfallen oder unangemessen erscheinen lassen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 31.01.1997 X S 11/96, BFH/NV 1997, 512, und vom 23.08.2000 VII B 145, 146/00, BFH/NV 2001, 75; vom 20.03.2002 IX S 27/00, BFH/NV 2002, 809). Hieran fehlt es.
84Von einer Anordnung der Sicherheitsleistung war abzusehen, weil der Antragsgegner eine solche Gefährdung des Steueranspruchs nicht schlüssig dargelegt hat. Da sich auch aus dem sonstigen Vorbringen der Beteiligten keine Anhaltspunkte für eine derzeitige schlechte wirtschaftliche Situation der Antragstellerin ergeben, war die Aussetzung der Vollziehung nicht von der Anordnung einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen.
856. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 136 FGO. Der Senat hat aufgrund der Abhilfe durch den Beklagten die Kosten nach Verfahrensabschnitten aufgeteilt. In dieser Aufteilung der Kosten nach Verfahrensabschnitten liegt kein Verstoß gegen das Gebot, eine einheitliche Kostenentscheidung zu treffen (vgl. Ratschow in Gräber, FGO, 7. Auflage, § 135 Tz. 5). Die Beschwerde war nicht zuzulassen.
(1) Gerichte und die Behörden von Bund, Ländern und kommunalen Trägern der öffentlichen Verwaltung, die nicht Finanzbehörden sind, haben Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die auf eine Steuerstraftat schließen lassen, dem Bundeszentralamt für Steuern oder, soweit bekannt, den für das Steuerstrafverfahren zuständigen Finanzbehörden mitzuteilen. Soweit die für das Steuerstrafverfahren zuständigen Finanzbehörden nicht bereits erkennbar unmittelbar informiert worden sind, teilt das Bundeszentralamt für Steuern ihnen diese Tatsachen mit. Die für das Steuerstrafverfahren zuständigen Finanzbehörden, ausgenommen die Behörden der Bundeszollverwaltung, übermitteln die Mitteilung an das Bundeszentralamt für Steuern, soweit dieses nicht bereits erkennbar unmittelbar in Kenntnis gesetzt worden ist.
(2) § 105 Abs. 2 gilt entsprechend.
Tenor
1. Die Bescheide über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung für 2009 und für 2010 - beide vom 7. März 2013 - werden bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung oder einer anderweitigen Erledigung des Einspruchsverfahrens von der Vollziehung ausgesetzt, soweit die festgestellten Einkünfte aus Gewerbebetrieb folgende Beträge übersteigen:
2009 | 2010 | |
Gewinn | 4.308,28 € | 11.059,84 € |
2. Die Gewerbesteuermessbescheide 2009 und 2010 werden in voller Höhe ebenfalls bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung oder einer anderweitigen Erledigung des Einspruchsverfahrens von der Vollziehung ausgesetzt.
3. Die Umsatzsteuerbescheide für 2009 vom 18. März 2013 und für 2010 vom 1. Oktober 2012 werden jeweils ab Fälligkeit bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung oder einer anderweitigen Erledigung des Einspruchsverfahrens von der Vollziehung ausgesetzt, soweit die festgesetzte Umsatzsteuer folgende Beträge übersteigt:
2009 | 2010 | |
Umsatzsteuer | ./. 6.669,24 € | ./. 1.245,85 € |
4. Der weitergehende Antrag wird abgelehnt.
5. Die Kosten des Verfahrens tragen bis zum Ergehen der Teilabhilfebescheide am 7. und 18. März 2013 die Antragstellerin zu 60 % und der Antragsgegner zu 40 %, für die Zeit danach die Antragstellerin zu 70 % und der Antragsgegner zu 30 %.
1
Gründe:
2I.
3Die Beteiligten streiten - nach Abtrennung des Verfahrens wegen Umsatzsteuer 2011 -noch über die Rechtmäßigkeit von Hinzuschätzungen in den Streitjahren 2009 und 2010 und wegen Lohnsteuerhaftung 2009 bis 2011 nach einer Steuerfahndungsprüfung im Betrieb der Antragstellerin.
4Die Antragstellerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts und betrieb in den Streitjahren in E ein Taxiunternehmen. Die Gesellschafter sind jeweils zur Hälfte beteiligt. Die Antragstellerin verfügte über drei Konzessionen, die sie samt Fahrzeugen mit Vertrag vom 19. Januar 2009 erworben hat.
5Für das Streitjahr 2009 reichte die Antragstellerin ihre Einnahmen-Überschussrechnung und die Feststellungserklärung zur gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung im Januar 2011 beim Antragsgegner ein. Sie erklärte für das Streitjahr 2009 einen Gewinn in Höhe von 841,88 €. Die umsatzsteuerpflichtigen Betriebseinnahmen zum Steuersatz von 7% laut Erklärung betrugen 133.405,58 € netto.
6Für das Streitjahr 2010 reichte die Antragstellerin ihre Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung des Gewinns am 15. Februar 2012 beim Antragsgegner ein und erklärte einen Verlust in Höhe von ./. 226,35 €. Die umsatzsteuerpflichtigen Betriebseinnahmen zum Steuersatz von 7% laut Erklärung betrugen 155.003,57 € netto.
7Mit den eingereichten Erklärungen zur einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung der Streitjahre 2009 und 2010 reichte die Antragstellerin auch entsprechende Gewerbesteuererklärungen beim Antragsgegner ein.
8Für beide Streitjahre ergingen zunächst keine Feststellungsbescheide.
9Am 17. November 2011 begann das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung E mit einer Steuerfahndungsprüfung bei der Antragstellerin. Im Bericht über die steuerlichen Feststellungen im Rahmen der Fahndungsprüfung vom 31. August 2012 traf die Fahndungsprüferin folgende Feststellungen:
10Die Antragstellerin habe ihre täglichen Einnahmen nicht ordnungsgemäß aufgezeichnet. Sie habe keine täglichen Aufzeichnungen in Form von ordnungsgemäßen und vollständigen Schichtzetteln vorlegen können. Die Einnahmen seien in Halbmonatsberichten und Monatsberichten aufgezeichnet worden, in denen die Fahrer lediglich summenmäßige Angaben gemacht hätten, an welchen Tagen sie gefahren, wie hoch die jeweils gefahrenen Kilometer gewesen seien und welche Beträge Sie an den einzelnen Tagen eingenommen hätten. Betriebsausgaben seien in den Berichten der Fahrer für Tank- und Waschrechnungen aufgelistet worden. Die Einnahmen seien dann von der Antragstellerin in einer Monatstabelle für jeden Fahrer wochenweise aufgelistet worden. Die von den Fahrern gefertigten Aufzeichnungen seien nicht vorgelegt worden.
11Die Taxen seien mit angestellten Fahrern besetzt gewesen. Anhand der vorgelegten Monatsaufzeichnungen sei ermittelt worden, dass z.B. im Monat März 2009 und im Monat September 2009 sowie im Jahresdurchschnitt die Taxen der Antragstellerin nicht einmal im Einschichtbetrieb eingesetzt worden sein sollten. Dies habe selbst an umsatzstarken Tagen wie im Karneval 2009 gegolten, für die nur durchschnittlich 1,16 Schichten pro Tag angesetzt worden seien. Die Aufzeichnungen der Antragstellerin seien daher nicht glaubhaft.
12Zudem hätten Daten, die beim Taxi-Ruf E für den Zeitraum vom 1. Juli 2011 bis zum 30. Oktober 2011 erhoben worden seien, ergeben, dass nahezu sämtliche Fahrzeuge in einem Zweischichtbetrieb und fast sogar in einem Dreischichtbetrieb unterwegs gewesen seien. Dies ergebe sich aus den Uhrzeiten der vermittelten Fahrten für den Zeitraum Juli 2011. Es seien im Juli 2011 insgesamt nur 70 Schichten gebucht worden, tatsächlich sei anhand der vorliegenden Daten davon auszugehen, dass mindestens 145 Schichten gefahren worden sein. Es seien somit insgesamt nur die Hälfte der gefahrenen Schichten verbucht worden.
13Aus diesen Erkenntnissen des Jahres 2011 seien Rückschlüsse für den Prüfungszeitraum 2009 und 2010 zu ziehen, da dieselben Verhältnisse wie für den Vergleichszeitraum 2011 maßgeblich seien.
14Die rechnerischen Laufleistungen der einzelnen Taxen anhand der Bilanzumsätze und der gültigen Tarife nach den Angaben der Antragstellerin seien im Streitjahr 2009 mit ungefähr 45.000 km je Fahrzeug anzusetzen. Dieser Wert liege deutlich unter den branchenüblichen Werten, die das Finanzamt E ermittelt habe. Bei Einzelunternehmern mit festangestellten Fahrern betrage die durchschnittliche Laufleistung je Fahrzeug zwischen 100.000 und 120.000 km im Jahr.
15Die Steuerfahndung habe am 11. Mai 2011 im Rahmen einer Durchsuchung den Kilometerstand eines Fahrzeugs (...) ausgelesen. Greife man auf den bei der Durchsuchung abgelesenen Tachostand und die Werkstattbesuchsdaten zu einem Zeitpunkt vor dem 11. Mai 2011 und zu einem Zeitpunkt nach dem 11. Mai 2011 zurück, bestimme hiermit die Laufleistung des Jahres 2011 und übertrage diesen Wert auf das Streitjahr 2009, so lasse sich für 2009 von einer Jahresfahrleistung eines Taxis von ca. 108.000 km im Jahr ausgehen. Die Daten für ein weiteres Fahrzeug hätten zu einer Jahresfahrleistung von ca. 91.000 km geführt.
16Die Besteuerungsgrundlagen seien anhand der Verhältnisse des Jahres 2011 für den Prüfungszeitraum 2009 und 2010 zu schätzen. Im Rahmen der Nachkalkulation setzte die Prüferin eine gleiche Fahrleistung aller Taxen der Antragstellerin In Höhe von jeweils 90.000 km im Jahr an. Den Erlös je gefahrenem Kilometer setzte sie im Streitjahr 2009 und 2010 mit 1,07 €/km und für das Streitjahr 2011 mit 1,15 €/km an. Hierbei handele es sich um die Brutto-Durchschnittserlöse auf Basis der gültigen Tarife der Stadt E abzüglich eines Sicherheitsabschlags von ca. 10%. Dieser Sicherheitsabschlag gelte die Unsicherheitsfaktoren des Betrugs durch die Fahrer und nicht gezahlter Fahrpreise durch Kunden ab. Zudem berücksichtigte die Prüferin anhand der Laufleistungen der Fahrzeuge weitere Aufwendungen für Benzinkosten, wobei sie einen Verbrauch der einzelnen Taxen je 100 km von 8,5 Litern Diesel und Kosten pro Liter Diesel im Streitjahr 2009 von 1,10 € und im Streitjahr 2010 von 1,20 € zugrundelegte.
17Zudem ging die Prüferin davon aus, dass die in der Buchführung berücksichtigten Lohnkosten nicht den tatsächlich ausgezahlten Löhnen entsprächen. Hierzu stützte sie sich auf eine Mitteilung gemäß § 116 AO des Arbeitsgerichts E beim Finanzamt für Steuerstrafsachen, nach der ein angestellter Taxifahrer der Antragstellerin in einem Kammertermin am.... April 2010 erklärt habe, statt eines fest vereinbarten Bruttogehalts 46 % der Bruttofahrpreise erhalten zu haben. Im Arbeitsvertrag sei jedoch nur der Festbetrag genannt gewesen. Für Zwecke der Nachkalkulation legte die Prüferin zugrunde, die Fahrer hätten 45 % des Bruttoumsatzes für sich behalten dürfen und den Rest nach Abzug der ausgelegten Kosten an die Antragstellerin weitergeben müssen.
18Die Schätzung führte zu folgenden Mehrumsätzen und folgenden Mehr-Betriebseinnahmen:
19Mehrumsätze netto (€) | Mehr-Betriebseinnahmen (€) | Einkünfte laut Prüfung (€) | |
2009 | 134.096 | 143.482 | 71.544 |
2010 | 109.536 | 117.203 | 49.542 |
Für Zwecke der Lohnsteuerhaftung setzte die Prüferin für die ermittelten zusätzlich gezahlten Löhne den Eingangssteuersatz an und behandelte 25% der hinzugeschätzten Lohnsumme als nicht steuerpflichtige Aushilfslöhne.
21Für das Streitjahr 2009 ergab dies im Rahmen der Lohnsteuerhaftung Mehrlöhne (75%) in Höhe von 97.503 € (Mehr-Lohnsteuer 13.596 € zuzüglich 750,75 € SolZ), für 2010 in Höhe von 97.503 € (Mehr-Lohnsteuer 13.414 € zuzüglich 750,05 € SolZ) und für 2011 in Höhe von 104.793 € (Mehr-Lohnsteuer 14.671 € zuzüglich SolZ 806,90 €).
22Da eine Zuordnung der erhöhten Löhne zu den einzelnen Arbeitnehmern nicht möglich sei, sei der Arbeitgeber, die Antragstellerin, in Anspruch zu nehmen.
23Für die Einzelheiten der Feststellungen der Steuerfahndung wird auf den Bericht vom 31. August 2012 und die Texte von 6-17 sowie die zugehörigen Anlagen 1-3 Bezug genommen (abgelegt in einem Hefter in der Feststellungsakte). Zudem wird auf die in der Lohnsteuerakte abgelegte Mitteilung gemäß § 116 AO des Arbeitsgerichts E (eingegangen beim Finanzamt für Steuerstrafsachen am 28. April 2010) Bezug genommen.
24Der Antragsgegner erließ am 12. September 2012 einen Haftungsbescheid gegenüber der Antragstellerin, in dem er für den Haftungszeitraum 2009 bis 2011 ausgehend von den Feststellungen der Steuerfahndung nichtabgeführte Lohnsteuer und den Solidaritätszuschlag hierzu nachforderte.
25Am 1. Oktober 2012 erließ der Antragsgegner geänderte Feststellungsbescheide für die Streitjahre 2009 und 2010, in denen er die Ergebnisse der Fahndungsprüfung auswertete. Für das Streitjahr 2010 stützte er sich für die Änderungsbefugnis auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO. Für das Streitjahr 2010 änderte er den Feststellungsbescheid gemäß § 164 Abs. 2 AO. Es wurden auch entsprechend geänderte Gewerbesteuermessbescheide für beide Streitjahre erlassen.
26Zudem ergingen unter dem 1. Oktober 2012 geänderte Umsatzsteuerbescheide für 2009 und 2010.
27Die Antragstellerin erhob Einspruch gegen die genannten Bescheide und den Lohnsteuerhaftungsbescheid. Gleichzeitig beantragte sie die Aussetzung der Vollziehung aller Steuerbeschläge ohne Sicherheitsleistung.
28Den Einspruch begründete die Antragstellerin damit, ihr seien die Ermittlungsgrundlagen aus dem Bericht über die Steuerfahndungsprüfung vom 31. August 2012 nicht mitgeteilt worden. Dies gelte für die beim Taxi Ruf E abgefragten Einsatzzeiten der Taxen der Antragstellerin. Zudem besage die Anmeldung und die Abmeldung einer Taxikonzession beim Taxi Ruf nicht, dass die Konzession durchgehend genutzt worden sei. Der Fahrer könne das Fahrzeug morgens anmelden und nutzen, danach pausieren und abends seine Tätigkeit wieder aufnehmen.
29Zudem leide die Kalkulation darunter, dass Ermittlungsergebnisse des Jahres 2011 ohne weiteres auf die Verhältnisse der Streitjahre 2009 und 2010 übertragen würden. Auch seien die Schätzungsgrundlagen, die anhand von der Antragstellerin nicht vorliegenden Vergleichsdaten für die Stadt E angesetzt worden seien, der Antragstellerin nicht nachvollziehbar. Eine Prüfung der Rechtmäßigkeit der geschätzten Besteuerungsgrundlagen sei schon deshalb nicht möglich. Die Unterstellung, jedes Taxiunternehmen mit angestellten Fahrern habe eine Fahrleistung bei jedem Taxi von 100.000 km im Jahr, sei eine reine Unterstellung. Es sei zu berücksichtigen, dass die Schätzung der Laufleistungen für die Nachkalkulation ohne Auswertung der vorliegenden Werkstattrechnungen und Berichte des TÜV von der Fahndung vorgenommen worden sei. Zudem sei das Ausmaß von Leerfahrten im normalen Betrieb nicht hinreichend berücksichtigt worden. Bis zu 50 % aller gefahrenen Kilometer seien Leerfahrten. Bei einer Flughafenfahrt sei immer eine Leerfahrt enthalten.
30Der angesetzte Kraftstoffverbrauch sei nicht durch statistische Daten unterlegt worden. Innerhalb geschlossener Ortschaften betrage der Verbrauch mehr als 8,5 Liter je 100 km.
31Während des Einspruchsverfahrens legte die Antragstellerin die Ermittlung von Laufleistungen der Taxen anhand von TÜV-Hauptuntersuchungsberichten dar. Sie kam zu dem Ergebnis, dass sich durchschnittliche Jahreslaufleistungen für jedes Taxi in Höhe von 48.133 km ermitteln ließen. Eine eigene Verprobung der Laufleistungen für den Zeitraum von September bis November 2012, den die Antragstellerin selbst durchgeführt habe, habe lediglich eine jährliche Laufleistung im Durchschnitt von 67.588 km ergeben. Beide Werte unterschritten deutlich die vom Antragsgegner je Taxi angesetzten Laufleistungen in Höhe von jeweils 90.000 km pro Taxi. Die Durchschnittserlöse pro gefahrenem Kilometer lägen anhand der Daten für den Zeitraum von September bis November 2012 bei 0,96 €.
32Für das Streitjahr 2009 habe der Antragsgegner übersehen, dass die Antragstellerin nur für elf Monate tätig gewesen sei.
33Die Berechnung des Antragsgegners weise den weiteren Fehler auf, dass die nicht in der Buchführung geschätzten Mehraufwendungen für Kraftstoff nur für ein Taxi angesetzt worden seien, statt für drei Taxen des Antragsgegners.
34Mit Schreiben vom 23. November 2012 lehnte der Antragsgegner die Aussetzung der Vollziehung hinsichtlich der Umsatzsteuerbescheide 2009 und 2010, der Gewerbesteuermessbescheide 2009 und 2010 sowie der geänderten Gewinnfeststellungsbescheide 2009 und 2010 ab. In einem Schreiben vom 30. November 2012 teilte der Antragsgegner mit, er halte den Einspruch gegen den Haftungsbescheid zur Lohnsteuer für nicht ausreichend begründet und könne über den gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung „derzeit noch nicht entscheiden“, weil nicht zu erkennen sei, inwieweit der angefochtene Bescheid beanstandet werde und ob aufgrund der Beanstandungen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestünden. Der Antragsgegner bat darum, den Einspruch zu begründen und hierdurch den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zu konkretisieren.
35Im vorliegenden Verfahren beantragte die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2012 (eingegangen beim Finanzgericht am selben Tag) die Aussetzung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung wegen der geänderten Gewerbesteuermessbescheide 2009 und 2010, der Umsatzsteuerbescheide 2009 und 2010, der Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung für 2009 und 2010 sowie wegen des Haftungsbescheids zur Lohnsteuer.
36Zur Begründung ihres Aussetzungsantrags wiederholte die Antragstellerin ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren. Zur Glaubhaftmachung ihres Vortrags legte sie die Anlagen 18 bis 22 zum Schriftsatz vom 11. Januar 2013 vor. Diese beinhalten Berichte des TÜV für die Taxen der Antragstellerin im Zeitraum 2009 bis 2012 und eine Verprobung der Gesamtlaufleistung anhand einer Stichprobe für den Zeitraum September bis November 2012.
37Es treffe es nicht zu, wenn der Antragsgegner behaupte, die Schichtzettel seien von der Antragsgegnerin nicht aufbewahrt worden. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (Hinweis auf den Beschluss vom 25. Oktober 2012 X B 133/11) sei dies nicht erforderlich, wenn eine tägliche Aufzeichnung der Einnahmen in ein Kassenbuch erfolgt sei. Dies sei in den Streitjahren der Fall gewesen. Die Ausführungen des Antragstellers zu Manipulationen von Tachoständen seien zurückzuweisen. Die eingetragenen Kilometerstände in den Berichten des TÜV seien durch die Mitarbeiter des TÜV ausgewiesen worden.
38Die vom Antragsgegner für den Vergleichszeitraum 2012 gerügten Unstimmigkeiten lägen nicht vor. Der zuständige Fahrer habe eine Doppelschicht an Freitagen und Samstagen gefahren und diese auf den Schichtzetteln als eine einheitliche Schicht behandelt. Die Schichtzettel seien damit weder falsch noch manipulativ. Denn für den Taxiunternehmer sei nicht die Anzahl der Schichtzettel zur Prüfung und Kontrolle der Taxifahrer entscheidend, sondern die lückenlose Kilometer-Fahrleistung. Nur so könne er prüfen, ob die Taxifahrer selbst alle Fahrten erfasst hätten. Die Taxifahrer füllten die Schichtzettel zudem unterschiedlich aus. Typische Tagesschichten und Nachtschichten existierten bei der Antragstellerin nicht. Habe ein Taxifahrer ein Taxi tagsüber und in der Nacht benutzt, fülle er oft nur einen einzelnen Schichtzettel aus. Hierzu legt die Antragstellerin zur Glaubhaftmachung die Anlagen 24-30 mit ihrem Schriftsatz vom 15. Mai 2013 vor (Blatt. 83 – 98 GA). Hierauf wird für die Einzelheiten Bezug genommen.
39Zudem führt sie aus, die Voraussetzungen für die Festsetzung einer Sicherheitsleistung seien nicht gegeben. Die Schätzungen seien mit Ermittlungsergebnissen begründet worden, ohne die diesen Ergebnissen zu Grunde liegenden Daten nachprüfbar im Bericht offen zu legen. Es seien vergleichsweise Verhältnisse späterer Jahre auf die Streitjahre übertragen worden. Es sei ein Durchschnittstarif bei der Schätzung zu Grunde gelegt worden, dessen Ermittlung nicht erkennbar sei. Es seien gefahrene Kilometer geschätzt worden, obwohl die tatsächlichen Kilometerleistungen ohne erheblichen Aufwand hätten ermittelt werden können. Leerfahrten seien nicht nachprüfbar berücksichtigt worden. Der Kraftstoffverbrauch sei geschätzt worden, obwohl die Ermittlung des tatsächlichen Verbrauchs ohne Aufwand möglich gewesen sei. Zudem sei Anordnung einer Sicherheitsleistung auch mit den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an das Merkmal der unbilligen Härte nicht vereinbar. Die Anforderung einer Sicherheitsleistung dürfe nicht erfolgen, wenn sie mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers eine unbillige Härte für ihn bedeuten würde, weil der Steuerpflichtige im Rahmen zumutbarer Anstrengungen nicht in der Lage sei, die Sicherheit zu leisten. Dies sei im Streitfall gegeben.
40Es ergingen zur Berichtigung des zu niedrig angesetzten Kraftstoffverbrauchs während des anhängigen finanzgerichtlichen Aussetzungsverfahrens geänderte Gewinnfeststellungsbescheide für 2009 und 2010 vom 7. März 2013 und unter dem 18. März 2013 ein geänderter Umsatzsteuerbescheide für 2009 sowie geänderte Gewerbesteuermessbescheide für 2009 und 2010. Diese wurden gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens.
41Die festgestellten Einkünfte und die festgesetzte Umsatzsteuer der Streitjahre betragen nach diesen Bescheiden:
42Gewinn in € | Netto-Umsätze zu 7 % in € | |
2009 | 49.886 | 247.500 € Umsatzsteuer :/. 326,25 € |
2010 | 40.362 | 270.000 € Umsatzsteuer 5.186,94 € |
Über die Einsprüche der Antragstellerin ist bislang nicht entschieden worden.
44Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
45die geänderten Gewinnfeststellungsbescheide für 2009 und 2010, jeweils vom 7. März 2013, die geänderten Gewerbesteuermessbescheide für 2009 und 2010 den Umsatzsteuerbescheid 2009 vom 18. März 2013, den Umsatzsteuerbescheid 2010 vom 1. Oktober 2012 und den Lohnsteuer-Haftungsbescheid vom 12. September 2012 ohne Sicherheitsleistung von der Vollziehung auszusetzen.
46Der Antragsgegner beantragt,
47die Anträge abzuweisen.
48Dem von der Antragstellerin zutreffend gerügten Rechenfehler habe man im Rahmen der Änderungsbescheide während des Aussetzungsverfahrens Rechnung getragen. Es seien der Bruttoumsatz im Umsatzsteuerbescheid 2009, der Überschuss im Gewinnfeststellungsbescheid 2009 und 2010 sowie der Gewerbeertrag in den Gewerbesteuermessbescheiden 2009 und 2010 entsprechend gemindert worden.
49In der Sache halte man an den Feststellungen der Steuerfahndung uneingeschränkt fest. Die behauptete jährliche Fahrleistung der Taxen mit durchschnittlich lediglich 48.133 km sei nicht glaubhaft. Soweit der Antragsteller hierzu in Form der TÜV-Berichte zur Glaubhaftmachung Daten vorlege, seien diese zu verwerfen, da sie mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmten. Nach den Ermittlungen der Steuerfahndung habe die Antragstellerin die Tachometer der Fahrzeuge manipuliert. Die Manipulationen ergäben sich aus starken Schwankungen der Kilometer. So sei für ein Fahrzeug der Antragstellerin am 1. Juli 2009 ein Kilometerstand in Höhe von 61.626 km ausgewiesen worden und am 22. September 2009 (fast drei Monate später) nur noch in Höhe von 45.589 km. Die vorgelegten Tagesbelege für die Monate September bis November 2012 hätten ergeben, dass es sich nicht um Belege aus diesem Zeitraum handeln könne. Diese Belege seien nachträglich für das Einspruchsverfahren erstellt worden. Dies werde dadurch deutlich, dass die Fahrzeuge anhand der vorgelegten Schichtzettel an bestimmten Tagen nicht im Einsatz gewesen sein sollen, anhand der Vermittlungsdaten des Taxi Ruf E jedoch sichtbar werde, dass das Fahrzeug dennoch gefahren sei (Konzessionsnummer ...). Für die Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Antragsgegners vom 14. März 2013 und die zugehörigen Anlagen 1 bis 4 Bezug genommen.
50Der Vortrag der Antragstellerin zur Aufzeichnung der Einnahmen sei nicht zutreffend. Aus dem Bericht der Steuerfahndung gehe hervor, dass in den Streitjahren keine täglichen Aufzeichnungen geführt worden seien. Weder seien ordnungsgemäße und vollständige Schichtzettel noch aneinandergereihte Tageskassenberichte aus einem Kassenbuch vorgelegt worden. Die Gesamteinnahmen für jeden Fahrer seien in Wochenübersichten eingetragen und dem Steuerberater zu Buchung übermittelt worden. Die Fahrer hätten lediglich summenmäßige Angaben in Halbmonatsberichten und Monatsberichten gemacht. Somit seien die Angaben in der Buchführung nicht auf ihre Vollständigkeit, Richtigkeit, zeitgerechte Erfassung hin überprüfbar. Vor der Steuerfahndung hätten die Fahrer ausgesagt, sie seien verpflichtet gewesen, Schichtzettel zu führen. Da solche nicht vorgelegt worden seien, habe die Antragstellerin diese offensichtlich nicht aufbewahrt. Wenn die Antragstellerin nunmehr Schichtzettel für das nicht streitbefangene Jahr 2012 vorlege, ändere dies nichts an den Verhältnissen der Streitjahre.
51Der Senat hat mit Beschluss vom 26. August 2013 das Verfahren wegen Umsatzsteuer 2011 abgetrennt und mit dem Verfahren 3 V 1100/13 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
52II.
531. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist unzulässig, soweit die Aussetzung des Lohnsteuerhaftungsbescheids vom 12. September 2012 begehrt wird.
54Der Antragsgegner hat eine Aussetzung der Vollziehung des Lohnsteuerhaftungsbescheids bislang nicht --wie gemäß § 69 Abs. 4 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erforderlich-- weder ganz oder zum Teil abgelehnt. Das Schreiben des Antragsgegners vom 30. November 2011, aus dem die Antragstellerin eine Ablehnung ihres gestellten Antrags auf Aussetzung der Vollziehung herauslesen will, enthält ausdrücklich die Aussage, dass über die Ablehnung der Vollziehung bislang nicht entschieden werden könne. Denn die Antragstellerin habe ihren Antrag, in welcher Hinsicht die Haftungsgrundlagen angefochten werden sollten, nicht hinreichend konkretisiert. Zudem ist nicht ersichtlich, dass einer der Ausnahmetatbestände des § 69 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 oder 2 FGO im Streitfall zur Anwendung kommen kann. Denn weder ist für den Senat ersichtlich, ob der Antragsgegner über einen begründeten Antrag der Antragstellerin auf Aussetzung der Vollziehung bislang ohne hinreichenden Grund nicht entschieden hat, noch ist dargelegt worden, dass die Vollstreckung droht.
552. Soweit die Aussetzung der Vollziehung der geänderten Gewerbesteuermessbescheide für die Streitjahre 2009 und 2010 neben der Aussetzung der geänderten Gewinnfeststellungsbescheide 2009 und 2010 begehrt wird, steht dem nicht entgegen, dass ein Rechtsschutzinteresse für die Aussetzung der Vollziehung von der Rechtsprechung verneint wird, wenn die Aussetzung eines Folgebescheides begehrt wird, obwohl ein Grundlagenbescheid bereits ergangen ist und deshalb mit Rücksicht auf die gemäß § 69 Abs. 2 Satz 4 FGO vorzunehmende Folgeaussetzung nur die Aussetzung des Grundlagenbescheides beantragt werden kann. Denn der Gewerbesteuermessbescheid ist trotz der Regelung in § 35b des Gewerbesteuergesetzes neben einem angefochtenen einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsbescheid selbstständig aussetzungsfähig (BFH-Urteil vom 21. Dezember 1993 VIII B 107/93, BStBl. II 1994, 300).
563. Der Aussetzungsantrag ist, soweit er zulässig ist, teilweise begründet.
57a) Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen. Die Aussetzung soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Alternative 1 FGO). Ernstliche Zweifel in diesem Sinn sind anzunehmen, wenn bei überschlägiger Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes im Aussetzungsverfahren neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Gründen gewichtige, gegen sie sprechende Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen bewirken oder Unklarheiten in der Beurteilung der Tatfragen aufwerfen (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182, seitdem ständige Rechtsprechung; Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 7. Auflage, § 69 Rz. 86 ff, m.w.N.).
58b) Für die Entscheidung über den Aussetzungsantrag brauchen die Tat- und Rechtsfragen nicht abschließend geprüft zu werden, denn das summarische Verfahren ist abgekürzt und vereinfacht. Wegen der Eilbedürftigkeit des Aussetzungsverfahrens findet eine Beschränkung auf die dem Gericht vorliegenden Unterlagen, insbesondere auf die Akten der Finanzbehörde und auf präsente Beweismittel statt; weiter gehende Sachverhaltsermittlungen des Gerichts sind nicht geboten (BFH-Beschluss vom 21.07.1994 IX B 78/94, BFH/NV 1995, 116).
59c) Auf dieser Grundlage hat der erkennende Senat keine ernstlichen Zweifel daran, dass der Antragsgegner zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 Abs. 1 und 2 AO hinsichtlich der Einkünfte, Gewerbesteuermessbeträge und Umsätze der Antragstellerin für die Streitjahre berechtigt war. Die Antragstellerin hat in den Streitjahren entweder bereits keine den Anforderungen genügenden Schichtzettel geführt oder sie hat jedenfalls solche Aufzeichnungen nicht aufbewahrt. Verstößt der Betreiber eines Taxiunternehmens gegen die genannten Pflichten, indem er Schichtzettel gar nicht erst führt oder aber die ursprünglich geführten Zettel nicht aufbewahrt, so berechtigt dies die Finanzbehörde zu einer Schätzung gemäß § 162 Abs. 1 und 2 AO (vgl. BFH-Urteil vom 16.02.2004 - XI R 25/02, BStBl. II 2004, 599, mit weiteren Nachweisen unter II.1.e).
60aa) Durch die Rechtsprechung ist geklärt, dass Betriebseinnahmen einzeln aufgezeichnet werden müssen und dass dies dem Grundsatz nach auch für Bareinnahmen gilt (vgl. BFH-Urteil vom 26.02.2004 - XI R 25/02, BStBl. II 2004, 599). Der Umstand der sofortigen Bezahlung einer Leistung rechtfertigt nicht, die jeweiligen Geschäftsvorfälle nicht auch einzeln aufzuzeichnen. Zwar sind bestimmte Berufsgruppen (wie z. B. Einzelhändler) aus Gründen der Zumutbarkeit und Praktikabilität von der Pflicht zur Einzelaufzeichnung entbunden, doch gilt dies nicht für die Betreiber von Taxiunternehmen (so ausdrücklich der BFH in seinem Urteil in BStBl. II 2004, 599). Diese sind vielmehr verpflichtet, für die Erstellung sog. Schichtzettel zu sorgen und diese aufzubewahren (BFH-Urteil in BStBl. II 2004, 599). Aus den Schichtzetteln müssen sich die jeweiligen Fahrer, die Daten einer Schicht, Schichtbeginn und -ende, "Total- und Besetztkilometer", die gefahrenen Touren, die Fahrpreise, die Tachostände, die Fahrten ohne Uhr, die Gesamteinnahmen, die Lohnabzüge und sonstigen Abzüge, die verbleibenden Resteinnahme und die an den Unternehmer abgelieferten Beträge ergeben (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 26.02.2004, a.a.O.; BFH-Beschlüsse vom 07.02.2007 - V B 161-162/05, BFH/NV 2007, 1208; vom 28.11.2012 - X B 74/11, BFH/NV 2013, 766; Urteile des FG Düsseldorf vom 28.03.2008 - 11 V 110/08 A und vom 01.04.2008 – 14 V 4646/07 A, beide in juris). Solche Schichtzettel sind Einnahmeursprungsaufzeichnungen; sie enthalten Angaben, aus denen sich die Höhe der Umsätze und der Betriebseinnahmen unmittelbar ergibt. Die Pflicht zur Einzelaufzeichnung und Aufbewahrung der entsprechenden Schichtzettel ergibt sich für Unternehmen im umsatzsteuerrechtlichen Sinne –wie die Antragstellerin—nach dem Urteil des BFH in BStBl. II 2004, 599 aus § 22 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) i. V .m. §§ 63 bis 68 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV).
61Nach den Feststellungen der Steuerfahndungsprüfung steht für den Senat bei summarischer Betrachtung jedoch fest, dass die Antragstellerin Schichtzettel nach den Vorgaben der Rechtsprechung entweder schon gar nicht geführt, jedenfalls aber solche Zettel nicht aufbewahrt wurden. Im vorliegenden Verfahren hat die Antragstellerin ausschließlich Schichtzettel der Fahrer aus dem Jahr 2012 vorgelegt, das nicht streitbefangen ist. Den Feststellungen der Steuerfahndungsprüfung, die Einnahmen und Bruttoumsätze seien nur summenmäßig aus Halbmonatsberichten und Monatsberichten der Fahrer ermittelt worden, ist die Antragstellerin nicht substantiiert entgegengetreten. Sie hat insbesondere auch nicht nachträglich zur Glaubhaftmachung Schichtzettel aus den Streitjahren vorgelegt. Zudem hat sie im Schriftsatz vom 15. Mai 2013 vorgetragen, dass keine Schichtzettel geführt worden seien und die Einnahmen täglich in ein Kassenbuch eingetragen worden seien. Auch hieraus folgt für den Senat, dass Schichtzettel im Betrieb der Antragstellerin in den Streitjahren entweder schon nicht geführt oder aber entsprechende Aufzeichnungen nicht aufbewahrt wurden.
62bb) Soweit sich Antragstellerin im Schriftsatz vom 15. Mai 2013 erstmals auf die in der Rechtsprechung anerkannte Ausnahme beruft, dass Schichtzettel gemäß § 147 Abs. 1 und Abs. 3 AO nicht aufzubewahren sind, wenn deren Inhalt unmittelbar nach Auszählung der Tageskasse in das in Form aneinandergereihter Tageskassenberichte geführte Kassenbuch übertragen wird (BFH-Urteil vom 13. Juli 1971 VIII 1/65, BFHE 103, 34, BStBl II 1971, 729; BFH-Urteil in BStBl II 2004, 599; Beschluss des FG Hamburg vom 31.08.2011 6 V 2/11, juris), stellt dies die Schätzungsbefugnis des Antragsgegners nicht in Frage. Im BFH-Beschluss vom 25.10. 2012 X B 133/11, BFH/NV 2013, 341 wird ausgeführt, dass allein die tägliche Übertragung des Inhalts der Schichtzettel unmittelbar nach Auszählung der Tageskasse in ein solches Kassenbuch die Aufbewahrung der Schichtzettel entbehrlich mache, weil nur dann sowohl dem Aufbewahrungszweck als auch der Sicherstellung der Vollständigkeit der übertragenen Aufzeichnungen in vollem Umfang Rechnung getragen werde. Dieses erstmals im gerichtlichen Aussetzungsverfahren angebrachte Vorbringen ist aus Sicht des Senats eine pauschale Behauptung, die nicht glaubhaft gemacht wurde.
63d) Zudem ergibt sich auch aus anderen Gesichtspunkten, dass die vorgelegten Gewinnermittlungen der Antragstellerin mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit inhaltlich nicht zutreffend sind.
64Die Steuerfahndung hat Anhaltspunkte dafür ermittelt, dass jedenfalls die Laufleistung eines Taxis der Antragstellerin im Streitjahr 2009 manipuliert worden ist. Auch bei summarischer Betrachtung ist nach der Überzeugung des Senats für das Taxi mit dem Kennzeichen ... (Ident-Nr. ...) davon auszugehen, dass im Streitjahr 2009 dessen Tachostand manipuliert worden ist. Wie der Antragsgegner in Anlage 3 zu seinem Schriftsatz vom 14. März 2013 dargelegt hat, ergibt sich aus den bei den Werkstattbesuchen ausgelesenen Kilometerständen, dass das Fahrzeug am 1. Juli 2009 eine Laufleistung von 61.626 km hatte. In den vorgelegten Hauptuntersuchungsberichten des TÜV ist jedoch für einen späteren Zeitpunkt, den 22. September 2009, ein niedrigerer Kilometerstand (45.583 km) angegeben. Für diese negative Laufleistung hat die Antragstellerin keine plausible Erklärung angebracht. Sie hat nur darauf verwiesen, die Daten der Werkstatt seien fehlerhaft und die ausgelesenen Kilometerstände durch den TÜV zutreffend. Hierin sieht der Senat ebenfalls nur eine pauschale Schutzbehauptung.
654. Allerdings hat der Senat bei summarischer Prüfung ernstliche rechtliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheide, Gewerbesteuermessbescheide und Umsatzsteuerbescheide der Streitjahre. Diese beziehen sich auf die Höhe der vom Antragsgegner hinzugeschätzten Gewinne und Umsätze.
66a) Bei einer Schätzung sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind (§ 162 Abs. 1 Satz 2 AO). Die Schätzung ist ein Verfahren, Besteuerungsgrundlagen (§ 157 Abs. 2 AO) mit Hilfe von Wahrscheinlichkeitsüberlegungen zu ermitteln, wenn eine sichere Feststellung trotz des Bemühens um Aufklärung nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Ziel der Schätzung ist der Ansatz derjenigen Besteuerungsgrundlagen, die die größtmögliche Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben und damit der Wirklichkeit am nächsten kommen dürften. Schätzergebnisse müssen daher insgesamt schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein. Sie dürfen nicht den Denkgesetzen und allgemeinen Erfahrungssätzen widersprechen. Das Schätzungsergebnis muss somit insgesamt plausibel sein. Andererseits darf die Verletzung der Mitwirkungspflicht nicht dazu führen, dass nachlässige Steuerpflichtige gegenüber denjenigen einen Vorteil erzielen, die ihre Mitwirkungspflichten ordnungsgemäß erfüllen. Im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung muss es ein Steuerpflichtiger, der Veranlassung zur Schätzung gibt, daher hinnehmen, dass die mit jeder Schätzung verbundenen Unsicherheiten zu seinem Nachteil ausschlagen. Es liegt im Wesen der Schätzung, dass die durch sie ermittelten Größen von den tatsächlichen Verhältnissen mehr oder minder abweichen (ständige Rechtsprechung, vgl. zum Ganzen z.B. BFH-Urteile vom 12.06.1986 V R 75/78, BStBl II 1986, 721; vom 18.12.1984 VIII R 195/82, BStBl II 1986, 226; vom 19.02.1987 - IV R 143/84, BStBl II BStBl 1984 II S. 1987, BStBl 1984 II S. 412).
67b) Der Antragsgegner hat die Besteuerungsgrundlagen der Streitjahre anhand der von ihm für vergleichbar gehaltenen Umstände des nicht streitbefangenen Jahres 2011 und unter Berücksichtigung externer Vergleichsdaten geschätzt. Die Antragstellerin weist aber zu Recht darauf hin, dass die Methodik des Antragsgegners, aus den Verhältnissen des Jahres 2011 anhand einer Stichprobe für einen abgekürzten Zeitraum auf die Laufleistung für alle Taxen des Antragsgegners für die Streitjahre zu schließen und bei der Schätzung auf eine interne Datensammlung der Finanzverwaltung zurückzugreifen, bei summarischer Prüfung rechtlichen Bedenken begegnet. Ernstliche rechtliche Zweifel an der Schätzung des Antragsgegners werden für den Senat aufgeworfen, weil in dem gerichtsbekannten Gutachten über die Funktionsfähigkeit des Taxigewerbes in der Stadt E der Firma B und A aus dem Dezember 2009 andere Kennzahlen als nach der internen Datensammlung der Finanzverwaltung ermittelt worden sind.
68Nach den Erkenntnissen des Taxigutachtens der Firma B & A für die Stadt E aus dem Dezember 2009, die für die Zeiträume 2005 bis 2007 ermittelt worden sind, ist bei Betrieben, mit zwei oder drei Taxen im Einsatz von einer Jahresfahrleistung jedes Fahrzeugs in Höhe von 56.833 km (Textziffer 3.7 auf Seite 68 des Gutachtens) und einem Nettoumsatz bei dieser Betriebsgröße je Kilometer von 0,88 € = 0,94 € brutto auszugehen (Tz. 4.1 auf S. 75). Zudem liegen für Betriebe von der Größe der Antragstellerin nach dem Gutachten die Überschüsse (Gewinne) je Taxi im Jahr 2007 bei 10.381 € pro Fahrzeug (Tz. 4.3 auf Seite 83). Die Klägerin hat ausweislich des in der Vertragsakte abgelegten Kaufvertrags die Konzessionen und Fahrzeuge des Betriebs erst im Laufe des Januar 2009 erworben. Im Streitjahr 2009 (ausgehend von einer Tätigkeit in den Monaten Februar bis Ende Dezember) ergäbe dies einen festzustellenden Gewinn in Höhe von 3 * 10.381 € = 31.143 * 11/12 = 28.548 €. Für das Streitjahr 2010, in dem die Antragstellerin ihren Betrieb das ganze Jahr über betrieben hat, betragen die festzustellenden Einkünfte auf Basis des Gutachtens 31.143 €. Die bislang festgestellten Beträge in den nunmehr streitbefangenen Gewinnfeststellungsbescheiden 2009 und 2010, jeweils vom 7. März 2013, liegen hingegen bei 49.886 € (2009) und 40.362 € (2010). Daran anknüpfend wurden auch die Gewerbesteuermessbescheide geändert.
69In der Rechtsprechung ist das für L erstellte Gutachten der Firma B & A als taugliche Schätzungsgrundlage anerkannt worden (Urteil des FG Hamburg vom 7. September 2010 3 K 13/09, EFG 2010, 2057). Dem schließt sich der Senat bei der hier gebotenen summarischen Prüfung für die Stadt E an. Somit ist offen, ob sich der Senat in einem Hauptsacheverfahren aufgrund des für 2011 ermittelten „tatsächlichen Gesamtbilds“ durch die Steuerfahndung den Annahmen des Antragsgegners für die Streitjahre (insbesondere den Jahresfahrleistungen für alle Taxen) im jetzigen Umfang anschließen könnte.
70c) Die Besteuerungsgrundlagen der Streitjahre werden daher durch den Senat für Zwecke der Aussetzung der Vollziehung gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 FGO selbst geschätzt.
71aa) Der Senat greift bei seiner Schätzung weder auf die pro Fahrzeug angesetzte Laufleistung des Antragsgegners (90.000 km je Taxi) noch auf die von der Antragstellerin selbst berechnete Laufleistung der Taxen in den Streitjahren in Höhe von 48.133 km je Taxi zurück. Letztere ist von der Antragstellerin nicht anhand der vorgelegten TÜV-Unterlagen glaubhaft gemacht werden. Denn es spricht nach Auffassung des erkennenden Senats --wie oben dargelegt-- bei summarischer Betrachtung mehr dagegen als dafür, dass die in den TÜV-Unterlagen genannten Laufleistungen zutreffend sind. Vielmehr orientiert sich der Senat für die im vorliegenden summarischen Verfahren gebotene Schätzung an den Erkenntnissen des Taxigutachtens der Firma B & A für die Stadt E aus dem Dezember 2009. Ausgehend von den Werten für 2007 ist bei Betrieben mit zwei oder drei Taxen im Einsatz --wie schon dargelegt-- von einer Jahresfahrleistung jedes Fahrzeugs in Höhe von 56.833 km (Textziffer 3.7 auf Seite 68 des Gutachtens) und einem Nettoumsatz bei dieser Betriebsgröße je Kilometer von 0,88 € auszugehen (Tz. 4.1 auf S. 75). Die Antragstellerin hat selbst in einer Vergleichsberechnung nach den Verhältnissen des Jahres 2012 Kilometerleistungen von mehr als 60.000 km je Taxi ermittelt und auch in den Streitjahren für möglich gehalten. Demnach schätzt der Senat die jährliche Laufleistung der Taxen der Antragstellerin für Zwecke der Aussetzung der Vollziehung in Höhe von 60.000 km je Taxi.
72bb) Zudem orientiert sich der Senat weiter an dem Gutachten B & A für die Höhe des Nettoumsatzes je Kilometer (0,88 €), der sowohl Leerfahrten einbezieht als auch einen Mittelwert für Taxen darstellt, die sowohl im Stadtverkehr als auch am Flughafen eingesetzt werden. Den Ausführungen der Antragstellerin lässt sich nicht entnehmen, dass die Taxen in den Streitjahren überwiegend am Flughafen oder überwiegend in der Stadt (ohne Flughafenfahrten) eingesetzt worden sein sollen und deshalb die niedrigeren oder höheren Kennzahlen des Taxigutachtens heranzuziehen wären.
73cc) Für Zwecke der Umsatzsteuer ist bei Netto-Umsätzen zum Steuersatz von 7% und einem Nettoumsatz je Kilometer in Höhe von 0,88 € von einer festzusetzenden Umsatzsteuer in der folgenden Höhe auszugehen:
742009 | 2010 | |
Jahresfahrleistung bei drei Taxen | 60.000 km * 3 Taxen * 11 Monate = 165.000 km | 60.000 km * 3 Taxen = 180.000 km |
Nettoumsatz (7%) | 165.000 km * 0,88 € =145.200 € | 180.000 km * 0,88 € = 158.400 € |
Umsatzsteuer auf Umsätze zu 7% laut FG | 10.150,00 € | 11.088,00 € |
Umsatzsteuer zu 19% laut USt-Erklärung | 832,01 € | 1.379,21 € |
Vorsteuer | ./. 17.651,25 € (laut Bescheid vom 18.3. 2013) | ./. 13.713,06 € (laut Bescheid vom 1.10. 2012) |
Umsatzsteuer | ./. 6.669,24 € | ./. 1.245,85 € |
Soweit ersichtlich, ist eine Anpassung der in den nunmehr angefochtenen Umsatzsteuerbescheiden angesetzten Vorsteuerbeträge nicht vorzunehmen. Jedenfalls lässt sich den Ausführungen des Steuerfahndungsberichts und des Antragsgegners nicht entnehmen, dass der Antragsgegner im Rahmen seiner Schätzung auch Vorsteuerbeträge zu Gunsten der Antragstellerin hinzu geschätzt hat, die nunmehr gegenläufig zu korrigieren wären. Eine Hinzuschätzung von Vorsteuerbeträgen für einen höheren geschätzten Spritverbrauch durch den Senat kann nicht erfolgen, da die Voraussetzungen des Leistungsbezugs und das Vorhandensein weiterer Eingangsrechnungen nicht glaubhaft gemacht wurden.
76dd) Für die Schätzung des Gewinns der Antragstellerin geht der Senat wie der Antragsgegner von einem Dieselverbrauch von 8.5 Litern je 100 km und den vom Antragsgegner herangezogenen Preisen aus. Das Vorbringen der Antragstellerin, der Verbrauch sei „höher“, ist auch im summarischen Verfahren zu pauschal.
77Bislang hat die Antragstellerin auf Grundlage ihrer EÜR für 2009 Betriebsausgaben bei einer Laufleistung von 133.405,58 € / 0,88 € je km = 151.597 km in Höhe von 33.256,11 € (inklusive Spritverbrauch) angesetzt. Für die nunmehr geschätzten Mehrkilometer in Höhe von 165.000 km ./. 151.597 km = 13.403 km sind somit weitere Betriebsausgaben für Dieselkraftstoff in Höhe von 13.403/100 * 8,5* 1,10 € = 1.253,18 € zu berücksichtigen.
78Für 2010 hat die Antragstellerin ihre Betriebseinnahmen auf Grundlage einer Laufleistung von 155.003,57 € / 0,88 € je km = 176.140 km ermittelt. Für Zwecke der Schätzung sind Mehrkilometer in Höhe von 180.000 km ./. 176.140 km = 3.860 km zu berücksichtigen, für die sich ein Spritverbrauch in Höhe von (3.680 / 100 * 8,5 * 1,20) = 394 € ergibt.
79Zudem geht der Senat aufgrund der Mitteilung des Arbeitsgerichts E an die Steuerfahndung gemäß § 116 AO davon aus, dass 45% der Bruttoumsätze als Gehalt an die Fahrer geflossen sind. Dies führt zu folgender Schätzung der Einkünfte der Antragstellerin:
802009 | 2010 | |
Jahresfahrleistung bei drei Taxen | 60.000 km * 3 Taxen * 11 Monate = 165.000 km | 60.000 km * 3 Taxen = 180.000 km |
Nettoumsatz (7%) laut FG | 165.000 km * 0,88 € =145.200,00 € | 180.000 km * 0,88 € = 158.400 € |
Vereinnahmte Umsatzsteuer auf Fahrten laut FG | 10.150,00 € | 11.088,00 € |
Zwischensumme 1 | 156.182,01 € | 170.867,21 € |
Umsatzsteuer auf unentgeltliche Wertabgaben laut USt-Erklärung | 832,01 € | 1.379,21 € |
Umsatzsteuerfreie Betriebseinnahmen laut EÜR | 3.774,65 € | 11.621,90 € |
Erstattete Umsatzsteuer | 6.716,77 € | 4.450,87 € |
Veräußerung und Entnahme von Anlagevermögen laut EÜR | 2.500,00 € | 5.462,18 € |
Zwischensumme 2 Betriebseinnahmen laut FG | 170.005,44 € | 192.402,16 € |
Personalkosten laut FG (45% der Zwischensumme 1) | ./. 70.281,90 € | ./. 76.890,24 € |
AfA | ./. 28.415,20 € | ./. 28.591,00 € |
Bisherige Kraftfahrzeugkosten | ./. 33.256,11 € | ./. 40.909,00 € |
Weiterer Spritverbrauch laut FG | ./. 1.253,18 € | ./. 394,00 € |
Schuldzinsen laut EÜR | ./. 455,00 € | In sonstigen BA enthalten |
Sonstige Betriebsausgaben laut EÜR | ./. 32.035,77 € | Laut EÜR mit Bewirtung aber mit gezahlter Vorsteuer laut Bescheid v. 1.10.12 ./. 34.440,69 € |
Auflösung Sammelposten | ./. 117,39 € | |
Zwischensumme Betriebsausgaben laut FG | 165.697,16 € | 181.342,32 € |
Gewinn laut FG | 4.308,28 € | 11.059,84 € |
ee) Für die Gewerbesteuermessbeträge 2009 und 2010 führt dies zur Vollaussetzung, da der Freibetrag gemäß § 11 Abs. 1 GewStG die Gewerbesteuermessbeträge auf Grundlage der Schätzung des Senats übersteigt.
825. Das Gericht sieht im Streitfall auch davon ab, die Aussetzung nur gegen Sicherheitsleistung zu gewähren.
83Daraus, dass es im Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung Sache der Beteiligten ist, die entscheidungserheblichen Tatsachen darzulegen und glaubhaft zu machen, soweit ihre Mitwirkungspflicht reicht, folgt, dass für die Anordnung einer Sicherheitsleistung der Antragsgegner die für eine Gefährdung des Steueranspruchs sprechenden Gesichtspunkte vortragen muss (vgl. BFH-Beschluss vom 29.06.1977 VIII S 15/76, BFHE 122, 516, BStBl II 1977, 726) und die Antragstellerin ggf. Umstände, die ein (dargelegtes) Sicherungsbedürfnis der Behörde entfallen oder unangemessen erscheinen lassen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 31.01.1997 X S 11/96, BFH/NV 1997, 512, und vom 23.08.2000 VII B 145, 146/00, BFH/NV 2001, 75; vom 20.03.2002 IX S 27/00, BFH/NV 2002, 809). Hieran fehlt es.
84Von einer Anordnung der Sicherheitsleistung war abzusehen, weil der Antragsgegner eine solche Gefährdung des Steueranspruchs nicht schlüssig dargelegt hat. Da sich auch aus dem sonstigen Vorbringen der Beteiligten keine Anhaltspunkte für eine derzeitige schlechte wirtschaftliche Situation der Antragstellerin ergeben, war die Aussetzung der Vollziehung nicht von der Anordnung einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen.
856. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 136 FGO. Der Senat hat aufgrund der Abhilfe durch den Beklagten die Kosten nach Verfahrensabschnitten aufgeteilt. In dieser Aufteilung der Kosten nach Verfahrensabschnitten liegt kein Verstoß gegen das Gebot, eine einheitliche Kostenentscheidung zu treffen (vgl. Ratschow in Gräber, FGO, 7. Auflage, § 135 Tz. 5). Die Beschwerde war nicht zuzulassen.
Wird der angefochtene Verwaltungsakt nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung geändert oder ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Ein Einspruch gegen den neuen Verwaltungsakt ist insoweit ausgeschlossen. Die Finanzbehörde hat dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts zu übermitteln. Satz 1 gilt entsprechend, wenn
- 1.
ein Verwaltungsakt nach § 129 der Abgabenordnung berichtigt wird oder - 2.
ein Verwaltungsakt an die Stelle eines angefochtenen unwirksamen Verwaltungsakts tritt.
Tenor
1. Die Bescheide über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung für 2009 und für 2010 - beide vom 7. März 2013 - werden bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung oder einer anderweitigen Erledigung des Einspruchsverfahrens von der Vollziehung ausgesetzt, soweit die festgestellten Einkünfte aus Gewerbebetrieb folgende Beträge übersteigen:
2009 | 2010 | |
Gewinn | 4.308,28 € | 11.059,84 € |
2. Die Gewerbesteuermessbescheide 2009 und 2010 werden in voller Höhe ebenfalls bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung oder einer anderweitigen Erledigung des Einspruchsverfahrens von der Vollziehung ausgesetzt.
3. Die Umsatzsteuerbescheide für 2009 vom 18. März 2013 und für 2010 vom 1. Oktober 2012 werden jeweils ab Fälligkeit bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung oder einer anderweitigen Erledigung des Einspruchsverfahrens von der Vollziehung ausgesetzt, soweit die festgesetzte Umsatzsteuer folgende Beträge übersteigt:
2009 | 2010 | |
Umsatzsteuer | ./. 6.669,24 € | ./. 1.245,85 € |
4. Der weitergehende Antrag wird abgelehnt.
5. Die Kosten des Verfahrens tragen bis zum Ergehen der Teilabhilfebescheide am 7. und 18. März 2013 die Antragstellerin zu 60 % und der Antragsgegner zu 40 %, für die Zeit danach die Antragstellerin zu 70 % und der Antragsgegner zu 30 %.
1
Gründe:
2I.
3Die Beteiligten streiten - nach Abtrennung des Verfahrens wegen Umsatzsteuer 2011 -noch über die Rechtmäßigkeit von Hinzuschätzungen in den Streitjahren 2009 und 2010 und wegen Lohnsteuerhaftung 2009 bis 2011 nach einer Steuerfahndungsprüfung im Betrieb der Antragstellerin.
4Die Antragstellerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts und betrieb in den Streitjahren in E ein Taxiunternehmen. Die Gesellschafter sind jeweils zur Hälfte beteiligt. Die Antragstellerin verfügte über drei Konzessionen, die sie samt Fahrzeugen mit Vertrag vom 19. Januar 2009 erworben hat.
5Für das Streitjahr 2009 reichte die Antragstellerin ihre Einnahmen-Überschussrechnung und die Feststellungserklärung zur gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung im Januar 2011 beim Antragsgegner ein. Sie erklärte für das Streitjahr 2009 einen Gewinn in Höhe von 841,88 €. Die umsatzsteuerpflichtigen Betriebseinnahmen zum Steuersatz von 7% laut Erklärung betrugen 133.405,58 € netto.
6Für das Streitjahr 2010 reichte die Antragstellerin ihre Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung des Gewinns am 15. Februar 2012 beim Antragsgegner ein und erklärte einen Verlust in Höhe von ./. 226,35 €. Die umsatzsteuerpflichtigen Betriebseinnahmen zum Steuersatz von 7% laut Erklärung betrugen 155.003,57 € netto.
7Mit den eingereichten Erklärungen zur einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung der Streitjahre 2009 und 2010 reichte die Antragstellerin auch entsprechende Gewerbesteuererklärungen beim Antragsgegner ein.
8Für beide Streitjahre ergingen zunächst keine Feststellungsbescheide.
9Am 17. November 2011 begann das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung E mit einer Steuerfahndungsprüfung bei der Antragstellerin. Im Bericht über die steuerlichen Feststellungen im Rahmen der Fahndungsprüfung vom 31. August 2012 traf die Fahndungsprüferin folgende Feststellungen:
10Die Antragstellerin habe ihre täglichen Einnahmen nicht ordnungsgemäß aufgezeichnet. Sie habe keine täglichen Aufzeichnungen in Form von ordnungsgemäßen und vollständigen Schichtzetteln vorlegen können. Die Einnahmen seien in Halbmonatsberichten und Monatsberichten aufgezeichnet worden, in denen die Fahrer lediglich summenmäßige Angaben gemacht hätten, an welchen Tagen sie gefahren, wie hoch die jeweils gefahrenen Kilometer gewesen seien und welche Beträge Sie an den einzelnen Tagen eingenommen hätten. Betriebsausgaben seien in den Berichten der Fahrer für Tank- und Waschrechnungen aufgelistet worden. Die Einnahmen seien dann von der Antragstellerin in einer Monatstabelle für jeden Fahrer wochenweise aufgelistet worden. Die von den Fahrern gefertigten Aufzeichnungen seien nicht vorgelegt worden.
11Die Taxen seien mit angestellten Fahrern besetzt gewesen. Anhand der vorgelegten Monatsaufzeichnungen sei ermittelt worden, dass z.B. im Monat März 2009 und im Monat September 2009 sowie im Jahresdurchschnitt die Taxen der Antragstellerin nicht einmal im Einschichtbetrieb eingesetzt worden sein sollten. Dies habe selbst an umsatzstarken Tagen wie im Karneval 2009 gegolten, für die nur durchschnittlich 1,16 Schichten pro Tag angesetzt worden seien. Die Aufzeichnungen der Antragstellerin seien daher nicht glaubhaft.
12Zudem hätten Daten, die beim Taxi-Ruf E für den Zeitraum vom 1. Juli 2011 bis zum 30. Oktober 2011 erhoben worden seien, ergeben, dass nahezu sämtliche Fahrzeuge in einem Zweischichtbetrieb und fast sogar in einem Dreischichtbetrieb unterwegs gewesen seien. Dies ergebe sich aus den Uhrzeiten der vermittelten Fahrten für den Zeitraum Juli 2011. Es seien im Juli 2011 insgesamt nur 70 Schichten gebucht worden, tatsächlich sei anhand der vorliegenden Daten davon auszugehen, dass mindestens 145 Schichten gefahren worden sein. Es seien somit insgesamt nur die Hälfte der gefahrenen Schichten verbucht worden.
13Aus diesen Erkenntnissen des Jahres 2011 seien Rückschlüsse für den Prüfungszeitraum 2009 und 2010 zu ziehen, da dieselben Verhältnisse wie für den Vergleichszeitraum 2011 maßgeblich seien.
14Die rechnerischen Laufleistungen der einzelnen Taxen anhand der Bilanzumsätze und der gültigen Tarife nach den Angaben der Antragstellerin seien im Streitjahr 2009 mit ungefähr 45.000 km je Fahrzeug anzusetzen. Dieser Wert liege deutlich unter den branchenüblichen Werten, die das Finanzamt E ermittelt habe. Bei Einzelunternehmern mit festangestellten Fahrern betrage die durchschnittliche Laufleistung je Fahrzeug zwischen 100.000 und 120.000 km im Jahr.
15Die Steuerfahndung habe am 11. Mai 2011 im Rahmen einer Durchsuchung den Kilometerstand eines Fahrzeugs (...) ausgelesen. Greife man auf den bei der Durchsuchung abgelesenen Tachostand und die Werkstattbesuchsdaten zu einem Zeitpunkt vor dem 11. Mai 2011 und zu einem Zeitpunkt nach dem 11. Mai 2011 zurück, bestimme hiermit die Laufleistung des Jahres 2011 und übertrage diesen Wert auf das Streitjahr 2009, so lasse sich für 2009 von einer Jahresfahrleistung eines Taxis von ca. 108.000 km im Jahr ausgehen. Die Daten für ein weiteres Fahrzeug hätten zu einer Jahresfahrleistung von ca. 91.000 km geführt.
16Die Besteuerungsgrundlagen seien anhand der Verhältnisse des Jahres 2011 für den Prüfungszeitraum 2009 und 2010 zu schätzen. Im Rahmen der Nachkalkulation setzte die Prüferin eine gleiche Fahrleistung aller Taxen der Antragstellerin In Höhe von jeweils 90.000 km im Jahr an. Den Erlös je gefahrenem Kilometer setzte sie im Streitjahr 2009 und 2010 mit 1,07 €/km und für das Streitjahr 2011 mit 1,15 €/km an. Hierbei handele es sich um die Brutto-Durchschnittserlöse auf Basis der gültigen Tarife der Stadt E abzüglich eines Sicherheitsabschlags von ca. 10%. Dieser Sicherheitsabschlag gelte die Unsicherheitsfaktoren des Betrugs durch die Fahrer und nicht gezahlter Fahrpreise durch Kunden ab. Zudem berücksichtigte die Prüferin anhand der Laufleistungen der Fahrzeuge weitere Aufwendungen für Benzinkosten, wobei sie einen Verbrauch der einzelnen Taxen je 100 km von 8,5 Litern Diesel und Kosten pro Liter Diesel im Streitjahr 2009 von 1,10 € und im Streitjahr 2010 von 1,20 € zugrundelegte.
17Zudem ging die Prüferin davon aus, dass die in der Buchführung berücksichtigten Lohnkosten nicht den tatsächlich ausgezahlten Löhnen entsprächen. Hierzu stützte sie sich auf eine Mitteilung gemäß § 116 AO des Arbeitsgerichts E beim Finanzamt für Steuerstrafsachen, nach der ein angestellter Taxifahrer der Antragstellerin in einem Kammertermin am.... April 2010 erklärt habe, statt eines fest vereinbarten Bruttogehalts 46 % der Bruttofahrpreise erhalten zu haben. Im Arbeitsvertrag sei jedoch nur der Festbetrag genannt gewesen. Für Zwecke der Nachkalkulation legte die Prüferin zugrunde, die Fahrer hätten 45 % des Bruttoumsatzes für sich behalten dürfen und den Rest nach Abzug der ausgelegten Kosten an die Antragstellerin weitergeben müssen.
18Die Schätzung führte zu folgenden Mehrumsätzen und folgenden Mehr-Betriebseinnahmen:
19Mehrumsätze netto (€) | Mehr-Betriebseinnahmen (€) | Einkünfte laut Prüfung (€) | |
2009 | 134.096 | 143.482 | 71.544 |
2010 | 109.536 | 117.203 | 49.542 |
Für Zwecke der Lohnsteuerhaftung setzte die Prüferin für die ermittelten zusätzlich gezahlten Löhne den Eingangssteuersatz an und behandelte 25% der hinzugeschätzten Lohnsumme als nicht steuerpflichtige Aushilfslöhne.
21Für das Streitjahr 2009 ergab dies im Rahmen der Lohnsteuerhaftung Mehrlöhne (75%) in Höhe von 97.503 € (Mehr-Lohnsteuer 13.596 € zuzüglich 750,75 € SolZ), für 2010 in Höhe von 97.503 € (Mehr-Lohnsteuer 13.414 € zuzüglich 750,05 € SolZ) und für 2011 in Höhe von 104.793 € (Mehr-Lohnsteuer 14.671 € zuzüglich SolZ 806,90 €).
22Da eine Zuordnung der erhöhten Löhne zu den einzelnen Arbeitnehmern nicht möglich sei, sei der Arbeitgeber, die Antragstellerin, in Anspruch zu nehmen.
23Für die Einzelheiten der Feststellungen der Steuerfahndung wird auf den Bericht vom 31. August 2012 und die Texte von 6-17 sowie die zugehörigen Anlagen 1-3 Bezug genommen (abgelegt in einem Hefter in der Feststellungsakte). Zudem wird auf die in der Lohnsteuerakte abgelegte Mitteilung gemäß § 116 AO des Arbeitsgerichts E (eingegangen beim Finanzamt für Steuerstrafsachen am 28. April 2010) Bezug genommen.
24Der Antragsgegner erließ am 12. September 2012 einen Haftungsbescheid gegenüber der Antragstellerin, in dem er für den Haftungszeitraum 2009 bis 2011 ausgehend von den Feststellungen der Steuerfahndung nichtabgeführte Lohnsteuer und den Solidaritätszuschlag hierzu nachforderte.
25Am 1. Oktober 2012 erließ der Antragsgegner geänderte Feststellungsbescheide für die Streitjahre 2009 und 2010, in denen er die Ergebnisse der Fahndungsprüfung auswertete. Für das Streitjahr 2010 stützte er sich für die Änderungsbefugnis auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO. Für das Streitjahr 2010 änderte er den Feststellungsbescheid gemäß § 164 Abs. 2 AO. Es wurden auch entsprechend geänderte Gewerbesteuermessbescheide für beide Streitjahre erlassen.
26Zudem ergingen unter dem 1. Oktober 2012 geänderte Umsatzsteuerbescheide für 2009 und 2010.
27Die Antragstellerin erhob Einspruch gegen die genannten Bescheide und den Lohnsteuerhaftungsbescheid. Gleichzeitig beantragte sie die Aussetzung der Vollziehung aller Steuerbeschläge ohne Sicherheitsleistung.
28Den Einspruch begründete die Antragstellerin damit, ihr seien die Ermittlungsgrundlagen aus dem Bericht über die Steuerfahndungsprüfung vom 31. August 2012 nicht mitgeteilt worden. Dies gelte für die beim Taxi Ruf E abgefragten Einsatzzeiten der Taxen der Antragstellerin. Zudem besage die Anmeldung und die Abmeldung einer Taxikonzession beim Taxi Ruf nicht, dass die Konzession durchgehend genutzt worden sei. Der Fahrer könne das Fahrzeug morgens anmelden und nutzen, danach pausieren und abends seine Tätigkeit wieder aufnehmen.
29Zudem leide die Kalkulation darunter, dass Ermittlungsergebnisse des Jahres 2011 ohne weiteres auf die Verhältnisse der Streitjahre 2009 und 2010 übertragen würden. Auch seien die Schätzungsgrundlagen, die anhand von der Antragstellerin nicht vorliegenden Vergleichsdaten für die Stadt E angesetzt worden seien, der Antragstellerin nicht nachvollziehbar. Eine Prüfung der Rechtmäßigkeit der geschätzten Besteuerungsgrundlagen sei schon deshalb nicht möglich. Die Unterstellung, jedes Taxiunternehmen mit angestellten Fahrern habe eine Fahrleistung bei jedem Taxi von 100.000 km im Jahr, sei eine reine Unterstellung. Es sei zu berücksichtigen, dass die Schätzung der Laufleistungen für die Nachkalkulation ohne Auswertung der vorliegenden Werkstattrechnungen und Berichte des TÜV von der Fahndung vorgenommen worden sei. Zudem sei das Ausmaß von Leerfahrten im normalen Betrieb nicht hinreichend berücksichtigt worden. Bis zu 50 % aller gefahrenen Kilometer seien Leerfahrten. Bei einer Flughafenfahrt sei immer eine Leerfahrt enthalten.
30Der angesetzte Kraftstoffverbrauch sei nicht durch statistische Daten unterlegt worden. Innerhalb geschlossener Ortschaften betrage der Verbrauch mehr als 8,5 Liter je 100 km.
31Während des Einspruchsverfahrens legte die Antragstellerin die Ermittlung von Laufleistungen der Taxen anhand von TÜV-Hauptuntersuchungsberichten dar. Sie kam zu dem Ergebnis, dass sich durchschnittliche Jahreslaufleistungen für jedes Taxi in Höhe von 48.133 km ermitteln ließen. Eine eigene Verprobung der Laufleistungen für den Zeitraum von September bis November 2012, den die Antragstellerin selbst durchgeführt habe, habe lediglich eine jährliche Laufleistung im Durchschnitt von 67.588 km ergeben. Beide Werte unterschritten deutlich die vom Antragsgegner je Taxi angesetzten Laufleistungen in Höhe von jeweils 90.000 km pro Taxi. Die Durchschnittserlöse pro gefahrenem Kilometer lägen anhand der Daten für den Zeitraum von September bis November 2012 bei 0,96 €.
32Für das Streitjahr 2009 habe der Antragsgegner übersehen, dass die Antragstellerin nur für elf Monate tätig gewesen sei.
33Die Berechnung des Antragsgegners weise den weiteren Fehler auf, dass die nicht in der Buchführung geschätzten Mehraufwendungen für Kraftstoff nur für ein Taxi angesetzt worden seien, statt für drei Taxen des Antragsgegners.
34Mit Schreiben vom 23. November 2012 lehnte der Antragsgegner die Aussetzung der Vollziehung hinsichtlich der Umsatzsteuerbescheide 2009 und 2010, der Gewerbesteuermessbescheide 2009 und 2010 sowie der geänderten Gewinnfeststellungsbescheide 2009 und 2010 ab. In einem Schreiben vom 30. November 2012 teilte der Antragsgegner mit, er halte den Einspruch gegen den Haftungsbescheid zur Lohnsteuer für nicht ausreichend begründet und könne über den gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung „derzeit noch nicht entscheiden“, weil nicht zu erkennen sei, inwieweit der angefochtene Bescheid beanstandet werde und ob aufgrund der Beanstandungen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestünden. Der Antragsgegner bat darum, den Einspruch zu begründen und hierdurch den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zu konkretisieren.
35Im vorliegenden Verfahren beantragte die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2012 (eingegangen beim Finanzgericht am selben Tag) die Aussetzung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung wegen der geänderten Gewerbesteuermessbescheide 2009 und 2010, der Umsatzsteuerbescheide 2009 und 2010, der Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung für 2009 und 2010 sowie wegen des Haftungsbescheids zur Lohnsteuer.
36Zur Begründung ihres Aussetzungsantrags wiederholte die Antragstellerin ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren. Zur Glaubhaftmachung ihres Vortrags legte sie die Anlagen 18 bis 22 zum Schriftsatz vom 11. Januar 2013 vor. Diese beinhalten Berichte des TÜV für die Taxen der Antragstellerin im Zeitraum 2009 bis 2012 und eine Verprobung der Gesamtlaufleistung anhand einer Stichprobe für den Zeitraum September bis November 2012.
37Es treffe es nicht zu, wenn der Antragsgegner behaupte, die Schichtzettel seien von der Antragsgegnerin nicht aufbewahrt worden. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (Hinweis auf den Beschluss vom 25. Oktober 2012 X B 133/11) sei dies nicht erforderlich, wenn eine tägliche Aufzeichnung der Einnahmen in ein Kassenbuch erfolgt sei. Dies sei in den Streitjahren der Fall gewesen. Die Ausführungen des Antragstellers zu Manipulationen von Tachoständen seien zurückzuweisen. Die eingetragenen Kilometerstände in den Berichten des TÜV seien durch die Mitarbeiter des TÜV ausgewiesen worden.
38Die vom Antragsgegner für den Vergleichszeitraum 2012 gerügten Unstimmigkeiten lägen nicht vor. Der zuständige Fahrer habe eine Doppelschicht an Freitagen und Samstagen gefahren und diese auf den Schichtzetteln als eine einheitliche Schicht behandelt. Die Schichtzettel seien damit weder falsch noch manipulativ. Denn für den Taxiunternehmer sei nicht die Anzahl der Schichtzettel zur Prüfung und Kontrolle der Taxifahrer entscheidend, sondern die lückenlose Kilometer-Fahrleistung. Nur so könne er prüfen, ob die Taxifahrer selbst alle Fahrten erfasst hätten. Die Taxifahrer füllten die Schichtzettel zudem unterschiedlich aus. Typische Tagesschichten und Nachtschichten existierten bei der Antragstellerin nicht. Habe ein Taxifahrer ein Taxi tagsüber und in der Nacht benutzt, fülle er oft nur einen einzelnen Schichtzettel aus. Hierzu legt die Antragstellerin zur Glaubhaftmachung die Anlagen 24-30 mit ihrem Schriftsatz vom 15. Mai 2013 vor (Blatt. 83 – 98 GA). Hierauf wird für die Einzelheiten Bezug genommen.
39Zudem führt sie aus, die Voraussetzungen für die Festsetzung einer Sicherheitsleistung seien nicht gegeben. Die Schätzungen seien mit Ermittlungsergebnissen begründet worden, ohne die diesen Ergebnissen zu Grunde liegenden Daten nachprüfbar im Bericht offen zu legen. Es seien vergleichsweise Verhältnisse späterer Jahre auf die Streitjahre übertragen worden. Es sei ein Durchschnittstarif bei der Schätzung zu Grunde gelegt worden, dessen Ermittlung nicht erkennbar sei. Es seien gefahrene Kilometer geschätzt worden, obwohl die tatsächlichen Kilometerleistungen ohne erheblichen Aufwand hätten ermittelt werden können. Leerfahrten seien nicht nachprüfbar berücksichtigt worden. Der Kraftstoffverbrauch sei geschätzt worden, obwohl die Ermittlung des tatsächlichen Verbrauchs ohne Aufwand möglich gewesen sei. Zudem sei Anordnung einer Sicherheitsleistung auch mit den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an das Merkmal der unbilligen Härte nicht vereinbar. Die Anforderung einer Sicherheitsleistung dürfe nicht erfolgen, wenn sie mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers eine unbillige Härte für ihn bedeuten würde, weil der Steuerpflichtige im Rahmen zumutbarer Anstrengungen nicht in der Lage sei, die Sicherheit zu leisten. Dies sei im Streitfall gegeben.
40Es ergingen zur Berichtigung des zu niedrig angesetzten Kraftstoffverbrauchs während des anhängigen finanzgerichtlichen Aussetzungsverfahrens geänderte Gewinnfeststellungsbescheide für 2009 und 2010 vom 7. März 2013 und unter dem 18. März 2013 ein geänderter Umsatzsteuerbescheide für 2009 sowie geänderte Gewerbesteuermessbescheide für 2009 und 2010. Diese wurden gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens.
41Die festgestellten Einkünfte und die festgesetzte Umsatzsteuer der Streitjahre betragen nach diesen Bescheiden:
42Gewinn in € | Netto-Umsätze zu 7 % in € | |
2009 | 49.886 | 247.500 € Umsatzsteuer :/. 326,25 € |
2010 | 40.362 | 270.000 € Umsatzsteuer 5.186,94 € |
Über die Einsprüche der Antragstellerin ist bislang nicht entschieden worden.
44Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
45die geänderten Gewinnfeststellungsbescheide für 2009 und 2010, jeweils vom 7. März 2013, die geänderten Gewerbesteuermessbescheide für 2009 und 2010 den Umsatzsteuerbescheid 2009 vom 18. März 2013, den Umsatzsteuerbescheid 2010 vom 1. Oktober 2012 und den Lohnsteuer-Haftungsbescheid vom 12. September 2012 ohne Sicherheitsleistung von der Vollziehung auszusetzen.
46Der Antragsgegner beantragt,
47die Anträge abzuweisen.
48Dem von der Antragstellerin zutreffend gerügten Rechenfehler habe man im Rahmen der Änderungsbescheide während des Aussetzungsverfahrens Rechnung getragen. Es seien der Bruttoumsatz im Umsatzsteuerbescheid 2009, der Überschuss im Gewinnfeststellungsbescheid 2009 und 2010 sowie der Gewerbeertrag in den Gewerbesteuermessbescheiden 2009 und 2010 entsprechend gemindert worden.
49In der Sache halte man an den Feststellungen der Steuerfahndung uneingeschränkt fest. Die behauptete jährliche Fahrleistung der Taxen mit durchschnittlich lediglich 48.133 km sei nicht glaubhaft. Soweit der Antragsteller hierzu in Form der TÜV-Berichte zur Glaubhaftmachung Daten vorlege, seien diese zu verwerfen, da sie mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmten. Nach den Ermittlungen der Steuerfahndung habe die Antragstellerin die Tachometer der Fahrzeuge manipuliert. Die Manipulationen ergäben sich aus starken Schwankungen der Kilometer. So sei für ein Fahrzeug der Antragstellerin am 1. Juli 2009 ein Kilometerstand in Höhe von 61.626 km ausgewiesen worden und am 22. September 2009 (fast drei Monate später) nur noch in Höhe von 45.589 km. Die vorgelegten Tagesbelege für die Monate September bis November 2012 hätten ergeben, dass es sich nicht um Belege aus diesem Zeitraum handeln könne. Diese Belege seien nachträglich für das Einspruchsverfahren erstellt worden. Dies werde dadurch deutlich, dass die Fahrzeuge anhand der vorgelegten Schichtzettel an bestimmten Tagen nicht im Einsatz gewesen sein sollen, anhand der Vermittlungsdaten des Taxi Ruf E jedoch sichtbar werde, dass das Fahrzeug dennoch gefahren sei (Konzessionsnummer ...). Für die Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Antragsgegners vom 14. März 2013 und die zugehörigen Anlagen 1 bis 4 Bezug genommen.
50Der Vortrag der Antragstellerin zur Aufzeichnung der Einnahmen sei nicht zutreffend. Aus dem Bericht der Steuerfahndung gehe hervor, dass in den Streitjahren keine täglichen Aufzeichnungen geführt worden seien. Weder seien ordnungsgemäße und vollständige Schichtzettel noch aneinandergereihte Tageskassenberichte aus einem Kassenbuch vorgelegt worden. Die Gesamteinnahmen für jeden Fahrer seien in Wochenübersichten eingetragen und dem Steuerberater zu Buchung übermittelt worden. Die Fahrer hätten lediglich summenmäßige Angaben in Halbmonatsberichten und Monatsberichten gemacht. Somit seien die Angaben in der Buchführung nicht auf ihre Vollständigkeit, Richtigkeit, zeitgerechte Erfassung hin überprüfbar. Vor der Steuerfahndung hätten die Fahrer ausgesagt, sie seien verpflichtet gewesen, Schichtzettel zu führen. Da solche nicht vorgelegt worden seien, habe die Antragstellerin diese offensichtlich nicht aufbewahrt. Wenn die Antragstellerin nunmehr Schichtzettel für das nicht streitbefangene Jahr 2012 vorlege, ändere dies nichts an den Verhältnissen der Streitjahre.
51Der Senat hat mit Beschluss vom 26. August 2013 das Verfahren wegen Umsatzsteuer 2011 abgetrennt und mit dem Verfahren 3 V 1100/13 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
52II.
531. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist unzulässig, soweit die Aussetzung des Lohnsteuerhaftungsbescheids vom 12. September 2012 begehrt wird.
54Der Antragsgegner hat eine Aussetzung der Vollziehung des Lohnsteuerhaftungsbescheids bislang nicht --wie gemäß § 69 Abs. 4 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erforderlich-- weder ganz oder zum Teil abgelehnt. Das Schreiben des Antragsgegners vom 30. November 2011, aus dem die Antragstellerin eine Ablehnung ihres gestellten Antrags auf Aussetzung der Vollziehung herauslesen will, enthält ausdrücklich die Aussage, dass über die Ablehnung der Vollziehung bislang nicht entschieden werden könne. Denn die Antragstellerin habe ihren Antrag, in welcher Hinsicht die Haftungsgrundlagen angefochten werden sollten, nicht hinreichend konkretisiert. Zudem ist nicht ersichtlich, dass einer der Ausnahmetatbestände des § 69 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 oder 2 FGO im Streitfall zur Anwendung kommen kann. Denn weder ist für den Senat ersichtlich, ob der Antragsgegner über einen begründeten Antrag der Antragstellerin auf Aussetzung der Vollziehung bislang ohne hinreichenden Grund nicht entschieden hat, noch ist dargelegt worden, dass die Vollstreckung droht.
552. Soweit die Aussetzung der Vollziehung der geänderten Gewerbesteuermessbescheide für die Streitjahre 2009 und 2010 neben der Aussetzung der geänderten Gewinnfeststellungsbescheide 2009 und 2010 begehrt wird, steht dem nicht entgegen, dass ein Rechtsschutzinteresse für die Aussetzung der Vollziehung von der Rechtsprechung verneint wird, wenn die Aussetzung eines Folgebescheides begehrt wird, obwohl ein Grundlagenbescheid bereits ergangen ist und deshalb mit Rücksicht auf die gemäß § 69 Abs. 2 Satz 4 FGO vorzunehmende Folgeaussetzung nur die Aussetzung des Grundlagenbescheides beantragt werden kann. Denn der Gewerbesteuermessbescheid ist trotz der Regelung in § 35b des Gewerbesteuergesetzes neben einem angefochtenen einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsbescheid selbstständig aussetzungsfähig (BFH-Urteil vom 21. Dezember 1993 VIII B 107/93, BStBl. II 1994, 300).
563. Der Aussetzungsantrag ist, soweit er zulässig ist, teilweise begründet.
57a) Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen. Die Aussetzung soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Alternative 1 FGO). Ernstliche Zweifel in diesem Sinn sind anzunehmen, wenn bei überschlägiger Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes im Aussetzungsverfahren neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Gründen gewichtige, gegen sie sprechende Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen bewirken oder Unklarheiten in der Beurteilung der Tatfragen aufwerfen (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182, seitdem ständige Rechtsprechung; Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 7. Auflage, § 69 Rz. 86 ff, m.w.N.).
58b) Für die Entscheidung über den Aussetzungsantrag brauchen die Tat- und Rechtsfragen nicht abschließend geprüft zu werden, denn das summarische Verfahren ist abgekürzt und vereinfacht. Wegen der Eilbedürftigkeit des Aussetzungsverfahrens findet eine Beschränkung auf die dem Gericht vorliegenden Unterlagen, insbesondere auf die Akten der Finanzbehörde und auf präsente Beweismittel statt; weiter gehende Sachverhaltsermittlungen des Gerichts sind nicht geboten (BFH-Beschluss vom 21.07.1994 IX B 78/94, BFH/NV 1995, 116).
59c) Auf dieser Grundlage hat der erkennende Senat keine ernstlichen Zweifel daran, dass der Antragsgegner zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 Abs. 1 und 2 AO hinsichtlich der Einkünfte, Gewerbesteuermessbeträge und Umsätze der Antragstellerin für die Streitjahre berechtigt war. Die Antragstellerin hat in den Streitjahren entweder bereits keine den Anforderungen genügenden Schichtzettel geführt oder sie hat jedenfalls solche Aufzeichnungen nicht aufbewahrt. Verstößt der Betreiber eines Taxiunternehmens gegen die genannten Pflichten, indem er Schichtzettel gar nicht erst führt oder aber die ursprünglich geführten Zettel nicht aufbewahrt, so berechtigt dies die Finanzbehörde zu einer Schätzung gemäß § 162 Abs. 1 und 2 AO (vgl. BFH-Urteil vom 16.02.2004 - XI R 25/02, BStBl. II 2004, 599, mit weiteren Nachweisen unter II.1.e).
60aa) Durch die Rechtsprechung ist geklärt, dass Betriebseinnahmen einzeln aufgezeichnet werden müssen und dass dies dem Grundsatz nach auch für Bareinnahmen gilt (vgl. BFH-Urteil vom 26.02.2004 - XI R 25/02, BStBl. II 2004, 599). Der Umstand der sofortigen Bezahlung einer Leistung rechtfertigt nicht, die jeweiligen Geschäftsvorfälle nicht auch einzeln aufzuzeichnen. Zwar sind bestimmte Berufsgruppen (wie z. B. Einzelhändler) aus Gründen der Zumutbarkeit und Praktikabilität von der Pflicht zur Einzelaufzeichnung entbunden, doch gilt dies nicht für die Betreiber von Taxiunternehmen (so ausdrücklich der BFH in seinem Urteil in BStBl. II 2004, 599). Diese sind vielmehr verpflichtet, für die Erstellung sog. Schichtzettel zu sorgen und diese aufzubewahren (BFH-Urteil in BStBl. II 2004, 599). Aus den Schichtzetteln müssen sich die jeweiligen Fahrer, die Daten einer Schicht, Schichtbeginn und -ende, "Total- und Besetztkilometer", die gefahrenen Touren, die Fahrpreise, die Tachostände, die Fahrten ohne Uhr, die Gesamteinnahmen, die Lohnabzüge und sonstigen Abzüge, die verbleibenden Resteinnahme und die an den Unternehmer abgelieferten Beträge ergeben (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 26.02.2004, a.a.O.; BFH-Beschlüsse vom 07.02.2007 - V B 161-162/05, BFH/NV 2007, 1208; vom 28.11.2012 - X B 74/11, BFH/NV 2013, 766; Urteile des FG Düsseldorf vom 28.03.2008 - 11 V 110/08 A und vom 01.04.2008 – 14 V 4646/07 A, beide in juris). Solche Schichtzettel sind Einnahmeursprungsaufzeichnungen; sie enthalten Angaben, aus denen sich die Höhe der Umsätze und der Betriebseinnahmen unmittelbar ergibt. Die Pflicht zur Einzelaufzeichnung und Aufbewahrung der entsprechenden Schichtzettel ergibt sich für Unternehmen im umsatzsteuerrechtlichen Sinne –wie die Antragstellerin—nach dem Urteil des BFH in BStBl. II 2004, 599 aus § 22 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) i. V .m. §§ 63 bis 68 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV).
61Nach den Feststellungen der Steuerfahndungsprüfung steht für den Senat bei summarischer Betrachtung jedoch fest, dass die Antragstellerin Schichtzettel nach den Vorgaben der Rechtsprechung entweder schon gar nicht geführt, jedenfalls aber solche Zettel nicht aufbewahrt wurden. Im vorliegenden Verfahren hat die Antragstellerin ausschließlich Schichtzettel der Fahrer aus dem Jahr 2012 vorgelegt, das nicht streitbefangen ist. Den Feststellungen der Steuerfahndungsprüfung, die Einnahmen und Bruttoumsätze seien nur summenmäßig aus Halbmonatsberichten und Monatsberichten der Fahrer ermittelt worden, ist die Antragstellerin nicht substantiiert entgegengetreten. Sie hat insbesondere auch nicht nachträglich zur Glaubhaftmachung Schichtzettel aus den Streitjahren vorgelegt. Zudem hat sie im Schriftsatz vom 15. Mai 2013 vorgetragen, dass keine Schichtzettel geführt worden seien und die Einnahmen täglich in ein Kassenbuch eingetragen worden seien. Auch hieraus folgt für den Senat, dass Schichtzettel im Betrieb der Antragstellerin in den Streitjahren entweder schon nicht geführt oder aber entsprechende Aufzeichnungen nicht aufbewahrt wurden.
62bb) Soweit sich Antragstellerin im Schriftsatz vom 15. Mai 2013 erstmals auf die in der Rechtsprechung anerkannte Ausnahme beruft, dass Schichtzettel gemäß § 147 Abs. 1 und Abs. 3 AO nicht aufzubewahren sind, wenn deren Inhalt unmittelbar nach Auszählung der Tageskasse in das in Form aneinandergereihter Tageskassenberichte geführte Kassenbuch übertragen wird (BFH-Urteil vom 13. Juli 1971 VIII 1/65, BFHE 103, 34, BStBl II 1971, 729; BFH-Urteil in BStBl II 2004, 599; Beschluss des FG Hamburg vom 31.08.2011 6 V 2/11, juris), stellt dies die Schätzungsbefugnis des Antragsgegners nicht in Frage. Im BFH-Beschluss vom 25.10. 2012 X B 133/11, BFH/NV 2013, 341 wird ausgeführt, dass allein die tägliche Übertragung des Inhalts der Schichtzettel unmittelbar nach Auszählung der Tageskasse in ein solches Kassenbuch die Aufbewahrung der Schichtzettel entbehrlich mache, weil nur dann sowohl dem Aufbewahrungszweck als auch der Sicherstellung der Vollständigkeit der übertragenen Aufzeichnungen in vollem Umfang Rechnung getragen werde. Dieses erstmals im gerichtlichen Aussetzungsverfahren angebrachte Vorbringen ist aus Sicht des Senats eine pauschale Behauptung, die nicht glaubhaft gemacht wurde.
63d) Zudem ergibt sich auch aus anderen Gesichtspunkten, dass die vorgelegten Gewinnermittlungen der Antragstellerin mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit inhaltlich nicht zutreffend sind.
64Die Steuerfahndung hat Anhaltspunkte dafür ermittelt, dass jedenfalls die Laufleistung eines Taxis der Antragstellerin im Streitjahr 2009 manipuliert worden ist. Auch bei summarischer Betrachtung ist nach der Überzeugung des Senats für das Taxi mit dem Kennzeichen ... (Ident-Nr. ...) davon auszugehen, dass im Streitjahr 2009 dessen Tachostand manipuliert worden ist. Wie der Antragsgegner in Anlage 3 zu seinem Schriftsatz vom 14. März 2013 dargelegt hat, ergibt sich aus den bei den Werkstattbesuchen ausgelesenen Kilometerständen, dass das Fahrzeug am 1. Juli 2009 eine Laufleistung von 61.626 km hatte. In den vorgelegten Hauptuntersuchungsberichten des TÜV ist jedoch für einen späteren Zeitpunkt, den 22. September 2009, ein niedrigerer Kilometerstand (45.583 km) angegeben. Für diese negative Laufleistung hat die Antragstellerin keine plausible Erklärung angebracht. Sie hat nur darauf verwiesen, die Daten der Werkstatt seien fehlerhaft und die ausgelesenen Kilometerstände durch den TÜV zutreffend. Hierin sieht der Senat ebenfalls nur eine pauschale Schutzbehauptung.
654. Allerdings hat der Senat bei summarischer Prüfung ernstliche rechtliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheide, Gewerbesteuermessbescheide und Umsatzsteuerbescheide der Streitjahre. Diese beziehen sich auf die Höhe der vom Antragsgegner hinzugeschätzten Gewinne und Umsätze.
66a) Bei einer Schätzung sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind (§ 162 Abs. 1 Satz 2 AO). Die Schätzung ist ein Verfahren, Besteuerungsgrundlagen (§ 157 Abs. 2 AO) mit Hilfe von Wahrscheinlichkeitsüberlegungen zu ermitteln, wenn eine sichere Feststellung trotz des Bemühens um Aufklärung nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Ziel der Schätzung ist der Ansatz derjenigen Besteuerungsgrundlagen, die die größtmögliche Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben und damit der Wirklichkeit am nächsten kommen dürften. Schätzergebnisse müssen daher insgesamt schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein. Sie dürfen nicht den Denkgesetzen und allgemeinen Erfahrungssätzen widersprechen. Das Schätzungsergebnis muss somit insgesamt plausibel sein. Andererseits darf die Verletzung der Mitwirkungspflicht nicht dazu führen, dass nachlässige Steuerpflichtige gegenüber denjenigen einen Vorteil erzielen, die ihre Mitwirkungspflichten ordnungsgemäß erfüllen. Im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung muss es ein Steuerpflichtiger, der Veranlassung zur Schätzung gibt, daher hinnehmen, dass die mit jeder Schätzung verbundenen Unsicherheiten zu seinem Nachteil ausschlagen. Es liegt im Wesen der Schätzung, dass die durch sie ermittelten Größen von den tatsächlichen Verhältnissen mehr oder minder abweichen (ständige Rechtsprechung, vgl. zum Ganzen z.B. BFH-Urteile vom 12.06.1986 V R 75/78, BStBl II 1986, 721; vom 18.12.1984 VIII R 195/82, BStBl II 1986, 226; vom 19.02.1987 - IV R 143/84, BStBl II BStBl 1984 II S. 1987, BStBl 1984 II S. 412).
67b) Der Antragsgegner hat die Besteuerungsgrundlagen der Streitjahre anhand der von ihm für vergleichbar gehaltenen Umstände des nicht streitbefangenen Jahres 2011 und unter Berücksichtigung externer Vergleichsdaten geschätzt. Die Antragstellerin weist aber zu Recht darauf hin, dass die Methodik des Antragsgegners, aus den Verhältnissen des Jahres 2011 anhand einer Stichprobe für einen abgekürzten Zeitraum auf die Laufleistung für alle Taxen des Antragsgegners für die Streitjahre zu schließen und bei der Schätzung auf eine interne Datensammlung der Finanzverwaltung zurückzugreifen, bei summarischer Prüfung rechtlichen Bedenken begegnet. Ernstliche rechtliche Zweifel an der Schätzung des Antragsgegners werden für den Senat aufgeworfen, weil in dem gerichtsbekannten Gutachten über die Funktionsfähigkeit des Taxigewerbes in der Stadt E der Firma B und A aus dem Dezember 2009 andere Kennzahlen als nach der internen Datensammlung der Finanzverwaltung ermittelt worden sind.
68Nach den Erkenntnissen des Taxigutachtens der Firma B & A für die Stadt E aus dem Dezember 2009, die für die Zeiträume 2005 bis 2007 ermittelt worden sind, ist bei Betrieben, mit zwei oder drei Taxen im Einsatz von einer Jahresfahrleistung jedes Fahrzeugs in Höhe von 56.833 km (Textziffer 3.7 auf Seite 68 des Gutachtens) und einem Nettoumsatz bei dieser Betriebsgröße je Kilometer von 0,88 € = 0,94 € brutto auszugehen (Tz. 4.1 auf S. 75). Zudem liegen für Betriebe von der Größe der Antragstellerin nach dem Gutachten die Überschüsse (Gewinne) je Taxi im Jahr 2007 bei 10.381 € pro Fahrzeug (Tz. 4.3 auf Seite 83). Die Klägerin hat ausweislich des in der Vertragsakte abgelegten Kaufvertrags die Konzessionen und Fahrzeuge des Betriebs erst im Laufe des Januar 2009 erworben. Im Streitjahr 2009 (ausgehend von einer Tätigkeit in den Monaten Februar bis Ende Dezember) ergäbe dies einen festzustellenden Gewinn in Höhe von 3 * 10.381 € = 31.143 * 11/12 = 28.548 €. Für das Streitjahr 2010, in dem die Antragstellerin ihren Betrieb das ganze Jahr über betrieben hat, betragen die festzustellenden Einkünfte auf Basis des Gutachtens 31.143 €. Die bislang festgestellten Beträge in den nunmehr streitbefangenen Gewinnfeststellungsbescheiden 2009 und 2010, jeweils vom 7. März 2013, liegen hingegen bei 49.886 € (2009) und 40.362 € (2010). Daran anknüpfend wurden auch die Gewerbesteuermessbescheide geändert.
69In der Rechtsprechung ist das für L erstellte Gutachten der Firma B & A als taugliche Schätzungsgrundlage anerkannt worden (Urteil des FG Hamburg vom 7. September 2010 3 K 13/09, EFG 2010, 2057). Dem schließt sich der Senat bei der hier gebotenen summarischen Prüfung für die Stadt E an. Somit ist offen, ob sich der Senat in einem Hauptsacheverfahren aufgrund des für 2011 ermittelten „tatsächlichen Gesamtbilds“ durch die Steuerfahndung den Annahmen des Antragsgegners für die Streitjahre (insbesondere den Jahresfahrleistungen für alle Taxen) im jetzigen Umfang anschließen könnte.
70c) Die Besteuerungsgrundlagen der Streitjahre werden daher durch den Senat für Zwecke der Aussetzung der Vollziehung gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 FGO selbst geschätzt.
71aa) Der Senat greift bei seiner Schätzung weder auf die pro Fahrzeug angesetzte Laufleistung des Antragsgegners (90.000 km je Taxi) noch auf die von der Antragstellerin selbst berechnete Laufleistung der Taxen in den Streitjahren in Höhe von 48.133 km je Taxi zurück. Letztere ist von der Antragstellerin nicht anhand der vorgelegten TÜV-Unterlagen glaubhaft gemacht werden. Denn es spricht nach Auffassung des erkennenden Senats --wie oben dargelegt-- bei summarischer Betrachtung mehr dagegen als dafür, dass die in den TÜV-Unterlagen genannten Laufleistungen zutreffend sind. Vielmehr orientiert sich der Senat für die im vorliegenden summarischen Verfahren gebotene Schätzung an den Erkenntnissen des Taxigutachtens der Firma B & A für die Stadt E aus dem Dezember 2009. Ausgehend von den Werten für 2007 ist bei Betrieben mit zwei oder drei Taxen im Einsatz --wie schon dargelegt-- von einer Jahresfahrleistung jedes Fahrzeugs in Höhe von 56.833 km (Textziffer 3.7 auf Seite 68 des Gutachtens) und einem Nettoumsatz bei dieser Betriebsgröße je Kilometer von 0,88 € auszugehen (Tz. 4.1 auf S. 75). Die Antragstellerin hat selbst in einer Vergleichsberechnung nach den Verhältnissen des Jahres 2012 Kilometerleistungen von mehr als 60.000 km je Taxi ermittelt und auch in den Streitjahren für möglich gehalten. Demnach schätzt der Senat die jährliche Laufleistung der Taxen der Antragstellerin für Zwecke der Aussetzung der Vollziehung in Höhe von 60.000 km je Taxi.
72bb) Zudem orientiert sich der Senat weiter an dem Gutachten B & A für die Höhe des Nettoumsatzes je Kilometer (0,88 €), der sowohl Leerfahrten einbezieht als auch einen Mittelwert für Taxen darstellt, die sowohl im Stadtverkehr als auch am Flughafen eingesetzt werden. Den Ausführungen der Antragstellerin lässt sich nicht entnehmen, dass die Taxen in den Streitjahren überwiegend am Flughafen oder überwiegend in der Stadt (ohne Flughafenfahrten) eingesetzt worden sein sollen und deshalb die niedrigeren oder höheren Kennzahlen des Taxigutachtens heranzuziehen wären.
73cc) Für Zwecke der Umsatzsteuer ist bei Netto-Umsätzen zum Steuersatz von 7% und einem Nettoumsatz je Kilometer in Höhe von 0,88 € von einer festzusetzenden Umsatzsteuer in der folgenden Höhe auszugehen:
742009 | 2010 | |
Jahresfahrleistung bei drei Taxen | 60.000 km * 3 Taxen * 11 Monate = 165.000 km | 60.000 km * 3 Taxen = 180.000 km |
Nettoumsatz (7%) | 165.000 km * 0,88 € =145.200 € | 180.000 km * 0,88 € = 158.400 € |
Umsatzsteuer auf Umsätze zu 7% laut FG | 10.150,00 € | 11.088,00 € |
Umsatzsteuer zu 19% laut USt-Erklärung | 832,01 € | 1.379,21 € |
Vorsteuer | ./. 17.651,25 € (laut Bescheid vom 18.3. 2013) | ./. 13.713,06 € (laut Bescheid vom 1.10. 2012) |
Umsatzsteuer | ./. 6.669,24 € | ./. 1.245,85 € |
Soweit ersichtlich, ist eine Anpassung der in den nunmehr angefochtenen Umsatzsteuerbescheiden angesetzten Vorsteuerbeträge nicht vorzunehmen. Jedenfalls lässt sich den Ausführungen des Steuerfahndungsberichts und des Antragsgegners nicht entnehmen, dass der Antragsgegner im Rahmen seiner Schätzung auch Vorsteuerbeträge zu Gunsten der Antragstellerin hinzu geschätzt hat, die nunmehr gegenläufig zu korrigieren wären. Eine Hinzuschätzung von Vorsteuerbeträgen für einen höheren geschätzten Spritverbrauch durch den Senat kann nicht erfolgen, da die Voraussetzungen des Leistungsbezugs und das Vorhandensein weiterer Eingangsrechnungen nicht glaubhaft gemacht wurden.
76dd) Für die Schätzung des Gewinns der Antragstellerin geht der Senat wie der Antragsgegner von einem Dieselverbrauch von 8.5 Litern je 100 km und den vom Antragsgegner herangezogenen Preisen aus. Das Vorbringen der Antragstellerin, der Verbrauch sei „höher“, ist auch im summarischen Verfahren zu pauschal.
77Bislang hat die Antragstellerin auf Grundlage ihrer EÜR für 2009 Betriebsausgaben bei einer Laufleistung von 133.405,58 € / 0,88 € je km = 151.597 km in Höhe von 33.256,11 € (inklusive Spritverbrauch) angesetzt. Für die nunmehr geschätzten Mehrkilometer in Höhe von 165.000 km ./. 151.597 km = 13.403 km sind somit weitere Betriebsausgaben für Dieselkraftstoff in Höhe von 13.403/100 * 8,5* 1,10 € = 1.253,18 € zu berücksichtigen.
78Für 2010 hat die Antragstellerin ihre Betriebseinnahmen auf Grundlage einer Laufleistung von 155.003,57 € / 0,88 € je km = 176.140 km ermittelt. Für Zwecke der Schätzung sind Mehrkilometer in Höhe von 180.000 km ./. 176.140 km = 3.860 km zu berücksichtigen, für die sich ein Spritverbrauch in Höhe von (3.680 / 100 * 8,5 * 1,20) = 394 € ergibt.
79Zudem geht der Senat aufgrund der Mitteilung des Arbeitsgerichts E an die Steuerfahndung gemäß § 116 AO davon aus, dass 45% der Bruttoumsätze als Gehalt an die Fahrer geflossen sind. Dies führt zu folgender Schätzung der Einkünfte der Antragstellerin:
802009 | 2010 | |
Jahresfahrleistung bei drei Taxen | 60.000 km * 3 Taxen * 11 Monate = 165.000 km | 60.000 km * 3 Taxen = 180.000 km |
Nettoumsatz (7%) laut FG | 165.000 km * 0,88 € =145.200,00 € | 180.000 km * 0,88 € = 158.400 € |
Vereinnahmte Umsatzsteuer auf Fahrten laut FG | 10.150,00 € | 11.088,00 € |
Zwischensumme 1 | 156.182,01 € | 170.867,21 € |
Umsatzsteuer auf unentgeltliche Wertabgaben laut USt-Erklärung | 832,01 € | 1.379,21 € |
Umsatzsteuerfreie Betriebseinnahmen laut EÜR | 3.774,65 € | 11.621,90 € |
Erstattete Umsatzsteuer | 6.716,77 € | 4.450,87 € |
Veräußerung und Entnahme von Anlagevermögen laut EÜR | 2.500,00 € | 5.462,18 € |
Zwischensumme 2 Betriebseinnahmen laut FG | 170.005,44 € | 192.402,16 € |
Personalkosten laut FG (45% der Zwischensumme 1) | ./. 70.281,90 € | ./. 76.890,24 € |
AfA | ./. 28.415,20 € | ./. 28.591,00 € |
Bisherige Kraftfahrzeugkosten | ./. 33.256,11 € | ./. 40.909,00 € |
Weiterer Spritverbrauch laut FG | ./. 1.253,18 € | ./. 394,00 € |
Schuldzinsen laut EÜR | ./. 455,00 € | In sonstigen BA enthalten |
Sonstige Betriebsausgaben laut EÜR | ./. 32.035,77 € | Laut EÜR mit Bewirtung aber mit gezahlter Vorsteuer laut Bescheid v. 1.10.12 ./. 34.440,69 € |
Auflösung Sammelposten | ./. 117,39 € | |
Zwischensumme Betriebsausgaben laut FG | 165.697,16 € | 181.342,32 € |
Gewinn laut FG | 4.308,28 € | 11.059,84 € |
ee) Für die Gewerbesteuermessbeträge 2009 und 2010 führt dies zur Vollaussetzung, da der Freibetrag gemäß § 11 Abs. 1 GewStG die Gewerbesteuermessbeträge auf Grundlage der Schätzung des Senats übersteigt.
825. Das Gericht sieht im Streitfall auch davon ab, die Aussetzung nur gegen Sicherheitsleistung zu gewähren.
83Daraus, dass es im Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung Sache der Beteiligten ist, die entscheidungserheblichen Tatsachen darzulegen und glaubhaft zu machen, soweit ihre Mitwirkungspflicht reicht, folgt, dass für die Anordnung einer Sicherheitsleistung der Antragsgegner die für eine Gefährdung des Steueranspruchs sprechenden Gesichtspunkte vortragen muss (vgl. BFH-Beschluss vom 29.06.1977 VIII S 15/76, BFHE 122, 516, BStBl II 1977, 726) und die Antragstellerin ggf. Umstände, die ein (dargelegtes) Sicherungsbedürfnis der Behörde entfallen oder unangemessen erscheinen lassen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 31.01.1997 X S 11/96, BFH/NV 1997, 512, und vom 23.08.2000 VII B 145, 146/00, BFH/NV 2001, 75; vom 20.03.2002 IX S 27/00, BFH/NV 2002, 809). Hieran fehlt es.
84Von einer Anordnung der Sicherheitsleistung war abzusehen, weil der Antragsgegner eine solche Gefährdung des Steueranspruchs nicht schlüssig dargelegt hat. Da sich auch aus dem sonstigen Vorbringen der Beteiligten keine Anhaltspunkte für eine derzeitige schlechte wirtschaftliche Situation der Antragstellerin ergeben, war die Aussetzung der Vollziehung nicht von der Anordnung einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen.
856. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 136 FGO. Der Senat hat aufgrund der Abhilfe durch den Beklagten die Kosten nach Verfahrensabschnitten aufgeteilt. In dieser Aufteilung der Kosten nach Verfahrensabschnitten liegt kein Verstoß gegen das Gebot, eine einheitliche Kostenentscheidung zu treffen (vgl. Ratschow in Gräber, FGO, 7. Auflage, § 135 Tz. 5). Die Beschwerde war nicht zuzulassen.
Gründe
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Die Beschwerde ist unzulässig. Die Beschwerdebegründung des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) genügt nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an die Darlegung eines Zulassungsgrundes i.S. des § 115 Abs. 2 FGO.
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1. Der vom Kläger angeführte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) ist nicht in der gebotenen Form dargelegt worden.
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a) Wird die Nichtzulassungsbeschwerde auf diesen Zulassungsgrund gestützt, muss der Beschwerdeführer eine bestimmte für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausstellen. Dafür ist erforderlich, dass er die entscheidungserhebliche Rechtsfrage hinreichend konkretisiert. Des Weiteren muss in der Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert unter Auseinandersetzung mit den zur aufgeworfenen Rechtsfrage in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen dargetan werden, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit oder der Rechtsentwicklung im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärungsfähig ist. In Bezug auf die Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage muss dargelegt werden, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Frage zweifelhaft und streitig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27. Oktober 2008 XI B 202/07, BFH/NV 2009, 118, und vom 22. März 2011 X B 151/10, BFH/NV 2011, 1165; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 32, m.w.N.). Hat die höchstrichterliche Rechtsprechung bereits früher die Rechtsfrage entschieden, so muss die Beschwerde eingehend begründen, warum gleichwohl eine erneute Entscheidung des BFH für notwendig gehalten wird. Dazu ist insbesondere darzulegen, welche neuen gewichtigen, vom BFH nicht geprüften Einwendungen im Schrifttum und in der Rechtsprechung der Instanzgerichte gegen die höchstrichterliche Rechtsprechung erhoben werden (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 28. September 2000 III B 126/98, BFH/NV 2001, 461; Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 33).
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b) An einem solchen Vorbringen fehlt es. Der Kläger hat in seiner Beschwerdebegründung bereits keine hinreichend konkretisierte Rechtsfrage herausgestellt.
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aa) Wollte man das Vorbringen des Klägers dahingehend verstehen, dass er die Rechtsfrage aufwirft, ob die fehlende Aufbewahrung der sog. Schichtzettel eine Schätzungsbefugnis der Finanzbehörde nicht begründet, wenn der Steuerpflichtige den Inhalt der Schichtzettel unmittelbar nach deren Erhalt und Auszählung der Kasse in ein Kassenbuch in Form von Listen überträgt, gleichgültig ob er die Schichtzettel täglich oder in größeren Zeitabständen erhält, fehlt es zumindest an einem hinreichenden Vortrag zur Klärungsbedürftigkeit einer solchen Rechtsfrage.
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Der XI. Senat des BFH hat in seinem Urteil vom 26. Februar 2004 XI R 25/02 (BFHE 205, 249, BStBl II 2004, 599) mit Verweis auf das BFH-Urteil vom 13. Juli 1971 VIII 1/65 (BFHE 103, 34, BStBl II 1971, 729) ausdrücklich ausgeführt, dass die Aufbewahrung der Schichtzettel --als Einnahmeursprungsaufzeichnungen-- ausnahmsweise dann nicht erforderlich sei, wenn deren Inhalt unmittelbar nach Auszählung der Tageskasse in das in Form aneinandergereihter Tageskassenberichte geführte Kassenbuch übertragen werde. Damit hat der XI. Senat klargestellt, dass --entgegen der Auffassung des Klägers-- allein die tägliche Übertragung des Inhalts der Schichtzettel unmittelbar nach Auszählung der Tageskasse in ein solches Kassenbuch die Aufbewahrung der Schichtzettel entbehrlich macht. Wie der BFH in seinem Urteil in BFHE 103, 34, BStBl II 1971, 729 ausgeführt hat, ist nur dann sowohl dem Aufbewahrungszweck als auch der Sicherstellung der Vollständigkeit der übertragenen Aufzeichnungen in vollem Umfang Rechnung getragen.
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Die Beschwerdebegründung des Klägers erschöpft sich dagegen im Wesentlichen in der Aussage, dass es nach seiner Auffassung bei Zugrundelegung der höchstrichterlichen Rechtsprechung unerheblich sei, in welchen Zeitabständen der Steuerpflichtige die Schichtzettel erhalte --nach seinen eigenen Aussagen erhielt er sie von seinen eigenen Fahrern einmal im Monat, sofern er deren Inhalt unmittelbar nach deren Erhalt und Auszählung der Kasse übertrage. Damit hat der Kläger nicht substantiiert dargelegt, inwiefern und aus welchen Gründen die Rechtslage --trotz der dargestellten, bestehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung-- weiterhin umstritten sein soll, so dass eine erneute Entscheidung des BFH erforderlich erscheint. Die Beschwerdebegründung enthält insbesondere keinerlei Hinweise auf neue, vom BFH bislang nicht geprüfte Einwendungen gegen seine Rechtsprechung.
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bb) Gleiches gilt, wenn man in dem klägerischen Vorbringen die Rechtsfrage erkennen wollte, ob es für eine ordnungsgemäße Buchführung eines Taxiunternehmers ausreiche, wenn er seine Einnahmen nachvollziehbar und ordentlich aufzeichne, jedoch keine Schichtzettel führe.
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Insoweit hat der XI. Senat in seinem Urteil in BFHE 205, 249, BStBl II 2004, 599 ausdrücklich ausgeführt, dass im Bereich des Taxigewerbes --als Erleichterung gegenüber der grundsätzlich bestehenden Pflicht zur Einzelaufzeichnung der Betriebseinnahmen-- die Schichtzettel in Verbindung mit den Angaben, die sich auf dem Kilometerzähler und dem Taxameter des einzelnen Taxis ablesen lassen, den Mindestanforderungen an die Aufzeichnungspflicht genügten. Durch diese Erleichterung werde den branchenspezifischen Besonderheiten dieses Gewerbes ausreichend Rechnung getragen.
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Auch diesbezüglich lassen sich dem Vorbringen des Klägers keinerlei substantiierte Darlegungen zur weiteren Klärungsbedürftigkeit einer solchen Rechtsfrage entnehmen.
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2. Aus den gleichen Gründen ist die Revision auch nicht zur Fortbildung des Rechts gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO zuzulassen. Denn die Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts erfordert als spezieller Tatbestand der Grundsatzrevision (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) gleichfalls das Herausstellen einer klärungsbedürftigen und klärbaren Rechtsfrage, deren Klärung in einem künftigen Revisionsverfahren zu erwarten ist (z.B. BFH-Beschlüsse vom 14. August 2006 III B 198/05, BFH/NV 2006, 2281, und vom 7. Juni 2011 X B 212/10, BFH/NV 2011, 1709; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 41, § 116 Rz 38), sowie substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit der herausgestellten Rechtsfrage (z.B. Senatsbeschluss vom 14. Oktober 2003 X B 26/03, BFH/NV 2004, 82).
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3. Soweit der klägerische Vortrag, die von ihm geübte Praxis der Aufzeichnung seiner Betriebseinnahmen habe --entgegen der Auffassung des Finanzgerichts (FG)-- den Vorgaben des BFH entsprochen, eine der Sicherung der Rechtseinheit dienende Divergenzrüge (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) beinhalten sollte, entspricht auch dieser Vortrag nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO.
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Zur schlüssigen Darlegung einer Divergenzrüge gehört u.a. eine hinreichend genaue Bezeichnung der vermeintlichen Divergenzentscheidungen sowie die Gegenüberstellung tragender, abstrakter Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und aus den behaupteten Divergenzentscheidungen andererseits, um eine Abweichung deutlich erkennbar zu machen. Des Weiteren ist darzulegen, dass es sich im Streitfall um einen vergleichbaren Sachverhalt und um eine identische Rechtsfrage handelt (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 13. Juli 2011 X B 117/10, BFH/NV 2011, 2075, m.w.N.).
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Der Kläger hat es bereits versäumt, mit hinreichender Deutlichkeit tragende abstrakte Rechtssätze aus dem FG-Urteil herauszuarbeiten und ihnen abweichende Rechtssätze aus der vermeintlichen Divergenzentscheidung in BFHE 205, 249, BStBl II 2004, 599 gegenüberzustellen, um eine Abweichung deutlich erkennbar zu machen. Im Übrigen kann dem BFH-Urteil in BFHE 205, 249, BStBl II 2004, 599 --wie oben unter 1.b aa dargestellt-- insbesondere nicht der Rechtssatz entnommen werden, dass die Aufbewahrung der Schichtzettel als Einnahmeursprungsaufzeichnungen nicht erforderlich sei, wenn deren Inhalt unmittelbar nach deren Erhalt und Auszählung der Kasse --unabhängig davon, in welchen Zeitabständen der Steuerpflichtige die Schichtzettel erhalte-- in ein Kassenbuch übertragen werde.
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4. Die vom Kläger gegen die Schätzung des FG erhobenen Einwände vermögen die Zulassung der Revision ebenfalls nicht zu begründen. Der Kläger hat einen erheblichen Rechtsanwendungsfehler des FG bei der Schätzung der Einnahmen, der gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zur Zulassung der Revision führen könnte, nicht hinreichend dargelegt; im Übrigen liegt ein solcher auch nicht vor.
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a) Im Kern richten sich die Einwendungen des Klägers --nach Art einer Revisionsbegründung-- gegen die materiell-rechtliche Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung. Die Rüge der falschen Rechtsanwendung und tatsächlichen Würdigung des Streitfalls durch das FG im Rahmen einer Schätzung ist im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren grundsätzlich unbeachtlich (z.B. Senatsbeschlüsse vom 21. Januar 2009 X B 125/08, BFH/NV 2009, 951; vom 27. Januar 2009 X B 28/08, BFH/NV 2009, 717, und vom 10. Mai 2012 X B 71/11, BFH/NV 2012, 1461). Dies gilt insbesondere für Einwände gegen die Richtigkeit von Schätzungen der Besteuerungsgrundlagen, wie Verstöße gegen anerkannte Schätzungsgrundsätze, Denkgesetze und Erfahrungssätze sowie materielle Rechtsfehler (z.B. Senatsbeschlüsse in BFH/NV 2009, 951; in BFH/NV 2009, 717, und in BFH/NV 2012, 1461).
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Ein zur Zulassung der Revision berechtigender erheblicher Rechtsfehler aufgrund objektiver Willkür kann allenfalls in Fällen bejaht werden, in denen das Schätzungsergebnis des FG wirtschaftlich unmöglich und damit schlechthin unvertretbar ist. Ein Verstoß gegen Denkgesetze führt bei Schätzungen erst dann zur Zulassung der Revision wegen willkürlich falscher Rechtsanwendung, wenn sich das Ergebnis der Schätzung als offensichtlich realitätsfremd darstellt (z.B. Senatsbeschlüsse in BFH/NV 2009, 951; in BFH/NV 2009, 717, und in BFH/NV 2012, 1461; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 70). Das Vorliegen dieser besonderen Umstände ist in der Beschwerdebegründung darzulegen (z.B. Senatsbeschlüsse in BFH/NV 2009, 951, und in BFH/NV 2009, 717; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 70).
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b) Der Kläger erhebt zahlreiche Einwände gegen die Schätzung des FG, die sich auf dessen Befugnis zur Schätzung sowie auf einzelne Schätzungsgrundlagen beziehen. Einen erheblichen Rechtsanwendungsfehler des FG (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) hat er damit nicht dargelegt.
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aa) Auf die Befugnis zur Schätzung bezieht sich der Einwand, dass die von ihm gewählte Praxis der Erfassung der Betriebseinnahmen (siehe oben unter 1.b bb) den im BFH-Urteil in BFHE 205, 249, BStBl II 2004, 599 genannten Vorgaben, die die Aufbewahrung der Schichtzettel als Einnahmeursprungsaufzeichnungen entbehrlich machen, entsprochen habe. Wie oben dargestellt (unter 1.b aa), ist dies gerade nicht der Fall, so dass mit dieser Behauptung von vornherein kein Rechtsanwendungsfehler des FG dargelegt werden kann. Ebenso auf die Schätzungsbefugnis bezieht sich das Vorbringen des Klägers, dass es nach seiner Rechtsauffassung für das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Buchführung eines Taxiunternehmers ausreiche, wenn dieser seine Einnahmen nachvollziehbar und ordentlich aufzeichne, hingegen keine Schichtzettel benutze. Auch diese Ansicht ist --wie oben unter 1.b bb ausgeführt-- in dieser Form nicht mit dem BFH-Urteil in BFHE 205, 249, BStBl II 2004, 599 vereinbar, so dass auch insoweit ein Rechtsanwendungsfehler ausscheidet.
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bb) Die Einwände des Klägers, die Prüferin hätte bei der Berechnung der durchschnittlichen Tourenlänge die Kurzstreckenfahrten herausrechnen müssen, die mithilfe des Fahrzeugtachometers berechneten Einnahmen unterlägen einem bei der Schätzung zu berücksichtigenden Unsicherheitsfaktor, die Grundgebühr je Auftrags- und Besetztfahrt sei um 0,20 € zu verringern, betreffen jeweils einzelne Schätzungsgrundlagen. Insoweit hat der Kläger es versäumt (substantiiert) darzulegen, dass das daraus resultierende Schätzungsergebnis des FG wirtschaftlich unmöglich und schlechthin unvertretbar sei und sich als offensichtlich realitätsfremd darstelle.
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cc) Dies gilt gleichermaßen für das Vorbringen des Klägers, das FG habe die im Jahr 2006 von der Betriebsprüferin ermittelten Ergebnisse übernommen und damit in unzulässiger Weise geschlussfolgert, dass im Jahr 2006 und in den Streitjahren (Prüfungszeitraum) gleiche Verhältnisse geherrscht hätten. Auch insoweit fehlt es an einem substantiierten Vortrag, dass das Schätzungsergebnis wirtschaftlich unmöglich, schlechthin unvertretbar bzw. offensichtlich realitätsfremd sei.
- 22
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Dieses Vorbringen führt auch nicht wegen eines --im Übrigen nicht gerügten-- Verfahrensmangels zur Zulassung der Revision. Verstöße gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze stellen in der Regel materiell-rechtliche Fehler dar, und zwar auch dann, wenn sich diese auf die Würdigung von Tatsachen erstrecken (z.B. Senatsbeschluss in BFH/NV 2011, 1165); sie sind damit der Rüge eines Verfahrensmangels entzogen (z.B. BFH-Beschluss vom 5. Januar 2007 II B 31/06, BFH/NV 2007, 972; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 83).
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dd) Schließlich stellt sich das Schätzungsergebnis im vorliegenden Fall weder als wirtschaftlich unmöglich und damit schlechthin unvertretbar noch als offensichtlich realitätsfremd dar. Nach den --insoweit nicht angegriffenen-- Feststellungen des FG gelangte die Betriebsprüferin in den Jahren 2002 und 2003 zu Bruttoerlösen, die nur geringfügig über den vom Kläger selbst ermittelten Bruttoerlösen lagen. Lediglich im Streitjahr 2004 war die Abweichung höher. Wie das FG in seinen Entscheidungsgründen ausgeführt hat (S. 8 des Urteils), habe der Kläger aber selbst eingeräumt, dass die Abweichungen der Prüferin gering gewesen seien.
- 24
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5. Im Übrigen fehlt es in Bezug auf das Streitjahr 2002 bereits deshalb an einer ausreichenden Darlegung eines Zulassungsgrundes nach § 115 Abs. 2 FGO, weil das FG die Befugnis zur Schätzung für das Streitjahr 2002 kumulativ begründet hat und der Kläger nicht hinsichtlich beider Begründungsstränge Zulassungsgründe (erfolgreich) dargelegt hat.
- 25
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a) Hat das FG sein Urteil kumulativ begründet, d.h. auf mehrere selbständig tragende Gründe gestützt, so muss wegen jeder der Urteilsbegründungen ein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden und vorliegen (ständige BFH-Rechtsprechung, z.B. Senatsbeschluss vom 23. Februar 2012 X B 91/11, BFH/NV 2012, 1150; vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 28, m.w.N. aus der BFH-Rechtsprechung).
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b) Das FG hat seine Entscheidung zur Schätzungsbefugnis nach § 162 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung für alle Streitjahre auf die Verletzung der Pflicht zur Aufbewahrung der Schichtzettel als Einnahmeursprungsaufzeichnungen gestützt sowie --im Hinblick auf das Streitjahr 2002-- kumulativ auf den Umstand, dass der Kläger gar keine Buchführungsunterlagen vorlegen konnte (S. 5 des Urteils).
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Hinsichtlich des letztgenannten Begründungsstrangs hat der Kläger überhaupt nicht dargelegt, warum die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), der Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) und der Sicherung der Rechtseinheit wegen Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) gegeben sein sollten. Die ansonsten erhobenen Einwände gegen die Schätzung waren --wie bereits dargestellt-- ebenso wenig erfolgreich, da der Kläger einen erheblichen Rechtsanwendungsfehler des FG bei der Schätzung, der gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zur Revisionszulassung führen könnte, nicht hinreichend dargelegt hat und im Übrigen ein solcher auch nicht vorlag.
(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.
(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.
(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.
(1)1Der Gewerbesteuermessbescheid oder Verlustfeststellungsbescheid ist von Amts wegen aufzuheben oder zu ändern, wenn der Einkommensteuerbescheid, der Körperschaftsteuerbescheid oder ein Feststellungsbescheid aufgehoben oder geändert wird und die Aufhebung oder Änderung den Gewinn aus Gewerbebetrieb berührt.2Die Änderung des Gewinns aus Gewerbebetrieb ist insoweit zu berücksichtigen, als sie die Höhe des Gewerbeertrags oder des vortragsfähigen Gewerbeverlustes beeinflusst.3§ 171 Abs. 10 der Abgabenordnung gilt sinngemäß.
(2)1Zuständig für die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes ist das für den Erlass des Gewerbesteuermessbescheids zuständige Finanzamt.2Bei der Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes sind die Besteuerungsgrundlagen so zu berücksichtigen, wie sie der Festsetzung des Steuermessbetrags für den Erhebungszeitraum, auf dessen Schluss der vortragsfähige Gewerbeverlust festgestellt wird, zu Grunde gelegt worden sind; § 171 Absatz 10, § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und § 351 Absatz 2 der Abgabenordnung sowie § 42 der Finanzgerichtsordnung gelten entsprechend.3Die Besteuerungsgrundlagen dürfen bei der Feststellung nur insoweit abweichend von Satz 2 berücksichtigt werden, wie die Aufhebung, Änderung oder Berichtigung des Gewerbesteuermessbescheids ausschließlich mangels Auswirkung auf die Höhe des festzusetzenden Steuermessbetrags unterbleibt.4Die Feststellungsfrist endet nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den Erhebungszeitraum abgelaufen ist, auf dessen Schluss der vortragsfähige Gewerbeverlust gesondert festzustellen ist; § 181 Abs. 5 der Abgabenordnung ist nur anzuwenden, wenn die zuständige Finanzbehörde die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes pflichtwidrig unterlassen hat.
(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.
(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.
(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.
(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.
(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb
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bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder - 2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.
(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.
(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.
(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.
(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.
Tatbestand
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I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) betrieb in den Streitjahren ein Taxiunternehmen mit etwa … Fahrern. Er und seine mit ihm zusammenveranlagte Ehefrau wehren sich gegen eine Hinzuschätzung.
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Eine Betriebsprüfung bemängelte, dass Ursprungsaufzeichnungen, namentlich Schichtzettel der einzelnen Fahrer (sog. Abschreiber), nicht vorgelegen hätten. Verprobungen ergäben Differenzen zwischen den gefahrenen Kilometern und den Umsätzen.
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Bei einer Durchsuchung im Rahmen des in diesem Zusammenhang eingeleiteten Steuerstrafverfahrens wurde ein USB-Stick mit Daten beschlagnahmt, den der Kläger am Körper führte. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) hielt diese Daten für Teile einer "schwarzen" Buchführung. Das FA nahm unter Zuhilfenahme dieser Daten auf Grundlage der an die Fahrer ausgezahlten Löhne eine Hinzuschätzung vor und setzte die Steuern entsprechend fest.
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Mit der Klage machten die Kläger u.a. geltend, die Abschreiber seien erst nach der Durchsuchung vernichtet worden, nachdem der Betriebsprüfer mitgeteilt habe, er benötige diese nicht mehr. Er, der Kläger, habe alle maßgebenden Daten handschriftlich in schwarzen Kalendern aufgezeichnet und diese in den Computer übertragen. Bei einer Neuformatierung seien versehentlich alle Daten gelöscht worden.
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Mit den Daten auf dem USB-Stick habe es eine ganz andere Bewandtnis. Diese hätten ihm dazu gedient, den Umgang mit dem Computer, worin er nicht versiert sei, zu üben. Die Genauigkeit der Daten beruhe darauf, dass er ein eigenes Programm für Taxifahrer habe erstellen wollen und dafür fiktive, aber realitätsnahe Zahlen benötigt habe.
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Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Die Buchführung sei nicht zuletzt auf Grund des Fehlens der Abschreiber nicht ordnungsgemäß gewesen. Das FA sei daher zur Schätzung befugt gewesen, die der Höhe nach den ausgewerteten Erkenntnissen entspreche. Es sei davon auszugehen, dass die detaillierten Daten auf dem USB-Stick die tatsächlichen betrieblichen Daten seien. Es sei widersprüchlich, wenn der Kläger einerseits Daten benötige, um sich im Umgang mit dem Computer zu üben, andererseits selbst ein Abrechnungsprogramm für Taxifahrer erstellen wolle. Die Aufzeichnungen in den schwarzen Kalendern seien keine ordnungsgemäße Buchführung. Sie hätten keine größere Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich als der USB-Stick.
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Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision rügen die Kläger, die Feststellungen des FG seien inhaltlich falsch. Tatsächlich seien die Ursprungsaufzeichnungen, namentlich die Abschreiber, bei der Durchsuchung vorhanden gewesen. Allerdings habe sich die Fahndung, fixiert auf den USB-Stick, dafür nicht interessiert. Das FG habe die prüfbaren Unterlagen nicht gesichtet und sei den Beweisanträgen, auch zu der ursprünglichen Existenz der Abschreiber, nicht gefolgt. Der Fahndungsprüfer habe diese zunächst für unerheblich erachtet. Erst nachdem festgestanden habe, dass sie nicht mehr existierten, habe man ihnen Bedeutung beigemessen. Eine Schätzungsgrundlage würde nicht durch die falsche Behauptung geschaffen, Aufzeichnungen lägen nicht vor.
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Im Übrigen seien die Abschreiber erst seit der Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 26. Februar 2004 in jedem Fall aufzubewahren. Stattdessen habe der Kläger seine Pflichten durch die Aufbewahrung dieser Unterlagen und seine weiteren Aufzeichnungen in den Kalendern doppelt erfüllt.
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Statt sich an den realen Unterlagen zu orientieren, habe sich das FA bei der Steuerfestsetzung ausschließlich von den frei erfundenen Daten auf dem USB-Stick leiten lassen. Die Angaben des Klägers hierzu seien nicht widersprüchlich, denn seine aktuellen Kenntnisse den Computer betreffend seien seinem angestrebten Ziel nicht gleichzusetzen.
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Angesichts der Begründung, es seien keine ordnungsgemäßen Unterlagen bei der Buchführung, sei zu befürchten, dass das FG die Unterlagen immer noch nicht zur Kenntnis genommen habe. Das komme einer Missachtung des rechtlichen Gehörs gleich.
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerde ist unzulässig. Soweit die Beschwerdebegründung überhaupt erkennen lässt, welche Zulassungsgründe i.S. von § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die Kläger möglicherweise geltend machen wollen, haben sie entgegen § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO deren Voraussetzungen nicht dargelegt.
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1. Die Rüge der Kläger, die Feststellungen des FG seien inhaltlich falsch, könnte allenfalls als Verfahrensrüge nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO dahin verstanden werden, das FG habe seiner Entscheidung entgegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zu Grunde gelegt. Allerdings haben die Kläger nicht dargestellt, welche konkreten anderen Feststellungen sich aus dem Verfahren hätten ergeben sollen. Es ist auch von Amts wegen nicht erkennbar.
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Wenn die Kläger meinen, das FG hätte Beweise erheben müssen, ist dies keine Frage des Gesamtergebnisses des (tatsächlich geführten) Verfahrens, sondern der aus § 76 Abs. 1 FGO folgenden Sachaufklärungspflicht, mithin der Frage, wie das Verfahren hätte geführt werden müssen.
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2. Eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht rügt der Kläger mit dem Einwand, das FG sei den Beweisanträgen hinsichtlich der Existenz der Abschreiber nicht gefolgt. Dieser Vortrag genügt allerdings den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht.
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Die schlüssige Rüge, das FG habe Beweisanträge übergangen, setzt u.a. den Vortrag voraus, an welcher Stelle (mit genauer Bezeichnung der Fundstelle) ordnungsgemäß die übergangenen Beweise angetreten worden seien, inwiefern das Urteil des FG --ausgehend von der materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichts-- auf der unterlassenen Beweisaufnahme beruhen könne und was das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme gewesen wäre (vgl. Senatsbeschluss vom 22. Januar 2008 X B 185/07, BFH/NV 2008, 603).
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Die Kläger haben schon nicht dargestellt, wann sie welchen Beweisantrag gestellt haben wollen, zudem nicht, welches Beweismittel welches Beweisergebnis hätte zeitigen sollen, insbesondere schließlich nicht, inwiefern nach den eigenen rechtlichen Maßstäben des FG die Beweisaufnahme entscheidungserheblich gewesen wäre.
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Der Senat weist ergänzend darauf hin, dass es an der letzten Voraussetzung auch tatsächlich fehlt. Das FG hat sinngemäß ausgeführt, es komme auf die Frage, ob die Abschreiber schon vor der Prüfung fehlten oder erst nach der Prüfung vernichtet worden seien, nicht an. Denn während einer laufenden Betriebsprüfung und eines Strafverfahrens bestehe kein Anlass zur Vernichtung solcher Unterlagen. Zu diesem Punkt sind keine Zulassungsrügen vorgebracht; die Kläger bewerten ihn lediglich anders.
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3. Der Einwand, die falsche Behauptung des Fehlens von Aufzeichnungen schaffe keine Schätzungsmöglichkeit, soll möglicherweise als Rüge greifbarer Gesetzeswidrigkeit verstanden werden (vgl. Senatsbeschluss vom 18. Oktober 2011 X B 14/11, BFH/NV 2012, 172), ist aber unschlüssig. Auch das FG war nicht der Ansicht, derartige Behauptungen schüfen Schätzungsmöglichkeiten. Es war unstreitig, dass die Aufzeichnungen in einem späteren Verfahrensstadium fehlten. Rechtlich umstritten war lediglich, ob sie fehlen durften und was hieraus folgt.
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4. Es ist nicht ersichtlich, was die Kläger sagen wollen, wenn sie ausführen, die Abschreiber seien erst seit einer BFH-Entscheidung aus dem Jahre 2004 (gemeint sein dürfte das Urteil vom 26. Februar 2004 XI R 25/02, BFHE 205, 249, BStBl II 2004, 599) aufzubewahren. Die Betriebsprüfung, zu deren Beginn der Kläger die Abschreiber noch in Besitz gehabt haben will, begann erst im Jahre 2005. Selbst wenn die frühere Rechtslage anders gewesen wäre, wäre damit nicht erklärt, welchen Einfluss sie noch auf sein Verhalten nach Beginn der Betriebsprüfung hätte haben können. Im Übrigen hatte der BFH in jener Entscheidung nicht etwa eine anderslautende Rechtspraxis oder Rechtsprechung aufgegeben, sondern lediglich klargestellt, dass Schichtzettel im Taxigewerbe aufzubewahren sind.
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5. Wenn die Kläger weiter sinngemäß beanstanden, das FA und das FG hätten den tatsächlichen Unterlagen zu geringe, dem USB-Stick zu große Bedeutung beigemessen, ist das eine Frage der Sachverhalts- und Beweiswürdigung, die dem materiellen Recht zuzuordnen ist (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 76) und außerhalb der greifbaren Gesetzeswidrigkeit keinen Revisionszulassungsgrund dargestellt.
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Dass eine greifbare Gesetzeswidrigkeit vorliege, ist nicht dargelegt und auch nicht erkennbar. Zum einen geht der Vorwurf, man habe sich nicht von realen Unterlagen leiten lassen, ins Leere, wenn diese realen Unterlagen nach den --nicht mit zulässigen Rügen angegriffenen-- Feststellungen des FG ihrerseits Unstimmigkeiten aufweisen. Zum anderen liegt es keineswegs neben der Sache, wenn das FG die Einlassungen des Klägers zum Thema "USB-Stick" so würdigt wie geschehen. Es erscheint auch dem Senat zumindest ungewöhnlich, dass jemand, der den Umgang mit dem Computer dem Grunde nach noch meint üben zu müssen, sich nicht nur vornimmt, ein Programm zu entwickeln, das professionelle Softwareentwickler, also ausgebildete Informatiker, noch nicht entwickelt haben, sondern sich auch bereits die Mühe macht, dafür umfangreiche fiktive Daten in einen Computer einzugeben und elektronisch zu speichern.
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6. Der Rüge schließlich, das FG habe rechtliches Gehör versagt --was, wenn es der Fall wäre, zur Revisionszulassung nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO führte--, fehlt die Darstellung, welchen Vortrag das FG nicht zur Kenntnis genommen haben soll.
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Soweit das FG im Gegensatz zu den Klägern meint, Unterlagen seien nicht ordnungsgemäß gewesen, ist das eine andere Beurteilung des Sachverhalts, aber keine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Rechtliches Gehör bedeutet, dass das FG das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis nehmen muss, nicht aber, dass es sich dem Rechtsstandpunkt des Beteiligten anschließen müsste (vgl. Beschluss des BFH vom 26. März 2012 III B 218/11, BFH/NV 2012, 1093).
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7. Von einer weiteren Darstellung des Sachverhalts und der Gründe sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.
(1) Der Unternehmer ist verpflichtet, zur Feststellung der Steuer und der Grundlagen ihrer Berechnung Aufzeichnungen zu machen. Diese Verpflichtung gilt in den Fällen des § 13a Absatz 1 Nummer 2 und 5, des § 13b Absatz 5 und des § 14c Absatz 2 auch für Personen, die nicht Unternehmer sind, in den Fällen des § 18k auch für den im Auftrag handelnden Vertreter und in den Fällen des § 21a für die gestellende Person. Ist ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb nach § 24 Absatz 3 als gesondert geführter Betrieb zu behandeln, hat der Unternehmer Aufzeichnungspflichten für diesen Betrieb gesondert zu erfüllen. In den Fällen des § 18 Absatz 4c und 4d sind die erforderlichen Aufzeichnungen vom Ende des Jahres an, in dem der Umsatz bewirkt wurde, zehn Jahre lang aufzubewahren und auf Anfrage des Bundeszentralamtes für Steuern auf elektronischem Weg zur Verfügung zu stellen; in den Fällen des § 18 Absatz 4e sind die erforderlichen Aufzeichnungen vom Ende des Jahres an, in dem der Umsatz bewirkt wurde, zehn Jahre lang aufzubewahren und auf Anfrage der für das Besteuerungsverfahren zuständigen Finanzbehörde auf elektronischem Weg zur Verfügung zu stellen; in den Fällen der §§ 18i, 18j, 18k und 21a sind die erforderlichen Aufzeichnungen vom Ende des Jahres an, in dem der Umsatz oder Geschäftsvorgang bewirkt wurde, zehn Jahre lang aufzubewahren und auf Anfrage der im Inland oder im übrigen Gemeinschaftsgebiet für das besondere Besteuerungsverfahren oder für die Sonderregelung zuständigen Finanzbehörde auf elektronischem Weg zur Verfügung zu stellen.
(2) Aus den Aufzeichnungen müssen zu ersehen sein:
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die vereinbarten Entgelte für die vom Unternehmer ausgeführten Lieferungen und sonstigen Leistungen. Dabei ist ersichtlich zu machen, wie sich die Entgelte auf die steuerpflichtigen Umsätze, getrennt nach Steuersätzen, und auf die steuerfreien Umsätze verteilen. Dies gilt entsprechend für die Bemessungsgrundlagen nach § 10 Abs. 4, wenn Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b, sonstige Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a sowie des § 10 Abs. 5 ausgeführt werden. Aus den Aufzeichnungen muss außerdem hervorgehen, welche Umsätze der Unternehmer nach § 9 als steuerpflichtig behandelt. Bei der Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten (§ 20) treten an die Stelle der vereinbarten Entgelte die vereinnahmten Entgelte. Im Falle des § 17 Abs. 1 Satz 6 hat der Unternehmer, der die auf die Minderung des Entgelts entfallende Steuer an das Finanzamt entrichtet, den Betrag der Entgeltsminderung gesondert aufzuzeichnen; - 2.
die vereinnahmten Entgelte und Teilentgelte für noch nicht ausgeführte Lieferungen und sonstige Leistungen. Dabei ist ersichtlich zu machen, wie sich die Entgelte und Teilentgelte auf die steuerpflichtigen Umsätze, getrennt nach Steuersätzen, und auf die steuerfreien Umsätze verteilen. Nummer 1 Satz 4 gilt entsprechend; - 3.
die Bemessungsgrundlage für Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b und für sonstige Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a Nr. 1. Nummer 1 Satz 2 gilt entsprechend; - 4.
die wegen unrichtigen Steuerausweises nach § 14c Abs. 1 und wegen unberechtigten Steuerausweises nach § 14c Abs. 2 geschuldeten Steuerbeträge; - 5.
die Entgelte für steuerpflichtige Lieferungen und sonstige Leistungen, die an den Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, und die vor Ausführung dieser Umsätze gezahlten Entgelte und Teilentgelte, soweit für diese Umsätze nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 4 die Steuer entsteht, sowie die auf die Entgelte und Teilentgelte entfallenden Steuerbeträge; - 6.
die Bemessungsgrundlagen für die Einfuhr von Gegenständen (§ 11), die für das Unternehmen des Unternehmers eingeführt worden sind, sowie die dafür entstandene Einfuhrumsatzsteuer; - 7.
die Bemessungsgrundlagen für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie die hierauf entfallenden Steuerbeträge; - 8.
in den Fällen des § 13b Absatz 1 bis 5 beim Leistungsempfänger die Angaben entsprechend den Nummern 1 und 2. Der Leistende hat die Angaben nach den Nummern 1 und 2 gesondert aufzuzeichnen; - 9.
die Bemessungsgrundlage für Umsätze im Sinne des § 4 Nr. 4a Satz 1 Buchstabe a Satz 2 sowie die hierauf entfallenden Steuerbeträge; - 10.
in den Fällen des § 21a Namen und Anschriften der Versender und der Sendungsempfänger, die Bemessungsgrundlagen für die Einfuhr von Gegenständen (§ 11), die hierzu von den Versendern, Sendungsempfängern und Dritten erhaltenen Informationen, sowie die Sendungen, die im abgelaufenen Kalendermonat an die jeweiligen Sendungsempfänger ausgeliefert wurden, die je Sendung vereinnahmten Beträge an Einfuhrumsatzsteuer, die Sendungen, die noch nicht ausgeliefert werden konnten und sich noch in der Verfügungsgewalt der gestellenden Person befinden, sowie die Sendungen, die wiederausgeführt oder unter zollamtlicher Überwachung zerstört oder anderweitig verwertet wurden.
(3) Die Aufzeichnungspflichten nach Absatz 2 Nr. 5 und 6 entfallen, wenn der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist (§ 15 Abs. 2 und 3). Ist der Unternehmer nur teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigt, so müssen aus den Aufzeichnungen die Vorsteuerbeträge eindeutig und leicht nachprüfbar zu ersehen sein, die den zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätzen ganz oder teilweise zuzurechnen sind. Außerdem hat der Unternehmer in diesen Fällen die Bemessungsgrundlagen für die Umsätze, die nach § 15 Abs. 2 und 3 den Vorsteuerabzug ausschließen, getrennt von den Bemessungsgrundlagen der übrigen Umsätze, ausgenommen die Einfuhren und die innergemeinschaftlichen Erwerbe, aufzuzeichnen. Die Verpflichtung zur Trennung der Bemessungsgrundlagen nach Absatz 2 Nr. 1 Satz 2, Nr. 2 Satz 2 und Nr. 3 Satz 2 bleibt unberührt.
(4) In den Fällen des § 15a hat der Unternehmer die Berechnungsgrundlagen für den Ausgleich aufzuzeichnen, der von ihm in den in Betracht kommenden Kalenderjahren vorzunehmen ist.
(4a) Gegenstände, die der Unternehmer zu seiner Verfügung vom Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet verbringt, müssen aufgezeichnet werden, wenn
- 1.
an den Gegenständen im übrigen Gemeinschaftsgebiet Arbeiten ausgeführt werden, - 2.
es sich um eine vorübergehende Verwendung handelt, mit den Gegenständen im übrigen Gemeinschaftsgebiet sonstige Leistungen ausgeführt werden und der Unternehmer in dem betreffenden Mitgliedstaat keine Zweigniederlassung hat oder - 3.
es sich um eine vorübergehende Verwendung im übrigen Gemeinschaftsgebiet handelt und in entsprechenden Fällen die Einfuhr der Gegenstände aus dem Drittlandsgebiet vollständig steuerfrei wäre.
(4b) Gegenstände, die der Unternehmer von einem im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer mit Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zur Ausführung einer sonstigen Leistung im Sinne des § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe c erhält, müssen aufgezeichnet werden.
(4c) Der Lagerhalter, der ein Umsatzsteuerlager im Sinne des § 4 Nr. 4a betreibt, hat Bestandsaufzeichnungen über die eingelagerten Gegenstände und Aufzeichnungen über Leistungen im Sinne des § 4 Nr. 4a Satz 1 Buchstabe b Satz 1 zu führen. Bei der Auslagerung eines Gegenstands aus dem Umsatzsteuerlager muss der Lagerhalter Name, Anschrift und die inländische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Auslagerers oder dessen Fiskalvertreters aufzeichnen.
(4d) Im Fall der Abtretung eines Anspruchs auf die Gegenleistung für einen steuerpflichtigen Umsatz an einen anderen Unternehmer (§ 13c) hat
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der leistende Unternehmer den Namen und die Anschrift des Abtretungsempfängers sowie die Höhe des abgetretenen Anspruchs auf die Gegenleistung aufzuzeichnen; - 2.
der Abtretungsempfänger den Namen und die Anschrift des leistenden Unternehmers, die Höhe des abgetretenen Anspruchs auf die Gegenleistung sowie die Höhe der auf den abgetretenen Anspruch vereinnahmten Beträge aufzuzeichnen. Sofern der Abtretungsempfänger die Forderung oder einen Teil der Forderung an einen Dritten abtritt, hat er zusätzlich den Namen und die Anschrift des Dritten aufzuzeichnen.
(4e) Wer in den Fällen des § 13c Zahlungen nach § 48 der Abgabenordnung leistet, hat Aufzeichnungen über die entrichteten Beträge zu führen. Dabei sind auch Name, Anschrift und die Steuernummer des Schuldners der Umsatzsteuer aufzuzeichnen.
(4f) Der Unternehmer, der nach Maßgabe des § 6b einen Gegenstand aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates befördert oder versendet, hat über diese Beförderung oder Versendung gesondert Aufzeichnungen zu führen. Diese Aufzeichnungen müssen folgende Angaben enthalten:
- 1.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Erwerbers im Sinne des § 6b Absatz 1 Nummer 1 oder des § 6b Absatz 5; - 2.
den Abgangsmitgliedstaat; - 3.
den Bestimmungsmitgliedstaat; - 4.
den Tag des Beginns der Beförderung oder Versendung im Abgangsmitgliedstaat; - 5.
die von dem Erwerber im Sinne des § 6b Absatz 1 oder des § 6b Absatz 5 verwendete Umsatzsteuer-Identifikationsnummer; - 6.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Lagers, in das der Gegenstand im Rahmen der Beförderung oder Versendung in den Bestimmungsmitgliedstaat gelangt; - 7.
den Tag des Endes der Beförderung oder Versendung im Bestimmungsmitgliedstaat; - 8.
die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eines Dritten als Lagerhalter; - 9.
die Bemessungsgrundlage nach § 10 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1, die handelsübliche Bezeichnung und Menge der im Rahmen der Beförderung oder Versendung in das Lager gelangten Gegenstände; - 10.
den Tag der Lieferung im Sinne des § 6b Absatz 2; - 11.
das Entgelt für die Lieferung nach Nummer 10 sowie die handelsübliche Bezeichnung und Menge der gelieferten Gegenstände; - 12.
die von dem Erwerber für die Lieferung nach Nummer 10 verwendete Umsatzsteuer-Identifikationsnummer; - 13.
das Entgelt sowie die handelsübliche Bezeichnung und Menge der Gegenstände im Fall des einer innergemeinschaftlichen Lieferung gleichgestellten Verbringens im Sinne des § 6b Absatz 3; - 14.
die Bemessungsgrundlage der nach § 6b Absatz 4 Nummer 1 in den Abgangsmitgliedstaat zurückgelangten Gegenstände und den Tag des Beginns dieser Beförderung oder Versendung.
(4g) Der Unternehmer, an den der Gegenstand nach Maßgabe des § 6b geliefert werden soll, hat über diese Lieferung gesondert Aufzeichnungen zu führen. Diese Aufzeichnungen müssen folgende Angaben enthalten:
- 1.
die von dem Unternehmer im Sinne des § 6b Absatz 1 Nummer 1 verwendete Umsatzsteuer-Identifikationsnummer; - 2.
die handelsübliche Bezeichnung und Menge der für den Unternehmer als Erwerber im Sinne des § 6b Absatz 1 oder des § 6b Absatz 5 bestimmten Gegenstände; - 3.
den Tag des Endes der Beförderung oder Versendung der für den Unternehmer als Erwerber im Sinne des § 6b Absatz 1 oder des § 6b Absatz 5 bestimmten Gegenstände im Bestimmungsmitgliedstaat; - 4.
das Entgelt für die Lieferung an den Unternehmer sowie die handelsübliche Bezeichnung und Menge der gelieferten Gegenstände; - 5.
den Tag des innergemeinschaftlichen Erwerbs im Sinne des § 6b Absatz 2 Nummer 2; - 6.
die handelsübliche Bezeichnung und Menge der auf Veranlassung des Unternehmers im Sinne des § 6b Absatz 1 Nummer 1 aus dem Lager entnommenen Gegenstände; - 7.
die handelsübliche Bezeichnung der im Sinne des § 6b Absatz 6 Satz 4 zerstörten oder fehlenden Gegenstände und den Tag der Zerstörung, des Verlusts oder des Diebstahls der zuvor in das Lager gelangten Gegenstände oder den Tag, an dem die Zerstörung oder das Fehlen der Gegenstände festgestellt wurde.
(5) Ein Unternehmer, der ohne Begründung einer gewerblichen Niederlassung oder außerhalb einer solchen von Haus zu Haus oder auf öffentlichen Straßen oder an anderen öffentlichen Orten Umsätze ausführt oder Gegenstände erwirbt, hat ein Steuerheft nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu führen.
(6) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung
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nähere Bestimmungen darüber treffen, wie die Aufzeichnungspflichten zu erfüllen sind und in welchen Fällen Erleichterungen bei der Erfüllung dieser Pflichten gewährt werden können, sowie - 2.
Unternehmer im Sinne des Absatzes 5 von der Führung des Steuerhefts befreien, sofern sich die Grundlagen der Besteuerung aus anderen Unterlagen ergeben, und diese Befreiung an Auflagen knüpfen.
(1) Die folgenden Unterlagen sind geordnet aufzubewahren:
- 1.
Bücher und Aufzeichnungen, Inventare, Jahresabschlüsse, Lageberichte, die Eröffnungsbilanz sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen, - 2.
die empfangenen Handels- oder Geschäftsbriefe, - 3.
Wiedergaben der abgesandten Handels- oder Geschäftsbriefe, - 4.
Buchungsbelege, - 4a.
Unterlagen nach Artikel 15 Absatz 1 und Artikel 163 des Zollkodex der Union, - 5.
sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind.
(2) Mit Ausnahme der Jahresabschlüsse, der Eröffnungsbilanz und der Unterlagen nach Absatz 1 Nummer 4a, sofern es sich bei letztgenannten Unterlagen um amtliche Urkunden oder handschriftlich zu unterschreibende nicht förmliche Präferenznachweise handelt, können die in Absatz 1 aufgeführten Unterlagen auch als Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern aufbewahrt werden, wenn dies den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht und sichergestellt ist, dass die Wiedergabe oder die Daten
- 1.
mit den empfangenen Handels- oder Geschäftsbriefen und den Buchungsbelegen bildlich und mit den anderen Unterlagen inhaltlich übereinstimmen, wenn sie lesbar gemacht werden, - 2.
während der Dauer der Aufbewahrungsfrist jederzeit verfügbar sind, unverzüglich lesbar gemacht und maschinell ausgewertet werden können.
(3) Die in Absatz 1 Nr. 1, 4 und 4a aufgeführten Unterlagen sind zehn Jahre, die sonstigen in Absatz 1 aufgeführten Unterlagen sechs Jahre aufzubewahren, sofern nicht in anderen Steuergesetzen kürzere Aufbewahrungsfristen zugelassen sind. Kürzere Aufbewahrungsfristen nach außersteuerlichen Gesetzen lassen die in Satz 1 bestimmte Frist unberührt. Bei empfangenen Lieferscheinen, die keine Buchungsbelege nach Absatz 1 Nummer 4 sind, endet die Aufbewahrungsfrist mit dem Erhalt der Rechnung. Für abgesandte Lieferscheine, die keine Buchungsbelege nach Absatz 1 Nummer 4 sind, endet die Aufbewahrungsfrist mit dem Versand der Rechnung. Die Aufbewahrungsfrist läuft jedoch nicht ab, soweit und solange die Unterlagen für Steuern von Bedeutung sind, für welche die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist; § 169 Abs. 2 Satz 2 gilt nicht.
(4) Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahrs, in dem die letzte Eintragung in das Buch gemacht, das Inventar, die Eröffnungsbilanz, der Jahresabschluss oder der Lagebericht aufgestellt, der Handels- oder Geschäftsbrief empfangen oder abgesandt worden oder der Buchungsbeleg entstanden ist, ferner die Aufzeichnung vorgenommen worden ist oder die sonstigen Unterlagen entstanden sind.
(5) Wer aufzubewahrende Unterlagen in der Form einer Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern vorlegt, ist verpflichtet, auf seine Kosten diejenigen Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, die erforderlich sind, um die Unterlagen lesbar zu machen; auf Verlangen der Finanzbehörde hat er auf seine Kosten die Unterlagen unverzüglich ganz oder teilweise auszudrucken oder ohne Hilfsmittel lesbare Reproduktionen beizubringen.
(6) Sind die Unterlagen nach Absatz 1 mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt worden,
- 1.
hat die Finanzbehörde im Rahmen einer Außenprüfung das Recht, Einsicht in die gespeicherten Daten zu nehmen und das Datenverarbeitungssystem zur Prüfung dieser Unterlagen zu nutzen, - 2.
kann die Finanzbehörde verlangen, dass die Daten nach ihren Vorgaben maschinell ausgewertet zur Verfügung gestellt werden, oder - 3.
kann die Finanzbehörde verlangen, dass die Daten nach ihren Vorgaben in einem maschinell auswertbaren Format an sie übertragen werden.
- 1.
der Finanzbehörde Einsicht in die für den Steuerpflichtigen gespeicherten Daten zu gewähren oder - 2.
diese Daten nach den Vorgaben der Finanzbehörde maschinell auszuwerten oder - 3.
ihr nach ihren Vorgaben die für den Steuerpflichtigen gespeicherten Daten in einem maschinell auswertbaren Format zu übertragen.
(7) Die Verarbeitung und Aufbewahrung der nach Absatz 6 zur Verfügung gestellten Daten ist auch auf mobilen Datenverarbeitungssystemen der Finanzbehörden unabhängig von deren Einsatzort zulässig, sofern diese unter Berücksichtigung des Stands der Technik gegen unbefugten Zugriff gesichert sind. Die Finanzbehörde darf die nach Absatz 6 zur Verfügung gestellten und gespeicherten Daten bis zur Unanfechtbarkeit der die Daten betreffenden Verwaltungsakte auch auf den mobilen Datenverarbeitungssystemen unabhängig von deren Einsatzort aufbewahren.
Gründe
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Die Beschwerde ist unzulässig. Die Beschwerdebegründung des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) genügt nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an die Darlegung eines Zulassungsgrundes i.S. des § 115 Abs. 2 FGO.
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1. Der vom Kläger angeführte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) ist nicht in der gebotenen Form dargelegt worden.
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a) Wird die Nichtzulassungsbeschwerde auf diesen Zulassungsgrund gestützt, muss der Beschwerdeführer eine bestimmte für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausstellen. Dafür ist erforderlich, dass er die entscheidungserhebliche Rechtsfrage hinreichend konkretisiert. Des Weiteren muss in der Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert unter Auseinandersetzung mit den zur aufgeworfenen Rechtsfrage in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen dargetan werden, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit oder der Rechtsentwicklung im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärungsfähig ist. In Bezug auf die Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage muss dargelegt werden, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Frage zweifelhaft und streitig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27. Oktober 2008 XI B 202/07, BFH/NV 2009, 118, und vom 22. März 2011 X B 151/10, BFH/NV 2011, 1165; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 32, m.w.N.). Hat die höchstrichterliche Rechtsprechung bereits früher die Rechtsfrage entschieden, so muss die Beschwerde eingehend begründen, warum gleichwohl eine erneute Entscheidung des BFH für notwendig gehalten wird. Dazu ist insbesondere darzulegen, welche neuen gewichtigen, vom BFH nicht geprüften Einwendungen im Schrifttum und in der Rechtsprechung der Instanzgerichte gegen die höchstrichterliche Rechtsprechung erhoben werden (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 28. September 2000 III B 126/98, BFH/NV 2001, 461; Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 33).
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b) An einem solchen Vorbringen fehlt es. Der Kläger hat in seiner Beschwerdebegründung bereits keine hinreichend konkretisierte Rechtsfrage herausgestellt.
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aa) Wollte man das Vorbringen des Klägers dahingehend verstehen, dass er die Rechtsfrage aufwirft, ob die fehlende Aufbewahrung der sog. Schichtzettel eine Schätzungsbefugnis der Finanzbehörde nicht begründet, wenn der Steuerpflichtige den Inhalt der Schichtzettel unmittelbar nach deren Erhalt und Auszählung der Kasse in ein Kassenbuch in Form von Listen überträgt, gleichgültig ob er die Schichtzettel täglich oder in größeren Zeitabständen erhält, fehlt es zumindest an einem hinreichenden Vortrag zur Klärungsbedürftigkeit einer solchen Rechtsfrage.
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Der XI. Senat des BFH hat in seinem Urteil vom 26. Februar 2004 XI R 25/02 (BFHE 205, 249, BStBl II 2004, 599) mit Verweis auf das BFH-Urteil vom 13. Juli 1971 VIII 1/65 (BFHE 103, 34, BStBl II 1971, 729) ausdrücklich ausgeführt, dass die Aufbewahrung der Schichtzettel --als Einnahmeursprungsaufzeichnungen-- ausnahmsweise dann nicht erforderlich sei, wenn deren Inhalt unmittelbar nach Auszählung der Tageskasse in das in Form aneinandergereihter Tageskassenberichte geführte Kassenbuch übertragen werde. Damit hat der XI. Senat klargestellt, dass --entgegen der Auffassung des Klägers-- allein die tägliche Übertragung des Inhalts der Schichtzettel unmittelbar nach Auszählung der Tageskasse in ein solches Kassenbuch die Aufbewahrung der Schichtzettel entbehrlich macht. Wie der BFH in seinem Urteil in BFHE 103, 34, BStBl II 1971, 729 ausgeführt hat, ist nur dann sowohl dem Aufbewahrungszweck als auch der Sicherstellung der Vollständigkeit der übertragenen Aufzeichnungen in vollem Umfang Rechnung getragen.
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Die Beschwerdebegründung des Klägers erschöpft sich dagegen im Wesentlichen in der Aussage, dass es nach seiner Auffassung bei Zugrundelegung der höchstrichterlichen Rechtsprechung unerheblich sei, in welchen Zeitabständen der Steuerpflichtige die Schichtzettel erhalte --nach seinen eigenen Aussagen erhielt er sie von seinen eigenen Fahrern einmal im Monat, sofern er deren Inhalt unmittelbar nach deren Erhalt und Auszählung der Kasse übertrage. Damit hat der Kläger nicht substantiiert dargelegt, inwiefern und aus welchen Gründen die Rechtslage --trotz der dargestellten, bestehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung-- weiterhin umstritten sein soll, so dass eine erneute Entscheidung des BFH erforderlich erscheint. Die Beschwerdebegründung enthält insbesondere keinerlei Hinweise auf neue, vom BFH bislang nicht geprüfte Einwendungen gegen seine Rechtsprechung.
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bb) Gleiches gilt, wenn man in dem klägerischen Vorbringen die Rechtsfrage erkennen wollte, ob es für eine ordnungsgemäße Buchführung eines Taxiunternehmers ausreiche, wenn er seine Einnahmen nachvollziehbar und ordentlich aufzeichne, jedoch keine Schichtzettel führe.
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Insoweit hat der XI. Senat in seinem Urteil in BFHE 205, 249, BStBl II 2004, 599 ausdrücklich ausgeführt, dass im Bereich des Taxigewerbes --als Erleichterung gegenüber der grundsätzlich bestehenden Pflicht zur Einzelaufzeichnung der Betriebseinnahmen-- die Schichtzettel in Verbindung mit den Angaben, die sich auf dem Kilometerzähler und dem Taxameter des einzelnen Taxis ablesen lassen, den Mindestanforderungen an die Aufzeichnungspflicht genügten. Durch diese Erleichterung werde den branchenspezifischen Besonderheiten dieses Gewerbes ausreichend Rechnung getragen.
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Auch diesbezüglich lassen sich dem Vorbringen des Klägers keinerlei substantiierte Darlegungen zur weiteren Klärungsbedürftigkeit einer solchen Rechtsfrage entnehmen.
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2. Aus den gleichen Gründen ist die Revision auch nicht zur Fortbildung des Rechts gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO zuzulassen. Denn die Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts erfordert als spezieller Tatbestand der Grundsatzrevision (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) gleichfalls das Herausstellen einer klärungsbedürftigen und klärbaren Rechtsfrage, deren Klärung in einem künftigen Revisionsverfahren zu erwarten ist (z.B. BFH-Beschlüsse vom 14. August 2006 III B 198/05, BFH/NV 2006, 2281, und vom 7. Juni 2011 X B 212/10, BFH/NV 2011, 1709; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 41, § 116 Rz 38), sowie substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit der herausgestellten Rechtsfrage (z.B. Senatsbeschluss vom 14. Oktober 2003 X B 26/03, BFH/NV 2004, 82).
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3. Soweit der klägerische Vortrag, die von ihm geübte Praxis der Aufzeichnung seiner Betriebseinnahmen habe --entgegen der Auffassung des Finanzgerichts (FG)-- den Vorgaben des BFH entsprochen, eine der Sicherung der Rechtseinheit dienende Divergenzrüge (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) beinhalten sollte, entspricht auch dieser Vortrag nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO.
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Zur schlüssigen Darlegung einer Divergenzrüge gehört u.a. eine hinreichend genaue Bezeichnung der vermeintlichen Divergenzentscheidungen sowie die Gegenüberstellung tragender, abstrakter Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und aus den behaupteten Divergenzentscheidungen andererseits, um eine Abweichung deutlich erkennbar zu machen. Des Weiteren ist darzulegen, dass es sich im Streitfall um einen vergleichbaren Sachverhalt und um eine identische Rechtsfrage handelt (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 13. Juli 2011 X B 117/10, BFH/NV 2011, 2075, m.w.N.).
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Der Kläger hat es bereits versäumt, mit hinreichender Deutlichkeit tragende abstrakte Rechtssätze aus dem FG-Urteil herauszuarbeiten und ihnen abweichende Rechtssätze aus der vermeintlichen Divergenzentscheidung in BFHE 205, 249, BStBl II 2004, 599 gegenüberzustellen, um eine Abweichung deutlich erkennbar zu machen. Im Übrigen kann dem BFH-Urteil in BFHE 205, 249, BStBl II 2004, 599 --wie oben unter 1.b aa dargestellt-- insbesondere nicht der Rechtssatz entnommen werden, dass die Aufbewahrung der Schichtzettel als Einnahmeursprungsaufzeichnungen nicht erforderlich sei, wenn deren Inhalt unmittelbar nach deren Erhalt und Auszählung der Kasse --unabhängig davon, in welchen Zeitabständen der Steuerpflichtige die Schichtzettel erhalte-- in ein Kassenbuch übertragen werde.
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4. Die vom Kläger gegen die Schätzung des FG erhobenen Einwände vermögen die Zulassung der Revision ebenfalls nicht zu begründen. Der Kläger hat einen erheblichen Rechtsanwendungsfehler des FG bei der Schätzung der Einnahmen, der gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zur Zulassung der Revision führen könnte, nicht hinreichend dargelegt; im Übrigen liegt ein solcher auch nicht vor.
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a) Im Kern richten sich die Einwendungen des Klägers --nach Art einer Revisionsbegründung-- gegen die materiell-rechtliche Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung. Die Rüge der falschen Rechtsanwendung und tatsächlichen Würdigung des Streitfalls durch das FG im Rahmen einer Schätzung ist im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren grundsätzlich unbeachtlich (z.B. Senatsbeschlüsse vom 21. Januar 2009 X B 125/08, BFH/NV 2009, 951; vom 27. Januar 2009 X B 28/08, BFH/NV 2009, 717, und vom 10. Mai 2012 X B 71/11, BFH/NV 2012, 1461). Dies gilt insbesondere für Einwände gegen die Richtigkeit von Schätzungen der Besteuerungsgrundlagen, wie Verstöße gegen anerkannte Schätzungsgrundsätze, Denkgesetze und Erfahrungssätze sowie materielle Rechtsfehler (z.B. Senatsbeschlüsse in BFH/NV 2009, 951; in BFH/NV 2009, 717, und in BFH/NV 2012, 1461).
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Ein zur Zulassung der Revision berechtigender erheblicher Rechtsfehler aufgrund objektiver Willkür kann allenfalls in Fällen bejaht werden, in denen das Schätzungsergebnis des FG wirtschaftlich unmöglich und damit schlechthin unvertretbar ist. Ein Verstoß gegen Denkgesetze führt bei Schätzungen erst dann zur Zulassung der Revision wegen willkürlich falscher Rechtsanwendung, wenn sich das Ergebnis der Schätzung als offensichtlich realitätsfremd darstellt (z.B. Senatsbeschlüsse in BFH/NV 2009, 951; in BFH/NV 2009, 717, und in BFH/NV 2012, 1461; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 70). Das Vorliegen dieser besonderen Umstände ist in der Beschwerdebegründung darzulegen (z.B. Senatsbeschlüsse in BFH/NV 2009, 951, und in BFH/NV 2009, 717; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 70).
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b) Der Kläger erhebt zahlreiche Einwände gegen die Schätzung des FG, die sich auf dessen Befugnis zur Schätzung sowie auf einzelne Schätzungsgrundlagen beziehen. Einen erheblichen Rechtsanwendungsfehler des FG (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) hat er damit nicht dargelegt.
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aa) Auf die Befugnis zur Schätzung bezieht sich der Einwand, dass die von ihm gewählte Praxis der Erfassung der Betriebseinnahmen (siehe oben unter 1.b bb) den im BFH-Urteil in BFHE 205, 249, BStBl II 2004, 599 genannten Vorgaben, die die Aufbewahrung der Schichtzettel als Einnahmeursprungsaufzeichnungen entbehrlich machen, entsprochen habe. Wie oben dargestellt (unter 1.b aa), ist dies gerade nicht der Fall, so dass mit dieser Behauptung von vornherein kein Rechtsanwendungsfehler des FG dargelegt werden kann. Ebenso auf die Schätzungsbefugnis bezieht sich das Vorbringen des Klägers, dass es nach seiner Rechtsauffassung für das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Buchführung eines Taxiunternehmers ausreiche, wenn dieser seine Einnahmen nachvollziehbar und ordentlich aufzeichne, hingegen keine Schichtzettel benutze. Auch diese Ansicht ist --wie oben unter 1.b bb ausgeführt-- in dieser Form nicht mit dem BFH-Urteil in BFHE 205, 249, BStBl II 2004, 599 vereinbar, so dass auch insoweit ein Rechtsanwendungsfehler ausscheidet.
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bb) Die Einwände des Klägers, die Prüferin hätte bei der Berechnung der durchschnittlichen Tourenlänge die Kurzstreckenfahrten herausrechnen müssen, die mithilfe des Fahrzeugtachometers berechneten Einnahmen unterlägen einem bei der Schätzung zu berücksichtigenden Unsicherheitsfaktor, die Grundgebühr je Auftrags- und Besetztfahrt sei um 0,20 € zu verringern, betreffen jeweils einzelne Schätzungsgrundlagen. Insoweit hat der Kläger es versäumt (substantiiert) darzulegen, dass das daraus resultierende Schätzungsergebnis des FG wirtschaftlich unmöglich und schlechthin unvertretbar sei und sich als offensichtlich realitätsfremd darstelle.
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cc) Dies gilt gleichermaßen für das Vorbringen des Klägers, das FG habe die im Jahr 2006 von der Betriebsprüferin ermittelten Ergebnisse übernommen und damit in unzulässiger Weise geschlussfolgert, dass im Jahr 2006 und in den Streitjahren (Prüfungszeitraum) gleiche Verhältnisse geherrscht hätten. Auch insoweit fehlt es an einem substantiierten Vortrag, dass das Schätzungsergebnis wirtschaftlich unmöglich, schlechthin unvertretbar bzw. offensichtlich realitätsfremd sei.
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Dieses Vorbringen führt auch nicht wegen eines --im Übrigen nicht gerügten-- Verfahrensmangels zur Zulassung der Revision. Verstöße gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze stellen in der Regel materiell-rechtliche Fehler dar, und zwar auch dann, wenn sich diese auf die Würdigung von Tatsachen erstrecken (z.B. Senatsbeschluss in BFH/NV 2011, 1165); sie sind damit der Rüge eines Verfahrensmangels entzogen (z.B. BFH-Beschluss vom 5. Januar 2007 II B 31/06, BFH/NV 2007, 972; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 83).
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dd) Schließlich stellt sich das Schätzungsergebnis im vorliegenden Fall weder als wirtschaftlich unmöglich und damit schlechthin unvertretbar noch als offensichtlich realitätsfremd dar. Nach den --insoweit nicht angegriffenen-- Feststellungen des FG gelangte die Betriebsprüferin in den Jahren 2002 und 2003 zu Bruttoerlösen, die nur geringfügig über den vom Kläger selbst ermittelten Bruttoerlösen lagen. Lediglich im Streitjahr 2004 war die Abweichung höher. Wie das FG in seinen Entscheidungsgründen ausgeführt hat (S. 8 des Urteils), habe der Kläger aber selbst eingeräumt, dass die Abweichungen der Prüferin gering gewesen seien.
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5. Im Übrigen fehlt es in Bezug auf das Streitjahr 2002 bereits deshalb an einer ausreichenden Darlegung eines Zulassungsgrundes nach § 115 Abs. 2 FGO, weil das FG die Befugnis zur Schätzung für das Streitjahr 2002 kumulativ begründet hat und der Kläger nicht hinsichtlich beider Begründungsstränge Zulassungsgründe (erfolgreich) dargelegt hat.
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a) Hat das FG sein Urteil kumulativ begründet, d.h. auf mehrere selbständig tragende Gründe gestützt, so muss wegen jeder der Urteilsbegründungen ein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden und vorliegen (ständige BFH-Rechtsprechung, z.B. Senatsbeschluss vom 23. Februar 2012 X B 91/11, BFH/NV 2012, 1150; vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 28, m.w.N. aus der BFH-Rechtsprechung).
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b) Das FG hat seine Entscheidung zur Schätzungsbefugnis nach § 162 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung für alle Streitjahre auf die Verletzung der Pflicht zur Aufbewahrung der Schichtzettel als Einnahmeursprungsaufzeichnungen gestützt sowie --im Hinblick auf das Streitjahr 2002-- kumulativ auf den Umstand, dass der Kläger gar keine Buchführungsunterlagen vorlegen konnte (S. 5 des Urteils).
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Hinsichtlich des letztgenannten Begründungsstrangs hat der Kläger überhaupt nicht dargelegt, warum die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), der Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) und der Sicherung der Rechtseinheit wegen Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) gegeben sein sollten. Die ansonsten erhobenen Einwände gegen die Schätzung waren --wie bereits dargestellt-- ebenso wenig erfolgreich, da der Kläger einen erheblichen Rechtsanwendungsfehler des FG bei der Schätzung, der gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zur Revisionszulassung führen könnte, nicht hinreichend dargelegt hat und im Übrigen ein solcher auch nicht vorlag.
Tenor
1. Die Bescheide über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung für 2009 und für 2010 - beide vom 7. März 2013 - werden bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung oder einer anderweitigen Erledigung des Einspruchsverfahrens von der Vollziehung ausgesetzt, soweit die festgestellten Einkünfte aus Gewerbebetrieb folgende Beträge übersteigen:
2009 | 2010 | |
Gewinn | 4.308,28 € | 11.059,84 € |
2. Die Gewerbesteuermessbescheide 2009 und 2010 werden in voller Höhe ebenfalls bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung oder einer anderweitigen Erledigung des Einspruchsverfahrens von der Vollziehung ausgesetzt.
3. Die Umsatzsteuerbescheide für 2009 vom 18. März 2013 und für 2010 vom 1. Oktober 2012 werden jeweils ab Fälligkeit bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung oder einer anderweitigen Erledigung des Einspruchsverfahrens von der Vollziehung ausgesetzt, soweit die festgesetzte Umsatzsteuer folgende Beträge übersteigt:
2009 | 2010 | |
Umsatzsteuer | ./. 6.669,24 € | ./. 1.245,85 € |
4. Der weitergehende Antrag wird abgelehnt.
5. Die Kosten des Verfahrens tragen bis zum Ergehen der Teilabhilfebescheide am 7. und 18. März 2013 die Antragstellerin zu 60 % und der Antragsgegner zu 40 %, für die Zeit danach die Antragstellerin zu 70 % und der Antragsgegner zu 30 %.
1
Gründe:
2I.
3Die Beteiligten streiten - nach Abtrennung des Verfahrens wegen Umsatzsteuer 2011 -noch über die Rechtmäßigkeit von Hinzuschätzungen in den Streitjahren 2009 und 2010 und wegen Lohnsteuerhaftung 2009 bis 2011 nach einer Steuerfahndungsprüfung im Betrieb der Antragstellerin.
4Die Antragstellerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts und betrieb in den Streitjahren in E ein Taxiunternehmen. Die Gesellschafter sind jeweils zur Hälfte beteiligt. Die Antragstellerin verfügte über drei Konzessionen, die sie samt Fahrzeugen mit Vertrag vom 19. Januar 2009 erworben hat.
5Für das Streitjahr 2009 reichte die Antragstellerin ihre Einnahmen-Überschussrechnung und die Feststellungserklärung zur gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung im Januar 2011 beim Antragsgegner ein. Sie erklärte für das Streitjahr 2009 einen Gewinn in Höhe von 841,88 €. Die umsatzsteuerpflichtigen Betriebseinnahmen zum Steuersatz von 7% laut Erklärung betrugen 133.405,58 € netto.
6Für das Streitjahr 2010 reichte die Antragstellerin ihre Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung des Gewinns am 15. Februar 2012 beim Antragsgegner ein und erklärte einen Verlust in Höhe von ./. 226,35 €. Die umsatzsteuerpflichtigen Betriebseinnahmen zum Steuersatz von 7% laut Erklärung betrugen 155.003,57 € netto.
7Mit den eingereichten Erklärungen zur einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung der Streitjahre 2009 und 2010 reichte die Antragstellerin auch entsprechende Gewerbesteuererklärungen beim Antragsgegner ein.
8Für beide Streitjahre ergingen zunächst keine Feststellungsbescheide.
9Am 17. November 2011 begann das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung E mit einer Steuerfahndungsprüfung bei der Antragstellerin. Im Bericht über die steuerlichen Feststellungen im Rahmen der Fahndungsprüfung vom 31. August 2012 traf die Fahndungsprüferin folgende Feststellungen:
10Die Antragstellerin habe ihre täglichen Einnahmen nicht ordnungsgemäß aufgezeichnet. Sie habe keine täglichen Aufzeichnungen in Form von ordnungsgemäßen und vollständigen Schichtzetteln vorlegen können. Die Einnahmen seien in Halbmonatsberichten und Monatsberichten aufgezeichnet worden, in denen die Fahrer lediglich summenmäßige Angaben gemacht hätten, an welchen Tagen sie gefahren, wie hoch die jeweils gefahrenen Kilometer gewesen seien und welche Beträge Sie an den einzelnen Tagen eingenommen hätten. Betriebsausgaben seien in den Berichten der Fahrer für Tank- und Waschrechnungen aufgelistet worden. Die Einnahmen seien dann von der Antragstellerin in einer Monatstabelle für jeden Fahrer wochenweise aufgelistet worden. Die von den Fahrern gefertigten Aufzeichnungen seien nicht vorgelegt worden.
11Die Taxen seien mit angestellten Fahrern besetzt gewesen. Anhand der vorgelegten Monatsaufzeichnungen sei ermittelt worden, dass z.B. im Monat März 2009 und im Monat September 2009 sowie im Jahresdurchschnitt die Taxen der Antragstellerin nicht einmal im Einschichtbetrieb eingesetzt worden sein sollten. Dies habe selbst an umsatzstarken Tagen wie im Karneval 2009 gegolten, für die nur durchschnittlich 1,16 Schichten pro Tag angesetzt worden seien. Die Aufzeichnungen der Antragstellerin seien daher nicht glaubhaft.
12Zudem hätten Daten, die beim Taxi-Ruf E für den Zeitraum vom 1. Juli 2011 bis zum 30. Oktober 2011 erhoben worden seien, ergeben, dass nahezu sämtliche Fahrzeuge in einem Zweischichtbetrieb und fast sogar in einem Dreischichtbetrieb unterwegs gewesen seien. Dies ergebe sich aus den Uhrzeiten der vermittelten Fahrten für den Zeitraum Juli 2011. Es seien im Juli 2011 insgesamt nur 70 Schichten gebucht worden, tatsächlich sei anhand der vorliegenden Daten davon auszugehen, dass mindestens 145 Schichten gefahren worden sein. Es seien somit insgesamt nur die Hälfte der gefahrenen Schichten verbucht worden.
13Aus diesen Erkenntnissen des Jahres 2011 seien Rückschlüsse für den Prüfungszeitraum 2009 und 2010 zu ziehen, da dieselben Verhältnisse wie für den Vergleichszeitraum 2011 maßgeblich seien.
14Die rechnerischen Laufleistungen der einzelnen Taxen anhand der Bilanzumsätze und der gültigen Tarife nach den Angaben der Antragstellerin seien im Streitjahr 2009 mit ungefähr 45.000 km je Fahrzeug anzusetzen. Dieser Wert liege deutlich unter den branchenüblichen Werten, die das Finanzamt E ermittelt habe. Bei Einzelunternehmern mit festangestellten Fahrern betrage die durchschnittliche Laufleistung je Fahrzeug zwischen 100.000 und 120.000 km im Jahr.
15Die Steuerfahndung habe am 11. Mai 2011 im Rahmen einer Durchsuchung den Kilometerstand eines Fahrzeugs (...) ausgelesen. Greife man auf den bei der Durchsuchung abgelesenen Tachostand und die Werkstattbesuchsdaten zu einem Zeitpunkt vor dem 11. Mai 2011 und zu einem Zeitpunkt nach dem 11. Mai 2011 zurück, bestimme hiermit die Laufleistung des Jahres 2011 und übertrage diesen Wert auf das Streitjahr 2009, so lasse sich für 2009 von einer Jahresfahrleistung eines Taxis von ca. 108.000 km im Jahr ausgehen. Die Daten für ein weiteres Fahrzeug hätten zu einer Jahresfahrleistung von ca. 91.000 km geführt.
16Die Besteuerungsgrundlagen seien anhand der Verhältnisse des Jahres 2011 für den Prüfungszeitraum 2009 und 2010 zu schätzen. Im Rahmen der Nachkalkulation setzte die Prüferin eine gleiche Fahrleistung aller Taxen der Antragstellerin In Höhe von jeweils 90.000 km im Jahr an. Den Erlös je gefahrenem Kilometer setzte sie im Streitjahr 2009 und 2010 mit 1,07 €/km und für das Streitjahr 2011 mit 1,15 €/km an. Hierbei handele es sich um die Brutto-Durchschnittserlöse auf Basis der gültigen Tarife der Stadt E abzüglich eines Sicherheitsabschlags von ca. 10%. Dieser Sicherheitsabschlag gelte die Unsicherheitsfaktoren des Betrugs durch die Fahrer und nicht gezahlter Fahrpreise durch Kunden ab. Zudem berücksichtigte die Prüferin anhand der Laufleistungen der Fahrzeuge weitere Aufwendungen für Benzinkosten, wobei sie einen Verbrauch der einzelnen Taxen je 100 km von 8,5 Litern Diesel und Kosten pro Liter Diesel im Streitjahr 2009 von 1,10 € und im Streitjahr 2010 von 1,20 € zugrundelegte.
17Zudem ging die Prüferin davon aus, dass die in der Buchführung berücksichtigten Lohnkosten nicht den tatsächlich ausgezahlten Löhnen entsprächen. Hierzu stützte sie sich auf eine Mitteilung gemäß § 116 AO des Arbeitsgerichts E beim Finanzamt für Steuerstrafsachen, nach der ein angestellter Taxifahrer der Antragstellerin in einem Kammertermin am.... April 2010 erklärt habe, statt eines fest vereinbarten Bruttogehalts 46 % der Bruttofahrpreise erhalten zu haben. Im Arbeitsvertrag sei jedoch nur der Festbetrag genannt gewesen. Für Zwecke der Nachkalkulation legte die Prüferin zugrunde, die Fahrer hätten 45 % des Bruttoumsatzes für sich behalten dürfen und den Rest nach Abzug der ausgelegten Kosten an die Antragstellerin weitergeben müssen.
18Die Schätzung führte zu folgenden Mehrumsätzen und folgenden Mehr-Betriebseinnahmen:
19Mehrumsätze netto (€) | Mehr-Betriebseinnahmen (€) | Einkünfte laut Prüfung (€) | |
2009 | 134.096 | 143.482 | 71.544 |
2010 | 109.536 | 117.203 | 49.542 |
Für Zwecke der Lohnsteuerhaftung setzte die Prüferin für die ermittelten zusätzlich gezahlten Löhne den Eingangssteuersatz an und behandelte 25% der hinzugeschätzten Lohnsumme als nicht steuerpflichtige Aushilfslöhne.
21Für das Streitjahr 2009 ergab dies im Rahmen der Lohnsteuerhaftung Mehrlöhne (75%) in Höhe von 97.503 € (Mehr-Lohnsteuer 13.596 € zuzüglich 750,75 € SolZ), für 2010 in Höhe von 97.503 € (Mehr-Lohnsteuer 13.414 € zuzüglich 750,05 € SolZ) und für 2011 in Höhe von 104.793 € (Mehr-Lohnsteuer 14.671 € zuzüglich SolZ 806,90 €).
22Da eine Zuordnung der erhöhten Löhne zu den einzelnen Arbeitnehmern nicht möglich sei, sei der Arbeitgeber, die Antragstellerin, in Anspruch zu nehmen.
23Für die Einzelheiten der Feststellungen der Steuerfahndung wird auf den Bericht vom 31. August 2012 und die Texte von 6-17 sowie die zugehörigen Anlagen 1-3 Bezug genommen (abgelegt in einem Hefter in der Feststellungsakte). Zudem wird auf die in der Lohnsteuerakte abgelegte Mitteilung gemäß § 116 AO des Arbeitsgerichts E (eingegangen beim Finanzamt für Steuerstrafsachen am 28. April 2010) Bezug genommen.
24Der Antragsgegner erließ am 12. September 2012 einen Haftungsbescheid gegenüber der Antragstellerin, in dem er für den Haftungszeitraum 2009 bis 2011 ausgehend von den Feststellungen der Steuerfahndung nichtabgeführte Lohnsteuer und den Solidaritätszuschlag hierzu nachforderte.
25Am 1. Oktober 2012 erließ der Antragsgegner geänderte Feststellungsbescheide für die Streitjahre 2009 und 2010, in denen er die Ergebnisse der Fahndungsprüfung auswertete. Für das Streitjahr 2010 stützte er sich für die Änderungsbefugnis auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO. Für das Streitjahr 2010 änderte er den Feststellungsbescheid gemäß § 164 Abs. 2 AO. Es wurden auch entsprechend geänderte Gewerbesteuermessbescheide für beide Streitjahre erlassen.
26Zudem ergingen unter dem 1. Oktober 2012 geänderte Umsatzsteuerbescheide für 2009 und 2010.
27Die Antragstellerin erhob Einspruch gegen die genannten Bescheide und den Lohnsteuerhaftungsbescheid. Gleichzeitig beantragte sie die Aussetzung der Vollziehung aller Steuerbeschläge ohne Sicherheitsleistung.
28Den Einspruch begründete die Antragstellerin damit, ihr seien die Ermittlungsgrundlagen aus dem Bericht über die Steuerfahndungsprüfung vom 31. August 2012 nicht mitgeteilt worden. Dies gelte für die beim Taxi Ruf E abgefragten Einsatzzeiten der Taxen der Antragstellerin. Zudem besage die Anmeldung und die Abmeldung einer Taxikonzession beim Taxi Ruf nicht, dass die Konzession durchgehend genutzt worden sei. Der Fahrer könne das Fahrzeug morgens anmelden und nutzen, danach pausieren und abends seine Tätigkeit wieder aufnehmen.
29Zudem leide die Kalkulation darunter, dass Ermittlungsergebnisse des Jahres 2011 ohne weiteres auf die Verhältnisse der Streitjahre 2009 und 2010 übertragen würden. Auch seien die Schätzungsgrundlagen, die anhand von der Antragstellerin nicht vorliegenden Vergleichsdaten für die Stadt E angesetzt worden seien, der Antragstellerin nicht nachvollziehbar. Eine Prüfung der Rechtmäßigkeit der geschätzten Besteuerungsgrundlagen sei schon deshalb nicht möglich. Die Unterstellung, jedes Taxiunternehmen mit angestellten Fahrern habe eine Fahrleistung bei jedem Taxi von 100.000 km im Jahr, sei eine reine Unterstellung. Es sei zu berücksichtigen, dass die Schätzung der Laufleistungen für die Nachkalkulation ohne Auswertung der vorliegenden Werkstattrechnungen und Berichte des TÜV von der Fahndung vorgenommen worden sei. Zudem sei das Ausmaß von Leerfahrten im normalen Betrieb nicht hinreichend berücksichtigt worden. Bis zu 50 % aller gefahrenen Kilometer seien Leerfahrten. Bei einer Flughafenfahrt sei immer eine Leerfahrt enthalten.
30Der angesetzte Kraftstoffverbrauch sei nicht durch statistische Daten unterlegt worden. Innerhalb geschlossener Ortschaften betrage der Verbrauch mehr als 8,5 Liter je 100 km.
31Während des Einspruchsverfahrens legte die Antragstellerin die Ermittlung von Laufleistungen der Taxen anhand von TÜV-Hauptuntersuchungsberichten dar. Sie kam zu dem Ergebnis, dass sich durchschnittliche Jahreslaufleistungen für jedes Taxi in Höhe von 48.133 km ermitteln ließen. Eine eigene Verprobung der Laufleistungen für den Zeitraum von September bis November 2012, den die Antragstellerin selbst durchgeführt habe, habe lediglich eine jährliche Laufleistung im Durchschnitt von 67.588 km ergeben. Beide Werte unterschritten deutlich die vom Antragsgegner je Taxi angesetzten Laufleistungen in Höhe von jeweils 90.000 km pro Taxi. Die Durchschnittserlöse pro gefahrenem Kilometer lägen anhand der Daten für den Zeitraum von September bis November 2012 bei 0,96 €.
32Für das Streitjahr 2009 habe der Antragsgegner übersehen, dass die Antragstellerin nur für elf Monate tätig gewesen sei.
33Die Berechnung des Antragsgegners weise den weiteren Fehler auf, dass die nicht in der Buchführung geschätzten Mehraufwendungen für Kraftstoff nur für ein Taxi angesetzt worden seien, statt für drei Taxen des Antragsgegners.
34Mit Schreiben vom 23. November 2012 lehnte der Antragsgegner die Aussetzung der Vollziehung hinsichtlich der Umsatzsteuerbescheide 2009 und 2010, der Gewerbesteuermessbescheide 2009 und 2010 sowie der geänderten Gewinnfeststellungsbescheide 2009 und 2010 ab. In einem Schreiben vom 30. November 2012 teilte der Antragsgegner mit, er halte den Einspruch gegen den Haftungsbescheid zur Lohnsteuer für nicht ausreichend begründet und könne über den gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung „derzeit noch nicht entscheiden“, weil nicht zu erkennen sei, inwieweit der angefochtene Bescheid beanstandet werde und ob aufgrund der Beanstandungen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestünden. Der Antragsgegner bat darum, den Einspruch zu begründen und hierdurch den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zu konkretisieren.
35Im vorliegenden Verfahren beantragte die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2012 (eingegangen beim Finanzgericht am selben Tag) die Aussetzung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung wegen der geänderten Gewerbesteuermessbescheide 2009 und 2010, der Umsatzsteuerbescheide 2009 und 2010, der Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung für 2009 und 2010 sowie wegen des Haftungsbescheids zur Lohnsteuer.
36Zur Begründung ihres Aussetzungsantrags wiederholte die Antragstellerin ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren. Zur Glaubhaftmachung ihres Vortrags legte sie die Anlagen 18 bis 22 zum Schriftsatz vom 11. Januar 2013 vor. Diese beinhalten Berichte des TÜV für die Taxen der Antragstellerin im Zeitraum 2009 bis 2012 und eine Verprobung der Gesamtlaufleistung anhand einer Stichprobe für den Zeitraum September bis November 2012.
37Es treffe es nicht zu, wenn der Antragsgegner behaupte, die Schichtzettel seien von der Antragsgegnerin nicht aufbewahrt worden. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (Hinweis auf den Beschluss vom 25. Oktober 2012 X B 133/11) sei dies nicht erforderlich, wenn eine tägliche Aufzeichnung der Einnahmen in ein Kassenbuch erfolgt sei. Dies sei in den Streitjahren der Fall gewesen. Die Ausführungen des Antragstellers zu Manipulationen von Tachoständen seien zurückzuweisen. Die eingetragenen Kilometerstände in den Berichten des TÜV seien durch die Mitarbeiter des TÜV ausgewiesen worden.
38Die vom Antragsgegner für den Vergleichszeitraum 2012 gerügten Unstimmigkeiten lägen nicht vor. Der zuständige Fahrer habe eine Doppelschicht an Freitagen und Samstagen gefahren und diese auf den Schichtzetteln als eine einheitliche Schicht behandelt. Die Schichtzettel seien damit weder falsch noch manipulativ. Denn für den Taxiunternehmer sei nicht die Anzahl der Schichtzettel zur Prüfung und Kontrolle der Taxifahrer entscheidend, sondern die lückenlose Kilometer-Fahrleistung. Nur so könne er prüfen, ob die Taxifahrer selbst alle Fahrten erfasst hätten. Die Taxifahrer füllten die Schichtzettel zudem unterschiedlich aus. Typische Tagesschichten und Nachtschichten existierten bei der Antragstellerin nicht. Habe ein Taxifahrer ein Taxi tagsüber und in der Nacht benutzt, fülle er oft nur einen einzelnen Schichtzettel aus. Hierzu legt die Antragstellerin zur Glaubhaftmachung die Anlagen 24-30 mit ihrem Schriftsatz vom 15. Mai 2013 vor (Blatt. 83 – 98 GA). Hierauf wird für die Einzelheiten Bezug genommen.
39Zudem führt sie aus, die Voraussetzungen für die Festsetzung einer Sicherheitsleistung seien nicht gegeben. Die Schätzungen seien mit Ermittlungsergebnissen begründet worden, ohne die diesen Ergebnissen zu Grunde liegenden Daten nachprüfbar im Bericht offen zu legen. Es seien vergleichsweise Verhältnisse späterer Jahre auf die Streitjahre übertragen worden. Es sei ein Durchschnittstarif bei der Schätzung zu Grunde gelegt worden, dessen Ermittlung nicht erkennbar sei. Es seien gefahrene Kilometer geschätzt worden, obwohl die tatsächlichen Kilometerleistungen ohne erheblichen Aufwand hätten ermittelt werden können. Leerfahrten seien nicht nachprüfbar berücksichtigt worden. Der Kraftstoffverbrauch sei geschätzt worden, obwohl die Ermittlung des tatsächlichen Verbrauchs ohne Aufwand möglich gewesen sei. Zudem sei Anordnung einer Sicherheitsleistung auch mit den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an das Merkmal der unbilligen Härte nicht vereinbar. Die Anforderung einer Sicherheitsleistung dürfe nicht erfolgen, wenn sie mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers eine unbillige Härte für ihn bedeuten würde, weil der Steuerpflichtige im Rahmen zumutbarer Anstrengungen nicht in der Lage sei, die Sicherheit zu leisten. Dies sei im Streitfall gegeben.
40Es ergingen zur Berichtigung des zu niedrig angesetzten Kraftstoffverbrauchs während des anhängigen finanzgerichtlichen Aussetzungsverfahrens geänderte Gewinnfeststellungsbescheide für 2009 und 2010 vom 7. März 2013 und unter dem 18. März 2013 ein geänderter Umsatzsteuerbescheide für 2009 sowie geänderte Gewerbesteuermessbescheide für 2009 und 2010. Diese wurden gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens.
41Die festgestellten Einkünfte und die festgesetzte Umsatzsteuer der Streitjahre betragen nach diesen Bescheiden:
42Gewinn in € | Netto-Umsätze zu 7 % in € | |
2009 | 49.886 | 247.500 € Umsatzsteuer :/. 326,25 € |
2010 | 40.362 | 270.000 € Umsatzsteuer 5.186,94 € |
Über die Einsprüche der Antragstellerin ist bislang nicht entschieden worden.
44Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
45die geänderten Gewinnfeststellungsbescheide für 2009 und 2010, jeweils vom 7. März 2013, die geänderten Gewerbesteuermessbescheide für 2009 und 2010 den Umsatzsteuerbescheid 2009 vom 18. März 2013, den Umsatzsteuerbescheid 2010 vom 1. Oktober 2012 und den Lohnsteuer-Haftungsbescheid vom 12. September 2012 ohne Sicherheitsleistung von der Vollziehung auszusetzen.
46Der Antragsgegner beantragt,
47die Anträge abzuweisen.
48Dem von der Antragstellerin zutreffend gerügten Rechenfehler habe man im Rahmen der Änderungsbescheide während des Aussetzungsverfahrens Rechnung getragen. Es seien der Bruttoumsatz im Umsatzsteuerbescheid 2009, der Überschuss im Gewinnfeststellungsbescheid 2009 und 2010 sowie der Gewerbeertrag in den Gewerbesteuermessbescheiden 2009 und 2010 entsprechend gemindert worden.
49In der Sache halte man an den Feststellungen der Steuerfahndung uneingeschränkt fest. Die behauptete jährliche Fahrleistung der Taxen mit durchschnittlich lediglich 48.133 km sei nicht glaubhaft. Soweit der Antragsteller hierzu in Form der TÜV-Berichte zur Glaubhaftmachung Daten vorlege, seien diese zu verwerfen, da sie mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmten. Nach den Ermittlungen der Steuerfahndung habe die Antragstellerin die Tachometer der Fahrzeuge manipuliert. Die Manipulationen ergäben sich aus starken Schwankungen der Kilometer. So sei für ein Fahrzeug der Antragstellerin am 1. Juli 2009 ein Kilometerstand in Höhe von 61.626 km ausgewiesen worden und am 22. September 2009 (fast drei Monate später) nur noch in Höhe von 45.589 km. Die vorgelegten Tagesbelege für die Monate September bis November 2012 hätten ergeben, dass es sich nicht um Belege aus diesem Zeitraum handeln könne. Diese Belege seien nachträglich für das Einspruchsverfahren erstellt worden. Dies werde dadurch deutlich, dass die Fahrzeuge anhand der vorgelegten Schichtzettel an bestimmten Tagen nicht im Einsatz gewesen sein sollen, anhand der Vermittlungsdaten des Taxi Ruf E jedoch sichtbar werde, dass das Fahrzeug dennoch gefahren sei (Konzessionsnummer ...). Für die Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Antragsgegners vom 14. März 2013 und die zugehörigen Anlagen 1 bis 4 Bezug genommen.
50Der Vortrag der Antragstellerin zur Aufzeichnung der Einnahmen sei nicht zutreffend. Aus dem Bericht der Steuerfahndung gehe hervor, dass in den Streitjahren keine täglichen Aufzeichnungen geführt worden seien. Weder seien ordnungsgemäße und vollständige Schichtzettel noch aneinandergereihte Tageskassenberichte aus einem Kassenbuch vorgelegt worden. Die Gesamteinnahmen für jeden Fahrer seien in Wochenübersichten eingetragen und dem Steuerberater zu Buchung übermittelt worden. Die Fahrer hätten lediglich summenmäßige Angaben in Halbmonatsberichten und Monatsberichten gemacht. Somit seien die Angaben in der Buchführung nicht auf ihre Vollständigkeit, Richtigkeit, zeitgerechte Erfassung hin überprüfbar. Vor der Steuerfahndung hätten die Fahrer ausgesagt, sie seien verpflichtet gewesen, Schichtzettel zu führen. Da solche nicht vorgelegt worden seien, habe die Antragstellerin diese offensichtlich nicht aufbewahrt. Wenn die Antragstellerin nunmehr Schichtzettel für das nicht streitbefangene Jahr 2012 vorlege, ändere dies nichts an den Verhältnissen der Streitjahre.
51Der Senat hat mit Beschluss vom 26. August 2013 das Verfahren wegen Umsatzsteuer 2011 abgetrennt und mit dem Verfahren 3 V 1100/13 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
52II.
531. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist unzulässig, soweit die Aussetzung des Lohnsteuerhaftungsbescheids vom 12. September 2012 begehrt wird.
54Der Antragsgegner hat eine Aussetzung der Vollziehung des Lohnsteuerhaftungsbescheids bislang nicht --wie gemäß § 69 Abs. 4 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erforderlich-- weder ganz oder zum Teil abgelehnt. Das Schreiben des Antragsgegners vom 30. November 2011, aus dem die Antragstellerin eine Ablehnung ihres gestellten Antrags auf Aussetzung der Vollziehung herauslesen will, enthält ausdrücklich die Aussage, dass über die Ablehnung der Vollziehung bislang nicht entschieden werden könne. Denn die Antragstellerin habe ihren Antrag, in welcher Hinsicht die Haftungsgrundlagen angefochten werden sollten, nicht hinreichend konkretisiert. Zudem ist nicht ersichtlich, dass einer der Ausnahmetatbestände des § 69 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 oder 2 FGO im Streitfall zur Anwendung kommen kann. Denn weder ist für den Senat ersichtlich, ob der Antragsgegner über einen begründeten Antrag der Antragstellerin auf Aussetzung der Vollziehung bislang ohne hinreichenden Grund nicht entschieden hat, noch ist dargelegt worden, dass die Vollstreckung droht.
552. Soweit die Aussetzung der Vollziehung der geänderten Gewerbesteuermessbescheide für die Streitjahre 2009 und 2010 neben der Aussetzung der geänderten Gewinnfeststellungsbescheide 2009 und 2010 begehrt wird, steht dem nicht entgegen, dass ein Rechtsschutzinteresse für die Aussetzung der Vollziehung von der Rechtsprechung verneint wird, wenn die Aussetzung eines Folgebescheides begehrt wird, obwohl ein Grundlagenbescheid bereits ergangen ist und deshalb mit Rücksicht auf die gemäß § 69 Abs. 2 Satz 4 FGO vorzunehmende Folgeaussetzung nur die Aussetzung des Grundlagenbescheides beantragt werden kann. Denn der Gewerbesteuermessbescheid ist trotz der Regelung in § 35b des Gewerbesteuergesetzes neben einem angefochtenen einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsbescheid selbstständig aussetzungsfähig (BFH-Urteil vom 21. Dezember 1993 VIII B 107/93, BStBl. II 1994, 300).
563. Der Aussetzungsantrag ist, soweit er zulässig ist, teilweise begründet.
57a) Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen. Die Aussetzung soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Alternative 1 FGO). Ernstliche Zweifel in diesem Sinn sind anzunehmen, wenn bei überschlägiger Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes im Aussetzungsverfahren neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Gründen gewichtige, gegen sie sprechende Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen bewirken oder Unklarheiten in der Beurteilung der Tatfragen aufwerfen (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182, seitdem ständige Rechtsprechung; Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 7. Auflage, § 69 Rz. 86 ff, m.w.N.).
58b) Für die Entscheidung über den Aussetzungsantrag brauchen die Tat- und Rechtsfragen nicht abschließend geprüft zu werden, denn das summarische Verfahren ist abgekürzt und vereinfacht. Wegen der Eilbedürftigkeit des Aussetzungsverfahrens findet eine Beschränkung auf die dem Gericht vorliegenden Unterlagen, insbesondere auf die Akten der Finanzbehörde und auf präsente Beweismittel statt; weiter gehende Sachverhaltsermittlungen des Gerichts sind nicht geboten (BFH-Beschluss vom 21.07.1994 IX B 78/94, BFH/NV 1995, 116).
59c) Auf dieser Grundlage hat der erkennende Senat keine ernstlichen Zweifel daran, dass der Antragsgegner zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 Abs. 1 und 2 AO hinsichtlich der Einkünfte, Gewerbesteuermessbeträge und Umsätze der Antragstellerin für die Streitjahre berechtigt war. Die Antragstellerin hat in den Streitjahren entweder bereits keine den Anforderungen genügenden Schichtzettel geführt oder sie hat jedenfalls solche Aufzeichnungen nicht aufbewahrt. Verstößt der Betreiber eines Taxiunternehmens gegen die genannten Pflichten, indem er Schichtzettel gar nicht erst führt oder aber die ursprünglich geführten Zettel nicht aufbewahrt, so berechtigt dies die Finanzbehörde zu einer Schätzung gemäß § 162 Abs. 1 und 2 AO (vgl. BFH-Urteil vom 16.02.2004 - XI R 25/02, BStBl. II 2004, 599, mit weiteren Nachweisen unter II.1.e).
60aa) Durch die Rechtsprechung ist geklärt, dass Betriebseinnahmen einzeln aufgezeichnet werden müssen und dass dies dem Grundsatz nach auch für Bareinnahmen gilt (vgl. BFH-Urteil vom 26.02.2004 - XI R 25/02, BStBl. II 2004, 599). Der Umstand der sofortigen Bezahlung einer Leistung rechtfertigt nicht, die jeweiligen Geschäftsvorfälle nicht auch einzeln aufzuzeichnen. Zwar sind bestimmte Berufsgruppen (wie z. B. Einzelhändler) aus Gründen der Zumutbarkeit und Praktikabilität von der Pflicht zur Einzelaufzeichnung entbunden, doch gilt dies nicht für die Betreiber von Taxiunternehmen (so ausdrücklich der BFH in seinem Urteil in BStBl. II 2004, 599). Diese sind vielmehr verpflichtet, für die Erstellung sog. Schichtzettel zu sorgen und diese aufzubewahren (BFH-Urteil in BStBl. II 2004, 599). Aus den Schichtzetteln müssen sich die jeweiligen Fahrer, die Daten einer Schicht, Schichtbeginn und -ende, "Total- und Besetztkilometer", die gefahrenen Touren, die Fahrpreise, die Tachostände, die Fahrten ohne Uhr, die Gesamteinnahmen, die Lohnabzüge und sonstigen Abzüge, die verbleibenden Resteinnahme und die an den Unternehmer abgelieferten Beträge ergeben (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 26.02.2004, a.a.O.; BFH-Beschlüsse vom 07.02.2007 - V B 161-162/05, BFH/NV 2007, 1208; vom 28.11.2012 - X B 74/11, BFH/NV 2013, 766; Urteile des FG Düsseldorf vom 28.03.2008 - 11 V 110/08 A und vom 01.04.2008 – 14 V 4646/07 A, beide in juris). Solche Schichtzettel sind Einnahmeursprungsaufzeichnungen; sie enthalten Angaben, aus denen sich die Höhe der Umsätze und der Betriebseinnahmen unmittelbar ergibt. Die Pflicht zur Einzelaufzeichnung und Aufbewahrung der entsprechenden Schichtzettel ergibt sich für Unternehmen im umsatzsteuerrechtlichen Sinne –wie die Antragstellerin—nach dem Urteil des BFH in BStBl. II 2004, 599 aus § 22 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) i. V .m. §§ 63 bis 68 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV).
61Nach den Feststellungen der Steuerfahndungsprüfung steht für den Senat bei summarischer Betrachtung jedoch fest, dass die Antragstellerin Schichtzettel nach den Vorgaben der Rechtsprechung entweder schon gar nicht geführt, jedenfalls aber solche Zettel nicht aufbewahrt wurden. Im vorliegenden Verfahren hat die Antragstellerin ausschließlich Schichtzettel der Fahrer aus dem Jahr 2012 vorgelegt, das nicht streitbefangen ist. Den Feststellungen der Steuerfahndungsprüfung, die Einnahmen und Bruttoumsätze seien nur summenmäßig aus Halbmonatsberichten und Monatsberichten der Fahrer ermittelt worden, ist die Antragstellerin nicht substantiiert entgegengetreten. Sie hat insbesondere auch nicht nachträglich zur Glaubhaftmachung Schichtzettel aus den Streitjahren vorgelegt. Zudem hat sie im Schriftsatz vom 15. Mai 2013 vorgetragen, dass keine Schichtzettel geführt worden seien und die Einnahmen täglich in ein Kassenbuch eingetragen worden seien. Auch hieraus folgt für den Senat, dass Schichtzettel im Betrieb der Antragstellerin in den Streitjahren entweder schon nicht geführt oder aber entsprechende Aufzeichnungen nicht aufbewahrt wurden.
62bb) Soweit sich Antragstellerin im Schriftsatz vom 15. Mai 2013 erstmals auf die in der Rechtsprechung anerkannte Ausnahme beruft, dass Schichtzettel gemäß § 147 Abs. 1 und Abs. 3 AO nicht aufzubewahren sind, wenn deren Inhalt unmittelbar nach Auszählung der Tageskasse in das in Form aneinandergereihter Tageskassenberichte geführte Kassenbuch übertragen wird (BFH-Urteil vom 13. Juli 1971 VIII 1/65, BFHE 103, 34, BStBl II 1971, 729; BFH-Urteil in BStBl II 2004, 599; Beschluss des FG Hamburg vom 31.08.2011 6 V 2/11, juris), stellt dies die Schätzungsbefugnis des Antragsgegners nicht in Frage. Im BFH-Beschluss vom 25.10. 2012 X B 133/11, BFH/NV 2013, 341 wird ausgeführt, dass allein die tägliche Übertragung des Inhalts der Schichtzettel unmittelbar nach Auszählung der Tageskasse in ein solches Kassenbuch die Aufbewahrung der Schichtzettel entbehrlich mache, weil nur dann sowohl dem Aufbewahrungszweck als auch der Sicherstellung der Vollständigkeit der übertragenen Aufzeichnungen in vollem Umfang Rechnung getragen werde. Dieses erstmals im gerichtlichen Aussetzungsverfahren angebrachte Vorbringen ist aus Sicht des Senats eine pauschale Behauptung, die nicht glaubhaft gemacht wurde.
63d) Zudem ergibt sich auch aus anderen Gesichtspunkten, dass die vorgelegten Gewinnermittlungen der Antragstellerin mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit inhaltlich nicht zutreffend sind.
64Die Steuerfahndung hat Anhaltspunkte dafür ermittelt, dass jedenfalls die Laufleistung eines Taxis der Antragstellerin im Streitjahr 2009 manipuliert worden ist. Auch bei summarischer Betrachtung ist nach der Überzeugung des Senats für das Taxi mit dem Kennzeichen ... (Ident-Nr. ...) davon auszugehen, dass im Streitjahr 2009 dessen Tachostand manipuliert worden ist. Wie der Antragsgegner in Anlage 3 zu seinem Schriftsatz vom 14. März 2013 dargelegt hat, ergibt sich aus den bei den Werkstattbesuchen ausgelesenen Kilometerständen, dass das Fahrzeug am 1. Juli 2009 eine Laufleistung von 61.626 km hatte. In den vorgelegten Hauptuntersuchungsberichten des TÜV ist jedoch für einen späteren Zeitpunkt, den 22. September 2009, ein niedrigerer Kilometerstand (45.583 km) angegeben. Für diese negative Laufleistung hat die Antragstellerin keine plausible Erklärung angebracht. Sie hat nur darauf verwiesen, die Daten der Werkstatt seien fehlerhaft und die ausgelesenen Kilometerstände durch den TÜV zutreffend. Hierin sieht der Senat ebenfalls nur eine pauschale Schutzbehauptung.
654. Allerdings hat der Senat bei summarischer Prüfung ernstliche rechtliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheide, Gewerbesteuermessbescheide und Umsatzsteuerbescheide der Streitjahre. Diese beziehen sich auf die Höhe der vom Antragsgegner hinzugeschätzten Gewinne und Umsätze.
66a) Bei einer Schätzung sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind (§ 162 Abs. 1 Satz 2 AO). Die Schätzung ist ein Verfahren, Besteuerungsgrundlagen (§ 157 Abs. 2 AO) mit Hilfe von Wahrscheinlichkeitsüberlegungen zu ermitteln, wenn eine sichere Feststellung trotz des Bemühens um Aufklärung nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Ziel der Schätzung ist der Ansatz derjenigen Besteuerungsgrundlagen, die die größtmögliche Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben und damit der Wirklichkeit am nächsten kommen dürften. Schätzergebnisse müssen daher insgesamt schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein. Sie dürfen nicht den Denkgesetzen und allgemeinen Erfahrungssätzen widersprechen. Das Schätzungsergebnis muss somit insgesamt plausibel sein. Andererseits darf die Verletzung der Mitwirkungspflicht nicht dazu führen, dass nachlässige Steuerpflichtige gegenüber denjenigen einen Vorteil erzielen, die ihre Mitwirkungspflichten ordnungsgemäß erfüllen. Im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung muss es ein Steuerpflichtiger, der Veranlassung zur Schätzung gibt, daher hinnehmen, dass die mit jeder Schätzung verbundenen Unsicherheiten zu seinem Nachteil ausschlagen. Es liegt im Wesen der Schätzung, dass die durch sie ermittelten Größen von den tatsächlichen Verhältnissen mehr oder minder abweichen (ständige Rechtsprechung, vgl. zum Ganzen z.B. BFH-Urteile vom 12.06.1986 V R 75/78, BStBl II 1986, 721; vom 18.12.1984 VIII R 195/82, BStBl II 1986, 226; vom 19.02.1987 - IV R 143/84, BStBl II BStBl 1984 II S. 1987, BStBl 1984 II S. 412).
67b) Der Antragsgegner hat die Besteuerungsgrundlagen der Streitjahre anhand der von ihm für vergleichbar gehaltenen Umstände des nicht streitbefangenen Jahres 2011 und unter Berücksichtigung externer Vergleichsdaten geschätzt. Die Antragstellerin weist aber zu Recht darauf hin, dass die Methodik des Antragsgegners, aus den Verhältnissen des Jahres 2011 anhand einer Stichprobe für einen abgekürzten Zeitraum auf die Laufleistung für alle Taxen des Antragsgegners für die Streitjahre zu schließen und bei der Schätzung auf eine interne Datensammlung der Finanzverwaltung zurückzugreifen, bei summarischer Prüfung rechtlichen Bedenken begegnet. Ernstliche rechtliche Zweifel an der Schätzung des Antragsgegners werden für den Senat aufgeworfen, weil in dem gerichtsbekannten Gutachten über die Funktionsfähigkeit des Taxigewerbes in der Stadt E der Firma B und A aus dem Dezember 2009 andere Kennzahlen als nach der internen Datensammlung der Finanzverwaltung ermittelt worden sind.
68Nach den Erkenntnissen des Taxigutachtens der Firma B & A für die Stadt E aus dem Dezember 2009, die für die Zeiträume 2005 bis 2007 ermittelt worden sind, ist bei Betrieben, mit zwei oder drei Taxen im Einsatz von einer Jahresfahrleistung jedes Fahrzeugs in Höhe von 56.833 km (Textziffer 3.7 auf Seite 68 des Gutachtens) und einem Nettoumsatz bei dieser Betriebsgröße je Kilometer von 0,88 € = 0,94 € brutto auszugehen (Tz. 4.1 auf S. 75). Zudem liegen für Betriebe von der Größe der Antragstellerin nach dem Gutachten die Überschüsse (Gewinne) je Taxi im Jahr 2007 bei 10.381 € pro Fahrzeug (Tz. 4.3 auf Seite 83). Die Klägerin hat ausweislich des in der Vertragsakte abgelegten Kaufvertrags die Konzessionen und Fahrzeuge des Betriebs erst im Laufe des Januar 2009 erworben. Im Streitjahr 2009 (ausgehend von einer Tätigkeit in den Monaten Februar bis Ende Dezember) ergäbe dies einen festzustellenden Gewinn in Höhe von 3 * 10.381 € = 31.143 * 11/12 = 28.548 €. Für das Streitjahr 2010, in dem die Antragstellerin ihren Betrieb das ganze Jahr über betrieben hat, betragen die festzustellenden Einkünfte auf Basis des Gutachtens 31.143 €. Die bislang festgestellten Beträge in den nunmehr streitbefangenen Gewinnfeststellungsbescheiden 2009 und 2010, jeweils vom 7. März 2013, liegen hingegen bei 49.886 € (2009) und 40.362 € (2010). Daran anknüpfend wurden auch die Gewerbesteuermessbescheide geändert.
69In der Rechtsprechung ist das für L erstellte Gutachten der Firma B & A als taugliche Schätzungsgrundlage anerkannt worden (Urteil des FG Hamburg vom 7. September 2010 3 K 13/09, EFG 2010, 2057). Dem schließt sich der Senat bei der hier gebotenen summarischen Prüfung für die Stadt E an. Somit ist offen, ob sich der Senat in einem Hauptsacheverfahren aufgrund des für 2011 ermittelten „tatsächlichen Gesamtbilds“ durch die Steuerfahndung den Annahmen des Antragsgegners für die Streitjahre (insbesondere den Jahresfahrleistungen für alle Taxen) im jetzigen Umfang anschließen könnte.
70c) Die Besteuerungsgrundlagen der Streitjahre werden daher durch den Senat für Zwecke der Aussetzung der Vollziehung gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 FGO selbst geschätzt.
71aa) Der Senat greift bei seiner Schätzung weder auf die pro Fahrzeug angesetzte Laufleistung des Antragsgegners (90.000 km je Taxi) noch auf die von der Antragstellerin selbst berechnete Laufleistung der Taxen in den Streitjahren in Höhe von 48.133 km je Taxi zurück. Letztere ist von der Antragstellerin nicht anhand der vorgelegten TÜV-Unterlagen glaubhaft gemacht werden. Denn es spricht nach Auffassung des erkennenden Senats --wie oben dargelegt-- bei summarischer Betrachtung mehr dagegen als dafür, dass die in den TÜV-Unterlagen genannten Laufleistungen zutreffend sind. Vielmehr orientiert sich der Senat für die im vorliegenden summarischen Verfahren gebotene Schätzung an den Erkenntnissen des Taxigutachtens der Firma B & A für die Stadt E aus dem Dezember 2009. Ausgehend von den Werten für 2007 ist bei Betrieben mit zwei oder drei Taxen im Einsatz --wie schon dargelegt-- von einer Jahresfahrleistung jedes Fahrzeugs in Höhe von 56.833 km (Textziffer 3.7 auf Seite 68 des Gutachtens) und einem Nettoumsatz bei dieser Betriebsgröße je Kilometer von 0,88 € auszugehen (Tz. 4.1 auf S. 75). Die Antragstellerin hat selbst in einer Vergleichsberechnung nach den Verhältnissen des Jahres 2012 Kilometerleistungen von mehr als 60.000 km je Taxi ermittelt und auch in den Streitjahren für möglich gehalten. Demnach schätzt der Senat die jährliche Laufleistung der Taxen der Antragstellerin für Zwecke der Aussetzung der Vollziehung in Höhe von 60.000 km je Taxi.
72bb) Zudem orientiert sich der Senat weiter an dem Gutachten B & A für die Höhe des Nettoumsatzes je Kilometer (0,88 €), der sowohl Leerfahrten einbezieht als auch einen Mittelwert für Taxen darstellt, die sowohl im Stadtverkehr als auch am Flughafen eingesetzt werden. Den Ausführungen der Antragstellerin lässt sich nicht entnehmen, dass die Taxen in den Streitjahren überwiegend am Flughafen oder überwiegend in der Stadt (ohne Flughafenfahrten) eingesetzt worden sein sollen und deshalb die niedrigeren oder höheren Kennzahlen des Taxigutachtens heranzuziehen wären.
73cc) Für Zwecke der Umsatzsteuer ist bei Netto-Umsätzen zum Steuersatz von 7% und einem Nettoumsatz je Kilometer in Höhe von 0,88 € von einer festzusetzenden Umsatzsteuer in der folgenden Höhe auszugehen:
742009 | 2010 | |
Jahresfahrleistung bei drei Taxen | 60.000 km * 3 Taxen * 11 Monate = 165.000 km | 60.000 km * 3 Taxen = 180.000 km |
Nettoumsatz (7%) | 165.000 km * 0,88 € =145.200 € | 180.000 km * 0,88 € = 158.400 € |
Umsatzsteuer auf Umsätze zu 7% laut FG | 10.150,00 € | 11.088,00 € |
Umsatzsteuer zu 19% laut USt-Erklärung | 832,01 € | 1.379,21 € |
Vorsteuer | ./. 17.651,25 € (laut Bescheid vom 18.3. 2013) | ./. 13.713,06 € (laut Bescheid vom 1.10. 2012) |
Umsatzsteuer | ./. 6.669,24 € | ./. 1.245,85 € |
Soweit ersichtlich, ist eine Anpassung der in den nunmehr angefochtenen Umsatzsteuerbescheiden angesetzten Vorsteuerbeträge nicht vorzunehmen. Jedenfalls lässt sich den Ausführungen des Steuerfahndungsberichts und des Antragsgegners nicht entnehmen, dass der Antragsgegner im Rahmen seiner Schätzung auch Vorsteuerbeträge zu Gunsten der Antragstellerin hinzu geschätzt hat, die nunmehr gegenläufig zu korrigieren wären. Eine Hinzuschätzung von Vorsteuerbeträgen für einen höheren geschätzten Spritverbrauch durch den Senat kann nicht erfolgen, da die Voraussetzungen des Leistungsbezugs und das Vorhandensein weiterer Eingangsrechnungen nicht glaubhaft gemacht wurden.
76dd) Für die Schätzung des Gewinns der Antragstellerin geht der Senat wie der Antragsgegner von einem Dieselverbrauch von 8.5 Litern je 100 km und den vom Antragsgegner herangezogenen Preisen aus. Das Vorbringen der Antragstellerin, der Verbrauch sei „höher“, ist auch im summarischen Verfahren zu pauschal.
77Bislang hat die Antragstellerin auf Grundlage ihrer EÜR für 2009 Betriebsausgaben bei einer Laufleistung von 133.405,58 € / 0,88 € je km = 151.597 km in Höhe von 33.256,11 € (inklusive Spritverbrauch) angesetzt. Für die nunmehr geschätzten Mehrkilometer in Höhe von 165.000 km ./. 151.597 km = 13.403 km sind somit weitere Betriebsausgaben für Dieselkraftstoff in Höhe von 13.403/100 * 8,5* 1,10 € = 1.253,18 € zu berücksichtigen.
78Für 2010 hat die Antragstellerin ihre Betriebseinnahmen auf Grundlage einer Laufleistung von 155.003,57 € / 0,88 € je km = 176.140 km ermittelt. Für Zwecke der Schätzung sind Mehrkilometer in Höhe von 180.000 km ./. 176.140 km = 3.860 km zu berücksichtigen, für die sich ein Spritverbrauch in Höhe von (3.680 / 100 * 8,5 * 1,20) = 394 € ergibt.
79Zudem geht der Senat aufgrund der Mitteilung des Arbeitsgerichts E an die Steuerfahndung gemäß § 116 AO davon aus, dass 45% der Bruttoumsätze als Gehalt an die Fahrer geflossen sind. Dies führt zu folgender Schätzung der Einkünfte der Antragstellerin:
802009 | 2010 | |
Jahresfahrleistung bei drei Taxen | 60.000 km * 3 Taxen * 11 Monate = 165.000 km | 60.000 km * 3 Taxen = 180.000 km |
Nettoumsatz (7%) laut FG | 165.000 km * 0,88 € =145.200,00 € | 180.000 km * 0,88 € = 158.400 € |
Vereinnahmte Umsatzsteuer auf Fahrten laut FG | 10.150,00 € | 11.088,00 € |
Zwischensumme 1 | 156.182,01 € | 170.867,21 € |
Umsatzsteuer auf unentgeltliche Wertabgaben laut USt-Erklärung | 832,01 € | 1.379,21 € |
Umsatzsteuerfreie Betriebseinnahmen laut EÜR | 3.774,65 € | 11.621,90 € |
Erstattete Umsatzsteuer | 6.716,77 € | 4.450,87 € |
Veräußerung und Entnahme von Anlagevermögen laut EÜR | 2.500,00 € | 5.462,18 € |
Zwischensumme 2 Betriebseinnahmen laut FG | 170.005,44 € | 192.402,16 € |
Personalkosten laut FG (45% der Zwischensumme 1) | ./. 70.281,90 € | ./. 76.890,24 € |
AfA | ./. 28.415,20 € | ./. 28.591,00 € |
Bisherige Kraftfahrzeugkosten | ./. 33.256,11 € | ./. 40.909,00 € |
Weiterer Spritverbrauch laut FG | ./. 1.253,18 € | ./. 394,00 € |
Schuldzinsen laut EÜR | ./. 455,00 € | In sonstigen BA enthalten |
Sonstige Betriebsausgaben laut EÜR | ./. 32.035,77 € | Laut EÜR mit Bewirtung aber mit gezahlter Vorsteuer laut Bescheid v. 1.10.12 ./. 34.440,69 € |
Auflösung Sammelposten | ./. 117,39 € | |
Zwischensumme Betriebsausgaben laut FG | 165.697,16 € | 181.342,32 € |
Gewinn laut FG | 4.308,28 € | 11.059,84 € |
ee) Für die Gewerbesteuermessbeträge 2009 und 2010 führt dies zur Vollaussetzung, da der Freibetrag gemäß § 11 Abs. 1 GewStG die Gewerbesteuermessbeträge auf Grundlage der Schätzung des Senats übersteigt.
825. Das Gericht sieht im Streitfall auch davon ab, die Aussetzung nur gegen Sicherheitsleistung zu gewähren.
83Daraus, dass es im Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung Sache der Beteiligten ist, die entscheidungserheblichen Tatsachen darzulegen und glaubhaft zu machen, soweit ihre Mitwirkungspflicht reicht, folgt, dass für die Anordnung einer Sicherheitsleistung der Antragsgegner die für eine Gefährdung des Steueranspruchs sprechenden Gesichtspunkte vortragen muss (vgl. BFH-Beschluss vom 29.06.1977 VIII S 15/76, BFHE 122, 516, BStBl II 1977, 726) und die Antragstellerin ggf. Umstände, die ein (dargelegtes) Sicherungsbedürfnis der Behörde entfallen oder unangemessen erscheinen lassen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 31.01.1997 X S 11/96, BFH/NV 1997, 512, und vom 23.08.2000 VII B 145, 146/00, BFH/NV 2001, 75; vom 20.03.2002 IX S 27/00, BFH/NV 2002, 809). Hieran fehlt es.
84Von einer Anordnung der Sicherheitsleistung war abzusehen, weil der Antragsgegner eine solche Gefährdung des Steueranspruchs nicht schlüssig dargelegt hat. Da sich auch aus dem sonstigen Vorbringen der Beteiligten keine Anhaltspunkte für eine derzeitige schlechte wirtschaftliche Situation der Antragstellerin ergeben, war die Aussetzung der Vollziehung nicht von der Anordnung einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen.
856. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 136 FGO. Der Senat hat aufgrund der Abhilfe durch den Beklagten die Kosten nach Verfahrensabschnitten aufgeteilt. In dieser Aufteilung der Kosten nach Verfahrensabschnitten liegt kein Verstoß gegen das Gebot, eine einheitliche Kostenentscheidung zu treffen (vgl. Ratschow in Gräber, FGO, 7. Auflage, § 135 Tz. 5). Die Beschwerde war nicht zuzulassen.
(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.
(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb
- 1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder - 2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.
(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.
(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.
(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.
(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.
(1) Steuerbescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen, soweit nichts anderes bestimmt ist. Sie müssen die festgesetzte Steuer nach Art und Betrag bezeichnen und angeben, wer die Steuer schuldet. Ihnen ist außerdem eine Belehrung darüber beizufügen, welcher Rechtsbehelf zulässig ist und binnen welcher Frist und bei welcher Behörde er einzulegen ist.
(2) Die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen bildet einen mit Rechtsbehelfen nicht selbständig anfechtbaren Teil des Steuerbescheids, soweit die Besteuerungsgrundlagen nicht gesondert festgestellt werden.
Tenor
1. Die Bescheide über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung für 2009 und für 2010 - beide vom 7. März 2013 - werden bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung oder einer anderweitigen Erledigung des Einspruchsverfahrens von der Vollziehung ausgesetzt, soweit die festgestellten Einkünfte aus Gewerbebetrieb folgende Beträge übersteigen:
2009 | 2010 | |
Gewinn | 4.308,28 € | 11.059,84 € |
2. Die Gewerbesteuermessbescheide 2009 und 2010 werden in voller Höhe ebenfalls bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung oder einer anderweitigen Erledigung des Einspruchsverfahrens von der Vollziehung ausgesetzt.
3. Die Umsatzsteuerbescheide für 2009 vom 18. März 2013 und für 2010 vom 1. Oktober 2012 werden jeweils ab Fälligkeit bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung oder einer anderweitigen Erledigung des Einspruchsverfahrens von der Vollziehung ausgesetzt, soweit die festgesetzte Umsatzsteuer folgende Beträge übersteigt:
2009 | 2010 | |
Umsatzsteuer | ./. 6.669,24 € | ./. 1.245,85 € |
4. Der weitergehende Antrag wird abgelehnt.
5. Die Kosten des Verfahrens tragen bis zum Ergehen der Teilabhilfebescheide am 7. und 18. März 2013 die Antragstellerin zu 60 % und der Antragsgegner zu 40 %, für die Zeit danach die Antragstellerin zu 70 % und der Antragsgegner zu 30 %.
1
Gründe:
2I.
3Die Beteiligten streiten - nach Abtrennung des Verfahrens wegen Umsatzsteuer 2011 -noch über die Rechtmäßigkeit von Hinzuschätzungen in den Streitjahren 2009 und 2010 und wegen Lohnsteuerhaftung 2009 bis 2011 nach einer Steuerfahndungsprüfung im Betrieb der Antragstellerin.
4Die Antragstellerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts und betrieb in den Streitjahren in E ein Taxiunternehmen. Die Gesellschafter sind jeweils zur Hälfte beteiligt. Die Antragstellerin verfügte über drei Konzessionen, die sie samt Fahrzeugen mit Vertrag vom 19. Januar 2009 erworben hat.
5Für das Streitjahr 2009 reichte die Antragstellerin ihre Einnahmen-Überschussrechnung und die Feststellungserklärung zur gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung im Januar 2011 beim Antragsgegner ein. Sie erklärte für das Streitjahr 2009 einen Gewinn in Höhe von 841,88 €. Die umsatzsteuerpflichtigen Betriebseinnahmen zum Steuersatz von 7% laut Erklärung betrugen 133.405,58 € netto.
6Für das Streitjahr 2010 reichte die Antragstellerin ihre Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung des Gewinns am 15. Februar 2012 beim Antragsgegner ein und erklärte einen Verlust in Höhe von ./. 226,35 €. Die umsatzsteuerpflichtigen Betriebseinnahmen zum Steuersatz von 7% laut Erklärung betrugen 155.003,57 € netto.
7Mit den eingereichten Erklärungen zur einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung der Streitjahre 2009 und 2010 reichte die Antragstellerin auch entsprechende Gewerbesteuererklärungen beim Antragsgegner ein.
8Für beide Streitjahre ergingen zunächst keine Feststellungsbescheide.
9Am 17. November 2011 begann das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung E mit einer Steuerfahndungsprüfung bei der Antragstellerin. Im Bericht über die steuerlichen Feststellungen im Rahmen der Fahndungsprüfung vom 31. August 2012 traf die Fahndungsprüferin folgende Feststellungen:
10Die Antragstellerin habe ihre täglichen Einnahmen nicht ordnungsgemäß aufgezeichnet. Sie habe keine täglichen Aufzeichnungen in Form von ordnungsgemäßen und vollständigen Schichtzetteln vorlegen können. Die Einnahmen seien in Halbmonatsberichten und Monatsberichten aufgezeichnet worden, in denen die Fahrer lediglich summenmäßige Angaben gemacht hätten, an welchen Tagen sie gefahren, wie hoch die jeweils gefahrenen Kilometer gewesen seien und welche Beträge Sie an den einzelnen Tagen eingenommen hätten. Betriebsausgaben seien in den Berichten der Fahrer für Tank- und Waschrechnungen aufgelistet worden. Die Einnahmen seien dann von der Antragstellerin in einer Monatstabelle für jeden Fahrer wochenweise aufgelistet worden. Die von den Fahrern gefertigten Aufzeichnungen seien nicht vorgelegt worden.
11Die Taxen seien mit angestellten Fahrern besetzt gewesen. Anhand der vorgelegten Monatsaufzeichnungen sei ermittelt worden, dass z.B. im Monat März 2009 und im Monat September 2009 sowie im Jahresdurchschnitt die Taxen der Antragstellerin nicht einmal im Einschichtbetrieb eingesetzt worden sein sollten. Dies habe selbst an umsatzstarken Tagen wie im Karneval 2009 gegolten, für die nur durchschnittlich 1,16 Schichten pro Tag angesetzt worden seien. Die Aufzeichnungen der Antragstellerin seien daher nicht glaubhaft.
12Zudem hätten Daten, die beim Taxi-Ruf E für den Zeitraum vom 1. Juli 2011 bis zum 30. Oktober 2011 erhoben worden seien, ergeben, dass nahezu sämtliche Fahrzeuge in einem Zweischichtbetrieb und fast sogar in einem Dreischichtbetrieb unterwegs gewesen seien. Dies ergebe sich aus den Uhrzeiten der vermittelten Fahrten für den Zeitraum Juli 2011. Es seien im Juli 2011 insgesamt nur 70 Schichten gebucht worden, tatsächlich sei anhand der vorliegenden Daten davon auszugehen, dass mindestens 145 Schichten gefahren worden sein. Es seien somit insgesamt nur die Hälfte der gefahrenen Schichten verbucht worden.
13Aus diesen Erkenntnissen des Jahres 2011 seien Rückschlüsse für den Prüfungszeitraum 2009 und 2010 zu ziehen, da dieselben Verhältnisse wie für den Vergleichszeitraum 2011 maßgeblich seien.
14Die rechnerischen Laufleistungen der einzelnen Taxen anhand der Bilanzumsätze und der gültigen Tarife nach den Angaben der Antragstellerin seien im Streitjahr 2009 mit ungefähr 45.000 km je Fahrzeug anzusetzen. Dieser Wert liege deutlich unter den branchenüblichen Werten, die das Finanzamt E ermittelt habe. Bei Einzelunternehmern mit festangestellten Fahrern betrage die durchschnittliche Laufleistung je Fahrzeug zwischen 100.000 und 120.000 km im Jahr.
15Die Steuerfahndung habe am 11. Mai 2011 im Rahmen einer Durchsuchung den Kilometerstand eines Fahrzeugs (...) ausgelesen. Greife man auf den bei der Durchsuchung abgelesenen Tachostand und die Werkstattbesuchsdaten zu einem Zeitpunkt vor dem 11. Mai 2011 und zu einem Zeitpunkt nach dem 11. Mai 2011 zurück, bestimme hiermit die Laufleistung des Jahres 2011 und übertrage diesen Wert auf das Streitjahr 2009, so lasse sich für 2009 von einer Jahresfahrleistung eines Taxis von ca. 108.000 km im Jahr ausgehen. Die Daten für ein weiteres Fahrzeug hätten zu einer Jahresfahrleistung von ca. 91.000 km geführt.
16Die Besteuerungsgrundlagen seien anhand der Verhältnisse des Jahres 2011 für den Prüfungszeitraum 2009 und 2010 zu schätzen. Im Rahmen der Nachkalkulation setzte die Prüferin eine gleiche Fahrleistung aller Taxen der Antragstellerin In Höhe von jeweils 90.000 km im Jahr an. Den Erlös je gefahrenem Kilometer setzte sie im Streitjahr 2009 und 2010 mit 1,07 €/km und für das Streitjahr 2011 mit 1,15 €/km an. Hierbei handele es sich um die Brutto-Durchschnittserlöse auf Basis der gültigen Tarife der Stadt E abzüglich eines Sicherheitsabschlags von ca. 10%. Dieser Sicherheitsabschlag gelte die Unsicherheitsfaktoren des Betrugs durch die Fahrer und nicht gezahlter Fahrpreise durch Kunden ab. Zudem berücksichtigte die Prüferin anhand der Laufleistungen der Fahrzeuge weitere Aufwendungen für Benzinkosten, wobei sie einen Verbrauch der einzelnen Taxen je 100 km von 8,5 Litern Diesel und Kosten pro Liter Diesel im Streitjahr 2009 von 1,10 € und im Streitjahr 2010 von 1,20 € zugrundelegte.
17Zudem ging die Prüferin davon aus, dass die in der Buchführung berücksichtigten Lohnkosten nicht den tatsächlich ausgezahlten Löhnen entsprächen. Hierzu stützte sie sich auf eine Mitteilung gemäß § 116 AO des Arbeitsgerichts E beim Finanzamt für Steuerstrafsachen, nach der ein angestellter Taxifahrer der Antragstellerin in einem Kammertermin am.... April 2010 erklärt habe, statt eines fest vereinbarten Bruttogehalts 46 % der Bruttofahrpreise erhalten zu haben. Im Arbeitsvertrag sei jedoch nur der Festbetrag genannt gewesen. Für Zwecke der Nachkalkulation legte die Prüferin zugrunde, die Fahrer hätten 45 % des Bruttoumsatzes für sich behalten dürfen und den Rest nach Abzug der ausgelegten Kosten an die Antragstellerin weitergeben müssen.
18Die Schätzung führte zu folgenden Mehrumsätzen und folgenden Mehr-Betriebseinnahmen:
19Mehrumsätze netto (€) | Mehr-Betriebseinnahmen (€) | Einkünfte laut Prüfung (€) | |
2009 | 134.096 | 143.482 | 71.544 |
2010 | 109.536 | 117.203 | 49.542 |
Für Zwecke der Lohnsteuerhaftung setzte die Prüferin für die ermittelten zusätzlich gezahlten Löhne den Eingangssteuersatz an und behandelte 25% der hinzugeschätzten Lohnsumme als nicht steuerpflichtige Aushilfslöhne.
21Für das Streitjahr 2009 ergab dies im Rahmen der Lohnsteuerhaftung Mehrlöhne (75%) in Höhe von 97.503 € (Mehr-Lohnsteuer 13.596 € zuzüglich 750,75 € SolZ), für 2010 in Höhe von 97.503 € (Mehr-Lohnsteuer 13.414 € zuzüglich 750,05 € SolZ) und für 2011 in Höhe von 104.793 € (Mehr-Lohnsteuer 14.671 € zuzüglich SolZ 806,90 €).
22Da eine Zuordnung der erhöhten Löhne zu den einzelnen Arbeitnehmern nicht möglich sei, sei der Arbeitgeber, die Antragstellerin, in Anspruch zu nehmen.
23Für die Einzelheiten der Feststellungen der Steuerfahndung wird auf den Bericht vom 31. August 2012 und die Texte von 6-17 sowie die zugehörigen Anlagen 1-3 Bezug genommen (abgelegt in einem Hefter in der Feststellungsakte). Zudem wird auf die in der Lohnsteuerakte abgelegte Mitteilung gemäß § 116 AO des Arbeitsgerichts E (eingegangen beim Finanzamt für Steuerstrafsachen am 28. April 2010) Bezug genommen.
24Der Antragsgegner erließ am 12. September 2012 einen Haftungsbescheid gegenüber der Antragstellerin, in dem er für den Haftungszeitraum 2009 bis 2011 ausgehend von den Feststellungen der Steuerfahndung nichtabgeführte Lohnsteuer und den Solidaritätszuschlag hierzu nachforderte.
25Am 1. Oktober 2012 erließ der Antragsgegner geänderte Feststellungsbescheide für die Streitjahre 2009 und 2010, in denen er die Ergebnisse der Fahndungsprüfung auswertete. Für das Streitjahr 2010 stützte er sich für die Änderungsbefugnis auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO. Für das Streitjahr 2010 änderte er den Feststellungsbescheid gemäß § 164 Abs. 2 AO. Es wurden auch entsprechend geänderte Gewerbesteuermessbescheide für beide Streitjahre erlassen.
26Zudem ergingen unter dem 1. Oktober 2012 geänderte Umsatzsteuerbescheide für 2009 und 2010.
27Die Antragstellerin erhob Einspruch gegen die genannten Bescheide und den Lohnsteuerhaftungsbescheid. Gleichzeitig beantragte sie die Aussetzung der Vollziehung aller Steuerbeschläge ohne Sicherheitsleistung.
28Den Einspruch begründete die Antragstellerin damit, ihr seien die Ermittlungsgrundlagen aus dem Bericht über die Steuerfahndungsprüfung vom 31. August 2012 nicht mitgeteilt worden. Dies gelte für die beim Taxi Ruf E abgefragten Einsatzzeiten der Taxen der Antragstellerin. Zudem besage die Anmeldung und die Abmeldung einer Taxikonzession beim Taxi Ruf nicht, dass die Konzession durchgehend genutzt worden sei. Der Fahrer könne das Fahrzeug morgens anmelden und nutzen, danach pausieren und abends seine Tätigkeit wieder aufnehmen.
29Zudem leide die Kalkulation darunter, dass Ermittlungsergebnisse des Jahres 2011 ohne weiteres auf die Verhältnisse der Streitjahre 2009 und 2010 übertragen würden. Auch seien die Schätzungsgrundlagen, die anhand von der Antragstellerin nicht vorliegenden Vergleichsdaten für die Stadt E angesetzt worden seien, der Antragstellerin nicht nachvollziehbar. Eine Prüfung der Rechtmäßigkeit der geschätzten Besteuerungsgrundlagen sei schon deshalb nicht möglich. Die Unterstellung, jedes Taxiunternehmen mit angestellten Fahrern habe eine Fahrleistung bei jedem Taxi von 100.000 km im Jahr, sei eine reine Unterstellung. Es sei zu berücksichtigen, dass die Schätzung der Laufleistungen für die Nachkalkulation ohne Auswertung der vorliegenden Werkstattrechnungen und Berichte des TÜV von der Fahndung vorgenommen worden sei. Zudem sei das Ausmaß von Leerfahrten im normalen Betrieb nicht hinreichend berücksichtigt worden. Bis zu 50 % aller gefahrenen Kilometer seien Leerfahrten. Bei einer Flughafenfahrt sei immer eine Leerfahrt enthalten.
30Der angesetzte Kraftstoffverbrauch sei nicht durch statistische Daten unterlegt worden. Innerhalb geschlossener Ortschaften betrage der Verbrauch mehr als 8,5 Liter je 100 km.
31Während des Einspruchsverfahrens legte die Antragstellerin die Ermittlung von Laufleistungen der Taxen anhand von TÜV-Hauptuntersuchungsberichten dar. Sie kam zu dem Ergebnis, dass sich durchschnittliche Jahreslaufleistungen für jedes Taxi in Höhe von 48.133 km ermitteln ließen. Eine eigene Verprobung der Laufleistungen für den Zeitraum von September bis November 2012, den die Antragstellerin selbst durchgeführt habe, habe lediglich eine jährliche Laufleistung im Durchschnitt von 67.588 km ergeben. Beide Werte unterschritten deutlich die vom Antragsgegner je Taxi angesetzten Laufleistungen in Höhe von jeweils 90.000 km pro Taxi. Die Durchschnittserlöse pro gefahrenem Kilometer lägen anhand der Daten für den Zeitraum von September bis November 2012 bei 0,96 €.
32Für das Streitjahr 2009 habe der Antragsgegner übersehen, dass die Antragstellerin nur für elf Monate tätig gewesen sei.
33Die Berechnung des Antragsgegners weise den weiteren Fehler auf, dass die nicht in der Buchführung geschätzten Mehraufwendungen für Kraftstoff nur für ein Taxi angesetzt worden seien, statt für drei Taxen des Antragsgegners.
34Mit Schreiben vom 23. November 2012 lehnte der Antragsgegner die Aussetzung der Vollziehung hinsichtlich der Umsatzsteuerbescheide 2009 und 2010, der Gewerbesteuermessbescheide 2009 und 2010 sowie der geänderten Gewinnfeststellungsbescheide 2009 und 2010 ab. In einem Schreiben vom 30. November 2012 teilte der Antragsgegner mit, er halte den Einspruch gegen den Haftungsbescheid zur Lohnsteuer für nicht ausreichend begründet und könne über den gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung „derzeit noch nicht entscheiden“, weil nicht zu erkennen sei, inwieweit der angefochtene Bescheid beanstandet werde und ob aufgrund der Beanstandungen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestünden. Der Antragsgegner bat darum, den Einspruch zu begründen und hierdurch den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zu konkretisieren.
35Im vorliegenden Verfahren beantragte die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2012 (eingegangen beim Finanzgericht am selben Tag) die Aussetzung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung wegen der geänderten Gewerbesteuermessbescheide 2009 und 2010, der Umsatzsteuerbescheide 2009 und 2010, der Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung für 2009 und 2010 sowie wegen des Haftungsbescheids zur Lohnsteuer.
36Zur Begründung ihres Aussetzungsantrags wiederholte die Antragstellerin ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren. Zur Glaubhaftmachung ihres Vortrags legte sie die Anlagen 18 bis 22 zum Schriftsatz vom 11. Januar 2013 vor. Diese beinhalten Berichte des TÜV für die Taxen der Antragstellerin im Zeitraum 2009 bis 2012 und eine Verprobung der Gesamtlaufleistung anhand einer Stichprobe für den Zeitraum September bis November 2012.
37Es treffe es nicht zu, wenn der Antragsgegner behaupte, die Schichtzettel seien von der Antragsgegnerin nicht aufbewahrt worden. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (Hinweis auf den Beschluss vom 25. Oktober 2012 X B 133/11) sei dies nicht erforderlich, wenn eine tägliche Aufzeichnung der Einnahmen in ein Kassenbuch erfolgt sei. Dies sei in den Streitjahren der Fall gewesen. Die Ausführungen des Antragstellers zu Manipulationen von Tachoständen seien zurückzuweisen. Die eingetragenen Kilometerstände in den Berichten des TÜV seien durch die Mitarbeiter des TÜV ausgewiesen worden.
38Die vom Antragsgegner für den Vergleichszeitraum 2012 gerügten Unstimmigkeiten lägen nicht vor. Der zuständige Fahrer habe eine Doppelschicht an Freitagen und Samstagen gefahren und diese auf den Schichtzetteln als eine einheitliche Schicht behandelt. Die Schichtzettel seien damit weder falsch noch manipulativ. Denn für den Taxiunternehmer sei nicht die Anzahl der Schichtzettel zur Prüfung und Kontrolle der Taxifahrer entscheidend, sondern die lückenlose Kilometer-Fahrleistung. Nur so könne er prüfen, ob die Taxifahrer selbst alle Fahrten erfasst hätten. Die Taxifahrer füllten die Schichtzettel zudem unterschiedlich aus. Typische Tagesschichten und Nachtschichten existierten bei der Antragstellerin nicht. Habe ein Taxifahrer ein Taxi tagsüber und in der Nacht benutzt, fülle er oft nur einen einzelnen Schichtzettel aus. Hierzu legt die Antragstellerin zur Glaubhaftmachung die Anlagen 24-30 mit ihrem Schriftsatz vom 15. Mai 2013 vor (Blatt. 83 – 98 GA). Hierauf wird für die Einzelheiten Bezug genommen.
39Zudem führt sie aus, die Voraussetzungen für die Festsetzung einer Sicherheitsleistung seien nicht gegeben. Die Schätzungen seien mit Ermittlungsergebnissen begründet worden, ohne die diesen Ergebnissen zu Grunde liegenden Daten nachprüfbar im Bericht offen zu legen. Es seien vergleichsweise Verhältnisse späterer Jahre auf die Streitjahre übertragen worden. Es sei ein Durchschnittstarif bei der Schätzung zu Grunde gelegt worden, dessen Ermittlung nicht erkennbar sei. Es seien gefahrene Kilometer geschätzt worden, obwohl die tatsächlichen Kilometerleistungen ohne erheblichen Aufwand hätten ermittelt werden können. Leerfahrten seien nicht nachprüfbar berücksichtigt worden. Der Kraftstoffverbrauch sei geschätzt worden, obwohl die Ermittlung des tatsächlichen Verbrauchs ohne Aufwand möglich gewesen sei. Zudem sei Anordnung einer Sicherheitsleistung auch mit den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an das Merkmal der unbilligen Härte nicht vereinbar. Die Anforderung einer Sicherheitsleistung dürfe nicht erfolgen, wenn sie mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers eine unbillige Härte für ihn bedeuten würde, weil der Steuerpflichtige im Rahmen zumutbarer Anstrengungen nicht in der Lage sei, die Sicherheit zu leisten. Dies sei im Streitfall gegeben.
40Es ergingen zur Berichtigung des zu niedrig angesetzten Kraftstoffverbrauchs während des anhängigen finanzgerichtlichen Aussetzungsverfahrens geänderte Gewinnfeststellungsbescheide für 2009 und 2010 vom 7. März 2013 und unter dem 18. März 2013 ein geänderter Umsatzsteuerbescheide für 2009 sowie geänderte Gewerbesteuermessbescheide für 2009 und 2010. Diese wurden gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens.
41Die festgestellten Einkünfte und die festgesetzte Umsatzsteuer der Streitjahre betragen nach diesen Bescheiden:
42Gewinn in € | Netto-Umsätze zu 7 % in € | |
2009 | 49.886 | 247.500 € Umsatzsteuer :/. 326,25 € |
2010 | 40.362 | 270.000 € Umsatzsteuer 5.186,94 € |
Über die Einsprüche der Antragstellerin ist bislang nicht entschieden worden.
44Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
45die geänderten Gewinnfeststellungsbescheide für 2009 und 2010, jeweils vom 7. März 2013, die geänderten Gewerbesteuermessbescheide für 2009 und 2010 den Umsatzsteuerbescheid 2009 vom 18. März 2013, den Umsatzsteuerbescheid 2010 vom 1. Oktober 2012 und den Lohnsteuer-Haftungsbescheid vom 12. September 2012 ohne Sicherheitsleistung von der Vollziehung auszusetzen.
46Der Antragsgegner beantragt,
47die Anträge abzuweisen.
48Dem von der Antragstellerin zutreffend gerügten Rechenfehler habe man im Rahmen der Änderungsbescheide während des Aussetzungsverfahrens Rechnung getragen. Es seien der Bruttoumsatz im Umsatzsteuerbescheid 2009, der Überschuss im Gewinnfeststellungsbescheid 2009 und 2010 sowie der Gewerbeertrag in den Gewerbesteuermessbescheiden 2009 und 2010 entsprechend gemindert worden.
49In der Sache halte man an den Feststellungen der Steuerfahndung uneingeschränkt fest. Die behauptete jährliche Fahrleistung der Taxen mit durchschnittlich lediglich 48.133 km sei nicht glaubhaft. Soweit der Antragsteller hierzu in Form der TÜV-Berichte zur Glaubhaftmachung Daten vorlege, seien diese zu verwerfen, da sie mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmten. Nach den Ermittlungen der Steuerfahndung habe die Antragstellerin die Tachometer der Fahrzeuge manipuliert. Die Manipulationen ergäben sich aus starken Schwankungen der Kilometer. So sei für ein Fahrzeug der Antragstellerin am 1. Juli 2009 ein Kilometerstand in Höhe von 61.626 km ausgewiesen worden und am 22. September 2009 (fast drei Monate später) nur noch in Höhe von 45.589 km. Die vorgelegten Tagesbelege für die Monate September bis November 2012 hätten ergeben, dass es sich nicht um Belege aus diesem Zeitraum handeln könne. Diese Belege seien nachträglich für das Einspruchsverfahren erstellt worden. Dies werde dadurch deutlich, dass die Fahrzeuge anhand der vorgelegten Schichtzettel an bestimmten Tagen nicht im Einsatz gewesen sein sollen, anhand der Vermittlungsdaten des Taxi Ruf E jedoch sichtbar werde, dass das Fahrzeug dennoch gefahren sei (Konzessionsnummer ...). Für die Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Antragsgegners vom 14. März 2013 und die zugehörigen Anlagen 1 bis 4 Bezug genommen.
50Der Vortrag der Antragstellerin zur Aufzeichnung der Einnahmen sei nicht zutreffend. Aus dem Bericht der Steuerfahndung gehe hervor, dass in den Streitjahren keine täglichen Aufzeichnungen geführt worden seien. Weder seien ordnungsgemäße und vollständige Schichtzettel noch aneinandergereihte Tageskassenberichte aus einem Kassenbuch vorgelegt worden. Die Gesamteinnahmen für jeden Fahrer seien in Wochenübersichten eingetragen und dem Steuerberater zu Buchung übermittelt worden. Die Fahrer hätten lediglich summenmäßige Angaben in Halbmonatsberichten und Monatsberichten gemacht. Somit seien die Angaben in der Buchführung nicht auf ihre Vollständigkeit, Richtigkeit, zeitgerechte Erfassung hin überprüfbar. Vor der Steuerfahndung hätten die Fahrer ausgesagt, sie seien verpflichtet gewesen, Schichtzettel zu führen. Da solche nicht vorgelegt worden seien, habe die Antragstellerin diese offensichtlich nicht aufbewahrt. Wenn die Antragstellerin nunmehr Schichtzettel für das nicht streitbefangene Jahr 2012 vorlege, ändere dies nichts an den Verhältnissen der Streitjahre.
51Der Senat hat mit Beschluss vom 26. August 2013 das Verfahren wegen Umsatzsteuer 2011 abgetrennt und mit dem Verfahren 3 V 1100/13 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
52II.
531. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist unzulässig, soweit die Aussetzung des Lohnsteuerhaftungsbescheids vom 12. September 2012 begehrt wird.
54Der Antragsgegner hat eine Aussetzung der Vollziehung des Lohnsteuerhaftungsbescheids bislang nicht --wie gemäß § 69 Abs. 4 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erforderlich-- weder ganz oder zum Teil abgelehnt. Das Schreiben des Antragsgegners vom 30. November 2011, aus dem die Antragstellerin eine Ablehnung ihres gestellten Antrags auf Aussetzung der Vollziehung herauslesen will, enthält ausdrücklich die Aussage, dass über die Ablehnung der Vollziehung bislang nicht entschieden werden könne. Denn die Antragstellerin habe ihren Antrag, in welcher Hinsicht die Haftungsgrundlagen angefochten werden sollten, nicht hinreichend konkretisiert. Zudem ist nicht ersichtlich, dass einer der Ausnahmetatbestände des § 69 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 oder 2 FGO im Streitfall zur Anwendung kommen kann. Denn weder ist für den Senat ersichtlich, ob der Antragsgegner über einen begründeten Antrag der Antragstellerin auf Aussetzung der Vollziehung bislang ohne hinreichenden Grund nicht entschieden hat, noch ist dargelegt worden, dass die Vollstreckung droht.
552. Soweit die Aussetzung der Vollziehung der geänderten Gewerbesteuermessbescheide für die Streitjahre 2009 und 2010 neben der Aussetzung der geänderten Gewinnfeststellungsbescheide 2009 und 2010 begehrt wird, steht dem nicht entgegen, dass ein Rechtsschutzinteresse für die Aussetzung der Vollziehung von der Rechtsprechung verneint wird, wenn die Aussetzung eines Folgebescheides begehrt wird, obwohl ein Grundlagenbescheid bereits ergangen ist und deshalb mit Rücksicht auf die gemäß § 69 Abs. 2 Satz 4 FGO vorzunehmende Folgeaussetzung nur die Aussetzung des Grundlagenbescheides beantragt werden kann. Denn der Gewerbesteuermessbescheid ist trotz der Regelung in § 35b des Gewerbesteuergesetzes neben einem angefochtenen einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsbescheid selbstständig aussetzungsfähig (BFH-Urteil vom 21. Dezember 1993 VIII B 107/93, BStBl. II 1994, 300).
563. Der Aussetzungsantrag ist, soweit er zulässig ist, teilweise begründet.
57a) Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen. Die Aussetzung soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Alternative 1 FGO). Ernstliche Zweifel in diesem Sinn sind anzunehmen, wenn bei überschlägiger Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes im Aussetzungsverfahren neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Gründen gewichtige, gegen sie sprechende Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen bewirken oder Unklarheiten in der Beurteilung der Tatfragen aufwerfen (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182, seitdem ständige Rechtsprechung; Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 7. Auflage, § 69 Rz. 86 ff, m.w.N.).
58b) Für die Entscheidung über den Aussetzungsantrag brauchen die Tat- und Rechtsfragen nicht abschließend geprüft zu werden, denn das summarische Verfahren ist abgekürzt und vereinfacht. Wegen der Eilbedürftigkeit des Aussetzungsverfahrens findet eine Beschränkung auf die dem Gericht vorliegenden Unterlagen, insbesondere auf die Akten der Finanzbehörde und auf präsente Beweismittel statt; weiter gehende Sachverhaltsermittlungen des Gerichts sind nicht geboten (BFH-Beschluss vom 21.07.1994 IX B 78/94, BFH/NV 1995, 116).
59c) Auf dieser Grundlage hat der erkennende Senat keine ernstlichen Zweifel daran, dass der Antragsgegner zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 Abs. 1 und 2 AO hinsichtlich der Einkünfte, Gewerbesteuermessbeträge und Umsätze der Antragstellerin für die Streitjahre berechtigt war. Die Antragstellerin hat in den Streitjahren entweder bereits keine den Anforderungen genügenden Schichtzettel geführt oder sie hat jedenfalls solche Aufzeichnungen nicht aufbewahrt. Verstößt der Betreiber eines Taxiunternehmens gegen die genannten Pflichten, indem er Schichtzettel gar nicht erst führt oder aber die ursprünglich geführten Zettel nicht aufbewahrt, so berechtigt dies die Finanzbehörde zu einer Schätzung gemäß § 162 Abs. 1 und 2 AO (vgl. BFH-Urteil vom 16.02.2004 - XI R 25/02, BStBl. II 2004, 599, mit weiteren Nachweisen unter II.1.e).
60aa) Durch die Rechtsprechung ist geklärt, dass Betriebseinnahmen einzeln aufgezeichnet werden müssen und dass dies dem Grundsatz nach auch für Bareinnahmen gilt (vgl. BFH-Urteil vom 26.02.2004 - XI R 25/02, BStBl. II 2004, 599). Der Umstand der sofortigen Bezahlung einer Leistung rechtfertigt nicht, die jeweiligen Geschäftsvorfälle nicht auch einzeln aufzuzeichnen. Zwar sind bestimmte Berufsgruppen (wie z. B. Einzelhändler) aus Gründen der Zumutbarkeit und Praktikabilität von der Pflicht zur Einzelaufzeichnung entbunden, doch gilt dies nicht für die Betreiber von Taxiunternehmen (so ausdrücklich der BFH in seinem Urteil in BStBl. II 2004, 599). Diese sind vielmehr verpflichtet, für die Erstellung sog. Schichtzettel zu sorgen und diese aufzubewahren (BFH-Urteil in BStBl. II 2004, 599). Aus den Schichtzetteln müssen sich die jeweiligen Fahrer, die Daten einer Schicht, Schichtbeginn und -ende, "Total- und Besetztkilometer", die gefahrenen Touren, die Fahrpreise, die Tachostände, die Fahrten ohne Uhr, die Gesamteinnahmen, die Lohnabzüge und sonstigen Abzüge, die verbleibenden Resteinnahme und die an den Unternehmer abgelieferten Beträge ergeben (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 26.02.2004, a.a.O.; BFH-Beschlüsse vom 07.02.2007 - V B 161-162/05, BFH/NV 2007, 1208; vom 28.11.2012 - X B 74/11, BFH/NV 2013, 766; Urteile des FG Düsseldorf vom 28.03.2008 - 11 V 110/08 A und vom 01.04.2008 – 14 V 4646/07 A, beide in juris). Solche Schichtzettel sind Einnahmeursprungsaufzeichnungen; sie enthalten Angaben, aus denen sich die Höhe der Umsätze und der Betriebseinnahmen unmittelbar ergibt. Die Pflicht zur Einzelaufzeichnung und Aufbewahrung der entsprechenden Schichtzettel ergibt sich für Unternehmen im umsatzsteuerrechtlichen Sinne –wie die Antragstellerin—nach dem Urteil des BFH in BStBl. II 2004, 599 aus § 22 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) i. V .m. §§ 63 bis 68 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV).
61Nach den Feststellungen der Steuerfahndungsprüfung steht für den Senat bei summarischer Betrachtung jedoch fest, dass die Antragstellerin Schichtzettel nach den Vorgaben der Rechtsprechung entweder schon gar nicht geführt, jedenfalls aber solche Zettel nicht aufbewahrt wurden. Im vorliegenden Verfahren hat die Antragstellerin ausschließlich Schichtzettel der Fahrer aus dem Jahr 2012 vorgelegt, das nicht streitbefangen ist. Den Feststellungen der Steuerfahndungsprüfung, die Einnahmen und Bruttoumsätze seien nur summenmäßig aus Halbmonatsberichten und Monatsberichten der Fahrer ermittelt worden, ist die Antragstellerin nicht substantiiert entgegengetreten. Sie hat insbesondere auch nicht nachträglich zur Glaubhaftmachung Schichtzettel aus den Streitjahren vorgelegt. Zudem hat sie im Schriftsatz vom 15. Mai 2013 vorgetragen, dass keine Schichtzettel geführt worden seien und die Einnahmen täglich in ein Kassenbuch eingetragen worden seien. Auch hieraus folgt für den Senat, dass Schichtzettel im Betrieb der Antragstellerin in den Streitjahren entweder schon nicht geführt oder aber entsprechende Aufzeichnungen nicht aufbewahrt wurden.
62bb) Soweit sich Antragstellerin im Schriftsatz vom 15. Mai 2013 erstmals auf die in der Rechtsprechung anerkannte Ausnahme beruft, dass Schichtzettel gemäß § 147 Abs. 1 und Abs. 3 AO nicht aufzubewahren sind, wenn deren Inhalt unmittelbar nach Auszählung der Tageskasse in das in Form aneinandergereihter Tageskassenberichte geführte Kassenbuch übertragen wird (BFH-Urteil vom 13. Juli 1971 VIII 1/65, BFHE 103, 34, BStBl II 1971, 729; BFH-Urteil in BStBl II 2004, 599; Beschluss des FG Hamburg vom 31.08.2011 6 V 2/11, juris), stellt dies die Schätzungsbefugnis des Antragsgegners nicht in Frage. Im BFH-Beschluss vom 25.10. 2012 X B 133/11, BFH/NV 2013, 341 wird ausgeführt, dass allein die tägliche Übertragung des Inhalts der Schichtzettel unmittelbar nach Auszählung der Tageskasse in ein solches Kassenbuch die Aufbewahrung der Schichtzettel entbehrlich mache, weil nur dann sowohl dem Aufbewahrungszweck als auch der Sicherstellung der Vollständigkeit der übertragenen Aufzeichnungen in vollem Umfang Rechnung getragen werde. Dieses erstmals im gerichtlichen Aussetzungsverfahren angebrachte Vorbringen ist aus Sicht des Senats eine pauschale Behauptung, die nicht glaubhaft gemacht wurde.
63d) Zudem ergibt sich auch aus anderen Gesichtspunkten, dass die vorgelegten Gewinnermittlungen der Antragstellerin mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit inhaltlich nicht zutreffend sind.
64Die Steuerfahndung hat Anhaltspunkte dafür ermittelt, dass jedenfalls die Laufleistung eines Taxis der Antragstellerin im Streitjahr 2009 manipuliert worden ist. Auch bei summarischer Betrachtung ist nach der Überzeugung des Senats für das Taxi mit dem Kennzeichen ... (Ident-Nr. ...) davon auszugehen, dass im Streitjahr 2009 dessen Tachostand manipuliert worden ist. Wie der Antragsgegner in Anlage 3 zu seinem Schriftsatz vom 14. März 2013 dargelegt hat, ergibt sich aus den bei den Werkstattbesuchen ausgelesenen Kilometerständen, dass das Fahrzeug am 1. Juli 2009 eine Laufleistung von 61.626 km hatte. In den vorgelegten Hauptuntersuchungsberichten des TÜV ist jedoch für einen späteren Zeitpunkt, den 22. September 2009, ein niedrigerer Kilometerstand (45.583 km) angegeben. Für diese negative Laufleistung hat die Antragstellerin keine plausible Erklärung angebracht. Sie hat nur darauf verwiesen, die Daten der Werkstatt seien fehlerhaft und die ausgelesenen Kilometerstände durch den TÜV zutreffend. Hierin sieht der Senat ebenfalls nur eine pauschale Schutzbehauptung.
654. Allerdings hat der Senat bei summarischer Prüfung ernstliche rechtliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheide, Gewerbesteuermessbescheide und Umsatzsteuerbescheide der Streitjahre. Diese beziehen sich auf die Höhe der vom Antragsgegner hinzugeschätzten Gewinne und Umsätze.
66a) Bei einer Schätzung sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind (§ 162 Abs. 1 Satz 2 AO). Die Schätzung ist ein Verfahren, Besteuerungsgrundlagen (§ 157 Abs. 2 AO) mit Hilfe von Wahrscheinlichkeitsüberlegungen zu ermitteln, wenn eine sichere Feststellung trotz des Bemühens um Aufklärung nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Ziel der Schätzung ist der Ansatz derjenigen Besteuerungsgrundlagen, die die größtmögliche Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben und damit der Wirklichkeit am nächsten kommen dürften. Schätzergebnisse müssen daher insgesamt schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein. Sie dürfen nicht den Denkgesetzen und allgemeinen Erfahrungssätzen widersprechen. Das Schätzungsergebnis muss somit insgesamt plausibel sein. Andererseits darf die Verletzung der Mitwirkungspflicht nicht dazu führen, dass nachlässige Steuerpflichtige gegenüber denjenigen einen Vorteil erzielen, die ihre Mitwirkungspflichten ordnungsgemäß erfüllen. Im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung muss es ein Steuerpflichtiger, der Veranlassung zur Schätzung gibt, daher hinnehmen, dass die mit jeder Schätzung verbundenen Unsicherheiten zu seinem Nachteil ausschlagen. Es liegt im Wesen der Schätzung, dass die durch sie ermittelten Größen von den tatsächlichen Verhältnissen mehr oder minder abweichen (ständige Rechtsprechung, vgl. zum Ganzen z.B. BFH-Urteile vom 12.06.1986 V R 75/78, BStBl II 1986, 721; vom 18.12.1984 VIII R 195/82, BStBl II 1986, 226; vom 19.02.1987 - IV R 143/84, BStBl II BStBl 1984 II S. 1987, BStBl 1984 II S. 412).
67b) Der Antragsgegner hat die Besteuerungsgrundlagen der Streitjahre anhand der von ihm für vergleichbar gehaltenen Umstände des nicht streitbefangenen Jahres 2011 und unter Berücksichtigung externer Vergleichsdaten geschätzt. Die Antragstellerin weist aber zu Recht darauf hin, dass die Methodik des Antragsgegners, aus den Verhältnissen des Jahres 2011 anhand einer Stichprobe für einen abgekürzten Zeitraum auf die Laufleistung für alle Taxen des Antragsgegners für die Streitjahre zu schließen und bei der Schätzung auf eine interne Datensammlung der Finanzverwaltung zurückzugreifen, bei summarischer Prüfung rechtlichen Bedenken begegnet. Ernstliche rechtliche Zweifel an der Schätzung des Antragsgegners werden für den Senat aufgeworfen, weil in dem gerichtsbekannten Gutachten über die Funktionsfähigkeit des Taxigewerbes in der Stadt E der Firma B und A aus dem Dezember 2009 andere Kennzahlen als nach der internen Datensammlung der Finanzverwaltung ermittelt worden sind.
68Nach den Erkenntnissen des Taxigutachtens der Firma B & A für die Stadt E aus dem Dezember 2009, die für die Zeiträume 2005 bis 2007 ermittelt worden sind, ist bei Betrieben, mit zwei oder drei Taxen im Einsatz von einer Jahresfahrleistung jedes Fahrzeugs in Höhe von 56.833 km (Textziffer 3.7 auf Seite 68 des Gutachtens) und einem Nettoumsatz bei dieser Betriebsgröße je Kilometer von 0,88 € = 0,94 € brutto auszugehen (Tz. 4.1 auf S. 75). Zudem liegen für Betriebe von der Größe der Antragstellerin nach dem Gutachten die Überschüsse (Gewinne) je Taxi im Jahr 2007 bei 10.381 € pro Fahrzeug (Tz. 4.3 auf Seite 83). Die Klägerin hat ausweislich des in der Vertragsakte abgelegten Kaufvertrags die Konzessionen und Fahrzeuge des Betriebs erst im Laufe des Januar 2009 erworben. Im Streitjahr 2009 (ausgehend von einer Tätigkeit in den Monaten Februar bis Ende Dezember) ergäbe dies einen festzustellenden Gewinn in Höhe von 3 * 10.381 € = 31.143 * 11/12 = 28.548 €. Für das Streitjahr 2010, in dem die Antragstellerin ihren Betrieb das ganze Jahr über betrieben hat, betragen die festzustellenden Einkünfte auf Basis des Gutachtens 31.143 €. Die bislang festgestellten Beträge in den nunmehr streitbefangenen Gewinnfeststellungsbescheiden 2009 und 2010, jeweils vom 7. März 2013, liegen hingegen bei 49.886 € (2009) und 40.362 € (2010). Daran anknüpfend wurden auch die Gewerbesteuermessbescheide geändert.
69In der Rechtsprechung ist das für L erstellte Gutachten der Firma B & A als taugliche Schätzungsgrundlage anerkannt worden (Urteil des FG Hamburg vom 7. September 2010 3 K 13/09, EFG 2010, 2057). Dem schließt sich der Senat bei der hier gebotenen summarischen Prüfung für die Stadt E an. Somit ist offen, ob sich der Senat in einem Hauptsacheverfahren aufgrund des für 2011 ermittelten „tatsächlichen Gesamtbilds“ durch die Steuerfahndung den Annahmen des Antragsgegners für die Streitjahre (insbesondere den Jahresfahrleistungen für alle Taxen) im jetzigen Umfang anschließen könnte.
70c) Die Besteuerungsgrundlagen der Streitjahre werden daher durch den Senat für Zwecke der Aussetzung der Vollziehung gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 FGO selbst geschätzt.
71aa) Der Senat greift bei seiner Schätzung weder auf die pro Fahrzeug angesetzte Laufleistung des Antragsgegners (90.000 km je Taxi) noch auf die von der Antragstellerin selbst berechnete Laufleistung der Taxen in den Streitjahren in Höhe von 48.133 km je Taxi zurück. Letztere ist von der Antragstellerin nicht anhand der vorgelegten TÜV-Unterlagen glaubhaft gemacht werden. Denn es spricht nach Auffassung des erkennenden Senats --wie oben dargelegt-- bei summarischer Betrachtung mehr dagegen als dafür, dass die in den TÜV-Unterlagen genannten Laufleistungen zutreffend sind. Vielmehr orientiert sich der Senat für die im vorliegenden summarischen Verfahren gebotene Schätzung an den Erkenntnissen des Taxigutachtens der Firma B & A für die Stadt E aus dem Dezember 2009. Ausgehend von den Werten für 2007 ist bei Betrieben mit zwei oder drei Taxen im Einsatz --wie schon dargelegt-- von einer Jahresfahrleistung jedes Fahrzeugs in Höhe von 56.833 km (Textziffer 3.7 auf Seite 68 des Gutachtens) und einem Nettoumsatz bei dieser Betriebsgröße je Kilometer von 0,88 € auszugehen (Tz. 4.1 auf S. 75). Die Antragstellerin hat selbst in einer Vergleichsberechnung nach den Verhältnissen des Jahres 2012 Kilometerleistungen von mehr als 60.000 km je Taxi ermittelt und auch in den Streitjahren für möglich gehalten. Demnach schätzt der Senat die jährliche Laufleistung der Taxen der Antragstellerin für Zwecke der Aussetzung der Vollziehung in Höhe von 60.000 km je Taxi.
72bb) Zudem orientiert sich der Senat weiter an dem Gutachten B & A für die Höhe des Nettoumsatzes je Kilometer (0,88 €), der sowohl Leerfahrten einbezieht als auch einen Mittelwert für Taxen darstellt, die sowohl im Stadtverkehr als auch am Flughafen eingesetzt werden. Den Ausführungen der Antragstellerin lässt sich nicht entnehmen, dass die Taxen in den Streitjahren überwiegend am Flughafen oder überwiegend in der Stadt (ohne Flughafenfahrten) eingesetzt worden sein sollen und deshalb die niedrigeren oder höheren Kennzahlen des Taxigutachtens heranzuziehen wären.
73cc) Für Zwecke der Umsatzsteuer ist bei Netto-Umsätzen zum Steuersatz von 7% und einem Nettoumsatz je Kilometer in Höhe von 0,88 € von einer festzusetzenden Umsatzsteuer in der folgenden Höhe auszugehen:
742009 | 2010 | |
Jahresfahrleistung bei drei Taxen | 60.000 km * 3 Taxen * 11 Monate = 165.000 km | 60.000 km * 3 Taxen = 180.000 km |
Nettoumsatz (7%) | 165.000 km * 0,88 € =145.200 € | 180.000 km * 0,88 € = 158.400 € |
Umsatzsteuer auf Umsätze zu 7% laut FG | 10.150,00 € | 11.088,00 € |
Umsatzsteuer zu 19% laut USt-Erklärung | 832,01 € | 1.379,21 € |
Vorsteuer | ./. 17.651,25 € (laut Bescheid vom 18.3. 2013) | ./. 13.713,06 € (laut Bescheid vom 1.10. 2012) |
Umsatzsteuer | ./. 6.669,24 € | ./. 1.245,85 € |
Soweit ersichtlich, ist eine Anpassung der in den nunmehr angefochtenen Umsatzsteuerbescheiden angesetzten Vorsteuerbeträge nicht vorzunehmen. Jedenfalls lässt sich den Ausführungen des Steuerfahndungsberichts und des Antragsgegners nicht entnehmen, dass der Antragsgegner im Rahmen seiner Schätzung auch Vorsteuerbeträge zu Gunsten der Antragstellerin hinzu geschätzt hat, die nunmehr gegenläufig zu korrigieren wären. Eine Hinzuschätzung von Vorsteuerbeträgen für einen höheren geschätzten Spritverbrauch durch den Senat kann nicht erfolgen, da die Voraussetzungen des Leistungsbezugs und das Vorhandensein weiterer Eingangsrechnungen nicht glaubhaft gemacht wurden.
76dd) Für die Schätzung des Gewinns der Antragstellerin geht der Senat wie der Antragsgegner von einem Dieselverbrauch von 8.5 Litern je 100 km und den vom Antragsgegner herangezogenen Preisen aus. Das Vorbringen der Antragstellerin, der Verbrauch sei „höher“, ist auch im summarischen Verfahren zu pauschal.
77Bislang hat die Antragstellerin auf Grundlage ihrer EÜR für 2009 Betriebsausgaben bei einer Laufleistung von 133.405,58 € / 0,88 € je km = 151.597 km in Höhe von 33.256,11 € (inklusive Spritverbrauch) angesetzt. Für die nunmehr geschätzten Mehrkilometer in Höhe von 165.000 km ./. 151.597 km = 13.403 km sind somit weitere Betriebsausgaben für Dieselkraftstoff in Höhe von 13.403/100 * 8,5* 1,10 € = 1.253,18 € zu berücksichtigen.
78Für 2010 hat die Antragstellerin ihre Betriebseinnahmen auf Grundlage einer Laufleistung von 155.003,57 € / 0,88 € je km = 176.140 km ermittelt. Für Zwecke der Schätzung sind Mehrkilometer in Höhe von 180.000 km ./. 176.140 km = 3.860 km zu berücksichtigen, für die sich ein Spritverbrauch in Höhe von (3.680 / 100 * 8,5 * 1,20) = 394 € ergibt.
79Zudem geht der Senat aufgrund der Mitteilung des Arbeitsgerichts E an die Steuerfahndung gemäß § 116 AO davon aus, dass 45% der Bruttoumsätze als Gehalt an die Fahrer geflossen sind. Dies führt zu folgender Schätzung der Einkünfte der Antragstellerin:
802009 | 2010 | |
Jahresfahrleistung bei drei Taxen | 60.000 km * 3 Taxen * 11 Monate = 165.000 km | 60.000 km * 3 Taxen = 180.000 km |
Nettoumsatz (7%) laut FG | 165.000 km * 0,88 € =145.200,00 € | 180.000 km * 0,88 € = 158.400 € |
Vereinnahmte Umsatzsteuer auf Fahrten laut FG | 10.150,00 € | 11.088,00 € |
Zwischensumme 1 | 156.182,01 € | 170.867,21 € |
Umsatzsteuer auf unentgeltliche Wertabgaben laut USt-Erklärung | 832,01 € | 1.379,21 € |
Umsatzsteuerfreie Betriebseinnahmen laut EÜR | 3.774,65 € | 11.621,90 € |
Erstattete Umsatzsteuer | 6.716,77 € | 4.450,87 € |
Veräußerung und Entnahme von Anlagevermögen laut EÜR | 2.500,00 € | 5.462,18 € |
Zwischensumme 2 Betriebseinnahmen laut FG | 170.005,44 € | 192.402,16 € |
Personalkosten laut FG (45% der Zwischensumme 1) | ./. 70.281,90 € | ./. 76.890,24 € |
AfA | ./. 28.415,20 € | ./. 28.591,00 € |
Bisherige Kraftfahrzeugkosten | ./. 33.256,11 € | ./. 40.909,00 € |
Weiterer Spritverbrauch laut FG | ./. 1.253,18 € | ./. 394,00 € |
Schuldzinsen laut EÜR | ./. 455,00 € | In sonstigen BA enthalten |
Sonstige Betriebsausgaben laut EÜR | ./. 32.035,77 € | Laut EÜR mit Bewirtung aber mit gezahlter Vorsteuer laut Bescheid v. 1.10.12 ./. 34.440,69 € |
Auflösung Sammelposten | ./. 117,39 € | |
Zwischensumme Betriebsausgaben laut FG | 165.697,16 € | 181.342,32 € |
Gewinn laut FG | 4.308,28 € | 11.059,84 € |
ee) Für die Gewerbesteuermessbeträge 2009 und 2010 führt dies zur Vollaussetzung, da der Freibetrag gemäß § 11 Abs. 1 GewStG die Gewerbesteuermessbeträge auf Grundlage der Schätzung des Senats übersteigt.
825. Das Gericht sieht im Streitfall auch davon ab, die Aussetzung nur gegen Sicherheitsleistung zu gewähren.
83Daraus, dass es im Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung Sache der Beteiligten ist, die entscheidungserheblichen Tatsachen darzulegen und glaubhaft zu machen, soweit ihre Mitwirkungspflicht reicht, folgt, dass für die Anordnung einer Sicherheitsleistung der Antragsgegner die für eine Gefährdung des Steueranspruchs sprechenden Gesichtspunkte vortragen muss (vgl. BFH-Beschluss vom 29.06.1977 VIII S 15/76, BFHE 122, 516, BStBl II 1977, 726) und die Antragstellerin ggf. Umstände, die ein (dargelegtes) Sicherungsbedürfnis der Behörde entfallen oder unangemessen erscheinen lassen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 31.01.1997 X S 11/96, BFH/NV 1997, 512, und vom 23.08.2000 VII B 145, 146/00, BFH/NV 2001, 75; vom 20.03.2002 IX S 27/00, BFH/NV 2002, 809). Hieran fehlt es.
84Von einer Anordnung der Sicherheitsleistung war abzusehen, weil der Antragsgegner eine solche Gefährdung des Steueranspruchs nicht schlüssig dargelegt hat. Da sich auch aus dem sonstigen Vorbringen der Beteiligten keine Anhaltspunkte für eine derzeitige schlechte wirtschaftliche Situation der Antragstellerin ergeben, war die Aussetzung der Vollziehung nicht von der Anordnung einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen.
856. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 136 FGO. Der Senat hat aufgrund der Abhilfe durch den Beklagten die Kosten nach Verfahrensabschnitten aufgeteilt. In dieser Aufteilung der Kosten nach Verfahrensabschnitten liegt kein Verstoß gegen das Gebot, eine einheitliche Kostenentscheidung zu treffen (vgl. Ratschow in Gräber, FGO, 7. Auflage, § 135 Tz. 5). Die Beschwerde war nicht zuzulassen.
(1) Gerichte und die Behörden von Bund, Ländern und kommunalen Trägern der öffentlichen Verwaltung, die nicht Finanzbehörden sind, haben Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die auf eine Steuerstraftat schließen lassen, dem Bundeszentralamt für Steuern oder, soweit bekannt, den für das Steuerstrafverfahren zuständigen Finanzbehörden mitzuteilen. Soweit die für das Steuerstrafverfahren zuständigen Finanzbehörden nicht bereits erkennbar unmittelbar informiert worden sind, teilt das Bundeszentralamt für Steuern ihnen diese Tatsachen mit. Die für das Steuerstrafverfahren zuständigen Finanzbehörden, ausgenommen die Behörden der Bundeszollverwaltung, übermitteln die Mitteilung an das Bundeszentralamt für Steuern, soweit dieses nicht bereits erkennbar unmittelbar in Kenntnis gesetzt worden ist.
(2) § 105 Abs. 2 gilt entsprechend.
(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.