Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 04. Mai 2016 - 5 K 160/15

ECLI:ECLI:DE:FGST:2016:0504.5K160.15.0A
04.05.2016

Tenor

1. Die Anhörungsrüge der Klägerin gegen den Beschluss des Berichterstatters vom 2. November 2015 5 K 160/15 wird als unbegründet zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Gründe

1

1. Nicht der Senat, sondern allein der Berichterstatter ist gesetzlich im vorbereitenden Verfahren anstelle der Vorsitzenden des 5. Senats gem. § 79a Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. Abs. 4 Finanzgerichtsordnung (FGO) berufen, über die vorliegende Anhörungsrüge i. S. d. § 133a FGO zu entscheiden.

2

a) Für die Entscheidung über die Anhörungsrüge fehlt es an einer gesetzlichen Spezialregelung, weshalb sich die Entscheidungszuständigkeit aus den allgemeinen Prozessbestimmungen ergibt. Danach ist gem. § 79a Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. Abs. 4 FGO der Berichterstatter anstelle der Vorsitzenden des 5. Senats auch allein zuständig für sämtliche im vorbereitenden Verfahren zu treffenden (Neben-)Entscheidungen im Falle der Erledigung des Rechtsstreits durch die übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Beteiligten. Zu diesen Nebenentscheidungen i. S. d. § 79a Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. Abs. 4 FGO gehört auch die Entscheidung im Beschlusswege über die Anhörungsrüge i. S. d. § 133a FGO.

3

aa) Dies folgt aus dem Zweck der Vorschrift des § 79a FGO, der die Senate der Finanzgerichte entlasten und die finanzgerichtlichen Verfahren straffen soll (BT-Drucks 12/1061 S 16); dagegen bestehen insbesondere auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. die Rechtsprechungsnachweise bei Gräber, FGO, 8. Auflage, FGO § 79a Rn. 1).

4

Vorsitzender oder Berichterstatter werden im Rahmen des § 79a als Einzelrichter anstelle des zum gesetzlichen Richter berufenen Senats tätig und sind damit gesetzlicher Richter i. S. d. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (-GG-, z.B. BFH-Beschluss vom 20.02.2013 X E 8/12, BFH/NV 2013, 763). Ein Wahlrecht, die Entscheidung stattdessen durch den Senat zu treffen, besteht nicht (Beschluss des Bundesfinanzhofs –BFH- vom 08.01.2013 X B 101/12 BFH/NV 2013, 749).

5

bb) Auch wenn der Begriff des „vorbereitenden Verfahrens“ weder in § 79a Abs. 1 FGO noch sonst in der FGO definiert, ist angesichts der in § 79 FGO – den der § 79a FGO ergänzt – aufgezählten Maßnahmen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung davon auszugehen, dass hierunter der Zeitraum ab Eingang der Klage bei Gericht bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung fällt (z.B. BFH-Beschluss vom 20.02.2013 X E 8/12, BFH/NV 2013, 763). Daher zählen auch Anhörungsrügen als Nebenentscheidungen im Falle fehlender mündlicher Verhandlung – wie vorliegend – zum vorbereitenden Verfahren.

6

c) Soweit der BFH bei Beschlüssen über die Anhörungsrüge grundsätzlich in der Besetzung von drei Richtern entscheidet, beruht dies auf der entsprechenden zwingenden gesetzlichen Spezialregelung in § 10 Abs. 3 FGO, die bei allen Beschlüssen des BFH außerhalb der mündliche Verhandlung eine Besetzung mit drei Richtern vorsieht (vgl. weiterführend Beschluss vom 12.4.2011 III S 49/10, BFH/NV 2011, 1177f.).

7

2. Die Anhörungsrüge ist unbegründet und deshalb durch Beschluss zurückzuweisen, § 133a Abs. 4 Satz 2 und 3 FGO. Der Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs wurde bei der Kostenentscheidung i. S. d. § 138 FGO nicht verletzt.

8

a) Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistet den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens das Recht, vor Gericht Anträge zu stellen und Ausführungen zu machen. Dem entspricht die Pflicht des Gerichts, die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen, sofern das Vorbringen nicht nach den Prozessvorschriften ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben muss oder kann (ständige Rechtsprechung, z. B. BFH-Beschlüsse vom 26.2.2014 I S 24/13, BFH/NV 2016, 591-592 und vom 11.7.2012 I S 8/12, BFH/NV 2012, 1813).

9

Grundsätzlich ist nach dieser BFH-Rechtsprechung davon auszugehen, dass das Gericht das Vorbringen eines Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat, wenngleich es nach Art. 103 Abs. 1 GG nicht verpflichtet ist, sich mit jedem Vorbringen in der Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen. Der Umstand allein, dass sich die Entscheidungsgründe mit einem bestimmten Gesichtspunkt nicht ausdrücklich auseinandersetzen, rechtfertigt grundsätzlich nicht die Annahme, das Gericht habe den Gesichtspunkt unter Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör übergangen. Dieses Recht wird auch nicht dadurch verletzt, dass das Gericht der Rechtsansicht eines Beteiligten nicht folgt. Denn die Anhörungsrüge dient nicht dazu, die angegriffene Entscheidung in der Sache in vollem Umfang nochmals zu überprüfen. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegt daher nur dann vor, wenn sich aus den besonderen Umständen des einzelnen Falles deutlich ergibt, dass das Gericht ein tatsächliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat.

10

b) Gemessen an vorstehenden Grundsätzen liegen im Streitfall keinerlei Anhaltspunkte für eine Gehörsverletzung bei Erlass der angegriffenen Kostenentscheidung vor.

11

aa) Das Gericht hat mit richterlicher Verfügung vom 8. Oktober 2015 der Klägerin ausdrücklich Gelegenheit gegeben, zur Frage der Kostenverteilung im Falle der Erledigungserklärung Stellung zu nehmen. Mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2015 hat sich die Klägerin hierzu gegenüber dem Gericht tatsächlich geäußert (und ein Versäumnis ihrerseits an der Klageerhebung verneint).

12

bb) Die Kostenentscheidung bei Erledigung des Rechtsstreits gem. § 138 FGO soll das (vorbereitende) Verfahren vereinfachen. Sachverhaltsermittlungen sind entbehrlich; eine besondere Beweisaufnahme ist nicht zulässig (Gräber/Ratschow, FGO, 8. Auflage, FGO, § 138 Rn. 38f. m.w.N.). Soweit die Kostenentscheidung – wie vorliegend im vorbereitenden Verfahren – nach Lage der Akten zu ergehen hat, ist es deshalb grundsätzlich nicht erforderlich, weiteres rechtliches Gehör zu gewähren. Das Gericht hat nur summarisch zu prüfen, wem die Kosten aufzuerlegen sind (z. B. BFH-Beschluss vom 28.02.2012 VIII R 2/08, BFH/NV 2012, 1135).

13

Einer Anhörungsrüge i. S. d. § 133a FGO gegen eine Kostenentscheidung wird daher allgemein kaum Aussicht auf Erfolg eingeräumt, da nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen eine weitere Sachaufklärung wegen der Kostenentscheidung grundsätzlich nicht mehr in Betracht kommt (z.B. Gräber/Ratschow, FGO, 8. Auflage, § 138 Rn. 38-39).

14

cc) Ungeachtet vorstehender Ausführungen, hat der Berichterstatter in seiner angegriffenen Kostenentscheidung vom 2. November 2015 nicht nur den rechtliches Gehör wahrnehmenden Schriftsatz vom 28. Oktober 2015, sondern auch die in der Klagebegründung vom 30. Juni 2015 vorgebrachten Einwendungen inhaltlich hinreichend zur Kenntnis genommen und berücksichtigt. Jedoch war in der Sache – übrigens auch nach den Ausführungen in der Anhörungsrüge – keine andere Entscheidung zu treffen.

15

Das Gericht hat in seiner angegriffenen Kostenentscheidung maßgeblich darauf abgestellt, dass die Klägerin den von ihr eingelegten Einspruch lediglich mit der Behauptung eingelegt hat, sie gehöre zum zulagenberechtigten Personenkreis und, dass sie eine weitere Begründung trotz entsprechender Aufforderung durch das beklagte Finanzamt (FA) vom 11. Dezember 2014 unbeantwortet gelassen und damit die zum Klageverfahren führende Einspruchsentscheidung i. S. d. § 137 FGO verursacht hat.

16

Ausweislich der Verwaltungsakte lag dem FA (auch noch) im Einspruchsverfahren die Mitteilung der zentralen Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA) vom 22. Oktober 2014 vor, dass die Klägerin nicht zum zulagenberechtigten Personenkreis gehört. Dies teilte das FA der Klägerin in seinem bereits genannten Anhörungsschreiben vom 11. Dezember 2014 entsprechend mit und wies die Klägerin u.a. sowohl auf die Möglichkeit der Kontaktierung der ZfA als auch darauf hin, dass der Einspruch bei unveränderter Aktenlage zurückgewiesen werden müsste. Angesichts dieser, der Klägerin bekanntgegebenen, Mitteilung der ZfA vom 22. Oktober 2014 über die fehlende Zulagenberechtigung liegt der wiederholte Hinweis der Klägerin auf etwaige Kenntnisse oder Verfahrensweisen des FA aus Vorjahren gerade neben der Sache.

17

Selbst zuletzt in ihrer Anhörungsrüge trägt die Klägerin bezeichnender Weise – trotz Kenntnis der entsprechenden Ausführungen in der angegriffenen Kostenentscheidung – nicht vor, weshalb sie im Einspruchsverfahren betreffend das vorliegende Streitjahr 2011 trotz der Aufforderung des FA vom 11. Dezember 2014 nicht zumindest auf ihre berufliche Stellung hingewiesen hat bzw. nicht vorgetragen hat, wieso ihr dies nicht möglich gewesen sein sollte.

18

Zudem erschließt sich dem Gericht nicht, weshalb die Klägerin nicht zumindest das FA darum gebeten hat mit einer Einspruchsentscheidung zu warten, bis die ZfA ihre Meldung korrigiert bzw. richtig stellt. Damit hätte die Klägerin dem FA einen Grund geben können, mit einer Einspruchsentscheidung abzuwarten.

19

3. Auch wenn eine Kostenentscheidung nicht zu treffen ist, da es sich nicht um ein kontradiktorisches Verfahren handelt (z.B. BFH-Beschluss vom 25. Februar 2016 VII S 26/15, BFH/NV 2016, 775-776), wird die entsprechend § 135 Abs. 1 FGO erfolglose Rügeführerin vorsorglich klarstellend darauf hingewiesen, dass sie die nach Nr. 6400 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes für das Verfahren über die Rüge nach § 133a FGO entstehenden Gerichtskosten in Höhe von 60 € zu tragen hat.


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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 3 Höhe der Kosten


(1) Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstands (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist. (2) Kosten werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 133a


(1) Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn 1. ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und2. das Gericht den Anspruch dieses

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 79a


(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht, 1. über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;2. bei Zurücknahme der Klage, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;3. bei Erledigung des Rechtsstr

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(1) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluss; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. (2) Soweit ein Rechtsstreit dadurch

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 137


Einem Beteiligten können die Kosten ganz oder teilweise auch dann auferlegt werden, wenn er obsiegt hat, die Entscheidung aber auf Tatsachen beruht, die er früher hätte geltend machen oder beweisen können und sollen. Kosten, die durch Verschulden ein

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 79


(1) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter hat schon vor der mündlichen Verhandlung alle Anordnungen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen. Er kann insbesondere 1. die Beteiligte

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 10


(1) Der Bundesfinanzhof besteht aus dem Präsidenten und aus den Vorsitzenden Richtern und weiteren Richtern in erforderlicher Anzahl. (2) Beim Bundesfinanzhof werden Senate gebildet. § 5 Abs. 2 Satz 2 gilt sinngemäß. (3) Die Senate des Bundesfinanz

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Tatbestand 1 I. Mit Urteil vom 30. September 2010 III R 39/08 hat der angerufene Senat auf die Revisionen des Klägers, Revisionsklägers, Revisionsbeklagten und Rügeführe

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(1) Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Ist die Rüge nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form oder Frist erhoben, so ist sie als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies aufgrund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können. Für den Ausspruch des Gerichts ist § 343 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden.

(6) § 131 Abs. 1 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten;
6.
über die Beiladung.

(2) Der Vorsitzende kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid (§ 90a) entscheiden. Dagegen ist nur der Antrag auf mündliche Verhandlung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheides gegeben.

(3) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle des Senats entscheiden.

(4) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

Tatbestand

1

I. Mit Schreiben vom 13. Juli 2012 erhob die Prozessbevollmächtigte des Kostenschuldners und Erinnerungsführers (Kostenschuldner) eine Entschädigungsklage gemäß § 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) i.V.m. § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beim Bundesfinanzhof (BFH) und verwies auf die mit Schriftsatz vom 29. Dezember 2011 angebrachten Verzögerungsrügen, die ausweislich der beigefügten Anlage 7 u.a. das Klageverfahren beim Finanzgericht (FG) Hamburg unter dem dortigen Aktenzeichen 7 K … betrafen. Die Prozessbevollmächtigte wurde mit Schreiben der Geschäftsstelle des angerufenen Senats vom 30. Juli 2012 um Angabe des Wertes des Streitgegenstandes (Streitwert) gebeten, wobei darauf hingewiesen wurde, dass es sich beim Streitwert im vorliegenden Verfahren um die Höhe des vom Kostenschuldner erstrebten Entschädigungsbetrages handele. Sie gab daraufhin mit Schreiben vom 20. August 2012 einen Entschädigungsbetrag von 5.200 € an, wobei sie allerdings neben dem Klageverfahren mit dem Aktenzeichen 7 K … auch auf die Entschädigungsklage in Bezug auf das Klageverfahren mit dem Aktenzeichen 3 K … verwies. Die Angaben erfolgten unter dem Aktenzeichen X K 6/12. Auf telefonische Nachfrage teilte die Prozessbevollmächtigte in Bezug auf die Entschädigungsklage wegen der unangemessenen Dauer des Klageverfahrens beim FG Hamburg und unter Nennung des Aktenzeichens 7 K … --sowie unter Bezugnahme auf X K 4/12-- mit Schreiben vom 14. September 2012 einen Streitwert von 36.000 € mit. Den materiellen Schaden bezifferte sie in diesem Schreiben mit 40.000 € und den immateriellen Schaden mit 5.000 €.

2

Unter dem Briefkopf der Geschäftsstelle des X. Senats forderte daraufhin die Kostenstelle mit Rechnung vom 25. September 2012 … (X K 4/12) unter Hinweis auf die Vorschriften der §§ 12a, 12 des Gerichtskostengesetzes (GKG) die Entrichtung der nach §§ 3 Abs. 2, 34 GKG i.V.m. Nr. 6112 des Kostenverzeichnisses zum GKG fälligen Verfahrensgebühr in Höhe von 1.990 € vom Kostenschuldner ein. Dabei legte sie einen Streitwert von 36.000 € zugrunde.

3

Am 28. September 2012 teilte die Prozessbevollmächtigte mit, dass der Streitwert nur vorläufig sei, da die Verfahren noch nicht beendet seien und deshalb die Kostenrechnung aufzuheben sei. Die Kostenstelle des BFH wertete dieses Schreiben als Erinnerung. Am 5. Dezember 2012 berichtigte die Kostenstelle des BFH die Rechnung vom 25. September 2012 … (X K 4/12) insoweit, als sie diese erneut, diesmal unter ihrem Briefkopf, an die Prozessbevollmächtigte des Kostenschuldners übersandte. Mit Schreiben vom 21. Dezember 2012 verlangte die Prozessbevollmächtigte u.a. erneut die Aufhebung aller Kostenrechnungen sowie nun auch "AdV hinsichtlich aller Kostenfestsetzungen". Diesen Antrag wiederholte sie in den Schreiben vom 14. Januar 2013 und 12. Februar 2013. Mit Schreiben vom 12. Februar 2013 beantragte die Prozessbevollmächtigte auch Prozesskostenhilfe (PKH) und die Reduzierung des Streitwertes auf die gesetzlichen Jahrespauschalen. Ebenfalls in diesem Schreiben wie auch in einem Schreiben vom 14. Februar 2013 beantragte sie "Aufhebung des Kostenfestsetzungsbeschlusses".

4

Der Kostenschuldner beantragt sinngemäß,
1. die Kostenrechnung des BFH –Kostenstelle– vom 5. Dezember 2012 … (X K 4/12) aufzuheben,
2. die aufschiebende Wirkung der Erinnerung anzuordnen.

5

Die Vertreterin der Staatskasse (Kostengläubigerin und Erinnerungsgegnerin) beantragt,
die Erinnerung als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

II. Der Antrag des Kostenschuldners im Schreiben vom 28. September 2012, die Kostenfestsetzungen, und damit auch die nunmehr geltende berichtigte Kostenrechnung vom 5. Dezember 2012 … (X K 4/12) aufzuheben, ist --mangels anderer einschlägiger Rechtsbehelfe-- als Erinnerung i.S. des § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG anzusehen. Diese hat keinen Erfolg. Keinen Erfolg hat auch der im Schreiben vom 21. Dezember 2012 gestellte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung i.S. des § 66 Abs. 7 Satz 2 GKG.

7

1. Für die Entscheidung über eine Erinnerung i.S. des § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG wie auch über einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieser Erinnerung (§ 66 Abs. 7 Satz 2 GKG) ist gemäß § 79a Abs. 1 Nr. 5, Abs. 4 FGO der Berichterstatter zuständig.

8

a) Die Anwendung des § 79a FGO ist anders als die Entscheidung durch den Einzelrichter (so § 201 Abs. 2 Satz 2 GVG) in Entschädigungsklageverfahren beim BFH nicht ausgeschlossen.

9

aa) Die FGO unterscheidet zwischen dem Einzelrichter i.S. des § 6 Abs. 1 FGO und dem nach dem senatsinternen Geschäftsverteilungsplan zuständigen Berichterstatter (vgl. hinsichtlich der Unterscheidung BFH-Beschluss vom 23. November 2011 IV B 7/10, BFH/NV 2012, 429). Dieser tritt gemäß § 79a Abs. 4 FGO als gesetzlicher Richter i.S. von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes bei den in § 79a Abs. 1 FGO genannten Entscheidungen im "vorbereitenden Verfahren" an die Stelle des Senats bzw. des Vorsitzenden (Thürmer in Hübschmann/Hepp/ Spitaler --HHSp--, § 79a FGO Rz 38, m.w.N.). Anders als der Einzelrichter i.S. des § 6 FGO ist der Berichterstatter in Entschädigungsklagen nicht ausgeschlossen. Ein für das Revisionsverfahren in § 121 Satz 2 FGO geregelter Ausschluss des § 79a FGO findet sich in § 155 Satz 2 FGO, der die Entschädigungsklagen beim BFH betrifft, nicht. Durch ausdrücklichen Hinweis auf die Parallelvorschrift des § 87a der Verwaltungsgerichtsordnung in der Gesetzesbegründung (BTDrucks 17/7217, 28) wird deutlich, dass der Gesetzgeber eine solche Entscheidungsbefugnis des Berichterstatters gewollt hat.

10

bb) Über die vorliegende Erinnerung wird im "vorbereitenden Verfahren" entschieden. Zwar ist der Begriff des "vorbereitenden Verfahrens" weder in § 79a Abs. 1 FGO noch sonst in der FGO definiert, doch ist angesichts der in § 79 FGO --den der § 79a FGO ergänzt-- aufgezählten Maßnahmen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung davon auszugehen, dass hierunter der Zeitraum ab Eingang der Klage bei Gericht bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung fällt (Thürmer in HHSp, § 79a FGO Rz 50, m.w.N.).

11

cc) Zu den Entscheidungen im vorbereitenden Verfahren gehört auch die Entscheidung über eine die Kostenfrage betreffende Erinnerung i.S. des § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG. Sie ist eine Entscheidung über Kosten gemäß § 79a Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. Abs. 4 FGO. In Verfahren wegen überlanger Gerichtsverfahren soll die Klage erst nach Zahlung der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen zugestellt werden (§ 12a i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 GKG). Sowohl die Erstellung der entsprechenden Kostenrechnung wie auch die hiergegen mögliche Erinnerung betreffen folglich das vorbereitende Verfahren. Die Erinnerung gegen die Kostenrechnung i.S. der §§ 12 Abs. 1 Satz 1, 12a GKG ist eine Kostenentscheidung. Sie unterscheidet sich insoweit nicht von einer Kostenerinnerungsentscheidung, die von einem Vorsitzenden bzw. Berichterstatter im Anschluss an eine Kostengrundentscheidung getroffen wird. In diesem Fall ist nach der herrschenden Meinung der Senat nur zuständig, wenn die Kostenentscheidung nicht im vorbereitenden Verfahren ergeht (vgl. nur FG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19. Dezember 2011  3 KO 965/10, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2012, 1312; auch FG Münster, Beschluss vom 7. Juni 2010  9 Ko 647/10 KFB, EFG 2010, 2021, unter Rz 8 und 11, jeweils m.w.N.). Das hier vorliegende Erinnerungsverfahren kann nicht als eigenständiges Neben- oder Folgeverfahren aufgefasst werden, welches durch die Erinnerungsentscheidung beendet wird. Anders als einer der Kostengrundentscheidung des Berichterstatters nachgehenden Kostenerinnerung fehlt es bei einer auf §§ 12 Abs. 1 Satz 1, 12a GKG beruhenden Kostenrechnung an einem vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle gefassten Kostenfestsetzungsbeschluss, der womöglich außerhalb des "vorbereitenden Verfahrens" ergeht (zu dieser Problematik vgl. nur FG-Beschluss in EFG 2012, 1312, unter II. 1. b cc (1), m.w.N.). Vielmehr überprüft der Berichterstatter im Erinnerungsverfahren gegen die Kostenrechnung nach §§ 12 Abs. 1 Satz 1, 12a GKG lediglich deren Richtigkeit und fördert damit den Fortgang des vorbereitenden Verfahrens.

12

b) Aus den gleichen Gründen ist der Berichterstatter gemäß § 79a Abs. 1 Nr. 5, Abs. 4 FGO auch für die Entscheidung über den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Erinnerung gemäß § 66 Abs. 7 Satz 2 GKG funktionell zuständig. Ein solcher Antrag ist --im Wege rechtsschutzgewährender Auslegung-- zugunsten des Kostenschuldners aufgrund des Schreibens der Prozessbevollmächtigten vom 21. Dezember 2012 anzunehmen, auch wenn diese dort ausdrücklich die --in Kostensachen nicht vorgesehene-- "Aussetzung der Vollziehung" der Kostenrechnung verlangt hat.

13

2. In der Sache hat die Erinnerung keinen Erfolg. Die Kostenrechnung vom 5. Dezember 2012 … (X K 4/12), die die Kostenrechnung vom 25. September 2012 … (X K 4/12) ersetzt, ist nicht fehlerhaft.

14

a) Der vom Kostenbeamten in der Kostenrechnung vom 5. Dezember 2012 … (X K 4/12) berechnete vorläufige Streitwert ist zumindest in dieser Höhe ansetzbar. Aufgrund der Angaben der Prozessbevollmächtigten im Schreiben vom 14. September 2012 zum materiellen und immateriellen Schaden von insgesamt 45.000 € konnte der vorläufige Streitwert mit 36.000 € angesetzt werden. Der vorläufige Streitwert ist für jedes eingereichte Verfahren gesondert zu berechnen. Hieran änderte auch eine --im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts stehende-- Verbindung der verschiedenen Entschädigungsklagen gemäß § 73 FGO nichts. Eine Reduzierung des vorläufigen Streitwertes aufgrund des Schreibens vom 12. Februar 2013 ist nach § 40 GKG nicht möglich.

15

Die Gebühr ist nach dem vom Kostenbeamten angesetzten vorläufigen Streitwert von 36.000 € gemäß §§ 3 Abs. 2, 34 GKG i.V.m. Nr. 6112 des Kostenverzeichnisses zum GKG mit 1.990 € richtig berechnet und vom Erinnerungsführer als Kostenschuldner zu entrichten.

16

b) Die Anordnung des Vorschusses in dieser Rechnung ergibt sich aus §§ 12a, 12 Abs. 1 Satz 1 GKG. Ohne Zahlung der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen ist die vorliegende Entschädigungsklage nicht zuzustellen.

17

c) Die Vorauszahlungspflicht besteht fort, da PKH bislang nicht bewilligt worden ist (§ 14 Nr. 1 GKG). Sie wurde zwar beantragt, eine Entscheidung über die Bewilligung kann aber mangels Einreichung der Unterlagen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen noch nicht erfolgen.

18

3. Soweit die Prozessbevollmächtigte in ihrem Schreiben vom 21. Dezember 2012 und sinngemäß in den Schreiben vom 12. und 14. Februar 2013 erneut die Aufhebung aller Kostenrechnungen verlangt, wiederholt sie lediglich ihr bereits im Schreiben vom 28. September 2012 erklärtes Begehren. Gesonderte Rechtsbehelfe werden nicht geltend gemacht.

19

4. Mangels Erfolg der Erinnerung ist der Antrag des Kostenschuldners auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung i.S. des § 66 Abs. 7 Satz 2 GKG ebenfalls zurückzuweisen.

20

5. Die Entscheidungen des Gerichts ergehen gerichtskostenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG).

(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten;
6.
über die Beiladung.

(2) Der Vorsitzende kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid (§ 90a) entscheiden. Dagegen ist nur der Antrag auf mündliche Verhandlung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheides gegeben.

(3) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle des Senats entscheiden.

(4) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter hat schon vor der mündlichen Verhandlung alle Anordnungen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen. Er kann insbesondere

1.
die Beteiligten zur Erörterung des Sach- und Streitstandes und zur gütlichen Beilegung des Rechtsstreits laden;
2.
den Beteiligten die Ergänzung oder Erläuterung ihrer vorbereitenden Schriftsätze, die Vorlegung von Urkunden, die Übermittlung von elektronischen Dokumenten und die Vorlegung von anderen zur Niederlegung bei Gericht geeigneten Gegenständen aufgeben, insbesondere eine Frist zur Erklärung über bestimmte klärungsbedürftige Punkte setzen;
3.
Auskünfte einholen;
4.
die Vorlage von Urkunden oder die Übermittlung von elektronischen Dokumenten anordnen;
5.
das persönliche Erscheinen der Beteiligten anordnen; § 80 gilt entsprechend;
6.
Zeugen und Sachverständige zur mündlichen Verhandlung laden.

(2) Die Beteiligten sind von jeder Anordnung zu benachrichtigen.

(3) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann einzelne Beweise erheben. Dies darf nur insoweit geschehen, als es zur Vereinfachung der Verhandlung vor dem Gericht sachdienlich und von vornherein anzunehmen ist, dass das Gericht das Beweisergebnis auch ohne unmittelbaren Eindruck von dem Verlauf der Beweisaufnahme sachgemäß zu würdigen vermag.

(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten;
6.
über die Beiladung.

(2) Der Vorsitzende kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid (§ 90a) entscheiden. Dagegen ist nur der Antrag auf mündliche Verhandlung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheides gegeben.

(3) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle des Senats entscheiden.

(4) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

Tatbestand

1

I. Mit Schreiben vom 13. Juli 2012 erhob die Prozessbevollmächtigte des Kostenschuldners und Erinnerungsführers (Kostenschuldner) eine Entschädigungsklage gemäß § 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) i.V.m. § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beim Bundesfinanzhof (BFH) und verwies auf die mit Schriftsatz vom 29. Dezember 2011 angebrachten Verzögerungsrügen, die ausweislich der beigefügten Anlage 7 u.a. das Klageverfahren beim Finanzgericht (FG) Hamburg unter dem dortigen Aktenzeichen 7 K … betrafen. Die Prozessbevollmächtigte wurde mit Schreiben der Geschäftsstelle des angerufenen Senats vom 30. Juli 2012 um Angabe des Wertes des Streitgegenstandes (Streitwert) gebeten, wobei darauf hingewiesen wurde, dass es sich beim Streitwert im vorliegenden Verfahren um die Höhe des vom Kostenschuldner erstrebten Entschädigungsbetrages handele. Sie gab daraufhin mit Schreiben vom 20. August 2012 einen Entschädigungsbetrag von 5.200 € an, wobei sie allerdings neben dem Klageverfahren mit dem Aktenzeichen 7 K … auch auf die Entschädigungsklage in Bezug auf das Klageverfahren mit dem Aktenzeichen 3 K … verwies. Die Angaben erfolgten unter dem Aktenzeichen X K 6/12. Auf telefonische Nachfrage teilte die Prozessbevollmächtigte in Bezug auf die Entschädigungsklage wegen der unangemessenen Dauer des Klageverfahrens beim FG Hamburg und unter Nennung des Aktenzeichens 7 K … --sowie unter Bezugnahme auf X K 4/12-- mit Schreiben vom 14. September 2012 einen Streitwert von 36.000 € mit. Den materiellen Schaden bezifferte sie in diesem Schreiben mit 40.000 € und den immateriellen Schaden mit 5.000 €.

2

Unter dem Briefkopf der Geschäftsstelle des X. Senats forderte daraufhin die Kostenstelle mit Rechnung vom 25. September 2012 … (X K 4/12) unter Hinweis auf die Vorschriften der §§ 12a, 12 des Gerichtskostengesetzes (GKG) die Entrichtung der nach §§ 3 Abs. 2, 34 GKG i.V.m. Nr. 6112 des Kostenverzeichnisses zum GKG fälligen Verfahrensgebühr in Höhe von 1.990 € vom Kostenschuldner ein. Dabei legte sie einen Streitwert von 36.000 € zugrunde.

3

Am 28. September 2012 teilte die Prozessbevollmächtigte mit, dass der Streitwert nur vorläufig sei, da die Verfahren noch nicht beendet seien und deshalb die Kostenrechnung aufzuheben sei. Die Kostenstelle des BFH wertete dieses Schreiben als Erinnerung. Am 5. Dezember 2012 berichtigte die Kostenstelle des BFH die Rechnung vom 25. September 2012 … (X K 4/12) insoweit, als sie diese erneut, diesmal unter ihrem Briefkopf, an die Prozessbevollmächtigte des Kostenschuldners übersandte. Mit Schreiben vom 21. Dezember 2012 verlangte die Prozessbevollmächtigte u.a. erneut die Aufhebung aller Kostenrechnungen sowie nun auch "AdV hinsichtlich aller Kostenfestsetzungen". Diesen Antrag wiederholte sie in den Schreiben vom 14. Januar 2013 und 12. Februar 2013. Mit Schreiben vom 12. Februar 2013 beantragte die Prozessbevollmächtigte auch Prozesskostenhilfe (PKH) und die Reduzierung des Streitwertes auf die gesetzlichen Jahrespauschalen. Ebenfalls in diesem Schreiben wie auch in einem Schreiben vom 14. Februar 2013 beantragte sie "Aufhebung des Kostenfestsetzungsbeschlusses".

4

Der Kostenschuldner beantragt sinngemäß,
1. die Kostenrechnung des BFH –Kostenstelle– vom 5. Dezember 2012 … (X K 4/12) aufzuheben,
2. die aufschiebende Wirkung der Erinnerung anzuordnen.

5

Die Vertreterin der Staatskasse (Kostengläubigerin und Erinnerungsgegnerin) beantragt,
die Erinnerung als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

II. Der Antrag des Kostenschuldners im Schreiben vom 28. September 2012, die Kostenfestsetzungen, und damit auch die nunmehr geltende berichtigte Kostenrechnung vom 5. Dezember 2012 … (X K 4/12) aufzuheben, ist --mangels anderer einschlägiger Rechtsbehelfe-- als Erinnerung i.S. des § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG anzusehen. Diese hat keinen Erfolg. Keinen Erfolg hat auch der im Schreiben vom 21. Dezember 2012 gestellte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung i.S. des § 66 Abs. 7 Satz 2 GKG.

7

1. Für die Entscheidung über eine Erinnerung i.S. des § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG wie auch über einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieser Erinnerung (§ 66 Abs. 7 Satz 2 GKG) ist gemäß § 79a Abs. 1 Nr. 5, Abs. 4 FGO der Berichterstatter zuständig.

8

a) Die Anwendung des § 79a FGO ist anders als die Entscheidung durch den Einzelrichter (so § 201 Abs. 2 Satz 2 GVG) in Entschädigungsklageverfahren beim BFH nicht ausgeschlossen.

9

aa) Die FGO unterscheidet zwischen dem Einzelrichter i.S. des § 6 Abs. 1 FGO und dem nach dem senatsinternen Geschäftsverteilungsplan zuständigen Berichterstatter (vgl. hinsichtlich der Unterscheidung BFH-Beschluss vom 23. November 2011 IV B 7/10, BFH/NV 2012, 429). Dieser tritt gemäß § 79a Abs. 4 FGO als gesetzlicher Richter i.S. von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes bei den in § 79a Abs. 1 FGO genannten Entscheidungen im "vorbereitenden Verfahren" an die Stelle des Senats bzw. des Vorsitzenden (Thürmer in Hübschmann/Hepp/ Spitaler --HHSp--, § 79a FGO Rz 38, m.w.N.). Anders als der Einzelrichter i.S. des § 6 FGO ist der Berichterstatter in Entschädigungsklagen nicht ausgeschlossen. Ein für das Revisionsverfahren in § 121 Satz 2 FGO geregelter Ausschluss des § 79a FGO findet sich in § 155 Satz 2 FGO, der die Entschädigungsklagen beim BFH betrifft, nicht. Durch ausdrücklichen Hinweis auf die Parallelvorschrift des § 87a der Verwaltungsgerichtsordnung in der Gesetzesbegründung (BTDrucks 17/7217, 28) wird deutlich, dass der Gesetzgeber eine solche Entscheidungsbefugnis des Berichterstatters gewollt hat.

10

bb) Über die vorliegende Erinnerung wird im "vorbereitenden Verfahren" entschieden. Zwar ist der Begriff des "vorbereitenden Verfahrens" weder in § 79a Abs. 1 FGO noch sonst in der FGO definiert, doch ist angesichts der in § 79 FGO --den der § 79a FGO ergänzt-- aufgezählten Maßnahmen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung davon auszugehen, dass hierunter der Zeitraum ab Eingang der Klage bei Gericht bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung fällt (Thürmer in HHSp, § 79a FGO Rz 50, m.w.N.).

11

cc) Zu den Entscheidungen im vorbereitenden Verfahren gehört auch die Entscheidung über eine die Kostenfrage betreffende Erinnerung i.S. des § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG. Sie ist eine Entscheidung über Kosten gemäß § 79a Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. Abs. 4 FGO. In Verfahren wegen überlanger Gerichtsverfahren soll die Klage erst nach Zahlung der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen zugestellt werden (§ 12a i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 GKG). Sowohl die Erstellung der entsprechenden Kostenrechnung wie auch die hiergegen mögliche Erinnerung betreffen folglich das vorbereitende Verfahren. Die Erinnerung gegen die Kostenrechnung i.S. der §§ 12 Abs. 1 Satz 1, 12a GKG ist eine Kostenentscheidung. Sie unterscheidet sich insoweit nicht von einer Kostenerinnerungsentscheidung, die von einem Vorsitzenden bzw. Berichterstatter im Anschluss an eine Kostengrundentscheidung getroffen wird. In diesem Fall ist nach der herrschenden Meinung der Senat nur zuständig, wenn die Kostenentscheidung nicht im vorbereitenden Verfahren ergeht (vgl. nur FG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19. Dezember 2011  3 KO 965/10, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2012, 1312; auch FG Münster, Beschluss vom 7. Juni 2010  9 Ko 647/10 KFB, EFG 2010, 2021, unter Rz 8 und 11, jeweils m.w.N.). Das hier vorliegende Erinnerungsverfahren kann nicht als eigenständiges Neben- oder Folgeverfahren aufgefasst werden, welches durch die Erinnerungsentscheidung beendet wird. Anders als einer der Kostengrundentscheidung des Berichterstatters nachgehenden Kostenerinnerung fehlt es bei einer auf §§ 12 Abs. 1 Satz 1, 12a GKG beruhenden Kostenrechnung an einem vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle gefassten Kostenfestsetzungsbeschluss, der womöglich außerhalb des "vorbereitenden Verfahrens" ergeht (zu dieser Problematik vgl. nur FG-Beschluss in EFG 2012, 1312, unter II. 1. b cc (1), m.w.N.). Vielmehr überprüft der Berichterstatter im Erinnerungsverfahren gegen die Kostenrechnung nach §§ 12 Abs. 1 Satz 1, 12a GKG lediglich deren Richtigkeit und fördert damit den Fortgang des vorbereitenden Verfahrens.

12

b) Aus den gleichen Gründen ist der Berichterstatter gemäß § 79a Abs. 1 Nr. 5, Abs. 4 FGO auch für die Entscheidung über den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Erinnerung gemäß § 66 Abs. 7 Satz 2 GKG funktionell zuständig. Ein solcher Antrag ist --im Wege rechtsschutzgewährender Auslegung-- zugunsten des Kostenschuldners aufgrund des Schreibens der Prozessbevollmächtigten vom 21. Dezember 2012 anzunehmen, auch wenn diese dort ausdrücklich die --in Kostensachen nicht vorgesehene-- "Aussetzung der Vollziehung" der Kostenrechnung verlangt hat.

13

2. In der Sache hat die Erinnerung keinen Erfolg. Die Kostenrechnung vom 5. Dezember 2012 … (X K 4/12), die die Kostenrechnung vom 25. September 2012 … (X K 4/12) ersetzt, ist nicht fehlerhaft.

14

a) Der vom Kostenbeamten in der Kostenrechnung vom 5. Dezember 2012 … (X K 4/12) berechnete vorläufige Streitwert ist zumindest in dieser Höhe ansetzbar. Aufgrund der Angaben der Prozessbevollmächtigten im Schreiben vom 14. September 2012 zum materiellen und immateriellen Schaden von insgesamt 45.000 € konnte der vorläufige Streitwert mit 36.000 € angesetzt werden. Der vorläufige Streitwert ist für jedes eingereichte Verfahren gesondert zu berechnen. Hieran änderte auch eine --im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts stehende-- Verbindung der verschiedenen Entschädigungsklagen gemäß § 73 FGO nichts. Eine Reduzierung des vorläufigen Streitwertes aufgrund des Schreibens vom 12. Februar 2013 ist nach § 40 GKG nicht möglich.

15

Die Gebühr ist nach dem vom Kostenbeamten angesetzten vorläufigen Streitwert von 36.000 € gemäß §§ 3 Abs. 2, 34 GKG i.V.m. Nr. 6112 des Kostenverzeichnisses zum GKG mit 1.990 € richtig berechnet und vom Erinnerungsführer als Kostenschuldner zu entrichten.

16

b) Die Anordnung des Vorschusses in dieser Rechnung ergibt sich aus §§ 12a, 12 Abs. 1 Satz 1 GKG. Ohne Zahlung der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen ist die vorliegende Entschädigungsklage nicht zuzustellen.

17

c) Die Vorauszahlungspflicht besteht fort, da PKH bislang nicht bewilligt worden ist (§ 14 Nr. 1 GKG). Sie wurde zwar beantragt, eine Entscheidung über die Bewilligung kann aber mangels Einreichung der Unterlagen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen noch nicht erfolgen.

18

3. Soweit die Prozessbevollmächtigte in ihrem Schreiben vom 21. Dezember 2012 und sinngemäß in den Schreiben vom 12. und 14. Februar 2013 erneut die Aufhebung aller Kostenrechnungen verlangt, wiederholt sie lediglich ihr bereits im Schreiben vom 28. September 2012 erklärtes Begehren. Gesonderte Rechtsbehelfe werden nicht geltend gemacht.

19

4. Mangels Erfolg der Erinnerung ist der Antrag des Kostenschuldners auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung i.S. des § 66 Abs. 7 Satz 2 GKG ebenfalls zurückzuweisen.

20

5. Die Entscheidungen des Gerichts ergehen gerichtskostenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG).

(1) Der Bundesfinanzhof besteht aus dem Präsidenten und aus den Vorsitzenden Richtern und weiteren Richtern in erforderlicher Anzahl.

(2) Beim Bundesfinanzhof werden Senate gebildet. § 5 Abs. 2 Satz 2 gilt sinngemäß.

(3) Die Senate des Bundesfinanzhofs entscheiden in der Besetzung von fünf Richtern, bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung in der Besetzung von drei Richtern.

Tatbestand

1

I. Mit Urteil vom 30. September 2010 III R 39/08 hat der angerufene Senat auf die Revisionen des Klägers, Revisionsklägers, Revisionsbeklagten und Rügeführers (Kläger) sowie des Beklagten, Revisionsbeklagten, Revisionsklägers und Rügegegners (Finanzamt) das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 12. Dezember 2007  7 K 249/07 bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen aufgehoben und die Klage abgewiesen. Gegen das ihm am 2. Dezember 2010 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit der Anhörungsrüge. Der entsprechende Schriftsatz ist am 10. Dezember 2010 beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangen.

2

Der Kläger macht geltend, der BFH hätte, wenn er in dem mit der Anhörungsrüge angegriffenen Urteil Ausführungen zu den Rechtsgrundlagen des Einspruchsrechts nach Beendigung der Vorläufigkeit gemacht hätte, zu dem Ergebnis kommen können, dass nach Beendigung der Vorläufigkeit nach den Vorschriften der Abgabenordnung (AO) regelmäßig kein Einspruch mehr gegeben sei. Er hätte dann möglicherweise der Klage stattgegeben, weil der Kläger nicht auf einen regelmäßig unzulässigen Rechtsbehelf verwiesen werden könne.

Entscheidungsgründe

3

II. Die Anhörungsrüge ist unbegründet und deshalb durch Beschluss in der Besetzung von drei Richtern zurückzuweisen (§ 133a Abs. 4 Sätze 2 und 3, § 10 Abs. 3 Halbsatz 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Der Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs wurde im Revisionsverfahren nicht verletzt.

4

1. Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) gewährleistet den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens das Recht, vor Gericht Anträge zu stellen und Ausführungen zu machen. Dem entspricht die Pflicht des Gerichts, die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen, sofern das Vorbringen nicht nach den Prozessvorschriften ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben muss oder kann (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 26. März 2007 II S 1/07, BFH/NV 2007, 1094, m.w.N.).

5

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass das Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen eines Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat, zumal es nach Art. 103 Abs. 1 GG nicht verpflichtet ist, sich mit jedem Vorbringen in der Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegt nur dann vor, wenn sich aus den besonderen Umständen des einzelnen Falles deutlich ergibt, dass das Gericht ein tatsächliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2007, 1094, m.w.N.; vom 30. August 2007 IX S 6/07, BFH/NV 2007, 2324).

6

2. Nach diesen Grundsätzen liegen im Streitfall keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Senat den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt haben könnte. Der Senat hat vielmehr das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen.

7

Wie der Kläger mit seiner Rüge selbst vorträgt, sind seine Überlegungen, weshalb die Abgabenordnung nach Beendigung der Vorläufigkeit keine Rechtsgrundlage für einen Einspruch enthalte, auf den Seiten 9 f. des Urteils wiedergegeben. Der Senat hat entschieden, wie der Kläger weiter aus den Entscheidungsgründen auf den Seiten 20 f. des Urteils zitiert, dass der Steuerpflichtige nach Erledigung des Musterverfahrens gemäß § 165 Abs. 2 Satz 4 AO beantragen kann, dass die Steuerfestsetzung für endgültig erklärt wird, und er gegen die dann auch insoweit endgültige Festsetzung Einspruch einlegen und ggf. anschließend Klage erheben kann zur verfassungsrechtlichen Klärung, ohne dass dem § 351 Abs. 1 AO entgegensteht.

8

Im Kern richten sich die Ausführungen des Klägers, wie auch der Schriftsatz vom 1. April 2011 zeigt, gegen die Rechtsauffassung des Senats im Urteil vom 30. September 2010. Sie enthalten das Vorbringen, der Senat habe in der Sache fehlerhaft entschieden. Hiermit kann der Kläger im Rahmen des § 133a FGO aber nicht gehört werden.

9

3. Die Kostenpflicht der Anhörungsrüge folgt aus Nr. 6400 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz.

(1) Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Ist die Rüge nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form oder Frist erhoben, so ist sie als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies aufgrund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können. Für den Ausspruch des Gerichts ist § 343 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden.

(6) § 131 Abs. 1 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluss; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen.

(2) Soweit ein Rechtsstreit dadurch erledigt wird, dass dem Antrag des Steuerpflichtigen durch Rücknahme oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts stattgegeben oder dass im Fall der Untätigkeitsklage gemäß § 46 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 innerhalb der gesetzten Frist dem außergerichtlichen Rechtsbehelf stattgegeben oder der beantragte Verwaltungsakt erlassen wird, sind die Kosten der Behörde aufzuerlegen. § 137 gilt sinngemäß.

(3) Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluss; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen.

(2) Soweit ein Rechtsstreit dadurch erledigt wird, dass dem Antrag des Steuerpflichtigen durch Rücknahme oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts stattgegeben oder dass im Fall der Untätigkeitsklage gemäß § 46 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 innerhalb der gesetzten Frist dem außergerichtlichen Rechtsbehelf stattgegeben oder der beantragte Verwaltungsakt erlassen wird, sind die Kosten der Behörde aufzuerlegen. § 137 gilt sinngemäß.

(3) Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten stritten im Verfahren VIII R 2/08 darüber, ob die Kläger und Revisionskläger (Kläger) aus Billigkeitsgründen Anspruch auf abweichende Festsetzung der Einkommensteuer mit der Folge habe, dass ein erzielter Ertrag --aus der Sanierung einer Arztpraxis des Klägers durch Erlass von Schulden-- steuerfrei bleibt.

2

Nachdem der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) den Gewinnfeststellungsbescheid 2000 für die Praxis des Klägers unter Ansatz eines höheren Gewinns im Zusammenhang mit dem Forderungsverzicht eines Gläubigers --wegen fehlender Voraussetzungen für die Annahme eines steuerbegünstigten Sanierungsgewinns-- geändert hatte, beantragten die Kläger unter Berufung auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 27. März 2003 IV A6-S 2140-8/03 (BStBl I 2003, 240), die auf die erlassene Forderung entfallende Einkommensteuer aus Billigkeitsgründen zu erlassen.

3

Das FA lehnte dies mit der Begründung ab, die Voraussetzungen für einen Sanierungsgewinn nach Maßgabe des BMF-Schreibens lägen nicht vor. Die dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2008, 615 veröffentlichten Urteil ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, schon wegen der Abschaffung der Steuerbegünstigung des Sanierungsgewinns in § 3 Nr. 66 des Einkommensteuergesetzes (EStG) a.F. durch den Gesetzgeber komme der begehrte Erlass mangels Rechtsgrundlage nicht in Betracht.

4

Auf das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anerkennung eines steuerfreien Sanierungsgewinns nach dem BMF-Schreiben vom 27. März 2003 komme es folglich nicht an.

5

Die Beteiligten haben den Rechtsstreit nunmehr in der Hauptsache für erledigt erklärt, nachdem dem Kläger im Rahmen eines Insolvenzverfahrens Restschuldbefreiung gewährt worden ist.

Entscheidungsgründe

6

II. Auf der Grundlage der übereinstimmenden Erledigungserklärung hat der Senat gemäß § 138 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden; billigem Ermessen entspricht es, die Kosten den Beteiligten je zur Hälfte aufzuerlegen.

7

1. Gemäß § 227 der Abgabenordnung (AO) können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Dabei handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, bei der Inhalt und Grenzen des Ermessens durch den Begriff der Unbilligkeit bestimmt werden (vgl. Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19. Oktober 1971 GmS-OGB 3/70, BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603). Die behördliche Entscheidung über ein solches Erlassbegehren darf gemäß § 102 FGO gerichtlich (nur) daraufhin geprüft werden, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist.

8

Dabei kann eine sachliche Unbilligkeit durch den Steuerpflichtigen nur geltend gemacht werden, wenn die streitige Steuererhebung zwar dem Gesetz entspricht, aber den Wertungen des Gesetzgebers derart zuwiderläuft, dass nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers davon ausgegangen werden kann, er hätte die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage im Sinne der beabsichtigten Billigkeitsmaßnahme entschieden (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 5. April 1978  1 BvR 117/73, BVerfGE 48, 102, BStBl II 1978, 441; Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 26. Mai 1994 IV R 51/93, BFHE 174, 482, BStBl II 1994, 833, m.w.N.).

9

2. Nach diesen Grundsätzen ist im Rahmen der im gegenwärtigen Verfahrensstadium gebotenen summarischen Prüfung zweifelhaft, ob die Kläger Anspruch auf die begehrte Billigkeitsmaßnahme auf der Grundlage des BMF-Schreibens vom 27. März 2003 gehabt hätten, weil der Erlass den Gewinn aus der Sanierung von Unternehmen im Ergebnis weiterhin unter den materiellen Voraussetzungen des § 3 Nr. 66 EStG a.F. nach Maßgabe der dazu ergangenen Rechtsprechung steuerfrei stellt,

 - 

obwohl der Gesetzgeber diese Steuerbefreiung mit dem Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 (BGBl I 1997, 2590, BStBl I 1997, 928) aufgehoben hat und

 - 

diese Befreiung nach § 52 Abs. 2i EStG i.d.F. dieses Gesetzes "letztmals auf Erhöhung des Betriebsvermögens anzuwenden war, die in dem Wirtschaftsjahr entstehen, das vor dem 1. Januar 1997 endet". Diese Frist ist durch das Gesetz zur Finanzierung eines Bundeszuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung vom 19. Dezember 1997 (BGBl I 1997, 3121) bis zum 31. Dezember 1997 verlängert worden.

10

Ob der Wortlaut des Gesetzes und die Gesetzesbegründung (vgl. BTDrucks 13/7480, S. 192) es ausschließen, die Besteuerung eines Sanierungsgewinns im Sinne der aufgehobenen Vorschrift weiterhin --allein aufgrund der §§ 163, 227 AO-- als sachlich unbillig anzusehen und von der Besteuerung auszunehmen, wenn wie im Streitfall außer der Tatsache des sanierungsbedingten Verzichts eines Gläubigers nach den tatsächlichen Feststellungen des FG weder besondere sachliche oder persönliche Billigkeitsgründe ersichtlich sind, ist streitig (gegen eine solche fortdauernde Erlassbefugnis unter Hinweis auf den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung die Vorinstanz --FG München, Urteil vom 12. Dezember 2007  1 K 4487/06, EFG 2008, 615; Blümich/Erhard, § 3 EStG Rz 820; für eine fortdauernde Erlassmöglichkeit trotz Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F.; BFH-Urteil vom 14. Juli 2010 X R 34/08, BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916 --Rechtsauffassung insoweit nicht tragend--; Geist, Betriebs-Berater --BB-- 2008, 2658, 2660; Seer, Finanz-Rundschau --FR-- 2010, 306; Knebel, Der Betrieb 2009, 1094; Wagner, BB 2008, 2671; Braun/Geist, BB 2009, 2508; Töben, FR 2010, 249).

11

Jedenfalls ist die Auffassung der Vorinstanz, ein entsprechender Wille des Gesetzgebers (zur generellen Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen) könne angesichts der Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. nicht angenommen werden, bei der im Rahmen der Kostenentscheidung vorzunehmenden summarischen Prüfung nicht von vornherein abzulehnen. Denn der Gesetzgeber hat bislang eine generelle Ersatzregelung für § 3 Nr. 66 EStG a.F. nicht geschaffen, sondern lediglich begrenzt auf Teilbereiche des Steuerrechts (wie die Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a des Körperschaftsteuergesetzes) eine partielle Sanierungsgewinnbegünstigung eingeführt.

12

Da die Erfolgsaussichten der Revision mithin offen waren, hält der Senat es für sachgerecht, die Verfahrenskosten hälftig zu teilen.

(1) Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Ist die Rüge nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form oder Frist erhoben, so ist sie als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies aufgrund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können. Für den Ausspruch des Gerichts ist § 343 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden.

(6) § 131 Abs. 1 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.

Einem Beteiligten können die Kosten ganz oder teilweise auch dann auferlegt werden, wenn er obsiegt hat, die Entscheidung aber auf Tatsachen beruht, die er früher hätte geltend machen oder beweisen können und sollen. Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden. Berücksichtigt das Gericht nach § 76 Abs. 3 Erklärungen und Beweismittel, die im Einspruchsverfahren nach § 364b der Abgabenordnung rechtmäßig zurückgewiesen wurden, sind dem Kläger insoweit die Kosten aufzuerlegen.

Tenor

Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 22. Mai 2015 VII B 106/14 wird als unzulässig verworfen.

Tatbestand

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I. Mit Beschluss vom 22. Mai 2015 VII B 106/14 hat der Senat die Beschwerde des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) Berlin-Brandenburg vom 7. Mai 2014  11 K 11268/13 als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen hat der Kläger eine Anhörungsrüge gemäß § 133a der Finanzgerichtsordnung (FGO) eingelegt, und zwar mit dem Antrag, bestimmte Tatsachen zur Kenntnis zu nehmen und die "Berufung" (gemeint ist wohl die Revision) zuzulassen.

Entscheidungsgründe

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II. Die Anhörungsrüge ist unzulässig und daher zu verwerfen (§ 133a Abs. 4 Satz 1 FGO). Sie entspricht nicht den Anforderungen des § 133a Abs. 2 Satz 5 FGO.

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Nach dieser Vorschrift muss in der Anhörungsrüge "dargelegt" werden, dass die Voraussetzungen des § 133a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FGO vorliegen. Eine Darlegung verlangt die schlüssige, substantiierte und nachvollziehbare Darstellung, zu welchen Sach- oder Rechtsfragen der Rügeführer sich im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren nicht habe äußern können, welches entscheidungserhebliche Vorbringen des Rügeführers das Gericht unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes nicht zur Kenntnis genommen oder in Erwägung gezogen habe und woraus der Rügeführer dies meint folgern zu können (Senatsbeschluss vom 26. November 2008 VII S 28/08, BFH/NV 2009, 409; Gräber/ Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 133a Rz 13, m.w.N.). Es gelten dieselben Anforderungen wie für die Darlegung der Zulassungsgründe bei der Beschwerde wegen der Nichtzulassung der Revision gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3. November 2010 X S 28/10, BFH/NV 2011, 203).

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Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Denn im Fall der Anhörungsrüge gegen eine Beschwerdeentscheidung des BFH ist allein die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch den BFH maßgeblich; auf eine vermeintliche Gehörsverletzung durch das FG im Rahmen seiner mit der Beschwerde angegriffenen Entscheidung kommt es dagegen nicht an (BFH-Beschluss vom 15. Dezember 2014 X S 20/14, BFH/NV 2015, 508). Die vom Kläger in seiner Anhörungsrüge beantragte Kenntnisnahme von Tatsachen bezieht sich aber auf eine vermeintliche Nichtberücksichtigung dieser Tatsachen durch das FG. Es ist weder dargelegt noch erkennbar, dass der erkennende Senat diese Tatsachen --sofern sie für die Zulassungsgründe gemäß § 115 Abs. 2 FGO von Bedeutung sind-- im Rahmen seiner Beschwerdeentscheidung VII B 106/14 unberücksichtigt gelassen hat. Vielmehr ist insbesondere das Vorbringen des Klägers zur Ablehnung des Antrags vom 17. Februar 2015 auf Abmeldung von der Adresse …, zum Fehlen einer Beweisaufnahme und zu den erfolgreichen amtlichen Zustellungen unter der Adresse … ausdrücklich im Sachverhalt der Beschwerdeentscheidung erwähnt.

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Die Anhörungsrüge wäre darüber hinaus auch unbegründet, da sich der Kläger mit seinen Ausführungen im Kern gegen die Richtigkeit der Beschwerdeentscheidung (und im Übrigen der mit der Beschwerde angefochtenen Entscheidung des FG) richtet. Mit diesem Vorbringen kann er im Rahmen des § 133a FGO aber nicht gehört werden. Die Anhörungsrüge dient nicht dazu, die Richtigkeit der zugrunde liegenden Entscheidungen zu überprüfen.

6

Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen, da es sich nicht um ein kontradiktorisches Verfahren handelt (BFH-Beschluss in BFH/NV 2015, 508). Nach Nr. 6400 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes entstehen für das Verfahren über die Rüge nach § 133a FGO Gerichtsgebühren in Höhe von 60 €.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstands (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Kosten werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben.

(1) Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Ist die Rüge nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form oder Frist erhoben, so ist sie als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies aufgrund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können. Für den Ausspruch des Gerichts ist § 343 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden.

(6) § 131 Abs. 1 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.