Finanzgericht Hamburg Urteil, 07. Mai 2015 - 4 K 172/14

bei uns veröffentlicht am07.05.2015

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung von Einfuhrzoll.

2

Am 27.12.2013 meldete die Klägerin beim Zollamt Hamburg-1 drei Kartons "Plättchen, Stäbchen, Spitzen und ähnliche Formstücke für Werkzeuge, nicht gefasst, aus Cermets (ausgenommen Wendeschneidplatten), hier: Carbide Schneidblätter" unter der Zolltarifposition 8209 0080 00 0 (insbesondere: Formstücke für Werkzeuge, nicht gefasst, aus Cermets) zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr an.

3

Nach dem Akteninhalt und den Feststellungen im Erörterungstermin handelt es sich bei der Einfuhrware um wenige Zentimeter große Plättchen mit einfachen geometrischen Formen (Rechtecke, Dreiecke), die weder Löcher oder Abschleifungen zur Befestigung aufweisen (im Folgenden: "Plättchen"). Nach dem Werkstoffprüfbericht der A GmbH vom 28.02.2013 bestehen sie zu 87,94 % aus Wolframcarbid und zu 11,26 % aus Cobalt. Zusätzlich enthalten sie Kleinstmengen von Chrom (0,5 %) und Eisen (0,31 %). Sie werden auf Mischarme gelötet, die in Maschinen der Mineralien verarbeitenden Industrie fest eingebaut und erst nach einem Verschleiß ausgetauscht werden.

4

Nach einer Warenbeschau reihte der Beklagte die Plättchen abweichend von der Zollanmeldung in die Zolltarifposition 8113 0090 90 0 (Cermets und Waren daraus, einschließlich Abfälle und Schrott) ein und setze mit Einfuhrabgabenbescheid AT .../...1 vom 27.12.2013 Zoll in Höhe von 83,91 € und Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von 379,73 € fest.

5

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 17.01.2014 Einspruch ein. Die Einreihung in die Position 8113 der Kombinierten Nomenklatur (KN) sei schon deshalb unzutreffend, weil es sich bei den Plättchen um wolframhaltige, gesinterte Metallcarbide handele, die gerade keine Cermets seien.

6

Unter dem 21.05.2014 erstellte das Bildungs- und Wissenschaftszentrum der Bundesfinanzverwaltung (BWZ) Köln ein Einreihungsgutachten für die Plättchen. Dass nach dem vorgelegten Werkstoffprüfbericht die Ware überwiegend aus Wolframcarbid bestehe, ändere nichts an ihrer zolltariflichen Einreihung als Cermets. Nach Anmerkung 4 zu Abschnitt XV der Kombinierten Nomenklatur (KN) seien Cermets im zollrechtlichen Sinne nicht nur die eigentlichen Cermets, die aus einem keramischen Erzeugnis und einem Metall bestünden, sondern auch Metallcarbide, die mit einem Metall gesintert seien. Eine Einreihung in die Position 8209 KN komme nicht in Betracht. Zwar seien die eingeführten Formstücke nicht gefasst. Es handele sich jedoch nicht um solche "für Werkzeuge". Der Werkzeugbegriff der Position 8209 KN beziehe sich ausschließlich auf Werkzeuge i. S. v. Kapitel 82 KN. Die Plättchen wiesen keinerlei Merkmale (z. B. eine besondere Formgebung, Bohrungen, Falzen, Nuten, mit deren Hilfe die Erzeugnisse an einem Werkzeug befestigt werden könnten) auf, die erkennbar auf eine Verwendung als "Formstück für Werkzeuge" schließen ließen.

7

Der Beklagte wies mit Einspruchsentscheidung vom 29.08.2014 den Einspruch zurück und nahm dabei im wesentlichen Bezug auf das Einreihungsgutachten des BWZ.

8

Mit der am 24.09.2014 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie importiere regelmäßig Formteile aus Hartmetall, die zur Herstellung von Werkzeugen verwendet würden. Da die Plättchen auf die Mischarme gelötet würden, fehlten Bohrungen. Bei den Plättchen handele es sich nicht um Cermets. Hierunter seien Verbundwerkstoffe aus keramischen Werkstoffen mit einer metallischen Matrix zu verstehen. Vielmehr handele es sich um Hartmetalle, weil letztere hauptsächlich aus Wolframcarbid bestünden. Cermets hingegen bestünden hauptsächlich aus Titancarbid. Unter Hinweis auf den unter www.zolltarifnummern.de veröffentlichten Text zur Position 8209 00 80 KN ("Plättchen, Stäbchen, Spitzen und ähnl. Formstücke für Werkzeuge, ungefasst, aus gesinterten Metallcarbiden oder aus Cermets [ausg. Wendeschneidplatten]") sei die Einordnung in diese Position möglich, auch wenn es sich nicht um Cermets handele.

9

Bei den Plättchen handele es sich auch um "Formstücke für Werkzeuge". Eine "europäisch abgestimmte Interpretation" des Werkzeugbegriffs finde sich in der Protokollerklärung zur Richtlinie 91/368/EWG, nach der ein Werkzeug ein in direkter Berührung mit dem zu bearbeitenden Gegenstand stehendes Fertigungsteil sei.

10

Die klägerische Auffassung werde auch von der verbindlichen Zolltarifauskunft (vZTA) DE .../...-1 untermauert, mit der Waren, die mit den eingeführten Waren identisch seien, in die Position 8209 KN eingereiht worden seien.

11

Die Klägerin beantragt,
den Einfuhrabgabenbescheid des Beklagten vom 27.12.2013 (AT .../...-1) in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.08.2014 aufzuheben, soweit der festgesetzte Einfuhrzoll 45,31 € (2,7% von 1.678,28 €) übersteigt.

12

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

13

Er verweist auf seinen bisherigen Vortrag und führt ergänzend aus: In der Position 8209 KN werde nicht zwischen Formstücken aus Hartmetall einerseits und Cermets andererseits unterschieden. Der von der Klägerin als Anlage K 5 vorgelegte Text gebe nicht den amtlichen Wortlaut der KN wieder, sondern berücksichtige bereits den Inhalt der Anmerkung 5 zu Abschnitt XV KN. Die Werkzeugdefinition der von der Klägerin herangeführten EWG-Richtlinie sei für den vorliegenden Streit nicht relevant. Die Richtlinie sei nicht mehr in Kraft und habe keine unmittelbare Geltung.

14

Die Einreihung in die Position 8209 KN scheide auch deswegen aus, weil die Plättchen nicht "für Werkzeuge" verwendet würden. Nach allgemeiner Auslegung komme nur eine Bestimmung für Werkzeuge des Kapitels 82 KN in Betracht. Die eingeführten Plättchen seien auch dann keine Werkzeugteile, wenn sie auf Werkzeugteile aufgelötet würden. Gemäß Anmerkung 2 zu Kapitel 82 KN könnten als Werkzeugteile lediglich Teile aus unedlen Metallen wie die entsprechenden Waren eingereiht werden. Die Plättchen bestünden jedoch unstreitig nicht aus unedlen Metallen.

15

Mit der von der Klägerin genannten vZTA seien zwar "Plättchen aus Cermets", die mit den von ihr eingeführten Waren vergleichbar seien, in die Position 8209 KN eingereiht worden. An dieser Einreihungsauffassung halte der Beklagte jedoch nicht mehr fest. Die vZTA sei nur deshalb nicht für ungültig erklärt worden, weil sie bereits im Juli 2014 abgelaufen sei. In der Vergangenheit sei das Tatbestandsmerkmal "für Werkzeuge" in der Position 8209 KN weit ausgelegt worden, so dass auch Plättchen zum Aufbringen auf den arbeitenden Teil von Pressen oder Förder- und Mischmaschinen im Sinne des Kapitels 84 KN hierunter gefasst worden seien. Heute würde der Begriff "für Werkzeuge" in der Position 8209 KN dahingehend ausgelegt, dass damit ausschließlich Werkzeuge des Kapitels 82 KN gemeint seien. Diese ergebe sich daraus, dass der Wortlaut der Position 8209 KN nur Werkzeuge - und nicht Maschinen - nenne. Außerdem würden in der Erläuterung 07.1 zur Position 8209 zum Harmonisierten System (HS) bestimmte Maschinenteile aus Cermets aus der Position 8209 KN aus- und ins Kapitel 84 KN eingewiesen.

16

Da die Mischarme für Maschinen im Sinne der Position 8474 KN bestimmt seien, scheide eine Einreihung in die Position 8207 KN auch deswegen aus, weil Werkzeuge für derartige Maschinen in den Erläuterungen 01.1-06.0 HS nicht genannt seien.

17

Die Cermets könnten auch nicht als Teile einer Mischmaschine der Position 8474 KN eingereiht werden. Da für Mischschaufeln/-werkzeuge und/oder deren Teile im Abschnitt XVI KN keine eigene Position existiere, komme eine Einreihung nach Anmerkung 2 a) zu Abschnitt XVI KN nicht in Betracht. Bei Anwendung der Anmerkung 2 b) zu Abschnitt XVI KN fehle es an der Erkennbarkeit der Verwendung der Plättchen für eine bestimmte Maschine.

18

Es wird weiter Bezug genommen auf das Einspruchsheft des Beklagten sowie das Protokoll des Erörterungstermins vom 05.05.2015.

Entscheidungsgründe

19

I. Im Einverständnis der Beteiligten (Bl. 43 der Akte) ergeht die Entscheidung im schriftlichen Verfahren (§ 90 Abs. 2 FGO) und durch den Berichterstatter anstelle des Senats (§ 79a Abs. 3, 4 FGO).

II.

20

Die zulässige Anfechtungsklage hat in der Sache keinen Erfolg. Soweit er angefochten wurde, ist der Einfuhrabgabenbescheid vom 27.12.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.08.2014 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO). Die Einfuhrzollschuld, die bei der Überführung der Plättchen in den zollrechtlich freien Verkehr gemäß Art. 201 Abs. 1 S. 1 Buchst. a) der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 vom 12.10.1992 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. EG L 302/1; Zollkodex - ZK) entstanden ist, wurde mit 5 % des unstreitigen Zollwerts i. H. v. 1.678,28 € zutreffend berechnet, weil die Plättchen in die Unterposition 8113 00 90 KN, die einen Zollsatz in dieser Höhe vorsieht, einzureihen sind.

21

Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH) ist im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen sowie in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln der Kombinierten Nomenklatur (KN) festgelegt sind (EuGH, Urt. v. 20.11.2014, Rs. C-666/13, Rn. 24; Urt. v. 17.07.2014, Rs. C-480/13, Rn. 29 m. w. N.; BFH, Beschl. v. 28.04.2014, VII R 48/13, Rn. 29; Urt. v. 04.11.2003, VII R 58/02, Rn. 9; Urt. v. 30.07.2003, VII R 40/01, Rn. 12 - jeweils zitiert nach juris). Darüber hinaus sind die Erläuterungen zum Harmonisierten System (HS) und zur KN ein maßgebendes, wenn auch nicht rechtsverbindliches Hilfsmittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen (st. Rspr., siehe nur: EuGH, Urt. v. 20.11.2014 Rs. C-666/13, Rn. 25; Urt. v. 17.07.2014, Rs. C-480/13, Rn. 30 m. w. N.; BFH, Urt. v. 4.11.2003, VII R 58/02, Rn. 9; Urt. v. 30.07.2003, VII R 40/01, Rn. 12 - jeweils zitiert nach juris).

22

Für den maßgeblichen Zeitpunkt der Berechnung des Einfuhrzolls verweist Art. 214 Abs. 1 ZK grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Entstehung der Zollschuld. Dies ist bei der Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr der Tag der Annahme der Zollanmeldung (Art. 201 Abs. 2 ZK). Da dies hier am 27.12.2013 geschehen ist, richtet sich der anzuwendende Zollsatz (Art. 20 Abs. 1 ZK) nach Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif vom 23.07.1987 (ABl. EG L 256/1) i.d.F. der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 927/2012 der Kommission vom 09.10.2012 zur Änderung von Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 304/1).

23

Unter Anwendung dieser Grundsätze erfüllen die Plättchen die Voraussetzungen der Unterposition 8113 00 90 KN (dazu 1.). Eine Einreihung in dieser Unterposition kommt jedoch nur in Betracht, sofern die Waren nicht anderweitig erfasst sind (Erläuterung Nr. 14.1 zu Position 8113 HS; FG Düsseldorf, Beschl. v. 24.04.2014, V 4407/11, S. 7 BA). Dies ist nicht der Fall. Die Plättchen sind nicht als Formstücke für Werkzeuge aus Cermets mit einem Einfuhrzollsatz von (nur) 2,7 % in die Unterposition 8209 00 80 KN einzureihen (dazu 2.). Sie können darüber hinaus weder als Teil einer Werkzeugmaschine zum Bearbeiten von mineralischen Stoffen im Sinne von Position 8464 KN mit einem Zollsatz von 2,2 % (dazu 3.) noch als zollfreies Teil einer Mischmaschine in die Unterposition 8474 9090 KN (dazu 4.) eingereiht werden.

24

1. Die Plättchen erfüllen die Voraussetzungen der Unterposition 8113 0090 KN. Die Position 8113 00 KN erfasst "Cermets und Waren daraus, einschließlich Abfälle und Schrott". Die Unterposition 8113 00 90 KN umfasst andere derartige Waren als solche in Rohform oder als Abfälle und Schrott.

25

1.1 Die Plättchen sind Cermets im Sinne der Position 8113 00 KN. Die Legaldefinition eines Cermets gemäß Anmerkung 4 zu Abschnitt XV KN lautet:

26

In der Nomenklatur gelten als "Cermets" Erzeugnisse mit mikroskopisch heterogener Zusammensetzung aus einem Metall und einem keramischen Erzeugnis als Bestandteil. Der Begriff "Cermets" erfasst auch gesinterte Metallcarbide (mit einem Metall gesinterte Metallcarbide).

27

Danach werden zwei Arten von gesinterten Erzeugnissen als Cermets im Sinne des Zollrechts bezeichnet: Zum einen sind es Mischungen aus einem Metall und einem keramischen Erzeugnis (S. 1). Zum anderen wird der Cermet-Begriff auf Mischungen eines Metalls und - statt eines keramischen Erzeugnisses - eines Metallcarbids erweitert (S. 2). Auf die Leitfähigkeit der Produkte, auf die die Klägerin für die Einordnung als Cermet abgestellt hat, kommt es damit nicht an.

28

Die Plättchen sind Cermets im Sinne von Satz 2 der Anmerkung 4 zu Abschnitt XV KN. Sie bestehen ausweislich des Werkstoffprüfberichts zu ca. 88 % aus Wolframcarbid - einer chemischen Verbindung zwischen Wolfram und Kohlenstoff. Da Wolfram auch im zollrechtlichen Sinne ein Metall ist (Anmerkung 3 zu Abschnitt XV KN), handelt es sich bei Wolframcarbid um ein Metallcarbid. Das Wolframcarbid wurde mit ca. 11 % Cobalt, einem Metall im Sinne der KN (Anmerkung 3 zu Abschnitt XV KN), gesintert.

29

Der Einordnung der Plättchen als Cermets in diesem Sinne steht nicht entgegen, dass das Metallcarbid nicht nur mit einem Metall, nämlich Cobalt, sondern zusätzlich mit geringen Mengen Chrom und Eisen gesintert wurde und diese Metalle (Anmerkung 3 zu Abschnitt XV KN) gezielt beigemengt wurden, um die Oberflächenstruktur der Plättchen zu beeinflussen. Der Klammerzusatz in Satz 2 von Anmerkung 4 zu Abschnitt XV KN ist nämlich nicht in dem Sinne zu verstehen, dass nur ein einziges Metall mit Metallcarbid gesintert werden darf, damit das Erzeugnis ein Cermet ist. Wie sich aus der englischsprachigen Fassung der Anmerkung ergibt ["The term 'cermets' includes sintered metal carbides (metal carbides sintered with a metal)"], handelt es sich bei dem Wort "einem" um einen unbestimmten Artikel (englisch: "a") und nicht um ein Zahlwort (englisch: "one").

30

1.2 Da die Cermets nicht in Rohform oder als Abfälle oder Schrott eingeführt wurden, handelt es sich um andere Cermets im Sinne der Unterposition 8113 0090 KN.

31

2. Die Plättchen sind nicht als andere Formstücke für Werkzeuge aus Cermets der Unterposition 8209 0080 KN zuzuordnen. Die Position 8209 00 KN lautet:

32

Plättchen, Stäbchen, Spitzen und ähnliche Formstücke für Werkzeuge, nicht gefasst, aus Cermets

33

Da die Plättchen - wie dargelegt - Cermets sind und einfache geometrische Formen aufweisen, handelt es sich um Plättchen oder ähnliche Formstücke, die nicht gefasst sind. Sie sind jedoch nicht "für Werkzeuge" bestimmt.

34

2.1 Hierbei kann offen bleiben, ob äußerlich erkennbar sein muss, dass die Formstücke gerade "für Werkzeuge" bestimmt sind. Dagegen spricht, dass anders als an anderen Stellen der Kombinierten Nomenklatur (Anmerkung 2 b zu Abschnitt XVI KN: "Teile ..., wenn sie erkennbar ... für eine bestimmte Maschine ... bestimmt sind"; Anmerkung 1 a zu Abschnitt VII KN: Einzelbestandteile, die "eindeutig erkennbar dazu bestimmt sind, zusammen verwendet zu werden."; Zusätzliche Anmerkung 6 a S. 2 zu Kapitel 2 KN: "mit bloßem Auge wahrnehmbar") in der Position 8209 00 KN gerade nicht auf die objektive Erkennbarkeit der Verwendung abgestellt wird. Da ausweislich der Anmerkung 02.0 zu Position 8209 HS Cermets häufig aufgeschweißt oder aufgelötet werden, fehlen notwendigerweise Bohrlöcher, die auf eine Verwendung für Werkzeuge hinweisen könnten. Andererseits gibt es zahlreiche Einsatzmöglichkeiten für Cermets, etwa in der Flugzeugindustrie, in Kernreaktoren, bei der Raketenherstellung in Metallgießereien oder in Hochöfen (Erläuterung 11.0 zu Position 8113 HS), so dass die Einreihung in die Position 8209 00 KN einzig von den Angaben des Anmelders abhängen würde, wenn man auf äußerlich erkennbare Anhaltspunkte für die Verwendung verzichtete.

35

2.2 Die Plättchen sind im konkreten Einfuhrfall jedenfalls keine Formstücke, die für "Werkzeuge" im Sinne der Position 8209 00 KN bestimmt sind. Da der Wortlaut dieser Position den Begriff "Werkzeuge" enthält, der sich in der Überschrift von Kapitel 82 KN wiederfindet, und der Begriff "Maschine" in den Überschriften zu Abschnitt XVI und Kapitel 84 KN genannt wird, können vom Werkzeugbegriff im Sinne der Position 8209 00 KN nur Werkzeuge des Kapitels 82 KN - und nicht Maschinen des Kapitels 84 KN - umfasst sein.

36

Weil die Plättchen auf Mischarme gelötet werden, die in Maschinen der Mineralien verarbeitenden Industrie eingebaut werden, könnten die Plättchen innerhalb des Kapitels 82 KN allenfalls als Formstücke für "auswechselbare Werkzeuge zur Verwendung in ... Werkzeugmaschinen" der Position 8207 KN eingereiht werden. Dies ist jedoch nicht möglich, weil die Mischarme keine auswechselbaren Werkzeuge sind. Auswechselbar ist ein Werkzeug nämlich nur, wenn es nach seiner Beschaffenheit dazu bestimmt ist, fallweise jeweils eingesetzt zu werden (Anmerkung 01.1 zu Position 8207 HS). Dies ist hier nicht der Fall. Die Mischarme werden, wie die Klägerin im Erörterungstermin ausgeführt hat, nicht abhängig von dem jeweils zum mischenden Stoff gewechselt, sondern verbleiben bis zum endgültigen Verschleiß in der Mischmaschine.

37

Selbst wenn die Mischarme auswechselbar wären, wären sie nicht für Werkzeugmaschinen (siehe unten 3.), sondern für Mischmaschinen (siehe unten 4.) bestimmt, die in der Position 8207 KN nicht genannt sind.

38

Aus der Richtlinie 91/368/EWG vom 20.06.1991 (ABl. L 198/16), auf die die Klägerin verweist und mit der die Richtlinie 89/392/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für Maschinen geändert wurde, kann sie schon deshalb nichts Anderes für sich ableiten, weil diese Richtlinie durch die Richtlinie 98/37/EG vom 20.06.1998 (ABl. L 207/1) aufgehoben wurde. Im Übrigen wäre eine darin enthaltene Definition des Werkzeugbegriffs zollrechtlich unbeachtlich, weil die Richtlinie in einem völlig anderen Regelungszusammenhang, nämlich der Harmonisierung von Rechtsvorschriften zum Funktionieren des Binnenmarktes, steht.

39

3. Die Plättchen können nicht als Teil einer Werkzeugmaschine zum Bearbeiten von mineralischen Stoffen im Sinne von Position 8464 KN eingereiht werden, weil eine solche Mischmaschine, in die die Mischarme mit den Plättchen eingebaut werden, keine Werkzeugmaschine ist. Das Mischen von Mineralien stellt nämlich kein Bearbeiten im Sinne der Position 8464 KN dar. Dies ergibt sich daraus, dass die Position 8474 KN eine speziellere Position für Maschinen zum Mischen mineralischer Stoffe ist. In der Überschrift dieser Position sind nämlich Maschinen zum Mischen mineralischer Stoffe ausdrücklich aufgeführt.

40

4. Die Plättchen können schließlich nicht als Teile einer Mischmaschine in die Unterposition 8474 90 KN eingereiht werden. Wie bereits dargelegt (siehe 3.), werden die Mischarme, auf denen die Plättchen aufgelötet wurden, in Mischmaschinen der Position 8474 KN verwendet. Die Plättchen sind jedoch keine Teile einer solchen Maschine im Sinne der Unterposition 8474 90 KN i. V. m. Anmerkung 2 zu Abschnitt XVI KN. Da die Plättchen nicht ihrerseits eine Ware der Position der Kapitel 84 oder 85 KN sind, ist die Anmerkung 2 b zu Abschnitt XVI KN anzuwenden (Anmerkung 2 a zu Abschnitt XVI KN). Danach ist ein Teil nur dann Teil einer Maschine, wenn es "erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich für eine bestimmte Maschine oder für mehrere in der gleichen Position erfasste Maschinen bestimmt" ist. Dies ist hier nicht der Fall. Den Plättchen kann man nicht ansehen, dass sie auch nur hauptsächlich zur Verwendung in Mischmaschinen der Position 8474 KN bestimmt sind. Die Erkennbarkeit muss sich aus der objektiven Warenbeschaffenheit selbst ergeben (FG München, Urt. v. 08.12.2005, 14 K 1649/05, juris, Rn. 28). Dass die Klägerin Cermets jeweils für einen bestimmten Auftrag nach vorher festgelegten Spezifikationen importiert und sich somit aus den Geschäftsunterlagen der Klägerin die konkrete Bestimmung der Ware nachweisen ließe, ist unbeachtlich.

III.

41

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war nicht gemäß § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen.

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(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

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(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

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(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an di

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Ger

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(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht, 1. über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;2. bei Zurücknahme der Klage, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;3. bei Erledigung des Rechtsstr

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Bundesfinanzhof Beschluss, 28. Apr. 2014 - VII R 48/13

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Tatbestand 1 I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ließ in den Jahren 2010 und 2011  96 Sendungen Warensortimente mit Ursprung in den USA in den zollrechtlich
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Verwaltungsgericht Hamburg Urteil, 09. Feb. 2016 - 4 K 2176/15

bei uns veröffentlicht am 09.02.2016

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzen

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten;
6.
über die Beiladung.

(2) Der Vorsitzende kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid (§ 90a) entscheiden. Dagegen ist nur der Antrag auf mündliche Verhandlung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheides gegeben.

(3) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle des Senats entscheiden.

(4) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ließ in den Jahren 2010 und 2011  96 Sendungen Warensortimente mit Ursprung in den USA in den zollrechtlich freien Verkehr überführen. Zugleich beantragte sie die Abfertigung zum höchsten Zollsatz nach Art. 81 des Zollkodex (ZK) und meldete die Waren unter der Unterpos. 6109 10 10 der Kombinierten Nomenklatur (KN) für T-Shirts an. Die Zollstelle nahm die Anträge an und fertigte die Waren antragsgemäß ab. Bei stichprobenhaften Beschaffenheitsbeschauen, die u.a. auch die hier zu beurteilenden Sendungen erfassten, hatte das Zollamt keine anderen Waren als T-Shirts festgestellt.

2

Eine Zollprüfung des Prüfungsdienstes des Beklagten und Revisionsbeklagten (Hauptzollamt --HZA--) im Jahr 2012 bei der Klägerin ergab, dass die Sendungen als "Nylon Tricot Legging", "Nylon Tricot High-Waist Legging", "Printet Nylon Legging", "Shiny Legging" und "Shiny High-Waist Legging" bezeichnete Waren enthielten.

3

Bei diesen Waren handelte es sich um Bekleidungsstücke, die zu 100 % aus synthetischen Chemiefasern gewirkt waren. Die in Größen für Erwachsene konfektionierten Bekleidungsstücke waren hosenähnlich und wiesen knöchellange Beine ohne Fußteile auf. Sie hatten einen die Taille abschließenden elastischen Bund in unterschiedlicher Breite (2,5 bis 12,7 cm). An den Kleidungsstücken waren vorn weder eine Öffnung noch ein Verschluss, aber Nähte an den Innenseiten der Beine vorhanden. Merkmale, die auf einen bestimmten Trägerkreis hinwiesen, waren nicht feststellbar. Die Bekleidungsstücke konnten ohne Weiteres als eine lange, den Unterkörper bedeckende Hose getragen werden.

4

Der Prüfungsdienst reihte diese Waren in die Unterpos. 6104 63 00 KN ein und stellte fest, dass sich daraus neben dem Zollsatz von 12 % ein Zusatzzoll von weiteren 15 % ergebe. Das HZA folgte den Feststellungen und erhob von der Klägerin Einfuhrabgaben nach, in welchen --neben hier unstreitigen, auf fehlerhaften Zollwerten beruhenden, zu- und abgerechneten Zollbeträgen-- ein Zusatzzoll enthalten war.

5

Einspruch und Klage, mit welchen die Klägerin die Einreihung der Leggings in die Unterpos. 6406 90 90 KN, hilfsweise in die Unterpos. 6115 21 KN beanspruchte und geltend machte, der auf der Verordnung (EG) Nr. 673/2005 (VO Nr. 673/2005) des Rates vom 25. April 2005 zur Einführung zusätzlicher Zölle auf die Einfuhren bestimmter Waren mit Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika (Amtsblatt der Europäischen Union --ABlEU-- Nr. L 110/1) beruhende Zusatzzoll sei auf die zutreffende Tarifposition nicht anwendbar, im Übrigen sei bei einer Einreihung auf Antrag nach Art. 81 ZK nur die Anwendung des in der KN vorgesehenen höchsten Zollsatzes gestattet, blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) urteilte, der für die Nacherhebung der Zollschuld nach Art. 220 Abs. 1 Satz 1 ZK maßgebliche Zollsatz ergebe sich nach Art. 20 Abs. 1 ZK aus dem Zolltarif, im Streitfall aus der VO Nr. 673/2005 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 317/2009 (VO Nr. 317/2009) der Kommission vom 17. April 2009 (ABlEU Nr. L 100/6), einer sonstigen Gemeinschaftsregelung i.S. des Art. 20 Abs. 3 Buchst. g ZK, die für Waren der Unterpos. 6104 63 00 KN einen Zusatzzoll von 15 % des Wertes der eingeführten Waren vorsehe. Bei den streitgegenständlichen Leggings handele es sich um lange Hosen, aus Gewirken und Gestricken, für Frauen und Mädchen, die in die Pos. 6104 KN und innerhalb dieser Position aufgrund der synthetischen Spinnstoffe, aus denen sie bestehen, in die Unterpos. 6104 63 00 KN einzureihen seien.

6

Sie seien nicht als Waren der Pos. 6406 KN oder der Pos. 6115 KN einzureihen. Unter die Pos. 6406 KN fielen --u.a.-- Gamaschen und ähnliche Waren, aber keine hosenähnlichen Waren. Das ergebe sich auch aus den für die Auslegung maßgeblichen französischen und englischen Fassungen. Nach den Warenbezeichnungen in französischer Sprache handelt es sich bei "guêtres" um Gamaschen und Halbgamaschen, und bei "jambières" um Beinschienen, Beinschützer, Beinschutz, Gamaschen, sog. Legwarmer und Stulpen. In der englischen Fassung fänden sich neben "gaiters", das sind Stulpen oder Gamaschen, zwar "leggings and similar articles". Auch diese Bezeichnungen ließen aber nicht erkennen, dass die darunter fallenden Waren hosenähnlich sein dürften, nämlich ein zwei miteinander verbundenes, beide Beine und den Unterkörper bedeckendes Kleidungsstück sein könnten. Der Begriff "leggings" habe im Englischen zwei Bedeutungen: Zum einen bezeichne er gamaschenähnliche Kleidungsstücke, zum anderen sehr eng geschnittene Hosen für Frauen und Kinder. Letztere würden aber nicht von der Pos. 6406 KN erfasst. Dies ergebe sich aus dem Vergleich mit den übrigen, von der Position erfassten Waren. Auch die Entwicklung der Pos. 6406 KN bestätige diese Auslegung. Vor dem Beitritt Großbritanniens sei die heutige Pos. 6406 in den Tarifnummern 64.05 für Schuhteile und 64.06 für Gamaschen, Schienbeinschützer und ähnliche Waren sowie Teile davon (Verordnung (EWG) Nr. 950/68 --VO Nr. 950/68-- des Rates vom 28. Juni 1968 über den gemeinsamen Zolltarif, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 172/1) erfasst gewesen; auf Französisch "Guêtres, jambières, molletières, protège-tibias et articles similaires et leurs parties". Die inhaltlich unveränderten Tarifnummern seien dann in der englischen Fassung des Gemeinsamen Zolltarifs (VO (EWG) Nr. 1/73 des Rates vom 19. Dezember 1972, ABlEG Nr. L 1/1) als "Gaiters, spats, leggings, puttees, cricet pads, shin-guards and similar articles, and parts thereof" übersetzt worden. Eine inhaltliche Änderung der Tarifnummer mit dem Ziel der Einbeziehung von Damenhosen sei damit nicht verbunden gewesen, unter Leggings seien nur Kleidungsstücke zu verstehen, die ein Bein ganz oder teilweise bedeckten, aber nicht miteinander verbunden seien.

7

Auch in den Erläuterungen zum Harmonisierten System (ErlHS) zu Pos. 6406 KN Rz 14.0 würden die in der Klammer als Leggings bezeichneten Waren als Beinlinge, also nicht als Hosen oder hosenähnliche Kleidungsstücke beschrieben.

8

Bei den als Leggings bezeichneten Waren handele es sich auch nicht um Strumpfhosen der Pos. 6115 KN. Eine Strumpfhose sei eine aus zwei sich überlagernden Strümpfen gefertigte Unterleibsbekleidung. Dazu gehörten die streitgegenständlichen Waren jedoch nicht.

9

Das HZA sei auch berechtigt gewesen, in dem der Klägerin auf ihren Antrag bewilligten Verfahren nach Art. 81 ZK die Zollbelastung für alle Sendungen nach der höchsten Einfuhrabgabenbelastung, also mit dem Zusatzzoll nach der VO Nr. 673/2005 zu ermitteln. Die Klägerin hätte die in ihrem eigenen Warenwirtschaftssystem zutreffend unter der Unterpos. 6104 63 00 KN erfassten Leggings gesondert anmelden können.

10

Von der Nacherhebung könne auch nicht nach Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 1 ZK abgesehen werden. Es habe keine Warenbeschau gegeben, auf Grund derer die Klägerin davon habe ausgehen können, für die Leggings falle kein Zusatzzoll an.

11

Zur Begründung der Revision trägt die Klägerin vor: Die Leggings seien als "ähnliche Waren" wie Gamaschen in die Unterpos. 6406 90 90 KN, hilfsweise als "Strumpfhosen" in die Unterpos. 6115 21 KN einzureihen.

12

Für die Einreihung in die Pos. 6406 KN spreche die Verwendung des Begriffs "legging" in der englischen Sprachfassung und auch für das französische Wort "jambières" werde in Wörterbüchern als Synonym der Begriff "leggings" angegeben. Angesichts dieser eindeutigen Wortlaute habe das FG seine Auslegung nicht auf einen systematischen Vergleich der Ware mit den übrigen von der Position erfassten Waren stützen dürfen. Auf die Entwicklung des Gemeinsamen Zolltarifs der EWG dürfe zur Auslegung der KN nicht zurückgegriffen werden, da die KN nicht auf der VO Nr. 950/68, sondern auf dem Harmonisierten System zur Bezeichnung und Codierung der Waren beruhe und sich im Übrigen --wie der gegenüber der Tarifnummer 64.06 ("gaiters, spats, leggings, puttees, cricet pads, shin-guards and similar articles, and parts thereof") verkürzte Wortlaut der Pos. 6406 KN ("gaiters, leggings and similar articles, and parts thereof") zeige-- die zolltarifliche Rechtslage gegenüber dem Gemeinsamen Zolltarif geändert habe.

13

Den Klammerzusatz "leggings" zum Begriff Beinlinge in den ErlHS zu Pos. 6406 Rz 14.0 interpretiere das FG falsch, er sei als Ausweitung des Begriffs "Beinlinge" auf hosenähnliche Beinkleider zu verstehen.

14

Hilfsweise seien die Leggings als Strumpfhosen in die Unterpos. 6115 21 KN einzureihen.

15

Die Klägerin hält im Übrigen die Anwendung des Zusatzzolls der VO Nr. 673/2005 gemäß Art. 81 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 Buchst. g ZK auf sämtliche Waren der jeweiligen Sendung nicht für gerechtfertigt. Das FG verkenne, dass sich die VO Nr. 673/2005 und Art. 81 ZK widersprächen. Gemäß Art. 2 VO Nr. 673/2005 finde der Zusatzzoll ausschließlich auf die in Anhang I genannten Waren Anwendung. Nur so sei gewährleistet, dass die zusätzlichen Zölle 72 % der jährlichen Auszahlungen der USA aus vereinnahmten Antidumping- und Ausgleichszöllen an die geschädigten US-amerikanischen Unternehmen nicht übersteigen, was nach der Entscheidung des Schiedsgerichts der World Trade Organisation (WTO) vom 31. August 2004 (WT/DS217/ARB/EEC) Bedingung für die Erhebung der zusätzlichen Zölle sei. Die bei Anwendung des Art. 81 ZK sich ergebende Erstreckung der Zusatzzölle auf andere als in der VO Nr. 673/2005 gelistete Waren, führe zu einer Überschreitung des zulässigen Kompensationsbetrags. Bei der gebotenen völkerrechtskonformen Auslegung von Unionsrecht müsse der Zusatzzoll bei der Ermittlung der höchsten Einfuhrabgabenbelastung der Waren einer Sendung nach Art. 81 ZK außer Betracht bleiben.

16

Außerdem sei die Zulassung der vereinfachten Einreihung nach Art. 81 ZK rechtswidrig gewesen, weil Aufwand und Kosten der Einzelanmeldungen angesichts der hohen Zollsätze für Textilien nicht außer Verhältnis zur Höhe der Einfuhrabgaben stünden. Auch deshalb sei die Anwendung der höchsten Einfuhrabgabenbelastung rechtswidrig.

17

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung sowie den Einfuhrabgabenbescheid vom 16. November 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. Juni 2013 aufzuheben.

18

Das HZA schließt sich der Rechtsauffassung des FG an und beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

19

II. Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

20

Die Revision ist zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das Urteil des FG entspricht dem Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO).

21

Für die in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführten in 96 Sendungen zusammengefassten Warensortimente ist, da die Abfertigung zum höchsten Zollsatz nach Art. 81 ZK antragsgemäß bewilligt war, eine Zollschuld entstanden, die wegen der in den Sendungen enthaltenen Leggings zu einem Zollsatz von 12 % und gemäß Art. 2 VO Nr. 673/2005 i.V.m. Unterpos. 6104 63 00 KN zu einem Zusatzzoll von 15 % führt. Da der entsprechende Abgabenbetrag für die streitigen Einfuhren seinerzeit nicht buchmäßig erfasst wurde, ist er gemäß Art. 220 Abs. 1 ZK nachzuerheben.

22

1. Die Voraussetzungen einer vereinfachten Einfuhrabgabenerhebung gemäß Art. 81 ZK liegen vor. Die Klägerin hat die in den Einfuhrsendungen enthaltenen Waren einheitlich als solche angemeldet, auf die der jeweils höchste Abgabensatz entfällt, und diese Zollanmeldungen sind angenommen worden. Daran muss sie sich festhalten lassen. Die Voraussetzungen für eine Ungültigerklärung der Zollanmeldungen gemäß Art. 66 Abs. 2 ZK i.V.m. Art. 251 der Zollkodex-Durchführungsverordnung sind schon hinsichtlich der dort vorgesehenen Antragsfristen nicht erfüllt.

23

2. Bei der Ermittlung der auf die Waren des jeweiligen Sortiments entfallenden höchsten Einfuhrabgabenbelastung war auch der Zusatzzoll aus der VO Nr. 673/2005 zu berücksichtigen, sofern eine der Waren von einer im Anhang dieser Verordnung aufgeführten Tarifbezeichnungen erfasst war. Die Vereinfachungsvorschrift des Art. 81 ZK betrifft (nur) die Einfuhrabgaben i.S. des Art. 4 Nr. 10 ZK (vgl. Weymüller in Dorsch, Zollrecht, Art. 81 ZK Rz 38), also nach dem hier maßgeblichen Art. 4 Nr. 10 Anstrich 1 ZK "Zölle und Abgaben mit gleicher Wirkung bei der Einfuhr von Waren". Darunter fällt auch der Zusatzzoll gemäß der VO Nr. 673/2005. Denn der Zolltarif der Europäischen Gemeinschaften umfasst nach Art. 20 Abs. 3 Buchst. g ZK die sonstigen zolltariflichen Maßnahmen der Union, also auch die sog. Retorsionszölle, die im Fall von Handelsstreitigkeiten festgelegt werden, wie es mit der VO Nr. 673/2005 geschehen ist (so auch Lux in Dorsch, Zollrecht, Art. 20 ZK Rz 33).

24

Mit ihrem Einwand, die Anwendung der unter Einbeziehung des Zusatzzolls ermittelten höchsten Abgabenbelastung auf alle Waren einer Sendung führe zu einer Erstreckung der Zusatzzölle auf andere als in der VO Nr. 673/2005 gelistete Waren und damit zu einer von der Genehmigung der Zusatzzölle durch das Schiedsgericht der WTO nicht mehr gedeckten Überschreitung des zulässigen Kompensationsbetrags, macht die Klägerin keine Verletzung eines eigenen subjektiv-öffentlichen Rechts geltend, auf welches allein sie die Anfechtung der Nacherhebung stützen kann. Da Art. 81 ZK den Begriff Einfuhrabgabenbelastung verwendet und damit nach den Definitionen der Art. 4 Nr. 10 und Art. 20 Abs. 3 Buchst. g ZK sonstige zolltarifliche Maßnahmen der Gemeinschaft bzw. Abgaben mit gleicher Wirkung wie Zölle einbezieht, sind Zusatzzölle wie solche des Streitfalls bei der Ermittlung der "höchsten Einfuhrabgabenbelastung" i.S. des Art. 81 ZK nicht ausgenommen. Anderenfalls ließen sich mithilfe dieses für Sammelsendungen unterschiedlicher Waren vorgesehenen vereinfachten Einreihungsverfahrens Zusatzzölle für bestimmte in solchen Sendungen enthaltene Einfuhren umgehen.

25

Trotz der seitens der Kommission mit Schreiben vom 27. September 2013, auf das sich die Revision beruft, geäußerten Rechtsmeinung hält der Senat in Anbetracht des eindeutigen Wortlauts des Art. 81 ZK sowie des Art. 4 Nr. 10 Anstrich 1 ZK die Auslegung jener Vorschrift auch im Hinblick auf die mit der VO Nr. 673/2005 verfolgten Ziele für zweifelsfrei und sieht keinen Grund, eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) einzuholen.

26

Ist das vereinfachte Einreihungsverfahren gemäß Art. 81 ZK beantragt und bewilligt, tritt die gesetzliche Folge ein, dass der für bestimmte in der Sendung enthaltene Waren vorgesehene höchste Einfuhrabgabensatz --und damit ebenso der für solche Waren zu erhebende Strafzoll-- auch auf Waren anzuwenden ist, für die eigentlich kein Strafzoll, sondern ein geringerer Abgabensatz gilt. Hätte der Unionsgesetzgeber diese Rechtsfolge für von der VO Nr. 673/2005 nicht erfasste Waren vermeiden wollen, hätte es nahe gelegen, in dieser Verordnung die Anwendung des Art. 81 ZK auszuschließen. Dies ist jedoch nicht geschehen. Vielmehr hat der Unionsgesetzgeber mit Art. 3 VO Nr. 673/2005 eine andere Regelung zur Einhaltung des vorgesehenen Kompensationsbetrags vorgesehen. Es kommt daher nicht in Betracht, für von der VO Nr. 673/2005 nicht erfasste Waren die Rechtsfolge des Art. 81 ZK trotz Vorliegens seiner Voraussetzungen nicht eintreten zu lassen mit der Folge, dass die Erhebung des Zusatzzolls auch für in der Einfuhrsendung enthaltene Waren der VO Nr. 673/2005 unterbleibt.

27

3. Dem Einwand der Klägerin, es sei unverhältnismäßig, die gesamte Warenmenge mit dem Zusatzzoll zu belegen, ist nicht zu folgen (vgl. Senatsurteil vom 26. September 1989 VII R 10/87, BFHE 158, 200, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 1990, 48, zu § 79 Abs. 2 des Zollgesetzes 1961). Der Anmelder kann Einfuhrwaren mit besonders hoher Abgabenbelastung ausschließen, indem er diese Waren getrennt anmeldet, oder er kann für eine Warengruppe angeben, dass bestimmte Waren in dieser nicht enthalten sind (vgl. Weymüller in Dorsch, a.a.O., Art. 81 ZK Rz 37).

28

4. Auf die streitgegenständlichen Waren ("Leggings") entfällt der Zusatzzoll nach Art. 2 VO Nr. 673/2005 (für die Einfuhren des Jahres 2009 i.d.F. der VO Nr. 317/2009) i.V.m. deren Anhang I auf Waren der Unterpos. 6104 63 00 KN.

29

Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. EuGH-Urteil vom 15. November 2012 C-558/11, ZfZ 2013, 41, Rz 29, m.w.N.) ist im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen der KN und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind (s. Allgemeine Vorschriften für die Auslegung der KN 1 und 6).

30

a) Von der Unterpos. 6104 63 00 KN werden u.a. lange Hosen aus Gewirken und Gestricken aus synthetischen Chemiefasern für Frauen oder Mädchen erfasst.

31

aa) Nach den Feststellungen des FG handelte es sich bei den in Warensendungen enthaltenen Leggings um Kleidungsstücke aus zwei miteinander verbundenen Beinteilen, die beide Beine und den Unterkörper bedecken, mit Nähten an den Innenseiten der Beinteile, einem breiten Bund und ohne Fußteile, und die ohne Weiteres als lange, den Unterkörper bedeckende Hosen getragen werden können. Diese tatrichterliche Wertung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, sie erscheint vielmehr durchaus nachvollziehbar. Die Klägerin setzt ihr auch lediglich ihre eigene --abweichende-- Wertung entgegen, die Leggings seien als Oberbekleidung nicht geeignet.

32

bb) Die Leggings fallen auch nicht unter die Anmerkung 1 Buchst. n zu Abschn. XI, wonach Gamaschen und ähnliche Waren des Kapitels 64 aus diesem Abschnitt ausgewiesen sind.

33

Von der Pos. 6406 KN sind in der deutschen Sprachfassung erfasst "Schuhteile ...; Einlegesohlen, Fersenstücke und ähnliche herausnehmbare Waren; Gamaschen und ähnliche Waren sowie Teile davon". Leggings sind nicht genannt. Zwar taucht dieser Begriff in den ErlHS zu Pos. 6406 unter "II) Gamaschen und ähnliche Waren sowie Teile davon" in Rz 14.0 als Synonym für Beinlinge ("Leggings") auf, die den sog. Beinschützern ähnlichen Waren --wie Wadengamaschen (einschließlich Wickelgamaschen), Stutzen, Trachtenstrümpfe usw., ohne Fußteil und mit oder ohne Steg-- zugeordnet werden. Es ist allerdings offensichtlich und bedarf keiner näheren Begründung, dass die von der Klägerin eingeführten Leggings keine diesen Kleidungsstücken ähnliche Waren sind. Aus der englischen Sprachfassung der Pos. 6406 KN folgt nichts anderes.

34

b) Bei den als Leggings bezeichneten Waren handelt es sich auch nicht um Strumpfhosen der Pos. 6115 KN.

35

Weder aus dem Wortlaut der Positionen der KN noch aus den Anmerkungen ergeben sich Definitionen oder klare Abgrenzungskriterien für Strumpfhosen und lange Hosen.

36

Gleichwohl tragen diese Waren ihre Definition in sich. Sie ergibt sich aus dem allgemeinen Sprachgebrauch.

37

Strumpfhosen sind eng an Fuß, Bein und Unterleib anliegende, gewirkte oder gestrickte Hosen (besonders für Frauen und Kinder), die wie ein Strumpf angezogen werden. Dementsprechend hat das FG zutreffend herausgearbeitet, dass Strumpfhosen aus zwei sich überlagernden Strümpfen gefertigte, typischerweise --wie Strümpfe-- rundgewebte Unterleibsbekleidungen sind. Strumpfhosen weisen eine besondere, machartbedingte Passform auf, sie passen sich eng anliegend der Körperform an.

38

Dieser Definition entsprechen die streitigen Kleidungsstücke schon nicht, weil sie keinen Strumpf, d.h. keinen den Fuß umhüllenden Teil aufweisen. Auf die übrigen vom FG zur Unterscheidung von Hosen und Strumpfhosen herangezogenen Merkmale --wie Längsnähte an den Innenseiten oder fehlende Angaben zur Feinheit der verwendeten Garne-- braucht daher nicht eingegangen zu werden.

39

5. Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Nacherhebung der Einfuhrabgaben gemäß Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK sind nicht erfüllt. Insoweit wird auf die Ausführungen im FG-Urteil Bezug genommen.

40

6. Ist das Urteil nach alledem revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, so ist die Revision mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 2 FGO zurückzuweisen.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.