Finanzgericht Hamburg Urteil, 29. Aug. 2014 - 4 K 84/13

bei uns veröffentlicht am29.08.2014

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Gewährung von Ausfuhrerstattung durch das beklagte Hauptzollamt.

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Mit Ausfuhranmeldung vom 31.08.2006 meldete die Klägerin beim Hauptzollamt A 30 lebende Rinder der Marktordnungs-Warenlistennummer 0102 1010 9140 zur Ausfuhr in den Kosovo an und beantragte hierfür beim beklagten Hauptzollamt die Gewährung von Ausfuhrerstattung.

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Die Tiere des streitgegenständlichen LKW-Tiertransportes verließen am 07.09.2006 gegen 15.15 Uhr B und erreichten am 08.09.2006 den Hafen von C. Dort wurden die Tiere zur Einlegung einer 24-stündigen Ruhezeit entladen. Wann die Ruhezeit konkret begann und endete, ist zwischen den Beteiligten streitig. Ausweislich der Eintragungen im Transportplan wurden die Tiere in C vom 08.09.2006, 1.00 Uhr, bis zum 09.09.2006, 2.00 Uhr, eingestallt (Bl. 84 der Sachakte), bevor sie zum Weitertransport nach D erneut auf einen LKW und sodann auf die Fähre verladen wurden. Die Fähre verließ C gegen 3.00 Uhr am Morgen des 09.09.2006 (Bl. 84 der Sachakte). Seinen Bestimmungsort im Kosovo erreichte der Tiertransport am 11.09.2006 gegen 1.30 Uhr (Bl. 84 der Sachakte).

4

Mit Bescheid vom 10.04.2012 lehnte das beklagte Hauptzollamt den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Ausfuhrerstattung unter Hinweis darauf ab, dass sie die Einhaltung der unionsrechtlichen Vorschriften zum Schutz der Tiere beim Transport nicht nachgewiesen habe. Der von ihr eingereichte Transportplan weise eine Ruhepause in der Zeit vom 08.09.2006, 1.00 Uhr, bis 09.09.2006, 2.00 Uhr, aus. Diese Eintragungen im Transportplan stünden im Widerspruch zu den Angaben im Kontrollexemplar, wonach als Ausgangsdatum der Waren aus der Union der 08.09.2006 ausgewiesen werde. Die Klägerin könne danach die nach der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 vorgeschriebene Ruhepause von 24 Stunden nicht eingehalten haben. Es wäre Sache der Klägerin gewesen, diese widersprüchlichen Angaben aufzuklären.

5

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren, in dessen Verlauf die Klägerin eine Bescheinigung der Spedition E eingereicht hatte, ausweislich derer der Transport in C in der Zeit vom 07.09.2006, 23.00 Uhr, bis zum 08.09.2006, 23.00 Uhr, eine Versorgungspause eingelegt haben soll, hat die Klägerin am 28.06.2013 Klage erhoben. Sie verweist darauf, dass die Tiere in C über eine Freizone aus dem Zollgebiet der Union ausgeführt worden seien. Infolgedessen sei die Ausfuhr aus der Union bereits beim Verbringen in die Freizone - mithin am 08.09.2006 - auf dem Kontrollexemplar bestätigt worden. Die auf dem Kontrollexemplar vermerkte Ausfuhr am 08.09.2006 sei folglich korrekt, obgleich die Tiere tatsächlich erst am 09.09.2006 die Union seewärts nach Albanien verlassen hätten.

6

Die Klägerin beantragt,
das beklagte Hauptzollamt unter Aufhebung des Bescheides vom 10.04.2012 und der Einspruchsentscheidung vom 24.05.2013 zu verpflichten, ihr auf ihren Antrag vom 30.09.2006 Ausfuhrerstattung zu gewähren.

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Das beklagte Hauptzollamt beantragt,
die Klage abzuweisen.

8

Es ist der Meinung dass die Widersprüche bezüglich des Transportverlaufs und der Einhaltung der tierschutzrechtlichen Bestimmungen nicht ausgeräumt seien. Denn zum einen weise auch der Frachtvertrag über den Fährtransport von C nach D als "Sailing Date" den 08.09.2006 aus. Zum anderen widerspreche die Bescheinigung der Spedition E den Eintragungen im Transportplan, wonach der Aufenthaltsort C erst am 08.09.2006 erreicht worden sein soll.

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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Sachakten des beklagten Hauptzollamtes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Verpflichtungsklage führt zum Erfolg. Die angegriffenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat Anspruch auf die Gewährung von Ausfuhrerstattung (§ 101 Satz 1 FGO).

11

Der Unionsgesetzgeber hat in Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 639/2003 der Kommission vom 09.04.2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1254/1999 des Rates hinsichtlich des Schutzes lebender Rinder beim Transport als Voraussetzung für die Gewährung von Ausfuhrerstattung (ABl. Nr. L 93/10, in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 354/2006 der Kommission vom 28.02.2006, ABl. Nr. 59/10, im Folgenden: VO Nr. 639/2003) die Zahlung der Ausfuhrerstattung für lebende Rinder des KN-Codes 0102 in zulässiger Weise (vgl. EuGH, Urteil vom 17.01.2008, C-37/06, Rz. 47, juris) davon abhängig gemacht, dass während des Transports der Tiere bis zu ihrer ersten Entladung im Bestimmungsdrittland die Bestimmungen der Richtlinie 91/628/EWG (Richtlinie des Rates vom 19.11.1991 über den Schutz von Tieren beim Transport sowie zur Änderung der Richtlinien 90/425/EWG und 91/496/EWG, ABl. Nr. 340/17, in der Fassung der Richtlinie 95/29/EG des Rates vom 29.06.1995 zur Änderung der Richtlinie 91/628/EWG über den Schutz von Tieren beim Transport, ABl. Nr. L 148/52.) - die zwischenzeitlich durch die Verordnung (EG) Nr. 1/2005 des Rates vom 22.12.2004 über den Schutz von Tieren beim Transport (ABL. Nr. 3/1 vom 05.01.2005, im Folgenden: VO Nr. 1/2005) ersetzt worden ist - und die Bestimmungen der Verordnung Nr. 639/2003 eingehalten werden. Dementsprechend wird die Ausfuhrerstattung nach Art. 5 Abs. 1 Unterabsatz 1 VO Nr. 639/2003 u. a. nicht gezahlt für Tiere, bei denen die zuständige Behörde aufgrund der Unterlagen gemäß Art. 4 Abs. 2 VO Nr. 639/2003 und/oder sonstiger Informationen über die Einhaltung der VO Nr. 639/2003 zu dem Schluss gelangt, dass die Richtlinie 91/628/EWG bzw. die Verordnung Nr. 1/2005 nicht eingehalten wurde.

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In Kapitel V des Anhangs der Verordnung Nr. 1/2005 (Zeitabstände für das Füttern und Tränken sowie Beförderungsdauer und Ruhezeiten) ist unter Ziffer 1.4 lit. d) bestimmt, dass Hausrinder bei Verwendung eines - wie hier - unter Ziffer 1.3 genannten Fahrzeuges nach einer Beförderungsdauer von 14 Stunden eine ausreichende, mindestens einstündige Ruhepause erhalten müssen, insbesondere damit sie getränkt und nötigenfalls gefüttert werden können; nach dieser Ruhepause kann die Beförderung für weitere 14 Stunden fortgesetzt werden. Nach der festgesetzten Beförderungsdauer, so ist es in Ziffer 1.5 des Kapitel V des Anhangs der Verordnung Nr. 1/2005 weiter geregelt, müssen die Tiere entladen, gefüttert und getränkt werden und eine Ruhezeit von mindestens 24 Stunden erhalten. Ziffer 48.8 des Kapitels V des Anhangs der Verordnung 1/2005 sieht schließlich vor, dass die Beförderungsdauer nach u. a. Ziffer 1.4 - insbesondere unter Berücksichtigung der Nähe des Bestimmungsortes - im Interesse der Tiere um zwei Stunden verlängert werden darf. Als Beförderung gilt gemäß Art. 2 lit. j) der Verordnung Nr. 1/2005 der gesamte Transportvorgang vom Versand - bis zum Bestimmungsort, einschließlich des Entladens, Unterbringens und Verladens an Zwischenstationen; als Transport wird nach Art. 2 lit. w) der Verordnung Nr. 1/2005 jede Bewegung von Tieren in einem oder mehreren Transportmitteln sowie alle damit zusammenhängenden Vorgänge, einschließlich des Verladens, Entladens, Umladens und Ruhens, bis zum Ende des Entladens der Tiere am Bestimmungsort definiert.

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Es steht zwischen den Beteiligten des Rechtsstreits außer Streit, dass die Klägerin entsprechend der Vorgabe des Art. 4 Abs. 2 VO Nr. 639/2003 das ordnungsgemäß ausgefüllte Dokument nach Art. 2 Abs. 3 VO Nr. 639/2003 sowie den Bericht über die Entladung der Tiere im Endbestimmungsdrittland beigebracht und damit die Bestimmungen der Verordnung Nr. 639/2003 eingehalten hat (vgl. Art. 1 VO Nr. 639/2003). Streitig ist allein die Frage, ob die Klägerin deshalb gegen die Bestimmungen der Richtlinie 91/628/EWG bzw. der Verordnung Nr. 1/2005 verstoßen hat, weil sie nicht nachweisen kann, dass sie die in Kapitel VII des Anhangs der Richtlinie 91/628/EWG vorgeschriebene Ruhepause von mindestens 24 Stunden, während der die Tiere entladen, gefüttert und getränkt werden müssen, eingehalten hat. Im Hinblick auf diese Fragestellung geht der erkennende Senat davon aus, dass sich das beklagte Hauptzollamt nicht auf Informationen berufen kann, die den Schluss zulassen, dass die Richtlinie 91/628/EWG bzw. die Verordnung 1/2005 nicht eingehalten wurde. Insoweit merkt der Senat im Einzelnen Folgendes an:

14

a) Ausweislich des in der Sachakte befindlichen Transportplanes, der die Unterschrift des Fahrers trägt, erreichte der streitgegenständliche Tiertransport in der Nacht vom 07. auf den 08.09.2006 den Hafen von C. Dort wurden die Tiere - so ist es im Transportplan weiter dokumentiert - gegen 1.00 Uhr vom LKW entladen und erhielten eine Ruhezeit von 24 Stunden bis zum 09.09.2006 gegen 2.00 Uhr. Eine Stunde später - gegen 3.00 Uhr - verließ die Fähre den Hafen von C (vgl. Bl. 84 der Sachakte). Dem beklagten Hauptzollamt ist zuzugeben, dass die Unterschrift des Tierarztes des Aufenthaltsortes über die von ihm durchgeführte Kontrolle das Datum des 08.09.2006 trägt. Dieser Umstand lässt indes auch unter Berücksichtigung der Vorschrift des Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. des Rates vom 25.06.1997 zur Festlegung gemeinschaftlicher Kriterien für Aufenthaltsorte und zur Anpassung des im Anhang der Richtlinie 91/628/EWG vorgesehenen Transportplans (ABl. Nr. 174/1), wonach der zuständige Tierarzt, bevor die Tiere den Aufenthaltsort verlassen, bestätigt, dass die Tiere für die weitere Verbringung transportfähig sind, nicht den Schluss zu, dass die Bestimmungen der Richtlinie 91/628/EWG bzw. der Verordnung Nr. 1/2005 nicht eingehalten wurden. Dem Senat ist aus einer Vielzahl von Verfahren, die die Gewährung von Ausfuhrerstattung für Lebendvieh zum Gegenstand hatten, bekannt, dass die Fahrer der Tiertransporte um die besondere Bedeutung der Tierschutzvorschriften und deren Einhaltung wissen. Vor diesem Hintergrund ist es schwerlich nachzuvollziehen, dass sich der Fahrer des streitgegenständlichen Tiertransportes mit seinen Angaben betreffend den Beginn und das Ende der 24-stündigen Ruhezeit bewusst in Widerspruch setzt zu dem Eintrag des Veterinärs bezüglich der nach Art. 6 Abs. 1 VO Nr. 1255/97 durchgeführten tierärztlichen Kontrolle. Da italienische Veterinäre - wie dem Senat auch bekannt ist - Fahrer von Tiertransporten mitunter auffordern, den Aufenthaltsort vor Ablauf der 24-stündigen Ruhepause zu verlassen (vgl. EuGH, Urteil vom 17.01.2008, C-37/06), ist eine gewisse Zurückhaltung geboten bezüglich des Vertrauens darauf, dass unionsrechtliche Vorschriften tatsächlich und wahrhaftig umgesetzt werden. Mit Blick auf den in Rede stehende Rechtsstreit bedeutet dies, dass der Senat zwar davon ausgeht, dass die Kontrolle nach Art. 6 Abs. 1 VO Nr. 1255/97 durchgeführt wurde, bevor die Tiere den Aufenthaltsort verließen, dass indes nicht angenommen werden kann, dass die Kontrolle unmittelbar vor Verlassen des Aufenthaltsortes erfolgte, zumal selbst auf der Basis des Eintrags des Fahrers des vorliegenden Tiertransportes die Tiere bereits zwei Stunden nach Mitternacht den Aufenthaltsort verließen. Dass der Sachverhalt insoweit nicht weiter aufgeklärt werden kann, geht zu Lasten des beklagten Hauptzollamtes, das für die Voraussetzungen der Nichtzahlung der Erstattung nach Art. 5 Abs. 1 VO Nr. 639/2003 darlegungs- und beweispflichtig ist.

15

Entsprechend verhält es sich in Bezug auf den Kontrollvermerk des amtlichen Tierarztes an der Ausgangszollstelle der Europäischen Union, der ebenfalls das Datum des 08.09.2006 trägt. Der Senat kann offen lassen, ob die nach Art. 2 Abs. 2 VO Nr. 639/2003 vorgeschriebene Kontrolle der Einhaltung der unionsrechtlichen Tierschutzbestimmungen vom Versandort bis zur Ausgangsstelle bereits bei Einfahrt in die Freizone oder erst bei Verlassen des Aufenthaltsortes durchgeführt wurde. Sollte diese Kontrolle, die im Übrigen von demselben Tierarzt durchgeführt wurde, der später (?) auch die Kontrolle nach Art. 6 Abs. 1 VO Nr. 1255/97 veranlasste, bei Einfahrt in die Freizone erfolgt sein, würde sich das Datum der Kontrolle - scil. der 08.09.2006 - harmonisch einfügen in die Angaben im Transportplan, wonach die 24-stündige Ruhezeit am 08.09.2006 um 1.00 Uhr begann und am 09.09.2006 um 2.00 Uhr endete. Sollte freilich - dieser Variante scheint das beklagte Hauptzollamt zuzuneigen - die fragliche Kontrolle an der Ausgangsstelle erst im Zusammenhang mit der Beendigung der Ruhezeit der Tiere am zugelassenen Aufenthaltsort erledigt worden sein, greifen auch insoweit die vorstehend skizzierten Bedenken bezüglich der Aussagekraft des amtstierärztlichen Vermerks auf dem Transportplan.

16

Das beklagte Hauptzollamt kann sich ferner nicht darauf berufen, dass die Klägerin selbst widersprüchliche Angaben zum Beginn und Ende der 24-stündigen Ruhezeit gemacht hat. Der Erklärung der Spedition E, die die Klägerin im Verlauf des Einspruchsverfahrens eingereicht hat, kommt zur Überzeugung des Senats kein Aussage- und Beweiswert zu. Unter Berücksichtigung dieser Erklärung hätte der in Rede stehende Tiertransport für die Strecke von B bis C, die 713 km (Fahrt über die A9) bzw. 653 km (Fahrt über die A93) beträgt und über die Alpen führt, weniger als 8 Stunden benötigt, was der Senat auch bei Annahme günstigster Verkehrsverbindungen für ausgeschlossen hält, zumal für die Fahrt mit einem PKW - wie eine google-maps-Recherche ergeben hat - wenigstens 6 Stunden und 51 Minuten (A9) bzw. 7 Stunden und 22 Minuten (A93) benötigt werden und vorliegend ein weiteres Zeitfenster für die Kontrolle bei der Einfahrt in der Freizone einzukalkulieren ist.

17

Es verbleibt der Einwand des beklagten Hauptzollamtes, dass der Frachtvertrag als "Sailing Date" den 08.09.2006 ausweise. Aber auch dieser Umstand stellt weder für sich genommen noch in Verbindung mit den weiteren vom beklagten Hauptzollamt vorgebrachten Gesichtspunkten eine Information dar, die den Schluss zulässt, dass die Richtlinie 91/628/EWG bzw. die Verordnung Nr. 1/2005 nicht eingehalten wurde. Insoweit hat sich der Senat zum einen von der Erwägung leiten lassen, dass das im Frachtvertrag ausgewiesene Abfahrtsdatum nicht - gleichsam zwangsläufig - auch dafür steht, dass die Fähre an diesem Tag auch den Hafen von C tatsächlich verlassen hat. Zum anderen - und dieser Gesichtspunkt wiegt schwerer - hat die Klägerin bereits im Oktober 2007 eine Erklärung der Firma eingereicht (vgl. Bl. 93 der Sachakte), die zum damaligen Zeitpunkt Betreiber des Aufenthaltsortes in C sowie als Spedition für die Buchung der Fährschiffe und die zoll- und veterinärrechtliche Abwicklung am Ausgangsort zuständig war. Diese Firma - scil. F - hat bestätigt, dass die LKW, mit denen die Tiere auf der Fähre nach D verschifft wurden, am 09.09.2006 um 3.00 Uhr an Bord verladen waren ("... we confirm that the trucks were loaded on board of Ro/ro "G" on 09/09/2006 03.00 hrs ...", Bl. 94 der Sachakte). Vor dem Hintergrund dieser Erklärung, deren Richtigkeit in Zweifel zu ziehen der Senat keinen Anlass hat, geht der Beweiswert des Frachtvertrages in Bezug auf die Fragestellung, ob die Tiere in der im Transportplan angegebenen Zeit eingestallt waren, gegen Null. Nach dem Dafürhalten des erkennenden Senats kann sich nach alledem das beklagte Hauptzollamt auf keine Informationen stützen, die den Schluss rechtfertigen, die unionsrechtlichen Tierschutzvorschriften seien im Streitfall nicht eingehalten worden. Oder mit anderen Worten: Es erweist sich als reine Spekulation, anzunehmen, die Klägerin habe die Vorschriften der Richtlinie 91/628/EWG bzw. der Verordnung Nr. 1/2005 nicht beachtet.

18

b) Unbeschadet der vorstehenden Darlegungen kann der Klägerin aus einem weiteren, selbständigen Grunde die begehrte Ausfuhrerstattung nicht versagt werden:

19

Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 30.06.2011 (C-485/09) ausgeführt, dass die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten die Verordnung Nr. 615/98 (die Vorgängerverordnung zur VO Nr. 639/2003) in Bezug auf den Schutz lebender Rinder beim Transport in einer Weise anzuwenden haben, die im Einklang mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz steht (vgl. 2. Leitsatz sowie Rz. 41). Die zuständige Behörde habe - so heißt es in dem Urteil weiter - zu prüfen, ob die Bestimmung, die nicht eingehalten worden sei, das Wohlbefinden der Tiere betreffe, ob diese Nichtbeachtung das Wohlbefinden sämtlicher Tiere oder nur einer begrenzten Zahl der Tiere betroffen habe, ob die festgestellte Nichtbeachtung geheilt werden könne und ob der Verstoß gegen diese Bestimmung der Richtlinie 91/628/EWG bzw. Verordnung 1/2005 zum Verlust, zur Kürzung oder zur Aufrechterhaltung der Ausfuhrerstattung führen müsse (Rz. 38). Im Streitfall kann diese Prüfung - ein Verstoß gegen die Ruhezeitanforderung unterstellt - unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nur zur Aufrechterhaltung der Ausfuhrerstattung führen. Denn der vorliegende Rechtsstreit ist dadurch geprägt, dass letztlich allein eine Unterschreitung der 24-stündigen Ruhezeit von wenigen Stunden in Rede steht, nachdem der Transport die Strecke vom Versandort zum Ausgangsort in einer Zeit zurückgelegt hatte, die deutlich unterhalb des zulässigen ersten Transportintervalls von 14 Stunden lag; der klägerische Transport musste weder eine Ruhepause, die durchaus mehrere Stunden betragen kann, einlegen noch das zweite Transportintervall von 14 Stunden in Anspruch nehmen. Unter Berücksichtigung dieses besonderen Transportverlaufs kommt mit Blick auf den in Rede stehenden - möglichen - Verstoß gegen die Richtlinie 91/628/EWG bzw. die Verordnung 1/2005 als Entscheidung des beklagten Hauptzollamtes, die dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspricht, allein die Gewährung der Erstattung in Betracht.

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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 MOG findet § 139 Abs. 2 FGO in marktordnungsrechtlichen Streitigkeiten keine Anwendung. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 115 Abs. 2 FGO), sind nicht gegeben.

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Soweit die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Finanzbehörde aus, den begehrten Verwaltungsakt zu erlassen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.

(2) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.

(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) In öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Maßnahmen zur Durchführung einer gemeinsamen Marktorganisation ist der Finanzrechtsweg gegeben, soweit eine Bundesfinanzbehörde für die Maßnahme zuständig ist. Er ist auch gegeben bei Entscheidungen der Marktordnungsstelle im Falle des § 19. Soweit eine Rechtsstreitigkeit Entscheidungen nach Satz 2 betrifft, kann das Bundesministerium dem Verfahren über die Revision beitreten; § 122 Absatz 2 Satz 3 und 4 der Finanzgerichtsordnung gilt entsprechend. § 139 Absatz 2 der Finanzgerichtsordnung findet auf Verfahren nach den Sätzen 1 und 2 keine Anwendung. Für das außergerichtliche Vorverfahren gelten die Vorschriften der §§ 347 bis 368 der Abgabenordnung sinngemäß mit der Maßgabe, dass soweit eine andere Behörde als eine Finanzbehörde zuständig ist, die andere Behörde an die Stelle der Finanzbehörde tritt.

(2) Ist die bei der Festsetzung von Ausfuhrabgaben, Ausfuhrerstattungen oder zu gewährenden Währungsausgleichsbeträgen zugrunde gelegte Vorausfestsetzung unanfechtbar geändert worden, so wird der Bescheid von Amts wegen durch einen neuen Bescheid ersetzt. § 171 Absatz 10 der Abgabenordnung gilt entsprechend.

(3) Liegt der Festsetzung von Ausfuhrabgaben, Ausfuhrerstattungen oder zu gewährenden Währungsausgleichsbeträgen eine Vorausfestsetzung zugrunde, so kann die Festsetzung nicht mit der Begründung angegriffen werden, dass die Vorausfestsetzung unzutreffend sei. Dieser Einwand kann nur in einem Verfahren gegen die Vorausfestsetzung erhoben werden.

(4) Ein Bescheid über die Festsetzung von Abgaben im Rahmen von Mengenregelungen kann nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die der Abgabenfestsetzung zugrunde liegende Festsetzung der Menge unzutreffend sei. Dieser Einwand kann nur in einem Verfahren gegen die Festsetzung der Menge erhoben werden.

(5) Für die Vollstreckung öffentlich-rechtlicher Geldforderungen, für die nach Absatz 1 Satz 1 der Finanzrechtsweg begründet ist, sind die §§ 2 bis 5 und 19 des Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes anzuwenden.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Aufwendungen der Finanzbehörden sind nicht zu erstatten.

(3) Gesetzlich vorgesehene Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistands, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, sind stets erstattungsfähig. Aufwendungen für einen Bevollmächtigten oder Beistand, für den Gebühren und Auslagen gesetzlich nicht vorgesehen sind, können bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühren und Auslagen der Rechtsanwälte erstattet werden. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind die Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistands für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Steht der Bevollmächtigte oder Beistand in einem Angestelltenverhältnis zu einem Beteiligten, so werden die durch seine Zuziehung entstandenen Gebühren nicht erstattet.

(4) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn das Gericht sie aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.